DIPLOMARBEIT

zur Erlangung des akademischen Grades einer

Magistra der Rechtswissenschaften

an der rechtswissenschaftlichen Fakultät

der Karl-Franzens-Universität Graz

Institutioneller Rassismus im Hinblick auf die

österreichische Asylpolitik

Vorgelegt von

Hanna Portenkirchner

Begutachter: Univ.-Prof. Dr. Josef Marko

Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaften

Graz, im April 2017

EHRENWÖRTLICHE ERKLÄRUNG

Ich, Hanna Portenkirchner, erkläre hiermit ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich und inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Version.

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Graz, im April 2017

I I. Inhaltsverzeichnis

II. Abkürzungsverzeichnis ...... V

1. Einleitung ...... 2 1.1. Grundrechtsträger ...... 3 1.2. Die verfassungsrechtliche Stellung von Ausländern ...... 4

2. Rechtliche Verpflichtungen zur Bekämpfung von Diskriminierungen ...... 7 2.1. Verpflichtungen auf internationaler Ebene zur Bekämpfung von Diskriminierungen . 7 2.1.1. Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR) ...... 8 2.1.2. Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) ...... 9 2.1.3. Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung ...... 10 2.1.4. Genfer Flüchtlingskonvention ...... 11 2.2. Verpflichtungen auf europäischer Ebene zur Bekämpfung von Diskriminierungen .. 12 2.2.1. Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union ...... 13 2.2.2. Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft ...... 14 2.2.3. Charta der Grundrechte der Europäischen Union ...... 14 2.2.4. Europäische Menschenrechtskonvention ...... 15 2.3. Entwicklungen bezüglich der Verpflichtungen auf nationaler Ebene zur Bekämpfung von Diskriminierungen ...... 17 2.3.1. Gleichheitssatz ...... 17 2.3.2. Umsetzung der UN-Rassendiskriminierungskonvention ...... 18 2.3.3. Bundesgesetz über die Gleichbehandlung ...... 19

3. Überblick zu den Begriffen Rasse, Diskriminierung und Rassismus ...... 19 3.1. Definition des Begriffes „Rasse“ und seine Entwicklung ...... 19 3.2. Ethnizität ...... 21 3.3. Diskriminierung ...... 23 3.3.1. Rechtfertigung der Ungleichbehandlung ...... 23 3.3.2. Direkte Diskriminierung ...... 25 3.3.3. Indirekte Diskriminierung ...... 25 3.3.4. Strukturelle Diskriminierung ...... 26 3.4. Rassendiskriminierung ...... 28 3.4.1. Direkte Rassendiskriminierung ...... 28 3.4.2. Indirekte Rassendiskriminierung ...... 29 3.5. Ideologie des Rassismus und dessen Entwicklungsgeschichte ...... 30 II 4. Institutioneller Rassismus und dessen Entwicklung ...... 33 4.1. Analyse des Macpherson Reports ...... 37 4.2. Resultierende Empfehlungen aus dem Macpherson Report ...... 40

5. Asylverfahren in Österreich ...... 42 5.1. Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 ...... 42 5.2. Rechtslage nach der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 ...... 43 5.3. Asylverfahren, Asylgewährung und Ausschluss ...... 46 5.4. Asyl- und Einwanderungspolitik in der Europäischen Union ...... 47 5.4.1. Dublin-Verordnung ...... 49

6. Österreich als Einwanderungsland ...... 52 6.1. Entwicklung der Asyl- und Integrationspolitik und Österreichs Vertreter im Bundesministerium für Inneres ...... 52 6.2. Amtszeit von Dr. Franz Löschnak ...... 54 6.3. Amtszeit von Dr. und Mag. Karl Schlögl ...... 56 6.4. Amtszeit von Dr. ...... 56 6.5. Amtszeit von ...... 58 6.6. Amtszeit von Günther Platter ...... 59 6.7. Amtszeit von Mag. Dr. ...... 61 6.8. Amtszeit von Mag. Johanna Mikl-Leitner ...... 62

7. Rassistische Vorfälle in der Asylpolitik Österreichs und deren Analyse im Lichte der Grundrechte ...... 64 7.1.1. Grundsatz des fairen Verfahrens ...... 65 7.1.2. Non-Refoulement-Prinzip ...... 69 7.1.3. Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens ...... 71 7.1.4. Grundrecht auf persönliche Freiheit ...... 74

8. Flüchtlingsschutz-Organisationen ...... 84 8.1. Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen und die UN Refugee Agency .. 84 8.2. Agentur der Europäischen Union für Grundrechte ...... 85 8.3. Asyl in Not ...... 87

9. Risikobereiche im Zusammenhang mit dem institutionellen Rassismus und diesbezügliche Lösungsansätze ...... 89 9.1. Ausbildung der Beamtenschaft und der Politiker ...... 91 9.1.1. ZARA Österreich ...... 92 9.2. Verharmlosung von Rassismus in der Öffentlichkeit ...... 93 9.2.1. Medien und Migration ...... 94

III 9.2.2. Stärkung der Presse ...... 96 9.3. Integration ...... 98 9.3.1. Interkulturelle Bildung ...... 99 9.3.2. Bildung für die Migrationsgesellschaft ...... 101 9.3.3. Mehrsprachigkeit in der Schule ...... 103 9.3.4. Interkulturelle Kommunikation ...... 103 9.4. Affirmative-Action-Maßnahmen ...... 104

10. Schlussfolgerungen ...... 107

II. Literaturverzeichnis ...... 110

III. Judikaturverzeichnis ...... 124

IV II. Abkürzungsverzeichnis

ABGB Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch Abs Absatz AEMR Allgemeine Erklärung der Menschenrechte AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union aF alte Fassung AnhO Anhalteordnung Art Artikel AsylGH Asylgerichtshof AVG Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BAA Bundesasylamt BGBl Bundesgesetzblatt BIP Bruttoinlandsprodukt BMG Bundesministeriengesetz BM.I. Bundesministerium für Inneres BVG Bundesverfassungsgesetz B-VG Bundes-Verfassungsgesetz BVwG Bundesverwaltungsgericht CERD Committee on the Elimination of Racial Discrimination (internationale Abkürzung für: UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung) CRE Commission for Racial Equality DS Detective Sergeant (englisch für: Kriminalmeister) Eds Editors (englisch für: Herausgeber) EHRC Equality and Human Rights Commission ECRI Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz EGC Europäische Grundrechte-Charta EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EMRK Europäische Menschenrechtskonvention EU Europäische Union f folgende ff fort folgende FPG Fremdenpolizeigesetz

V FRA Fundamental Rights Agency (englisch für: Agentur der Europäischen Union für Grundrechte) FRP Fundamental Rights Platform GAW Gleichbehandlungsanwaltschaft GBK Gleichbehandlungskommission GEAS Gemeinsames Europäisches Asylsystem gF geltende Fassung GRCh Charta der Grundrechte der Europäischen Union GV UNO-Generalversammlung Hg Herausgeber/In Hrsg Herausgeber/Innen ICERD Anti-Rassismus-Konvention idF in der Fassung idS in diesem Sinne ieS im engeren Sinne iHv in Höhe von IOM Internationale Organisation für Migration IPbpR Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte IPwskR Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte iVm in Verbindung mit iwS im weiteren Sinne iZm im Zusammenhang mit leg cit legis citatae (lateinisch für: die zitierte Gesetzesstelle) lit litera (lateinisch für: Buchstabe) JGS Justizgesetzsammlung MS EU-Mitgliedsstaaten NGO Non Governmental Organisation (englisch für: Nichtregierungsorganisation) Nov Novelle ÖJZ Österreichische Juristenzeitung RassDiskrBVG Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung Res Resolution

VI RGBl Reichsgesetzblatt RL Richtlinie Rz Randzahl SchPflG Schulpflichtgesetz SchuUG Schulunterrichtsgesetz StA Staatsanwaltschaft StbG Staatsbürgerschaftsgesetz StGBl Staatsgesetzblatt StGG Staatsgrundgesetz StV Staatsvertrag UBAS Unabhängiger Bundesasylsenat UNHCR Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen UNO United Nations Organisation (englisch für: Vereinte Nationen) UVS Unabhängiger Verwaltungssenat VfGH Verfassungsgerichtshof VfGG Verfassungsgerichtshofgesetz VO Verordnung VoGrG Volksgruppengesetz VStG Verwaltungsstrafgesetz VwGH Verwaltungsgerichtshof VwGG Verwaltungsgerichtshofgesetz Z Ziffer ZARA Zivilcourage und Anti-Rassismus Arbeit zit zitiert ZP Zusatzprotokoll zT zum Teil

VII DANKSAGUNG

Hiermit möchte ich mich ganz herzlich bei meinem Diplomarbeitsbetreuer, Herrn Univ.-Prof. Dr. Josef Marko, bedanken, der mich zu diesem unfassbar interessanten Thema inspirierte und mir stets anhand von nutzbringenden Anmerkungen zur Seite stand. Durch seinen konstruktiven Input fiel es mir wesentlich leichter aus diesem überaus breitgefächerten Thema die wichtigsten Punkte herauszufiltern, um sie zu analysieren. Darüber hinaus bedanke ich mich dafür, dass ich während der letzten zwei Semester als seine Studienassistentin tätig sein konnte.

Sehr bedanken möchte ich mich ebenso bei Herrn Michael Genner, dem Obmann der NGO Asyl in Not, der mich im Zuge eines persönlichen Gesprächs auf viele inspirierende Ideen gebracht hat.

Ein ganz besonderer Dank gilt meinen Eltern, die mich während meines Studiums unterstützt haben. Ihre Hilfe gab mir Mut und Vertrauen und war auch in finanzieller Hinsicht bedeutsam, da sie mir beispielsweise ein Auslandssemester in Paris ermöglichten und mir während meines Praktikums in New York unter die Arme greifen.

Des Weiteren bedanke ich mich bei meiner Tante, die aufgrund ihrer Expertise als Deutsch- Professorin das Korrekturlesen meiner Diplomarbeit übernahm und mich hierbei ohne Wenn und Aber unterstützte.

Natürlich möchte ich auch meinem Freund einen riesigen Dank aussprechen, der mir während meines Studiums stets zur Seite stand und der auch in Phasen, in denen er viel Geduld mit mir haben musste, Verständnis zeigte.

Außerdem bin ich froh während meiner Studienzeit so viele tolle Menschen kennen gelernt zu haben, mit denen ich eine unvergessliche Zeit erleben durfte.

Vielmals danke!

1 1. Einleitung

Rassismus ist ein Thema, das unsere Generation seit mehreren Jahrzehnten beschäftigt und gerade jetzt mit der aktuellen Flüchtlingskrise in Europa einen weiteren Höhepunkt erreicht hat. Aus diesem Grund beschäftigt sich diese Diplomarbeit mit Handlungsformen, die im Laufe der Zeit in der österreichischen Asylpolitik von öffentlich-rechtlichen Institutionen ausgegangen sind, wodurch Asylwerber in rassistischer Form diskriminiert wurden. Diese Erfahrung macht sich nicht nur durch die aktuellen Vorfälle wegen des massiven Flüchtlingsstroms aus dem Jahr 2015 bemerkbar, sondern geht vor allem bis auf die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts zurück. Bereits damals waren eklatant rassistische Handlungsformen, die von öffentlichen Institutionen erfolgten, erkennbar.

Für diese Diplomarbeit relevant ist insbesondere der Artikel 14 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, wonach jeder das Recht innehat, in einem anderen Land vor Verfolgungen um Asyl anzusuchen sowie dieses Recht auch zu genießen. In grobem Widerspruch zu dieser scheinbar relativ leicht zu vollziehenden Rechtsvorschrift steht, dass diese bloß einen Rechtsanspruch darstellt, wodurch jemandem noch nicht automatisch das Recht eingeräumt wird, Asyl auch zu erlangen. Zu dem Zeitpunkt, als die AEMR ausgearbeitet wurde, waren die Vertragsstaaten nicht dazu bereit ihre Souveränität diesbezüglich aufzugeben. Aus diesem Grund steht es einem jeden Staat frei – natürlich unter Berücksichtigung zahlreicher anderer Rechtsgrundlagen -, darüber zu entscheiden, ob einem Asylwerber Asyl gewährt wird oder nicht.

Anhand einer historischen Analyse des österreichischen Fremden- und Asylrechts wird erläutert, wie schwierig die Wegbeschreitung zur Erlangung von internationalem Schutz wurde und wie sich die Verfahrensvorschriften im Laufe der Zeit entwickelten. Da dies jedoch nicht die einzige Hürde im Asylverfahren darstellt, wird ebenso ein Einblick in das Konstrukt des institutionellen Rassismus gewährt, indem dieses Phänomen näher vorgestellt wird. Im Zuge dessen werden einzelne Vorfälle aus der Asylpolitik Österreichs herangezogen und im Lichte der relevanten Grundrechte eines Asylwerbers analysiert.

Da es sich bei „Rassismus“ um ein sehr heikles Thema handelt, das in der Öffentlichkeit viel zu selten im Detail aufgearbeitet wird, ist es in Zukunft umso mehr von Bedeutung, gemeinsam dagegen anzukämpfen und Lösungsansätze zu finden. Gerade im Bereich des Asylrechts ist es enorm wichtig, „anti-rassistische“ Maßnahmen zu setzen, da es sich um Menschen handelt, die

2 zT schwerst traumatisiert sind und die in den seltensten Fällen Deutschkenntnisse vorweisen können, was ihren Handlungsspielraum zusätzlich einschränkt. Demnach stellen gerade diese Menschen eine besonders schützenswerte Gruppe dar, die sich oftmals nicht selber helfen kann, um zu ihren bestmöglichen Rechten zu kommen. Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung wäre zumindest die Hinterfragung eigener Privilegien und die Entwicklung von Empathie für die Lage von Flüchtlingen, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden bzw flüchten mussten, da es dort nicht mehr lebenswert war.

Dieser Diplomarbeit liegt die Forschungsfrage, inwieweit sich der institutionelle Rassismus in der österreichischen Asylpolitik bemerkbar macht, zugrunde. Aus diesem Grund ist primär zu erläutern, wer als Träger von Grundrechten überhaupt in Frage kommt und somit gleichzeitig von der österreichischen Verfassung, von europarechtlichen oder völkerrechtlichen Vorschriften in den Schutzbereich der jeweiligen Grundrechte fällt. Darüber hinaus ist zu klären, welche Stellung „Fremde“ in Österreich einnehmen.

1.1. Grundrechtsträger

Grundsätzlich gilt es zwei Arten von Grundrechten voneinander zu unterscheiden. Als erste Form der Grundrechte gibt es die modernen Menschenrechte, die jedem Menschen unabhängig von seiner Staatsangehörigkeit zustehen, weshalb sie auch „Jedermannsrechte“ genannt werden.1 Dieses Recht ist ua auch im § 16 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB)2 wie folgt verankert: „Jeder Mensch hat angeborne, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte, und ist daher als eine Person zu betrachten.“3

Zweitens gibt es sogenannte „Staatsbürgerrechte“, die staatliche Rechte darstellen und in Österreich einen Verfassungsrang einnehmen.4 Oftmals wird deren persönlicher Geltungsbereich auf die Staatsangehörigkeit der Menschen abgestellt, wodurch es dazu kommt, dass in Österreich auch nur österreichische Staatsbürger geschützt werden. Unter Staatsangehörigkeit wird ein besonderes rechtliches Band („genuine link“) zwischen dem Staat

1 Öhlinger/ Eberhard (Hrsg), Verfassungsrecht, 10. Auflage, facultas.wuv Verlag (2014) Rz 702. 2 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB), JGS Nr 946/1811 idF BGBl I Nr 43/2016. 3 § 16 ABGB. 4 Öhlinger/ Eberhard, Verfassungsrecht10 Rz 702. 3 und einer Person verstanden.5 Diese Verlinkung basiert entweder auf dem Abstammungsprinzip („ius sanguinis“), welches bestimmt, dass Kinder bei ihrer Geburt automatisch die Staatsbürgerschaft deren Eltern erlangen, oder darauf, dass Personen durch die Verleihung der Staatsbürgerschaft als Staatsbürger der Republik Österreich angesehen werden, das in Österreich nach den Vorschriften des Staatsbürgerschaftsgesetzes (StbG)6 geregelt wird.7 Als ein hervorragendes Beispiel für ein Staatsbürgerrecht dient dabei der allgemeine Gleichheitsgrundsatz nach den Bestimmungen des Art 2 StGG, Art 7 B-VG und Art 66 Abs 1 und 2 StV St Germain8, welcher besagt, dass alle österreichischen Staatsbürger gleichberechtigt sind.

Die diesbezügliche Judikatur des Verfassungsgerichtshofs erfuhr in letzter Zeit eine enorme Entwicklung, wodurch dieser nun auch Ausländern gewisse Rechte am Gleichheitsgrundsatz zuspricht. Ausschlaggebend dafür war das BVG-Rassendiskriminierung9, welches im Kapitel 2.3.2. noch eine spezifischere Erläuterung erfährt. Dessen 1. Artikel enthält das Verbot der rassischen Diskriminierung, wodurch eine Ungleichbehandlung zwischen Fremden untereinander ohne gerechtfertigte Gründe für unzulässig erachtet wird. Somit hat der VfGH entschlossen, den Gleichheitssatz auf Fremde untereinander auszudehnen. Denn laut seiner ständigen Judikatur ist es notwendig, dass sie sich gegebenenfalls auch auf den Gleichheitsgrundsatz stützen können, um ihre Rüge aufgrund willkürlicher, vom Staat ausgehender Ungleichbehandlung durchzusetzen.10

1.2. Die verfassungsrechtliche Stellung von Ausländern

Da nun erläutert wurde, dass auch Ausländer vom Schutzbereich des Gleichheitsgrundsatzes erfasst werden, gehören vorerst einige Begriffe erläutert, die damit im Zusammenhang stehen. Bei der Bezeichnung „Ausländer“ handelt es sich um einen pauschalen Überbegriff, weshalb

5 De Schutter, Die Zusammenhänge zwischen Migration und Diskriminierung, Europäisches Netzwerk von Rechtsexperten im Bereich der Nichtdiskriminierung, Europäische Union (2009) 14. 6 Bundesgesetz über die österreichische Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 - StbG), BGBl Nr 311/1985. 7 Bundeskanzleramt, Abstammungsprinzip, Internet: https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/99/Seite.991520.html (17.01.2017). 8 Staatsvertrag von Saint-Germain-en-Laye vom 10. September 1919 (StV St Germain), StGBl Nr 303/1920 idF BGBl III Nr 179/2002. 9 Bundesverfassungsgesetz vom 3. Juli 1973 zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung (RassDiskrBVG), BGBl Nr 390/1973. 10 Öhlinger/ Eberhard, Verfassungsgrecht10 Rz 757. 4 neben diesem auch auf Begriffe wie „Fremder“, „Asylwerber“ „Flüchtling“, „subsidiär Schutzberechtigter“ etc und auf deren Rechtsgrundlagen eingegangen werden muss.

Das österreichische Fremdenpolizeigesetz (FPG)11 ist das Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, das ua die Zurückweisung sowie die Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen regelt. Es enthält in seinem § 2 Abs 4 Z 1 gF den Terminus „Fremder“. Demnach ist ein „Fremder“ jemand, der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt. Nach § 2 Abs 4 Z 10 FPG gF fallen unter „Drittstaatsangehörige“ jene Fremden, die nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind.

Eine weitere nationale Rechtsgrundlage stellt das Asylgesetz (AsylG)12 dar. Nach § 2 Abs 1 Z 14 AsylG gF ist ein Asylwerber ein Fremder, der einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht hat und auf die Erledigung dessen bis zum rechtskräftigen Abschluss oder zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens wartet. Darüber hinaus bestimmt sich der Status eines Asylberechtigten nach § 2 Abs 1 Z 15 leg cit, wonach diesem ein vorerst befristetes und anschließend dauerndes Einreise- und Aufenthaltsrecht zukommt, welches von Österreich Fremden gegenüber nach den Bestimmungen des Asylgesetzes gewährt wird.

Als europäische Rechtsvorschrift ist die Statusrichtlinie13 des Europäischen Parlaments und des Rates zu erwähnen, die Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz beinhaltet. Darüber hinaus sind Regelungen für einen einheitlichen Status von Flüchtlingen sowie subsidiär Schutzberechtigten enthalten. Die Statusrichtlinie enthält ebenfalls in ihrem 9. Artikel Regelungen über die Anerkennung als Flüchtling.

Außerdem ist in diesem Zusammenhang die völkerrechtliche Genfer Flüchtlingskonvention (GFK)14 von 1951 einschlägig, die die Konvention über die Rechtsstellung von Flüchtlingen darstellt. Nach deren Regelungen ist ein Flüchtling jeder Drittstaatsangehörige, der die Voraussetzungen nach Art 1 A Nr 2 GFK erfüllt und dem die Flüchtlingseigenschaft nach dieser

11 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl I Nr 100/2005 idF BGBl I Nr 24/2016. 12 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 – AsylG), BGBl I Nr 100/2005 idF BGBl I Nr 122/2009. 13 Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl L 337/9. 14 Resolution A/RES/21/2198 (XXI) Protocol relating to the Status of Refugees, Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951, Genfer Flüchtlingskonvention 1951. 5 Konvention zuerkannt wurde. Laut ihrer Legaldefinition ist ein „Flüchtling“, „[...] wer sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will, oder der sich als Staatenloser infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren will.“15.

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG gF wird der Status des Asylberechtigten bestimmt. Demnach ist einem Fremden der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich bereits einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und ihm zusätzlich eine Verfolgung in seinem Herkunftsstaat iSd Genfer Flüchtlingskonvention droht.16

Demgegenüber handelt es sich bei einem subsidiär Schutzberechtigten gem § 8 Abs 1 AsylG gF um einen „[...] Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, dieser aber im Hinblick auf die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abgewiesen wurde.“17 Oder wenn „[...] diesem der Status eines Asylberechtigten aberkannt wurde, weil kein Verfolgungsgrund iSd GFK vorliegt.“ Hierfür müssen jedoch zusätzlich andere Voraussetzungen vorliegen, und zwar, „[...] dass aus seiner Zurückschiebung, Zurückweisung oder Abschiebung eine Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt resultieren würde und die Bestimmungen des Art 2 und Art 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)18 oder der Protokolle Nr 6 und 13 zur EMRK verletzt werden würden.“19.

Da nun auf mehrere wichtige Begriffsdefinitionen sowie auf relevante Rechtsgrundlagen eingegangen wurde, werden im Folgenden sowohl die Verpflichtungen auf internationaler, europäischer als auch nationaler Ebene erläutert, die speziell auf die Bekämpfung von Diskriminierungen gerichtet sind und maßgebend für die Analyse der Forschungsfrage dieser Diplomarbeit sind.

15 Art 1 A Nr 2 GFK. 16 § 3 Abs 1 AsylG 2005. 17 § 8 Abs 1 Z1 AsylG 2005. 18 Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl Nr 210/1958 idF BGBl III Nr 47/2010. 19 § 8 Abs 1 Z 2 AsylG 2005. 6 2. Rechtliche Verpflichtungen zur Bekämpfung von Diskriminierungen

Die Republik Österreich ist durch ihre vollwertige Mitgliedschaft bei den Vereinten Nationen sowie der Europäischen Union verpflichtet, deren rechtliche Bestimmungen umzusetzen sowie anhand ihres nationalen Rechts einzuhalten. In weiterer Folge werden jene Verpflichtungen auf völkerrechtlicher, auf europaweiter und auf nationaler Ebene untersucht, die in Verbindung mit der Forschungsfrage dieser Diplomarbeit von Relevanz sind.

2.1. Verpflichtungen auf internationaler Ebene zur Bekämpfung von Diskriminierungen

Im Jahr 1920 trat Österreich dem Völkerbund, dem Vorgänger der Vereinten Nationen, bei, der jedoch nach dem Zweiten Weltkrieg einstimmig aufgelöst wurde. 1946 erfolgte die Gründung der UNO.20 Im Jahr 1955 trat Österreich, nach der Unterzeichnung des Staatsvertrages21, als „souveräner, unabhängiger und demokratischer Staat“ als vollberechtigtes Mitglied den Vereinten Nationen bei.22 Durch den Beitritt hat sich Österreich wie auch jeder andere Mitgliedsstaat verpflichtet, die Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen gem Art 2 UN-Charta23 einzuhalten und deren Grundsätze zu befolgen. Die Charta wurde im Jahr 1945 in San Francisco von den 50 Gründungsstaaten unterfertigt und beinhaltet alle von der UNO verfolgten Ziele und Grundsätze.24 Beispielsweise lautet Art 1 Nr 3 leg cit, dass die Vereinten Nationen sich dafür einsetzen, die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion zu fördern und zu festigen.25

20 Ipsen, Völkerrecht, 6. Auflage, C.H.Beck Verlag (2014) § 6 Rz 99-103. 21 Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich, BGBl Nr 152/1955 idF BGBl I Nr 2/2008. 22 DemokratieWEBstatt, Parlamentsdirektion Republik Österreichs, 60 Jahre Staatsvertrag (2015) 20, Internet: https://www.demokratiewebstatt.at/nc/thema/thema-60-jahre- staatsvertrag/?tx_parlamentebook_pi1%5Bdownload%5D=8120&tx_parlamentebook_pi1%5Bformat%5D=pdf (08.01.2017). 23 Die Satzung der Vereinten Nationen, BGBl Nr 120/1956 idF BGBl III Nr 36/2012. 24 United Nations Regional Information Centre for Western Europe, Charta der Vereinten Nationen und Statut des Internationalen Gerichtshofs, Internet: http://www.unric.org/html/german/pdf/charta.pdf (13.02.2017). 25 Art 1 Nr 3 UN-Charta. 7 Eine weitere völkerrechtliche Rechtsgrundlage ist die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ (AEMR)26. Da es sich dabei jedoch um eine Resolution der UNO- Generalversammlung handelt, stellt sie kein für die Mitgliedsstaaten verbindliches Völkerrechtsdokument dar. Denn nach dem IV. Kapitel der UN-Charta, das die Bestimmungen zur Generalversammlung beinhaltet, werden Resolutionen der GV als bloße Empfehlungen angesehen. Durch die AEMR sollen sich die UN-Mitgliedsstaaten im Grunde dazu bekennen, dass alle Menschen über die gleichen Rechte und Grundfreiheiten verfügen. Sie genießt jedoch den Status als Völkergewohnheitsrecht, weshalb ihr völkerrechtlich gesehen dennoch eine Bedeutung zukommt. Nichtsdestotrotz ziehen Verstöße gegen die AEMR keine Sanktionen nach sich.27 Im Zuge dessen ist auf den Art 14 AEMR einzugehen, der das Recht auf Asyl regelt. Demgemäß stellt diese Bestimmung keine verbindliche dar, wonach alle Vertragsstaaten Asyl gewähren können, jedoch - wie bereits in der Einleitung erwähnt - nicht müssen.

Im Gegensatz dazu gibt es sieben andere UN-Menschenrechtsabkommen, die verbindliche völkerrechtliche Verträge darstellen und zu deren Einhaltung gegenüber jedermann alle Vertragspartner gebunden sind, die in weiterer Folge vorgestellt werden.

2.1.1. Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR)

Der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (kurz: UN- Sozialpakt bzw auf englisch: ICESCR) stellt einen verbindlichen völkerrechtlichen Vertrag dar, der seit 1976 in Kraft ist. Bisher haben ihn 164 Staaten ratifiziert, wobei die Ratifikation Österreichs im Jahr 1978 stattfand.28 Konkret handelt es sich hierbei um einen Menschenrechtskatalog mit insgesamt 31 Artikeln. Davon ist ua Art 2 Abs 2 leg cit von Relevanz, der besagt, dass „[...] die Vertragsstaaten zu gewährleisten verpflichtet sind, dass die in diesem Pakt verkündeten Rechte ohne Diskriminierung hinsichtlich der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen

26 Resolution 217 A (III) (1948), Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, AEMRK. 27 Hobe, Einführung in das Völkerrecht, 9. Auflage, A. Francke Verlag Tübingen und Basel (2008) 425. 28 Resolution, A/RES/2200 (XXI) (1966) Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (ICESCR). 8 Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, der Geburt oder des sonstigen Status ausgeübt werden.“29.

Dabei ist zu untersuchen, ob dieses allgemeine Diskriminierungsverbot nach dem ICESCR auch auf Flüchtlinge und Asylwerber anzuwenden ist. Im Art 2 Abs 3 leg cit ist angeführt, dass Entwicklungsländer selber darüber entscheiden können, ob sie Personen, die nicht ihre Staatsangehörigkeit besitzen, die in dem Pakt anerkannten wirtschaftlichen Rechte gewährleisten. Da es sich dabei bloß um wirtschaftliche Rechte handelt und auch nur um den Fall, dass ein Entwicklungsland aufgrund seiner eigenen Situation nicht zur Gewährung in der Lage ist, handelt es sich um einen Sonderfall. Nebenbei sind alle anderen sozialen und kulturellen Rechte auch in den Entwicklungsländern jedem zu gewähren.30

Darüber hinaus ist anzumerken, dass das Komitee des ICESCR (CESCR – Committee on Economic, Social and Cultural Rights) in seiner Empfehlung abgegeben hat, dass sonst jedwede verbleibenden Staaten, dh Nichtentwicklungsländer, auch Nichtstaatsangehörigen alle Rechte aus dem Pakt zu gewähren haben. Aus diesem Grund sind auch Flüchtlinge und Asylwerber vom Schutzbereich des UN-Sozialpakts erfasst.31

2.1.2. Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR)

Von höherer rechtlicher Relevanz ist in Bezug auf diese Diplomarbeit der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (kurz: IPbpR/ UN-Sozialpakt bzw auf englisch: ICCPR). Dieser Pakt trat gleichzeitig mit dem ICESCR 1976 in Kraft und wurde von Österreich im Jahr 1978 ratifiziert.32 Ebenso wie der IPwskR stellt der IPbpR einen völkerrechtlichen Vertrag dar, der rechtliche Verbindlichkeit genießt.33 Diese beiden Pakte bilden in Verbindung mit der AEMR die grundlegendsten Menschenrechtsabkommen auf völkerrechtlicher Basis.34

29 Art 2 Abs 2 IPwskR. 30 Makkonen, Antidiskriminierungsbestimmungen im internationalen und europäischen Recht, in: Internationale Organisation für Migration (Hrsg), Handbuch zur rechtlichen Bekämpfung von Diskriminierung (2003) 55-56. 31 Economic and Social Council, CESCR, General Comment No. 20 (2009) para 30. 32 Resolution, A/RES/2200 (XXI) (1966) Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR). 33 Ghajati, Die universelle Durchsetzung der Menschenrechte, Utopie oder Realität? Nomos Verlagsgesellschaft (2012) 29. 34 Ipsen, Völkerrecht6 § 7 Rz 11. 9 In diesem Internationalen Pakt sind zwei wesentliche Diskriminierungsverbote enthalten. Laut Art 2 und 26 IPbpR verpflichtet sich jeder Vertragsstaat, die in diesem Pakt anerkannten Rechte zu achten und sie allen in seinem Gebiet befindlichen und seiner Gerichtsbarkeit unterstehenden Personen zu gewährleisten, da alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind und alle denselben Anspruch auf Schutz haben. Dh konkret, dass keine Unterschiede auftreten dürfen, die insbesondere aufgrund der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, der Geburt oder des sonstigen Status erfolgen. Die Besonderheit des Art 2 leg cit besteht aber darin, dass dies eine akzessorische Bestimmung darstellt. Somit kann er nur in Verbindung mit einem anderen Recht dieses Paktes angewendet werden, wodurch der Anwendungsbereich stark eingeschränkt wird. Davon gibt es jedoch eine Ausnahme und zwar, wenn die Norm nicht mit dem Art 26 IPbpR ausgelegt werden kann.35 Denn Art 26 leg cit stellt ein allumfassendes Diskriminierungsverbot dar, das kein akzessorisches Recht ist und keinen Beschränkungen unterliegt. Aus diesem Grund ist diese Bestimmung ohne Unterschiede sowohl auf Staatsbürger als auch auf Nichtstaatsbürger anzuwenden.36

2.1.3. Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung

Das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (kurz: UN-Rassendiskriminierungskonvention bzw auf englisch: ICERD) wurde im Jahr 1965 von der UNO-Generalversammlung verabschiedet, trat 1969 in Kraft und wurde 1972 von Österreich ratifiziert.37 Laut ihren Bestimmungen sind die präventive Verhinderung sowie die Bekämpfung von rassistischer Diskriminierung ihre primären Spezialgebiete. Es sollen dadurch die Zielverwirklichungen der Vereinten Nationen sichergestellt werden, indem die Vertragsstaaten ua die allgemeine Achtung und Beachtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Personen ohne Unterscheidung der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion fördern und bestärken.

35 Makkonen, in: IOM, Handbuch zur rechtlichen Bekämpfung von Diskriminierung, 48-50. 36 Nowak, U.N. Covenant on Civil and Political Rights, CCPR Commentary, N.P. Engel ua (1993) Art. 26 ICCPR Rz 33. 37 Resolution, A/RES/2106 (XX) (1965) International Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination (ICERD). 10 Im Art 2 leg cit ist ein allgemeines Diskriminierungsverbot verankert, wodurch allgemein die Rassendiskriminierung verboten wird und die Vertragsstaaten dazu animiert werden, alle Mittel dagegen zu ergreifen.38 Nunmehr ist zu prüfen, ob Asylwerber bzw Flüchtlinge vom Schutzbereich des Diskriminierungsverbots der UN-Rassendiskriminierungskonvention erfasst werden. Im Art 1 Abs 1 leg cit ist eine explizite und umfassende Begriffserläuterung zur „rassischen Diskriminierung“ enthalten, die diese als: „[...] jede auf der Rasse, der Hautfarbe, der Abstammung, dem nationalen Ursprung oder dem Volkstum beruhende Unterscheidung, Ausschließung, Beschränkung oder Bevorzugung, die zum Ziel oder zur Folge hat, dass dadurch ein gleichberechtigtes Anerkennen, Genießen oder Ausüben von Menschenrechten und Grundfreiheiten im politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen oder jedem sonstigen Bereich des öffentlichen Lebens vereitelt oder beeinträchtigt wird.“39 definiert. Jedoch muss bei der Frage die Bestimmung des Art 1 Abs 2 leg cit betrachtet werden, die besagt, dass die Konvention nicht angewendet werden darf, wenn ein Staat gewisse Unterscheidungen, Ausschließungen, Beschränkungen oder Bevorzugungen zwischen Staatsbürgern und Nichtstaatsbürgern macht. Durch die Auslegung dieser beiden Vorschriften wird davon auszugehen sein, dass der Gesetzgeber das UN-Rassendiskriminierungsübereinkommen auch zum Schutz von Nichtstaatsbürgern verfasst hatte. Ansonsten wäre die ICERD gar nicht auf Fremde anwendbar und dies würde dem Zweck der GFK als völkerrechtliche Rechtsvorschrift zuwiderlaufen, womit auch Flüchtlinge und Asylwerber in den Schutzbereich des Rassendiskriminierungsverbots fallen.40

2.1.4. Genfer Flüchtlingskonvention

Wie im Kap 1.2. erwähnt, stellt die Genfer Flüchtlingskonvention das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge dar, die 1951 von einer UN-Sonderkommission verabschiedet und 1957 von Österreich ratifiziert wurde. Im Gegensatz zu den anderen oben erwähnten UN- Menschenrechtsabkommen, die Diskriminierungen bekämpfen, ist diese Konvention zu den Abkommen des humanitären Völkerrechts zu zählen.41

38 Nowak, Einführung in das internationale System der Menschenrechte, Neuer wissenschaftlicher Verlag (2002) 98-99. 39 Art 1 Abs 1 ICERD. 40 Marschik, Die UN-Rassendiskriminierungskonvention im österreichischen Recht, Verlag Österreich (1999) 19. 41 Janda, Migranten im Sozialstaat, Mohr Siebeck Verlag (2012) 95. 11 Die GFK bildet für das UN-Spezialorgan, den Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR), die Rechtsgrundlage. Bis zu dessen Inkrafttreten gab es (vorher) noch keine verbindlichen Rechtsnormen, die den Umgang mit Flüchtlingen regelten.42 Nennenswert sind va folgende in der GFK verankerten Rechte von Flüchtlingen: Artikel 3 leg cit enthält erstens eine Nicht-Diskriminierungsklausel, wonach Flüchtlingen ein Schutz vor Diskriminierung wegen ihrer Rasse, Religion oder ihres Herkunftslandes gewährleistet werden soll. Zweitens ist auf den Art 33 GFK einzugehen, der Regelungen in Bezug auf das Verbot der Ausweisung bzw der Zurückweisung beinhaltet. Diese Bestimmung ist ebenso unter dem „Non- Refoulement-Prinzip“43 bekannt und bestimmt, dass kein Vertragsstaat Flüchtlinge bzw Asylwerber in ein Gebiet ausweisen bzw zurückweisen darf, in dem ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre. Dh diesen Personen wird subsidiärer Schutz gewährt und sie dürfen nicht abgeschoben werden, obwohl keine Konventionsgründe nach der GFK vorliegen. Im Allgemeinen ist zu statuieren, dass den Flüchtlingen durch die GFK dieselben Rechte wie Ausländern gewährt werden.44

2.2. Verpflichtungen auf europäischer Ebene zur Bekämpfung von Diskriminierungen

Durch den Beitritt Österreichs zur EU im Jahr 1995 hat sich die Republik verpflichtet das Unionsrecht automatisch in das nationale Recht zu übernehmen und es auch in Zukunft einzuhalten.45 Unter das Primärrecht fallen die Gründungsverträge der EU, die den Vertrag der Europäischen Union (EUV)46 sowie den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)47 umfassen. Generell zielt die EU auf Werte wie zB die Achtung der Menschenwürde, die Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit sowie die Wahrung der Menschenrechte. Darüber hinaus fallen ebenso Minderheiten in ihren Schutzbereich. Die EU setzt sich auch bei der Festlegung

42 UN Refugee Agency, Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951, Internet: http://www.unhcr.at/fileadmin/unhcr_data/pdfs/allgemein/GFK_Pocket_final.pdf (19.02.2017). 43 Graf Vitzthum/ Proelß (Hrsg), Völkerrecht, 6. Auflage, De Gruyter Verlag (2013) Rz 304. 44 Beciragic, Die österreichische Asylgesetzgebung, in Bundesministerium für Inneres (Hg), 50 Jahre Genfer Flüchtlingskonvention in Österreich, Schriftenreihe BM.I – Band 5, NMW Neuer Wissenschaftlicher Verlag (2005) 111. 45 Borchardt, Die rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union, 4. Auflage, facultas wuv Verlag (2010) Rz 122. 46 Vertrag der Europäischen Union (EUV), ABl C 115/13. 47 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), ABl C 326/47. 12 und Durchführung ihrer Politik sowie ihrer Maßnahmen gem Art 2 EUV dafür ein, dass jeder Mitgliedsstaat in Form von Nichtdiskriminierung, Toleranz, Solidarität etc diese Werte gewährleistet.48

Nebenbei sind in diesem Kapitel auch die Dokumente des Europarates zu erwähnen, die unabhängig von der Europäischen Union bestehen und ihre Wirkung entfalten.

2.2.1. Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

Für diese Arbeit relevant sind die Artikel 18 und 19 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), welche Regeln über die Nichtdiskriminierung enthalten. Laut Art 18 leg cit wird im Bereich des Primärrechts jede Form von Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten. Um etwaige Diskriminierungen bekämpfen zu können, die aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung stattfinden, beinhaltet der Art 19 AEUV die Regelung, dass der Rat im Rahmen eines besonderen Gesetzgebungsverfahrens geeignete Vorkehrungen treffen kann. Dies erfolgt jedoch erst nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.

