Plenarprotokoll 16/224

Deutscher

Stenografischer Bericht

224. Sitzung

Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Inhalt:

Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- – Zweite und dritte Beratung des vom neten , Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei- (Wiesloch) und Dr. Uschi Eid ...... 24543 A nes Gesetzes zur Regelung von Ab- sprachen im Strafverfahren Begrüßung der neuen Abgeordneten (Drucksachen 16/4197, 16/13095) . . . 24546 C Dr. Erika Ober ...... 24543 B c) – Zweite und dritte Beratung des von der Wahl des Abgeordneten Christoph Waitz als Bundesregierung eingebrachten Ent- stellvertretendes Mitglied des Stiftungsrates wurfs eines Gesetzes zur Verfolgung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur . . . . . 24543 B der Vorbereitung von schweren staats- Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- gefährdenden Gewalttaten nung ...... 24543 C (Drucksachen 16/12428, 16/13145) . . 24546 C Absetzung der Tagesordnungspunkte 8, 20 – Zweite und dritte Beratung des von und 30 ...... 24545 C den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Ge- Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . 24545 D setzes zur Verfolgung der Vorberei- tung von schweren staatsgefährden- den Gewalttaten Tagesordnungspunkt 4: (Drucksachen 16/11735, 16/13145) . . 24546 D a) Zweite und dritte Beratung des von der – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesregierung eingebrachten Entwurfs Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei- eines … Gesetzes zur Änderung des nes Gesetzes zur Bekämpfung des Strafgesetzbuches – Strafzumessung bei Aufenthalts in terroristischen Aus- Aufklärungs- und Präventionshilfe (… bildungslagern (… StrÄndG) StrÄndG) (Drucksachen 16/7958, 16/13145) . . . 24546 D (Drucksachen 16/6268, 16/13094) ...... 24546 B d) – Zweite und dritte Beratung des vom b) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei- Bundesregierung eingebrachten Ent- nes Zweiten Gesetzes zur Änderung wurfs eines Gesetzes zur Regelung des Gesetzes über die Entschädi- der Verständigung im Strafverfah- gung für Strafverfolgungsmaßnah- ren men (Drucksachen 16/12310, 16/13095) . . 24546 B (Drucksachen 16/12321, 16/13096) . . 24547 A – Zweite und dritte Beratung des von – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der den Abgeordneten , SPD eingebrachten Entwurfs eines (Köln), , Gesetzes zur Regelung der Verstän- weiteren Abgeordneten und der Frak- digung im Strafverfahren tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein- (Drucksachen 16/11736, 16/13095) . . 24546 C gebrachten Entwurfs eines Gesetzes II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

zur Änderung des Gesetzes über die Entwurfs eines Gesetzes zur Schließung Entschädigung für Strafverfolgungs- kreditwirtschaftlicher Aufsichtslücken maßnahmen (Drucksache 16/12884) ...... 24572 A (Drucksachen 16/11434, 16/13096) . . 24547 A c) Erste Beratung des von den Abgeordneten e) Beschlussempfehlung und Bericht des , Dr. h. c. Jürgen Koppelin, Rechtsausschusses zu dem Antrag der Ab- , weiteren Abgeordneten und geordneten Jörg van Essen, Mechthild der Fraktion der FDP eingebrachten Ent- Dyckmans, , weiterer Ab- wurfs eines Gesetzes zur Verbesserung geordneter und der Fraktion der FDP: An- der parlamentarischen Kontrolle von gemessene Haftentschädigung für Justiz- Maßnahmen zur Finanzmarktstabilisie- opfer sicherstellen rung (Drucksachen 16/10614, 16/13096) . . . . . 24547 A (Drucksache 16/12885) ...... 24572 A f) Zweite und dritte Beratung des von der d) Erste Beratung des von den Abgeordneten Bundesregierung eingebrachten Entwurfs Rainer Brüderle, Florian Toncar, Frank eines Gesetzes zur Änderung des Unter- Schäffler, weiteren Abgeordneten und der suchungshaftrechts Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs (Drucksachen 16/11644, 16/13097) . . . . . 24547 B eines Gesetzes gegen Enteignungen (Drucksache 16/12904) ...... 24572 B , Bundesministerin BMJ ...... 24547 C e) Erste Beratung des von den Abgeordneten Florian Toncar, Frank Schäffler, Jens Jörg van Essen (FDP) ...... 24549 A Ackermann, weiteren Abgeordneten und Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU) ...... 24551 C der Fraktion der FDP eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Stärkung der (DIE LINKE) ...... 24554 C Wettbewerbskonformität von Maßnah- men zur Stabilisierung des Finanz- Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ marktes DIE GRÜNEN) ...... 24555 C (Drucksache 16/12996) ...... 24572 B Dr. Carl-Christian Dressel (SPD) ...... 24555 D f) Zweite und dritte Beratung des von den Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) Abgeordneten Otto Fricke, Rainer Brüderle, (CDU/CSU) ...... 24556 D Jens Ackermann, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Dr. (SPD) ...... 24558 C Entwurfs eines Gesetzes zur Abschaf- Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ fung der Sozialisierung DIE GRÜNEN) ...... 24560 A (Drucksachen 16/3301, 16/7729) ...... 24572 C Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) g) Beschlussempfehlung und Bericht des (CDU/CSU) ...... 24561 A Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Nešković (DIE LINKE) ...... 24563 C , Rainer Brüderle, Ulrike Flach, Dr. (SPD) ...... 24565 A weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Mittelstandsförderung sichern – (CDU/CSU) ...... 24566 C ERP-Vermögen aus der KfW-Banken- gruppe herauslösen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ (Drucksachen 16/8928, 16/11630) ...... 24572 C DIE GRÜNEN) ...... 24567 B (Erfurt) (SPD) ...... 24572 D Joachim Stünker (SPD) ...... 24568 C Florian Toncar (FDP) ...... 24574 B Steffen Kampeter (CDU/CSU) ...... 24575 C Tagesordnungspunkt 5: Otto Fricke (FDP) ...... 24576 D a) Erste Beratung des von den Fraktionen der Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) ...... 24577 B CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortent- (BÜNDNIS 90/ wicklung der Finanzmarktstabilisie- DIE GRÜNEN) ...... 24579 A rung , Parl. Staatssekretär (Drucksache 16/13156) ...... 24572 A BMF ...... 24580 C b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Carl-Ludwig Thiele (FDP) ...... 24582 A Dr. h. c. Jürgen Koppelin, Frank Schäffler, (Weiden) (CDU/CSU) . . . . 24582 D Jens Ackermann, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD) . . . . . 24584 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 III

Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) ...... 24584 C derung des Weingesetzes (Drucksache 16/13158) ...... 24588 C (CDU/CSU) ...... 24586 A j) Antrag der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), , Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Tagesordnungspunkt 46: Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- Bleihaltige Jagdmunition verbieten rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- (Drucksache 16/13173) ...... 24588 C zes zur Bekämpfung der Steuerhinterzie- k) Antrag der Abgeordneten Jan Mücke, hung (Steuerhinterziehungsbekämpfungs- Hans-Michael Goldmann, gesetz) (Bayreuth), weiterer Abgeordneter und (Drucksache 16/13106) ...... 24587 D der Fraktion der FDP: Rechte der Flug- b) Erste Beratung des von der Bundesregie- gäste stärken rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- (Drucksache 16/12997) ...... 24588 C zes zur Bekämpfung der Kinderporno- graphie in Kommunikationsnetzen l) Unterrichtung durch die Bundesregierung: (Drucksache 16/13125) ...... 24587 D Strategie der Bundesregierung zur Inter- nationalisierung von Wissenschaft und c) Erste Beratung des von der Bundesregie- Forschung – Deutschlands Rolle in der rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- globalen Wissensgesellschaft stärken zes über die Akkreditierungsstelle (Ak- (Drucksache 16/8338) ...... 24588 D kreditierungsstellengesetz – AkkStelleG) (Drucksache 16/13126) ...... 24587 D m) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Masterplan Güterverkehr und Logistik d) Erste Beratung des von der Bundesregie- (Drucksache 16/10049) ...... 24588 D rung eingebrachten Entwurfs eines Fünf- ten Gesetzes zur Änderung des Straßen- n) Unterrichtung durch die Bundesregierung: verkehrsgesetzes Hauptgutachten 2007 des Wissenschaft- (Drucksache 16/13108) ...... 24588 A lichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen „Welt e) Erste Beratung des von der Bundesregie- im Wandel – Sicherheitsrisiko Klima- rung eingebrachten Entwurfs eines Sechs- wandel“ ten Gesetzes zur Änderung des Straßen- und verkehrsgesetzes Stellungnahme der Bundesregierung (Drucksache 16/13109) ...... 24588 A (Drucksache 16/11600) ...... 24589 A f) Erste Beratung des von der Bundesregie- o) Unterrichtung durch den Deutschen Ethik- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- rat: Jahresbericht 2008 zes zu den Beschlüssen vom (Drucksache 16/12510) ...... 24589 A 24. September 2004 zur Änderung des Rotterdamer Übereinkommens vom 10. September 1998 über das Verfahren der vorherigen Zustimmung nach In- Zusatztagesordnungspunkt 2: kenntnissetzung für bestimmte gefährli- a) Erste Beratung des von der Bundesregie- che Chemikalien sowie Pflanzenschutz- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- und Schädlingsbekämpfungsmittel im zes zu der Änderung des Übereinkom- internationalen Handel mens vom 25. Juni 1998 über den Zugang (Drucksache 16/13110) ...... 24588 A zu Informationen, die Öffentlichkeitsbe- g) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- teiligung an Entscheidungsverfahren und brachten Entwurfs eines Gesetzes zur den Zugang zu Gerichten in Umweltan- Durchführung gemeinschaftsrechtlicher gelegenheiten (Erstes Åarhus-Änderungs- Vorschriften über das Schulobstpro- Übereinkommen) gramm (Schulobstgesetz – SchulObG) (Drucksache 16/13115) ...... 24589 B (Drucksache 16/13111) ...... 24588 B b) Erste Beratung des von den Fraktionen der h) Erste Beratung des von der Bundesregie- CDU/CSU und der SPD eingebrachten rung eingebrachten Entwurfs eines Vier- Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung ten Gesetzes zur Änderung des Rind- des Gesetzes über die Sicherung der fleischetikettierungsgesetzes Bauforderungen (Drucksache 16/13112) ...... 24588 B (Drucksache 16/13159) ...... 24589 B i) Erste Beratung des von den Fraktionen der c) Erste Beratung des von den Abgeordneten CDU/CSU und der SPD eingebrachten Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Gisela Piltz, Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Än- Dr. , weiteren Abgeordneten IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

und der Fraktion der FDP eingebrachten c) Beschlussempfehlung und Bericht des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- des Gesetzes über den Aufenthalt, die gie zu dem Antrag der Abgeordneten Paul Erwerbstätigkeit und die Integration K. Friedhoff, Dr. , Rainer von Ausländern im Bundesgebiet (Auf- Brüderle, weiterer Abgeordneter und der enthaltsgesetz – AufenthG) Fraktion der FDP: Sozialverträgliche Be- (Drucksache 16/13160) ...... 24589 B endigung des subventionierten Stein- kohlebergbaus beschleunigen d) Antrag der Abgeordneten Renate Künast, (Drucksachen 16/8772, 16/10508) ...... 24590 D Peter Hettlich, , weite- rer Abgeordneter und der Fraktion d) Beschlussempfehlung und Bericht des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Alternati- Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- ven zum Weiterbau der Bundesauto- entwicklung zu der Unterrichtung durch bahn A 100 in Berlin die Bundesregierung: Vorschlag für eine (Drucksache 16/13172) ...... 24589 C Richtlinie des Europäischen Parlaments e) Antrag der Abgeordneten Volker Beck und des Rates zur Festlegung eines (Köln), , Dr. Thea Dückert, Rahmens für die Einführung intelligen- weiterer Abgeordneter und der Fraktion ter Verkehrssysteme im Straßenverkehr BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Transpa- und für deren Schnittstellen zu anderen renz schaffen – Verbindliches Register Verkehrsträgern (inkl. 17564/08 ADD 1 für Interessenvertreterinnen und Inter- und 17564/08 ADD 2) (ADD 1 in Eng- essenvertreter einführen lisch) (Drucksache 16/13174) ...... 24589 C KOM(2008) 887 endg.; Ratsdok. 17564/ 08 f) Antrag der Abgeordneten Winfried Hermann, (Drucksachen 16/11819 Nr. A.22, 16/12980) 24591 A Katrin Göring-Eckardt, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion e) Beschlussempfehlung und Bericht des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Doping- Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- vergangenheit umfassend aufarbeiten entwicklung zu dem Antrag der Abgeord- (Drucksache 16/13175) ...... 24589 D neten Markus Kurth, , Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter g) Antrag der Abgeordneten Undine Kurth und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE (Quedlinburg), Katrin Göring-Eckardt, GRÜNEN: Vergaberecht konsequent so- Peter Hettlich, weiterer Abgeordneter und zial gestalten – Gemeinnützige Unter- der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nehmen nicht benachteiligen NEN: Umsetzungsgesetz für UNESCO- (Drucksachen 16/12694, 16/13155) . . . . . 24591 A Welterbeübereinkommen vorlegen (Drucksache 16/13176) ...... 24589 D f) – p) h) Antrag der Abgeordneten Klaus Riegert, Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- , , wei- schusses: Sammelübersichten 565, 566, terer Abgeordneter und der Fraktion der 567, 568, 569, 570, 571, 572, 573, 574 CDU/CSU sowie der Abgeordneten Swen und 575 zu Petitionen Schulz (Spandau), , Dr. (Drucksachen 16/13004, 16/13005, Peter Danckert, weiterer Abgeordneter 16/13006, 16/13007, 16/13008, 16/13009, und der Fraktion der SPD: Sport fördert 16/13010, 16/13011, 16/13012, 16/13013 Integration 16/13014) ...... 24591 C (Drucksache 16/13177) ...... 24590 A

Zusatztagesordnungspunkt 3: Tagesordnungspunkt 47: Beschlussempfehlung und Bericht des Rechts- a) Zweite und dritte Beratung des von der ausschusses Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Vereinfachung und – zu dem Antrag der Abgeordneten Mechthild Modernisierung des Patentrechts Dyckmans, Sabine Leutheusser- (Drucksachen 16/11339, 16/13099) . . . . . 24590 B Schnarrenberger, Jörg van Essen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: b) Zweite und dritte Beratung des von der Vorschlag für einen Rahmenbeschluss Bundesregierung eingebrachten Entwurfs des Rates über die Europäische Über- eines Sechsten Gesetzes zur Änderung wachungsanordnung in Ermittlungs- eisenbahnrechtlicher Vorschriften verfahren innerhalb der Europäischen (Drucksachen 16/12587, 16/13184) . . . . . 24590 C Union (Ratsdok. 17002/08) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 V

– zu dem Antrag der Abgeordneten Jerzy – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Montag, Volker Beck (Köln), Ekin Deligöz, , Dr. , weiterer Abgeordneter und der Fraktion , weiterer Abgeordneter und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Europäi- der Fraktion DIE LINKE: Schaffung sche Überwachungsanordnung rechts- einer gerechten Versorgungslösung staatlich absichern – Stellungnahme für die vormalige berufsbezogene gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grund- Zuwendung für Ballettmitglieder in gesetzes der DDR (Drucksachen 16/12733, 16/12856(neu), – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. 16/13101) ...... 24592 C Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Rege- lung der Ansprüche der Bergleute Zusatztagesordnungspunkt 4: der Braunkohleveredlung Beschlussempfehlung des Ausschusses nach – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungs- Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, ausschuss) zu dem Gesetz zur Änderung des Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbu- und der Fraktion DIE LINKE: Beseiti- ches sowie anderer Vorschriften gung von Rentennachteilen für Zei- (Drucksachen 16/8100, 16/12315, 16/13079, ten der Pflege von Angehörigen in 16/13210) ...... 24593 A der DDR – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Tagesordnungspunkt 6: Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter a) Zweite und dritte Beratung des von den und der Fraktion DIE LINKE: Ren- Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. tenrechtliche Anerkennung für feh- Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiteren Abge- lende Zeiten von Land- und Forst- ordneten und der Fraktion DIE LINKE wirten, Handwerkern und anderen eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Selbständigen sowie deren mithel- Gesetzes zur Änderung des Anspruchs- fenden Familienangehörigen aus der und Anwartschaftsüberführungsgesetzes DDR (2. AAÜG-ÄndG) – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. (Drucksachen 16/7035, 16/13055) ...... 24593 A Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, b) Beschlussempfehlung und Bericht des Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter Ausschusses für Arbeit und Soziales und der Fraktion DIE LINKE: Ren- tenrechtliche Anerkennung von – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. zweiten Bildungswegen und Aspi- Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, ranturen in der DDR Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Diskriminierungen und Ungerech- Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, tigkeiten gegenüber Älteren in den Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter neuen Bundesländern bei der Über- und der Fraktion DIE LINKE: Ren- leitung von DDR-Alterssicherungen tenrechtliche Anerkennung von in das bundesdeutsche Recht DDR-Sozialversicherungsregelungen für ins Ausland mitreisende Ehe- – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. partnerinnen und Ehepartner sowie Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, von im Ausland erworbenen renten- Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter rechtlichen Zeiten und der Fraktion DIE LINKE: Ge- rechte Alterseinkünfte für Beschäf- – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. tigte im Gesundheits- und Sozialwe- Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, sen der DDR Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Ren- – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. tenrechtliche Anerkennung aller Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, freiwilligen Beiträge aus DDR-Zei- Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter ten und der Fraktion DIE LINKE: Ge- rechte Lösung für die rentenrechtli- – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. che Situation von in der DDR Ge- Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, schiedenen Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

und der Fraktion DIE LINKE: Kein und der Fraktion der FDP: Faires Versorgungsunrecht bei den Zu- Nachversicherungsangebot zur Ver- satz- und Sonderversorgungen der einheitlichung des Rentenrechts in DDR Ost und West – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. (Drucksachen 16/7019, 16/7020, 16/7021, Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, 16/7022, 16/7023, 16/7024, 16/7025, 16/7026, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter 16/7027, 16/7028, 16/7029, 16/7030, 16/7031, und der Fraktion DIE LINKE: Rege- 16/7032, 16/7033, 16/7034, 16/11684, 16/11236, lung der Ansprüche und Anwart- 16/13055) ...... 24593 B schaften auf Alterssicherung für An- gehörige der Deutschen Reichsbahn in Verbindung mit – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Ange- Zusatztagesordnungspunkt 5: messene Altersversorgung für Pro- Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- fessorinnen und Professoren neuen schusses für Arbeit und Soziales Rechts, Ärztinnen und Ärzte im öf- fentlichen Dienst, Hochschullehre- – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. rinnen und Hochschullehrer, Be- Heinrich L. Kolb, Jens Ackermann, schäftigte universitärer und anderer , weiterer Abgeordneter wissenschaftlicher außeruniversitä- und der Fraktion der FDP: Für ein ein- rer Einrichtungen in den neuen heitliches Rentenrecht in Ost und West Bundesländern – zu dem Antrag der Abgeordneten Irmingard – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Schewe-Gerigk, Cornelia Behm, Birgitt Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Bender, weiterer Abgeordneter und der Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: und der Fraktion DIE LINKE: Schaf- Rentenwert in Ost und West angleichen fung einer angemessenen Altersver- (Drucksachen 16/9482, 16/10375, 16/13201) 24594 C sorgung für Beschäftigte des öffent- lichen Dienstes, die nach 1990 ihre Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär Tätigkeit fortgesetzt haben BMAS ...... 24594 D – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) ...... 24596 D Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, (CDU/CSU) ...... 24598 D Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Schaf- Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) ...... 24600 C fung einer angemessenen Altersver- Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) ...... 24602 B sorgung für Angehörige von Bun- deswehr, Zoll und Polizei, die nach Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ 1990 ihre Tätigkeit fortgesetzt ha- DIE GRÜNEN) ...... 24603 B ben (CDU/CSU) ...... 24605 A – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Klaas Hübner (SPD) ...... 24606 B Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter Franz Romer (CDU/CSU) ...... 24608 C und der Fraktion DIE LINKE: Ein- heitliche Regelung der Altersversor- Namentliche Abstimmungen ...... 24610 B gung für Angehörige der techni- schen Intelligenz der DDR Ergebnisse ...... 24619 C – zu dem Antrag der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Peter Hettlich, Dr. Thea Dückert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Tagesordnungspunkt 7: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ver- – Beschlussempfehlung und Bericht des sorgung für Geschiedene aus den Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag neuen Bundesländern verbessern der Bundesregierung: Fortsetzung der – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. deutschen Beteiligung an der interna- Heinrich L. Kolb, Jan Mücke, Jens tionalen Sicherheitspräsenz im Kosovo Ackermann, weiterer Abgeordneter auf der Grundlage der Resolution 1244 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 VII

(1999) des Sicherheitsrates der Verein- sicherung und zur Änderung und An- ten Nationen vom 10. Juni 1999 und des passung weiterer Vorschriften Militärisch-Technischen Abkommens (Drucksachen 16/11608, 16/13213) . . 24622 B zwischen der internationalen Sicher- c) Beschlussempfehlung und Bericht des heitspräsenz (KFOR) und den Regie- Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- rungen der Bundesrepublik Jugosla- entwicklung wien (jetzt: Republik Serbien) und der Republik Serbien vom 9. Juni 1999 – zu dem Antrag der Abgeordneten Jan (Drucksachen 16/12881, 16/13204) . . . . . 24610 D Mücke, Horst Friedrich (Bayreuth), Patrick Döring, weiterer Abgeordneter – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß und der Fraktion der FDP: Zukunft § 96 der Geschäftsordnung der Flugsicherung verfassungskon- (Drucksache 16/13216) form gestalten Detlef Dzembritzki (SPD) ...... 24611 A – zu dem Antrag der Abgeordneten Do- Harald Leibrecht (FDP) ...... 24612 D rothée Menzner, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. , weiterer Abge- Philipp Mißfelder (CDU/CSU) ...... 24613 D ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Monika Knoche (DIE LINKE) ...... 24614 C Deutsche Flugsicherung europarecht- lichen Rahmenbedingungen anpas- (Bremen) (BÜNDNIS 90/ sen DIE GRÜNEN) ...... 24615 D (Drucksachen 16/7133, 16/3803, 16/11168) 24622 C (SPD) ...... 24616 D (SPD) ...... 24622 D Robert Hochbaum (CDU/CSU) ...... 24618 A Jan Mücke (FDP) ...... 24626 A Namentliche Abstimmung ...... 24621 D Norbert Königshofen (CDU/CSU) ...... 24627 C Dorothée Menzner (DIE LINKE) ...... 24629 A Ergebnis ...... 24623 D Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 24630 A Ulrich Kasparick, Parl. Staatssekretär Tagesordnungspunkt 10: BMVBS ...... 24631 B a) – Zweite und dritte Beratung des von der Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU) ...... 24632 A Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung (SPD) ...... 24633 A des Grundgesetzes (Artikel 87 d) (Drucksachen 16/13105, 16/13217) . . 24622 A Namentliche Abstimmung ...... 24633 C – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der Ergebnis ...... 24634 D SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grund- gesetzes (Artikel 87 d) (Drucksachen 16/12280, 16/13217) . . 24622 A Tagesordnungspunkt 9: b) – Zweite und dritte Beratung des von Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- den Fraktionen der CDU/CSU und der schusses für Ernährung, Landwirtschaft und SPD eingebrachten Entwurfs eines Verbraucherschutz zu dem Antrag der Abge- Gesetzes zur Änderung luftver- ordneten Ulrike Höfken, Thilo Hoppe, Ute kehrsrechtlicher Vorschriften Koczy, weiterer Abgeordneter und der Frak- (Drucksachen 16/12279, 16/13213) . . 24622 B tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Milch- Exportsubventionen sofort stoppen – Wei- – Zweite und dritte Beratung des von der tere Zerstörung der Märkte in Entwick- Bundesregierung eingebrachten Ent- lungsländern verhindern wurfs eines Gesetzes zur Änderung (Drucksachen 16/12308, 16/13119) ...... 24634 C luftverkehrsrechtlicher Vorschriften (Drucksachen 16/13107, 16/13213) . . 24622 A (CDU/CSU) ...... 24637 A – Zweite und dritte Beratung des von der Hans-Michael Goldmann (FDP) ...... 24639 A Bundesregierung eingebrachten Ent- Manfred Zöllmer (SPD) ...... 24640 B wurfs eines Gesetzes zur Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für Flug- Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE) ...... 24641 A VIII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/ Heinz Lanfermann, weiterer Abgeord- DIE GRÜNEN) ...... 24642 A neter und der Fraktion der FDP: Kon- trollierte Heroinabgabe in die Regel- (SPD) ...... 24643 B versorgung aufnehmen (Drucksachen 16/12238, 16/2075, 16/2503, Namentliche Abstimmung ...... 24644 B 16/3840, 16/13021) ...... 24644 C c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ergebnis ...... 24646 D Ausschusses für Gesundheit – zu dem Antrag der Abgeordneten Detlef Parr, (Münster), Tagesordnungspunkt 12: Heinz Lanfermann, weiterer Abgeord- a) – Zweite und dritte Beratung des von neter und der Fraktion der FDP: Rege- den Abgeordneten Dr. Carola Reimann, lung zur Substitutionsbehandlung Detlef Parr, Frank Spieth und weiteren Opiatabhängiger praxisnah gestal- Abgeordneten eingebrachten Entwurfs ten – Rechtssicherheit für substituie- eines Gesetzes zur diamorphinge- rende Ärzte schaffen stützten Substitutionsbehandlung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. (Drucksachen 16/11515, 16/13021) . . 24644 B Harald Terpe, Birgitt Bender, Elisabeth – Zweite und dritte Beratung des vom Scharfenberg, weiterer Abgeordneter Bundesrat eingebrachten Entwurfs ei- und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE nes Gesetzes über die diamorphinge- GRÜNEN: Versorgungsqualität der stützte Substitutionsbehandlung Substitutionsbehandlung für Opiat- (Drucksachen 16/7249, 16/13021) . . . 24644 B abhängige verbessern – Zweite und dritte Beratung des von (Drucksachen 16/6795, 16/8212, 16/12513) 24644 D den Abgeordneten Jens Ackermann, Dr. Carola Reimann (SPD) ...... 24645 B Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt und weiteren Abgeordneten einge- Detlef Parr (FDP) ...... 24649 A brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Dr. Stephan Eisel (CDU/CSU) ...... 24650 A Änderung des Betäubungsmittelge- setzes und anderer Vorschriften (CDU/CSU) ...... 24650 D (Drucksachen 16/4696, 16/13021) . . . 24644 B Monika Knoche (DIE LINKE) ...... 24652 C b) Beschlussempfehlung und Bericht des Jens Spahn (CDU/CSU) ...... 24653 C Ausschusses für Gesundheit Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ – zu dem Antrag der Abgeordneten Jens DIE GRÜNEN) ...... 24654 A Spahn, Maria Eichhorn, Dr. Hans Georg Faust und weiterer Abgeordneter: Aus- Marion Caspers-Merk, Parl. Staatssekretärin stiegsorientierte Drogenpolitik fort- BMG ...... 24655 C führen – Künftige Optionen durch Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU) ...... 24656 D ein neues Modellprojekt zur heroin- gestützten Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger evaluieren Namentliche Abstimmung ...... 24658 D – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Elisabeth Ergebnis ...... 24658 D Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gesetzliche Vorausset- Tagesordnungspunkt 11: zungen für heroingestützte Behand- lung Schwerstabhängiger schaffen Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau und Stadtentwick- – zu dem Antrag der Abgeordneten lung zu dem Antrag der Abgeordneten Jan Monika Knoche, Ulla Jelpke, Frank Mücke, Horst Friedrich (Bayreuth), Patrick Spieth, weiterer Abgeordneter und der Döring, weiterer Abgeordneter und der Frak- Fraktion DIE LINKE: Heroinmodell tion der FDP: Konjunktur jetzt stärken – in die Regelversorgung überführen Überlange Planungszeiten verhindern und Therapiefreiheit der Ärztinnen (Drucksachen 16/11750, 16/13120) ...... 24661 C und Ärzte schützen Jörg Vogelsänger (SPD) ...... 24661 D – zu dem Antrag der Abgeordneten Detlef Parr, Daniel Bahr (Münster), Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP) ...... 24661 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 IX

Renate Blank (CDU/CSU) ...... 24663 D Sevim Dağdelen (DIE LINKE) ...... 24674 D Lutz Heilmann (DIE LINKE) ...... 24665 D (CDU/CSU) ...... 24678 B Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/ (FDP) ...... 24681 A DIE GRÜNEN) ...... 24666 D Klaus Uwe Benneter (SPD) ...... 24682 A Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . 24683 C Tagesordnungspunkt 14: (CDU/CSU) ...... 24684 A – Zweite und dritte Beratung des von den Klaus Uwe Benneter (SPD) ...... 24684 B Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ zur Änderung des Gesetzes zur Errich- DIE GRÜNEN) ...... 24684 C tung eines Sondervermögens „Investi- tions- und Tilgungsfonds“ Namentliche Abstimmungen ...... 24686 A, B (Drucksachen 16/12662, 16/13214) . . . . . 24668 A – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß Ergebnisse ...... 24690 . . . . . A. , 24688 A § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 16/13215) ...... 24668 B (CDU/CSU) ...... 24668 B Tagesordnungspunkt 16: (SPD) ...... 24669 D a) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, Otto Fricke (FDP) ...... 24670 B SPD und FDP: Vereinbarung über Zu- sammenarbeit in Angelegenheiten der Ulla Lötzer (DIE LINKE) ...... 24671 B Europäischen Union ist einzigartig in Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ Europa – Auslegungsfragen müssen ge- DIE GRÜNEN) ...... 24672 A klärt, noch bestehende Defizite beseitigt werden (SPD) ...... 24673 A (Drucksache 16/13169) ...... 24686 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Namentliche Abstimmung ...... 24674 A Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union zu dem Antrag der Ergebnis ...... 24676 C Abgeordneten Rainder Steenblock, Jürgen Trittin, , weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Zwei Jahre Europa-Ver- Tagesordnungspunkt 13: einbarung – Bundesregierung muss ihre a) Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Verpflichtungen unverzüglich vollstän- Wolfgang Nešković, Ulla Jelpke, weiterer dig erfüllen Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: (Drucksachen 16/12109, 16/13205) . . . . . 24686 B Teilhabe ermöglichen – Kommunales Michael Roth (Heringen) (SPD) ...... 24686 C Wahlrecht einführen (Drucksache 16/13165) ...... 24674 B Markus Löning (FDP) ...... 24692 B b) Zweite und dritte Beratung des von den Michael Stübgen (CDU/CSU) ...... 24693 C Abgeordneten Josef Philip Winkler, (DIE LINKE) ...... 24694 C Volker Beck (Köln), , weite- ren Abgeordneten und der Fraktion Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrach- DIE GRÜNEN) ...... 24695 B ten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- Axel Schäfer (Bochum) (SPD) ...... 24696 B rung des Grundgesetzes (Kommunales Ausländerwahlrecht) Volker Schneider (Saarbrücken) (Drucksachen 16/6628, 16/13033) ...... 24674 C (DIE LINKE) ...... 24696 D c) Beschlussempfehlung und Bericht des In- (CDU/CSU) ...... 24697 B nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Sevim Dağdelen, Katrin Kunert, , weiterer Abgeordneter und der Tagesordnungspunkt 15: Fraktion DIE LINKE: Kommunales Wahlrecht für Drittstaatenangehörige Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- einführen schusses für Verkehr, Bau und Stadtentwick- (Drucksachen 16/5904, 16/13033) ...... 24674 C lung X Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Mechthild Dyckmans (FDP) ...... 24708 D Enkelmann, Dr. Gesine Lötzsch, Dorothée Menzner, weiterer Abgeordneter und der Wolfgang Nešković (DIE LINKE) ...... 24709 D Fraktion DIE LINKE: Schnellstmögliche Dr. (BÜNDNIS 90/ Einführung eines generellen Tempoli- DIE GRÜNEN) ...... 24710 B mits von 130 Stundenkilometern auf Bundesautobahnen Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ ...... 24711 B – zu dem Antrag der Abgeordneten , Dr. , Winfried Hermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tagesordnungspunkt 19: Tempolimit 130 km/h auf Autobahnen sofort einführen Antrag der Abgeordneten Dr. , Monika Knoche, Hüseyin-Kenan Aydin, wei- (Drucksachen 16/6932, 16/6894, 16/9321) . . 24698 C terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Soziale Fortschrittsklausel in die Dorothée Menzner (DIE LINKE) ...... 24698 D EU-Verträge einfügen Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ (Drucksache 16/13056) ...... 24712 B DIE GRÜNEN) ...... 24699 C Alexander Ulrich (DIE LINKE) ...... 24712 B Thomas Silberhorn (CDU/CSU) ...... 24713 B Tagesordnungspunkt 18: Markus Löning (FDP) ...... 24714 A Zweite Beratung und Schlussabstimmung des Dr. Eva Högl (SPD) ...... 24715 A von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu der Satzung vom Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ 26. Januar 2009 der Internationalen Orga- DIE GRÜNEN) ...... 24716 D nisation für erneuerbare Energien (Drucksachen 16/12789, 16/13122, 16/13202) 24700 B Dr. (SPD) ...... 24700 C Tagesordnungspunkt 24: Dr. (CDU/CSU) ...... 24701 C Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Umwelt, Naturschutz und Reak- Hans-Kurt Hill (DIE LINKE) ...... 24703 B torsicherheit Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ – zu dem Antrag der Abgeordneten Ingbert DIE GRÜNEN) ...... 24703 D Liebing, Marie-Luise Dött, , Ulrich Kelber (SPD) ...... 24704 D weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten , Christoph Pries, Marco Bülow, Tagesordnungspunkt 17: weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Delfinschutz voranbringen Antrag der Abgeordneten Burkhardt Müller- Sönksen, , Florian Toncar, – zu dem Antrag der Abgeordneten Undine weiterer Abgeordneter und der Fraktion der Kurth (Quedlinburg), Bärbel Höhn, Ulrike FDP: Menschenrechte von Lesben, Schwu- Höfken, weiterer Abgeordneter und der len, Bisexuellen und Transgendern in Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Deutschland und weltweit schützen Die Gefangenschaft von Delfinen unver- (Drucksache 16/12886) ...... 24705 C züglich beenden (Drucksachen 16/12868, 16/9102, 16/13203) 24717 D

Tagesordnungspunkt 22: (CDU/CSU) ...... 24718 A Zweite und dritte Beratung des von der Bun- Christoph Pries (SPD) ...... 24719 B desregierung eingebrachten Entwurfs eines Mechthild Rawert (SPD) ...... 24719 D Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärs- rechterichtlinie (ARUG) (FDP) ...... 24720 C (Drucksachen 16/11642, 16/13098) ...... 24705 D Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) ...... 24721 D Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . . 24706 A Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ Klaus Uwe Benneter (SPD) ...... 24707 D DIE GRÜNEN) ...... 24722 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 XI

Tagesordnungspunkt 21: Tagesordnungspunkt 23: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- a) Zweite und dritte Beratung des von den schusses für Familie, Senioren, Frauen und Abgeordneten Gudrun Kopp, Martin Zeil, Jugend zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, weiteren Abgeordneten Britta Haßelmann, Ekin Deligöz, Kai Gehring, und der Fraktion der FDP eingebrachten weiterer Abgeordneter und der Fraktion Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Diskriminie- wettbewerblicher Strukturen im Markt rende Altersgrenzen im Bereich des bür- für Postdienstleistungen (PostWettG) gerschaftlichen Engagements aufheben (Drucksachen 16/8906, 16/13152) ...... 24733 C (Drucksachen 16/9630, 16/12985) ...... 24723 C b) Beschlussempfehlung und Bericht des Markus Grübel (CDU/CSU) ...... 24723 D Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- Angelika Graf (Rosenheim) (SPD) ...... 24724 D gie zu dem Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, Martin Sönke Rix ...... 24725 C Zeil, weiterer Abgeordneter und der Frak- Sibylle Laurischk (FDP) ...... 24726 C tion der FDP: Wettbewerbsintensität im Binnenmarkt für Postdienstleistungen Elke Reinke (DIE LINKE) ...... 24727 B erhöhen Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ (Drucksachen 16/8773, 16/13152) ...... 24733 D DIE GRÜNEN) ...... 24728 A c) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Martin Zeil, Frank Schäffler, Tagesordnungspunkt 26: Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Keine Vor- a) Erste Beratung des von den Fraktionen der zugsbehandlung der Deutschen Post CDU/CSU und der SPD eingebrachten AG bei der Umsatzsteuer Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des (Drucksachen 16/676, 16/8809) ...... 24734 A Transsexuellengesetzes (Transsexuellen- gesetz-Änderungsgesetz – TSG-ÄndG) Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) ...... 24734 A (Drucksache 16/13157) ...... 24728 C (SPD) ...... 24735 A b) Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Lydia Westrich (SPD) ...... 24736 B Höll, Dr. , Werner Dreibus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Gudrun Kopp (FDP) ...... 24736 D DIE LINKE: Transsexuellengesetz auf- Sabine Zimmermann (DIE LINKE) ...... 24738 A heben – Rechtliche Gestaltungsmöglich- keiten für Transsexuelle, Transgender Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ und Intersexuelle schaffen DIE GRÜNEN) ...... 24738 C (Drucksache 16/12893) ...... 24728 D in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 28: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau und Stadtentwick- Zusatztagesordnungspunkt 6: lung Erste Beratung des von den Abgeordneten – zu dem Entschließungsantrag der Abge- Irmingard Schewe-Gerigk, Volker Beck (Köln), ordneten , , Kai Gehring, weiteren Abgeordneten und der , weiterer Abgeordneter und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- der Fraktion der CDU/CSU sowie der Ab- brachten Entwurfs eines Gesetzes über die geordneten Klaas Hübner, Andrea Änderung der Vornamen und die Feststel- Wicklein, (Neuruppin), weite- lung der Geschlechtszugehörigkeit (ÄVFGG) rer Abgeordneter und der Fraktion der (Drucksache 16/13154) ...... 24728 D SPD zu der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Jahresbericht der Bundes- (CDU/CSU) ...... 24729 A regierung zum Stand der deutschen (SPD) ...... 24730 B Einheit 2008 Gisela Piltz (FDP) ...... 24731 B – zu dem Entschließungsantrag der Abge- ordneten Dr. Gesine Lötzsch, Roland Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) ...... 24732 A Claus, Dr. Barbara Höll, weiterer Abge- Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ ordneter und der Fraktion DIE LINKE zu DIE GRÜNEN) ...... 24732 D der Unterrichtung durch die Bundesregie- XII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

rung: Jahresbericht der Bundesregie- vom 1. Oktober 2008 über die Vertie- rung zum Stand der deutschen Einheit fung der Zusammenarbeit bei der Ver- 2008 hinderung und Bekämpfung schwer- wiegender Kriminalität – zu der Unterrichtung durch die Bundesre- (Drucksachen 16/13124, 16/13186) . . . . . 24750 A gierung: Jahresbericht der Bundesregie- rung zum Stand der deutschen Einheit (CDU/CSU) ...... 24750 B 2008 Wolfgang Gunkel (SPD) ...... 24751 B (Drucksachen 16/10852, 16/10854, 16/10454, 16/13121) ...... 24739 C Gisela Piltz (FDP) ...... 24752 B Ulrich Kasparick, Parl. Staatssekretär (DIE LINKE) ...... 24753 C BMVBS ...... 24740 A Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) ...... 24741 A DIE GRÜNEN) ...... 24754 B (DIE LINKE) ...... 24742 C Iris Gleicke (SPD) ...... 24743 D Tagesordnungspunkt 27: Antrag der Abgeordneten Cornelia Behm, Ulrike Höfken, Hans-Josef Fell, weiterer Ab- Tagesordnungspunkt 25: geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- DIE GRÜNEN: Neuregelung der Gewässer- schusses für Familie, Senioren, Frauen und privatisierung in Ostdeutschland Jugend zu dem Antrag der Abgeordneten (Drucksache 16/12994) ...... 24755 A Dr. Barbara Höll, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Michael Luther (CDU/CSU) ...... 24755 A , weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gleichstellung der Ernst Bahr (Neuruppin) (SPD) ...... 24756 A Geschlechter in der Privatwirtschaft durch Dr. Claudia Winterstein (FDP) ...... 24756 C wirksame gesetzliche Regelungen fördern (Drucksachen 16/9486, 16/12986) ...... 24745 A Dr. (DIE LINKE) ...... 24757 B Dr. Eva Möllring (CDU/CSU) ...... 24745 A Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 24758 A Renate Gradistanac (SPD) ...... 24746 B (SPD) ...... 24747 A Ina Lenke (FDP) ...... 24748 A Tagesordnungspunkt 34: Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) ...... 24748 C Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ Gesetzes zur Änderung medizinprodukte- DIE GRÜNEN) ...... 24749 A rechtlicher Vorschriften (Drucksachen 16/12258, 16/12676, 16/13211) . 24758 C Jens Spahn (CDU/CSU) ...... 24758 D Tagesordnungspunkt 32: Dr. Marlies Volkmer (SPD) ...... 24759 D a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- Jens Ackermann (FDP) ...... 24760 D zes zu dem Abkommen vom 1. Oktober Frank Spieth (DIE LINKE) ...... 24761 D 2008 zwischen der Regierung der Bun- desrepublik Deutschland und der Re- Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ gierung der Vereinigten Staaten von DIE GRÜNEN) ...... 24762 C Amerika über die Vertiefung der Zu- , Parl. Staatssekretär sammenarbeit bei der Verhinderung BMG ...... und Bekämpfung schwerwiegender 24763 A Kriminalität (Drucksachen 16/13123, 16/13185) . . . . . 24749 D Tagesordnungspunkt 29: b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- zes zur Umsetzung des Abkommens schusses für Wirtschaft und Technologie zu zwischen der Regierung der Bundesre- dem Antrag der Abgeordneten Horst Meierhofer, publik Deutschland und der Regierung Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, weite- der Vereinigten Staaten von Amerika rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 XIII

Ökologische Konsumentenverantwortung halten – Beteiligungsrechte beim Ausbau statt Produktlenkung durch den Staat – Eu- des Truppenübungsplatzes gewährleisten ropäische Ökodesign-Richtlinie grundsätz- (Drucksache 16/12995) ...... 24782 B lich überarbeiten (Drucksachen 16/11912, 16/12739) ...... 24764 D Jürgen Herrmann (CDU/CSU) ...... 24782 C Dr. (CDU/CSU) ...... 24764 D Rolf Kramer (SPD) ...... 240000783 AC Rolf Hempelmann (SPD) ...... 24766 A Birgit Homburger (FDP) ...... 24784 D Horst Meierhofer (FDP) ...... 24767 B Inge Höger (DIE LINKE) ...... 24785 B Dr. Herbert Schui (DIE LINKE) ...... 24768 A Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 24785 D Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 24768 D Nächste Sitzung ...... 24786 D

Tagesordnungspunkt 31: Anlage 1 Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, wei- Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 24787 A terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Die Agrarwissenschaften in Deutsch- land auf neue Anforderungen ausrichten (Drucksache 16/12998) ...... 24769 C Anlage 2 Dr. Hans-Heinrich Jordan (CDU/CSU) . . . . . 24769 C Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung: Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) ...... 24771 A – Beschlussempfehlung und Bericht: Si- Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) ...... 24772 D cherheit, Stabilität und Demokratie im Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) ...... 24773 C Südkaukasus fördern Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ – Beschlussempfehlung und Bericht: Demo- DIE GRÜNEN) ...... 24774 C kratie und Sicherheit im Südkaukasus stär- ken (222. Sitzung, Tagesordnungspunkt 32 a und b) Tagesordnungspunkt 33: (SPD) ...... 24787 D Antrag der Abgeordneten Ute Koczy, Thilo Hoppe, Dr. Gerhard Schick, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Entwicklungsländer bei der Be- Anlage 3 wältigung der Wirtschafts- und Finanz- Erklärung des Abgeordneten Jörg van Essen krise unterstützen (FDP) zur Abstimmung über den Entwurf ei- (Drucksache 16/13003) ...... 24775 B nes Gesetzes zur Regelung der Verständigung Jürgen Klimke (CDU/CSU) ...... 24775 B im Strafverfahren (Tagesordnungspunkt 4 b) 24789 A Stephan Hilsberg (SPD) ...... 24776 D

Dr. (SPD) ...... 24778 C Anlage 4 Hellmut Königshaus (FDP) ...... 24779 B Erklärung der Abgeordneten Dr. Thea Dückert Heike Hänsel (DIE LINKE) ...... 24780 B (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstim- mung über die Beschlussempfehlung zu der Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . 24781 B Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäi- schen Parlaments und des Rates zur Festle- Tagesordnungspunkt 35: gung eines Rahmens für die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenver- Antrag der Abgeordneten Ute Koczy, Britta kehr und für deren Schnittstellen zu anderen Haßelmann, , weiterer Ab- Verkehrsträgern (inkl. 17564/08 ADD 1 und geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ 17564/08 ADD 2) (ADD 1 in Englisch) (Ta- DIE GRÜNEN: Naturlandschaft Senne er- gesordnungspunkt 47 d) ...... 24789 A XIV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Anlage 5 chen Abstimmungen zu rentenrechtlichen An- trägen der Fraktion DIE LINKE und zu den Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Abstimmungen zu einem rentenrechtlichen Silvia Schmidt (Eisleben) und Maik Reichel Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (beide SPD) zu den namentlichen Abstim- NEN und zu einem rentenrechtlichen Antrag mungen zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes der Fraktion der FDP (Tagesordnungspunkt 6 b) 24790 D zur Änderung des Anspruchs- und Anwart- schaftsüberführungsgesetzes (2. AAÜG-ÄndG) und zu rentenrechtlichen Anträgen der Frak- tion DIE LINKE (Tagesordnungspunkt 6 a Anlage 10 und b) ...... 24789 B Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Arnold Vaatz, Ulrich Adam, Günter Baumann, , Dr. , Anlage 6 Klaus Brähmig, Monika Grütters, Manfred Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Iris Grund, Uda Carmen Freia Heller (CDU/ Gleicke, Dr. Peter Danckert, Dirk Manzewski, CSU), , Robert Hochbaum, , Klaus Uwe Benneter, Susanne Jaffke-Witt, Dr. , Dr. Hans- Ernst Kranz, Andreas Weige, Dr. Margrit Heinrich Jordan, Manfred Kolbe, , Spielmann, Petra Merkel (Berlin), Carsten , Andreas G. Lämmel, Schneider (Erfurt), Andreas Steppuhn, Hans- , Dr. Michael Luther, Joachim Hacker, Engelbert Wistuba, Petra Ulrich Petzold, Eckhardt Rehberg, Katherina Heß, Marko Mühlstein, Simone Violka, Rainer Reiche (Potsdam), (Berlin), Fornahl und Dr. (alle SPD) zu Michael Stübgen, Volkmar Uwe Vogel, Marco den namentlichen Abstimmungen zum Ent- Wanderwitz und (alle CDU/CSU) wurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung zu den namentlichen Abstimmungen zu ren- des Anspruchs- und Anwartschaftsüberfüh- tenrechtlichen Anträgen der Fraktion DIE rungsgesetzes (2. AAÜG-ÄndG) und zu ren- LINKE (Tagesordnungspunkt 6 b) ...... 24791 C tenrechtlichen Anträgen der Fraktion DIE LINKE (Tagesordnungspunkt 6 a und b) . . . . 24789 D

Anlage 11

Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) zur na- Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten mentlichen Abstimmung über die Beschluss- (SPD) zur namentlichen Ab- empfehlung und zu dem Antrag: Fortsetzung stimmung über den Antrag: Regelung der der deutschen Beteiligung an der internationa- Ansprüche und Anwartschaften auf Alterssi- len Sicherheitspräsenz im Kosovo auf der cherung für Angehörige der Deutschen Grundlage der Resolution 1244 (1999) des Si- Reichsbahn (Tagesordnungspunkt 6 b) . . . . . 24790 A cherheitsrates der Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999 und des Militärisch-Techni- schen Abkommens zwischen der internationa- len Sicherheitspräsenz (KFOR) und den Re- Anlage 8 gierungen der Bundesrepublik Jugoslawien Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten (jetzt: Republik Serbien) und der Republik Dr. Marlies Volkmer und Wolfgang Gunkel Serbien vom 9. Juni 1999 (Tagesordnungs- (beide SPD) zu den namentlichen Abstim- punkt 7) ...... 24792 B mungen zu rentenrechtlichen Anträgen der Fraktion DIE LINKE (Drucksachen 16/7020, 16/7030 und 16/7034) und zur Abstimmung Anlage 12 zum rentenrechtlichen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drucksache Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten 16/11684) (Tagesordnungspunkt 6 b) ...... 24790 C Thomas Dörflinger, (Konstanz, Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen), Michael Brand, Peter Weiß (Emmendingen) Anlage 9 und Annette Widmann-Mauz (alle CDU/ CSU) zur namentlichen Abstimmung über Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten den Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung Andreas G. Lämmel und Uda Carmen Freia des Grundgesetzes (Artikel 87 d) (Tagesord- Heller (beide CDU/CSU) zu den namentli- nungspunkt 10 a) ...... 24792 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 XV

Anlage 13 mentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur diamorphingestützten Substitu- Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten tionsbehandlung (Tagesordnungspunkt 12 a) . 24795 B Ernst Burgbacher, Birgit Homburger, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht und Patrick Meinhardt (alle FDP) zur namentlichen Ab- stimmung über den Entwurfs eines Gesetzes zur Anlage 19 Änderung des Grundgesetzes (Artikel 87 d) (Tagesordnungspunkt 10 a) ...... 24793 A Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten , Dr. , , Dr. Hans Georg Faust, Dirk Fischer (Hamburg), Michael Grosse-Brömer, Susanne Jaffke-Witt, Anlage 14 Thomas Kossendey, Dr. Martina Krogmann, Dr. Hermann Kues, , Thomas Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Rachel, Anita Schäfer (Saalstadt) und Marcus , Dr. und Dr. Weinberg (alle CDU/CSU) zur namentlichen Marlies Volkmer (alle SPD) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes Abstimmung über die Beschlussempfehlung: zur diamorphingestützten Substitutionsbe- Milch-Exportsubventionen sofort stoppen – handlung (Tagesordnungspunkt 12 a) ...... 24795 C Weitere Zerstörung der Märkte in Entwick- lungsländern verhindern (Tagesordnungs- punkt 9) ...... 24793 C Anlage 20 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Jens Anlage 15 Spahn, Norbert Barthle, Veronika Bellmann, Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen), Dr. Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Michael Fuchs, Clemens Binninger, Dr. Maria Dr. Bärbel Kofler (SPD) zur namentlichen Böhmer, , Klaus Brähmig, Abstimmung über die Beschlussempfehlung: Cajus Caesar, , Dr. Stephan Milch-Exportsubventionen sofort stoppen – Eisel, Ingrid Fischbach, Dr. Maria Flachsbarth, Weitere Zerstörung der Märkte in Entwick- , Jochen-Konrad Fromme, lungsländern verhindern (Tagesordnungs- Peter Götz, Dr. Wolfgang Götzer, , punkt 9) ...... 24794 A Monika Grütters, , Jürgen Herrmann, Ernst Hinsken, Franz-Josef Holzenkamp, Anette Hübinger, Dr. Peter Jahr, Anlage 16 Bartholomäus Kalb, Volker Kauder, Dr. , Hartmut Koschyk, Paul Lehrieder, Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Michael Luther, (Altöt- Dr. Carl-Christian Dressel, Detlef Dzembritzki, ting), Wolfgang Meckelburg, Maria Michalk, Dr. Reinhold Hemker, Dr. Barbara Hendricks, Dr. Eva Möllring, Marlene Mortler, Carsten , Ernst Kranz, Jella Teuchner, Müller (Braunschweig), Dr. Georg Nüßlein, Dr. und Manfred Zöllmer, , , Johannes (alle SPD) zur namentlichen Abstimmung Röring, Hermann-Josef Scharf, Hartmut über die Beschlussempfehlung: Milch-Ex- Schauerte, Dr. , Dr. Ole portsubventionen sofort stoppen – Weitere Schröder, Bernhard Schulte-Drüggelte, Marion Zerstörung der Märkte in Entwicklungslän- Seib, , Matthäus Strebl, dern verhindern (Tagesordnungspunkt 9) . . . . 24794 B (Heilbronn), Volkmar Uwe Vogel, Annette Widmann-Mauz, Wolfgang Zöller und Willi Zylajew (CDU/CSU) zur na- mentlichen Abstimmung über den Entwurf ei- Anlage 17 nes Gesetzes zur diamorphingestützten Substi- Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten tutionsbehandlung (Tagesordnungspunkt 12 a) 24796 A Andreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU) zur na- mentlichen Abstimmung über den Entwurf ei- nes Gesetzes zur diamorphingestützten Substi- tutionsbehandlung (Tagesordnungspunkt 12 a) 24794 D Anlage 21 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Axel Berg (SPD) zur namentlichen Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes Anlage 18 zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung ei- Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten nes Sondervermögens „Investitions- und Til- Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) zur na- gungsfonds“ (Tagesordnungspunkt 14) . . . . . 24796 D XVI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Anlage 22 – Schnellstmögliche Einführung eines gene- rellen Tempolimits von 130 Stundenkilo- Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten metern auf Bundesautobahnen (CDU/CSU) zur namentli- chen Abstimmung über den Entwurf eines Ge- – Tempolimit 130 km/h auf Autobahnen so- setzes zur Änderung des Gesetzes zur Errich- fort einführen tung eines Sondervermögens „Investitions- und Tilgungsfonds“ (Tagesordnungspunkt 14) . . . . 24798 D (Tagesordnungspunkt 15) (CDU/CSU) ...... 24803 A Jörg Vogelsänger (SPD) ...... 24804 A Anlage 23 Patrick Döring (FDP) ...... 24804 C Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Stephan Eisel (CDU/CSU) zur namentli- chen Abstimmung über den Entwurf eines Ge- setzes zur Änderung des Gesetzes zur Errich- Anlage 28 tung eines Sondervermögens „Investitions- Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des und Tilgungsfonds“ (Tagesordnungspunkt 14) 24799 C Entwurfs eines Gesetzes zu der Satzung vom 26. Januar 2009 der Internationalen Organisa- tion für erneuerbare Energien (Tagesord- nungspunkt 18) Anlage 24 Michael Kauch (FDP) ...... 24805 C Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Steffen Kampeter (CDU/CSU) zur namentli- chen Abstimmung über den Entwurf eines Ge- setzes zur Änderung des Gesetzes zur Errich- Anlage 29 tung eines Sondervermögens „Investitions- und Tilgungsfonds“ (Tagesordnungspunkt 14) 24800 B Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern in Deutschland und weltweit schützen (Tages- Anlage 25 ordnungspunkt 17) Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Jürgen Klimke (CDU/CSU) ...... 24806 B Markus Löning, Michael Link (Heilbronn) Angelika Graf (Rosenheim) (SPD) ...... 24807 C und Dr. Daniel Volk (alle FDP) zur Abstim- mung über den Antrag: Vereinbarung über Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) ...... 24808 B Zusammenarbeit in Angelegenheiten der Eu- ropäischen Union ist einzigartig in Europa – Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) ...... 24809 B Auslegungsfragen müssen geklärt, noch be- Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ stehende Defizite beseitigt werden (Tagesord- DIE GRÜNEN) ...... 24810 A nungspunkt 16 a) ...... 24800 D

Anlage 30 Anlage 26 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des der Beschlußempfehlung und des Berichts: Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermö- – Entschließungsanträge: Jahresbericht der gens „Investitions- und Tilgungsfonds“ (Ta- Bundesregierung zum Stand der deutschen gesordnungspunkt 14) Einheit 2008 Rainer Brüderle (FDP) ...... 24802 A – Unterrichtung: Jahresbericht der Bundes- regierung zum Stand der deutschen Ein- heit 2008 (Tagesordnungspunkt 28) Anlage 27 Jan Mücke (FDP) ...... 24811 A Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/ den Anträgen: DIE GRÜNEN) ...... 24812 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 XVII

Anlage 31 milienangehörigen aus der DDR (Tagesord- nungspunkt 6 b) ...... 24829 A Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung zu dem Antrag: Keine Diskriminie- rungen und Ungerechtigkeiten gegenüber Äl- teren in den neuen Bundesländern bei der Anlage 38 Überleitung von DDR-Alterssicherungen in das bundesdeutsche Recht (Tagesordnungs- Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- punkt 6 b) ...... 24814 A stimmung zu dem Antrag: Rentenrechtliche Anerkennung von zweiten Bildungswegen und Aspiranturen in der DDR (Tagesordnungs- punkt 6 b) ...... 24831 B Anlage 32 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung zu dem Antrag: Gerechte Alters- Anlage 39 einkünfte für Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialwesen der DDR (Tagesordnungs- Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- punkt 6 b) ...... 24816 B stimmung zu dem Antrag: Rentenrechtliche Anerkennung von DDR-Sozialversicherungs- regelungen für ins Ausland mitreisende Ehe- partnerinnen und Ehepartner sowie von im Anlage 33 Ausland erworbenen rentenrechtlichen Zei- Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- ten (Tagesordnungspunkt 6 b) ...... 24834 A stimmung zu dem Antrag: Gerechte Lösung für die rentenrechtliche Situation von in der DDR Geschiedenen (Tagesordnungspunkt 6 b) . . . . 24819 A Anlage 40 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung zu dem Antrag: Rentenrechtliche Anlage 34 Anerkennung aller freiwilligen Beiträge aus Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- DDR-Zeiten (Tagesordnungspunkt 6 b) . . . . . 24836 B stimmung zu dem Antrag: Schaffung einer ge- rechten Versorgungslösung für die vormalige berufsbezogene Zuwendung für Ballettmit- Anlage 41 glieder in der DDR (Tagesordnungspunkt 6 b) 24821 B Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung zu dem Antrag: Kein Versorgungs- unrecht bei den Zusatz- und Sonderversor- Anlage 35 gungen der DDR (Tagesordnungspunkt 6 b) . 24839 A Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung zu dem Antrag: Regelung der An- sprüche der Bergleute der Braunkohlevered- lung (Tagesordnungspunkt 6 b) ...... 24824 A Anlage 42 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung zu dem Antrag: Regelung der An- sprüche und Anwartschaften auf Alterssiche- Anlage 36 rung für Angehörige der Deutschen Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- Reichsbahn (Tagesordnungspunkt 6 b) . . . . . 24841 B stimmung zu dem Antrag: Beseitigung von Rentennachteilen für Zeiten der Pflege von Angehörigen in der DDR (Tagesordnungs- punkt 6 b) ...... 24826 B Anlage 43 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung zu dem Antrag: Angemessene Al- tersversorgung für Professorinnen und Profes- Anlage 37 soren neuen Rechts, Ärztinnen und Ärzte im Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- öffentlichen Dienst, Hochschullehrerinnen stimmung zu dem Antrag: Rentenrechtliche und Hochschullehrer, Beschäftigte universitä- Anerkennung für fehlende Zeiten von Land- rer und anderer wissenschaftlicher außeruni- und Forstwirten, Handwerkern und anderen versitärer Einrichtungen in den neuen Bun- Selbständigen sowie deren mithelfenden Fa- desländern (Tagesordnungspunkt 6 b) ...... 24844 A XVIII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Anlage 44 angemessenen Altersversorgung für Angehö- rige von Bundeswehr, Zoll und Polizei, die Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- nach 1990 ihre Tätigkeit fortgesetzt haben stimmung zu dem Antrag: Schaffung einer (Tagesordnungspunkt 6 b) ...... 24849 A angemessenen Altersversorgung für Beschäf- tigte des öffentlichen Dienstes, die nach 1990 ihre Tätigkeit fortgesetzt haben (Tagesord- nungspunkt 6 b) ...... 24846 B Anlage 46 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung zu dem Antrag: Einheitliche Rege- Anlage 45 lung der Altersversorgung für Angehörige der Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- technischen Intelligenz der DDR (Tagesord- stimmung zu dem Antrag: Schaffung einer nungspunkt 6 b) ...... 24851 B

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24543

(A) (C) Redetext

224. Sitzung

Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Beginn: 9.02 Uhr

Präsident Dr. : Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbun- Die Sitzung ist eröffnet. dene Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste auf- geführten Punkte zu erweitern: Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der Bevor wir in unsere Tagesordnung eintreten, gibt es FDP: einige amtliche Mitteilungen. Wir beginnen mit einer rundum erfreulichen Mitteilung: Der Kollege Ernst Haltung der Bundesregierung zu den kriti- Burgbacher feiert heute seinen 60. Geburtstag. schen Äußerungen von EU-Kommissar Gün- ter Verheugen über die Bankenaufsicht in (Beifall) Deutschland Dazu darf ich Ihnen – ganz offenkundig im Namen des (siehe 223. Sitzung) ganzen Hauses – herzlich gratulieren. ZP 2 Weitere Überweisungen im vereinfachten Ver- (B) Gratulieren möchte ich auch dem Kollegen Gert fahren (D) Weisskirchen und der Kollegin Uschi Eid, die am 16. (Ergänzung zu TOP 46) bzw. 18. Mai ähnlich runde Geburtstage gefeiert haben. a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- Auch Ihnen meine ganz besonders herzlichen Glück- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Än- wünsche! derung des Übereinkommens vom 25. Juni (Beifall – Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] 1998 über den Zugang zu Informationen, die [SPD] und Abg. Dr. Uschi Eid [BÜNDNIS 90/ Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungs- DIE GRÜNEN] gratulieren und umarmen verfahren und den Zugang zu Gerichten in sich) Umweltangelegenheiten (Erstes Aarhus-Ände- rungs-Übereinkommen) – Ich weiß gar nicht, ob solche rührenden Verbrüde- rungsszenen von den Stenografen erfasst werden. Im – Drucksache 16/13115 – Ausnahmefall, finde ich, ist das angemessen; das will ich Überweisungsvorschlag: hiermit angeregt haben. Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (f) Der Kollege Dr. Frank Schmidt hat mit Wirkung vom Innenausschuss 25. Mai 2009 auf seine Mitgliedschaft im Deutschen Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Bundestag verzichtet. Als Nachfolgerin begrüße ich b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/ herzlich die Kollegin Dr. Erika Ober. CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines (Beifall) Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Sicherung der Bauforderungen Herzlich willkommen und gute Zusammenarbeit! – Drucksache 16/13159 – Die Fraktion der FDP teilt mit, dass Herr Gerry Kley Überweisungsvorschlag: sein Amt als stellvertretendes Mitglied im Stiftungsrat Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f) der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur nie- Rechtsausschuss dergelegt hat. Als Nachfolger wird der Kollege Chris- Ausschuss für Wirtschaft und Technologie toph Waitz vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstan- Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und den? – Das ist offenkundig der Fall. Dann ist der Kollege Verbraucherschutz Waitz hiermit zum stellvertretenden Mitglied des Stif- c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Hartfrid tungsrats der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Dikta- Wolff (Rems-Murr), Gisela Piltz, Dr. Max Stadler, tur gewählt. weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP 24544 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Präsident Dr. Norbert Lammert (A) eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus (C) derung des Gesetzes über den Aufenthalt, die Riegert, Wolfgang Bosbach, Norbert Barthle, Erwerbstätigkeit und die Integration von Aus- weiterer Abgeordneter und der Fraktion der ländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz – CDU/CSU sowie der Abgeordneten AufenthG) (Spandau), Dagmar Freitag, Dr. Peter Danckert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD – Drucksache 16/13160 – Überweisungsvorschlag: Sport fördert Integration Innenausschuss (f) Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe – Drucksache 16/13177 – d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Renate Überweisungsvorschlag: Sportausschuss (f) Künast, Peter Hettlich, Winfried Hermann, weite- Innenausschuss rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- Ausschuss für Arbeit und Soziales NIS 90/DIE GRÜNEN Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Alternativen zum Weiterbau der Bundesauto- Ausschuss für Bildung, Forschung und bahn A 100 in Berlin Technikfolgenabschätzung – Drucksache 16/13172 – ZP 3 Weitere abschließende Beratungen ohne Aus- Überweisungsvorschlag: sprache Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f) (Ergänzung zu TOP 47) Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Haushaltsausschuss Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Birgitt Bender, Dr. Thea Dückert, – zu dem Antrag der Abgeordneten Mechthild weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- Dyckmans, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, NIS 90/DIE GRÜNEN Jörg van Essen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Transparenz schaffen – Verbindliches Register für Interessenvertreterinnen und Interessen- Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des vertreter einführen Rates über die Europäische Überwachungs- – Drucksache 16/13174 – anordnung in Ermittlungsverfahren inner- halb der Europäischen Union (Ratsdok. (B) Überweisungsvorschlag: (D) Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und 17002/08) Geschäftsordnung (f) Innenausschuss – zu dem Antrag der Abgeordneten Jerzy Montag, Rechtsausschuss Volker Beck (Köln), Ekin Deligöz, weiterer Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Winfried Hermann, Katrin Göring-Eckardt, Volker Beck Europäische Überwachungsanordnung rechts- (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion staatlich absichern – Stellungnahme gemäß BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes Dopingvergangenheit umfassend aufarbeiten – Drucksachen 16/12733, 16/12856 (neu), – Drucksache 16/13175 – 16/13101 – Überweisungsvorschlag: Berichterstattung: Sportausschuss Abgeordnete Siegfried Kauder (Villingen-Schwen- g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Undine ningen) Kurth (Quedlinburg), Katrin Göring-Eckardt, Peter Dr. Carl-Christian Dressel Hettlich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Mechthild Dyckmans BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sevim Dağdelen Jerzy Montag Umsetzungsgesetz für UNESCO-Welterbe- übereinkommen vorlegen ZP 4 Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschus- ses – Drucksache 16/13176 – Überweisungsvorschlag: Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschus- Ausschuss für Kultur und Medien (f) ses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermitt- Ausschuss für Wirtschaft und Technologie lungsausschuss) zu dem Gesetz zur Änderung Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbu- Verbraucherschutz Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ches sowie anderer Vorschriften Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Tourismus – Drucksachen 16/8100, 16/12315, 16/13079, Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union 16/13210 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24545

Präsident Dr. Norbert Lammert (A) Berichterstattung: Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ (C) Abgeordneter Wolfgang Zöller DIE GRÜNEN ZP 5 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Mehr Datenschutz beim so genannten Scoring richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales – Drucksachen 16/683, 16/13219 – (11. Ausschuss) Berichterstattung: – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich Abgeordnete Beatrix Philipp L. Kolb, Jens Ackermann, Christian Ahrendt, Dr. Michael Bürsch weiterer Abgeordneter und der Fraktion der Gisela Piltz FDP Jan Korte Für ein einheitliches Rentenrecht in Ost und West ZP 8 Beratung des Antrags der Bundesregierung – zu dem Antrag der Abgeordneten Irmingard Anpassung des Einsatzgebietes für die Beteili- Schewe-Gerigk, Cornelia Behm, Birgitt Bender, gung bewaffneter deutscher Streitkräfte an weiterer Abgeordneter und der Fraktion der EU-geführten Operation Atalanta zur Be- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kämpfung der Piraterie vor der Küste Soma- Rentenwert in Ost und West angleichen lias – Drucksachen 16/9482, 16/10375, 16/13201 – – Drucksache 16/13187 – Überweisungsvorschlag: Berichterstattung: Auswärtiger Ausschuss (f) Abgeordnete Maria Michalk Rechtsausschuss Verteidigungsausschuss ZP 6 Erste Beratung des von den Abgeordneten Irmingard Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Schewe-Gerigk, Volker Beck (Köln), Kai Gehring, Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜND- Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO eines Gesetzes über die Änderung der Vorna- men und die Feststellung der Geschlechtszuge- Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll, so- hörigkeit (ÄVFGG) weit erforderlich, abgewichen werden. – Drucksache 16/13154 – Am heutigen Donnerstag werden die Tagesordnungs- (B) punkte 8, 20 und 30 abgesetzt. Die nachfolgenden Ta- (D) Überweisungsvorschlag: gesordnungspunkte der Koalitionsfraktionen rücken je- Innenausschuss (f) Rechtsausschuss weils vor. Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Morgen werden die Tagesordnungspunkte 44 und 45 ZP 7 a) –Zweite und dritte Beratung des von der Bun- abgesetzt und die Tagesordnungspunkte 41 und 42 ge- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ge- tauscht. setzes zur Änderung des Bundesdaten- Schließlich mache ich auf drei nachträgliche Aus- schutzgesetzes schussüberweisungen im Anhang zur Zusatzpunktliste – Drucksachen 16/10529, 16/10581 – aufmerksam: – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat Der in der 211. Sitzung des Deutschen Bundestages eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur überwiesene nachfolgende Gesetzentwurf soll zusätz- Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes lich dem Ausschuss für Arbeit und Soziales (11. Aus- schuss) zur Mitberatung überwiesen werden. – Drucksache 16/31 – Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- schusses (4. Ausschuss) rung arzneimittelrechtlicher und anderer Vor- schriften – Drucksache 16/13219 – – Drucksachen 16/12256, 16/12677 – Berichterstattung: überwiesen: Abgeordnete Beatrix Philipp Ausschuss für Gesundheit (f) Dr. Michael Bürsch Rechtsausschuss Gisela Piltz Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Jan Korte Verbraucherschutz Silke Stokar von Neuforn Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu Ausschuss für Kultur und Medien dem Antrag der Abgeordneten Silke Stokar von Der in der 220. Sitzung des Deutschen Bundestages Neuforn, Bärbel Höhn, Ulrike Höfken, weiterer überwiesene nachfolgende Gesetzentwurf soll zusätz- 24546 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Präsident Dr. Norbert Lammert (A) lich dem Innenausschuss (4. Ausschuss) und dem Aus- Gesetzes zur Regelung der Verständigung (C) schuss für Gesundheit (14. Ausschuss) zur Mitberatung im Strafverfahren überwiesen werden. – Drucksache 16/12310 – Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset- – Zweite und dritte Beratung des von den Frak- zung der Dienstleistungsrichtlinie im Gewer- tionen der CDU/CSU und der SPD eingebrach- berecht und in weiteren Rechtsvorschriften ten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren – Drucksache 16/12784 – – Drucksache 16/11736 – überwiesen: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f) – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat Innenausschuss eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Rechtsausschuss Ausschuss für Arbeit und Soziales Regelung von Absprachen im Strafverfah- Ausschuss für Gesundheit ren Der in der 221. Sitzung des Deutschen Bundestages – Drucksache 16/4197 – überwiesene nachfolgende Gesetzentwurf soll zusätz- lich dem Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwick- Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus- lung (15. Ausschuss) zur Mitberatung überwiesen wer- schusses (6. Ausschuss) den. – Drucksache 16/13095 – Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/ Berichterstattung: CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Abgeordnete Siegfried Kauder (Villingen-Schwen- Gesetzes über die Akkreditierungsstelle (Ak- ningen) kreditierungsstellengesetz – AkkStelleG) Dr. Peter Danckert – Drucksache 16/12983 – Joachim Stünker Jörg van Essen überwiesen: Sevim Dağdelen Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f) Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Jerzy Montag Verbraucherschutz Ausschuss für Arbeit und Soziales c) – Zweite und dritte Beratung des von der Bun- Ausschuss für Gesundheit desregierung eingebrachten Entwurfs eines (B) Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Gesetzes zur Verfolgung der Vorbereitung (D) Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit von schweren staatsgefährdenden Gewalt- Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung taten Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union – Drucksache 16/12428 – – Ich habe den Eindruck, auch dazu gibt es Einverneh- – Zweite und dritte Beratung des von den Frak- men. Dann ist das so beschlossen. tionen der CDU/CSU und der SPD eingebrach- Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 4 a bis 4 f auf: ten Entwurfs eines Gesetzes zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsge- a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre- fährdenden Gewalttaten gierung eingebrachten Entwurfs eines … Geset- zes zur Änderung des Strafgesetzbuches – – Drucksache 16/11735 – Strafzumessung bei Aufklärungs- und Präven- tionshilfe (… StrÄndG) – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur – Drucksache 16/6268 – Bekämpfung des Aufenthalts in terroristi- schen Ausbildungslagern (… StrÄndG) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus- schusses (6. Ausschuss) – Drucksache 16/7958 – – Drucksache 16/13094 – Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus- schusses (6. Ausschuss) Berichterstattung: Abgeordnete Siegfried Kauder (Villingen-Schwen- – Drucksache 16/13145 – ningen) Dr. Peter Danckert Berichterstattung: Joachim Stünker Abgeordnete Dr. Jürgen Gehb Jörg van Essen Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) Sevim Dağdelen Dr. Peter Danckert Jerzy Montag Joachim Stünker Jörg van Essen b) – Zweite und dritte Beratung des von der Bun- Sevim Dağdelen desregierung eingebrachten Entwurfs eines Jerzy Montag Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24547

Präsident Dr. Norbert Lammert (A) d) – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für (C) eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Geset- diese Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Ich höre zes zur Änderung des Gesetzes über die keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnah- men Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst die Bundesministerin der Justiz, Brigitte Zypries. – Drucksache 16/12321 – (Beifall bei der SPD) – Zweite und dritte Beratung des von den Abge- ordneten Jerzy Montag, Volker Beck (Köln), Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz: Monika Lazar, weiteren Abgeordneten und der Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- Liebe Kollegen! Mit den fünf Gesetzen, die wir heute brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- hier, im Deutschen Bundestag, beschließen, vollenden rung des Gesetzes über die Entschädigung wir das strafrechtliche Arbeitsprogramm der Großen für Strafverfolgungsmaßnahmen Koalition. In den vergangenen vier Jahren haben wir – Drucksache 16/11434 – knapp 30 Projekte realisiert. Damit haben wir nicht nur den Koalitionsvertrag erfüllt, sondern wir haben auch Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus- eine Menge erreicht: Wir haben mehr Sicherheit ge- schusses (6. Ausschuss) schaffen, wir haben Opfer besser geschützt, und wir ha- – Drucksache 16/13096 – ben den Rechtsstaat gestärkt. Berichterstattung: (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Abgeordnete Siegfried Kauder (Villingen-Schwen- Zunächst zur Sicherheit. Immer wieder müssen wir ningen) bestehende, neu identifizierte Schutzlücken im materiel- Dr. Matthias Miersch len Strafrecht schließen. Das tun wir auch jetzt mit dem Jörg van Essen GVVG. Künftig kann bestraft werden, wer sich zur Be- Sevim Dağdelen gehung von Terroranschlägen einer Ausbildung unter- Jerzy Montag zieht. Wir stellen auch das Verbreiten von Anschlagsplä- e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- nen im Internet unter Strafe. Mit diesem Gesetz richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) zu reagieren wir auf neue Organisationsformen des Terro- dem Antrag der Abgeordneten Jörg van Essen, rismus. Auch Einzeltäter, die wir zunehmend beobach- Mechthild Dyckmans, Jens Ackermann, weiterer ten, können künftig angemessen bestraft werden. (B) (D) Abgeordneter und der Fraktion der FDP (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Angemessene Haftentschädigung für Justizop- Das konnten sie bisher auch schon!) fer sicherstellen Polizei und Justiz brauchen außerdem die nötigen Er- – Drucksachen 16/10614, 16/13096 – mittlungsinstrumente. Mit der Vorratsdatenspeicherung haben wir einen wichtigen Schritt unternommen, um Berichterstattung: Straftaten aufklären zu können. Abgeordnete Siegfried Kauder (Villingen-Schwen- Schließlich brauchen wir auch ein Prozessrecht, das ningen) hilft, Anschläge und andere schwere Verbrechen zu ver- Dr. Matthias Miersch hindern. Deshalb ist die Kronzeugenregelung, die wir Jörg van Essen heute beschließen, so wichtig. Sevim Dağdelen Jerzy Montag (Zuruf des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) f) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Das Verhalten eines Täters nach der Tat, Herr Kollege zur Änderung des Untersuchungshaftrechts Ströbele, konnte schon immer strafmildernd berücksich- tigt werden. – Drucksache 16/11644 – (Joachim Stünker [SPD]: So ist es!) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus- schusses (6. Ausschuss) Das schreiben wir jetzt ausdrücklich ins Gesetz. Zudem schaffen wir klare Vorgaben, in welchem Umfang Stra- – Drucksache 16/13097 – fen gemildert werden können. Das schafft sehr viel mehr Berichterstattung: Transparenz und erhöht den Anreiz für eine Zusammen- Abgeordnete Siegfried Kauder (Villingen-Schwen- arbeit mit Polizei und Justiz. ningen) (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE Dr. Peter Danckert GRÜNEN]: Zehn Jahre für Mord!) Dr. Matthias Miersch Jörg van Essen Trotzdem haben wir dafür gesorgt, dass auch in Zu- Sevim Dağdelen kunft niemand seiner gerechten Strafe entgeht, indem Jerzy Montag wir im Gesetz zum Beispiel festgeschrieben haben, dass 24548 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Bundesministerin Brigitte Zypries (A) bei Androhung einer lebenslangen Freiheitsstrafe nicht Ländern dafür dankbar, dass diese Initiative von ihnen (C) unter ein Strafmaß von zehn Jahren erkannt werden darf. ausgegangen ist. Übermäßige Milderungen wird es also nicht geben. Das (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der verhindert das Gesetz. CDU/CSU – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/ Der Kampf gegen latente Gefahren des Terrorismus DIE GRÜNEN]: Das war mickrig genug!) ist wichtig. Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass die Die vorgeschlagene Erhöhung der Entschädigung für Menschen vor den konkreten Alltagsgefahren sicher sind den immateriellen Schaden von 11 Euro auf 25 Euro pro und sich sicher fühlen. Auch diesbezüglich hat die Tag ist notwendig und richtig. Richtig ist auch, dass wir Große Koalition gehandelt und zum Beispiel den Schutz pauschal entschädigen, weil Ansehen, Vorleben, Promi- vor Stalking verbessert. Inzwischen sind mehrere Tau- nenz oder Einkommen an dieser Stelle keine Rolle spie- send Verfahren zu diesem Straftatbestand anhängig. Das len dürfen. Die Freiheit der Betroffenen muss dem Staat zeigt, dass das eine notwendige Maßnahme war. Diese in jedem Falle gleich viel wert sein. Maßnahme kommt vor allem Frauen zugute; denn mehr als 80 Prozent der Opfer sind Frauen. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Um Gleichheit geht es auch bei dem letzten Projekt, Wir haben außerdem den Kampf gegen Kindesmiss- das wir heute verabschieden: der Verständigung im brauch gestärkt und das erweiterte Führungszeugnis ein- Strafverfahren. An dieser Stelle gibt es immer ein großes geführt. Das erhöht den Schutz der Kinder; denn jeder, Missverständnis: Verständigungen sind – entgegen weit- der künftig beruflich oder ehrenamtlich mit Kindern ar- verbreiteter Ansicht, vor allen Dingen in der Presse – beiten will, muss durch Vorlage eines solchen Führungs- keine Privilegien für Weiße-Kragen-Täter; vielmehr sind zeugnisses nachweisen, dass er nicht einschlägig vorbe- sie in unserer Justiz gerade bei „kleinen Fischen“ Alltag. straft ist. Der Unmut ist auch deshalb entstanden, weil Verfahren Jugendliche können aber nicht nur Opfer, sondern zu spektakulären Einzelfällen in der Vergangenheit zu auch Täter werden. Deswegen haben wir zum Schutz vor wenig transparent waren. Genau das wollen wir mit un- jugendlichen Gewalttätern zwischen 14 und 17 Jahren serem Gesetz ändern: Wir wollen die Verständigung aus den Anwendungsbereich der nachträglichen Sicherheits- den Gerichtsfluren und den Hinterzimmern holen und in verwahrung ausgedehnt. Wir haben außerdem das Ju- das Licht der Hauptverhandlung rücken. gendgerichtsgesetz ergänzt. Dort ist nun ausdrücklich (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der festgeschrieben: Bei Jugendlichen geht Erziehung vor CDU/CSU) Strafe. Das ist ein deutliches Bekenntnis zu einer moder- nen Kriminalpolitik, und es ist eine klare Absage an Das sorgt für mehr Transparenz und stärkt auch das Ver- trauen in die Justiz. (D) (B) jene, die ständig nach einer Verschärfung des Jugend- strafrechts rufen. Eines muss klar sein: Egal wie prominent, wie be- kannt, wie reich ein Angeklagter ist und egal wie gut (Beifall bei der SPD) seine Anwälte sind: Vor dem Gesetz müssen auch wei- Zu einem fairen Ausgleich von Freiheit und Sicher- terhin alle gleich sein. heit gehört aber auch die Stärkung der Bürgerrechte (Beifall bei Abgeordneten der SPD) und des Rechtsstaates. Auch das hat die Große Koali- tion mit Veränderungen in dieser Legislaturperiode an- Richtig ist deswegen, dass wir kürzlich die Tagessätze gepackt. Wir haben vor allem mit der Neuregelung der bei Geldstrafen erhöht haben, und zwar von 5 000 Euro heimlichen Ermittlungsmaßnahmen gemäß Strafprozess- auf bis zu 30 000 Euro, je nach Tagesverdienst einer Per- ordnung Maßstäbe gesetzt. Wir haben dort die Eingriffs- son. Das heißt: Wir können künftig auch Topverdiener angemessen bestrafen. voraussetzungen verschärft, dem staatlichen Handeln Grenzen gesetzt, den Schutz der Berufsgeheimnisträger Meine Damen und Herren, entscheidend bleibt aller- gestärkt und den Schutz gegen Überwachungsmaßnah- dings, dass komplexe Wirtschafts- und Steuerstraftaten men ausgebaut. von der Justiz vollständig aufgeklärt werden. Deswegen müssen Staatsanwaltschaften und Gerichte personell Heute stärken wir den Rechtsstaat erneut: Wir stellen ausreichend ausgestattet sein. Sie wissen, dass meine die Beschränkungen für Untersuchungsgefangene, die Schlussfolgerung zu diesem Thema unter dem Schlag- über die Freiheitsentziehung hinausgehen, zum Beispiel wort steht: Gerechtigkeit braucht eine starke Justiz. die Postkontrolle, auf eine klare gesetzliche Grundlage. Wir sorgen auch dafür, dass Gefangene Möglichkeiten (Beifall bei Abgeordneten der SPD) des Rechtsschutzes gegen solche Maßnahmen haben. Dafür hat der Deutsche Bundestag in dieser Wahlpe- Wichtig ist zudem: Künftig müssen die Betroffenen riode eine Menge getan. Ich denke, die Arbeit wird in schon bei der Festnahme belehrt werden, und von Be- der nächsten Wahlperiode fortgesetzt werden. Ich ginn der Haft an wird ihnen ein Pflichtverteidiger zur möchte mich bei all denen hier im Hohen Hause, die in Seite gestellt. den letzten vier Jahren mit ihrem Engagement dazu bei- getragen haben, dass wir weitere Erfolge für den sozia- Außerdem wird heute durch einen Gesetzesbeschluss len Rechtsstaat erlangen konnten, recht herzlich bedan- die Entschädigung für all jene erhöht, die zu Unrecht ken. hinter Gittern saßen. Die Kosten dafür tragen die Län- der; das ist so in diesem föderalen System. Ich bin den (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24549

(A) Präsident Dr. Norbert Lammert: Rahmen dieses umfangreichen Paketes im Bereich des (C) Nächster Redner ist der Kollege Jörg van Essen für Strafrechts auch eine vernünftige Regelung für die die FDP-Fraktion. Strafverfolgung von Soldaten aufgrund von Vorfäl- len, die sich beim Dienst im Ausland ereignet haben, (Beifall bei der FDP) erreicht hätten.

