Journalisten in Der DDR
Journalisten in der DDR Eine Kollektivbiografie Michael Meyen / Anke Fiedler Die Studie fragt nach Herkunft und Ausbildung, nach Karrierestationen, Arbeitsbedin- gungen und dem Selbstverständnis von Journalisten in der DDR. Mit Hilfe von Memoi- ren und anderen biografischen Veröffentlichungen sowie über Leitfadeninterviews wur- den dafür 121 Lebensläufe rekonstruiert. Auswahlkriterien (Position, Vielfalt, Vollstän- digkeit, Generation) und Auswertung orientierten sich an der Theorie des journalistischen Feldes nach Bourdieu. Die Quellen zeigen, dass der Journalismus in der DDR Teil des politischen Feldes und direkt an den Machtpol angebunden war. Das Gewicht der poli- tischen Logik wurde durch die Herkunft der beiden dominierenden Generationen noch verstärkt. Während die Gründergeneration in der Arbeiterpresse der Weimarer Republik sozialisiert wurde, kam die Aufbaugeneration vor allem mit dem Wunsch nach gesell- schaftlicher Veränderung in die Redaktionen und entwickelte ein Selbstverständnis als Anwalt des Sozialismus und als Lehrer. Der Verzicht auf ein Feld, das Informationen nach professionellen Kriterien verarbeitet, führte dazu, dass die Anleitung der Medien immer rigider wurde und für die nachrückenden Generationen auch deshalb schwerer zu ertragen war, weil sie ein anderes Verhältnis zur DDR und eine bessere handwerkliche Ausbildung mitbrachten. Schlagwörter: DDR, Journalismus, Bourdieu, Leitfadeninterviews, Kollektivbiografie 1. Einleitung In diesem Beitrag wird eine Berufsgruppe porträtiert, mit der die Kommunikationswis- senschaft bereits abgeschlossen hat. Nachdem in der Öffentlichkeit an die „Selbstreini- gungskräfte des Journalismus“ appelliert und gefordert worden war, auf SED-Kader zu verzichten (vgl. Bachmann 1995: 394), und nachdem schätzungsweise jeder zweite DDR- Journalist den Beruf verlassen hatte (Boyer 2005: 195), protokollierte die Forschung im Osten Deutschlands schon in den frühen 1990er Jahren ähnliche Einstellungen und Ziele wie bei Kollegen, die in der Bundesrepublik sozialisiert worden waren (vgl.
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