Fraglich ist nun jedoch, ob auch Flüchtlinge bzw Asylwerber vom Schutzbereich des Nichtdiskriminierungsverbots nach dem AEUV erfasst werden. Dieser Vertrag stellt darauf ab, dass Art 18 und 19 bloß auf Unionsbürger anwendbar sind, was so viel heißt, dass der Schutzbereich eklatant eingeschränkt wird. Denn somit können sich nur Flüchtlinge bzw Asylwerber, die europäische Staatsbürger sind, auf die Bestimmungen des AEUV berufen, die jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verbieten.49

48 Borchardt, Die rechtlichen Grundlagen der EU4 Rz 48ff. 49 Lenz/ Borchardt (Hrsg), EU-Verträge, Kommentar nach dem Vertrag von Lissabon, 5. Auflage, Bundesanzeiger Verlag (2010) Art 18 Rz 1f. 13 2.2.2. Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft

Diese europäische Richtlinie wird auch „Antirassismusrichtlinie“50 genannt und wurde im Jahr 2000 verabschiedet. Ihr Ziel ist es gem Art 1 leg cit, eine Ungleichbehandlung aufgrund der Rasse oder ethnischen Herkunft zu verbieten, um den Grundsatz der Gleichbehandlung in allen Mitgliedsstaaten verwirklichen zu können.

Nach dem 13. Erwägungsgrund der Präambel ist festzuhalten, dass der umfangreiche Gleichbehandlungsgrundsatz, der in der Antirassismusrichtlinie verankert ist, auch auf Nichtunionsbürger anzuwenden ist. Jedoch ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass keine Ungleichbehandlungen aufgrund der Staatsangehörigkeit darunter subsumierbar sind, wodurch die Anwendbarkeit der Richtlinie eine erhebliche Einschränkung erfährt.51 Demnach können sich Flüchtlinge und Asylwerber bloß in den Fällen auf die Antirassismusrichtlinie stützen, wenn sie sich aus Gründen der ethnischen Herkunft, der Rasse, der Religion oder der Weltanschauung ungleich behandelt fühlen, nicht jedoch bei Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit.52

2.2.3. Charta der Grundrechte der Europäischen Union

Die EU-Grundrechtecharta (kurz GRCh)53 wurde im Jahr 2000 kodifiziert, jedoch trat sie aufgrund des damaligen Scheiterns des Europäischen Verfassungsvertrages erst mit dem Vertrag von Lissabon im Jahr 2009 in Kraft. Durch die EU-Grundrechtecharta wurden die von der EU gewährten Bürger- und Menschenrechte sowie die wirtschaftlichen und sozialen Rechte erstmals schriftlich niedergelegt.54

Im Art 21 GRCh ist zB ein umfassendes Diskriminierungsverbot enthalten. Gemäß Abs 1 leg cit sind „[...] Diskriminierungen, insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der

50 Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, ABl L 180/22. 51 Vgl Bericht der Agentur der europäischen Union für Grundrechte (FRA), Migranten, Minderheiten und Beschäftigung, Ausgrenzung und Diskriminierung in den 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, Aktualisierung 2003-2008 (2010) 8. 52 Erwägungsgrund Nr 13, RL 2000/43/EG. 53 Charta der Grundrechte der europäischen Union, 2000/C 364/01. 54 Borchardt, Die rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union4 Rz 171. 14 Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung“55 verboten. Darüber hinaus ist im Abs 2 leg cit weiters festgehalten, dass sowohl im Anwendungsbereich des EUV als auch des AEUV jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten ist.

Nunmehr ist zu erwähnen, dass die EU-Grundrechtecharta (mit Ausnahme des Kapitels V) auf Nichtunionsbürger anzuwenden ist, wodurch auch Flüchtlinge und Asylwerber aus Drittstaaten von deren Schutzbereich erfasst sind.56

2.2.4. Europäische Menschenrechtskonvention

Die Europäische Konvention der Menschenrechte, kurz EMRK, stellt ein Konstrukt des Europarates dar und trat als Stammfassung 1953 in Kraft.57 Sie erinnert stark an die völkerrechtliche Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Seit ihrem Inkrafttreten wurde sie mehrere Male geändert und durch 14 fakultative Zusatzprotokolle erweitert. Bei der EMRK handelt es sich um eine geschlossene Konvention, weswegen sie nur von Mitgliedsstaaten des Europarates ratifiziert werden kann.58 Österreichs Ratifikation erfolgte im Jahre 1958. Zunächst war die rechtliche Stellung der Konvention in Österreich strittig, jedoch erfolgte 1964 durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 59/1964 deren Erhebung in den Verfassungsrang, wodurch sie zu einer Verfassungsbestimmung iSd Art 49 Abs 2 B-VG wurde.59 Über deren Einhaltung wacht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg, der 1958 als Institution des Europarates gegründet wurde.60

Als eine der wichtigsten inhaltlichen Bestimmungen der EMRK ist ua der Artikel 1 zu nennen, welcher die Verpflichtung zur Achtung der Menschenrechte beinhaltet. Demnach sind alle Vertragsstaaten der Konvention verpflichtet, den ihrer Gerichtsbarkeit unterstehenden

55 Art 21 Abs 1 GRCh. 56 Spreitzhofer, Die Grundrechtecharta der europäischen Union, Grin Verlag (2005) 24. 57 Schwimmer, Der Europarat: Entstehungsgeschichte, Rolle und Stellenwert für Österreich, in: Hummer (Hrsg), Österreich im Europarat 1956-2006: Bilanz einer 50-jährigen Mitgliedschaft 1, Böhlau Verlag (2008) 58. 58 Borchardt, Die rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union4 Rz 170. 59 Bundesverfassungsgesetz vom 4. März 1964 mit dem Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 über Staatsverträge abgeändert und ergänzt werden, BGBl Nr 59/1964. 60 De Schutter, Zusammenhänge zwischen Migration und Diskriminierung, 49. 15 Personen, egal ob Staatsbürger oder nicht, alle Rechte und Freiheiten nach der EMRK zu gewähren. Gleichzeitig sind auch alle nationalen Institutionen an diese Verpflichtung gebunden. Des Weiteren ist im Art 14 EMRK ein Verbot der Benachteiligung enthalten, das wie folgt lautet: „Der Genuss der in der vorliegenden Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten ist ohne Benachteiligung zu gewährleisten, die insbesondere im Geschlecht, in der Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, in den politischen oder sonstigen Anschauungen, in nationaler oder sozialer Herkunft, in der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, im Vermögen, in der Geburt oder im sonstigen Status begründet ist.“61 Da es sich dabei jedoch um ein akzessorisches Recht handelt, kommt es lediglich zur Anwendung, wenn eine andere Vorschrift aus der Konvention oder aus deren Zusatzprotokollen verletzt wurde.

Dabei ist das 12. Zusatzprotokoll aus dem Jahr 2005 zu erwähnen, welches in seinem 1. Artikel ein allgemeines Diskriminierungsverbot enthält, das nicht akzessorisch ist und ein viel weit gefassteres Verbot als Art 14 EMRK enthält.62 Dieses stellt jedoch wie alle anderen Zusatzprotokolle ein fakultatives dar, weshalb es von den Vertragsstaaten abhängt, ob sie es freiwillig ratifizieren. Demgemäß wurde es nur von wenigen Vertragsstaaten ratifiziert, ebenso wenig von Österreich, das es bloß unterzeichnete.63 Laut des Entschließungsantrags aus dem Jahr 2014 wurde die Bundesregierung jedoch bereits damals aufgefordert, dem Nationalrat die für die Ratifikation benötigten Unterlagen vorzulegen.64 Art 1 Abs 1 des 12. Zusatzprotokolls lautet wie folgt: „Der Genuss eines jeden gesetzlich niedergelegten Rechtes ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten.“65 Des Weiteren ist Abs 2 leg cit zu nennen, der in Bezug auf die Bekämpfung des institutionellen Rassismus einen Meilenstein im Rechtsschutzsystem darstellen würde: „Niemand darf von einer Behörde diskriminiert werden, insbesondere nicht aus einem der in Absatz 1 genannten Gründe.“66

61 Art 14 EMRK. 62 De Schutter, Zusammenhänge zwischen Migration und Diskriminierung, 49-50. 63 Europarat, Unterschriften und Ratifikationsstand des Vertrags 177, Protokoll Nr 12 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Internet: http://www.coe.int/de/web/conventions/full-list/- /conventions/treaty/177/signatures?p_auth=RVLX6bHb (15.02.2017). 64 Entschließungsantrag betreffend die Ratifizierung des 12. Zusatzprotokolls zur EMRK, 332/A(E) XXV.GP vom 27. März 2014. 65 Art 1 Abs 1, 12. ZP EMRK. 66 Art 1 Abs 2, 12. ZP EMRK. 16 Der persönliche Schutzbereich der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten befindet sich gleich im 1. Artikel normiert, wonach jeder Vertragsstaat allen Personen, die ihm unterstehen, alle Rechte und Freiheiten aus der EMRK gewährt,67 weshalb auch Asylwerber sowie Flüchtlinge vom Schutzbereich der EMRK erfasst sind.

2.3. Entwicklungen bezüglich der Verpflichtungen auf nationaler Ebene zur Bekämpfung von Diskriminierungen

Aufgrund des Beitritts von Österreich zur UNO sowie zur EU wurden die in den vorherigen Kapiteln bereits erwähnten einschlägigen Verpflichtungen zur Bekämpfung von Diskriminierungen erörtert. Da Richtlinien, wie beispielsweise die Antirassismusrichtlinie, zum europarechtlichen Sekundärrecht gehören und diese erst auf staatlicher Ebene in nationales Recht umzusetzen sind, wurde im Jahr 2004 beispielsweise das österreichische Gleichbehandlungsgesetz (GlBG)68 erlassen.

Wie Österreichs Maßnahmen im Hinblick auf die Bekämpfung von jedweden Diskriminierungen aussahen, wird in den folgenden Kapiteln anhand der einschlägigen nationalen Rechtsgrundlagen dargelegt.

2.3.1. Gleichheitssatz

Zuallererst ist das Staatsgrundgesetz (StG)69 von Österreich aus dem Jahr 1867 zu nennen, das, wie bereits erwähnt, in seinem 2. Artikel einen allgemeinen Gleichheitssatz für österreichische Staatsbürger enthält. Aus dessen Wortlaut ist daher jedoch abzuleiten, dass weder Asylwerber noch Flüchtlinge in den Schutzbereich des Staatsgrundgesetzes fallen.

67 Grabenwarter/ Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention, 6. Auflage, C. H. Beck, Helbing Lichtenhahn, Manz Verlag (2016) § 17 Rz 1-2. 68 Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (Gleichbehandlungsgesetz – GlBG), BGBl I Nr 66/2004 idF BGBl I Nr 34/2015. 69 Staatsgrundgesetz vom 21. December 1867, über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder (StGG), RGBl Nr 142/1867 idF BGBl Nr 684/1988. 17 Des Weiteren ist ein Gleichheitssatz im österreichischen Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)70 normiert. Art 7 Abs 1 B-VG besagt, dass „[...] alle Staatsbürger vor dem Gesetz gleich“71 sind. Demnach sind jedoch wiederum explizit nur österreichische Staatsbürger vom Anwendungsbereich erfasst, weshalb Asylwerber und auch Flüchtlinge nicht darunterfallen.

Der Staatsvertrag (StV) von St Germain stellt ein völkerrechtliches Dokument dar und enthält ebenso ein Diskriminierungsverbot, und zwar in den Bestimmungen Art 66 und 67 des StV. Darin ist ein Nichtdiskriminierungsgebot verankert, das aber explizit nur für österreichische Staatsangehörige sowie für österreichische Staatsangehörige, die einer Minderheit angehören, gilt. Aus diesem Grund kommen Nichtstaatsbürger, dh weder Flüchtlinge noch Asylwerber in den Genuss des Schutzbereichs des Staatsvertrages von St Germain.

2.3.2. Umsetzung der UN-Rassendiskriminierungskonvention

Wie bereits im Kapitel 2.1.3. erläutert, hat Österreich im Jahr 1972 die völkerrechtliche Rassendiskriminierungskonvention ratifiziert, wofür damals das Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung (RassDiskrBVG) erlassen wurde. Dieses Gesetz diente dessen Durchführung und trat im Jahr 1973, gleichzeitig mit dem Internationalen Übereinkommen, in Kraft.72 In dessen Art 1 Abs 1 ist ein Diskriminierungsverbot enthalten, das besagt, dass jede Form rassischer Diskriminierung verboten ist und dass sowohl Gesetzgebung als auch Vollziehung jede Differenzierung aus den Gründen der Rasse, der Hautfarbe, der Abstammung oder der nationalen bzw ethnischen Herkunft zu unterlassen haben. Im Abs 2 leg cit wird konstatiert, dass Österreich seinen Staatsbürgern besondere Rechte einräumen darf, weshalb hiermit wiederum ein Spalt zwischen Staatsbürgern und Nichtstaatsbürgern erkennbar ist. Allerdings, wie bereits erwähnt, sprach der VfGH in seinem Erkenntnis 1995 erstmals aus, dass der österreichische Gleichheitssatz auch auf Fremde anzuwenden ist. Dabei erwähnte er, dass eine Differenzierung zwischen österreichischen Staatsbürgern und Fremden bloß konform sei, wenn sie aus verhältnismäßigen Gründen geschieht.73

70 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl Nr 1/1930 idF BGBl I Nr 106/2016. 71 Art 7 Abs 1 B-VG. 72 Heidinger/ Kasper (Hrsg), Antidiskriminierung, Rechtliche Gleichbehandlung in Österreich und in der EU, 2. Auflage, LexisNexis (2014) 45. 73 VfGH 30.11.1995, B 1691/95, VfSlg 14369. 18 2.3.3. Bundesgesetz über die Gleichbehandlung

Dieses aus dem Jahr 2004 stammende Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (GlBG) wurde im Zuge dessen geschaffen, da die EU im Jahr 2000 die Antirassismusrichtlinie erließ, und Österreich nach europarechtlichen Vorschriften dazu verpflichtet war, diese in in das nationale Recht zu implementieren. Das GlBG ersetzte das ältere Gleichbehandlungsgesetz von 1979, das damals bloß Normen bzgl der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in der Arbeitswelt enthielt. Der Schutzbereich des GlBG basiert auf der Grundlage der Antirassismusrichtlinie, weshalb auch Nichtstaatsangehörige darunterfallen, sowie ebenso Asylwerber und Flüchtlinge in den Genuss des Nichtdiskriminierungsgebotes kommen.74

Die neuere Fassung enthält nunmehr kein allgemeines Diskriminierungsverbot, sondern es werden einige Bereiche aufgezählt, in welchen ein Gleichbehandlungsgebot herrschen soll. Das Gesetz erfuhr seither mehrere Novellierungen, wodurch Diskriminierungen nicht mehr nur aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit verboten sind, wie dies der älteren Fassung entsprach. Gem § 13 leg cit sind nämlich nunmehr auch Gründe wie die Religion, Weltanschauung, das Alter sowie die sexuelle Orientierung vom Antidiskriminierungsgebot umfasst.

3. Überblick zu den Begriffen Rasse, Diskriminierung und Rassismus

Da sich diese wissenschaftliche Arbeit spezifisch dem Konzept des „institutionellen Rassismus“ widmet, ist es zuerst vonnöten einige Begriffe sowohl in Bezug auf Diskriminierungen als auch auf Rassismus zu erläutern, um anschließend auf das eigentliche Kernproblem näher einzugehen und in weiterer Folge analysieren zu können.

3.1. Definition des Begriffes „Rasse“ und seine Entwicklung

Der Begriff „Rasse“ findet heutzutage für mehrere Aspekte Verwendung, jedoch wissen die wenigsten über dessen Herkunft und wirklichen Bedeutung Bescheid. Zumal der Terminus im

74 Rudolf/ Mahlmann (Hrsg), Gleichbehandlungsrecht, Nomos Verlagsgesellschaft (2007) 5. 19 Internationalen Übereinkommen über die Beseitigung aller Formen von Diskriminierung zwar mehrere Male erwähnt wird, jedoch sonst keine genaue Definition erfährt.

Bereits Aristoteles verwendete den Begriff „Rasse“, als er die Griechen mit anderen Völkern nach deren Herkunft unterschied. Ebenso ging mit der Entkolonialisierung einher, dass die „Fremden“ mit den „Europäern“ verglichen und ihnen unterworfen wurden (Prinzip der Differenz75). Als einer der Begründer der Rassentheorie gilt der französische Schriftsteller Arthur de Gobineau, der das mehrbändige Werk „Essai sur l'inégalité des races humaines“ (deutsch: Versuch über die Ungleichheit der Menschenrassen) 1853-1855 veröffentlichte.76 Seiner Annahme zufolge gibt es bloß eine menschliche Urrasse, die arische Rasse. Darüber hinaus sollte eine Rassenmischung tunlichst vermieden werden. In weiterer Folge beeinflusste Gobineaus Einstellung zB die Entwicklung der Rassentheorien des Nationalsozialismus.77

Anhand dieser heute als unwissenschaftlich eingestuften Rassentheorie erfuhren Menschen nach äußerlichen Merkmalen wie zB der Hautfarbe, der Schädelform etc oder aufgrund von unterschiedlichen Charakteren eine Kategorisierung. Dies hatte zur Folge, dass eine Rasse als minderwertiger angesehen wurde als andere.

Heute sind sich die meisten Rechtsexperten einig, dass der Begriff „Rasse“ mit Vorsicht zu verwenden sei. In diesem Zusammenhang ist va Dagmar Schiek zu erwähnen, deren Definition, die sich inhaltlich mit denen mehrerer anderer Autoren deckt, folgendermaßen lautet: „Race is ascribed to persons in order to distinguish ‚us’ from ‚them.’“78 Sie beschreibt „Rasse“ als ein rein soziales Konzept, da es keinen objektiven Grund gebe die Menschheit aufgrund ihrer „Rasse“ unterschiedlich zu behandeln, da es nämlich nach heutigem Wissensstand keine „Menschenrassen“ aufgrund von biologischen Kriterien gebe, komme es zu einer Klassifizierung der Menschheit, die auf Merkmalen wie beispielsweise ihrer Sprache, ihrer Religion, ihrem Aussehen, va ihrer Hautfarbe oä basieren. Demnach konstituiert der Ausdruck

75 Sökefeld, Problematische Begriffe: „Ethnizität“, „Rasse“, „Kultur“, „Minderheit“, in: Schmidt-Lauber (Hg): Ethnizität und Migration, Einführung in Wissenschaft und Arbeitsfelder, Reimer Verlag (2007) 43. 76 Vgl document de Marcelle Bergeron, Essai sur l’inégalité des races humaines, Internet: http://classiques.uqac.ca/classiques/gobineau/essai_inegalite_races/essai_inegalite_races_1.pdf (03.03.2017). 77 Trey, Die Entwicklung von Rassentheorien im 19. Jhdt., Gobineau und sein Essai „Die Ungleichheit der Menschenrassen“, disserta Verlag (2014) 36. 78 Schiek/ Lawson (eds.), European Union Non-Discrimination Law and Intersectionality, Ashgate (2011) 25. 20 „Rasse“ in der heutigen Zeit eine bloße Weltanschauung, die die Menschen nach physischen Merkmalen kategorisiert, wodurch meist „Rassismus“ als unmittelbares Resultat entsteht.79

3.2. Ethnizität

Wie bereits im vorherigen Kapitel erläutert wurde, tauchen Probleme bei der Definition des Begriffs „Rasse“ auf, weswegen Kritiker teilweise vorschlagen, stattdessen den Begriff

„Ethnie“ zu verwenden.80 Zum Begriff „Ethnizität“ gibt es ebenfalls keine einheitliche Definition. Jedoch wird unter „Ethnie“ nach herrschender Auffassung eine eigenständige Personengruppe verstanden - die in Österreich auch Volksgruppe genannt wird81 -, die sich aufgrund von bestimmten Eigenschaften von anderen Bewohnern desselben Staates abhebt. Diese Eigenschaften basieren beispielsweise auf deren Abstammung, einer eigenen Sprache, Religion mitsamt anderer Traditionen etc.82 Laut Sökefeld ist das „Ethnische“ eine Restkategorie, die auf soziale Gruppen immer dann Anwendung findet, wenn bereits andere 83 rationale Erklärungen gescheitert sind.

Sowohl im Art 19 AEUV als auch in der Antirassismusrichtlinie des Rates der Europäischen Union werden die beiden Begriffe „Rasse“ und „ethnische Herkunft“ nebeneinander verwendet, was darauf hindeutet, dass sie keinesfalls als Synonyme zu interpretieren seien. Deren Unterschied liegt darin, dass „Rasse“ immer dann verwendet wird, wenn eine Diskriminierung von Personen auf Grundlage von physischen Eigenschaften vorliegt. Demgegenüber wird auf die „ethnische Herkunft“ abgestellt, wenn sich die Diskriminierung von Personen auf deren Zugehörigkeit zu einer Gruppe bezieht, die bestimmte gemeinsame Merkmale, wie eben eine besondere Kultur, eine gemeinsame Sprache etc miteinander teilt.84 Diese Unterscheidung konstatierte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil „Timishev gegen Russland“ aus dem Jahr 2005 und nahm dazu wie folgt Stellung: „Ethnizität und Rasse sind miteinander verbundene und sich überschneidende Konzepte. Während der Begriff Rasse seine Wurzeln in der Vorstellung einer biologischen Klassifizierung

79 Sökefeld, in: Schmidt-Lauber, Ethnizität und Migration, 43-44. 80 Heidinger, Antidiskriminierung2 47. 81 Parlament Republik Österreichs, Die Rechte von Volksgruppen, Internet: https://www.parlament.gv.at/PERK/VERF/VOLK/ (17.03.2017). 82 Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz, Allgemeine politische Empfehlung Nr 7 von ECRI, 13. Dezember 2002, 16. 83 Sökefeld, in: Schmidt-Lauber, Ethnizität und Migration, 46. 84 De Schutter, Zusammenhänge zwischen Migration und Diskriminierung, 22-23. 21 der Menschen in Untergruppen gemäß morphologischen Merkmalen wie Hautfarbe oder Gesichtsmerkmalen hat, ist der Begriff Ethnizität der Vorstellung gesellschaftlicher Gruppen entnommen, die durch eine gemeinsame Staatsangehörigkeit, Stammeszugehörigkeit, einen gemeinsamen religiösen Glauben, eine gemeinsame Sprache oder gemeinsame Ursprünge in Kultur und Tradition sowie einen gemeinsamen Hintergrund gekennzeichnet sind.“85

Oftmals, aber nicht immer, bilden ethnische Gruppen zahlenmäßig eine kleinere Gruppe im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung eines Staates, weshalb in diesem Zusammenhang auch die Rede von „Minderheiten“ ist. Da es wiederum keine allseits akzeptierte Begriffsdefinition von „Minderheiten“ gibt, wird diesbezüglich die Beschreibung von Capotorti aus dem Jahr 1979 verwendet: „A minority is a group, which is numerically inferior to the rest of the population of a State and in a non-dominant position, whose members possess ethnic, religious or linguistic characteristics which differ from those of the rest of the population and who, if only implicitly, maintain a sense of solidarity directed towards preserving their culture, traditions, religion or language.“86

In Österreich sind als Beispiel hierfür die slowenisch-sprachigen Kärntner zu erwähnen, welche als nationale Minderheiten vom Schutzbereich des Volksgruppengesetzes (VoGrG)87 erfasst sind. Ebenfalls gilt in Österreich das im Jahr 1998 in Kraft getretene Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten88, wodurch sich Österreich auf europäischer Ebene verpflichtet hat, nationale Minderheiten in seinem Bundesgebiet anzuerkennen, zu fördern und gleich wie eigene Staatsbürger zu behandeln. Aus diesen Rechtsvorschriften geht hervor, dass ethnische Minderheiten besonders schützenswert sind, um die für ihre Identität charakteristischen Merkmale weiterhin aufrechterhalten zu können.

Da nun Flüchtlinge sowie Asylwerber, die nach Österreich gekommen sind, ebenfalls in der Unterzahl zur österreichischen Bevölkerung stehen, fallen auch sie unter die Kategorie „Minderheiten“. Dies basiert entweder aufgrund ihrer verschiedenen Herkunft, einer anderen

85 EGMR, 13. Dezember 2015, Beschwerde Nr 55762/00, 55974/00 (Timishev gegen Russland). 86 Graf Vitzthum/ Proelß, Völkerrecht6 Rz 331. 87 Bundesgesetz über die Rechtsstellung der Volksgruppen in Österreich (Volksgruppengesetz – VoGrG), BGBl Nr 396/1976. 88 Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten, BGBl III Nr 120/1998. 22 Hautfarbe oder Sprache etc.89 Jedoch stellen sie keine, wie die slowenisch-sprachigen Kärntner, rechtlich geschützte Volksgruppe Österreichs dar.

3.3. Diskriminierung

Ebenso wie der Begriff „Rasse“ erfährt der Begriff „Diskriminierung“ keine genaue Definition, weder im österreichischen Rassendiskriminierungs-BVG noch im Internationalen Übereinkommen über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung.

Ganz allgemein kann davon gesprochen werden, dass jede nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung bei gleichem Sachverhalt, basierend auf den gesetzlich verbotenen Gründen, einen Fall von Diskriminierung darstellt. Unter diesen Gründen des Diskriminierungstatbestandes fallen beispielsweise „Rasse“, „ethnische Herkunft“, Religion, Hautfarbe, Geschlecht etc.90 Darüber hinaus liegen Fälle von Diskriminierungen auch dann vor, wenn zB bestimmte Personen ausgegrenzt bzw von anderen abgegrenzt werden.91

Im Detail gibt es mehrere Arten Personen oder Gruppen in ungerechtfertigter Weise zu diskriminieren, wobei ua sowohl zwischen der direkten als auch der indirekten Diskriminierung unterschieden wird, welche in den folgenden Kapiteln eine genauere Untersuchung erfahren.

3.3.1. Rechtfertigung der Ungleichbehandlung

Es ist jedoch erwähnenswert, dass nicht jede Ungleichbehandlung zu einer Diskriminierung führt, denn, wie bereits erwähnt, kann diese auch in gerechtfertigter Weise erfolgen. Dies ist immer dann der Fall, wenn Ungleichbehandlungen auf vernünftigen Gründen basieren und darüber hinaus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Diese Praxis hat sich in der Verfassungsgerichtsbarkeit Österreichs aus der Judikatur des VfGH herausgebildet, wonach eine Beschränkung der Grundrechte sowie ein Eingriff in deren Schutzbereich nur erfolgen darf, wenn dies „verhältnismäßig“ vonstattengeht. Die Frage der Rechtfertigung einer

89 Vgl Bericht der FRA, Migranten, Minderheiten und Beschäftigung, Ausgrenzung und Diskriminierung in den 27 Mitgliedsstaaten, 73. 90 Makkonen, in: IOM, Handbuch zur rechtlichen Bekämpfung von Diskriminierung, 14. 91 Huber/ Öllinger, R./ Steiner-Pauls (Hrsg), Handbuch Asylrecht: Eine Darstellung aller relevanten Rechtsbereiche in der Asylberatung (2004) 76. 23 bestimmten Maßnahme wird vom VfGH immer nach einer Einzelfallentscheidung gelöst. Diese Beurteilung resultiert stets in einer bejahenden Antwort, wenn der Gerichtshof im Zuge seiner Prüfung zu dem Schluss kommt, dass folgende vier Faktoren kumulativ vorliegen:

1. Der vom Staat verfolgte Zweck muss ein legitimes Ziel aufweisen, 2. die staatlich eingesetzten Maßnahmen für die Zielerreichung müssen geeignet sein, 3. die Mittel müssen erforderlich sein und es darf kein gelinderes Mittel geben, um das Ziel anderweitig zu erreichen, sowie 4. muss zwischen den staatlich eingesetzten Mitteln und der damit verbundenen Grundrechtsbeeinträchtigung eine Angemessenheit bestehen.92

Nachdem der innerstaatliche Rechtsweg ausgeschöpft worden ist, gibt es die Möglichkeit im Rahmen einer Individualbeschwerde den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) anzurufen, um eine behauptete Menschenrechtsverletzung zu rügen, die von einem Staat ausgegangen ist. Der EGMR überprüft als internationales Gericht das Vorliegen einer Menschenrechtsverletzung und wendet dabei die Vorschriften der Europäischen Konvention der Menschenrechte (EMRK) an.93 Nach der Judikatur des EGMR zu den Fällen D.H. gegen Tschechische Republik (2007)94 sowie zu Oršuš gegen Kroatien (2010)95 bzgl des Diskriminierungsverbotes gem Art 14 EMRK haben sich folgende drei Kategorien von positiven Gewährleistungspflichten aus staatlicher Sicht entwickelt:96

Um dem Diskriminierungsverbot entgegenwirken zu können, ist erstens das Differenzierungsgebot zu erwähnen. Dies besagt, dass gleiche Sachverhalte gleich und ungleiche Sachverhalte ungleich zu regeln sind. Zweitens hat ein Staat gewisse Schutzpflichten zu befolgen. Darunter ist zu verstehen, dass dem Staat ethnischen Minderheiten gegenüber gewisse Pflichten auferlegt werden, wonach er diese nicht nur als solche anzuerkennen hat, sondern ihnen auch ein effektiver Rechtsschutz vor privater Diskriminierung zu gewähren ist. Drittens gibt es die sogenannten Leistungspflichten. In Fällen, in denen ein Staat allgemeine Leistungen für jedermann zugänglich macht, ist es den staatlichen Organen verboten hinsichtlich dessen beispielsweise gewisse ethnische Volksgruppen schlechter zu stellen als

92 Öhlinger/ Eberhard, Verfassungsrecht10 Rz 715-717. 93 Verschraegen, Schutz des Lebens und Kenntnis der eigenen Abstammung, Besprechung des Urteils des EGMR 13. 2. 2003, Beschwerde Nr 42.326/98, in: ÖJZ 2004/1, 1. 94 EGMR, 13. November, Beschwerde Nr 57.325/00 (D.H. and Others vs Czech Republic). 95 EGMR, 16. März 2010, Beschwerde Nr 15.766/03 (Oršuš and Others vs Croatia). 96 Marko, Vom Diskriminierungsverbot zu „effektiver“ Gleichheit? Zur Notwendigkeit interdisziplinärer Forschung von JurstInnen und SoziologInnen, in: Philipp/ Meier/ Apostolovki/ Starl/ Schmidlechner (Hrsg), Intersektionelle Benachteiligung und Diskriminierung (2014) 37-39. 24 andere Gruppen, indem ihnen deren Inanspruchnahme oder gar deren Zugang verwehrt wird. Ausgenommen sind laut EGMR dabei, wie auch laut VfGH, jene Fälle, in denen die Ungleichbehandlung aus einem gerechtfertigten Grund erfolgt.

3.3.2. Direkte Diskriminierung

Bei der direkten, „unmittelbaren“ oder „offenen“ Diskriminierung, basiert die Ungleichbehandlung direkt auf einem oder mehreren der gesetzlich verbotenen Gründe. In diesen Fällen ist es für jedermann gleich erkennbar, dass eine Person gegenüber einer anderen in einer vergleichbaren Situation benachteiligt wird. Oftmals kommt diese Form der Diskriminierung vor, wenn eine staatliche Regelung direkt auf die Staatsangehörigkeit abstellt und dadurch zB Inländer gegenüber Ausländern bessergestellt werden. Weitere Beispiele sind etwa, wenn Personen ungleich behandelt werden, weil sie eine andere Hautfarbe haben oder einer „ethnischen Minderheit“ angehören.97

In der Rechtssache C‑54/07 (Feryn) aus dem Jahr 2008 entschied der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), dass die öffentliche Äußerung eines belgischen Arbeitgebers, er werde keine ausländischen Arbeitnehmer einstellen, die einer bestimmten ethnischen Herkunft oder Rasse angehören, eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne des Art 2 Abs 2 lit a der Antirassismus-RL darstellte. Der Gerichtshof erläuterte in seinem Urteil, dass solche Äußerungen eines Arbeitgebers bestimmte Bewerber davon abhalten könnten, ihre Bewerbung einzureichen, womit in weiterer Folge ihr Arbeitsmarktzugang behindert werde.98

3.3.3. Indirekte Diskriminierung

Demgegenüber liegt eine Situation einer indirekten oder auch „mittelbaren“ bzw „verdeckten“ Diskriminierung dann vor, wenn anscheinend neutrale, auf Inländer und Ausländer gleich anwendbare Vorschriften im Ergebnis zeigen, dass sie im Endeffekt zB dennoch auf die

97 Bundeskanzleramt, Allgemeines zur Gleichbehandlung, Internet: https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/186/Seite.1860100.html (15.01.2017). 98 EuGH 10.07.2008, Beschwerde Nr C‑54/07 (Centrum voor gelijkheid van kansen en voor racismebestrijding / Firma Feryn NV). 25 Staatsangehörigkeit abstellen und sich somit benachteiligend gegenüber „Fremden“ auswirken.99

In der Rechtssache C-83/14 hatte der EuGH entschieden, dass eine mittelbare Diskriminierung vorlag, da in einem bulgarischen Stadtviertel, in dem großteils Personen mit Roma-Herkunft wohnten, sämtliche Stromzähler in einer Höhe von sechs bis sieben Metern angebracht waren. Währenddessen waren die gleichen Geräte in anderen Stadtvierteln in einer Höhe von weniger als zwei Metern positioniert. Die Beschwerdeführerin Nikolova, eine Frau bulgarischer Abstammung, war eine Einzelkauffrau in dem besagten Stadtviertel. Sie berief sich in ihrer Beschwerde darauf, durch die streitige Praxis der Elektrofirma aufgrund ihrer Nationalität einer indirekten Diskriminierung zu unterliegen, obwohl sie keine Frau mit Roma-Herkunft war, sondern eine bulgarische Staatsbürgerin.100 Es ergab sich nämlich aus dem früheren EuGH- Urteil „Coleman“101 bereits die Erkenntnis, dass sich der Grundsatz der Gleichbehandlung nicht nur auf Personen beschränke, die die geschützte Eigenschaft aufweisen. Somit musste sich der EuGH nun in weiterer Folge damit befassen, ob der Gleichbehandlungsgrundsatz nach der Antirassismus-RL nicht nur für Personen mit Roma-Herkunft gelte, sondern ob auch bulgarische Staatsbürger, wie Frau Nikolova, vor Ungleichbehandlungen von dessen Schutzbereich erfasst seien. Dabei hielt der Gerichtshof in seiner Entscheidung auf der Vorlagefrage fest, dass die Art 1 und 2 Abs 1 Antirassismus-RL unterschiedslos auf alle Beteiligten anzuwenden seien, gleichviel, ob die fragliche Maßnahme in casu nur Roma oder auch Personen anderer Herkunft betreffe, die durch diese Maßnahme zusammen mit Ersteren in besonderer Weise benachteiligt wurden. Denn in dem fraglichen Stadtviertel wohnten nicht nur Personen mit Roma-Herkunft, sondern auch welche anderer Herkunft.

3.3.4. Strukturelle Diskriminierung

Bei dieser sogenannten Diskriminierungsform finden die Ungleichbehandlungen auf struktureller Ebene statt. Diese Ungleichbehandlungen resultieren dabei aus Handlungsvorgängen von Institutionen oder spiegeln sich in gewissen Vorschriften und Gesetzen wider. Erst durch deren Anwendung bzw durch das Setzen der jeweiligen

99 Makkonen, in: IOM, Handbuch zur rechtlichen Bekämpfung von Diskriminierung, 14. 100 EuGH 16.07.2015, C‑83/14 (CHEZ Razpredelenie Bulgaria AD / Komisia za zashtita ot diskriminatsia). 101 EuGH 17.07.2008, C-303/06 (S. Coleman / Attridge Law und Steve Law). 26 Maßnahmen zeigt sich der Effekt, dass gewisse Minderheiten schlechter gestellt werden.102 Bei der strukturellen Diskriminierung trägt keine einzelne Person ein „Verschulden“ an der Ungleichbehandlung, sondern ist die jeweilige Institution dafür verantwortlich. Aus diesem Grund ist dabei auch die Rede von „Ungleichbehandlung ohne Täter“.103 Ein Beispiel hierfür ist der hohe Anteil an Migrationskindern in Vor- oder Sonderschulen, die dort nicht die nötige Integration erfahren, welche für sie eigentlich erforderlich wäre. In diesen gesonderten Klassen werden sie von Pädagogen unterrichtet, die keine entsprechende Ausbildung dafür aufweisen, was sich für das Erlernen der Sprache für diese Kinder kontraproduktiv auswirkt.

Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) ist ein vom Europarat gebildetes, unabhängiges Gremium, dessen Aufgabe es ist, die Einhaltung der Menschenrechte aller Mitgliedsstaaten des Europarates in den Bereichen Rassismus, Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus zu überwachen. Dabei analysiert die Kommission die Situationen eines jeden Mitgliedsstaates und verfasst darüber einen Bericht mit speziellen individuellen Empfehlungen.104 In ihrer Allgemeinen Politischen Empfehlung Nr 7 (ECRI 2002) über nationale Gesetzgebung zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung nimmt die Europäische Kommission in Ziffer 7 ihrer Empfehlung explizit dazu Stellung und führt aus, dass im Bildungssektor das Diskriminierungsverbot an jeder Art von Schule gelten müsse. Des Weiteren dürfe der Zugang zu Bildungseinrichtungen nicht vom Einwanderungsstatus abhängig gemacht werden.105

In der Judikatur des EGMR sind, wie bereits angesprochen, zwei Fälle erwähnenswert, in denen der Gerichtshof sich mit diesem Problem beschäftigte. Denn in den Fällen D.H. gegen Tschechische Republik und Oršuš gegen Kroatien wurden Kinder mit Roma-Herkunft mangels ausreichender Sprachkenntnisse nicht in allgemeinen Schulklassen unterrichtet. Im tschechischen Fall wurden die Kinder in Sonderschulen, in Kroatien hingegen in gesonderte Klassen für geistig Behinderte untergebracht. Diese zwei Fälle waren ausschlaggebend für die

102 Deutsches Institut für Menschenrechte, Der Schutz vor Diskriminierung: ein Strukturprinzip der Menschenrechte, Internet: http://www.institut-fuer- menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/Unterrichtsmaterialien/unterrichtsmaterialien_der_schu tz_vor_diskriminierung.pdf (19.01.2017). 103 Vgl Heinrich-Böll-Stiftung, Rassismus & Diskriminierung in Deutschland, Dossier (2006) 46. 104 Resolution Res(2002)8 on the statute of the European Commission against Racism and Intolerance, adopted by the Committee of Ministers on 13 June 2002. 105 ECRI, Allgemeine politische Empfehlung Nr 7 (2002) 16. 27 Herausbildung der positiven Leistungspflichten eines Staates, die im Kapitel 3.3.1. bereits erläutert wurden.106

3.4. Rassendiskriminierung

Im 1. Artikel des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung wird der Begriff der „rassischen Diskriminierung“ erwähnt, der im Kap 2.1.3. bereits angeführt wurde.

Ebenso ist im 1. Artikel des Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung statuiert, dass „[...] jede Form rassischer Diskriminierung [...] verboten ist. Gesetzgebung und Vollziehung haben jede Unterscheidung aus dem alleinigen Grund der Rasse, der Hautfarbe, der Abstammung oder der nationalen oder ethnischen Herkunft zu unterlassen.“107. Aus diesen Bestimmungen lässt sich ableiten, dass sowohl die „Rasse“ als auch die „ethnische Herkunft“ Gründe für „Rassendiskriminierung“ sein können und beide Faktoren auf die wahre „Herkunft“ von Personen abstellen.

Wie im Bereich der Diskriminierung gibt es auch unterschiedliche Ausprägungen der Rassendiskriminierung, welche ebenfalls auf die direkte und indirekte Erscheinungsform abstellen.

3.4.1. Direkte Rassendiskriminierung

Bei der direkten Rassendiskriminierung handelt es sich um eine spezifische Unterkategorie der allgemeinen Diskriminierungsform, wobei in diesem Fall bezüglich der Ungleichbehandlung von Personen bloß auf die Bestimmungsfaktoren abgestellt wird, die in Verbindung mit „Rasse“ stehen. Ebenso wie oben ausgeführt, führt ECRI in ihrer Allgemeinen Politischen Empfehlung Nr 7 (ECRI 2002) über die nationale Gesetzgebung zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung in Ziffer 1 aus, dass „[...] direkte Rassendiskriminierung jede

106 Marko, in: Philipp/ Meier/ Apostolovki/ Starl/ Schmidlechner, Intersektionelle Benachteiligung und Diskriminierung, 34. 107 Art 1 Abs 1 RassDiskrBVG. 28 unterschiedliche Behandlung aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit oder nationaler oder ethnischer Herkunft ohne sachliche und vernünftige Gründe“108 bedeutet. Dabei ist wiederum erkennbar, dass gesetzliche Vorschriften bzw staatliche Maßnahmen direkt auf die gesetzlich verbotenen Gründe abstellen und somit in dieser Weise Angehörige einer „Rasse“ anders behandeln als andere Personen.