Jörg van Essen (FDP): (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich der CDU/CSU) habe erwartet, dass die Bundesjustizministerin hier heute Ich weiß, wie sehr sich der Bundesverteidigungsminister eine Bilanz zieht. Bei den vielen verschiedenen Gesetz- – er sitzt auf der Regierungsbank – in dieser Frage enga- entwürfen, die zu einem Paket geschnürt worden sind, giert hat, wie sehr er mich unterstützt hat. Herr Minister, bietet es sich tatsächlich an, einen Blick zurück auf diese ganz herzlichen Dank! Aber wir haben immer noch Legislaturperiode zu werfen. keine vernünftige Regelung. In der Rechtspolitik ist es anders als in vielen anderen (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Warum Politikbereichen des Deutschen Bundestages. Wir haben nicht?) immer den Stil gepflegt, dass es zwischen Koalition und Opposition intensive Gespräche über die entsprechenden Dass ein Ermittlungsverfahren wie das gegen den Ober- gesetzgeberischen Vorhaben gegeben hat. feldwebel, der in einer Notwehrsituation geschossen hat, über neun Monate dauert, dass Rekonstruktionen auf ei- (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: nem Übungsplatz der Bundeswehr angeordnet werden, Nicht immer!) macht deutlich, dass wir in diesem Bereich eine vernünf- All das, was wir in anderen Ausschüssen erleben – dass tige Regelung brauchen. man sich gelegentlich gegenseitig beschimpft, dass man Für mich ist klar: Zur Bundeswehr gehört der Staats- miteinander nicht sachlich umgeht –, ist in der Rechts- bürger in Uniform. Deswegen möchte ich, dass die zivile politik, Gott sei Dank, nicht der Fall. Ich bin sehr dank- Justiz erhalten bleibt. Aber: Die Justiz muss einsatzfest bar dafür und schließe mich deshalb, Frau Ministerin, sein. Es muss Staatsanwälte und Richter geben, die die dem Dank an, dass das in dieser Legislaturperiode in un- Besonderheiten des Auslandseinsatzes kennen. Deshalb serem Ausschuss, im Rechtsausschuss, wieder möglich wird das – jedenfalls für meine Fraktion – einer der war. wichtigsten Punkte auf der Agenda der Rechtspolitik in (Dr. Peter Danckert [SPD]: Von Ausnahmen der neuen Legislaturperiode sein. abgesehen!) (Beifall bei der FDP) (B) (D) – Ausnahmen bestätigen die Regel, Herr Kollege; das Ich möchte einen weiteren Punkt ansprechen, bei dem wissen Sie. ich ebenfalls bedauere, dass wir nicht zu einer Lösung Trotzdem möchte ich sagen, dass für uns als Liberale, gekommen sind: Es geht um notwendige Nachsteuerun- als FDP-Bundestagsfraktion, die heutige Bilanz sehr un- gen im strafrechtlichen Wiederaufnahmerecht. Viele terschiedlich ausfällt. Es gibt Dinge, die wir sehr begrü- kennen den Fall, dass eine Frau ermordet worden ist, ßen. Am meisten freut mich der Fortschritt, den wir im dass ihr Täter aufgrund einer DNA-Analyse feststeht Bereich des Operschutzes erreicht haben. Ich schaue und dass er nicht bestraft werden kann. den Kollegen Kauder an, weil ich weiß, dass er ganz be- (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sondere Verantwortung dafür hat, dass wir hier ein Stück NEN]: Das steht nicht fest!) vorangekommen sind, und zwar ein gehöriges Stück. – Ich meine es so, wie ich es hier sage. – Ich teile das (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Gefühl ganz vieler, insbesondere der Angehörigen des der CDU/CSU) Opfers, die sich mit diesem Zustand nicht abfinden kön- nen. Ganz herzlichen Dank für Ihr Engagement! Viele andere waren ebenfalls daran beteiligt, dass wir das schaffen (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- konnten. NEN]: So etwas nennt sich liberal! – Dr. Peter Danckert [SPD]: Das war ein Foulspiel!) Das findet jetzt zunehmend Kritik – ich bedauere das sehr –, insbesondere in der Anwaltschaft. Wir erhalten Deswegen bedauere ich ganz außerordentlich, dass wir sehr viele Schreiben, in denen steht, die Rolle des Be- hier nicht zu einer Lösung gekommen sind. Auch das schuldigten werde beeinträchtigt. Genau das ist aus mei- muss auf der Agenda bleiben. ner Sicht nicht der Fall. Das Opfer war im Strafprozess (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten bisher immer der Unbekannte, der Nichtinteressierende. der CDU/CSU) Dass das jetzt besser geworden ist, freut mich ganz be- sonders. Ich habe gesagt, dass die Bilanz dessen, was heute auf der Tagesordnung steht, für uns unterschiedlich ausfällt. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Es gibt von uns Zustimmung, zum Beispiel zum Deal im der CDU/CSU) Strafverfahren. Frau Ministerin, ich stimme Ihnen aus- Es gibt einen zweiten Punkt, den ich kritisch anspre- drücklich zu: Das darf nicht nur etwas für Reiche sein, chen möchte. Ich hätte mich gefreut, wenn wir heute im sondern muss ein ganz selbstverständliches Prinzip im 24550 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Jörg van Essen (A) Strafprozessrecht werden. Hier gelten alle Vorschriften, die Untersuchungshaft keine Notwendigkeit mehr be- (C) die wir haben, zum Beispiel die Vorschrift, dass ein Ver- steht, dann ist das auch ein Sieg für den Rechtsstaat und fahren bei Zahlung einer Geldbuße wegen Geringfügig- die Sicherheit in unserem Land. keit eingestellt werden kann. Das setzt Verständigung (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten voraus. Viele ganz normale Bürger profitieren davon. der CDU/CSU und der SPD) Ich glaube, dass auch hier die Beratungen im Rechtsaus- schuss zu erheblichen Verbesserungen geführt haben. Weniger gut finden wir die Regelung zur Entschädi- gung für Strafverfolgungsmaßnahmen. Da ich selbst Es ist klar: Das Konsensprinzip wird nicht eingeführt, lange Zeit Oberstaatsanwalt war, kann ich Ihnen sagen: und es gibt weiterhin den Amtsermittlungsgrundsatz. Es Leider kommt es immer wieder vor, dass durch justiziel- gibt auch ganz klare Regelungen dafür, dass das Gericht les Handeln Unrecht geschieht, dass zum Beispiel je- keinen Druck machen darf und dass beispielsweise ein mand zu Unrecht verhaftet wird oder andere Schäden er- Geständnis nur unter bestimmten Voraussetzungen ver- leidet. Wenn der Staat Unrecht begangen hat, muss es wertet werden kann. Es gibt also eine umfangreiche selbstverständlich sein, dass dieses Unrecht angemessen rechtsstaatliche Sicherung. Ich halte das für einen gro- entschädigt wird. Daher ist die Erhöhung der Entschädi- ßen Fortschritt. gung von bisher 11 Euro auf nunmehr 25 Euro pro Haft- (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Joachim tag, wie sie die Länder vorgesehen haben, sicherlich ein Stünker [SPD]) Fortschritt. Die Rechtsprechung hat sich immer mit dem Deal be- In einem Punkt bin ich allerdings anderer Meinung fasst, hat den Deal immer anerkannt und hat vor allen als Sie, Frau Bundesjustizministerin: Die Einzelfälle un- Dingen immer gesetzliche Regelungen angemahnt. Das terscheiden sich; man kann nicht alles über einen Kamm begrüßen wir. Ich glaube, dass die heutige Entscheidung scheren. Wir, die FDP-Bundestagsfraktion, vertreten in eine gute Stunde für die Strafrechtspolitik ist, da wir im dieser Frage die gleiche Position wie die Anwälte. Wir Hinblick auf Absprachen im Strafprozess eine vernünf- befürworten die österreichische Lösung und wollen, dass tige Regelung gefunden haben. im konkreten Einzelfall eine individuelle Entscheidung getroffen wird. In Österreich zeigt sich, dass die durch- Ich persönlich finde auch die neuen Regelungen gut, schnittliche Entschädigung pro Hafttag bei konkreter die wir im Bereich der Untersuchungshaft treffen. Wie Beurteilung des Einzelfalles viel höher ausfällt. Wie ich ich sehe, ist heute auch ein Landesjustizminister anwe- gelesen habe, werden in Österreich etwa 100 Euro pro send, nämlich mein Parteifreund Goll aus Baden- Tag für zu Unrecht erlittene Haft gezahlt. Bei diesem Württemberg. Thema wird sich meine Fraktion enthalten. Die vorgese- (B) (Joachim Stünker [SPD]: Der will das alles hene Regelung ist zwar ein Schritt in die richtige Rich- (D) aber nicht, wie ich gehört habe!) tung, sie geht uns aber nicht weit genug. Ich weiß, dass aufseiten der Länder Sorgen wegen der Nicht zustimmen werden wir der Kronzeugenrege- Pflichtverteidigerbestellung bei Inhaftnahme bestehen. lung. Frau Ministerin, Sie haben recht, dass es sich hier- Wir, die FDP-Bundestagsfraktion, haben diese Regelung bei um ein allgemeines Prinzip handelt. In § 46 Abs. 2 allerdings unterstützt; das sage ich in aller Deutlichkeit. des Strafgesetzbuches heißt es, dass bei der Strafzumes- sung auch das Verhalten des Angeklagten nach der Tat Die Länder befürchten, dass sie die Umsetzung dieser zu berücksichtigen ist, beispielsweise der Umstand, dass Regelung zu viel kostet. Diese Sorge ist berechtigt, zu- er gestanden oder durch Hinweise zur Aufklärung seiner mal die Länder unter erheblichem finanziellen Druck Tat beigetragen hat. Ich persönlich teile nicht die vielfäl- stehen. Dennoch wäre ich Ihnen, Herr Minister Goll, tigen Sorgen, die in der Literatur, aber auch in der Lehre dankbar, wenn Sie bei Ihren Kollegen dafür werben wür- im Zusammenhang mit der Kronzeugenregelung im All- den, den Gedanken, der in der Anhörung des Rechtsaus- gemeinen geäußert werden. Aber so, wie diese Regelung schusses vorgetragen worden ist, zu berücksichtigen. jetzt ausgestaltet ist, findet sie meine Zustimmung und Professor Schöch, der als Sachverständiger geladen war, die Zustimmung unserer Fraktion nicht. hat sehr beeindruckend dargelegt, dass die Pflichtvertei- digerbestellung eine Verkürzung der Untersuchungshaft (Beifall bei der FDP) zur Folge hat. Man kann also sagen, dass diese Regelung Nach der vorgesehenen Regelung muss sich ein An- für die Länder in finanzieller Hinsicht sogar von erhebli- geklagter nicht unbedingt zur eigenen Tat äußern, bei- chem Vorteil ist. spielsweise zu Mittätern; vielmehr kann es, um eine (Zuruf von der FDP: Hört! Hört!) Strafermäßigung zu bekommen, ausreichen, wenn ein Angeklagter Angaben zu einer Tat macht, mit der er Wenn die Pflichtverteidigerbestellung tatsächlich zu nichts zu tun hat. einer Verkürzung der Untersuchungshaft führt, dann ist diese Regelung nicht nur unter pekuniären Gesichts- (Joachim Stünker [SPD]: Es kann!) punkten von Bedeutung, sondern hat auch ein Stück weit Wenn beispielsweise ein Kindesmissbraucher Angaben mehr Gerechtigkeit zur Folge. Untersuchungshaft ist zu einem Subventionsbetrug macht, dann kann dies eine nämlich ein erheblicher Eingriff, und sie darf nur so Reduzierung seiner Strafe zur Folge haben. lange vollzogen werden, wie sie notwendig ist. Wenn die Pflichtverteidigerbestellung dazu führt, dass jemand frü- (Joachim Stünker [SPD]: Es kann! Das ist kein her aus der Untersuchungshaft entlassen wird, weil für Automatismus, Herr Kollege!) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24551

Jörg van Essen (A) – Nein, natürlich ist das kein Automatismus; Vielen Dank. (C) (Joachim Stünker [SPD]: Na also! Das muss (Beifall bei der FDP) mal klargestellt werden!) aber Sie ermöglichen eine solche Reduzierung. Das ist Präsident Dr. Norbert Lammert: eine Regelung, die wir als FDP-Bundestagsfraktion Dr. Jürgen Gehb von der CDU/CSU-Fraktion ist der nicht akzeptieren wollen. nächste Redner. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Wir lehnen die Kronzeugenregelung in der Form, in der der SPD) sie heute von Ihnen vorgeschlagen wird, ab. Wir lehnen auch das ab, was Sie für den Bereich der Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU): Terrorcamps und der entsprechenden Ausbildung vor- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser schlagen. Auch wir als FDP-Bundestagsfraktion sehen Land ist in diesen Tagen 60 Jahre alt geworden. Wir alle selbstverständlich die Gefahren, die aus dem Islamismus haben sicherlich noch die Feierlichkeiten vor unserem hervortreten. Wir sehen auch, dass es immer wieder auch geistigen Auge und die vielfältigen Lobgesänge auf un- Reisen in Länder gibt, in denen in Terrorcamps ausgebil- sere Verfassung in unserem Ohr. Nun ist unser Grund- det wird. Wir sehen ebenfalls die Bedrohung für unser gesetz nicht nur an solchen Festtagen, dort vielleicht Land. Das, was Sie vorschlagen, ist aus unserer Sicht ganz besonders, von Bedeutung, sondern es gilt natürlich aber der falsche Weg. auch im Alltag, und es spielt in nahezu jeder Rechtsde- batte, auch heute wieder, eine Rolle. (Beifall bei der FDP) Es hilft nicht, das sechzehnte Skalpell in einen Opera- Ich will darauf hinweisen, dass die Grundrechte tionsraum zu legen, wenn es an Ärzten und Kranken- zwar klassische Abwehrrechte sind – deswegen will un- schwestern fehlt. Deshalb ist unser Ansatz auch ein völ- ser Freund Charly Dressel von der SPD ja, dass die För- lig anderer: Wir wollen die Nachrichtendienste, die dort derung des Sports als Staatsziel im Grundgesetz veran- eine ganz wesentliche Bedeutung haben, stärken und de- kert wird; er will den Sport nämlich abwehren –; ren Möglichkeiten verbessern, insbesondere hinsichtlich (Heiterkeit – Dr. Peter Danckert [SPD]: Ich der Aufklärung. Dafür sind wir offen. auch!) Lieber Herr Danckert, die Lücke, die die Koalition aber im Moment – ich denke an die Skandale der letzten dort sieht, wird von mir und unserer Fraktion aber nicht Zeit in großen Firmen, Stichwort: Datenschutz – werden (B) gesehen. Natürlich gibt es dort auch Einzeltäter. Das ist (D) die Privaten weniger durch den Staat als vielmehr durch aber keine neue Entwicklung. Es hat sich in der Vergan- die Privaten bedroht. genheit doch gezeigt, dass sich überall dort, wo Organi- sationsdelikte nicht gegriffen haben, beispielsweise bei Auch sonst finde ich, dass die Sicht auf die Grund- den Kofferbombern in Köln, keinerlei Lücke hinsichtlich rechte verkürzt wird, wenn man nur eine Bändigung und der Möglichkeit gezeigt hat, diese Täter zu bestrafen. Zähmung des Staates im Auge hat. Durch die Grund- (Beifall bei der FDP) rechte werden vielmehr auch Fürsorge- und Schutz- pflichten des Staates begründet, etwa im Bereich des Beide potenziellen Kofferbomber von Köln sind zu ho- Arbeits- und Sozialrechts, aber auch im Bereich der in- hen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Das heißt, die neren Sicherheit. Deswegen ist es sehr missverständlich, Straflücken, die zu dieser Diskussion geführt haben, sind Herr von Essen, dass Ihre Kollegin, Frau Leutheusser- nicht wirklich vorhanden. Schnarrenberger, unlängst gesagt hat, es gebe kein (Dr. Peter Danckert [SPD]: Das war eine an- Grundrecht auf Sicherheit. dere Situation!) (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich selbst bin einige Jahre lang in einer Staatsschutz- Das ist richtig! Das gibt es auch nicht!) abteilung tätig gewesen. Aus meiner staatsanwaltschaft- Es mag zwar kein Grundrecht auf Sicherheit geben; aber lichen Tätigkeit habe ich die Erfahrung mitgebracht, auch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestim- dass es sehr gut ist, dass wir zwischen nachrichtendienst- mung steht nicht expressis verbis im Grundgesetz, licher Tätigkeit und Strafverfolgungstätigkeit unter- scheiden. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: (Beifall bei der FDP) Das gibt es aber!) Diese Unterscheidung wird hiermit gelockert. Auch sondern das Bundesverfassungsgericht hat es aus der Zu- diese Entwicklung wird von uns nicht unterstützt. Daher sammenschau vieler Grundrechtsartikel entwickelt. Ge- gibt es von FDP-Seite ein klares Nein zu Ihren Vorschlä- nauso wie es eine grundrechtlich verbürgte Schutzpflicht gen. des Staates gibt – das, Herr Montag, können Sie in meh- reren Bänden des Bundesverfassungsgerichts nachlesen; Insgesamt zeigt sich also ein gemischtes Bild. Ich ich empfehle etwa den 80. und den 107. Band –, denke, dass wir in der Rechtspolitik in nächster Zeit noch einiges zu tun haben – dann hoffentlich mit libera- (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: ler Handschrift. Das bestreite ich auch nicht!) 24552 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Dr. Jürgen Gehb (A) erwächst als Reflex auf diese Schutzpflicht natürlich (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und (C) auch ein Recht des Bürgers darauf, dass er geschützt der SPD – Hans-Christian Ströbele [BÜND- wird. NIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen mal Zei- tung lesen!) Nun will ich die Begehrlichkeit hier gar nicht so groß werden lassen und sagen, dass der Staat einen hundert- Das Bundesverfassungsgericht hat eine Reihe von Si- prozentigen Schutz gewährleisten kann; das wäre ja völ- cherheitsgesetzen aufgehoben, die zu einer Zeit, als die lig unredlich. Wir müssen aber versuchen, den Schutz so Grünen Koalitionspartner waren, verabschiedet worden weit wie möglich zu gewähren und die Gefahren so weit sind. wie möglich zu reduzieren. Dass wir dabei vermintes Gelände betreten und uns in einem Spannungsfeld zwi- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) schen dem Anspruch auf Sicherheit einerseits und dem Wir sind auch nicht dafür haftbar, dass Landesgesetze Anspruch auf Freiheit andererseits bewegen, ist doch aufgehoben werden. Seit dem 18. Oktober 2005, dem klar. Tag der Konstituierung des Bundestages für diese Legis- Deswegen haben wir mit dem Gesetzentwurf zur Ver- laturperiode, hat das Bundesverfassungsgericht nicht ein folgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährden- einziges Sicherheitsgesetz dieser Koalition aufgehoben. den Gewalttaten einen weiteren Schritt hin zur Gewähr- Es hat lediglich am 11. März 2008 im Wege einer einst- leistung von Recht und Sicherheit getan. Herr van Essen, weiligen Anordnung die Nutzung bereits gespeicherter Sie haben gesagt, es nütze nichts, das 16. Skalpell in den Daten in einem Teilbereich ausgesetzt. Im Übrigen hat Operationssaal zu bringen, wenn es zu wenig Ärzte gibt. es das Telekommunikationsüberwachungsgesetz unbe- Es nützt aber auch nichts, einen ganzen Operationssaal anstandet gelassen. voller Ärzte zu haben, wenn Sie ihnen kein Skalpell in die Hand geben. Andere Entscheidungen des Bundesverfassungsge- richts, die Sicherheitsgesetze dieser Koalition aufgeho- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- ben hätten, wie Sie immer wieder behaupten, gibt es neten der SPD) nicht. Deswegen wollen wir auch Verhaltensweisen, die (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wirklich nicht sozial adäquat sind, mit einbeziehen. Wer NEN]: Das ist unwahr! Dazu hat es gar nicht nach Afghanistan, Pakistan oder sonst wohin reist, Stellung genommen!) (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE Merken Sie sich das ein für alle Mal. Durch gebetsmüh- GRÜNEN]: Sonst wohin?) (B) lenhafte Wiederholung, dass von uns erarbeitete Gesetze (D) um sich dort im Umgang mit Waffen und Sprengstoff zu aufgehoben worden sind, wird diese Behauptung nicht schulen, kann uns doch nicht weismachen, dass er das besser oder gar richtig. deshalb macht, um hier bei der Kirmes in Zehlendorf Schützenkönig beim „Laufenden Keiler“ zu werden. Das (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – ist aberwitzig. Mit dem Gesetz schaffen wir eine Grund- Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: lage, damit gegen die Gefährder ermittelt werden kann. Eines nach dem anderen von der CDU/CSU!) Wir wollen ermitteln, verfolgen und am Ende auf einer Wenn ich schon bei der Unredlichkeit der Kritik an sicheren Rechtsgrundlage bestrafen können. unserer Rechtspolitik bin, dann will ich – wenn auch so- (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zusagen als Obiter dictum – darauf hinweisen, dass sich NEN]: Auf die Absicht kommt es Ihnen also in die Phalanx dieser unredlichen Kritiker inzwischen gar nicht an!) auch ehemalige Verfassungsrichter einreihen. Deswegen haben wir diesen Gesetzentwurf auf den Weg (Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) gebracht und werden ihn heute verabschieden. So haben Exverfassungsrichter Jentsch und der frühere (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Vizepräsident Mahrenholz in einer Anhörung zur Wahl- neten der SPD) rechtsreform – nachdem das Bundesverfassungsgericht die Wahlrechtsvorschriften für verfassungswidrig erklärt Wie immer, wenn die Große Koalition im Begriff ist, hat; freilich hat es dem Gesetzgeber eine Frist bis zum Sicherheitsgesetze zu verabschieden, kommt geradezu 30. Juni 2011 eingeräumt, um das zu heilen – allen Erns- reflexartig das Argument von der linken Seite, von den tes die Auffassung vertreten, dass wir, so zunächst Herr Grünen, aber auch von den Freidemokraten Jentsch, wenn wir jetzt die Bundestagswahl auf der (Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Das Bundesverfas- Grundlage dieser Normen durchführten, die Erwartung sungsgericht nicht zu vergessen!) des Bundesverfassungsgerichts enttäuschen würden, wenn wir das nicht noch vorher machen. Noch schlim- – genau, das Bundesverfassungsgericht; darauf komme mer hat es Mahrenholz formuliert, der gesagt hat, die ich gleich zu sprechen –, wir würden wieder den Popanz Wahlen wären dann verfassungswidrig. des „Big Brother is watching you“ aufbauen, und das Bundesverfassungsgericht hebe andauernd unsere Si- (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE cherheitsgesetze wieder auf. Mit diesem Märchen GRÜNEN]: Nach einem verfassungswidrigen möchte ich jetzt aufräumen. Gesetz!) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24553

Dr. Jürgen Gehb (A) Herr Präsident, gestatten Sie auch mir einmal, etwas kann er freigesprochen werden, wenn auch nicht auto- (C) vorzulesen. Ich weiß, dass es in diesem Hause einen Ge- matisch, neraldispens von der Geschäftsordnung gibt, weil wir in- (Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Aber er zwischen zu einem Vorlesewettbewerb verkommen sind, kann!) wie wir nachher noch sehen werden. wie Herr Stünker eben zu Recht dazwischengerufen hat (Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- bei dem Beispiel, ob der Kinderschänder freigesprochen NEN) werden kann, weil er zur Überführung des Ladendiebes Genauso wie die Lektüre des Gesetzes häufig bei der beigetragen hat. Rechtsfindung hilft, hilft auch die Lektüre der Entschei- Diese Kronzeugenregelung ist ein weiterer Meilen- dungsgründe eines Urteils weiter. Das Bundesverfas- stein bei der Aufklärung komplizierter Straftaten, bei de- sungsgericht hat wörtlich ausgeführt: nen man häufig das Instrumentarium, das einem zur Ver- (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- fügung steht, gar nicht effizient genug einsetzen kann NEN]: Das ist nicht Thema heute, Herr Kol- und deshalb auf die Mithilfe von Straftätern angewiesen lege Gehb!) ist. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE Im Hinblick auf die hohe Komplexität des Rege- GRÜNEN]: Von Mördern! – Gegenruf des lungsauftrags und unter Berücksichtigung der ge- Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Das sind setzlichen Fristen zur Vorbereitung einer Bundes- auch Straftäter!) tagswahl erscheint es daher Die Frau Ministerin hat eben auch die Absprachen – gut hinhören! – im Strafprozess angesprochen. Dazu haben wir bereits in unangemessen, dem Gesetzgeber aufzugeben, das der ersten Lesung von der linken Seite unsägliche Ver- Wahlrecht rechtzeitig vor Ablauf der gegenwärti- gleiche gehört; das Strafgesetzbuch sei kein Handelsge- gen Wahlperiode zu ändern. setzbuch, wobei, Herr Nešković, auch das Handelsge- setzbuch nicht zur freien Disposition steht, sondern Ein derart kurzer Zeitraum birgt die Gefahr, dass sicherlich ebenso nach bestimmten Rechtsregeln auszu- die Alternativen nicht in der notwendigen Weise legen ist. Aber dazu ist genug gesagt worden: Pontius bedacht und erörtert werden können. Pilatus und Incitatus, eines der Pferde des Kaisers Caligula, das dieser – die schwächste Personalentschei- Meine Damen und Herren, wenn die Erwartung des dung – einmal zum Konsul ernannt hat; das ist vergleich- Bundesverfassungsgerichts, dass wir das rechtzeitig ma- (B) bar mit Ihrer Berufung in früherer Zeit zu einem Bundes- (D) chen, in dieser Formulierung begründet sein soll und richter, wenn das Bundesverfassungsgericht es ausdrücklich für unangemessen hält, dann halte ich es für unglaublich, (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU) dass diese Herrschaften mit der Autorität ihrer früheren jedenfalls wenn Sie solche Bemerkungen machen, wie Ämter bei den Bürgern den Eindruck erwecken wollen, Sie sie hier gemacht haben. wenn sie zur Wahl gingen, nähmen sie an einer verfas- sungswidrigen Wahl teil. Das hilft nicht, die Wahlmü- digkeit zu beenden. Präsident Dr. Norbert Lammert: Herr Kollege Gehb, ich glaube nicht, dass dies die Art (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- der Auseinandersetzung um die von Ihnen zu Recht als neten der SPD) ernsthaft gewürdigten Themen in besonderer Weise be- fördert. Wir verabschieden heute neben dem Gesetz zur Ver- folgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährden- (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP den Gewalttaten auch erneut die Kronzeugenregelung. und der LINKEN – Wolfgang Bosbach [CDU/ Wir hatten schon einmal, zwischen 1989 und 1999, eine, CSU]: Aber recht hat er!) wenn auch viel abgespecktere Form der Kronzeugenre- gelung – sie ist dann von Rot-Grün nicht weiter verfolgt Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU): worden –, Herr Präsident, ich nehme das zur Kenntnis. Wenn Sie (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- allerdings die Rede gehört hätten, die mich zu dieser Re- NEN]: Weil sie nichts gebracht hat!) plik geführt hat, könnten Sie dafür etwas mehr Verständ- nis aufbringen. Aber ich will gern zugeben, dass ich in und wir verabschieden heute sozusagen eine Strafzumes- der mir eigenen Art der freien Rede gelegentlich dazu sungsregel in § 46 des Strafgesetzbuches, wonach ein neige, über das Maß hinauszuschießen. Das tut mir leid; Täter in den „Genuss“ einer Strafmilderung oder Straf- das passiert auch anderen. befreiung kommen kann, allerdings unter Wahrung (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der schwerster rechtsstaatlicher Kautelen. Es darf nicht etwa SPD und der FDP) der Mörder freigesprochen werden; vielmehr bleiben Tat- und Schuldangemessenheit weiterhin die Richt- Meine Damen und Herren, ich will auf ein ganz we- schnur für dieses Verfahren. Aber wenn ein Täter bei der sentliches Element hinweisen. Im Zusammenhang mit Aufdeckung oder Verfolgung anderer Straftaten hilft, der Absprache im Strafprozess ist eben der Begriff 24554 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Dr. Jürgen Gehb (A) Transparenz gefallen. Es ist ganz wesentlich, dass dies Rechtspolitik sagen – ich bin der rechtspolitische Spre- (C) aus dem Dunstkreis der Mauschelei, der Heimlichtuerei cher und nicht der Vorsitzende meiner Fraktion –, herausgeholt worden ist. Das ist richtig. Bei dem Stich- wort Transparenz fällt mir der Deutsche Anwaltstag ein, (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der am Donnerstag letzter Woche begonnen hat und bei NEN]: Das fehlte noch!) dem sich der inzwischen ausgeschiedene Präsident dass das, was wir in den letzten vier Jahren auf dem Ge- Kilger in seiner Eröffnungsrede doch weiß Gott wieder biet der Rechtspolitik geleistet haben, sowohl in der Art, nicht die Aussage verkneifen konnte, dass die Große Ko- wie wir menschlich zusammengearbeitet haben – das gilt alition ihre Rechtspolitik in intransparenter Geheimnis- für meine Beziehungen als rechtspolitischer Sprecher tuerei verabschiede; damit wird sozusagen der Vorwurf der CDU/CSU-Fraktion zu Herrn Stünker, Herrn Peter des kollusiven Zusammenspiels erhoben. Danckert, Charly Dressel, Herrn Körper und insbeson- dere zur Ministerin und zum Staatssekretär Alfred Har- (Joachim Stünker [SPD]: Was? Gut, dass ich tenbach –, also was den persönlichen Umgang angeht, nicht da war!) als auch in der Sache, in Zukunft nicht mehr so schnell – Seien Sie froh, dass Sie nicht da waren, Herr Stünker. geleistet wird und in der Vergangenheit nicht geleistet worden ist. (Joachim Stünker [SPD]: Das ist ja unglaub- lich!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD) Dieser Vorwurf ist, nachdem sich Herr Kilger vor einem Jahr dazu hat hinreißen lassen, den deutschen Rechts- Wir werden diese Koalition kraftvoll, ernsthaft, kon- staat mit Guantánamo zu vergleichen, ein weiterer struktiv und anständig zu Ende bringen. schwerer Fauxpas. Meines Erachtens ist das gesamte Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Haus aufgerufen, dies zurückzuweisen. Es gibt nicht mehr Transparenz bei der Verabschiedung von Gesetzen (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) als in der Form, wie wir es tun. Präsident Dr. Norbert Lammert: (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Die Kollegin Ulla Jelpke ist die nächste Rednerin für Ebenso wie andere Berufsverbände, etwa der Deut- die Fraktion Die Linke. sche Richterbund oder die BRAK, ist auch der Deutsche (Beifall bei der LINKEN) Anwaltsverein nahezu bei allen unseren Anhörungen mit einem Repräsentanten als Sachverständigem vertreten, Ulla Jelpke (DIE LINKE): (B) wobei von dieser Seite nicht immer die klügsten Ein- (D) wände kommen. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Gehb, obwohl es wirklich reizt, Ihnen (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zu antworten, lässt es meine Redezeit nur zu, auf die NEN]: Das ist immer nur bei Ihnen!) Entwürfe der Gesetze zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten sowie zur Ich denke nur daran, dass in dem Verfahren zur Wieder- Bekämpfung des Aufenthalts in terroristischen Ausbil- aufnahme, das Sie angesprochen haben, ein vom DAV dungslagern einzugehen. entsandter Sachverständiger gesagt hat, das erinnere ihn an Gestapo-Methoden. Die Bundesregierung will die Vorbereitung von Ter- roranschlägen unter Strafe stellen. So weit die guten Ab- (Jörg van Essen [FDP]: Richtig!) sichten. Doch die vorliegenden Gesetzentwürfe taugen Liebe Repräsentanten des Deutschen Anwaltsvereins, bitte nicht zu mehr Sicherheit. Sie stellen einen Bruch mit vermeiden Sie Anleihen und Metaphern aus der Nazi- fundamentalen rechtsstaatlichen Prinzipien dar. zeit, Guantánamo, Abu Ghureib oder Ähnlichem. Der (Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Mit Rechtsstaat deutsche Rechtsstaat muss im Hinblick auf alle anderen kennen Sie sich wohl aus!) Staaten dieser Welt keinen Vergleich scheuen. Ich finde, das müsste unter allen Fraktionen und Parteien in diesem Bisher wird jemand für eine Tat bestraft, lieber Herr Haus Konsens sein, liebe Freunde. Kollege, die er auch begangen oder zumindest versucht hat. Doch nun soll bereits eine Tat zur Strafverfolgung (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie führen, die weder begangen noch versucht wurde. des Abg. Jens Ackermann [FDP]) (Joachim Stünker [SPD]: Kaufen Sie sich mal Mit den Gesetzentwürfen, die wir heute verabschie- ein StGB! Da finden Sie 20 vergleichbare Tat- den – ich sage das ohne Anspruch auf Vollständigkeit; bestände!) das Untersuchungshaftrecht und die Erhöhung der Ent- Nicht einmal konkrete Anschlagspläne müssen für die schädigung für zu Unrecht in Strafhaft gewesene Gefan- Strafverfolgung angeblich terroristischer Vorbereitungs- gene wurden schon angesprochen – und die übrigens ein handlungen nachgewiesen werden. Ob es sich bei dem besonderes Anliegen der Unionsfraktion sind, haben wir Herunterladen von Sprengstoffrezepten aus dem Internet im Grunde genommen die Koalitionsvereinbarung mit um wissenschaftliches Interesse, bloße Neugier der Präzision eines Schweizer Uhrwerks abgearbeitet. Allen Unkenrufen, dass diese Koalition kraftlos sei und (Dr. Peter Danckert [SPD]: Bloße Neugier? dass sie zerstritten sei, zum Trotz möchte ich für die Das ist sehr wahrscheinlich!) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24555

Ulla Jelpke (A) oder die Vorbereitung eines Anschlags handelt, ob ein Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (C) Guerillacamp zu journalistischen Recherchezwecken, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Re- aus Abenteuerlust gierungskoalition hat heute fünf strafrechtspolitische Vorhaben und elf Gesetzentwürfe zu einer gemeinsamen (Dirk Manzewski [SPD]: Aus Abenteuerlust?) Beratung zusammengefasst. Auch wenn die Rechtspoli- – ich freue mich, dass Sie sich so schön aufregen – oder tik damit endlich einmal bei Tageslicht und zur Prime- zur Kampfausbildung besucht wird, ob ein Wecker ge- time diskutiert wird – ich werde den Verdacht nicht los, kauft wird, um nicht zu verschlafen oder um damit einen dass doch wieder nur schnöde Taktik dahintersteckt. Es Zeitzünder für eine Bombe zu basteln, soll sich dem- ist nicht zu übersehen, dass damit höchstproblematische nächst aus der politischen und der religiösen Gesinnung und rechtsstaatlich wirklich abscheuliche Vorhaben im einer Person ableiten Windschatten von zum Teil oder in Gänze zustimmungs- fähigen Gesetzentwürfen segeln sollen. (Joachim Stünker [SPD]: Wo steht das denn?) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und kann mit bis zu zehn Jahren bestraft werden. sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Damit findet eine Abkehr vom Tatprinzip im deut- Sie wollen Ihre rechtspolitischen Schandtaten schen Strafrecht statt. Tätergesinnung und Täterpersön- (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Schandtaten?) lichkeit statt des Unrechtsgehalt einer Tat sollen nun be- reits der Grund für eine Strafverfolgung sein. damit verdecken; aber ich glaube, das wird Ihnen nicht gelingen. (Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Das ist Schwachsinn, was Sie da erzählen!) Erstens: die Kronzeugenregelung. Was Sie als Straf- zumessungsregel für Aufklärungs- und Präventionshilfe Das nennen wir Gesinnungsjustiz. heute hier vorlegen, ist tatsächlich ein unwürdiger Han- (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) del mit der Gerechtigkeit. Um es mit den Worten der Arbeitsgemeinschaft Sozial- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN demokratischer Juristinnen und Juristen zu charakterisie- und bei der LINKEN) ren – Zitat, bezogen auf das Gesetz –: Straftäter, die den Ermittlungsbehörden ihr Wissen über Das ist nicht weniger als das Gedankenverbrechen … Straftaten offenbaren, an denen sie selbst in keiner Weise aus Orwells 1984. beteiligt waren, sollen erhebliche Strafrabatte erhalten. Selbst Mörder sollen so einer lebenslänglichen Freiheits- (B) Bundeskriminalamt und Bundesanwaltschaft wollen strafe entkommen können. Ausdrücklich kann eine (D) durch die vorliegenden Gesetze noch mehr Vollmach- schuldunangemessen niedrige Strafe verhängt werden; ten für Lauschangriffe, Bespitzelung und Untersu- manche können von jeglicher Strafe verschont bleiben. chungshaft. Darum geht es in Wirklichkeit. Doch es ist Das ist nichts anderes als ein Judaslohn für Verrat. Be- rechtsstaatlich unhaltbar, mit Gummiparagrafen neue sonders schockierend ist, dass selbst Mörder in den Ge- Straftatbestände zu schaffen, um auf diese Weise Straf- nuss eines solchen zweifelhaften Vorteils kommen kön- verfolgungsbehörden mit weiteren Sondervollmachten nen. auszurüsten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall bei der LINKEN) sowie des Abg. Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]) Das sollte auch der Justizministerin Zypries klar sein, wenn sie ihre eigenen Gesetze schon als „verfassungs- Präsident Dr. Norbert Lammert: rechtlich auf Kante genäht“ bezeichnet. Um es noch ein- mal in aller Deutlichkeit zu sagen: Diese Gesetze berei- Herr Kollege Montag, gestatten Sie eine Zwischen- ten nicht nur einer weiteren Gesinnungs- und frage des Kollegen Dressel? Schnüffeljustiz den Weg – schlimmer noch, sie schaffen ein illegitimes Feindstrafrecht, das in seiner Konsequenz Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): in der Tat, Herr Gehb, nach Guantánamo führt. Das ist Aber gerne. mit uns nicht zu machen, und deswegen lehnen wir die- sen Gesetzentwurf ab. Dr. Carl-Christian Dressel (SPD): (Beifall bei der LINKEN – Dr. Carl-Christian Herr Kollege Montag, Sie haben soeben ausgeführt, Dressel [SPD]: Ein weiterer Tiefpunkt in der selbst Mörder könnten in den Genuss einer geringeren Parlamentsgeschichte!) als der lebenslangen Freiheitsstrafe kommen. Ist Ihnen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Strafsa- chen bekannt, wonach regelmäßig sogar wegen Mordes Präsident Dr. Norbert Lammert: zu einer geringeren Freiheitsstrafe als der lebenslängli- Ich erteile dem Kollegen Jerzy Montag, Fraktion chen verurteilt wird? Begründet wird das mit Art. 1 des Bündnis 90/Die Grünen, das Wort. Grundgesetzes in Verbindung mit dem Schuldprinzip. (Dr. Peter Danckert [SPD]: Heb mal das Ni- (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- veau wieder ein bisschen an!) NEN]: Das ist etwas völlig anderes!) 24556 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In der Beschlussempfehlung zur heutigen Debatte (C) Lieber Kollege Dressel, Sie sind offensichtlich heißt es dazu von Ihnen in aller Deutlichkeit – ich zitiere –: schlecht informiert. Das hängt wahrscheinlich damit zu- sammen, dass Sie kein Strafrechtler sind. Eine solche Für kooperationsbereite Straftäter … soll deshalb Rechtsprechung, wonach die Justiz in der Regel ver- die Möglichkeit … des Absehens von Strafe ge- pflichtet wäre, bei Mord keine lebenslängliche Freiheits- schaffen werden, und zwar grundsätzlich unabhän- strafe zu verhängen, gibt es nicht. gig davon, welche Art von Straftat sie selbst began- gen haben. (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das ist doch keine Regel!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Es gibt entgegen der gesetzlichen Regelung, wonach es Auch der Kollege Kauder würde Ihnen gerne eine keine Ausnahmen von lebenslänglich geben kann, eine Zwischenfrage stellen. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die sich auf die Konstellation der Tat bezieht. Ich erinnere Sie an Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): die Tat einer Tochter, die jahrelang von ihrem Vater Ich gestatte sie sehr gerne, aber erst nach dem Satz, missbraucht, geschlagen, vergewaltigt wurde und ihren den ich jetzt noch sagen will; denn dann bin ich mit dem Vater im Schlaf mit dem Hammer erschlug. In einem Thema Kronzeugenregelung fertig. solchen Fall, so das Bundesverfassungsgericht, kann es das, was im Strafgesetzbuch steht, nämlich auf jeden Fall lebenslänglich, nicht geben. Sie aber wollen in die- Präsident Dr. Norbert Lammert: ses Gesetz hineinschreiben, dass ein Mörder, der über Ich vermute, darüber werden wir sofort eine Verstän- eine Tat, mit der er nichts zu tun hat, etwas aussagt, we- digung erreichen. gen des Verrats dieses völlig anderen Falles der lebens- länglichen Freiheitsstrafe entgehen kann, auch wenn es Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): für die Ausführung seiner Mordtat keinerlei Milderungs- Ich sage Ihnen: Nichts von dem Guten, das heute in gründe gibt. Das nenne ich eine schuldunangemessen die Strafprozessordnung punktuell geschrieben werden niedrige Bestrafung. soll, kann eine solche Kronzeugenregelung rechtferti- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gen. Deswegen lehnen wir sie ab. und bei der LINKEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Es gibt keinen Bedarf für eine solche Regelung. sowie des Abg. Wolfgang Nešković [DIE Selbst ein strafrechtlicher Staatsnotstand würde sie nicht LINKE]) (B) (D) rechtfertigen. Wir befinden uns aber bei der Verfolgung Jetzt bitte Herr Kollege Kauder. und Bekämpfung der Kriminalität in Deutschland nicht in einem Notstand. Den Problemen, die es bei der Prä- vention zum Schutze der Bevölkerung, bei der Aufklä- Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/ rung von Straftaten und bei einer effektiven, schnellen CSU): und rechtsstaatlichen Bearbeitung angeklagter Strafta- Herr Kollege Montag, habe ich es richtig verstanden, ten gibt, müssen die Länder – das ist ihre Pflicht; eine dass Sie der Auffassung sind, dass über die Strafmilde- Flucht in die Kronzeugenregelung ist keine Lösung – mit rung eines Angeklagten, der Angaben macht, die Polizei einer ausreichenden personellen und Sachausstattung der und die Staatsanwaltschaft entscheiden, ohne den Rich- Ermittlungsbehörden begegnen. ter einzubinden? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: So war die Aussage!) Viele Argumente, die zu Unrecht gegen eine Verstän- digung im Strafprozess vorgebracht werden, treffen bei Ich kenne die Vorschrift des § 46 b StGB, den wir verab- der Kronzeugenregelung geradezu ins Schwarze. Alles schieden wollen, nur so, dass darüber rechtsstaatlich ein Entscheidende spielt sich vor Eröffnung des Hauptver- Gericht zu entscheiden hat und die Strafmilderung nicht fahrens ab, also ohne das Gericht, das später in der gewähren muss, sondern nach Abwägung aller entschei- Hauptverhandlung nur noch als Notar eines längst aus- denden Strafzumessungsgründe und Strafzumessungs- gehandelten Geschäfts benötigt wird. Der Verrat, als tatsachen darüber befindet. Aufklärungshilfe kaschiert, und der Lohn, nämlich der Strafrabatt, Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Joachim Stünker [SPD]: Herr Montag, das ist Lieber Kollege Kauder, auch darüber möchte ich die unter Ihrem Niveau!) Öffentlichkeit aufklären. werden zwischen der Polizei und der Staatsanwaltschaft (Dr. Peter Danckert [SPD]: Gib es doch zu, einerseits und dem Straftäter andererseits ausgehandelt. dass es so ist! Das steht doch im Gesetz!) Das ist wirklich ein schmutziger Deal mit dem Verbre- – Es gibt nichts zuzugeben, Herr Kollege Danckert. Das, cher, der eigentlich hinter Gitter gehört. was in der Fragestellung insinuiert wird, ist falsch. Des- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wegen will ich es auch Ihnen, lieber Kollege Danckert, und bei der LINKEN) jetzt noch einmal erklären. Aber vor allen Dingen will Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24557

Jerzy Montag (A) ich es Ihnen, Herr Kollege Kauder, erläutern, damit es (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (C) nicht von meiner Redezeit abgeht. Die Bundesjustizministerin hat dies reichlich euphe- Der entscheidende Punkt ist, dass dieses Geschäft, die mistisch „ein Gesetz auf Kante nähen“ genannt. Ihre Aufklärungshilfe gegen einen Strafrabatt, eingefädelt Kollegin, Frau Zypries, die Justizsenatorin von der Aue, und beendet sein muss, bevor das Hauptverfahren er- SPD, hat am 6. März 2009 dazu im Bundesrat erklärt: öffnet worden ist, bevor also das Gericht mit dem Fall Die Straftatbestände sind unbestimmt, konturlos und überhaupt befasst worden ist. Eine spätere Erklärung des kaum handhabbar. Die Gefahr, dass unbescholtene Bür- Beschuldigten führt nach Ihrem Gesetzentwurf eben ger betroffen sein werden, bewegt sich in einem Größen- nicht zu der Möglichkeit dieses Handels. bereich, der nicht vertretbar ist. Der Gesetzentwurf führt die Rechtspolitik auf einen Pfad, an dessen Ende die Ge- (Joachim Stünker [SPD]: Ja!) fahr besteht, dass Errungenschaften aufs Spiel gesetzt Das bedeutet praktisch und faktisch in der Zukunft, dass werden, die uns heute vor Willkür schützen. In Deutsch- die Polizei, vielleicht sogar mit einem noch nicht vertei- land soll kein Mensch allein für seine Absichten bestraft digten Beschuldigten, die Gespräche führen wird, die es werden. heute in Drogensachen schon in jedem Verfahren gibt. Das ist die Kritik Ihrer sozialdemokratischen Kolle- Das Allererste, was die Polizei zu einem festgenom- gin an Ihrem Gesetzentwurf, Frau Zypries. menen Drogenbeschuldigten sagt, ist: Grüß Gott – in (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Bayern – oder guten Tag, das ist § 31 des Betäubungs- Brigitte Zypries, Bundesministerin: Leider mittelgesetzes, lesen Sie ihn sich genau durch. Darin falsch! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Wie- steht, welchen Strafrabatt Sie von uns bekommen, wenn land [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, da Sie Angaben machen. hat sie recht!) (Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] Ganz bewusst, meine Damen und Herren, wende ich [CDU/CSU]: Das ist unzulässig!) mich jetzt nicht nur an die Kolleginnen und Kollegen der – Das ist das, was die Polizei regelmäßig erklärt. – Dann Sozialdemokraten, sondern auch an die der CDU/CSU. wird dieses Geschäft zwischen Polizei und Staatsanwalt- Es gibt Menschen, die aus Habsucht oder aus Gier, aus schaft einerseits und dem Täter andererseits natürlich zu- Hass oder aus grenzenloser Verblendung schreckliche stande kommen. Dann – da haben Sie Recht – gehen die- Straftaten vorhaben. Manche denken nur an sie; manche jenigen bereiten sich in Gedanken darauf vor, sie irgendwann in Zukunft zu begehen; manche üben sich sogar in Fertig- (B) (Zurufe von Abgeordneten der CDU/CSU und keiten, die sie in Zukunft vielleicht auch einzusetzen ge- (D) der SPD: Aha!) denken. All dem ist in einem Rechtsstaat mit den Mitteln – nichts da! –, die das Geschäft verhandelt haben, vor des Strafrechts nicht zu begegnen. Strafrecht ist kein Ge- den Richter – rein formal – und sagen mehr oder minder: fahrenbekämpfungsrecht. Genauso, wie wir uns gegen- Du bist der Notar, du bestätigst das nur noch. seitig versichern, dass wir uns als Demokraten beim Schutz unserer parlamentarischen Demokratie nicht von (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist unglaub- Demokratiefeinden auseinandertreiben lassen wollen, lich! – Dr. Peter Danckert [SPD]: Das ist doch rufe ich heute die Rechtspolitiker aller Fraktionen dazu totaler Quatsch!) auf, sich nicht von dem Ruf nach größtmöglicher angeb- licher Sicherheit und von vermeintlichen neuen Sicher- Das wird in der Zukunft die Folge sein. So ist das heitslücken in immer neue, fragwürdige Gesetze hinein- auch bei § 31 Betäubungsmittelgesetz. Das ist die Pra- treiben zu lassen. xis. Lieber Kollege Kauder, Sie kennen sie sehr genau. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – und bei der FDP) Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Königlich Bayerisches Amtsgericht!) Wir dürfen die Grundsätze eines rechtsstaatlichen Strafrechts eben nicht scheibchenweise einer trügeri- Meine Damen und Herren, die neuen Strafvorschrif- schen Sicherheit opfern. Vielmehr müssen wir das be- ten der §§ 89 a und 89 b StGB stellen jedwede Auf- herzigen, was uns allen der Bundesverfassungsrichter nahme von Beziehungen zu einer Gruppe unter Strafe, Hoffmann-Riem am 14. März 2009 auf dem Kongress wenn dies einer zukünftigen Unterweisung in irgendwel- meiner Fraktion „60 Jahre Grundgesetz – Fundamente chen, nicht näher bezeichneten Fertigkeiten dienen soll, der Freiheit stärken“ mit auf den Weg gegeben hat, näm- die wiederum der möglichen zukünftigen, nach Ort und lich: Wir müssen wieder lernen, mit Risiken zu leben. Zeit nicht bestimmten Ausführung einer schweren Straf- tat dienen sollen. Das, meine Damen und Herren, macht uns nicht wehrlos. Lassen wir uns das doch nicht einreden! Das Diese Vorschriften sind viel mehr als nur ein rechts- macht uns gerade gegenüber Straftätern, die unsere frei- staatlicher Kollateralschaden. Die Vorbereitung einer heitliche, rechtsstaatliche, grundrechtsorientierte Ord- Vorbereitung einer Straftat unter Strafe zu stellen, ist nung im Visier haben, stark. Die heute zur Abstimmung Ausdruck einer Sicherheitsphobie, die keine Grenzen stehenden neuen Straftatbestände lehnen wir Grünen ab. und keine Regeln kennt, sondern nur Erfolg haben will, und dies offensichtlich um jeden Preis. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 24558 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Jerzy Montag (A) Es gibt keine Debatte über Reformen des Rechts der Meine Redezeit geht zu Ende. Deswegen will ich zu (C) Untersuchungshaft ohne den Hinweis, dass es ein großer dem Deal im Prozess nur so viel sagen: Ich halte die Kri- Fehler war, das Recht der Untersuchungshaft und des Ju- tik daran – heute auch in der Süddeutschen zu lesen – gendstrafvollzugs in die Länderkompetenz zu geben, für, um ein Wort von Ihnen, Herr Präsident, aufzuneh- aber so ist es geschehen. Jetzt – das hat etwas Tragiko- men, unmaßstäblich. Wir Grünen stimmen diesem Ge- misches, kann man schon sagen – legt der Bund mit den setzentwurf zu, und zwar ausdrücklich deswegen, weil Resten seiner Kompetenz einen Gesetzentwurf zum darin rechtsstaatliche Regelungen im Bereich der Ver- Untersuchungshaftrecht vor, nachdem er es über Jahr- ständigung im Strafprozess festgeschrieben werden, und zehnte, als er die Kompetenz hatte, nicht geschafft hat, das ist richtig so. und zwar bei allen Konstellationen in diesem Haus, ei- nen solchen Gesetzentwurf vorzulegen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ich habe in der ersten Lesung dazu schon Grundsätz- Zuallerletzt zur Haftentschädigung. 11 Euro pro Tag liches erklärt. für unschuldig verbüßte Haft, das war jämmerlich. Mit 25 Euro haben wir im europäischen Maßstab, Herr Goll, (Dr. Peter Danckert [SPD]: So grundsätzlich immer noch die rote Laterne; wir liegen damit an letzter war das auch nicht!) Stelle. Es wird vielleicht nicht als große Notwendigkeit gesehen, die Entschädigung für unschuldig erlittenen Darauf will ich Bezug nehmen und an dieser Stelle nur Freiheitsentzug großzügig zu regeln, aber für eine gute noch einmal sagen, was fehlt. Es fehlt eine feste Frist für Rechtspolitik wäre es doch wichtig gewesen. das Ende der U-Haft: U-Haft darf in der Regel nur für sechs Monate, höchstens jedoch zwölf Monate verhängt (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) werden. – Einem Gesetz mit einer solchen Regelung hät- ten wir zustimmen können. Präsident Dr. Norbert Lammert: (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Peter Danckert ist der nächste Redner für die SPD- sowie des Abg. Wolfgang Nešković [DIE Fraktion. LINKE]) (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Die Länder planen einen § 1 ihrer Gesetze zum Unter- suchungshaftvollzug mit folgendem Wortlaut – ich hätte Dr. Peter Danckert (SPD): es gut gefunden, wenn Sie die Kraft gehabt hätten, eine Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe solche Regelung auch in den hier vorliegenden Gesetz- Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Montag, der entwurf aufzunehmen –: (B) Herrn Kauder und mir vorwirft, gebrüllt zu haben, (D) Die Untersuchungshaftgefangenen gelten als un- (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schuldig. Sie sind so zu behandeln, dass der An- NEN]: Das war doch ein Kompliment, Herr schein vermieden wird, sie würden zur Verbüßung Danckert! Wie ein Löwe, das war nett gemeint! – einer Strafe festgehalten. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE Eine solche Regelung, in der die Unschuldsvermutung GRÜNEN]: Wie ein mutiger Löwe!) an erster Stelle genannt wird, wäre auch in Ihrem Gesetz hätte sich etwas sorgfältiger mit der Materie beschäfti- begrüßenswert gewesen. gen müssen. Hätte er das getan, wäre er zu diesem Hin- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN weis gar nicht erst gekommen. sowie des Abg. Wolfgang Nešković [DIE Wir sind in einer seltsamen Mischung aus Generalde- LINKE]) batte und Befassung mit den konkreten Gesetzentwür- Die Pflichtverteidigerbestellung wird erheblich ver- fen. Mein Fazit der letzten vier Jahre lautet: Wir haben bessert. hier eine wirklich hervorragende Rechtspolitik gemacht. (Dr. Peter Danckert [SPD]: Vielen Dank!) (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU) Aber ich will an dieser Stelle schon noch daran erinnern, dass die Kollegen Danckert und Kauder in der ersten De- Das lag nicht nur, wie der Kollege Gehb gesagt hat, an batte wie die Löwen gebrüllt haben den menschlichen Beziehungen – sie sind die Grundlage dafür –; wir haben auch um die jeweils beste Lösung ge- (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: So wie Sie!) rungen. und ausgeführt haben, Pflichtverteidigung ab der ersten (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE Sekunde der vorläufigen Festnahme sei absolut unver- GRÜNEN]: Es ist aber nicht die beste gewor- zichtbar; aus Zeitgründen kann ich die Zitate nicht mehr den!) vortragen. Es ist ein Fortschritt erzielt worden – wir ha- ben eine bessere Regelung gefunden –, aber trotz Ihres Das war nicht immer ganz einfach, aber wir haben gute Gebrülls in der ersten Lesung ist es nur ein ganz zaghaf- Lösungen gefunden. Ich bedanke mich daher beim Jus- ter Schritt. tizministerium und bei der großen Zahl von Mitarbei- tern, die uns im Gesetzgebungsverfahren begleitet ha- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ben. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24559

Dr. Peter Danckert (A) Ich will Ihnen, Herr van Essen, obwohl meine Rede- Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: (C) zeit knapp ist, sagen: Sie haben mich in zwei Punkten Schwerste?) wirklich maßlos enttäuscht. Zum einen hat mich Ihr Vor- schlag enttäuscht, wie mit Wiederaufnahmetatbestän- – Ja, schauen Sie sich doch die Straftatbestände an. Viel- den umgegangen werden soll. Ich habe in meiner Ar- leicht wissen Sie es aber auch nicht, weil Sie sich nicht beitsgruppe zu denen gehört, die gefordert haben, zu gründlich genug mit dieser Frage beschäftigt haben. überlegen, wie wir Wiederaufnahmetatbestände neu fas- Das, was wir hier machen, also die Legalisierung von sen können – auch wegen des genannten Falles. Aber bestimmten Regelungen, die sinnvoll und gut sind, ist was Sie uns hier geboten haben, als Sie hier vom Pult ge- demzufolge der richtige Weg. Wenn Sie hier den Ein- fordert haben, gewissermaßen als Oberrichter unter Ver- druck vermitteln, es käme nun dazu, dass alles schon im zicht auf die Unschuldsvermutung, die ja in Ihrer Argu- Vorfeld zwischen Angeklagten und Staatsanwalt ausge- mentation sonst immer eine große Rolle spielt, dealt würde, festzulegen, wer schuldig ist, war schon ziemlich starker Tobak. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) NEN]: Natürlich! In der Verhandlung ge- schieht nichts mehr!) Sie sollten sich einmal überlegen, ob es richtig ist, sich in dieser Frage sozusagen zum Oberrichter aufzuschwin- dann verschweigen Sie der Öffentlichkeit ein entschei- gen. dendes Element, nämlich dass es einer Entscheidung des Gerichts bedarf. Wenn das Gericht dem Deal nicht zu- (Jörg van Essen [FDP]: Ich bin überzeugter stimmt, dann funktioniert all das, was vorher besprochen Oberstaatsanwalt!) worden ist, eben nicht. Was Sie hier an dieser Stelle ge- macht haben, ist wirklich bösartig. Der DNA-Test ist – das wissen Sie – nach der Recht- sprechung ein Element in einer langen Kette von Beweis- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten elementen und nicht das allein ausschlaggebende. Man der CDU/CSU – Dr. Jürgen Gehb [CDU/ kann nicht aufgrund dieses einen Elements sagen, dass CSU]: Nicht nur das!) jemand schuldig ist. Ich akzeptiere ja, dass man in einer solchen Frage an- (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- derer Meinung sein kann. Ich kann aber nicht akzeptie- NEN]: Man kann das nicht zum Ersatz für den ren, wenn scheinheilig Richter machen!) (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Unredlich!) (B) Wenn ich jemals einen Grund gehabt hätte, meine Mei- (D) nung in dieser Frage zu ändern, wäre Ihr Beitrag der An- argumentiert wird, indem das Gericht, das letztendlich lass dazu gewesen. So viel dazu. das Urteil spricht, sozusagen beiseitegeschoben und be- hauptet wird – auch das ist eine seltsame Auffassung von Zum Zweiten hat mich enttäuscht, dass Sie hier ge- Rechtsstaatlichkeit –, der Richter sei nur noch Notar. sagt haben, das Gesetz zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Straftaten sei falsch; (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der stattdessen solle man besser die Zahl der Mitarbeiter CDU/CSU – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/ beim Bundesnachrichtendienst und auch den anderen DIE GRÜNEN]: Genau! Das ist es! Sie ma- Diensten aufstocken. Diese Argumentation halte ich für chen ihn dazu! – Dr. Jürgen Gehb [CDU/ absurd. Dann könnte man ja genauso gut fordern, alle CSU]: Unglaublich!) Straftatbestände abzuschaffen und das Heer der Polizis- ten zu erweitern. Das ist wirklich – da kann ich mich dem Zwischenruf von Herrn Gehb nur anschließen – unglaublich. (Jörg van Essen [FDP]: Herr Danckert, Sie können schon besser argumentieren!) Jetzt zu den Themen, die mich in besonderer Weise beschäftigt haben. Wir haben hier, wie ich finde, etwas – Ja, ich weiß, ich kann es besser. Aber Ihr Argument erreicht, was mir am Anfang nicht sinnvoll zu sein war an dieser Stelle ganz besonders schlecht. Deshalb schien. Ich war kein Befürworter der Verständigung im war diese Replik nötig. Strafverfahren, einfach deswegen, um es kurz und knapp (Beifall bei Abgeordneten der SPD) zu sagen, weil dabei die Kunst der Strafverteidigung ver- loren geht. Die Kolleginnen und Kollegen überlegen Zu dem Gesetz zur Kronzeugenregelung will ich nur dann nur noch, wie sie so rasch wie möglich dealen kön- Folgendes sagen: Wenn wir uns etwas eingehender mit nen, ohne überhaupt die Vorbedingung hierfür erfüllt zu dieser Materie beschäftigen, finden wir im Kontext un- haben, nämlich ein gründliches Aktenstudium. seres Strafgesetzbuches viele Fälle, bei denen zum Bei- spiel aus Gründen der Opportunität auf die Verfolgung (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE schwerster Straftaten verzichtet wird bzw. es gar nicht GRÜNEN]: Das tun sie doch heute schon, erst zu einer Verhandlung kommt. Herr Kollege! Das ist Praxis!) (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Das ist sozusagen die Ausgangssituation. Wir haben aber NEN]: Was? Schwerste Straftatbestände? – einen Auftrag mit auf den Weg bekommen, der – – 24560 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Präsident Dr. Norbert Lammert: wiesen –, die die Absprache bzw. den Deal ins Licht der (C) Ich habe den Eindruck, Herr Kollege Danckert, dass Öffentlichkeit rückt, in die Hauptverhandlung bringt und Sie geneigt sind, eine Zwischenfrage des Kollegen Mon- nicht auf den Fluren des Gerichts verbleiben lässt. tag zu beantworten. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das war nicht die Antwort auf meine Dr. Peter Danckert (SPD): Frage!) Ich freue mich darüber. – Das ist Pech! Sie haben ja auch gar keine Frage ge- Präsident Dr. Norbert Lammert: stellt, sondern eine Feststellung getroffen, durch die ich Bitte schön. eine kleine Verlängerung meiner Redezeit gewonnen habe. Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Danke. – Herr Kollege Danckert, Sie haben das Ho- NEN]: Aber es war eine drin!) helied auf Ihre Kronzeugenregelung gesungen. Beim Thema „Deal“ erklären Sie nun, dass Sie bisher dagegen Die Verständigung im Strafverfahren ist okay. gewesen seien, weil, wenn der Deal eingeführt würde, Sie haben am Ende Ihrer Rede beanstandet, dass es jeder Verteidiger, statt im Rahmen des kontradiktori- nicht gelungen ist, eine große Reform im Untersu- schen Strafprozesses für seinen Mandaten zu kämpfen, chungshaftrecht auf den Weg zu bringen. Herr Kollege als Erstes daran denken würde, wie man zu einer gütli- Kauder und ich haben sie angestoßen, weil es einen chen oder besseren Einigung kommen könnte. Grund gab, bestimmte Gedanken einzubringen. Eine Ich frage Sie: Trifft diese Argumentation nicht in ei- große Reform, wie sie Ihnen vorschwebt – und die man nem noch stärkeren Maße auf die Kronzeugenregelung sich durchaus vorstellen kann –, wäre in dieser Legisla- zu, die Sie ins Gesetz schreiben wollen? Das bedeutet turperiode nicht fertig geworden. Mir, als ehemaligem doch, dass jeder Verteidiger beim ersten Kontakt mit ei- Strafverteidiger, und auch Ihnen müsste es eigentlich nem Beschuldigten sagen wird: Lassen wir einmal den wichtig sein, dass wir ein fast historisches Ergebnis er- eigentlichen Tatvorwurf beiseite. Es interessiert nicht, zielt haben, indem wir dem in Untersuchungshaft be- was du gemacht haben sollst. Das Erste, was ich von dir findlichen Beschuldigten sofort die Hinzuziehung eines wissen muss, ist: Weißt du irgendetwas über einen ande- Pflichtverteidigers ermöglichen. Das hat es in den letz- ren? Wenn das der Fall ist, dann kann ich zur Polizei und ten 100 Jahren nicht gegeben. Die Anwälte haben immer Staatsanwaltschaft gehen und in einen Deal der Kron- darum gekämpft. Nun haben wir es erreicht. Es ist daher (B) zeugenregelung einsteigen. – Das wird die Folge Ihres eine seltsame Geschichte, dass die Opposition nun an- (D) Kronzeugenparagrafen sein und genau das bestätigen, fängt zu mäkeln und sagt, dass sie an dieser oder jener was Sie beim Thema „Deal“ als Befürchtung geäußert Stelle noch Veränderungen haben will, anstatt das Ergeb- haben. nis zu würdigen. Aber das ist Ihr gutes Recht als Opposi- tion. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!) Etwas anderes ist in diesem Zusammenhang auch noch wichtig: Die Rechtsprechung hat uns zur Akten- einsicht gemäß § 147 StPO gewisse Hinweise gegeben. Dr. Peter Danckert (SPD): Wir haben hier eine Verbesserung erreicht, indem wir ins War das eine Frage oder eine Feststellung? Die Kron- Gesetz geschrieben haben, dass derjenige, der sich in zeugenregelung ist ein rechtstaatliches Verfahren. Am Untersuchungshaft befindet, Akteneinsicht – in der Re- Ende entscheidet das Gericht, und zwar nicht als Notar gel über seinen Anwalt – bekommen kann. Das heißt, im im Sinne einer Beurkundung einer wie auch immer gear- neuen Gesetz gibt es in dieser Hinsicht Verbesserungen. teten Absprache. Das ist die eine Seite. Bisher gab es nur den Anspruch auf Informationen, die Die Verständigung im Strafverfahren gibt es in der für den Haftbefehl Voraussetzung waren. Jetzt erhält der Gerichtspraxis seit 15 bis 20 Jahren. Ich habe mich zwar Anwalt die Möglichkeit, durch Akteneinsicht – die die immer dagegen ausgesprochen, aber am Gesetzgebungs- Regel sein wird – die Dinge herauszuarbeiten, die mögli- verfahren, das im Übrigen ausgezeichnet war, teilge- cherweise zu einer Aufhebung des Haftbefehls führen. nommen. Dabei habe ich sozusagen Schritt für Schritt – auch wegen meiner Bedenken am Gesetzgebungsver- Präsident Dr. Norbert Lammert: fahren – entscheidende Hinweise gegeben und entschei- dende Veränderungen bewirkt, sodass ich letztendlich Herr Kollege Danckert. diesem Gesetz zustimmen kann und werde. Ich halte es für richtig. Dr. Peter Danckert (SPD): Der Große Senat hat uns in seinem Beschluss vom Das ist ein großer Fortschritt. Deshalb kann man die- März 2005 einen Auftrag gegeben. Wir haben, nachdem sem Gesetz mit gutem Gewissen zustimmen. viele Versuche vorher gescheitert sind, den Antrag ange- Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. nommen und eine, wie ich finde, vernünftige und hand- habbare Regelung getroffen. Es ist vor allen Dingen eine (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie bei Regelung – die Bundesjustizministerin hat darauf hinge- Abgeordneten der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24561

(A) Präsident Dr. Norbert Lammert: Die Grünen wollten nicht, dass die Kronzeugenregelung (C) Das Wort erhält der Kollege Siegfried Kauder, CDU/ fortgesetzt wird, weil es nahezu keine Anwendungsfälle CSU-Fraktion. gegeben habe. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/ GRÜNEN]: Einer der Lichtblicke!) CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Warum hat es keine Anwendungsfälle gegeben? Weil die Die Menschen verbinden Politik auch mit Köpfen. Wenn Kronzeugenregelung an § 73 d StGB – Erweiterter Ver- es um die innere Sicherheit geht, ist der Kollege Montag fall – andockte und damit viel zu engmaschig gestrickt eher nicht der Kopf, an den man denkt, und die Kollegin war. Wenn Sie die Praktiker gefragt hätten, hätten die Ih- Jelpke schon gar nicht. nen erklärt: Wir brauchen die Kronzeugenregelung, man (Zuruf von der CDU/CSU: Richtig! – Gegen- muss sie ausweiten. ruf des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜND- (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE NIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Kauder!) GRÜNEN]: Die Mörder brauchen die Kron- Wenn von innerer Sicherheit gesprochen wird, denkt zeugenregelung!) man an Innenminister Dr. Wolfgang Schäuble, Ich empfehle, in der Zeitschrift für Rechtspolitik aus dem (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Jahr 2000, Seite 121, den Aufsatz von Pfeiffer zu lesen. NEN]: Da bin ich froh, dass ich nicht in dieser Dann sehen Sie, dass Sie damals die falsche Entschei- Reihe stehe!) dung getroffen haben. Dies korrigieren wir heute in zweiter und dritter Lesung. der für Sicherheit in diesem Land steht: Ohne ihn gäbe es kein BKA-Gesetz, ohne ihn gäbe es keine Online- Die Kronzeugenregelung ist nichts Ungewöhnliches. durchsuchung, ohne ihn gäbe es keine Vorratsdatenspei- Eine Kronzeugenregelung gibt es zum Beispiel in § 31 cherung. des Betäubungsmittelgesetzes. Lieber Kollege Montag, (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE den Fall, den Sie geschildert haben, dass ein Polizeibe- GRÜNEN]: Das ist das Sündenregister des In- amter einem Inhaftierten zusagt: Wenn du Angaben nenministers!) machst, wirst du eine mildere Strafe bekommen, mag es in der Praxis geben; – An der Reaktion hier im Saal sieht man, dass man leicht die Spreu vom Weizen trennen kann. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das gibt es schriftlich als Vordruck!) (B) (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (D) NEN]: Rechtsstaatliche Spreu!) aber das wäre eine unzulässige Vernehmungsmethode Die CDU bzw. CSU ist die Partei der inneren Sicher- und nicht verwertbar. Sie erzählen Humbug aus der heit. Kiste eines Strafverteidigers. Das sind Extremfälle, die es so nicht gibt. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Law-and-Order-Fanatiker! – Ge- (Beifall bei der CDU/CSU) genruf des Abg. Clemens Binninger [CDU/ Die Kronzeugenregelung ist etwas Sinnvolles. Sie CSU]: Das sagt der Richtige!) sollten § 46 b Abs. 2 unseres Gesetzentwurfes lesen! Innere Sicherheit und Freiheit sind keine Gegensätze. Es Dann werden Sie schnell feststellen, dass auch bei Straf- geht nicht um Freiheit oder Sicherheit, milderung die schuldangemessene Strafe nicht unter- schritten werden darf. Es ist nichts Ungewöhnliches, (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: dass ein Nachtatverhalten bei der Strafhöhe berücksich- „Freiheit oder Sozialismus“!) tigt wird; das ergibt sich schon aus § 46 StGB, Grund- sondern um Freiheit in Sicherheit. Freiheit und Sicher- sätze der Strafzumessung. heit bedingen sich wechselseitig. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. GRÜNEN]: Aber nicht bei Mördern!) Dr. Peter Danckert [SPD]) – Genau, Herr Kollege Ströbele: Bei Mördern greift Wir werden die Sicherheitsstruktur in Deutschland ver- § 46 StGB nicht, weil auf Mord lebenslange Freiheits- bessern, indem wir zwei Gesetzgebungsvorhaben umset- strafe steht. Genau deswegen brauchen wir den vorge- zen. schlagenen § 46 b StGB. Denn auch in diesem Bereich Eine Kronzeugenregelung gab es schon einmal; im ist Aufklärung notwendig. Sie sind da auf dem Holzweg. Jahr 1999 lief sie aus. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- von der SPD, ich habe Verständnis dafür, dass Sie sich in neten der SPD – Dr. der rot-grünen Koalition in der Rechtspolitik mit den [CDU/CSU]: Da können Sie noch etwas ler- Grünen etwas schwertaten. nen, Herr Ströbele! – Wolfgang Wieland (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wissen, GRÜNEN]: Genau so ist es!) warum Sie das machen!) 24562 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (A) Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wie hat die Kolle- Wir bauen aber nicht nur an einer Sicherheitsarchitek- (C) gin Jelpke, die, weil sie Nichtjuristin ist, mit den tur; wir verbessern auch die Voraussetzungen in einem Straftatbeständen ein bisschen Probleme hat, Strafverfahren. Ich bin dem Kollegen van Essen dank- bar, dass er den Opferschutz erwähnt hat. Ein Gesetzge- (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ bungsvorhaben ist noch nicht umgesetzt: das zweite Op- DIE GRÜNEN]: Ein bisschen Überheblich- ferrechtsreformgesetz. Ich würde mich freuen, wenn wir keit!) dies mit vereinter Kraft noch in dieser Legislaturperiode die Vorschriften zur Strafbarkeit von Vorbereitungshand- schaffen würden. lungen staatsgefährdender Gewaltdelikte gegeißelt! Ist (Joachim Stünker [SPD]: Das soll an uns nicht es denn etwas Ungewöhnliches, dass im Strafgesetzbuch scheitern!) Vorbereitungshandlungen unter Strafe gestellt werden? Wie ist es denn in § 30 des Strafgesetzbuches? Dort wird Man darf aber keinen Tunnelblick haben – ich gehe eine Vorbereitungshandlung, die zu einem Verbrechen davon aus, dass Sie mir einen solchen auch nicht unter- führt, ganz bewusst unter Strafe gestellt. Denn wir wol- stellen –: Ein Rechtsstaat darf sich nicht nur um die Op- len dieses Verbrechen verhindern. fer von Straftaten kümmern; auch die Beschuldigten müssen Rechte haben. Herr Kollege van Essen, ich bin (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mir dessen bewusst, dass wir, wenn wir über den Opfer- NEN]: Dann haben Sie doch alles, was Sie schutz reden, auch immer prüfen müssen, ob wir mit op- brauchen! Warum brauchen Sie dann Neues?) ferschützenden Vorschriften die Rechte eines Beschul- – Herr Kollege Montag, Sie sollten sich nicht dümmer digten, für den die Unschuldsvermutung gilt, nicht allzu stellen, als es geboten ist. sehr einschränken. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der Kollege Montag, was war denn unter Rot-Grün? Die SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Idee, frühzeitig einen Pflichtverteidiger zu bestellen, Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Ist ja nicht ganz hätte doch gerade Ihnen kommen können. Sie kam aber leicht! – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE offensichtlich nicht. GRÜNEN]: Das ist schwierig!) (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sie wissen sehr wohl, warum § 30 StGB bei terroristi- NEN]: Ist uns gekommen! Glauben Sie es schen Vorbereitungshandlungen nicht greift: weil wir mir!) zwei Täter und einen konkreten Tatplan, den wir bei der – Haben Sie sich nicht durchsetzen können? – Wir je- Aufklärung terroristischer Straftaten noch nicht kennen, denfalls werden dies in dieser Legislaturperiode umset- (B) brauchen. Das sind doch olle Kamellen; das wissen wir zen. (D) Rechtspolitiker doch seit langem. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Offensichtlich haben Sie die SPD über- NEN]: Ja eben! Aber jetzt legen Sie es auf den zeugt!) Tisch!) Die Rechte des Beschuldigten werden verbessert, indem Deswegen brauchen wir die Strafvorschriften, wie sie in wir frühzeitig eine Pflichtverteidigerbestellung zulassen. § 89 a und § 89 b StGB zukünftig vorgesehen sind. Herr Kollege Danckert und ich durften uns dieses The- mas annehmen. Ich bin außerordentlich dankbar dafür, (Beifall bei der CDU/CSU) dass wir damit Erfolg hatten. Wer in ein Terrorcamp reist, um sich dort ausbilden zu Es ist richtig, was vorgetragen worden ist: Die Beden- lassen, dem wollen wir bewusst eine Strafe androhen. ken der Länder sind unberechtigt. Die frühzeitige Herr Kollege Wieland, Strafrecht kann auch – wir ha- Pflichtverteidigerbestellung führt nach Modellversuchen ben schon darüber diskutiert – präventiv wirken. Es ist zu einer deutlichen Verkürzung der Dauer der Untersu- eine verfahrensrechtliche Bezugsnorm, die es in der Tat chungshaft und somit zu Einsparungen in den Länder- ermöglicht, haushalten. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE NEN]: Damit geht ihr weit in das Vorfeld!) GRÜNEN]: Zu mehr Gerechtigkeit!) schon in der Vorbereitungsphase Telekommunikations- – Ja, Kollege Ströbele, dies führt auch zu mehr Gerech- überwachungsmaßnahmen durchzuführen, damit wir ei- tigkeit. Auch diese Idee hätte Ihnen unter Rot-Grün nen terroristischen Anschlag verhindern können, recht- kommen können. zeitig den Fuß in der Tür haben (Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Christian (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nachweisbar ist sie gekommen!) und Ermittlungsansätze gewinnen, um gegen diese Täter vorzugehen. Nun hat Kollege Montag moniert, dass die Haftent- schädigung schon immer zu gering gewesen sei. Lesen (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie einmal in den Annalen nach, wer überhaupt auf die Dagegen hat keiner etwas!) Idee gekommen ist, die Haftentschädigung anzuheben. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24563

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (A) Vielleicht stoßen Sie da auf einen bestimmten Namen. Wolfgang Nešković (DIE LINKE): (C) Man kann natürlich weiter meckern und sagen, 25 Euro Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten pro Tag seien für eine zu Unrecht verbüßte Haft zu we- Damen und Herren! Wir beraten heute in insgesamt nig. Folgendes muss man erst einmal klarstellen: Hier 90 Minuten über elf Vorlagen. In 90 Minuten kann man geht es um einen sogenannten immateriellen Schaden. über eine solche Fülle parlamentarischer Initiativen, die Die Justizministerin hat recht: Wenn es um einen imma- zudem – der Kollege Montag hat es gesagt – fundamen- teriellen Schaden, also nicht um einen Vermögensscha- tale Veränderungen unseres Strafsystems vornehmen, den, geht, ist jeder gleichwertig. Da kann es nicht sein, nicht verantwortungsvoll beraten. Das ist keine parla- dass jemand eine höhere und ein anderer eine geringere mentarische Debatte. Das ist eine Alibiveranstaltung für Entschädigung bekommt. Das ist beim materiellen Scha- das Protokoll. Die Menschen in diesem Land haben ei- den so, aber nicht beim immateriellen Schaden. nen Anspruch darauf, dass sich die Abgeordneten ausrei- chend Zeit nehmen, um schwierige Probleme in ange- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- messener Zeit hier im Plenum zu debattieren. neten der SPD) (Beifall bei der LINKEN) Deswegen bin ich den Ländern, deren Haushalte knapp bemessen sind, dankbar, dass sie sich dafür verwendet Präsident Dr. Norbert Lammert: haben, die Haftentschädigung auf 25 Euro pro Tag anzu- Herr Kollege Nešković, darf ich Sie einen Augenblick heben. unterbrechen? Sie sollten bei der jetzt zuhörenden Öf- Zum Abschluss ein Wort – nicht zum Deal, Herr Kol- fentlichkeit nicht den Eindruck erwecken, die Beratung lege Montag – zur Verfahrensabsprache im Strafpro- hätte heute Morgen erst begonnen und würde heute auf- zess. hören. Hier wird eine Beratung, die vorher stattgefunden hat, zum Abschluss gebracht. (Beifall des Abg. Joachim Stünker [SPD]) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Auch hier bin ich Innenminister Wolfgang Schäuble au- der SPD) ßerordentlich dankbar, dass er ein Problem angespro- Kritik ist natürlich zulässig, aber es sollte nicht der fal- chen hat, das wir ebenfalls gelöst haben – gerade Sie, sche Eindruck entstehen, dass hier in 90 Minuten fünf Herr Kollege Montag, der Sie das Beispiel angeführt ha- Gesetzgebungsvorhaben abschließend beraten würden. ben, was alles bei Gericht verhandelt wird, wären der Richtige gewesen, auf dieses Problem aufmerksam zu (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der machen –: nämlich die Frage, wer kontrolliert, dass bei SPD und der FDP – Jörg van Essen [FDP]: (B) der Verfahrensabsprache die Spielregeln eingehalten Sehr richtig, Herr Präsident! – Dr. Jürgen (D) worden sind. In der Sachverständigenanhörung zu die- Gehb [CDU/CSU]: Das ist keine Debatte! Das sem Thema hat ein Sachverständiger ein nicht gerade ist eine Vorlesestunde!) gutes Bild von der Justiz gezeichnet. Er sagte, es würden zu viele Deals durchgeführt, was unzulässig sei. Wolfgang Nešković (DIE LINKE): Herr Lammert, ich habe Ihren Einwand erwartet und Wir brauchen also eine Kontrollinstanz. Eine solche daher antizipierend gesagt: in angemessener Zeit öffent- haben wir dadurch eingeführt, dass dann, wenn die Ver- lich im Parlament zu debattieren. Ich habe nur die öf- fahrensabsprache erfolgreich gewesen ist, nicht auf fentliche Debatte gemeint, die Ausweis unserer Arbeit Rechtsmittel verzichtet werden kann, sodass die Staats- ist und in der wir der Öffentlichkeit zeigen, wie wir mit anwaltschaft und – Herr Kollege van Essen, das hat diesen elf Vorlagen umgehen. Das habe ich zum Gegen- vielleicht keiner gemerkt – auch der Nebenkläger stand meiner Kritik gemacht. Dazu fühle ich mich be- Rechtsmittel einlegen können und die Frage, ob die Ver- rechtigt. fahrensabsprache ordnungsgemäß zustande gekommen ist, prüfen lassen können. (Beifall bei der LINKEN) Sie sehen also: Wir machen eine Rechtspolitik mit Ich werde mich deswegen in meinen Ausführungen Augenmaß und Vernunft. Wir verbessern die Sicher- nur auf die Kronzeugenregelung und den Deal im Straf- heitsarchitektur Deutschlands und achten gleichzeitig verfahren beschränken müssen. Diese Entwürfe sind fal- darauf, dass Strafverfahren rechtsstaatlich sind und blei- sche Antworten auf eine wichtige Frage. Die wichtige ben. Ich bedauere es sehr, dass aus diesem Haus die Bot- Frage lautet: Wie kann es endlich gelingen, die deutsche schaft nach außen dringt, es gebe Strafverfahren, die die- Strafjustiz von ihrer Überlastung zu befreien? Die Linke sen Regeln nicht entsprechen würden. gibt Ihnen eine Antwort darauf, die von den allermeisten Sachverständigen und den meisten meiner Kolleginnen (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- und Kollegen, den Richterinnen und Richtern im Lande, neten der SPD) geteilt wird: Einer überlasteten Justiz müssen Sie die personellen und sachlichen Mittel an die Hand geben, die es ihr ermöglichen, ihre verantwortungsvollen Auf- Präsident Dr. Norbert Lammert: gaben in ausreichender Zeit zu erfüllen. In unserem Wolfgang Nešković ist der nächste Redner für die Land haben zu wenig Richter zu wenig Zeit, um zu viel Fraktion Die Linke. Arbeit zu erledigen. (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der LINKEN) 24564 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Wolfgang NeškoviNeškoviæć (A) Denn es gilt weiterhin: Die Mutter der Wahrheit und der (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (C) Gerechtigkeit ist die Zeit. Richter brauchen ausreichend NEN]: Was spricht dagegen, wenn das Ge- Zeit für ihre Arbeit. Das ist die Antwort, die wir für rich- ständnis richtig ist?) tig halten. Als Gegenleistung einigt man sich mit dem Angeklagten Die Entwürfe zur Kronzeugenregelung und zum Deal auf eine Strafe, die dieser für angemessen hält. Ich wie- geben eine ganz andere Antwort. Sie lautet: Wir geben derhole: Das Strafgesetzbuch ist kein Handelsgesetz- der klammen Justiz keinen zusätzlichen Cent für ihre buch. verantwortungsvolle Arbeit, sondern wir entlasten die Justiz, indem wir richtige und wichtige Kernprinzipien (Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. des Strafrechts preisgeben, weil ihre Beibehaltung zu Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]) viel Zeit kosten würde. Dieser falschen Antwort werden Wer Banken mit einer Feuerwaffe ausraubt und ohne Sie nachher Ihre Stimme geben. Sie werden am Ende großen Aufwand überführt werden kann, den trifft die dieser, wie ich finde, Nichtdebatte Ja sagen zur neuen volle Härte des Gesetzes. Wenn der Chef derselben Bank Kronzeugenregelung. Nach dieser Regelung kann – ich aber mit dem Computer trickreich und damit kompliziert sage: kann – einem Straftäter die Strafe erlassen oder ge- seine Kunden betrügt, wird das Gericht künftig mit dem mildert werden, nur weil er Aufklärungshilfe bei einer Herrn beraten, welche Strafe ihm denn genehm wäre. ganz anderen Straftat geleistet hat. (Beifall bei der LINKEN) (Dr. Peter Danckert [SPD]: Was heißt „nur“?) Wohin dieser Weg führt, den Sie jetzt beschließen In der Konsequenz kann das dazu führen, dass ein wollen, können Sie einer Onlinedarstellung eines be- Vergewaltiger künftig deswegen straffrei ausgehen kann kannten Strafverteidigers aus Essen entnehmen, der so oder eine wesentlich mildere Strafe erhält, nur weil er für sich und um seine Mandanten wirbt. Ich zitiere aus dazu beiträgt, dass Straftaten wie zum Beispiel Geldfäl- diesem Werbeschreiben eines Strafverteidigers. Darin schung, Geldwäsche oder Computerbetrug aufgeklärt heißt es: werden. Sie haben einen Prozess vor dem Amtsgericht, (Brigitte Zypries, Bundesministerin: Kann er Schöffengericht oder Landgericht. Dann werden eben nicht!) Sie erleben, dass ich schon vor der Hauptverhand- Dadurch werden Täter bevorzugt, die im kriminellen lung einen Deal mit der Staatsanwaltschaft und dem Milieu tief verstrickt sind und daher Kenntnis von ande- Gericht abstimmen kann. Dieser Deal dient einem (B) ren Straftaten haben. Opfer von Straftaten werden ent- optimalen Ergebnis für Ihr Verfahren. (D) setzt feststellen, dass man Täter laufen lässt oder milder Bedenken Sie, dass Richter und Verteidiger die bestraft, nur weil sie sich für das Gericht in anderer Sa- gleiche Sprache sprechen und sich häufig aus ande- che nützlich gemacht haben. Solche Belohnungen für ren Verfahren kennen. Dieses Vertrauensverhältnis kriminelle Verstrickungen werden Sie den Wählerinnen führt dazu, dass eine gute Gesprächsbasis für Ihren und Wählern nicht erklären können. Sie werden diesen Prozess geschaffen wird. unwürdigen Handel mit der Gerechtigkeit dennoch in wenigen Minuten hier beschließen. (Zurufe von der CDU/CSU und der SPD) Sie werden ohne Zweifel auch Ja sagen zum Deal im – Ich karikiere nicht. Das ist wörtlich im Internet nach- Strafverfahren, und Sie werden damit die Zweiklassen- zulesen. justiz legalisieren. Strafprozesse werden heute oft außerhalb vom Ge- (Jörg van Essen [FDP]: Das ist doch Unsinn!) richtssaal geklärt. Absprachen gehören zum Alltag. Deals kommen überproportional häufig in komplizierten Der Grund hierfür ist recht simpel zu erklären. Die Wirtschaftsfällen vor. Hier wird die Überlastung der Staatsanwaltschaften sind dermaßen überlastet, klammen Justiz besonders deutlich. Den Gerichten feh- dass sie froh sind, wenn ihnen ein Verteidiger ein len die Mittel und das Personal, um trickreich verschlei- vernünftiges Angebot macht. Sie können damit erte Vermögenslagen aufzuklären und komplizierte diese Akte schließen und sich der nächsten wid- Geldflüsse nachzuvollziehen. Sie sehen sich dabei An- men. So einfach kann das sein. Der Strafprozess geklagten gegenüber, die über bestens bezahlte und bes- wird zum Geben und Nehmen. tens ausgebildete Anwälte verfügen, die dem Gericht mit langwieriger und anstrengender Konfliktverteidigung Das Gleiche gilt für die Hauptverhandlung: Richter drohen. wollen ein schnelles Verfahren. Ein geständiger Angeklagter ist die Voraussetzung für eine schnelle Anstatt nun aber den Gerichten finanziell unter die Verfahrensbeendigung. Im Gegenzug muss das Ge- Arme zu greifen, verführen Sie die Richterinnen und richt bzw. die Staatsanwaltschaft aber auch etwas in Richter, mit den Angeklagten Handel zu treiben. Der die Waagschale legen. Angeklagte gesteht, sodass sich die Richter die Mühse- ligkeit einer langen und konfliktreichen Verhandlung er- (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wir haben sparen können. hier doch keine Werbeveranstaltung!) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24565

Wolfgang NeškoviNeškoviæć (A) Dies erfolgt meist in der Form, dass ein mildes Ur- Im Übrigen, Herr Kollege Nešković, Sie haben zum (C) teil in Aussicht gestellt wird. … Manchmal kann Thema Deal eine Internetseite eines Anwalts zitiert. Ja, der Angeklagte ein Schnäppchen machen. das, was einer der Berufskollegen dort macht, ist zu kri- tisieren. Aber man muss doch sagen: Gerade das, was Vielen Dank. Sie hier zitiert haben, muss Anlass dafür sein, eine sol- (Beifall bei der LINKEN – Dr. Jürgen Gehb che Regelung des Deals klar und transparent ins Gesetz [CDU/CSU]: Schön vorgelesen! So wird die zu schreiben. Geschäftsordnung des Deutschen Bundesta- (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Wolf- ges vorgeführt! Vorlesestunde!) gang Nešković [DIE LINKE]: Das ist doch nicht transparent!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Ich weiß es; denn ich nehme regelmäßig an Strafver- Der Kollege Dr. Matthias Miersch ist der nächste teidigertagen teil. Ich verfolge die Reden sehr aufmerk- Redner für die SPD-Fraktion. sam. Aber machen wir uns nichts vor: All das, was an der Regelung zur Verständigung kritisiert wird, ist all- Dr. Matthias Miersch (SPD): tägliche Gerichtspraxis. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE Vorweg eine allgemeine Bemerkung: Herr Kollege Kau- GRÜNEN]: Das stimmt! – Zuruf des Abg. der, Sie haben den Minister Schäuble hier als Garanten Wolfgang Nešković [DIE LINKE]) für die innere Sicherheit dargestellt. Es ist auch nicht von Nachteil, weil jeder der Beteiligten, (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Zu Recht!) die im Übrigen zustimmen müssen, sehr genau abwägen kann, ob das, worüber man sich verständigen soll, ein Ich nehme für die SPD-Fraktion und vor allen Dingen adäquates, ein angemessenes Ergebnis ist. Insofern finde für unsere Justizministerin in Anspruch, dass wir die ich es völlig falsch und denke, es geht an der Praxis vor- Kraft sind, die in dieser Großen Koalition innere Sicher- bei, wenn man hier Unrechtmäßigkeit etc. unterstellt. heit, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit miteinander ver- Das Gegenteil ist der Fall. Durch diese Regelung werden binden will. Sicherheit und Transparenz geschaffen. (Beifall bei der SPD – Eduard Oswald [CDU/ (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten CSU]: Das ist ja peinlich!) der CDU/CSU) Ich glaube, man muss an mehreren Stellen doch ein Mir war es ganz wichtig, dass vor allen Dingen die Ver- (B) (D) bisschen auf die Praxis verweisen. Meines Erachtens ist bindung mit dem Rechtsmittelverzicht aufgelöst und es eine Stärke des Rechtsausschusses – ich bin erst seit nicht Gegenstand der Regelung ist, weil dadurch ein dieser Legislaturperiode Mitglied des Rechtsausschus- Druckmittel vorhanden wäre, das unter Umständen tat- ses –, sächlich zu kritisieren gewesen wäre. Insofern, glaube (Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Merkt man!) ich, ist das eine sehr gute Regelung. Eine andere Frage, die heute mehrfach angesprochen dass ihm tatsächlich viele Praktiker angehören, nämlich wurde, stößt auf die Kritik der Bundesländer. Es geht da- Staatsanwälte, Richter und Rechtsanwälte. Insofern rum – aus meiner Sicht ist dies ein Meilenschritt –, je- wundert es mich schon, Herr Kollege Montag – viel- mandem in Untersuchungshaft schnell einen Verteidiger leicht machen wir einmal eine Strafverteidigung zusam- zur Verfügung zu stellen. Ich habe ein Schreiben des nie- men –, dersächsischen Justizministers erhalten. Er schreibt, dass (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- es keine Begründung dafür gibt. Er befürchtet eine hohe NEN]: Gerne!) monetäre Belastung der Länder. dass Sie ein so schlechtes Bild von unserer Berufszunft Ich war als Strafverteidiger an einem Projekt in Göt- haben. Wenn Sie glauben, angesichts der Kronzeugen- tingen beteiligt und kenne die Ergebnisse einer Studie in regelung würde die erste Mandantenberatung mit der Hessen, die über drei Jahre untersucht hat, was die früh- Frage beginnen, ob der Mandant uns ein anderes Verfah- zeitige Beiordnung eines Verteidigers bedeutet. Ich ren offenbart, dann haben Sie sich, glaube ich, relativ rate jedem, vor allen Dingen den Länderministern, sich weit von der aktiven Verteidigung entfernt. diese Studien sehr genau anzusehen. Die Untersuchungs- haft verkürzt sich dadurch um durchschnittlich bis zu (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Michael 60 Tage. Wenn man bedenkt, dass den Ländern pro Haft- Grosse-Brömer [CDU/CSU] – Jerzy Montag tag 100 Euro aufgebürdet werden, ist jeder Tag, der ver- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird so- mieden wird, ein Pluspunkt. gar in der fachanwaltlichen Ausbildung so ge- lehrt! – Hans-Christian Ströbele [BÜND- Es ist auch ein Pluspunkt für mehr Rechtsstaatlich- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann muss der einen keit, weil es um den gravierendsten Eingriff geht, den anderen Verteidiger nehmen!) unser Rechtssystem vorsieht. Die frühzeitige Beiord- nung eines Verteidigers ermöglicht es, in kürzester Zeit Ich glaube, dass es zu vernünftigen Regelungen und zu beispielsweise das familiäre Umfeld zu ergründen, The- einer größeren Transparenz kommt. rapieeinrichtungen zu kontaktieren, das Strafverfahren 24566 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Dr. Matthias Miersch (A) und einen Haftprüfungstermin richtig und ordnungsge- Präsident Dr. Norbert Lammert: (C) mäß vorzubereiten. Das heißt, die frühzeitige Beiord- Norbert Geis ist der nächste Redner für die CDU/ nung führt auch zur Verfahrensverkürzung. Insofern gibt CSU-Fraktion. es nicht nur ein monetäres Argument, sondern auch ein gewichtiges rechtsstaatliches Argument, das diesen Mei- Norbert Geis (CDU/CSU): lenschritt heute rechtfertigt. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Herren! Zweifellos ist in der jetzt zu Ende gehenden Le- der CDU/CSU und der FDP) gislaturperiode auf dem Gebiet der Rechtspolitik sehr viel geleistet worden. An dieser Stelle ist ein Dank ange- Ein anderes Thema, das die Länder genauso betrifft, bracht: an die Bundesjustizministerin, an die Beamten ist die Entschädigung der Opfer von Strafverfol- im Bundesjustizministerium, vor allem aber an die Kol- gungsmaßnahmen. In der Debatte darüber herrschte leginnen und Kollegen im Rechtsausschuss. Hier ist viel 20 Jahre lang Ebbe. Der Kollege Kauder und die Bun- Arbeit geleistet worden; das muss man auch einmal vor desjustizministerin haben die Länder aufgefordert bzw. der Öffentlichkeit kundtun. Dafür herzlichen Dank! gebeten, dazu Vorschläge zu machen. Ich glaube, es ist ein Schritt, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD) (Klaus Uwe Benneter [SPD]: Ein erster klei- ner!) – Auch die Opposition hätte an dieser Stelle ruhig klat- schen können. dass wir es nach 20 Jahren schaffen, die Entschädigung auf das Doppelte anzuheben. Aber ich habe auch großes (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der Verständnis für all diejenigen, die sagen, dass wir weiter SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE daran basteln müssen. GRÜNEN) (Klaus Uwe Benneter [SPD]: So ist es!) – Danke schön. Der niedersächsische Justizminister hat auch dazu einen Ich möchte zu vier Punkten Stellung nehmen: zur Brief geschrieben. Er schreibt, es sei abstrus, an Forde- Kronzeugenregelung, zum Deal, zum Thema Terror- rungen in Höhe von 100 Euro zu denken, unabhängig camps und zur Untersuchungshaft. davon, dass eine Angemessenheit wahrscheinlich nie er- (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- reicht wird. Das, was mit einer Inhaftierung verbunden NEN]: Zu den Kriegsverrätern wollten Sie ist, können sich sicherlich nur diejenigen richtig vorstel- auch noch etwas sagen!) (B) len, die einmal in dieser Situation gewesen sind. (D) – Das werde ich morgen tun, Herr Kollege. Ich bitte Sie (Beifall bei Abgeordneten der SPD) aber schon jetzt, sich die Ohren zu putzen. Ich finde es vernünftig, ins europäische Ausland zu (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schauen und die Urteile des Europäischen Gerichtshofs NEN]: Aha! Ich bin gespannt!) für Menschenrechte zu Rate zu ziehen. Ich habe bei mir im Wahlkreis eine Gruppe, eine Initiative, die sich mit Lassen Sie mich jetzt ein wichtiges Thema anspre- dieser Frage intensiv beschäftigt und auch die Fälle des chen. Die Kronzeugenregelung – das haben wir heute europäischen Auslands untersucht hat. Morgen schon gehört – ist im Jahre 1999 ausgelaufen. Das war ein Fehler. Hier bin ich anderer Auffassung als Ich denke, wir sollten die Vorschläge aus Berlin, die Sie, Herr Montag, und als Sie, Herrn van Essen, auch der Grünen und die der FDP nicht einfach zu den Akten wenn ich Ihre Meinung sehr schätze, weil Sie einige sehr legen. wichtige Argumente angeführt haben. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP und (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) NEN]: Ich hoffe, meine Meinung schätzen Sie Es macht Sinn, heute den vorliegenden Gesetzentwurf auch!) als ersten Schritt zu verabschieden; denn er ist die Vo- Ich bin der Auffassung, dass die Kronzeugenregelung raussetzung, um überhaupt voranzukommen. Wir sollten einen wesentlichen Beitrag zum Schutz unserer Rechts- aber auch überlegen, ob man eventuell auch andere Be- ordnung und zum Schutz unserer Bürgerinnen und Bür- messungskriterien anwendet, vom Strafvorwurf bis zur ger leisten kann. Dauer der Inhaftierung. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE Ich lade Sie ein, in der nächsten Legislaturperiode, in GRÜNEN]: Das ist doch völliger Blödsinn!) der wir hoffentlich wieder im Rechtsausschuss Politik machen können, diese Frage gemeinsam mit uns anzuge- Lassen Sie mich kurz auf die Gründe zu sprechen kom- hen. men. Welche Aufgaben hat das Strafrecht? Die wich- Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. tigste Aufgabe des Strafrechts ist, die Rechtsordnung zu schützen und den Leuten klarzumachen: Wer gegen (Beifall bei der SPD sowie des Abg. ein Gesetz verstößt, der muss mit Strafe rechnen. – Es Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU] und des Abg. hat also, wie wir alle wissen, auch eine präventive Be- Jörg van Essen [FDP]) deutung. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24567

Norbert Geis (A) (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sehnt haben, Mörder, die auf die Möglichkeit eines sol- (C) NEN]: Genau! Was Sie wollen, hat aber das chen Deals gewartet haben. Gegenteil zur Folge!) Halten Sie es für richtig, dass diese Regelung, die ei- Wenn es angesichts der Beweislage aber unmöglich ist, gentlich nur für diesen Fall etwas Besonderes bringt und ein Verbrechen aufzudecken und die Täter vor Gericht notwendig ist, so ins Gesetz aufgenommen wird? Für die zu bringen, damit sie abgeurteilt werden, dann verliert ganzen anderen Fälle brauchen Sie sie nicht. das Strafrecht an Kraft. Dem wollen wir mit der Kron- (Joachim Stünker [SPD]: Frage bitte!) zeugenregelung entgegenwirken. Diese werden schon heute nach § 46 Abs. 2 des Strafge- Wir alle wissen, in welchen Fällen die Kronzeugenre- setzbuches, nach dem das Nachtatverhalten strafmil- gelung in der Regel greift, nämlich bei Wirtschaftsver- dernd berücksichtigt werden kann, verhandelt. brechen, in Fällen der organisierten Kriminalität und im Zusammenhang mit Terrorvereinigungen. Solche Terror- vereinigungen kapseln sich bekanntlich sehr stark ab und Norbert Geis (CDU/CSU): haben einen konspirativen Charakter. Es ist kaum mög- Herr Ströbele, zunächst einmal unterscheide ich na- lich, in sie einzudringen. Außerdem ist es völlig ausge- türlich zwischen einem Deal bei Wirtschaftsstrafsachen schlossen, dort einen verdeckten Ermittler einzuschleu- und der Kronzeugenregelung. Bei der weltweiten krimi- sen. Aus diesen Gründen ist es nicht gerade leicht, ihre nellen wirtschaftlichen Tätigkeit der Wirtschaftsgilde Strukturen aufzubrechen. – so würde ich fast sagen, weil man schlecht davon spre- chen kann, dass es eine Vereinigung ist – ist schon auch Wir alle wissen auch, warum beispielsweise die ein starkes konspiratives Element vorhanden. Deswegen Strukturen der Mafia in Italien aufgebrochen werden brauchen wir auch für diesen Bereich die Kronzeugenre- konnten, nämlich deshalb, weil sich aus der Mitte der gelung. Wir brauchen sie aber noch viel mehr für die Be- Mafia Zeugen gefunden haben, die über die Strukturen reiche Terror und organisierte Kriminalität. Die Kron- und die Hintermänner ausgesagt haben. Ein solches Ver- zeugenregelung ist ein vorzügliches Instrument, um in halten wollen wir mithilfe der Kronzeugenregelung er- diesen Bereichen tätig zu werden. reichen. Nun zur Frage, die Sie gestellt haben, ob es richtig ist, Präsident Dr. Norbert Lammert: dass dann auch ein Mörder mit einer geringeren Strafe davonkommt. Wir haben in den Gesetzentwurf geschrie- Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ben: „nicht unter zehn Jahren“. Das ist ja schon einmal Kollegen Ströbele? ein Vorbehalt. Insofern wird Ihr Aspekt berücksichtigt. (B) (D) Norbert Geis (CDU/CSU): Sie müssen aber bedenken, dass wir keinen Kronzeu- Ja, bitte. gen bekommen, wenn wir keine Anreize bieten. Durch die Rechtsordnung müssen auch Anreize geboten wer- (Joachim Stünker [SPD]: Oh nein! Doch nicht den, um die Rechtsordnung zu schützen. Deswegen ver- schon wieder Ströbele! – Gegenruf des Abg. teidige ich es auch, dass selbst ein Mörder besser davon- Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Jetzt fragt er kommt, wenn er Strukturen aufdeckt und damit hilft, wenigstens mal ordentlich! Sonst brüllt er im- neue Straftaten zu verhindern. Darum geht es uns. Es mer nur dazwischen! – Gegenruf des Abg. Joa- geht uns um den Schutz der Menschen. chim Stünker [SPD]: Von wegen! Jetzt hält Ströbele die Rede, die er nicht halten durfte!) (Beifall bei der CDU/CSU) Dies sind uns die Abstriche im Rahmen der Strafverfol- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE gung wert. GRÜNEN): (Beifall des Abg. Dr. Peter Danckert [SPD]) Herr Kollege Geis, Sie haben erwähnt, dass die Dauer der Prozesse in Wirtschaftsstrafverfahren und ähnlichen Kommen wir zum Deal. Es ist heute hier schon oft Verfahren verkürzt werden könne und darauf hingewie- genug gesagt worden, welche Bedeutung der Deal hat. sen, dass die Kronzeugenregelung in solchen Fällen zur Der Deal ist ein Instrument, das im Strafverfahren lau- Anwendung kommen könne. Aus der Praxis wissen wir fend gebraucht wird, und er ist notwendig geworden. Es – um das festzustellen, muss man nur täglich Zeitung le- ist richtig, dass er jetzt gesetzlich geregelt wird, damit sen –, dass es in Wirtschaftsstrafverfahren und ähnlichen das letztendlich keinen Willkürcharakter hat, wonach ihn Verfahren auch heute schon, ohne dass die Kronzeugen- der eine bekommt und der andere nicht. Dem haftet ein regelung gilt, ständig zu solchen Deals kommt. gewisser Hautgout an. Deswegen ist es richtig, dass wir das heute gesetzlich regeln. Das ist ja auch in zwei wich- Vorhin ist schon zutreffend auf die eigentliche Bedeu- tigen Entscheidungen des BGH gefordert worden. Die tung der Kronzeugenregelung hingewiesen worden, die letzte stammt aus 2005, in der er noch einmal eine ge- darin liegt, dass auch Mörder – ich betone: Mörder – in setzliche Regelung gefordert hat. Deswegen wollen wir den Genuss kommen können, dass ihre Strafe in erhebli- den Deal, der gängige Praxis ist, gesetzlich regeln. chem Umfang gesenkt wird, und zwar bis auf zehn Jahre Freiheitsstrafe. Als die Kronzeugenregelung unter Rot- Die Frage ist allerdings – damit habe ich mich Grün ausgelaufen ist, waren die Einzigen, die dies be- schwergetan –, ob man das Geständnis des Täters nicht dauert und sich nach der Kronzeugenregelung zurückge- doch braucht. Wie will ich einen solchen Deal überhaupt 24568 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Norbert Geis (A) verantworten, wenn der Täter keinen reinen Tisch Norbert Geis (CDU/CSU): (C) macht? Das hätte ich schon verlangt. Dazu hat man sich – in der Regel nur dann, wenn ein Tatverdacht auf im Kompromiss aber nicht durchringen können, wenn eine schwere Straftat vorliegt oder Fluchtgefahr gegeben ich das so sagen darf. Trotzdem nehme ich diese gesetz- ist. Das wird auch dann der Fall sein, wenn ein Pflicht- liche Regelung so an, wie sie ist. verteidiger bestellt wird. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist das nicht!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Herr Kollege Geis. – Doch, es ist leider so, wie ich sage. Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen will, sind die Norbert Geis (CDU/CSU): Terrorcamps. Natürlich ist schon vieles zur Bekämp- Dennoch ist es richtig – schon aufgrund des Prinzips fung des Terrorismus gesagt worden. Das ist ein Unge- der Gleichbehandlung –, dass wir eine Regelung treffen, heuer, das unsere ganze Zivilisation bedroht. Wir müs- wie sie in unserem Gesetzentwurf vorgesehen ist. sen uns dazu in der Rechtsordnung einiges einfallen lassen. Es geht nicht an, dass wir an diesem Ungeheuer Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. vorbeiblicken oder versuchen, hindurchzublicken. Es be- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- droht uns mit aller Gewalt. Deswegen glaube ich, dass es neten der SPD) notwendig ist, auch die Täter zu finden und ihrer habhaft zu werden, die sich in solchen islamistischen Terror- Präsident Dr. Norbert Lammert: camps ausbilden lassen wollen. Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Es wird aber sehr schwierig sein. Wenn Sie sich die Kollege Joachim Stünker für die SPD-Fraktion. gesetzliche Regelung genau durchlesen, dann stellen Sie fest, dass sie so kompliziert ist, dass es in der Praxis sehr (Beifall bei Abgeordneten der SPD) schwierig sein wird, sie überhaupt justiziabel zu halten, Joachim Stünker (SPD): (Jörg van Essen [FDP]: So ist es! Es wird Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! keine Wirkung entfalten!) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, weil ich glaube, dass es so, wie sie jetzt gestaltet ist, am Ende dieser sehr lebhaften rechtspolitischen Debatte schwierig sein wird, den Beweis anzutreten. und auch am Ende dieser Legislaturperiode kann man eine Lehre ziehen: Rechtspolitik darf man nicht mit Ich bin der Auffassung – Herr van Essen, das wird Ih- ideologischen Scheuklappen machen. Diejenigen, die (B) nen jetzt nicht gefallen –, dass schon die Teilnahme an Rechtspolitik mit ideologischen Scheuklappen betrei- (D) einem solchen Terrorcamp strafbar sein müsste. ben, leben in einer anderen Welt und kommen dann zu (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sehr solchen Reden – es tut mir leid, das festzustellen –, wie richtig!) Sie sie gehalten haben, Herr Kollege Montag, und auch Sie, Herr Kollege Nešković. Denn alles andere ist einfach zu schwierig, und wir wür- den in der täglichen Praxis nicht weiterkommen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Jürgen Gehb [CDU/ (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) CSU]: Völlig unangemessen! – Wolfgang Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung zur Untersu- Nešković [DIE LINKE]: Sie heucheln!) chungshaft. Es ist zwar richtig – das begrüße ich – Herr Kollege Nešković, wenn Sie mir vorhalten, ich uneingeschränkt –, dass der freie Bürger oder die freie würde heucheln, dann muss ich Ihnen sagen – jetzt muss Bürgerin, die in Untersuchungshaft geraten – dabei gilt ich vorsichtig sein, dass ich keinen Ordnungsruf be- zunächst die Unschuldsvermutung –, einen Pflichtvertei- komme –: An Heuchelei sind Sie nicht zu überbieten. diger haben müssen, wenn sie nicht so betucht sind wie andere, die sofort einen Verteidiger bestellen können. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Das scheint mir ein wichtiger Punkt zu sein. CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein toller Allerdings weise ich darauf hin, dass in der jüngsten Wettkampf: Wer heuchelt mehr?) Vergangenheit die Zahl der Verurteilungen von Untersu- chungshäftlingen deutlich zurückgegangen ist, auch Bei der Rechtspolitik muss man zunächst einmal auch ohne Bestellung eines Pflichtverteidigers. die Rechtswirklichkeit in den Blick nehmen. Mit den Gesetzentwürfen, die wir heute beraten, schreiben wir (Dr. Peter Danckert [SPD]: Was meinen Sie, rechtspolitische Geschichte. Die Regelungen, die wir wie die zurückgeht, wenn ein Pflichtverteidi- heute beschließen, werden irgendwann in die Geschichte ger da ist!) eingehen. Denn es geht überwiegend um Fragen im Außerdem erfolgt die Anordnung der Untersuchungshaft Strafrecht und Strafprozessrecht, die über Jahrzehnte – auch das darf man nicht übersehen, Herr Danckert – streitig waren, die diskutiert worden sind. Dies bringen wir heute zu einem Abschluss. Präsident Dr. Norbert Lammert: Von daher muss ich, der ich mich fast ein ganzes Le- Herr Kollege Geis. ben lang auf verschiedenen Ebenen mit dem Recht be- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24569

Joachim Stünker (A) fasst habe, feststellen, dass heute ein guter Tag ist. Ich diebstahl kann keine Strafmilderung für ein Vergewalti- (C) bin stolz darauf, dass wir diese Regelungen verabschie- gungsdelikt erhalten, wie es hier teilweise erzählt wor- den. den ist. Das Ganze wird justiziabel und kann in der Revision überprüft werden. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU) (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Wie sollen diese Sachen in die Revi- Ich will kurz auf die einzelnen Punkte eingehen. Der sion kommen? Wer soll die einlegen?) erste Punkt ist die Untersuchungshaft. Ich bin als jun- ger Richter 1981 in das Bundesministerium der Justiz Zum nächsten Punkt – das bekämpfen Sie immer, abgeordnet worden – es war nur ein kurzes Gastspiel –, Herr Kollege Montag; ich glaube, Sie haben es nicht ver- als die Untersuchungshaft neu geregelt werden sollte. Es standen –: sollte ein Untersuchungshaftgesetzbuch erarbeitet wer- (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Genau das ist den. Ich bin nach einem Dreivierteljahr wieder gegan- sein Problem!) gen, weil ich gemerkt habe, dass niemand das wirklich machen wollte. Es war nicht möglich, das zwischen Wir sagen, der Kronzeuge muss sein Wissen vor Eröff- Bund und Ländern abzustimmen. nung des Hauptverfahrens kundtun, im Zwischenverfah- ren. Heute schaffen wir vor dem Hintergrund der neuen föderalen Zuständigkeiten – das ist richtig – eine Rege- (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE lung, mit der wir eine Frage lösen, die auch lange streitig GRÜNEN]: Das ist ja Blödsinn!) war, indem wir festlegen, dass jeder Beschuldigte an dem Tag, an dem ihm ein Haftbefehl zugestellt wird, ei- – Nein, das ist genau das Richtige, um Missbrauch ein- nen Pflichtverteidiger bekommt. Das ist ein Riesen- zudämmen! schritt für die Waffengleichheit im Strafprozess. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Da wird nämlich klar: Er kann nicht in der Hauptver- Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE handlung plötzlich äußern, er wisse da aber etwas, was GRÜNEN]) sich hinterher als falsch herausstellt. Es muss einer sein, der wirklich aus Überzeugung sagt: Ich räume hier auf, Ich appelliere an die Länder, in dieser Frage nicht ich mache Schluss mit meiner kriminellen Vergangen- dem Versuch zu erliegen, ein Verfahren im Vermittlungs- heit, und darum will ich euch dies und das erzählen, ausschuss anzustreben. Es wäre nicht gut, wenn wir die (B) Gewährung rechtsstaatlicher Grundsätze sozusagen nur (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE (D) von finanziellen Voraussetzungen abhängig machen GRÜNEN]: Und wenn er das in der Hauptver- würden. Davor kann ich nur warnen. handlung macht?) (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ um so – sozusagen als Beginn der Resozialisierung – ein CSU und der FDP) neues Leben anzufangen. Der zweite Punkt ist die Kronzeugenregelung. Mit Mit dieser Regelung wird die Kronzeugenregelung den vorliegenden Regelungen entscheiden wir einen auf ganz wenige, wirklich schwerwiegende Fälle be- 20 Jahre alten Streit. Es ist bereits an die alten Regelun- schränkt. Dies wird also nicht die allgemeine Praxis im gen erinnert worden. Seitens der Länder wurde auch Strafprozess in Deutschland sein. An dieser Stelle haben jetzt wieder der Wunsch erhoben, eine bereichsspezifi- wir also eine rechtsstaatliche Regelung mit hoher Hürde sche Regelung mit einzelnen Tatbeständen zu schaffen. getroffen. Das haben wir Sozialdemokraten immer abgelehnt, und (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der deshalb ist die alte Regelung seinerzeit unter Rot-Grün CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜND- ausgelaufen. Heute schaffen wir eine Strafzumessungs- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das Ganze er- regelung. Das ist ein riesiger Unterschied. Das hat etwas folgt bei den Ermittlungsbehörden, nicht bei mit Rechtsstaatlichkeit zu tun. Herr Kollege Montag, das den Gerichten!) Bild vom deutschen Strafprozess, das Sie hier gezeich- net haben, mag auf bayerische Amtsgerichte zutreffen, Lassen Sie mich einen Satz zur Verständigung im gibt aber nicht die Wirklichkeit in deutschen Landen Strafprozess sagen. Das Wort Deal mag ich nicht; das wieder. mag daran liegen, dass ich 25 Jahre meines Lebens als Richter gearbeitet habe. Ich habe nie gedealt; ich habe (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- viele Verständigungen getroffen. Herr Kollege Nešković NEN]: In Niedersachsen genauso!) und auch andere tun immer so, als sei dies die Folge da- Wir schaffen nämlich eine Regelung, die in der Revision von, dass die Strafjustiz so überlastet sei überprüfbar ist, weil das Gericht in seinem Urteil die (Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Was sie Strafzumessung begründen muss. Es muss darlegen, auf natürlich ist!) welchem Weg es zu dieser Strafzumessung gekommen ist, es muss vor dem Hintergrund dessen, was der Ange- und die Länder auf diesem Gebiet ihren Aufgaben nicht klagte als Kronzeuge ausgesagt hat, eine angemessene nachkämen. Sicherlich ist etwas daran, dass die Strafjus- Gewichtung darlegen. Ein Kronzeuge für einen Laden- tiz überlastet ist; das ist gar nicht zu bestreiten. 24570 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Joachim Stünker (A) Ich habe es in der ersten Lesung schon gesagt, wie- nauer Betrachtung rechtsstaatlich sehr eng gefasst ist, (C) derhole es heute jedoch: Die Verständigung im Strafpro- heute verabschieden. zess ist das Ergebnis einer anderen Kultur im Straf- Auch ich bedanke mich für vier Jahre hervorragende prozess. Als ich im Jahre 1975 als junger Richter als Rechtspolitik. Man könnte noch viele andere Bereiche Beisitzer in eine Große Strafkammer kam, wurde dort so nennen. Ich bin sicher: Die Große Koalition wird im Ge- verhandelt: Vorn saß das Gericht, überhöht, da vorne gensatz zu dem, was Herr Kilger gesagt haben soll, in tanzten ein paar Figuren herum, da wurden Zeugenver- die Geschichte eingehen. nehmungen durchgeführt, der Angeklagte wurde befragt. Der Vorsitzende machte das nach einem streng formalen (Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Das ist Verfahren, keiner verzog eine Miene, keiner sagte, was Selbsttäuschung!) er von dem ganzen Ding hielt, und zum Schluss kam ein Wir haben in der Rechtspolitik sehr viel erreicht. Urteil heraus, angesichts dessen der arme Angeklagte gar nicht wusste, was ihm geschehen war. Schönen Dank. Dann kam eine andere Kultur in den Strafprozess hi- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) nein, nämlich die Kultur des Gesprächs. Sicherlich hat meine Generation mit dazu beigetragen – sowohl Richter Präsident Dr. Norbert Lammert: als auch Strafverteidiger –, dass es dort zu Veränderun- Ich schließe die Aussprache. gen gekommen ist. In diesem Zusammenhang kam man dann auch zu Absprachen. Das ist der Hintergrund ge- Tagesordnungspunkt 4 a. Wir kommen nun zur Ab- wesen, nicht die angebliche Ressourcenknappheit in der stimmung über den von der Bundesregierung einge- Justiz. brachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Strafzumessung bei Aufklärungs- Dass dies selbstverständlich auch zu Missbrauch ge- und Präventionshilfe. Der Rechtsausschuss empfiehlt in führt hat, ist menschlich und stellt die andere Seite dar. seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/13094, Um genau diesen Missbrauch auszuschließen, Grenzen den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache einzuziehen und Regeln zu setzen, verabschieden wir 16/6268 anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Ge- jetzt dieses Gesetz: für mehr Rechtsstaatlichkeit, für setzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – mehr Transparenz und dafür, dass das Ganze revisions- Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz- rechtlich überprüft werden kann. entwurf ist in zweiter Beratung angenommen. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der Dritte Beratung FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNIS- (B) SES 90/DIE GRÜNEN) und Schlussabstimmung. Ich darf diejenigen, die dem (D) Gesetzentwurf zustimmen wollen, bitten, sich zu erhe- Es tut mir leid, Herr Kollege Nešković: Ich bin immer ben. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Gesetzent- noch davon überzeugt, dass in der Bundesrepublik wurf ist mit der Mehrheit der Stimmen der Koalition an- Deutschland die Gewaltenteilung funktioniert. Sie funk- genommen. tioniert gut, aber nicht aus Ihrem ideologischen Blick- winkel. Tagesordnungspunkt 4 b. Hier geht es um die Abstim- mung über den von der Bundesregierung eingebrachten (Beifall bei Abgeordneten der FDP) Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren. Der Rechtsausschuss empfiehlt unter Letzte Anmerkung, Herr Präsident; ich bin gleich da- Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa- mit fertig. Ich muss noch zwei, drei Sätze zu den Ter- che 16/13095, den Gesetzentwurf der Bundesregierung rorcamps sagen dürfen, weil behauptet wurde, das auf Drucksache 16/12310 in der Ausschussfassung anzu- Ganze sei Gesinnungsstrafrecht und Ähnliches. nehmen. Wer diesem Gesetzentwurf in der Ausschuss- Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolle- fassung zustimmen will, den bitte ich um das Handzei- ginnen und Kollegen, wir wissen doch alle, dass wir chen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der diese Tatbestände für einen ganz eng begrenzten Kreis Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung angenommen. von Straftätern definieren. Wir wissen, Herr Kollege van Dritte Beratung Essen, weil wir die Dienste haben, dass unter uns Men- schen leben, die deutsche Staatsbürger sind, aber trotz- und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem dem im Ausland in entsprechenden Einrichtungen gewe- Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich von den Plätzen sen sind, um sich ausbilden zu lassen und anschließend zu erheben. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – in diesem Land schwere Anschläge durchzuführen. Damit ist dieser Gesetzentwurf mit den Stimmen der Koalition und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an- 1) Präsident Dr. Norbert Lammert: genommen. Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen. Weiterhin Tagesordnungspunkt 4 b. Jetzt geht es um die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum Joachim Stünker (SPD): von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD einge- Aber wir können nach geltendem Recht nichts dage- brachten Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Ver- gen tun; das ist das Problem. Deshalb handeln wir hoch- verantwortlich, wenn wir diese Regelung, die bei ge- 1) Anlage 3 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24571

Präsident Dr. Norbert Lammert (A) ständigung im Strafverfahren. Der Ausschuss empfiehlt zweiter Beratung abgelehnt. Damit entfällt die weitere (C) unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf Beratung. Drucksache 16/13095, den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD auf Drucksache 16/11736 für Tagesordnungspunkt 4 d. Wir stimmen über den vom erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschlussemp- Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Zweiten Geset- fehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – zes zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung Das ist einvernehmlich so beschlossen. für Strafverfolgungsmaßnahmen ab. Der Rechtsaus- schuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussemp- Wir stimmen über den vom Bundesrat eingebrachten fehlung auf Drucksache 16/13096, den Gesetzentwurf Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Absprachen des Bundesrates auf Drucksache 16/12321 anzunehmen. im Strafverfahren ab. Der Rechtsausschuss empfiehlt un- Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen ter Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung auf der ge- wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – nannten Drucksache, den Gesetzentwurf des Bundes- Wer enthält sich? – Damit ist dieser Gesetzentwurf in rates auf Drucksache 16/4197 abzulehnen. Ich bitte zweiter Beratung mehrheitlich angenommen. diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, Dritte Beratung um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer ent- hält sich? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung und Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf in die- abgelehnt. Damit entfällt nach unserer Geschäftsord- ser Fassung zustimmen will, den bitte ich, sich von den nung die weitere Beratung. Plätzen zu erheben. – Wer stimmt dagegen? – Wer ent- hält sich der Stimme? – Damit ist der Gesetzentwurf mit Tagesordnungspunkt 4 c. Wir stimmen nun über den der Mehrheit der Koalitionsfraktionen angenommen. von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren Wir stimmen nun über den Gesetzentwurf der Frak- staatsgefährdenden Gewalttaten ab. Unter Buchstabe a tion Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des Gesetzes seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Rechtsaus- über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen schuss auf Drucksache 16/13145, den Gesetzentwurf der ab. Der Rechtsausschuss empfiehlt unter Buchstabe b Bundesregierung auf Drucksache 16/12428 in der Aus- seiner Beschlussempfehlung auf der genannten Drucksa- schussfassung anzunehmen. Wer dieser Beschlussemp- che, den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die fehlung folgt und dem Gesetzentwurf in der Ausschuss- Grünen auf der Drucksache 16/11434 abzulehnen. Die- fassung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – jenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, bitte Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – ich um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung angenommen. enthält sich? – Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter (B) Beratung mehrheitlich abgelehnt. Damit entfällt die wei- (D) Dritte Beratung tere Beratung. und Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zu- Tagesordnungspunkt 4 e. Wir setzen die Abstimmung stimmt, den bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben. – über die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses auf Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Drucksache 16/13096 fort. Der Rechtsausschuss emp- Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der Koalition fiehlt unter Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung, den gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen angenom- Antrag der FDP-Fraktion auf Drucksache 16/10614 mit men. dem Titel „Angemessene Haftentschädigung für Justiz- opfer sicherstellen“ abzulehnen. Wer stimmt für diese Wir stimmen über die Beschlussempfehlung des Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer Rechtsausschusses zu dem von den Fraktionen von enthält sich? – Diese Beschlussempfehlung ist mit Mehr- CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Geset- heit angenommen. zes zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten ab. Hier empfiehlt der Tagesordnungspunkt 4 f. Wir stimmen nun über den Rechtsausschuss unter Buchstabe b seiner Beschluss- von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines empfehlung auf Drucksache 16/13145, den Gesetzent- Gesetzes zur Änderung des Untersuchungshaftrechts ab. wurf der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD auf Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussemp- Drucksache 16/11735 für erledigt zu erklären. Wer fehlung auf Drucksache 16/13097, den Gesetzentwurf stimmt dieser Beschlussempfehlung zu? – Ist jemand an- der Bundesregierung auf der Drucksache 16/11644 in derer Meinung oder will sich enthalten? – Diese Be- der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, schlussempfehlung ist einstimmig angenommen. die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustim- men wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dage- Wir stimmen über den vom Bundesrat eingebrachten gen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist in Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Aufenthalts zweiter Beratung angenommen. in terroristischen Ausbildungslagern ab. Hier empfiehlt Dritte Beratung der Rechtsausschuss unter Buchstabe c seiner Be- schlussempfehlung auf der genannten Drucksache, den und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf des Bundesrates auf Drucksache 16/7958 Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent- zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt wurf ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen ange- dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist in nommen. 24572 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Präsident Dr. Norbert Lammert (A) Damit können wir diesen umfangreichen Tagesord- f) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord- (C) nungspunkt abschließen. Ich bedanke mich für die Mit- neten Otto Fricke, Rainer Brüderle, Jens Ackermann, wirkung. weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ab- Ich rufe die Tagesordnungspunkte 5 a bis 5 g auf: schaffung der Sozialisierung a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/ – Drucksache 16/3301 – CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Finanz- Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- marktstabilisierung ses für Wirtschaft und Technologie (9. Aus- – Drucksache 16/13156 – schuss) Überweisungsvorschlag: – Drucksache 16/7729 – Haushaltsausschuss (f) Rechtsausschuss Berichterstattung: Finanzausschuss Abgeordneter Philipp Mißfelder Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union g) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech- b) Erste Beratung des von den Abgeordneten nologie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abge- Dr. h. c. Jürgen Koppelin, Frank Schäffler, Jens ordneten Martin Zeil, Rainer Brüderle, Ulrike Ackermann, weiteren Abgeordneten und der Flach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines der FDP Gesetzes zur Schließung kreditwirtschaftli- cher Aufsichtslücken Mittelstandsförderung sichern – ERP-Vermö- gen aus der KfW-Bankengruppe herauslösen – Drucksache 16/12884 – Überweisungsvorschlag: – Drucksachen 16/8928, 16/11630 – Finanzausschuss (f) Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Berichterstattung: Abgeordneter Dr. Herbert Schui c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Flo- rian Toncar, Dr. h. c. Jürgen Koppelin, Otto Fri- Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll diese cke, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der Aussprache eine Stunde dauern. – Ich sehe dazu keinen FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Widerspruch. Dann können wir das so vereinbaren. Verbesserung der parlamentarischen Kon- (B) Ich eröffne die Aussprache und erteile mit der Bitte, (D) trolle von Maßnahmen zur Finanzmarktstabi- dass diejenigen, die diesem Tagesordnungspunkt nicht lisierung mehr folgen können oder wollen, ihre Gespräche außer- – Drucksache 16/12885 – halb des Plenarsaals fortsetzen, als erstem Redner dem Überweisungsvorschlag: Kollegen Carsten Schneider für die SPD-Fraktion das Haushaltsausschuss (f) Wort. Rechtsausschuss Finanzausschuss (Beifall bei der SPD) d) Erste Beratung des von den Abgeordneten Rainer Brüderle, Florian Toncar, Frank Schäffler, weite- Carsten Schneider (Erfurt) (SPD): ren Abgeordneten und der Fraktion der FDP ein- Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und gebrachten Entwurfs eines Gesetzes gegen Ent- Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Rhein- eignungen land und das Oderbruch haben etwas Leidvolles gemein- sam. Jedes Jahr aufs Neue besteht die Gefahr eines – Drucksache 16/12904 – Hochwassers. Das ist prinzipiell bekannt. Deswegen gibt Überweisungsvorschlag: es dort Dämme, Überflutungsgebiete, ausreichend Sand- Finanzausschuss (f) säcke und einen gut vorbereiteten Katastrophenschutz. Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f) Trotzdem kann es zu Hochwasserkatastrophen kommen. Rechtsausschuss Haushaltsausschuss Die erste Pflicht des Staates ist es dann, den Betroffenen Federführung strittig mit allen Kräften rasch und effektiv zu helfen. Dafür ist er da, und daran zweifelt hoffentlich niemand. e) Erste Beratung des von den Abgeordneten Flo- rian Toncar, Frank Schäffler, Jens Ackermann, Die internationale Finanzkrise hatte mehrere Ursa- weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP chen. Die meisten waren bekannt, aber sie wurden unter- eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stär- schätzt. Es gab keine ausreichenden Dämme und keine kung der Wettbewerbskonformität von Maß- Flutungsbecken, vor allem nicht im angloamerikani- nahmen zur Stabilisierung des Finanzmarktes schen Raum. Die Dynamik und Entwicklung der Krise – Drucksache 16/12996 – aber wurden von allen stark unterschätzt. Stichworte sind: der Zusammenbruch von sechs Investmentbanken, Überweisungsvorschlag: 62 Hedgefonds, die Insolvenz von Lehman Brothers, der Haushaltsausschuss (f) Finanzausschuss Interbankenmarkt, toxische Papiere – alles Namen und Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Begriffe, die mittlerweile geläufig sind, es vor der Krise Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24573

Carsten Schneider (Erfurt) (A) aber wahrscheinlich nicht waren –, die Zahlungsunfähig- Wenn wir die Regelungen im Gesetzentwurf in Bezug (C) keit eines Staates, nämlich Islands, andere Staaten, die auf die Landesbanken im parlamentarischen Verfahren auf der Kippe stehen, zum Beispiel die Ukraine oder die noch ändern sollten – ich sehe dafür die Notwendigkeit, Staaten im baltischen Raum. Mit diesen Begriffen kann weil das System, so wie es jetzt ist, in seiner Struktur man die Auswirkungen der internationalen Finanzkrise nicht überlebensfähig ist –, erwarte ich ein klares Kon- beschreiben, einer Finanzkrise, die auch heute noch mit zept seitens der Eigentümer und damit der Länder zu ei- ihren Auswirkungen auf das Wachstum der Wirtschaft in ner Neuaufstellung, das heißt einer Rekonstruktion des der ganzen Welt und vor allen Dingen – durch unsere Landesbankensektors. Anderenfalls wird meiner Frak- starke Exportabhängigkeit – in Deutschland zu spüren tion eine Zustimmung sehr schwerfallen oder nicht mög- ist. lich sein. Wir haben in einem ersten Schritt im Oktober des (Beifall bei der SPD) letzten Jahres mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz Die Vertreter der anderen Fraktionen werden sich erste Dämme eingezogen. Sie haben gewirkt: Das Fi- zum Gesetzentwurf und zu Bad Banks ja noch äußern. nanzsystem hat sich zunächst stabilisiert. Keiner braucht Was ich bisher öffentlich von der Linken zu diesem Pro- mehr Angst um seine Spareinlagen zu haben. Der Zah- blem gehört habe, läuft darauf hinaus, dass sie eine lungsverkehr funktioniert wieder. Die Kreditversor- Staatsbank gründen und alles selber machen wollen. gung, zumindest nach den aktuellen Zahlen der Bundes- Dieses System hatten wir schon bis 1990. Das hat nicht bank, ist noch in ausreichendem Maße sichergestellt. funktioniert. Ich glaube, diesen Ansatz kann man ad acta Nichtsdestotrotz gibt es einige erkennbare Probleme legen. Das gilt auch für den Vorschlag der FDP, zu dem – darauf gehe ich noch ein –, die mit der hier vorgeleg- man sagen muss: Dort, wo die FDP nach Markt schreit, ten Novelle des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes auf- schreit der Markt nach dem Staat, zumindest nach Teil- gegriffen werden. Nicht nur toxische Wertpapiere von verstaatlichung. Banker, die eine Teilverstaatlichung for- Unternehmen sind von einem schlechten Rating betrof- dern, hätte ich mir vorher nicht vorstellen können. fen; vielmehr sind mittlerweile selbst die Kurse von Unser Ziel bleibt ein stabiler Finanzmarkt. Wir wol- Staatsanleihen gefallen. Das hat zur Folge, dass die Ei- len kein drittes oder viertes Konjunkturpaket – hier ha- genkapitalbasis der Banken zunehmend mehr einge- ben wir genügend Maßnahmen ergriffen –, sondern wir schränkt wird und damit die notwendige Kreditvergabe wollen – das ist zwingend notwendig – den Geldfluss schwieriger wird, wenn es an einer starken Eigenkapital- wieder in Gang bringen. Ich will klar sagen, dass ich unterlegung fehlt. noch Bedenken habe, ob die Regelungen in unserem Ge- Daher hat die Bundesregierung einen Entwurf vorge- setzentwurf ausreichend sind, um die Einsicht der Ban- (B) legt – wir als Fraktion übernehmen ihn und bringen ihn ker in die Notwendigkeit dieser Regelungen herbeizu- (D) heute hier ein –, der auf diese Fragen eine notwendige führen. Ich erwarte, dass das Angebot, das wir als Staat Antwort gibt. Uns als Fraktion waren dabei drei Punkte machen, angenommen wird. Ich erwarte, dass nicht wie- besonders wichtig: der Eigenkapitalrenditen von 25 Prozent hinausposaunt werden, die im Zweifel nichts weiter als Zahlen auf dem Erstens. Es soll keine zentrale Bad Bank für schlechte Papier sind, aber der Realität nicht standhalten, mit der Papiere geben, sondern jedes Institut ist für die Auslage- Folge, dass am Ende die Kreditversorgung für den Mit- rung und in letzter Konsequenz für die Verluste selbst telständler, also für den kleinen Unternehmer, aber auch verantwortlich. für den großen Unternehmer auf der Strecke bleibt. Das Zweitens. Es fließen keine weiteren Steuergelder oder kann und darf nicht sein. zusätzliche Staatsgarantien über das hinaus, was wir be- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten reits im Oktober 2008 beschlossen haben. der CDU/CSU) Drittens. Am Ende der Laufzeit dieser Zweckgesell- Dafür werden wir im parlamentarischen Verfahren zu schaften – das ist sehr technisch; umgangssprachlich sorgen haben. werden sie „Bad Banks“ genannt, man kann aber auch Rekonstruktionsbanken sagen – zahlen die Alteigentü- Die bisherigen Maßnahmen greifen durchaus. In An- mer, das heißt die Aktionäre, nicht die Steuerzahler. Das betracht des ersten Halbjahres der Maßnahmen zur ist für meine Fraktion ein entscheidender Punkt. Finanzmarktstabilisierung bleibt aber eines aufzugrei- fen: das Problem der Rekapitalisierung von Banken. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Banken brauchen Eigenkapital, um Kredite vergeben zu der CDU/CSU) können. Das Eigenkapital wird aber durch Wertberichti- gungen und die schlechtere wirtschaftliche Entwicklung Nicht nur die privaten Banken sind betroffen. Auch aufgezehrt. bei den Landesbanken gibt es erkennbare strukturelle Probleme. Ich habe manchmal den Eindruck, dass es bei An dieser Stelle sehe ich die Notwendigkeit, das den Eigentümern, in diesem Fall den Sparkassen, die das Eigenkapital der Banken deutlich aufzustocken; wir wer- Problem zum Teil erkannt haben, aber vor allen Dingen den zum gesamten Themenkomplex, unter anderem bei den Ministerpräsidenten der Länder wie mit den drei auch zu diesem Punkt, eine Anhörung durchführen. Die Affen ist: nichts hören, nichts sehen, nichts sagen. Man Banken dürfen sich das Geld gern am Markt holen, das versucht schon seit einem Jahr, damit durchzukommen, heißt Aktien ausgeben. Sollte dies nicht möglich sein, aber das wird nicht weiter funktionieren. muss der Staat an dieser Stelle – wir haben noch beste- 24574 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Carsten Schneider (Erfurt) (A) hende Mittel in Höhe von 60 Milliarden Euro – stärker in Deutschland immer stärker bestimmt, verlängern. Es (C) aktiv werden. Im Zweifel müssen wir – so machen es die geht darum, sicherzustellen, dass Unternehmen in Engländer und die Amerikaner – den Banken das Geld Deutschland wieder Kredite zu vernünftigen Konditio- aufdrängen, nen erhalten und dass Investitionen sowie Arbeitsplätze finanziert und gesichert werden. Dies gilt insbesondere (Beifall bei Abgeordneten der SPD) für den Mittelstand, der besonders unter der Krise leidet. damit an die Wirtschaft Kredite zu vertretbaren Kondi- (Beifall bei der FDP) tionen vergeben werden können. Die EZB senkt zwar immerzu den Leitzins, allerdings habe ich den Eindruck, Es ist zugegebenermaßen eine komplexe Aufgabe, si- dass dies bei den Unternehmen nicht so richtig an- cherzustellen, dass die Bilanzen von Banken bereinigt kommt. Auch das kann nicht sein. und gleichzeitig die Risiken für den Steuerzahler be- grenzt werden. Es ist nicht leicht, dies miteinander zu (Beifall bei der SPD) vereinbaren. Ich bin durchaus der Meinung, dass man Ich möchte noch einen Punkt ansprechen, der für diesen Gesetzentwurf schneller hätte erarbeiten können. meine Fraktion sehr wichtig ist. Der Gesetzentwurf Viele Banken haben ihre Papiere heute schon abge- greift viele unserer Bedenken auf, zum Beispiel die schrieben. Das Eigenkapital dieser Banken ist stark be- Frage: Wird der Steuerzahler belastet oder nicht? Er wird lastet, was sich in den Kreditkonditionen niederschlägt; nicht belastet. Es verbleibt aber ein Restrisiko. Das Rest- der Herr Kollege Schneider hat das soeben angespro- risiko ist die Insolvenz einer Bank. In dem Falle wür- chen. Die Leitzinsen sind niedrig, aber die Kreditkondi- den wir, als Vertreter der Bürger, auf den Kosten sitzen tionen haben sich dramatisch verschärft. All das hat mit bleiben. Das will ich nicht. Das gilt es zu verhindern, in- dem Kapitalschwund vieler Banken zu tun. Deswegen dem wir eine Restrisikoumlage einführen. Unsere Par- ist es zu spät, diesen Gesetzentwurf erst heute zu bera- tei bzw. unsere Fraktion haben sich bereits auf dem ten. Parteitag im Oktober dafür ausgesprochen. (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!) Jeder Finanzmarktakteur profitiert davon, wenn der Staat einen soliden Finanzmarkt garantiert: die Sparkas- Man hätte seit Ende 2008 mit Hochdruck an diesem sen, die Genossenschaften und auch die Großbanken. Es Gesetzentwurf arbeiten müssen. profitieren nicht nur diejenigen, die Mittel in Anspruch (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Hätte, könnte, nehmen, sondern alle, weil Vertrauen geschaffen wird. wollte ist nicht!) Wenn eine Bank zusammenbricht, kommt es zu ei- Die ersten Experten haben sich in diesem Zeitraum (B) nem Dominoeffekt, der zu Ausfällen und Verlusten gemeldet. Es war aber vermutlich Sand im Getriebe der (D) führt. Dieses Restrisiko darf daher nicht vom Steuerzah- Koalition, der dazu geführt hat, dass es erst jetzt passiert. ler, also der Allgemeinheit, getragen werden. Es muss Es war sogar so, dass die Bundesregierung von ihren ei- eine Restrisikoumlage eingeführt werden, die von allen genen Institutionen dazu gedrängt werden musste. Die Marktteilnehmern bezahlt wird und das Restrisiko ab- Bundesbank hat angefangen, an Vorschlägen zu arbeiten, schirmt. weil nichts passiert ist. Der SoFFin, die KfW und auch (Beifall bei der SPD) die BaFin haben plötzlich angefangen, eigene Ideen zu entwickeln. Daher kann man sagen, dass dieses Vorha- Das ist systemgerecht und ordnungspolitisch sauber, was ben politisch leider zu spät angegangen worden ist. Die auch vom Bundesbankpräsidenten bestätigt wurde. Das Bundesregierung ist hier von ihren eigenen Institutionen wäre somit eine gelungene Vervollständigung des Ge- getrieben worden. Deswegen tragen Sie, meine Damen setzentwurfs. Ich hoffe, dass wir uns darauf verständigen und Herren von der Koalition, ein gutes Stück der Ver- können. antwortung für diesen Zeitverzug. Vielen Dank. Das Modell steht allen deutschen Banken offen. Aber (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten es ist kein Geheimnis, dass es einige gibt, die ganz be- der CDU/CSU) sonders darauf angewiesen sind, ihre Bilanzen bereini- gen zu können. Ich spreche von den staatlichen Banken, von den Landesbanken, die in massiven Problemen ste- Vizepräsident Dr. : cken. Dieses Gesetz ist faktisch als Rettungsanker ge- Das Wort hat jetzt der Kollege Florian Toncar von der rade für die staatlichen Banken gedacht; sie haben das FDP-Fraktion. größte Interesse daran. (Beifall bei der FDP) Aber jedem ist auch klar – der Bundesregierung eben- falls –, dass der Gesetzentwurf noch geändert werden Florian Toncar (FDP): muss, damit die Landesbanken ihre Bilanzen tatsächlich Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her- bereinigen können. Er passt noch nicht so richtig auf die ren! Der heute von den Koalitionsfraktionen vorgelegte öffentlich-rechtlichen Banken. Das heißt, was heute vor- Gesetzentwurf wurde in guter Absicht erstellt. Es geht liegt, ist noch gar nicht das Konzept für diejenigen, die zu Recht darum, die Vertrauenskrise im Bankensektor die größte Hilfe brauchen, die am dringendsten Hilfe be- einzudämmen. Wenn dies nicht gelingt, wird sich die all- nötigen. Insofern besteht noch kein Grund zum Feiern; gemeine Wirtschaftskrise, die den Alltag der Menschen es ist allenfalls ein Einstieg in die Lösung des Bewer- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24575

Florian Toncar (A) tungs-, des Bilanzierungsproblems bei den Landesban- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: (C) ken. Das Wort hat jetzt der Kollege Steffen Kampeter von der CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der FDP) Niemand verlangt von der Bundesregierung Unmög- (Beifall bei der CDU/CSU) liches, etwa dass sie die Länder zwingt, sich insoweit vernünftiger zu verhalten und auf eine Konsolidierung Steffen Kampeter (CDU/CSU): der Landesbanken hinzuarbeiten. Ein Gesetz wie das Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und vorliegende sollte aber schon genutzt werden, um Druck Herren! Vertrauen ist ein zentraler Schlüssel zu wirt- auszuüben, um den Druck zu erhöhen, damit in die Lan- schaftlichem Wachstum. An beidem mangelt es leider in desbanken wirklich wieder Nachhaltigkeit einzieht und der deutschen Wirtschaft zum gegenwärtigen Zeitpunkt. ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell entwickelt wird. (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist leicht, Nachbarn mit starken Worten zu be- In der Großen Koalition auch!) schimpfen. Ich würde mir wünschen, dass man einmal Vertrauen wiederherzustellen, in einer befristeten Maß- dort Klartext spricht, wo die Missstände am größten nahme durch den Staat, ist das Gebot der Stunde. Wir sind: gegenüber den Ministerpräsidenten, gegenüber den müssen alles daransetzen, dass man im Finanzsystem Ländern. Sonst besteht das systemische Risiko an unse- untereinander wieder Vertrauen fasst und dass die Bür- rem eigenen Finanzplatz weiter und wird uns noch lange gerinnen und Bürger wieder Vertrauen in das finanzielle Sorgen bereiten. System fassen. (Beifall bei der FDP – Fritz Kuhn [BÜND- Wir sind angesichts der Rezession und der Finanz- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer regiert denn in krise in den vergangenen Monaten entschlossene Baden-Württemberg? Ihr regiert doch überall Schritte gegangen, um dieses Vertrauen aufzubauen. Am in den Ländern!) Anfang stand das Sparbuch. Wir erinnern uns kaum noch Die FDP wird den vorgelegten Entwurf prüfen. Wenn daran: Die Garantie der Bundeskanzlerin für die Spar- er wirksam ist, wenn damit die Probleme bei den staatli- einlagen war nicht nur finanziell wichtig; sie war auch chen Banken ernsthaft angegangen werden, werden wir ein wichtiges gesellschaftspolitisches Signal dafür, dass uns überlegen, zuzustimmen. wir uns zuvorderst um diejenigen kümmern, die ihr Er- spartes gesichert sehen wollen. Erst dann, in einem zwei- Ich möchte noch auf eine der Vorlagen der FDP ein- ten Schritt, haben wir uns unter dem Stichwort Finanz- gehen. Sicherlich sind alle sehr diskussionswürdig, aber marktstabilisierung an das herangewagt, was gemeinhin ein Gesetzentwurf ist mir ganz besonders wichtig. Es (B) als „Bankenrettung“ bezeichnet wird. (D) geht um das Thema „Parlamentarische Kontrolle“. Was die Informationspolitik der Bundesregierung angeht, so Die Bezeichnung „Bankenrettung“ führt aber ein bis- gibt es Defizite, die aus den verschiedensten Fraktionen schen vom Kern unserer Politik weg. Unsere Politik ist heraus, auch aus den Regierungsfraktionen heraus, nämlich vor allen Dingen Bürgerrettung; denn jeder ist schon heute beklagt werden. Wenn der Koalitionsent- auf ein funktionsfähiges Finanzdienstleistungssystem wurf so beschlossen wird, wenn diese Zweckgesell- angewiesen – der Handwerker, was die Bezahlung seiner schaften eingerichtet werden, dann – das muss uns klar Rechnung angeht, oder die Rentnerin bzw. der Rentner, was die Auszahlung der Rente angeht. sein – wird der Sonderfonds neben dem Bundeshaushalt noch mindestens weitere 20 Jahre bestehen; das ist ga- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) rantiert. Er wird nicht vorher liquidiert werden können. Das heißt, mit diesem Gesetzentwurf ist die Verlänge- Diese Politik ist im Kern auch Mittelstandsförderung. rung des Sonderfonds, des zweiten Haushalts, vorpro- Insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen grammiert. Im Übrigen erhöhen sich die Risiken durch sind auf diese Dienstleistung angewiesen; ohne diese diese Garantien beträchtlich. Die Risiken bei den könnten sie nicht existieren. Deswegen ist das eine Poli- Zweckgesellschaften sind höher als die Risiken, die tik nicht nur für die großen, sondern auch für die kleinen und mittleren wirtschaftlichen Akteure, durch Garantien herkömmlicher Art bisher eingegangen worden sind. (Beifall bei der CDU/CSU) (Eduard Oswald [CDU/CSU]: Dazu wird der und in diesem Sinne letztendlich auch eine Politik der Kollege Kampeter etwas sagen!) Arbeitsplatzsicherung. Ich glaube, dass das Parlament darauf reagieren muss. Finanzmarktstabilisierung ist Arbeitsplatzsicherung. Wir schlagen in unserem Gesetzentwurf vor, die parla- Die Große Depression in den 30er-Jahren und das damit mentarischen Kontrollrechte klarzustellen und auszu- einhergehende Bankensterben haben zu Massenarbeitslo- weiten. Dieses Anliegen sollte uns alle einen. Wir sind sigkeit geführt. Unsere Politik führt dazu, dass die Folgen an diesem Punkt gesprächsbereit, erwarten aber, dass das der Wirtschafts- und Finanzkrise gemildert werden. Von Parlament mit diesem Gesetzentwurf – damit ist die Ver- daher ist sie gelebte soziale Marktwirtschaft und in die- längerung der Laufzeit des SoFFin um mindestens sem Sinne ein guter Beitrag der unionsgeführten Bundes- 20 weitere Jahre verbunden – auch seine eigenen Mit- regierung zum wirtschaftlichen Fortkommen Deutsch- wirkungsrechte stärkt. lands. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der CDU/CSU) 24576 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Steffen Kampeter (A) Wenn wir auf die letzten Wochen und Monate zurück- bei dieser Beiboot-Lösung und damit dieses Gesetzent- (C) schauen, können wir feststellen: Diese Politik ist auch wurfes. erfolgreich. Anders als in anderen Ländern ist keine ein- Kollege Schneider hat vorhin ein weiteres Problem zige Finanzinstitution in Deutschland gezwungen wor- angesprochen, ein Problem, das im Gesetzentwurf noch den, ihre Türen zu schließen. Das verloren gegangene nicht geregelt ist, aber für uns ein drängendes Problem Vertrauen der Banken untereinander wird schrittweise ist: die Landesbanken. Hierzu will ich die Position der wieder aufgebaut – für die Techniker: Der Interbanken- Unionsfraktion deutlich machen. handel kommt wieder in Gang; sein Volumen nimmt zu. Der Gesetzentwurf, den wir heute in erster Lesung bera- Landesbanken sind ein unverzichtbarer Bestandteil ten, setzt auf eine qualitative Fortentwicklung dieser not- der Mittelstandsfinanzierung. Ihre Eigentümerstruktur wendigen und erfolgreichen Politik, die im vergangenen stellt sich ja so dar: Eigentümer sind nicht nur die Län- Winterhalbjahr unter Mitwirkung des Bundestages, ins- der, sondern auch die Sparkassen. Wer die Landesban- besondere des Haushaltsausschusses, innerhalb einer ken nun aus politischen Gründen im Stich lässt, gefähr- einzigen Woche konsequent umgesetzt worden ist. det eine zentrale Säule der Kreditfinanzierung des Mittelstands und ist mitverantwortlich für eine mögliche Bei dieser Bankenpolitik gibt es zwischen folgenden Ausweitung der Arbeitslosigkeit. drei Aspekten einen inneren Zusammenhang: Es geht (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- einmal um die Stabilisierung des Bankensystems; zum neten der FDP) Zweiten geht es um den Schutz des Steuerzahlers vor Lasten, die er eigentlich nicht tragen muss; drittens geht Das ist der politische Ausgangspunkt dieser Debatte es um Wachstumsförderung. über die Landesbanken. ( [Heidelberg] [SPD]: Also, Der vorliegende Gesetzentwurf zielt im Kern darauf wer zahlt? – Weiterer Zuruf des Abg. Fritz ab, das Problem des Bilanzschrotts in den Bankbilanzen Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) zu lösen. Wie ein Krebsgeschwür hat es sich dort hinein- gefressen, das Vertrauen der Banken untereinander Außerdem möchte ich deutlich machen, dass die Bei- gefährdet und ihr Eigenkapital ausgezehrt. Dass sie des- boot-Lösung auch eine Option für die Lösung der Pro- halb immer weniger Kredite vergeben, ist nicht in unse- bleme der Landesbanken ist. Auch sie können einen Teil rem Interesse. Deshalb müssen wir dieses Problem lö- ihrer Papiere abwracken. sen. Vor allen Dingen müssen wir es besser lösen als die Es gibt aber einen weiteren Bereich, für den derzeit Amerikaner, die zwar viel Geld der Steuerzahler ausge- noch eine gesetzgeberische Lösung fehlt. Diese wollen geben haben, um diese Papiere aufzukaufen, aber kein (B) wir im Laufe dieses Verfahrens finden. Dafür wird sich (D) positives Ergebnis erzielt haben, oder als die Engländer, die Unionsfraktion einsetzen. Wir lassen den Mittelstand die die Risiken versichert haben. und die Sparkassen mit der Kreditfinanzierung nicht im Stich. Wir wollen eine Lösung innerhalb dieses Geset- Die deutsche Lösung beruht im Kern auf der Eigen- zes. tümerverantwortung; die Eigentümer der Banken haf- ten für den Bilanzschrott. Bei maximaler Schonung des (Beifall bei der CDU/CSU) Steuerzahlers geben wir den Banken die Möglichkeit, entsprechende Papiere in eine Zweckgesellschaft auszu- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: lagern. Dafür werden staatlich garantierte Papiere in die Herr Kollege Kampeter, erlauben Sie eine Zwischen- Bilanzen eingestellt. Letztendlich findet also ein Aktiv- frage des Kollegen Fricke? tausch statt. Das entspricht einem Vorschlag, den ich in die Debatte eingeführt habe, und orientiert sich am Steffen Kampeter (CDU/CSU): Grundgedanken der Ausgleichsforderung. Selbstverständlich. Zentral ist es, meine sehr verehrten Damen und Her- ren, dass der Bilanzschrott auf Dauer aus den Bilanzen Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: herausgenommen und damit das Problem gelöst wird – Bitte, Herr Fricke. fachsprachlich: Ein echter Abgang muss erfolgen. Letzt- lich tragen damit die Aktionäre über die nächsten Jahre Otto Fricke (FDP): die Verluste aus den Papieren. Das ist eine Lösung im Herr Kampeter, mir fehlt ein klares Bekenntnis. Ich Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, weil deut- stimme vollkommen zu, dass wir die Finanzierung des lich wird, wer eigentlich die Verantwortung trägt. Für Mittelstandes sichern müssen und dass hier die Sparkas- diese Lösung gibt es sehr viele englische Begriffe. Ich sen und auch die Landesbanken eine Rolle spielen. Mich halte sie für wenig zielführend. Ich möchte lieber von ei- interessiert Folgendes: Wer bleibt dann nach Meinung ner Beiboot-Lösung sprechen, und zwar in dem Sinne, der CDU/CSU in der Haftung für den Schrott, den die dass die Banken ein Beiboot zu Wasser lassen, das ihnen Landesbanken haben? Sind Sie der Meinung, dass sich zeitweilig hilft, dass das eigentliche Schiff wieder in sta- die Eigentümer aus der Haftung herausnehmen können, bile Lage kommt und Fahrt aufnehmen kann. Erst wenn indem der Steuerzahler an anderer Stelle – beispiels- die ins Beiboot ausgelagerten Probleme abgearbeitet weise über Kapitalerhöhungen – den Sparkassen hilft, sind, wird dieses von den Banken wieder eingeholt. Die oder bleibt es dabei, dass diejenigen in der Haftung sind, Eigentümerverantwortung ist also das zentrale Anliegen die bisher Eigentümer sind? Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24577

(A) Steffen Kampeter (CDU/CSU): Sie machen immer nur so weiter. Das ist grob fahrlässi- (C) Der Grundgedanke all unserer Überlegungen zur ges Verhalten. Bankenrettung ist, dass die Eigentümer für das verant- Gerade die deutsche Politik ist in hohem Maße für die wortlich sind, was in ihren Banken passiert ist. Wenn ich weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise verantwortlich. auf die Landesbanken abziele, dann sind die Adressaten einer Lösung selbstverständlich die Eigentümer der Ban- (Beifall bei der LINKEN) ken. Sie haben die Deregulierung der Finanzmärkte massiv (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das vorangetrieben. Um einige Beispiele zu nennen: Erstens. klang aber anders!) 2004 wurden unter Rot-Grün die Hedgefonds in Deutschland zugelassen. Dass war beispielsweise im Fall von Nordrhein-West- falen der Fall, wo sich die Landschaftsverbände, das (Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Nicht „die“!) Land und die Sparkassen sehr kooperativ zeigen. – Sie haben sie erstmals in gering regulierter Form zuge- lassen. (Beifall der Abg. Petra Merkel [Berlin] [SPD]) (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das gilt auch für viele andere Bereiche. Es kann keine Keine Ahnung!) Lösung geben, an der sich die Eigentümer der Landes- bank nicht beteiligen. Das ist die Position der Unions- Zweitens. Sie haben jahrelang nichts, aber auch gar fraktion. Das muss man in aller Klarheit sagen. nichts gegen Steueroasen getan. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Drittens haben Sie durch die Zulassung von Zweck- neten der SPD) gesellschaften überhaupt erst die Möglichkeit geschaf- fen, dass Banken in einer solchen Art und Weise agieren Ich will hinzufügen, Herr Kollege Fricke, dass da- konnten. durch, dass wir eine Debatte über die Landesbanken an- gefangen haben, Bewegung in die Szenerie gekommen (Beifall bei der LINKEN) ist. Heute lesen wir in den Zeitungen über das Angebot Die Bankenaufsicht, Herr Sanio, erklärte uns, dass sie der Sparkassen, enger zusammenarbeiten zu wollen. Das zum Beispiel bei der Sachsen LB Manndeckung hatten. wurde bisher immer infrage gestellt. Manche sprechen Alle waren dann völlig überrascht, dass es eine solche jetzt von einer Strukturreform. Wir als Unionsfraktion Katastrophe gab. sind für diese Debatte offen. Wir sind für das eine oder andere Reformmodell durchaus zu haben. Wenn dies so (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was soll das sein?) (B) präzise und so konkret von den Ländern, von den Eigen- (D) tümern der Landesbanken und damit auch der Sparkas- Es fragt sich, warum Landesbanken und Sparkassen sen, eingebracht wird, dann bin ich zuversichtlich, dass so agiert haben. Das ist ein zweiter großer Verantwor- die Bedenken hinsichtlich einer Lösung des Landesban- tungsbereich, dem Sie sich endlich stellen müssten. Sie kenproblems, die es noch in Teilen der SPD-Fraktion haben die Steuerbasis der Kommunen und Länder gibt, ausgeräumt werden können. Dies ist im Interesse immer weiter nach unten getrieben. Durch die Steuer- unseres Landes. Daran wollen wir als Unionsfraktion reformen ist es seit 1999 bei Kommunen und Ländern zu nicht nur mit einzelnen Regelungen, sondern mit dem massiven Steuerausfällen gekommen. Gesetzentwurf insgesamt beitragen. (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das ist Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. jetzt aber richtig falsch!) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Das ist die Realität. neten der FDP) (Beifall bei der LINKEN) Allein durch die im Rahmen der Unternehmensteuer- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: reform 1999/2000 durchgeführte Senkung der Körper- Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Barbara Höll von schaftsteuersätze kam es zu jährlichen Ausfällen von der Fraktion Die Linke. rund 10 Milliarden Euro für die Länder und Kommunen. (Beifall bei der LINKEN) (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das ist Unsinn!) Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Natürlich bekamen die Landesfinanzminister Dollarzei- Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! chen in den Augen wie Dagobert Duck, als sie die Mög- Nichts hören, nichts sehen, nichts oder nur die Hälfte sa- lichkeit sahen, zum Beispiel durch Gründung einer gen – so agieren Sie von der Koalition, Herr Schneider. Zweckgesellschaft in Irland hohe Renditen zu erzielen. So werden Sie kein Vertrauen schaffen; denn nur wer Sie aber haben diesen Druck erzeugt. Dem müssten Sie sich seiner Verantwortung stellt und aus seinen eigenen sich endlich stellen. Fehlern lernt, ist überhaupt befähigt, das Richtige zu tun. (Beifall bei der LINKEN – Lothar Binding (Beifall bei der LINKEN – Steffen Kampeter [Heidelberg] [SPD]: Das ist wirklich falsch! [CDU/CSU]: Sagen Sie das einmal an anderer Das muss man sagen! Das hat ganz andere Stelle!) Gründe gehabt!) 24578 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Dr. Barbara Höll (A) Wenn man sich vor Augen hält, dass der Anteil der Lan- Zweitens. Die EZB hat den Leitzins kontinuierlich (C) desbanken und anderer deutscher Banken wie zum gesenkt; er liegt derzeit bei 1 Prozent. Was tun die Ban- Beispiel der Dresdner Bank an den Hochzins-/Hochrisi- ken? Geben sie die Zinssenkung an die Wirtschaft, an kofinanzinstrumenten in den USA 2007 – zu einem Zeit- die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die punkt, als sich amerikanische Banken aus diesem Kredite brauchen, weiter? Nein. Die Kreditzinsen für Geschäft schon wieder schrittweise zurückzogen – 15 Pro- Unternehmen liegen derzeit bei 6 bis 7 Prozent, und der zent betrug, erkennt man: In Erwartung hoher Renditen Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken hat investierten deutsche Unternehmen in die risikoreichsten vor kurzem verkündet, dass sie absehbar noch steigen und zweifelhaftesten Adressen der Wall Street. Die werden. Die Banken geben die Senkung des Leitzinses Realität ist: Sie haben sie dorthin getrieben. also nicht weiter. Das ist nicht hinnehmbar. (Beifall bei der LINKEN – Lachen bei Abge- (Beifall bei der LINKEN) ordneten der SPD – Zuruf von der SPD: Mär- chenstunde!) Drittens. Der Handel mit toxischen und faulen Papie- ren läuft weiter. Letztendlich tun Sie nichts dagegen. Ihr Herr Steinbrück erklärte noch im September 2008: Agieren bei der Commerzbank spricht eine eindeutige Die Krise ist eine amerikanische und wird uns nicht so Sprache. Wir als Linke haben Sie gefragt – ich zitiere interessieren. Frau Merkel verkündet jetzt: Aus der Krise aus unserer Kleinen Anfrage –: werden wir gestärkt hervorgehen. – Wie denn, wenn Sie nicht bereit sind, aus Ihren Fehlern zu lernen? Werden sich die Vertreter der Bundesregierung im Aufsichtsrat dafür einsetzen, die Aktivitäten der Jetzt muss eine Stärkung des Kreditsektors das Ziel Bank hinsichtlich der unter den Fragen 8 und 9 be- sein, um ihn überhaupt wieder funktionsfähig zu ma- nannten Themen kritisch zu überprüfen und ggf. zu chen. Die Firmen klagen über extreme Schwierigkeiten korrigieren? bei der Kreditversorgung. Ein aktuelles Beispiel ist Karstadt; Karstadt hat Schwierigkeiten, überhaupt eine Es geht dabei um Steuerhinterziehung, um das Agieren Kreditlinie zu bekommen. Es braucht eine Klärung der der Commerzbank Eigenkapitalprobleme der Banken; denn die toxischen in verschiedenen Steueroasen, so zum Beispiel An- Papiere fressen die Eigenkapitalbasis der Banken auf, dorra, den Cayman-Inseln, Liechtenstein, Luxem- sodass sie keine Kredite mehr vergeben können. Aber burg, Malta und Singapur. wie kann man verhindern, dass am Ende die Steuerzah- lerinnen und Steuerzahler dafür zahlen müssen? Legen Was antwortet die Regierung? die Banken endlich offen, welche toxischen Papiere ihre Die auf Veranlassung des Bundes gewählten oder (B) Bilanzen belasten? Sind Sie, meine Damen und Herren (D) entsandten Aufsichtsratsmitglieder erfüllen ihre von der Koalition, bereit, die Finanzmärkte zu regulie- Aufgabe im Rahmen der einschlägigen Vorschriften ren? Wenn man sich ansieht, was Regierungskoalition und im Interesse des Unternehmens. und Regierung machen, muss man leider sagen: Getan wird viel zu wenig, fast nichts. Auch das heute vorge- Ich dachte, die sollen die Interessen der Bürgerinnen und legte Modell ist eine Mogelpackung. Bürger vertreten und nicht die Interessen des Unterneh- mens. (Beifall bei der LINKEN) Erstens. Wir werden mit einer Teillösung nicht wei- (Beifall bei der LINKEN) terkommen. Eine Teillösung schafft nicht automatisch Wir sagen Ihnen: Was Sie uns vorgelegt haben, wird Vertrauen; denn es bleibt ein Rest in den Bilanzen. Wir die Krise nicht beheben. Es werden nur Teillösungen an- wissen noch immer nicht, wie groß dieser Rest ist. Einen gestrebt; das funktioniert nicht. Wir haben Ihnen viele Zwang zur Offenlegung, welche toxischen Papiere die Dinge, die jetzt passiert sind, vorausgesagt; doch Sie Bilanzen belasten, gibt es nicht; das wird den Banken wollten nicht hören. Es wäre jetzt an der Zeit, dass Sie überlassen. Jeder, der staatliche Unterstützung wie die Ohren öffnen, um zu hören, nachdenken und dann Hartz IV beziehen will, muss sich de facto vor dem Amt entsprechend agieren. ausziehen. Die Banken bekommen Garantien und Geld, ohne dass von ihnen Derartiges verlangt wird. Es ist eine Das schwedische Modell hat gezeigt, dass es funktio- Unverschämtheit, wie Sie mit dem Vertrauen der Bürge- nieren kann. Aber es hat nur funktioniert, weil die Ban- rinnen und Bürger umgehen. ken verstaatlicht wurden. (Beifall bei der LINKEN – Steffen Kampeter (Beifall bei der LINKEN) [CDU/CSU]: Das ist doch Blödsinn! – Bartho- Nur dadurch, dass die systemrelevanten Großbanken lomäus Kalb [CDU/CSU]: Was Sie da betrei- verstaatlicht werden, ist überhaupt eine demokratische ben, ist Volksverdummung! – Eduard Oswald Kontrolle möglich. [CDU/CSU]: Eine demagogische Wahlkampf- rede! – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: (Rita Pawelski [CDU/CSU]: Da sind Sie ja Das macht einen sprachlos!) sehr erfolgreich gewesen!) Ein Zwang zur Offenlegung ist notwendig. Wir können Nur so wird es gelingen, dass die Banken ihre Geschäfts- die Bewertung der Papiere doch nicht den Banken über- tätigkeit auf das zurückführen, wofür sie gegründet wur- lassen. Das ist doch wohl unsere Pflicht und Aufgabe. den: Abwicklung des Zahlungsverkehrs, Verwaltung der Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24579

Dr. Barbara Höll (A) Einlagen und Sparguthaben, kostengünstige und flächen- blasen gewesen, wenn bekannt wäre, wie sehr die Deut- (C) deckende Versorgung der Realwirtschaft. sche Bank von den Rettungsmaßnahmen indirekt profi- tiert Ich danke Ihnen. (Beifall bei der LINKEN) (Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Richtig!) und an welchen Stellen der Wert ihrer Anteile und aus- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: stehende Zahlungen und Kredite gerettet worden sind. Das Wort hat jetzt der Kollege Alexander Bonde vom Bündnis 90/Die Grünen. (Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: So ist es!) Jetzt ist dies per se nicht illegitim, weil auch die Deut- Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): sche Bank Bestandteil des Finanzmarktes ist. Aber ich Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir glaube, dass in der Frage, wer die Profiteure sind, ein hö- erleben in diesen Wochen ein besonderes Schauspiel: heres Maß an Ehrlichkeit nötig ist. Sie sind bis heute Überall dort, wo sich große Aufgaben stellen, verkündet nicht bereit, dementsprechend vorzugehen. die Koalition eine Lösung, und im Wochentakt wird an dieser Lösung nachgebessert. Wir sehen es am Bundes- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haushalt. Hier wurde uns gerade der zweite Nachtrag sowie bei Abgeordneten der LINKEN) vorgelegt. Die Selbstentmachtung des Parlaments in der Ban- Heute haben wir die erste Lesung des zweiten Nach- kenrettung, die wir zunehmend erleben, ist offensicht- trages zum Finanzmarktstabilisierungsgesetz. Sie haben lich. Ich kann Sie von der Koalition nur auffordern, den dieses Gesetz schon neulich nachbessern müssen. Ihre unhaltbaren Zustand zu beenden, dass das Kernrecht des Ursprungslogik war, uns Steuerzahler in eine milliarden- Parlamentes, nämlich das Haushaltsrecht, im Zusam- schwere Erpressungssituation im Zusammenhang mit menhang mit der Entscheidung, ein Paket von 480 Mil- Herrn Flowers und anderen im Rahmen der Hypo Real liarden Euro zu verabschieden, völlig ausgehebelt ist. In Estate hineinzutreiben. Heute schlagen Sie uns vor, dem diesbezüglichen Entwurf der Bundesregierung sind nachzubessern, weil in Ihrer ursprünglichen Konzeption wieder keine zusätzlichen Parlamentsrechte vorgesehen. nicht vorgesehen war, wie mit Schrottpapieren umzuge- Ich möchte Sie wirklich auffordern, diesen Zustand zu hen ist; denn Sie hatten geglaubt, dass Sie mit einem beenden. Es ist mit der Ehre eines Parlamentes nicht ver- – für die Banken sehr schönen – Verfahren über Bürg- einbar, der Bundesregierung – da kann man ihr noch so schaften durchkommen werden. Die nächste Nachbesse- sehr vertrauen – Blankoschecks auszustellen. Ich appel- rung ist schon angekündigt; denn Sie können bis heute (B) liere an Ihr Gewissen und an Ihre Ehre als Parlamenta- (D) nicht sagen, wie es bei den Landesbanken weitergeht. rier, diesen unhaltbaren Zustand zu beenden. Selbst bei der Frage der Bad Bank – wir alle wissen, dass es hierbei vor allem um die Landesbanken geht – ist (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diese Koalition nicht in der Lage, für die Landesbanken und bei der LINKEN) einen Weg aufzuzeigen. Zum Thema Bad Banks. Man kann viel darüber dis- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) kutieren. Wir glauben, dass man die Situation schon im Herbst hätte angehen müssen. Ich glaube, dass wir heute Das Ganze macht deutlich, dass Sie, auch wenn die besser dastünden, wenn wir den Weg einer intelligenten Notwendigkeit zur Verabschiedung eines Pakets zur Teilverstaatlichung gegangen wären und nicht den Weg, Bankenrettung unbestritten ist, mit der falschen Logik an den Sie gegangen sind. Es geht nicht darum, Banken un- die Sache herangehen. Das holt Sie jetzt bei jedem ein- bedingt zu verstaatlichen, sondern darum, Sicherheiten zelnen Schritt ein, den Sie im Rahmen Ihrer Nachbesse- für die Bürgerinnen und Bürger zu schaffen und eine Re- rungen machen. kapitalisierung auf Basis einer fairen Risikoabschätzung Ein zentraler Strickfehler ist bis heute, dass es an zu ermöglichen. Transparenz fehlt. Als Parlament werden wir mit der Einstufung „Geheim“ unterrichtet – wenn überhaupt. An dieser Stelle sind wir bei der Frage, welcher Logik Der Bevölkerung lassen Sie bis heute keine Chance, zu man bei der Rettung von Banken folgt. Wenn im Zen- erkennen, wer am Ende von den Rettungsschirmen in trum steht, dass man Banken nicht um ihrer selbst willen Milliardenhöhe profitiert. rettet, sondern, um das System zu erhalten, dann muss man überlegen, ob es Sinn macht, die Banken zu fragen, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) wie sie gerne gerettet würden. Um es mit den Worten des Jetzt wird bekannt, welche Bank welche Bürgschaft be- Kollegen Kampeter zu sagen, der die toxischen Papiere kommt. Aber das Spannende ist doch: Wer sind insge- mit Krebsgeschwüren verglichen hat: Ich kenne keinen samt die Profiteure der Rettung, die die Steuerzahlerin- Arzt, der das Krebsgeschwür interviewt und es fragt: nen und Steuerzahler finanzieren? Wie hätten Sie es denn gerne? Wäre Ihnen der komplette Abgang genehm? (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Etwa die Sparer?) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Ich will es einmal benennen: Die Deutsche Bank bzw. Herr Ackermann wären vielleicht etwas weniger aufge- So haben Sie Ihr Bad-Bank-Modell konstruiert. 24580 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Alexander Bonde (A) Da Sie keine Bank zu einem Stresstest verpflichten tut, aber diese Bad Bank ist auch ein Bad Law. Neben (C) wie in den USA, können Sie auch keine Bank verpflich- der schlechten Bank ist es also auch ein schlechtes Ge- ten, bei einem negativen Ergebnis des Stresstestes eine setz. Diese schlechte Gesetzgebung der Bundesregie- Bad Bank zu konstruieren. Am Ende heißt das, dass rung ist ein Problem, das wir als Parlament ausbaden viele Banken, die eigentlich eine solche Konstruktion müssen. bräuchten, keine Bad Bank gründen werden, weil sich das für die Bank betriebswirtschaftlich nicht rentiert. Herzlichen Dank. Folgt man der betriebswirtschaftlichen Logik, steht näm- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) lich das Interesse des Aktionärs im Vordergrund und nicht die Erhaltung des volkswirtschaftlichen Systems. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie Für die Bundesregierung hat nun der Parlamentari- des Abg. Frank Spieth [DIE LINKE]) sche Staatssekretär Karl Diller das Wort. Mit Ihrem Entwurf zur Ausgestaltung der Bad Banks sind Sie wieder einmal den Menschen auf den Leim ge- Karl Diller, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister gangen, die der Meinung sind, dass Bankenrettung von der Finanzen: Bankern oder zumindest von Anwälten, die für Banken Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und arbeiten, gemacht werden muss. Das ist es, was wir kriti- Herren! Die Lage ist ernst. Deswegen verbietet es sich sieren. Es ist notwendig, dass wir bei den toxischen Pa- eigentlich auch für Oppositionsparteien, diese Debatte pieren vorankommen. Ich glaube aber, Sie befinden sich für billige Polemik zu nutzen. auf der falschen Spur und folgen der falschen Logik. Ich danke den Rednerinnen und Rednern von SPD Ich glaube, die Teilnahme an einem solchen Modell und CDU/CSU, aber auch Herrn Toncar von der FDP für muss für diejenigen Banken verbindlich sein, die einen ihre Beiträge, die zeigen, dass wir darin übereinstimmen, Stresstest mit realistischen Risikoszenarien nicht beste- dass die vergangenen Monate eindeutig gezeigt haben, hen. dass die bisherigen staatlichen Rettungsmaßnahmen nicht ausreichen, dass wir mehr tun müssen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles andere würde bedeuten, dass die Banken betriebs- Lauter! Mehr Saft für den Kollegen Staatsse- wirtschaftliche Rettungsszenarien entwickeln, die zur kretär! – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Die Folge haben, dass genau die Kredite heruntergefahren Lage ist ernst und leise, Herr Staatssekretär!) werden, die der Mittelstand jetzt braucht. Das betrifft (D) (B) den Handwerker genauso, wie es die Frage berührt, wie Jetzt ist der Ton lauter. Allerdings ist mir eine Minute die Innovationen, die wir heute insbesondere im Bereich Redezeit verloren gegangen, Herr Präsident; vielleicht der Umwelttechniken brauchen, finanziert werden. Wir bekomme ich sie dazu. alle wissen, dass der Aufschwung nur kommen kann, wenn wir in dieser Krise hochinnovative Produkte ent- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: wickeln und in zukünftige Märkte investieren. Genau Diese Minute können Sie gerne hinzubekommen. – das verhindern Sie aber mit Ihrer Strategie. Diese Strate- Bitte schön. gie wird dazu führen, dass viele Banken ihre Kreditvolu- mina herunterfahren, weil sie bezüglich ihrer Eigenkapi- Karl Diller, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister talquote unter Druck stehen. der Finanzen: Das, was Sie hier machen, ist auch wirtschaftspoli- Ich habe gesagt: Die Lage ist zu ernst, als dass man tisch falsch. Sie versuchen wieder einmal, mit einem seitens der Opposition, hier insbesondere von der Lin- möglichst geringen Einsatz eine harte Maßnahme zu ver- ken, die zum Teil verwirrt ist und verwirrende Argu- hindern. Am Ende wird das aber nur dazu führen, dass es mente vorbringt und Behauptungen aufstellt, mit billiger nicht bei diesen Korrekturen am Gesetz bleibt, sondern Polemik arbeitet. Sie munter weiter korrigieren müssen. Wir von der SPD, der CDU/CSU und der FDP stim- Ihre Ansage, dass dieses Modell die Steuerzahlerin- men darin überein, dass die bisher ergriffenen Maßnah- nen und Steuerzahler nichts kosten wird, ist längst über- men nicht ausreichen. Kollege Kampeter hat schon da- holt. Sie haben uns ja auch schon versprochen, dass der rauf hingewiesen, wie das Problem, das auf diesem Haushalt bis 2011 ausgeglichen sein würde. Globus in einer völlig neuen Dramatik aufgetreten ist, weltweit angegangen wurde. Die Amerikaner haben ver- (Widerspruch bei der SPD) sucht, zu einer Lösung zu kommen, die im Wesentlichen Insofern fürchte ich, dass Ihr Versprechen, dies würde den Steuerzahler belastet, was nicht das Gelbe vom Ei den Steuerzahler nichts kosten, leider nichts wert ist. ist. Die Briten haben es mit einer Versicherungslösung versucht; das hat nicht funktioniert. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der LINKEN) Wir haben lange darüber nachgedacht und hatten am Schluss noch einen Zielkonflikt zu lösen. Wir wollten Sie müssen in der Anhörung und im parlamentarischen nämlich einerseits die Bilanzen der Banken entlasten, Verfahren noch erheblich nacharbeiten. So leid es mir andererseits aber den Steuerzahler damit nicht belasten. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24581

Parl. Staatssekretär Karl Diller (A) (Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Nicht vor an ihre Anteilseigner – bei Aktiengesellschaft also die (C) dem 27. September!) Dividenden – sperren und an den Bund auskehren, falls der tatsächliche Marktwert bei Fälligkeit unter dem ge- Um dieses Problem doch noch zu lösen, haben wir das schätzten Fundamentalwert liegen sollte. Insofern haben Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland eingeschal- die Koalitionsfraktionen jetzt gemeinsam einen Vor- tet, das Verbesserungsvorschläge angebracht hat, die wir schlag eingebracht, der den Steuerzahler maximal in den Gesetzentwurf eingearbeitet haben, den dankens- schützt. werterweise heute die Koalitionsfraktionen als Frak- tionsinitiative einbringen. Es ist auch über die Frage des Kollegen Toncar disku- tiert worden: Wie steht es mit dem Konsolidierungs- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) modell? Richtig ist: Der SoFFin hat sich mit der Erar- Meine sehr verehrten Damen und Herren, Kollege beitung dieses Modells Verdienste erworben. Bei der Bonde hat gefragt: Wer sind die Profiteure? Die Profi- Diskussion hat sich aber gezeigt, welche vielfältigen teure dieser Rettungsaktion sind Fragen noch zu lösen sind, die noch in der Prüfung sind und auf die der SoFFin noch keine Antworten hat. Ich (Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: möchte nur ein Beispiel nennen: Es sollen ja nicht nur Die Banken!) Risikopositionen ausgelagert werden, sondern auch Ge- die Handwerker, die Häuslebauer, schäftsfelder. Die Eigentümer müssen sich endlich dazu äußern, welche Geschäftsfelder sie auslagern wollen. (Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Die Deutsche Bank!) (Beifall bei Abgeordneten der SPD) die Selbstständigen, die Unternehmen. Wenn sie sich geäußert haben, welche Geschäftsfelder sie auslagern wollen, muss geklärt werden, bei wem die (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Die Arbeits- politische Verantwortung liegen soll. Ich möchte darauf plätze in Deutschland!) hinweisen, dass mit manchen Geschäftsfeldern sehr viel Wir wollen mit unserem Modell im Interesse des Schut- Personal verbunden ist. Was geschieht dann mit dem zes und des Erhalts der Arbeitsplätze den Geldkreislauf Personal? Wer trägt am Schluss die politische Verant- innerhalb der Bankenwirtschaft wieder in Gang setzen wortung dafür, was mit dem Personal zu geschehen hat? und neue vertrauensbildende Maßnahmen ergreifen. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das Bad-Bank-Modell funktioniert in folgender Die Eigentümer!) Weise: Die bisher unterschiedlich wertberichtigten Pa- All diese Fragen bedürfen einer vertieften Erörterung. (B) piere werden mit einem zusätzlichen Abschlag von Das kann man nicht so einfach aus dem Ärmel schütteln, (D) 10 Prozent, den die Bank verkraften muss, in eine Herr Kollege Toncar. Zweckgesellschaft übertragen. Die Bank übernimmt eine Schuldverschreibung dieser Zweckgesellschaft, (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Die Zeit war macht also einen Aktivtausch. Die verbrieften Rückzah- schon vorhanden, um sich dazu ein paar Ge- lungsverpflichtungen der Zweckgesellschaft werden danken zu machen!) vom Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung garantiert. Wir sind dabei, mit den Ländern und den Sparkassen Die Garantie wirkt zugunsten der Bank, die die Schuld- über die noch offenen Fragen zu diskutieren. Wir wollen verschreibung erworben hat. Der Vorteil ist, dass die Abwicklungsgesellschaften in der Rechtsform von An- Bank diese Schuldverschreibung bei der Bundesbank zur stalten des öffentlichen Rechts gründen, auf die die Risi- Beschaffung neuen Geldes einreichen kann, was mit den kopositionen und ganze Geschäftsbereiche übertragen ursprünglichen Wertpapieren nicht möglich war. Damit werden können. können wir Eigenkapital freisetzen, das für die Vergabe neuer Kredite an Häuslebauer, Unternehmen, Selbststän- (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Herr Staats- dige und Handwerker dringend gebraucht wird. Das er- sekretär, Sie tun sich als Problembeschreiber möglichen wir durch diese Maßnahmen. hervor und nicht als Problemlöser!) (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Wir sind im Übrigen, Herr Kollege Kampeter, guten CDU/CSU) Willens, Ihnen die Lösungsvorschläge in der nächsten Zeit zu übermitteln, Diese Garantie wird für die Banken allerdings nicht zum Nulltarif erhältlich sein. Die Bank muss mehrfach (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Hört! Hört!) zahlen. Erstens muss sie für die übernommene Garantie damit Sie rechtzeitig vor der Schlussberatung im Haus- eine Garantiegebühr an den SoFFin bezahlen. Sie muss haltsausschuss über diese Lösungsvorschläge nicht nur zweitens einen Ausgleichsbetrag in gleichbleibenden nachdenken, sondern auch entscheiden können. Raten über die Garantielaufzeit von maximal 20 Jahren zahlen, der aus der Differenz zwischen dem um 10 Pro- (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: „Vor der Schluss- zent reduzierten Buchwert und dem durch Sonderprüfer beratung“ ist hinreichend präzise!) noch festzusetzenden vermuteten Endwert dieser Pa- In diesem Sinne „Glück auf!“ für unser Vorhaben. piere, dem sogenannten Fundamentalwert bei Fälligkeit, ermittelt wird. Die Differenz muss auf der Zeitachse aus- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten geglichen werden. Drittens muss sie die Ausschüttungen der CDU/CSU) 24582 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: dessen müssen wir prüfen, was falsch gelaufen ist und (C) Das Wort hat der Kollege Carl-Ludwig Thiele von der wer die Verantwortung trägt. Die Verantwortlichen müs- FDP-Fraktion. sen klar benannt werden. An der Stelle erwarte ich im- mer noch ein Wort der Entschuldigung des Finanzminis- (Beifall bei der FDP) ters für das Versagen der Finanzaufsicht, das unter seiner Ägide entstanden ist. Carl-Ludwig Thiele (FDP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Staatsse- LINKE]) kretär, Sie haben es zu Recht angesprochen: Die Lage ist Das ist bis heute nicht erfolgt. Das ist ein Armutszeugnis ernst. Es ist kein alltäglicher Vorgang, mit dem wir uns von Verantwortung in unserem Land. Das ist nicht hin- hier heute zu beschäftigen haben. Es sollte auch nicht zunehmen. zur Regel werden. Aber wenn die Notwendigkeit be- steht, dann müssen wir uns im Parlament mit dem Pro- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten blem so auseinandersetzen, wie es heute geschieht. der LINKEN) Die FDP hat im Interesse der Aufrechterhaltung des Im Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabi- Finanzmarktes für die Bürger in unserem Land dem Fi- lisierung ist geregelt, dass die Banken ihre Schrott- nanzmarktstabilisierungsgesetz zugestimmt. Die FDP ist papiere – so werden sie umgangssprachlich genannt – allerdings der Auffassung, dass neben den kurzfristigen zum Buchwert minus 10 Prozent abgeben sollen. Die- Löschaktionen in diesem Bereich auch die Frage nach sem Buchwert soll ein Fundamentalwert gegenüberge- der Verursachung der Brände zwingend gestellt werden stellt werden. Hier stellt sich schon heute die Frage, ob muss. Denn im Zusammenhang mit der Frage, wer die es bilanztechnisch nicht so sein müsste, dass der Buch- Verantwortung trägt, ist gleichzeitig Vorsorge dafür zu wert den Fundamentalwert bereits abbildet. Wenn das so treffen, dass so etwas nicht wieder geschehen kann. wäre, dann gäbe es nämlich gar keinen Unterschied zwi- schen Buchwert und Fundamentalwert. Oder sind in den (Beifall bei der FDP) Buchwerten der Banken Werte abgebildet, die in Wirk- Der Finanzsektor – das ist nicht jedem Bürger unseres lichkeit schon gar nicht mehr zu erzielen wären? Hier Landes klar – ist der am stärksten regulierte und beauf- sollte die Bankenaufsicht sehr vorsichtig sein; denn ei- sichtigte Bereich unserer Wirtschaft. Im Kreditwesenge- gentlich dürfte das gar nicht sein. setz sind klare Regelungen über die Liquidität und das Es gibt also noch viele offene Fragen, mit denen wir Eigenkapital der Banken aufgestellt. Trotz dieser Re- uns in einer Anhörung befassen müssen. Ein Gesetzent- (B) geln, trotz einer staatlichen Aufsicht durch die Banken- wurf liegt zwar vor. Ich gehe aber davon aus, dass er (D) aufsicht und die Bundesbank und trotz einer Aufsicht massiv verändert werden muss. Eines der Hauptpro- durch das Bundesfinanzministerium ist unser Finanzsys- bleme in diesem Bereich sind die Landesbanken. Weil tem in eine Krise geraten, wie sie überhaupt nicht vor- es unterschiedliche Landesbanken gibt, muss für sie eine stellbar war. Deshalb handelt es sich hier aus unserer Lösung gefunden werden, die institutsspezifisch ist. Sicht an erster Stelle um Staatsversagen. Insofern stelle ich fest: Wenn man mit diesem Gesetz (Beifall bei der FDP) versuchen möchte, auf dem Finanzmarkt wieder etwas Um es auch hinsichtlich der Landesbanken klarzu- mehr Vertrauen zu schaffen, dann sollte es so formuliert stellen: Nach Auffassung der FDP sollte der Staat nicht werden, dass es auch angenommen werden kann. Ich Unternehmer sein. Es ist nicht die Aufgabe des Staates, habe Zweifel, ob private Banken angesichts der Bedin- private Banken wie die IKB oder Landesbanken zu füh- gungen und Kautelen, die mit diesem Gesetz verbunden ren, für deren Verluste in vielen Bundesländern der Steu- sind, überhaupt interessiert und in der Lage sein werden, erzahler einzustehen hat. Wir müssen uns wieder auf die dieses Gesetz anzunehmen, um wieder Kapital zu erhal- Grundordnung besinnen. Der Staat sollte die Regeln set- ten und das zu tun, was nötig ist: Kredite an den Mittel- zen und Schiedsrichter sein, aber nicht Marktteilnehmer. stand und die Wirtschaft insgesamt zu vergeben, damit Das sind Grundsätze, die uns die soziale Marktwirtschaft unsere Wirtschaft wieder vorankommt, die Zahl der Ar- gelehrt hat und auf die wir zurückkommen müssen, da- beitsplätze steigt und die Zahl der Arbeitslosen sinkt. mit die Wirtschaft wieder florieren kann. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der FDP) Es ist nach wie vor ein Skandal, dass die Hypo Real Estate, die inzwischen über 100 Milliarden Euro staatli- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: cher Gelder erhalten hat, überhaupt nicht der Bankenauf- Das Wort hat jetzt der Kollege Albert Rupprecht von sicht unterlag. Dadurch kam es zu Problemen. Bis heute der CDU/CSU-Fraktion. hat kein Mitglied der Bundesregierung erklärt, dass ein Fehler passiert sei oder dass man Verantwortung habe. (Beifall bei der CDU/CSU) Verantwortung in unserem Staat kann nicht so aussehen, dass die Repräsentanten des Staates, die in der Aufsicht, Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU): in der Verantwortung sind, sagen: Das ist jetzt alles so Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Un- gelaufen, jetzt lasst uns nur nach vorne schauen. – Statt- sere akute und äußerst dringende Aufgabe ist es, eine Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24583

Albert Rupprecht (Weiden) (A) drohende Kreditklemme für Handwerk, Mittelstand und Das vorliegende Modell der Zweckgesellschaft ist in (C) Industrie im Lande abzuwenden. Die Fähigkeit der Ban- den Grundzügen sehr gut gelungen. Kompliment an die ken, Kredite zu vergeben, hängt entscheidend von der Fachleute in den Ministerien! Im Detail gibt es aber ei- Eigenkapitalausstattung ab. Das Eigenkapital ist der- nen Änderungsbedarf zu diskutieren. Zudem fehlt der zeit dreifach massiv unter Beschuss: notwendige zweite Teil für die Landesbanken. Es geht im Konkreten um folgende Punkte: Erstens: Die Produkte in den Bilanzen verlieren tag- täglich weiter an Wert. Das wird auch so bleiben, so- Erstens. Der zehnprozentige Abschlag beim Ausla- lange unter anderem die Immobilienpreise in den USA gern in die Zweckgesellschaft kostet manche Bank wert- fallen. Zum Zweiten: Durch die Wirtschaftskrise fallen volles Eigenkapital in Milliardenhöhe. Wir sollten auf Unternehmenskredite aus. Zum Dritten: Die Herabstu- diesen Abschlag verzichten. fung durch Ratingagenturen zwingt Banken nach Basel II, mehr Eigenkapital zu hinterlegen. Weil Banken Zweitens. Wieso ist der Stichtag der Wertermittlung auf dem Kapitalmarkt derzeit aber kein Kapital bekom- der 31. März 2009 und nicht der 31. Dezember 2008? In men, bleibt ihnen letztendlich nur die Möglichkeit, die diesen drei Monaten ist der Wert der Produkte massiv Kreditvergabe herunterzufahren. Deswegen ist es eine gesunken. Auch das kostet wertvolles Eigenkapital. Schlüsselaufgabe, das Eigenkapital in den Bankbilanzen zu stabilisieren. Sonst kommt es im Laufe des Jahres zu Drittens. Der Anwendungsbereich. Es macht keinen einer breiten Kreditklemme und zu einem weiteren Ein- Sinn, ausschließlich ABS-Papiere zuzulassen. Wenn wir bruch von Wachstum und Beschäftigung. Klarheit in den Bilanzen der Banken und Vertrauen zwi- schen den Banken erreichen wollen, muss alles, was to- Durch den vorliegenden Gesetzentwurf wird das Ei- xisch ist, offengelegt werden und raus aus den Büchern. genkapital stabilisiert. Giftige Produkte in einem Um- fang von 200 Milliarden Euro können in Zweckgesell- Viertens. Die Banken müssen wieder fähig werden, schaften ausgelagert werden. Die Altlasten werden dort privates Eigenkapital zu bekommen, statt dauerhaft am über 20 Jahre abgetragen. Und – das ist entscheidend staatlichen Tropf zu hängen. Das gelingt aber nur, wenn und war unsere klare politische Vorgabe –: Das verblei- die neuen Aktionäre, zum Beispiel nach Kapitalerhöhun- bende Defizit wird von den Alteigentümern getragen. gen, frei von Altlasten sind, das heißt, die Altlasten müs- Wir haben Wort gehalten: Der Steuerzahler wird nicht sen ausschließlich von den Alteigentümern getragen zusätzlich belastet. werden und nicht von den Neueigentümern nach Kapital- erhöhungen. (Beifall bei der CDU/CSU) Fünftens. Wenn wir die Banken wieder auf gesunde (B) Sehr geehrte Damen und Herren, Modellrechnungen Füße stellen wollen, dann ist es notwendig, dass ganze (D) zeigen uns: Im äußersten Fall kann durch die Auslage- Geschäftsbereiche, die nicht zukunftsfähig sind, ausgela- rung giftiger Produkte in einem Umfang von gert werden können. Das gilt vor allem für die Landes- 200 Milliarden Euro die Fähigkeit deutscher Banken, banken, und das geht weit über die toxischen Assets hi- Kredite zu vergeben, in einer Größenordnung von naus. Der SoFFin hat hier bereits vor Monaten 2,5 Billionen Euro steigen. Auch wenn dieses Rechen- Vorschläge für derartige Konsolidierungsbanken vorge- beispiel ein Extremfall ist, der in der Praxis nicht eintre- legt. ten wird, weil nicht alle Banken mitmachen werden und weil nicht jedes giftige Produkt mit 100 Prozent Eigen- Dazu brauchen wir – das ist unsere feste Überzeu- kapital hinterlegt werden muss, zeigt es die Dimension, gung – einen Gesetzentwurf vonseiten des Finanzminis- um die es beim heute vorliegenden Gesetzentwurf geht. teriums, der bis heute leider nicht vorliegt. Wir brauchen Im Vergleich dazu ist das Konjunkturprogramm II mit diese Konsolidierung für die Landesbanken, wir brau- seinem Volumen von 50 Milliarden Euro eigentlich chen sie aber auch, um Schaden von den regionalen nachrangig. Oder andersherum: Ohne die Kraft der Ban- Sparkassen abzuwenden. Es ist der klare Wunsch der ken, Kredite zu vergeben, wird es kein Ende der Wirt- Unionsfraktion, dass der Gesetzentwurf im parlamenta- schaftskrise geben. rischen Verfahren um dieses Element erweitert wird. Wir brauchen hier endlich einen Gesetzestext. Deswegen ist es auch höchste Zeit, dass der Gesetz- entwurf vorliegt. Die Finanzpolitiker der Unionsfraktion Wir werden keinen gesetzlichen Zwang zur Auslage- haben das bereits im Dezember 2008 gefordert, und rung der giftigen Papiere beschließen. Wir erwarten zwar in den jetzt vorliegenden Grundzügen. Ich kann aber, dass die betroffenen Banken mitmachen. Andern- mir die Anmerkung an dieser Stelle nicht verkneifen: falls muss die Bankaufsicht mit Druck dafür sorgen. Minister Steinbrück hat unsere Vorschläge damals mas- siv abgelehnt und geantwortet: Die größte Wirtschafts- und Finanzkrise seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland zu meistern, ist ein Einige sollten erst nachdenken … Die Einrichtung Riesenkraftakt für unser Land. Bundesregierung und Ge- einer sogenannten Bad Bank würde Deutschland setzgeber haben das Land in den vergangenen Monaten 150 bis 200 Mrd. Euro kosten. stabilisiert und das Schlimmste verhindert. Auch der In der Tat: Nachdenken kann etwas bewegen. Das gilt vorliegende Gesetzentwurf hilft, Schaden vom deut- auch beim Finanzminister. schen Volke abzuwehren. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Richtig!) (Beifall bei der CDU/CSU) 24584 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Albert Rupprecht (Weiden) (A) Die Banken sind aber auch gefordert, das Gesetz zu In dem Augenblick, in dem wir Banken die Möglich- (C) nutzen und im möglichen Rahmen Kredite zu vergeben. keit geben, diese Bestände auszulagern und darüber auch Die Banken haben hier ganz klar eine Verantwortung für noch eine Garantie zu geben, ist doch völlig klar, dass es unser Land. von beiden Seiten einen detaillierten Bewertungsprozess geben wird. Es wird auch gestritten werden, um zu einer Herzlichen Dank. vernünftigen Bewertung zu kommen. Transparenter wird (Beifall bei der CDU/CSU – Lothar Binding es nicht sein. Der Staat und der SoFFin sind mit dabei. [Heidelberg] [SPD]: Das war ein toller Vor- Insofern ist das, denke ich, ein guter Prozess. In dem schlag eben! Das muss man sagen! Wenn er Bereich der Auslagerung von besonderem Abschrei- gerechnet hätte, hätte er ihn nicht gemacht!) bungsbedarf sind im Übrigen die Landesbanken voll mit einbezogen. Wir können gar keinen Unterschied zwi- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: schen Privatbanken, Landesbanken oder irgendwelchen Bankentypen machen. Sie sind mit dabei. Das Angebot Das Wort hat der Kollege Reinhard Schultz von der gilt auch für sie. SPD-Fraktion. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD): Herr Kollege Schultz, erlauben Sie eine Zwischen- Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und frage der Kollegin Dr. Höll? Kollegen! Ich denke, wir haben hier zum ersten Mal in den letzten 16 Jahren – seitdem habe ich die Möglich- Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD): keit, Gesetzgebung mitzugestalten – das Phänomen einer Ja, selbstverständlich. prozessbegleitenden Gesetzgebung. Das muss auch so sein. Wir haben ein neues Problem, das sich in die eine Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): oder andere Richtung auf eine Art und Weise zuspitzt, die zwei, drei Monate vorher möglicherweise gar nicht Danke, Herr Kollege. – Ich habe eine Frage. Sie ha- erkennbar gewesen ist. Deswegen müssen wir sozusagen ben eben das Bild der infizierten Hühner verwandt. Wie just in time eine Feinsteuerung an den grundsätzlich machen Sie das, wenn Sie nicht einmal wissen, welche richtigen Instrumenten vornehmen, die wir uns mit dem Hühner infiziert sind? Auf Vermutung hin? Es gibt Finanzmarktstabilisierungsgesetz gegeben haben. Das schließlich keinen Zwang auf Offenlegung. ist der Prozess, und das kann man uns nicht vorwerfen, sondern man müsste uns eigentlich dafür loben, dass wir Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD): (B) so klug sind, diese Feinsteuerung vorzunehmen und So ist das bei der Quarantäne, ob beim Hühnerbestand (D) nicht an Prinzipien festzuhalten, die möglicherweise oder in jedwedem anderen Fall, dass man die Kranken nicht mehr problemadäquat sind. sozusagen von den Gesunden isoliert – das gilt für den gesamten Bestand – und beobachtet, wie sich die Dinge (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Eduard entwickeln. Aber man will eine Infizierung weiterer Be- Oswald [CDU/CSU]) stände – in diesem Fall der guten Bank – vermeiden. Deswegen wird die Trennung vorgenommen. Das gilt auch für das Problem des besonderen Abschreibungsbedarfs für die sogenannten faulen oder Die Transparenz wird dadurch geschaffen, dass be- toxischen Papiere. Dieser Begriff ist eigentlich völlig wertet werden muss, welcher Buchwert jetzt bzw. mit ei- falsch. Wir haben bildlich betrachtet einen Hühnerbe- nem Abschlag realistisch wäre. Der gesamte Abschrei- stand, von dem wir wissen, dass einige der Hühner krank bungsprozess wird dann begleitet werden, und am Ende sind. Wir wissen aber nicht genau, welche. Es gibt ent- gibt es einen neuen Wert, den wir noch nicht kennen. Er weder die Möglichkeit, dass wir uns für Keulung ent- kann viel gesünder sein – um im Bild zu bleiben –, als scheiden – das wäre auf die Banken übertragen eine wir es uns heute vorstellen; er kann aber auch schlechter mittlere Katastrophe –, oder wir entscheiden uns für sein. Die notwendige Transparenz entsteht innerhalb der Quarantäne. Wir haben uns für Quarantäne entschieden. Bad Bank durch den beidseitigen Bewertungsprozess, Die infizierten Papiere kommen in Quarantäne. Auf der nämlich durch die Bank selber als De-facto-Eigentümer Zeitachse wird sich zeigen, wo es einen hundertprozenti- und den Garantiegeber. gen Abschreibungsbedarf gibt und wo es eine Wertauf- Zu dem Sonderthema Landesbanken: Man darf es holung gibt. Das ist die Kunst. Deswegen gibt es auch sich, finde ich, nicht ganz so einfach machen, Herr Kam- zwei unterschiedliche Buchwerte: einen möglicherweise peter. Ich bin immer dafür gewesen, dass wir uns um die jetzt und den zweiten zum Zeitpunkt der Schlussabrech- Landesbanken kümmern, die eine bedeutende Rolle nung. Die Differenz wird bewertet. spielen – 20 Prozent aller Unternehmenskredite, Kredite Auch der Vorwurf, wir würden im Zusammenhang für Selbstständige usw. laufen nach wie vor über die mit dem Abschreibungsbedarf keine Transparenz Landesbanken –, statt nur deshalb nichts zu tun, weil die schaffen, ist aus meiner Sicht, ehrlich gesagt, völliger Landesbanken ausschließlich in den Ländern betroffen Blödsinn. sind, wo derzeit sozusagen eine andere Feldpostnummer regiert. Man muss aber auch zur Kenntnis nehmen, dass (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Ein bisschen in den letzten Jahren zum Teil durch die Eigentümer, ins- hart, aber zutreffend, was der Kollege sagt!) besondere die Landesregierungen, mehr als merkwürdig Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24585