Als Beispiel aus der Judikatur eignet sich der bereits oben erwähnte Fall aus der EuGH- Judikatur „Feryn“ (C‑54/07), als ein belgischer Arbeitgeber angab, er wolle in seinem Betrieb keine Arbeitnehmer einer bestimmten ethnischen Herkunft oder Rasse einstellen. Eine diskriminierende Einstellungspolitik gegen bestimmte „Rassen“ würde dies dann darstellen, wenn er beispielsweise direkt Personen mit Roma-Herkunft bzw Personen mit schwarzer Hautfarbe vom Bewerbungsprozess ausschließt.

3.4.2. Indirekte Rassendiskriminierung

Laut ECRI liegt demgegenüber eine „indirekte Rassendiskriminierung“ vor, wenn „[...] ein scheinbar neutraler Faktor wie eine Regelung, ein Kriterium oder ein Verfahren von Personen, die einer Gruppe angehören, die durch Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit oder nationale oder ethnische Herkunft gekennzeichnet ist, nicht einfach erfüllt werden kann oder sie benachteiligt, es sei denn, dieser Faktor ist sachlich und vernünftig begründet.“109.

Eine indirekte Rassendiskriminierung lag in der im vorherigen Kapitel bereits erwähnten Rechtssache des EuGH (C-394/11) im Zusammenhang mit den zu hoch angebrachten Stromablesegeräten in einem bulgarischen Wohngebiet vor. Diese Praxis des Elektrounternehmens erschien vorerst als „neutral“, da nicht direkt erkennbar war, dass damit gewisse Personen ungleich behandelt wurden. Doch bei genauerer Betrachtung des Falles wurde indirekt auf die Eigenschaft der Roma-Herkunft der betroffenen Personen abgestellt, weshalb der EuGH diese Maßnahme als indirekt diskriminierend angesehen hatte. Da die Roma

108 ECRI, Allgemeine politische Empfehlung Nr 7, 5. 109 ECRI, Allgemeine politische Empfehlung Nr 7, 5. 29 in Bulgarien den Status einer ethnischen Minderheit genießen,110 stellte dieser Fall sogar eine Unterkategorie einer indirekten Rassendiskriminierung dar.

3.5. Ideologie des Rassismus und dessen Entwicklungsgeschichte

Um den Begriff „Rassismus“ zu definieren, wird wiederum die Allgemeine Politische Empfehlung Nr 7 von ECRI herangezogen, in der der Terminus wie folgt beschrieben wird: „Rassismus bedeutet die Überzeugung, dass ein Beweggrund wie Rasse und Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit oder nationale oder ethnische Herkunft die Missachtung einer Person oder Personengruppe oder das Gefühl der Überlegenheit gegenüber einer Person oder Personengruppe rechtfertigt.“111 Nach dieser Erläuterung soll Rassismus als ein sehr weit dehnbarer Begriff verstanden werden, wobei auch Phänomene wie Intoleranz, Antisemitismus sowie Fremdenhass in seiner Bedeutung miteinbezogen gehören.

„Rassismus“ wird ebenso wie der Begriff „Rasse“ als ein gesamtgesellschaftliches Konstrukt angesehen, denn nach Gellner werden durch den „Rassismus“ erst die jeweiligen „Rassen“ geschaffen.112 In diesem Zusammenhang wird die komplette Gesellschaft durch rassistische Strukturen in vorkonstruierte, voneinander abgrenzbare Klassen eingeteilt und in gesellschaftlichen Zusammenhängen unterschiedlich in hierarchischer Weise positioniert. Dabei zeigt sich, dass gewisse Gesellschaftsklassen mit mehrwertigeren Rechten, einem höheren Maß an Zugangsmöglichkeiten zu Dienstleistungen etc ausgestattet sind als andere aus niedrigeren Schichten. Daraus lässt sich ableiten, dass die Gesellschaft automatisch in ein „Wir“ und ein „Sie“ aufgeteilt wird und diese Unterscheidung von vielen als Norm empfunden wird.113 Nach der Theorie von Frederickson bilden sich aus dieser Segregation zwei Komponenten heraus, und zwar erstens Differenz und zweitens Macht. Nach Frederickson ergibt sich, dass das Zusammenleben schier unmöglich wird, außer „Sie“ ordnen sich automatisch „Uns“ unter, wodurch sich die Komponente Macht ergibt. Bei der Klassifizierung wird primär auf die nationale und ethnische Herkunft sowie auf Sprache und Religion abgestellt. Des Weiteren kommen Vorurteile oder oberflächliche Merkmale hinzu.

110 Barlai/ Hartleb, Die Roma in Ungarn, in: Bundeszentrale für Politische Bildung, Aus Politik und Zeitgeschichte Nr 29-30 (2009) 36. 111 ECRI, Allgemeine politische Empfehlung Nr 7, 12. 112 Vgl Sökefeld, in: Schmidt-Lauber, Ethnizität und Migration, 44. 113 Vgl Tiroler Gesellschaft für rassismuskritische Arbeit, Tiroler Rassismus-Bericht (2015) 6, Internet: http://www.tigra.cc/trb/TIGRA_Tiroler_Rassismus-Bericht_2015.pdf (02.01.2017). 30 Nennenswert sind dabei Eigenschaften wie zB die Körperstatur oder spezielle kulturelle Traditionen, die bei der Ausformung der jeweiligen Stereotypen einer Gesellschaftsklasse eine Rolle spielen können.114

In der Historie des „Rassismus“ zeigt sich bereits im 12. und 13. Jahrhundert in Europa, dass vor allem Juden in katholisch geprägten Ländern Opfer von Erniedrigungen und Peinigungen wurden.115 Eine Abneigung gegen „Schwarze“ aufgrund ihrer andersartigen physischen Merkmale gegenüber der weißen Bevölkerung hingegen fand ihre Ausprägung in der Neuzeit, als „Schwarze“ von der weißen Bevölkerung häufig als Sklaven eingesetzt wurden.116 Auch die schwarze Population in Amerika erfuhr erhebliche Nachteile aufgrund rassistischer Vorurteile. Damals galt vielen als oberstes Ziel die Rassereinheit zu erhalten, weswegen Mischehen sowie sexuelle Verunreinigungen gefürchtet waren.117 Tatsächlich in Gebrauch ist der Begriff „Rassismus“ seit dem 20. Jahrhundert, wobei es nicht möglich ist, den genauen Ursprung zu datieren. Erstmals fand der Begriff im Werk „Racism“ von Magnus Hirschfeld Verwendung, das 1938 veröffentlicht wurde, in dem er nachweislich die gleiche Verwendung fand wie nach heutiger Auffassung.118 Spätestens unter dem nationalsozialistischen Regime Hitlers, als die extreme Form der Judenverfolgung und -vernichtung stattfand, wurde der Begriff geläufig. Diese Ausprägung von Rassismus stellte eine unvorstellbar grausamere dar als die Rassentrennung in Amerika, da sogar versuchte wurde, eine ganze ethnische Gruppe zu vernichten.119

Von zahlreichen Historikern und Philosophen wurden während der nationalsozialistischen Diktatur Konzepte zum „Rassendenken“ erstellt und analysiert, wobei die Wissenschafter selbst nach heutiger Auffassung als „rassistisch motiviert“ gelten und deren Theorien als völlig haltlos einzustufen sind. Sie spezialisierten sich zB auf Themen wie die biologische Minderwertigkeit der „schwarzen“ Population, wobei sie versuchten diesen haltlosen Theorien eine wissenschaftliche Fassade zu verleihen. Dies begründeten sie damit, dass die Rückständigkeit des „Negers“ von biologischen Faktoren abhänge - insbesondere aufgrund der Größe ihres Gehirns - und sich daher nicht aus einem Mangel an Chancen erklären ließe.120 Des Weiteren wurde zB von Hankins dementiert, dass die jüdische Bevölkerung eine Rasse im

114 Schiek/ Lawson, European Union Non-Discrimination Law and Intersectionality, 25. 115 Frederickson, Rassismus – Ein historischer Abriss, Hamburger Edition (2004) 154-155. 116 Frederickson, Rassismus, 17. 117 Miles, Rassismus, Einführung in die Geschichte und Theorie eines Begriffs, Argument Verlag (1989) 59. 118 Miles, „Racism as a Concept“, in: Bulmer/ Solomos (Hg), Racism, Oxford University Press (1999) 344. 119 Sökefeld, in: Schmidt-Lauber, Ethnizität und Migration, 43. 120 Miles, Rassismus, 46. 31 engeren Sinne sei. Er statuierte nämlich, dass sich die Juden, im Gegensatz zu den Schwarzen, nach jeder Abweisung hartnäckig „zurückgekämpft“ hätten und legte in seinen Arbeiten demgemäß dar, dass die jüdische Bevölkerung „[...] eine soziale Gruppe sei, die zu vielen Zeiten und an vielen Orten leidenschaftlicher gehasst wurde als der Neger in vielen Teilen der Vereinigten Staaten während der letzten 50 Jahre.“121. In den 1960er-Jahren stützten mehrere Geistes- und Sozialwissenschaftler ihre Werke auf die Bürgerrechtsbewegung in den Vereinigten Staaten von Amerika sowie die Entkolonialisierung Afrikas. Dabei konzentrierten sie sich auf Themen wie den Rassismus aufgrund der Hautfarbe, die Vorherrschaft der weißen Population sowie das Glaubenssystem und die Ideologie.122

Erwähnenswert sind außerdem zwei Historiker, Hannafords und Geiss, die sich umfassend mit der Thematik der westlichen Einstellung zu Rasse auseinandersetzten. Hannafords Studie wurde 1996 veröffentlicht und orientiert sich streng an einer geistesgeschichtlichen Auffassung. Er nimmt an, dass der Rassenbegriff eine rein rassistische Ideologie sei. Hannaford geht davon aus, dass der Rassenbegriff erst nach dem 17. Jahrhundert entstanden sei und es das Phänomen des „Rassismus“ vorher noch nicht gegeben hätte. Geiss hingegen legt seiner Arbeit aus dem Jahr 1988 die Annahme zugrunde, dass Fremdenangst und Ethnozentrismus bereits in der Alten Welt entstanden seien und diese als Vorläufer des Rassismus nach der heutigen Auffassung dienten.123

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die geschichtlichen Ursprünge von Rassismus bereits weit zurückliegen. Es ist ebenso erkennbar, dass sich die Gründe, warum Menschen diskriminiert werden, kaum änderten. Schenkt man beispielsweise der in Europa aktuell entstehenden Islamophobie Beachtung, erscheint es offensichtlich, dass es heutzutage zT dieselben Gründe sind - wie hierbei aufgrund der Religion -, die Ungleichbehandlungen von gewissen Gruppen untermauern.

121 Frederickson, Rassismus, 164. 122 Bös, Mathias, Rasse und Ethnizität, Zur Problemgeschichte zweier Begriffe in der amerikanischen Soziologie, VS Verlag für Sozialwissenschaften (2005) 87. 123 Frederickson, Rassismus, 171. 32 4. Institutioneller Rassismus und dessen Entwicklung

Der Begriff „institutioneller Rassismus“ entspringt aus den Untersuchungen der 1960er-Jahre und gewann durch den „Civil Rights Act“ (1964) und den „Voting Act“ (1965) enorm an Bedeutung, weshalb er damals in Amerika sowie in England weiterentwickelt wurde. Erstmalig verwendet wurde der Begriff im Werk „Black Power“, das von den beiden Theoretikern Stokely Carmichael und Charles Hamilton verfasst wurde und im Jahr 1967 erschien. Zu dieser Zeit setzte die in Amerika stattfindende „Black-Power-Bewegung“ ein, in der die Bevölkerung mit dunkler Hautfarbe für die Aufrechterhaltung ihrer Ghettos in Amerika kämpfte.124 Die beiden Wissenschafter bringen in ihrer Analyse den Begriff „institutioneller Rassismus“ zusätzlich mit dem „internen Kolonialismus“ in Verbindung, dessen Bedeutung darin liegt, dass schwarze Menschen als koloniale Subjekte im Vergleich zur weißen Bevölkerung betrachtet wurden. Laut ihren Analysearbeiten resultieren daraus einerseits der „offene“ und „individuelle Rassismus“ sowie andererseits der „verdeckte“ und „institutionelle Rassismus“.125 Erstere Ausprägung macht sich durch direkte Handlungsformen sichtbar, die von Individuen ausgehen. Bei Letzterem handelt es sich laut Carmichael und Hamilton sowohl um Handlungen als auch um Unterlassungen, die anstatt von Individuen von etablierten gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen ausgehen, die für die Ungleichbehandlung der schwarzen Population verantwortlich sind. Durch diese Studie erfuhr der Begriff des Rassismus eine neue Definition.126

Der Begriff „institutioneller Rassismus“ durchlebte im Laufe der Zeit eine starke Entwicklung, da er seit seiner erstmaligen Verwendung stets weiter reproduziert wurde.127 Zehn Jahre später wurde es sogar üblich, das Konzept des institutionellen Rassismus dafür zu gebrauchen, um zu beschreiben, wie spezifisch einzelne Institutionen schwarze Menschen diskriminierten. Darunter fielen beispielsweise Schulen, soziale Serviceeinrichtungen etc. In diesem Zusammenhang wurde der Begriff va für zwei Erscheinungsformen verwendet. Erstens wurde damit dargelegt, dass die Benachteiligung von „Schwarzen“ das Resultat von normalen bürokratischen Verwaltungsprozessen einerseits sowie die Folge von staatlichem

124 Bös, Rasse und Ethnizität, 143. 125 Gomolla/ Radtke (Hrsg), Institutionelle Diskriminierung, Die Herstellung ethnischer Differenz in der Schule, 3. Auflage, VS Verlag für Sozialwissenschaften (2009) 44. 126 Wachtel, Race in the Mind of America, Breaking the vicious circle between Blacks and Whites, Routledge (1999) 31. 127 Gomolla/ Radtke, Institutionelle Diskriminierung3 38-40. 33 Verwaltungshandeln andererseits sein kann. Zweitens wurde im Zuge dessen erkennbar, dass die Diskriminierung der schwarzen Gesellschaft oftmals ohne Absicht erfolgte.

In Großbritannien war damals die Commission for Racial Equality (CRE) eingerichtet, die eine öffentliche Organisation darstellte und sich gegen die Rassendiskriminierung wandte sowie sich für die Gleichbehandlung einsetzte. Im Jahr 2007 wurde sie von der Equality and Human Rights Commission (EHRC) abgelöst, die deren frühere Tätigkeiten übernahm.128 Damals statuierte die CRE, dass man viel zu lange der Annahme war, dass Rassismus ein individueller, psychologischer Begriff sei. Darüber hinaus sei er stets auf Handlungen reduziert worden, die von einzelnen Individuen ausgingen. Es müsse hingegen das Konzept des institutionellen Rassismus auf strukturellere Arbeitsweisen von Institutionen, die Schwarze ohne Rücksicht auf individuelle Eigenschaften ausgrenzen, gelenkt werden.129

Einer erneuten Analyse wurde der Begriff des institutionellen Rassismus in den 1990er-Jahren unterzogen, als sich der Vorfall mit Stephen Lawrence ereignete. Daraus resultierte der Macpherson Report, auf welchen im Kapitel 4.1. noch im Detail eingegangen wird. Dieser Untersuchungsbericht fußt nämlich auf einem rassistisch motivierten Mord an einem jungen, schwarzen Mann, wobei die polizeilichen Untersuchungsergebnisse ebenfalls in diskriminierender Form erfolgten. Im Zuge dieses Ermittlungsverfahrens leitete Richter William Macpherson die Ermittlungen, wobei er bei seinen Tätigkeiten nicht die Natur des institutionellen Rassismus endgültig und abschließend zu klären versuchte, sondern sein Ziel war vielmehr, den Begriff durch die aus den Ermittlungen gewonnenen Erkenntnisse anzupassen und in dieser Weise stetig weiterzuentwickeln. Anhand seiner Analyse wurde der Begriff „institutioneller Rassismus“ von ihm wie folgt definiert: „ [...] das kollektive Versagen einer Organisation oder Institution, für Menschen bezüglich ihrer Hautfarbe, Kultur, Religion und ethnischen Herkunft oder Zuschreibung geeignete und professionelle Leistungen und Angebote zu erbringen. Er lässt sich in Prozessen, Einstellungen und Verhaltensweisen festmachen, welche auf eine Diskriminierung hinauslaufen und durch unbewusste Vorurteile, Ignoranz, Gedankenlosigkeit und rassistische Stereotypen, die oben genannten Personen

128 Government U.K., Commission for Racial Equality has closed, Internet: https://www.gov.uk/government/organisations/commission-for-racial-equality (25.01.2017). 129 Marlow/ Loveday (eds.), After Macpherson, Policing after the Stephen Lawrence Inquiry, Russell House Publishing Ltd. (2000) 31. 34 individuell oder kollektiv benachteiligen. Zielführende Maßnahmen und Politiken vermögen es diesem institutionellen Rassismus entgegen zu wirken.“130

Die Begriffsdefinition erfuhr durch den Macpherson Report eine sehr weite Auslegung, weshalb aufgrund dessen neue, folgende fünf prägende Charakteristika in Bezug auf den institutionellen Rassismus erkennbar wurden. So wurde der Begriff von anderen Autoren bisher bloß auf den Bereich der Ideologie reduziert, Macpherson hingegen hat in seinen Analysen auch Überzeugungen sowie Handlungen hineininterpretiert. Zweitens wurde früher der Begriff meist in einer pauschalen Art verwendet. Darunter wurden jegliche Formen von Glauben, Handlungen und Verfahren subsumiert, die dafür verantwortlich waren, dass sich die Ungleichbehandlung gegenüber „Schwarzen“ weiterentwickelt und reproduziert.131 Drittens lag in der Interpretation die Konzentration vorher darauf, wie sich das Phänomen Rassismus in der Gesellschaft im Allgemeinen durchsetzte. Durch Macpherson wurde diese Praxis erweitert, indem der Fokus auf individuelle Eigenschaften ausgedehnt wurde und deren Auswirkungen auf die Ungleichbehandlung überprüft wurden. Viertens resultierte aus der Auffassung nach Macpherson, dass Rassismus sowohl absichtlich als auch unabsichtlich erfolgen kann, sowie, dass die daraus resultierenden Auswirkungen aufgrund von einzelnen Akteuren, von Verwaltungsverfahren und von Institutionen herrühren können. Schließlich ist laut Macpherson erwähnenswert, dass Rassismus nicht nur offensichtlich durch individuelle Akteure auftritt, sondern auch in einer verborgenen, in der Gesellschaftsstruktur versteckten Form.132

Im Zuge der Analysen des „institutionellen Rassismus“ entwickelte sich das Konzept stetig weiter und es kamen weitere Probleme zum Vorschein, mit denen sich Theoretiker laufend beschäftigen mussten. Folglich kam es dazu, dass sogar verstrickte Handlungen und Verfahren von verschiedenen Institutionen wie beispielsweise Schulen, Polizei, sozialen Organisationen etc mit institutionellem Rassismus identifiziert werden konnten sowie die individuelle Mitwirkung von Institutionen, zB durch deren jeweilige Mitarbeiter, miteingebunden wurde.133

Wie bereits oben angeführt, kam Macpherson zu dem Schluss, dass Diskriminierungen sowohl absichtlich als auch unabsichtlich erfolgen können. Daraus zog er den Schluss, dass es sich automatisch um einen Fall von Rassismus handelt, wenn eine Benachteiligung Schwarzen

130 Gomolla/ Radtke, Institutionelle Diskriminierung3 43ff. 131 Marlow/ Loveday, After Macpherson, 31. 132 Lea, The Macpherson Report and the Question of Institutional Racism, in The Howard Journal Vol. 39 No. 3 (2000) 220. 133 Morris, A Summary of The Stephen Lawrence Inquiry (Cm 4262-I), 3, Internet: http://miris.eurac.edu/mugs2/do/blob.pdf?type=pdf&serial=1017225511163 (28.1.2017). 35 gegenüber existiert, dies unabhängig davon, ob etwaige Absichten oder Überzeugungen vorliegen würden. Daraus entwickelte sich eine weitere Debatte über das schwierige Verhältnis zwischen Absichten und deren Auswirkungen. Denn gewisse Überzeugungen offenbaren sich häufig, aber nicht immer, als logische und angemessene Handlungen. Umgekehrt können aber auch Handlungen gewisse Konsequenzen mit sich bringen, die widersprüchlich zu den Überzeugungen sind. Da Macpherson in seiner Analyse diese Debatte über Absichten und deren Auswirkungen komplett außer Acht ließ, äußerte sich ein britischer Soziologe namens Robert Miles dazu, dass dieses Kernproblem in der Interpretation unbedingt miteinbezogen gehört. Er ist der Ansicht, dass, wenn wirklich rassistische Absichten und etwaige Überzeugungen vorliegen würden, dass gewisse „Rassen“ minderwertiger als andere wären, intervenierende Strategien notwendig wären. Damit könne, so Miles, zukünftig verhindert werden, dass auf die verschiedenen, für die Ungleichbehandlungen verantwortlichen Diskriminierungsgründe nicht mehr abgestellt wird.134

Die zahlreichen Analysen, denen der Begriff „institutioneller Rassismus“ im Laufe der Zeit unterzogen wurde, führte zur Ausbildung zweier Arten, die auch heute noch unterschieden werden. Dabei sind die „direkte institutionelle“ und im Gegensatz dazu die „indirekte institutionelle“ Form zu erwähnen. Diese Unterscheidung wurde von zwei deutschen Sozialwissenschaftlern, Gomolla Mechthild und Frank-Olaf Radtke, aufgearbeitet und wie folgt dargelegt:

„Die direkte institutionalisierte Diskriminierung bezieht sich auf Handlungen, die im organisatorischen oder lokalen Handlungskontext möglich oder vorgeschrieben sind und negative Wirkung für Mitglieder bestimmter Gruppen haben sollen. [...] Diese Handlungen sind typischerweise nicht episodisch oder sporadisch, sondern sie erfolgen regelmäßig (in Deutschland z.B. die Anwendung des ‚Inländerprivilegs' bei der Arbeitsvermittlung). Sie werden gestützt durch entweder hochformalisierte gesetzlich- administrative Regelungen oder auch durch informelle organisatorische Praktiken (‚ungeschriebene Gesetze'), die in der Organisationskultur als Routinen abgesichert sind. Dem gegenüber bezieht sich die indirekte institutionalisierte Diskriminierung auf Praktiken, die negative und differenzierende Wirkungen für ethnische Minderheiten und Frauen haben, obwohl die organisatorisch vorgeschriebenen Normen oder Verfahren ohne unmittelbare Vorurteile oder Schadensabsichten eingerichtet und ausgeführt wurden. Oberflächlich betrachtet und von ihrer Intention her erscheinen diese Praktiken angemessen, gerecht oder zumindest neutral [...].“135

134 Miles, Rassismus, 81-83. 135 Gomolla/ Radtke, Institutionelle Diskriminierung3 43ff. 36 Wenn nun aktuell vom „institutionellen Rassismus“ gesprochen wird, sind rassistische Denk- und Handlungsweisen gemeint, die nicht von einzelnen Individuen ausgehen, sondern allgemein von öffentlichen Ämtern. Dabei handelt es sich um ein rassistisches Verhalten, das in der Struktur des gesellschaftlichen Zusammenlebens verortet ist und dabei eine Trennung der „einen“ Gruppe von der „anderen“ in Subjekte mit „ethnischer“ und „rassischer“ Identität vorgenommen wird.136

4.1. Analyse des Macpherson Reports

Der oben bereits erwähnte Untersuchungsbericht der britischen Dienststelle der Metropolitan Police über den Mord an Stephen Lawrence aus dem Jahr 1993 erntete in der Öffentlichkeit enorme Kritik wegen seiner scheinbar rassistischen Ausprägungen. Die diesem Report zugrundeliegenden Fehler waren allesamt Auswirkungen von Inkompetenz, Rassismus sowie Korruption, die von den Polizeibeamten ausgingen, welche an den Untersuchungen beteiligt waren.137

Der Untersuchungsbericht stützt sich auf den am 22. April 1993 stattgefundenen Mord an dem jungen, schwarzen Mann namens Stephen Lawrence, welcher von fünf oder sechs weißen, männlichen Jugendlichen begangen wurde. Alle fünf Verdächtigen wurden zwar vorerst von der Polizei einvernommen, jedoch binnen weniger Tage aufgrund von fehlenden Beweisen freigesprochen. Am 31. Juli 1993 wurde der Richter William Macpherson beauftragt den Vorsitz der Untersuchungen im Zuge der Ermittlungstätigkeiten einzunehmen. Dabei wurde ihm ein Beirat von drei Mitgliedern beigestellt, dessen Aufgabe es war, Macpherson bei seinen Tätigkeiten zu beraten und zu überwachen, wobei deren Meinungen zur Arbeit des Richters schlussendlich in dem sog „Macpherson Report“ veröffentlicht wurden.138 Im folgenden Teil dieses Kapitels werden im Einzelnen sämtliche Kritikpunkte erläutert, die in casu im Zusammenhang mit den beteiligten Kriminalbeamten standen. Dieser Bericht stellt ein sehr anschauliches Beispiel für die Fragestellung dieser Arbeit dar, weil in diesem Zusammenhang das Phänomen des institutionellen Rassismus sehr gut demonstriert werden kann.

136 Bojadžijev, Die windige Internationale, Rassismus und Kämpfe der Migration, Verlag Westfälisches Dampfboot (2008) 31. 137 Ellison, The Stephen Lawrence Independent Review, Summary of Findings (2014) 4. 138 Morris, A Summary of The Stephen Lawrence Inquiry, 1. 37 Zunächst ist erwähnenswert, dass kein einziger Polizist, der am Tatort anwesend war, dem Opfer Stephen Lawrence Erste Hilfe leistete, geschweige denn überprüfte, ob er noch am Leben sei.139 Es wurde von den Kriminalbeamten anfangs angenommen, dass es sich hierbei um eine tätliche Auseinandersetzung zwischen Schwarzen handelte. Aus diesem Grund wurde auch das weitere Opfer, Duwayne Brooks, der ebenfalls am Tatort anwesende Freund von Stephen Lawrence, nicht den Umständen entsprechend behandelt, da ihm ebenso wenig Erste Hilfe geleistet wurde. Im Allgemeinen ist die aus dem Untersuchungsbericht resultierende Erkenntnis festzuhalten, dass die Zeugen, die Eltern des Ermordeten sowie dessen Freund, keine sachgerechte Behandlung durch die Polizisten erfuhren. Es wurde ihnen gegenüber sogar eine unangemessene und beleidigende Umgangssprache verwendet. Da in casu die Zeugen alle Personen mit dunkler Hautfarbe waren, ist es naheliegend, dass sie allesamt aufgrund von klischeehaften Unterstellungen der Polizisten eine rassistische Behandlung bekamen.140 Als ein konkretes Beispiel für diese Interpretation kann das Verhalten eines der Kriminalbeamten Officer Detective Sergeant (DS) Davidson herangezogen werden, dessen Aufgabe va in der Zeugenbefragung lag. Er behandelte beispielsweise den Zeugen James Grant, der offensichtlich ein Informant in diesem Mordfall war, nicht so, wie es eigentlich für einen vermeintlichen Informanten vorgesehen wäre. Denn DS Davidson registrierte Grant im Beweisverfahren weder als Informant noch wurde er im Zuge dessen besonders überwacht, obwohl er binnen weniger Tage nach dem Mord wichtige Informationen preisgegeben hatte. Zusätzlich hielt DS Davidson mit Grant nicht überwachte Treffen ab, aus denen er im Anschluss daran nicht einmal seine Erkenntnisse diktierte.141 Des Weiteren fanden in den ersten Tagen nach dem Mord weder Festnahmen der ersten Verdächtigen statt, noch wurden deren Adressen ausgeforscht, obwohl sogar laut Aussagen von Augenzeugen deren Identität bestätigt werden konnte. Aus diesem Grund verabsäumten die Polizeibeamten fahrlässig die Durchführung von wichtigen Beweiserhebungen.

Laut Macpherson wurde dieses oben beschriebene Verhalten als korrupt bewertet. Zusätzlich behauptete er, dass die Offiziere sich in casu bei ihren Ermittlungstätigkeiten anders verhalten hätten, hätten sie es mit schwarzen Verdächtigen und einem weißen Opfer zu tun gehabt. Dann wäre anzunehmen gewesen, dass die Polizei ihre Arbeit mit einem größeren Ansporn verfolgt

139 Macpherson Report, The Stephen Lawrence Inquiry Report of an Inquiry by Sir William Macpherson of Cluny (1999) 365, Internet: https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/277111/4262.pdf (16.12.2016). 140 Macpherson Report, The Stephen Lawrence Inquiry, 370. 141 Ellison, The Stephen Lawrence Independent Review (2014) 6. 38 hätte, die Verdächtigen sofort in Untersuchungshaft gebracht hätte und ein Verfahren eingeleitet worden wäre.142 Diese Spekulation fußt in den Statistiken aus dem Jahr 1997/1998, aus welchen ähnliche Erkenntnisse resultieren. Im Zuge des polizeilichen „Stop and Search“ werden nämlich „Schwarze“ im Durchschnitt fünfmal öfter aufgehalten und durchsucht als „Weiße“.143

Im Oktober 1993 wurde ein weiterer Polizeibericht des Metropolitan Police Service zum gegenständlichen Fall veröffentlicht, und zwar von Chefdetektiv John Barker. In diesem Report bestätigt Barker, dass sämtliche Befragungen in casu Lawrence professionell und in absolut kompetenter Weise vonstattengegangen seien. Von diesen Betrachtungen wich er nicht mehr ab, was aufzeigt, was er unter der Führung von leitenden Offizieren versteht. Somit war offensichtlich, dass der Bericht auf falschen Fakten beruhte und die Fehler, die in den Ermittlungstätigkeiten passiert waren, von Barker selbst absichtlich abgeschwächt worden waren.144 Bemerkenswert war auch, dass zahlreiche Kriminalbeamte, die an den Untersuchungen beteiligt gewesen waren, die Tat an Stephen Lawrence als solche nicht einmal als rassistisch qualifizierten. Dabei war aber von Anfang an klar, dass ca fünf bis sechs weiße Jugendliche den jungen, schwarzen Stephen Lawrence getötet hatten.145

Während der Polizeibefragungen brachte Neville Lawrence, der Vater von Stephen, Folgendes vor: „When a policeman puts his uniform on, he should forget all his prejudices. If he cannot do that, then he should not be doing the job because that means that one part of the population is not protected from the likes of those who murdered Stephen.“146 Dieses Statement legt den engen Zusammenhang zwischen den Ermittlungen der Polizei und dem Phänomen des institutionellen Rassismus dar, denn gerade aus dem Macpherson Report wurde die Erkenntnis gewonnen, dass dabei eine ethnische Minderheit, und zwar in diesem Fall Personen mit dunkler Hautfarbe, diskriminiert wurde. Bezüglich Neville Lawrence’s Aussage ist nämlich des Weiteren zu statuieren, dass die in casu tätige Fachkraft für Familienbetreuung sich ebenfalls einen Fehler erlaubte, da diese Beamten sogar die Aussage der Eltern von Stephan angezweifelt hatten, sie seien zur Tatzeit zu Hause gewesen.147

142 Macpherson Report, The Stephen Lawrence Inquiry, 369. 143 Morris, A Summary of The Stephen Lawrence Inquiry, 2. 144 Ellison, The Stephen Lawrence Independent Review, 4. 145 Macpherson Report, The Stephen Lawrence Inquiry, 44f. 146 Morris, A Summary of The Stephen Lawrence Inquiry, 1. 147 Macpherson Report, The Stephen Lawrence Inquiry, 370. 39 Außerdem liefert der Macpherson Report weitere Erkenntnisse. Nach ihm beruhe die Entstehung von Rassismus nicht nur auf Rassismus allein, sondern ua auf Intoleranz, auf fehlendem Verständnis sowie auf fälschlichen Vorstellungen. Darüber hinaus reiche es des Öfteren bereits aus, dass bloß herablassende Äußerungen oder Handlungen gegenüber Minderheiten die Auslöser für Diskriminierungen sein können. Oftmals sei es die Unwissenheit über die verschiedenen Kulturen und Bräuche der ethnischen Minderheiten, die dahinterstecke und die deswegen Ungleichbehandlungen in ungerechtfertigter Weise gegenüber der weißen Mehrheit erfahren müssten. Ebenso kämen häufig rassistische Vorurteile zum Vorschein, wobei dies daher rühre, weil Schwarze oft als Kriminelle und Unruhestifter abgestempelt würden.148

Direkt nach der Veröffentlichung des Macpherson Untersuchungsberichts wurde eine Welle an Diskussionen ausgelöst, als zum ersten Mal in der Öffentlichkeit über diese Ausprägung von Diskriminierung, dem institutionellen Rassismus, berichtet wurde. In Großbritannien tauchten mehrere Fälle auf, in denen Institutionen ihre früheren Handlungen offensichtlich nochmals überdachten und in der Folge darauf als rassistisch einstuften.149

4.2. Resultierende Empfehlungen aus dem Macpherson Report

Der umfangreiche Macpherson Report besteht aus insgesamt 47 Kapiteln, die von der damaligen Untersuchungskommission verfasst wurden, wobei das letzte davon siebzig einzelne Empfehlungen beinhaltet. Die Empfehlungen dienten der Verbesserung der zukünftigen Polizeiarbeit, der Prävention sowie Bekämpfung des institutionellen Rassismus. Eines der obersten Ziele besteht darin, rassistische Vorurteile und Nachteile zur Gänze zu eliminieren.150

Im Einzelnen wurde die Offenheit gegenüber Minderheiten und deren verschiedenen Traditionen angestrebt. Es erfolgten Überlegungen über nationale Gesetzesänderungen, um den ethnischen Minderheiten mehr Rechte zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang hatte die Untersuchungskommission daran gedacht, das polizeiliche System von Grund auf zu erneuern. Angelehnt an bereits ältere Ideen kam sie zu dem Schluss, dass die Polizei aus vom Volk gewählten Vertretern bestehen sollte. Demnach hätten auch Minderheiten die Möglichkeit an Entscheidungen mitzuwirken, welche für ihre Grundrechte ausschlaggebend wären, denn somit

148 Morris, A Summary of The Stephen Lawrence Inquiry, 2. 149 Marlow/ Loveday, After Macpherson, 34-35. 150 Macpherson Report, The Stephen Lawrence Inquiry, 375ff. 40 könnten sie mitbestimmen, wer für die Implementierung und Einhaltung der Regeln verantwortlich sei.151 Des Weiteren sollten die polizeilichen Rechenschaftspflichten erhöht werden, um das Vertrauen der ethnischen Minderheiten gegenüber der Polizei wieder zu verbessern. Die Untersuchungskommission war der Ansicht, dass es dafür von besonderer Bedeutung sei, dass alle rassistischen Vorfälle sofort gemeldet und genauestens protokolliert werden, wofür ein neues, umfangreiches System eingerichtet werden sollte. Zusätzlich wurde über die Implementierung von einheitlichen Verhaltensmaßstäben nachgedacht, die ein faires und nicht-diskriminierendes Verhalten der Beamten gewähren und sowohl für jede Dienststelle als auch jeden Dienstzweig der Polizei gleich gelten sollten. Außerdem war es laut Kommission von Bedeutung, die Umsetzung dieser neuen Regeln durch alle Polizeidienststellen zu überwachen und auf ihre Effektivität zu überprüfen.152 Im Zuge von Schulungen wurde des Weiteren angestrebt, dass Polizeioffiziere eine bessere Aufklärung über die gesellschaftliche Diversität in kultureller, in ethnischer Hinsicht und über Rassismus allgemein erhalten sollten. Dafür wurde die Förderung der Zusammenarbeit der Polizei mit der Regierung und mit Nichtregierungsorganisationen, zB Anti-Rassismus-Agenturen, angestrebt.153 Um den Umgang mit Opfern und Zeugen zu verbessern, wurde von der Untersuchungskommission eine Erstellung von Leitfäden über „anti-rassistisches“, polizeiliches Handeln empfohlen. Gerade im Kontakt mit Polizeibeamten stellen nämlich beispielsweise Minderheiten eine besonders schützenswerte Gruppe dar und verdienen von ihnen eine einfühlsamere Behandlung.154

Schließlich erwähnt die Untersuchungskommission im Rahmen des Macpherson Reports auch die Dringlichkeit der Strafverfolgung von rassistischen Handlungen. Der Staatsanwaltschaft (StA) wurde daher bei der Verfolgung solcher Fälle eine besondere Sorgfaltspflicht auferlegt. Ihre Aufgaben sollten auch darin liegen, jeden Beteiligten davon zu informieren, wann und warum sie das Verfahren nicht weiter fortsetze. Außerdem sollte auch sie jeden ihrer Verfahrensschritte genauestens dokumentieren, um sie in Folge den Beteiligten offenlegen zu können.155

151 Lea, The Macpherson Report and the Question of Institutional Racism, 231. 152 Morris, A Summary of The Stephen Lawrence Inquiry, 5. 153 Macpherson Report, The Stephen Lawrence Inquiry, 379-380. 154 Macpherson Report, The Stephen Lawrence Inquiry, 378. 155 Macpherson Report, The Stephen Lawrence Inquiry, 378. 41 5. Asylverfahren in Österreich

Um in weiterer Folge näher auf den institutionellen Rassismus in Zusammenhang mit der österreichischen Asylpolitik eingehen zu können, wird vorher der Ablauf des Asylverfahrens in Österreich beschrieben. Dabei ist erwähnenswert, dass im Jahr 2012 eine umfassende Reform in der österreichischen Verwaltungsgerichtsbarkeit (B-VG Nov BGBl I 2012/51) stattfand, die mit 1. Januar 2014 in Kraft trat.156 Da sich diese Diplomarbeit auch auf ältere Judikaturfälle stützt, anhand derer institutioneller Rassismus aufgezeigt werden kann, wird in diesem Kapitel vorerst das Verfahren entsprechend der alten Rechtslage behandelt. Im Anschluss daran stützen sich weitere Erläuterungen auf die aktuelle Rechtslage. Dabei wird das Verfahrensrecht mitsamt den einschlägigen Rechtsgrundlagen sowie allen dabei relevanten Institutionen erläutert. Darüber hinaus werden europarechtliche Rechtsvorschriften bzgl der Asylpolitik herangezogen, wobei va die Dublin-Übereinkommen, denen im Hinblick auf die Diplomarbeit eine enorme Bedeutung zukommt, eine genaue Behandlung erfahren.

5.1. Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012

Laut Art 129 B-VG gemäß der Fassung vom 01.07.2008 waren in diesem Zeitraum sowohl die unabhängigen Verwaltungssenate (UVS), das Bundesasylamt (BAA) bzw von 2008 bis 2014 der Asylgerichtshof (AsylGH)157 als auch der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) für die Sicherung der Gesetzmäßigkeit im öffentlichen Rechtsbereich zuständig.

Die UVS fungierten bis Anfang des Jahres 2014 als gerichtsähnlich organisierte Verwaltungsbehörden auf Ebene der Bundesländer.158 Sie stellten Behörden dar, die erst „nach Erschöpfung des Instanzenzuges“ tätig wurden, sofern ein solcher in Betracht kam. Ihre Zuständigkeiten richteten sich nach Art 129a Abs 1 iVm Art 10 ff B-VG. Sie waren zuständig in jenen Rechtsgebieten, in denen die Kompetenzen den Ländern überlassen wurden bzw sobald eine Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung vorlag.159

156 Kolonovits/ Muzak/ Stöger (Hrsg), Verwaltungsverfahrensrecht, 10. Auflage, Manz Verlag (2014) 10. 157 Mit dem 1.7.2008 übernahm der Asylgerichtshof die Rolle des früheren Unabhängigen Bundesasylsenates, welcher neben den anderen UVS ebenfalls ein unabhängiger Verwaltungssenat des Bundes war, aber ein Gericht iSd B-VG darstellte. 158 Aichlreiter in Kneihs/ Lienbacher (Hrsg), Rill-Schäfer Kommentar zum Bundesverfassungsrecht, Art 129a B- VG Rz 9. 159 Thienel/ Schulev-Steindl (Hrsg), Verwaltungsverfahrensrecht, 5. Auflage, Verlag Österreich (2009) 278. 42 Zwischen 1998 und 2008 war der Unabhängige Bundesasylsenat (UBAS) eingerichtet, der im Unterschied zu den UVS eine Bundesbehörde war. Dem UBAS oblag die Aufgabe über Berufungen im Asylverfahren zu entscheiden, die in erster Instanz vom Bundesasylamt erlassen wurden.160 Mit dem 1. Juli 2008 übernahm der damals neu errichtete Asylgerichtshof die Aufgaben des Unabhängigen Bundesasylsenats, für den die Bestimmungen der Artikeln 129c bis 129f B-VG aF zur Anwendung kamen. Seine Aufgabe war es gem Art 129c B-VG nach Erschöpfung des Instanzenzuges über Bescheide des Bundesasylamtes und über Beschwerden wegen Verletzungen der Entscheidungspflichten in Asylsachen zu erkennen. Der AsylGH war zugunsten der Entlastung des VwGH in Angelegenheiten des Asylwesens angedacht.161 Die Bestimmungen in Bezug auf dessen Gerichtsorganisation und des Verfahrens wurden gem Art 129f B-VG durch ein Bundesgesetz geregelt, wobei hierbei das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG)162 einschlägig war. Erwähnenswert ist dabei § 24 AsylGHG, der die Bestimmung bezüglich der Vollstreckung seiner Entscheidungen enthält. Dieser besagt, dass die Bundesasylämter verpflichtet sind, der Rechtsanschauung des Asylgerichtshofs zu folgen, wenn er einer Beschwerde stattgibt.

Nach damaliger Rechtslage konnte der Verwaltungsgerichtshof gem Art 132a B-VG angerufen werden, sofern es sich um eine Grundsatzentscheidung des Asylgerichtshofes handelte. Um eine Grundsatzentscheidung handelte es sich in all jenen Fällen des Art 129e Abs 1 zweiter Satz B-VG, wonach sich der VwGH mit einer Rechtsfrage auseinandersetzen musste, der eine „grundsätzliche Bedeutung“ zukam. Dieser Fall lag gem Abs 1 leg cit dann vor, wenn in der Entscheidung des AsylGH von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH abgewichen wurde, eine solche Rechtsprechung dazu fehlte oder diese eine Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wurde.

5.2. Rechtslage nach der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012

Wie bereits erwähnt, erfolgte ab 1. Januar 2014 eine grundlegende Änderung in der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die UVS wurden komplett abgeschafft, wobei nunmehr nur noch

160 Krainz/ Wintersberger (Hrsg), Das Asylverfahren in Österreich, in: BM.I, 50 Jahre Genfer Flüchtlingskonvention in Österreich (2005) 125. 161 Thienel/ Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 278. 162 Bundesgesetz über den Asylgerichtshof (Asylgerichtshofgesetz – AsylGHG), BGBl I Nr 4/2008, außer Kraft getreten am 31.01.2012. 43 eine einzige administrative Behörde auf erster Ebene tätig wird. In der nächsthöheren Instanz, der Berufungsinstanz, sind dann sogleich die Landes- sowie Bundesverwaltungsgerichte tätig. Demgemäß besteht die Verwaltungsgerichtsbarkeit Österreichs aus dem sogenannten „9+2- Modell“. Dh, es gibt in jedem Bundesland neun Landesverwaltungsgerichte, darüber hinaus das Bundesfinanzgericht sowie das Bundesverwaltungsgericht in Wien.163 Die konkreten Modifikationen bezüglich der Gerichtsbarkeit im Hinblick auf die Asylpolitik zeichnen sich wie folgt aus:

Der 2008 errichtete AsylGH wurde mit der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle wieder abgeschafft und durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) als zentrale Sonderbehörde ersetzt, die auf bundesweiter Ebene zuständig ist. Das BFA entscheidet nun als erst- sowie letztinstanzliche Behörde mit Bescheid.164 Unter dessen Rechtsgrundlagen fallen va das AVG165, und das BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG)166. Letzteres stellt ein einfaches Bundesgesetz dar, worin alle einschlägigen Verfahrensbestimmungen zu finden sind. Die Zuständigkeiten des BFA sind im § 3 BFA-VG taxativ aufgelistet, wobei ua die Zu- und Aberkennung des Status eines Asylberechtigten und eines subsidiär Schutzberechtigten zu nennen sind, die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie die Anordnung von Abschiebungen. Das BFA hat bei seiner Tätigkeit die Grundsätze des § 14 BFA-VG zu beachten, worunter die Art 2, 3 und 8 EMRK fallen. Auf diese Bestimmungen und deren Schutzbereiche wird in den Kapiteln 6 und 7 dieser Diplomarbeit der Fokus gelegt.

Falls dem BFA bei seiner Tätigkeit etwaige Mängel widerlaufen sind und sich der Beschwerdeführer durch dessen Bescheid in seinen Rechten verletzt fühlt, steht ihm die Möglichkeit gem Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG zu, eine Bescheidbeschwerde einzulegen. Die nächsthöhere zuständige Instanz ist seit 2014 nunmehr direkt das Bundesverwaltungsgericht. Gemäß § 7 BFA-VG fällt diese Tätigkeit in dessen Eigenzuständigkeit. Das BVwG entscheidet gem Art 130 Abs 4 B-VG in der Regel meritorisch, dh „in der Sache selbst“. Ausnahmsweise kann es die Sache wieder an das BFA zurückweisen. Dies ist dann von Vorteil, wenn eine eigene Entscheidung des BVwG aufgrund von lückenhaften Sachverhaltsfeststellungen nicht getroffen werden könnte, ohne dafür weitere Ermittlungen anstellen zu müssen. Diese Methode

163 Öhlinger/ Eberhard, Verfassungsrecht10 Rz 650. 164 Feik, in: Bachmann/ Baumgartner/ Feik/ Fuchs/ Giese/ Jahnel/ Lienbacher, Besonderes Verwaltungsrecht11 197. 165 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991. 166 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl I Nr 87/2012 idF BGBl I Nr 70/2015. 44 würde einen zu großen Verfahrensaufwand bereiten und wäre widersprüchlich zum Prinzip der Prozessökonomie.

Wie auch nach der Rechtslage von vor dem Jahr 2014 gibt es weitere Rechtsschutzmöglichkeiten. Beispielsweise kann der VwGH nach Art 133 Abs 1 Z1 B-VG anhand einer Revision angerufen werden, der über das Erkenntnis des BVwG entscheidet, falls dieses rechtswidrig ist. Dies ist gem Abs 4 leg cit ebenfalls wie vor dem Jahr 2014 nur dann möglich, wenn eine Grundsatzentscheidung vorliegt. Nach Abs 5 leg cit darf die Rechtssache auch nicht in die Zuständigkeit des VfGH fallen. Demnach muss sich der Revisionswerber durch das Erkenntnis des BVwG bloß in einem einfachgesetzlichen Recht verletzt fühlen.167 Die Entscheidungsbefugnisse des VwGH werden nach §§ 34 und 35 VwGG168 wie folgt bestimmt: Erstens kann der VwGH die Sache zurückweisen, wenn formale Voraussetzungen nicht gegeben sind oder er der Meinung ist, dass gar keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. Zweitens kann er abweisen, falls die behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben ist, womit die Entscheidung des BVwG aufrecht bleibt. Und drittens kann es durch eine meritorische Entscheidung des VwGH dazu kommen, dass die Entscheidung des BVwG ersetzt wird.

Ein noch weiter gehender Rechtsschutz wird mithilfe einer Erkenntnisbeschwerde an den VfGH gewährt. Gemäß Art 144 B-VG prüft dieser dabei, ob der Beschwerdeführer durch die Entscheidung des BVwG in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurde oder eine Verletzung durch Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm vorliegt. Die rechtliche Grundlage bzgl der Entscheidungen des VfGH lautet § 87 VfGG169. Demnach kann der VfGH gem Abs 1 und 2 leg cit der Beschwerde stattgeben und die Entscheidung des BVwG aufheben, falls ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht des Beschwerdeführers verletzt wurde. In diesem Fall sind die dem VfGH untergeordneten Verwaltungsinstanzen verpflichtet, den Rechtszustand herzustellen, der der Rechtsansicht zufolge seinen Erkenntnissen entspricht.

167 Öhlinger/ Eberhard, Verfassungsrecht10 Rz 667. 168 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl Nr 10/1985 idF BGBl I Nr 24/2017. 169 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl Nr 85/1953 idF BGBl I Nr 24/2017. 45 5.3. Asylverfahren, Asylgewährung und Ausschluss

Der Asylwerber stellte zunächst seinen Antrag auf internationalen Schutz entweder beim BAA nach der früheren Rechtslage oder nunmehr beim BFA, die jeweils überprüfen, ob Österreich für den Antrag voraussichtlich zuständig ist. Dabei handelt es sich um das sog „Zulassungsverfahren“. Währenddessen steht es den Behörden nach § 15 AsylG gF zu, den Asylwerbern eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit aufzuerlegen und von ihnen eine Mitwirkungspflicht zu verlangen. Kommen die Behörden zu dem Schluss, dass das Verfahren zugelassen wird, erhalten die Asylwerber entweder eine Aufenthaltskarte (§ 51 AsylG gF) oder es wird ihnen ihr Asylrecht direkt zugesprochen. Entscheidet es hingegen negativ, wird sofort gem § 51 AsylG, das Ausweisungsverfahren eingeleitet. Dabei ist es der Fremdenpolizei möglich, die Asylwerber in Schubhaft zu nehmen (§ 76 FPG gF), bis ihre Abschiebung vollzogen wird. Nach Beendigung des Zulassungsverfahrens beginnt das inhaltliche Verfahren.170

Im inhaltlichen Asylverfahren wird vom Bundesamt zuerst geprüft, ob es eine Pflicht Österreichs darstellt den Asylantrag des Asylwerbers zu bearbeiten und ob der Asylwerber berechtigte Gründe nach der GFK aufweisen kann. Österreich hat Asyl zu gewähren, wenn vom Asylwerber glaubhaft gemacht werden kann, dass ihm in seinem Heimatstaat eine „Verfolgung“ droht. Bei einer Verfolgung iSd GFK handelt es sich um einen ungerechtfertigten Eingriff erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre eines Individuums. Dies ist immer dann gegeben, wenn es dadurch für jeden Einzelnen unzumutbar ist, Schutz in seinem Heimatanspruch zu suchen und er somit auf fremde Hilfe angewiesen ist. Der VwGH statuierte in seiner ständigen Rechtsprechung des Weiteren, dass „[...] eine Furcht nur dann wohlbegründet sein kann, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist.“171

Ist Österreich gem §§ 4 und 5 AsylG gF nicht zuständig, steht dem Asylwerber in seinem Heimatland eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG gF) offen oder wurde ein Ausschlussgrund nach § 6 AsylG gF gesetzt, so wird ihm kein Asylrecht gewährt. Österreichs Unzuständigkeit konstituiert sich darin, wenn ein anderer Staat zB aus vertraglichen Gründen oder aufgrund der Dublin-VO für das Asylverfahren Zuständigkeit genießt oder wenn eine sog

170 BM.I, Asylbetreuung, Internet: http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_Asyl_Betreuung/asylverfahren/start.aspx (21.02.2017). 171 VwGH 20.06.1996, 95/19/0062. 46 „Drittstaatssicherheit“ vorliegt. Eine Drittstaatssicherheit ist nach § 4 AsylG gF immer dann gegeben, wenn ein Drittstaatsangehöriger in einem Staat Schutz erlangt, in dem er nicht bedroht ist und dort ein nach der GFK- als auch der EMRK-konformes Verfahren erhält. Beispielsweise liegt sie immer dann vor, wenn der Staat die GFK ratifiziert hat. Die Pflicht Österreichs ist es jedoch zu überprüfen, ob diese Drittstaatssicherheit in jedem individuellen Fall eines Asylwerbers gegeben ist.172 Würde dort dem Asylwerber eine weitere Abschiebung, dh „Kettenabschiebung“ drohen, ist Österreich verpflichtet ebenso die Lage in den weiteren Staaten zu kontrollieren und ansonsten das Asylrecht zu gewähren.173 Darüber hinaus hat Österreich ein sog „Eintrittsrecht“, wenn trotz der Zuständigkeit eines anderen Staates, dort verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte (zB Art 3 und Art 8 EMRK) verletzt werden würden.174

Kommt das BAA/BFA zu dem Schluss, dass keine Konventionsgründe vorliegen bzw Österreich unzuständig ist, stand dem Asylwerber gem §§ 36 AsylG nach alter Rechtslage bzw steht ihm nunmehr gem Art 130 B-VG eine Beschwerde gegen den negativen Bescheid zu. Entscheidet die höhere Instanz wiederum negativ, muss der Asylwerber Österreich entweder freiwillig verlassen oder ihm droht die Abschiebung nach § 46 FPG gF.

5.4. Asyl- und Einwanderungspolitik in der Europäischen Union

Die Europäische Union beschäftigt sich bereits seit geraumer Zeit mit der Vereinheitlichung der asylrechtlichen Bestimmungen in den Mitgliedsstaaten. Sie arbeitet stets an der Umsetzung eines effektiveren „Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ (GEAS), das in den Art 67 bis 89 AEUV verankert ist.175 Laut der EU selbst werden im Rahmen der gemeinsamen Asylpolitik Menschenrechte groß geschrieben und der Schutz vor Verfolgung eines jeden Einzelnen gesichert, jedoch ist dies in der Praxis nicht durchgehend erkennbar. Aufgrund der von der EU

172 Feik, in: Bachmann/ Baumgartner/ Feik/ Fuchs/ Giese/ Jahnel/ Lienbacher, Besonderes Verwaltungsrecht11 146f. 173 VfGH 17.06.2005, B336/05. 174 VfGH 08.03.2001, G117/00 ua. 175 Frenz, Europarecht, 2. Auflage, Springer Verlag (2015) 240. 47 selbst geschaffenen Vorschriften wurde eine legale Einreise von Flüchtlingen schier unmöglich.176

Bereits in den späten 1980er-Jahren wurde ein Rückgang der Solidarität mit den Flüchtlingen merklich spürbar. Dies basierte auf dem Wegfall der globalen Ost-West-Konfrontation. Weiters wurden im Jahr 1995 mit Ende des Bosnien-Krieges sowie dem Dayton-Abkommen Europas Außengrenzen für Fremde dichter gemacht. Darüber hinaus trug der Terroranschlag in New York vom 11. September 2001 ebenfalls dazu bei, dass Europa aufgrund des gesteigerten Sicherheitsdenkens vorsichtiger im Zusammenhang mit Fremden wurde.177 Als im Jahr 2015 der letzte eklatante Flüchtlingsstrom nach Europa stattfand, stand fest, dass eine effizientere Asylpolitik auf europaweiter Ebene von außerordentlicher Dringlichkeit war. Aus diesem Grund kam es im Frühjahr 2016 durch die Europäische Kommission zu einem Reformvorschlag bzgl der Dublin-III-VO, deren Inhalte im Kapitel 5.4.1. erläutert werden.178

Im Allgemeinen setzt sich die GEAS aus drei Bestandteilen zusammen. Sie steht erstens für die Vereinheitlichung der rechtlichen Bestimmungen, damit es bei der Behandlung von Asylanträgen zu keiner Kollision der Zuständigkeiten der Mitgliedsstaaten kommt und dass jeweils klar ist, welcher Staat dafür Zuständigkeit genießt. Zweitens sollen auch, um das ganze System zu vereinheitlichen, alle mitgliedsstaatlichen Asylrechtsordnungen angeglichen werden. Drittens soll verhindert werden, dass manchen Ländern aufgrund der europarechtlichen Regelungen unnötig schwere Lasten aufgebürdet werden, weshalb hierbei die Ausgleichsregelung dient, die dieses Problem zu lösen versucht.179 Die „neue“, aktuelle GEAS statuiert sich aus den folgenden fünf Rechtsgrundlagen:

1. der Richtlinie über die Aufnahmebedingungen (RL 2013/33/EU), 2. der Asylverfahrensrichtlinie (RL 2013/32/EU), 3. der Qualifikationsrichtlinie (RL 2011/95/EU), 4. der Eurodac-Verordnung (VO 603/2013) sowie 5. der Dublin-III-Verordnung (VO 604/2013).180

176 Korun, Festung Europa versus Kontinent der Menschenrechte – das Massensterben im Mittelmeer beenden, Schutz vor Verfolgung sicher, in: Bierdel/ Lakitsch (Hg), Flucht und Migration, Von Grenzen, Ängsten und Zukunftschancen, Lit Verlag (2014) 152. 177 Zumach, Über die Festung Europa und Menschenrechte, in: Bierdel/ Lakitsch, Flucht und Migration, 56-58. 178 Weidenfeld/ Wessels (Hrsg), Jahrbuch der Europäischen Union 2016, Nomos Verlagsgesellschaft (2016) 200- 201. 179 Weidenfeld/ Wessels, Jahrbuch der Europäischen Union 2016, 202. 180 Europäische Kommission, Das Gemeinsame Europäische Asylsystem (2014) Internet: https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/policies/european-agenda- 48 Die Richtlinie über die Aufnahmebedingungen181 beinhaltet einheitliche Regeln aller EU- Mitgliedsstaaten bezüglich der Aufnahme von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen, die dort um Asyl ansuchen, damit es zu keiner Ungleichbehandlung von Asylwerbern kommt. Die Asylverfahrensrichtlinie182 zielt darauf hinaus, dass einheitliche Asyl-Verfahrensvorschriften in allen EU-Mitgliedsstaaten gelten, damit alle Asylwerber dieselben Rechte erhalten und ebenso allen Mitgliedsstaaten diesbezüglich dieselben Pflichten auferlegt werden. Dies ist vor allem auch im Grundsatz der Solidarität und in der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten unter den Mitgliedstaaten nach dem Art 80 AEUV statuiert. Die Qualifikationsrichtlinie183 dient dazu, den Asylwerbern in allen EU-Mitgliedsstaaten denselben Status sowie Schutz zu verleihen, der ihnen hierbei gewährt werden soll. Mithilfe der Eurodac- Verordnung184 wird der Fingerabdruck von jedem Asylwerber abgenommen und in einem zentralen Datenregister gespeichert. Bei dieser Rechtsvorschrift handelt es sich um eine Durchsetzungshilfe der Dublin-III-VO185, die darüber hinaus der Gefahrenabwehr sowie der Strafverfolgung dient. Durch die Dublin-III-VO186 wird prinzipiell bestimmt, dass jeweils nur ein Mitgliedsstaat mit der Bearbeitung eines Asylantrages betraut werden kann. Außerdem wird anhand ihren Bestimmungen geregelt, welcher dafür Zuständigkeit genießt. Weiters legt die Verordnung dafür die Kriterien und Verfahren fest.187

5.4.1. Dublin-Verordnung

Die Dublin-VO trat erstmalig im Jahr 1997 als völkerrechtlicher Vertrag der Europäischen Gemeinschaft in Kraft.188 Sie war mit der in der österreichischen Asylpolitik geltenden „Drittstaatsklausel“ vergleichbar, die durch die Fremdenrechtsnovelle des damaligen

migration/background-information/docs/20160406/factsheet_-_the_common_european_asylum_system_de.pdf (06.02.2017). 181 RL 2013/33/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Aufnahmerichtlinie). 182 RL 2013/32/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Asylverfahrensrichtlinie). 183 RL 2011/95/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (Qualifikationsrichtlinie). 184 VO (EU) Nr 603/2013 des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Eurodac- Durchführungsverordnung). 185 Graf Vitzthum/ Proelß, Völkerrecht6 Rz 311. 186 VO (EU) Nr 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin-III- Verordnung). 187 Reinisch, Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, Band I – Textteil, 5. Auflage, Manz Verlag (2013) Rz 1290. 188 Übereinkommen über die Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften gestellten Asylantrags - Dubliner Übereinkommen, ABl Nr C 254, vom 19/08/1997. 49 Innenministers Franz Löschnaks im Jahr 1991 geschaffen wurde, die im Kapitel 6.2 genauer vorgestellt wird. Als nachfolgende Vorschrift der EU trat die Dublin-II-VO189 im Jahr 2003 in Kraft. Damit stand den EU-Mitgliedsstaaten frei, Asylsuchende wieder in diejenigen Länder zurückzuweisen, von denen sie eingereist waren und erstmals aktenkundig wurden. Jedoch wurde diese Praxis durch die Rechtsprechung des EGMR vom 21. Januar 2011, M.S.S. gegen Belgien und Griechenland, gestoppt.190 Ein afghanischer Staatsangehöriger reiste über Griechenland nach Belgien ein und stellte dort einen Antrag auf Asyl. Sich auf die Dublin-II- Klausel stützend, schickten die belgischen Behörden den Afghanen zurück nach Griechenland, wobei dieser daraufhin Klage beim EGMR erhob. Erstens stützte er sich hierbei sowohl auf die in Griechenland geltenden unwirksamen Rechtsbehelfe im Asylverfahren als auch auf die dort herrschenden unmenschlichen Haftbedingungen. Zweitens hätten die belgischen Behörden ihn nicht nach Griechenland zurückweisen dürfen, weil bereits bekannt war, welche schlechten Zustände für Asylwerber in Griechenland herrschten. Der EGMR erkannte damals, dass Griechenland gegen das Recht auf eine wirksame Beschwerde nach Art 13 EMRK verstoßen hatte. Ebenso erkannte der EGMR, dass durch Belgien das Verbot erniedrigender Behandlung gem Art 3 EMRK sowie ebenfalls Art 13 EMRK verletzt worden war. Im Jahr 2013 trat eine weitere Reform der Dublin-II-VO in Kraft, die aktuell unter der Dublin-III-Verordnung bekannt ist und die oben genannte EGMR-Rechtsprechung berücksichtigte.191

Generell fanden die Staaten in Zentraleuropa Gefallen an den Dublin-Übereinkommen, da durch sie bestimmt wird, dass eben nur die Staaten für Asylanträge zuständig sind, auf deren Staatsgebiet die Asylwerber erstmals eingereist waren. Im Gegensatz dazu kam es im Laufe der Zeit zu einer enormen Anhäufung der Asylanträge in den Staaten an den EU-Außengrenzen, weshalb deren Asylpolitik massiv überlastet war.192

Diese Probleme machten sich vor allem anhand der Flüchtlingskrise 2015 bemerkbar. Deswegen präsentierte die Europäische Kommission im April 2016 einen weiteren Reformvorschlag, der drei wesentliche Neuerungen zur Dublin-III-VO enthält.193 Das Verfahren bzgl der Zuständigkeitsübertragungen soll vereinfacht werden, damit es im Falle von Überlastungen eines Mitgliedsstaates nicht zu einem „Stau“ kommt. Im Hinblick darauf wird

189 VO (EG) Nr 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin-II-Verordnung). 190 EGMR, 21. Januar 2011, Beschwerde Nr 30696/09 (M.S.S. gegen Belgien und Griechenland). 191 Hailbronner/ Thym, EU Immigration and Asylum Law, A Commentary, 2nd edition, C.H.Beck, Hart, Nomos Verlagsgesellschaft (2016) Art. 27 Rz 11. 192 Korun, in: Bierdel/ Lakitsch, Flucht und Migration, 156. 193 Proposal for a regulation of the and of the Council, COM(2016) 270 final. 50 einerseits ein automatischer Kooperationsmechanismus zwischen den Mitgliedsstaaten angestrebt, andererseits sollen für Asylwerber etwaige Konsequenzen geschaffen werden, falls diese während des Verfahrens keine Kooperation zeigen. Außerdem soll ein neuer automatischer Korrekturmechanismus eingeführt werden, der die Zuweisung von Asylwerbern regelt. Durch dieses System soll jedem Mitgliedsstaat eine Referenzzahl an Asylanträgen zugewiesen werden, die behandelt werden sollen. Dazu kommt noch eine Zuweisung von tatsächlich neu angesiedelten Personen nach einem Referenzschlüssel, der sich in je zur Hälfte sowohl aus der Bevölkerungsgröße des Mitgliedsstaates als auch dessen BIP gliedert. Dieses Korrektursystem soll immer dann aktiviert werden, wenn die Gesamtzahl an Asylanträgen und angesiedelten Personen die Referenzzahl eines Mitgliedsstaates um über 150% überstiegen hat. In diesen Fällen kommt es zur automatischen Zuweisung von Anträgen an jene Mitgliedsstaaten, deren Referenzzahl noch nicht erfüllt worden ist.194

Im Allgemeinen ist zu statuieren, dass das einstige Dubliner-Übereinkommen den Zugang zur Festung Europa wesentlich erschwert hat. Die drei Reformen trugen bzw werden voraussichtlich in der Zukunft dazu beitragen, dass sie die Rechte der Flüchtlinge bzw Asylwerber immer weiter schrumpfen lassen, obwohl diese Maßnahmen dem Leitgedanken der Europäischen Union gänzlich widersprechen.

194 Weidenfeld/ Wessels, Jahrbuch der Europäischen Integration 2016, 204-205. 51 6. Österreich als Einwanderungsland

In den vorherigen Kapiteln dieser Diplomarbeit wurden alle relevanten Rechtsvorschriften vorgestellt sowie ein Überblick über die Ausprägungen und über die Ideologie des Rassismus gegeben. Darüber hinaus wurde der Verlauf des Asylverfahrens in Österreich erläutert, weshalb nunmehr auf die Entwicklung der österreichischen Asyl- und Integrationspolitik näher eingegangen werden kann. In diesem Zusammenhang ist zuallererst der Überbegriff der „Migration“ zu erläutern. „Migration“ bedeutet Wanderung von Menschen, die ihren ursprünglichen Wohnort verlassen, sich räumlich bewegen, um sich einen neuen Wohnsitz zu suchen.195 Solche Migrationsbewegungen fanden bereits vor 2,4 Millionen Jahren statt und basierten sowohl damals als auch heute auf mannigfaltigen Gründen.196

In den folgenden Kapiteln wird die historische Entwicklung Österreichs als „Einwanderungsland“ beleuchtet sowie der Werdegang der österreichischen Fremden- und Asylpolitik genauer analysiert. Nicht minder wichtig ist dabei die Untersuchung der Tätigkeiten der damaligen Bundesminister für Inneres im Zeitraum von 1990 bis dato, da sich dieses Amt im Laufe der Zeit zur „obersten Verwaltungsbehörde“ für das Fremden- sowie Asylwesen herausbildete.

6.1. Entwicklung der Asyl- und Integrationspolitik und Österreichs Vertreter im Bundesministerium für Inneres

Die Migrations- und Integrationspolitik der Republik Österreich wurde durch mehrere Wanderbewegungen, aber auch Flüchtlingskrisen geprägt. Somit ist Österreich im Laufe der Geschichte bekannt geworden als ein Auswanderungsland, als Transitstation sowie als Einwanderungsland schlechthin.197 Hervorzuheben sind dabei die transatlantische Emigration sowie die Binnenzuwanderung in die Zentren der Habsburgermonarchie, welche bis ins beginnende 20. Jahrhundert stattfanden. Die Migrationspolitik in der Vergangenheit weist sogar gewisse Parallelen zur aktuellen auf. Dies ist durchaus sowohl in Bezug auf den unsicheren

195 Mintzel, Multikulturelle Gesellschaften in Europa und Nordamerika, Konzepte, Streitfragen, Analysen, Befunde, Wissenschaftlicher, Verlag Rothe (1997) 98-99. 196 Boeckh, Migration und soziale Ausgrenzung, in: Huster/ Boeckh/ Mogge-Grotjan (Hrsg), Handbuch Armut und Soziale Ausgrenzung, VS Verlag für Sozialwissenschaften (2008) 362. 197 Fassmann/ Münz (Hrsg), Einwanderungsland Österreich? Historische Migrationsmuster, aktuelle Trends und politische Maßnahmen, Dachs-Verlag (1995) 13. 52 Aufenthaltsstatus der Migranten erkennbar als auch darin statuiert, dass die damalige Politik auch nicht willens war, den Migranten zB Sozialhilfeleistungen zu gewähren.198

Mit Beginn des Ersten Weltkrieges ging erneut eine Segregation der Bürger und Ausländer einher. Die damaligen Flüchtlingsbewegungen ließen viele befürchten, dass sich Österreich zu einem multikulturellen Staat entwickle, weshalb darauf abgezielt wurde einen möglichst deutschsprachigen Staat zu behalten.199 Aus diesem Grund war es den Personen möglich in Österreich zu bleiben, obwohl sie nicht in Österreich beheimatet waren, wenn sie „[...] dort nach Rasse und Sprache von der Mehrheit der Bevölkerung verschieden (waren)“ und „nach Rasse und Sprache zur deutschen Mehrheit der Bevölkerung gehör(t)en.“200.

Während des Zweiten Weltkrieges stieg die Flucht aus Österreich und Deutschland aufgrund des „Holocausts“ enorm an.201 Direkt nach dem Krieg kamen jedoch zahlreiche Kriegsvertriebene wieder zurück nach Österreich, worunter viele Volksdeutsche sowie Menschen osteuropäischer Abstammung waren.202

Ab den 1960er-Jahren setzte die Anwerbung zahlreicher Ausländer ein, damit sie als Arbeitskräfte nach Österreich kommen.203 Die damals geltenden Rechtsvorschriften zur Ausländerbeschäftigung waren wie die allgemeinen Rechtsinstrumente zur Asylpolitik von starrer Natur.204 Im Jahr 1987 kam es zur Novellierung des österreichischen Fremdenrechtes von 1954, da die damalige Rechtslage keine Vereinbarkeit mit der EMRK fand. Ausschlaggebend dafür war die Aufhebung bestimmter Bestimmungen bzgl des Aufenthaltsverbots durch den VfGH.205 Im Zuge dessen wurde sogar angestrebt das Asylrecht in den Grundrechtekatalog Österreichs aufzunehmen und die EMRK, die europäische Sozialcharta sowie die GFK als rechtliche Basis für die Novellierung heranzuziehen.206 Das Thema der Aufenthaltssicherheit, das mit dem neuen Gesetz einherging, sowie der damalige

198 Bauböck/ Perchinig, Migrations- und Integrationspolitik in: Dachs/ Gerlich/ Gottweis/ Kramer/ Lauber/ Müller/ Tálos (Hrsg), Politik in Österreich, Das Handbuch (2006) 727. 199 Bauböck/ Perchinig, in: Dachs/ Gerlich/ Gottweis/ Kramer/ Lauber/ Müller/ Tálos, Poltik in Österreich, 727. 200 Vollzugsanweisung vom 29. Juli auf Basis des Artikels 80 des Staatsvertrages von St. Germain, zit nach Pelz Sylvia (1994, 23). 201 Davy, Asyl und Internationales Flüchtlingsrecht, Völkerrechtliche Bindungen staatlicher Schutzgewährung, dargestellt am österreichischen Recht, Bd I: Völkerrechtlicher Rahmen, Verlag Österreich (1996) 20-21. 202 Currle, Migration in Europa, Lucius & Lucius Verlag (2008) 240. 203 Fassmann/ Münz, Einwanderungsland Österreich? 47. 204 Bauböck/ Perchinig, in: Dachs/ Gerlich/ Gottweis/ Kramer/ Lauber/ Müller/ Tálos, Poltik in Österreich, 731. 205 Bauböck/ Wimmer, Social Partnership and „Foreigners Policy“ in: European Journal of Political Research 16 (1988) 677. 206 Davy/ Gächter, Zuwanderungsrecht und Zuwanderungspolitik in Österreich, Teil 1, in: Journal für Rechtspolitik 1, Springer Verlag (1993) 171. 53 starke Einfluss der Sozialpartner auf allen politischen Ebenen führte dazu, dass die Kompetenz zur Einwanderungspolitik erstmals auf die Innenpolitik überging.207

6.2. Amtszeit von Dr. Franz Löschnak

Anfang der 1990er Jahre fand eine weitere große Flüchtlingsbewegung nach Österreich statt, die vom damaligen Bundesminister für Inneres, Dr. Franz Löschnak208, als „neue Völkerwanderung“209 bezeichnet wurde. Gründe dafür waren ua die Öffnung des Eisernen Vorhanges sowie viele Flüchtlinge und Kriegsvertriebene, die aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Österreich immigrierten. In diesem Zusammenhang veränderte sich die rechtliche Situation und Österreich entwickelte sich langsam zu einem Einwanderungsland. Mit der Novellierung des Asylgesetzes, das im Jahr 1991 in Kraft trat, wurde eine eigene Bundesbehörde, das BAA, eingerichtet, das erstmals alleinig für Asylsachen in erster Instanz zuständig war. Als zweite Instanz fungierte der Innenminister, Franz Löschnak, der zu dieser Zeit dieses Amt innehatte. Löschnak und dessen Jurist, Manfred Matzka, blieben wegen ihrer fremdenfeindlichen Asylpolitik in Erinnerung, die sie während der Amtszeit Löschnaks im Zuge der Novelle aus dem Jahr 1991 vollstreckten.210 Hierbei ist va die Regelung bzgl der Vereinfachung des Asylverfahrens zu nennen, die dazu diente, die Behörden aufgrund der vielen Anträge zu entlasten. Es kam zur Unterscheidung zwischen „offensichtlich begründeten“ sowie „offensichtlich unbegründeten“ Asylanträgen.211 Ein „offensichtlich unbegründeter“ Antrag nach § 17 Abs 3 Asylgesetz 1991 lag ua dann vor, wenn die Identität des Asylwerbers und insbesondere dessen Staatsangehörigkeit nicht glaubhaft festgestellt werden konnte (Z1), der Asylwerber Staatsangehöriger eines Staates war, von dem auf Grund der allgemeinen Erfahrung, seiner Rechtslage und Rechtsanwendung anzunehmen war, dass in diesem Staat in der Regel keine begründete Gefahr einer Verfolgung bestand (Z2) oder beispielsweise der

207 Brückner/ Stranky, Von der humanitären Aufnahme von Flüchtlingen zu Restriktion im Namen der Sicherheit, Politisierung von Migration unter Innenminister Löschnak 1989-1995, Forschungsbericht (2012). 208 Parlament Republik Österreichs, Biographie von Dr. Franz Löschnak, Internet: https://www.parlament.gv.at/WWER/PAD_00913/ (01.03.2017). 209 Löschnak, Menschen aus der Fremde. Flüchtlinge, Vertriebene, Gastarbeiter, Holzhausen Verlag (1993) 1. 210 Genner, Asyl in Gefahr, in: Volksstimme Nr 9 (2016) 29, Internet: http://www.volksstimme.at/images/online- lesen/2016/2016-09_September/VS_2016_09_SML.html (01.03.2017). 211 Fassmann/ Fenzl, Asyl und Flucht, in: Fassmann/ Stacher (Hrsg), Österreichischer Migrations- und Integrationsbericht, Entwicklungen, sozioökonomische Strukturen, rechtliche Rahmenbedingungen, Drava- Verlag (2003) 285. 54 Antrag vom Asylwerber mit einer wirtschaftlichen Notlage begründet wurde (Z4).212

Des Weiteren ist die sogenannte „Drittstaatsklausel“ gem § 2 Abs 2 Z 3 Asylgesetz 1991 erwähnenswert, nach der ein Asylantrag abzulehnen war, wenn der Flüchtling auf dem Landweg von einem sicheren Staat gekommen war. Da jedoch zu dieser Zeit bereits alle Nachbarstaaten Österreichs die GFK unterzeichnet hatten, bzw die EMRK in deren nationales Recht implementiert hatten und hiermit zu sicheren Staaten erklärt worden waren, war die Zahl der Abschiebungen dementsprechend hoch.213 Diese „Drittstaatsklausel“ ist, wie bereits im Kapitel 5.4.1. erwähnt, sehr gut mit dem von der damaligen Europäischen Gemeinschaft im Jahr 1997 geschaffenen Dublin-Übereinkommen zu vergleichen. Denn dadurch sollte das Ziel - so wenig Asylanträge wie nötig sowie so viele Abschiebungen wie möglich - effektiv erreicht werden.214

Gerade in diesen Zusammenhängen und aufgrund der immer strenger werdenden Regeln für Asylwerber wurde eine eklatante Verschlechterung der Asylpolitik im institutionellen Bereich spürbar.215 Die Forschungsergebnisse zweier Politikwissenschafter, Brückner und Stranksy, brachten zum Vorschein, dass damals der politische Sicherheitsdiskurs in Österreich einen immer größeren Stellenwert einnahm. Dies erklären die Autoren damit, dass während dieses Zeitraumes das Thema Sicherheit aufgrund der vermehrten „Fremden“ am besten zu den vorhandenen Ängsten der Gesellschaft passte. Die Politikwissenschafter verwendeten für ihre Analyse „APA-OTS-Daten“, die von Österreichs größtem Verbreiter von multimedialen Presseinformationen stammten.216 Sie stellen in ihrem Forschungsbericht fest, dass Anfang der 1990er Jahre der Anteil an Meldungen bzgl Menschenrechten von anfänglichen 63 Prozent auf 30 Prozent sanken, wohingegen der Faktor Sicherheit/Kriminalität stark anstieg.217 Aufgrund dieser Analyseergebnisse konnten die Autoren darlegen, dass das Ziel sämtlicher Gesetzesnovellen im Fremden- und Asylwesen die Abwehr von möglichst vielen Asylwerbern war und weniger die Schutzgewährung notleidender Flüchtlinge.218

212 § 17 Abs 3 Asylgesetz 1991. 213 Bauböck/ Perchinig, in: Dachs/ Gerlich/ Gottweis/ Kramer/ Lauber/ Müller/ Tálos, Poltik in Österreich, 733. 214 Zumach in: Bierdel/ Lakitsch, Flucht und Migration, 59. 215 Krzyżanowski/ Wodak (Hrsg), Migration und Rassismus in Österreich, in: Gomes (Hg), Rassismus: Beiträge zu einem vielgesichtigen Phänomen, Wien: Mandelbaum-Verlag (2008) 257. 216 Presse Agentur OTS Originaltext-Service GmbH, Internet: http://www.ots.at (02.03.2017). 217 Brückner/ Stranky, Von der humanitären Aufnahme von Flüchtlingen zu Restriktion im Namen der Sicherheit, 23. 218 Götzelmann, Wer macht Asylpolitik? AkteurInnen und ihre Strategien in der österreichischen Asylgesetzgebung, in: Tálos/ Fink, Politik und Zeitgeschichte, Band 5, Lit Verlag (2010) 164. 55 6.3. Amtszeit von Dr. Caspar Einem und Mag. Karl Schlögl

Im Jahr 1995 wurde Löschnak von dessen Nachfolger Dr. Caspar Einem219 abgelöst, der von 1995 bis 1997 im Amt war. Dessen Nachfolger war wiederum Mag. Karl Schlögl220, in dessen Amtszeit (1997-2000) das sog „Integrationspaket“ von 1997 fiel, durch welches das Fremden- und Aufenthaltsrecht vereinheitlicht wurde.221 Im Zuge dessen wurde der Unabhängige Bundesasylsenat (UBAS) als weisungsfreie Behörde geschaffen222 sowie der Kompetenzbereich der Fremdenpolizei geschmälert. Die Fremdenbehörden durften dadurch keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegenüber Asylwerbern ergreifen, solange nicht über deren Antrag rechtskräftig entschieden worden war.223 Alles in allem kann statuiert werden, dass das Asyl- und Fremdenrecht durch die beiden Innenminister eine wesentliche Verbesserung erfuhr - im Hinblick auf die Rechte der Asylanten.