Reinhard Schultz (Everswinkel) (A) und sträflich mit den Landesbanken umgegangen wor- (Eduard Oswald [CDU/CSU]: Spielchen ha- (C) den ist. ben wir in der Koalition noch nie gemacht!) (Beifall bei Abgeordneten der SPD) dann werden wir das garantiert nicht mitmachen. Es gab viele Chancen, sie zu sanieren und zu konsolidie- (Beifall bei der SPD – Steffen Kampeter ren. Das Gegenteil ist gemacht worden. Nach den letzten [CDU/CSU]: Eine WestLB kann gar nicht so Krisen Anfang dieses Jahrzehnts hat man sich nicht be- weitermachen wie bisher!) sonnen, sondern im Grunde genommen weitergemacht, – Die SPD-Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat als wäre nichts passiert. Da muss man nach den Verant- ihre Schularbeiten gemacht, als sie ihre Krisen hatte, und wortlichkeiten fragen. hat der Regierung Rüttgers eine gesunde WestLB über- geben. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) (Lachen bei der CDU/CSU) Sind wir dafür verantwortlich oder sind es diejenigen, Wie man in so kurzer Zeit aus einem relativ gesunden die in den Bundesländern auch die finanzpolitische Ver- Institut einen Todkranken machen kann, antwortung tragen? (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Herr Kollege Schultz!) Dass die Sparkassen dabei mit im Boot sind, wissen wir. Wir wissen auch, dass die Sparkassen als Miteigen- bei dessen Rettung derzeit die Landesregierung und auch tümer gegenüber einer Landesregierung in einer wesent- die Präsidenten der regionalen Sparkassen nur deswegen lich schwächeren Stellung sind. Denn wir haben parallel so konstruktiv sind, dazu die Gesetzgebung der Länder im Zusammenhang (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das ist ja mit den Landessparkassen als erzieherische Prozesse mit peinlich!) vertikaler Integration und anderem mehr erlebt, die dazu beigetragen haben, dass sich die Sparkassen in ihrer weil sie noch auf dem letzten Drücker aus dem offenen Eigentümerrolle nicht mehr gegen die Länder wehren Sarg springen wollen – das ist doch der Grund –, ist mir konnten. ein Rätsel. Die WestLB ist im freien Fall; leider, muss man sagen. Wie man das so schnell hinbekommen kann, Aber wir müssen das Problem lösen. Deswegen bin ist schon ein finanzpolitisches Kunststück. ich auch froh darüber, dass heute der Sparkassen- und Gi- roverband sein Papier vorgelegt hat, welche Kernfelder (Beifall bei Abgeordneten der SPD) (B) er sich für die künftige Landesbankenstruktur vor- (D) stellt, nämlich, um das zu zitieren, Sparkassenzentral- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: bank, komplementäres Mittelstandsgeschäft, Unterneh- Herr Kollege Schultz – – mensgeschäft, Begleitung der heimischen Kunden im internationalen Geschäft und kundenorientiertes Kapital- Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD): marktgeschäft. Dies ist eine abschließende Aufzählung Ich will zum Ende kommen. der Felder, über die man gut diskutieren kann. Das In- vestmentgeschäft und Kapitalmarktgeschäfte genereller Art fallen weg, ebenso Immobilienspezialfinanzierungen Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: und andere Dinge. Das heißt, sie konzentrieren sich auf Ja, bitte. ein Kernfeld, das auch in Blickweite dessen steht, was die Sparkassen als Miteigentümer zur Verstärkung ihrer Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD): Handlungsfähigkeit brauchen. Ich unterstreiche ausdrücklich die Forderung von Carsten Schneider, beim Risiko für den Steuerzahler Daraus folgt die zweite Frage: Wie viele Landesban- eine weitere Reißleine einzuziehen. Falls die Situation ken brauchen wir? Dazu muss ein klarer Fahrplan her, so- eintritt, dass einzelne Banken während dieses 20-jähri- dass am Ende nur noch eine passgenaue Kapazität an gen Prozesses das Zeitliche segnen, was ich nicht hoffe, Landesbanken vorhanden ist, wie sie die Sparkassen als und damit das Instrument Dividendenausschüttungs- Zentralinstitut und als Mittelstandsbank tatsächlich benö- sperre nicht mehr greift, muss die Finanzfamilie insge- tigen, und kein Stück mehr. Wenn dieser Plan vorliegt und samt dafür bezahlen. die Länder mitmachen, dann ist es doch selbstverständ- lich, dass wir dafür sind, auch die dann überflüssigen, Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: nicht mehr tragfähigen Geschäftsfelder in eine andere Herr Kollege Schultz, bitte! Umgebung zu nehmen und sie sozusagen sozialplanmä- ßig abzuschmelzen. Diesen hierbei stattfindenden Pro- zess wollen wir garantieren. Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD): Nachgelagerte Restrisikoumlage muss sein; anderen- Wenn aber mit uns ein Spielchen gemacht werden falls ist dies politisch gegenüber den Bürgerinnen und sollte, indem im Grunde genommen alles beim Alten Bürgern nicht vermittelbar, die das dann letztendlich be- bleibt und nur eine Holding über die bestehenden Lan- zahlen müssten oder die Sorge hätten, es bezahlen zu desbanken errichtet wird, sie aber weitermachen können müssen. Zumindest die großen Volksparteien dürften das wie bisher, nicht vertreten können. 24586 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Reinhard Schultz (Everswinkel) (A) Vielen Dank. heißt, dies ist eine Entscheidung für die Realwirtschaft, (C) die wir zwingend treffen müssen. (Beifall bei der SPD – Rita Pawelski [CDU/ CSU]: Das mit der WestLB war gut!) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der SPD) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Bei der Beantwortung der Frage, um welches Volu- Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat men es sich handelt, hat eine Zahl die Öffentlichkeit ein der Kollege Otto Bernhardt das Wort. bisschen verunsichert. Bei den 850 Milliarden Euro, die (Beifall bei der CDU/CSU) einmal genannt wurden, handelt es sich um Papiere, die die Banken gerne abgeben würden nach dem Motto „Wünsch dir was“. Aber ich glaube, bei den Papieren, Otto Bernhardt (CDU/CSU): die wirklich infrage kommen, bewegen wir uns in einer Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Größenordnung von 200 Milliarden Euro. Es ist rich- Herren! Zunächst zu Ihnen, Herr Kollege Schultz: Es ist tig, dass wir beim Prinzip der Freiwilligkeit bleiben. Das eigentlich unter Ihrem Niveau, was Sie zur Westdeut- heißt, jede Bank muss selbst entscheiden, ob sie von die- schen Landesbank gesagt haben, die Sie geordnet über- ser Möglichkeit Gebrauch macht. Mein Eindruck ist, geben haben wollen. Es bedürfte eines speziellen Vor- dass sechs Banken davon Gebrauch machen müssen. trags, dies zurückzuweisen. Ich sage nur ganz klar: Diese Vielleicht kommt noch eine siebte Bank hinzu. Es geht Aussagen haben mit der Wirklichkeit überhaupt nichts um vier Landesbanken, die Hypo Real Estate und die zu tun. Commerzbank. (Beifall bei der CDU/CSU) Das entscheidende Problem, vor dem wir standen Die Debatte hat Folgendes gezeigt: Wir alle sind da- – das hat der Staatssekretär Diller aufgeführt –, war die von überzeugt, dass wir etwas tun müssen, um unseren Beantwortung der Frage, wie wir einen Weg finden, dass Banken die Möglichkeit zu geben, ihre Bilanzen von den auf der einen Seite die Bankbilanzen endgültig entlastet schlechten Papieren zu entlasten. In der Tat ist dies der werden und auf der anderen Seite die Risiken nicht vom einzige Punkt, den wir bisher noch nicht gelöst haben; Steuerzahler, sondern letztlich von den Verursachern aber dies gilt nicht nur für uns in Deutschland. Auch das getragen werden. Hier gibt es aus meiner Sicht durchaus Versicherungsmodell in Großbritannien hat nicht zur eine Reihe ungeklärter Fragen und Probleme. Ich nenne Entlastung der Bilanzen geführt; ebenso ist der Versuch als Beispiel den 10-prozentigen Abschlag. Dieser Vor- der Vereinigten Staaten, mit dem Einsatz umfangreicher schlag stammt nicht von uns oder vom Finanzministe- rium, sondern von der EU. Aber ich kann mich damit (B) öffentlicher Gelder Private zu animieren, diese Papiere (D) zu kaufen, zumindest bisher nicht aufgegangen. noch nicht anfreunden; denn das würde bei Papieren mit einem Volumen von 200 Milliarden Euro einen Ab- Natürlich ist der vorliegende Gesetzentwurf nur ein schreibungsbedarf in Höhe von 20 Milliarden Euro be- erster Schritt; das wissen wir. deuten. Ich weiß nicht, woher die zur Diskussion stehen- den Banken das nehmen sollen. Die Bestimmung, dass (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Nein, es ist diejenigen, denen es schlecht geht, wegen der 7-Prozent- ein zweiter!) Grenze nicht abschreiben müssen, erscheint mir unter Aber, meine Damen und Herren, da wir das Ganze am dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung sehr proble- 3. Juli abschließen müssen – wir brauchen bis zur Som- matisch. Das heißt, wer gut gewirtschaftet hat, muss merpause eine gesetzliche Grundlage für dieses Thema –, 10 Prozent abschreiben, wer schlecht gewirtschaftet hat, war es richtig, zunächst einmal diesen ersten Schritt vor- nicht. Das ist für mich eine ganz offene Frage. zulegen, der natürlich nur das Problem der schlechten Pa- (Dr. h. c. [CDU/CSU]: Wett- piere löst. bewerbsverzerrung!) (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie wissen doch, dass es keine Sommerpause gibt, Herr Ich glaube einfach nicht daran, dass noch so gute Bernhardt!) Fachleute in der Lage sind, den wirklichen Preis der in- frage kommenden Papiere zu ermitteln. Den gibt es ein- Er löst natürlich nicht das Hauptproblem unserer Lan- fach nicht. Wir stellen aber auf diesen Preis ab. Ich bin desbanken, ganze Bereiche abzugeben. Aber ich gehe noch immer nicht sicher, ob wir wirklich die Risiken aus davon aus – der Herr Staatssekretär hat darauf hingewie- den Bankbilanzen nehmen können, wenn die Banken sen –, dass im Rahmen der parlamentarischen Beratun- selber später für die Risiken zahlen müssen. Wie Sie gen noch Lösungen für diesen Teil gefunden werden. Ich wissen, gibt es unterschiedliche Auffassungen unter den bin sicher, dass wir am 3. Juli etwas verabschieden wer- Wirtschaftsprüfern. Ich habe zurzeit mehr Sorge wegen den, das auch dieses Problem löst. der Problematik der Konsolidierung. Weil die gesamten Chancen und Risiken aus den „Beibooten“ beim Mutter- Die Frage, warum die schlechten Papiere aus der Bi- institut bleiben, ist für mich das Thema der Konsolidie- lanz genommen werden müssen, kann man einfach mit rung noch nicht aus der Welt. Wir müssen darüber in einem Satz beantworten: Die betroffenen Kreditinstitute Ruhe diskutieren. sind sonst nicht in der Lage, im notwendigen Umfang neue Kredite zu geben. Wenn sie das nicht können, dann Ich stelle fest, dass ein Aspekt noch nicht angespro- kommt die Realwirtschaft nicht wieder in Gang. Das chen wurde. Ich möchte das in Form einer Frage tun, ob- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24587

Otto Bernhardt (A) wohl ich vermute, dass dieser Ansatz falsch verstanden (Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (C) wird. Deutsche Banken, die von dieser Möglichkeit Ge- NEN]: Ja!) brauch machen, können unter Umständen 20 Jahre keine Dividenden zahlen. In anderen Ländern übernimmt zum Also: Wer stimmt für den Überweisungsvorschlag der größten Teil der Steuerzahler die Risiken. Ich will das CDU/CSU und der SPD? – Gegenstimmen? – Enthaltun- nicht, stelle aber die kritische Frage: Können unsere gen? – Jetzt stimmt es. Der Überweisungsvorschlag ist Kreditinstitute, die von dieser Möglichkeit Gebrauch mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die machen, international konkurrieren, wenn sie 20 Jahre Stimmen der Oppositionsfraktionen angenommen. keine Gewinne ausschütten können? Das ist eine sehr Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzent- kritische Frage, mit der wir uns sicherlich auch in der wurf der Fraktion der FDP zur Abschaffung der Soziali- nächsten Legislaturperiode befassen müssen. sierung. Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck- Ich stelle abschließend fest: Die Große Koalition ist sache 16/7729, den Gesetzentwurf der Fraktion der FDP auch in der Lage, das letzte schwierige Problem der inter- auf Drucksache 16/3301 abzulehnen. Ich bitte diejeni- nationalen Finanzkrise zu lösen. Wir haben einen Gesetz- gen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das entwurf vorgelegt, der einen guten ersten Schritt darstellt. Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Wir werden am 3. Juli einen umfassenden Gesetzentwurf Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung bei Zustimmung zu dieser Problematik verabschieden. der FDP-Fraktion und Gegenstimmen aller anderen Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Fraktionen abgelehnt. Damit entfällt die dritte Beratung. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus- neten der SPD) ses für Wirtschaft und Technologie zu dem Antrag der Fraktion der FDP mit dem Titel „Mittelstandsförderung sichern – ERP-Vermögen aus der KfW-Bankengruppe Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: herauslösen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Be- Ich schließe die Aussprache. schlussempfehlung auf Drucksache 16/11630, den An- trag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/8928 abzu- Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – den Drucksachen 16/13156, 16/12884, 16/12885 und Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp- 16/12996 an die in der Tagesordnung aufgeführten Aus- fehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und schüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – der Fraktion Die Linke bei Gegenstimmen der FDP-Frak- Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so be- tion und Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen schlossen. (B) angenommen. (D) Die Vorlage auf Drucksache 16/12904 soll ebenfalls Ich rufe die Tagesordnungspunkte 46 a bis 46 o sowie an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse Zusatzpunkte 2 a bis 2 h auf: überwiesen werden. Die Federführung ist jedoch strittig. Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD wünschen Fe- 46 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- derführung beim Finanzausschuss, die Fraktion der FDP gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Be- wünscht Federführung beim Ausschuss für Wirtschaft kämpfung der Steuerhinterziehung (Steuerhin- und Technologie. terziehungsbekämpfungsgesetz) Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der – Drucksache 16/13106 – Fraktion der FDP, also Federführung beim Ausschuss für Überweisungsvorschlag: Wirtschaft und Technologie, abstimmen. Wer stimmt für Finanzausschuss (f) diesen Überweisungsvorschlag? – Gegenstimmen? – Ent- Auswärtiger Ausschuss haltungen? – Der Überweisungsvorschlag ist mit den Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Oppositionsfraktionen abgelehnt. Haushaltsausschuss Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- Fraktionen der CDU/CSU und SPD, also Federführung gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Be- beim Finanzausschuss, abstimmen. Wer stimmt für diesen kämpfung der Kinderpornografie in Kommu- Überweisungsvorschlag? – Gegenstimmen? – Enthaltun- nikationsnetzen gen? – Der Überweisungsvorschlag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Gegenstimmen der Fraktio- – Drucksache 16/13125 – nen der FDP und Die Linke bei Enthaltung der Fraktion Überweisungsvorschlag: Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f) Innenausschuss (Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Rechtsausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend NEN]: Wir haben dagegen gestimmt!) Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für Kultur und Medien – Nein, Sie haben sich enthalten. Ich kann es nicht än- dern. Wollen Sie gerne, dass wir die Abstimmung wie- c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- derholen? Ich bin gerne dazu bereit. gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die 24588 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms (A) Akkreditierungsstelle (Akkreditierungsstellen- Überweisungsvorschlag: (C) gesetz – AkkStelleG) Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – Drucksache 16/13126 – i) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/ Überweisungsvorschlag: CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f) Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Fünften Gesetzes zur Änderung des Weinge- Verbraucherschutz setzes Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Gesundheit – Drucksache 16/13158 – Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ausschuss für Bildung, Forschung und Verbraucherschutz Technikfolgenabschätzung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union j) Beratung des Antrags der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Cornelia Behm, Ulrike d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion gebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Änderung des Straßenverkehrsgesetzes Bleihaltige Jagdmunition verbieten – Drucksache 16/13108 – Überweisungsvorschlag: – Drucksache 16/13173 – Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f) Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (f) e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- Rechtsausschuss gebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes Ausschuss für Gesundheit zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – Drucksache 16/13109 – k) Beratung des Antrags der Abgeordneten Jan Mü- Überweisungsvorschlag: cke, Hans-Michael Goldmann, Horst Friedrich Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f) (Bayreuth), weiterer Abgeordneter und der Frak- Rechtsausschuss tion der FDP f) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- Rechte der Fluggäste stärken gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Be- schlüssen vom 24. September 2004 zur Ände- – Drucksache 16/12997 – (B) rung des Rotterdamer Übereinkommens vom Überweisungsvorschlag: (D) Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f) 10. September 1998 über das Verfahren der Rechtsausschuss vorherigen Zustimmung nach Inkenntnisset- Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und zung für bestimmte gefährliche Chemikalien Verbraucherschutz sowie Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämp- Ausschuss für Tourismus fungsmittel im internationalen Handel l) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre- – Drucksache 16/13110 – gierung Überweisungsvorschlag: Strategie der Bundesregierung zur Internatio- Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f) nalisierung von Wissenschaft und Forschung – Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Deutschlands Rolle in der globalen Wissensge- Ausschuss für Gesundheit sellschaft stärken g) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten – Drucksache 16/8338 – Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung ge- Überweisungsvorschlag: meinschaftsrechtlicher Vorschriften über das Ausschuss für Bildung, Forschung und Schulobstprogramm (Schulobstgesetz – SchulObG) Technikfolgenabschätzung (f) Auswärtiger Ausschuss – Drucksache 16/13111 – Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Verbraucherschutz (f) Entwicklung Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit m) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre- Ausschuss für Bildung, Forschung und gierung Technikfolgenabschätzung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Masterplan Güterverkehr und Logistik h) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- – Drucksache 16/10049 – gebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Überweisungsvorschlag: Änderung des Rindfleischetikettierungsgeset- Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f) zes Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – Drucksache 16/13112 – Haushaltsausschuss Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24589

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms (A) n) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre- eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- (C) gierung derung des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Aus- Hauptgutachten 2007 des Wissenschaftlichen ländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz – Beirats der Bundesregierung Globale Umwelt- AufenthG) veränderungen „Welt im Wandel – Sicher- heitsrisiko Klimawandel“ – Drucksache 16/13160 – Überweisungsvorschlag: und Innenausschuss (f) Stellungnahme der Bundesregierung Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Renate – Drucksache 16/11600 – Künast, Peter Hettlich, Winfried Hermann, weite- Überweisungsvorschlag: rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ Ausschuss für Bildung, Forschung und DIE GRÜNEN Technikfolgenabschätzung (f) Auswärtiger Ausschuss Alternativen zum Weiterbau der Bundesauto- Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und bahn A 100 in Berlin Verbraucherschutz – Drucksache 16/13172 – Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Überweisungsvorschlag: Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f) Entwicklung Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Tourismus Haushaltsausschuss o) Beratung der Unterrichtung durch den Deutschen e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker Ethikrat Beck (Köln), Birgitt Bender, Dr. Thea Dückert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- Jahresbericht 2008 NIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/12510 – Transparenz schaffen – Verbindliches Register Überweisungsvorschlag: für Interessenvertreterinnen und Interessen- Ausschuss für Bildung, Forschung und vertreter einführen Technikfolgenabschätzung (f) Rechtsausschuss – Drucksache 16/13174 – Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (B) Ausschuss für Gesundheit Überweisungsvorschlag: (D) Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und ZP 2 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- Geschäftsordnung (f) gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Än- Innenausschuss Rechtsausschuss derung des Übereinkommens vom 25. Juni Ausschuss für Wirtschaft und Technologie 1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungs- f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Winfried verfahren und den Zugang zu Gerichten in Hermann, Katrin Göring-Eckardt, Volker Beck Umweltangelegenheiten (Erstes Aarhus-Ände- (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion rungs-Übereinkommen) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/13115 – Dopingvergangenheit umfassend aufarbeiten Überweisungsvorschlag: – Drucksache 16/13175 – Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Überweisungsvorschlag: Verbraucherschutz (f) Sportausschuss Innenausschuss Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Undine b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/ Kurth (Quedlinburg), Katrin Göring-Eckardt, Peter CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Hettlich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sicherung der Bauforderungen Umsetzungsgesetz für UNESCO-Welterbe- – Drucksache 16/13159 – übereinkommen vorlegen Überweisungsvorschlag: – Drucksache 16/13176 – Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f) Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Ausschuss für Kultur und Medien (f) Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Verbraucherschutz c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Hartfrid Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Wolff (Rems-Murr), Gisela Piltz, Dr. Max Stadler, Ausschuss für Tourismus weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union 24590 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms (A) h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus Dritte Beratung (C) Riegert, Wolfgang Bosbach, Norbert Barthle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zu- CDU/CSU stimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – sowie der Abgeordneten Swen Schulz (Spandau), Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit gleichem Dagmar Freitag, Dr. Peter Danckert, weiterer Ab- Stimmenverhältnis angenommen. geordneter und der Fraktion der SPD Tagesordnungspunkt 47 b: Sport fördert Integration Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Sechsten – Drucksache 16/13177 – Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Überweisungsvorschlag: Vorschriften Sportausschuss (f) Innenausschuss – Drucksache 16/12587 – Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (15. Ausschuss für Bildung, Forschung und Ausschuss) Technikfolgenabschätzung – Drucksache 16/13184 – Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach- ten Verfahren ohne Debatte. Berichterstattung: Abgeordneter Patrick Döring Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwick- überweisen. Die Vorlage auf Drucksache 16/13174 soll lung empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf federführend beim Ausschuss für Wahlprüfung, Immuni- Drucksache 16/13184, den Gesetzentwurf der Bundesre- tät und Geschäftsordnung beraten werden. Sind Sie da- gierung auf Drucksache 16/12587 anzunehmen. Ich bitte mit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, Überweisungen so beschlossen. um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltun- gen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit Ich rufe die Tagesordnungspunkte 47 a bis 47 p sowie den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP- Zusatzpunkt 3 auf. Es handelt sich um Beschlussfassun- Fraktion bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke und (B) gen zu Vorlagen, zu denen keine Aussprache vorgese- Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen angenommen. (D) hen ist. Dritte Beratung Tagesordnungspunkt 47 a: und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zu- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre- stimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit gleichem zur Vereinfachung und Modernisierung des Stimmenverhältnis angenommen. Patentrechts Tagesordnungspunkt 47 c: – Drucksache 16/11339 – Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus- richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech- schusses (6. Ausschuss) nologie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abge- ordneten Paul K. Friedhoff, Dr. Karl Addicks, – Drucksache 16/13099 – Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Günter Krings Sozialverträgliche Beendigung des subventio- Dirk Manzewski nierten Steinkohlebergbaus beschleunigen Sabine Leutheusser-Schnarrenberger – Drucksachen 16/8772, 16/10508 – Sevim Dağdelen Jerzy Montag Berichterstattung: Abgeordneter Rolf Hempelmann Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschluss- empfehlung auf Drucksache 16/13099, den Gesetzent- Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- wurf der Bundesregierung auf Drucksache 16/11339 in lung auf Drucksache 16/10508, den Antrag der Fraktion der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, der FDP auf Drucksache 16/8772 abzulehnen. Wer die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustim- stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstim- men wollen, um ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – men? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Bera- mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Frak- tung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen tion Die Linke gegen die Stimmen der FDP-Fraktion und die Stimmen der Oppositionsfraktionen angenommen. von Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24591

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms (A) Tagesordnungspunkt 47 d: Tagesordnungspunkt 47 f: (C)

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- richts des Ausschusses für Verkehr, Bau und ausschusses (2. Ausschuss) Stadtentwicklung (15. Ausschuss) zu der Unter- Sammelübersicht 565 zu Petitionen richtung durch die Bundesregierung – Drucksache 16/13004 – Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun- Parlaments und des Rates zur Festlegung eines gen? – Sammelübersicht 565 ist einstimmig angenom- Rahmens für die Einführung intelligenter Ver- men. kehrssysteme im Straßenverkehr und für de- Tagesordnungspunkt 47 g: ren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern (inkl. 17564/08 ADD 1 und 17564/08 ADD 2) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- (ADD 1 in Englisch) ausschusses (2. Ausschuss) KOM(2008) 887 endg.; Ratsdok. 17564/08 Sammelübersicht 566 zu Petitionen – Drucksachen 16/11819 Nr. A.22, 16/12980 – – Drucksache 16/13005 –

Berichterstattung: Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun- Abgeordneter Patrick Döring gen? – Sammelübersicht 566 ist ebenfalls einstimmig angenommen. Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrich- Tagesordnungspunkt 47 h: tung eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Ent- Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- haltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim- ausschusses (2. Ausschuss) men der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von Sammelübersicht 567 zu Petitionen Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung von FDP und – Drucksache 16/13006 – den Linken angenommen.1) Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun- Tagesordnungspunkt 47 e: gen? – Sammelübersicht 567 ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei Gegen- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- (B) stimmen von der Fraktion Die Linke und Enthaltung von (D) richts des Ausschusses für Verkehr, Bau und Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Stadtentwicklung (15. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Kerstin An- Tagesordnungspunkt 47 i: dreae, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausschusses (2. Ausschuss) Vergaberecht konsequent sozial gestalten – Sammelübersicht 568 zu Petitionen Gemeinnützige Unternehmen nicht benachtei- – Drucksache 16/13007 – ligen Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun- – Drucksachen 16/12694, 16/13155 – gen? – Sammelübersicht 568 ist einstimmig angenom- men. Berichterstattung: Tagesordnungspunkt 47 j: Abgeordneter Volkmar Uwe Vogel Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- ausschusses (2. Ausschuss) lung auf Drucksache 16/13155, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 16/12694, abzuleh- Sammelübersicht 569 zu Petitionen nen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge- – Drucksache 16/13008 – genstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh- Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun- lung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und gen? – Sammelübersicht 569 ist mit den Stimmen aller der FDP-Fraktion bei Gegenstimmen von der Fraktion Fraktionen gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grü- Die Linke und von Bündnis 90/Die Grünen angenom- nen angenommen. men. Tagesordnungspunkt 47 k: Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 47 f bis Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- 47 p. Es handelt sich um Beschlussempfehlungen des ausschusses (2. Ausschuss) Petitionsausschusses. Sammelübersicht 570 zu Petitionen 1) Anlage 4 – Drucksache 16/13009 – 24592 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms (A) Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun- Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun- (C) gen? – Sammelübersicht 570 ist mit den Stimmen der gen? – Sammelübersicht 575 ist mit den Stimmen der Ko- Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei Gegen- alitionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositions- stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und Enthaltung fraktionen angenommen. der Fraktion Die Linke angenommen. Wir kommen zum Zusatzpunkt 3: Tagesordnungspunkt 47 l: Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) ausschusses (2. Ausschuss) Sammelübersicht 571 zu Petitionen – zu dem Antrag der Abgeordneten Mechthild Dyckmans, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, – Drucksache 16/13010 – Jörg van Essen, weiterer Abgeordneter und der Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun- Fraktion der FDP gen? – Sammelübersicht 571 ist mit den Stimmen der Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Koalitionsfraktionen und des Bündnisses 90/Die Grünen Rates über die Europäische Überwachungs- bei Gegenstimmen der FDP und der Linken angenom- anordnung in Ermittlungsverfahren inner- men. halb der Europäischen Union (Ratsdok. Tagesordnungspunkt 47 m: 17002/08) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- – zu dem Antrag der Abgeordneten Jerzy Mon- ausschusses (2. Ausschuss) tag, Volker Beck (Köln), Ekin Deligöz, weite- Sammelübersicht 572 zu Petitionen rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/13011 – Europäische Überwachungsanordnung Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun- rechtsstaatlich absichern – Stellungnahme gen? – Sammelübersicht 572 ist mit den Stimmen der gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgeset- Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei Gegen- zes stimmen der Linken und des Bündnisses 90/Die Grünen angenommen. – Drucksachen 16/12733, 16/12856(neu), 16/13101 – (B) Tagesordnungspunkt 47 n: Berichterstattung: (D) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- Abgeordnete Siegfried Kauder (Villingen-Schwen- ausschusses (2. Ausschuss) ningen) Dr. Carl-Christian Dressel Sammelübersicht 573 zu Petitionen Mechthild Dyckmans – Drucksache 16/13012 – Sevim Dağdelen Jerzy Montag Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun- gen? – Sammelübersicht 573 ist mit den Stimmen der Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Koalitionsfraktionen und der Fraktion Die Linke gegen Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der die Stimmen der FDP-Fraktion und des Bündnisses 90/ Fraktion der FDP auf Drucksache 16/12733 mit dem Ti- Die Grünen angenommen. tel „Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates über die Europäische Überwachungsanordnung in Er- Tagesordnungspunkt 47 o: mittlungsverfahren innerhalb der Europäischen Union“. Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen- ausschusses (2. Ausschuss) stimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Gegen- Sammelübersicht 574 zu Petitionen stimmen von FDP und Bündnis 90/Die Grünen und bei – Drucksache 16/13013 – Enthaltung der Fraktion Die Linke angenommen. Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun- Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung gen? – Sammelübersicht 574 ist mit den Stimmen der empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags Koalitionsfraktionen und des Bündnisses 90/Die Grünen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache gegen die Stimmen von FDP und Linken angenommen. 16/12856 (neu) mit dem Titel „Europäische Überwa- Tagesordnungspunkt 47 p: chungsanordnung rechtsstaatlich absichern – Stellung- nahme gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes“. Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen- ausschusses (2. Ausschuss) stimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Gegen- Sammelübersicht 575 zu Petitionen stimmen von FDP und Bündnis 90/Die Grünen und bei – Drucksache 16/13014 – Enthaltung der Fraktion Die Linke angenommen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24593

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms (A) Ich rufe den Zusatzpunkt 4 auf: Gerechte Alterseinkünfte für Beschäftigte (C) im Gesundheits- und Sozialwesen der DDR Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschus- ses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermitt- – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina lungsausschuss) zu dem Gesetz zur Änderung Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbu- Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE ches sowie anderer Vorschriften Gerechte Lösung für die rentenrechtliche Si- – Drucksachen 16/8100, 16/12315, 16/13079, tuation von in der DDR Geschiedenen 16/13210 – – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Berichterstattung: Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter Wolfgang Zöller Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? – Schaffung einer gerechten Versorgungslö- Das ist nicht der Fall. Wird das Wort zu einer Erklärung sung für die vormalige berufsbezogene Zu- gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall. wendung für Ballettmitglieder in der DDR Wir kommen zur Abstimmung. Der Vermittlungsaus- – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina schuss hat gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäfts- Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer ordnung beschlossen, dass im Deutschen Bundestag Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE über die Änderungen gemeinsam abzustimmen ist. Wer stimmt für die Beschlussempfehlung des Vermittlungs- Regelung der Ansprüche der Bergleute der ausschusses auf Drucksache 16/13210? – Gegenstim- Braunkohleveredlung men? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und des – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bündnisses 90/Die Grünen bei Gegenstimmen von FDP Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer und Linken angenommen. Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Ich rufe die Tagesordnungspunkte 6 a und 6 b sowie Beseitigung von Rentennachteilen für Zeiten Zusatzpunkt 5 auf: der Pflege von Angehörigen in der DDR 6 a) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord- – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina neten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer (B) (D) Ernst, weiteren Abgeordneten und der Fraktion Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des An- Rentenrechtliche Anerkennung für fehlende spruchs- und Anwartschaftsüberführungsge- Zeiten von Land- und Forstwirten, Hand- setzes (2. AAÜG-ÄndG) werkern und anderen Selbstständigen sowie deren mithelfenden Familienangehörigen – Drucksache 16/7035 – aus der DDR Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina ses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss) Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer – Drucksache 16/13055 – Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Berichterstattung: Rentenrechtliche Anerkennung von zweiten Abgeordneter Anton Schaaf Bildungswegen und Aspiranturen in der DDR b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina (11. Ausschuss) Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer Rentenrechtliche Anerkennung von DDR- Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Sozialversicherungsregelungen für ins Aus- land mitreisende Ehepartnerinnen und Ehe- Keine Diskriminierungen und Ungerechtig- partner sowie von im Ausland erworbenen keiten gegenüber Älteren in den neuen Bun- rentenrechtlichen Zeiten desländern bei der Überleitung von DDR- Alterssicherungen in das bundesdeutsche – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Recht Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer Rentenrechtliche Anerkennung aller freiwil- Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE ligen Beiträge aus DDR-Zeiten 24594 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms (A) – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina – Drucksachen 16/7019, 16/7020, 16/7021, 16/7022, (C) Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer 16/7023, 16/7024, 16/7025, 16/7026, 16/7027, Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE 16/7028, 16/7029, 16/7030, 16/7031, 16/7032, 16/7033, 16/7034, 16/11684, 16/11236, 16/13055 – Kein Versorgungsunrecht bei den Zusatz- und Sonderversorgungen der DDR Berichterstattung: Abgeordneter Anton Schaaf – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer ZP 5 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss) Regelung der Ansprüche und Anwartschaf- ten auf Alterssicherung für Angehörige der – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich Deutschen Reichsbahn L. Kolb, Jens Ackermann, Christian Ahrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina FDP Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Für ein einheitliches Rentenrecht in Ost und West Angemessene Altersversorgung für Profes- sorinnen und Professoren neuen Rechts, – zu dem Antrag der Abgeordneten Irmingard Ärztinnen und Ärzte im öffentlichen Dienst, Schewe-Gerigk, Cornelia Behm, Birgitt Ben- Hochschullehrerinnen und Hochschulleh- der, weiterer Abgeordneter und der Fraktion rer, Beschäftigte universitärer und anderer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wissenschaftlicher außeruniversitärer Ein- Rentenwert in Ost und West angleichen richtungen in den neuen Bundesländern – Drucksachen 16/9482, 16/10375, 16/13201 – – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer Berichterstattung: Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Abgeordnete Maria Michalk Ich möchte darauf hinweisen, dass wir über die Vorla- Schaffung einer angemessenen Altersversor- gen der Fraktion Die Linke später namentlich abstimmen gung für Beschäftigte des öffentlichen Diens- werden. tes, die nach 1990 ihre Tätigkeit fortgesetzt (B) haben Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die (D) Aussprache eine Stunde vorgesehen. Gibt es Wider- – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina spruch? – Das ist nicht der Fall. Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Dann eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort für die Bundesregierung dem Parlamentarischen Staats- Schaffung einer angemessenen Altersversor- sekretär Franz Thönnes. gung für Angehörige von Bundeswehr, Zoll und Polizei, die nach 1990 ihre Tätigkeit fortgesetzt haben Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundes- minister für Arbeit und Soziales: – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, weiterer Viel ist Wiederholung bei den Vorlagen, über die wir Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE heute im Parlament zu entscheiden haben. Da gibt es den Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke zur Verbesserung Einheitliche Regelung der Altersversorgung der Rentenberechnung für hohe Funktionäre der Nomen- für Angehörige der technischen Intelligenz klatura des Partei- und Staatsapparates der DDR. Eben- der DDR falls zur Entscheidung stehen 16 Anträge derselben – zu dem Antrag der Abgeordneten Irmingard Fraktion. Dabei geht es um Einzelfragen der Überleitung Schewe-Gerigk, Peter Hettlich, Dr. Thea Dü- des lohn- und beitragsbezogenen Rentenrechts. Ebenso ckert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion geht es um Einzelfragen der Überführung von Versor- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gungsansprüchen und Versorgungsanwartschaften, die in der DDR erworben worden sind, in die gesetzliche Ren- Versorgung für Geschiedene aus den neuen tenversicherung. Bundesländern verbessern (Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Da können – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich Sie ruhig Berufsgruppen nennen: Ärztinnen L. Kolb, Jan Mücke, Jens Ackermann, weiterer und Ärzte, Krankenschwestern! Ganz irdische Abgeordneter und der Fraktion der FDP Menschen! Faires Nachversicherungsangebot zur Ver- Dann sprechen wir über den Antrag der Fraktion Bünd- einheitlichung des Rentenrechts in Ost und nis 90/Die Grünen zur Verbesserung der Alterssicherung West von Geschiedenen in den neuen Bundesländern und Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24595

Parl. Staatssekretär Franz Thönnes (A) schließlich über einen von der Fraktion der FDP vorge- Rentenrecht der Bundesrepublik Deutschland nicht zu (C) legten Antrag betreffend Nachversicherungsangebot zur vereinbaren waren, konnten nicht in das gemeinsame Vereinheitlichung des Rentenrechts in Ost und West; Dauerrecht übernommen werden. auch das steht zur Abstimmung. (Zuruf von der LINKEN: Hört! Hört!) ( [FDP]: Der einzig vernünftige Antrag, über den wir heute reden!) Allerdings ist der berechtigten Forderung der Rentne- rinnen und Rentner sowie der rentennahen Jahrgänge in 19 Jahre nach der Wiedervereinigung und mehr als den neuen Ländern nach Vertrauensschutz Rechnung ge- 17 Jahre nach der Überleitung des lohn- und beitragsbe- tragen worden, nämlich durch großzügige Übergangs- zogenen Rentenrechts sind alle angesprochenen Themen vorschriften, die in die Gesetzgebung Eingang gefunden wiederholt im parlamentarischen Verfahren, aber auch haben. durch nationale und internationale Gerichte überprüft worden. Unter dem Strich steht eine klare Erkenntnis: (Zuruf von der LINKEN: Danke!) Die politische Grundsatzentscheidung, im wiederverein- Werte Kolleginnen und Kollegen, wir haben am ten Deutschland ein gemeinsames lohn- und beitragsbe- 4. Mai 2009 zu den Themen, die hier zur Debatte stehen, zogenes Rentenrecht zu etablieren, war, ist und bleibt Sachverständige angehört und mit ihnen ausgiebig dis- richtig. kutiert. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) (Widerspruch bei der LINKEN) Das beweist auch die Entwicklung in den neuen Län- Die Sachverständigen haben einhellig zum Ausdruck ge- dern. Die verfügbare Nettostandardrente Ost betrug bracht, dass eine Korrektur der geltenden Regelungen 1990 nur rund 40 Prozent der vergleichbaren Westrente. rechtlich nicht geboten sei. Sie haben damit frühere Ent- Das hat sich seither erheblich verbessert. scheidungen des Bundestages bestätigt. An dieser Stelle (Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Es ist noch muss auch deutlich gesagt werden, dass in der Vergan- nicht gut!) genheit die meisten der heute hier wiederum zur Abstim- mung stehenden Sachverhalte keine parlamentarischen Durch die anstehende Rentenanpassung zum 1. Juli 2009 Mehrheiten gefunden haben. erhöht sie sich auf ungefähr 89 Prozent. (Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Ja, eben! – (Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Aber es bleibt Weitere Zurufe von der LINKEN) eine Differenz!) (B) Natürlich, die Sachverständigen haben bei einigen (D) Natürlich waren wir uns immer bewusst, dass mit den wenigen Punkten auch unterschiedliche Bewertungen Regelungen zur Rentenüberleitung nicht sämtliche Er- vorgenommen. wartungen der Bürgerinnen und Bürger in den neuen Ländern erfüllt werden können. Ich will an dieser Stelle (Zuruf von der LINKEN: Aha!) nicht noch einmal eine detaillierte Analyse der Aus- gangsbedingungen vornehmen, wie sie in der Phase der In jedem Fall wurde aber eingeräumt, dass eine sachge- Wiedervereinigung bestanden, und nicht wiederholen, rechte Lösung, ohne dass neue Bewertungswidersprüche was alles an Ungerechtigkeiten im damaligen DDR-Ren- und Gleichbehandlungsprobleme aufgeworfen werden, tensystem erkannt worden ist. Allerdings will ich daran kaum zu erreichen sein wird. erinnern, dass bei der Wiedervereinigung zwei völlig un- (Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Das kommt auf terschiedliche Rentensysteme mit erheblichen Unter- den Versuch an, Herr Staatssekretär!) schieden im Rentenrecht zusammenzuführen waren. Die Folge einer Sonderregelung für Männer und Frauen, ( [DIE LINKE]: Da sind wir die ihre Erwerbsleben in der DDR verbracht haben, uns einig! – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE brächte in der Regel die Schlechterstellung von Personen LINKE]: Richtig!) mit vergleichbaren Lebens- und Berufswegen in der Dazu kamen unterschiedliche Währungen und ein deut- Bundesrepublik Deutschland mit sich. lich geringeres Lohnniveau in der ehemaligen DDR. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: (Maria Michalk [CDU/CSU]: Richtig!) Stimmt überhaupt nicht!) Es galt die Vereinbarung, alle Rentenansprüche aus den So haben in der DDR zum Beispiel Krankenschwes- Sonder- und Zusatzversorgungssystemen der DDR in die tern und Krankenpfleger oder Familienangehörige von gesetzliche Rentenversicherung zu überführen. Landwirten, Handwerkern und Selbstständigen, die im privaten Betrieb mitgeholfen haben, keine hohen Ren- Diese Systementscheidung hat das Bundesverfas- tenansprüche erworben. Eine Verbesserung ihrer Situa- sungsgericht bereits im Jahre 1999 bestätigt. Es hat da- tion wäre jedoch nicht mit der Lohn- und Beitragsbezo- bei auch klargestellt, dass der Gesetzgeber die in der genheit der Rentenversicherung vereinbar DDR zurückgelegten Erwerbsbiografien nicht so stellen kann, als ob sie in der Bundesrepublik zurückgelegt wor- (Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Zu DDR- den wären. Auch bestimmte Besonderheiten des DDR- Zeiten waren sie gesichert und haben darauf Rentenrechts, die mit dem lohn- und beitragsbezogenen vertraut!) 24596 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Parl. Staatssekretär Franz Thönnes (A) und würde zwangsläufig Folgeforderungen von Perso- (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ (C) nen in vergleichbarer Situation in den alten Ländern her- DIE GRÜNEN]: Schauen Sie unseren Antrag vorrufen. einmal an! – Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg! – Ein klares Nein verdient auch die geforderte Auswei- Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Haben tung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsge- Sie sich überhaupt bemüht?) setzes. Hinter dieser Forderung nach einer entsprechen- den Ausweitung verbirgt sich im Kern nichts anderes als Meine sehr geehrten Damen und Herren, Rentenfra- eine Neuauflage des sogenannten Intelligenzrentenrechts gen haben immer auch etwas mit Vertrauen zu tun. Für der ehemaligen DDR. Vertrauen sind eine solide Politik und bis zum Ende durchdachte Lösungen notwendig. Hier darf man kein (Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Was gibt es aktionistisches Stückwerk machen. denn in der Bundesrepublik?) (Maria Michalk [CDU/CSU]: Richtig! – La- Dabei muss man aber berücksichtigen, dass die meisten chen bei der LINKEN – Dr. Dagmar Enkel- Beschäftigten – auch viele hochqualifizierte Berufsgrup- mann [DIE LINKE]: Nach 20 Jahren!) pen – keinen Zugang zu der sogenannten Intelligenz- rente hatten. Sie mussten ihre Verdienste über 600 Mark Da darf man auch nicht schöne Forderungen formulie- mit zusätzlichen Beiträgen in der Freiwilligen Zusatz- ren, die am Ende dazu beitragen, dass Ungerechtigkeiten rentenversicherung versichern, wenn sie erreichen woll- in anderen Bereichen entstehen. Deshalb war es, wie ich ten, dass auch diese Verdienste rentenwirksam werden. glaube, richtig, dass die Mehrheit des Ausschusses allen Anträgen eine Absage erteilt hat. (Dr. [CDU/CSU]: 330 Mark gab es bei euch!) (Zuruf von der LINKEN: Sie sollten sich schä- men! – Weitere Zurufe von der LINKEN) Diese zusätzlich geleisteten Beiträge führen jetzt zu deutlich höheren Renten. Eine Ausweitung des An- Letztlich bleibt es dabei: Es war eine historisch ein- spruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes auf malige Leistung, wie die rentenrechtlichen Fragen der bestimmte akademische Berufe würde im Ergebnis also deutschen Einheit beantwortet worden sind. Vielleicht zu einem Sonderrecht auf Schließung von Lücken in der nicht ganz ohne die eine oder andere gefühlte Unzuläng- Zusatzrentenversicherung führen. lichkeit, (Lachen bei der LINKEN – Dr. Ilja Seifert (Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Komische [DIE LINKE]: Wir sind hier im Parlament und Ansichten der Linken sind das!) nicht im Kabarett!) (B) (D) Das wäre ungerecht. Deswegen war es auch richtig, dass aber auf jeden Fall gilt: Es war eine große solidarische die Mehrheit der Mitglieder des Arbeits- und Sozialaus- Leistung, die hier erbracht worden ist. Diese solidarische schusses das abgelehnt hat. Leistung hat auch die Handlungsfähigkeit des Sozial- Realitätsfern ist auch der Vorschlag der FDP-Frak- staates und des deutschen Rentensystems deutlich unter- tion, den Personen- und Berufsgruppen, über die wir hier strichen. sprechen, sozusagen ein Nachversicherungsangebot zu (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- unterbreiten und ihnen das Recht einzuräumen, nach- neten der SPD – Abg. Dr. Ralf Brauksiepe träglich Beiträge zu entrichten. [CDU/CSU], an die SPD gewandt: Warum (Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Da muss klatscht ihr nicht alle?) ich Ihnen mal zustimmen!) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Erstens ist, wie ich glaube, nicht zu erwarten, dass die Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Heinrich Kolb von Betroffenen die notwendigen Eigenleistungen, die zur der FDP-Fraktion. Verbesserung ihrer Rente zu erbringen sind, aufbringen können oder wollen. (Beifall bei der FDP) (Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Da hat er recht!) Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit Zweitens bleibt die Frage unbeantwortet, wie eine der heutigen rentenpolitischen Debatte schauen wir nach Nachzahlung auszugestalten wäre, wenn bereits über vorn, aber auch ein wenig zurück. Wir schauen nach Jahrzehnte eine Rente oder auch nur eine abgeleitete vorn, wenn es um die Vereinheitlichung des Renten- Hinterbliebenenrente bezogen wird. rechts in unserem Lande geht, die auch fast 20 Jahre nach der deutschen Einheit noch offen ist. Wir schauen Auch die Forderung nach einer Verbesserung der ren- zurück, wenn wir uns noch einmal die Rentenüberlei- tenrechtlichen Stellung der vor 1990 in der DDR Ge- tung und ihre Wirkungen genauer ansehen und nach Lö- schiedenen ist in der Vergangenheit einer gründlichen sungen für Gruppen Betroffener suchen, die sich aus un- Prüfung unterzogen worden. Eine Lösung, die nicht zu terschiedlichen Gründen benachteiligt fühlen. neuen Ungerechtigkeiten führen würde und von der Ver- waltung auch umgesetzt werden könnte, ist bislang nicht Ich will mit der Vereinheitlichung des Rentenrechts gefunden worden. beginnen und vorab noch einmal, Herr Staatssekretär Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24597

Dr. Heinrich L. Kolb (A) Thönnes, sehr klar und deutlich für unsere Fraktion fest- (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ (C) stellen: Die Rentenüberleitung war und bleibt eine der DIE GRÜNEN]: Was haben denn die Gutach- herausragenden Leistungen der deutschen Einheit und ter in der Anhörung dazu gesagt?) unseres Sozialstaates. mit einheitlichem Rentenwert, einheitlichen Entgelt- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten punkten und einheitlicher Beitragsbemessungsgrenze. der CDU/CSU und der SPD) Ab diesem Stichtag passen sich alle Renten entspre- chend der Entwicklung des einheitlichen Rentenwertes Ich habe allergrößten Respekt vor denen, die nach der an. Jeder Euro Rentenbeitrag erbringt ab dem Stichtag Einheit in sehr kurzer Zeit diese komplexe Reform auf im ganzen Bundesgebiet den gleichen Rentenanspruch. den Weg gebracht haben. Mit diesem von uns vorgeschlagenen Weg wird die Ein- Für die Menschen in den neuen Ländern brachte das heit auch im Rentenrecht endlich erreicht. Rentenüberleitungsgesetz eine Sicherheit im Alter, die (Beifall bei der FDP – Irmingard Schewe-Ge- sich viele zu DDR-Zeiten so nicht erhoffen konnten, und rigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Noch sie brachte eine enorme Aufwertung der Rente. nicht einmal der eigene Sachverständige hat das gesagt!) (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Bei der Einführung des einheitlichen Rentenrechts bleiben alle bisherigen Renten und Rentenanwartschaf- Dass die Rentenberechnung in den alten und den neuen ten in Ost und West in ihrem Wert voll erhalten. Der aus- Ländern nach unterschiedlichem Recht erfolgte, war im stehende künftige Prozess einer Angleichung des Ren- ersten Jahr nach der Einheit notwendig und sinnvoll, tenwerts Ost an den Rentenwert West und die Hoffnung weil nur so die Renten in den neuen Ländern von ihrem auf damit verbundene Rentensteigerungen in der Zu- zunächst noch niedrigen Niveau angehoben werden kunft werden in die Gegenwart vorgezogen, und die Ver- konnten. Seit 2004 holt der Rentenwert Ost gegenüber sicherten werden mit einer Einmalzahlung abgefunden. dem Rentenwert West allerdings kaum noch auf. Er liegt Alle Versicherten mit Entgeltpunkten Ost erhalten eine seitdem ziemlich konstant bei etwa 12 Prozent unter solche Einmalzahlung, die versicherungsmathematisch dem Rentenwert West. Selbst wenn sich zum 1. Juli korrekt abgezinst die Erwartung auf die künftige Anglei- 2009 noch ein wenig ändert, Herr Staatssekretär, muss chung widerspiegelt. Die individuelle Höhe der Einmal- man doch feststellen: Der Lückenschluss zwischen Ost zahlung orientiert sich an der Zahl der erworbenen Ent- und West ist angesichts der geringen Rentenanpassungen geltpunkte und der durchschnittlichen Lebenserwartung der letzten Jahre mit bestehendem Rentenrecht nicht zu des eigenen Jahrgangs. (B) erwarten. Es besteht Handlungsbedarf; aber die Regie- (D) rung tut nichts. In der Anhörung – ich habe Ihren Zwischenruf sehr wohl gehört, Frau Kollegin Schewe-Gerigk; ich wundere (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten mich, weil Ihr Vorschlag weitgehend von unserem abge- der LINKEN) schrieben worden ist, jedenfalls was den Stichtag und die Vereinheitlichung betrifft, auch wenn Sie am Ende Das haben Sie, Herr Staatssekretär, mit Ihrem heuti- den ein oder anderen Baustein angefügt haben – wurde gen Beitrag noch einmal unterstrichen. Dazu passt es viel Unterstützung für eine Vereinheitlichung des Ren- eben nicht, dass der Kollege Schaaf von der SPD oder tenrechts zum jetzigen Zeitpunkt von der Deutschen der Kollege Peter Weiß von der Union im Ausschuss Rentenversicherung, von Professor Ruland, geäußert. gestern eingeräumt haben, dass es durchaus Handlungs- bedarf gebe und zeitnah etwas geschehen müsse. Aber (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ dann wird nur gemauert; es gibt nichts als Schweigen. DIE GRÜNEN]: Für eine Vereinheitlichung, Das ist uns, Herr Kollege Weiß, Herr Kollege Schaaf ja!) – das geht auch an die Adresse der Bundesregierung –, Dass es Kritik an der von uns vorgeschlagenen Ein- zu wenig. malzahlung gegeben hat, haben wir sehr wohl zur (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Kenntnis genommen. Wir halten eine solche Einmalzah- der LINKEN) lung allerdings für politisch geboten, um die Menschen mitzunehmen. Wir wollen die Einmalzahlung, und wir Worauf warten Sie eigentlich? Warten Sie auf besseres wollen auch das Optionsrecht. Wir trauen den Menschen Wetter, oder was? Es gibt keinen Grund, zu warten. zu, eine solche Entscheidung selbst zu treffen. Das un- terscheidet uns wahrscheinlich von den anderen Fraktio- Wir haben gehandelt. Die FDP hat mit ihrem Antrag nen hier im Haus. für ein einheitliches Rentenrecht in Ost und West als erste Fraktion des Deutschen Bundestages im Juni letz- (Beifall bei der FDP) ten Jahres ein Konzept zur Vereinheitlichung des deut- Damit komme ich zu dem zweiten Punkt, der kriti- schen Rentenrechts vorgelegt. schen Begutachtung der Rentenüberleitung. Gemeinsa- (Beifall bei der FDP) mer Kritikpunkt der betroffenen Versicherten – sie haben sich ja in großer Zahl an uns alle gewandt – ist, dass sich Danach soll zum 1. Juli 2010, also 20 Jahre nach der bei ihnen Besonderheiten des DDR-Rentenrechts im deutschen Einheit, in ganz Deutschland ein einheitliches Zuge der Rentenüberleitung nachteilig auswirken. Dabei Rentenrecht eingeführt werden, ist die Betroffenheit unterschiedlich. Vereinfacht katego- 24598 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Dr. Heinrich L. Kolb (A) risiert sind es drei Gruppen, die sich durch die Vorge- und weil damit eine gesamtgesellschaftlich gerechte, (C) hensweise bei der Rentenüberleitung gegenüber anderen verfassungskonforme Lösung geschaffen und die bishe- Versicherten mit DDR-Arbeitsbiografie benachteiligt rige Systematik des SGB VI beibehalten werden kann. fühlen: Es sind erstens solche Versicherte, die aus recht- Dieser Lösungsansatz ist einfach und pragmatisch. lichen, politischen oder sonstigen Gründen zu DDR-Zei- Nachversicherungslösungen hat es auch in der Vergan- ten keine Rentenversicherungsbeiträge zur Altersvor- genheit gegeben. Wir bieten den Betroffenen mit unse- sorge leisten konnten; zweitens solche Versicherte, die rem Konzept eine faire Chance, Lücken zu schließen. zu DDR-Zeiten über Ansprüche verfügten, die aber, weil sie mit dem SGB VI nicht kompatibel waren, nicht über- Die Anträge der Linken werden dieser komplexen führt wurden; und drittens solche Versicherte, deren An- Fragestellung nicht gerecht. Die Linke schlägt im We- wartschaften im Zuge der Überleitung in das SGB VI sentlichen pauschale Besserstellungen vor, ohne danach und nicht in andere Versorgungssysteme übergeleitet zu fragen, ob damit nicht neue Probleme geschaffen wurden. werden. Das ist aus unserer Sicht systemwidrig. Es ist auch einseitig und reißt Wunden zwischen Ost und West Eine Lösung dieses komplexen Problems kann, liebe auf, anstatt dass für die notwendige Rechtsangleichung Kolleginnen und Kollegen von der Linken, nicht darin gesorgt wird. bestehen, einfach allen Forderungen in vollem Umfang nachzugeben. Damit machen Sie es sich etwas zu leicht. (Widerspruch bei der LINKEN) (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Zusammenfassend: Wir lehnen den Gesetzentwurf Wieso?) und den Antrag der Linken, die die Versorgung von Mit- Denn dies würde zu ungerechtfertigten Besserstellungen arbeitern der Staatssicherheit zum Gegenstand haben, gegenüber Versicherten in den alten Bundesländern füh- ab. ren, (Beifall bei Abgeordneten der FDP – Manfred (Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Das ist Grund [CDU/CSU]: Ganz tapfer! Mein Gott! – eine Behauptung!) Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Das ist eine Bitte um weitere vier Jahre Opposition!) oder es würde sich eine Benachteiligung anderer Versi- cherter in den neuen Bundesländern ergeben. Bei den anderen Anträgen werden wir uns enthalten, weil wir Handlungsbedarf sehen, aber den Lösungsweg (Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Das ist nicht teilen. falsch! Ich rechne Ihnen das vor! Kommen Sie mal zum Kaffee!) Wir haben einen anderen, einen systemkonformen (B) Lösungsansatz. Diesen Lösungsweg bitte ich Sie mit uns (D) Wir haben – wie wohl Sie alle – eine Vielzahl von Zu- gemeinsam zu beschreiten. Ebenso bitte ich um Ihre Zu- schriften erhalten. Ich sage hier für meine Fraktion sehr stimmung zu unserem Vorschlag für eine Vereinheitli- deutlich: Wir können die Betroffenheit der Menschen, chung des Rentenrechts in Ost und West. die sich an uns gewandt haben, nachvollziehen, und wir wollen den Menschen helfen. Aber die Beseitigung von Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Benachteiligungen darf kein Unrecht schaffen. (Beifall bei der FDP – [CDU/ (Beifall bei Abgeordneten der FDP) CSU]: Sie können stolz darauf sein!) Deswegen ist es für uns wichtig, dass eine für alle Versi- cherten, in Ost und West, gerechte Lösung – auf dem Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Boden der Beitragsäquivalenz, über eine Nachversiche- Das Wort hat die Kollegin Maria Michalk von der rung bzw. über eine freiwillige nachträgliche Versiche- CDU/CSU-Fraktion. rung – gefunden wird. Die Modalitäten der Nachversi- cherung sind dabei für jede Gruppe einzeln festzulegen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Manfred Grund [CDU/CSU]: Da jauchzt der Bürokratieschimmel!) Maria Michalk (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Im Anhörungsverfahren ist uns, Frau Kollegin Herren! Die gesetzliche Rentenversicherung ist in aller Schewe-Gerigk, von Sachverständigenseite sehr wohl Munde, nicht nur weil wir uns aufgrund der demografi- bestätigt worden, dass man dem Anliegen, einen Interes- schen Entwicklung in unserem Land generell Gedanken senausgleich herbeizuführen, mit dem Antrag der FDP über die Zukunft der Rentenversicherung machen müs- am nächsten kommt, weil sich damit individuelle Lösun- sen, sondern auch weil aufgrund von Arbeitslosigkeit gen für die ostdeutschen Interessengruppen erarbeiten und wegen der konjunkturellen Einbrüche, über die wir lassen, weil auf der Grundlage einer Nachversicherung in der vorherigen Debatte diskutiert haben, sinkende nicht vom Prinzip der Beitragsbezogenheit in der gesetz- Beitragseinnahmen drohen. Im 20. Jahr des Falls der lichen Rentenversicherung abgewichen wird Mauer sprechen wir berechtigterweise über die Verein- (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ heitlichung des Rentensystems in Deutschland. Bis DIE GRÜNEN]: Als ob so viele Leute heute sind die Bestimmungen für die Rentenberechnung 20 000 Euro für eine Nachversicherung auf – berechtigterweise – unterschiedlich; der Staatssekretär dem Konto hätten!) hat dies ausgeführt. Über das Ziel, in einer überschauba- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24599

Maria Michalk (A) ren Zeit eine Vereinheitlichung, also eine Anpassung zu Rechtsprechung und Verwaltungspraxis neu gestaltet (C) schaffen, sind wir uns grundsätzlich einig. wurden. Das wurde in der Anhörung an verschiedenen Stellen deutlich. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber wann?) Auf der Grundlage des Renten-Überleitungsgesetzes Nur der Weg ist nicht klar. Alle hier eingebrachten Vor- von Juli 1991 wurden die Anwartschaften und die An- schläge sind nicht zu Ende gedacht; lieber Herr Kolb, sprüche der Versicherten in den neuen Bundesländern in das müssen Sie sich sagen lassen. das gleichermaßen beitragsbezogene und lohndynami- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) sche System der Rentenversicherung der Bundesrepu- blik überführt. Es musste zum einen sichergestellt Meistens wird die Behandlung dieses Themas mit der werden, dass die nach dem Rentenrecht der DDR erwor- Hoffnung auf eine außergewöhnliche Rentenerhöhung benen Ansprüche und Anwartschaften in angemessener verbunden. In den Anträgen der Linken wird immer wie- Weise erhalten bleiben. der auf äußerst populistische Art suggeriert, dass dies passieren muss und finanziell möglich ist, Zum anderen war der unterschiedlichen Ausgangs- situation bei den Einkommensverhältnissen Rechnung (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) zu tragen; das hat mein Vorredner bestätigt. Deshalb ohne dass sich die Linke um die Finanzierungsanteile wurden zahlreiche spezifische Übergangsregelungen für der Länder und des Bundes kümmert. Diese Anträge die versicherungspflichtigen Arbeitnehmer und Rentner sind einfach populistisch. in den neuen Bundesländern in das SGB VI aufgenom- men, was den Übergangsprozess natürlich verkompli- Die gesetzliche Rentenversicherung ist ein Spiegel- ziert und nach Wegfall der Übergangsregelungen zu wei- bild der beruflichen Entwicklung. Die Höhe der Rente teren Verstimmungen bzw. weiterem Unverständnis wird durch die geleisteten Beiträge bestimmt. Wir alle geführt hat. Aber von vornherein war klar, dass es sich wissen, dass zu Zeiten der DDR die Höhe der geleisteten hierbei um Übergangsregelungen handelt. Das ist auch Beiträge der Frauen und Männer, die damals hart gear- systemkonform. beitet haben, fast umgekehrt proportional zur jetzigen Rentenhöhe war. Es war eine Meisterleistung, den be- Statt aufzuklären, versucht die Fraktion der PDS, jetzt schlossenen Einführungs- und Angleichungsprozess auf der Linken, kontinuierlich, die Rentenüberführungsrege- der Basis einer außergewöhnlichen Solidaritätsleistung lungen grundsätzlich infrage zu stellen und nach Mög- der Versichertengemeinschaft in ganz Deutschland zu lichkeit zu revidieren. Die 17 heute vorliegenden Vorla- vollbringen. gen sind ein großer Beweis dafür. (Beifall bei der CDU/CSU) (Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Das stimmt!) (B) (D) Denn die Ausgangsrente im Einführungsjahr 1992 ist bis Wir versuchen stattdessen, für die notwendigen Kor- heute immerhin mehr als verdoppelt worden ist. Wer rekturen zu sorgen, leugnet, dass das eine besondere Leistung ist, der ist (Zurufe von der LINKEN: Oh!) nicht in der Realität angekommen. was manchmal schwierig ist. Hierzu ein Beispiel – Sie dür- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- fen nicht übersehen, was zwischenzeitlich passiert ist –: neten der SPD) War bis zum 1. Juli 1999 in den neuen wie in den alten Wahr ist aber auch, dass dieser Angleichungsprozess Ländern die Nettolohnentwicklung für die Anpassung ins Stocken geraten ist und dass die gesetzliche Renten- maßgebend, wurde im Rahmen der Rentenüberleitung versicherung nunmehr sowohl in Ost als auch in West die Anpassungsformel für die neuen Länder dahin ge- nicht immer gewährleistet, dass Versicherte, die langjäh- hend ergänzt, dass der aktuelle Rentenwert Ost immer in rig in Vollzeit berufstätig gewesen sind und Pflichtbei- dem Maße anzupassen ist, dass sich in den alten und in träge gezahlt haben, eine Altersrente erhalten, die höher den neuen Ländern ein identisches Nettorentenniveau er- als die Grundsicherung ist. Einer Pflichtversicherung, gibt. Ich will darauf hinweisen, dass 2004 eine Schutz- die diese Gewähr nicht bietet, droht der Verlust der Legi- klausel Ost eingeführt wurde, die eine Verschlechterung timation. Diese Fragen haben wir gesamtstaatlich zu be- des Verhältnisses zwischen aktuellem Rentenwert Ost antworten; das ist keine Frage der Ost-West-Anglei- und aktuellem Rentenwert ausschließt. chung. Die Anträge der FDP, der Grünen und der Linken Zunehmende Akzeptanzprobleme des Rentensystems tragen dazu nichts bei. erwachsen nicht aus den unterschiedlich hohen Renten- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- zahlungen – ich will festhalten, dass die verfügbare Eck- neten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: rente 2008 in den alten Bundesländern bei 1 078 Euro Aber Sie schweigen sich aus! Butter bei die und in den neuen Ländern bei rund 950 Euro lag –, son- Fische!) dern eher aus einer Ungleichbehandlung gleicher Bei- tragsleistungen hinsichtlich der damit erworbenen Ren- Das aber ist nicht mit den manchmal schwer zu ver- tenansprüche. stehenden Ungereimtheiten zu verwechseln, die sich aus dem komplexen Prozess der Überführung des nach Be- Die Hochwertung der Löhne Ost ist bei erreichter rufsgruppen differenzierten Rentenversicherungssys- Ost-West-Angleichung der Tariflöhne ebenso auf den tems der DDR in das einkommensbezogene Rentensys- Prüfstand zu stellen wie die eine oder andere Verwal- tem der Bundesrepublik ergeben und die oftmals durch tungsvorschrift, die mit der Berechnung der Opferrente 24600 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Maria Michalk (A) in Zusammenhang steht, die zwar außerhalb der gesetz- (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Wann (C) lichen Rentenversicherung gezahlt wird, aber den denn?) gleichen Bezugspunkt hat, nämlich das Unrecht der DDR. Ich erwähne das, weil meines Erachtens ein direk- und all diese Anträge ablehnen. ter Zusammenhang besteht zu den durch die Sonderver- Ich danke Ihnen. sorgungssysteme der DDR Privilegierten und den von ihnen erstrittenen Urteilen, die zu höheren Monatsrenten (Beifall bei der CDU/CSU) und erheblichen Nachzahlungen zulasten der Steuer- und der Versichertengemeinschaft geführt haben. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Als Krönung will die Linke mit einem der vorliegen- Jetzt hat der Kollege Dr. Gregor Gysi das Wort für die den Anträge nun auch noch erreichen, dass den im Par- Fraktion Die Linke. tei- und Staatsapparat der DDR tätigen Personen die (Beifall bei der LINKEN) Entgelte bis zur Beitragsbemessungsgrenze bei der Be- rechnung der Rentenansprüche zugute kommen. Das ist Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE): dreist, wundert aber nicht; denn wir wissen, dass Sonder- versorgungsbegünstigte zur Behörde der Bundesbeauf- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr tragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes Staatssekretär, Sie haben hier über die Nomenklatura, gehen und sich bestätigen lassen – das ist eine unbegreif- Partei- und Staatsfunktionäre geredet. liche Tatsache –, dass sie zu dieser Kategorie gehören, (Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Unange- um nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberfüh- nehm das Thema, nicht?) rungsgesetz höhere Renten zu bekommen. Ich habe mir einmal angeschaut, wie die Rentensysteme (Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Das ist ja der DDR und der Bundesrepublik aussahen: Die DDR unglaublich!) hatte eine kleine Kirche, die Bundesrepublik aber einen riesigen Dom mit Türmen, von denen man in der DDR Bei manchen ist das Ausmaß des Pendels der Uhr, das nicht einmal geträumt hat. Nun haben Sie die kleine Kir- wir Gewissen nennen, nicht wahrnehmbar. Sie haben of- che in das erste Schiff des Doms hineingestellt. fenbar kein Gewissen, wenn es ums Geld geht. (Maria Michalk [CDU/CSU]: Dieser Vergleich (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. ist doch schizophren!) Kolb [FDP]: Mühlstein des Gewissens! – Dirk Niebel [FDP]: So waren die Kommunisten Jetzt gibt es keine Türme mehr – und Sie behaupten, ein (B) schon immer!) Rentenrecht, das so extrem unterschiedlich ist wie das (D) der Bundesrepublik, sei gerecht. Sie machen mir Spaß! Seit 2005 gilt für herausragende Funktionsträger, – (Beifall bei der LINKEN – Paul Lehrieder Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: [CDU/CSU]: Geschichtsklitterung, Herr Gysi!) Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Ende kommen. Frau Michalk, wenn Sie von Parteifunktionären re- Maria Michalk (CDU/CSU): den, vergessen Sie immer die Funktionäre der Blockpar- – insbesondere im Parteiapparat der SED und der Re- teien. Die zählen aber auch zu den Funktionären, verste- gierung der DDR, bei der Begrenzung des rentenrecht- hen Sie? lich zu berücksichtigenden Einkommens das Durch- (Beifall bei der LINKEN) schnittseinkommen. Heute geht es gar nicht um die Angleichung des Rentenwerts Ost an den allgemeinen Rentenwert; das Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: haben wir schon beantragt. Das beantragen auch Sie; Frau Michalk, Sie müssen bitte zum Ende kommen. aber Sie wollen nicht, dass die niedrigeren Osteinkom- men höher bewertet werden. Maria Michalk (CDU/CSU): (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist verfas- Warum soll das falsch sein? sungsrechtlich nicht möglich!) Ich stelle fest: Die Anträge sind zum Teil durch Ur- Sie wollen die Ostdeutschen erheblich benachteiligen. teile bestätigt. Für einen Teil stehen Urteile noch aus. Deshalb können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. Andere liegen im Grenzbereich des Renten- und Versor- gungsrechts. (Beifall bei der LINKEN) Aber unser diesbezüglicher Antrag ist vom Bundestag ja Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: schon abgelehnt worden. Frau Kollegin! Jetzt geht es um 17 Anträge, und zwar zu Überfüh- rungslücken, Versorgungsunrecht und Rentenstrafrecht. Maria Michalk (CDU/CSU): Dabei geht es nicht nur um die heutigen Rentnerinnen Wir werden eine generelle Lösung finden und Rentner, sondern auch um eine große Zahl künftiger Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24601

Dr. Gregor Gysi (A) Rentnerinnen und Rentner, die noch gar nicht im Ren- (Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Immer noch (C) tenalter sind, die davon aber alle betroffen sein werden. lang genug! – Weitere Zurufe von der CDU/ CSU) Bei Überführungslücken geht es um DDR-typische Regelungen, die einfach ignoriert wurden. Beim Versor- – Ich höre, dass Sie das sehr bedauern. Schlagen Sie der gungsunrecht geht es um zusätzliche Versorgungssys- Präsidentin vor, meine Redezeit zu verlängern; dann teme, in die eingezahlt wurde. Diese zusätzlichen Ver- stelle ich Ihnen alle Anträge vor. sorgungssysteme haben Sie einfach nicht anerkannt, und (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – die entsprechenden Leistungen haben Sie gestrichen. Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Die Sache Beim Rentenstrafrecht geht es um das, was Frau mit den Balletttänzern hätten wir gerne ge- Michalk hier unter so viel Beifall sagte, aber die Rente nauer erläutert!) ist nicht dazu geeignet, die Biografie eines Menschen zu Es geht darum, dass Sie bestimmte Ansprüche nicht beurteilen. Rente ist wertneutral, und Sie versuchen im- anerkannt haben, und das hat Folgen. Frau Michalk, Sie mer wieder, eine gegenteilige Auffassung durchzuset- finden das gerecht. Ich kenne Menschen, die von diesen zen. Dass das eine Partei macht, die nach 1945 an die Folgen betroffen sind; sie kommen zu mir in die Sprech- Nazibonzen die größten Renten gezahlt hat, ist und stunden. bleibt ein Skandal. (Maria Michalk [CDU/CSU]: Zu mir auch!) (Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Unverschämtheit!) Es gibt eine ganze Reihe von Bürgerinnen und Bürgern, deren Ansprüche nicht anerkannt worden sind und die – So ist es. Das kann ich Ihnen beweisen. neben einer ganz kleinen Rente eine Grundsicherung be- (Manfred Grund [CDU/CSU]: Man muss aber kommen. Bei jeder Rentensteigerung, egal wie groß sie Fehler nicht wiederholen! – Maria Michalk ist, wird die Grundsicherung entsprechend abgeschmol- [CDU/CSU]: Sie verwechseln hier etwas!) zen. Seit Jahren bekommen diese Menschen nicht einen halben Euro mehr, obwohl die Preise ständig steigen. Im Übrigen hat Frau Bundeskanzlerin Merkel Sie, Rentensteigerungen sind für diese Menschen in Wirk- Ihre Fraktion, aufgefordert, bis Ende 2007 eine Liste lichkeit regelmäßig nichts anderes als Minusrunden. noch zu klärender Fragen im Osten zusammenzustellen. (Beifall bei der LINKEN – Dr. Heinrich L. Sie haben der Bitte der Kanzlerin nicht entsprochen. Nur Kolb [FDP]: Die Grundsicherung wird doch meine Fraktion hat der Bitte entsprochen und eine solche regelmäßig angepasst!) Liste vorgelegt. Darüber werden wir heute entscheiden. (B) Jetzt nenne ich Ihnen vier Beispiele, zu denen ich (D) (Beifall bei der LINKEN – Elke Ferner [SPD]: gern Erklärungen hätte. Das ist falsch, Herr Gysi!) Das erste Beispiel betrifft mithelfende Familienange- Ich weiß – da stimme ich Ihnen sogar zu –, dass die hörige von privaten Handwerkern, meine Damen und Rentenüberleitung durchaus positiv bewertet werden Herren von der FDP. kann. (Dirk Niebel [FDP]: Die wenigen, die ihr nicht (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist es!) verstaatlicht habt, meinen Sie?) Ich weiß auch, dass viele durch die Überleitung einen Diese Personen waren in der DDR automatisch renten- höheren Rentenanspruch erhalten haben, als sie ihn in versichert. Hier kannte man das nicht und hat deren An- der DDR je erworben hätten. sprüche einfach gestrichen. Warum sind wir nicht in der (Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Das ist richtig! – Lage, den Rentenanspruch dieser Personen anzuerken- Dirk Niebel [FDP]: Die konnten sich sogar nen? Ich begreife es nicht. günstig einkaufen!) (Beifall bei der LINKEN) Ich weiß ebenfalls, dass die DDR-Renten ziemlich nied- Zweitens. Für geschiedene Frauen und in Ausnahme- rig waren. fällen auch für geschiedene Männer gab es in der DDR keinen Versorgungsausgleich. Wir haben einen Vor- (Zurufe von der CDU/CSU) schlag für einen solchen Ausgleich gemacht. Sie lehnen – Ich kann im Unterschied zu Ihnen differenzieren. Sie diesen Vorschlag ab. Warum wollen Sie Geschiedene so können das nicht; das ist das Problem. – viel schlechter stellen? Ich verstehe es nicht. (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der LINKEN – Dirk Niebel [FDP]: Warum haben Sie es in der DDR nicht gere- Aber ich weiß natürlich auch, dass die Kostenstruktur in gelt? Sie hätten den Versorgungsausgleich in der DDR eine ganz andere war. der DDR doch regeln können! Herr Gysi, wa- rum waren Sie eigentlich so ungerecht? Jetzt geht es um Ungerechtigkeiten und Diskriminie- rungen, die wir überwinden müssen. Leider ist meine Als drittes Beispiel nenne ich die Hausfrauen. Die Redezeit so kurz, dass ich Ihnen diese 17 Anträge nicht Hausfrauen – es gab nur wenige Hausmänner – hatten in vorstellen kann. der DDR die Möglichkeit, monatlich Marken im Wert 24602 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Dr. Gregor Gysi (A) zwischen 3 und 9 Mark zu kleben – und sie haben sie ge- Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE): (C) klebt. In der DDR hing die Höhe der Rente weniger von Ich kann dazu ganz kurz Stellung nehmen. der Beitragshöhe, als vielmehr von der Anzahl der Jahre ab, in denen Beiträge gezahlt wurden. Auf diese Weise Die in unseren Anträgen vorgesehenen Maßnahmen kamen viele Hausfrauen auf eine große Anzahl von Ren- müssten – abgesehen von denen in einem einzigen An- tenjahren. Die daraus resultierende Anwartschaft haben trag – aus Steuermitteln und nicht aus Versicherungsbei- Sie einfach mit der Begründung gestrichen, dass Sie das trägen finanziert werden. Der Einwand ist deshalb nicht kennen. Das ist arrogant und ignorant. Wir fordern falsch. Nur der Ausgleich bei der Überwindung des Ren- nur, dass Sie diese Entscheidung korrigieren. tenstrafrechts müsste tatsächlich aus Versicherungsmit- teln finanziert werden. (Beifall bei der LINKEN – Dirk Niebel [FDP]: Der zweite Einwand ist nachweislich falsch. Zum Wir kannten auch die Stasi nicht und haben sie Beispiel bezieht heute eine Krankenschwester in den gestrichen!) neuen Bundesländern eine Rente in Höhe von 68 Prozent Viertes Beispiel – es folgt die nächste Kritik –: Kran- der Rente einer Krankenschwester in den alten Bundes- kenschwestern. Die Löhne von Krankenschwestern in ländern. Käme der angesprochene Faktor hinzu, wäre sie der DDR waren viel zu gering. noch lange nicht bei 100 Prozent. Zu behaupten, dass sie besser stehe, ist albern. Nehmen Sie die Balletttänzerin- (Maria Michalk [CDU/CSU]: Ja, eben!) nen und Balletttänzer: Deren Versorgungsanspruch ist – Das bestreite ich doch gar nicht. Hören Sie doch erst komplett gestrichen worden. Wir streiten hier übrigens einmal zu! – Deshalb hat der Gesetzgeber ihnen eine Er- über circa 1 500 Personen. Sie konnten sich nicht nach- höhung der Rente um den Faktor 1,5 zugesagt. Diese Er- versichern und sind eindeutig schlechter gestellt. Es geht höhung haben Sie gestrichen. in keinem einzigen Fall um eine Besserstellung. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Hat der Gesetz- Was Bund und Länder betrifft: Es geht um Lücken geber Beiträge dafür gezahlt?) und Fehlleistungen nach Schließen des Einigungsvertra- ges. Aus dieser Verantwortung kann sich der Bund nicht Wir wollen doch nur, dass die Krankenschwestern den verabschieden. Er hat diese Probleme zu lösen und kann Anspruch wieder erwerben, den sie schon einmal hatten. das Ganze nicht auf die Länder übertragen. (Beifall bei der LINKEN) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Lassen Sie mich in meiner Rede fortfahren. Es geht Herr Dr. Gysi, möchten Sie eine Zwischenfrage der auch – das haben Sie erwähnt – um die Berufsgruppen Kollegin Bunge aus Ihrer Fraktion zulassen? (B) mit Zusatzversorgungssystemen. Das betrifft die wissen- (D) (Iris Gleicke [SPD]: Ihre bestellte Zwischen- schaftliche, die technische, die medizinische und die frage!) künstlerische Intelligenz; es geht um Beschäftigte im Staatsapparat, in sämtlichen Parteien, auch in den Block- parteien, und in gesellschaftlichen Organisationen. Ich Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE): sage Ihnen noch einmal: Das Rentenrecht ist nicht das Ja. Feld, auf dem man eine Biografie bewertet. (Zurufe) (Maria Michalk [CDU/CSU]: Aber das Durch- schnittseinkommen berechnet!) – Jetzt wundern Sie sich; das sollten Sie auch. Das kann man mit dem Strafrecht machen, wenn es da- Dr. Martina Bunge (DIE LINKE): für Anhaltspunkte gibt, oder mit anderen Mitteln, aber nicht mit dem Rentenrecht. Kollege Gysi, Sie stellen hier relativ einfache Lösun- gen vor. Ich habe in der Ausschussarbeit immer sehr (Beifall bei der LINKEN) viele Gegenargumente gehört. Vielleicht können Sie sich Gerade die Union hat das früher immer abgelehnt. Erst hier dazu einmal positionieren? nach dem Ende der DDR ist sie dafür eingetreten. (Dirk Niebel [FDP]: Lieber nicht! – Dr. Ralf Ein weiterer Punkt ist der Ausgleich bei der Überwin- Brauksiepe [CDU/CSU]: Wir sind hier nicht dung des Rentenstrafrechts. Das gilt für die Personen, im Ausschuss!) die genannt wurden, übrigens wiederum für Angehörige Das erste Gegenargument ist: Das alles müsste die der Blockparteien. Dazu gibt es ein Urteil des Bundes- Versichertengemeinschaft bezahlen; das ist zu teuer. Das verfassungsgerichts; dessen Vorgaben haben Sie nur zweite Gegenargument ist: Wenn das geregelt würde, zum Teil, also nicht ganz, erfüllt. würde man die Menschen im Osten gegenüber den Men- (Maria Michalk [CDU/CSU]: Das war die schen im Westen bevorteilen. Das dritte Argument ist: SED, die kein Urteil zugelassen hat!) Der Bund ist für die zusätzlichen Versorgungen sowieso nicht mehr zuständig, weil das Ländersache ist. Mich Lassen Sie mich auch noch die Beschäftigten der würde interessieren, wie Sie dazu stehen. Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Post erwäh- nen, denen Ansprüche zustanden, die einfach gestrichen (Dirk Niebel [FDP]: Wollen Sie nicht zusam- worden sind. Sie sind im Verhältnis zu Beschäftigten der men Kaffee trinken gehen?) Post in der Bundesrepublik oder auch der Deutschen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24603

Dr. Gregor Gysi (A) Bundesbahn benachteiligt. Ich verstehe nicht, warum wir Wir haben heute über 18 Anträge und einen Gesetz- (C) das Problem nicht lösen können. entwurf zu befinden, die sich mit der Überleitung der Al- terssicherung in der DDR in gesamtdeutsches Recht be- Ich sage noch einmal: Uns geht es niemals um eine fassen. Wir wissen: Es gibt Personengruppen, die Grund Besserstellung. Zu behaupten, dass es uns darum geht, haben, mit ihrer finanziellen Situation unzufrieden zu ist doch Quatsch. Letztlich wollen wir, dass eine gleiche sein. Aber die Vorschläge, die die Linke liefert, sind Lebensleistung zu einer gleichen Rente führt. Das ist doch nicht zu viel verlangt von unserer Gesellschaft. nicht geeignet, gerechte Lösungen zu finden. (Beifall bei der LINKEN – Manfred Grund (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN [CDU/CSU]: Sie haben den Staat untergehen sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der lassen und den Ersatz von einem anderen Staat SPD und der FDP – Widerspruch bei der LIN- haben wollen! – Maria Michalk [CDU/CSU]: KEN) Sie haben das angerichtet und spielen jetzt die Angesichts der Vielfalt und Fülle der Anträge haben Feuerwehr!) wir Bündnisgrüne uns folgende Fragen gestellt: Ist es – Nein, das ist Quatsch. heute, also knapp 20 Jahre nach dem Mauerfall, noch ge- rechtfertigt, Sachverhalte des DDR-Rechts im deutschen Der Staatssekretär hat zu Recht gesagt, dass wir schon Rentenrecht fortzuführen? Führen gesetzliche Änderun- zum zigsten Mal darüber diskutieren. Solange wir im gen zugunsten einiger Gruppen nicht zu neuen Unge- Bundestag sind, werden Sie in jeder Legislaturperiode rechtigkeiten bei anderen? Werden die Versicherten in diese Anträge vorgelegt bekommen, Ost und West nach gleichen Maßstäben behandelt? Wel- (Beifall bei der LINKEN) ches sind aus heutiger Sicht die sozialpolitisch drin- gendsten Prioritäten? Wo besteht in Abwägung all dieser um deutlich zu machen, dass das, was Sie gemacht ha- Fragen wirklich Nachbesserungsbedarf? ben, ungerecht ist. Ich bin doch nicht derjenige, der Leis- tung nicht würdigen kann. Das, was hier aber geschehen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ist, ist ungerecht. Wissen Sie, was mich stört? Sie setzen auf die biologische Lösung. Alle drei Oppositionsfraktionen haben Anträge vorge- legt, während die Bundesregierung trotz vollmundiger (Zuruf der Abg. Maria Michalk [CDU/CSU]) Ankündigung der Kanzlerin die dringend notwendige Sie wissen, dass jedes Jahr Betroffene sterben und es im- Rentenangleichung auf unbestimmte Zeit vertagt hat. mer weniger werden, die einen Anspruch haben. Das ist Die Große Koalition hat sich hinter der Botschaft ver- überhaupt nicht hinzunehmen. schanzt: Es ist noch viel zu tun, warten wir es ab. Auch (B) Frau Michalk hat angekündigt, in der nächsten Legisla- (D) (Beifall bei der LINKEN) turperiode werde man in diesem Bereich etwas unterneh- Ich sage Ihnen eines ganz deutlich: Ein weiteres Ar- men. gument mag ich auch nicht, nämlich das, dass kein Geld Wir Grüne haben uns nicht für das Aussitzen ent- da ist. In einer Woche können Sie 480 Milliarden Euro schieden, sondern dafür, sozialpolitische Prioritäten zu für die Banken bereitstellen, aber diese lächerlichen Be- setzen. Deshalb haben wir unseren Antrag zur Anglei- träge haben Sie nicht. chung des Rentenwerts Ost an den allgemeinen Renten- (Dirk Niebel [FDP]: Ihre Redezeit ist längst wert in den Bundestag eingebracht. Wir Grüne wollen abgelaufen, Herr Gysi!) die Rentenangleichung nicht auf die lange Bank schie- ben. Stellen Sie endlich Rentengerechtigkeit her! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Anhaltender Beifall bei der LINKEN – Hart- wig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das war Damit die Beschäftigten eine Perspektive haben, eben SED, die Dritte!) muss jetzt gehandelt werden. Eine Angleichung des Rentenwerts Ost ist kurzfristig möglich. Die Hochwer- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: tung wollen wir auf diejenigen Menschen – und zwar in Irmingard Schewe-Gerigk hat jetzt das Wort für Ost und in West – begrenzen, die wenig verdienen. Bündnis 90/Die Grünen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE Dabei wollen wir, anders als die Linken, keine neuen GRÜNEN): Ungerechtigkeiten schaffen. Herr Gysi von der Linken, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! wie wollen Sie es eigentlich rechtfertigen, dass jemand Herr Gysi, 20 Jahre nach Herstellung der deutschen Ein- in Frankfurt an der Oder bei gleicher Vergütung 30 Pro- heit haben Sie die Mauer wieder hochgezogen, und zwar zent mehr Rentenanwartschaften erzielen würde als je- die Mauer in den Köpfen. mand in Frankfurt am Main? Eine solche Politik baut Mauern. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordne- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ten der SPD und der FDP – Widerspruch bei sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN) des Abg. Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]) 24604 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Irmingard Schewe-Gerigk (A) Ich habe mich heute über Folgendes sehr gefreut: Wir Wir haben den Kreis der Anspruchsberechtigten be- (C) haben eine Stellungnahme des DGB-Landesseniorenbei- wusst eingeschränkt. Natürlich ist uns klar, dass es auf rates Thüringen – nicht etwa Nordrhein-Westfalen, son- den ersten Blick so aussieht, als bestehe eine Ungleich- dern Thüringen – erhalten. Darin heißt es: Da die behandlung, da bei den einen der Versorgungsausgleich Abkopplung der Lohnentwicklung von der Wirtschafts- aus Steuermitteln finanziert wird und bei den anderen entwicklung die Zunahme der Altersarmut in ganz dadurch, dass die Altersversorgung des Expartners ge- Deutschland zu einem Problem macht, ist der Vorschlag mindert wird. Bei näherer Betrachtung stellt man aber der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, alle fest, dass keine Ungleichbehandlung vorliegt; denn vie- niedrigen Einkommen in Deutschland hochzuwerten, ein len ist der Zugang zum Versorgungsausgleich für immer zukunftsfähiger, sinnvoller und gestaltungsfähiger Lö- verwehrt. Um von Ungleichbehandlung sprechen zu sungsansatz. So viel zur Stellungnahme des DGB-Lan- können, muss man eigentlich Gleiches mit Gleichem desseniorenbeirates Thüringen. vergleichen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Auch das Finanzargument zieht nicht. Wer dreistel- Wir haben darüber hinaus einen Antrag zur Verbesse- lige Milliardenbeträge aufbringen kann, um einen rung der Versorgung von Geschiedenen aus den neuen Schutzschirm für Banken zu errichten, der sollte die Bundesländern eingebracht, der heute ebenfalls zur Ab- Frauen, die sich in dieser Situation befinden, nicht im stimmung steht. Die Bundesregierung behauptet bisher, Regen stehen lassen. hier bestehe kein Handlungsbedarf, weil in der DDR auch Frauen mit Kindern ebenso wie Männer durchgän- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) gig erwerbstätig waren und somit auch genügend Ren- tenanwartschaften aufbauen konnten. Die von uns vorge- Ich komme zur FDP. Die FDP möchte die Überwin- schlagene Sachverständige, Professorin Trappe, konnte dung von Benachteiligungen aus der Rentenüberleitung dadurch erreichen, dass sie den Weg für eine Nachversi- diese Behauptung in der Anhörung hinreichend widerle- cherung öffnet. Herr Kolb, ich glaube, dass Sie hier ein gen. Sie hat dargestellt, dass sie in ihren Studien zu dem anderes Ziel im Auge haben. Wir sind der Meinung, dass Ergebnis kam, dass die älteren Frauen, die Kindererzie- eine Nachbesserung dann gerechtfertigt ist, wenn die hung zu leisten hatten, diese in den ersten Jahren selbst Gruppe andernfalls armutsgefährdet wäre. Sie schlagen organisieren mussten. Dies hat zur Folge, dass sie in ih- vor, dass Rentner und Rentnerinnen ihre Rente mit einer ren Erwerbsbiografien Lücken von bis zu acht Jahren ha- Nachzahlung von Beiträgen aufbessern können. Profes- ben. Die jüngeren Frauen haben die Doppelbelastung sor Ruland hat es in der Anhörung gesagt: Man braucht durch vermehrte Teilzeitarbeit ausgeglichen, was bei (B) 21 500 Euro, um die Rente um 100 Euro im Monat zu (D) Männern so gut wie gar nicht vorkam. erhöhen. Da frage ich mich wirklich: Haben die betroffe- Wenn man sich mit dem Inhalt des Alterssicherungs- nen Menschen wirklich 21 500 Euro auf dem Konto? berichts befasst, so wird deutlich, warum 37 Prozent der (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der DDR geschiedenen Frauen über ein monatliches sowie bei Abgeordneten der SPD) Nettoalterseinkommen von lediglich 500 bis 750 Euro verfügen – in den alten Bundesländern ist dies nur bei Sie haben eine andere Gruppe im Auge. Sie wollen eine 28 Prozent der Frauen der Fall – und warum das monat- Lösung für Versicherte, die viel Geld haben und deren liche Nettoalterseinkommen von weiteren 3 Prozent die- Lebenserwartung überdurchschnittlich hoch ausfällt. ser Frauen sogar noch darunter liegt. Warum die Bundes- Die Devise der Linken heißt: Wünsch dir was, wir regierung angesichts dessen weiterhin behauptet, die versprechen dir alles! Die FDP sagt: Wir versprechen Kindererziehung in der DDR habe im Hinblick auf die den Menschen, die viel Geld haben, alles. Rentenanwartschaften keine Nachteile zur Folge, bleibt ihr Geheimnis – oder ist die Begründung dafür, nichts zu (Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Und wir tun. halten Kurs!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) So sieht verantwortliche Politik nicht aus. Weder das Aussitzen der Bundesregierung noch eine Politik des Wir haben uns aus sozialpolitischen Gründen für eine „Wünsch dir was“ ist angemessen. Auch Lösungen le- Nachbesserung bei der Versorgung von vor 1992 in den diglich für Gutsituierte sind für uns nicht akzeptabel. neuen Ländern Geschiedenen entschieden. Es kann nicht Darum bitten wir Sie um Zustimmung zu den Anträgen gerecht sein, dass diejenigen, die Kinder erzogen haben, der Grünen. im Alter armutsgefährdet sind, nur weil die DDR aus Vielen Dank. ideologischen Gründen den Unterhaltsbedarf von Frauen im Falle einer Scheidung ignoriert hat. Den in der DDR (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) geschiedenen Frauen bleibt auch eine Witwenrente ver- wehrt, weil das DDR-Recht keine Unterhaltspflicht für Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Eheleute vorsah. Dass beide Instrumente in Ostdeutsch- Für die CDU/CSU-Fraktion spricht jetzt der Kollege land im Unterschied zum Westen Deutschlands nicht an- Paul Lehrieder. gewendet werden, nährt bei den Geschiedenen das Ge- fühl, Bürgerinnen zweiter Klasse zu sein. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24605