6.4. Amtszeit von Dr. Ernst Strasser

Zur Jahrtausendwende wurde Dr. Ernst Strasser224 Innenminister, der wiederum für seine fremdenfeindliche Einstellung bekannt wurde.225 Er betrachtete die Zuwanderquote bloß als gewinnbringenden Faktor für die österreichische Wirtschaft und empfand eine Asylpolitik, die den Flüchtlingen ein besseres Leben bescheren könnte, als ein „lästiges Beiwerk“226. Im Jahr 2003 präsentierte er die Schwerpunkte des Regierungsprogramms 2003 - 2006 aus dem Kapitel Inneres, Integration und Asyl. Bei diesem Gesetzesentwurf handelte es sich va um eine Reform im Verwaltungsbereich sowie um Novellierungen des Asylgesetzes227, wodurch folgende Neuerungen einherkamen:

219 Parlament Republik Österreichs, Biographie von Dr. Caspar Einem, Internet: https://www.parlament.gv.at/WWER/PAD_02873/ (24.03.2017). 220 Parlament Republik Österreichs, Biographie von Mag. Karl Schlögl, Internet: https://www.parlament.gv.at/WWER/PAD_01729/ (24.03.2017). 221 Bauer, Die Berichterstattung zum Integrationspaket der Innenminister Dr. Caspar Einem und Mag. Karl Schlögl in der Neuen Kronen Zeitung, DA Wien (1999) 68. 222 Fassmann/ Fenzl, in: Fassmann/ Stacher, Österreichischer Migrations- und Integrationsbericht, 286. 223 Davy, Die Asylrechtsreform 1997 (Teil II), in: ecolex (1997) 825-826. 224 Parlament Republik Österreichs, Biographie von Dr. Ernst Strasser, Internet: https://www.parlament.gv.at/WWER/PAD_08657/index.shtml (25.03.2016). 225 Götzelmann, in: Tálos/ Fink, Politik und Zeitgeschichte, 68. 226 Baier (KPÖ), Innenminister Strasser schürt Vorurteile gegen AsylwerberInnen, in: OTS0135 (2001). 227 Karner, Strasser: Sicherheitsteam für Österreich, in: OTS0164 (2003). 56 • Erstens sollte das Asylverfahren beschleunigt werden, weshalb gem § 24a Abs 2 Asylgesetz-Novelle 2003 binnen 72 Stunden ab der Erstaufnahme eine Einvernahme des Asylwerbers abzuhalten war. Binnen 20 Tagen musste dann gem Abs 8 leg cit entschieden werden, ob Österreich für diesen Asylantrag zuständig ist. • Zweitens hatten Asylwerber gegen zurück- oder abweisende Beschlüsse nach § 24a Abs 7 Asylgesetz-Novelle 2003 keinen Abschiebeschutz mehr. Die Begründung lag darin, dass so doppelte Instanzenzüge umgangen werden konnten, was der Verfahrensbeschleunigung zugutekam. Zusätzlich ist zu erwähnen, dass Berufungen gegen die Abweisung von Anträgen die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, wenn sie „offensichtlich unbegründet“ waren (§ 32 Abs 2 Asylgesetz-Novelle 2003).228

Ernst Strasser war ebenso bekannt dafür, dass er gegen Nichtregierungsorganisationen arbeitete, die sich für Flüchtlinge einsetzten, anstatt mit ihnen zu kooperieren, was eigentlich seiner Kernaufgabe als Innenminister zuwiderläuft. Zusätzlich ließ er Falschmeldungen über deren Tätigkeiten publizieren, weswegen es aufgrund dessen zur Täuschung der Gesellschaft über Tatsachen bzgl der Flüchtlingssituation kam.229

Im Frühjahr 2004 erhoben sowohl die Wiener als auch die oberösterreichischen Landesregierungen sowie der UBAS eine Gesetzesbeschwerde, wobei der VfGH am 15.10.2004 in seinem Erkenntnis aussprach, dass das Asylgesetz Strassers tatsächlich zum Teil verfassungswidrig sei.230 Im Zuge dessen forderte Asyl in Not die Absetzung von Ernst Strasser, da laut des Obmannes des Vereins „[...] dieser Mann als Innenminister der demokratischen Republik Österreich untragbar sei.“231.

228 Vogl, Die jüngere Entwicklung im Bereich des Asyl- und Fremdenrechts, in: Fassmann, 2. Österreichischer Migrations- und Integrationsbericht 2001-2006, Verlag Drava (2007) 20. 229 Wesely, Pressesprecher Caritas der Erzdiözese Wien, Caritas: Wir machen keine falschen Hoffnungen, in: OTS0099 (2002), Vgl auch Wesely, Caritas: Aussagen von Innenminister Strasser werden zurückgewiesen, in: OTS0187 (2004). 230 VfGH 15.10.2004, G 237/03 ua; Vgl auch Vogl, in: Fassmann, 2. Österreichischer Migrations- und Integrationsbericht, 21. 231 Asyl in Not, Asyl in Not fordert Strassers Absetzung durch das Parlament, Internet: http://www.asyl-in- not.org/php/asyl_in_not_fordert_strassers_absetzung_durch_das_parlament,12306,4970.html (24.02.2017). 57 6.5. Amtszeit von Liese Prokop

Nach Strassers Rücktritt im Jahr 2004 folgte Liese Prokop232 in das Amt, deren Aufgabe va darin lag, die Fehler der verfassungswidrigen „Strasser-Novelle“ wieder auszubessern. Dafür sollte sie ein Asylgesetz schaffen, welches sowohl dem rechtsstaatlichen Prinzip Österreichs als auch jedweden Menschenrechtsbestimmungen entspricht.233 Doch auch sie führte im Laufe ihrer Amtszeit ein umstrittenes und heftig kritisiertes Fremdenrechtspaket (2005) ein, wobei va die Schubhaft-Bestimmung zu erwähnen ist.

Die Schubhaft nach dem „Prokopgesetz“, das am 1.1.2006 in Kraft trat, sollte als Sicherung von Verwaltungsmaßnahmen dienen, wonach gem § 76 Abs 2 Z2 FPG 2005 „Fremde“ eingesperrt werden konnten, wenn ein „Dublin-Verdacht“ vorlag. Dies war stets dann der Fall, wenn der Fremde sich bereits zuvor in einem anderen sicheren Land aufgehalten hatte, dessen Fingerabdruck dort im System gespeichert worden war, und sich dann erst nach Österreich begab. In diesem Zusammenhang ist darüber hinaus auch zu erwähnen, dass nach der früheren § 24b Asylgesetz-Novelle 2003 schwer traumatisierte Menschen sowie Folteropfer automatisch eine Zulassung zum Asylverfahren in Österreich erlangten. Diese Regelung erfuhr durch Prokops Gesetzesnovelle 2005 jedoch eine Änderung, denn dadurch konnten alle Personen, egal ob sie traumatisiert oder Folteropfer waren, im Falle eines Dublin-Verdachts in Schubhaft genommen werden.234 Eine neue Vorschrift (§ 15 FPG 2005) bestimmte zusätzlich, dass Asylwerber sogar während eines laufenden Verfahrens ausgewiesen werden konnten, wenn sie sich nicht pro-aktiv daran beteiligten.235

Der Obmann von Asyl in Not, Michael Genner, erkannte die Lage und statuierte die Schubhaftregelung als ein rein „rassistisches Verbrechen“. Die Schubhaft kann nämlich prinzipiell nur über Fremde verhängt werden und erfordert außerdem kein von ihnen begangenes Delikt. Da laut Österreichs Rechtslage keine österreichischen Staatsbürger ohne gerechtfertigten Grund eingesperrt werden dürfen, kommt es anhand der Schubhaftregelung zu

232 Parlament Republik Österreichs, Biographie von Liese Prokop, Internet: https://www.parlament.gv.at/WWER/PAD_25260/ (21.03.2017). 233 Die Grünen, Stoisits: Neue Innenministerin Prokop muss verfassungskonformes Asylgesetz vorlegen, in: OTS0022 (2004). 234 Langthaler/ Trauner, Zivilgesellschaftliche und politische Partizipation von Flüchtlingen und AsylwerberInnen in Österreich, Asylkoordination Österreich (2009) 38f, Internet: http://www.asyl.at/projekte/node/casestudy_oesterreich.pdf (04.03.2017). 235 Vogl, in: Fassmann, 2. Österreichischer Migrations- und Integrationsbericht, 25. 58 einer Unterscheidung zwischen „Sie“ und „Wir“ und dies bloß aufgrund von „rassischen“ Kriterien wie der Abstammung und der Nation.236

Es wurde von mehreren Flüchtlingsschutzorganisationen, darunter Asyl in Not und dem Verein SOS Mitmensch, der Rücktritt von Liese Prokop als Innenministerin gefordert, nachdem im Winter 2005 ein weiterer schockierender Vorfall bekannt wurde. Dabei handelte es sich um einen jungen Gambier, der in der Schubhaft in Linz ums Leben kam, wobei dieser Fall im folgenden Kapitel 7 noch eine genauere Analyse erfahren wird.237

6.6. Amtszeit von Günther Platter

Nachdem Liese Prokop Ende des Jahres 2006 verstorben war, wurde Günther Platter neuer Innenminister Österreichs, der von Anfang 2007 bis Juni 2008 im Amt war.238 Während dieses Zeitraumes kam es zu einem enormen Rückstau von rund 29.000 unerledigten Asylanträgen in der zweiten Instanz.239 Es war offensichtlich, dass eine effektive Beschleunigung des Asylverfahrens dringend vonnöten war, weshalb die Errichtung des AsylGH im Jahr 2008 in die Amtszeit Platters fiel.240 Der Gesetzesentwurf löste jedoch vorerst äußerst kritische Meinungen aus, denn darin sollte jedem einzelnen Asylwerber der Gang zum VwGH verwehrt werden. Diesbezüglich wurden sogar von Seiten des UNHCR-Büros (UN Flüchtlingskommissariat) in Wien Bedenken geäußert.241 Schlussendlich wurde das Asylverfahren ab 1. Juli 2008 so geregelt, dass der VwGH nur noch vom AsylGH angerufen werden konnte und dies auch nur bei sog Grundsatzentscheidungen, die bereits im Kapitel 5.1. eine Erläuterung fanden. Außerdem stand es dem Innenminister gemäß der damaligen Bestimmung Art 129e B-VG zu eine Grundsatzentscheidung zu erwirken.242

236 Asyl in Not, Schubhaft: ein rassistisches Verbrechen, Internet: http://www.asyl-in- not.org/php/schubhaft,14024,9372.html (28.02.2017). 237 Asyl in Not, NGOs fordern: Prokop muss weg! Internet: http://www.asyl-in- not.org/php/ngos_fordern_prokop_muss_weg_,12313,5436.html (01.03.2017). 238 Parlament Republik Österreichs, Biographie von Günther Platter, Internet: https://www.parlament.gv.at/WWER/PAD_02827/ (01.03.2017). 239 Ruprechtsberger, Caritas Österreich-Kommunikation, Küberl zu Asylverfahren: "Beschleunigung allein ist zu wenig", in: OTS0146 (2007). 240 Thienel/ Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 44. 241 UN Refugee Agency-Wien, Asyl: UNHCR-Analyse fertig - "VwGH-Zugang nur einschränken, in: OTS0138 (2007), Internet: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20071123_OTS0138/asyl-unhcr-analyse-fertig- vwgh-zugang-nur-einschraenken (07.04.2017). 242 BM.I, Asylwesen, Internet: http://www.bmi.gv.at/cms/bmi_asylwesen/informationen/start.aspx (07.03.2017). 59 Ebenfalls erwähnenswert ist ein zu dieser Zeit veröffentlichter Skandal, wobei es sich um Absprachen zwischen dem UVS Niederösterreichs und der Fremdenpolizei handelte. Bestätigt werden konnte dies durch das Resümeeprotokoll der fremdenpolizeilichen Besprechung der Sicherheitsdirektion Niederösterreich vom 18.12.2007.243 Darin kam zum Ausdruck, dass Frau Dr. Zakovsek (UVS Niederösterreich) der Fremdenpolizei erklärte, dass der UVS ihre Bescheide in Bezug auf die Schubhaftbestimmung nach § 76 Abs 2 FPG 2005 „in Zukunft nicht mehr halten können wird.“ Die besagte Rechtsvorschrift bestimmte nämlich, dass die örtlich zuständige Fremdenpolizei über einen Asylwerber „[...] aus Zwecken der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder zur Sicherung einer Abschiebung Schubhaft [...]“ verhängen kann, wenn „[...] gegen ihn eine durchsetzbare Ausweisung - wenn auch noch nicht rechtskräftig - erlassen wurde, gegen ihn ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde oder anzunehmen war, dass Österreich für den Antrag nicht zuständig sei.“244. Aufgrund dessen kam es zu etlichen Beschwerden an den VwGH, welcher die Bescheide der Fremdenpolizei wegen Rechtswidrigkeit aufhob. Dies erfolgte deshalb, weil die Fremdenpolizei zu oft von ihrer Kompetenz in ungerechtfertigter Weise Gebrauch gemacht hatte. Denn bereits im Jahr 2007 hatte der VwGH in seinem Erkenntnis statuiert, dass die Bestimmung § 76 Abs 2 FPG 2005 im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auszulegen sei. Deswegen müsse stets eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Verfahrenssicherung als auch der Schonung der persönlichen Freiheit des Asylwerbers stattfinden, bevor ein Asylwerber in Schubhaft angehalten werde.245

Zusätzlich wurde aus dem Resümeeprotokoll noch bekannt, dass der damalige Sicherheitsdirektor der Generaldirektion der öffentlichen Sicherheit, Mag. Reischer, während der Besprechung betonte, „[...] dass sich die Fremdenpolizei nicht entmutigen lassen solle“. Er statuierte weiters, „[...] dass die Fremdenpolizei auch weiterhin nach § 76 Abs 2 FPG 2005 Schubhaft verhängen werde.“246. Daraus resultierte die Kenntnis, dass sogar die Sicherheitsdirektion des BM.I, unter der Leitung des Innenministers Platter, die Beamtenschaft dazu aufforderte, der Judikatur der Höchstgerichte Österreichs zuwiderzuhandeln.

243 Reischer, Sicherheitsdirektion Niederösterreich, Fremdenpolizeiliche Besprechung vom 18.12.2007, Internet: http://www.asyl-in-not.org/uploads/protokoll_der_fremdenpolizei-18-12.07.pdf (04.03.2017). 244 § 76 Abs 2 FPG 2005. 245 VwGH 27.02.2007, 2006/21/0311. 246 Asyl in Not, Asyl in Not veröffentlicht brisantes Protokoll der Fremdenpolizei, Internet: http://www.asyl-in- not.org/php/asyl_in_not_veroeffentlicht_brisantes_protokoll_der_fremdenpolizei,16137,13330.html (04.03.2017). 60 6.7. Amtszeit von Mag. Dr. Maria Fekter

Nach Günther Platter war von 2008 bis 2011 Frau Mag. Dr. Maria Fekter im Amt des Innenministeriums.247 Unter ihr als Innenministerin erfolgte abermals eine Verschärfung des Asylrechts anhand der Fremdenrechtsnovellen im Jahr 2009 sowie 2011, wodurch zB die Schubhaftbestimmung noch „effizienter“ gestaltet wurde. Dementsprechend wurde der neue Abs 2a in die Bestimmung § 76 FPG eingefügt. Asylwerber konnten somit gleich von Beginn ihres Verfahrens an in Schubhaft angehalten werden, wenn ein „Dublin-Fall“ anzunehmen war. Gemäß § 47 FPG 2005 konnte ihnen zu Beginn des Verfahrens eine sog Gebietsbeschränkung auferlegt werden, weswegen sie das Gebiet der jeweiligen Bezirksverwaltungsbehörde nicht verlassen durften. Diese stetige Anwesenheit der Asylwerber in den Erstaufnahmezentren stellte laut BM.I eine wesentliche Verfahrenserleichterung dar. Hatten sie gegen diese Bestimmung verstoßen, konnten sie nunmehr durch die Novelle 2009 sofort in Schubhaft gebracht werden.248 Daraus resultierte, dass ihnen dadurch der Weg zum Rechtsbeistand verwehrt wurde, wodurch sie meist abgeschoben wurden ohne dagegen Beschwerde erheben zu können. Hauptsächlich wurde hiermit eine wesentliche Verfahrensbeschleunigung erzielt, welche für die Behörden zu diesem Zeitpunkt von Vorteil war.249

Sogar von Seiten des damaligen Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR), António Guterres, wurde Kritik bezüglich der Asylpolitik Österreichs geäußert. Seiner Meinung nach war das Asylverfahren in Österreich mit zu viel „Haft“ belastet und laut ihn sollte das Rechtshilfesystem verbessert werden.250 Im Jahr 2009 und 2011 fanden in Wien zwei große Demonstrationen gegen die Novellierungen von Fekter statt, die von mehreren NGOs organisiert wurden.251

247 Parlament Republik Österreichs, Biographie von Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Internet: https://www.parlament.gv.at/WWER/PAD_00311/index.shtml (05.03.2017). 248 BM.I, Fachgespräch mit Innenministerin Maria Fekter am 10. Juni 2009, 9, Internet: http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_Service/Aus_dem_Inneren/Fremdenwesen.pdf (05.03.2017). 249 Asyl in Not, Kundgebung (20. Oktober 2009), Internet: http://www.asyl-in- not.org/php/kundgebung_20_oktober_2009,17595,21307.html (05.03.2017). 250 Die Presse, UN-Flüchtlingskommissar: Zu viel Haft in Österreich, Internet: http://diepresse.com/home/innenpolitik/557491/UNFluechtlingskommissar_Zu-viel-Haft-in- Oesterreich?from=suche.intern.portal (05.03.2017). 251 Genner, in: Volksstimme, 29. 61 6.8. Amtszeit von Mag. Johanna Mikl-Leitner

Im Endeffekt wurde damit erreicht, dass Maria Fekter im April 2011 als Innenministerin zurücktrat und ihr Mag. Johanna Mikl-Leitner252 ins Amt folgte, die jedoch die verschärften Asylregelungen von Fekter fortsetzte.253 Im Laufe der Amtszeit Mikl-Leitners wurde sie ebenfalls wie die meisten ihrer Vorgänger für ihre fremdenfeindliche Vorgehensweise bekannt. Beispielsweise unterstellte Mikl-Leitner den Asylwerbern, dass sie mit Sicherheit einen Teil ihrer von Österreich monatlich gewährten Taschengelder in Höhe von stolzen € 40 an ihre Verwandten nach Hause schicken würden.254 Darüber hinaus wurden zahlreiche Vorfälle veröffentlicht, aus denen die Erkenntnis resultieren konnte, dass das Innenministerium den Forderungen der rechtspopulistischen Partei (FPÖ) mit ihrer Anti-Asyl-Agitation nachkomme.255 In ihre Amtszeit fiel die im Jahr 2014 in Kraft getretene Verwaltungsrechtsreform von 2012, wodurch das BFA geschaffen wurde.

Besonders hervorzuheben ist die Flüchtlingswelle Europas im Jahr 2015, bei der sich die Regierung vehement für eine Flüchtlings-Obergrenze in Österreich einsetzte. Demgemäß konnten maximal 80 Asylanträge pro Tag an der Grenze im Süden Österreichs eingebracht werden, außerdem durften täglich maximal 3.200 Grenzübertritte von Personen stattfinden, die in Österreich um Asyl ansuchen wollten. Dafür wurde beispielsweise in Spielfeld ein Grenzzaun errichtet, um das Management bezüglich der Tageskontingente zu gewährleisten.256 Im Frühjahr 2016 prüften zwei Rechtsexperten die Regelung auf ihre Konformität, wobei sich herausstellte, dass eine Flüchtlingsobergrenze sowohl gegen das österreichische Verfassungsrecht, das Völkerrecht als auch gegen Menschenrechte verstoße.257

Außerdem fand im Jahr 2016 eine weitere Novellierung des Asylrechts statt, wodurch sich die rechtlichen Bedingungen der Asylwerber und der Flüchtlinge wiederum gravierend verschlechterten. Österreichs Asylgesetz zählt nunmehr zu einem der striktesten in ganz

252 Parlament Republik Österreich, Mag. Johanna Mikl-Leitner, Internet: https://www.parlament.gv.at/WWER/PAD_08214/ (06.03.2017). 253 Pollak, SOS Mitmensch: Neues Fremdenrecht wird Welle an sozialen und menschlichen Härtefällen bringen, in: OTS0323 (2011). 254 Parlament Republik Österreichs, Biographie von Mag. Johanna Mikl-Leitner, Internet: https://www.parlament.gv.at/WWER/PAD_08214/ (21.03.2017). 255 Pollak, SOS Mitmensch: Innenministerium fördert die FPÖ, in: OTS0011 (2012). 256 Wallner, A., BM.I, Wiener Sicherheitsgespräche zu den Themen Asyl, Migration und Integration, in: OTS0164 (2016). 257 Parlamentsklub der NEOS, NEOS: Nach negativem Obergrenzen-Gutachten braucht es einen neuen nationalen Aktionsplan, in: OTS0244 (2016); Vgl auch Asyl in Not, Das Recht wird abgeschafft, Internet: http://www.asyl-in-not.org/php/das_recht_wird_abgeschafft,21348,39971.html (05.03.2017). 62 Europa.258 Denn den Asylwerbern steht gem § 3 Abs 4 AsylG gF vorerst nur ein auf drei Jahre befristetes Aufenthaltsrecht in Österreich zu, welches bloß in den Fällen verlängert wird, wenn die Voraussetzungen für die Einleitung eines Asylverfahrens danach noch vorliegen. Dieses sog „Asyl auf Zeit“ liefert laut Caritas reichlich bürokratischen Aufwand, wodurch faire Verfahren verhindert werden, weshalb auch gegen das Grundrecht auf ein faires Verfahren (Kap 7.1.1.) verstoßen werde. Zusätzlich erschwere eine Befristung der Aufenthaltsberechtigung die Integration von Asylwerbern, da damit gerechnet werden müsse, wieder abgeschoben zu werden.259 Des Weiteren ist erwähnenswert, dass es jenen Asylwerbern, die bereits ein befristetes Aufenthaltsrecht haben, gem § 35 Abs 2 AsylG gF, erst nach drei Jahren möglich ist, ihre Familienangehörigen nach Österreich nachzuholen. Auch diese Regelung steht in scharfem Kontrast zur Idee der Integration von Asylwerbern, wie sie auch dem Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Kap 7.1.3.) zuwiderläuft.260 Darüber hinaus ist die sog „Notfallverordnung“ der Regierung gem §§ 37 bis 41 AsylG gF zu nennen. Demnach behält sich Österreich das Recht vor, direkt an der Grenze gestellte Asylanträge abzulehnen, wenn ein Notstand droht oder solch einer bereits besteht. In diesem Fall soll anhand einer Vor-Ort-Überprüfung kontrolliert werden, ob zwingende Gründe im Hinblick auf europa- oder menschenrechtliche Vorschriften vorliegen, die bestimmen, dass Österreich doch verpflichtet wäre einen Asylantrag zu bearbeiten. In sonstigen Fällen stünde es nach der VO frei, die Flüchtlinge zurück in die Nachbarländer zu schicken, wodurch so viele Asylanträge wie möglich verhindert werden können, was in krassem Widerspruch zum Recht auf Asyl gem Art 14 AEMR steht. Die Regierung stützt sich in Bezug auf die Maßnahmen jedoch auf die Rechtfertigungsgründe der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit.261

Im April 2016 beendete Johanna Mikl-Leitner ihre Arbeit im Bundesministerium für Inneres und Mag. übernahm, der bis dato als Innenminister tätig ist.262

258 Österreichischer Integrationsfonds, Asyl auf Zeit, Internet: http://www.integrationsfonds.at/monitor/detail/article/asyl-auf-zeit/ (22.03.2017). 259 Caritas, Caritas bringt Stellungnahme zu angekündigten Asylverschärfungen ein, Internet: https://www.caritas.at/aktuell/news/detail/news/74468-caritas-bringt-stellungnahme-zu-angekuendigten- asylverschaerfungen-ein/ (22.03.2017). 260 Caritas Steiermark, Massive Verschärfung des Asylrechts ist Abkehr von humanitärer Tradition, Internet: https://www.caritas-steiermark.at/aktuell/news/news-detailansicht/news/74526-massive-verschaerfung-des- asylrechts-ist-abkehr-von-humanitaerer-tradition/ (22.03.2017). 261 Amnesty International, Asyl-Sonderverordnung, Internet: https://www.amnesty.at/de/asyl- sonderverordnung/?filter=first-6 (22.03.2017). 262 BM.I, Bundesminister für Inneres, Mag. Wolfgang Sobotka, Internet: http://www.bmi.gv.at/cms/bmi_minister/ (06.03.2017). 63 7. Rassistische Vorfälle in der Asylpolitik Österreichs und deren Analyse im Lichte der Grundrechte

Wie bereits im Kapitel 1.1. erläutert, sind Asylwerber sowie Flüchtlinge „Fremde“ in Österreich, die jedoch laut Judikatur des VfGH vom Gleichheitsgrundsatz geschützt werden. Darüber hinaus wurde erwähnt, dass sie in der Unterzahl zur allgemeinen österreichischen Bevölkerung stehen, weswegen sie ihnen gegenüber als Minderheit gelten. Dies ist zurückzuführen auf die ethnische Herkunft, andere Sprache oder in manchen Fällen auf die Hautfarbe etc. Im Kapitel 6 wurden sämtliche Innenminister Österreichs seit den frühen 1990er- Jahren, die während ihrer Amtszeit jeweils wegen ihrer fremdenfeindlichen Einstellung ins Licht gerückt sind, samt ihren Novellierungen vorgestellt. In der Folge werden zahlreiche, zT bereits angesprochene, Vorfälle aus der Asylpraxis im Lichte der Grundrechte analysiert. Anhand dieser Analyse lässt sich ableiten, dass Ausländer in einer strukturelleren Weise diskriminiert werden und ihnen der Zugang zu ihren Grundrechten wesentlich erschwert bzw sogar verhindert wird. Erwähnenswert ist, dass diese Ungleichbehandlungen ihren Ursprung meist in der obersten Verwaltungsbehörde, dem Bundesministerium für Inneres, haben. Des Weiteren spielt das Justizministerium eine große Rolle in der Asylgesetzgebung.263

Nach der österreichischen Bundesverfassung besteht die Bundesverwaltung aus dem „Ministerialsystem“ bzw dem sog „Ressortsystem“.264 Dies bedeutet, dass ein Ressort der Verwaltung von einem einzelnen Bundesminister geregelt wird. Nach dem Bundesministeriengesetz265 fallen hiermit ua das Fremdenwesen und Asylrecht in den Kompetenzbereich des BM.I. Ebenso ist auf das hierarchische Verwaltungsmodell Österreichs einzugehen, wonach alle nachgeordneten Verwaltungsorgane unter der Leitung und Aufsicht der obersten Verwaltungsbehörden stehen.266 Dies spiegelt sich im sog „Weisungsprinzip“ gem Art 20 B-VG wider, weshalb va das BFA sowie die Betreuungsstellen und Verteilerquartiere etc der Weisungspflicht des BM.I unterstehen.267 Laut dem Rechtsreformer und früheren Justizminister Christian Broda gibt es zusätzlich eine sog „Weisungspflicht“. Dies beruhe darauf, dass die einzelnen Bundesminister für ihr Schaffen sowohl gegenüber dem Parlament

263 Vgl Götzelmann, in: Tálos/ Fink, Politik und Zeitgeschichte, 164. 264 Öhlinger/ Eberhard, Verfassungsrecht10 Rz 498. 265 Bundesgesetz über die Zahl, den Wirkungsbereich und die Einrichtung der Bundesministerien (Bundesministeriengesetz 1986 - BMG), BGBl Nr 76/1986. 266 Öhlinger/ Eberhard, Verfassungsrecht10 Rz 510. 267 Feik, in: Bachmann/ Baumgartner/ Feik/ Fuchs/ Giese/ Jahnel/ Lienbacher, Besonderes Verwaltungsrecht11 155. 64 als auch dem Volk verantwortlich sind. Deshalb gehöre es, laut Michael Genner, zu einer ihrer Pflichten die ihnen untergeordnete Beamtenschaft zu erziehen, damit sie menschenrechts- und verfassungskonform handeln.268

Während der Amtszeit Franz Löschnaks war bloß eine Bundesbehörde, das BAA, mit Außenstellen in den Bundesländern eingerichtet, die in erster Instanz gem § 10 Asylgesetz 1991 für Asylsachen zuständig war. Als zweite Instanz fungierte nach § 20 Abs 1 leg cit bereits der Innenminister persönlich, weshalb dazumal eine zweite unabhängige Behörde fehlte, die über Berufungen der Asylwerber völlig ungebunden und vorurteilsfrei entscheiden konnte.269 Demnach lag es auf der Hand, dass der damalige Innenminister von den Standpunkten der erstinstanzlichen Behörden selten abwich, aufgrund seiner bereits im Kapitel 6.2. erwähnten fremdenfeindlichen Vorgehensweise. Durch Löschnaks Reform sollte das Asylverfahren wesentlich beschleunigt werden, weshalb es aufgrund dessen beim VwGH zu Häufungen an Beschwerden kam, die jeweils auf Verfahrensmängel der erstinstanzlichen Behörden gestützt wurden. Denn gerade weil der Innenminister als zweite Instanz fungierte, wurde zu oft über Fehler hinweggesehen. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise eine Aussage Löschnaks an eine Sachbearbeiterin des BAA nennenswert, die dem Verein Asyl in Not im Zuge eines persönlichen Gesprächs anvertraut wurde. Laut dieser pflegte der Innenminister nämlich zu den Mitarbeitern des BAA zu sagen: „Macht’s es, wia’s wollt’s, aber macht’s es negativ.“270. Dementsprechend ist zu hinterfragen, inwieweit das Grundrecht auf ein faires Verfahren von Asylwerbern gewährleistet wurde.

7.1.1. Grundsatz des fairen Verfahrens

Der Grundsatz auf ein faires Verfahren im weiteren Sinne ist pauschal im Art 6 EMRK verankert, der drei Regelungsbereiche beinhaltet: erstens die Organisationsgarantien, zweitens das Recht auf den Zugang zum Gericht und drittens die Verfahrensgarantien im engeren Sinne.271 Obwohl in dieser Bestimmung stets die Rede von „Gerichten“ ist, fallen auch sonstige staatliche Einrichtungen darunter. Dabei ist jedoch Voraussetzung, dass diese die Kompetenz

268 Genner, Eine neue Bewegung, in: Bierdel/ Lakitsch, Flucht und Migration, 173. 269 Langthaler/ Trauner, Zivilgesellschaftliche und politische Partizipation von Flüchtlingen und AsylwerberInnen in Österreich, 6, Internet: http://archiv.asyl.at/projekte/node/studie.pdf (23.03.2017). 270 Genner, in: Bierdel/ Lakitsch, Flucht und Migration, 170. 271 Grabenwarter/ Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention6 § 24 Rz 28. 65 innehaben, im Zuge eines geregelten Verfahrens, das mit den entsprechenden Garantien ausgestattet ist, über den besagten Anspruch zu entscheiden. Somit fallen unter den autonomen „Gerichtsbegriff“, der vom EGMR eine weite Auslegung erfahren hat, auch Verwaltungsbehörden.272 Wie bereits im Kap 2.2.4. ausgeführt, stellen die Rechte nach der EMRK Jedermannsrechte dar, weswegen Art 6 leg cit jedem, egal ob Staatsbürger oder „Fremder“, zusteht. Darüber hinaus handelt es sich dabei um eine Verfassungsbestimmung, weswegen im Falle einer Verletzung dieses Grundrechts eine Anrufung des Verfassungsgerichtshofs möglich ist.273

Unter die oa Organisationsgarantien fallen va die Prinzipien der Unabhängigkeit sowie die Unparteilichkeit eines Gerichts. In Bezug auf die Unabhängigkeit ist darauf Bedacht zu nehmen, dass dessen Mitglieder ihre Entscheidungen frei von äußeren Beeinflussungen zu treffen haben.274 Da eine hierarchische Gliederung noch nicht automatisch ein Indikator für die Unabhängigkeit von Behörden ist, muss stets eine Einzelfallbeurteilung vorgenommen werden, ob dienstrechtliche Bindungen Entscheidungen behindern. Der EGMR beurteilte zB in der Causa Lauko gegen Slowakei, dass die Exekutive die Mitglieder der Behörde in einem solchen Ausmaß kontrolliert hatte, dass es ihnen unmöglich war, völlig unabhängig entscheiden zu können.275 Im oa Beispiel ist ebenso davon auszugehen, dass die Mitglieder des BAA durch solche Weisungen vom BM.I einem enormen Druck ausgesetzt waren. Dies ist gleichzusetzen mit einer gewissen Kontrollsituation, weswegen ihnen dadurch die Möglichkeit eine komplett freie und unabhängige Entscheidung zu treffen, verwehrt wurde.

Unter die Verfahrensgarantien ieS fallen etliche Teilgarantien des Grundsatzes auf ein faires Verfahren nach Art 6 Abs 1 EMRK, wobei die Ansprüche jeder Person stets unter denselben Bedingungen zu verhandeln sind. Dazu zählen etwa die Verfahrensgrundsätze des rechtlichen Gehörs, das Gebot der angemessenen Verfahrensdauer, das Recht auf Beiziehung eines Dolmetschers sowie die Unschuldsvermutung. Das rechtliche Gehör wird einem Anspruchsberechtigten im Verfahren gewährt, wenn er die Möglichkeit hat, Kenntnis vom Akteninhalt zu bekommen. Zusätzlich steht ihm zu, dass die Entscheidungen der Gerichte bzw Behörden begründet werden.276 Außerdem darf das Verfahren nicht unangemessen lange dauern, bis in einer Sache entschieden wird. In diesem Zusammenhang hat der EGMR in seiner

272 EGMR, 29. April 1988, Beschwerde Nr 10.328/83 (Belilos gegen Schweiz). 273 Öhlinger/ Eberhard, Verfassungsrecht10 Rz 959. 274 Grabenwarter/ Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention6 § 24 Rz 34, 41. 275 EGMR, 2. September 1998, Beschwerde Nr 26.138/95 (Lauko gegen Slowakei). 276 Grabenwarter/ Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention6 § 24 Rz 66ff. 66 ständigen Rechtsprechung judiziert, dass das Gebot der angemessenen Verfahrensdauer demnach erfüllt ist, wenn anhand einer Einzelfallbeurteilung vier Kriterien berücksichtigt werden:

• Erstens ist darauf Bedacht zu nehmen, welche Bedeutung die Sache für den Beschwerdeführer darstellt. Je mehr die Sache für ihn wiegt bzw je eklatanter die Rechtsverletzung aufgrund des Grundrechtseingriffs ist, desto kürzer das Verfahren. • Zweitens wird die Komplexität des Verfahrens berücksichtigt. • Darüber hinaus ist auch das Verhalten des Beschwerdeführers von Bedeutung, ob es durch ihn zu einer Verfahrensverschleppung kommt oä.277

Daraus resultiert die Erkenntnis, dass ein Asylverfahren aus der Sicht einer Behörde durchaus schwierig zu führen ist, es jedoch aus der Sicht eines Betroffenen so schnell wie möglich abzuschließen wäre. Im Laufe der Zeit kam es, wie bereits im Kapitel 6.6. erwähnt, zu einer enormen Überlastung der Behörden sowie der Gerichte. Dennoch stellt dieses Prinzip ein Grundrecht dar, das jedem zusteht und zu gewähren ist. Demgemäß ist es primär Aufgabe des Gesetzgebers angemessene Rechtsvorschriften zu erlassen, damit es den Behörden möglich ist, alle Verfahrensgrundsätze wirksam zu gewährleisten.

Des Weiteren ist im Zusammenhang mit Art 6 Abs 3 lit e EMRK das Recht auf Beiziehung eines Dolmetschers zu nennen. Demgemäß steht jeder Person, deren Deutschkenntnisse für ein Verfahren nicht ausreichen, kostenlos ein Übersetzer zu. Dieses Recht beschränkt sich nicht nur auf Verhandlungen, sondern erstreckt sich auch darauf, dass jedes für den Beschwerdeführer maßgebende Dokument in dessen Muttersprache übersetzt werden muss.278 In diesem Zusammenhang ist ein Beispiel aus der österreichischen Praxis zu erwähnen, wobei es sich um einen nigerianischen Staatsbürger handelte, der 2001 in Österreich Asyl beantragt hatte. Im Laufe seines Berufungsverfahrens stellte sich heraus, dass dem UBAS damals schwere Verfahrensfehler unterlaufen waren, denn die Verhandlung fand damals aufgrund des Nichterscheinens ohne einen „allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Dolmetscher“279 statt. Da keine Vertagung der Verhandlung stattfand, wie eigentlich dafür vorgesehen, wurde der Asylwerber durch den Verhandlungsleiter selbst auf Englisch einvernommen. Der VwGH sprach in seinem Erkenntnis280 im Jahr 2006 aus, dass in casu Art

277 Grabenwarter/ Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention6 § 24 Rz 82. 278 EGMR, 12. Dezember 1989, Beschwerde Nr 9783/82 (Kamasinski gegen Österreich). 279 BM.I, Handbuch zum Dolmetschen im Asylverfahren (2006) 38. 280 VwGH 21.12.2006, 2005/20/0267. 67 39a AVG durch das zur Entscheidung berufene Mitglied der Berufungsbehörde verletzt worden sei. Denn bei einem Asylverfahren muss nach dem AsylG ein faires Verfahren garantiert werden, weswegen es laut VwGH nicht damit zu vereinbaren sei, wenn ein- und dieselbe Person die Entscheidung und zusätzlich auch die Funktion eines Übersetzers bei der Befragung innehat.281

Während der Amtszeit Strassers ist vom Fall einer afghanischen Frau zu berichten, die mit ihrer Tochter nach Österreich flüchtete, um dort zu arbeiten sowie ihrer Tochter eine Zukunft zu ermöglichen. Im Jahr 2003 wandte sie sich an Asyl in Not und legte dem Verein ihre Leidensgeschichte dar. Ihre Flucht begründete sie damit, dass das Leben für sie als Frau in Afghanistan untragbar sei, da sie es generell ablehne einen Schleier zu tragen. Zusätzlich wollte sie dem Terror der Islamisten entkommen, da ihr Vater sogar ermordet worden sei. Asyl in Not begleitete sie zu ihrer Einvernahme beim BAA, wobei der zuständige Beamte keinerlei Verständnis für das Fluchtvorbringen der Afghanin aufbrachte. Im Gegensatz dazu wurde sie sogar Opfer des Gespötts des Beamten, da er der Annahme war, dass „das Asylgesetz eine Hure“ sei. Michael Genner erkundigte sich, wie diese Aussage zu interpretieren sei. Daraufhin meinte der Beamte, dass das österreichische Asylgesetz in einem Fall wie diesem einen missbräuchlichen Antrag erlaube und das in anderen Ländern nicht passieren könne, da dort eine sofortige Abschiebung erfolge.282

In die Amtszeit Prokops fällt in diesem Zusammenhang beispielsweise der Fall des Asylwerbers Herrn L. aus Tschetschenien, eines Klienten von Asyl in Not aus dem Jahr 2005. Er wurde früher in seiner Heimat von den Russen sowie von islamischen Extremisten verfolgt und gefoltert, weswegen er an einer posttraumatischen Belastungsstörung litt. Im Jahr 2004 kam er das erste Mal nach Österreich, stellte dort einen Asylantrag, der jedoch zurückgewiesen wurde. Obwohl sogar nach der damaligen Rechtslage unter Strasser Traumatisierte und Folteropfer vom sog Dublin-Fall ausgenommen waren, fand nie eine ärztliche Untersuchung von Herrn L. statt, um zu überprüfen, ob er gesund sei oder nicht. Im Gegenteil, es folgte sogleich seine Abschiebung in die Slowakei. Von dort aus flüchtete er wieder zurück nach Österreich, weil bekannt war, dass Tschetschenen in der Slowakei von den Russen verfolgt wurden. Zumal feststand, dass zu dieser Zeit tschetschenische Flüchtlinge eine 0-Prozent-

281 RIS-Justiz, RS 2005/20/0267-2. 282 Asyl in Not, Zu Strasser fällt mir nichts mehr ein, Internet: http://www.asyl-in- not.org/php/zu_strasser_faellt_mir_nichts_mehr_ein,12305,4935.html (08.03.2017). 68 Chance auf Gewährung von Asyl in der Slowakei hatten.283 Im Jahr 2005, als Herr L. zum zweiten Mal nach Österreich kam und erneut einen Asylantrag stellte, wurde dieser wiederum zurückgewiesen, ohne einen Arzt zur Begutachtung hinzugezogen zu haben. Dies war der Zeitpunkt, an dem sich Herr L. erstmalig an Asyl in Not wandte, die eine Berufung beim UBAS einbrachten. Diese kam jedoch zu spät, weil Herr L. bereits während offener Frist abgeschoben worden war. Auch in Folge wurde die Berufung abgewiesen, da der UBAS der festen Überzeugung war, die Slowakei sei ein sicherer Staat. Jedoch gehört es, wie im Kap 5.3. erwähnt, nach der ständigen Judikatur des VfGH zur Pflicht von Behörden, nachzuprüfen, ob ein Staat für denjenigen Asylwerber ein sicherer Staat ist oder ob dessen Abschiebung gegen das Refoulement-Verbot verstößt. Zumal der UBAS im Jahr 2004 festgestellt hatte, dass die Slowakei sowohl aufgrund des ineffektiven Rechtsschutzsystems als auch aufgrund der sog „Kettenabschiebungen“, die den Flüchtlingen dort drohen, nicht zu einem „sicheren Staat“ gehöre.284 Ein weiteres Mal flüchtete Herr L. nach Österreich zu seinen Geschwistern nach Niederösterreich, die ihn versorgten, weil er aufgrund seines psychischen Zustandes auf deren Hilfe angewiesen war. Seine Verwandten waren es auch, die mit ihm einen psychiatrischen Facharzt aufsuchten, der eine schwere posttraumatische Belastungsstörung feststellte. Er brachte daraufhin mithilfe von Asyl in Not einen dritten Asylantrag ein, mit der Begründung, dass ein neuer Sachverhalt eingetreten sei und demnach eine abermalige Abschiebung gegen Art 3 und Art 8 EMRK verstoße. Denn im Jahr 2003 hatte der VwGH in seinem Erkenntnis ausgesprochen, dass eine Asylbehörde einen Asylantrag nur dann zurückweisen dürfe, wenn damit weder eine Verletzung des Art 3 noch Art 8 EMRK verbunden ist.285 In Folge gestand die zuständige Erstaufnahmestelle ihre Fehler in den vorherigen Verfahren sowie die Fehlentscheidung des UBAS ein und Herr L. wurde zum Asylverfahren zugelassen.286

7.1.2. Non-Refoulement-Prinzip

Das sog Non-Refoulement-Prinzip bzw der Grundsatz der Nichtzurückweisung ist in der GFK sowie in der EMRK verankert. Art 33 Abs 1 GFK besagt, dass „[...] keiner der

283 Vgl Länderbericht Slowakische Republik, 122, Internet: http://www.asyl.at/projekte/icf_slowakei.pdf (06.03.2017). 284 UBAS 20.01.2004, Zl 237.064. 285 VwGH 18.02.2003, 99/01/0446. 286 Asyl in Not, Leidensweg eines Folteropfers, Internet: http://www.asyl-in- not.org/php/leidensweg_eines_folteropfers,12307,5001.html (06.03.2017). 69 vertragschließenden Staaten einen Flüchtling auf irgendeine Weise über die Grenzen von Gebieten ausweisen oder zurückweisen wird, in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde.“287. Demgemäß wird anhand dieser Bestimmung ein Mindestmaß an Schutz vor Verfolgung gewährleistet, das von allen Vertragsstaaten eingehalten werden muss.288

Unter dem Art 3 EMRK ist eigentlich das Verbot der Folter, der unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung zu verstehen. Darunter wird jedoch auch das Verbot der Zurückweisung in Länder subsumiert, in denen jemandem eine solche Behandlung widerfahren würde. Laut Urteil des EGMR stellt der Art 3 EMRK ein absolutes Recht dar, weswegen jeder Eingriff in einer Verletzung des Grundrechts resultiert.289 In dessen Schutzbereich sind die psychische sowie die physische Integrität eines jeden einzelnen Grundrechtsträgers erfasst. Dabei stellt die Folter den größten Eingriff dar, worunter eine absichtliche, besonders unmenschliche Behandlung, bei der ein Mensch grausames Leiden ertragen muss, verstanden wird. Eine unmenschliche Behandlung ist eine mildere Kategorie, die dennoch ein schweres Leiden verursachendes sowie furchteinflößendes Verhalten darstellt. Eine erniedrigende Behandlung bzw Strafe liegt dann vor, wenn jemandem in Wirklichkeit kein körperlicher Schaden zugefügt wird, sondern er einem demütigendem Verhalten ausgesetzt ist.290

Im Beispiel von Herrn L. ist darauf Bedacht zu nehmen, dass er damals in seiner Heimat von den Russen gefoltert worden war, weshalb er über die Slowakei nach Österreich flüchtete, woraufhin ihn Österreich aufgrund der Dublin-Regelung wieder dorthin zurückschickte. Dies erfolgte, obwohl bekannt war, dass Tschetschenen in der Slowakei von den Russen verfolgt wurden und ihnen dort eine Kettenabschiebung drohte. Die ständige Rechtsprechung des VfGH betrachtend, ist dieser Fall deswegen unter das Refoulement-Verbot zu subsumieren.291 Denn Österreich wäre dazu verpflichtet gewesen, Herrn L. das Mindestmaß an Schutz vor Verfolgung zu bieten, aufgrund der Vertragsverpflichtungen in Bezug auf die GFK sowie aufgrund der Implementierung der EMRK in nationales Recht (siehe Kap 5.3.).

287 Art 33 Abs 1 GFK. 288 Graf Vitzthum/ Proelß, Völkerrecht6 Rz 305. 289 EGMR, 15. November 1996, Beschwerde Nr 22.414/93 (Chahal gegen Großbritannien). 290 Grabenwarter/ Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention6 § 20 Rz 42-48. 291 Öhlinger/ Eberhard, Verfassungsrecht10 Rz 753; Vgl VfGH 15.10.2004, G237/03 ua. 70 Im weiter oben erläuterten Fall der afghanischen Frau, die in ihrer Heimat verfolgt worden war und mit ihrer Tochter nach Österreich flüchtete, ist ebenfalls ein Verstoß gegen das Non- Refoulement-Verbot erkennbar. Denn in casu meinte der Beamte, dass ihr Asylantrag missbräuchlich wäre und sie kein Flüchtling iSd Genfer Flüchtlingskonvention darstelle. Da jedoch die GFK den Flüchtlingsgrund „Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe“ beinhaltet, und Frauen darunter zu subsumieren sind,292 war der Beamte in casu der falschen Ansicht. Zumal im Jahr 2002 vom VwGH in ständiger Rechtsprechung bestätigt worden war, dass die Unterdrückung von Frauen in Afghanistan einen der Fluchtgründe nach der GFK darstellt, wäre eine Abschiebung der afghanischen Frau rechtswidrig, sogar verfassungswidrig, gewesen.293 Nachdem das BAA in erster Instanz einen negativen Bescheid erlassen hatte, erhob Asyl in Not dagegen Beschwerde. Folglich erhielt die Afghanin vom Unabhängigen Bundesasylsenat ihr Asylrecht zugesprochen.294

Diesbezüglich ist anzumerken, dass die GFK eine sehr enge Definition des Begriffs „Flüchtling“ enthält und demnach explizit nur diejenigen darunter zu subsumieren sind, die die in der GFK aufgezählten Fluchtgründe vorweisen können. Deswegen sind unzählige Rechtsprechungen der Höchstgerichte erforderlich, um gewisse „Lücken“ der GFK zu decken. Wie in der oben genannten Causa sprach der VwGH aus, dass Frauen unter die Kategorie von „Zugehörigen einer sozialen Gruppe“ gem Art 1 GFK fallen. Aus diesem Grund wäre eine Überarbeitung der GFK anzudenken, wobei auf diese Problematik im Kap 9 noch genauer eingegangen wird.

7.1.3. Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

Das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens ist im Art 8 EMRK verankert. Nach dessen Abs 1 wird bestimmt, dass jeder einen Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und des Briefverkehrs hat. Im Abs 2 leg cit wird geregelt, wann ein staatlicher Eingriff in dieses Grundrecht zulässig ist. Dies erfolgt immer dann, wenn dieser gesetzlich vorgesehen ist und darüber hinaus va für die nationale Sicherheit, für die öffentliche Ruhe und Ordnung oder zum Schutz der Gesundheit anderer vonnöten ist. Prinzipiell ist zu

292 Kittenberger, Asylrecht kompakt, Lexis Nexis (2016) 7. 293 VwGH 16.04.2002, 99/20/0483/7. 294 UBAS 07.07.2003, 217.204/5-X/30/01. 71 statuieren, dass damit die Privatsphäre eines Individuums vor willkürlichen Eingriffen der öffentlichen Gewalt geschützt wird.295 Der Begriff „Familie“ erfährt vom EGMR eine weite Auslegung, da er auf ein tatsächliches bestehendes Familienleben296 abstellt, wonach alle Blutsverwandten, Ehegatten sowie Familienmitglieder durch Adoption darunterfallen.

Ein Eingriff in das Grundrecht durch die Verwaltung liegt stets dann vor, wenn er gesetzlos ergeht, wenn er auf einem Gesetz beruht, das Art 8 EMRK widerspricht, oder wenn die Verwaltungsbehörde eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hat.297 Im Asylrecht spielt dies eine wichtige Rolle, da die Behörden stets genau zwischen der familiären Situation und der Bestimmung des Art 8 Abs 2 EMRK abwägen müssen. Dies geschieht unter Heranziehung von Faktoren wie zB der Dauer des Aufenthalts, dem Integrationsgrad, einem in Österreich bereits bestehenden Familienleben etc.

In der oben bereits analysierten Causa betreffend Herrn L. hätten die Behörden zu berücksichtigen gehabt, dass dessen Geschwister bereits als anerkannte Flüchtlinge in Niederösterreich lebten. Darüber hinaus kam noch hinzu, dass Herr L. aufgrund seines gesundheitlichen Zustandes auf deren Hilfe angewiesen war. Angesichts der Rechtsprechung des VwGH lag hierbei eine Verletzung des Grundrechts auf Schutz des Familienlebens vor, da er aufgrund seiner psychischen Erkrankung besonders schutzbedürftig war und somit in einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis zu seinen Geschwistern stand.298 Zumal die humanitäre Klausel gem Art 15 Abs 2 der Dublin-II-VO zu berücksichtigen gewesen wäre, die besagt, dass „[...] in Fällen, in denen die betroffene Person wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, einer schweren Krankheit, einer ernsthaften Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung der anderen Person angewiesen ist, die Mitgliedstaaten im Regelfall entscheiden, den Asylbewerber und den anderen Familienangehörigen, der sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhält, nicht zu trennen.“299.

Während der Amtszeit von Liese Prokop gelangten einige Vorfälle bzgl der Schubhaftregelung an die Öffentlichkeit, nach der es möglich war, sogar traumatisierte Personen sowie Folteropfer, die nach Österreich geflüchtet waren, in Schubhaft anzuhalten. Dabei stand jedoch fest, dass

295 Grabenwarter/ Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention6 § 22 Rz 1. 296 EGMR, 13. Juni 1979, Beschwerde Nr 6833/74 (Marckx gegen Belgien). 297 Öhlinger/ Eberhard, Verfassungsrecht10 Rz 820. 298 Vgl VwGH 07.11.2008, U48/08. 299 Art 15 Abs 2 Dublin-II-VO. 72 ein „Wiedereinsperren“ für die bereits traumatisierten und psychisch schwerkranken Menschen eine erneute außerordentliche Folter darstelle und hierbei eine Retraumatisierung nicht auszuschließen sei.300

Im Jahr 2006 war ein tschetschenischer Flüchtling, Herr Romzan, samt Familie wiederum Klient bei Asyl in Not, bei dem ebenso eine schwerwiegende posttraumatische Belastungsstörung infolge serieller Traumatisierung diagnostiziert wurde. Davor hielt er sich in einem Flüchtlingslager in Polen auf, aus dem er jedoch nach Österreich flüchtete, weil er dort Agenten des prorussischen Kadirov-Regimes gesichtet hatte. Wie bereits in einem der vorigen Fälle erwähnt, wurden damals tschetschenische Flüchtlinge von den Russen verfolgt. Aus diesem Grund wandte er sich in Österreich an Asyl in Not. Michael Genner schickte ihn zu einem Psychotherapeuten, der in seinem Befund bestätigte, dass Herr Romzan aufgrund all der erlittenen Folterungen an schweren Traumata leide. Aus diesem Grund wurde ihm abgeraten ins Flüchtlingslager Traiskirchen zu gehen, weil er ansonsten aufgrund der Dublin-Regelung riskiere, wieder eingesperrt und folglich nach Polen abgeschoben zu werden. Da Herr Romzan mit seiner Familie dennoch nach Traiskirchen ging, weil seine Frau schwer krank war und medizinische Hilfe benötigte, geschah es dennoch so. Er erfuhr wegen eines von den Behörden angenommenen „Dublin-Falls“ eine sofortige Inschubhaftnahme. Hätte Genner nicht sofort Berufung beim UBAS erhoben und das Vorbringen auf den Gesundheitszustand von Herrn Romzan gestützt, wäre er samt Familie abgeschoben worden. Es wurde jedoch erreicht, dass ihr Asylverfahren in Österreich doch zugelassen wurde.301 Ungeachtet dessen ließ ihn die Fremdenpolizei noch weitere sieben Tage ohne Grund in der Schubhaft eingesperrt.302 Dies erfolgte, obwohl nach § 80 FPG 2005, der die Dauer der Schubhaft regelte, die Schubhaft so kurz wie möglich dauern sollte und nur so lange aufrechtzuerhalten wäre, bis der Grund dafür wegfalle, was in casu bereits seit geraumer Zeit vorlag.

300 Forum Asyl, Wahrnehmungsbericht 2006, Auswirkungen des Fremdenrechtspakets auf den Asylbereich, 6, Internet: http://www.asyl.at/fakten_1/wahrnehmungsbericht_2006.pdf (07.03.2017). 301 UBAS, 19.07.2006, 257.621/8-VIII/22/06. 302 Asyl in Not, Folteropfer in Schubhaft, Internet: http://www.asyl-in- not.org/php/folteropfer_in_schubhaft,12313,8135.html (06.03.2017). 73 7.1.4. Grundrecht auf persönliche Freiheit

Im Zusammenhang mit Familie Romzan ist sowohl auf das Grundrecht auf die persönliche Freiheit nach Art 5 EMRK als auch auf das Bundesverfassungsgesetz vom 29.11.1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrG)303 einzugehen. Dieses BVG wurde für die Anpassung der bereits bestehenden Rechte Art 8 StGG sowie des Gesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit von 1962304 an die EMRK erlassen. Nach heutiger Auffassung wird das PersFrG vorrangig vor Art 5 EMRK angewendet, außer in den Fällen, in denen es die weniger günstigere Rechtsvorschrift darstellt, wonach es dann zur EMRK als „lex posterior“ angesehen wird.“305

Laut Definition der VfGH-Rechtsprechung aus dem Jahr 1991 handelt es sich bei dem Recht auf persönliche Freiheit um kein allgemeines Freiheitsrecht, sondern es wird darunter der Schutz vor rechtswidrigen Verhaftungen iSv gesetzwidrigen Entziehungen der physischen Bewegungsfreiheit, zB durch Festnahme bzw Anhaltung, subsumiert.306 Diese Erläuterung steht ebenfalls im Einklang mit der Rechtsprechung des EGMR über den Schutzbereich der EMRK.307 Ein Eingriff in dieses Grundrecht liegt stets dann vor, wenn Amtsorgane im Zuge ihrer Tätigkeiten die freiwillige, persönliche Bewegungsfreiheit einer Person einschränken, indem sie deren Ortsveränderungen durch physische Gewalt intentional einschränken oder es zu Verhinderungen kommt.308 Nach Art 1 Abs 2 PersFrG wird bestimmt, dass „[...] niemand aus anderen als den in diesem Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden darf.“309. Darüber hinaus muss der Eingriff nach Abs 3 leg cit stets notwendig sein. Der EGMR führt dabei zusätzlich eine Kontrolle durch, indem er überprüft, ob die Behörden im Zuge ihrer Tätigkeiten innerstaatliches Recht konform ausgelegt haben und hierbei auch keine Willkür ausgeübt worden ist.310 Im Art 2 PersFrG ist eine taxative Aufzählung aller Fälle zu finden, die eine Freiheitsentziehung rechtfertigen. Dabei ist Art 2 Abs 1 Z 7 PersFrG relevant, der bestimmt, dass die persönliche Freiheit entzogen werden darf, wenn dies notwendig erscheint,

303 Bundesverfassungsgesetz vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl Nr 684/1988 idF BGBl I Nr 2/2008. 304 Gesetz vom 27. Oktober 1862, zum Schutze der persönlichen Freiheit, RGBl Nr 87/1862. 305 Öhlinger/ Eberhard, Verfassungsrecht10 Rz 834. 306 Vgl VfGH 17.06.1991, B1149/90. 307 EGMR, 8.12.2005, Beschwerde Nr 74.762/01 (Madani ua gegen Österreich) in: ÖJZ 2006/13, 613. 308 VfGH 11.03.1999, B1159/98; B1160/98; B1161/98. 309 Art 1 Abs 2 PersFrG. 310 EGMR, 02.10.2008, Beschwerde Nr 34.082/02 (Rusu gegen Österreich) in: ÖJZ 2009/3, 428. 74 um eine Ausweisung oder -lieferung zu sichern, die bereits beabsichtigt ist. Zu vergleichen ist diese Regelung mit Art 5 Abs 1 lit f EMRK.

Wie bereits zu den Schubhaftbestimmungen erläutert, muss eine Inschubhaftnahme stets nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfolgen. Außerdem darf sie nur so lang wie nötig andauern. Im Fall des Herrn Romzan kam die zuständige Behörde im Zuge ihrer Arbeiten zu dem Schluss, dass sein inhaltliches Asylverfahren in Österreich doch zulässig sei und er keine Zurückweisung nach Polen erfahren müsse. Infolgedessen ist jedoch der gesetzliche Grund einer persönlichen Freiheitsentziehung nach Art 2 Abs 1 Z 7 PersFrG weggefallen und Herr Romzan wäre eigentlich sofort aus der Schubhaft zu entlassen gewesen. Da Herr Romzan eine weitere Woche in Schubhaft verbringen musste, obwohl weder ein Grund noch eine gesetzliche Grundlage dies rechtfertigte, stellte dies einen nicht gerechtfertigten Eingriff in sein Grundrecht dar. Generell kann statuiert werden, dass die Schubhaftregelung nach § 76 FPG 2005 äußerst bedenklich in Hinsicht auf die zu gewährenden Grundrechte ist, obwohl der VfGH in ständiger Judikatur aussprach, dass die Bestimmung verfassungskonform sei.311 Warum werden jedoch „Fremde“ überhaupt in Schubhaft angehalten, wenn sie nach Österreich emigrieren und um Hilfe suchen und möglicherweise gar nicht wegrennen wollen?312

Nach einem langen inhaltlichen Verfahren erhielten Herr Romzan, seine Frau sowie deren Kinder ganze fünf Jahre später ihr Asylrecht in Österreich. Im Jahr 2011 stellte nämlich der Asylgerichtshof fest, dass dem BAA damals schwerwiegende Verfahrensfehler unterlaufen seien, da es den medizinischen Befund des Herrn Romzan nicht würdigte, in dem bestätigt worden war, dass er schwer traumatisiert war. Aus diesem Grund behob der AsylGH den Bescheid und sandte die Causa zurück an das Bundesasylamt. Dort fanden abermals Befragungen der Familie statt, die schlussendlich zu den positiven Bescheiden führten und die tschetschenische Familie damit ihr Asylrecht erlangte.313 Vor allem im Zusammenhang mit diesem Fall ist auf das im Kapitel 7.1.1. erläuterte „Recht auf eine angemessene Verfahrensdauer“ einzugehen. Fünf Jahre lang musste nämlich die schwer traumatisierte Flüchtlingsfamilie hoffen und bangen, bis sie endgültig Gewissheit hatte, in Österreich bleiben zu dürfen.

311 VfGH 24.06.2006, B362/06. 312 Sonderegger, 4x umsetzen, bitte! Schubhaft abschaffen II, in: SOS Mitmensch, Mo-Magazin Nr 2, Dezember 2005, 44. 313 Asyl in Not, Asyl für Prokop-Opfer, Internet: http://www.asyl-in- not.org/php/asyl_fuer_prokopopfer,19905,30090.html (06.03.2017). 75 Aus dem Jahr 2005 ist ein Fall erwähnenswert, im Zuge dessen ein junger Flüchtling aus Gambia, Yankuba Ceesay, in einer Linzer Schubhaftzelle verstarb.314 Er hielt, wie zahlreiche andere Asylwerber, zwölf Tage lang einen Hungerstreik ab, um seine Freilassung zu erwirken. Jedoch „übersahen“ die Sicherheitsbeamten der Fremdenpolizei im Fall Yankubas, dass er ein Fünftel seines Körpergewichtes verloren hatte und er aufgrund seines Zustandes eigentlich haftunfähig geworden war.315 Denn in diesem Fall wäre es nach § 7 der Anhalteordnung316 die Pflicht der Behörden gewesen zu überprüfen, ob für Yankubas Gesundheitszustands die Verhältnisse der Schubhaft überhaupt noch tragbar waren. Demgemäß erkannte der VwGH in seinem Erkenntnis richtig, dass die Behörden rechtswidrig in Folge der Verletzung von Verfahrensvorschriften gehandelt hatten.

Zusätzlich anzuführen ist hierbei auch, dass die Schubhaft den Zugang zur Rechtsberatung sowie -vertretung erschwert, und auch deswegen das Grundrecht auf ein faires Verfahren nicht ordnungsgemäß gewährleistet wird, weil es den Schubhäftlingen nicht möglich ist sich zu einer Kanzlei bzw zu einer NGO zu begeben, um sich über ihre Rechte zu informieren.317 Darüber hinaus ergreift ein Asylwerber im Falle eines negativen Bescheids selten allein die Möglichkeit, um ein Rechtsmittel zu erheben, weil hierbei ua das rechtliche Wissen sowie die Kenntnis der deutschen Sprache vonnöten wären. Demgemäß ist laut UNHCR der Zugang zu einem effektiven Rechtsmittel nicht gewährt.318 Darüber hinaus steht diese Regelung dem „Rechtsstaatsprinzip“ entgegen, das sogar eines der Grundprinzipien der österreichischen Verfassung iSd Art 44 Abs 3 B-VG darstellt.319 Den Schubhäftlingen wird vom Verein Menschenrechte eine Rechtsbetreuung gewährt, wobei es sich hierbei nicht um eine individuelle Rechtsvertretung wie von herkömmlichen Rechtsanwaltskanzleien handelt, sondern um allgemeine Rechtsberatungen. Außerdem ist hervorzuheben, dass dieser Verein vom BM.I selbst zur Verfügung gestellt wird und er folglich ein „regierungsnaher Dienstleister“ ist, im Gegensatz zu den unabhängigen NGOs.320 Wichtig wäre es jedoch als Rechtsvertreter

314 VwGH 30.08.2007, 2006/21/0054. 315 Deserteurs- und Flüchtlingsberatung Wien, Tod des Schubhäftlings Yankuba Ceesay – Sofortiger Stopp der Abschiebung gefordert! Internet: http://deserteursberatung.at/article/352/ (06.03.2017). 316 Anhalteordnung (AnhO), BGBl II Nr 128/1999 idF BGBl II Nr 439/2005. 317 Ammer, Schubhaft und Asyl, in: juridikum, 2/2007, 74. 318 UN Refugee Agency, Position zum Entwurf für Änderungen der Anhalteordnung, 12.12.2005, 2. 319 Öhlinger/ Eberhard, Verfassungsrecht10 Rz 80-81a. 320 Asyl in Not, NGOs fordern: Prokop muss weg, Internet: http://www.asyl-in- not.org/php/ngos_fordern_prokop_muss_weg_,12313,5436.html (06.03.2017). 76 von Flüchtlingen zur Gänze auf deren Seite zu stehen, um für sie die bestmöglichen Rechte durchzusetzen.

Während der Amtszeit Platters wurde allmählich bekannt, dass es den erstinstanzlichen Bescheiden im Asylverfahren enorm an der Qualität mangle, was den zuständigen Behörden selbst zuzuschreiben war.321 Darunter fielen etwa auch die zahlreichen Bescheide an tschetschenische und afghanische Flüchtlinge, mit denen über sie Schubhaft und im Zuge dessen ihre Abschiebung verhängt wurde. Sämtliche Bescheide wurden jedoch erfolgreich bekämpft und schlussendlich vom UVS aufgehoben.322 Diese Maßnahmen basierten auf dem bereits am 27. Februar 2007 gefällten Erkenntnis des VwGH (siehe Kap 6.6.), der damals aussprach, dass die Behörden bei jeder Inschubhaftnahme nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vorgehen müssten. Im Erkenntnis vom 28. Juni 2007 erkannte der VwGH darüber hinaus, dass sogar eine Einzelfallprüfung stattfinden müsse.323 Folglich ließ sich aus seiner ständigen Rechtsprechung ableiten, dass „[...] die Verhängung der Schubhaft auch in Dublin-Fällen nicht zu einer ‚Standardmaßnahme“ gegen Asylwerber werden dürfe.“324 Und weiters heißt es, dass „[...] sich eine Inschubhaftnahme nur dann als gerechtfertigt erweise, wenn weitere Umstände vorliegen, die den betreffenden „Dublin-Fall“ in einem besonderen Licht erscheinen und daher ‚in einem erhöhten Grad’ ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lasse.“325.

Zu erwähnen ist überdies, dass Anfang 2008 Wahlen in Niederösterreich stattfanden und sich währenddessen der Landeshauptmann, Erwin Pröll, bekanntlich für eine restriktivere Asylpolitik einsetzte. Er forderte Innenminister Günther Platter auf, bei den damals aktuellen „Dublin-Fällen“ härter durchzugreifen. Beide Politiker waren Mitglieder der ÖVP, und Prölls Intention war es wohl auch, anhand noch strengerer Maßnahmen in Bezug auf Ausländer, mehr Wählerstimmen zu erzielen. Dieser Aufforderung nachzukommen wurde ihm von Platter auch versprochen.326

321 Becker, Pressesprecherin Caritas Erzdiözese Wien, Caritas und Diakonie über Platter-Aussagen zu Asylrecht enttäuscht, in: OTS0130 (2007). 322 Vgl UVS Niederösterreich 16.01.2008, Senat-FR-08-0003; Vgl auch UVS NÖ 21.01.2008, Senat-FR-08- 0006. 323 VwGH 28.06.2007, 2006/21/0051. 324 VwGH 24.10.2007, 2006/21/0239; Vgl auch VwGH 28.02.2008, 2007/21/0391. 325 VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043. 326 Kurier Innenpolitik, "KURIER"-Kommentar von Daniela Kittner: "Zweifelhafter Wettbewerb", in: OTS0167 (2008). 77 In diesem Zusammenhang ist während der Amtszeit Platters ein Fall aus der Asylpraxis darzulegen, der mit der während der Silvesternacht 2007/2008 in Villach stattgefundenen Massenschlägerei in Verbindung stand. Vorerst wurde nämlich angenommen, dass dabei zwei tschetschenische Flüchtlinge als Haupttäter mitgewirkt hätten, wobei von der Polizei noch gar keine endgültigen Ermittlungen zur Sache vorlagen und keine Feststellungen getroffen worden waren, wer das Verschulden daran trug. Dennoch ordnete die Kärntner Regierung, unter der Leitung Jörg Haiders, auf willkürliche Weise eine Abschiebung von insgesamt 18 tschetschenischen Flüchtlingen nach Traiskirchen an. Diese Flüchtlinge wurden dort allesamt in Schubhaft gesteckt, bis sie dann nach Polen abgeschoben wurden, von wo sie nach Österreich gekommen waren.327 Diese Vorgehensweise war nach EU-Recht rechtswidrig, denn die damals geltende Dublin-II-VO bestimmte in keiner Weise, dass etwa eine vorherige Inhaftierung eine Voraussetzung für die nachfolgende Überstellung darstelle. Nach EU-Recht gelten nämlich nur gewisse Mindeststandards bzgl des Asylverfahrensrechts. Schockierend war jedenfalls, dass dennoch viele europäische Staaten anhand ihrer nationalen Gesetze solche Anhalte- Maßnahmen an Asylwerbern vollzogen.328

Im Laufe der Zeit, als die Polizei ihre Ermittlungen zur Silvesternacht beendet hatte, stellte sich heraus, dass den beiden tschetschenischen Flüchtlingen keinerlei Verschulden an den besagten Vorwürfen traf. Damit stand fest, dass die Flüchtlinge völlig grundlos und durch willkürliche Handlungen der Regierung, unter der Verantwortung des zuständigen Innenministers Günther Platter, nach Polen abgeschoben worden waren. Dabei wurde von den Beamten darüber hinweggesehen, dass es sich hierbei großteils um Folteropfer und traumatisierte Personen handelte.329 Sie stützten ihre vollzogenen Maßnahmen stets auf die Dublin-Regelung und rechtfertigten damit ihr Handeln, obwohl dies sogar der ständigen Rechtsprechung des VwGH widersprach.330 Darüber hinaus war auch anzunehmen, dass Herrn Platter als zuständigem

327 Vgl Rassistische Hetze und Menschenjagd in Österreich, Internet: http://no-racism.net/article/2429/ (07.03.2017). 328 Vgl European Council on Refugees and Exiles, Summary Report On The Application Of The Dublin II Regulation in Europe, March 2006, 7, Internet: http://www.ecre.org/wp-content/uploads/2016/07/ECRE- ELENA-Report-on-the-Application-of-the-Dublin-II-Regulation-in-Europe-_March-2006.pdf (07.03.2017). 329 Stupnig, Europäisch-tschetschenische Gesellschaft, Abgeschobene Tschetschenin in Polen schwer erkrankt, Internet: http://www.eu-tg.org/de/story_print.asp?story_id=280 (07.03.2017). 330 Der Standard, Haiders Vorverurteilung falsch, 01.04.2008, Internet: http://derstandard.at/3193684/Haiders- Vorverurteilung-falsch (07.03.2017). 78 Minister diese Judikatur bekannt war, weshalb vermutlich wiederum das Innenministerium die „treibende Kraft“ hinter diesem Vorgehen war.331

Durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009 von Innenministerin Fekter erfuhren die Schubhaftbestimmungen eine weitere Verschärfung. Deswegen war es, wie bereits im Kapitel 6.7. erwähnt, möglich Asylwerber sofort in Schubhaft zu stecken, falls sie gegen die Bestimmung der Gebietsbeschränkung verstoßen hatten. Ziel des neuen § 76 Abs 2a FPG war es, die Verfügbarkeit der Asylwerber besser zu gewährleisten.332 Diese Regelung stellte einen enormen Rückschritt in Bezug auf die Gewährung der Menschenrechte in der österreichischen Asylpolitik dar, zumal ja bekanntlich der VwGH konstatiert hatte, dass eine Inschubhaftnahme eine Einzelfallbeurteilung erfordere.

Bevor die „Fekter-Novelle“ in Kraft trat, wurden meist nur Familienväter in Schubhaft gesteckt, weshalb Frauen samt Kindern von ihren Männern getrennt wurden, weil ihnen die Regelung des gelinderen Mittels nach § 77 FPG 2005 „zugute kam“.333 Demnach wurde von einer Behörde anstatt einer Schubhaft ein gelinderes Mittel verhängt, wenn anzunehmen war, dass bereits dadurch der Zweck erreicht werde. In diesen Fällen wurden diejenigen Asylwerber einer Unterkunft zugewiesen, die dort verweilten und sich in regelmäßigen Abständen beim zuständigen Polizeikommando melden mussten.334 Doch durch die Neuregelung Fekters wurde es möglich, dass auch Minderjährige leichter in Schubhaft genommen wurden, was einen eklatanten Eingriff in das Grundrecht von Kindern darstellte. Nach § 79 Abs 3 FPG 2005 sollte deren Anhaltung getrennt von Erwachsenen stattfinden, außer ein Elternteil befand sich ebenso in Schubhaft, dann konnten die Minderjährigen gemeinsam mit ihren Eltern angehalten werden. Maria Fekter beurteilte diese Maßnahme gar als eine „familienfreundliche Lösung“335.

331 Asyl in Not, Von Hessen lernen: Schubhaft-Platter muss weg, Internet: http://www.asyl-in- not.org/php/von_hessen_lernen_schubhaftplatter_muss_weg,16137,13088.html (07.03.2017). 332 Nationalrat, Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten, 387 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP (2009) 3. 333 Vgl Flucht ist kein Verbrechen, Keine Schubhaft für AsylwerberInnen, Fallbeispiele, Internet: http://www.fluchtistkeinverbrechen.at/downloads/fallbeispiele_pk_2008_03_11.pdf (14.03.2017). 334 Bruckner/ Hudsky/ Marth/ Taucher/ Vogl, Fremdenrecht, 4. Auflage, Neuer wissenschaftlicher Verlag (2010) 397. 335 Asyl in Not, Fekter und Folter, Internet: http://www.asyl-in-not.org/php/fekter_und_folter,17595,20168.html (14.03.2017). 79 Diese Maßnahmen liefen jedoch sowohl dem Art 1 und 37 UN-Kinderrechtskonvention336 als auch dem Art 17 der Rückführungsrichtlinie337 zuwider. Denn durch diese Bestimmungen müssten die Vertragsstaaten eigentlich sicherstellen, dass „[...] keinem Kind die Freiheit rechtswidrig oder willkürlich entzogen wird. Festnahme, Freiheitsentziehung oder Freiheitsstrafe darf bei einem Kind im Einklang mit dem Gesetz nur als letztes Mittel und für die kürzeste angemessene Zeit angewendet werden.“338. Dafür, dass die Inschubhaftnahme von Kindern jeweils eigentlich einen Fall von „ultima ratio“ darstellen hätte sollen, wurden jedoch zahlreiche Fälle bekannt, in denen ganze Familien angehalten wurden.339 Gegen diese zu geläufige Praxis kämpfte eine Arbeitsgruppe des Menschenrechtsbeirats vom Bundesministerium für Inneres, die sich aus Mitgliedern des Beirats selbst, aus Vertretern des BM.I, des UNHCR sowie des NGO-Bereichs zusammensetzte. Gemeinsam arbeiteten sie daran, die Situation für Minderjährige im fremdenrechtlichen Verfahren zu verbessern und veröffentlichten in ihrem Bericht 11 Empfehlungen für deren Umsetzung.340 Unter anderem durch ihre Bemühungen wurde im Zuge der fremdenrechtlichen Novelle im Jahr 2011 der neue Abs 1 in den § 76 FPG eingefügt, wodurch unmündige Minderjährige nicht mehr in Schubhaft angehalten werden konnten. Zusätzlich waren gegen mündige Minderjährige, dh gegen 16- und 17-jährige Jugendliche nunmehr gem § 77 Abs 1 FPG gelindere Mittel anzuwenden, außer, wenn dies dem Zweck der Schubhaft widersprochen hätte.

Während der Amtszeit Fekters wurde ein Fall bekannt, der eine tschetschenische Frau A. inklusive deren Familie betraf, die allesamt schwer traumatisiert waren. Da Frau A. in ihrer Heimat vergewaltigt worden war, kam sie in Österreich in eine psychiatrische Klinik. Ihr schlechter Zustand wurde von sechs verschiedenen sowie völlig voneinander unabhängigen Fachärzten bestätigt. Bevor das BAA im Zulassungsverfahren den endgültigen positiven Bescheid erließ, wurde Frau A. zur nochmaligen Untersuchung beordert. Dabei handelte es sich um die psychiatrische Gutachterin Frau Dr. Anderle, die bereits aus früheren Fällen bekannt dafür war, Asylwerber gerne „abblitzen“ zu lassen. In casu stellte sie in ihrem Gutachten fest,

336 Resolution, 1386(XIV), Erklärung der Rechte des Kindes, 29. November 1959. 337 Richtlinie 2008/115/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, Abl 348/98. 338 Art 1 und Art 37 UN-Kinderrechtskonvention. 339 Vgl BM.I, Bericht des Menschenrechtsbeirates zu Kindern und Jugendlichen im fremdenrechtlichen Verfahren (2011) 54-57; Vgl auch Die Presse, Wien: Drei Kinder waren drei Tage lang in Schubhaft, Internet: http://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/469272/Wien_Drei-Kinder-waren-drei-Tage-in-Schubhaft (20.03.2017). 340 BM.I, Menschenrechtsbeirat im BM.I, 2011 - Kinder und Jugendliche im fremdenrechtlichen Verfahren, Internet: http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_MRB/mrb/berichte/2011.aspx (20.03.2017). 80 dass Frau A. anscheinend simuliere und übertreibe.341 Ein weiteres Vergewaltigungsopfer, Frau Kh. aus Tschetschenien, wurde im Laufe seines Asylverfahrens ebenfalls vom BAA zu Frau Dr. Anderle geschickt. In ihrem Gutachten statuierte sie, dass Frau Kh. an keiner psychischen Störung leide, obwohl wiederum ein Wiener Facharzt in seinem Gutachten belegt hatte, dass sie an einem depressiven Zustandsbild im Rahmen einer posttraumatischen Belastungsreaktion erkrankt sei. Das BAA hatte im Verfahren bereits festgestellt, dass Frau Kh. einen sexuellen Eingriff erlebt hatte, sie aber nicht darüber reden wollte. Beim Durchlesen des Gutachtens wurde wahrgenommen, dass Frau Kh. von Frau Dr. Anderle, trotz der erwähnten Feststellungen des BAA, im Zuge ihrer Untersuchung niemals über ihr Recht zur sexuellen Selbstbestimmung befragt worden war. Im Großen und Ganzen ließ das Gutachten Frau Kh. so erscheinen, als ob sie absolut gesund wäre, zumal sie ja auch, wie Dr. Anderle im Gutachten festhielt, „[...] abends anscheinend gerne ausgehe.“342, woraufhin das BAA den Antrag zurückwies. Asyl in Not erhob dagegen Bescheidbeschwerde beim AsylGH, die erfolgreich bekämpft wurde.343 Folglich kam es zu weiteren Fällen, bei denen Asyl in Not wiederum als rechtsvertretende Partei auftrat und Frau Dr. Anderle vom BAA als Gutachterin bestellt wurde. Jedoch berief sich Asyl in Not neuerdings bei Beschwerden gegen zurück- bzw abschiebende Beschlüsse des Bundesasylamtes auf § 53 AVG. Dies erfolgte stets in den Fällen, in denen sich die Behörde auf ein Gutachten von Frau Dr. Anderle stützte. Diese Bestimmung regelt nämlich, dass eine Partei unter bestimmten Bedingungen einen Sachverständigen ablehnen kann. Als Beispiel anzuführen ist das Erkenntnis des AsylGH vom 19.07.2010, bei dem der Beschwerde von Asyl in Not stattgegeben wurde, weswegen es zu einer Zurückverweisung der Sache kam. Dort hatte das BAA erneut einen Gutachter zu bestellen, wobei auf Anweisung des AsylGH die Untersuchung nicht mehr von Dr. Anderle durchgeführt werden durfte.344

Unter die Amtszeit Johanna Mikl-Leitners als Bundesministerin für Inneres fielen beispielsweise die Proteste aus dem Jahr 2013, die sowohl von Flüchtlingen selbst als auch von einigen NGOs organisiert und durchgeführt wurden.345 Unter ihnen waren zT auch Flüchtlinge, die seit Jahren in Österreich lebten und im Servitenkloster in Wien untergebracht waren. Dort

341 Asyl in Not, Asylamt Eisenstadt, Internet: http://www.asyl-in- not.org/php/asylamt_eisenstadt,17595,20337.html (08.03.2017). 342 Asyl in Not, Nimmer wieder Anderle, Internet: http://www.asyl-in- not.org/php/nimmer_wieder__anderle,18561,25040.html (08.03.2017). 343 AsylGH 12.04.2010, D7 410177-1/2009. 344 AsylGH 19.07.2010, D4 300439-3/2010. 345 Genner, in: Bierdel/ Lakitsch, Flucht und Migration, 168. 81 genossen sie von der österreichischen Gesellschaft eine sehr gute Hilfe zur Integration, indem ihnen zB kostenlos Deutsch-Kurse zur Verfügung gestellt wurden, bis eines Tages jedoch die Fremdenpolizei ins Kloster kam, acht der pakistanischen Flüchtlinge festnahm und im Anschluss daran nach Pakistan abschob.346

Zahlreiche NGOs, darunter SOS Mitmensch sowie Asyl in Not, vertraten die damaligen Asylwerber in ihren Verfahren und gaben anschließend bekannt, dass niemand von ihnen ein faires Verfahren gem Art 6 EMRK erhalten hätte. Nach dem erstinstanzlichen Verfahren, das für sie negativ endete, wurden jeweils Beschwerden erhoben, die sich darauf stützten, dass die Abschiebungen aufgrund der Sicherheitslage in Pakistan gegen das Refoulement-Verbot verstoßen. Die Pakistani sowie Afghanen waren ja aus ihrer Heimat aus Gründen der Verfolgungen durch die Taliban geflohen.347 Demgemäß wäre der Verfolgungsgrund wegen der Nationalität iSd GFK erfüllt gewesen.348 Jedoch waren sich die Entscheidungsträger damals einig, dass den Afghanen sowie den Pakistani eine innerstaatliche Fluchtalternative nach § 11 AsylG möglich wäre. Aus diesem Grund erfuhren Afghanen und auch Pakistani zu dieser Zeit ständige Abschiebungen, sobald sie ihre Anträge auf die Verfolgung der Taliban stützten.349 In den Beschwerden der Asylwerber aus dem Servitenkloster hielt es der AsylGH in keinem der Fälle für notwendig eine mündliche Verhandlung durchzuführen.350 Nach damaliger Rechtslage konnte nämlich gem § 41 Abs 7 AsylG (idF aus 2013) iVm § 67d AVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn für das entscheidende Organ der Sachverhalt spruchreif war. In diesem Zusammenhang ist jedenfalls das Grundrecht nach Art 47 Abs 2 GrC zu nennen, das das Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung statuiert. Diese Bestimmung fällt nicht unter das Kapitel V der Europäischen Grundrechtecharta, weshalb es ein Jedermannsrecht darstellt, wodurch sich auch Drittstaatsangehörige darauf berufen können (siehe Kap 2.2.3.). Somit steht jeder Person zu, dass ihre Sache vor einem unabhängigen, unparteiischen Gericht in einem fairen Verfahren öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. So hätte der AsylGH nicht pauschal annehmen dürfen, dass den Beschwerdeführern sowieso eine innerstaatliche Fluchtalternative zustünde, ohne den Beschwerdeführern die Möglichkeit zu gewähren, ihre individuellen Gründe in einer mündlichen Verhandlung vorzutragen. Zumal §

346 Leisch, Schwere Geschütze, in: SOS Mitmensch, Mo – Magazin für Menschenrechte Nr 32, September 2013, 28. 347 Pollak, SOS Mitmensch: Stopp der Rückführung von Asylsuchenden in akute Krisenregionen, in: OTS0027 (2013). 348 Kittenberger, Asylrecht, 6. 349 Vgl VwGH 02.09.2010, 2007/19/1016. 350 Leisch, in: SOS Mitmensch, Mo-Magazin Nr 32, 30. 82 11 Abs 2 AsylG gF besagt, dass „bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen“351 ist. In diesem Zusammenhang hätte der AsylGH nämlich überprüfen müssen, ob deren Abschiebung nicht doch gegen verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte verstößt. Dabei ist va das Refoulement-Verbot nach Art 3 EMRK sowie das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gem Art 8 EMRK, da es sich in casu zusätzlich um gut in der Gesellschaft integrierte Menschen handelte, anzuführen.