(A) Paul Lehrieder (CDU/CSU): Dies fordert die FDP. Die Grünen haben in ihrem hier (C) Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten vorliegenden Antrag vom 24. September 2008 eine An- Damen und Herren! Lieber Kollege Gysi, ich habe eine gleichung bereits zum 1. Januar 2009 verlangt. Die Bitte an Sie: Wenn Bürger aus Ihrem Wahlkreis in Ihr Union will ebenfalls eine grundsätzliche Angleichung; Wahlkreisbüro kommen und eine Rentenauskunft erhal- diese Angleichung ist für uns aber kein Selbstzweck. ten möchten, dann sprechen Sie bitte mit den Kollegin- Entscheidend für die Angleichung ist für uns das kon- nen und Kollegen Ihrer Fraktion aus dem Ausschuss für krete Ergebnis für die Beitragszahler und die Rentner. Es Arbeit und Soziales, bevor Sie diese Bürger mit geht nicht um eine Vereinheitlichung um jeden Preis im Falschinformationen heimschicken. Hauruckverfahren. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Mit der Umstellung der Renten auf D-Mark und der Hochwertung früherer Arbeitsentgelte auf Westniveau Sie haben sich hingestellt und ausgeführt, dass eine wurde die Altersversorgung in der ehemaligen DDR zu- Rentensteigerung mit der Höhe der Grundsicherung ver- nächst einmal auf eine solide Grundlage gestellt. Dies rechnet wird. Sie haben den Leuten aber nicht die Syste- hat sogar der Kollege Gysi bestätigen müssen. matik erläutert. Die Renten steigen zum 1. Juli 2009 ent- sprechend den Lohnabschlüssen des Vorjahres. Zum Nahezu für alle ostdeutschen Rentner geht die Ren- 1. Juli 2009 steigen aber auch die SGB-XII- und die tenüberleitung mit einer erheblichen finanziellen Verbes- Hartz-IV-Leistungen. Das sollte man ehrlicherweise hin- serung einher. Auch das wurde sogar von der Linken zufügen, lieber Herr Kollege Gysi. Probieren Sie es in eingeräumt. Beim Rentenzahlbetrag sind sie heute im Zukunft einmal mit der Wahrheit! Vergleich zu den Rentnern im Westen im Durchschnitt bessergestellt. Die monatliche Rente im Osten beträgt (Beifall bei der CDU/CSU) durchschnittlich 1 004 Euro für Männer und 684 Euro Wie meine Kollegin Maria Michalk schon überzeu- für Frauen. Im Westen sind es dagegen 967 Euro für gend ausgeführt hat, Männer und 485 Euro für Frauen. (Lachen bei Abgeordneten der LINKEN) (Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Ja, warum wohl?) werden die DDR-Rentenansprüche innerhalb eines star- ken und verlässlichen Systems eingelöst, nämlich der Dabei sind die Ostrenten etwa zu 40 Prozent durch Bei- gesamtdeutschen gesetzlichen Rentenversicherung. tragseinnahmen gedeckt. Im Westen sind es 80 Prozent bzw., wie Herr Thönnes gesagt hat, bereits 89 Prozent. Die Gründe, warum wir die hier vorliegenden An- träge der Linken ablehnen, hat sie ebenfalls bereits aus- Das Problem sind allerdings – wie oben ausgeführt – (B) führlich erläutert. Was die Linke als Ungerechtigkeiten die ungleichen Rentenwerte in West und Ost. Gegen eine (D) im Renten-Überleitungsgesetz und im Gesetz zur Über- vorzeitige Angleichung der Ost- an die Westrenten führung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- spricht, dass dann im Gegenzug auch die Hochwertung und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets be- der im Osten erzielten Arbeitsverdienste auf das West- zeichnet hat, hat seine Ursache vor allem in der Willkür niveau aufgegeben werden müsste. Im Westen musste im im DDR-Rentenrecht. Dort gab es gerade keine eindeuti- Jahr 2006 ein Arbeitnehmer 29 304 Euro im Jahr verdie- gen, einklagbaren Regeln für die Zusatzrenten. nen, um einen Entgeltpunkt in der Rentenversicherung gutgeschrieben zu bekommen. Im Osten musste ein Ar- Die Linken sind mit ihren Anträgen allein auf den Ef- beitnehmer lediglich 24 880 Euro verdienen, um eben- fekt aus. Diese Anträge betreffen Einzelgruppen, deren falls einen Entgeltpunkt gutgeschrieben zu bekommen. Anliegen bereits von früheren Bundesregierungen im- Sein Einkommen wurde – auch darauf wurde bereits hin- mer wieder geprüft worden sind. Wenn wir diese nun gewiesen – nämlich für die Rentenberechnung mit dem pauschal besserstellten, führte dies zwangsläufig zu Un- Wert 1,19 hochgewertet. gerechtigkeiten bei anderen Gruppen. Ich bestätige die diesbezüglich gewählte Ausdrucksweise des Staats- Die Versicherten im Osten sind somit objektiv durch sekretärs Thönnes ausdrücklich: Es ist schlichtweg ak- diese Höherbewertung bessergestellt gegenüber denen tionistisches Stückwerk. im Westen. Wenn wir das beenden, würde den gegen- wärtigen Beitragszahlern und künftigen Rentnern im Os- Die Anträge der FDP und der Grünen zur Renten- ten die Aussicht genommen, bei vergleichbarer Erwerbs- angleichung zwischen Ost und West haben da schon biografie jemals gleich hohe Renten wie im Westen zu mehr Substanz. Ja, es stimmt: Viele Menschen verstehen bekommen. Der derzeitige Lohnabstand würde in den nicht, warum es nach knapp zwei Jahrzehnten deutscher zukünftigen Renten im Osten verfestigt. Die gegenwär- Einheit noch immer unterschiedliche Rentensysteme in tige Rentnergeneration würde auf Kosten der künftigen Ost und West mit den damit verbundenen unterschiedli- Rentnergeneration bessergestellt und damit die Genera- chen Rentenberechnungen gibt. Der sogenannte Renten- tionengerechtigkeit beeinträchtigt, zumal es auch ein wert ist im Osten mit 23,34 Euro noch immer niedriger Verstoß gegen die Lohn- und Beitragsbezogenheit der als der im Westen mit 26,56 Euro. Rentenleistungen wäre. Ich habe großes Verständnis für die Forderung, die Die sofortige oder stufenweise Angleichung der Ost- Rentenwerte zum 1. Juli 2010 zu vereinheitlichen. an die Westrentenwerte, abgekoppelt von der Lohnent- (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja, dann machen wicklung, scheidet zudem auch aus finanziellen Grün- wir das doch!) den aus. Eine Rentenangleichung würde die Rentenkasse 24606 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Paul Lehrieder (A) zusätzlich mit 6,2 Milliarden Euro belasten. Man könnte (Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE (C) einwenden, dass wir schon ein paar Milliarden Euro für LINKE]: Fühlen Sie sich überfordert, wenn anderes ausgegeben haben und es darauf jetzt auch nicht Sie 17 Kreuze machen sollen?) mehr ankommt. Damit würden aber die bisherigen Er- folge bei der Stabilisierung der Lohnnebenkosten weit- und die dazu beitragen, dass ein, glaube ich, auch für Sie gehend zunichtegemacht. wichtiges Thema – der Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit – weit in die Nacht verschoben wird. Die Union will die Renten – ob in West oder Ost – Daran zeigt sich, dass Sie nicht an einer Lösung interes- auch in Zukunft finanziell vernünftig absichern. Heute siert sind. wurde in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein inte- (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der ressanter Artikel über den Bundeszuschuss zur Rente CDU/CSU) veröffentlicht. In Ihren Anträgen versprechen Sie allen alles, ganz (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ein sehr lesens- unterschiedlichen Gruppen, angefangen bei dem der werter Artikel! Dass ihr kneifen wollt, haben Stasi gegenüber weisungsberechtigten Parteisekretär bis die auch geschrieben!) zur mithelfenden Ehefrau, vom Balletttänzer bis zum Professor neuen Rechts. Wie Sie sicherlich wissen, ist der Bundeszuschuss zur Rentenversicherung mit rund 79,2 Milliarden Euro im (Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Die sind alle Jahr 2009 der mit Abstand größte Ausgabenblock im ungerecht behandelt worden!) Bundeshaushalt. Auch Aufwendungen der Rentenkasse für Leistungen, die sich aus der Wiedervereinigung erge- Das hat mit differenzierter und sozial verantwortungs- ben, werden über den Zuschuss erstattet. Ohne den Bun- voller Politik nichts zu tun. deszuschuss lägen die Rentenbeitragssätze von derzeit (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der 19,9 Prozent beträchtlich höher als jetzt. CDU/CSU) Ich könnte noch mehr Gedanken ausführen. Ich darf Sie sind nicht an einer Lösung interessiert, sondern set- darauf hinweisen, dass die Rentensteigerung zum 1. Juli zen auf Ablehnung. dieses Jahres im Osten mit 3,38 Prozent um fast 1 Prozentpunkt höher ausfällt als im Westen. Auch hier Nebenbei bemerkt haben Sie interessanterweise eine wird eine Angleichung angestrebt. Wie Frau Kollegin Gruppe in den uns vorliegenden Petitionen ausgelassen. Michalk ausgeführt hat, arbeiten wir an einer gründli- (Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Welche chen, gerechten und finanzierbaren Angleichung der (B) denn?) (D) Ost- und Westrenten. Aber dazu braucht es Zeit und nicht solche populistischen und aktionistischen Anträge, Ich habe sie jedenfalls nicht gefunden. Es sind diejeni- wie sie heute vorliegen. gen, die Sie wohl immer noch als „Republikflüchtlinge“ ansehen, mithin DDR-Bewohner, die vor dem Fall der (Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Seit November Mauer das Land verlassen haben und aus nachvollzieh- 2007 haben wir Ihnen das vorgelegt!) baren Gründen nicht in die FZR eingezahlt haben. Aus- gerechnet für diese Gruppe machen Sie sich nicht zum Danke schön. Anwalt. Das zeigt Ihr veraltetes und überkommenes Denken. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der SPD) (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie zeichnen hier ein Bild von Not, Elend und Unge- Der Kollege Klaas Hübner hat das Wort für die SPD- rechtigkeit, das die Wirklichkeit bis ins Absurde ver- Fraktion. zerrt. Natürlich gibt es Änderungsbedarf. Fast 20 Jahre nach der Rentenüberleitung wäre es ein Wunder, wenn (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dirk sich keine Bruchstellen zeigten. Zunächst müssen wir je- Niebel [FDP]: Der letzte Unternehmer! Er ist doch feststellen: Die Rentenüberleitung war eine abso- nicht mal abgesoffen trotz Unwetter! Unglaub- lute Erfolgsgeschichte. Der Mehrheit der 4 Millionen lich! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das kom- Rentner in den ostdeutschen Bundesländern geht es plette Aufgebot!) heute weitaus besser, als es ihnen zu DDR-Zeiten jemals gegangen wäre. Das ist eine gewaltige Leistung aller Bürgerinnen und Bürger in Ost und West. Klaas Hübner (SPD): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der Herren! Die Anträge vor allem von der Linkspartei, über FDP) die wir heute diskutieren, sind in erster Linie eines: Ich lasse dabei sogar außer Betracht, ob die DDR Theater und Show. Sie sind nicht wirklich daran interes- überhaupt in der Lage gewesen wäre, die eingegangenen siert, Lösungen zu finden. Wenn es noch eines Beweises Verpflichtungen auch zu erfüllen. bedurft hätte, dann ist es der Marathon von namentlichen Abstimmungen, in die Sie uns heute zwingen (Dirk Niebel [FDP]: Natürlich nicht!) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24607

Klaas Hübner (A) Sie erinnern sich, dass zum Ende der DDR-Zeit der Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (C) Schürer-Bericht erschien, in dem vorgeschlagen wurde, Entschuldigung, Herr Hübner, einen Augenblick. – alle Sozialleistungen in der DDR pauschal um 30 Pro- Ich kann verstehen, dass man, wenn man hereinkommt zent zu kürzen. Demgegenüber geht es uns heute eindeu- und auf die namentliche Abstimmung wartet, nicht tig besser. gleich völlig ruhig ist. Dass sich aber Stehgrüppchen im Plenarsaal bilden, finde ich dem Redner gegenüber nicht (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ in Ordnung. Daher bitte ich Sie, die noch notwendigen CSU und der FDP) Absprachen draußen zu treffen. – Herr Hübner, bitte schön. Der eben vorgelegte Armutsatlas des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes bestätigt dieses Bild indirekt. Man mag sich über die angelegten Maßstäbe streiten; über- Klaas Hübner (SPD): deutlich aber ist: Eine Einkommensgrenze verläuft ent- Vielen Dank. – Kernpunkt dieses Gesetzes müsste lang der ehemaligen Staatsgrenze der DDR. Nur eine sein, nach einem bestimmten Termin in Deutschland ein einzige Gruppe fällt heraus. Nirgendwo in Deutschland einheitliches Rentenberechnungssystem gelten zu sind nach einem Bericht des Statistischen Bundesamtes lassen. Das betrifft sowohl den Rentenwert als auch von Mai 2009 aktuell so wenige Menschen von Altersar- das Durchschnittsentgelt und die Beitragsbemessungs- mut betroffen wie in Ostdeutschland. Auch das ist die grenze. Wahrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Allerdings darf dies nicht nur zulasten der Versicher- CDU/CSU) ten gehen; darauf weise ich ausdrücklich hin. Ich glaube durchaus, dass wir flankierend den Hochwertungsfaktor Allerdings möchte ich die Gelegenheit ebenfalls dazu für geringere Einkünfte in Ostdeutschland erst nach und nutzen, unsere Vorstellungen für die Zukunft darzulegen, nach abbauen werden. Ein möglicher Stichtag zur end- wohl wissend, dass ich mich dabei auf dünnem Eis be- gültigen Angleichung wäre das Auslaufen des Solidar- wege. Bei jeder Entscheidung ist sorgfältig zwischen paktes 2019. den Interessen der ostdeutschen Rentner und denen der ostdeutschen Versicherten – einige Redner haben darauf Ich weiß auch, dass für die gegenwärtige Rentnerge- hingewiesen – abzuwägen. Augenmaß ist hier gefragt. neration eine solche Vereinheitlichung zunächst keine Meines Erachtens brauchen wir hierfür eine Lösung, die Verbesserung bedeuten würde. Auch das muss klar ge- sagt werden. Akzeptanz in der gesamten Gesellschaft, in Ost wie in (B) West, findet. Es macht dabei sicherlich wenig Sinn, sich (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Bestandsrente!) (D) hinter juristischen Argumentationen zu verstecken. 20 Jahre nach der Wiedergewinnung der Einheit und im Rentensystematisch wäre nur eine rückwirkende Über- 60. Jahr des Bestehens des Grundgesetzes sollte sich je- nahme des aktuellen Rentenwertes für Ostrentner eine der in unserem Staatswesen aufgehoben und angenom- saubere Lösung; aber sie ist – das wissen wir alle – we- der bezahlbar noch wirklich in der Gesamtgesellschaft men fühlen. Dafür zu sorgen, ist unsere Aufgabe. vermittelbar. Auch das gehört zur Wahrheit. Ich weiß, dass wir für die Vollendung der Einheit Diejenigen, die etwas anderes meinen, sollten sich die auch die subjektiv empfundene Wertschätzung der Men- Stellungnahmen aus der Anhörung ansehen, zum Bei- schen, ihre Emotionen und ihre soziale Lage in unsere spiel diejenige des Deutschen Gewerkschaftsbundes, der Überlegungen einbeziehen müssen. Aus vielen Begeg- darauf explizit hingewiesen hat. Sicherlich kann man nungen im Wahlkreis und aus Gesprächen mit Vertretern viele Möglichkeiten diskutieren, wie man den Bestands- betroffener Gruppen ist mir durchaus klar, dass sich das rentnern helfen kann, zum Beispiel durch Einmalzahlun- Gefühl der Ungerechtigkeit, das Gefühl, kein vollwerti- gen oder durch Abschläge. Aber der entscheidende ger Bürger unseres Gemeinwesens zu sein, zum guten Punkt ist, dass wir das Grundproblem erst dann lösen Teil aus dem unterschiedlichen Rentenwert nährt. Wir werden, wenn sich die Entgeltbedingungen in Ost und können noch so viel über Statistik und Zahlbeträge reden – West angeglichen haben. Deshalb stehen wir dafür ein: was bleibt, ist dieser unterschiedliche Rentenwert. Si- Wir brauchen einen einheitlichen gesetzlichen Mindest- cherlich geht es auch um Zahlen; aber es geht ebenso um lohn für Gesamtdeutschland. ein Gefühl, um das Gefühl der Wertschätzung der per- sönlichen Lebensleistung. (Beifall bei der SPD) Wir haben in den letzten zwei Jahren darüber konkret Eine angemessene Lösung ist nach meiner festen verhandelt. Die Koalitionsfraktionen haben konstruk- Überzeugung in diesem Zusammenhang nur im Rahmen tive Vorschläge gemacht. Das Gesetz wäre im Bundesrat eines ganzheitlichen, umfassenden Rentenüberleitungs- zustimmungspflichtig gewesen. Bedauerlicherweise ha- abschlussgesetzes möglich. Wir brauchen ein solches ben sich nicht alle Ministerpräsidenten der ostdeutschen Abschlussgesetz, in dem wir politisch festlegen, wie wir Bundesländer angesichts der bevorstehenden Landtags- in Zukunft damit umgehen wollen. Das ist die entschei- wahlen dazu durchringen können, dem Gesetzentwurf dende Forderung meiner Fraktion. zuzustimmen; das kann man verstehen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Unruhe) (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Hört! Hört!) 24608 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Klaas Hübner (A) Aber es bleibt für uns Verpflichtung, für die Zukunft ein Franz Romer erhält jetzt das Wort für die CDU/CSU- (C) neues Konzept aufzuzeigen. Fraktion. Gewisse Brüche waren in der Vergangenheit mit Si- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) cherheit unvermeidlich und sind angesichts der Gesamt- leistung zu tolerieren. Wenn wir aber etwas machen wol- Franz Romer (CDU/CSU): len, müssen wir uns Kriterien setzen. Für uns Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Sozialdemokraten wird das Hauptkriterium immer die Damen und Herren! Eine der größten Leistungen des soziale Bedürftigkeit und die Würdigung der konkreten wiedervereinten Deutschlands ist ganz sicher die Über- Lebensleistung der Menschen sein. Die Lebensleistung führung der Rentenansprüche. Die Menschen in der ehe- wurde oft unter schwierigen Bedingungen erbracht. Der maligen DDR haben durch Einzahlungen vor der Wie- ruinöse Zustand der Wirtschaft in der DDR war sicher- dervereinigung Anspruch auf eine Rente der heutigen lich nicht mangelndem Fleiß und Einfallsreichtum ihrer gesetzlichen Rentenversicherung erlangt. Wir haben es Bürger geschuldet, im Gegenteil. Wir wollen dort nach- geschafft, die vielen Sonderversorgungsregelungen der bessern, wo es möglich ist, Akzeptanz zu finden. Die DDR gemäß dem Gleichheitsgrundsatz in Ansprüche auf Akzeptanz in diesem Haus werden wir aber nur errei- gesetzliche Rente zu überführen. Wir können stolz da- chen, wenn wir zugleich auch klarmachen, dass damit rauf sein, dass die heutigen Auszahlungsbeträge sehr ein Schlussstrich gegenüber weiteren Ansprüchen gezo- viel höher sind als der Wert der Einzahlungen vor der gen wird. Beides gehört unmittelbar zusammen. Wiedervereinigung. Ich will eine Gruppe herausgreifen, an der man mei- (Beifall bei der CDU/CSU) ner Meinung nach exemplarisch klarmachen kann, dass noch Handlungsnotwendigkeit besteht; Sie haben das Herr Gysi, hören Sie endlich mit Ihren ketzerischen und zum Teil bereits angesprochen. Ich spreche konkret von teilweise unwahren Behauptungen auf! den Krankenschwestern und Krankenpflegern in Ost- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) deutschland. Zumeist geht es um Frauen. Sie haben eine sehr schwierige Arbeit bei zum Teil erbärmlicher Bezah- Lassen Sie mich ein paar allgemeine Worte zum lung geleistet. Sie haben ebenso wie die Kranken- Thema Rente sagen. Ich habe in diesem Jahr das zukünf- schwestern in Westdeutschland viel dazu beigetragen, tige Renteneintrittsalter von 67 Jahren erreicht. dass der gesellschaftliche Zusammenhalt in dem Land aufrechterhalten werden konnte. Ich glaube, es wäre an- Ich bin froh, dass wir jetzt eine Rentenkürzung dauer- gemessen, dass wir den Ostrentnerinnen ein Stück weit haft ausschließen können. Die umlagefinanzierte Rente ist seit ihrer Einführung 1957 noch nie gekürzt worden. (B) Anerkennung zollen und dass sie heute nicht unter ihrer (D) schlechten Bezahlung zu DDR-Zeiten leiden müssen. Das bleibt auch in Zukunft so. Hier besteht für uns Handlungsbedarf. (Beifall der Abg. Dr. Barbara Hendricks [SPD]) (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU) Trotzdem bleibt die Höhe der Rente weiter lohn- und beitragsbezogen. Unterbliebene Kürzungen werden spä- In unserem Wahlprogramm steht zu den Ostrenten ter mit Erhöhungen verrechnet. Die Rente folgt also wei- zwar nur ein Satz, aber ein sehr gewichtiger. Wir sagen: ter der allgemeinen Lohnentwicklung. Wir werden die Angleichung der Rentensysteme in Ost und West in der nächsten Legislaturperiode durchsetzen. Die Union setzt sich seit jeher für eine vernünftige Rentenpolitik ein. Einerseits müssen Rentnerinnen und (Dirk Niebel [FDP]: Das ist schade! Jetzt re- Rentner die verdiente Rente mit Erhöhungen erhalten, giert ihr doch noch!) andererseits treten wir für einen stabilen Beitragssatz Ich will Ihnen unsere Vorstellungen dazu skizzieren. Es ein. Nur die konsequente Reformpolitik der Großen Ko- gilt dabei Vor- und Nachteile abzuwägen und eine Lö- alition macht es jetzt möglich, die Renten entsprechend sung zu finden, die in Gesamtdeutschland akzeptiert der Lohnentwicklung zum 1. Juli zu erhöhen. Diese Er- wird. Dazu müssen wir zu einem Abschlussgesetz kom- höhung ist so stark wie seit zwölf Jahren nicht mehr. Ich men, das auch die Rentenüberleitung klärt. Wir brauchen freue mich, dass die Rentnerinnen und Rentner in die- in Deutschland ein einheitliches Sozialrecht. Wir brau- sem Jahr von der guten Entwicklung der Vorjahre profi- chen dazu einheitliche gesetzliche Mindestlöhne und ein tieren können. einheitliches Rentenberechnungssystem. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Herzlichen Dank. neten der SPD) (Beifall bei der SPD – Unruhe) Auch bei der Angleichung zwischen Ost und West kommen wir jetzt endlich weiter voran. Durch höhere Lohnsteigerungen in den neuen Bundesländern können Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: hier die Renten prozentual stärker steigen. Die Finanzie- Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, bitte rung der Rentenkasse bleibt auch mit der Rentenerhö- ich die Hinzugekommenen, die Gesprächsgruppen auf- hung stabil. Wir haben eine volle Monatsausgabe als Fi- zulösen und nach draußen zu verlagern, damit der letzte nanzierungsreserve. Leider sind die prognostizierten Redner die Chance hat, gehört zu werden. Arbeitsmarktzahlen momentan nicht so positiv. Ich bin Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24609

Franz Romer (A) aber zuversichtlich, dass wir mit den Rücklagen im Sys- (Heiterkeit) (C) tem Teile der Mindereinnahmen im Abschwung abfe- Letzten Endes haben Sie uns fast das Schönste gesagt, dern und damit den Beitragssatz langfristig stabil halten was man uns sagen kann: dass Sie uns alle vermissen können. werden. Das passiert uns nicht jeden Tag. Herzlichen Immer wieder werde ich von Bürgern aus meinem Dank. Wahlkreis auf die Sicherheit unseres Rentensystems in (Heiterkeit und Beifall) der Finanzkrise angesprochen. Es ist wirklich beruhi- gend, dass die umlagenfinanzierte Rentenversicherung Ich schließe die Aussprache. als wichtigste Säule unserer dreigliedrigen Altersversor- gung von einer Finanzmarktkrise nicht betroffen sein Bevor wir zur Abstimmung kommen, gebe ich Ihnen kann. Ich will klar sagen: Eine zusätzliche Absicherung bekannt, dass eine Reihe von Erklärungen nach § 31 der eines Teils der Rente über den Kapitalmarkt wie bei der Geschäftsordnung vorliegt, namentlich der Kolleginnen Riester-Rente ist sinnvoll. Das Risiko einer völligen und Kollegen Iris Gleicke, Dr. Margrit Spielmann, Umstellung der Rente auf Kapitaldeckung ist nicht bere- Dr. Peter Danckert, Dirk Manzewski, Volker Blumentritt, chenbar. Klaus Uwe Benneter, Ernst Kranz, Andreas Weigel, Petra Merkel, Carsten Schneider, Andreas Steppuhn, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Hans-Joachim Hacker, Engelbert Wistuba, Petra Heß, Marko Mühlstein, Simone Violka, Rainer Fornahl, Die Krise, die kaum jemand vorhergesehen hat, zeigt, Dr. Gerhard Botz und Martin Burkert sowie der Kol- dass man mit allem rechnen muss. Deshalb dürfen wir leginnen und Kollegen Kai Wegner, Dr. Michael Luther, langfristig unser krisenfestes System nicht aufgeben. Jens Koeppen, Michael Kretschmer, Dr. Peter Jahr, Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies ist meine letzte Dr. Hans-Heinrich Jordan, Susanne Jaffke-Witt, Robert Rede im Deutschen Bundestag. Erlauben Sie mir noch Hochbaum, Michael Stübgen, Arnold Vaatz, Marco eine kurze persönliche Anmerkung. Ich gehöre diesem Wanderwitz, Eckhardt Rehberg, und Haus nun mit kurzer Unterbrechung seit 1990 an. Ich Ulrich Petzold.1) war damals stolz darauf, Mitglied im ersten gemeinsa- Bevor wir zu den Abstimmungen kommen, möchte men Deutschen Bundestag zu sein. Ich habe den Umzug ich Ihnen noch einige Hinweise zum Abstimmungsver- nach Berlin miterlebt und viele Erfahrungen gesammelt: fahren geben. Danach gebe ich Ihnen einige weitere Na- als meine Fraktion in der Regierung war, später dann in men von Abgeordneten bekannt, die nach § 31 der Ge- der Opposition und nun zuletzt auch in der Großen Ko- schäftsordnung eine Erklärung abgegeben haben; die alition mit als Bundeskanzlerin. Das war Namen werden mir gerade vorgelegt. (B) für mich die intensivste Zeit meines Lebens. Ich komme (D) als gelernter Mechaniker und Betriebsratsvorsitzender Zunächst zum Verfahren. Die Fraktion Die Linke hat aus der Kommunalpolitik, und dorthin gehe ich jetzt namentliche Abstimmung zu ihrem Entwurf eines Zwei- wieder zurück. Der Abschied fällt mir nicht schwer. Ich ten Gesetzes zur Änderung des Anspruchs- und Anwart- werde zwar alle vermissen, schaftsüberführungsgesetzes sowie zu ihren weiteren 16 Anträgen zu Korrekturen bei der Überleitung von (Dirk Niebel [FDP]: Auch Gysi?) DDR-Alterssicherungen in das bundesdeutsche Recht aber auch den Ruhestand mit meiner Frau, meinen Kin- verlangt. dern und meinen fünf Enkeln genießen. Es ist verabredet, die insgesamt 17 namentlichen Ab- (Beifall im ganzen Hause) stimmungen auf einem Stimmzettel zusammenzufassen. Falls noch nicht geschehen, erhalten Sie den Stimmzettel Ich möchte Ihnen allen für eine interessante, erlebnis- von den Plenarassistentinnen und -assistenten hier im reiche und spannende Zeit hier im Parlament danken. Ich Saal. Auf diesem Stimmzettel tragen Sie bitte zunächst durfte viele interessante Menschen kennenlernen und Ihren Namen und die Bezeichnung Ihrer Fraktion deut- Freunde gewinnen, unter den Mitgliedern aller Fraktio- lich in Druckbuchstaben ein, also bitte nicht unterschrei- nen, unter den Mitarbeitern des Hauses, der Fraktionen ben, sondern Druckbuchstaben benutzen, sodass wir und der Abgeordneten. Ich wünsche Ihnen für die neue diese Angaben später lesen können. Legislaturperiode, dass Sie weiter so engagiert für die Bevölkerung in unserem Land arbeiten und gerade den Unter der Namensleiste finden Sie eine Auflistung jungen Menschen zeigen, dass sich Mitmachen in der der 17 abzustimmenden Vorlagen. Sie haben die Mög- Politik immer lohnt. lichkeit, jede einzelne Vorlage mit einem Kreuz bei „Ja“, „Nein“ oder „Enthaltung“ zu markieren – ein Kreuz bei Danke schön. jeder Vorlage. (Beifall im ganzen Hause) (Dirk Niebel [FDP]: Jeder bitte nur ein Kreuz!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: – Nicht jeder nur ein Kreuz, sondern jeder ein Kreuz bei Herr Romer, im Namen des ganzen Hauses danke ich einer Vorlage. – Stimmzettel ohne Namensangabe oder Ihnen sehr herzlich für Ihre Arbeit als Abgeordneter im Einzelabstimmungen mit mehr als einem Kreuz je Vor- Deutschen Bundestag. Nicht alle finden bei ihrer letzten Rede im Plenarsaal so viele Abgeordnete vor; das ist wirklich etwas Besonderes. 1) Anlagen 6 bis 10 24610 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) lage sind ungültig. Sie können die Stimmzettel auf Ihrem Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe r seiner Be- (C) Platz ankreuzen. Nachdem Sie den Stimmzettel ausge- schlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der Frak- füllt haben, werfen Sie ihn bitte hier vorn in die aufge- tion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/11684 stellten Urnen. mit dem Titel „Versorgung für Geschiedene aus den neuen Bundesländern verbessern“. Wer stimmt für diese Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt in Beschlussempfehlung? – Die Gegenstimmen! – Die Ent- seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/13055 haltungen! – Die Beschlussempfehlung ist bei Zustim- unter den Buchstaben a bis q die Ablehnung der Vorla- mung der Koalition angenommen. Dagegen gestimmt gen. Um Missverständnisse zu vermeiden, ist verabre- hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Enthalten ha- det, dass unmittelbar über die Anträge und nicht über die ben sich die FDP-Fraktion und die Fraktion Die Linke. Empfehlungen des Ausschusses abgestimmt wird. Das heißt also: Wenn Sie einem Antrag zustimmen wollen, Unter Buchstabe s seiner Beschlussempfehlung emp- müssen Sie mit Ja stimmen. Wenn Sie einen Antrag ab- fiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der lehnen wollen, müssen Sie mit Nein stimmen. Fraktion der FDP auf Drucksache 16/11236 mit dem Ti- tel „Faires Nachversicherungsangebot zur Vereinheitli- Ich weise darauf hin, dass wir im Anschluss noch chung des Rentenrechts in Ost und West“. Wer stimmt weitere einfache Abstimmungen durchführen werden. für diese Beschlussempfehlung? – Die Gegenstimmen! – Die Enthaltungen! – Die Beschlussempfehlung ist bei Bevor Herr Kauder und alle anderen ihre Stimmzettel Zustimmung der CDU/CSU, der SPD, der Fraktion Die einwerfen dürfen, bitte ich die Schriftführerinnen und Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ange- Schriftführer, sich an die Urnen zu begeben. nommen. Die Fraktion der FDP hat dagegen gestimmt. Währenddessen verlese ich die Namen weiterer Kol- Zusatzpunkt 5. Beschlussempfehlung des Ausschus- leginnen und Kollegen, die Erklärungen abgegeben ha- ses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Frak- ben: Manfred Kolbe, Dr. Marlies Volkmer, Katharina tion der FDP mit dem Titel „Für ein einheitliches Ren- Landgraf, Andreas Lämmel, Dr. Christoph Bergner, tenrecht in Ost und West“. Der Ausschuss empfiehlt Wolfgang Gunkel, Silvia Schmidt, Maik Reichel, Ulrich unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa- Adam, Veronika Bellmann, Günter Baumann, Klaus che 16/13201, den Antrag der Fraktion der FDP auf Brähmig, Manfred Grund, Bernd Heynemann, Ingo Drucksache 16/9482 abzulehnen. Wer stimmt für diese Schmitt, Katharina Reiche, Uda Heller und Monika Beschlussempfehlung? – Die Gegenstimmen! – Die Ent- Grütters.1) haltungen! – Damit ist die Beschlussempfehlung ange- Sind die Schriftführerinnen und Schriftführer an ih- nommen. Zugestimmt haben wiederum CDU/CSU, (B) rem Platz und somit alle Urnen besetzt? – Das scheint SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Fraktion Die Linke. Die (D) der Fall zu sein. Dann ist die Abstimmung eröffnet. Ist FDP hat dagegen gestimmt. noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seinen Stimmzettel nicht abgegeben hat? – Das ist der Fall. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 2 seiner Be- Dann warte ich noch ein bisschen. schlussempfehlung auf Drucksache 16/13201 die Ableh- nung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Haben alle Kolleginnen und Kollegen, die an der Ab- auf Drucksache 16/10375 mit dem Titel „Rentenwert in stimmung teilnehmen wollten, ihren Stimmzettel nun Ost und West angleichen“. Wer stimmt für diese Be- abgegeben? – Das scheint mir der Fall zu sein. Dann schlussempfehlung? – Die Gegenstimmen! – Die Enthal- schließe ich die Abstimmung und bitte die Schriftführe- tungen! – Die Beschlussempfehlung ist bei Zustimmung rinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin- der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion Die Linke nen. angenommen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat dagegen gestimmt. Die vollständige Auswertung der Stimmzettel wird erhebliche Zeit beanspruchen. So werden die Schrift- Jetzt rufe ich den Tagesordnungspunkt 7 auf: führerinnen und Schriftführer zunächst noch kein zah- lenmäßiges Ergebnis ermitteln, sondern nach Sichtung Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- der Stimmzettel feststellen, ob die Vorlagen angenom- richts des Auswärtigen Ausschusses (3. Aus- men oder abgelehnt wurden. Das vorläufige Ergebnis schuss) zu dem Antrag der Bundesregierung der namentlichen Abstimmung wird Ihnen später be- Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der 2) kannt gegeben. internationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo Bevor wir die Abstimmungen über die Beschluss- auf der Grundlage der Resolution 1244 (1999) empfehlungen des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen auf Drucksache 16/13055 fortsetzen, möchte ich einen vom 10. Juni 1999 und des Militärisch-Techni- Hinweis geben: Für mich wäre es sehr komfortabel, schen Abkommens zwischen der internationa- wenn ich sehen könnte, wer wie abstimmt. Durch dieje- len Sicherheitspräsenz (KFOR) und den Re- nigen, die im Saal stehen, ist die Sicht behindert. gierungen der Bundesrepublik Jugoslawien (jetzt: Republik Serbien) und der Republik Serbien vom 9. Juni 1999 1) Anlagen 6 bis 10 2) Seite 24619 C und Anlagen 31 bis 46 – Drucksachen 16/12881, 16/13204 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24611

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Berichterstattung: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will in diesem (C) Abgeordnete Zusammenhang noch einmal Eulen nach Athen tragen. Uta Zapf Der Westbalkan liegt im Herzen Europas. In der Region Dr. leben 22 Millionen Menschen, in der heutigen Europäi- Monika Knoche schen Union 500 Millionen. Albanien, Mazedonien, Marieluise Beck (Bremen) Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Serbien, Montenegro und schließlich dem Kosovo sind, wie wir wissen, auf Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) der Konferenz von Thessaloniki 2003 Perspektiven zur gemäß § 96 der Geschäftsordnung Aufnahme in die Europäische Union eröffnet worden. – Drucksache 16/13216 – Nach nunmehr sechs Jahren halte ich persönlich es Berichterstattung: für sinnvoll, noch einmal zu schauen, ob es nicht nach Abgeordnete Herbert Frankenhauser Ratifizierung des Lissabon-Vertrages möglich wäre, ei- Lothar Mark nen weiteren Sondergipfel für diese Region durchzufüh- Otto Fricke ren. Roland Claus (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜND- Hierzu liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion NIS 90/DIE GRÜNEN]) Bündnis 90/Die Grünen vor. Über die Beschlussempfeh- lung des Auswärtigen Ausschusses werden wir später Man hätte dadurch die Chance, die bis dahin stattgefun- namentlich abstimmen. denen Entwicklungen, Konsolidierungen und Stabilisie- rungen der Demokratien in der Region zu würdigen. Si- Verabredet ist, hierzu eine Dreiviertelstunde zu debat- cherlich müsste man auch die neu entstandene Situation tieren. – Dazu sehe ich keinen Widerspruch. Dann ist so aufgrund der Weltwirtschaftskrise berücksichtigen. beschlossen. Sinnvoll wäre aber doch, ein neues verantwortungsvol- les Gesamtkonzept zu erarbeiten, das alle 22 Millionen Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort dem Menschen in der Region einbezieht, und Beitrittsver- Kollegen Detlef Dzembritzki für die SPD-Fraktion. handlungen mit allen betroffenen Staaten mit dem Ziel (Beifall bei der SPD) einzuleiten, nach Möglichkeit alle gleichzeitig aufzuneh- men, unabhängig vom jetzigen Verhandlungsstatus. Die Verhandlungen müssten bis dahin natürlich so weit ge- Detlef Dzembritzki (SPD): (B) diehen sein, dass dann auch wirklich die Aufnahmekrite- (D) Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! rien erfüllt sind. Die Sozialdemokraten werden der Beteiligung an der in- ternationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo zustimmen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Wir können feststellen, dass sich die Herstellung von Si- Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜND- cherheit in multilateraler Verantwortung bewährt hat. NIS 90/DIE GRÜNEN]) UNMIK und EULEX sind Instrumente, die zwar nicht als total vollkommen bezeichnet werden können, die Es muss doch verhindert werden, dass sich die Staa- aber sicherlich dazu beigetragen haben, dass Mord und ten dort gegenseitig ausspielen und die EU gleich mit. Totschlag in dieser Region ein Ende gesetzt wurde und Ich glaube, hier müssen entscheidende Schritte gemacht sich wieder Stabilität und Sicherheit entwickeln konn- werden. Die EU und auch wir dürfen erwarten, dass die ten. Staaten in dieser Region gegenseitig ihre Souveränität akzeptieren und Erpressungspotenziale nicht nutzen – Wenn man die Anzahl der Soldatinnen und Soldaten, deren Einsatz mit dem vorliegenden Antrag mandatiert (Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Ja!) werden soll, mit der in früheren Jahren vergleicht, dann kann man erfreut feststellen, dass die Präsenz im Laufe ich sage das so deutlich insbesondere mit Blick auf Slo- der Jahre deutlich reduziert werden konnte. Die NATO wenien und Kroatien –, also nicht versuchen, die Pro- hatte einmal 50 000 Soldatinnen und Soldaten im Ko- zesse der Heranführung ihrer Nachbarstaaten an die EU sovo; heute sind es 13 700. Die Mandatierung, die wir zu stören oder gar aufzuhalten. ursprünglich beschlossen hatten, sah 8 900 Soldatinnen (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der und Soldaten vor; nun sind dort noch 2 225 im Einsatz. Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜND- Damit sind derzeit weniger deutsche Soldatinnen und NIS 90/DIE GRÜNEN]) Soldaten im Kosovo, als auch die jetzt vorgesehene Mandatierung zulassen würde. Das ist ein gutes Zeichen. Zur guten Nachbarschaftspolitik in dieser Region ge- Die Signale stehen so, dass wir davon ausgehen können, hört auch, ethno-nationalistische Gefühle nicht zu instru- dass bis zum Jahresende, wenn sich die Präsenz der Poli- mentalisieren. Außerdem gehört dazu, wie ich meine, zei und anderer Institutionen dort weiter erhöht haben Kroatien und Serbien die Befugnis zu entziehen, die wird, eine weitere Reduzierung möglich ist. Pässe für kroatische oder serbische Bürgerinnen und (Beifall bei der SPD) Bürger von Bosnien-Herzegowina auszustellen. Man muss einmal klar sagen, dass wir auch hier einen ande- Das festzuhalten ist, wie ich glaube, richtig. ren Stil erwarten. 24612 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Detlef Dzembritzki (A) (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP Vergessen Sie bitte diese multilaterale Verantwortung (C) und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) und die Pflege dieser Institutionen nicht. Sie sind, wie alles, unvollkommen, aber wir haben nichts Besseres, Die EU sollte, um diesem Prozess zu neuem Schwung was bei der Ausübung von globaler Verantwortungsbe- zu verhelfen, im Gegenzug Reisefreiheit ermöglichen, reitschaft für diese Welt zur Verfügung steht. Deswegen also vom momentanen Visaregime Abschied nehmen bin ich sehr froh, dass ich in diesem Bereich mitwirken und ein neues erlassen, konnte. Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen, (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ die weitermachen, noch mehr Erfolg, als ich ihn mögli- CSU und der FDP) cherweise hatte. und die Vernetzung der dortigen Energie- und Verkehrs- Vielen Dank. netze mit denen der EU vorantreiben. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP Die Parlamentarier sollten als Beobachter in das Eu- und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ropäische Parlament eingeladen werden, um Signale zu setzen. Wir müssen ihnen deutlich machen, dass wir die Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Zusammenarbeit wollen und dass diese Länder in die Herr Dzembritzki, nehmen Sie den herzlichen Dank Europäische Union gehören. Möglicherweise muss man des gesamten Hauses für die Arbeit, die Sie geleistet ha- aufgrund der Weltwirtschaftskrise noch besondere Pro- ben, entgegen und auch dafür, dass Sie einer derjenigen gramme entwickeln. Ich glaube, dass das Europäische sind, die immer auch einen Blick für andere weit über Parlament und die Europäische Kommission aufgerufen unsere Grenzen hinaus haben. Herzlichen Dank! sind, diesem Erweiterungsprozess, der dem Herzen Eu- ropas gilt, eine neue Dynamik zu verleihen. (Beifall im ganzen Hause) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Bevor ich die nächsten Redner aufrufe, möchte ich Ih- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) nen mitteilen, dass es eine klare Ablehnung aller An- träge zum Thema „Rentenrecht“ gibt. Die genauen Dies wird aller Voraussicht nach meine letzte Rede im Stimmverteilungen werden später im Stenografischen Deutschen Bundestag sein. Denn nach drei Wahl- Bericht öffentlich gemacht. perioden werde ich nicht mehr kandidieren. Jetzt gebe ich das Wort dem Kollegen Harald Leib- (Uta Zapf [SPD]: Schade!) recht für die FDP-Fraktion. Ich muss dem Alter und der Familie Tribut zollen. Das (Beifall bei der FDP) (B) ist eine gute Gelegenheit, ein Stück weit darüber nachzu- (D) denken, dass das Bundestagsmandat, wie Sie alle wis- Harald Leibrecht (FDP): sen, eine besondere Herausforderung ist. Ich glaube Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! auch, dass es ein besonderes Privileg ist. Ich möchte Lieber Detlef Dzembritzki, auch von der FDP-Fraktion mich bei Ihnen für die erfahrene Kollegialität über Frak- und von mir persönlich alles Gute für Ihren weiteren Le- tionsgrenzen hinweg herzlich bedanken. Das war eine bensweg. Ich danke Ihnen für die tolle Zusammenarbeit. besondere Erfahrung. Auch die liebenswerte Zusam- Es hat richtig Freude gemacht. Danke schön. menarbeit in der SPD-Fraktion war eine gute Erfahrung. (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD (Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Harald und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Leibrecht [FDP]) Die FDP-Bundestagsfraktion wird der Fortsetzung – Das habe ich doch gesagt: über Fraktionsgrenzen hin- der deutschen Beteiligung an der KFOR-Mission, über weg. Herr Leibrecht, ich werde die Zusammenarbeit mit die im Anschluss an diese Debatte abgestimmt wird, zu- Ihnen vermissen, weil sie immer ein Vergnügen war. stimmen. Ohne Zweifel besteht die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft und besonders Europas für Wir als Außenpolitikerinnen und -politiker haben in das Kosovo fort. Das gilt auch ein Jahr nach der Erklä- unseren Arbeitsfeldern durch unsere Tätigkeit die beson- rung der Unabhängigkeit. dere Chance, die gute Nachbarschaft in Europa, aber auch den Respekt und die Anerkennung gegenüber Die Erinnerung an das, was Ende der 90er-Jahre im Deutschland weltweit erleben zu können. Ich glaube, es Kosovo passiert ist, ist auch heute noch sehr präsent. Ich ist immer wieder eine Herausforderung für uns alle, zu erinnere mich noch gut an 2003, als ich erstmals im Ko- wissen, dass der Wohlstand der Menschen unseres Lan- sovo war. des und der Frieden abhängig von dem Wohlbefinden des globalen Dorfes sind und auch davon, ob Frieden Ich habe dort ein zerstörtes, geschundenes Land vor- und Verständigung überall erreicht werden und ob der gefunden, ein Land, dessen Menschen einen schreckli- Interessenausgleich zwischen Nord und Süd gelingt. chen Krieg hinter sich hatten, deren Leben von Hass, Schrecken und Perspektivlosigkeit geprägt war. Viele Liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Unteraus- Häuser, ganze Dörfer waren zerstört, ihre Bewohner ent- schuss „Vereinte Nationen“, lieber Kollege Leibrecht, weder tot oder auf der Flucht. Einstmals friedlich neben- wir wissen sehr wohl, wie wichtig die multilateralen In- einanderlebende Serben und Albaner verabscheuten strumente und Institutionen sind. Meine herzliche Bitte sich. Die Felder und Weinberge konnten nicht bewirt- an die Kolleginnen und Kollegen, die weitermachen: schaftet werden, weil sie vermint waren. Schönste Kul- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24613

Harald Leibrecht (A) turgüter wie Klöster und Kirchen wurden angezündet nationalen Frage erheben wollten, sondern sich für die (C) und zerstört. Die Lage damals war mehr als deprimie- Europäer im eigenen Land entschieden haben. rend. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Inzwischen hat sich die Sicherheitslage dank der her- der CDU/CSU und der SPD) vorragenden Arbeit unserer Soldaten stark verbessert. Diese proeuropäischen Kräfte müssen wir im Interesse (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des Kosovos wie auch im eigenen Interesse unterstützen. der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNIS- Diese Kräfte brauchen Erfolge; diese Erkenntnis war in SES 90/DIE GRÜNEN) der Debatte, die in diesem Hohen Hause vor einem Jahr geführt wurde, weit verbreitet. Inzwischen sind die Be- Doch noch ist die Lage nicht so stabil, dass sich die mühungen in dieser Hinsicht ein wenig eingeschlafen KFOR-Soldaten der internationalen Gemeinschaft zu- und sollten dringend intensiviert werden. rückziehen könnten. Aus diesem Grund stimmen wir, die FDP, einer Verlängerung des Mandats mit reduzierter Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolle- Mannstärke zu. Wir Liberale begrüßen es, dass es da- ginnen und Kollegen, unsere Verantwortung für das rüber hinaus innerhalb der Bundesregierung inzwischen Kosovo wird uns noch sehr lange erhalten bleiben. Überlegungen gibt, die Truppenstärke zukünftig noch Große Aufgaben gilt es zu bewältigen, nicht nur im weiter zu reduzieren. Kosovo selbst, sondern in der gesamten Region. Ich bin Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle hier im zuversichtlich, dass uns dies mit Beharrlichkeit und Ent- Haus bestätigen uns gegenseitig immer wieder, dass schlossenheit aller Beteiligten gut gelingen wird. Rechtsstaatlichkeit die erste und wichtigste Vorausset- Vielen Dank. zung für ein funktionierendes staatliches Gebilde ist. Das gilt ganz besonders für sogenannte Post-Conflict-Si- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten tuationen, wie sie auf dem Balkan vorliegen. Deshalb ist der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNIS- es strukturell betrachtet richtig, dass wir im Kosovo mit SES 90/DIE GRÜNEN) der EULEX-Mission genau an dieser Stelle ansetzen. Rechtsstaatlichkeit ist für das Kosovo überlebenswich- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: tig. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass wir das Land ei- Philipp Mißfelder erhält jetzt das Wort für die CDU/ nes Tages wirklich sich selbst werden überlassen kön- CSU-Fraktion. nen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten (B) der CDU/CSU und der SPD) Philipp Mißfelder (CDU/CSU): (D) Die Probleme, die insbesondere im Norden des Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kosovo in den Gebieten mit serbischer Mehrheit beste- Zunächst einmal möchte ich in dieser wichtigen Debatte hen, sind uns allen bekannt, und man darf sie nicht klein- den Soldatinnen und Soldaten für ihren Einsatz aus- reden. Genauso klar ist aber: Probleme in einem Teil des drücklich unser aller Dank aussprechen, und zwar aus Kosovo dürfen die Entwicklung im Rest des Landes folgendem Grund: Manch einer mag den Eindruck ha- nicht aufhalten. Die Probleme, die zu lösen sind – insbe- ben, dass die Verlängerung gerade dieses Mandats, weil sondere beim Kampf gegen organisierte Kriminalität es jetzt zum wiederholten Male stattfinden wird, ein und Korruption und beim Aufbau einer selbsttragenden Routinevorgang ist. Das ist es aus meiner Sicht nicht. wirtschaftlichen Entwicklung – bleiben gewaltig. Wir Der Einsatz ist nach wie vor gefährlich. Die Situation ist müssen unseren Partnern im Kosovo immer wieder deut- für die Soldatinnen und Soldaten und gerade auch für lich machen, dass Unabhängigkeit zuallererst ein hohes ihre Angehörigen sicherlich nicht einfach. Deshalb Maß an Verantwortung bedingt. Dem müssen die Koso- möchte ich den Betroffenen an dieser Stelle als Erstes ei- varen gerecht werden. nen Dank aussprechen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei aller Aufmerk- (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP samkeit, die das Kosovo in der letzten Zeit – zu Recht – und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) bekommen hat, sind wir gut beraten, nicht etwa eine Bal- Wir werden heute in namentlicher Abstimmung er- kanpolitik für das Kosovo zu schreiben, sondern umge- neut über eine Fortsetzung der deutschen Beteiligung an kehrt eine Kosovo-Politik zu betreiben, die der Region der internationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo ab- insgesamt zugutekommt. Wir müssen die Region insge- stimmen. Ich möchte zu Beginn meiner Rede die Posi- samt im Blick behalten. Das heißt nicht zuletzt, dass wir tion unserer Fraktion deutlich machen: Wir werden die- versuchen müssen, die proeuropäischen Kräfte in Ser- ser Mandatsverlängerung zustimmen. 1999 wurde durch bien zu unterstützen. die rot-grüne Bundesregierung und die damalige parla- (Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/ mentarische Mehrheit der fast schon historische Be- CSU und der SPD) schluss gefasst, sich auf dem Balkan zu engagieren – mit Erfolg, wie man feststellen muss. Denn die Lage im Es spricht in hohem Maße für die serbische Bevölke- Kosovo ist deutlich besser geworden. rung, dass sie sich in der politischen Auseinandersetzung im eigenen Land mehrheitlich nicht hinter jene Kräfte Besonders seit der Verabschiedung der Unabhängig- gestellt hat, die die Kosovo-Frage zur entscheidenden keitserklärung am 17. Februar 2008 hat sich die Ent- 24614 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Philipp Mißfelder (A) wicklung positiv verstetigt. Erfreulich ist vor allem, dass Umfang haben wird, als das noch vor einigen Jahren der (C) es an dem Tag, an dem sich die Verabschiedung der Un- Fall war. abhängigkeitserklärung jährte, weder zu einer Eskalation der Situation noch gar zu einer Destabilisierung der mili- Für die Zukunft der Europäischen Union ist es von tärischen oder politischen Lage gekommen ist. Vielmehr entscheidender Bedeutung, dass auf dem Balkan Stabili- liegt das Wirtschaftswachstum im Kosovo trotz der welt- tät herrscht und die Entwicklung auf dem Balkan – in- weiten Wirtschafts- und Finanzkrise bei über 3 Prozent. nerhalb der einzelnen Länder, aber auch im Miteinander Das Kosovo ist mittlerweile Mitglied des Internationalen der Staaten – so weit voranschreitet, dass Konflikte nicht Währungsfonds und hat deshalb Zugang zu Krediten. wieder auftreten können. Es ist wichtig, dass Deutsch- Die Voraussetzungen für politische Stabilität sind positiv land einen Beitrag zur Entwicklung dieser Länder leistet, zu beurteilen, da die ökonomische Stabilität weitaus bes- und zwar in den aufgezeigten Bereichen: Aufbau der ser ist, als es noch vor zehn Jahren der Fall war. Insofern Polizeigewalt, Aufbau der Rechtsstaatlichkeit und Auf- ist dies ein großer Erfolg der Menschen im Kosovo, aber bau eigener militärischer Strukturen. Eine Unterstützung natürlich auch derjenigen Freunde und Partner, die die unsererseits ist weiterhin notwendig. Heute dokumentie- Menschen und die gemäßigten politischen Kräfte dort ren wir, dass dies kein leeres Versprechen ist, sondern unterstützen, also ein Erfolg derjenigen, die Truppen für dass sich Deutschland auch in Zukunft stark engagieren einen Einsatz im Kosovo bereitstellen. wird. Es ist keine Kleinigkeit, wenn wir heute beschlie- ßen, weiterhin deutsche Soldaten im Ausland zu statio- Das Kosovo hat zudem eine Verfassung, die die Min- nieren. derheitenrechte besonders der Serben ausdrücklich schützt. Das ist natürlich eine Voraussetzung für politi- Vielen Dank. sche Zusammenarbeit und lässt für die Zukunft hoffen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Insbesondere durch die EULEX-Mission der Europäi- neten der SPD) schen Union wird im Kosovo im Bereich der Polizei und der Justiz mehr Rechtsstaatlichkeit aufgebaut. Gerade Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: dieser Aspekt ist neben dem militärischen Engagement Die Kollegin Monika Knoche spricht jetzt für die für unseren Ansatz sehr wichtig und lässt uns für die Zu- Fraktion Die Linke. kunft optimistisch sein, dass die Situation im Kosovo stabil bleibt. Die Sicherheit ist nicht akut gefährdet; aber (Beifall bei der LINKEN) sie bleibt dennoch instabil. Deshalb ist dieses Engage- ment weiterhin notwendig. Monika Knoche (DIE LINKE): (B) In Gesprächen mit Menschen aus dem Kosovo, die im Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Herren und (D) Rahmen von Besuchergruppen einzelner Stiftungen zu Damen! Ich vertrete die Position der Linken zum uns kommen, oder in Gesprächen anlässlich von Besu- Kosovo. Diese Position unterscheidet sich grundlegend chen von Partnerorganisationen auf europäischer Ebene von allen anderen. Weder legitimieren wir im Nach- stellt man immer wieder fest, dass die Spannungen zwi- hinein den Angriffskrieg auf Jugoslawien noch sehen schen den Volksgruppen keineswegs abgebaut sind, wir die politisch-rechtlichen Grundlagen, auf die sich selbst wenn jetzt Stabilität herrscht. Deshalb müssen wir eine Verlängerung des KFOR-Einsatzes stützen könnte. darauf achten, dass dieser Einsatz auch in Zukunft Er- (Michael Brand [CDU/CSU]: Immer die folg hat und dass die Grundvoraussetzungen für Stabili- gleiche Leier!) tät und Zusammenarbeit in dieser Region vorhanden bleiben. Rot-Grün – ich erinnere mich sehr gut – hat vor zehn Jahren mit einem unerträglichen Auschwitz-Vergleich Die Verwirklichung von Rechtsstaatlichkeit und poli- und mit der Lüge vom Hufeisenplan tischer Stabilität kann nur dann gelingen, wenn das Kosovo eigene Erfolge hat. Deshalb ist es ein ganz be- (Michael Brand [CDU/CSU]: Das ist Ihre sonders wichtiger Aspekt, dass eigene militärische Lüge!) Kräfte aufgebaut werden. So ist es besonders erfreulich, das emotionale Feld dafür bereitet, dass sich Deutsch- dass der Aufbau der Kosovo Security Force sehr weit land erstmals nach 1945 wieder an einem Krieg beteilig- vorangeschritten ist und dass die professionelle Unter- ten konnte. Das vergessen wir Linken nicht. stützung beim Aufbau dieser Strukturen und bei der Be- schaffung der Ausrüstung sehr stark an NATO-Standards Die Menschenrechtsverbrechen der serbischen und ausgerichtet ist. Das ist ein Vorteil für die Zukunft des der kosovarischen Seite wurden als moralische Legiti- Kosovos. mation des Bombardements angeführt. In Rambouillet wurde Rugova durch die UCK am Verhandlungstisch er- Dass der Umfang dieses Engagements jedoch dauer- setzt und eben keine friedliche Lösung gefunden. Wir haft zurückgehen muss, dokumentieren wir in folgender haben dem Jugoslawien-Krieg damals entschieden wi- Weise: Wir reduzieren die Personalobergrenze von dersprochen. Wir haben ihn abgelehnt und in der Folge, 8 500 auf 3 500 Soldatinnen und Soldaten. Aktuell sind im Februar 2008, auch die Abtrennung des Kosovos von 2 200 Männer und Frauen, die der Bundeswehr angehö- Serbien verurteilt. ren, im Kosovo. Auch daran sieht man, dass unser Enga- gement auf Dauer – das ist die politische Aussage der (Beifall bei der LINKEN – Michael Brand [CDU/ Reduzierung der Personalobergrenze – einen anderen CSU]: Weil Sie es nicht kapieren!) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24615

Monika Knoche (A) Ich erinnere mich auch gut daran, dass die Gewaltbe- Ich sage aber auch: Die UN-Mission UNMIK und die (C) reitschaft auf der Seite der kosovarischen Nationalisten Militärpräsenz KFOR haben sich in den letzten Jahren ausschlaggebend in Ihrer Argumentation dafür war, die keine Lorbeeren verdient; denn der zivile Aufbau ist Abtrennung von Serbien zu befürworten. Das entsprach wirklich nicht gestärkt worden. Es herrschen – das wis- Ihrer Befriedungsstrategie. Das war und ist unverant- sen alle, die sich damit beschäftigen – albanisch-kosova- wortlich und widerspricht dem europäischen Gedanken rische Clanstrukturen, in die Rechtsstaatlichkeit nicht der Vielvölkerstaatlichkeit. vordringt. Kriegsverbrechen können nicht hinreichend geahndet, Verbrecher nicht vor dem Internationalen Ge- (Beifall bei der LINKEN) richtshof in Den Haag verurteilt werden, weil Zeugen Seither haben nur 60 Staaten der Welt dieses Territorial- sterben, umgebracht oder mundtot gemacht werden. gebilde anerkannt. Mitrovica ist ein Beispiel dafür, dass Roma vertrieben (Uta Zapf [SPD]: Das ist doch eine Menge!) wurden und bis heute nicht wieder zurückkehren können und auch dafür, dass serbische Flüchtlinge nicht wieder Die Mehrheit der Staaten der Welt unterstützt Serbien in ihre Häuser zurückkehren können. vor dem Internationalen Gerichtshof. Ich sage hier wieder und wieder: Kosovo ist in Wie man am Beispiel Südossetiens sieht, ist der Völ- Europa der Dreh- und Angelpunkt des Drogen- und kerrechtsbruch in Sachen Kosovo leider kein Einzelfall Menschenhandels und Umschlagplatz für Zwangsprosti- geblieben. Es muss uns doch zu denken geben, dass man tution von Frauen. Nach wie vor verabsäumt es die die völkerrechtlichen Fragen so nachlässig behandelt Bundesregierung, gemäß der UN-Resolution 1325 die hat. Es ist falsch, den Völkerrechtsbruch dadurch fortzu- Frauen am Aufbau der zivilen Ordnung zu beteiligen. schreiben, dass Deutschland weiterhin deutsche Solda- ten im Kosovo einsetzt und sich an der KFOR beteiligt. (Beifall bei der LINKEN – Gunther Krich- baum [CDU/CSU]: Deswegen brauchen wir (Michael Brand [CDU/CSU]: Sie schieben das doch den Aufbau einer funktionierenden Poli- Völkerrecht doch vor!) zei! Das ist doch genau der Punkt, warum wir Ich hebe noch einmal hervor: Die UN-Resolution 1244 ihn benötigen! Sie sagen es doch gerade besagt, dass die Statusfrage des Kosovo offen ist. Es gilt selbst! Sie befinden sich in einem ständigen daher, bei jedem Engagement die Statusneutralität zu Widerspruch!) wahren. Die Menschenrechtsstandards werden bei der Vergabe (Beifall bei der LINKEN) von Geldern an die Eliten im Kosovo ebenfalls nicht zwingend angewandt. Ich bin der Meinung, der Westen (B) Warum sprechen Sie in diesem Haus nicht davon, (D) muss endlich mehr Mut zeigen, um die Machthaber im dass Spanien, das mit den Basken erhebliche Konflikte Kosovo in ihre Schranken zu verweisen; denn die austrägt, dass Griechenland, Zypern, Rumänien und die Rechtsstaatlichkeit ist in Europa unteilbar. Slowakei die Anerkennung des Kosovo strikt ablehnen? Diese Länder können, wollen und werden eine Anerken- nung des Kosovo nicht unterstützen. Wer also hat den Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: europäischen Konsens nicht hergestellt – diejenigen, die Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Ende kommen. auf die europäische Philosophie verweisen und auf eine nichtethnische Separation drängen, oder jene, die sich Monika Knoche (DIE LINKE): über die Völkerrechtsfragen hinweggesetzt haben? Als Es sind viele politische und auch rechtliche Gründe, es um Bosnien-Herzegowina ging, sind Sie noch für die die dazu geführt haben, dass wir die Zustimmung versa- Multiethnizität eingetreten. gen werden. Die Autonomie für das Kosovo wäre die richtige Hal- (Beifall bei der LINKEN – Michael Brand [CDU/ tung gewesen und hätte auch eine einheitliche Haltung CSU]: Das war toll schwarz-weiß!) Europas ermöglicht. Spanien zieht nun die Konsequenzen und zieht seine Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Truppen komplett ab. England zieht seine Truppen im Marieluise Beck ist die nächste Rednern für September ab. Nur Deutschland will bis zu 3 500 Solda- Bündnis 90/Die Grünen. ten dorthin beordern. Wir Linke fordern, dass Deutsch- land mit Spanien und England gleichzieht und die deut- Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE schen Soldaten abzieht. GRÜNEN): (Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU/ Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und CSU: Unverantwortlich! Fürchterlich!) Kollegen! Aufgrund dieser Selbstgerechtigkeit, mit der Sie hier auftreten, Frau Knoche, stellen Sie sich natürlich Ich weise darauf hin, dass Deutschland gerade erst nie die Frage, wie viele Kosovo-Albaner heute über- durch die EULEX-Entscheidung von der UN noch ein- haupt noch im Kosovo leben könnten oder würden, mal vor Augen geführt bekam, dass die UN das zivile wenn es die Intervention der KFOR nicht gegeben hätte. Engagement der EULEX weiterhin unter die Statusneu- tralität stellt. Wir sind also mit unserer Rechtsauffassung (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei nicht allein. der CDU/CSU, der SPD und der FDP) 24616 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Marieluise Beck (Bremen) (A) Ich möchte dem Kollegen Dzembritzki noch einmal In Deutschland weiß man, was es bedeutet, einen Teil (C) meinen Dank aussprechen. Sie haben uns hier ja den des eigenen Staatsgebietes, des eigenen Landes zu ver- Auftrag gegeben, nicht nur auf die einzelnen Länder auf lieren. Hier hat es Jahrzehnte gedauert, bis dies von der dem Balkan zu schauen, sondern auf die Region. Das Mehrheit der Gesellschaft und der Politik akzeptiert möchte ich sehr unterstützen. worden ist. In Deutschland weiß man, dass es deutsches Verschulden war, das zu diesem Verlust geführt hatte. Natürlich haben wir bei der Frage der europäischen Diese eigenen Erfahrungen und Kenntnisse sollten wir in Perspektive, also der EU-Perspektive, einen Acquis, den Umgang mit unseren Gesprächspartnerinnen und aber wir sollten nicht vergessen, dass wir in ganz Gesprächspartnern in Serbien einfließen lassen. schwieriges Fahrwasser kommen, wenn wir diese Län- der nur einzeln betrachten. Unter anderem geht es – Sie Manches deutet darauf hin, dass von den radikalen wissen, dass mir das besonders am Herzen liegt – um Kräften in Serbien nach wie vor mit dem Gedanken ge- Bosnien-Herzegowina. Diesem Staat hat die internatio- spielt wird, zumindest den Norden Mitrovicas aus dem nale Gemeinschaft eine Verfassung gegeben, die ihn Kosovo faktisch herauszulösen. Wir müssen Belgrad kaum lebensfähig macht. Wenn nun die Nachbarstaaten sehr deutlich machen: Eine Teilung des Kosovos wird Bosniens der EU beitreten können, aber Bosnien außen vom Westen nicht akzeptiert. Man bedenke nur, welche vor bleibt – unter anderem auch, weil es durch uns eine Büchse der Pandora aufgemacht würde, wenn das Ko- so schlechte Verfassung bekommen hat –, dann sollten sovo von einem multiethnischen Staat in einen ethnisch wir doch noch einmal an unsere Verantwortung denken. sortierten überführt werden würde. Die Zukunft des Pre- Es geht um die Region und nicht nur um einzelne Län- sevo-Tals in Serbien und die Teilung Bosniens stünden der, und wenn wir heute über das Kosovo und KFOR als Nächstes auf der Tagesordnung. Wir alle wissen das. sprechen, sprechen wir auch über die Region. Dieselbe Botschaft geht an die Regierung in Pristina, Deswegen möchte ich meinen Blick heute noch ein- die unsere Unterstützung nur dann erwarten kann, wenn sie mit aller Kraft die serbische Minderheit integriert und mal auf Serbien richten. Wir wissen, dass weite Teile versucht, sie zu halten, sich also wirklich bemüht, allen Serbiens sich unendlich schwer damit tun, die Realität, Menschen jeder Herkunft und jeder Religion in ihrem die mit der Unabhängigkeit des Kosovos geschaffen Land Raum zu geben. Eine klare Botschaft darf aller- worden ist, anzuerkennen. Und die Realität ist: Serbien dings keiner Belgrader Regierung erspart bleiben: Wer hat das Kosovo durch eigenes Zutun verloren. Nicht nur in Belgrad der Bevölkerung weismacht, der Weg in die hatte Milosevic in den 90er-Jahren ein brutales Apart- EU und eine Blockade bei der Kosovo-Frage wären mit- heid-Regime gegenüber den Kosovo-Albanern errichtet, einander vereinbar, streut der serbischen Bevölkerung ihnen die Autonomie genommen und auch noch Truppen Sand in die Augen. (B) in Bewegung gesetzt, sondern dieses Regime hatte auch (D) in den Jahren zuvor gegen Teile seines eigenen Landes (Beifall des Abg. Detlef Dzembritzki [SPD]) und seiner eigenen Bevölkerung Krieg geführt, und diese Aggression hatte ihren Preis. Wir beschließen heute noch einmal die Verlängerung des KFOR-Mandats, weil wir wissen, dass ein Konflikt, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wenn er erst einmal ausgebrochen ist und sich ausbreiten sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der konnte, fürchterliche und tiefe Gräben und Wunden hin- SPD und der FDP) terlässt, die nur schwer zu heilen und zu schließen sind. Die Lektion der Balkan-Kriege lautet: Nichts ist schlim- Das Serbien von heute ist nicht mehr das Serbien von mer, als wenn Aggression offen wüten kann. Frau Kno- Milosevic und Karadzic. Wir sollten anerkennen, dass che, wenn die Wunden erst einmal sehr tief sind, ist die die Regierung in Belgrad ihren Blick in Richtung EU Versöhnung extrem schwierig. Deswegen lohnt sich jede richtet und sich Mühe gibt, auch den Blick der Bevölke- präventive Maßnahme. Dazu gehört der KFOR-Einsatz. rung dorthin zu lenken. Dennoch – das wissen wir – ste- Daher stimmt Bündnis 90/Die Grünen diesem Einsatz cken Politik und Gesellschaft in dem bitteren Prozess, zu. sich mit ihrem historischen Erbe auseinanderzusetzen. Schönen Dank. Wir wissen, dass von manchen Serben die Abtren- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei nung des Kosovo als Demütigung Serbiens empfunden der CDU/CSU, der SPD und der FDP) wird. Aber es geht nicht um Demütigung und auch nicht um Schuld, sondern um die Übernahme einer histori- schen – ich betone das – Verantwortung für vergangenes Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Unrecht. Diese Auseinandersetzung mit der eigenen Be- Die Kollegin Uta Zapf hat jetzt das Wort für die SPD- völkerung und den radikalen Verführern in ihrem Land Fraktion. wird der serbischen Politik nicht erspart bleiben. Deswe- (Beifall bei der SPD) gen ist es unerträglich – ich sage das heute noch einmal –, dass der Schlächter von Srebrenica, General Mladic, im- mer noch in Serbien Unterschlupf finden kann. Uta Zapf (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Seit zehn Jahren stehen die KFOR-Truppen im Kosovo. bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Ab- Das Gespenst des Krieges wurde gebannt – das hat geordneten der FDP) Frank-Walter Steinmeier bei der Einbringung des Antra- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24617

Uta Zapf (A) ges gesagt. Das Gespenst mag gebannt sein. Dennoch Hier prallen zwei völkerrechtliche Prinzipien aufei- (C) wissen wir, dass auf KFOR noch nicht verzichtet werden nander, die bis heute in einem ungelösten Widerspruch kann. Es wird sicherlich zu Truppenreduzierungen kom- zueinander stehen: die Nichteinmischung in die inneren men; das ist schon erwähnt worden. Wir sollten aber vor- Angelegenheiten eines souveränen Staates und die Ver- sichtig sein; denn auch die Unruhen vom März 2004 pflichtung der internationalen Staatengemeinschaft, sind noch nicht vergessen. Menschenrechte zu schützen und ethnische Vertreibun- gen sowie Genozid nicht untätig hinzunehmen. Ein Jahr nach der Unabhängigkeitserklärung haben 60 Staaten das Kosovo anerkannt. Allerdings ist das un- „The Responsibility to Protect“, die Schutzverantwor- abhängige Kosovo alles andere als vollkommen souve- tung der Staaten, lautete der Titel des Berichts einer in- rän, die Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates gilt ternationalen Kommission vom Dezember 2001, in dem nach wie vor – sie wurde durch keine neue Entscheidung sie sich mit der Staatssouveränität und dem Recht oder abgelöst –, und UNMIK vertritt das Kosovo in internatio- der Pflicht zur Intervention auseinandersetzte. Die um- nalen Organisationen. strittene Intervention im Kosovo veranlasste Kofi Annan, die internationale Staatengemeinschaft im Jahre 1999 und Dass die Situation immer ein bisschen in Bewegung dann noch einmal im Jahre 2000 aufzufordern, in dieser ist, sieht man daran, dass 44 Staaten, die offensichtlich Frage einen Konsens zu finden. Ich zitiere Kofi Annan: für den Beitritt zum IWF gestimmt haben, bisher noch nicht ihre Anerkennung ausgesprochen haben und dass Wenn humanitäre Interventionen in der Tat ein un- Russland in die Kontaktgruppe zurückgekehrt ist. Ich akzeptabler Anschlag auf die Souveränität sind, wie glaube, wir brauchen noch Geduld. Es geht zwar nur sollen wir dann auf Ruanda, auf Srebrenica antwor- langsam voran, aber es wird eine Lösung geben. Ich ten – auf schlimme und systematische Verletzungen glaube, im Hinblick auf diese Lösung ist die europäische der Menschenrechte, die jede Vorstellung unserer Perspektive des Kosovo, aber auch des gesamten West- Humanität verletzen? balkans von sehr großer Wichtigkeit. Auch für Serbien ist sie wichtig, und die Serben wissen das. Bis heute gibt es keine schlüssige Antwort auf diese Frage von Kofi Annan. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der erste Jahrestag der Unabhängigkeit wurde gefeiert, und er verlief fried- Nach Ruanda und Srebrenica sehen wir in Darfur im lich. Dass an der Sondersitzung des Kosovo-Parlaments Sudan und in Simbabwe hilflos zu, wie Regierungen ihre weder die serbischen Abgeordneten noch die Abgeord- Schutzpflicht gegenüber der eigenen Bevölkerung grob neten der anderen Minderheiten teilnahmen, zeigt, dass vernachlässigen, internationale Konventionen verachten, (B) noch viel getan werden muss, um die Serben, die Alba- Menschenrechte mit Füßen treten, Vertreibung, Mord (D) ner und die anderen Minderheiten zu einem friedlichen und Genozid zulassen oder auch ausüben. Zusammenleben zu führen. Im Jahre 2004 legte das High Level Panel on Threats, Der KFOR-Einsatz wurde vor zehn Jahren beschlos- Challenges and Change einen Bericht mit dem Titel sen. Zehn Jahre, das ist eine unendlich lang erscheinende „Eine sicherere Welt: Unsere gemeinsame Verantwor- Zeit. Die Entscheidung zum Einsatz der KFOR als tung“ vor. Diesem Bericht folgte ein Bericht des Gene- Schutztruppe, um ein Aufflammen von Kämpfen zwi- ralsekretärs mit dem Titel „In größerer Freiheit: Auf dem schen albanischen und serbischen Gruppen zu verhin- Weg zu Entwicklung, Sicherheit und Menschenrechten dern und die serbische Bevölkerung zu schützen, war als für alle“. logische Folge des Eingreifens der NATO nicht das größte Problem. Der vorherige Beschluss, an der völker- In allen diesen drei Berichten – inklusive der rechtlich umstrittenen Intervention teilzunehmen, war „Responsibility to Protect“ – hat man sich genau mit die- allerdings eine quälende und schwere Entscheidung. Ich ser Diskrepanz auseinandergesetzt. Es wurden auch Vor- glaube, niemand von uns hat sie sich leicht gemacht. schläge zur Lösung gemacht, die dann eine völkerrecht- liche Grundlage sicherer Art werden. In allen Berichten (Beifall der Abg. Detlef Dzembritzki [SPD] wird aus der Verpflichtung der souveränen Staaten, seine und Marieluise Beck [Bremen] [BÜND- eigenen Bürgerinnen und Bürger vor Not, Menschen- NIS 90/DIE GRÜNEN]) rechtsverletzungen, Verfolgung und Genozid zu schüt- Warum haben wir damals geholfen? Warum haben zen, die Verpflichtung der internationalen Staatenge- wir diese Entscheidung getroffen? Die Vertreibungen meinschaft zur Intervention abgeleitet, sollte dieser Staat und der Mord an der albanischen Bevölkerung, die un- nicht in der Lage oder willens sein, dieser Schutzpflicht endlichen Flüchtlingsströme und die Lage in Mazedo- nachzukommen. nien, die wir jeden Tag im Fernsehen verfolgt haben, Drei Grundsätze wurden aufgestellt: machten deutlich, dass ein Verbrechen an der eigenen Bevölkerung begangen wurde. Die völkerrechtliche Le- Erstens. Prävention. Die Mittel haben wir, aber sie gitimität des Eingreifens der NATO war umstritten, ob- funktionieren noch nicht in ausreichendem Maße. wohl – ich sage deutlich: obwohl – die UNO die Vertrei- bungen, die Menschenrechtsverletzungen und die Zweitens. Die Verantwortung, zu handeln. Dies muss Verbrechen in Jugoslawien ausdrücklich als Bedrohung notfalls mit Zwangsmaßnahmen und im Falle der Ultima des Weltfriedens bezeichnet hat. Ratio mit militärischen Mitteln geschehen. 24618 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Uta Zapf (A) Drittens. Die Verantwortung für den Wiederaufbau, Kooperation setzen. Es ist auch ein deutliches Zeichen (C) für die Beseitigung der Ursachen der Konflikte und für für die Menschen vor Ort, liebe Frau Knoche. Sie wer- die volle Unterstützung bei der Versöhnung. den dadurch ermuntert, aufeinander zuzugehen, sich die Hände zu reichen und sich zu versöhnen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies alles haben wir im Kosovo getan. Wir tun dies noch, und wir werden Ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Demokrati- dies so lange tun, bis die Region befriedet ist. Eines ha- sierung ist das Inkrafttreten der kosovarischen Verfas- ben wir noch nicht geleistet, nämlich die unaufgelöste sung im vergangenen Jahr. Sie ist das Fundament für Spannung zwischen der Nichteinmischung in die inneren Rechtsstaatlichkeit und daher von enormer Wichtigkeit Angelegenheiten eines Staates und unserer „Responsibi- für die Menschen im Land. Ihr Zustandekommen stellt lity to Protect“ aufzulösen. einen wesentlichen Baustein aller internationalen und Ich wünsche mir von Herzen, dass wir diese Diskus- kosovarischen Bemühungen zur Friedenssicherung dar. sion endlich vertieft und ohne Eifer und Zorn hier in die- Wenn wir Vergangenheit und Istzustand im Kosovo sem Hause führen. miteinander vergleichen, dann ist augenscheinlich, dass Ich danke Ihnen. der Einsatz der NATO und damit der Einsatz unserer Bundeswehr zu weitestgehend stabilen Verhältnisse im (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Kosovo beigetragen haben. der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der SPD und der FDP) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Ohne diesen Einsatz wäre keine Stabilisierung des Robert Hochbaum spricht jetzt für die CDU/CSU- Landes möglich gewesen. Deutschland hat dazu einen Fraktion. nicht unerheblichen Beitrag geleistet. Mit bisher insge- samt über 100 000 Soldatinnen und Soldaten konnte der (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Auftrag, im Kosovo ein rechtsstaatliches und demokrati- sches Umfeld herzustellen, inzwischen schon in großem Robert Hochbaum (CDU/CSU): Umfang erfüllt werden. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manche mögen sich noch erinnern können: Es Auch wenn es hier und anderswo schon öfters ange- sind jetzt fast auf den Tag genau zehn Jahre, seitdem sich klungen ist, so möchte ich es an dieser Stelle gerne wie- Deutschland am Einsatz im Kosovo beteiligt. Am derholen; weil ich denke, dass es nicht oft genug gesagt werden kann: Allen beteiligten Soldatinnen und Solda- (B) 11. Juni 1999 hat der Deutsche Bundestag das Kosovo- (D) Mandat im Rahmen der NATO-Mission zum ersten Mal ten gebührt unser Dank. Sie stehen für Frieden, Freiheit beschlossen. und Demokratie im Kosovo und für eine friedliche Per- spektive in ganz Europa. Sicherlich war dies damals wie heute für alle keine einfache Entscheidung. Die Tatsachen aber, die man im (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Kosovo vorfand, sprachen eine eindeutige Sprache – ich neten der SPD, der FDP und des BÜNDNIS- glaube, das haben Sie, werte Frau Knoche, vergessen –: SES 90/DIE GRÜNEN) (Monika Knoche [DIE LINKE]: Oh nein! Die Fortschritte, die das Kosovo hin zu einer friedli- Ganz und gar nicht!) chen Entwicklung gemacht hat, sind beachtlich. Den- noch steht es – man darf da nicht blauäugig sein – vor 1,4 Millionen Vertriebene und Flüchtlinge, 1,8 Millionen Herausforderungen, die nicht zu unterschätzen sind und obdachlose Menschen, Massenhinrichtungen, Massen- von uns ernst genommen werden müssen. vergewaltigungen und brutalste Waffengewalt waren an der Tagesordnung. Der damalige Kommandeur im Ko- So muss beispielsweise die sehr junge Verfassung von sovo, General Fritz von Korff, beschrieb die Lage ge- den dort lebenden Menschen – und zwar von allen – erst genüber Journalisten mit den Worten: Es gibt keine in- noch in vollem Umfang angenommen werden. Sie muss nere Ordnung, es gibt nur Hass. gelebt und verinnerlicht werden. Heute entscheiden wir zum elften Mal darüber, ob wir Ein weiteres Problem stellt der wirtschaftliche Auf- unser Engagement im Kosovo fortführen. In diesen Tagen bau des Landes dar. In Zeiten der weltweiten Finanz- hören wir von einer Lage, die sich zumindest im Vergleich und Wirtschaftskrise ist dies kein leichtes Unterfangen zu der von damals deutlich verbessert hat. Selbst die Un- und benötigt – wie zurzeit überall auf dieser Welt – öko- abhängigkeitserklärung vom 17. Februar 2008 und die nomisches Fingerspitzengefühl. damit verbundenen düsteren Prognosen führten zu kei- Aber auch die Sicherheitsstrukturen müssen noch ner Eskalation und auch nicht zu einer deutlichen Desta- weiter entwickelt und ausgebaut werden. Mit EULEX, bilisierung der Lage im Land. der Rechtsstaat- und Polizeimission Europas, und dem Gegenwärtig erkennen 60 Staaten, darunter zum Bei- Aufbau der Kosovo Security Force ist man gut vorange- spiel auch Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugosla- kommen. Es wurden schon viele Sicherheitskräfte aus- wiens, die Unabhängigkeit des Kosovos an. Das ist für gebildet. Weitere – und zwar sehr viele – befinden sich mich und wohl auch für Sie ein Zeichen, dass die betei- in der Ausbildung. Dies gilt es weiter fortzuführen und ligten Regierungen nicht auf Konfrontation, sondern auf zu unterstützen. Nur effektive Sicherheitsstrukturen so- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24619

Robert Hochbaum (A) wie rechtsstaatliche Instrumentarien sind Garanten für Wenn wir heute – ich hoffe, mit großer Zustimmung (C) einen fortwährenden Frieden. des Hauses – die weitere friedliche Entwicklung des Ko- sovos unterstützen, dann tun wir dies nicht gegen den Die Entwicklung mit EULEX und der Kosovo Secu- Wunsch der Kosovaren. Unmissverständlich hat auch rity Force lässt die Gewährleistung der Sicherheit in Ei- der dortige Präsident Sejdiu mehrfach zum Ausdruck ge- genverantwortlichkeit der kosovarischen Kräfte in greif- bracht, dass die Unterstützung der KFOR gewünscht, ge- bare Nähe rücken. Damit sind wir auf dem richtigen wollt und willkommen ist. Unterstützen wir ihn, vor al- Weg, was im Übrigen auch die heute zur Debatte ste- lem aber die Menschen im Kosovo bei ihrem Streben hende Reduzierung der Truppenstärke ermöglicht hat. nach Frieden, Freiheit und Demokratie! Aber – das ist entscheidend – der Aufbau der Sicher- Herzlichen Dank. heitsstrukturen und die Ausbildung der Polizei- und Militärkräfte müssen mit Geduld, höchster Gewissenhaf- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- tigkeit und vor allem Nachhaltigkeit vollzogen werden. neten der SPD) Es wäre ein Kardinalfehler und äußerst fatal, Erreichtes durch zu schnelles und unüberlegtes Handeln zu gefähr- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: den und somit eine mögliche Destabilisierung einer gan- Damit schließe ich die Aussprache. zen Region hervorzurufen. Das zarte Pflänzchen der Sta- bilität im Kosovo muss weiter gesichert, gefestigt und Ich komme kurz zurück auf die Tagesordnungs- ausgebaut werden. Forderungen nach einem schnelleren punkte 6 a und 6 b. Ich hatte Ihnen schon mitgeteilt, dass bzw. gänzlichen Rückzug unserer Truppen sind dabei die Schriftführerinnen und Schriftführer für den Gesetz- wenig zielführend und meiner Meinung nach verantwor- entwurf auf Drucksache 16/7035 und die Anträge auf tungslos. den Drucksachen 16/7019 bis 16/7034 eine Mehrheit von Neinstimmen festgestellt haben. Es ist noch zu sa- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- gen, dass damit der Gesetzentwurf in zweiter Lesung so- neten der SPD, der FDP und des BÜNDNIS- wie die 16 Anträge der Fraktion Die Linke abgelehnt SES 90/DIE GRÜNEN) sind.

Endgültiges Ergebnis Ulla Jelpke Nein Abgegebene Stimmen: 571; Dr. Lukrezia Jochimsen Thomas Dörflinger (B) (D) davon Dr. Hakki Keskin CDU/CSU Marie-Luise Dött Dr. Stephan Eisel Ulrich Adam ja: 52 Monika Knoche (Lübeck) nein: 513 Jan Korte Ilse Falk Peter Albach enthalten: 1 Katrin Kunert Dr. Hans Georg Faust Thomas Bareiß Ingrid Fischbach Ja Norbert Barthle Ulla Lötzer Hartwig Fischer (Göttingen) Dr. Wolf Bauer Dr. Gesine Lötzsch Dirk Fischer (Hamburg) FDP Günter Baumann Ulrich Maurer Axel E. Fischer (Karlsruhe- Ernst-Reinhard Beck Angelika Brunkhorst Dorothée Menzner Land) (Reutlingen) Kersten Naumann Dr. Maria Flachsbarth Veronika Bellmann DIE LINKE Wolfgang Nešković Klaus-Peter Flosbach Dr. Christoph Bergner Dr. Herbert Frankenhauser Hüseyin-Kenan Aydin Otto Bernhardt Petra Pau Dr. Hans-Peter Friedrich Dr. Dietmar Bartsch Clemens Binninger Bodo Ramelow (Hof) Karin Binder Elke Reinke Erich G. Fritz Peter Bleser Paul Schäfer (Köln) Jochen-Konrad Fromme Eva Bulling-Schröter Antje Blumenthal Volker Schneider Dr. Michael Fuchs Dr. Martina Bunge Dr. Maria Böhmer (Saarbrücken) Hans-Joachim Fuchtel Roland Claus Jochen Borchert Dr. Herbert Schui Dr. Sevim Dağdelen Wolfgang Börnsen Dr. Ilja Seifert Dr. Jürgen Gehb Dr. Diether Dehm (Bönstrup) Dr. Norbert Geis Werner Dreibus Wolfgang Bosbach Frank Spieth Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Brähmig Dr. Kirsten Tackmann Klaus Ernst Michael Brand Dr. Josef Göppel Diana Golze Helmut Brandt Alexander Ulrich Peter Götz Dr. Gregor Gysi Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Wolfgang Götzer Jörn Wunderlich Heike Hänsel Monika Brüning Ute Granold Sabine Zimmermann Lutz Heilmann Hans-Kurt Hill Cajus Caesar Hermann Gröhe fraktionsloser Cornelia Hirsch Gitta Connemann Michael Grosse-Brömer Abgeordneter Inge Höger Leo Dautzenberg Markus Grübel Dr. Barbara Höll Henry Nitzsche Manfred Grund 24620 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Monika Grütters Dr. Eva Möllring Volkmar Uwe Vogel Gabriele Fograscher (C) Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Marlene Mortler Andrea Astrid Voßhoff Rainer Fornahl Guttenberg Dr. Gerd Müller Gerhard Wächter Gabriele Frechen Carsten Müller Dagmar Freitag Holger Haibach (Braunschweig) Kai Wegner Peter Friedrich Gerda Hasselfeldt Stefan Müller (Erlangen) Peter Weiß (Emmendingen) Jürgen Herrmann Dr. Georg Nüßlein Gerald Weiß (Groß-Gerau) Iris Gleicke Bernd Heynemann Franz Obermeier Ingo Wellenreuther Renate Gradistanac Ernst Hinsken Eduard Oswald Karl-Georg Wellmann Angelika Graf (Rosenheim) Annette Widmann-Mauz Dieter Grasedieck Robert Hochbaum Rita Pawelski Klaus-Peter Willsch Klaus Hofbauer Ulrich Petzold Willy Wimmer (Neuss) Franz-Josef Holzenkamp Dr. Joachim Pfeiffer Elisabeth Winkelmeier- Gabriele Groneberg Joachim Hörster Sibylle Pfeiffer Becker Achim Großmann Anette Hübinger Beatrix Philipp Werner Wittlich Wolfgang Grotthaus Hubert Hüppe Dagmar Wöhrl Wolfgang Gunkel Susanne Jaffke-Witt Ruprecht Polenz Wolfgang Zöller Hans-Joachim Hacker Dr. Peter Jahr Daniela Raab Willi Zylajew Dr. Hans-Heinrich Jordan Klaus Hagemann Dr. Hans Raidel SPD Alfred Hartenbach Andreas Jung (Konstanz) Dr. Dr. Lale Akgün Nina Hauer Bartholomäus Kalb Peter Rauen Hans-Werner Kammer Eckhardt Rehberg Dr. h. c. Dr. Reinhold Hemker Steffen Kampeter (Potsdam) Ingrid Arndt-Brauer Rolf Hempelmann Klaus Riegert Dr. Barbara Hendricks Bernhard Kaster Dr. Ernst Bahr (Neuruppin) Volker Kauder Franz Romer Petra Heß Siegfried Kauder (Villingen- Johannes Röring Dr. Hans-Peter Bartels Gabriele Hiller-Ohm Schwenningen) Kurt J. Rossmanith Klaus Barthel Stephan Hilsberg Eckart von Klaeden Dr. Norbert Röttgen Sören Bartol (Essen) Jürgen Klimke Dr. Christian Ruck Sabine Bätzing Gerd Höfer Julia Klöckner Albert Rupprecht (Weiden) (Wismar) Jens Koeppen Peter Rzepka Uwe Beckmeyer Frank Hofmann (Volkach) (B) Dr. Kristina Köhler Anita Schäfer (Saalstadt) Klaus Uwe Benneter Dr. Eva Högl (D) (Wiesbaden) Hermann-Josef Scharf Dr. Axel Berg Eike Hovermann Manfred Kolbe Hartmut Schauerte Ute Berg Klaas Hübner Norbert Königshofen Dr. Christel Humme Dr. Rolf Koschorrek Dr. Andreas Scheuer Lothar Binding (Heidelberg) Lothar Ibrügger Hartmut Koschyk Karl Schiewerling Volker Blumentritt Johannes Jung (Karlsruhe) Thomas Kossendey Georg Schirmbeck Josip Juratovic Michael Kretschmer Christian Schmidt (Fürth) Johannes Kahrs Andreas Schmidt (Mülheim) Ulrich Kasparick Dr. Günter Krings Ingo Schmitt (Berlin) Dr. Gerhard Botz Dr. h. c. Susanne Kastner Dr. Martina Krogmann Dr. Andreas Schockenhoff Klaus Brandner Ulrich Kelber Dr. Hermann Kues Dr. Ole Schröder Christian Kleiminger Dr. Karl A. Lamers Bernhard Schulte-Drüggelte Astrid Klug (Heidelberg) (Hildesheim) Dr. Bärbel Kofler Andreas G. Lämmel Wilhelm Josef Sebastian Dr. Norbert Lammert Kurt Segner Marco Bülow Fritz Rudolf Körper Marion Seib Karin Kortmann Katharina Landgraf Bernd Siebert Martin Burkert Rolf Kramer Dr. Max Lehmer Thomas Silberhorn Dr. Michael Bürsch Paul Lehrieder Johannes Singhammer Ernst Kranz Ingbert Liebing Jens Spahn Marion Caspers-Merk Nicolette Kressl Eduard Lintner Dr. Peter Danckert Volker Kröning Dr. Klaus W. Lippold Christian Freiherr von Stetten Karl Diller Dr. Hans-Ulrich Krüger Gero Storjohann Martin Dörmann Angelika Krüger-Leißner Dr. Michael Luther Andreas Storm Dr. Carl-Christian Dressel Jürgen Kucharczyk Thomas Mahlberg Elvira Drobinski-Weiß Helga Kühn-Mengel Stephan Mayer (Altötting) Matthäus Strebl Detlef Dzembritzki Ute Kumpf Wolfgang Meckelburg Thomas Strobl (Heilbronn) Dr. Uwe Küster Dr. Lena Strothmann Siegmund Ehrmann Michael Stübgen Christian Lange (Backnang) (Hamm) Hans Peter Thul Petra Ernstberger Waltraud Lehn Maria Michalk Karin Evers-Meyer Helga Lopez Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Hans-Peter Uhl Annette Faße Gabriele Lösekrug-Möller Philipp Mißfelder Arnold Vaatz Elke Ferner Dirk Manzewski Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24621

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Lothar Mark Carsten Schneider (Erfurt) Dr. Karl Addicks Cornelia Behm (C) Caren Marks Birgitt Bender Ernst Burgbacher Alexander Bonde Reinhard Schultz Patrick Döring Ekin Deligöz Markus Meckel (Everswinkel) Mechthild Dyckmans Dr. Thea Dückert Petra Merkel (Berlin) Swen Schulz (Spandau) Jörg van Essen Dr. Uschi Eid Ulrike Merten Ulrike Flach Hans-Josef Fell Dr. Matthias Miersch Otto Fricke Kai Gehring Ursula Mogg Dr. Angelica Schwall-Düren Paul K. Friedhoff Katrin Göring-Eckardt Marko Mühlstein Rolf Schwanitz Horst Friedrich (Bayreuth) Britta Haßelmann Detlef Müller (Chemnitz) Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Edmund Peter Geisen Michael Müller (Düsseldorf) Wolfgang Spanier Hans-Michael Goldmann Winfried Hermann Gesine Multhaupt Dr. Margrit Spielmann Joachim Günther (Plauen) Peter Hettlich Franz Müntefering Jörg-Otto Spiller Dr. Christel Happach-Kasan Priska Hinz (Herborn) Dr. Rolf Mützenich Dieter Steinecke Heinz-Peter Haustein Ulrike Höfken Andreas Steppuhn Birgit Homburger Dr. Anton Hofreiter Dr. Erika Ober Dr. Werner Hoyer Thilo Hoppe Holger Ortel Rolf Stöckel Michael Kauch Ute Koczy Heinz Paula Christoph Strässer Dr. Heinrich L. Kolb Sylvia Kotting-Uhl Johannes Pflug Dr. Peter Struck Hellmut Königshaus Fritz Kuhn Joachim Poß Joachim Stünker Gudrun Kopp Markus Kurth Christoph Pries Dr. Rainer Tabillion Dr. h. c. Jürgen Koppelin Undine Kurth (Quedlinburg) Dr. Wilhelm Priesmeier Jörg Tauss Heinz Lanfermann Monika Lazar Jella Teuchner Sibylle Laurischk Anna Lührmann Dr. Sascha Raabe Jörn Thießen Harald Leibrecht Nicole Maisch Mechthild Rawert Franz Thönnes Ina Lenke Jerzy Montag (Cottbus) Rüdiger Veit Markus Löning Kerstin Müller (Köln) Maik Reichel Simone Violka Dr. Erwin Lotter Winfried Nachtwei Gerold Reichenbach Jörg Vogelsänger Patrick Meinhardt Omid Nouripour Dr. Carola Reimann Dr. Marlies Volkmer Jan Mücke Brigitte Pothmer Christel Riemann- Hedi Wegener Burkhardt Müller-Sönksen (Augsburg) Hanewinckel Andreas Weigel Dirk Niebel Petra Weis Hans-Joachim Otto Manuel Sarrazin Sönke Rix Gunter Weißgerber (Frankfurt) Elisabeth Scharfenberg René Röspel Gert Weisskirchen Detlef Parr Christine Scheel (B) (Wiesloch) (D) Dr. Irmingard Schewe-Gerigk Hildegard Wester Gisela Piltz Karin Roth (Esslingen) Dr. Gerhard Schick Dr. Margrit Wetzel Frank Schäffler Michael Roth (Heringen) Rainder Steenblock Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Silke Stokar von Neuforn Dr. Dieter Wiefelspütz Marlene Rupprecht Dr. Wolfgang Strengmann- Engelbert Wistuba Dr. Hermann Otto Solms (Tuchenbach) Kuhn Dr. Carl-Ludwig Thiele Anton Schaaf Hans-Christian Ströbele Waltraud Wolff Florian Toncar Axel Schäfer (Bochum) Dr. Harald Terpe (Wolmirstedt) Christoph Waitz Bernd Scheelen Wolfgang Wieland Heidi Wright Dr. Claudia Winterstein Dr. Hermann Scheer Josef Philip Winkler Marianne Schieder Uta Zapf Dr. Volker Wissing Manfred Zöllmer Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Brigitte Zypries (Aachen) Enthalten BÜNDNIS 90/ Silvia Schmidt (Eisleben) FDP DIE GRÜNEN CDU/CSU (Nürnberg) Heinz Schmitt (Landau) Jens Ackermann Marieluise Beck (Bremen) Uda Carmen Freia Heller

Ich komme jetzt zur Beschlussempfehlung des einzunehmen. – Sind jetzt alle Urnen besetzt? – Das ist Auswärtigen Ausschusses auf Drucksache 16/13204 zu der Fall. Dann eröffne ich die Abstimmung. dem Antrag der Bundesregierung zur Fortsetzung der Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine deutschen Beteiligung an der internationalen Sicher- Stimme nicht abgeben konnte? – Das scheint nicht der heitspräsenz im Kosovo. Hierzu liegt eine Erklärung nach Fall zu sein. § 31 unserer Geschäftsordnung der Kollegin Waltraut Wolff vor.1) Der Ausschuss empfiehlt, dem Antrag auf Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Drucksache 16/12881 zuzustimmen. Es ist namentliche Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Abstimmung verlangt. Ich bitte die Schriftführerinnen Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis wird Ihnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze an den Urnen später bekanntgegeben.2)

1) Anlage 11 2) Ergebnis Seite 24623 D 24622 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Wir setzen die Abstimmungen fort. Jan Mücke (C) Dorothée Menzner Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Winfried Hermann Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie- c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- ßungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf richts des Ausschusses für Verkehr, Bau und Drucksache 16/13224. Wer stimmt für den Entschlie- Stadtentwicklung (15. Ausschuss) ßungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen von SPD, – zu dem Antrag der Abgeordneten Jan Mücke, Fraktion Die Linke und CDU/CSU gegen die Stimmen Horst Friedrich (Bayreuth), Patrick Döring, von Bündnis 90/Die Grünen und bei Enthaltung der FDP weiterer Abgeordneter und der Fraktion der abgelehnt. FDP Ich rufe die Tagesordnungspunkte 10 a bis 10 c auf: Zukunft der Flugsicherung verfassungskon- form gestalten a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes – zu dem Antrag der Abgeordneten Dorothée zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 87 d) Menzner, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Frak- – Drucksache 16/13105 – tion DIE LINKE – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio- Deutsche Flugsicherung europarechtlichen nen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Rahmenbedingungen anpassen Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 87 d) – Drucksachen 16/7133, 16/3803, 16/11168 – – Drucksache 16/12280 – Berichterstattung: Abgeordneter Uwe Beckmeyer Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus- schusses (4. Ausschuss) Zu dem von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des – Drucksache 16/13217 – Art. 87 d des Grundgesetzes liegt ein Entschließungs- Berichterstattung: antrag der Fraktion Die Linke vor. Zu dem von den Frak- Abgeordnete Clemens Binninger tionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf Klaus Uwe Benneter eines Gesetzes zur Änderung luftverkehrsrechtlicher (B) Gisela Piltz Vorschriften liegen ein Änderungsantrag der Fraktion (D) Petra Pau der FDP und ein Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke vor. Über den von den Fraktionen der CDU/CSU Wolfgang Wieland und SPD sowie der Bundesregierung eingebrachten Ent- b) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio- wurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes nen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten werden wir später in dritter Beratung namentlich abstim- Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung luftver- men. Ich mache darauf aufmerksam, dass zur Annahme kehrsrechtlicher Vorschriften dieses Gesetzentwurfs die Zustimmung von zwei Drit- teln der Mitglieder des Bundestages erforderlich ist. – Drucksache 16/12279 – Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die – Zweite und dritte Beratung des von der Bundes- Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. zur Änderung luftverkehrsrechtlicher Vor- schriften Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege Uwe Beckmeyer, SPD-Fraktion. – Drucksache 16/13107 – (Beifall bei der SPD) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes Uwe Beckmeyer (SPD): für Flugsicherung und zur Änderung und Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Anpassung weiterer Vorschriften Herren! In dieser Legislaturperiode befassen wir uns mit dem zur Diskussion stehenden Thema das zweite Mal. – Drucksache 16/11608 – Ich bin überzeugt, dass unser Entwurf eines Gesetzes zur Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses Änderung des Grundgesetzes auch das positive Votum für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (15. Aus- des Bundespräsidialamtes finden wird. schuss) Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union streben – Drucksache 16/13213 – eine engere Zusammenarbeit im Luftverkehr an. Ziel der Kooperation ist, die Verkehrsströme auch in der Luft ef- Berichterstattung: fektiver zu organisieren. Während wir am Boden mit Abgeordnete Norbert Königshofen dem Schengen-Abkommen zwischen den europäischen Uwe Beckmeyer Staaten die Freizügigkeit von Personen- und Warenver- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24623

Uwe Beckmeyer (A) kehr verwirklicht haben, leisten wir uns am Himmel denken geäußert hat, ob die seit Jahren geübte Praxis der (C) noch immer nationale Kleinstaaterei. Flugzeuge müssen Beleihung der Deutschen Flugsicherung von der bisheri- an den nationalen Grenzen bei der jeweiligen Flugsiche- gen Formulierung im Grundgesetz gedeckt ist. Wir kom- rungsorganisation im grenznahen Raum teilweise im Mi- men also dieser Anregung des Bundespräsidenten nach. nutentakt an- und wieder abgemeldet werden. Das Wir schreiben mit dem Gesetz zur Änderung luftverkehrs- zwingt vielfach dazu, das Flugziel nicht auf direktem rechtlicher Vorschriften fest, dass auch in Zukunft die Weg anzusteuern, sondern Umwege in Kauf zu nehmen. Deutsche Flugsicherung die bestimmende Flugsiche- Das bedeutet einen erhöhten Kerosinverbrauch, erhöht rungsorganisation in Deutschland bleiben wird, und das die Flugkosten und verteuert damit die Preise für den als zu 100 Prozent bundeseigene Institution. Eine Privati- Verbraucher. Auch die CO2-Emissionen steigen unnöti- sierung ist ausgeschlossen. In grenznahen Bereichen gerweise. schaffen wir die rechtlichen Voraussetzungen dafür, dass durch Kooperation auch ausländische Flugsicherungsor- Im Jahr 2004 hat die Europäische Union mit einem ganisationen, allerdings nur als Unterauftragnehmer der ersten Verordnungspaket die Errichtung eines einheitli- Deutschen Flugsicherung, tätig werden können. chen europäischen Luftraums – Single European Sky – beschlossen. Damals wollte man – wir wollen das wei- terhin – Flugtrassen optimieren und die Schadstoffemis- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: sionen der Flugzeuge reduzieren. In grenzüberschreiten- Herr Kollege Beckmeyer. den Luftraumblöcken ist nun eine Zusammenarbeit der nationalen Flugsicherungsorganisationen der europäi- Uwe Beckmeyer (SPD): schen Mitgliedstaaten vorgesehen. Ich komme zum Schluss, meine liebe, verehrte Präsi- Ohne den Beschluss der vorliegenden Gesetzentwürfe dentin. kann sich Deutschland nicht aktiv an der Ausgestaltung (Heiterkeit) eben dieses Single European Sky und an der Gründung eines einheitlichen Luftraumblocks zwischen Belgien, Ich will am Ende noch eines sagen. Wir haben nach der Deutschland, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden Anhörung diverse Vorschläge, zum Beispiel der Ge- und der Schweiz beteiligen. Das wäre ein fatales Zei- werkschaft der Flugsicherung in Bezug auf den Erhalt chen in Richtung Brüssel, und das wäre ein fatales Zei- der Erlaubnispflicht für flugtechnisches Personal, mit chen für die Umwelt. Im Herbst stehen weitere aufgenommen, auch mit Blick auf die Sicherheitsstan- Beschlüsse der Europäischen Union an, die für die Mit- dards. gliedstaaten gerade in diesem Zusammenhang von gro- ßer Wichtigkeit sind, die unmittelbar geltendes Recht Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: (B) sein werden und die Mitgliedstaaten auch zu grenzüber- (D) schreitender Zusammenarbeit in Europa im Luftverkehr Herr Kollege Beckmeyer, Sie reden jetzt auf Kosten zwingen werden. Im grenznahen deutschen Luftraum und Ihrer nachfolgenden Kollegen. an Regionalflughäfen sind schon heute aus praktischen (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist Gründen ausländische Flugsicherungsorganisationen wie kein Schaden!) Austro Control tätig. Die regionalen Gegebenheiten im Verlauf der Grenzen zu unseren Nachbarstaaten lassen es im Sinne einer lückenlosen Luftraumüberwachung nicht Uwe Beckmeyer (SPD): zu, dass die Tätigkeiten von Flugsicherungsorganisatio- Noch ein letzter Gedanke: Wir werden uns bei der nen jeweils an den nationalen Grenzen enden. Der Umsetzung der jeweiligen Errichtungsgesetze zum Bei- Bundespräsident hat ja – er hat das 2006 in seiner Be- spiel auch die Zuweisung von Personal und die Dienst- gründung zur Nichtausfertigung des vom Deutschen vorgesetztenbefugnisse der Deutschen Flugsicherung Bundestag beschlossenen Gesetzes zur Neuregelung der anschauen. Flugsicherung deutlich gemacht – verfassungsrechtliche Herzlichen Dank. – Ich bitte um Entschuldigung, ver- Bedenken geltend gemacht. ehrte Frau Präsidentin. Europäische Vorgaben zur Trennung von Aufsicht (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) und Durchführung der Flugsicherung durch die Errich- tung eines Bundesamtes für Flugsicherung werden wir ebenfalls umsetzen. Jede Tätigkeit im Bereich Flug- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: sicherung in Deutschland steht zukünftig unter der Auf- Sie müssen sich bei Ihren Kollegen entschuldigen, sicht des Staates, vertreten durch das neu zu errichtende nicht bei mir. Bundesamt für Flugsicherung. Ich komme zum Tagesordnungspunkt 7 zurück und Mit der Grundgesetzänderung wird geregelt, dass die gebe das von den Schriftführerinnen und Schriftführern Luftverkehrsverwaltung in Deutschland eine hoheitliche ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung Aufgabe des Bundes bleibt, jedoch auf dem Wege der über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Aus- Beleihung auch in mittelbarer Bundesverwaltung ausge- schusses zu dem Antrag der Bundesregierung zur Fort- übt werden kann. setzung der deutschen Beteiligung an der internationalen (Beifall bei Abgeordneten der FDP) Sicherheitspräsenz im Kosovo bekannt: abgegebene Stimmen 565. Mit Ja haben gestimmt 503, mit Nein ha- Diese Klarstellung in der Verfassung ist notwendig, da der ben gestimmt 54, Enthaltungen 8. Die Beschlussempfeh- Bundespräsident im Jahr 2006 verfassungsrechtliche Be- lung ist damit angenommen. 24624 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner (A) Endgültiges Ergebnis Dr. Wolfgang Götzer Dr. Michael Meister Lena Strothmann (C) Abgegebene Stimmen: 565; Ute Granold Dr. Angela Merkel Michael Stübgen davon Reinhard Grindel Friedrich Merz Hans Peter Thul Hermann Gröhe Laurenz Meyer (Hamm) Antje Tillmann ja: 503 Michael Grosse-Brömer Maria Michalk Dr. Hans-Peter Uhl nein: 54 Markus Grübel Philipp Mißfelder Arnold Vaatz enthalten: 8 Manfred Grund Dr. Eva Möllring Volkmar Uwe Vogel Monika Grütters Marlene Mortler Andrea Astrid Voßhoff Ja Olav Gutting Carsten Müller Gerhard Wächter Holger Haibach (Braunschweig) Marco Wanderwitz CDU/CSU Gerda Hasselfeldt Stefan Müller (Erlangen) Marcus Weinberg Uda Carmen Freia Heller Dr. Gerd Müller Peter Weiß (Emmendingen) Ulrich Adam Michael Hennrich Michaela Noll Gerald Weiß (Groß-Gerau) Ilse Aigner Jürgen Herrmann Dr. Georg Nüßlein Ingo Wellenreuther Peter Albach Bernd Heynemann Franz Obermeier Karl-Georg Wellmann Peter Altmaier Ernst Hinsken Eduard Oswald Anette Widmann-Mauz Thomas Bareiß Christian Hirte Henning Otte Klaus-Peter Willsch Norbert Barthle Robert Hochbaum Rita Pawelski Elisabeth Winkelmeier- Günter Baumann Klaus Hofbauer Ulrich Petzold Becker Ernst-Reinhard Beck Franz-Josef Holzenkamp Dr. Joachim Pfeiffer Werner Wittlich (Reutlingen) Joachim Hörster Sibylle Pfeiffer Dagmar Wöhrl Veronika Bellmann Anette Hübinger Beatrix Philipp Wolfgang Zöller Dr. Christoph Bergner Hubert Hüppe Ronald Pofalla Willi Zylajew Otto Bernhardt Susanne Jaffke-Witt Ruprecht Polenz Clemens Binninger Dr. Peter Jahr Daniela Raab SPD Renate Blank Dr. Hans-Heinrich Jordan Thomas Rachel Peter Bleser Dr. Lale Akgün Andreas Jung (Konstanz) Hans Raidel Antje Blumenthal Dr. h. c. Gerd Andres Dr. Franz Josef Jung Dr. Peter Ramsauer Dr. Maria Böhmer Ingrid Arndt-Brauer Peter Rauen Jochen Borchert Bartholomäus Kalb Rainer Arnold Eckhardt Rehberg Wolfgang Bosbach Hans-Werner Kammer Ernst Bahr (Neuruppin) Klaus Brähmig Steffen Kampeter Katherina Reiche (Potsdam) Doris Barnett Michael Brand Alois Karl Klaus Riegert Dr. Hans-Peter Bartels Helmut Brandt Bernhard Kaster Dr. Heinz Riesenhuber Sören Bartol Dr. Ralf Brauksiepe Siegfried Kauder (Villingen- Franz Romer Sabine Bätzing (B) Monika Brüning Schwenningen) Johannes Röring Dirk Becker (D) Georg Brunnhuber Volker Kauder Kurt J. Rossmanith Uwe Beckmeyer Cajus Caesar Eckart von Klaeden Dr. Norbert Röttgen Klaus Uwe Benneter Gitta Connemann Jürgen Klimke Dr. Christian Ruck Dr. Axel Berg Leo Dautzenberg Julia Klöckner Albert Rupprecht (Weiden) Ute Berg Hubert Deittert Jens Koeppen Peter Rzepka Petra Bierwirth Alexander Dobrindt Dr. Kristina Köhler Anita Schäfer (Saalstadt) Lothar Binding (Heidelberg) Thomas Dörflinger (Wiesbaden) Hermann-Josef Scharf Volker Blumentritt Marie-Luise Dött Manfred Kolbe Hartmut Schauerte Kurt Bodewig Dr. Stephan Eisel Norbert Königshofen Dr. Annette Schavan Clemens Bollen Anke Eymer (Lübeck) Dr. Rolf Koschorrek Dr. Andreas Scheuer Gerd Bollmann Ilse Falk Hartmut Koschyk Karl Schiewerling Dr. Gerhard Botz Dr. Hans Georg Faust Thomas Kossendey Georg Schirmbeck Klaus Brandner Enak Ferlemann Michael Kretschmer Christian Schmidt (Fürth) Willi Brase Ingrid Fischbach Gunther Krichbaum Andreas Schmidt (Mülheim) Bernhard Brinkmann Hartwig Fischer (Göttingen) Dr. Günter Krings Ingo Schmitt (Berlin) (Hildesheim) Dirk Fischer (Hamburg) Dr. Martina Krogmann Dr. Andreas Schockenhoff Edelgard Bulmahn Axel E. Fischer (Karlsruhe- Dr. Hermann Kues Dr. Ole Schröder Marco Bülow Land) Dr. Karl A. Lamers Bernhard Schulte-Drüggelte Ulla Burchardt Dr. Maria Flachsbarth (Heidelberg) Uwe Schummer Martin Burkert Klaus-Peter Flosbach Andreas G. Lämmel Wilhelm Josef Sebastian Dr. Michael Bürsch Herbert Frankenhauser Dr. Norbert Lammert Kurt Segner Christian Carstensen Dr. Hans-Peter Friedrich Helmut Lamp Marion Seib Marion Caspers-Merk (Hof) Katharina Landgraf Bernd Siebert Dr. Peter Danckert Erich G. Fritz Dr. Max Lehmer Thomas Silberhorn Karl Diller Jochen-Konrad Fromme Paul Lehrieder Johannes Singhammer Martin Dörmann Dr. Michael Fuchs Ingbert Liebing Jens Spahn Dr. Carl-Christian Dressel Hans-Joachim Fuchtel Eduard Lintner Erika Steinbach Elvira Drobinski-Weiß Dr. Jürgen Gehb Dr. Klaus W. Lippold Christian Freiherr von Stetten Garrelt Duin Norbert Geis Patricia Lips Gero Storjohann Detlef Dzembritzki Eberhard Gienger Dr. Michael Luther Andreas Storm Sebastian Edathy Michael Glos Thomas Mahlberg Max Straubinger Siegmund Ehrmann Josef Göppel Stephan Mayer (Altötting) Matthäus Strebl Hans Eichel Peter Götz Wolfgang Meckelburg Thomas Strobl (Heilbronn) Petra Ernstberger Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24625

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner (A) Karin Evers-Meyer Gabriele Lösekrug-Möller Rolf Stöckel Cornelia Pieper (C) Annette Faße Dirk Manzewski Christoph Strässer Gisela Piltz Elke Ferner Lothar Mark Dr. Peter Struck Frank Schäffler Gabriele Fograscher Caren Marks Joachim Stünker Dr. Konrad Schily Rainer Fornahl Katja Mast Dr. Rainer Tabillion Marina Schuster Gabriele Frechen Hilde Mattheis Jörg Tauss Dr. Hermann Otto Solms Dagmar Freitag Markus Meckel Jella Teuchner Carl-Ludwig Thiele Peter Friedrich Petra Merkel (Berlin) Jörn Thießen Florian Toncar Sigmar Gabriel Ulrike Merten Franz Thönnes Christoph Waitz Martin Gerster Dr. Matthias Miersch Rüdiger Veit Dr. Claudia Winterstein Iris Gleicke Ursula Mogg Simone Violka Dr. Volker Wissing Renate Gradistanac Marko Mühlstein Jörg Vogelsänger Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Angelika Graf (Rosenheim) Detlef Müller (Chemnitz) Dr. Marlies Volkmer Dieter Grasedieck Michael Müller (Düsseldorf) Hedi Wegener BÜNDNIS 90/ Monika Griefahn Gesine Multhaupt Andreas Weigel DIE GRÜNEN Kerstin Griese Franz Müntefering Petra Weis Gabriele Groneberg Dr. Rolf Mützenich Gunter Weißgerber Marieluise Beck (Bremen) Achim Großmann Andrea Nahles Gert Weisskirchen Cornelia Behm Wolfgang Grotthaus Dr. Erika Ober (Wiesloch) Birgitt Bender Wolfgang Gunkel Hildegard Wester Alexander Bonde Hans-Joachim Hacker Holger Ortel Lydia Westrich Ekin Deligöz Bettina Hagedorn Heinz Paula Dr. Margrit Wetzel Dr. Thea Dückert Klaus Hagemann Johannes Pflug Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Uschi Eid Alfred Hartenbach Joachim Poß Dr. Dieter Wiefelspütz Hans Josef Fell Michael Hartmann Christoph Pries Engelbert Wistuba Kai Gehring (Wackernheim) Dr. Wilhelm Priesmeier Dr. Wolfgang Wodarg Katrin Göring-Eckardt Nina Hauer Florian Pronold Heidi Wright Britta Haßelmann Hubertus Heil Dr. Sascha Raabe Uta Zapf Bettina Herlitzius Dr. Reinhold Hemker Mechthild Rawert Manfred Zöllmer Peter Hettlich Rolf Hempelmann Steffen Reiche (Cottbus) Brigitte Zypries Priska Hinz (Herborn) Dr. Barbara Hendricks Maik Reichel Ulrike Höfken Gustav Herzog Gerold Reichenbach FDP Thilo Hoppe Petra Heß Dr. Carola Reimann Jens Ackermann Ute Koczy Gabriele Hiller-Ohm Christel Riemann- Dr. Karl Addicks Fritz Kuhn Stephan Hilsberg Hanewinckel Daniel Bahr (Münster) Undine Kurth (Quedlinburg) Walter Riester (B) Gerd Höfer Uwe Barth Markus Kurth (D) Sönke Rix Iris Hoffmann (Wismar) Angelika Brunkhorst Anna Lührmann René Ernst Dieter Rossmann Frank Hofmann (Volkach) Ernst Burgbacher Nicole Maisch Karin Roth (Esslingen) Dr. Eva Högl Patrick Döring Jerzy Montag Michael Roth (Heringen) Eike Hovermann Mechthild Dyckmans Kerstin Müller (Köln) Ortwin Runde Klaas Hübner Jörg van Essen Winfried Nachtwei Christel Humme Marlene Rupprecht Ulrike Flach Omid Nouripour Lothar Ibrügger (Tuchenbach) Otto Fricke Brigitte Pothmer Johannes Jung (Karlsruhe) Anton Schaaf Paul K. Friedhoff Claudia Roth (Augsburg) Josip Juratovic Axel Schäfer (Bochum) Horst Friedrich (Bayreuth) Krista Sager Johannes Kahrs Bernd Scheelen Manuel Sarrazin Ulrich Kasparick Dr. Hermann Scheer Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Elisabeth Scharfenberg Dr. h. c. Susanne Kastner Marianne Schieder Christine Scheel Ulrich Kelber Otto Schily Joachim Günther (Plauen) Dr. Christel Happach-Kasan Irmingard Schewe-Gerigk Christian Kleiminger Ulla Schmidt (Aachen) Dr. Gerhard Schick Astrid Klug Silvia Schmidt (Eisleben) Heinz-Peter Haustein Birgit Homburger Rainder Steenblock Dr. Bärbel Kofler Renate Schmidt (Nürnberg) Silke Stokar von Neuforn Walter Kolbow Heinz Schmitt (Landau) Dr. Werner Hoyer Michael Kauch Dr. Wolfgang Strengmann- Fritz Rudolf Körper Carsten Schneider (Erfurt) Kuhn Karin Kortmann Olaf Scholz Dr. Heinrich L. Kolb Hellmut Königshaus Wolfgang Wieland Rolf Kramer Ottmar Schreiner Josef Philip Winkler Anette Kramme Reinhard Schultz Gudrun Kopp Ernst Kranz (Everswinkel) Heinz Lanfermann Nicolette Kressl Swen Schulz (Spandau) Sibylle Laurischk Nein Volker Kröning Ewald Schurer Harald Leibrecht Angelika Krüger-Leißner Frank Schwabe Ina Lenke CDU/CSU Markus Löning Dr. Hans-Ulrich Krüger Dr. Angelica Schwall-Düren Wolfgang Börnsen Dr. Erwin Lotter Jürgen Kucharczyk Rolf Schwanitz (Bönstrup) Patrick Meinhardt Helga Kühn-Mengel Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Peter Gauweiler Jan Mücke Ute Kumpf Wolfgang Spanier Willy Wimmer (Neuss) Dr. Uwe Küster Dr. Margrit Spielmann Burkhardt Müller-Sönksen Jörg-Otto Spiller Dirk Niebel Christine Lambrecht SPD Christian Lange (Backnang) Dieter Steinecke Hans-Joachim Otto Waltraud Lehn Andreas Steppuhn (Frankfurt) Gregor Amann Helga Lopez Ludwig Stiegler Detlef Parr Petra Hinz (Essen) 24626 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner (A) FDP Dr. Barbara Höll Volker Schneider Enthalten (C) Ulla Jelpke (Saarbrücken) Dr. h. c. Jürgen Koppelin Dr. Lukrezia Jochimsen Dr. Ilja Seifert Dr. Hakki Keskin CDU/CSU DIE LINKE Dr. Petra Sitte Katja Kipping Frank Spieth Dr. Wolf Bauer Hüseyin-Kenan Aydin Monika Knoche Dr. Kirsten Tackmann Dr. Dietmar Bartsch Jan Korte Dr. Axel Troost Karin Binder SPD Katrin Kunert Alexander Ulrich Dr. Oskar Lafontaine Jörn Wunderlich Klaus Barthel Eva Bulling-Schröter Michael Leutert Waltraud Wolff Dr. Martina Bunge Ulla Lötzer Sabine Zimmermann (Wolmirstedt) Sevim Dağdelen Dr. Gesine Lötzsch Werner Dreibus Ulrich Maurer BÜNDNIS 90/ Klaus Ernst Dorothée Menzner DIE GRÜNEN BÜNDNIS 90/ Diana Golze Kersten Naumann DIE GRÜNEN Dr. Gregor Gysi Wolfgang Nesković Hans-Christian Ströbele Heike Hänsel Dr. Norman Paech Winfried Hermann Lutz Heilmann Petra Pau Dr. Anton Hofreiter fraktionsloser Sylvia Kotting-Uhl Hans-Kurt Hill Bodo Ramelow Abgeordneter Cornelia Hirsch Elke Reinke Monika Lazar Inge Höger Paul Schäfer (Köln) Henry Nitzsche Dr. Harald Terpe

Nächster Redner in unserer Debatte ist der Kollege (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Jan Mücke, FDP-Fraktion. der CDU/CSU und der SPD) (Beifall bei der FDP) Zweitens. Wir haben seit über 50 Jahren in den Grenzgebieten von Deutschland einen quasi rechtswidri- Jan Mücke (FDP): gen Zustand – das ist für die FDP-Fraktion ein zwingen- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und der Grund, zu handeln –; denn dort gilt nicht das, was in Kollegen! Was lange währt, wird endlich gut, möchte Art. 87 d des Grundgesetzes steht, dass nämlich die man meinen. Nachdem wir uns mit dem Prozess der Pri- Luftverkehrsverwaltung in bundeseigener Verwaltung zu vatisierung der Flugsicherung seit 1990 beschäftigen, erfolgen hat. Skyguide, Austro Control und einige an- (B) haben wir heute den schönen Zustand, dass wir uns zu- dere Flugsicherungsorganisationen gehören eben nicht (D) mindest ganz überwiegend einig sind, heute diese zur bundeseigenen Verwaltung. Deshalb besteht drin- Grundgesetzänderung zu beschließen. gender Bedarf, hier die Rechtslage zu ändern, um den bestehenden technischen Möglichkeiten Rechnung zu Dies geschieht aus zwei Gründen: tragen. Erstens. Wir wollen es der Deutschen Flugsicherung Ich möchte ganz klar sagen, dass dieses Gesetzespa- ermöglichen, in Europa tätig zu werden. Die beste Flug- ket, das heute zur Abstimmung im Deutschen Bundestag sicherung der Welt hat auch einen europäischen An- steht, keine Lex Skyguide ist, obwohl ich weiß, dass der spruch. Es ist gut, dass wir die verfassungsrechtlichen eine oder andere Kollege das möglicherweise so sieht. Voraussetzungen für funktionale Luftraumblöcke in Das Gegenteil ist richtig: Nicht nur die Schweiz ist da- Europa schaffen. rauf angewiesen, dass wir rechtmäßige Zustände schaf- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten fen, sondern umgekehrt sind wir als Europäer genauso der CDU/CSU und der SPD) darauf angewiesen, mit der Schweiz zu kooperieren, wenn wir funktionale Luftraumblöcke und damit Punkt- Damit wird es möglich sein, in Europa von Punkt zu zu-Punkt-Flugverbindungen in Europa schaffen wollen. Punkt zu fliegen. (Beifall bei der FDP) Es ist doch nicht normal, dass wir in der Luft auf- grund von nationalen Flugsicherungsgrenzen mehrere Im Gegenzug muss es möglich sein, dass wir über Umwege fliegen müssen, sodass beispielsweise ein Schweizer Territorium fliegen. In Europa müssen wir Flugzeug auf einem Flug von Madrid nach Frankfurt auf Flügen, beispielsweise von Großbritannien oder Hol- praktisch ein Drittel der Flugstrecke zusätzlich unter- land nach Italien oder von Südfrankreich nach Deutsch- wegs ist, um nationale Flugsicherungsgrenzen zu umge- land, den Schweizer Luftraum nutzen können. Deshalb hen. Das ist keine vernünftige Politik. ist das, was wir heute hier beschließen, ein Geben und Nehmen zugleich. Dies ist umso unvernünftiger, weil wir CO2 einsparen, mit den knappen natürlichen Ressourcen sparsam umge- Die Regelungen, die vorgeschlagen werden, finden hen und Zeit sparen wollen und auch das Fliegen lang- bis auf das Gesetz zur Änderung luftverkehrsrechtlicher fristig erschwinglich bleiben soll. Deshalb ist es ganz Vorschriften unsere Zustimmung. Es ist ganz klar: Wenn wichtig, dass wir heute diese Änderung des Grundgeset- eine Flugsicherungsorganisation vom Staat mit der Auf- zes und die Ausführungsgesetze, die mit zu diesem Pa- gabe der Flugsicherung beliehen wird, dann muss es da- ket gehören, beschließen. für eine staatliche Aufsicht geben. Das sehen auch wir Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24627

Jan Mücke (A) Liberale so. Dennoch gehen wir davon aus, dass der Es bleibt unser langfristiges Ziel, dass die DFS auch pri- (C) ganz überwiegende Teil von Flugsicherungstätigkeiten vat geführt werden kann. keine hoheitlichen Tätigkeiten originärer Art sind, son- Hinzu kommt, dass wir uns auf das verlassen, was uns dern dass diese Tätigkeit eine Dienstleistung ist. die Verfassungsressorts bei der Behandlung der Geset- Das sieht im Übrigen auch die Europäische Union so. zesvorlage gesagt haben: Die Verfassungsressorts gehen Deshalb macht die Europäische Union keine Vorschrif- davon aus, dass die Deutsche Flugsicherung auch mit ten, ob Flugsicherung zwingend staatlich oder supra- der jetzt vorliegenden Formulierung der Änderung des national organisiert werden muss, sondern die Europäi- Grundgesetzes zu einem späteren Zeitpunkt privatisiert sche Union geht davon aus, dass das auch privat erfolgen werden kann. Das ist auch der Grund für uns, weshalb kann. Genau deshalb können wir dem Entwurf eines Ge- wir hier zustimmen können. setzes zur Änderung luftverkehrsrechtlicher Vorschriften nicht zustimmen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Mit diesem Gesetzentwurf soll ausgeschlossen wer- den, dass die DFS als momentan noch zu 100 Prozent im Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Eigentum des Bundes befindliches Unternehmen jemals Nächster Redner ist der Kollege Norbert Königsho- etwas an diesen Eigentumsverhältnissen ändern kann. fen, CDU/CSU-Fraktion. Das halten wir für nicht richtig; denn wir wollen auch bei der Flugsicherung mehr Wettbewerb erreichen und damit bessere Leistungen ermöglichen. Norbert Königshofen (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Die Deutsche Flugsicherung bestätigt im Übrigen Kolleginnen und Kollegen! Wer Mitte des diese unsere Ansicht; denn sie hat, seitdem sie in priva- 19. Jahrhunderts von Berlin nach Lissabon mit der Kut- ter Rechtsform geführt wird, eine gute Leistungsbilanz sche fuhr, vorgelegt. Darauf können wir mit Recht stolz sein. (Ute Kumpf [SPD]: Das waren noch Zeiten!) (Beifall bei der FDP – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Aber die, die da arbeiten, wollen das hatte viele Grenzen zu überwinden, Kontrollen über sich nicht, dass das privat organisiert wird!) ergehen zu lassen und war froh, wenn er irgendwann an- kam. Heute können Sie mit dem Wagen von Berlin nach – Lieber Herr Kollege Benneter, ich will Ihnen dazu ein- Lissabon fahren und kommen womöglich ohne eine ein- mal eine Zahl nennen. (B) zige Kontrolle dort an. (D) (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Der ausge- (Ute Kumpf [SPD]: Höchstens mit einer Ver- sprochene Fachmann Benneter hat eine Zwi- kehrskontrolle, wenn man zu schnell gefahren schenfrage gestellt!) ist!) Die DFS macht für jedes Jahr eine Aufstellung darüber, In der Luft haben wir allerdings Verhältnisse wie vor wie viele aller Flüge pünktlich ankommen. Anfang der 150, 200 Jahren. 90er-Jahre oder in den 80er-Jahren haben wir katastro- phale Verspätungszeiten gehabt, und das bei weniger (Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Flugbewegungen. Heute finden in Deutschland und in NEN]: Aber an der Grenze halten müssen Sie Europa sehr viel mehr Flüge statt, und trotzdem liegt die auch nicht!) Pünktlichkeit bei 97,7 Prozent. Das ist eine ganz tolle Piloten hangeln sich von Flugsicherung zu Flugsiche- Leistung. rung, Zickzackflüge – das ist ja schon erwähnt worden –, (Beifall bei der FDP) das alles ist heute noch normal. Das kostet Zeit, das kos- tet Geld. Von der Umweltverschmutzung möchte ich gar Wir wollen, dass die Deutsche Flugsicherung auch nicht reden. langfristig auf festen Grundlagen steht, dass sie gut ar- beiten kann, dass sie international tätig werden kann. Daher unternehmen wir jetzt den zweiten Anlauf zur Wir wollen vor allen Dingen erreichen, dass wir in Eu- Neuorganisation der Flugsicherung in Deutschland. Wir ropa CO2 einsparen. Dieses Instrument ist viel wichtiger berücksichtigen dabei die Kritik und die Anregungen des als beispielsweise die komplizierte Einführung von Bundespräsidenten. Wir werden das Grundgesetz anpas- Emissionshandelssystemen, und es kann sofort einge- sen. Wir werden auf die Kapitalprivatisierung der DFS führt werden und führt auch sofort zu Ergebnissen. Des- verzichten. Wir konzentrieren uns auf das, was für die halb werden wir als FDP-Bundestagsfraktion heute der Entwicklung eines einheitlichen europäischen Luftrau- Grundgesetzänderung und auch der Errichtung des Bun- mes notwendig ist. So beraten und beschließen wir heute desaufsichtsamtes für Flugsicherung zustimmen. die Änderung des Grundgesetzes, die Änderung luftver- kehrsrechtlicher Vorschriften, und wir beraten das Ge- (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!) setz zur Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes. Wir wollen allerdings nicht, dass eine Privatisierung Die Errichtung des Bundesaufsichtsamtes – das ist ge- über das Luftverkehrsgesetz ausgeschlossen wird. sagt worden – ist Vorgabe der entsprechenden europäi- (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist schade!) schen Richtlinien. Der operative und der regulative Be- 24628 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Norbert Königshofen (A) reich bei der Flugsicherung sollen getrennt werden. Die len; wir sind auch Nutznießer von Europa. Wir wollen (C) Staaten sollen den regulativen Bereich hoheitlich wahr- nicht an der Seite stehen. Wir haben die beste Flugsiche- nehmen – auf europäischer Ebene wird das Eurocontrol rung der Welt. Es wäre lächerlich, wenn sie da an der übernehmen –, allerdings verlieren sie den operativen Seite stünde und die anderen das machten. Wer kann das Bereich. Dieser wird künftig von den Flugsicherungsor- wollen? Die Deutschen müssen also mitmachen. Am ganisationen wahrgenommen. Deswegen ist heute der besten ist es, wenn unsere erprobten Systeme von den Beschluss über den Entwurf eines Gesetzes zur Errich- anderen gewürdigt und, soweit das möglich ist, über- tung eines Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung er- nommen werden. forderlich. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der Es ist schon gesagt worden: Die aktuellen Gegeben- FDP) heiten in der Bundesrepublik machen auch eine Anpas- sung des Grundgesetzes notwendig. In den Grenzregio- Eine Privatisierung – das ist auch schon angesprochen nen im Norden, im Westen und im Süden arbeiten worden – sieht das Gesetzespaket nicht vor. Wir schrei- Nachbarorganisationen, beispielsweise in Südbaden die ben fest: Die Anteile müssen im Besitz der Bundesrepu- beliebte Skyguide. Auf Regionalflughäfen sind Fluglot- blik bleiben. – Angesichts dessen sind Befürchtungen, es sen von Austro Control tätig. Das Grundgesetz schreibt käme zu einem Ausverkauf der DFS, nicht gerechtfer- allerdings eine bundeseigene Verwaltung vor. Nur, wir tigt. werden in den Grenzregionen die Nachbarorganisatio- Der einheitliche europäische Luftraum wird eine we- nen nicht vertreiben können, und wir wollen es auch sentliche Verbesserung im ökonomischen wie auch im nicht. Wir können beispielsweise in Südbaden nicht die ökologischen Sinne bringen. Wir werden damit Flugzei- Deutsche Flugsicherung bis zur Grenze tätig werden las- ten verkürzen und den Kerosinverbrauch senken können. sen, um dann 12 Kilometer vor der Landung in der Das spart Kosten und reduziert sehr wahrscheinlich auch Schweiz an den Schweizer Kollegen zu übergeben. Ich den Flugpreis. Schließlich werden wir auch beim Um- möchte mal wissen, welchen Aufschrei es in Südbaden weltschutz einen Schritt nach vorne machen, der eigent- gäbe, wenn es dort zu einem weiteren Unfall käme! Das lich nichts kostet. Experten sagen eine Senkung der Ke- Verfahren wird also so bleiben müssen; es muss nur bes- rosinkosten um bis zu 20 Prozent und eine Senkung des ser geregelt werden als bisher. Dazu wird uns die heute CO2-Ausstoßes um bis zu 12 Prozent voraus. Überlegen zu verabschiedende Gesetzgebung die Möglichkeiten Sie einmal, wie sehr wir feilschen, wenn es nur um eine geben. Es wird Beauftragungen geben. Es wird eine Auf- 1-prozentige Reduktion in anderen Bereichen geht. Hier sicht geben. Es wird im Rahmen von SES Staatsverträge ist mit geringem Aufwand ganz leicht eine Reduktion geben. Man wird die Haftung und sicherlich auch den möglich. Herr Hunold, der Chef von Air Berlin, hat in (B) Regress regeln können. der Anhörung gesagt, es handle sich um ein riesiges (D) Die Grundgesetzänderung soll aber auch dazu beitra- Konjunkturpaket, das nichts kostet. Recht hat der Mann. gen – das ist mein Hauptanliegen –, dass wir an der Ich möchte mich zum Schluss bei allen bedanken, die Spitze stehen, wenn es darum geht, auf europäischer mitgeholfen haben, dass das heute möglich wurde, ins- Ebene den Einigungsprozess im Luftraum voranzutrei- besondere bei meinen Kollegen Dirk Fischer und Hans- ben. Es gibt 60 Luftraumkontrollstellen, 27 nationale Peter Friedrich, bei Uwe Beckmeyer und Christian Cars- Flugsicherungen, 22 unterschiedliche Systeme, 30 Pro- tensen von der SPD, bei Horst Friedrich und Jan Mücke, grammiersprachen – doppelt so viele wie in den USA bei den wir ja gerade erleben durften, von der FDP. Ich nur halb so großem Luftverkehrsaufkommen. Das ist an- möchte aber auch Winfried Hermann Dankeschön sagen. tiquiert. Das muss beseitigt werden. Ihre Fraktion stimmt zwar heute nicht zu, sondern ent- Dazu brauchen wir neue Wege. Deswegen soll es in hält sich. Aber Sie waren bei der ganzen Diskussion im- Europa zur Bildung von Luftraumblöcken kommen. Bei- mer sehr konstruktiv, auch wenn Sie die letzte Hürde spielsweise werden wir mit der Schweiz, mit Frankreich nicht nehmen. Ich weiß ja, dass der Wahlkampf kommt und mit den Beneluxstaaten zusammen einen Luftraum- und die Grünen, die wieder in den Bundestag kommen block bilden, nämlich den Luftraumblock Europe Cen- wollen, damit Punkte bei ihren Wählern machen wollen. tral, in dem dann natürlich nicht nur Deutsche tätig sein (Heiterkeit bei der CDU/CSU) können. So wie die DFS im Ausland tätig wird, müssen, jedenfalls theoretisch, auch bei uns andere tätig sein Ein Letztes, meine Damen und Herren. Es handelt können. sich wohl um meine letzte Rede im Bundestag. Ich darf mich deswegen bei Ihnen allen bedanken, die Sie mich Dazu brauchen wir ebenfalls eine Grundgesetzände- ertragen haben, die Sie mich unterstützt haben, die Sie rung. Immer dann, wenn die Vertreter der Regierungen mit mir gestritten haben. Es war eine interessante und zusammengekommen sind, mussten wir sagen: Wir sind spannende Zeit. Ich wünsche Ihnen, dass Sie im nächs- zwar im Prinzip dafür, aber das Grundgesetz steht dem ten Bundestag die Aufgaben, die auf Sie zukommen, mit entgegen. Das müssen wir erst noch ändern. – So zuletzt Erfolg meistern. Es wird ja ein gewaltiger Berg sein, der geschehen im März dieses Jahres. da abzutragen ist. Im Oktober kommt es zum Schwur, kommt es zur Viel Erfolg, Gottes Segen und Ihnen allen eine gute endgültigen Beschlussfassung. Ich möchte, dass die Zukunft! Deutschen da voranschreiten. Wir sind diejenigen, die Europa immer wieder gefordert haben, die Europa wol- (Beifall im ganzen Hause) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24629

(A) Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Luftsicherheit und die Lenkung des Flugverkehrs (C) Herr Kollege Königshofen, ich danke Ihnen im Na- zuständigen Behörde und insbesondere keiner dafür men aller Mitglieder des Hohen Hauses recht herzlich erforderlichen Änderung des Grundgesetzes zuzu- für Ihre Arbeit hier im Parlament und im Haushaltsaus- stimmen. schuss. Sie waren ja Berichterstatter für unseren Etat. Herzlichen Dank und für die Zukunft alles Gute! (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD] – Christian Cars- (Beifall) tensen [SPD]: Waren Sie bei der Anhörung nicht dabei?) Für die Linke gebe ich das Wort der Kollegin Do- rothée Menzner. Wie hoch die Messlatte für eine Änderung des Grund- (Beifall bei der LINKEN) gesetzes hängt, haben wir in den zurückliegenden Wo- chen im Ausschuss mehrfach diskutiert. Wir alle kennen die Begründung aus dem Bundespräsidialamt von der Dorothée Menzner (DIE LINKE): ersten Ablehnung 2006. Anders als 2006 stehen wir Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Linke mit der Ablehnung der Änderung des Grundgeset- Wir Linken begrüßen im Grundsatz die Idee eines Single zes diesmal nicht alleine da. Das wurde in der Anhörung European Sky. Wir begrüßen die Schaffung eines zen- deutlich, und das wird auch in Publikationen von Juris- traleuropäischen Luftraums. ten deutlich. Ich möchte Professor Hobe von der Univer- (Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Sehr gut!) sität Köln zitieren, der meint, dass es einen Kernbestand staatlicher Aufgaben gibt, der nach Art. 79 Abs. 3 in Es ist unstrittig, dass deswegen Anpassungen von Geset- Verbindung mit Art. 20 des Grundgesetzes verfassungs- zen an europäische Realitäten notwendig sind. Da es fest geschützt ist und zu dem auch die Luftverkehrssi- aber beim BAF-Gesetz im Detail doch Dissenspunkte cherheit als sonderpolizeiliche Aufgabe gehören könnte. gibt, werden wir uns an der Stelle heute enthalten. Dann wäre die Änderung unzulässig. Hinsichtlich der anderen Punkte, zu denen heute eine Sie mögen einwenden, dass sich für jede Meinung ein Beschlussfassung erfolgt, haben wir einen grundlegen- Jurist findet, der sie bestätigt. Von daher möchte ich nur den Dissens. Das bezieht sich zum einen auf das Gesetz anfügen, dass der Professor für Verfassungsrecht Peter zur Änderung luftverkehrsrechtlicher Vorschriften und Huber von der Münchner Ludwig-Maximilians-Univer- zum anderen auf das Gesetz zur Änderung des Grundge- sität diese Bedenken teilt. Das ist in der Frankfurter All- setzes. gemeinen Zeitung vom 24. Mai nachzulesen. Dazu kann (B) Um das Ziel eines Single European Sky zu erreichen, man einen ausführlicheren Text finden. (D) würde die Schaffung zwischenstaatlicher Einrichtungen, (Volker Kauder [CDU/CSU]: Wo?) die auf zwischenstaatlichen Abkommen beruhen, ausrei- chen. Wie schon beim ersten Anlauf, der zur Privatisie- Werte Kollegen der SPD, wie Sie die von Ihnen vor- rung der Flugsicherung unternommen wurde, haben wir gesehene Beschlussfassung vor Ihren Mitgliedern und auch gegenüber den heute zur Abstimmung stehenden Ihrer Wählerschaft rechtfertigen, soll nicht das Problem Vorlagen grundlegende verfassungsrechtliche Bedenken. der Linken sein. Aber ich möchte Ihnen allen sagen: Eine (Beifall bei der LINKEN) abermalige Nichtunterzeichnung durch den Bundespräsi- denten oder aber ein Normenkontrollverfahren – und wir Letzte Woche haben wir alle gemeinsam das Grundge- wissen, dass mehrere Bundesländer darüber nachdenken – setz gelobt und gefeiert. Nun erleben wir einen erneuten wäre ein peinlicher Vorgang für den gesamten Bundes- Anlauf von CDU/CSU, SPD und FDP, dieses Grundge- tag. setz auszuhöhlen. Es ist sozusagen eine Grundgesetzän- derung auf Vorrat; denn die neue Fassung – das hat Kol- Die Linke hält es für unzulässig, in der vorgeschlage- lege Mücke eben deutlich gemacht – ermöglicht sehr nen Art und Weise am Grundgesetz herumzuschrauben. wohl in einem späteren Schritt die Privatisierung der Flugsicherung, und das mit einfacher Mehrheit des Bun- (Beifall bei der LINKEN) destages. Diesen Verfassungsbruch macht die Linke nicht mit. Wir (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Unglaub- Linke sagen aber nicht nur, was wir nicht mitmachen, lich!) was nicht geht, und begründen das. Wir machen auch Vorschläge, wie es gehen kann, weil – ich sagte es ein- Dabei gibt es Beschlussfassungen vieler Parteien, aus gangs – Single European Sky vom Ansatz her eine denen hervorgeht, dass das nicht sein soll. Ich möchte ei- durchaus sinnvolle und erstrebenswerte Sache ist. Ich nen Beschluss der SPD vom Hamburger Parteitag im empfehle Ihnen, noch einmal einen Blick in unsere Ent- Oktober 2007 zitieren, in dem es heißt: schließungsanträge zu werfen. Sie zeigen einen Weg auf, Die Mitglieder der Bundestagsfraktion wie wir Single European Sky näherkommen können, ohne das Grundgesetz weiter auszuhöhlen. – gemeint ist die SPD-Bundestagsfraktion – Ich danke. werden aufgefordert, keinesfalls einer nochmaligen Gesetzesinitiative zur Privatisierung der für die (Beifall bei der LINKEN) 24630 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Was sind unsere Kritikpunkte im Einzelnen? Es ist (C) Ich gebe das Wort dem Kollegen Winfried Hermann, immer wieder danach gefragt worden, ob einer Privati- Bündnis 90/Die Grünen. sierung der Deutschen Flugsicherung mit der jetzt vorge- schlagenen Regelung Tür und Tor geöffnet wird. Sie ha- ben diese Frage, wie ich finde, elegant umschifft, sie Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): nicht benannt, aber trotzdem geregelt. Ich will Ihnen Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und auch sagen, wie und warum. Wir reden heute allgemein Herren! Alle Rednerinnen und Redner haben es deutlich über die Notwendigkeit einer Neuregelung, nicht aber gemacht: Die derzeitige Situation am Himmel von Eu- darüber, dass der durchaus bedeutende Passus, der in un- ropa ist absolut anachronistisch. Wir haben national- serer Verfassung steht, dass über die öffentlich-recht- staatliche Regelungen und Regulierungen in einem in- liche oder privatrechtliche Organisationsform der Luft- ternationalen Verkehrssystem; das kann nicht mehr verkehrsverwaltung durch Bundesgesetz entschieden zeitgemäß sein. Insofern sage ich für uns Grüne: Wir un- wird, gestrichen werden soll. Dadurch wird noch keine terstützen das Projekt des einheitlichen europäischen Privatisierung der Deutschen Flugsicherung eingeleitet; Himmels, und dafür ist es sinnvoll, gesetzgeberisch aktiv aber Sie räumen die verfassungsmäßige Hürde, die bis- zu werden. her besteht, ab. Im Begleitgesetz heißt es jedoch, dass (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Deutsche Flugsicherung zu 100 Prozent in Bundes- und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der hand bleibt. Damit unterbreiten Sie ein doppeldeutiges SPD) Angebot: Diejenigen, die die Deutsche Flugsicherung auf gar keinen Fall privatisieren wollen, können Sie auf Das Projekt ist ökonomisch und ökologisch sinnvoll. das Begleitgesetz verweisen; denjenigen, die die Deut- Ich füge aber hinzu – weil ich dies immer wieder in den sche Flugsicherung privatisieren wollen, können Sie sa- Reden höre –: Es ist keine Wunderwaffe zur Bekämp- gen, dass zur Privatisierung zukünftig eine einfache fung des Klimawandels. Wenn alle Flugverkehre effi- Mehrheit ausreicht. Insofern ist Ihr Gesetzentwurf kein zienter geregelt sind und mehr geflogen wird, wird das Beitrag zu einer klaren Entscheidung. Sie drücken sich dem Klima nicht helfen. Man sollte sich da nichts vor- um eine Entscheidung; Sie konnten sie in Ihren Fraktio- machen. nen nicht fällen. Aber Sie schaffen Raum für eine Priva- tisierung, noch dazu für eine undifferenzierte. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ohne weitere Vorgaben wollen Sie Hoheitsrechte an Eine Änderung des Grundgesetzes ist auch deswegen die Schweizer Skyguide abgeben. notwendig, weil wir heute im Grenzbereich, insbeson- (B) dere in Süddeutschland, Zustände haben, die nicht von (Uwe Beckmeyer [SPD]: Stimmt ja nicht, was (D) der Verfassung abgedeckt sind. Man kann Skyguide Sie sagen! Sie wissen es doch besser!) beim besten Willen nicht als „bundeseigene Verwaltung“ bezeichnen. Auch Austro Control kann nicht als solche Verfassungsrechtlich ist das hochproblematisch. Das ist gewertet werden. Hier besteht zwingend Handlungsbe- unser nächster Einwand. In der Expertenanhörung ist darf. gesagt worden, dass es natürlich wichtige, hoheitliche Aufgaben gibt, die ein Staat für sich definieren muss. (Beifall bei Abgeordneten des BÜND- Selbstverständlich gibt es im Luftverkehrsrecht, im Luft- NISSES 90/DIE GRÜNEN) sicherheits- und -steuerungsrecht hoheitliche Aufgaben. Die Experten haben immer wieder gesagt, dass ein großer Das ist der Grund, weshalb wir all die Jahre konstruk- Teil, die klassischen Dienstleistungen, privatisiert werden tiv mitgearbeitet haben. Vielen Dank für das Kompli- kann, dass aber ein hoheitlicher Bereich beim Staat ver- ment, Kollege Norbert Königshofen; ich gebe es gerne bleiben muss. Selbst der Experte Ronellenfitsch, der an zurück. Wir haben es uns auch heute nicht leicht ge- sich sehr für Privatisierung ist, hat gesagt: Wir müssen macht, unsere Position zu finden. Wahlkampftaktisch den hoheitlichen Kern klar definieren. Er hat den Vor- hätten wir einfach Nein sagen können. Es kommt ja im- schlag gemacht, in die Verfassung zu schreiben: Soweit mer gut, zu sagen: Wir sind an der Spitze der Gegner von hoheitliche Aufgaben nicht zwingend erledigt werden Fluglärm. – Aber das war uns zu billig. Wir haben uns müssen, kann man privatisieren. – Genau das haben Sie die Mühe gemacht, uns die Sache genau anzuschauen nicht gemacht. Stattdessen haben Sie diesen Bereich all- und zu argumentieren. Entscheidend ist, ob der jetzt vor- gemein geöffnet. liegende Vorschlag zur Änderung des Grundgesetzes tauglich ist, ob er zielführend, haltbar und eindeutig ist. Im Falle der ausländischen Beleihung haben Sie gar Das sind für uns wichtige Kriterien. Daran messen wir, keine Barriere eingeführt. Dabei können Sie nicht be- ob wir ihm zustimmen können. haupten, dass man auf Skyguide die gleichen Zugriffs- rechte hat wie auf die Deutsche Flugsicherung. Ich muss Ihnen sagen: Wir haben erhebliche Beden- ken; deswegen können wir nicht zustimmen. Wir enthal- (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Weil der ten uns, weil wir der Meinung sind, dass etwas gesche- Rechtszustand so war, wie er gerade ist! Das hen muss; aber wir brauchen eine bessere Regelung. wollen wir ja ändern!) (Beifall bei Abgeordneten des BÜND- Wir sehen ja an dem Rechtsstreit über den Flugverkehrs- NISSES 90/DIE GRÜNEN) unfall von Überlingen, dass man weder bei der Kontrolle Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24631

Winfried Hermann (A) noch bei der Haftung direkten Zugriff auf Skyguide hat. rungsorganisationen betreut. Das ist nicht sinnvoll (C) Das ist ein Riesenproblem. Verfassungsexperten haben organisiert. gesagt: Man muss sich vor verfassungswidriger Korrek- tur des Grundgesetzes hüten. Das ist ein, wie ich finde, Ich möchte auf die eben von Winfried Hermann dar- schwerwiegender Einwand und für uns der Hauptgrund, gestellte Begründung eingehen, warum die Grünen die warum wir nicht zustimmen können. Der Deutsche Bun- Grundgesetzänderung ablehnen. Die Grundgesetzände- destag kann es sich nicht leisten, in dieser Frage ein drit- rung und die Einrichtung eines Bundesaufsichtsamtes tes Mal peinlich zu scheitern. Eine Reihe von Juristen für Flugsicherung bedeuten eine höhere Sicherheit als in mag sagen, dass die Regelung wasserdicht ist. Es gibt der Vergangenheit, so zum Beispiel in Fragen der Haf- aber genügend, die mahnen: Halt, so geht es nicht! Die tung. Es wird dann völlig klar sein, dass derjenige, der Große Koalition schlägt diese Warnung in den Wind, beleiht, auch haftet; in diesem Falle ist das die Bundesre- weil man kurz vor Toresschluss eine Last-Minute-Ent- publik Deutschland. Das ist klarer geregelt, als dies ge- scheidung herbeiführen möchte – auch in der Hoffnung, genwärtig der Fall ist. dass nicht alle genau hinschauen, weil wir heute 25 na- Die Durchgriffs- und Kontrollrechte, die die Bundes- mentliche Abstimmungen haben und nicht jeder das regierung gegenüber den beliehenen Organisationen hat, Ganze durchschaut. werden ebenfalls klarer geregelt sein. Sie wissen, dass Ich will zum Schluss sagen: Wir stimmen der Einrich- wir mit unseren Nachbarstaaten, mit denen wir schon tung eines Bundesaufsichtsamtes ausdrücklich zu. Diese jetzt zusammenarbeiten, diesbezüglich Staatsverträge neue Regelung ist auf europäischer Ebene und somit vorbereiten und Verabredungen treffen. Das Bundesauf- auch für Deutschland sinnvoll. Wir wollen an dieser sichtsamt für Flugsicherung wird genau diese Aufgabe Stelle konstruktiv mitwirken. In den beiden anderen Fäl- haben. len können wir uns nur enthalten, da unsere Bedenken zu Außerdem werden nur solche Organisationen in den schwerwiegend sind. Grenzregionen Deutschlands Flugsicherung betreiben Danke schön. dürfen, die nach europäischen Standards zertifiziert sind. Wir lassen nicht irgendwelche Organisationen in unser (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Hoheitsgebiet, sondern nur die, mit denen wir uns auf europäischer Ebene verständigt haben und die nach eu- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: ropäischen Standards zertifiziert sind. Es liegt allerdings in unserem Interesse – das wurde bereits gesagt –, dass Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär Ul- die stärkste Flugsicherungsorganisation, die wir in Eu- rich Kasparick. (B) ropa haben, an führender Stelle Flugsicherungsdienste (D) (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Norbert anbietet. Königshofen [CDU/CSU]) Abschließend möchte ich mich bei all denjenigen be- danken, die in den letzten drei Jahren mitgeholfen haben, Ulrich Kasparick, Parl. Staatssekretär beim Bundes- diesen nicht einfachen Prozess zu gestalten. Ich danke minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: den Berichterstattern und all denjenigen, die sich an der Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anhörung beteiligt haben. Ich danke den Gewerkschaf- Der Deutsche Bundestag entscheidet heute über ein zen- ten, den Unternehmen, den Wissenschaftlern und den trales Projekt der Bundesregierung, das große Auswir- politischen Beratern. Es war kein einfacher Prozess. kungen auf die Gestaltungsmöglichkeiten Deutschlands innerhalb der Europäischen Union haben wird. Sie ent- Wir glauben, dass die sich abzeichnende Mehrheit, scheiden heute, wie die Bundesregierung im Herbst vo- die sich hier im Deutschen Bundestag für die Grundge- tiert, wenn es darum geht, ob wir dem SES-II-Paket zu- setzänderung, für die Einrichtung eines Bundesauf- stimmen oder nicht. Die Mehrheit im Deutschen sichtsamtes für Flugsicherung und für die notwendigen Bundestag ermutigt uns zu der begründeten Hoffnung, Begleitgesetze ausspricht, Europa ein großes Stück nach dass wir Europa an führender Stelle mitgestalten werden vorne bringt. Dies ist ein großer Schritt zu mehr Klima- können. schutz und zu mehr Umweltschutz. Wir können mehr für die Unternehmen, die Flugleistungen und Flugsicherung Der jetzige Zustand, insbesondere in den Grenzregio- anbieten, tun. Wir können einen Beitrag dazu leisten, nen, entspricht nicht der deutschen Verfassung. Dass die dass Europa noch weiter zusammenwächst. Dafür habe Flugsicherung durch Organisationen wie Skyguide be- ich mich bei Ihnen zu bedanken. trieben wird, widerspricht dem Grundgesetz. Das ist ei- ner der Gründe, warum Handlungsbedarf besteht. Der ei- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten gentlich entscheidende Grund ist – das wurde von der CDU/CSU und der FDP) Norbert Königshofen und Uwe Beckmeyer gesagt –, dass wir ein deutlich effektiveres System brauchen. Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Wenn Sie in den Vereinigten Staaten von der Ostküste Nächster Redner ist der Kollege Dirk Fischer, CDU/ zur Westküste fliegen, betreut Sie nur eine Flugsiche- CSU-Fraktion. rungsorganisation. Wenn Sie von Brüssel nach Paris flie- gen, werden Sie von neun verschiedenen Flugsiche- (Beifall bei der CDU/CSU) 24632 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU): Zunächst werden – dies ist wahrscheinlich nur ein (C) Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwischenschritt – neun funktionale Luftraumblöcke ein- Worum geht es heute? Wir wollen die Steuerung des gerichtet. Deutschland wird dann mit Frankreich, der Luftverkehrs in Deutschland und in Europa verbessern. Schweiz und den Beneluxstaaten im sogenannten Wir hatten in Deutschland bis 1992 die Bundesanstalt FABEC, im funktionalen Luftraumblock Zentraleuropa, für Flugsicherung. Dann haben wir das Grundgesetz ge- verbunden. Aus 60 Luftraumkontrollstellen und ändert und den heutigen Art. 87 d Grundgesetz geschaf- 27 nationalen Flugsicherungsorganisationen wird ein fen. Wir haben die zivil-militärische Flugsicherung inte- konzentriertes System gebildet. griert. Das geschah übrigens auch damals in zwei Runden; das hat bei der Flugsicherung wohl mittlerweile Das Thema der materiellen Privatisierung ist vom Tradition. Seit dem 1. Januar 1993 gibt es die Deutsche Tisch. Das Gesetz enthält die Formulierung, dass die Flugsicherung GmbH. Was die finanziellen Konsequen- Flugsicherungsorganisation bei uns in Form einer GmbH zen anbelangt, ist zu sagen: Vorher musste der deutsche geführt und beliehen wird, deren Anteile ausschließlich Steuerzahler mit jedem Bundeshaushalt Geld in das Sys- vom Bund gehalten werden. Das ist nach meiner Auffas- tem pumpen; heute werden von der DFS jedes Jahr Ge- sung vertretbar, weil der Alleingesellschafter Bund in winne an den Bundeshaushalt abgeführt. Das ist der we- der Zwischenzeit § 2 des Gesellschaftsvertrages der DFS sentliche finanzielle Unterschied. geändert hat. Der Gesellschaft ist es jetzt möglich, Flug- sicherungsdienste in Europa und damit verbundene Ne- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und bengeschäfte im In- und Ausland anzubieten, Zweignie- der FDP) derlassungen zu errichten und sich an anderen Die Effizienz des deutschen Systems ist nachhaltig Unternehmen zu beteiligen bzw. solche zu erwerben verbessert worden. Ein Kollege hat dankenswerterweise oder zu errichten. Das heißt, die bisher ergebnisschädli- darauf hingewiesen, dass die IATA der Deutschen Flug- che Selbstblockade der DFS und unseres Landes in die- sicherung GmbH den Eagle Award verliehen und sie da- sem Bereich ist aufgelöst worden. Diese Selbstblockade mit als beste Flugsicherungsgesellschaft der Welt ausge- war ein wesentlicher Grund, warum die Geschäftsleitung zeichnet hat. Ich kann nur sagen: Wir können mit Stolz der DFS gesagt hat, dass wir den Einstieg in die materi- auf die Leistung der Geschäftsführung und der Mitarbei- elle Privatisierung brauchen. Aufgrund dieser Änderung ter der DFS schauen. Das freut uns sehr. wird dies nicht mehr als notwendig erachtet. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der Die Grundgesetzänderung ist unerlässlich, damit SPD und der FDP) Deutschland an der SES-Entwicklung teilhaben kann. Aus sehr guten und nachvollziehbaren Gründen hat Kein anderer EU-Mitgliedstaat hat Verfassungsprobleme (B) die Europäische Union 2004 mit vier Verordnungen den wie Deutschland. In der Regel ist die Flugsicherung (D) Einheitlichen Europäischen Luftraum, den Single Euro- überhaupt nicht in den Verfassungen geregelt. In pean Sky, ins Werk gesetzt. Zunächst entstand Single Deutschland ist das dem Föderalismus geschuldet. European Sky I. Das war eine Grundsatzentscheidung, Wir sind für SES, weil das für die Passagiere, die Air- an der sich Deutschland inhaltlich stark beteiligt hat. Da- lines und die Umwelt gut ist: direkte Flugrouten, kürzere mit sollte der europäischen Kleinstaaterei im Luftver- Flugzeiten, weniger Treibstoff, geringere Kosten, 10 bis kehr ein Ende bereitet werden. Die Absurdität, dass der 12 Prozent weniger CO2-Emissionen in Europa. Dies ist Himmel frei ist, wir in Europa aber an unseren klein- eines der größten und wichtigsten Ökologieprojekte in staatlichen Grenzen entlangfliegen, sollte beendet wer- Europa. Darüber müssen wir uns im Klaren sein. den. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP) SPD und der FDP) Das Vorbild war Nordamerika, wo die FAA mit einem Wir wollen erreichen, dass das großartige Know-how einheitlichen System den ganzen nordamerikanischen und die großartige Qualität unserer DFS GmbH in Euro- Subkontinent hocheffizient steuert. Das wollen wir auch pa noch wirksamer werden können. Auch deswegen sind in Europa realisieren. wir für diesen Prozess. In 2009 entscheidet die Europäische Union. Das Eu- Liebe Kolleginnen und Kollegen, am 7. Juni ist Euro- ropäische Parlament hat der Vorlage zugestimmt; der pawahl. Dies ist eines der überzeugendsten europäischen Ministerrat hat sie zustimmend zur Kenntnis genommen. Gemeinschaftsprojekte. Deswegen die herzliche Bitte: Anfang Oktober wird der Ministerrat seine endgültige Stimmen Sie zu! Entscheidung treffen. Heute geht es auch darum, ob 26 Staaten Ja sagen, während Deutschland sagen muss: (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der „Wir können wegen unseres Grundgesetzes nicht zu- FDP) stimmen“, oder ob wir diese Blamage Deutschlands ver- meiden, indem wir unser Grundgesetz zwischenzeitlich Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: EU-konform gestalten und diesem sinnvollen Prozess zustimmen. Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Klaus Uwe Benneter, SPD-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP) (Beifall bei der SPD) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24633

(A) Klaus Uwe Benneter (SPD): Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: (C) Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man über Ich schließe die Aussprache. Luftverkehrsverwaltung in Deutschland spricht, tut man Wir kommen zur Abstimmung über die von der Bun- das nicht nur als Verkehrspolitiker, sondern auch als Ver- desregierung sowie den Fraktionen der CDU/CSU und fassungsrechtler. Das haben wir in der Anhörung getan. SPD eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes zur Ände- Frau Menzner, ich weiß nicht, ob Sie der ganzen Anhö- rung des Grundgesetzes, Art. 87 d. Dazu liegen mir rung gefolgt sind oder folgen konnten. Jedenfalls ist in mehrere persönliche Erklärungen nach § 31 unserer Ge- der Anhörung dargelegt worden, wie man es regeln schäftsordnung vor.1) kann, dass die Luftverkehrsverwaltung nicht privatisiert wird, sondern unter hoheitlicher Bundesverwaltung ver- Der Innenausschuss empfiehlt in seiner Beschluss- bleibt. empfehlung auf Drucksache 16/13217, die Gesetzent- würfe der Bundesregierung sowie der Fraktionen der Wir als SPD haben das auf unserem Parteitag in Ham- CDU/CSU und SPD auf den Drucksachen 16/13105 und burg nicht etwa deshalb beschlossen, weil wir unbedingt 16/12280 zusammenzuführen und in der Ausschussfas- dagegen sind, dass etwas privatisiert wird. Wir wollen sung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz- allerdings nicht so wild privatisieren wie die FDP, geht entwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um es doch bei der Luftverkehrsverwaltung um die Sicher- das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der heit der Menschen in der Luft. Viele Tausende sind über Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen Deutschland in der Luft. Ihnen müssen wir garantieren, von SPD, CDU/CSU und FDP bei Enthaltung von Bünd- dass der Staat ein Auge auf die Luftsicherheit hat, dass nis 90/Die Grünen und bei Gegenstimmen der Fraktion die Luftverkehrsverwaltung im Wesentlichen eine staat- Die Linke angenommen. liche, eine hoheitliche Aufgabe bleibt. Das haben wir richtig gelöst. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Ich weise darauf hin, dass zur (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Annahme des Gesetzentwurfes die Mehrheit von zwei Wir haben in Hamburg auch deshalb beschlossen, diesen Dritteln der Mitglieder des Deutschen Bundestages er- Bereich nicht zu privatisieren, um den Sicherheitssektor forderlich ist. Das sind mindestens 408 Stimmen. nicht privaten Profitinteressen zu überlassen. Wir stimmen über den Gesetzentwurf namentlich ab. Winfried Hermann, wir haben nach der Anhörung Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die eine Änderung durchgesetzt, der alle Ressorts zuge- vorgesehenen Plätze einzunehmen. Sind die Plätze an (B) stimmt haben. Die Bundesregierung hatte eine Grundge- den Urnen besetzt? – Jetzt sind alle Urnen besetzt. Ich (D) setzänderung mit dem Halbsatz „soweit Recht der Euro- eröffne die Abstimmung. päischen Gemeinschaft nicht entgegensteht“ vorgesehen. Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Das wäre eine sehr weit gehende Öffnung gewesen; man Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. hätte dann unter Umständen den Umweg über Europa nutzen können. Aber gerade diesen Halbsatz haben wir Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schrift- gestrichen. führer und Schriftführerinnen, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen (Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- später bekannt gegeben.2) NEN]: Das war gut so!) Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, wieder die Der von den Grünen vorgeschlagene Sachverständige Plätze einzunehmen. – Wir setzen die Abstimmungen für Verfassungsrecht hat mir ausdrücklich bestätigt, da- fort. mit sei auch garantiert, dass eine Privatisierung, die ur- Wir kommen nun zur Abstimmung über den Ent- sprünglich einmal vorgesehen war, nicht mehr erfolgen schließungsantrag der Fraktion Die Linke auf Druck- kann. Das wird jetzt einfachgesetzlich untermauert. In- sache 16/13225. Wer stimmt für diesen Entschließungs- sofern müsste es auch Ihnen, den Grünen, möglich sein, antrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der dieser wesentlichen Verbesserung zuzustimmen. Entschließungsantrag ist mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU und FDP bei Enthaltung des Bündnisses 90/ (Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Die Grünen und Gegenstimmen der Fraktion Die Linke NEN]: Wir haben noch mehr vorgeschlagen!) abgelehnt. – Nein, stimmen Sie nicht mit Weiß; Blau ist jetzt ange- Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/ sagt. CSU und der SPD eingebrachten Gesetzentwurf zur Än- derung luftverkehrsrechtlicher Vorschriften. Der Aus- Ich kann Ihnen und allen meinen Kolleginnen und schuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung empfiehlt Kollegen nur empfehlen: Unterstützen Sie dieses nicht unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf Druck- nur ökonomisch, sondern auch ökologisch wichtige Un- sache 16/13213, den Gesetzentwurf der Fraktionen der ternehmen und stimmen Sie mit Blau.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten 1) Anlagen 12 und 13 der CDU/CSU und der FDP) 2) Ergebnis Seite 24634 D 24634 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner (A) CDU/CSU und der SPD auf Drucksache 16/12279 in der Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent- (C) Ausschussfassung anzunehmen. wurf ist damit in dritter Beratung mit demselben Stimm- ergebnis wie in zweiter Beratung angenommen. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP vor, über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr, den Änderungsantrag auf Drucksache 16/13226? – Wer Bau und Stadtentwicklung auf Drucksache 16/11168. stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Änderungs- Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschluss- antrag ist gegen die Stimmen der Fraktion der FDP mit empfehlung die Ablehnung des Antrags der Fraktion der dem Rest der Stimmen des Hauses abgelehnt. FDP auf Drucksache 16/7133 mit dem Titel „Zukunft der Flugsicherung verfassungskonform gestalten“. Wer Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand- dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung zeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Ge- ist bei Gegenstimmen der Fraktion der FDP mit dem setzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stim- Rest der Stimmen des Hauses angenommen. men der Koalition bei Enthaltung des Bündnisses 90/Die Grünen und bei Gegenstimmen der FDP und der Frak- Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des tion Die Linke angenommen. Antrags der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/3803 mit dem Titel „Deutsche Flugsicherung europarechtli- Dritte Beratung chen Rahmenbedingungen anpassen“. Wer stimmt für und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent- Stimmen von SPD und CDU/CSU bei Enthaltung der wurf ist damit in dritter Beratung mit demselben Ergeb- Fraktion der FDP und bei Gegenstimmen des Bündnis- nis wie in zweiter Beratung angenommen. ses 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke angenom- men. Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungs- antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/13227. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf: Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Wer Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungs- richts des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- antrag ist mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU und schaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) zu FDP bei Enthaltung des Bündnisses 90/Die Grünen und dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Höfken, Gegenstimmen der Fraktion Die Linke abgelehnt. (B) Thilo Hoppe, Ute Koczy, weiterer Abgeordneter (D) Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Aus- und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf Milch-Exportsubventionen sofort stoppen – zur Änderung luftverkehrsrechtlicher Vorschriften. Der Weitere Zerstörung der Märkte in Entwick- Ausschuss empfiehlt unter Nr. 2 seiner Beschlussemp- lungsländern verhindern fehlung auf Drucksache 16/13213, den Gesetzentwurf – Drucksachen 16/12308, 16/13119 – der Bundesregierung auf Drucksache 16/13107 für erle- digt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh- Berichterstattung: lung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Be- Abgeordnete Johannes Röring schlussempfehlung ist mit den Stimmen des ganzen Manfred Zöllmer Hauses angenommen. Hans-Michael Goldmann Dr. Kirsten Tackmann Abstimmung über den von der Bundesregierung ein- Ulrike Höfken gebrachten Gesetzentwurf zur Errichtung eines Bundes- aufsichtsamtes für Flugsicherung und zur Änderung und Über die Beschlussempfehlung werden wir später na- Anpassung weiterer Vorschriften. Der Ausschuss für mentlich abstimmen. Verkehr, Bau und Stadtentwicklung empfiehlt unter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/13213, Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Druck- Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre sache 16/11608 in der Ausschussfassung anzunehmen. keinen Widerspruch. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus- Bevor ich den ersten Redner aufrufe, gebe ich das von schussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Ge- ist damit in zweiter Beratung bei Enthaltung der Fraktion setzentwurf der Bundesregierung und der Fraktionen der Die Linke mit dem Rest der Stimmen des Hauses ange- CDU/CSU und SPD – Entwurf eines Gesetzes zur Ände- nommen. rung des Grundgesetzes (Artikel 87 d) – bekannt: abge- Dritte Beratung gebene Stimmen 562. Mit Ja haben gestimmt 459, mit Nein haben gestimmt 59, Enthaltungen 44. Der Gesetz- und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem entwurf ist mit der erforderlichen Mehrheit angenom- Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – men. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24635

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner (A) Endgültiges Ergebnis Dr. Wolfgang Götzer Laurenz Meyer (Hamm) Antje Tillmann (C) Abgegebene Stimmen: 562; Reinhard Grindel Maria Michalk Dr. Hans-Peter Uhl davon Hermann Gröhe Dr. h. c. Hans Michelbach Arnold Vaatz Michael Grosse-Brömer Philipp Mißfelder Volkmar Uwe Vogel ja: 459 Markus Grübel Dr. Eva Möllring Andrea Astrid Voßhoff nein: 59 Manfred Grund Marlene Mortler Gerhard Wächter enthalten: 44 Monika Grütters Carsten Müller Marco Wanderwitz Olav Gutting (Braunschweig) Kai Wegner Ja Holger Haibach Stefan Müller (Erlangen) Marcus Weinberg Gerda Hasselfeldt Dr. Gerd Müller Gerald Weiß (Groß-Gerau) CDU/CSU Ursula Heinen (Bremen) Ingo Wellenreuther Uda Carmen Freia Heller Michaela Noll Karl-Georg Wellmann Ulrich Adam Michael Hennrich Dr. Georg Nüßlein Klaus-Peter Willsch Ilse Aigner Jürgen Herrmann Franz Obermeier Willy Wimmer (Neuss) Peter Albach Bernd Heynemann Eduard Oswald Elisabeth Winkelmeier- Peter Altmaier Ernst Hinsken Henning Otte Becker Thomas Bareiß Christian Hirte Rita Pawelski Werner Wittlich Norbert Barthle Robert Hochbaum Ulrich Petzold Dagmar Wöhrl Dr. Wolf Bauer Klaus Hofbauer Dr. Joachim Pfeiffer Wolfgang Zöller Günter Baumann Franz-Josef Holzenkamp Sibylle Pfeiffer Willi Zylajew Ernst-Reinhard Beck Joachim Hörster Beatrix Philipp (Reutlingen) Anette Hübinger Ronald Pofalla SPD Veronika Bellmann Hubert Hüppe Ruprecht Polenz Dr. Christoph Bergner Dr. Lale Akgün Susanne Jaffke-Witt Daniela Raab Otto Bernhardt Gregor Amann Dr. Peter Jahr Thomas Rachel Clemens Binninger Dr. h. c. Gerd Andres Dr. Hans-Heinrich Jordan Hans Raidel Renate Blank Ingrid Arndt-Brauer Dr. Franz Josef Jung Dr. Peter Ramsauer Peter Bleser Rainer Arnold Bartholomäus Kalb Eckhardt Rehberg Antje Blumenthal Ernst Bahr (Neuruppin) Katherina Reiche (Potsdam) Dr. Maria Böhmer Hans-Werner Kammer Doris Barnett Klaus Riegert Jochen Borchert Steffen Kampeter Dr. Hans-Peter Bartels Wolfgang Börnsen Alois Karl Dr. Heinz Riesenhuber Klaus Barthel (Bönstrup) Bernhard Kaster Franz Romer Sören Bartol Wolfgang Bosbach Volker Kauder Johannes Röring Sabine Bätzing Klaus Brähmig Eckart von Klaeden Kurt J. Rossmanith Dirk Becker (B) Helmut Brandt Jürgen Klimke Dr. Norbert Röttgen Uwe Beckmeyer (D) Dr. Ralf Brauksiepe Julia Klöckner Dr. Christian Ruck Klaus Uwe Benneter Monika Brüning Jens Koeppen Albert Rupprecht (Weiden) Dr. Axel Berg Georg Brunnhuber Dr. Kristina Köhler Peter Rzepka Ute Berg Cajus Caesar (Wiesbaden) Anita Schäfer (Saalstadt) Petra Bierwirth Gitta Connemann Manfred Kolbe Hermann-Josef Scharf Lothar Binding (Heidelberg) Leo Dautzenberg Norbert Königshofen Hartmut Schauerte Volker Blumentritt Hubert Deittert Dr. Rolf Koschorrek Dr. Annette Schavan Kurt Bodewig Alexander Dobrindt Hartmut Koschyk Dr. Andreas Scheuer Clemens Bollen Marie-Luise Dött Thomas Kossendey Karl Schiewerling Gerd Bollmann Dr. Stephan Eisel Michael Kretschmer Georg Schirmbeck Dr. Gerhard Botz Anke Eymer (Lübeck) Gunther Krichbaum Christian Schmidt (Fürth) Klaus Brandner Ilse Falk Dr. Günter Krings Andreas Schmidt (Mülheim) Willi Brase Dr. Hans Georg Faust Dr. Martina Krogmann Ingo Schmitt (Berlin) Bernhard Brinkmann Enak Ferlemann Dr. Hermann Kues Dr. Andreas Schockenhoff (Hildesheim) Ingrid Fischbach Dr. Karl A. Lamers Dr. Ole Schröder Edelgard Bulmahn Hartwig Fischer (Göttingen) (Heidelberg) Bernhard Schulte-Drüggelte Marco Bülow Dirk Fischer (Hamburg) Andreas G. Lämmel Uwe Schummer Ulla Burchardt Dr. Maria Flachsbarth Dr. Norbert Lammert Wilhelm Josef Sebastian Martin Burkert Klaus-Peter Flosbach Helmut Lamp Kurt Segner Dr. Michael Bürsch Herbert Frankenhauser Katharina Landgraf Marion Seib Christian Carstensen Dr. Hans-Peter Friedrich Dr. Max Lehmer Bernd Siebert Marion Caspers-Merk (Hof) Paul Lehrieder Thomas Silberhorn Dr. Peter Danckert Erich G. Fritz Ingbert Liebing Johannes Singhammer Karl Diller Jochen-Konrad Fromme Eduard Lintner Jens Spahn Martin Dörmann Dr. Michael Fuchs Dr. Klaus W. Lippold Erika Steinbach Dr. Carl-Christian Dressel Hans-Joachim Fuchtel Patricia Lips Christian Freiherr von Stetten Elvira Drobinski-Weiß Dr. Peter Gauweiler Dr. Michael Luther Gero Storjohann Garrelt Duin Dr. Jürgen Gehb Thomas Mahlberg Andreas Storm Detlef Dzembritzki Norbert Geis Stephan Mayer (Altötting) Max Straubinger Sebastian Edathy Eberhard Gienger Wolfgang Meckelburg Matthäus Strebl Siegmund Ehrmann Michael Glos Dr. Michael Meister Thomas Strobl (Heilbronn) Hans Eichel Josef Göppel Dr. Angela Merkel Lena Strothmann Petra Ernstberger Peter Götz Friedrich Merz Hans Peter Thul Karin Evers-Meyer 24636 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner (A) Annette Faße Helga Lopez Ludwig Stiegler Cornelia Pieper (C) Elke Ferner Gabriele Lösekrug-Möller Rolf Stöckel Gisela Piltz Gabriele Fograscher Dirk Manzewski Christoph Strässer Dr. Konrad Schily Rainer Fornahl Lothar Mark Dr. Peter Struck Marina Schuster Gabriele Frechen Caren Marks Joachim Stünker Dr. Hermann Otto Solms Dagmar Freitag Katja Mast Dr. Rainer Tabillion Carl-Ludwig Thiele Sigmar Gabriel Hilde Mattheis Jörg Tauss Florian Toncar Martin Gerster Markus Meckel Jella Teuchner Christoph Waitz Iris Gleicke Petra Merkel (Berlin) Jörn Thießen Dr. Claudia Winterstein Renate Gradistanac Ulrike Merten Franz Thönnes Dr. Volker Wissing Angelika Graf (Rosenheim) Dr. Matthias Miersch Rüdiger Veit Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Dieter Grasedieck Ursula Mogg Simone Violka Monika Griefahn Marko Mühlstein Jörg Vogelsänger fraktionsloser Kerstin Griese Detlef Müller (Chemnitz) Dr. Marlies Volkmer Abgeordneter Gabriele Groneberg Michael Müller (Düsseldorf) Hedi Wegener Henry Nitzsche Achim Großmann Gesine Multhaupt Andreas Weigel Wolfgang Grotthaus Franz Müntefering Petra Weis Wolfgang Gunkel Dr. Rolf Mützenich Gunter Weißgerber Nein Hans-Joachim Hacker Andrea Nahles Gert Weisskirchen Bettina Hagedorn Dr. Erika Ober (Wiesloch) CDU/CSU Klaus Hagemann Thomas Oppermann Hildegard Wester Michael Brand Alfred Hartenbach Holger Ortel Lydia Westrich Thomas Dörflinger Michael Hartmann Heinz Paula Dr. Margrit Wetzel Ute Granold (Wackernheim) Johannes Pflug Heidemarie Wieczorek-Zeul Andreas Jung (Konstanz) Nina Hauer Joachim Poß Dr. Dieter Wiefelspütz Siegfried Kauder (Villingen- Hubertus Heil Christoph Pries Engelbert Wistuba Schwenningen) Dr. Reinhold Hemker Dr. Wilhelm Priesmeier Dr. Wolfgang Wodarg Peter Weiß (Emmendingen) Rolf Hempelmann Florian Pronold Waltraud Wolff Anette Widmann-Mauz Dr. Barbara Hendricks Dr. Sascha Raabe (Wolmirstedt) Gustav Herzog Mechthild Rawert Heidi Wright SPD Petra Heß Steffen Reiche (Cottbus) Uta Zapf Peter Friedrich Gabriele Hiller-Ohm Maik Reichel Manfred Zöllmer Rita Schwarzelühr-Sutter Stephan Hilsberg Gerold Reichenbach Brigitte Zypries Petra Hinz (Essen) Dr. Carola Reimann FDP FDP (B) Gerd Höfer Christel Riemann- (D) Iris Hoffmann (Wismar) Hanewinckel Jens Ackermann Ernst Burgbacher Frank Hofmann (Volkach) Walter Riester Dr. Karl Addicks Birgit Homburger Dr. Eva Högl Sönke Rix Daniel Bahr (Münster) Sibylle Laurischk Eike Hovermann René Röspel Uwe Barth Harald Leibrecht Klaas Hübner Dr. Ernst Dieter Rossmann Angelika Brunkhorst Patrick Meinhardt Christel Humme Karin Roth (Esslingen) Patrick Döring Lothar Ibrügger Michael Roth (Heringen) Mechthild Dyckmans DIE LINKE Johannes Jung (Karlsruhe) Ortwin Runde Jörg van Essen Hüseyin-Kenan Aydin Josip Juratovic Marlene Rupprecht Ulrike Flach Dr. Dietmar Bartsch Johannes Kahrs (Tuchenbach) Otto Fricke Heidrun Bluhm Ulrich Kasparick Anton Schaaf Paul K. Friedhoff Eva Bulling-Schröter Dr. h. c. Susanne Kastner Axel Schäfer (Bochum) Horst Friedrich (Bayreuth) Dr. Martina Bunge Ulrich Kelber Bernd Scheelen Dr. Edmund Peter Geisen Roland Claus Christian Kleiminger Dr. Hermann Scheer Hans-Michael Goldmann Sevim Dağdelen Astrid Klug Marianne Schieder Joachim Günther (Plauen) Werner Dreibus Dr. Bärbel Kofler Otto Schily Dr. Christel Happach-Kasan Klaus Ernst Walter Kolbow Ulla Schmidt (Aachen) Heinz-Peter Haustein Diana Golze Fritz Rudolf Körper Silvia Schmidt (Eisleben) Dr. Werner Hoyer Dr. Gregor Gysi Karin Kortmann Renate Schmidt (Nürnberg) Michael Kauch Heike Hänsel Rolf Kramer Heinz Schmitt (Landau) Dr. Heinrich L. Kolb Lutz Heilmann Anette Kramme Carsten Schneider (Erfurt) Hellmut Königshaus Cornelia Hirsch Ernst Kranz Olaf Scholz Gudrun Kopp Inge Höger Nicolette Kressl Ottmar Schreiner Dr. h. c. Jürgen Koppelin Dr. Barbara Höll Volker Kröning Swen Schulz (Spandau) Heinz Lanfermann Ulla Jelpke Angelika Krüger-Leißner Ewald Schurer Ina Lenke Dr. Lukrezia Jochimsen Dr. Hans-Ulrich Krüger Frank Schwabe Markus Löning Dr. Hakki Keskin Jürgen Kucharczyk Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Erwin Lotter Katja Kipping Helga Kühn-Mengel Rolf Schwanitz Jan Mücke Monika Knoche Ute Kumpf Wolfgang Spanier Burkhardt Müller-Sönksen Jan Korte Dr. Uwe Küster Dr. Margrit Spielmann Dirk Niebel Katrin Kunert Christine Lambrecht Jörg-Otto Spiller Hans-Joachim Otto Michael Leutert Christian Lange (Backnang) Dieter Steinecke (Frankfurt) Ulla Lötzer Waltraud Lehn Andreas Steppuhn Detlef Parr Dr. Gesine Lötzsch Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24637