Damals wurde von den Flüchtlingen im Zuge der Proteste im Jahr 2013 ein Abschiebestopp gefordert, wodurch mithilfe der Unterschrift Mikl-Leitners erreicht werden hätte können, dass die afghanischen und pakistanischen Flüchtlinge aus dem Servitenkloster ein unbefristetes Aufenthaltsrecht in Österreich bekommen. Diese Handlung blieb jedoch aus.352

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass all die erläuterten Vorfälle aus der österreichischen Asylpraxis im Gesamten ein Beispiel von „institutionellem Rassismus“ darstellen, wobei die treibende Kraft auf nationaler Ebene von der obersten Verwaltungseinrichtung kommt. Franz Löschnaks Weisung an das BAA gab zB zu erkennen, dass dessen fremdenfeindliche Politik bis in die oberen Instanzen reichte, da doch untergeordnete Organe ihrem „Chef“ kaum zuwiderhandeln konnten. Zusätzlich ist die rassistische Schubhaftregelung anzumerken, die in den letzten Jahrzehnten stets verschärft wurde, um noch effizienter gegen (meist schwer traumatisierte) Fremde vorzugehen oder die Fälle der Gutachterin Dr. Anderle, die mitunter so vorging, Asylwerbern den Weg zu ihrem Recht zu verwehren, indem sie vernichtende Gutachten bzgl deren Gesundheitszuständen verfasste. In dem bereits erwähnten Fall mit Frau A. hätte die Behörde doch erkennen müssen, dass es bereits ausreiche, wenn ein Trauma von sechs anderen Fachärzten festgestellt worden war. Dennoch bestellte in casu die Behörde Frau Dr. Anderle, die der gegenteiligen Auffassung war. Demgemäß erließ die Behörde einen negativen Bescheid, obwohl die Gutachten in einem Verhältnis von 1:6 standen. Zu guter Letzt ist auf den in der Silvesternacht in Villach stattfindenden Vorfall einzugehen, der abermals bestätigte, dass die Mehrzahl der zuständigen österreichischen Politiker und die damit verbundene Verbreitung in den Medien der Gesellschaft ein völlig falsches Bild von Asylwerbern und Flüchtlingen vermittelt. Denn im Anschluss an die Vorfälle in Kärnten

351 § 11 Abs 2 AsylG 2005. 352 Genner, in: Bierdel/ Lakitsch, Flucht und Migration, 172. 83 wurden zwei Asylwerber sofort nach Traiskirchen abtransportiert, dort in Schubhaft gesteckt sowie anschließend nach Polen zurückgeschoben, obwohl von der Polizei noch gar nicht bestätigt worden war, dass sie ein Verschulden an der besagten Schlägerei traf.

8. Flüchtlingsschutz-Organisationen

Zahlreiche Organisationen setzen sich bereits seit geraumer Zeit dafür ein, rassistische Vorfälle im Zusammenhang mit Asylwerbern und Flüchtlingen zu minimieren und deren Grundrechte besser zu gewähren. Notwendig wäre eine Optimierung der Kooperation zwischen der österreichischen Regierung, deren unterstehenden Behörden sowie der NGOs. Kein Vorzeigebeispiel aus der österreichischen Asylpolitik war Ernst Strassers Politik (siehe Kap 6.4.), der damals in einer Fernsehsendung öffentlich statuierte, dass NGOs den Asylwerbern „[...] falsche Hoffnungen machen.“353. Die Caritas reagierte auf diese Aussage mit der Veröffentlichung ihrer Daten zur Rückkehrberatung, welche keinesfalls zu dieser Anschuldigung passten. Denn im Jahr 2001 hatte die Caritas beispielsweise statt der eigentlich geplanten 350 erfolgreich abgeschlossenen Rückkehrberatungen stolze 429 erzielt.

Im Folgenden werden einzelne Organisationen auf internationaler, europaweiter sowie auf nationaler Ebene vorgestellt, die sich den Flüchtlingsschutz als Ziel gesetzt haben und gegen Rassismus in Bezug auf Migration arbeiten:

8.1. Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen und die UN Refugee Agency

Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, kurz UNHCR, was für „United Nations High Commissioner for Refugees“ steht, stellt ein Spezialorgan der Vereinten Nationen dar. Dessen Gründung erfolgte im Jahr 1950 und hat seither seinen Hauptsitz in Genf. Ihm untersteht die UN Refugee Agency, das sog Flüchtlingshochkommissariat. Erwähnenswert ist, dass aktuell bereits in 128 verschiedenen Ländern regionale Außenstellen von UNHCR

353 Wesely, Pressesprecher Caritas der Erzdiözese Wien, Caritas: Wir machen keine falschen Hoffnungen, in: OTS0099 (2002). 84 eingerichtet sind.354 Deren Kernaufgaben auf internationaler Ebene liegen im Flüchtlingsschutz, indem er alle Staaten der Welt überwacht und dabei unterstützt, die GFK sowie deren Zusatzprotokoll von 1967 einzuhalten. In diesem Zusammenhang setzt sich UNHCR allgemein dafür ein, dass in keinem Staat Menschenrechtsverletzungen stattfinden und dass allen Flüchtlingen, die es benötigen, das Recht auf Asyl gewährt wird und sie keine ungerechtfertigte Abschiebung befürchten müssen.355

Wichtige Tätigkeiten von UNHCR, die erwähnenswert sind, sind vor allem:

- die Unterstützung von Staaten bei der Suche nach dauerhaften Lösungen, - die Einrichtung von Schulen, Kliniken mit der benötigten Ausstattung und - die Versorgung von Flüchtlingen mit lebensnotwendigen Gütern vor Ort (Zelte, Matratzen, Nahrung etc).356

Das regionale Büro von UNHCR in Österreich hat seit 1979 seinen Sitz in Wien. Dessen Arbeit konzentriert sich stark auf die Kooperation mit verschiedenen NGOs, um die Mindest- Standards für Asylsuchende in ihrem Verfahren zu garantieren bzw diese sogar verbessern zu können. UNHCR setzt sich ebenso dafür ein, dass Schutzdefizite an die Öffentlichkeit gelangen, indem zB individuelle negative Asylbescheide und deren Gründe dafür publiziert werden. Zusätzlich verfasst das Spezialorgan der UNO Informationsbroschüren über die Flüchtlingssituation, womit eine Aufklärung der Öffentlichkeit erfolgen soll, damit sie beruhigt und objektiv informiert wird. Weiters werden von UNHCR finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, damit Regierungsbeamte geschult werden, um mit Flüchtlingen besser umgehen zu können.357

8.2. Agentur der Europäischen Union für Grundrechte

Die EU-Grundrechte Agentur (kurz: FRA) wurde im Jahr 2007 auf Basis der Verordnung (Nr 168/2007)358 des Rates gegründet und stellt eine unabhängige Fachagentur der EU dar. Gemäß Art 2 der VO ist die Agentur danach bestrebt, den EU-Organen sowie den Mitgliedstaaten bei

354 UN Refugee Agency, Internet: http://www.unhcr.org/where-we-work.html (25.02.2017). 355 Reinisch, Österreichisches Handbuch des Völkerrechts5 Rz 1281. 356 UN Refugee Agency, Internet: http://www.unhcr.at/unhcr/international.html (25.02.2017). 357 Permanent Mission of Austria to the United Nations , Internet: https://www.bmeia.gv.at/oev- wien/organisations-in-vienna/with-offices-at-the-vic/unhcr/ (25.02.2017). 358 Verordnung (EG) Nr 168/2007 des Rates vom 15. Februar 2007. 85 der Durchführung von EU-Recht in Bezug auf die Gewährung von Grundrechten zu unterstützen sowie Fachkenntnisse bereitzustellen, damit deren Achtung leichter gelingt.

Die Agentur besteht aus 90 Mitarbeitern, darunter Juristen, Sozial- und Politikwissenschafter, Statistiker sowie Experten für Kommunikation und Netzwerkaufbau.359 Die Haupttätigkeitsbereiche der FRA umfassen va die Bereiche der Diskriminierung, des Rassismus, des Zugangs zur Justiz sowie der Rechte von Kindern.360 In diesem Zusammenhang ist es gem Art 4 der VO ihre Aufgabe Informationen und Daten zu sammeln und zu analysieren, die ihnen entweder von den MS oder von den Institutionen der EU zur Verfügung gestellt wurden. Im Zuge dessen verfasst sie anhand dieser Informationen Gutachten und Schlussfolgerungen zu bestimmten Themen. Weiters veröffentlicht sie jährlich einen Bericht über ihre Tätigkeiten sowie über Grundrechtsfragen, in dem sie Beispiele für bewährte Verfahrensweisen anführt. Außerdem ist hervorzuheben, dass sich FRA stark dafür einsetzt, die Kommunikation mit der Zivilgesellschaft zu optimieren, um diese für Grundrechtsfragen zu sensibilisieren. In diesem Zusammenhang ist die Plattform für Grundrechte (FRP: Fundamental Rights Platform) zu nennen. Denn FRA steht mithilfe dieses Netzwerkes in ständigem Kontakt mit zahlreichen nationalen Organisationen der Zivilgesellschaft aus den Mitgliedstaaten. Durch sie wird die Agentur ständig mit relevanten Informationen darüber versorgt, mit welchen Problemen die Menschen innerhalb der EU konfrontiert sind.361

Hervorzuheben ist die Tätigkeit von FRA im Zusammenhang mit der großen Flüchtlingswelle von 2015. Sie sammelte zu dieser Zeit alle Daten und Informationen der Mitgliedsstaaten, die davon betroffen waren und veröffentlichte sogar wöchentlich Berichte darüber.362 Österreich wandte sich beispielsweise auch während es 2015 mit dem großen Zustrom zu kämpfen hatte, an FRA und bestellte sie zum Beobachter, damit die Agentur ihre nationalen Maßnahmen überwacht.363

359 FRA, FRA-Büchlein: Wer wir sind. Was wir tun. Wie wir arbeiten, Luxemburg: Amt für Veröffentlichungen (2014) 5. 360 FRA, FRA-Büchlein, 10. 361 FRA, FRA-Büchlein, 9. 362 Vgl FRA-Homepage, Regular overviews of migration-related fundamental rights concerns, Internet: http://fra.europa.eu/en/theme/asylum-migration-borders/overviews (09.03.2017). 363 FRA, Fundamental Rights Report 2016, Luxembourg: Publications Office of the European Union (2016) 24. 86 8.3. Asyl in Not

Um auf eine weitere Organisation einzugehen, darf Asyl in Not nicht außer Acht gelassen werden, wobei es sich um eine politische Bewegung handelt. Gegründet wurde er unter dem damaligen Namen „Unterstützungskomitee für politisch verfolgte Ausländer und AusländerInnen“ im Jahr 1985, der bis dato seinen Standort in Wien hat. 364 Im Zuge meiner Recherchen zur Diplomarbeit führte ich ein interessantes Gespräch mit Herrn Michael Genner, dem jetzigen Obmann von Asyl in Not. Er übermittelte mir aus erster Hand rechtliche Informationen zu den Antirassismus-Tätigkeiten von Asyl in Not und nahm Stellung, wie ihr Leitbild konkret verfolgt wird. Dazu äußerte er seine persönliche Sichtweise zum Thema des institutionellen Rassismus.

Die Haupttätigkeit der Organisation liegt va in der Rechtsberatung sowie der -vertretung von Asylwerbern im Asylverfahren. Im Zuge ihrer Arbeit verfechten sie das Recht auf Asyl und kämpfen dafür, dass jedem Menschen seine Grundrechte gewährt werden. Unter anderem erhalten Asylwerber eine kompetente Beratung im gesamten Verfahren, wobei Asyl in Not bei den Einvernahmen an den öffentlichen Ämtern anwesend ist. Darüber hinaus ergreift Asyl in Not auch Rechtsmittel und begleitet Asylwerber zu deren Verhandlungen bei Gericht. Diese Leistungen stehen den Asylwerbern in fünf verschiedenen Sprachen zur Verfügung und können kostenlos in Anspruch genommen werden. Außerdem werden traumatisierten Asylwerbern psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten vermittelt. Asyl in Not kämpft für mehr Freiheit und Demokratie, weswegen Michael Genner auch von einer „Säuberung der Beamtenschaft“365 spricht. Der politische Verein setzt sich nämlich dafür ein, dass in der öffentlichen Verwaltung Österreichs fremdenfeindliche Führungskräfte entlassen werden. Darüber hinaus unterstützen sie demokratische Regierungen und decken Missstände auf, welche auf ihrer Homepage veröffentlicht werden.366 Bezugnehmend auf die Aussage im Leitbild „Wir wenden uns gegen eine Festung Europa“, wurde Genner zu seiner Meinung zum Gemeinsamen Europäischen Asylverfahren befragt. Laut Genner sollen die ärmeren Länder nicht noch mehr von den reicheren abgeschottet werden, denn Europa stelle Fremden gegenüber eine abgeschottete Insel dar. Er hält weiters fest, dass beispielsweise die von der EU vorgeschlagene Novellierung der Dublin-III-VO vom Frühjahr 2016 ein weiterer Rückschritt

364 Asyl in Not, Homepage, Internet: http://www.asyl-in-not.org/php/portal.php (22.02.2017). 365 Vgl Genner, in: Bierdel/ Lakitsch, Flucht und Migration, 173. 366 Asyl in Not, Archiv, Internet: http://www.asyl-in-not.org/archiv (09.03.2017). 87 sei und der Zugang zu Europa für Flüchtlinge und Asylwerber in Zukunft noch schwieriger zu beschreiten sein werde.

Neben Asyl in Not gibt es selbstverständlich noch zahlreiche andere Flüchtlingsschutz- sowie Antirassismusorganisationen wie zB Caritas, Rotes Kreuz, SOS Mitmensch etc, deren Beschreibung jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde.

88 9. Risikobereiche im Zusammenhang mit dem institutionellen Rassismus und diesbezügliche Lösungsansätze

Wie bereits in den beiden vorgehenden Kapiteln erläutert, geht die Verwaltung der Asylpolitik Österreichs vom BM.I und dessen untergeordneten Behörden aus. Eines der unzähligen Probleme im Zusammenhang mit dem institutionellen Rassismus ist va die Frage, wer die eigentlichen „Täter“ sind. Im Hinblick auf den strukturellen Rassismus sind dies, angefangen von den österreichischen Gesetzgebern, die eine „Anti-Flüchtlings“-Politik schaffen, bis zu den von den Innenministern erteilten Weisungen, auch die Beamten selbst, die bei den jeweiligen Institutionen arbeiten.

Zusätzlich ist, wie bereits im Kap 7.1.2. erwähnt, die Effektivität der relativ alten GFK in Frage zu stellen, da diese bereits im Jahr 1951 beschlossen worden ist und sich in den letzten 65 Jahren die Situation weltweit wesentlich veränderte. Folglich ergeben sich Probleme aufgrund deren engen Begriffsdefinition von „Flüchtling“ (siehe Kap 1.2.). Ein brandaktuelles Beispiel hierfür sind Kriegsflüchtlinge, die hierbei nicht explizit als Flüchtlinge gelten, weshalb ihre Chance auf Gewährung von Asyl relativ gering ist.367 Obwohl ihre Existenz bedroht ist, verhilft ihnen die GFK zu keinem sicheren Asylrecht, wenn nicht nach jeder Einzelfallbeurteilung das Non-Refoulement-Prinzip greifen würde. Da jedoch Österreich va wegen den unzähligen syrischen Kriegsflüchtlinge betroffen ist, wäre aus diesem Grund anzuraten, die GFK zu überarbeiten.368 Denn wenn schon die höchste aller internationalen Rechtsvorschriften keine angemessene Basis für die aktuelle Situation darstellt, wie sollen dann die nationalen Asylpolitiken effektiv funktionieren? Aus diesem Grund wird dem Asylsystem auch nachgesagt, es sei ein Lotterie-Spiel für Asylsuchende.369 Dies schadet jenen Asylsuchenden, die wirklich auf internationalen Schutz angewiesen sind.

367 Helfert, Das sind Deutschlands Flüchtlinge, Internet: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/deutschlands-fluechtlinge-in-grafiken-13867210.html (03.04.2017). 368 Behlsen/ Brandt/ Preuss, Eine Kritik der Flüchtlingskonvention, Internet: https://weltausdenfugen.wordpress.com/2016/12/24/eine-kritik-der-genfer-fluechtlingskonvention/ (03.04.2017). 369 Die Presse, Schluss mit der grausamen Lotterie für Asylsuchende, Internet: http://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/682433/Schluss-mit-der-grausamen-Lotterie-fuer- Asylsuchende (03.04.2017). 89 Der institutionelle Rassismus im österreichischen Asylverfahren zeigt sich deswegen anhand eines Zusammenspiels dieser sowie weiterer Faktoren, die in diesem Kapitel aufgearbeitet werden. Insgesamt kann festgehalten werden, dass es sich hierbei um einen typischen Präzedenzfall von strukturellem Versagen der Behörden sowie der Politik handelt und dies nicht nur auf nationaler Ebene.

Das Phänomen des institutionellen Rassismus in Österreich ist gut an den ständigen Novellierungen und Verschärfungen des Fremden- und Asylrechts illustrierbar. Mit einer fremdenfeindlichen Politik angefangen hatte zB Franz Löschnak, da während seiner Amtszeit mit der Novelle 1991 ein Gesetz geschaffen wurde, wodurch die Erlangung des Asylrechts in Österreich erschwert wurde. Dieser rote Faden, wie bereits in den Kapiteln 6 und 7 näher behandelt, zog sich durch die letzten Jahrzehnte; es kam sogar zu einer Verschärfung, denn die Bedingungen für Asylwerber verschlimmerten sich kontinuierlich. Dies widerspricht dem Rechtsstaatsprinzip von Österreich, wenn Politiker Urteile der höchstgerichtlichen Judikatur ignorieren oder sogar Gesetze missachten und rechtswidrige Weisungen erteilen.370

Prinzipiell kann festgestellt werden, dass es in der Politik vorrangig darum geht möglichst viele Menschen anzusprechen, um bei der Wahl die meisten Stimmen zu erhalten. Deshalb werden während eines Wahlkampfes stets die Themen angesprochen, die die Gesellschaft aktuell tangieren.371 Dieses „Buhlen“ um Wählerstimmen war beispielsweise in dem im Kap 7 bereits erwähnten Wahlkampf erkennbar. Da sich große Teile der österreichischen Bevölkerung während dieses Zeitraumes mit dem Thema Ausländer beschäftigten, wurden von Seiten der Politik solche Themen behandelt und in den Wahlkampf miteinbezogen.

2007 meinte denn auch der Generalsekretär des österr. Gewerbevereins, Mag. Stephan Blahut, man „[...] brauche eine neue Generation, die die stumpfen, vorgefertigten Reflexe endlich über Bord wirft“.372 Mit dieser Aussage kritisierte er, dass in Bezug auf die österr. Beamtenschaft, zahlreiche aktuelle Sachbearbeiter voreingenommen seien, da die Erfahrungen aus der Vergangenheit wie Kriege und Migrationsbewegungen ihre Anschauungen prägten. Außerdem sei es möglich, dass die Väter sowie Großväter dieser Sachbearbeiter die Einstellung dieser bis heute präge. Aufgrund dieser historischen Ereignisse, sitzen die „rechten“ Wurzeln in der

370 Vgl Der Standard-Kommentar: "Alles, was recht ist" von Alexandra Föderl-Schmid, in: OTS0024 (2007). 371 Vgl Götzelmann, in: Tálos/ Fink, Politik und Zeitgeschichte, 92. 372 Blahut, Tragische Einzelfälle lähmen mutige Migrationspolitik, in: OTS0137 (2007). 90 österreichischen Gesellschaft sowie der Beamtenschaft zT noch immer tief.373 Darüber hinaus ist erwähnenswert, dass gerade die dienstälteren Beamten verantwortlich sind für die jeweilige Institution und sie die Macht haben Weisungen zu erteilen.

9.1. Ausbildung der Beamtenschaft und der Politiker

Um einem der Probleme entgegenzutreten, wäre es sinnvoll, wenn die Politiker sowie die Beamtenschaft der österreichischen Verwaltung intensivere Ausbildungen sowie Weiterbildungen bekämen. Wie auch schon im Kap 4.2. zu den Empfehlungen, die aus dem Macpherson Report entsprungen sind, schon erläutert, wäre es notwendig, dass Beamte in Situationen mit Ausländern besser umzugehen lernen. Deswegen sollten sie über die Themen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Zuge von verpflichtenden Schulungen besser aufgeklärt werden, damit sie Vorurteile gegenüber „Fremden“ ablegen. Ebenso war der Präsident des VfGH, , bereits 2010 der Ansicht, dass es für Beamte äußerst hilfreich sei, „über den Tellerrand“ zu blicken, zumal es sich im Bereich des Fremden- und Asylrechts um „[...] Rechtsgebiete handelt, die aus allgemein-rechtsstaatlicher Sicht sowie aus der Sicht der Grundrechtsordnung besondere Bedeutung haben.“ Deswegen erfordere, so Holzinger, „[...] ihre Handhabung ein besonders hohes Maß an rechtsstaatlichem Bewusstsein und an Sensibilität für Grundrechtsfragen [...].“374. Aus diesem Grund wäre beispielsweise die verpflichtende Teilnahme an Workshops für die am Asyl- und Fremdenwesen tätigen Beamten ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, damit sie für das Thema sensibilisiert werden und sie gegenüber „Fremden“ toleranter werden und unabhängig von den üblichen Stereotypen urteilen können. In diesem Zusammenhang ist eine österreichische Organisation zu nennen, die im Kapitel 9.1.1. kurz vorgestellt wird.

Ebenfalls wäre anzudenken, dass Beamte aufgrund von Verstößen gegen Amtsverpflichtungen mit dem Ableisten von Sozialstunden sanktioniert werden. Ein strengeres Vorgehen in diesem Zusammenhang würde mit Sicherheit eine gewisse Abschreckung für Beamte darstellen. Für

373 Vgl Messerschmidt, Entnormalisierung und Vermeidung, in: Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit, Tagungsdokumentation des Fachgesprächs zur „Normalität und Alltäglichkeit des Rassismus“ (2007) 67. 374 Holzinger, Statement des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, in: BM.I, Asyl – Migration – Integration, 7. Rechtsschutztag des Bundeministeriums für Inneres, Schriftenreihe BM.I – Band II, Neuer Wissenschaftlicher Verlag (2010) 27-28. 91 Asylwerber könnte dies bedeuten, dass eine gewissenhaftere Arbeitsweise der Beamten ihre Verfahrens- und Grundrechte im Asylverfahren besser gewähren würde.

9.1.1. ZARA Österreich

Hinter dem Namen ZARA verbirgt sich die Organisation „Zivilcourage und Anti-Rassismus- Arbeit“, die in Österreich im Jahr 1999 gegründet wurde. Ihre Ziele sind die Förderung einer rassismusfreien Gesellschaft, indem sie jedwede Form von Rassismus bekämpfen. Dabei beruht ihre Arbeit auf drei Leitsätzen, und zwar erstens auf Beratung, zweitens auf Prävention und drittens auf der Sensibilisierung der Öffentlichkeit.375

Das Beratungsangebot von ZARA umfasst va die Übermittlung von Informationen über rechtliche Möglichkeiten. Dabei werden ihre Klienten von juristischen Beratern während ihres gesamten Verfahrens unterstützend begleitet und aufgeklärt. Aus dem Bereich der Sensibilisierung ist zu erwähnen, dass es die Möglichkeit gibt, öffentlich bekannt gewordene rassistische Vorfälle bei ZARA zu melden, die allesamt dokumentiert und zusammengefasst werden, woraus jeweils ein jährlicher Tätigkeitsbericht von ZARA entsteht. Dadurch wird das Ausmaß an rassistischer Diskriminierung durch die Schilderung der einzelnen Vorkommnisse an die Öffentlichkeit gebracht.376

Besonders hervorzuheben ist im Zusammenhang mit der Prävention von Rassismus die im Jahr 2014 neu gegründete „ZARA Training GmbH“, die für ZARA die Präventionsarbeit österreichweit übernommen hat. In ihrem Angebot stehen beispielsweise Workshops, Aus- bzw Weiterbildungen sowie Projekte, die individuell für die jeweiligen Gruppen gestaltet werden. Darunter fallen va Behörden, Schulen, Vereine etc. Diese Trainings werden von Anti- Rassismus-Experten abgehalten, die hierbei sozial- und rechtswissenschaftliche sowie international anerkannte Trainingsmethoden anwenden.377 Auf ihrer Homepage veröffentlichten sie die Namen derjenigen Firmen, Institutionen und Vereine, die bereits ZARA-Trainingseinheiten besucht haben. Dabei fällt auf, dass nur ein Bundesministerium und zwar das für Soziales und Konsumentenschutz sowie bloß das Amt der steiermärkischen

375 ZARA Österreich, Über ZARA, Internet: https://www.zara.or.at/index.php/ueber-zara (26.03.2017). 376 ZARA Österreich, Rassismus Reports, Internet: https://www.zara.or.at/index.php/beratung/rassismus-report (26.03.2017). 377 ZARA Training, Über uns, Internet: http://zara-training.at/ueber-uns/ (26.03.2017). 92 Landesregierung als öffentlich-rechtliche Institutionen aufgelistet sind.378 Meines Erachtens wäre es äußerst wichtig anhand solcher Pflicht-Lehrgänge, Beamte sowie Politiker im Bereich von Anti-Rassismus besser auszubilden.

9.2. Verharmlosung von Rassismus in der Öffentlichkeit

Das Phänomen „Rassismus“ droht immer wieder zu einer Art Selbstverständlichkeit zu werden. Laut Paul Mecheril kann man von der reinen „Normalität des Rassismus“ sprechen, wobei er den Ausdruck wie folgt definiert: Rassismus beziehe sich in diesem Sinne auf Normalität, dass er Normalität erzeuge sowie bedinge. Weiters erscheine Teilen der Gesellschaft Rassismus bereits als alltäglich und trivial. Darüber hinaus seien aufgrund der Beständigkeit von Rassismus bereits gewisse Gewöhnungseffekte in der Gesellschaft anzutreffen.379 Als Beispiel für das Phänomen des Alltagsrassismus kann die Frage nach der „wahren“ Herkunft einer Person angeführt werden. Diese Frage weist dann auf Alltagsrassismus hin, wenn die befragte Person etwa eine etwas dunklere Hautfarbe aufweist als der Durchschnitt der Bevölkerung. In diesem Dialog spielt es keine Rolle, ob die Person bereits seit mehreren Jahrzehnten in Österreich lebt und die Staatsbürgerschaft innehat. Solche Konversationen sind bloß möglich aufgrund von unterstellten Normalitätsvorstellungen, wobei sich die andere Person stets für ihre dunklere Hautfarbe „rechtfertigen“ muss.380

Hierbei spielt die sog Dichotomisierung der Gesellschaft, dh die Trennung in ein „Wir“ und „Sie“, eine wichtige Rolle. Die Psychologin Thea Bauriedl beschreibt dieses Phänomen treffend: „Die Angriffe gegen Ausländer in unserem Land haben uns erschreckt und beschämt. Hilflos und ohnmächtig mussten wir miterleben, dass Menschen, die sich um Hilfe an uns wenden, Angst um ihre Gesundheit und um ihr Leben haben mussten.“381 Diese Textpassage geht auf die Perspektive des „Wir“ ein, auch wenn dieses „Wir“ sein Entsetzen kundtut angesichts seiner Handlungen, bleibt die Perspektive der „Anderen“ ausgeklammert. Folglich

378 ZARA Training, Firmen, Institutionen und Vereine, Internet: http://zara-training.at/referenzen/firmen/ (26.03.2017). 379 Mecheril, Die Normalität des Rassismus, in: Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit in NRW, Tagungsdokumentation des Fachgesprächs zur „Normalität und Alltäglichkeit des Rassismus“ (2007) 4. 380 Vgl Mecheril, in: Informations- und Dokumentationszentrium für Antirassismusarbeit, Tagungsdokumentation des Fachgesprächs zur „Normalität und Alltäglichkeit des Rassismus, 7. 381 Bauriedl, Feindbild „Ausländer“, Zur Psychologie der Ausländerfeindlichkeit in unserer Gesellschaft, in: Aziz Namo (Hrsg), Fremd in einem kalten Land, Herder Verlag (1992) 156. 93 wird dadurch die banale Annahme der Gesellschaft bestätigt, dass eine Spaltung in Mehrheit und Minderheit als normal angesehen wird.382

Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang jedoch stellt, ist va, wie sich im Laufe der Zeit eine solche „Normalität des Rassismus“ verfestigen konnte, da die Mehrheit der Gesellschaft weder Rassisten noch Rechtsextremisten sind, sie jedoch automatisch „in rassistische Diskurse verstrickt“ werden.383

9.2.1. Medien und Migration

Einen wichtigen Faktor stellen die Medien dar, die als Vermittlungsglieder auftreten und der Gesellschaft ein gemeinsames Themenuniversum bieten. Durch die Veröffentlichung von Themen, wird von den Medien eine gewisse Kommunikationsbasis geschaffen, die die Interaktion zwischen Menschen beeinflusst. Dem Anschein nach gibt es auf der Gesellschaftsebene gewisse Themen erst, wenn die Medien bereits über sie Bericht erstatteten.384 Da die Medien über rassistische Vorfällen berichten, resultiert daraus, dass dadurch große Teile der Gesellschaft „abgehärtet“ werden und Rassismus somit zT sogar zur Banalität verkommt.

Bereits in den 1990er-Jahren beleuchtete der Politikwissenschafter Christoph Butterwegge, dass Teile der Massenmedien in Wahrheit viel zu wenig über die wahren Fluchtgründe wie die unfaire Wirtschaftsordnung der Welt bzw den Waffenexport der westlichen Rüstungsindustrien etc informieren. Vielmehr wird über die in der Dritten Welt stattfindenden Naturkatastrophen sowie über deren verheerende Kriege berichtet. Aus diesem Grund wurden Teile der westlichen Gesellschaft vielmehr in ihrem Glauben bestärkt, dass die Fremden, die in ihre Länder flüchteten, Nutznießer seien, sich „daheim“ jedoch nicht selbst verwalten könnten.385 Hierbei ist jedoch erwähnenswert, dass die Medien großteils mit der Politik verstrickt sind und dies von

382 Broden, Normalität des Rassismus: Messen mit zweierlei Maß, in: Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit, Fachgespräch zur „Normalität und Alltäglichkeit des Rassismus“ (2007) 19. 383 Jäger, BrandSätze, Rassismus im Alltag, DISS-Studien, 2. Auflage, Basis-Druck, Duisburg (1995) 310. 384 Moser, Migration: Was Mainstream-Medien (nicht) thematisieren und wie sich Kunst dazu verhält, in: Kriwak/ Pallaver (Hg), Medien und Minderheiten, Innsbruck University Press (2012) 253. 385 Butterwegge, Die Rolle der Massenmedien in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus/Rassismus, Ansatzpunkte einer Gegenstrategie, in: Jäger/ Link (Hg), Die vierte Gewalt, Rassismus und die Medien, DISS-Studien, Basis-Druck, Duisburg (1993) 307. 94 den Betroffenen akzeptiert wird. Dies führt dazu, dass das Verhalten sowie die Entscheidungen der Politiker durch die gängigen Medientechniken beeinflusst werden.386

Ein weiteres Problem, das sich im Laufe der Zeit herausstellte, ist, dass sogar Qualitätsmedien und nicht nur die typischen Boulevard-Zeitungen, rassistische Vorkommnisse abdrucken. Hiermit sind zB Veröffentlichungen über kriminelle Fälle gemeint, bei denen stets explizit erwähnt wird, dass Ausländer an der Tat beteiligt waren. Durch diesen „Trend“ werden Ausländer, aktuell meist Asylwerber, als Kriminelle abgestempelt, woraus sich der Anschein ergibt, dass sie für die wachsende Kriminalitätsrate verantwortlich sind.387 Am 20. März 2017 wurde die aktuelle Kriminalstatistik388 aus dem Jahr 2016 vom Bundeskriminalamt Österreichs veröffentlicht und analysiert. Laut Innenminister Sobotka fand ein enormer Anstieg (um 3,8%) der Ausländerkriminalität statt, was laut ihn wohl auf die Flüchtlingswelle 2015 zurückzuführen sei. Da jedoch das BM.I im Zuge der Analyse den Faktor bzgl des Bevölkerungswachstums außer Acht gelassen hat, ist die Behauptung, die Ausländerkriminalität steige immerwährend, völlig falsch. Wäre dieser Aspekt berücksichtigt worden, wäre zu erkennen gewesen, dass die Kriminalität auf längere Sicht sogar zurückgeht.389 Gerade solche Meldungen von Seiten der Politik dienen dazu, die Gesellschaft aufzuhetzen und zu verunsichern, obwohl dadurch bloße Unwahrheiten verbreitet werden.

Die Aufgabe von Medien sollte primär darin bestehen objektiv zu informieren sowie friedensstiftende Maßnahmen zu setzen. Friede sollte dadurch erzielt werden, dass Medien ethnische Feindseligkeiten zwischen Minderheiten und der Mehrheit in der Öffentlichkeit abbauen, indem sie diese nicht als ethnische Spannungen klassifizieren. Würden sie nämlich als gesellschaftliche Spannungen eingestuft werden, würde sich von Seiten der Gesellschaft die Sichtweise dazu auch automatisch ändern.390 Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist der Abbau von Vorurteilen sowie die Stärkung von Vertrauen. Beispielsweise wird Vertrauen in der Öffentlichkeit damit erzielt, indem Medien über Themen berichten, mit denen sich sowohl

386 Götzelmann, in: Tálos/ Fink, Politik und Zeitgeschichte (2010) 75. 387 Vgl Die Presse, Jeder zweite Asylwerber wird angezeigt, Internet: http://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/4941940/Jeder-zweite-Asylwerber-wird-angezeigt (29.03.2017). 388 Bundeskriminalamt, Sicherheit 2016, Kriminalitätsentwicklung in Österreich, Internet: http://www.bmi.gv.at/cms/BK/publikationen/krim_statistik/2016/Web_Sicherheit_2016.pdf (01.04.2017). 389 Renner, Was uns das Innenministerium mit der Kriminalstatistik sagen will – und was nicht, Internet: https://nzz.at/oesterreich/was-uns-das-innenministerium-mit-der-kriminalstatistik-sagen-will-und-was-nicht (29.03.2017). 390 Pallaver, Die Funktion von Medien in ethnisch fragmentierten Gesellschaften, in: Kriwak/ Pallaver (Hg), Medien und Minderheiten, Innsbruck University Press (2012) 64. 95 Minderheiten als auch die Mehrheit einer Gesellschaft identifizieren können. Denn hiermit würde eine konvergente Basis für die Legitimität des Politsystems geschaffen werden, was einem friedlichen „Miteinander“ dienen würde.391

Ein weiteres Problem, das sich in diesem Zusammenhang zeigt, ist eine fehlende gemeinsame Sprache. Damit in einer demokratischen Gesellschaft alle politischen Themen von jedermann verstanden werden, heißt es vorerst sprachliche Barrieren zu überwinden. Luxemburg gilt in Europa als der Ausnahmestaat schlechthin, da es dort für selbstverständlich erachtet wird, dass Medien in mehreren Sprachen publizieren.392 In Österreich hingegen sind das Pressewesen, der Rundfunk sowie die Fernsehanbieter großteils von einsprachiger Natur. Aus diesem Grund wäre anzuraten Offenheit gegenüber anderen Sprachen zu zeigen, indem zB Zeitungen mehrsprachige Berichte va über Österreichs Politik veröffentlichen, damit es den „Ausländern“ möglich ist, sich über solch wichtige Themen zu informieren.

Im Großen und Ganzen ist festzuhalten, dass, wenn die Presse der Gesellschaft ein besseres Bild über Ausländer vermitteln würde, der „Fremdenhass“ nicht so extrem ausgeprägt wäre. In Sachen Rassismus und Integration von Fremden spielt nämlich die Gesellschaft eine enorm wichtige Rolle. Wir österreichischen Staatsbürger wären imstande ein friedliches Miteinander zu schaffen, wenn jeder Einzelne seine eigenen Privilegien und Machtverhältnisse hinterfragen würde. Um der österreichischen Fremden- und Asylpolitik vorzuleben, wie leicht ein friedliches Miteinander zu erreichen wäre, heißt es „am gleichen Strang ziehen“, um eine bessere Kooperation zu erreichen. Doch im Moment lassen sich große Teile der österreichischen Gesellschaft zu stark von gewissen Richtungen der Politik beeinflussen sowie von Medien aufhetzen bzw sogar verängstigen, wie dies im Fall von der „Islamophobie“ erkennbar ist. Diese Strategien von Seiten der Politik erfolgen meist zugunsten der Parteien, um Wählerstimmen zu sammeln, jedoch zu Lasten eines friedlichen Miteinanders.