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner (A) Ulrich Maurer BÜNDNIS 90/DIE Katrin Göring-Eckardt Omid Nouripour (C) Dorothée Menzner GRÜNEN Britta Haßelmann Brigitte Pothmer Kersten Naumann Winfried Hermann Bettina Herlitzius Claudia Roth (Augsburg) Wolfgang Nešković Peter Hettlich Krista Sager Dr. Norman Paech Priska Hinz (Herborn) Manuel Sarrazin Petra Pau Enthalten Ulrike Höfken Bodo Ramelow Dr. Anton Hofreiter Elisabeth Scharfenberg Elke Reinke BÜNDNIS 90/DIE Thilo Hoppe Christine Scheel Paul Schäfer (Köln) GRÜNEN Ute Koczy Irmingard Schewe-Gerigk Volker Schneider Sylvia Kotting-Uhl Dr. Gerhard Schick Marieluise Beck (Bremen) (Saarbrücken) Fritz Kuhn Cornelia Behm Rainder Steenblock Dr. Ilja Seifert Undine Kurth (Quedlinburg) Silke Stokar von Neuforn Dr. Petra Sitte Birgitt Bender Markus Kurth Dr. Wolfgang Strengmann- Frank Spieth Alexander Bonde Monika Lazar Kuhn Dr. Kirsten Tackmann Ekin Deligöz Anna Lührmann Dr. Axel Troost Dr. Thea Dückert Nicole Maisch Hans-Christian Ströbele Alexander Ulrich Dr. Uschi Eid Jerzy Montag Dr. Harald Terpe Jörn Wunderlich Hans Josef Fell Kerstin Müller (Köln) Wolfgang Wieland Sabine Zimmermann Kai Gehring Winfried Nachtwei Josef Philip Winkler

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle- Platt sind im Moment allerdings unsere Milchbäue- gin Marlene Mortler, CDU/CSU-Fraktion. rinnen und Milchbauern selber. Wir erinnern uns an die Hochpreisphase, an den kurzen Höhenflug bei den (Beifall bei der CDU/CSU) Milchpreisen und an den steilen Sinkflug. Spätestens jetzt, da die Abschlüsse des Lebensmitteleinzelhandels Marlene Mortler (CDU/CSU): mit den Molkereien festgezurrt worden sind, können wir Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und von einem wirklichen Absturz sprechen. Es sind Preise Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin Bäue- wie vor 50 Jahren: Der Liter Milch kostet im Supermarkt rin. 42 Cent, der Bauer erhält 20 Cent. Um einen kleinen Vergleich herzustellen: Ein Glas Mineralwasser kostet (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) 20 Cent, ein Glas Milch kostet 4,2 Cent. Diese wenigen (B) Wer in diesem Hohen Hause kann das von sich sagen? Zahlen machen deutlich: Der Hilfeschrei der Bäuerinnen (D) und Bauern ist berechtigt; denn das ist längst kein Pro- Ich bin Bäuerin, und ich bin seit vielen Jahren als blem mehr von großen oder kleinen Betrieben. Dieser Landfrau im Ehrenamt engagiert und verankert. Das niedrige Milchpreis trifft viele Existenzen. heißt, ich kenne das Innenleben und vor allem das Be- rufsleben unserer Bäuerinnen und Bauern. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP]) (Beifall bei der CDU/CSU – Peter Bleser [CDU/CSU]: Sie ist eine hübsche Bäuerin! – Dabei ist und bleibt die Landwirtschaft – das vergessen Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Das ist die ein- viele – die Basis unseres Seins. Die Agrikultur ist die zige Bäuerin hier im Hohen Hause!) Mutter aller Kulturen, und wir brauchen sie auch in Zu- kunft. Meine langjährige Beobachtung als Milchbäuerin war eigentlich immer die Gleiche: Wir arbeiten gerne, wir Wir – meine Arbeitsgruppe – wollen die Landwirt- jammern nicht über eine Siebentagewoche. Wir arbeiten schaft nicht nur in Gunstlagen, sondern wir wollen die auch deshalb gerne, weil wir in und mit unserer Familie Landwirtschaft flächendeckend. Wenn der Bund und arbeiten. Europa bestimmte Dinge nicht ausgleichen können, dann sind aus meiner Sicht nach wie vor die Bundeslän- Der Arbeitsplatz Bauernhof ist für mich hochinteres- der gefragt. Ich kann für mein Bundesland, für Bayern, sant, und ich rate allen, die es noch nicht getan haben, sprechen: Bayern hat die Landwirtschaft vor Ort in den die Chance auf ein Praktikum auf unseren Bauernhöfen vergangenen Jahrzehnten ganz toll unterstützt. zu nutzen. Sie werden sehen, dass Sie mit ganz anderen und positiven Erkenntnissen zurückkommen. Auf diese Ob Lebensmittelerzeugung, Energieerzeugung oder Idee ist jetzt übrigens auch die zuständige EU-Kommis- Klimaschutz: Die Landwirtschaft spielt für mich eine sarin Fischer Boel gekommen, die ihre Mitarbeiter in der Schlüsselrolle. Viele Fragen, die unsere Zukunft betref- Sommerpause ebenfalls auf unsere Bauernhöfe schicken fen, kann nämlich nur die Pflanze beantworten. Das gilt will. weltweit. An der Stelle ein herzliches Dankeschön an die (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Arbeitsgruppe AWZ, also an die Arbeitsgruppe für wirt- Ute Kumpf [SPD]: Ob da nicht zu viel Arbeit schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Mit auf sie zukommt?) dieser und unserer Arbeitsgruppe für Ernährung, Land- wirtschaft und Verbraucherschutz haben wir ein gemein- Ich sage es noch einmal: Sie werden aufgrund der Viel- sames Positionspapier mit dem Titel „Globale Heraus- falt unserer Landwirtschaft in Deutschland platt sein. forderungen – Sicherung der Welternährung“ erstellt. 24638 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Marlene Mortler (A) Ein Fazit lautet: Die Bauern in Europa und in den Ent- Sie verschweigen außerdem in Ihrem Antrag, dass (C) wicklungsländern dürfen nicht gegeneinander ausge- Europa diese Erstattungen in den letzten Jahren massiv spielt werden. abgebaut hat. Aber in dieser Krisenzeit ist jetzt ein Not- fall eingetreten. Solange dieses Instrument des Welthan- (Beifall bei der CDU/CSU) dels rechtlich erlaubt ist, müssen wir es auch nutzen. Al- les andere wäre unverantwortlich. Weltweit müssen in Zukunft mit immer weniger Ackerflächen immer mehr Menschen ernährt werden. (Beifall bei der CDU/CSU) Das heißt, unser Boden muss so gepflegt, ernährt und versorgt werden, dass er uns alle ernähren kann. Ich sage Wer in dieser Krise Exporterstattungen zum Wohle das, weil heute ein Antrag vorliegt, der aus meiner Sicht anderer Menschen ablehnt, muss sich auch fragen lassen, so gnadenlos und einseitig schlecht ist, dass man ihn nur für wen er eigentlich arbeitet. ablehnen kann. Das werden wir auch tun. (Peter Bleser [CDU/CSU]: Und wer ihn bezahlt!) (Beifall bei der CDU/CSU – Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schlagen Sie Ein Verzicht hilft weder Burkina Faso noch unseren mal etwas vor, Frau Mortler!) Bauern in Deutschland und in Europa. Im Gegenteil, wir verlören Arbeitsplätze und Wertschöpfung. Die Behauptungen über die Zerstörung anderer Märkte sind – ich zitiere unseren Staatssekretär Dr. Gerd Müller Wer allerdings wie die Kommission die Milchquoten aus der gestrigen Ausschusssitzung – aus europäischer in der Vergangenheit nur erhöht hat und bis heute keine Sicht geradezu aberwitzig. Gesamtstrategie auf den Tisch gelegt hat, ist wenig glaubwürdig. Deshalb ist es mehr als richtig, dass die (Beifall bei der CDU/CSU) Kommission im Januar die private Lagerhaltung auf den Weg gebracht und im März die öffentliche Intervention Mit Ihrem Antrag wollen sie offensichtlich als Gut- ermöglicht hat. Ich nenne nur stichpunktartig die The- menschen oder vielleicht auch als Schein-Heilige in die men Verfütterungsbeihilfen, Schulmilchabsatz und Ver- Geschichte eingehen. Wir wollen nicht als Gutmen- wertungsbeihilfen. All das sind Instrumente, die uns schen, sondern als Problemlöser in die Geschichte einge- helfen müssen. Ganz besonders wichtig ist, dass die Di- hen. rektzahlungen so schnell wie möglich vorgezogen wer- den; dafür kämpfen wir. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP] – Alexander (Beifall bei der CDU/CSU) Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es (B) gibt auch wenige Chancen, dass Sie als Gut- Ich begrüße außerdem das Liquiditätshilfeprogramm (D) menschen irgendwo eingehen!) der Landwirtschaftlichen Rentenbank sowie alle Mög- lichkeiten, die der Milchfonds bietet, das EU-Konjunk- Dabei lassen wir uns von niemandem überbieten, und turprogramm und die Absatzförderung Export. In unser ich als Bäuerin schon gar nicht. Speiseeis muss außerdem wieder Milch, auf unsere Pizza muss wieder echter Käse. Wir setzen auf Wahrheit und Klarheit. Ich lebe zwar auf dem Dorf, aber ich lebe auch in Europa, und als Meine Damen und Herren, bevor es heute keiner sagt: Agrarpolitikerin und Bäuerin weiß ich, dass seit Jahr- Einen tollen Erfolg haben wir in der Großen Koalition zehnten Agrarpolitik in Europa gemacht wird doch schon erreicht, indem wir in dieser Woche die ekla- tante Wettbewerbsverzerrung beim Agrardiesel zumin- (Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dest abgemildert haben. Wir nehmen zweimal NEN]: Ach so!) 250 Millionen Euro in die Hand, damit die Wettbewerbs- verzerrungen gegenüber unseren wichtigsten Mitbewer- und dass auch Frau Künast in ihrer Regierungszeit viele bern wieder einigermaßen ins Gleichgewicht kommen. Beschlüsse mitgetragen hat. Ich erinnere an die Halb- zeitbewertung – Mid-Term-Review – der Agrarreform (Beifall bei der CDU/CSU) und an die festgelegte Absenkung der Interventions- preise für Magermilchpulver und Butter mit ihren jetzt Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: verheerenden Auswirkungen. Ich erinnere aber auch an Frau Kollegin Mortler, ich erinnere Sie daran, dass unsere Ministerin Ilse Aigner, die alle Register gezogen Sie zum Ende kommen müssen. hat, um auf deutscher oder europäischer Ebene eine Mengenkürzung zu erreichen, aber weder in Deutsch- Marlene Mortler (CDU/CSU): land noch in Europa eine Mehrheit gefunden hat. Ich komme zum Ende. – Dafür erwarten wir und auch Aber gerade weil wir die Rahmenbedingungen ken- ich von allen Akteuren, dass nicht nur wir Politiker, son- nen, können wir uns nicht künstlich dumm stellen. Wenn dern auch alle anderen Beteiligten ihre Hausaufgaben wir unsere Märkte ernsthaft stabilisieren wollen, müssen machen, dass die Landwirte ihre Kosten optimieren, die wir uns jetzt auf die Maßnahmen konzentrieren, die Molkereien mit Produktinnovationen und damit mehr schnell und konkret wirken, also auf das Machbare. Wertschöpfung in die Märkte gehen, dass der Lebens- Dazu gehören auch Exporterstattungen. mitteleinzelhandel seiner gesamtgesellschaftlichen Ver- antwortung nachkommt, aber ebenso die Kommission (Beifall bei der CDU/CSU) und die Verbraucher. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24639

(A) Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: haupt nicht um die Milchexportsubventionen, die wir im (C) Frau Kollegin! Ausschuss lang und breit erörtert haben. Vielmehr geht es Ihnen um ein politisches Signal gegenüber dem BDM. Marlene Mortler (CDU/CSU): (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE Nicht grüne Schauanträge entscheiden über die Zu- GRÜNEN]: Das ist eine Unterstellung!) kunft – das muss jetzt noch sein, Frau Präsidentin –, Der Bund Deutscher Milchviehhalter ist der Meinung, (Ulrich Kelber [SPD]: Sie hat noch nicht alles dass man unsere offenen Märkte dadurch regulieren vorgelesen!) kann, dass man ein flexibles Mengensteuerungssystem sondern verantwortliches Handeln. Die Zukunft braucht einführt. Alle Leute, die darüber nachgedacht haben, nicht unsere Angst, sondern unser Handeln. empfinden die Idee des BDM als unrealistisch. Was ma- chen Sie? Sie schreiben zunächst: Danke schön. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregie- (Beifall bei der CDU/CSU) rung auf, sich dafür einzusetzen, dass ab sofort keine Export- Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: subventionen für Agrarexporte gewährt werden; Ich gebe das Wort dem Kollegen Hans-Michael Gold- mann, FDP-Fraktion. sich dafür einzusetzen, dass die Festsetzung von Exporterstattungen für Milch und Milcherzeugnisse (Beifall bei der FDP) rückgängig gemacht wird;

Hans-Michael Goldmann (FDP): … Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen Viertens heißt es dann: und Kollegen! In fünf Minuten hier etwas zu sagen, ist grundsätzlich schwer; heute ist es besonders schwer, sich für die Entwicklung und Einführung eines fle- weil das Abstimmungsverhalten für die Bürgerinnen und xiblen Steuerungsinstruments für die Milchmenge Bürger, die vielleicht am Fernseher zuschauen oder die in der EU einzusetzen. da oben sitzen, teilweise kaum erkennbar ist. Ich will es Frau Höfken, es ist enttäuschend unaufrichtig von Ih- zu erklären versuchen. nen, Man bekommt einen Antrag in die Hand. Dessen fett- (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) gedruckte Überschrift heißt: „Milchexportsubventionen (B) (D) sofort stoppen – Weitere Zerstörung der Märkte in Ent- dass Sie in einen Antrag etwas hineinbringen, was in wicklungsländern verhindern“. Eigentlich jeder, der zum diesem Zusammenhang überhaupt nichts zu suchen hat, Nachdenken kommt, sagt: Es kann nicht angehen, dass sondern reines Anbiedern an den BDM und in meinen wir unsere Milchmarktprobleme auf dem Rücken der Augen Verführen ist. Ich bin davon überzeugt, Frau Schwächsten in unserer Gesellschaft, nämlich dem der Höhn – ich habe sie vorgestern Abend bei einer Veran- armen Menschen in Afrika, austragen. staltung des BDM erlebt – ist nicht dumm genug, um nicht zu wissen, dass der BDM mit seiner Position falsch (Beifall bei der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: liegt. Daher ist es unlauter und fast bösartig, wenn man Du weißt genau, dass das nicht stimmt!) den Menschen politisch Hoffnung macht, dass ein sen- Jeder wird sofort sagen: Ich stimme der Idee zu, die hier sibles Mengensteuerungssystem innerhalb der EU und zum Ausdruck gebracht wird, wie man sie im Detail auf einem globalen Markt möglich ist. Sie wissen, dass auch gewichtet. Die Tatsache, dass viele Probleme der das gar nicht möglich ist. afrikanischen Staaten nicht etwas mit unserer Subven- (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) tionspolitik, sondern mit den dortigen politischen Ver- hältnissen zu tun haben, kommt hinzu. Aber Fakt ist: Es Liebe Kolleginnen und Kollegen vom Bündnis 90/ ist unlauter, es ist meiner Meinung nach unmoralisch Die Grünen, ich glaube, ihr habt es nicht nötig, solche und unethisch, wenn man Exportsubventionen sozusa- Anträge einzubringen. Das ist nichts anderes als blindes gen zur Bereinigung des eigenen Marktes in die Welt Anbiedern und im Grunde Missbrauch einer Situation, schmeißt und dadurch sich entwickelnde Märkte zer- die für die Entwicklungsländer hochdramatisch ist. Da stört. der Name des Kollegen Hoppe, der Vorsitzender des Entwicklungshilfeausschusses ist, im Kopf Ihres An- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten trags aufgeführt wird, kann ich nur sagen – darüber müs- der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE sen Sie sich im Klaren sein –: Sie missbrauchen im GRÜNEN) Grunde genommen Ihre eigenen Leute. Sie wissen das Insofern wäre ich selbstverständlich sehr geneigt, dem genau; denn Sie kommen auf die in Ihrem Antrag enthal- Antrag der Grünen zuzustimmen. tene Position mit keinem einzigen Wort in der Begrün- dung zurück. Aber, Kollegin Höfken – jetzt muss ich aufpassen; wahrscheinlich werde ich jetzt gerügt –, die Schweine- Aus unserer Sicht gilt Folgendes: Wir müssen die rei, die Sie in diesem Antrag anlegen, findet sich im Milchprobleme auf unserem nationalen Markt selbst lö- vierten Punkt. Im Grunde genommen geht es Ihnen über- sen. Die Korrektur der Agrardieselbesteuerung war nö- 24640 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Hans-Michael Goldmann (A) tig. Aber sie ist ein fauler Kompromiss. Wer die Rege- Produktion in den betroffenen Ländern zu strangulieren. (C) lungen zur Agrardieselbesteuerung nur für zwei Jahre Dafür gibt es in der Vergangenheit viele gravierende mit der Begründung „Wir gehen in die Zeit vor Frau Beispiele. Sinkende Einkommen und steigende Armut Künast zurück“ ändert, hat nicht verstanden, dass es hier sind häufig die Folge. Die Entwicklung der Landwirt- im Grunde genommen um europäische Harmonisierung schaft spielt eine zentrale Rolle bei der Armutsbekämp- und Wettbewerbsbedingungen geht. fung. Deshalb hat es in Hongkong die Zusage der EU ge- geben, Exporterstattungen im Zuge der Verhandlungen (Beifall bei der FDP) bis 2013 abzuschaffen. Auch Bundespräsident Köhler Wir können in diesem Bereich gerne konsequent und hat sich im Übrigen für eine Abschaffung der Exportsub- geradlinig weiterarbeiten. Hier können wir natürlich das ventionen starkgemacht. aufgreifen, was Kollegin Mortler gesagt hat: Gewährung von Überbrückungshilfen, Vorziehen der Direktzahlun- Warum hat es nun diesen Rückfall bei der Milch ge- gen und Auflegung von Schulmilchprogrammen. Das al- geben? Was soll das, wem hilft das eigentlich? Es ist be- les kann man machen, aber erstens nicht auf dem Rü- kannt – Marlene Mortler hat darauf hingewiesen –, dass cken der Entwicklungsländer und zweitens nicht in der es einen gravierenden Preisverfall auf dem Milchmarkt meiner Meinung nach bösartigen Form, die Sie in Ihrem gegeben hat. Es gibt ein deutliches Überangebot an Antrag zum Ausdruck bringen. Deswegen werden Sie Milch nicht nur auf dem deutschen Markt. Nun wird wie für einen solch verlogenen Antrag – eigentlich müsste es bei ähnlichen Überproduktionskrisen in der Vergangen- unser gemeinsames Anliegen sein, dafür zu sorgen, dass heit der Versuch gemacht, diese Mengen mithilfe von Märkte in den Entwicklungsländern entstehen, die die Exporterstattungen auf dem Weltmarkt abzusetzen. Menschen vor Ort ein Stück glücklicher machen – keine Auch wenn die schädlichen Auswirkungen auf den Zustimmung von uns bekommen. Märkten der Entwicklungsländer bisher gering sind, auch wenn es sich formal um ein welthandelsrechtlich Herzlichen Dank. zulässiges Instrument handelt, es ist politisch falsch, es ist gefährlich. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: der FDP) Nächster Redner ist der Kollege Manfred Zöllmer, Gerade in der jetzigen Wirtschaftskrise, die auch den SPD-Fraktion. Handel stark infiziert hat, macht es wenig Sinn, jetzt in (Beifall bei Abgeordneten der SPD) die Mottenkiste der Handelspolitik zu greifen und ein völlig verstaubtes Instrument wieder ans Tageslicht zu (B) (D) Manfred Zöllmer (SPD): holen. Es hilft den Milchbauern nicht. Die Praxis zeigt Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! das. Die Milchbauern lehnen ein solches Instrument Liebe Marlene Mortler, ich möchte drei, vier Sätze aus nachdrücklich ab. Ich darf noch einmal zitieren: einem Auszug von Spiegel Online zitieren: Ein bizarrer Widerspruch: Deutschland stellt erheb- Eigentlich müsste die CSU den Bauern erklären, liche Mittel für den Aufbau einer marktfähigen dass sie die Macht über den Milchpreis verloren Landwirtschaft in Schwellen- und Entwicklungs- hat. Es wäre die Wahrheit … Seehofer tut so, als ländern bereit – und gleichzeitig überfluten wir die gäbe es ein Zurück zur alten Planwirtschaft. Dabei lokalen Märkte mit künstlich verbilligter Milch. weiß er, dass sich nicht einmal die deutschen Minis- So weit aus einer Publikation des BDM. terpräsidenten darauf einigen können, die Milch- menge zu begrenzen. Er ist im Moment der größte Aber auch wenn es nicht zu verheerenden Wirkungen Illusionskünstler der deutschen Politik. Doch die auf den Märkten vieler Entwicklungsländer kommt: Dies Bauern glauben seinen Tricks nicht. ist ein völlig falsches Signal. Es ermutigt all diejenigen Länder, die Protektionismus für ein legitimes handelspo- So weit Spiegel Online. Ich kann nur sagen: Sie haben litisches Instrument halten. Protektionismus hat viele recht. Gesichter. Es wäre für uns verheerend, wenn diese pro- Es sind viele schöne Worte gefunden worden, als es tektionistischen Bestrebungen weiteren Auftrieb erhal- darum ging, die gegenwärtige Welthandelsrunde der ten würden. Deutschland wäre der große Verlierer all WTO als Runde für die Entwicklungsländer zu beschrei- dieser Wettläufe. Wir als Exportnation Nummer eins ha- ben und Zugeständnisse der entwickelten Länder für die ben ein großes Interesse an einem Abschluss der laufen- armen Länder zu fordern. Es sollte faire Handels- und den Doha-Handelsrunde. Wir sollten alles unterlassen, Entwicklungschancen gerade für die armen Länder ge- was diesen Abschluss behindert. Neue Exportsubventio- ben. Ich hatte die Möglichkeit, die Verhandlungen der nen behindern den Fortgang der WTO-Verhandlungen. WTO in Hongkong vor Ort zu verfolgen. Es gab viele Das ist etwas, was wir überhaupt nicht gebrauchen kön- Probleme in einem sehr komplexen Interessengeflecht. nen. Eines der zentralen Problemfelder für viele Entwick- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten lungsländer waren die Exporterstattungen der EU für des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Agrarprodukte; denn Exporterstattungen verzerren Preisrelationen auf den Weltmärkten. Sie können zu Warum werden wir den vorliegenden Antrag der Grü- Dumpingangeboten führen mit der Folge, die heimische nen trotzdem ablehnen? Dazu ist schon einiges gesagt Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24641

Manfred Zöllmer (A) worden. Die Grünen haben in ihrem Antrag nicht nur ge- – Hören Sie zu! – 2005 war 1 Liter Milch auf Basis euro- (C) gen die Milchexportsubventionen Stellung bezogen päischen Milchpulvers in Burkina Faso 15 Cent billiger – diese Position unterstützen wir Sozialdemokraten, wie als die heimische Frischmilch. Dieses Phänomen lässt ich deutlich gemacht habe –, sie haben gleichzeitig auch sich in vielen Staaten Subsahara-Afrikas beobachten. Vorschläge zur Regulierung des Milchmarktes gemacht, Das hat dort Leben zerstört. die wir nicht für zielführend halten. Damit werden zwei (Marlene Mortler [CDU/CSU]: Verschwö- Aspekte miteinander vermischt, die nur zufällig etwas rungstheorien nennt man so etwas!) miteinander zu tun haben. Die in dem Antrag der Grünen geforderte Steuerung der Milchmenge entspricht nicht In Sambia ist Milch seit wenigen Jahren eine Einkom- dem Weg, den die EU beschlossen hat. Danach werden mensquelle, auch dank deutscher und europäischer Ent- die Milchquoten auslaufen. Das ist auch richtig so. Die wicklungshilfe. John Mwemba, Vorsitzender einer Forderung nach neuen Quoten läuft in die Irre. Die Quo- Milchkooperative, sagt: tenregelung der Vergangenheit hat das Problem auf dem Mit Kühen gelingt es …, jeden Monat Geld für Es- Milchmarkt nicht verhindert. Im Gegenteil: Neue Quo- sen, Schule und Medizin zu erwirtschaften. ten würden neue Probleme schaffen. Das wollen wir nicht. Deshalb werden wir gegen den Antrag stimmen. Die sambischen Milchbauern erhalten kaum Subven- tionen. Der Milchkonzern Campina dagegen hat in den Vielen Dank. letzten fünf Jahren in Deutschland 12,7 Millionen Euro (Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei an Agrarsubventionen geschenkt bekommen. Das muss Abgeordneten der CDU/CSU) aufhören! (Beifall bei der LINKEN) Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Sollte zudem in Sambia der ohnehin niedrige Zoll auf Für die Linke gebe ich das Wort dem Kollegen Hü- Milchpulverimporte noch weiter sinken, könnte der Alb- seyin Aydin. traum von Herrn Mwemba Wirklichkeit werden: „… wir (Beifall bei der LINKEN) werden wieder arm sein“. Die afrikanischen Länder for- derten deshalb, dass 40 Prozent der Produkte mit Zöllen belegt werden dürfen. Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE): (Marlene Mortler [CDU/CSU]: So spricht ei- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe ner, der keine Ahnung hat!) Kolleginnen und Kollegen! Diese Woche hat die Bun- desregierung den Milchbauern einen Teil der Mineralöl- Die EU hat gegenüber den Entwicklungsländern, den ar- (B) (D) steuer erlassen. Schon im Januar wurden nach andert- men Ländern in Afrika, eine Höchstgrenze von 20 Pro- halb Jahren Aussetzung die Exportsubventionen für zent durchgeboxt. Milchprodukte wieder eingeführt. In Deutschland liegen (Marlene Mortler [CDU/CSU]: Keine damit die Exportpreise für Milchprodukte im Durch- Ahnung!) schnitt 52 Prozent unter den tatsächlichen Produktions- kosten. Durch Subventionen wie den Mineralölsteuer- Natürlich wollen wir faire Preise für die europäischen erlass kann man keine fairen Preise erzielen. Die und deutschen Milchproduzenten. Die EU hat jedoch Probleme auf dem europäischen Agrarmarkt bleiben da- durch Anhebungen der Milchquote Überschüsse in der mit weiterhin ungelöst. Butter, Käse und Milchpulver Produktion und gesunkene Preise mitverursacht. werden zu Dumpingpreisen auf den Weltmarkt gewor- fen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU. Unsere agrarpolitische Sprecherin Kirsten Tackmann Aus entwicklungspolitischer Sicht ist das ein Irrsinn. In sagt ganz richtig: einem Beschluss vom 5. März 2009 hat der Bundestag Von 24 Cent und weniger für einen Liter Milch die Bundesregierung aufgefordert, sich für die Abschaf- kann kein Betrieb auf Dauer leben. fung der Agrarsubventionen einzusetzen. Auch die Mi- nisterin Heidemarie Wieczorek-Zeul unterstützte diese (Beifall bei der LINKEN) Forderung. Das Versprechen der Landwirtschaftsminis- Wir brauchen einen agrarpolitischen Richtungswech- terin Aigner, dass keine Exporte in die ärmsten Entwick- sel hin zu einer Stabilisierung der regionalen Märkte mit lungsländer subventioniert werden, wurde gebrochen. kostendeckenden Preisen. Dabei müssen wir vor allem über die Marktmacht des Einzelhandels und der Groß- Die Behauptung von CDU/CSU und Teilen der SPD, molkereien sprechen. dass die Situation des deutschen Milchmarktes nichts mit den Exporterstattungen und der WTO zu tun hat, ist Der Antrag der Grünen zur Abschaffung der Export- blanker Unsinn. subventionen für Milch kommt zum richtigen Zeitpunkt. Sicher sind einige Ungereimtheiten im Feststellungsteil (Beifall bei der LINKEN) zu bemängeln. Die Grünen sprechen vom „Geist der Wenn subventioniertes Milchpulver billiger als die Verhandlungen auf der WTO-Ebene“. Die Absenkung Milch der lokalen Bäuerinnen und Bauern ist, dann wer- der Schutzzölle ist ein Ergebnis der WTO-Verhandlun- den Existenzen in den Entwicklungsländern vernichtet. gen. Insofern kann man das Scheitern der Verhandlun- gen nicht bedauern. Auch die Behauptung, dass die (Marlene Mortler [CDU/CSU]: Beweise!) meisten Exporte nach Afrika gingen, ist so nicht richtig. 24642 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Hüseyin-Kenan Aydin (A) Richtig ist natürlich, dass der Export von 1,2 Prozent der Statt den Milchhahn endlich zuzudrehen, verplem- (C) deutschen Agrarprodukte in afrikanische Länder einen pern Bundesregierung und EU-Kommission Steuermil- unmenschlich hohen Schaden anrichtet. liarden für Exportsubventionen, um die selbst herbeige- führten Übermengen loszuwerden. Das geht auf Kosten Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: der Bauern in den Entwicklungsländern. Herr Kollege. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE): Das hat mein Vorredner schon dargestellt. Frau Präsidentin, ich komme zum Ende. – Die Be- hauptung der Koalition, dass die Subventionen deutscher Ich nenne nur das, was der Ausschuss für wirtschaftli- Milchexporte für den globalen Markt unerheblich seien, che Zusammenarbeit und Entwicklung, und zwar auch ist beschämend, kurzsichtig und einfach falsch. mit den Stimmen von CDU/CSU, beschlossen hat: (Beifall des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE Der Ausschuss bittet die Bundesregierung eindring- LINKE]) lich, sich weiterhin gegenüber der Europäischen Kommission dafür einzusetzen, keine Exportsub- Deshalb werden wir, die Entwicklungspolitiker und viele ventionen für Agrarexporte in Entwicklungsländer andere aus meiner Fraktion, dem Antrag der Grünen zu- zu gewähren. stimmen. Also auch von dieser Seite Zustimmung zu unserem An- (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ul- trag. rike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Mit den bisherigen Maßnahmen konnte eine Entlas- tung des Marktes auf jeden Fall nicht erreicht werden, Das Wort hat die Kollegin Ulrike Höfken, Bünd- und das Vorziehen der Direktzahlungen ist auch Milch- nis 90/Die Grünen. schaumschlägerei. Das geht ebenso an der Problemursa- che vorbei. Was machen die Leute denn in einem halben Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jahr? Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Aydin, was Sie hier erzählen, ist natür- Steuerentlastung beim Agrardiesel: Über vier Jahre lich Quatsch. Ohne Übermengen brauchten wir keine hat diese Bundesregierung mit der Mehrwertsteuer den (B) Exportsubventionen. Insofern gibt es durchaus eine Ver- Agrardiesel noch verteuert. Jetzt kommt plötzlich eine (D) bindung. marginale Absenkung. Bei 42 000 Euro Verlust eines durchschnittlichen Milchviehbetriebs in Rheinland-Pfalz (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sind 350 Euro wirklich nur ein Tropfen auf den heißen Stein, und das Geld für notwendige Maßnahmen ist weg, Ich hätte Frau Mortler gern gefragt – das durfte ich ganz abgesehen davon, dass das Ganze sowieso absolut aber nicht –, ob sie eigentlich den Anträgen des Bundes- ungerecht ist. landes Bayern zustimmt: 5 Prozent Mengenabbau, Ver- änderung des Umrechnungsfaktors, Abschaffung der (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Molkereisaldierung, Einbehaltung der Erhöhungsmen- sowie bei Abgeordneten der FDP und der LIN- gen in der nationalen Reserve. Dazu hat sie keinen Ton KEN) gesagt. Die Rechnung darf dann auch noch die neue Bundesre- Übrigens wäre es lohnend, auf den CDU-Minister gierung bezahlen. Hauk zu verweisen, der auch für Mengenregulierungen Um die Übermengen loszuwerden, soll die Milch jetzt ist; in die Schulen fließen. Gleichzeitig sehen wir aber, dass (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Aber auf der Bundesfinanzminister, genauso wie die Finanzminis- wissenschaftlicher Basis!) ter der Bundesländer, diesem Vorhaben die Finanzierung verweigern wird. Das Geld wird überhaupt nicht abgeru- auch Frankreich und Österreich sind dafür. Die Front fen. bröckelt also. Man muss klar sagen: Die Milchpolitik der Bundesregierung bringt das Fass zum Überlaufen. Wir verlangen von Ihnen, Frau Ministerin, dass Sie diese Mittel für Schulobst, Schulmilch und Armenspei- Ich bekomme Hunderte von Briefen aus allen Teilen sung endlich in ein vernünftiges Konzept zur gesunden Deutschlands – Börtlingen, Detern, Windhagen – in de- Ernährung in den Schulen und in den Kindergärten über- nen es heißt: 5 000 Euro Verlust, 2 500 Euro Verlust, führen. Dann kann man Sie auch ernst nehmen. 4 000 Euro Verlust pro Monat. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Zuruf von der CDU/CSU: Das sind alles die- selben!) Fusionierung der Molkereien: Auch das macht die Si- tuation eher schlimmer. Jedenfalls muss der Milchhahn Das ist die Situation, in die Sie die Betriebe gebracht ha- zugedreht werden, um Angebot und Nachfrage wieder ben und noch bringen. ins Gleichgewicht zu bringen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24643

Ulrike Höfken (A) Die gleiche Entwicklung hatten wir doch beim Wein- Ich hatte das Privileg, Ende März/Anfang April auf (C) markt, ehe wir über Fraktionsgrenzen hinweg endlich Einladung der christlichen Organisation „Justitia et Pax“ eine Mengenregulierung herbeigeführt haben. Erst dann einige Tage mit dieser Familie auf der Farm zu leben und konnten wir sagen: Der Markt entwickelt sich jetzt wie- zu arbeiten. Ich habe mir anschauen können, was die der gut. Milchviehwirtschaft für diese Familie bedeutet. Die Fa- milie hat vor drei Jahren mit einer geschenkten Kuh im (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Welchen Rahmen des Heifer-Programms damit begonnen. Es ist Preis haben wir denn beim Wein?) die Chance, Ernährung und Einkommen zu sichern. Bundespräsident Köhler hat zur Finanzkrise gesagt: Die Familie betreibt diese Milchviehwirtschaft unter „Es braucht einen starken Staat, der dem Markt Regeln schwersten Bedingungen: massiver Mangel an Wasser setzt …“ Das muss auch für den Milchmarkt gelten. – Wasser muss mit reiner Muskelkraft aus einem tiefen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Erdloch geholt werden –, Mangel an Geräten, Fehlen von Strom, keinerlei Mobilität; noch nicht einmal ein Ich will ganz ernsthaft sagen: Die Herausforderungen Fahrrad kann sich diese Familie leisten. der kommenden Jahre sind die Märkte für Energie und für Lebensmittel. Genauso wie bei den erneuerbaren En- Die Milch ist wichtig, erstens um Mangelernährung ergien – zum Beispiel beim EEG – muss die Politik bei bei den vier Kindern zu verhindern und zweitens um ein der Lebensmittelerzeugung für Unabhängigkeit und für zusätzliches kleines Einkommen zu erzielen. Nur mit Sicherheit der Versorgung sorgen. Denn kommende Es- dieser Chance auf zusätzliches Einkommen kann das kalationen im Ernährungsbereich kann keine Politik Schulgeld für die vier Kinder bezahlt werden. Wird das durchstehen, und Sie am allerwenigsten. Schulgeld nicht rechtzeitig bezahlt, werden die Kinder ab dem nächsten Tag von den Lehrerinnen und Lehrern Bündnis 90/Die Grünen wollen eine am Bedarf aus- nach Hause geschickt. gerichtete, nachhaltige, qualitativ hochwertige und um- weltgerechte Milchproduktion, die faire Erzeuger- und Um dieses Geld zu erwirtschaften, geht Frau Malama, Verbraucherpreise ermöglicht. Wir fordern die Kanzlerin die 60-jährige Hofpatronin, täglich bis zu 22 Kilometer auf, morgen, wenn sie sich endlich einmal mit den Bäue- zu Fuß mit der Milchkanne zur Milchsammelstelle, um rinnen trifft – ihr ist wahrscheinlich eingefallen, dass das die Milch dort abzugeben. Ich habe sie an einem Tag auf Wählerinnen sind –, die Notbremse zu ziehen. diesem Weg begleitet. Für 3 Liter Milch – 1 Liter wird (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) für den Eigenkonsum abgezweigt – geht sie 5,5 Kilome- ter hin und 5,5 Kilometer zurück – für einen Erlös von Wir wollen die sofortige Abschaffung der Exportsub- rund 60 Cent. Ohne dieses Geld ist der Schulbesuch der (B) ventionen. Wir wollen die sofortige Mengenbegrenzung. Kinder nicht möglich. Ohne dieses Geld kann die veteri- (D) närmedizinische Versorgung der Kühe nicht gewährleis- (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Es ist doch tet werden. Würde die Kuh geschlachtet, könnte die Fa- dummes Zeug, was Sie da reden!) milie mit dem Erlös zwar einige Wochen und Monate Es ist verantwortungslos, bei einem so bedeutenden Be- überleben; jegliche Chance auf Entwicklung wäre aber reich wie der Lebensmittelerzeugung den Steuerhebel vernichtet. aus der Hand zu geben und die Milcherzeugung zu zer- schlagen. Wir brauchen eine neue Diskussion über die Was hat Sambia mit Milchexportsubventionen zu tun? Milchproduktion. Wir haben doch festgelegt, dass nur in Schwellenländer, nicht aber in Entwicklungsländer geliefert wird. Sambia Danke. ist in einer Zollunion mit Südafrika. Nach Südafrika wird geliefert, nicht nur aus Europa, sondern auch aus (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ländern außerhalb Europas. In der Größenordnung, in sowie bei Abgeordneten der LINKEN) der Milchpulver nach Südafrika geliefert wird, liefert Südafrika Milchpulver nach Botswana, nach Sambia und Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: in andere Staaten. Der Milchpreis dort fällt in der Ge- Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Ul- schwindigkeit, in der der Preis für das exportierte Milch- rich Kelber, SPD-Fraktion. pulver fällt. Das vernichtet dort Existenzen. Alle Chan- (Unruhe) cen, Milchviehwirtschaft aufzubauen, Mangelernährung bei den Kindern zu verhindern und Einkommen zu erzie- – Ich bitte, dem Kollegen Ulrich Kelber noch zuzuhören. len, sind damit weg. Deswegen, Frau Ministerin, fordere ich Sie auf – ich Ulrich Kelber (SPD): bitte Sie nicht nur darum –, so manchen Klientelwün- Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und schen nicht nachzugeben, sondern im Europäischen Rat Herren! Ich möchte Ihnen von meinem Freund Kangwa mit Nein zu stimmen, wenn es um die Verlängerung der erzählen. Kangwa ist fünf Jahre alt und geht schon zur Gewährung von Exportsubventionen für Milch geht. Es Schule. Er lebt mit seinem Bruder und zwei Cousins, die geht um Existenzen und das Leben von Menschen. Aidswaisen sind, zusammen mit seiner Mutter, seinem Onkel und seiner Großmutter auf einer 1,5 Hektar gro- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ ßen Farm in der Copperbelt-Region in Sambia an der DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der Grenze zum Kongo. FDP und der LINKEN) 24644 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Ulrich Kelber (A) Der Kollege Zöllmer hat dargestellt, warum die SPD des Betäubungsmittelgesetzes und anderer (C) einem Antrag, der eine Reihe von Forderungen enthält, Vorschriften nicht zustimmen kann; wir lehnen einige davon eben ab. Als ich jene Farm verlassen habe, habe ich der Familie – Drucksache 16/4696 – und mir allerdings eines versprochen: Ich kann nicht ge- Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses gen einen Antrag stimmen, der das Ziel hat, Milchex- für Gesundheit (14. Ausschuss) portsubventionen zu beenden. Ich werde mich daher heute enthalten. – Drucksache 16/13021 – Vielen Dank. Berichterstattung: Abgeordnete Maria Eichhorn (Beifall bei der SPD) Dr. Carola Reimann Detlef Parr Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Frank Spieth Ich schließe die Aussprache. Dr. Harald Terpe Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus- b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- schusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau- richts des Ausschusses für Gesundheit (14. Aus- cherschutz zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die schuss) Grünen mit dem Titel „Milch-Exportsubventionen sofort stoppen – Weitere Zerstörung der Märkte in Entwick- – zu dem Antrag der Abgeordneten Jens Spahn, lungsländern verhindern“. Maria Eichhorn, Dr. Hans Georg Faust und weiterer Abgeordneter Zu dieser Abstimmung liegen mir etliche Erklärungen nach § 31 GO vor.1) Ausstiegsorientierte Drogenpolitik fortfüh- ren – Künftige Optionen durch ein neues Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Modellprojekt zur heroingestützten Substi- lung auf Drucksache 16/13119, den Antrag der Fraktion tutionsbehandlung Opiatabhängiger evalu- Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/12308 abzu- ieren lehnen. Wir stimmen über die Beschlussempfehlung auf Verlangen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nament- – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Harald lich ab. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftfüh- Terpe, Birgitt Bender, Elisabeth Scharfenberg, rer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Sind die weiterer Abgeordneter und der Fraktion Plätze an den Urnen besetzt? – Das ist der Fall. Ich er- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (B) (D) öffne die Abstimmung. Gesetzliche Voraussetzungen für heroinge- Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine stützte Behandlung Schwerstabhängiger Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ich schaffen schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerin- – zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Kno- nen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. che, Ulla Jelpke, Frank Spieth, weiterer Abge- Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später be- ordneter und der Fraktion DIE LINKE kannt gegeben.2) Wir setzen die Beratungen fort. Heroinmodell in die Regelversorgung über- führen und Therapiefreiheit der Ärztinnen Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 a bis 12 c auf: und Ärzte schützen a) – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord- – zu dem Antrag der Abgeordneten Detlef Parr, neten Dr. Carola Reimann, Detlef Parr, Frank Daniel Bahr (Münster), Heinz Lanfermann, Spieth und weiteren Abgeordneten eingebrachten weiterer Abgeordneter und der Fraktion der Entwurfs eines Gesetzes zur diamorphinge- FDP stützten Substitutionsbehandlung Kontrollierte Heroinabgabe in die Regelver- – Drucksache 16/11515 – sorgung aufnehmen – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat – Drucksachen 16/12238, 16/2075, 16/2503, eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die 16/3840, 16/13021 – diamorphingestützte Substitutionsbehandlung Berichterstattung: – Drucksache 16/7249 – Abgeordnete Maria Eichhorn – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord- Dr. Carola Reimann neten Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Chris- Detlef Parr tian Ahrendt und weiteren Abgeordneten einge- Frank Spieth brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung Dr. Harald Terpe c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- 1) Anlagen 14 und 15 richts des Ausschusses für Gesundheit (14. Aus- 2) Ergebnis Seite 24646 D schuss) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24645

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner (A) – zu dem Antrag der Abgeordneten Detlef Parr, einandersetzung auch in der Lage sind, bei einzelnen (C) Daniel Bahr (Münster), Heinz Lanfermann, Sachfragen über Fraktionsgrenzen hinweg gemeinsam weiterer Abgeordneter und der Fraktion der Gesetze auf den Weg zu bringen. FDP (Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN Regelung zur Substitutionsbehandlung und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Opiatabhängiger praxisnah gestalten – Die breite Unterstützung für unseren Entwurf und die Rechtssicherheit für substituierende Ärzte Einsicht in die Notwendigkeit einer gesetzlichen Rege- schaffen lung setzen sich auch außerhalb des Parlaments fort: in – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Harald Fachkreisen, in der Wissenschaft und vor Ort in den Terpe, Birgitt Bender, Elisabeth Scharfenberg, Kommunen. Experten, Betroffene, Praktiker sowie auch weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU-geführte Städte und Länder stehen hinter dem Ent- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurf. Erst letzte Woche habe ich ein Schreiben der Stadt Frankfurt/Main erhalten – ich gehe davon aus, dass das Versorgungsqualität der Substitutionsbe- auch allen anderen Kolleginnen und Kollegen zugegan- handlung für Opiatabhängige verbessern gen ist –, in dem noch einmal nachdrücklich für unseren – Drucksachen 16/6795, 16/8212, 16/12513 – Gesetzentwurf geworben wird. Falls Ihnen das Schrei- ben nicht zugegangen ist, gebe ich gerne eine Kopie wei- Berichterstattung: ter. Abgeordnete Dr. Margrit Spielmann Was wollen wir mit diesem Gesetzentwurf erreichen? Über die Vorlagen werden wir später in einer oder Es geht darum, Schwerstheroinabhängigen mit massiven zwei namentlichen Abstimmungen – das ist abhängig Gesundheitsproblemen wieder eine Perspektive zu eröff- vom Ergebnis der ersten namentlichen Abstimmung – nen. Es handelt sich hierbei meist um Menschen meines und in mehreren einfachen Abstimmungen entscheiden. Alters, die bereits eine traurige, langjährige Drogen- karriere hinter sich haben und in einem entsprechend Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die schlechten, zum Teil lebensbedrohlichen Gesundheitszu- Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich stand sind. Wir sind verpflichtet, diesen Menschen, die höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. schon mehrere erfolglose Therapien hinter sich haben, Ich gebe das Wort der Kollegin Carola Reimann, eine weitere Chance zu geben, ins Leben zurückzufin- SPD-Fraktion. den. Denn – man muss es so deutlich sagen – allzu viele Chancen eröffnen sich für Abhängige in diesem Stadium (Beifall bei der SPD) der Erkrankung nicht mehr. (B) (D) Die Behandlung mit Diamorphin ist für viele eine al- Dr. Carola Reimann (SPD): lerletzte Chance. Dass sie erfolgreich ist, belegt auch die Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und wissenschaftliche Begleitstudie des Modellprojekts. In Herren! Wir beraten heute abschließend den überfraktio- dieser klinischen Studie wurde klar nachgewiesen, dass nellen Gesetzentwurf zur diamorphingestützten Substi- die Diamorphinbehandlung den Gesundheitszustand und tutionsbehandlung. die Lebensumstände der Schwerstopiatabhängigen ver- bessert. Die Ergebnisse wiesen in allen Bereichen eine Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: statistisch signifikante Überlegenheit der diamorphinge- Frau Kollegin, halten Sie bitte noch etwas inne. stützten Behandlung gegenüber der Methadonbehand- lung auf. Das heißt, in den Modellprojekten haben Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, ihre Gesprä- Schwerstabhängige wieder ins Leben zurückgefunden. che außerhalb des Saales fortzusetzen oder ihren Platz Daher wollen wir nun, nach Auslaufen der Modellpro- einzunehmen. jekte, die Behandlung mit Diamorphin auf eine gesi- cherte gesetzliche Grundlage stellen, damit die Versor- (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sehr gut!) gung in den Einrichtungen fortgesetzt werden kann. Es dauert noch eine Dreiviertelstunde, bis die nächste (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem namentliche Abstimmung stattfindet. Diese Zeit sollten BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) wir nutzen, um den Ausführungen der Rednerinnen und Redner zu folgen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem Ge- setzentwurf geben wir den Schwerstabhängigen wieder Jetzt, bitte. eine Perspektive. Wir legen aber auch strenge Kriterien für die Behandlung mit Diamorphin fest. Wir wissen, Dr. Carola Reimann (SPD): dass es sich nicht um irgendeine Substanz handelt. Des- Der Gesetzentwurf, liebe Kolleginnen und Kollegen, halb finden sich in unserem Entwurf für die kontrollierte lehnt sich eng an die entsprechende Bundesratsinitiative Abgabe strikte Vorgaben, beispielsweise zum Personen- an und wird von zahlreichen Kolleginnen und Kollegen kreis. Für eine Behandlung kommen nur Personen in- der SPD, der FDP, der Linken und des Bündnisses 90/ frage, die über 23 Jahre alt sind. Sie müssen seit über Die Grünen unterstützt. Ich möchte mich bei all den Un- fünf Jahren opiatabhängig sein, verbunden mit schwer- terstützerinnen und Unterstützern hier im Hause ganz wiegenden körperlichen und psychischen Erkrankungen. herzlich bedanken. Es spricht für die politische Kultur in Sie müssen bereits zwei Therapien erfolglos hinter sich diesem Haus, dass wir bei aller Konkurrenz und Aus- haben. Hier kommt also niemand einfach so an Heroin 24646 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Dr. Carola Reimann (A) auf Rezept, wie von Einzelnen wenig kenntnisreich be- Genau das merkt man Ihrem Antrag an. Denn statt über- (C) hauptet wird. zeugender Argumente streuen Sie Zweifel, reden von Horrorzahlen und stellen Fragen, die schon längst ge- Genauso unsinnig ist die Behauptung, dass durch die klärt sind. Überführung der diamorphingestützten Behandlung in die Regelversorgung mit Zehntausenden von Patienten (Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Waren Sie bei zu rechnen sei. der Expertenkommission dabei?) (Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Waren Sie Das, was Sie vorgelegt haben, ist keine Alternative, nicht bei der Expertenkommission dabei?) nicht für uns und schon gar nicht für die Schwerstabhän- gigen, die dringend Hilfe brauchen. Berücksichtigt man die eben genannten Anforderungen und auch die Erfahrungen, die in unseren Nachbarländern, (Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN den Niederlanden und der Schweiz, nach der Einführung und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) der Diamorphinbehandlung in die Regelversorgung ge- Aus diesem Grund kann ich nur noch einmal ein- macht wurden, so ist mit 2 000 bis 3 000 behandlungsbe- dringlich dafür werben, heute den überfraktionellen Ge- dürftigen Patientinnen und Patienten zu rechnen, mehr setzentwurf zur diamorphingestützten Substitutionsbe- nicht. Von einem Ansturm kann also keine Rede sein. handlung zu unterstützen. Es wird höchste Zeit, dass das Dieser Gesetzentwurf schafft Rechtssicherheit, er for- erfolgreich erprobte Modell auf eine gesicherte gesetzli- muliert klare Regeln für die Diamorphinabgabe und be- che Grundlage gestellt wird, damit die Versorgung fort- grenzt den Personenkreis auf diejenigen, die wirklich gesetzt werden kann. Hilfe brauchen. Er basiert auf den positiven Ergebnissen (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten einer anerkannten klinischen Studie. Wie bereits er- der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE wähnt, wird er von einer breiten Mehrheit innerhalb und GRÜNEN) außerhalb des Parlaments getragen, eben weil die Ergeb- nisse der Studie und vor Ort so eindeutig sind. Die Schwerstabhängigen, die alle Kraft zusammenneh- men, um wieder in ein geregeltes Leben zurückzufinden, (Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Das haben die und auch diejenigen, die ihnen im Rahmen der Projekte Experten aber anders gesehen!) dabei helfen, haben es verdient, dass wir nach den jahre- Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU/ langen Debatten endlich Klarheit schaffen. CSU, kann ich nicht nachvollziehen, warum Sie diesen Danke. überfraktionellen Entwurf nicht mittragen. (Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem (B) und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – (D) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Kein Wort zur Schon seit langer Zeit liegen die Ergebnisse auf dem Expertenanhörung!) Tisch. Seit 2007 reden wir über das Thema. Erst jetzt, zwei Jahre später, nach monatelangen Gesprächen und Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: nach der Einbringung eines überfraktionellen Entwurfs, Ich komme zurück zu Tagesordnungspunkt 9 und präsentieren Sie kurz vor knapp einen eigenen halbherzi- gebe Ihnen das von den Schriftführerinnen und Schrift- gen Antrag, der uns keinen einzigen Schritt weiterbringt. führern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim- (Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN mung zu dem Antrag „Milch-Exportsubventionen sofort und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) stoppen – Weitere Zerstörung der Märkte in Entwick- lungsländern verhindern“ bekannt: abgegebene Stimmen Denn er belässt Betroffene wie Mitarbeiter in den Dro- 548. Mit Ja haben gestimmt 450, mit Nein haben ge- genambulanzen weiter in unsicheren Provisorien, ob- stimmt 65, Enthaltungen 33. Die Beschlussempfehlung wohl es dafür keinen einzigen sachlichen Grund gibt. ist damit angenommen.

Endgültiges Ergebnis Peter Altmaier Jochen Borchert Thomas Dörflinger Abgegebene Stimmen: 548; Thomas Bareiß Wolfgang Börnsen Marie-Luise Dött davon Norbert Barthle (Bönstrup) Dr. Stephan Eisel Dr. Wolf Bauer Wolfgang Bosbach Anke Eymer (Lübeck) ja: 450 Günter Baumann Klaus Brähmig Ilse Falk nein: 65 Ernst-Reinhard Beck Michael Brand Dr. Hans Georg Faust enthalten: 33 (Reutlingen) Helmut Brandt Enak Ferlemann Veronika Bellmann Dr. Ralf Brauksiepe Ingrid Fischbach Ja Dr. Christoph Bergner Monika Brüning Hartwig Fischer (Göttingen) Otto Bernhardt Georg Brunnhuber Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU Clemens Binninger Cajus Caesar Axel E. Fischer (Karlsruhe- Renate Blank Gitta Connemann Land) Ulrich Adam Peter Bleser Leo Dautzenberg Dr. Maria Flachsbarth Ilse Aigner Antje Blumenthal Hubert Deittert Klaus-Peter Flosbach Peter Albach Dr. Maria Böhmer Alexander Dobrindt Herbert Frankenhauser Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24647

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner (A) Dr. Hans-Peter Friedrich Katharina Landgraf Johannes Singhammer Marion Caspers-Merk (C) (Hof) Dr. Max Lehmer Jens Spahn Dr. Peter Danckert Erich G. Fritz Paul Lehrieder Erika Steinbach Karl Diller Jochen-Konrad Fromme Ingbert Liebing Christian Freiherr von Stetten Martin Dörmann Dr. Michael Fuchs Eduard Lintner Gero Storjohann Dr. Carl-Christian Dressel Hans-Joachim Fuchtel Dr. Klaus W. Lippold Andreas Storm Elvira Drobinski-Weiß Dr. Peter Gauweiler Dr. Michael Luther Max Straubinger Garrelt Duin Dr. Jürgen Gehb Thomas Mahlberg Matthäus Strebl Detlef Dzembritzki Norbert Geis Stephan Mayer (Altötting) Thomas Strobl (Heilbronn) Sebastian Edathy Eberhard Gienger Wolfgang Meckelburg Lena Strothmann Siegmund Ehrmann Michael Glos Dr. Michael Meister Michael Stübgen Hans Eichel Peter Götz Friedrich Merz Hans Peter Thul Petra Ernstberger Dr. Wolfgang Götzer Laurenz Meyer (Hamm) Antje Tillmann Karin Evers-Meyer Ute Granold Maria Michalk Dr. Hans-Peter Uhl Annette Faße Reinhard Grindel Dr. h. c. Hans Michelbach Arnold Vaatz Elke Ferner Hermann Gröhe Philipp Mißfelder Volkmar Uwe Vogel Gabriele Fograscher Michael Grosse-Brömer Dr. Eva Möllring Andrea Astrid Voßhoff Rainer Fornahl Markus Grübel Marlene Mortler Gerhard Wächter Gabriele Frechen Manfred Grund Carsten Müller Marco Wanderwitz Dagmar Freitag Monika Grütters (Braunschweig) Kai Wegner Peter Friedrich Olav Gutting Stefan Müller (Erlangen) Marcus Weinberg Sigmar Gabriel Holger Haibach Dr. Gerd Müller Peter Weiß (Emmendingen) Martin Gerster Gerda Hasselfeldt Michaela Noll Gerald Weiß (Groß-Gerau) Iris Gleicke Ursula Heinen Dr. Georg Nüßlein Ingo Wellenreuther Renate Gradistanac Uda Carmen Freia Heller Franz Obermeier Karl-Georg Wellmann Angelika Graf (Rosenheim) Michael Hennrich Eduard Oswald Anette Widmann-Mauz Dieter Grasedieck Jürgen Herrmann Henning Otte Klaus-Peter Willsch Kerstin Griese Bernd Heynemann Rita Pawelski Willy Wimmer (Neuss) Achim Großmann Ernst Hinsken Ulrich Petzold Elisabeth Winkelmeier- Wolfgang Grotthaus Christian Hirte Dr. Joachim Pfeiffer Becker Wolfgang Gunkel Robert Hochbaum Sibylle Pfeiffer Werner Wittlich Hans-Joachim Hacker Klaus Hofbauer Beatrix Philipp Dagmar Wöhrl Bettina Hagedorn Franz-Josef Holzenkamp Ronald Pofalla Wolfgang Zöller Klaus Hagemann Joachim Hörster Ruprecht Polenz Willi Zylajew Alfred Hartenbach (B) Anette Hübinger Daniela Raab Michael Hartmann (D) Hubert Hüppe Thomas Rachel SPD (Wackernheim) Susanne Jaffke-Witt Hans Raidel Dr. Lale Akgün Nina Hauer Dr. Peter Jahr Dr. Peter Ramsauer Gregor Amann Hubertus Heil Dr. Hans-Heinrich Jordan Eckhardt Rehberg Dr. h. c. Gerd Andres Dr. Reinhold Hemker Andreas Jung (Konstanz) Katherina Reiche (Potsdam) Ingrid Arndt-Brauer Rolf Hempelmann Dr. Franz Josef Jung Klaus Riegert Rainer Arnold Dr. Barbara Hendricks Bartholomäus Kalb Dr. Heinz Riesenhuber Ernst Bahr (Neuruppin) Gustav Herzog Hans-Werner Kammer Franz Romer Doris Barnett Petra Heß Steffen Kampeter Johannes Röring Dr. Hans-Peter Bartels Gabriele Hiller-Ohm Alois Karl Kurt J. Rossmanith Klaus Barthel Stephan Hilsberg Bernhard Kaster Dr. Norbert Röttgen Sören Bartol Petra Hinz (Essen) Siegfried Kauder (Villingen- Dr. Christian Ruck Sabine Bätzing Gerd Höfer Schwenningen) Albert Rupprecht (Weiden) Dirk Becker Iris Hoffmann (Wismar) Volker Kauder Peter Rzepka Klaus Uwe Benneter Frank Hofmann (Volkach) Jürgen Klimke Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Axel Berg Dr. Eva Högl Julia Klöckner Hermann-Josef Scharf Ute Berg Eike Hovermann Jens Koeppen Hartmut Schauerte Petra Bierwirth Klaas Hübner Dr. Kristina Köhler Dr. Annette Schavan Lothar Binding (Heidelberg) Johannes Jung (Karlsruhe) (Wiesbaden) Dr. Andreas Scheuer Volker Blumentritt Josip Juratovic Manfred Kolbe Karl Schiewerling Kurt Bodewig Johannes Kahrs Norbert Königshofen Georg Schirmbeck Clemens Bollen Ulrich Kasparick Dr. Rolf Koschorrek Christian Schmidt (Fürth) Gerd Bollmann Dr. h. c. Susanne Kastner Hartmut Koschyk Andreas Schmidt (Mülheim) Dr. Gerhard Botz Christian Kleiminger Thomas Kossendey Ingo Schmitt (Berlin) Klaus Brandner Astrid Klug Gunther Krichbaum Dr. Andreas Schockenhoff Willi Brase Walter Kolbow Dr. Günter Krings Dr. Ole Schröder Bernhard Brinkmann Fritz Rudolf Körper Dr. Martina Krogmann Bernhard Schulte-Drüggelte (Hildesheim) Rolf Kramer Dr. Hermann Kues Uwe Schummer Edelgard Bulmahn Anette Kramme Dr. Karl A. Lamers Wilhelm Josef Sebastian Marco Bülow Ernst Kranz (Heidelberg) Kurt Segner Ulla Burchardt Nicolette Kressl Andreas G. Lämmel Marion Seib Martin Burkert Volker Kröning Dr. Norbert Lammert Bernd Siebert Dr. Michael Bürsch Angelika Krüger-Leißner Helmut Lamp Thomas Silberhorn Christian Carstensen Dr. Hans-Ulrich Krüger 24648 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner (A) Jürgen Kucharczyk Andreas Steppuhn Cornelia Pieper Dr. Anton Hofreiter (C) Helga Kühn-Mengel Ludwig Stiegler Gisela Piltz Thilo Hoppe Ute Kumpf Rolf Stöckel Frank Schäffler Ute Koczy Dr. Uwe Küster Christoph Strässer Dr. Konrad Schily Sylvia Kotting-Uhl Christine Lambrecht Dr. Peter Struck Marina Schuster Undine Kurth (Quedlinburg) Christian Lange (Backnang) Joachim Stünker Dr. Hermann Otto Solms Markus Kurth Waltraud Lehn Dr. Rainer Tabillion Carl-Ludwig Thiele Monika Lazar Helga Lopez Jörg Tauss Florian Toncar Nicole Maisch Gabriele Lösekrug-Möller Jella Teuchner Christoph Waitz Jerzy Montag Dirk Manzewski Jörn Thießen Dr. Claudia Winterstein Kerstin Müller (Köln) Lothar Mark Franz Thönnes Dr. Volker Wissing Winfried Nachtwei Caren Marks Rüdiger Veit Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Omid Nouripour Katja Mast Simone Violka Brigitte Pothmer Hilde Mattheis Jörg Vogelsänger fraktionsloser Claudia Roth (Augsburg) Markus Meckel Dr. Marlies Volkmer Abgeordneter Krista Sager Manuel Sarrazin Petra Merkel (Berlin) Hedi Wegener Henry Nitzsche Ulrike Merten Andreas Weigel Elisabeth Scharfenberg Dr. Matthias Miersch Petra Weis Christine Scheel Ursula Mogg Gunter Weißgerber Nein Irmingard Schewe-Gerigk Marko Mühlstein Gert Weisskirchen Dr. Gerhard Schick Detlef Müller (Chemnitz) (Wiesloch) CDU/CSU Rainder Steenblock Michael Müller (Düsseldorf) Hildegard Wester Josef Göppel Silke Stokar von Neuforn Franz Müntefering Lydia Westrich Dr. Wolfgang Strengmann- Dr. Rolf Mützenich Dr. Margrit Wetzel SPD Kuhn Andrea Nahles Engelbert Wistuba Hans-Christian Ströbele Thomas Oppermann Waltraud Wolff Christel Humme Dr. Harald Terpe Holger Ortel (Wolmirstedt) Wolfgang Wieland DIE LINKE Heinz Paula Heidi Wright Josef Philip Winkler Johannes Pflug Uta Zapf Hüseyin-Kenan Aydin Joachim Poß Manfred Zöllmer Sevim Dağdelen Enthalten Christoph Pries Brigitte Zypries Dr. Gregor Gysi Dr. Wilhelm Priesmeier Heike Hänsel SPD Florian Pronold FDP Cornelia Hirsch Gabriele Groneberg Mechthild Rawert Inge Höger Jens Ackermann Ulrich Kelber Steffen Reiche (Cottbus) Ulla Jelpke (B) Dr. Karl Addicks Dr. Bärbel Kofler (D) Maik Reichel Dr. Hakki Keskin Daniel Bahr (Münster) Gesine Multhaupt Gerold Reichenbach Katja Kipping Uwe Barth Dr. Erika Ober Dr. Carola Reimann Monika Knoche Angelika Brunkhorst Dr. Sascha Raabe Walter Riester Jan Korte Ernst Burgbacher Christel Riemann- Sönke Rix Patrick Döring Katrin Kunert Ulla Lötzer Hanewinckel René Röspel Mechthild Dyckmans Dr. Hermann Scheer Dr. Ernst Dieter Rossmann Jörg van Essen Ulrich Maurer Dorothée Menzner Otto Schily Karin Roth (Esslingen) Ulrike Flach Dr. Wolfgang Wodarg Michael Roth (Heringen) Paul K. Friedhoff Dr. Norman Paech Paul Schäfer (Köln) Ortwin Runde Horst Friedrich (Bayreuth) DIE LINKE Marlene Rupprecht Dr. Edmund Peter Geisen Volker Schneider (Tuchenbach) Hans-Michael Goldmann (Saarbrücken) Dr. Dietmar Bartsch Anton Schaaf Joachim Günther (Plauen) Alexander Ulrich Karin Binder Axel Schäfer (Bochum) Dr. Christel Happach-Kasan Jörn Wunderlich Heidrun Bluhm Bernd Scheelen Heinz-Peter Haustein Eva Bulling-Schröter Marianne Schieder Birgit Homburger BÜNDNIS 90/DIE Dr. Martina Bunge Ulla Schmidt (Aachen) Dr. Werner Hoyer GRÜNEN Roland Claus Werner Dreibus Silvia Schmidt (Eisleben) Michael Kauch Marieluise Beck (Bremen) Klaus Ernst Renate Schmidt (Nürnberg) Hellmut Königshaus Cornelia Behm Heinz Schmitt (Landau) Diana Golze Gudrun Kopp Birgitt Bender Lutz Heilmann Carsten Schneider (Erfurt) Dr. h. c. Jürgen Koppelin Alexander Bonde Dr. Barbara Höll Olaf Scholz Heinz Lanfermann Ekin Deligöz Dr. Lukrezia Jochimsen Ottmar Schreiner Sibylle Laurischk Dr. Thea Dückert Michael Leutert Swen Schulz (Spandau) Harald Leibrecht Dr. Uschi Eid Dr. Gesine Lötzsch Ewald Schurer Ina Lenke Hans Josef Fell Wolfgang Nešković Frank Schwabe Markus Löning Kai Gehring Bodo Ramelow Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Erwin Lotter Katrin Göring-Eckardt Elke Reinke Rolf Schwanitz Patrick Meinhardt Britta Haßelmann Dr. Ilja Seifert Rita Schwarzelühr-Sutter Burkhardt Müller-Sönksen Bettina Herlitzius Dr. Petra Sitte Wolfgang Spanier Dirk Niebel Winfried Hermann Frank Spieth Dr. Margrit Spielmann Hans-Joachim Otto Peter Hettlich Dr. Kirsten Tackmann Jörg-Otto Spiller (Frankfurt) Priska Hinz (Herborn) Dr. Axel Troost Dieter Steinecke Detlef Parr Ulrike Höfken Sabine Zimmermann Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24649

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner (A) Der nächste Redner ist der Kollege Detlef Parr, FDP- aber auch die Wissenschaftler, die Sozialarbeiter und die (C) Fraktion. ehrenamtlich Tätigen, die in diesem Modellprojekt auf- opfernd gearbeitet haben, nicht im Stich zu lassen. Sie (Beifall bei der FDP) sind mit ihren Erfahrungen offensichtlich viel weiter als mancher Abgeordnete, viel näher an den Menschen, de- Detlef Parr (FDP): nen auch wir verpflichtet sind. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Blick in den Koalitionsvertrag von Union und SPD (Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, zeigt: Die Sucht- und Drogenpolitik spielt bei den Koali- der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE tionsfraktionen im Gegensatz zur öffentlichen Aufmerk- GRÜNEN) samkeit nur eine untergeordnete Rolle; ganze drei Sätze Es sollte eigentlich unstrittig sein, dass sich die dia- ist sie ihnen wert. morphingestützte Substitutionsbehandlung nahtlos in die (Jens Spahn [CDU/CSU]: Wie viele sind es Reihe niedrigschwelliger Angebote der Suchtbekämp- denn bei der FDP? – Dr. Stephan Eisel [CDU/ fung einreiht, die sich – darüber besteht über die Par- CSU]: Was steht denn im Programm der teigrenzen hinweg Konsens – bewährt haben: Drogen- FDP?) notrufe, anonyme Telefonberatung, Konsumräume, Krisenzentren, mobile aufsuchende Projekte, Methadon- Kein Wunder, dass über die Jahre auch im Bereich der ambulanzen – und nun, als Ergebnis einer ganz natürli- diamorphingestützten Substitutionsbehandlung Schwerst- chen Weiterentwicklung, die Einführung einer neuen Be- abhängiger nicht viel passiert ist. handlungsmethode. Das ist konsequente Politik, die sich Wir scheinen hier in Berlin weit weg zu sein von den an den Notwendigkeiten orientiert und individuelle Hil- Menschen, die, aus welchen Gründen auch immer, in die fen anbietet. Abhängigkeit gerutscht sind und persönlich und mate- (Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, riell in Elend leben. Wie sonst erklärt sich, dass wir als der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE Bund uns zusammen mit den Bundesländern an Modell- GRÜNEN) versuchen in sieben deutschen Großstädten finanziell und ideell beteiligt haben, jetzt aber den letzten Schritt Wichtig ist, den betroffenen Menschen das Gefühl zu – die nachgewiesenermaßen erfolgreiche Behandlungs- geben, dass sie nicht alleingelassen werden, dass wir sie methode in die Regelversorgung aufzunehmen – nicht tiefer in die Enge der Ausweglosigkeit und Hoff- scheuen? Sicherlich bleiben, wie bei allen wissenschaft- nungslosigkeit treiben. Die Zahl der Drogentoten darf lichen Studien, Fragen offen. nicht weiter steigen. (B) (D) (Jens Spahn [CDU/CSU]: Aha!) (Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie Die können wir aber auch nach Verabschiedung des Ge- bei Abgeordneten der CDU/CSU) setzes im Alltagsablauf beantworten. Formale Streitig- keiten sollten nicht länger auf den Schultern der Betrof- Mit dem Modellversuch ist einer überschaubaren Zahl fenen ausgetragen werden. von Schwerstkranken Hilfe angeboten worden, und es ist (Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, Vertrauen aufgebaut worden. Diese Basis durch Ableh- der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE nung unseres Gesetzentwurfes zu zerstören, wäre ein Ar- GRÜNEN) mutszeugnis. Wer zum Beispiel in der Nähe unserer Bahnhöfe Die Kommunen und Städte, die an dem Modellpro- Menschen antrifft, die mehr oder weniger versteckt in jekt beteiligt waren, haben ihre Hilfsangebote für Dro- tiefer persönlicher Not sind, sich offensichtlich selbst genabhängige in den letzten Jahren differenziert und nicht mehr helfen können und der verantwortungslosen, ausgeweitet. Prävention, Beratung, Therapie und Über- gnadenlosen Verführung krimineller Dealer ausgesetzt lebenshilfe sind die Säulen, auf denen die Städte ihre sind, darf nicht wegschauen. Drogenpolitik aufgebaut haben. Das entspricht den Leit- linien der Sucht- und Drogenpolitik der FDP-Bundes- (Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, tagsfraktion, die wir erst kürzlich verabschiedet haben. der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) (Jens Spahn [CDU/CSU]: Na bravo!) Alle medizinischen Möglichkeiten müssen genutzt wer- Wir brauchen weitere gesetzliche Rahmenbedingun- den, um den Gesundheitszustand dieser Menschen zu gen, um diese grundlegende Arbeit der Kommunen und stabilisieren, sie vom Rand der Gesellschaft schrittweise Städte zu unterstützen. wieder in die Mitte der Gesellschaft zu führen und sie zur Aufnahme weiterführender Therapien zu motivieren. Heute geht es darum, die Bedingungen für den kon- kreten Baustein „diamorphingestützte Substitutionsbe- Diese humanitäre Verantwortung haben die Modell- handlung“ zu schaffen. Damit soll den Modellstädten städte Bonn, Frankfurt am Main, Hannover, Hamburg, gezeigt werden, dass ihre Arbeit unterstützt und erleich- Köln, Karlsruhe und München auch für uns auf sich ge- tert wird und dass sie auf dem richtigen Weg sind. Den nommen. Nun gilt: Berlin, übernehmen Sie! Heute sind Betroffenen soll die Perspektive vermittelt und die wir als Gesetzgeber gefordert, die Schwerstabhängigen, Sicherheit gegeben werden, dass die für sie lebenswich- 24650 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Detlef Parr (A) tige Behandlung fortgeführt wird. Das sind Impulse, die Zweitens. Die Behandlung darf nur in bestimmten (C) bundesweit ausstrahlen sollen. Einrichtungen vorgenommen werden, deren Betrieb ei- ner Erlaubnis der Landesbehörde bedarf, die über eine Abschließend möchte ich betonen: Wir wollen kein besondere personelle und sachliche Ausstattung verfü- Heroin auf Krankenschein. Wir haben hohe Hürden ge- gen und die strenge Sicherheitsbedingungen erfüllen. gen einen möglichen Missbrauch und Sonderregelungen, die bei der Vergabe berücksichtigt werden müssen, in Drittens. Das benötigte Diamorphin darf nur auf ei- den Gesetzentwurf eingearbeitet. In Ergänzung zu dem, nem Sondervertriebsweg geliefert werden. was Frau Kollegin Reimann gesagt hat, möchte ich wei- tere drei – für uns wichtige – Punkte nennen. Der Vorwurf, es gebe Heroin auf Krankenschein, läuft also ins Leere. Die Zeit ist reif für eine Entscheidung. Auch wenn der Kollege Spahn in einem Schreiben an Vizepräsidentin Petra Pau: alle Kollegen im Bundestag gestern behauptete, der jet- Kollege Parr, gestatten Sie eine Zwischenfrage des zige Zeitpunkt sei der falsche, sage ich: Es ist an der Kollegen Eisel? Zeit, endlich Klarheit zu schaffen. (Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Detlef Parr (FDP): Abgeordneten der LINKEN und des BÜND- Selbstverständlich. NISSES 90/DIE GRÜNEN) Lieber Kollege Spahn, Ihr Schreiben kann man nur Dr. Stephan Eisel (CDU/CSU): als einen letzten verzweifelten Versuch der Beeinflus- Herr Kollege, gerade weil ich aus Bonn, also einer der sung bewerten. Auch Sie gehen im Stillen davon aus, Modellstädte, komme, habe ich folgende Fragen: dass sich die Mehrheit in diesem Hause jetzt für eine Erstens. Sind Sie bereit, anzuerkennen, dass in den klare Entscheidung ausspricht. Modellstädten und auch beim Experten-Hearing die (Jens Spahn [CDU/CSU]: Das ist unglaublich! Meinungen der Ärzte hinsichtlich des Erfolgs des Mo- Argumente mögen Sie wohl nicht!) dellversuchs sehr unterschiedlich und sogar kontrovers waren? Die Fortsetzung der Modellprojekte, wie Sie sie fordern, ist keine Alternative zu unserem Gesetzentwurf, sondern Zweitens. Würden Sie in Ihrer Argumentation zuge- nur ein überflüssiges Spiel auf Zeit. stehen, dass wir uns, auch wenn man einen Weg für sinn- voll hält, der anders ist als der, den Sie vorschlagen, ge- (Beifall bei der FDP, der SPD, dem BÜND- (B) genseitig den Respekt nicht absprechen sollten, dass wir NIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – (D) – Sie durch eine gesetzliche Regelung, wir durch Fort- Jens Spahn [CDU/CSU]: Das ist einfach un- setzung des Modellversuches – das Beste für die Betrof- glaublich!) fenen erreichen wollen? Deswegen lassen wir uns nicht in die Irre führen. Gehen (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) wir heute mutig einen neuen Weg! Ich danke Ihnen fürs Zuhören. Detlef Parr (FDP): (Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN Sie haben recht: Bei einer solch schwierigen Frage, und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – die hier im Bundestag unterschiedlich beantwortet wird, Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Etwas mehr vertreten natürlich auch die Fachleute unterschiedliche Respekt voreinander wäre angebracht, Herr Auffassungen. Kollege!) (Jens Spahn [CDU/CSU]: Aha!) Vizepräsidentin Petra Pau: Allerdings gilt: Es handelt sich um einen Modellver- such mit validen Ergebnissen. Diese validen Ergebnisse Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Sie da- führen zu einer Mehrheit, die dem Versuch, diese Be- rauf aufmerksam machen, dass auf der Besuchertribüne handlung in die Regelversorgung zu überführen, positiv acht Kollegen aus dem US-Kongress in Begleitung unse- gegenübersteht. Man muss die weiteren Erfahrungen ab- res Kollegen Hans-Ulrich Klose Platz genommen haben. warten. Die Mehrzahl der Stimmen fordert: Wir müssen Wir begrüßen sie recht herzlich hier im Hause. heute entscheiden. (Beifall im ganzen Hause) (Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Nun hat der Kollege Jens Spahn für die Unionsfrak- Abgeordneten der LINKEN und des BÜND- tion das Wort. NISSES 90/DIE GRÜNEN) Ich möchte auf drei Punkte eingehen, die für uns im Jens Spahn (CDU/CSU): Hinblick auf die Hürden wichtig sind. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Parr, ich muss sagen: Wir waren in dieser Diskussion Erstens. Diamorphin darf ausschließlich zur Substitu- schon einmal weiter. tionsbehandlung und nicht zur Schmerzbehandlung ver- schrieben werden. (Detlef Parr [FDP]: Ja, Sie!) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24651

Jens Spahn (A) Ich finde das, was Sie hier gerade gemacht haben, un- scheidet. Dies ist eine Frage, die wir weiter untersuchen (C) glaublich. Sie können nicht einerseits diese Abstimmung wollen. zu einer Gewissensfrage hochstilisieren – das ist der Grund, warum diese Debatte heute in dieser Form statt- Es gibt Fragen zum Beikonsum. Es muss doch erlaubt findet –, sein, die Frage zu stellen, warum jemand, der vom Staat pures Heroin bekommt, weiter in prozentual großem (Detlef Parr [FDP]: Ein bisschen ruhiger!) Umfang Straßenheroin oder Kokain konsumiert. Es und andererseits, wenn Ihnen und anderen Kollegen ein muss ebenfalls erlaubt sein, die Frage zu stellen, ob das Papier mit Argumenten zugeschickt wird, in dieser Art zum Erfolg des Modellprojektes beiträgt. und Weise mit der Meinung des anderen umgehen. Ich Wissen Sie, was der entscheidende Punkt ist? Sie finde, das war nicht besonders liberal, Herr Kollege Parr. ignorieren folgenden Sachverhalt – das ist es, was mich Das war völlig inakzeptabel! an Ihrem Gesetzentwurf am meisten verwundert –: Es (Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei gab in dieser Studie zwei Gruppen – diejenigen, die wei- Abgeordneten der SPD, der FDP, der LINKEN terhin Methadon erhalten haben, und diejenigen, die He- und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) roin im Original erhalten haben. Alle, die in das Projekt gekommen sind, waren, und zwar in beiden Gruppen, Wir sollten uns nicht gegenseitig absprechen – das ha- sogenannte Methadonversager, sind durch die Regelver- ben Sie gerade unterschwellig getan –, dass wir alle das sorgung mit Methadon also nicht erreicht worden. Ob- Beste für die Schwerstabhängigen in diesem Land wol- wohl sie vorher durch die Regelversorgung mit Metha- len. Wir streiten über das Wie und nicht über das Ob. don nicht erreicht worden sind, ist es selbst in der Auch das muss klar sein, Herr Kollege Parr. Methadonvergleichsgruppe gelungen, bei 74 Prozent der (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe Probanden den Gesundheitszustand zu verbessern, bei vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 55 Prozent den illegalen Konsum weiterer Drogen zu re- duzieren und bei 40 Prozent zu erreichen, dass kein wei- Es muss trotz aller Zwischenrufe möglich sein – das terer Kontakt zur Drogenszene besteht. müssen Sie ertragen –, die noch offenen Fragen, die in der Anhörung von den Experten ziemlich deutlich for- Zugegebenermaßen sind die Zahlen bei der Heroin- muliert worden sind, vorzubringen. Man muss sagen gruppe ein wenig besser. Aber die Frage, die zu stellen dürfen, dass man diese Fragen weiter untersuchen will. ist, ist doch, ob der Stoff, den wir abgeben, zum Erfolg Darum geht es in unserem Modellprojekt. führt oder ob nicht vielmehr die intensive psychosoziale Betreuung in dem Modellprojekt zum Erfolg führt. Zu- Es gibt eine ganze Reihe offener Fragen. Ich will ei- mindest muss man sich einmal die Frage, was der eigent- (B) (D) nige wenige nennen: liche Erfolgsfaktor ist, stellen. Die Einschlusskriterien sind schon mehrfach genannt (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) worden. Dabei geht es um die Frage, wer für diese Be- handlung überhaupt infrage kommt. In Ihren Gesetzent- Sie blenden vollständig aus – und das schon seit Mo- wurf haben Sie keine Zahlen hineingeschrieben. Öffent- naten –, dass es bei der Methadonvergleichsgruppe lich haben Sie von 1 000 bis 2 000 Schwerstabhängigen enorme Erfolge gegeben hat. gesprochen. Es gibt allerdings Experten des GKV-Spit- zenverbandes und der verfassten Ärzteschaft, die gesagt (Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist haben – das sind keine Zahlen, die wir uns ausgedacht es!) haben –, dass bis zu 80 000 Menschen infrage kommen. Es stellt sich die Frage, ob man erst einmal die Regelver- Selbst wenn die Wahrheit in der Mitte liegt, besteht ein sorgung mit Methadon verbessern sollte, bevor man un- Riesenunterschied zu den Zahlen, die Sie hier nennen. sicheren Schrittes weitergeht. Angesichts dessen muss es doch erlaubt sein, bestimmte Fragen zu stellen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, schlagen In der Debatte im Ausschuss haben Sie sich auf eine zah- wir vor, die von mir aufgeworfenen Fragen und weitere lenmäßige Begrenzung der Plätze, wie sie die Nieder- offene Fragen, die auch in der Anhörung diskutiert wor- lande oder die Schweiz vorgenommen haben, nicht ein- den sind, in einem Modellprojekt zu klären. gelassen. Frau Kollegin Reimann, wir haben das Angebot, die- (Elke Ferner [SPD]: Wer sortiert denn aus?) ses Modellprojekt fortzusetzen, tatsächlich erst vor eini- gen Monaten verschriftlicht; aber das mündliche Ange- Ein zweiter Punkt, der nicht Bestandteil der Studie bot von mir und anderen Kollegen hier im Parlament gab gewesen ist, ist die Ausstiegsorientierung. Natürlich ist es schon vor einem oder anderthalb Jahren. Tun Sie nicht uns allen klar, dass es bei Schwerstabhängigen nicht in- so, als wäre das Angebot erst auf den letzten Drücker ge- nerhalb von Wochen oder Monaten gelingen kann kommen. Sie hätten es schon lange annehmen können. – wenn das überhaupt möglich ist –, zu einer Abstinenz zu kommen. Das ist uns bewusst. Nichtsdestotrotz muss (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – eine solche Studie Ergebnisse zur Abstinenzorientierung Marion Caspers-Merk [SPD]: Aber von uns liefern, bevor man sich für eine Regelversorgung ent- gab es jede Brücke!) 24652 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Jens Spahn (A) Dass Sie es nicht getan haben, ärgert mich umso Monika Knoche (DIE LINKE): (C) mehr, als eine Fortsetzung des Modellprojektes im Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren und Grunde allen Seiten gerecht geworden wäre. Wir hätten Damen! Ich kann ehrlichen Herzens sagen: Es ist für den beteiligten Städten ermöglicht, weiterzumachen mich als drogenpolitische Sprecherin der Fraktion – das ist deren Ziel –, und sie hätten auch neue Proban- Die Linke ein wunderbarer Tag. Es ist ein exzellenter den – in der Ihnen vorschwebenden Größenordnung von Anlass für alle Kolleginnen und Kollegen, die sich zu ei- 1 000 bis 2 000 – aufnehmen können. Wir hätten es nem gemeinsamen gesetzlichen Vorhaben entschieden möglich gemacht, in diesem Modellprojekt mit anderen haben, Schwerpunkten und Fragestellungen neue Erkenntnisse zu gewinnen und insbesondere die von mir aufgeworfe- (Volker Kauder [CDU/CSU]: Rot-Rot-Grün! nen Fragen noch einmal anzugehen. Dann wäre es viel- Super!) leicht auch mehr Mitgliedern dieses Hauses möglich ge- sich gegenseitig zu gratulieren; denn das ist der Tag ei- wesen, den Schritt in eine andere Richtung zu gehen. Ich ner humanen, rationalen und diskriminierungsfreien zumindest möchte gerne so viel wie eben möglich wis- Drogenpolitik in Deutschland. sen, bevor ich eine solch grundlegende Entscheidung treffe. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) Übrigens blenden Sie in manchen öffentlichen Aussa- Es ist ein Meilenstein. gen aus, dass es dieses Kompromissangebot gab. Sie tun so, als würden wir einfach nur Njet, also Nein, sagen und Ich bin sehr glücklich darüber, dass die Initiative, die nichts anbieten. Das tun wir eben nicht. Wir hätten die- ich für die Linke schon sehr früh, im Jahr 2002, ergriffen sen Konflikt in dieser wichtigen gesellschaftspolitischen habe, nämlich gemeinsam mit den beiden anderen Oppo- Frage vermeiden können. Wir hätten die Chance gehabt, sitionsfraktionen, Grüne und FDP, einen bestimmten mit einem solchen Modellprojekt im Konsens weitere Weg zu beschreiten, dazu geführt hat, dass wir endlich Erkenntnisse zu gewinnen und sowohl den Probanden – nach drei oder vier Legislaturperioden, in denen wir als auch den beteiligten Städten zu helfen. Die SPD hätte über den Umgang mit von Heroin Schwerstabhängigen es nicht nötig gehabt, an dieser Stelle den Koalitionsver- diskutiert haben – zu parlamentarischen Mehrheiten fin- trag zu brechen. den konnten. Vielen Dank dafür! (Widerspruch bei der SPD) (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE – Das ist es doch. Lesen Sie einmal den Koalitionsver- GRÜNEN) trag. Sie stimmen anders ab als vereinbart. (B) Es ist kein Koalitionsbruch. Ich muss die Koalition (D) Das eigentlich Bedauerliche ist – – nicht verteidigen, wenn ich sage: Im Koalitionsvertrag steht gar nichts über Heroinsubstitution. (Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Das einzig Be- (Jens Spahn [CDU/CSU]: Aber über gemein- dauerliche ist, dass Sie Ihre Zusagen nicht ein- same Abstimmungen, Frau Kollegin! Über ge- halten!) meinsames Vorgehen!) – Dass Sie so schreien, zeigt mir, dass ich recht habe, Es ist deshalb sehr erfreulich, dass die SPD den Weg ge- Frau Kollegin Hendricks. – Das einzig wirklich Bedau- wählt hat, diese Entscheidung heute gemeinsam mit den ernswerte ist, dass Sie, indem Sie das Kompromissange- Oppositionsfraktionen zu treffen. bot, das den Interessen aller Beteiligten eigentlich gerecht würde, ausschlagen, bei der Beantwortung einer Das wäre ohne das nachhaltige Engagement der deut- grundsätzlichen gesellschaftspolitischen Frage einen schen Städte nicht möglich gewesen. Die Städte sind in Konflikt wie den zulassen, mit dem wir es heute zu tun Modellprojekten das Wagnis eingegangen, diese Studien haben. durchzuführen. Sie konnten nämlich eines nicht mehr er- tragen: die mutwillige medizinische Unterversorgung, (Elke Ferner [SPD]: Sie wollten das Projekt das medizinische Leid, das Menschen erfahren, die von doch auslaufen lassen! Sie wollten doch den illegalen Spritzdrogen abhängig sind. Sie konnten die Deckel draufmachen!) Zerstörung der Familien als Folge dieser Kriminalisie- rung nicht mehr erdulden. Es hätte auch anders gehen können, und ich bedauere, dass es nun so abläuft. (Beifall bei der LINKEN) Wir sprechen heute über eine Arzneimittelzulassung. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der SPD) (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und der SPD) Vizepräsidentin Petra Pau: Wir sprechen nicht darüber, Heroin anstatt Methadon zu Das Wort hat die Kollegin Monika Knoche für die verabreichen, sondern darüber, eine Therapievielfalt zu Fraktion Die Linke. ermöglichen und denjenigen, die mit Methadon ärztlich nicht umfassend versorgt werden können, eine Therapie- (Beifall bei der LINKEN) alternative zu geben. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24653