9.2.2. Stärkung der Presse

Auf der anderen Seite wäre dringend erforderlich, dass die von der österreichischen Politik ausgehenden rassistischen bzw fremdenfeindlichen Vorfälle publiziert werden. Dies ist jedoch aufgrund der, wie bereits im Kap 9.2.1. erwähnten, engen Verbindung der Medien und Politiker,

391 Vgl Pallaver, in: Kriwak/ Pallaver, Medien und Minderheiten, 76-79. 392 Pallaver, in: Kriwak/ Pallaver, Medien und Minderheiten, 77. 96 schier unmöglich. Obwohl bereits jahrelang zahlreiche Organisationen, darunter va Asyl in Not, ZARA Österreich etc, die Situation im österreichischen Fremdenrecht verfolgen und diesbezügliche Vorkommnisse auf deren Homepages dokumentieren, erlangen deren Publikationen leider keine allzu große Bandbreite. Denn meist sind es ohnehin die nicht diskriminierenden Personen, die die Homepages der Flüchtlingsschutzorganisationen besuchen.

Hervorzuheben ist va der Österreichische Presserat, der „Verein zur Selbstkontrolle der österreichischen Presse.“393 Eines seiner Ziele ist die Förderung der Pressefreiheit sowie die Wahrheitsfindung. Daneben hat er laut Statut die Selbstregulierung von anderen österreichischen Nachrichtenagenturen übernommen, damit alle Nachrichten wahrheitsgetreu an die Öffentlichkeit gelangen. Es wäre von außerordentlicher Dringlichkeit, dem österreichischen Presserat effektivere Kompetenzen zu übertragen, damit auch Fälle, die mit dem institutionellen Rassismus, in Verbindung stehen, in Umlauf gebracht werden und um beispielsweise solche Fälle, wie die bereits erwähnten falschen Analyseergebnisse des Innenministers, aufzudecken. Würden nämlich Tatsachen bzgl rassistischer Gesetzgebung bzw fremdenfeindlicher Aussagen österreichischer Politiker publiziert werden, die laut Moser aktuell sog „mediale Leerstellen“394 darstellen, käme es im Hinblick darauf zu einer Sensibilisierung der Gesellschaft.

In diesem Zusammenhang ist ein Beispiel anzuführen, das mit der Schubhaftbestimmung in Verbindung steht. Das Thema Schubhaft wurde bis Mitte der 1990er-Jahre nie öffentlich beleuchtet, bis im Jahr 2001 das „Projekt Wassermann“395 in Tirol stattfand. Die Schubhaft wurde davor dort nämlich als das „Phänomen, das mit Tirol nichts zu tun hat,“396 beschrieben, zumal nicht jedem bekannt war, dass sich die nächste Schubhaftanstalt sogar in Innsbruck befand. Im Zuge des Projekts wurden Plakate angefertigt und öffentlich zur Schau gestellt sowie eine unangemeldete Pressekonferenz abgehalten, wobei es erstmals zur Veröffentlichung der Schubhaftpraxis mitsamt den in Verbindung stehenden Missständen mithilfe der Presse kam, wodurch ein unkonventioneller Zugang zu dieser Problematik eröffnet wurde.397 Denn bis zu diesem Zeitpunkt wurde die Praxis bzgl der Schubhaftregelung gekonnt von der Politik und

393 Österreichischer Presserat, Internet: http://www.presserat.at/show_content.php?hid=1 (29.03.2017). 394 Moser, in: Kriwak/ Pallaver, Medien und Minderheiten, 261-263. 395 Moser, Die Kunst der Grenzüberschreitung, Postkoloniale Kritik im Spannungsfeld von Ästhetik und Politik, Transcript-Verlag (2011) 185ff. 396 Moser, in: Kriwak/ Pallaver, Medien und Minderheiten, 262. 397 Moser, Die Kunst der Grenzüberschreitung, 241. 97 den Behörden vertuscht, weswegen die Gesellschaft kaum etwas von alledem mitbekommen hatte. Erst mit der Veröffentlichung durch das „Projekt Wassermann“ kam es zu den ersten Protesten von Seiten der Gesellschaft, weshalb dieses Projekt auch bis dato als Meilenstein gilt. Solche öffentlichen Aufklärungen wären des Öfteren notwendig, um die Gesellschaft zu sensibilisieren.

Die Presse sollte auch die Aufklärung von sog „Fake Facts“ intensivieren und dabei genauer vorgehen. Ein gutes Beispiel ist hierbei die im Kap 9.2.1. erläuterte Veröffentlichung des Innenministers in Bezug auf die scheinbar ansteigende Ausländerkriminalität. Indem solche „Fake Facts“ sogar von der Politik verbreitet werden, von der man glaubt, ihr sei zu vertrauen, wird die Gesellschaft grundlos aufgehetzt und ihr die komplette Wahrheit meist vorenthalten.

9.3. Integration

Aufgrund der zahlreichen, weltweit stattfindenden Migrationsbewegungen stellt die Integration von Ausländern ein auf der gesellschaftlichen sowie politischen Ebene vorherrschendes Thema dar. Der Begriff Integration leitet sich vom lateinischen Wort „integrare“ ab, was „etwas wiederherstellen“ oder „etwas erneuern“ bedeutet.398 Dementsprechend ist jemand integriert, der sich in die soziale Struktur einer Gesellschaft eingefügt hat und dem es möglich ist, an den politischen Prozessen teilzuhaben. Jedoch trägt die aktuelle Politik, wie bereits im Kapitel 6.8. erläutert, dazu bei, dass die Integration von Asylwerbern immer noch schwieriger zu bestreiten ist. Die letzte Reform im Asylrecht, die das „Asyl auf Zeit“ einführte, dient als anschauliches Beispiel hierfür. Wie soll es den Asylwerbern möglich sein, sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren, wenn ihnen womöglich nach drei Jahren gesagt wird, dass sie Österreich doch wieder verlassen müssen?

Außerdem ist erwähnenswert, dass eine vollständige Integration erst dann durchführbar ist, wenn alle Beteiligten dazu gewillt sind. Aus diesem Grund wird vorausgesetzt, dass Migranten va genug Anpassungsfähigkeit mitbringen sowie inländische Bürger eine gewisse Offenheit

398 Vgl Latein-Deutsch-Wörterbuch, Internet: http://de.pons.com/übersetzung?q=integrare&l=dela&in=&lf=de (30.03.2017). 98 und Toleranz zeigen. Zusätzlich ist es jedoch wichtig, dass von der Politik die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden, um eine effektive Integration zu erreichen.399

9.3.1. Interkulturelle Bildung

Wie bereits im Kapitel 9.2.1. angesprochen, wäre zu begrüßen, dass einer der ersten Schritte in Richtung friedvolle Integration von Ausländern von Seiten der Gesellschaft erfolgt. Hierbei spielt die interkulturelle Bildung eine enorm wichtige Rolle, da sich diese Maßnahme va gegen Gewalt, Fremdenfeindlichkeit sowie gegen Rassismus wendet. Durch interkulturelle Bildung sollen Menschen dazu angeregt werden sich mit ihren eigenen Wertvorstellungen auseinanderzusetzen. Damit eine wirkungsvolle Integration stattfinden kann, sollte nämlich jeder anhand eines Perspektivenwechsels Offenheit gegenüber etwas „Neuem“ zeigen, wodurch sich diese Offenheit zu Toleranz weiterentwickeln sollte.400 Interkulturelle Bildung bringt zahlreiche Vorteile mit sich, angefangen bei der Sensibilisierung der Gesellschaft für die Themen Rassismus und Diskriminierung, bis hin zur Integration von ausländischen Mitbürgern in allen Lebensbereichen.

Im Jahr 1992 wurde das Unterrichtsprinzip „interkulturelles Lernen“ erstmals in den Lehrplan von Schulen eingeführt.401 Das Bildungsministerium führte bzgl dieses Modells aus, dass eine Begegnung mit gegenseitigem Verständnis von „klein auf“ stattfinden soll, indem sowohl kulturelle Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten erkannt werden. Ziel der interkulturellen Bildung ist primär der Abbau von Vorurteilen.402 Gerade im Hinblick auf die zunehmende Globalisierung steigt folglich auch die Anzahl der kulturellen Begegnungen, weshalb es von enormer Bedeutung ist, dass Kinder früh begreifen, dass etwas „Anderes“ nicht gleichzeitig etwas „Schlechtes“ bedeutet. Denn gerade Heranwachsende verfügen noch über keine verfestigten politischen Überzeugungen, sondern entwickeln diese erst anhand von selbst erlebten Erfahrungen aus dem Alltag.403 Jedoch stellte sich im Laufe der Zeit anhand von

399 Vgl Konrad-Adenauer-Stiftung, Integrationspolitik in Österreich, Internet: http://www.kas.de/wf/doc/kas_47677-544-1-30.pdf?170118094718 (30.03.2017). 400 Interkulturelles Zentrum, Abschlussdokumentation zum Projekt „Interkultureller Dialog“ 2009, 3, Internet: http://www.iz.or.at/images/doku/dialogforum_broschuere_s.pdf (30.03.2017). 401 Vgl Änderung zur Verordnung, mit welcher die Lehrpläne für Volksschule, der Hauptschule und der Sonderschulen erlassen werden, BGBl II Nr 439/1991, Anlage A. 402 Fürstenau, Grundlagen und Einführung: Interkulturelle Pädagogik und sprachliche Bildung, VS Verlag für Sozialwissenschaften (2012) 4. 403 Hormel/ Scherr, Bildung für die Einwanderungsgesellschaft, Perspektiven der Auseinandersetzung mit struktureller, institutioneller und interaktioneller Diskriminierung, VS Verlag für Sozialwissenschaften (2004) 276. 99 zahlreichen Bildungsstudien heraus, dass das Unterrichtsmodell des interkulturellen Lernens nicht effektiv genug umgesetzt wurde, da es in der Schule nämlich oft mit „Sprachunterricht“ gleichgesetzt wird.404 Um dieser Auffassung entgegenzusteuern, wäre es notwendig, dass alle Pädagogen fachgerecht ausgebildet werden, um interkulturelle Sachgebiete überhaupt lehren zu können. Aus diesem Grund stelle der Einsatz mehrerer Lehrer mit Migrationshintergrund hierfür einen weiteren Vorteil dar.405

Jedoch ist nicht nur interkulturelle Bildung im Kindesalter von Bedeutung, sondern es müsste auch von Erwachsenen gefordert werden, dass sie Offenheit sowie Interesse für neue Kulturen, Religionen etc zeigen, um ungerechtfertigte Vorurteile abzubauen. Die steigende Islamophobie unserer Gesellschaft, die sich va aufgrund des Terroranschlags 9/11 entwickelt hat und zB durch den 2015 stattfindenden Flüchtlingsstrom und va die islamistischen Terroranschläge in Europa intensiviert wurde, zeigt die Defizite in diesem Bereich auf. Inzwischen wird der Islam von gewissen Medien mit terroristischen Bewegungen gleichgestellt, wodurch der Fremdenhass gegenüber Muslimen weiter ansteigt.406 Im Zuge von interkultureller Bildung müsste diesem Trend entgegengesteuert werden, indem die Gesellschaft über den Islam besser aufgeklärt wird, damit diese Religion nicht automatisch mit Skepsis betrachtet wird.407

Im Allgemeinen kann festgehalten werden, dass von den „einheimischen“ Erwachsenen ein Perspektivenwechsel, dh ein kritischer Diskurs über die eigenen Machtverhältnisse vorauszusetzen wäre, um auch die tatsächlich bestehenden Zugangsbarrieren der „Ausländer“ zu erkennen. Denn Erwachsenen mit Migrationshintergrund werden aufgrund ihrer unzähligen Nachteile, angefangen von Sprachdefiziten bis hin zur Nichtanerkennung bisheriger Bildungsabschlüsse, zahlreiche Möglichkeiten von vornherein verwehrt.408

404 Interkulturelles Zentrum, Abschlussdokumentation, 4. 405 Späte, Lehren für eine bunte Republik? In: Fürstenau, Grundlagen und Einführung: Interkulturelle Pädagogik und sprachliche Bildung, VS Verlag für Sozialwissenschaften (2012) 54. 406 Die Presse, Österreichs Medien tendieren zur Islamophobie, Internet: http://diepresse.com/home/panorama/integration/605288/Oesterreichs-Medien-tendieren-zur-Islamophobie (02.04.2017). 407 Troll, Unterscheiden um zu klären: Orientierung im christlich-islamischen Dialog, Herder Verlag (2008) 59. 408 Feigl, Bildungsarbeit in Zeiten der Migrationsgesellschaft mehr gefragt denn je, Internet: http://magazin.vhs.or.at/magazin/2016-2/260-dezember-2016/schwerpunkt-flucht-migration- bildung/bildungsarbeit-in-zeiten-der-migrationsgesellschaft-mehr-gefragt-denn-je/ (02.04.2017). 100 9.3.2. Bildung für die Migrationsgesellschaft

Das Recht auf Bildung stellt gem Art 26 AEMR sowie gem Art 13 IPwskR ein Grundrecht dar, welches jedermann zusteht und somit von jedem Vertragsstaat der Vereinten Nationen zu gewähren ist. Hierfür hat die UNO ein „4-A-Prüfungsschema“ konzipiert, das sich auf folgende vier Säulen stützt:409

1. Availability: demnach müssen in jedem Staat genügend Pädagogen sowie Bildungseinrichtungen und -programme zur Verfügung stehen. 2. Accessibility: der Zugang zur Bildung muss wirtschaftlich, physisch und ohne Diskriminierungen erfolgen. 3. Acceptability: jeder Staat hat für die Gesellschaft eine Annehmbarkeit der Form und des Lehrinhalts zu garantieren. 4. Adaptability: die Bildung soll anpassungsfähig gestaltet sein, dh sie soll ua an gesellschaftliche Veränderungen sowie an die individuellen Bedürfnisse der Lernenden adaptiert werden.

Gemäß § 1 Abs 1 Schulpflichtgesetz (SchPflG)410 besteht „für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten, allgemeine Schulpflicht“411 ab dem 6. Lebensjahr. Darunter werden ebenso asylsuchende Kinder subsumiert, denen auch dann das Recht auf Schulbesuch zusteht, obwohl ihr Aufenthaltsrecht noch nicht vollständig geklärt wurde.412 Betrachtet man die Situation Österreichs im Gesamten, schneiden jedoch Migrantenkinder erheblich schlechter ab als ihre inländischen Klassenkollegen.413 Einen großen Kritikpunkt in diesem Zusammenhang stellt auf jeden Fall die deutsche Sprachlastigkeit im österreichischen Schulsystem dar, da die Unterrichtssprache gem § 16 Schulunterrichtsgesetzes (SchuUG)414 Deutsch ist. Somit scheinen Deutschkenntnisse Voraussetzung zu sein, um vom österreichischen Bildungsangebot überhaupt profitieren zu können. Jedoch zählt Bildung als

409 Starl, Migration und Bildung, Verletzt Österreich das Menschenrecht auf Bildung, in: Posch/ Schleifer (Hrsg), Rechtsfragen der Migration und Integration, Leykam Verlag (2008) 94. 410 Bundesgesetz über die Schulpflicht (Schulpflichtgesetz 1985) BGBl Nr 76/1985 idF BGBl I Nr 56/2016. 411 § 1 Abs 1 SchPflG. 412 Vgl Bundesministerium für Bildung und Frauen, Flüchtlingskinder und –jugendliche an österreichischen Schulen, Beilage zum Rundschreiben 21/2015, 8, Internet: https://www.bmb.gv.at/ministerium/rs/2015_21_beilage.pdf (30.03.2017). 413 Mayrhofer, Zugang zu Bildung für Asylsuchende und Flüchtlinge aus menschenrechtlicher Perspektive, 3, Internet: http://bim.lbg.ac.at/sites/files/bim/2%20Zugang%20zu%20Bildung_Monika%20Mayrhofer_Schriftenreihe_Refu geecamp_BIM.pdf (02.04.2017). 414 Schulunterrichtsgesetz, BGBl Nr 472/1986 idF BGBl I Nr 75/2013. 101 DIE Grundvoraussetzung, um sich in der heutigen Gesellschaft überhaupt integrieren zu können. Jugendliche ohne Bildungsabschluss haben nämlich kaum positive Aussichten auf Erlangung einer beruflichen Position. Aufgrund dessen wäre es Aufgabe der Politik nach dem Prinzip der Chancengleichheit vorzugehen, indem Migrantenkindern dieselben Möglichkeiten offenstehen und auch gewährt werden sollten wie inländischen Kindern, damit ihre vollständige Integration umgesetzt werden kann.415 Diesbezüglich ist beispielsweise auf die Judikatur des EGMR aus dem Kapitel 3.3.4. zu verweisen, in denen Roma-Kinder mangels ausreichender Sprachkenntnisse in gesonderten Schulklassen unterrichtet wurden. Laut EGMR handelte es sich dabei um einen Fall von struktureller Diskriminierung, da einem Staat im Hinblick auf die Gewährung des Zuganges zu Dienstleistungen gewisse Leistungspflichten zukommen, was im Zuge dessen auch einer effektiveren Integration dient.

Doch nicht nur die Gewährleistung von Bildungsangeboten, sondern auch die Bekämpfung von strukturellen Barrieren, die den Zugang verhindern, fällt unter die Kategorie „Recht auf Bildung“.416 Dabei ist ebenfalls auf das Angebot an Orientierungs- und Bildungsangeboten für Asylsuchende einzugehen. Um Erwachsenen mit Migrationshintergrund eine vollständige Integration in der österreichischen Gesellschaft gewährleisten zu können, hat die österreichische Volkshochschule bereits im Jahr 2016 einige Maßnahmen entwickelt. Darunter fielen der Ausbau an deutschen Sprachförderkursen, an Kursen zur beruflichen Integration sowie das Ermöglichen von Bildungsabschlüssen. Außerdem stehen den Asylwerbern sog Orientierungskurse zur Verfügung, um sowohl europäische Werte als auch die österreichische Kultur besser kennenzulernen.417 Da zusätzlich, wie bereits im Kap 9.2.1. erwähnt, Sprache als die zentrale Voraussetzung für Integration gilt, ist es ua Aufgabe der Politik genau bei diesem Punkt anzusetzen.

415 Breit/ Schreiner, Familiäre Faktoren und Schulleistung – über Chancen(un)gleichheit, Internet: https://www.bifie.at/buch/815/6/1 (02.04.2017). 416 Mayrhofer, Zugang zu Bildung, 5, Internet: http://bim.lbg.ac.at/sites/files/bim/2%20Zugang%20zu%20Bildung_Monika%20Mayrhofer_Schriftenreihe_Refu geecamp_BIM.pdf (02.04.2017). 417 Feigl, Bildungsarbeit in Zeiten der Migrationsgesellschaft, Internet: http://magazin.vhs.or.at/magazin/2016- 2/260-dezember-2016/schwerpunkt-flucht-migration-bildung/bildungsarbeit-in-zeiten-der- migrationsgesellschaft-mehr-gefragt-denn-je/ (02.04.2017). 102 9.3.3. Mehrsprachigkeit in der Schule

Damit den Kindern mit Migrationshintergrund in Österreich die Möglichkeit gewährt wird sich bestmöglich in der Gesellschaft zu integrieren sowie vom österreichischen Bildungsangebot zu profitieren, ist es aktuell von Bedeutung, dass ihnen eine deutsche Basis-Sprachausbildung zur Verfügung gestellt wird.418

Im Rahmen der interkulturellen Bildung sollte jedoch das Hauptaugenmerk auf die Mehrsprachigkeit einer Gesellschaft gelegt werden. Im Moment werden in Österreichs Schulen zwar einige Fremdsprachen unterrichtet, wobei die Konzentration eher auf der englischen, französischen sowie italienischen Sprache liegt.419 Darüber hinaus sollte jedoch auch die Förderung der jeweiligen Muttersprache der Kinder mit Migrationshintergrund anhand von Muttersprachenunterricht angedacht werden. In diesem Zusammenhang wäre ein Vorschlag an das Bildungsministerium gerichtet, eigene Lehrpläne für Kinder mit Migrationshintergrund zu gestalten, damit deren Sprachkompetenzen gestärkt und weiterhin gefördert werden. Erstens würde dadurch ein noch größeres Netzwerk an kultureller Vielfalt geschaffen werden, zweitens würde eines der größten „Defizite“ von Migrantenkindern verschwinden. Außerdem könnten Kinder mit Migrationshintergrund von Lehrern, die in ihrer Muttersprache mit ihnen sprechen, eine angemessenere Berücksichtigung im Unterricht erlangen, weshalb ihre Leistungen steigen würden.420

9.3.4. Interkulturelle Kommunikation

Damit das Grundrecht auf ein faires Verfahren nach Art 6 EMRK eines jeden Asylwerbers in seinem Verfahren komplett gewährleistet werden kann, ist in diesem Zusammenhang auch von interkultureller Kommunikation zu sprechen. Es gibt zahlreiche Aspekte, die die Kommunikation von Menschen negativ beeinflussen können. Dabei sind va unterschiedliche

418 Fürstenau/ Gomolla, Migration und schulischer Wandel: Unterricht, VS Verlag für Sozialwissenschaften (2009) 14. 419 Österreichisches Sprachenkompetenzzentrum, Fremdsprachenunterricht der Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 2014/15, Internet: http://www.oesz.at/OESZNEU/main_05.php?page=0543&open=96&open2=158 (31.03.2017). 420 Gomolla/ Radtke, Institutionelle Diskriminierung3 287. 103 Denkstile, Gestiken oder die Lautstärke der Stimme zu nennen.421 Beispielsweise gilt in Österreich ein Nicken als Zustimmung, in arabischen Ländern wirft man hierbei jedoch den Kopf zurück.422 Solche minimalen kulturellen Unterschiede können somit leicht zu Irritationen führen.

In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass der Weg zu den öffentlichen Behörden für jeden Migranten sowieso eine enorme Hürde darstellt, da sie hierbei einer asymmetrischen Kommunikation ausgesetzt sind. Sie fühlen sich den Beamten aufgrund von unzureichenden Sprachkenntnissen unterlegen, wobei beispielsweise unbekannte Wortdeutungen, Dialekte etc dazu beitragen. Darüber hinaus sind gerade bei ungewohnten Verhaltensmustern verschiedener Kulturen Verwirrungen möglich.423

Kommunikation in jeglicher Form ist eingebunden in historische, politische oder ähnliche Faktoren. Aus diesem Grund wäre es wichtig, dass sich österreichische, im Asylverfahren tätige Beamte, mit diesen ungleichen Kommunikationsstilen beschäftigen. Darüber hinaus gäbe es die Möglichkeit, dass sie gezielt darauf hintrainiert werden, damit keine unnötigen Missverständnisse mit Asylwerbern entstehen, woraus konstruktivere Gespräche resultieren würden.424 In weiterer Folge könnte aufgrund von rascheren Verfahren eventuell der Arbeitsumfang der Behörden minimiert werden.

9.4. Affirmative-Action-Maßnahmen

Eine andere, umgekehrte Herangehensweise, um Diskriminierungen von ethnischen Minderheiten zu bekämpfen, stellen sog „Affirmative Action“-Programme dar. Darunter werden Strategien „positiver Diskriminierung“ verstanden, bei denen bestimmten sozialen Gruppen in gewissen Bereichen gezielt Vorteile gewährt werden, um deren Ungleichbehandlungen entgegenzuwirken. Dabei handelt es sich va um Aktionen, in denen

421 Hartnack/ Schreiner, Interkulturelle Kommunikation, 4, Internet: http://www.donau- uni.ac.at/imperia/md/content/studium/kultur/ik/publikationen/interkulturelle_kommunikationpdf.pdf (03.04.2017). 422 Weiler, Soziale Kompetenz und Management, 2. Auflage, Books on Demand Verlag (2010) 302. 423 Porilla/ Thije, Gesprächsfibel für interkulturelle Kommunikation in Behörden, Meidenbauer Verlag (2008) 36. ild vermittelt werden könnte.terbeiter dass d e die Eigenschaft "Kriegen und Migrationsbewegungen, die sie miterlebten 104104104104104104 424 Vgl Broszinsky-Schwabe, Interkulturelle Kommunikation, Missverständnisse – Verständigung, VS Verlag für Sozialwissenschaften (2011) 236. 104 Frauen, ethnische Minderheiten oder auch behinderte Personen im Mittelpunkt stehen.425 „Affirmative Action“ versteht sich wie folgt: „Positive Maßnahmen sind angemessene Aktivitäten, die implementiert werden, um eine vollständige und effektive Chancengleichheit für alle Mitglieder von Gruppen zu gewährleisten, die sozial oder wirtschaftlich benachteiligt sind oder anderweitig die Folgen vergangener oder gegenwärtiger Diskriminierung oder Benachteiligung zu erleiden haben.“426

Die Idee stammt aus der Zeit der Bürgerrechtsbewegungen in Amerika aus den 1960er-Jahren, wobei dort anfangs nur Gruppen von ethnischen Minderheiten eine Privilegierung erfuhren. Im Laufe der Zeit fingen auch Frauen in Amerika an davon zu profitieren.427 Hierbei zu erwähnen ist, dass sich diese Form in Europa in umgekehrter Weise entwickelte, da hier eines der ersten und obersten Ziele die Gleichbehandlung von Männern und Frauen war, was in Amerika erst später einen höheren Stellenwert bekam. Erst im Jahr 1999 wurde der damaligen Europäischen Gemeinschaft die Kompetenz übertragen auch Minderheiten zu fördern, indem der neue Art 13 in den EG-Vertrag428 eingefügt wurde. Diese Bestimmung besagte, dass die nationalen Gesetzgeber nunmehr Ungleichbehandlungen, die auf Ursachen wie zB der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion etc basierten, bekämpfen mussten.429

Die Affirmative-Action Maßnahmen sind auf internationaler Ebene höchst umstritten, da sie Kritikern zufolge abermals Diskriminierungen schaffen, indem sie bestehende Ungleichbehandlungen zu bekämpfen versuchen. Nach Cohen würde aus Affirmative-Action Maßnahmen eine noch eklatantere Ungleichheit resultieren, weil dadurch nur die Eliten einer benachteiligten Gruppe Profite erzielen, wohingegen sich die Situation der restlich verbleibenden dieser Gruppe noch mehr verschlechtere.430

Prinzipiell ist festzuhalten, dass positive Maßnahmen eine Ausnahme vom europarechtlichen Diskriminierungsverbot darstellen. Im österreichischen Gleichbehandlungsrecht ist sogar eine Bestimmung enthalten, nach der spezifische Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung im

425 Lach, Umgekehrte Diskriminierungen im Gemeinschaftsrecht, eine Analyse der Rechtsprechung des EuGH zum Merkmal des grenzüberschreitenden Bezugs unter besonderer Berücksichtigung der Unionsbürgerschaft: zugleich ein Beitrag zur Dogmatik der Grundfreiheiten, Internationaler Verlag der Wissenschaften Frankfurt am Main (2008) 11. 426 Europäische Kommission, Internationale Sichtweisen zu positive Maßnahmen: Eine vergleichende Analyse in der Europäischen Union, in Canada, in den USA und in Südafrika (2009) 13. 427 Kaloianov, Affirmative Action für MigrantInnen? Am Beispiel Österreich, Braumüller Verlag (2008) 1. 428 EG-Vertrag, ABl EG C 80/1, idF vom 26.02.2001, Art 13 (ex-Art 6a). 429 Europäische Kommission, Internationale Sichtweisen zu positive Maßnahmen, 26. 430 Vgl Kaloianov, Affirmative Action für MigrantInnen? 95. 105 Berufsleben, mit denen Benachteiligungen wegen eines Diskriminierungsgrundes nach § 17 GlBG verhindert oder ausgeglichen werden, nicht als Diskriminierung gelten (§ 22 GlBG). In diesem Zusammenhang ist das Urteil des EuGH zu nennen, in dem er aussprach, dass eine starre Quotenregelung nicht europarechtskonform sei.431 Deswegen ist eine absolute sowie automatische Bevorzugung von Frauen in der Arbeitswelt verboten. Ausnahmen gelten hierbei jedoch in den Bereichen, in denen das weibliche Geschlecht unterrepräsentiert ist und eine Frau die gleichen Qualifikationen wie ihre Mitbewerber aufweisen kann. Demnach ist eine Bevorzugung der Frau rechtens, obwohl jeder Einzelfall stets nach einer objektiven Beurteilung abzuhandeln ist.

Ein wesentlicher Bereich, in dem vermehrt mithilfe von positiven Diskriminierungen vorzugehen gehöre, zeigt sich am österreichischen Arbeitsmarkt, da die Erwerbstätigenquote von 15 bis 64-jährigen Migranten momentan bei 64,7 Prozent liegt.432 Bei Personen ohne Migrationshintergrund gleichen Alters ergeben sich 72,8 Prozent.433 Wie bereits oben erläutert, stellt die Ausbildungsmöglichkeit einen der Schlüssel zur Integration und Gleichberechtigung dar. Es wäre auch möglich dem Beispiel Schwedens zu folgen. Dort wurden nämlich antidiskriminierende Rechtsvorschriften erlassen, mit denen Unternehmen eher staatliche Aufträge erhalten, wenn sie Diskriminierungen vermeiden, indem sie zB bei ihrer Arbeitnehmerauswahl auch Personen mit Migrationshintergrund berücksichtigten. Lange Zeit waren nämlich auch die politischen Entscheidungsträger Schwedens der Ansicht, dass Rassendiskriminierungen in den Köpfen eines jeden Individuums entstehen und somit nicht so einfach durch Gesetze abgeschafft werden können, bis der amerikanische Richter Earl Warren jedoch statuierte, dass diese Ansicht falsch wäre, da „[...] Vorurteile damit natürlich nicht abgeschafft werden, aber die Nachteile, die anderen aufgrund dieser Vorurteile zugefügt werden, sehr wohl.“ 434.

431 EuGH 11. November 1997, C-409/95 (Marschall gegen Land Nordrhein-Westfalen). 432 OECD Data (2017), Foreign-born employment, Internet: https://data.oecd.org/migration/foreign-born- employment.htm#indicator-chart (03.04.2017). 433 OECD Data (2017), Native-born employment, Internet: https://data.oecd.org/migration/native-born- employment.htm#indicator-chart (03.04.2017). 434 Lappalainen, Ansporn von Führungskräften zur Förderung positiver Maßnahmen, in: Europäische Kommission, Chancengleichheit verwirklichen - Welche Rolle soll positiven Maßnahmen zukommen? 14, Internet: https://heimatkunde.boell.de/sites/default/files/downloads/diversity/EUPositiveManahmenthembroch07_de.pdf (03.04.2017).

106 10. Schlussfolgerungen

Abschließend werden die wichtigsten Erkenntnisse, die ich im Zuge meiner Analyse gewinnen konnte, zusammenfassend dargelegt.

Damit eine anti-rassistische österreichische Asylpolitik erreicht werden kann, wurden von mir mehrere mögliche Ansatzweisen vorgestellt. Erstens wurde konstatiert, dass es von Seiten der Bevölkerung möglich sei gemeinsam für Menschlichkeit zu kämpfen. Im Gegensatz dazu führte ich das Beispiel Schwedens an, wo die Gesetzgebung der schwedischen Politik zu einer Minimierung von Rassismus verholfen hat. Diesen vermeintlichen „Widerspruch“ in Sachen Risikobereiche und Lösungsansätze für die Bekämpfung von institutionellem Rassismus möchte ich wie folgt näher durchleuchten:

Zu den Grundvoraussetzungen, um rassistischen Vorfällen im Asylverfahren entgegenzutreten, gehört auf jeden Fall der politische Wille. Dieser gilt als der Motor für eine materielle Gleichstellung von österreichischen Staatsbürgern und Fremden. Von Seiten der Politik müssten angemessene gesetzliche Rahmenbedingungen entwickelt werden, anhand derer es möglich wird, die Grundrechte von Flüchtlingen und Asylwerbern einzuhalten sowie zu gewähren. Dabei ist zu erwähnen, dass sich Österreich durch den Beitritt zur UNO sowie zur EU verpflichtet hat, die völkerrechtlichen und europarechtlichen Rechtsvorschriften einzuhalten. Demnach wäre als erster Schritt anzudenken, dass sowohl von Seiten der Vereinten Nationen als auch der Europäischen Union grundrechtsfreundlichere Maßnahmen zu schaffen sind, die folglich eine rassistische Politik auf nationaler Ebene verhindern. Demgemäß wäre eine Überarbeitung der Genfer Flüchtlingskonvention längst überfällig, damit die nationalen Politiken der aktuellen Flüchtlingssituation gerecht werden könnten. Darüber hinaus müsste auf europäischer Ebene gemeinsam vorgegangen und eine faire gemeinsame Asylpolitik entwickelt werden, damit diese auf europaweiter Ebene auch effektiv von allen Mitgliedsstaaten umsetzbar wird.

Der nächste Schritt in Richtung anti-rassistische Asylpolitik wäre bereits auf nationaler Ebene anzudenken. Zuallererst müsste an die Politik appelliert werden, dass sie in Bezug auf asyl- und fremdenrechtliche Maßnahmen umzudenken hätte, da es sich hierbei um schutzsuchende Personen handelt, denen internationaler Schutz zusteht und auch zu gewähren ist. Im Laufe der Zeit wurden die relevanten Gesetze in Österreich stets noch strenger, was rassistische Verhaltensweisen begünstigte. Denn anhand der im Kap 7 erläuterten Vorfälle stellten jegliche 107 Gesetzesnovellierungen scheinbar bloß die „Legalisierung“ der jahrelangen, bereits üblichen Praxis der Institutionen dar.435 Außerdem wäre es hilfreich, eine unabhängige Kontrollinstitution auf staatlicher Ebene einzurichten, die über das Handeln der öffentlich- rechtlichen Institutionen in Österreich wacht, damit die Einhaltung der Grundrechte bestmöglich umgesetzt werden kann.

Da außerdem die „rechten“ Wurzeln in Österreich noch fest verankert sind, müsste die Politik den ersten Schritt wagen, um dagegensteuernde Maßnahmen zu setzen. Im Hinblick darauf wäre es hilfreich, dass hierbei ihre Handlungsweisen frei nach dem Motto „Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung“, kritisch hinterfragt werden. Es wäre nämlich dringend erforderlich, dass beispielsweise die Beamtenschaft sowie Österreichs Politiker an Anti- Rassismus-Workshops teilnehmen müssen, wodurch sie gegenüber Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sensibilisiert würden. Bis dato sind viele von ihnen der Annahme, dass das „Andere“ gleichzeitig eine Bedrohung darstelle. Darüber hinaus müssten von Seiten des Bildungsministeriums in Sachen interkultureller Bildung Maßnahmen gesetzt werden, damit eine effektivere Integration von ausländischen Kindern umsetzbar wird. Hierbei wäre eine intensivere Kooperation mit den zahlreichen NGOs empfehlenswert, die sich seit geraumer Zeit für die Rechte von Flüchtlingen und Asylwerbern einsetzen. Vor all diesen Strategien fürchten sich jedoch die meisten politischen Parteien, wie es scheint, da sie damit womöglich riskieren wertvolle Wählerstimmen zu verlieren.

Nunmehr sind wir auf der Ebene der österreichischen Gesellschaft angelangt. Wichtig wäre zunächst, dass sich die Bevölkerung nicht von Seiten mancher Medien gegenüber den „Anderen“ aufhetzen lässt. Die Medien berichten über Themen, die die Gesellschaft und Politik beschäftigen, viel zu oft mit einer sog „Sensationsgeilheit“, wodurch Migranten oftmals in eine Täterrolle gesteckt werden.436 Wie bereits Paul Mecheril konstatiert, sind wir alle betroffen, weshalb es uns allen möglich ist gegenzusteuern.437 Somit müssten wir österreichischen Staatsbürger Bereitschaft zeigen und unsere eigenen Machtverhältnisse hinterfragen. Daraus sollte demnach eigentlich die sensibilisierende Erkenntnis resultieren, dass es keine

435 Vgl Rassistische Hetze und Menschenjagd in Österreich, Internet: http://no-racism.net/article/2429/ (05.04.2017). 436 Butterwegge, Migrationsberichterstattung, Medienpädagogik und politische Bildung, in: Butterwegge/ Hentges (Hrsg), Massenmedien, Migration und Integration, 2. Auflage, VS Verlag für Sozialwissenschaften (2006) 224. 437 Mecheril, in: Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit, Tagungsdokumentation des Fachgesprächs zur „Normalität und Alltäglichkeit des Rassismus“, 11. 108 Unterschiede zwischen „Wir“ und „Sie“ geben dürfte. Wenn sich die österreichische Bevölkerung einig wäre, dass „Andere“ nicht automatisch gefährlich oä wären und sie nach Österreich kommen, weil sie auf unseren Schutz angewiesen sind, würde ein enorm großer Schritt in Richtung Integration in die Gesellschaft erreicht werden.

Somit ist diesbezüglich zusammenzufassen, dass von Seiten der Vereinten Nationen sowie der Europäischen Union eine Gesetzesgrundlage zu schaffen wäre, damit es zu keinem institutionellen Rassismus auf nationaler Ebene kommt. Darüber hinaus ist jedes Individuum angehalten, anhand einer Selbstreflexion umzudenken, wodurch der österreichischen Politik ein fremdenfreundliches Bild vermittelt werden könnte.

„Nicht Herkunft oder Rasse sind das Problem bei der Integration,

das Problem sind die blindwütigen Gläubigen.“438

438 Zitat von Dur, Michael, Internet: https://www.aphorismen.de/zitat/208199 (05.04.2017). 109 II. Literaturverzeichnis

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Asylgerichtshof

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Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EGMR, 13. Juni 1979, Beschwerde Nr 6833/74 (Marckx gegen Belgien). EGMR, 29. April 1988, Beschwerde Nr. 10.328/83 (Belilos gegen Schweiz). EGMR, 12. Dezember 1989, Beschwerde Nr 9783/82 (Kamasinski gegen Österreich). EGMR, 15. November 1996, Beschwerde Nr 22.414/93 (Chahal gegen Großbritannien). EGMR, 2. September 1998, Beschwerde Nr 26.138/95 (Lauko gegen Slowakei). EGMR, 8.12.2005, Beschwerde Nr 74.762/01 (Madani ua gegen Österreich). EGMR, 02.10.2008, Beschwerde Nr 34.082/02 (Rusu gegen Österreich) EGMR, 13. November 2007, Beschwerde Nr 57.325/00 (D.H. and Others vs Czech Republic). EGMR, 16. März 2010, Beschwerde Nr 15.766/03 (Oršuš and Others vs Croatia). EGMR, 21. Januar 2011, Beschwerde Nr 30.696/09 (M.S.S. gegen Belgien und Griechenland) EGMR, 13. Dezember 2015, Beschwerde Nr 55.762/00, 55974/00 (Timishev gegen Russland).

Gerichtshof der Europäischen Union EuGH 11. November 1997, C-409/95 (Marschall gegen Land Nordrhein-Westfalen). EuGH 10.07.2008, C‑54/07 (Centrum voor gelijkheid van kansen en voor racismebestrijding/ Firma Feryn NV). EuGH 17.07.2008, C-303/06 (S. Coleman / Attridge Law und Steve Law). EuGH 16.07.2015, C-83/14 (CHEZ Razpredelenie Bulgaria AD/ Komisia za zashtita ot diskriminatsia).

Unabhängiger Bundesasylsenat UBAS 07.07.2003, 217.204/5-X/30/01. UBAS 20.01.2004, Zl 237.064. UBAS, 19.07.2006, 257.621/8-VIII/22/06.

124 Unabhängiger Verwaltungssenat UVS Niederösterreich 16.01.2008, Senat-FR-08-0003. UVS Niederösterreich 21.01.2008, Senat-FR-08-0006.

Verfassungsgerichtshof VfGH 17.06.1991, B1149/90. VfGH 30.11.1995, B 1691/95. VfGH 11.03.1999, B1159/98; B1160/98; B1161/98. VfGH 08.03.2001, G117/00 ua. VfGH 15.10.2004, G 237/03 ua. VfGH 17.06.2005, B336/05. VfGH 24.06.2006, B362/06.

Verwaltungsgerichtshof VwGH 20.06.1996, 95/19/0062. VwGH 16.04.2002, 99/20/0483/7. VwGH 18.02.2003, 99/01/0446. VwGH 21.12.2006, 2005/20/0267. VwGH 27.02.2007, 2006/21/0311 VwGH 28.06.2007, 2006/21/0051. VwGH 30.08.2007, 2006/21/0054. VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043. VwGH 24.10.2007, 2006/21/0239. VwGH, 07.11.2008, U48/08. VwGH 28.02.2008, 2007/21/0391. VwGH 02.09.2010, 2007/19/1016.

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