Monika Knoche (A) (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- (C) neten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE neten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Detlef Parr [FDP]) GRÜNEN) Das ist medizinethisch das Einzige, woran wir uns als Abgeordnete zu halten haben. Wir haben als Abgeord- Vizepräsidentin Petra Pau: nete nicht das Recht, gesetzliche Änderungen zu verwei- Kollegin Knoche, gestatten Sie eine Zwischenfrage gern, weil man ein ideologisches Drogenabstinenz- des Kollegen Spahn? dogma im Kopf hat. Monika Knoche (DIE LINKE): (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Ich bin mit meiner Rede fertig; aber fragen Sie ruhig, neten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE Herr Spahn. GRÜNEN) Ich komme aus Karlsruhe und begleite als Drogen- Jens Spahn (CDU/CSU): politikerin das dortige Projekt seit 20 Jahren. Das Phäno- Das ist freundlich von Ihnen, Frau Kollegin. – Ich menale in Karlsruhe ist geschehen: Personen sind nach habe eine relativ einfache Frage. Sie haben gerade die 30 Jahren Heroinabhängigkeit in die Abstinenz gegan- Bedeutung der psychosozialen Betreuung hervorgeho- gen. Auch ist erreicht worden, dass Menschen trotz ihrer ben. Sucht alt geworden sind. Es ist ein unglaublich hoher ethischer Wert, dass Menschen aus ihrer Verelendung Monika Knoche (DIE LINKE): heraus wieder eine Lebensperspektive finden. Ja. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- neten der SPD, der FDP und des BÜNDNIS- Jens Spahn (CDU/CSU): SES 90/DIE GRÜNEN) Wie kommt es dann, dass sich die Antragsteller ge- weigert haben, den Zeitraum von sechs Monaten zu ver- Ein Betroffener ist in ein Altenheim gegangen und führt längern, obwohl wir im Ausschuss darauf hingewiesen dort diese Substitutionsbehandlung weiter. Diese medi- haben, dass es nicht sein kann, die psychosoziale Betreu- zinische Behandlung verlangt enorme Disziplin: Man ung bei der Behandlung nur für sechs Monate – das ist muss Einrichtungen dieser Art täglich aufsuchen. ein relativ kurzer Zeitraum für Schwerstabhängige – ver- Viele Menschen, die aus schwerwiegenden psychia- pflichtend vorzusehen? Wenn die psychosoziale Betreu- trischen Erkrankungen in die Abhängigkeit von Heroin ung so wichtig ist und wenn es nicht nur um eine dauer- (B) geraten sind, können jetzt nicht nur ihre Sucht, sondern hafte Abgabe des Stoffes gehen soll, warum begrenzen (D) sogar ihre Primärerkrankung behandeln lassen. Sie wer- Sie die Verpflichtung dann auf sechs Monate? den endlich in eine umfassende verantwortungsvolle me- (Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Sehr gute dizinische Versorgung eingebunden, die die somatischen Frage!) und psychiatrischen Seiten umfasst. Sowohl bei Metha- don als auch bei Heroin ist die psychosoziale Betreuung ein Muss. Das steht im Gesetzentwurf. Es war bei der Monika Knoche (DIE LINKE): Methadonsubstitution nicht anders. Die Frage beantworte ich Ihnen gerne: Auch der suchtabhängige Mensch ist ein autonomer und selbstbe- (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der stimmter Mensch SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN) (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und der SPD) Verdrehen Sie also nicht die Tatsachen, und erzählen Sie und hat unseren Respekt verdient. Die Studien haben ge- der Bevölkerung keine Schauermärchen darüber! zeigt, dass die Stabilisierung recht rasch vonstatten geht. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Was suchtabhängige Menschen danach brauchen, hält neten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE unser gesamtes medizinisches Versorgungssystem bereit. GRÜNEN) Sie können all die Hilfen, die sie brauchen, um diese Therapie erfolgreich fortführen zu können, ambulant be- Bei dem, was wir hier tun, handeln wir sehr verant- kommen. wortungsbewusst. Für die medizinischen Einrichtungen, die diese medizinisch hochinteressanten Personen auf ih- (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- rem Weg in ein besseres, gesünderes Leben begleiten, neten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE sind absolut strikte Begrenzungen vorgesehen. Wir ge- GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Das ist ben nichts frei. Es werden vielleicht 1 000 oder 2 000 keine Antwort! – Annette Widmann-Mauz Menschen davon profitieren. [CDU/CSU]: Warum haben Sie dann dieses Modellprojekt?) (Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Woher wissen Sie das?) Führen Sie keine Zwangsmaßnahmen ein! Respektie- ren Sie die Würde auch dieser Menschen, und stellen Sie Ich bin glücklich, dass wir heute darüber abstimmen sie nicht unter staatliche Kuratel. Das wäre falsch, und können. das würde ich nie befürworten. 24654 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Monika Knoche (A) (Jens Spahn [CDU/CSU]: Das sagt mir die schickten freundlichen Hilfestellung für eine persönliche (C) Linkspartei, oder was?) Erklärung getan hat. – Ja, das sage ich Ihnen. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Richtig! Wer das ablehnt, muss das (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- wissen!) neten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Bravo, Hinter diesen „möglicherweise statistisch relevanten bravo!) Vorteilen“ stehen persönliche Schicksale und konkrete Überlebenschancen schwerkranker Menschen. Vizepräsidentin Petra Pau: (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Das Wort hat der Kollege Dr. Harald Terpe für die sowie bei Abgeordneten der SPD – Annette Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Um genau die geht es uns!) Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich glaube, manch einem in diesem Hause ist das noch Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! immer nicht bewusst. Ich wende mich zunächst einmal ausdrücklich an dieje- (Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Ach! Was soll nigen Kolleginnen und Kollegen der Union, die ihren denn das?) Wahlkreis in einer der Städte haben, die den Modellver- such zur Diamorphinbehandlung erfolgreich durchge- Im Übrigen finde ich es von den Kolleginnen und führt haben. Kollegen der Union unredlich, die Methadonbehandlung gegen die Diamorphinbehandlung auszuspielen. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN und der SPD) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der Ich weiß, dass es auch unter Ihnen Abgeordnete gibt, die FDP und der LINKEN – Detlef Parr [FDP]: genau wissen, dass die gesetzliche Regelung der Dia- Da hat er recht! – Jens Spahn [CDU/CSU]: morphinbehandlung für die schwer opiatabhängigen Pa- Wenn Sie von Gewissensfragen reden, können tientinnen und Patienten und für die jeweilige Kommune Sie doch nicht so argumentieren!) positive Auswirkungen hat. Wir brauchen beide Therapieformen, um den Opiatab- (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das bestreitet hängigen optimal helfen zu können: im Regelfall die niemand!) Methadonbehandlung und für die Patientinnen und Pa- (B) (D) tienten, denen wir nicht anders helfen können, die Dia- Ich wende mich an Sie, weil ich möchte, dass die Dia- morphinbehandlung. morphinbehandlung auch mit Ihrer Unterstützung zu ei- nem Bestandteil der Regelversorgung wird. Die Union spielt aber nicht nur Methadonbehandlung und Diamorphinbehandlung gegeneinander aus. Sie hat, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, zumindest bislang, auch nichts Entscheidendes getan, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeord- um die Versorgungsqualität im Rahmen der Methadon- neten der LINKEN) behandlung zu verbessern. Helfen Sie mit, dass sich die Diamorphinbehandlung auf (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ gesetzlicher Grundlage zu einem wichtigen Baustein in DIE GRÜNEN) der Therapie schwerstopiatabhängiger Menschen ent- wickeln kann! Auch bei der Methadonbehandlung liegt nämlich einiges im Argen. Der heute zu verabschiedende Gesetzentwurf stellt nur einen ersten, wenn auch entscheidenden Schritt dar, (Jens Spahn [CDU/CSU]: Ja, allerdings!) um die Versorgung dieser schwerkranken Menschen zu Die Methadonbehandlung und die Bedingungen der verbessern. Ich will darauf verzichten, die Argumente psychosozialen Betreuung opiatabhängiger Menschen in für die Diamorphinbehandlung in epischer Breite vorzu- Deutschland sind verbesserungswürdig. Auf der einen tragen. Ich will nur darauf hinweisen: Die Diamorphin- Seite steigt die Zahl der zu behandelnden Patientinnen behandlung eröffnet nicht nur die Möglichkeit auf ein und Patienten; auf der anderen Seite stagniert die Zahl Leben nach Heroin, und zwar bis zur Erlangung der Ab- der Ärztinnen und Ärzte, die eine solche Behandlung stinenz, sondern sie ist oftmals auch die letzte Chance vornehmen. Die Folge ist ein immer ungünstiger wer- auf ein Weiterleben überhaupt. dendes Betreuungsverhältnis. Viele Ärzte fühlen sich zu- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem in ihrer ärztlichen Therapiefreiheit behindert. Die sowie bei Abgeordneten der SPD und der Versorgungsqualität im Rahmen der Methadonbehand- FDP) lung ist in zahlreichen Bundesländern nicht ausreichend, insbesondere in den ländlichen Räumen und im Straf- Das muss man wissen, wenn man von – Zitat – „mögli- vollzug. Vor allem in den Ländern, in denen die Union cherweise statistisch relevanten Vorteilen der Diamor- das Sagen hat, ist die Substitutionsbehandlung beispiels- phingabe im Vergleich zur Methadonsubstitution“ weise im Strafvollzug gar nicht oder nur unzureichend spricht, wie es der Kollege Spahn in seiner gestern ver- ausgebaut. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24655

Dr. Harald Terpe (A) (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie um (C) SES 90/DIE GRÜNEN – Britta Haßelmann breite Zustimmung zu dem gemeinsamen Gesetzent- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider!) wurf; dafür stehen die Namen Reimann, Parr, Spieth und auch mein Name. Der Gesetzentwurf umfasst auch die Wir wissen, dass es auch bei der psychosozialen Be- Vorschläge des Bundesrates, das möchte ich hier noch treuung Probleme gibt; auch diese Probleme dürfen nicht einmal betonen. übersehen werden. (Detlef Parr [FDP]: So ist es!) (Jens Spahn [CDU/CSU]: Aha!) Durch seine Verabschiedung wird die jahrelange Diskus- Trotz großer Anstrengungen vieler Kommunen wird sie sion über die Diamorphinbehandlung endlich zu einem noch nicht in ausreichendem Maße finanziert. für die Betroffenen guten Ende gebracht. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Hört! Hört!) Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Außerdem gibt es keine einheitlichen Qualitätsstan- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dards. bei der SPD, der FDP und der LINKEN) Statt als Mittel zur Verhinderung einer gesetzlichen Regelung neue Forschungsprojekte zu fordern, hätte die Vizepräsidentin Petra Pau: Union in ihrem Antrag lieber konkret schreiben sollen, Das Wort hat die Parlamentarische Staatssekretärin wie sie die psychosoziale Betreuung für Opiatabhängige Marion Caspers-Merk. verbessern will. (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das wird auch nicht besser!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Detlef Parr [FDP]) Marion Caspers-Merk, Parl. Staatssekretärin bei der Aber wenn es um dieses Thema geht, schweigen Sie. Bundesministerin für Gesundheit: Darüber hinaus ist nicht zu erklären, warum Sie in Ih- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! rem Antrag schreiben, dass Sie restriktive Regelungen Ich kenne alle sieben Standorte, an denen der Modellver- zur Therapiebegrenzung anstreben. Die Rede ist unter such Diamorphin durchgeführt wird. Ich war mehrfach anderem von der Einführung eines Höchstalters der Pa- an diesen Standorten. Mich haben die positiven Ergeb- tientinnen und Patienten. Außerdem streben Sie eine Be- nisse dort überzeugt. grenzung der Dauer der Behandlung auf fünf Jahre an. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) (B) (Jens Spahn [CDU/CSU]: Wir haben nur ge- Herr Kollege Spahn, auch ich war am Anfang – der (D) sagt, das muss geprüft werden! Sie müssen Modellversuch trägt noch meine Unterschrift als Dro- mal richtig lesen! Lesen bildet!) genbeauftragte – ausgesprochen skeptisch, ob bei die- sem Modellversuch positive Ergebnisse erzielt werden. Sie wollen sogar bestimmte Vorerkrankungen definieren, Wir haben damals dafür gesorgt, dass dieser Modellver- was zur Folge hätte, dass Opiatabhängige von einer Dia- such ergebnisoffen angelegt wird. morphinbehandlung ausgeschlossen würden. Diesen Vorschlägen reden Sie das Wort. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Aha!) (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- Es sollte eine Kontrollgruppe mit der gleichen psychoso- SES 90/DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/ zialen Betreuung geben. Es sollte zum einen eine Metha- CSU]: Oh nein! – Annette Widmann-Mauz dongruppe und zum anderen eine Diamorphingruppe ge- [CDU/CSU]: Nein, Herr Kollege! Das tun wir ben. nicht!) Wir – die sieben Standorte und die Bundesländer, die Ich kann mich noch gut an die berechtigte Kritik erin- das Ganze mitfinanziert haben und auch Antragsteller nern, die auch aus Ihrer Fraktion geäußert wurde, als Ihr sind; es soll jetzt endlich Rechtssicherheit geschaffen Kollege Mißfelder vor einigen Jahren vorschlug, 85-jäh- werden – haben immer gemeinschaftlich verabredet: rigen Patientinnen und Patienten keine künstlichen Hüft- Wenn die Ergebnisse positiv sind, wird diese Therapie gelenke mehr auf Kosten der gesetzlichen Krankenkas- Teil der Regelversorgung. sen einzusetzen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ (Jens Spahn [CDU/CSU]: Das ist doch nicht DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der Ihr Niveau, Dr. Terpe! – Gegenruf der Abg. FDP – Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Die Er- Elke Ferner [SPD]: Aber Ihres! – Gegenruf gebnisse sind doch umstritten!) des Abg. Detlef Parr [FDP]: Gerade Sie reden Jetzt sind die Ergebnisse positiv; das darf man nicht von Niveau, Herr Kollege? Wirklich interes- künstlich kleinreden. Damit wird man der Dramatik der sant!) Situation gar nicht gerecht. – So war es nun einmal, Herr Spahn. – Ich meine, Ihr Wir diskutieren über das Ganze seit mittlerweile sie- Vorschlag, ein Höchstalter für die Diamorphinbehand- ben Jahren. 2002 startete der Modellversuch; 2005 hat- lung festzulegen und die Behandlungszeit zu begrenzen, ten wir erste Ergebnisse. Ab 2006 haben wir darüber dis- geht leider in diese Richtung. kutiert, wie es weitergeht. 24656 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Parl. Staatssekretärin Marion Caspers-Merk (A) Herr Kollege Spahn, jetzt möchte ich Sie mit einem Standortgemeinden gibt es eine große Mehrheit dafür, (C) konkreten Fall konfrontieren: Es geht um die 26-jährige und die Bundesländer wollen es auch. Deswegen ist es Tanja R. aus Karlsruhe, die mit 12 Jahren anfing, Heroin unredlich, Herr Kollege Spahn, jetzt das Thema Koali- zu nehmen. Sie war schwer drogenabhängig. Zur Finan- tionsbruch zu diskutieren. zierung der Sucht hat sie sich prostituiert. Mehrfach wurde sie wegen Beschaffungskriminalität aufgegriffen. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Was ist es denn Sie war in zwei Therapien, einmal in einer Methadonthe- sonst? – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist rapie und einmal in einer Abstinenztherapie. Beide The- es natürlich!) rapien wurden abgebrochen; nichts half. Sie ist immer Ich bitte Sie herzlich – auch Sie, Herr Kollege Fraktions- tiefer abgerutscht. Das ging bis hin zu lebensbedrohli- vorsitzender –: Wir haben uns darauf geeinigt, dass es chen Situationen; Schlimmeres konnte nur knapp abge- Themen gibt, die jenseits der Fraktionsdisziplin zu dis- wendet werden. kutieren sind. Sie ist zur Diamorphinbehandlung in Karlsruhe ge- (Jens Spahn [CDU/CSU]: Dann respektiert kommen. Sie ist seither nicht mehr strafauffällig und man aber die Meinung der anderen!) praktiziert auch keinen Beikonsum mehr. Wenn man sie fragt, worin für sie der Unterschied zum vorherigen Le- Weil es sich um ein ethisch sehr anspruchvolles Thema ben besteht, dann antwortet sie: Ich fühle mich das erste handelt, haben wir dazu Gruppenanträge und -gesetzent- Mal wie ein vollwertiger Mensch. würfe vorgelegt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem DIE GRÜNEN sowie des Abg. Detlef Parr BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Ab- [FDP] – Jens Spahn [CDU/CSU]: Die Frage geordneten der FDP) ist doch, was der Grund ist!) Sie wurden in Ihrem Debattenbeitrag dieser ethischen Sie hat jetzt überhaupt erst einmal die Chance, ihr Leben Dimension in keinem Punkt gerecht. wieder in den Griff zu bekommen. Ich appelliere an alle Kolleginnen und Kollegen im Jetzt geht es darum, dass man nach einer Modellphase Bundestag: Geben Sie den Weg frei! Versuchen Sie, mit sagt: Jawohl, wir ergänzen unser gutes Angebot in der Ihrem Abstimmungsverhalten dazu beizutragen, dass für Drogentherapie um ein weiteres Überlebenselement. die Standortgemeinden Klarheit herrscht und wir ein Nur derjenige, der überlebt, kann aussteigen. Wir bieten weiteres Element der Überlebenshilfe installieren, das hiermit eine weitere Überlebenshilfe an; denn diese The- sich bewährt hat. rapie hat sich bewährt. (B) Schönen Dank. (D) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten- (Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) GRÜNEN)

Hier wird argumentiert: Das reicht noch nicht aus; wir Vizepräsidentin Petra Pau: brauchen ein weiteres Modell. Wie lange sollen die be- Für die Unionsfraktion hat nun die Kollegin Annette troffenen Städte und auch die Bundesländer eigentlich Widmann-Mauz das Wort. noch in einer rechtlichen Unsicherheit gehalten werden? Wie lange soll das Ganze eigentlich noch gehen? (Beifall der Abg. Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]) (Jens Spahn [CDU/CSU]: Bis es eindeutige Ergebnisse gibt!) Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU): Herr Kollege Spahn, Sie haben am Anfang gefordert, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen den Modellversuch einzustellen; das war nicht ganz red- und Kollegen! Viele Betroffene, vor allem auch viele lich. Danach gab es sehr viel Protest aus den Standortge- Angehörige von Heroinabhängigen, verbinden mit je- meinden, der Drogentherapie die Hoffnung, einen nahen Men- (Jens Spahn [CDU/CSU]: Kompromiss nennt schen – vielleicht den Sohn oder die Tochter – nach Jah- sich das!) ren des Leids wieder in ein menschenwürdiges Leben zurückzuführen. Sie haben viele Momente der Verzweif- und es gab sehr viele Diskussionen, auch mit den Bun- lung und manchmal der Hoffnung erlebt und immer wie- desländern, die dieses Modellprojekt getragen haben. Ich der Rückschläge erlitten. nenne nur der guten Ordnung halber noch einmal das Abstimmungsergebnis im Bundesrat: Es gab 1 Gegen- Diesen schwerkranken Menschen zu helfen, sie vor stimme, und zwar aus Bayern; es gab 2 Enthaltungen der Verelendung zu bewahren, zu stabilisieren und wie- – man konnte sich aus Gründen der Koalitionsdisziplin der starkzumachen, um von der Sucht loszukommen, ist nicht einigen – und 13 Jastimmen. unser aller Aufgabe und Ziel in diesem Haus. (Jens Spahn [CDU/CSU]: „Koalitionsdis- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- ziplin“, das ist ja etwas ganz Neues!) neten der FDP) Das ist das Ergebnis. Das heißt, wir haben die Situation, Deshalb empfinde ich es als befremdlich, in welcher Art dass wir das gemeinschaftlich erreichen wollen. In den und Weise heute Nachmittag denjenigen, die Ihren Ge- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24657

Annette Widmann-Mauz (A) setzentwurf nicht unterstützen, jegliche Empathie und Personengruppe unter Modellprojektbedingungen auf (C) Hilfsbereitschaft abgesprochen wird. einmal ein solcher Behandlungserfolg zu registrieren ist, dann lässt dies doch den Schluss zu, dass eben nicht nur (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) der Stoff wichtig war, sondern vor allen Dingen die Rah- Das ist nicht der Stil, den wir in Gewissensfragen – zu menbedingungen eine ganz entscheidende Rolle gespielt denen erklären Sie die anstehenden Fragen – und ethisch haben. relevanten Fragen pflegen. Dabei müssen wir uns insbesondere auf die psychoso- Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich die Arbeit in ziale Betreuung einlassen; wir können hier nicht so tun, den Modellprojekten anerkennen. als ob dies keine Relevanz gehabt hätte. Vor allen Din- gen müssen wir uns fragen, welche Schlussfolgerungen (Beifall des Abg. Wolfgang Zöller [CDU/ aus dieser Erfolgsquote für Methadonpatienten zu ziehen CSU]) sind, und zwar für diejenigen in bestehenden Methadon- Was von den Ärzten, Psychotherapeuten und Sozialar- substitutionstherapien. Das ist die Regel; die meisten beitern in der Prävention, Therapie und Begleitung ge- Drogenabhängigen werden doch genau in diesen Thera- leistet wurde, ist ausdrücklich zu würdigen. Dank gilt pieformen behandelt. denjenigen, die sich mit viel Mühe und Herzblut enga- Die gegenwärtigen Rahmenbedingungen sind offen- giert haben. bar verbesserungswürdig. Darüber wurde von Ihrer Seite Nichtsdestotrotz müssen wir als Politiker heute, wenn kein Wort gesagt. Aber den betroffenen Menschen wird wir entscheiden, ob die Substitutionsbehandlung mit He- in Ihrem Gesetzentwurf zugemutet – das sind nämlich roin in die Regelversorgung der gesetzlichen Kranken- die Kriterien, um überhaupt mit Heroin behandelt zu versicherung aufgenommen werden soll, offene Fragen werden –, zweimal eine Therapie abgebrochen zu haben. ansprechen. Wir dürfen uns nicht drücken. Es gilt näm- Sie, Frau Staatssekretärin, haben gerade ein solches Bei- lich, verantwortungsbewusst zu handeln: gegenüber den spiel einer abgebrochenen Methadontherapie erwähnt. Betroffenen, die schwerkrank sind und die wir nicht im Wir können es doch nicht zulassen, dass als Bedingung Stich lassen dürfen, gegenüber den Versicherten, mit de- formuliert wird, dass zuerst nicht ausreichende Metha- ren Beitragsgeldern wir sorgfältig umgehen müssen, ge- dontherapien abgebrochen werden müssen, damit die genüber anderen kranken Menschen, die auch einen An- Betroffenen anschließend in der Herointherapie die ad- spruch und ein Anrecht auf Behandlung mit adäquaten äquate psychosoziale Betreuung erhalten. Das kann Therapien haben, und gegenüber der Gesellschaft, wenn nicht in unserem Interesse sein. wir bei der Vergabe des Suchtmittels Heroin auch in der (Beifall bei der CDU/CSU) Drogenprävention weiterhin glaubwürdig sein wollen. (B) (D) Wir müssen uns auch der Frage stellen, ob die gewon- Vizepräsidentin Petra Pau: nenen Erkenntnisse ausreichen, um die Aufnahme von Kollegin Widmann-Mauz, entschuldigen Sie, dass ich Heroin als Substitut in die Regelversorgung zu rechtfer- Sie unterbreche. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich tigen. Wir müssen uns doch fragen, ob die Kriterien und bitte Sie, notwendige Absprachen vor der gleich folgen- Vorgaben, die Sie im Gesetzentwurf vorschlagen, sach- den Abstimmung außerhalb des Saales zu treffen und der gerecht und richtig gewählt sind. Kollegin Widmann-Mauz die ihr gebührende Aufmerk- samkeit zuzuwenden. Sie, die Unterstützer des Gesetzentwurfes, berufen sich darauf, die Studie habe eindeutig die „Überlegen- (Beifall bei Abgeordneten der FDP) heit der Diamorphinbehandlung“ gegenüber der Metha- donbehandlung bewiesen. Tatsächlich gibt es einen Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU): wahrnehmbaren Unterschied. Aber die Unterschiede Darüber hinaus war ich erstaunt, wie Sie wiederum zu zwischen der Heroinvergabe und der Methadonvergabe der Zahl von einigen Hundert Menschen kommen, die im Projekt sind weit weniger groß, als Sie es auch heute nach Ihrer Ansicht in diesem Projekt Berücksichtigung Nachmittag wieder dargelegt haben. fänden. Die Anhörung ergab klar etwas anderes: In der Bundesrepublik Deutschland verzeichnen wir zwischen Vizepräsidentin Petra Pau: 120 000 und 190 000 Heroinabhängige. Nach den Krite- Kollegin Widmann-Mauz, gestatten Sie eine Zwi- rien, die Sie im Gesetzentwurf vorgeben, kommen davon schenfrage des Kollegen Nouripour? 60 000 bis 80 000 Abhängige infrage. Was ermutigt Sie eigentlich zu der Aussage, dass nur 1 000 bis 2 000 Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU): Menschen diese Therapie nachfragen werden? Nein, ich gestatte keine Zwischenfragen; denn ich Sie haben entsprechende Bedingungen, beispiels- glaube, dass die Argumente im Zusammenhang gehört weise die Zahl der Plätze zu begrenzen, nicht vorgese- werden müssen. hen. Ich kann es mir nur so vorstellen, dass Sie an dieser Stelle keine weiteren Plätze wollen, jedoch im Gesetz- Mein Kollege Spahn hat darauf hingewiesen: 74 Pro- entwurf den Anspruch auf flächendeckende Versorgung zent der sogenannten Methadonversager verzeichnen er- formulieren. hebliche gesundheitliche Verbesserungen, ebenso 80 Pro- zent derjenigen in der Heroingruppe. 74 Prozent derjeni- Wir wollen das Ziel des Ausstiegs aus der Drogen- gen, die als eigentlich nicht erreichbar galten, erreichten sucht nicht aufgeben, auch wenn wir wissen, wie also erhebliche Verbesserungen. Wenn allein bei dieser schwierig dies ist und wie langwierig der Weg aus der 24658 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Annette Widmann-Mauz (A) Sucht ist. Aber gerade deshalb, weil sich zu viele Sucht- Hierzu wurde vereinbart: Zunächst wird über den Ge- (C) kranke in der Dauersubstitution befinden, müssen wir setzentwurf der Abgeordneten Dr. Carola Reimann in die bestehenden Substitutionsbehandlungen verbessern zweiter Lesung namentlich abgestimmt. Danach müssen und ausstiegsorientierte Verfahren stärken. wir die Sitzung zur Auszählung des Abstimmungsergeb- nisses unterbrechen. Sollte dieser Gesetzentwurf die Ich kann nur Folgendes sagen: Ich empfinde es als Mehrheit finden, ist über die anderen unter Tagesord- ausgesprochen schade, dass Sie gerade der Bedeutung nungspunkt 12 a genannten Gesetzentwürfe sowie über der psychosozialen Beratung keinen Stellenwert einge- die unter Tagesordnungspunkt 12 b genannten Vorlagen räumt haben. Sie sehen dafür nur sechs Monate vor; im nicht mehr abzustimmen. Diese hätten sich erledigt. Wir Modellprojekt hingegen war sie dauerhaft gewährleistet. würden dann mit Tagesordnungspunkt 12 c fortfahren. Ich kann mir eine solche Regelung nur unter der Voraus- setzung vorstellen, dass Sie hierbei in finanzieller Hin- Erhält der Gesetzentwurf Dr. Reimann nicht die erfor- sicht auf die Bundesländer Rücksicht genommen haben. derliche Mehrheit, wären die beiden anderen unter Ta- Ich bedaure es außerordentlich, dass Sie die letzten zwei gesordnungspunkt 12 a genannten Gesetzentwürfe eben- Jahre nicht genutzt haben, obwohl dieses Angebot von falls erledigt. Wir kämen dann jedoch zu einer weiteren unserer Fraktion immer wieder gemacht wurde, genau namentlichen Abstimmung über den Antrag des Abge- denjenigen Fragen, die wir nach wie vor als offen anse- ordneten Jens Spahn und weiterer Abgeordneter. In die- hen, im Rahmen einer Erweiterung des Modells und un- sem Fall würden wir außerdem über die weiteren unter ter Anwendung erweiterter Kriterien nachzugehen. Tagesordnungspunkt 12 b genannten Vorlagen sowie über die unter Tagesordnungspunkt 12 c genannten Vor- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) lagen abstimmen. – Ich sehe, Sie sind mit diesem verein- barten Vorgehen einverstanden. Dann verfahren wir so Wir fordern Sie deshalb auf: Lassen Sie uns die beste- und kommen zu den Abstimmungen. henden Modellprojekte auch an weiteren Standorten so- wie mit neuen Teilnehmerinnen und Teilnehmern weiter- Wir kommen zur Abstimmung über den von den Ab- führen, um diese offenen Fragen zu klären, um geordneten Dr. Carola Reimann, Detlef Parr, Frank anschließend guten Gewissens entscheiden zu können. Spieth und weiteren Abgeordneten eingebrachten Ent- Ich kann Ihnen wirklich nur sagen: Es gilt, verantwor- wurf eines Gesetzes zur diamorphingestützten Substitu- tungsbewusst zu handeln; es reicht nicht aus, hierbei das tionsbehandlung auf Drucksache 16/11515. Wir stimmen Gewissen zu entlasten. Vielmehr müssen wir gewissen- über den Gesetzentwurf namentlich ab. Liebe Kollegin- hafte Entscheidungen im Interesse der Menschen, der nen und Kollegen, ich bitte Sie, bei der Stimmabgabe Schwerstkranken in unserem Land, treffen. sorgfältig darauf zu achten, dass die Stimmkarten, die Sie verwenden, Ihren Namen tragen. (B) (Beifall bei der CDU/CSU) (D) Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehen Plätze einzunehmen. – Sind alle besetzt? – Vizepräsidentin Petra Pau: Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung. Ich schließe die Aussprache. Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ich Mir liegt eine große Anzahl von Erklärungen nach schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerin- § 31 unserer Geschäftsordnung vor. Wir nehmen diese 1) nen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. zu Protokoll. Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der namentlichen Bevor wir mit den Abstimmungen beginnen, bitte ich Abstimmung unterbreche ich die Sitzung. um Ihre Aufmerksamkeit für einige Hinweise zum Ab- (Unterbrechung von 17.46 bis 17.53 Uhr) stimmungsverfahren. Dazu wäre es für alle Kolleginnen und Kollegen hilfreich, wenn es möglich wäre, dass meine Stimme bis zur letzten Reihe durchdringt. Vizepräsidentin Petra Pau: Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Ich Wir kommen gleich zu den Abstimmungen über neun bitte Sie, zur Entgegennahme des Abstimmungsergeb- Vorlagen zur Substitutionsbehandlung. Der Ausschuss nisses wieder Platz zu nehmen. für Gesundheit empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schrift- auf Drucksache 16/13021, über den Gesetzentwurf führern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim- Dr. Reimann auf Drucksache 16/11515, den Gesetzent- mung über den von der Abgeordneten Dr. Carola Rei- wurf des Bundesrates auf Drucksache 16/7249 und den mann und weiteren Abgeordneten eingebrachten Gesetzentwurf Ackermann auf Drucksache 16/4696 so- Gesetzentwurf zur diamorphingestützten Substitutions- wie den Antrag Spahn auf Drucksache 16/12238, den behandlung auf Drucksache 16/11515 bekannt: abgege- Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck- bene Stimmen 550. Mit Ja haben gestimmt 349 Kolle- sache 16/2075, den Antrag der Fraktion Die Linke auf ginnen und Kollegen, Drucksache 16/2503 und den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/3840 einen Beschluss herbeizu- (Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN führen. Eine darüber hinausgehende Beschlussempfeh- und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) lung hat der Ausschuss dazu nicht abgegeben. mit Nein haben gestimmt 198 Kolleginnen und Kolle- gen, und 3 Kolleginnen und Kollegen haben sich enthal- 1) Anlagen 17 bis 20 ten. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24659

Vizepräsidentin Petra Pau (A) Endgültiges Ergebnis Siegmund Ehrmann Christian Lange (Backnang) Jörg-Otto Spiller (C) Abgegebene Stimmen: 550; Hans Eichel Waltraud Lehn Dieter Steinecke davon Petra Ernstberger Helga Lopez Andreas Steppuhn Karin Evers-Meyer Gabriele Lösekrug-Möller Ludwig Stiegler ja: 349 Annette Faße Dirk Manzewski Rolf Stöckel nein: 198 Elke Ferner Lothar Mark Christoph Strässer enthalten: 3 Gabriele Fograscher Caren Marks Dr. Peter Struck Rainer Fornahl Katja Mast Joachim Stünker Ja Gabriele Frechen Hilde Mattheis Dr. Rainer Tabillion Dagmar Freitag Petra Merkel (Berlin) Jörg Tauss CDU/CSU Peter Friedrich Ulrike Merten Jella Teuchner Sigmar Gabriel Dr. Matthias Miersch Jörn Thießen Ursula Heinen Martin Gerster Ursula Mogg Franz Thönnes Jürgen Klimke Iris Gleicke Marko Mühlstein Rüdiger Veit Norbert Königshofen Renate Gradistanac Detlef Müller (Chemnitz) Simone Violka Stefan Müller (Erlangen) Angelika Graf (Rosenheim) Michael Müller (Düsseldorf) Jörg Vogelsänger Rita Pawelski Dieter Grasedieck Gesine Multhaupt Dr. Marlies Volkmer Dr. Heinz Riesenhuber Kerstin Griese Franz Müntefering Hedi Wegener Uwe Schummer Gabriele Groneberg Dr. Rolf Mützenich Andreas Weigel Bernd Siebert Achim Großmann Andrea Nahles Petra Weis Gerald Weiß (Groß-Gerau) Wolfgang Grotthaus Dr. Erika Ober Gunter Weißgerber Ingo Wellenreuther Wolfgang Gunkel Thomas Oppermann Gert Weisskirchen Elisabeth Winkelmeier- Hans-Joachim Hacker Holger Ortel (Wiesloch) Becker Bettina Hagedorn Heinz Paula Hildegard Wester Klaus Hagemann Johannes Pflug Lydia Westrich SPD Alfred Hartenbach Joachim Poß Dr. Margrit Wetzel Dr. Lale Akgün Michael Hartmann Christoph Pries Heidemarie Wieczorek-Zeul Gregor Amann (Wackernheim) Dr. Wilhelm Priesmeier Engelbert Wistuba Dr. h. c. Gerd Andres Nina Hauer Florian Pronold Dr. Wolfgang Wodarg Hubertus Heil Dr. Sascha Raabe Waltraud Wolff Ingrid Arndt-Brauer Dr. Reinhold Hemker Mechthild Rawert (Wolmirstedt) Rainer Arnold Rolf Hempelmann Steffen Reiche (Cottbus) Heidi Wright Ernst Bahr (Neuruppin) Dr. Barbara Hendricks Gerold Reichenbach Uta Zapf Doris Barnett Gustav Herzog Dr. Carola Reimann Manfred Zöllmer Brigitte Zypries (B) Dr. Hans-Peter Bartels Petra Heß Christel Riemann- (D) Klaus Barthel Gabriele Hiller-Ohm Hanewinckel Sören Bartol Stephan Hilsberg Walter Riester FDP Sabine Bätzing Petra Hinz (Essen) Sönke Rix Jens Ackermann Dirk Becker Iris Hoffmann (Wismar) René Röspel Dr. Karl Addicks Uwe Beckmeyer Frank Hofmann (Volkach) Dr. Ernst Dieter Rossmann Daniel Bahr (Münster) Klaus Uwe Benneter Dr. Eva Högl Karin Roth (Esslingen) Uwe Barth Dr. Axel Berg Eike Hovermann Michael Roth (Heringen) Angelika Brunkhorst Ute Berg Klaas Hübner Ortwin Runde Ernst Burgbacher Petra Bierwirth Christel Humme Marlene Rupprecht Patrick Döring Lothar Binding (Heidelberg) Johannes Jung (Karlsruhe) (Tuchenbach) Jörg van Essen Volker Blumentritt Josip Juratovic Anton Schaaf Ulrike Flach Kurt Bodewig Johannes Kahrs Axel Schäfer (Bochum) Otto Fricke Clemens Bollen Ulrich Kasparick Bernd Scheelen Paul K. Friedhoff Gerd Bollmann Dr. h. c. Susanne Kastner Dr. Hermann Scheer Horst Friedrich (Bayreuth) Dr. Gerhard Botz Ulrich Kelber Marianne Schieder Dr. Edmund Peter Geisen Klaus Brandner Christian Kleiminger Otto Schily Hans-Michael Goldmann Willi Brase Astrid Klug Ulla Schmidt (Aachen) Joachim Günther (Plauen) Bernhard Brinkmann Dr. Bärbel Kofler Silvia Schmidt (Eisleben) Dr. Christel Happach-Kasan (Hildesheim) Walter Kolbow Renate Schmidt (Nürnberg) Heinz-Peter Haustein Edelgard Bulmahn Fritz Rudolf Körper Heinz Schmitt (Landau) Birgit Homburger Ulla Burchardt Karin Kortmann Carsten Schneider (Erfurt) Dr. Werner Hoyer Martin Burkert Rolf Kramer Olaf Scholz Michael Kauch Dr. Michael Bürsch Anette Kramme Ottmar Schreiner Hellmut Königshaus Christian Carstensen Ernst Kranz Reinhard Schultz Gudrun Kopp Marion Caspers-Merk Nicolette Kressl (Everswinkel) Dr. h. c. Jürgen Koppelin Dr. Peter Danckert Volker Kröning Swen Schulz (Spandau) Heinz Lanfermann Karl Diller Angelika Krüger-Leißner Ewald Schurer Sibylle Laurischk Martin Dörmann Dr. Hans-Ulrich Krüger Frank Schwabe Harald Leibrecht Dr. Carl-Christian Dressel Jürgen Kucharczyk Dr. Angelica Schwall-Düren Ina Lenke Elvira Drobinski-Weiß Helga Kühn-Mengel Rolf Schwanitz Markus Löning Garrelt Duin Ute Kumpf Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Erwin Lotter Detlef Dzembritzki Dr. Uwe Küster Wolfgang Spanier Patrick Meinhardt Sebastian Edathy Christine Lambrecht Dr. Margrit Spielmann Burkhardt Müller-Sönksen 24660 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsidentin Petra Pau (A) Dirk Niebel Alexander Bonde Michael Brand Alois Karl (C) Detlef Parr Ekin Deligöz Helmut Brandt Bernhard Kaster Cornelia Pieper Dr. Thea Dückert Dr. Ralf Brauksiepe Siegfried Kauder (Villingen- Gisela Piltz Dr. Uschi Eid Monika Brüning Schwenningen) Frank Schäffler Hans Josef Fell Georg Brunnhuber Volker Kauder Dr. Konrad Schily Kai Gehring Gitta Connemann Eckart von Klaeden Marina Schuster Katrin Göring-Eckardt Leo Dautzenberg Julia Klöckner Dr. Hermann Otto Solms Britta Haßelmann Hubert Deittert Jens Koeppen Carl-Ludwig Thiele Bettina Herlitzius Alexander Dobrindt Dr. Kristina Köhler Florian Toncar Winfried Hermann Thomas Dörflinger (Wiesbaden) Christoph Waitz Peter Hettlich Marie-Luise Dött Manfred Kolbe Dr. Claudia Winterstein Priska Hinz (Herborn) Dr. Stephan Eisel Dr. Rolf Koschorrek Dr. Volker Wissing Ulrike Höfken Anke Eymer (Lübeck) Hartmut Koschyk Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Dr. Anton Hofreiter Ilse Falk Thomas Kossendey Thilo Hoppe Dr. Hans Georg Faust Gunther Krichbaum DIE LINKE Ute Koczy Enak Ferlemann Dr. Günter Krings Sylvia Kotting-Uhl Ingrid Fischbach Hüseyin-Kenan Aydin Dr. Martina Krogmann Undine Kurth (Quedlinburg) Hartwig Fischer (Göttingen) Dr. Dietmar Bartsch Dr. Hermann Kues Markus Kurth Dirk Fischer (Hamburg) Karin Binder Dr. Karl A. Lamers Axel E. Fischer (Karlsruhe- Heidrun Bluhm Monika Lazar (Heidelberg) Nicole Maisch Land) Eva Bulling-Schröter Andreas G. Lämmel Dr. Maria Flachsbarth Dr. Martina Bunge Jerzy Montag Klaus-Peter Flosbach Dr. Norbert Lammert Roland Claus Kerstin Müller (Köln) Herbert Frankenhauser Helmut Lamp Sevim Dağdelen Winfried Nachtwei Dr. Hans-Peter Friedrich Katharina Landgraf Werner Dreibus Omid Nouripour (Hof) Dr. Max Lehmer Diana Golze Brigitte Pothmer Erich G. Fritz Paul Lehrieder Dr. Gregor Gysi Claudia Roth (Augsburg) Jochen-Konrad Fromme Ingbert Liebing Heike Hänsel Krista Sager Dr. Michael Fuchs Eduard Lintner Lutz Heilmann Manuel Sarrazin Hans-Joachim Fuchtel Dr. Klaus W. Lippold Cornelia Hirsch Elisabeth Scharfenberg Dr. Peter Gauweiler Dr. Michael Luther Inge Höger Christine Scheel Dr. Jürgen Gehb Thomas Mahlberg Dr. Barbara Höll Irmingard Schewe-Gerigk Norbert Geis Stephan Mayer (Altötting) Ulla Jelpke Dr. Gerhard Schick Eberhard Gienger Wolfgang Meckelburg Dr. Lukrezia Jochimsen Rainder Steenblock Michael Glos Dr. Michael Meister (B) Dr. Hakki Keskin Silke Stokar von Neuforn (D) Josef Göppel Friedrich Merz Katja Kipping Dr. Wolfgang Strengmann- Peter Götz Laurenz Meyer (Hamm) Monika Knoche Kuhn Dr. Wolfgang Götzer Maria Michalk Jan Korte Hans-Christian Ströbele Ute Granold Katrin Kunert Dr. Harald Terpe Dr. h. c. Hans Michelbach Reinhard Grindel Michael Leutert Wolfgang Wieland Philipp Mißfelder Hermann Gröhe Ulla Lötzer Josef Philip Winkler Dr. Eva Möllring Michael Grosse-Brömer Dr. Gesine Lötzsch Marlene Mortler Markus Grübel Ulrich Maurer Carsten Müller Nein Manfred Grund Dorothée Menzner (Braunschweig) Monika Grütters Wolfgang Nešković CDU/CSU Dr. Gerd Müller Olav Gutting Dr. Norman Paech Michaela Noll Ulrich Adam Holger Haibach Petra Pau Dr. Georg Nüßlein Ilse Aigner Gerda Hasselfeldt Bodo Ramelow Franz Obermeier Peter Albach Uda Carmen Freia Heller Elke Reinke Eduard Oswald Peter Altmaier Michael Hennrich Paul Schäfer (Köln) Henning Otte Thomas Bareiß Jürgen Herrmann Volker Schneider Ulrich Petzold Norbert Barthle Bernd Heynemann (Saarbrücken) Dr. Joachim Pfeiffer Dr. Wolf Bauer Ernst Hinsken Dr. Herbert Schui Sibylle Pfeiffer Günter Baumann Christian Hirte Dr. Ilja Seifert Ernst-Reinhard Beck Robert Hochbaum Beatrix Philipp Dr. Petra Sitte (Reutlingen) Klaus Hofbauer Ronald Pofalla Frank Spieth Dr. Christoph Bergner Franz-Josef Holzenkamp Ruprecht Polenz Dr. Kirsten Tackmann Otto Bernhardt Joachim Hörster Daniela Raab Dr. Axel Troost Clemens Binninger Anette Hübinger Thomas Rachel Alexander Ulrich Renate Blank Hubert Hüppe Hans Raidel Jörn Wunderlich Peter Bleser Susanne Jaffke-Witt Dr. Peter Ramsauer Sabine Zimmermann Antje Blumenthal Dr. Peter Jahr Eckhardt Rehberg Dr. Maria Böhmer Dr. Hans-Heinrich Jordan Katherina Reiche (Potsdam) BÜNDNIS 90/DIE Jochen Borchert Andreas Jung (Konstanz) Klaus Riegert GRÜNEN Wolfgang Börnsen Dr. Franz Josef Jung Franz Romer Marieluise Beck (Bremen) (Bönstrup) Bartholomäus Kalb Johannes Röring Cornelia Behm Wolfgang Bosbach Hans-Werner Kammer Kurt J. Rossmanith Birgitt Bender Klaus Brähmig Steffen Kampeter Dr. Norbert Röttgen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24661

Vizepräsidentin Petra Pau (A) Dr. Christian Ruck Wilhelm Josef Sebastian Arnold Vaatz SPD (C) Albert Rupprecht (Weiden) Kurt Segner Volkmar Uwe Vogel Gerd Höfer Peter Rzepka Marion Seib Andrea Astrid Voßhoff Anita Schäfer (Saalstadt) Thomas Silberhorn Gerhard Wächter fraktionsloser Hermann-Josef Scharf Johannes Singhammer Marco Wanderwitz Abgeordneter Hartmut Schauerte Jens Spahn Kai Wegner Henry Nitzsche Dr. Annette Schavan Christian Freiherr von Stetten Marcus Weinberg Dr. Andreas Scheuer Gero Storjohann Peter Weiß (Emmendingen) Enthalten Karl Schiewerling Max Straubinger Karl-Georg Wellmann Georg Schirmbeck Matthäus Strebl Anette Widmann-Mauz CDU/CSU Christian Schmidt (Fürth) Thomas Strobl (Heilbronn) Klaus-Peter Willsch Andreas Storm Andreas Schmidt (Mülheim) Lena Strothmann Willy Wimmer (Neuss) Ingo Schmitt (Berlin) Michael Stübgen Werner Wittlich FDP Dr. Andreas Schockenhoff Hans Peter Thul Dagmar Wöhrl Mechthild Dyckmans Dr. Ole Schröder Antje Tillmann Wolfgang Zöller Hans-Joachim Otto Bernhard Schulte-Drüggelte Dr. Hans-Peter Uhl Willi Zylajew (Frankfurt)

Der Gesetzentwurf ist angenommen, und das in zwei- diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – ter Beratung. Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist ange- nommen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind mit diesem Gesetzgebungsverfahren noch nicht fertig. Wir kommen Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die zur Ablehnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/8212 mit dem Titel „Versor- dritten Beratung gungsqualität der Substitutionsbehandlung für Opiatab- und Schlussabstimmung. Ich bitte wiederum die Kolle- hängige verbessern“. Wer stimmt für diese Beschlussemp- ginnen und Kollegen, die jetzt noch stehen, Platz zu neh- fehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – men oder, wenn sie an dieser Abstimmung nicht teilneh- Die Beschlussempfehlung ist angenommen. men können, den Saal zu verlassen. Wie Sie wissen, Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf: stimmen wir in der dritten Beratung und Schlussabstim- (B) mung durch Erheben von unseren Plätzen ab. Ich würde Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- (D) das Abstimmungsergebnis gern zweifelsfrei für alle fest- richts des Ausschusses für Verkehr, Bau und stellen können. Stadtentwicklung (15. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Jan Mücke, Horst Friedrich Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf zu- (Bayreuth), Patrick Döring, weiterer Abgeordne- stimmen wollen, sich zu erheben. – Wer stimmt dage- ter und der Fraktion der FDP gen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist mit dem vorher festgestellten Stimmenergebnis mehrheitlich Konjunktur jetzt stärken – Überlange Pla- angenommen. nungszeiten verhindern Mit der Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf entfällt, – Drucksachen 16/11750, 16/13120 – wie vereinbart, die Abstimmung über die beiden Gesetzent- Berichterstattung: würfe auf den Drucksachen 16/7249 und 16/4696 sowie Abgeordneter Georg Brunnhuber über die Anträge auf den Drucksachen 16/12238, 16/2075, 16/2503 und 16/3840. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre Wir setzen nun die Abstimmungen mit Tagesord- keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. nungspunkt 12 c fort. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege (Unruhe) Jörg Vogelsänger für die SPD-Fraktion. – Auch dazu, liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte ich, (Beifall bei der SPD) die Gratulationen und den Austausch von Meinungen über das gerade festgestellte Abstimmungsergebnis nicht Jörg Vogelsänger (SPD): hier vorn vor dem Präsidium fortzusetzen. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir ha- Wir kommen nun zur Abstimmung über die Be- ben jetzt einmal einen Tagesordnungspunkt ohne na- schlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit auf mentliche Abstimmung. Das soll es heute auch noch ge- Drucksache 16/12513. Der Ausschuss empfiehlt unter ben. Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung (Beifall bei der SPD) des Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/6795 mit dem Titel „Regelung zur Substitutionsbehandlung Nichtsdestotrotz ist das Thema Verkehrsinfrastruktur Opiatabhängiger praxisnah gestalten – Rechtssicherheit und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur ein sehr wichtiges für substituierende Ärzte schaffen“. Wer stimmt für Thema. Die Entwicklungschancen von Deutschland hän- 24662 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Jörg Vogelsänger (A) gen davon ab, und gerade in der jetzigen Krise merkt dauer von sieben bis acht Jahren für ein Verkehrsprojekt (C) man, wie wichtig der dadurch bestehende Standortvorteil einfach nicht leisten können. für Deutschland ist. Deshalb glaube ich, dass wir frak- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) tionsübergreifend ein Interesse daran haben, dass Pla- nungszeiten verkürzt werden, dass beschleunigt wird. Jetzt komme ich noch einmal zur Rolle der Gerichte. Das ist sicherlich ein Anliegen, das auch mit dem Antrag Wir Verkehrspolitiker machen in den Wahlkreisen und der FDP verfolgt wird. Nur halten wir den Weg, der da- bei den Projekten, die wir begleiten, die Erfahrung: Es rin von der FDP vorgezeichnet wird, für falsch. Ich will wird immer Befürworter und Gegner von Verkehrspro- das auch gern begründen. jekten geben. Wer glaubt, dass dieses Problem durch ein In Vorbereitung auf meine Rede war ich beim zustän- Gericht gelöst werden kann, der irrt. Es wird immer Bür- digen Straßenbauamt, das man als Verkehrspolitiker im- ger geben, die mit einem Verkehrsprojekt nicht einver- mer mal wieder besuchen sollte. Da habe ich mir aufzei- standen sind oder die mit einer Entscheidung nicht zu- gen lassen, wie lange solch ein Planungsprozess dauert, frieden sind. Deshalb sollte man grundsätzlich also vom Beginn des Raumordnungsverfahrens über das überlegen, ob man mehrere Klageinstanzen zulassen Linienbestimmungsverfahren und das Planfeststellungs- muss oder ob eine Klageinstanz ausreichend ist. Für die verfahren bis hin zur Erstellung der Vergabeunterlagen Betroffenen sind mehrere Instanzen nicht unbedingt bes- und zu der Vergabe. Bei keinem der Projekte sind wir ser; es herrscht dann jahrelang Ungewissheit über die auf einen Zeitraum von weniger als sieben bis acht Jah- Verfahren und darüber, ob das Verkehrsprojekt entspre- ren gekommen. Ich glaube, dass das verbesserungsbe- chend realisiert wird. dürftig ist. Wir sind uns im Ziel einig: Beschleunigung der Ver- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) fahren. Eine Rückübertragung der Zuständigkeit auf die Ländergerichte lehnt die SPD-Fraktion aber ab. Sieben bis acht Jahre braucht man also schon, um den gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen. Hinzu kommen Vielen Dank. noch die Klageverfahren. Das dauert mitunter Jahre. Ein (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Ingo Kollege im Verkehrsausschuss hat von Jahrzehnten ge- Schmitt [Berlin] [CDU/CSU]) sprochen. Ich denke, die Beispiele kennt jeder. Deshalb war es richtig, dass wir für besonders wich- Vizepräsidentin Petra Pau: tige Verkehrsprojekte – es sind 85 – festgelegt haben: Für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege Horst Für Klagen gegen diese Projekte ist nur das Bundesver- Friedrich das Wort. waltungsgericht zuständig. Das halten wir für einen rich- (B) (D) tigen Schritt. Über eines muss man sicherlich diskutie- Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP): ren, nämlich darüber, ob die personelle Ausstattung Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! beim Bundesverwaltungsgericht dafür ausreichend ist. Mit dem, was der Kollege Vogelsänger ausgeführt hat, Diese Frage muss erlaubt sein. hat er sich nicht auf unseren Antrag bezogen; denn darin Ich muss selbstkritisch anmerken: Wir Politiker nei- geht es nicht um die Planungsverfahren, Herr Kollege gen dazu, immer wieder neue Gesetze und Verordnun- Vogelsänger, sondern – ich sage es noch einmal zum gen auf den Weg zu bringen. Der Vollzug muss dann na- Mitschreiben – es geht um die spannende Frage, ob das türlich auch gewährleistet sein. Dazu gibt es sicherlich Gesetz, das Sie hinsichtlich der 85 oder 86 sogenannten noch Diskussions- und Handlungsbedarf. Leuchtturmprojekte beschlossen haben Der Weg, den die FDP vorschlägt – für Klagen sollen (Jörg Vogelsänger [SPD]: 85!) in erster Instanz wieder Verwaltungsgerichte der Länder und nach dem für diese Projekte die erst- und letzt- zuständig sein –, bringt uns keinen Schritt weiter. Was instanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsge- die Verfahrensdauer angeht, ist es dort nicht besser. Das richts gegeben ist, die juristische Klärung beschleunigt. gilt auch in den Ländern, in denen die FDP mitregiert. Wir sollten die Zuständigkeit dafür beim Bundesverwal- In der Praxis bewirkt Ihr Gesetz das genaue Gegen- tungsgericht belassen, sollten uns allerdings schon anse- teil; denn die durchschnittliche Dauer von Verfahren vor hen, ob die Verfahren dort entsprechend durchgeführt dem Bundesverwaltungsgericht ist nicht kürzer gewor- werden. den, sondern länger. Noch einmal allgemein zum Planungsrecht. Wir ha- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten ben in Deutschland ein sehr ausgefeiltes Planungsrecht; des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) ich habe das schon dargestellt. Wir versuchen, alle Be- Sie ist, wenn die Angaben stimmen, von 6 Monaten und troffenen in den Planungsprozess einzubeziehen. Das ist 22 Tagen auf 10 Monate und 19 Tage im Jahr 2008 ange- sicherlich gut und richtig so. Trotzdem sollten wir über- stiegen. Das ist ein Ergebnis Ihres Gesetzes. legen, ob wir Planungsprozesse weiter straffen können, ob wir bei den Raumordnungsverfahren, Linienbestim- Es gibt noch einen zweiten spannenden Punkt. Wir mungsverfahren und Planfeststellungsverfahren man- haben häufig über das Verkehrswegeplanungsbeschleu- ches zusammenfassen können. Ich bin nämlich der fes- nigungsgesetz diskutiert, das wir richtigerweise geschaf- ten Überzeugung: Der Ausbau der Infrastruktur in fen haben – das sage ich auch für die FDP –, weil es in Deutschland ist so wichtig, dass wir uns eine Planungs- den neuen Ländern eben keine Oberverwaltungsgerichte Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24663

Horst Friedrich (Bayreuth) (A) gab, und das für bestimmte Verkehrsprojekte im Zuge Nach unserer Rechtsordnung fällt es in die Zuständigkeit (C) der deutschen Einheit die Einzügigkeit des Instanzenwe- der Länder, für Baurecht zu sorgen. Was um Himmels ges auf das Bundesverwaltungsgericht festschrieb. Weil willen hindert uns dann daran, uns der Auffassung der man sich nicht traute, es anders zu machen, hat man die Länder anzuschließen und die Oberverwaltungsgerichts- Gültigkeitsdauer mehrfach verlängert. instanz zu belassen? Das würde drei Probleme lösen: Als das nicht mehr ging und die Geltungsdauer des Erstens. Über die Masse der Projekte würden ortsnah, Gesetzes endgültig abgelaufen war, hat man, anstatt sich zeitnah und vor allen Dingen mit Sach- und Fachkennt- einen Ruck zu geben und ein einheitliches Planungsrecht nis die Richter vor Ort entscheiden. für ganz Deutschland zu installieren, (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der FDP) Zweitens. Das geht mindestens so schnell wie vor nun wiederum ein spezielles Planungsrecht geschaffen. dem Bundesverwaltungsgericht. Die Oberverwaltungs- gerichte haben nämlich eine personelle Ausstattung, die (Peter Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- das Bundesverwaltungsgericht in dieser Form nicht hat. NEN]: Willkürlich!) Drittens. Im Falle eines für den Kläger negativen Ge- Dieses gilt für 85 Projekte, unabhängig von deren Wich- richtsurteils besteht die Möglichkeit, dieses durch eine tigkeit für ganz Deutschland; es schließt ja sogar weitere Gerichtsinstanz überprüfen zu lassen. Das erach- Ortsumgehungen in Brandenburg ein. Für den Rest des ten wir aus unserer Sicht schon für notwendig. Das Landes gilt das normale Planungsrecht. Im Rest des Lan- würde nichts, aber auch gar nichts am Zeitrahmen verän- des beschwert sich allerdings keiner. dern. Als wir zu diesem Thema eine Anhörung durchge- führt haben, haben uns alle Praktiker aus den Ländern Das, was Sie, Herr Vogelsänger, angesprochen haben, händeringend gebeten, beim Instanzenweg die Oberver- betrifft eine völlig andere Ebene. Darüber kann man re- waltungsgerichtsinstanz zu belassen; denn, Herr Kollege den. Aber darum geht es in unserem Antrag nicht. Das Vogelsänger – auch das zeigt die Praxis –, nur 5 Prozent bestehende Problem haben auch Sie nicht gelöst; denn der entsprechenden Fälle, die vor Oberverwaltungsge- Sie haben in Ihrem Gesetz ja nur die Einzügigkeit festge- richten behandelt werden, gehen überhaupt in die zweite legt. Es wäre deshalb sehr schön, wenn Sie einmal von Instanz. In vielen Fällen wird Revision gar nicht zuge- dem Schema: „Der Antrag ist von der FDP, also lehnen lassen; in anderen wird sie gar nicht beantragt. Genau wir ihn ab“ abweichen und über das nachdenken wür- um diese 5 Prozent geht es nun. Sie ziehen diese nun den, was die Länder sagen. (B) aber als angeblichen Beleg für eine unbotmäßige Verlän- Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Erwartung, (D) gerung von Planungszeiten heran. Entweder haben Sie dass Sie den Antrag doch ablehnen, und vor dem Hinter- das Problem nicht begriffen, grund, dass ich nicht weiß, ob wir Verkehrspolitiker in (Hellmut Königshaus [FDP]: So ist es!) den nächsten zwei Sitzungswochen noch gefragt sind, möchte ich darauf hinweisen, dass dieses durchaus oder Sie täuschen hier eine falsche Situation vor. meine letzte Rede gewesen sein könnte, weil ich mich, nachdem ich fünf Wahlperioden lang Abgeordneter war, (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Peter entschlossen habe, nicht wieder zu kandidieren. Sollte Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) ich irgendjemandem in diesem Hause bei meinen zahl- Vor diesem Hintergrund möchten wir – das ist auch reichen Darbietungen zu nahe getreten sein, bitte ich das aus liberaler Sicht interessant – nun nach Jahren des zu entschuldigen. Es war nie persönlich gemeint, son- Aufbaus in den neuen Ländern durchsetzen, dass betrof- dern immer an der Sache orientiert. fene Bürger – jede Verkehrswegeplanung, die Private be- (Beifall im ganzen Hause) trifft, ist auch ein Eingriff in das persönliche Eigentum – die Chance haben, eine weitere Gerichtsinstanz zur Überprüfung einer Gerichtsentscheidung anzurufen. Vizepräsidentin Petra Pau: Das, was wir vorgelegt haben, ist, liebe Kollegen der Der Beifall beweist es: Die guten Wünsche des ge- Union, in Konsequenz ja das Ergebnis einer Arbeits- samten Hauses begleiten Sie. gruppe, deren Federführung Ministerpräsident Koch Das Wort hat nun die Kollegin Renate Blank für die meinem Freund und Kollegen Dieter Posch – jetzt wie- Unionsfraktion. der Verkehrsminister in Hessen, damals „nur“ Parlamen- tarier – mit der Maßgabe übertragen hat, die Planungs- (Beifall bei der CDU/CSU) verfahren zu beschleunigen. Auch er fordert: Lasst uns die Oberverwaltungsgerichtsinstanz! Renate Blank (CDU/CSU): Nun kann man ja sagen, es interessiere nicht, was die Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege Länder machen; aber, liebe Freunde, die Länder sind ei- Horst Friedrich, wir waren seit 1990 gemeinsam im Aus- gentlich diejenigen, die gemäß unserer Gesetzgebung schuss tätig. Zum Abschluss unserer Bundestagstätigkeit die Planung auszuführen haben. muss ich nun leider der FDP widersprechen. (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Peter (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Es war im- Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) mer ein Fehler, uns zu widersprechen!) 24664 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Renate Blank (A) Ich bin zwar der Meinung, dass sich euer Antrag „Kon- Zur Erinnerung: Im Straßenbau liegen die Planungs- (C) junktur jetzt stärken“ in Wahlkampfzeiten gut anhört. zeiten bei circa 2 Jahren. Hinzu kommen noch die Jahre für die Planfeststellung und Genehmigung. Bei Schie- (Patrick Döring [FDP]: Er ist zweifellos gut!) neninfrastrukturprojekten beträgt der durchschnittliche Er ist aber aus unserer Sicht im Grunde genommen ge- Zeitaufwand für das Raumordnungsverfahren circa 6 bis genstandslos, weil es sich bei den Maßnahmen in den 12 Monate, für die Planfeststellung etwa 12 bis Konjunkturprogrammen ausschließlich um Projekte han- 24 Monate und für die Plangenehmigung circa 6 bis delt, bei denen Baurecht besteht bzw. Baurecht in Kürze 9 Monate. Ich glaube, das sind im Vergleich zu früher zu erwarten ist. Ihr Antrag ist aus unserer Sicht daher keine schlechten Werte. überflüssig. Im Gesetz von 2006 wurden auch Erleichterungen für Deutschland ist seit 2006 in den Planungen schneller Projektzulassungsverfahren unter anderem im Bundes- geworden. Diese Feststellung ist zum einen erfreulich, fernstraßenbereich, für die Schienenwege und für den zum anderen aber nicht vom Himmel gefallen. Vielmehr Bereich der Bundeswasserstraßen geschaffen. Eine der ist sie ein gegen die Widerstände aus der Opposition vorgenommenen Änderungen betraf die Verkürzung des durchgesetztes Zeichen politischer Glaubwürdigkeit die- gerichtlichen Instanzenzuges. Seitdem besteht in ser Koalition. Wir haben Wort gehalten und mit dem Deutschland einheitliches Planungsrecht, ohne die Be- Ende 2006 nach langer Diskussion verabschiedeten Ge- lange von Bürgerinnen und Bürgern einzuschränken. setz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für In- frastrukturvorhaben den Koalitionsvertrag umgesetzt. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist Die Diskussion war langwierig – sie dauerte weit über nicht wahr!) ein Jahr – und mit vielen Anhörungen verbunden. Um zum jetzigen Zeitpunkt belastbare Aussagen zur In diesem Koalitionsvertrag war festgelegt, dass mit Handhabung der erstinstanzlichen Zuständigkeit des einem Planungsbeschleunigungsgesetz die Vorausset- Bundesverwaltungsgerichts nach dem Infrastrukturpla- zung für eine bundesweit einheitliche Straffung, Verein- nungsbeschleunigungsgesetz treffen zu können, ist der fachung und Verkürzung der Planungsprozesse zu schaf- Betrachtungszeitraum noch zu kurz. Natürlich erwarten fen ist. Denn gerade der Faktor Zeit nimmt seit Jahren wir zum gegebenen Zeitpunkt einen Erfahrungsbericht im internationalen Wettbewerb an Bedeutung stetig zu. der Bundesregierung, damit wir über die Weiterentwick- Deshalb stellen verkrustete Strukturen gerade im Pla- lung des Kriterienkatalogs und der Vorhabensliste befin- nungsrecht ein Investitionshemmnis erster Kategorie den können. dar, die einen bedarfsgerechten und vor allem zeitnahen (B) Ausbau der Infrastruktur behindern. Deshalb haben wir Kolleginnen und Kollegen von der FDP, nachdem Sie (D) gehandelt. sich im Jahr 2006 gegen das Infrastrukturplanungsbe- schleunigungsgesetz Wir reden hier wohlgemerkt über eine Beschleuni- gung von Jahren, nicht nur von Wochen oder Monaten. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Aus gutem Diese schnellere Planung erspart Zeit und Geld. Grund!) (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das steht und jetzt auch gegen Konjunkturprogramme ausgespro- aber nicht in eurem Antrag!) chen haben, Kollege Horst Friedrich, wir haben, was die A 7 betrifft, (Patrick Döring [FDP]: Auch aus gutem 30 Jahre gebraucht. So etwas würde mit diesem Gesetz Grund! – Zuruf von der CDU/CSU: Unglaub- nicht mehr passieren. lich!) (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist mangelt es mir an Verständnis für Ihren Antrag. Natür- doch nicht wahr! Ihr habt doch nur die Ge- lich schönen Sie Ihre Argumentation, indem Sie ver- richtsinstanz verschoben!) schweigen, dass in den Jahren 2005 und 2006 zahlreiche Es waren 30 Jahre: vom Anfang bis zum Ende. auf EU-Recht beruhende Regelungen den Prüfungsum- fang erheblich erhöht haben. Das Gesetz von 2006 gehört daher aus unserer Sicht zu den großen Erfolgen dieser Koalition. Wir haben be- (Patrick Döring [FDP]: Darum geht es in dem stehende Rechtsunsicherheiten beseitigt, Verfahren ver- Antrag nicht! Es geht um den Rechtsweg!) einfacht und beschleunigt. Leistungsfähige Verkehrs- und Energieinfrastrukturen sind unbestritten wichtige Dadurch hat sich im Bereich der Infrastrukturplanung Standortfaktoren und Voraussetzung für ein produktives die Dauer der erstinstanzlichen Verfahren allgemein ver- und wachstumorientiertes Deutschland. Der vergleichs- längert. weise schnelle Aufbau moderner Infrastrukturen in den neuen Bundesländern hat uns doch gezeigt, dass Bau- Alle Ergebnisse der Anhörung sind damals in das Ge- recht auch in ganz Deutschland in angemessenen Zeitab- setz einbezogen worden. Die Anhörung hat auch erge- schnitten geschaffen werden kann. ben, dass verfassungsrechtliche Bedenken, nämlich dass der Rechtszug bei bestimmten Projekten auf das Bundes- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- verwaltungsgericht beschränkt wird, nicht gerechtfertigt neten der SPD) sind. Deshalb verstehe ich Ihr Argument nicht. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24665

Renate Blank (A) (Patrick Döring [FDP]: Der Rechtsweg ist so Ich will noch an Folgendes erinnern: Das Parlament (C) lang wie noch nie beim Bundesverwaltungsge- hat auch gegenüber der Bundesregierung manches richt!) durchgesetzt. Der letzte Streich war die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure. Ohne das Parlament – Nein, das stimmt nicht, Herr Kollege. Im Jahr 2007 la- wäre diese Honorarordnung gestrichen worden. Wir ha- gen wir bei zwei Monaten und sechs Tagen, im Jahr 2008 ben – parteiübergreifend – unseren Einfluss geltend ge- bei sieben Monaten und siebenundzwanzig Tagen – wohl- macht und dafür gesorgt, dass es weiter eine Honorar- gemerkt: Monaten und nicht, wie früher, Jahren. ordnung für Architekten und Ingenieure gibt. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und (Beifall der Abg. Iris Gleicke [SPD]) der SPD – Patrick Döring [FDP]: Das Verfah- ren ist länger geworden! – Horst Friedrich Ich bedanke mich daher bei allen Kolleginnen und Kol- [Bayreuth] [FDP]: Das ist auch nach den Zah- legen für die gute Zusammenarbeit. len, die Sie genannt haben, länger, wenn ich Noch einen kurzen Hinweis an die Grünen: Ich habe richtig rechnen kann!) mich immer bemüht, im Parlament, gerade was die Zur Erinnerung: Die tatsächlichen Kosten für den Bau Fach- und Sachpolitik angeht, niemanden zu ärgern. Ein- von beispielsweise 1 Kilometer Autobahn belaufen sich mal habe ich mich aber wahnsinnig geärgert und hätte auf circa 26 Millionen Euro. Davon entfallen nur rund fast die Contenance verloren: als nämlich die Grünen ei- 25 Prozent auf die reinen Investitionskosten. 19 Prozent nen Antrag zu weiblicher und männlicher Verkehrspoli- werden für begleitende Investitionen in Lärmschutz, in tik stellten. Da habe ich hier an diesem Rednerpult ge- Telematik usw. aufgewandt. Allein die Verwaltungskosten sagt: Es gibt keine weibliche oder männliche, es gibt nur während der Genehmigungsphase machen 35 Prozent der eine gute oder schlechte Verkehrspolitik. Kosten aus. Auf weitere Behörden und Verbände mit In diesem Sinne wünsche ich allen Kolleginnen und Kostenerstattung sowie auf weitere von öffentlichen Kollegen, die in der nächsten Wahlperiode wieder dabei Körperschaften getragene Gutachterkosten entfallen sind, viel Erfolg. Ich wünsche auch, dass Sie im Inte- 21 Prozent der Kosten. Das konnte nicht so weitergehen. resse der Verkehrspolitik gute Arbeit leisten. Ich wün- Wir müssen doch auch bei den Planungskosten einspa- sche mir außerdem von unseren Geschäftsführerinnen ren. und Geschäftsführern, dass die Verkehrspolitik ein biss- Meine Damen und Herren, Fazit ist, dass Deutschland chen mehr Bedeutung bekommt und die Debatten zu in den Planungen schneller geworden ist. Wir alle profi- besseren Zeiten stattfinden werden, also nicht immer in tieren davon. Mobil bleiben, die Umwelt schonen, Wohl- den Abendstunden, wo immer sehr viel zu Protokoll ge- (B) stand sichern: Darum geht es gerade in der jetzigen Wirt- geben wird. Über die Verkehrs- und Baupolitik muss (D) schaftskrise. Den Antrag der FDP halten wir aus den hier im Parlament breit diskutiert werden. genannten Gründen für unnötig; deshalb lehnen wir ihn Ich wünsche Ihnen alles Gute und viel Erfolg. ab. (Beifall im ganzen Hause – Die Abgeordneten Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen, lassen der CDU/CSU erheben sich) Sie mich noch ein paar persönliche Worte sagen. Ich scheide im Herbst freiwillig aus dem Parlament aus. Ich will ein bisschen mehr Freizeit haben. Seit 19 Jahren be- Vizepräsidentin Petra Pau: treibe ich Verkehrspolitik, seit 1998 auch Baupolitik. Es Frau Kollegin Blank, die guten Wünsche des gesam- war, auch aufgrund der deutschen Einheit, eine sehr ten Hauses begleiten Sie. Möge auch Ihr Wunsch nach spannende, aber natürlich auch arbeitsreiche Zeit. Freizeit in Erfüllung gehen. Ihre fraktionsübergreifenden Wünsche an die Adresse der Geschäftsführerinnen und Ich bedanke mich bei meiner Familie, die meine poli- Geschäftsführer werden im amtlichen Protokoll des tische Arbeit immer kritisch begleitet hat. Ich bedanke Deutschen Bundestages für die nachfolgenden Genera- mich auch bei meinen persönlichen Mitarbeitern und tionen der Verkehrspolitiker und Geschäftsführer nach- Mitarbeiterinnen. Ich bedanke mich bei den Mitarbeite- zulesen sein. rinnen und Mitarbeitern der CDU/CSU-Arbeitsgruppe und bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Aus- Für die Fraktion Die Linke hat nun der Kollege Lutz schusses. Es war immer eine gute und vertrauensvolle Heilmann das Wort. Zusammenarbeit. Dank geht natürlich auch an die Mit- (Beifall bei der LINKEN) glieder meiner Arbeitsgruppe, die mich – als momentan einziges weibliches Wesen – 19 Jahre lang ertragen ha- Lutz Heilmann (DIE LINKE): ben. Ich glaube, es war nicht verkehrt, dass auch in der Verkehrsarbeitsgruppe der CDU/CSU-Fraktion eine Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau saß. Verehrte Gäste! „Es ist etwas faul im Staate Dänemark“, stellte einst der Dänenprinz Hamlet fest. Heute stelle ich Ich bedanke mich natürlich auch bei allen Kollegin- fest: Es ist etwas faul im Staate Deutschland. Warum? Im nen und Kollegen der anderen Fraktionen. Die Zusam- Sommer 1998, also rund 400 Jahre nach Shakespeares menarbeit war immer gut. Die persönliche Zusammenar- Hamlet, schien in Dänemark alles wieder in bester Ord- beit hat über die Parteigrenzen hinweg reibungslos nung zu sein. Da saßen im dänischen Århus viele Vertre- funktioniert. ter von Ländern zusammen, berieten und unterzeichne- 24666 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Lutz Heilmann (A) ten am Ende die Århus-Konvention, die allen Menschen gungsgesetz betont – ich zitiere –, dass „dieser Verstop- (C) umfangreiche Rechte im Umweltbereich gewährt. fungseffekt“ gar „nicht das eigentliche Kriterium ist, das für uns eine Rolle spielt“. Die durch die Århus-Konvention gewährten Rechte bestehen in der Informationsbeschaffung, in der Beteili- (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Sondern?) gung am Verwaltungsverfahren und in der Möglichkeit, Das sind die Worte Ihres Kollegen. Er hat das verfas- Klage gegen Umweltbeeinträchtigungen zu führen. Da- sungsrechtliche Problem und eben nicht den Verstop- mals wurde richtig erkannt: Wer die Umwelt schützen fungseffekt betont. will, braucht Informationen. Wer sie erhalten will, braucht Beteiligungsrechte. Wer Rechte durchsetzen (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Na also!) will, braucht den Zugang zu Gerichten. Sie geben immer vor, eine Partei der Bürgerrechte zu Nun zu Deutschland. Hier haben sich SPD und CDU/ sein. Schlagwörter wie „Bürgerfreiheit“, „Demokratie CSU daran gemacht, diese Rechte nicht nur nicht auszu- wahren“ und „Rechte stärken“ gehören zu Ihrem alltägli- bauen, sondern unter dem Deckmantel, die Planungszei- chen Wortschatz. Ihr Kollege hat weiter gesagt – Sie ha- ten zu beschleunigen, eher einzuschränken. Die Be- ben das heute noch einmal bestätigt –, schleunigungsgesetze dieser Legislaturperiode, das Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz, über das dass es richtiger gewesen wäre, beim Verwaltungs- wir jetzt diskutieren, und die Beschleunigung im Immis- verfahrensgesetz anzusetzen, um dort die Änderung sionsschutzrecht sind Beispiele dafür. und Verkürzung des Planungsrechts einheitlich zu regeln. Nur, meine Damen und Herren, wird hier am falschen Ende Zeit gespart. Statt einer frühzeitigen Beteiligung (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das habe der Bürgerinnen und Bürger an Projekten können sich ich erkennbar heute nicht gesagt!) diese erst sehr spät zu Projekten äußern und sich gegen Das heißt letztendlich, dass Sie die ganze Verschlechte- deren Auswirkungen wehren. Dies führt zu zähen Ver- rung, die die Große Koalition von SPD und CDU/CSU handlungen und langjährigen Gerichtsverfahren. Sie ha- herbeigeführt hat, auf das allgemeine Planungsrecht aus- ben nicht verstanden, dass es um eine frühzeitige Beteili- dehnen wollten. Das ist letztendlich das, was Sie errei- gung der Bürgerinnen und Bürger geht. Denn gerade chen wollten, liebe Kolleginnen und Kollegen von der diese steigert die Akzeptanz für Entscheidungen im In- FDP. frastrukturbereich. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Waren Sie (Beifall bei der LINKEN) gerade bei der falschen Rede, oder waren Sie draußen?) (B) Die Akzeptanz einer Entscheidung hängt nicht allein (D) vom Ergebnis ab. Sie hängt davon ab, inwieweit das Ver- Das steht der Århus-Konvention und dem entgegen, was fahren als fair angesehen wurde. Wenn ein Verfahren Sie tagtäglich in der Öffentlichkeit verbreiten, nämlich von den Bürgerinnen und Bürgern als gerecht eingestuft der Aussage, dass Sie eine Partei der Bürgerrechte seien. wird, weil sie sich frühzeitig beteiligen konnten und In- formationen erhalten haben, dann sind sie unter Umstän- (Beifall bei der LINKEN – Horst Friedrich den mit einem Ergebnis einverstanden, das nicht unbe- [Bayreuth] [FDP]: Sie sind ein prägendes Bei- dingt ihre ursprüngliche Meinung widerspiegelt. spiel für Bürgerrechte! – Dr. Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Unverschämtheit!) Einen weiteren Gewinn an Zeit hatten Sie sich – das wurde heute schon diskutiert – durch die eininstanzliche Trotz dieser Kritik wird meine Fraktion Ihrem Antrag Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts erhofft. zustimmen, weil Sie einen wichtigen Punkt dieses grau- Wie vorhergesehen – die FDP hat das deutlich gemacht – envollen Planungsbeschleunigungsgesetzes richtiger- ist das Gegenteil eingetreten. Das hat nun auch die FDP weise angreifen. Die Linke bleibt aber bei der Feststel- erkannt. Ich kann nur sagen: Gut so, liebe Kolleginnen lung: Deutschland ist von einer Umsetzung im Geiste und Kollegen von der FDP! der Århus-Konvention meilenweit entfernt. Ich bleibe dabei: Es ist etwas faul im Staate Deutschland. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das haben wir vorher schon erkannt!) Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der LINKEN – Dr. Andreas Bleiben Sie aber bitte ehrlich. Auf zwei Seiten in Ihrem Scheuer [CDU/CSU]: Oh mein Gott!) Antrag erklären Sie, dass Sie schon vorher von einem Flaschenhalseffekt und einem möglichen Stau beim Bundesverwaltungsgericht gewarnt hätten. Vizepräsidentin Petra Pau: Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ja!) Kollege Peter Hettlich das Wort. Das ist aber falsch, lieber Kollege Friedrich. Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Nein!) Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Das hat der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts Kollegen! Auch wenn die meisten von Ihnen wissen, bei der Anhörung deutlich gemacht. Aber Ihr Kollege dass ich für die nächste Legislaturperiode nicht mehr zur Mücke hat in seiner Rede zum Planungsbeschleuni- Wahl antreten werde, erspare ich Ihnen jetzt meine Ab- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24667

Peter Hettlich (A) schiedsrede. Ich muss nämlich heute Abend noch einmal Aus meiner Sicht gibt es noch ein paar ganz andere (C) ran, wenn wir über den Stand der Deutschen Einheit de- Faktoren. Wir sprechen hier über Planung, aber über- battieren, und sehr wahrscheinlich auch noch einmal in haupt nicht über den Bau. Wer spricht denn von den Ver- der letzten Sitzungswoche. Wir sehen uns hier also in gabeklagen, die in letzter Zeit häufig erhoben werden? trauter Runde noch einmal wieder. Vergabeklagen sind auch eine Folge von Planung. Es hat beispielsweise mehr als zwei Jahre gedauert, bis der Lü- (Iris Gleicke [SPD]: Dann treffen wir uns wie- der!) ckenschluss bei der A 38 in Sachsen-Anhalt fertig war, weil unterlegene Mitbieter zu Recht geklagt haben und Ich hoffe, dass ich dann ebenso wie die Kollegin Renate Recht bekommen haben, was zur Folge hatte, dass das Blank Gelegenheit bekomme, meine Redezeit zu über- ganze Vergabeverfahren neu aufgerollt werden musste. ziehen. Das ist eine Sache, über die hier überhaupt nicht disku- tiert wird. Zum Thema: Wir haben schon in der Ausschusssit- zung deutlich gemacht, dass wir den Antrag der FDP Wer spricht denn von der Unterfinanzierung beim voll und ganz unterstützen. Wir haben schon im Gesetz- Bau? Die A 72 in Sachsen sollte zur Fußballweltmeister- gebungsverfahren immer wieder gesagt, was die unserer schaft in Deutschland fertig sein. Wie es jetzt aussieht, Ansicht nach zentralen Fragen sind: die verfassungs- wird sie nicht einmal zur übernächsten Fußballweltmeis- rechtlichen Bedenken, die Århus-Konvention und der terschaft fertig sein – ich meine nicht die übernächste in Flaschenhalseffekt. Sie alle zitieren aus der Antwort auf Deutschland, sondern in irgendeinem anderen Land –, die schriftliche Anfrage, die ich an die Bundesregierung einfach deswegen, weil das Geld fehlt. Der Freistaat gestellt habe. Ich muss das jetzt nicht wiederholen. Ich Sachsen hat sein Geld an anderer Stelle ausgegeben. Wir möchte aber sagen, dass aus den Zahlen eindeutig her- alle wissen, dass das Budget gedeckelt ist und man des- vorgeht, dass sich die Anzahl der Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht mindestens verdoppelt hat. wegen mit dem Geld auskommen muss, das man zur Das spricht für sich. Dem muss ich nichts hinzufügen. Verfügung hat. Wenn man das Geld nicht hat, muss man Das scheint nicht der Effekt zu sein, den Sie alle sich er- halt strecken und dehnen. Das gehört eben auch zur Ehr- hofft haben. lichkeit beim Bauen von Straßen. Wenn man fragt, warum Planungsverfahren lange Liebe Kolleginnen und Kollegen, die FDP und wir dauern, dann muss man ins Detail gehen. Ich könnte Ih- Grünen werden Sie wohl nicht überzeugen und dazu nen jetzt aus der Lamäng über einige Projekte berichten. bringen, dass Sie dem Antrag der FDP zustimmen. Aber An der A 14, der A 72 in Sachsen oder der A 143 sieht ich möchte Ihnen noch einmal ins Stammbuch schrei- (B) man, dass es auch andere Ursachen gibt: Es liegt an feh- ben: Bleiben Sie einfach offen auch für die Argumente (D) lenden Planungskapazitäten; nach wie vor wird zu viel von kleinen Oppositionsfraktionen. gleichzeitig geplant; es liegt daran, dass die Länder keine Prioritäten setzen, und daran, dass allen alles ver- (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Vorüberge- sprochen wird, und zwar gleichzeitig und vor allem vor hend kleinen!) Bundes- und Landtagswahlen. Diese Versprechen muss – Überwiegend klein oder temporär klein. – Wir haben man nach der Wahl natürlich halten. Dann fängt man ir- gendwo an zu planen, lässt das Projekt aber liegen, weil vielleicht manchmal nicht diese Scheuklappen wie die die Länder, die die Projekte vorfinanzieren müssen, Abgeordneten in großen Fraktionen. nicht das notwendige Geld haben. Das ist das Dilemma. Ich kann Ihnen übrigens noch etwas ins Stammbuch Wenn wir über Planungsbeschleunigung sprechen, müs- schreiben: Ein gerade aus Klageverfahren vor dem Bun- sen wir auch über Ehrlichkeit bei den Verfahren spre- desverwaltungsgericht recht bekannter Anwalt hat uns chen. gesagt, dass als Folge der Verschärfungen im Bereich (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Beteiligung von Bürgern, aber auch durch die Mög- sowie des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] lichkeit, nur noch an einer Instanz zu klagen, die einge- [FDP]) reichten Klagen heute von einer derart hohen Qualität sind, dass man sich beispielsweise beim Bundesverwal- Beim Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz denke tungsgericht manchmal schon fast den Gutachter sparen ich vor allen Dingen an die ominöse 85er-Liste. Lieber kann, einfach weil die Würdigung vieler Aspekte schon Jörg Vogelsänger, ich weiß nicht, wie du es geschafft im Vorfeld vorgenommen wird. Wenn Sie das gewollt hast, die Ortsumfahrungen in Brandenburg auf diese haben – okay, ich habe nichts dagegen. Wir sehen ja, Liste gesetzt zu bekommen. Die bundespolitische Be- dass das Bundesverwaltungsgericht an der Stelle absolut deutung, um in die Projektvorrangliste aufgenommen zu autonom und frei von politischer Einflussnahme ent- werden, hat sich mir bis heute nicht erschlossen. Viel- leicht kannst du mir das nach meinem Ausscheiden aus scheidet. dem Bundestag einmal bei einem Bier erklären. Vielleicht gewinnen Sie irgendwann einmal die Er- (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ich glaube, kenntnis, dass Sie mit diesem Infrastrukturplanungsbe- da war Stolpe noch dabei!) schleunigungsgesetz einen Irrweg eingeschlagen haben. Das wäre ja wenigstens etwas. – Ja, das ist vermutlich ein Restant aus der Zeit von Stolpe, der das damals mit hinübergezogen hat. Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit. 24668 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Peter Hettlich (A) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mobilindustrie, in der Zulieferindustrie und im Kraft- (C) und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der fahrzeuggewerbe zum Ende des letzten Jahres und zu CDU/CSU) Beginn dieses Jahres aus? Wir hatten bei den Kfz-Neu- zulassungen im vierten Quartal 2008 einen Rückgang Vizepräsidentin Petra Pau: um 23 Prozent zu verzeichnen. Nach den Aussagen des Ich schließe die Aussprache. Kraftfahrzeuggewerbes in der Anhörung am 13. Mai 2009 hat sich in den Autohäusern bis Ende Januar nichts Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus- bewegt, und die Hoffnung auf Zuwächse im Servicebe- schusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu dem reich, auch aufgrund der Altersstruktur der Fahrzeuge, Antrag der Fraktion der FDP mit dem Titel „Konjunktur hat sich mitnichten erfüllt. jetzt stärken – Überlange Planungszeiten verhindern“. Angesichts der Gesamtstruktur der deutschen Auto- Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- mobilindustrie mit 750 000 Beschäftigten, der Zuliefer- lung auf Drucksache 16/13120, den Antrag der Fraktion industrie und des Kfz-Handwerks mit insgesamt der FDP auf Drucksache 16/11750 abzulehnen. Wer 2 Millionen Beschäftigten – das sind rund 5 Prozent der stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt Beschäftigten insgesamt in Deutschland – musste man dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfeh- schon in Sorge sein, dass es zu gravierenden Auswirkun- lung ist mit den Stimmen der Unionsfraktion und der gen kommt, wenn der Staat nichts unternimmt. SPD-Fraktion gegen die Stimmen der FDP-Fraktion, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Deswegen war es nach meinem Dafürhalten richtig, Grünen angenommen. dass wir zu Beginn dieses Jahres entschieden haben, eine Umweltprämie für die Verschrottung von Pkws zu zah- Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf: len, die älter als neun Jahre sind. – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio- Nun hat sich relativ schnell gezeigt, dass der Ansturm nen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten wider Erwarten sehr groß ist. Deswegen ist es nach unse- Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ge- rer Auffassung geboten, eine Aufstockung vorzuneh- setzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Investitions- und Tilgungsfonds“ men. Gleichzeitig muss man an dieser Stelle deutlich machen: Das sind jetzt 5 Milliarden Euro für 2 Millionen – Drucksache 16/12662 – Fahrzeuge. Das muss – jedenfalls nach meinem Dafür- halten – das Ende der Fahnenstange sein. Der BAFA lie- Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- gen gegenwärtig 1,5 Millionen Anträge vor; für 250 000 ses für Wirtschaft und Technologie (9. Aus- schuss) davon sind die Prämien bereits ausbezahlt. Jeder kann (B) sich ausrechnen, dass bei kalendertäglich knapp 10 000 (D) – Drucksache 16/13214 – Neuanträgen in rund zwei Monaten der Topf leer ist. Wir können, so meine ich, keine weiteren Aufstockungen Berichterstattung: mehr vornehmen. Abgeordnete Ute Berg Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) Wir machen im Rahmen dieser Änderung noch eines: gemäß § 96 der Geschäftsordnung Insbesondere zum Beispiel für Behinderte wird die Frist, innerhalb derer die Zulassung erfolgen muss, von sechs – Drucksache 16/13215 – auf neun Monate verlängert werden, um entsprechende Umbaumaßnahmen vornehmen zu können. Am 30. Juni Berichterstattung: Abgeordnete Kurt J. Rossmanith 2010 wird ein Endpunkt gesetzt; spätestens dann muss Volker Kröning das Neufahrzeug zugelassen sein. Gleichzeitig ist klar, Ulrike Flach dass beim zweimillionsten Antrag Schluss ist. Hier be- Roland Claus steht Rechtssicherheit, und zwar insofern, als die Anna Lührmann 5 Milliarden Euro, die Maßgabe des Haushaltes, die Be- grenzung darstellen. Zu dem Gesetzentwurf, über den wir später nament- lich abstimmen werden, liegen ein Änderungsantrag der Ich bin nicht so glaubenshungrig, dass ich der Fraktion Die Linke und ein Entschließungsantrag der IG Metall in der Anhörung jeden Punkt ihrer Ausführun- Fraktion der FDP vor. gen zur volkswirtschaftlichen Bedeutung dieser Um- weltprämie geglaubt habe. Aber manches ist nachvoll- Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ziehbar. Es ist nachvollziehbar, dass die Mehrwertsteuer Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre zurückfließt. keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen. (Otto Fricke [FDP]: Dann müssen sich die Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege Länder daran beteiligen!) Eckhardt Rehberg für die Unionsfraktionen. – Wissen Sie, in dieser kurzen Zeit noch eine Debatte (Beifall bei der CDU/CSU) mit 16 Bundesländern zu führen – mit Ländern, in denen eher Premiumklassen gebaut werden, mit Ländern, in Eckhardt Rehberg (CDU/CSU): denen eher Mini- oder Kompaktklassen gebaut werden, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abge- oder Ländern, in denen es gar keine Automobilindustrie ordneten! Wie sah die Situation in der deutschen Auto- gibt, halte ich für abwegig. Hier galt es, schnell zu han- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24669

Eckhardt Rehberg (A) deln. Bundesregierung und Koalitionsfraktionen haben land setzen sich dafür ein, diese Brückenfunktion im In- (C) schnell gehandelt. teresse der Automobilhersteller wahrzunehmen. (Beifall bei der CDU/CSU – Otto Fricke Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin da- [FDP]: Der Bund zahlt immer!) von überzeugt, dass es keine Alternative zur Umweltprä- mie gegeben hat. Hier fließt also Geld zurück. Mehr als 50 Prozent der Neuzulassungen sind Wagen deutscher Hersteller, insbe- (Lutz Heilmann [DIE LINKE]: Doch! Ich sage sondere Opel, Ford und VW. Der Verband der Automo- nur: Mindestlohn!) bilindustrie hat ausgeführt, dass die Zulieferteile des VW Polo, der in Spanien gebaut wird, zu 60 Prozent von Die Alternative wäre nämlich gewesen, nichts zu tun. deutschen Zulieferern kommen. Daher zieht das ständig Hätten wir nichts getan, hätte ich gerne einmal die De- vorgetragene Argument nicht, dass das Geld der deut- battenbeiträge gerade der Linken und der Grünen im schen Steuerzahler überwiegend ausländischen Fabrika- Deutschen Bundestag erlebt und gehört, welche Vor- ten zugutekommt. Ganz im Gegenteil: Wenn Sie ein Zu- würfe Sie uns dann gemacht hätten. lieferwerk wie das Airbagwerk in Laage besuchen, das (Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Sie setzen an der im Januar und Februar dieses Jahres massiv Kurzarbeit falschen Stelle an!) angeordnet hatte, und Sie sehen, für welche Produkte zu- geliefert wird, dann erkennen Sie, dass das Fabrikate – Frau Kollegin, die Stelle, an der wir ansetzen, ist genau sind, die weltweit hergestellt werden. die richtige. Es ist auch richtig – das ist die feste Über- zeugung der CDU/CSU-Fraktion –, diese 2 500 Euro als Ich habe ganz bewusst den Begriff Umweltprämie ge- Einkommen zu werten und Hartz-IV-Empfänger davon braucht, weil die Daten, die uns vorliegen, zeigen, dass auszuschließen. Mit dem, was Sie in Ihrem Änderungs- mit der Umweltprämie ein Rückgang der CO2-Emissio- antrag schreiben, berauben Sie sich Ihrer eigenen Argu- nen in Gramm pro Kilometer um 6 Prozent erreicht mente, warum die Umweltprämie kein Einkommen sein wurde. Das liegt auch daran, dass ein neun Jahre altes soll. Sie wollen nämlich nicht, dass dieses Geld als Ein- Auto, das jetzt verschrottet wird, natürlich schlechtere kommen angerechnet wird. Emissionswerte hat als jedes Auto, das heute gebaut Die beschriebene Brücke für die deutsche Automobil- wird. Dass in der Klasse bis 120 Gramm CO2-Emissio- nen pro Kilometer ein Zuwachs der Neuzulassungen um industrie hat nicht nur direkt in der Automobilindustrie, 100 Prozent und in der Klasse zwischen 120 und sondern auch weit darüber hinaus Arbeitsplätze gesi- chert. Deswegen bitte ich Sie um Ihre Zustimmung. 160 Gramm CO2-Emissionen pro Kilometer ein Zu- wachs der Neuzulassungen um knapp 50 Prozent er- Herzlichen Dank. (B) reicht wurde, zeigt, dass von den Verbrauchern insbeson- (D) dere umweltfreundliche, umweltschonende Autos (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- gekauft werden. neten der SPD) Die Anhörung hat auch sehr deutlich gezeigt: Die Umweltprämie trägt mitnichten dazu bei, dass Vizepräsidentin Petra Pau: Forschung und Entwicklung in irgendeiner Form zu- Die Rede des Kollegen Rainer Brüderle für die FDP- 1) rückgestellt werden. Ganz im Gegenteil: Es wird weiter Fraktion nehmen wir zu Protokoll. intensiv geforscht, und die Ausgaben der deutschen Au- Das Wort hat die Kollegin Ute Berg für die SPD- tomobilhersteller in diesem Bereich werden eher zu- als Fraktion. abnehmen. Es ist richtig, dass auch die Europäische In- vestitionsbank Kredite zur Verfügung stellt. Andere Län- Ute Berg (SPD): der haben mittlerweile nachgezogen, weil sie zur Kennt- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! nis genommen haben, dass die Maßnahmen, die wir in Ich muss sagen: Ich bin etwas irritiert, dass ich nicht Deutschland durchführen, für eine wichtige Industrie nach Herrn Brüderle bzw. nicht nach einem Vertreter der eine Brückenfunktion erfüllen. FDP rede. Denn ich war eigentlich darauf eingestellt, in In England werden seit Ende April dieses Jahres so- meiner Rede all Ihre Vorwürfe und Ihre Fundamentalkri- gar 2 000 Pfund Abwrackprämie für ein zehn Jahre altes tik zurückzuweisen. Auto gezahlt. (Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Tja! Jetzt (Lutz Heilmann [DIE LINKE]: Wie bitte? Ich müssen Sie mal selber argumentieren! Das ist denke „Umweltprämie“! Das ist aber ko- bestimmt besonders schwer für Sie! Sie sind misch!) das ja nicht gewohnt!) – Es werden 2 000 Pfund gezahlt, 1 000 Pfund vom Her- Da ich das nun nicht tun muss, kann ich meine eigenen steller und 1 000 Pfund vom Staat. Das ist ganz simpel. Argumente vortragen. (Lutz Heilmann [DIE LINKE]: Ich habe nach Allerdings kann ich es der Opposition nicht ersparen, dem Begriff „Umweltprämie“ gefragt!) zu Beginn meiner Rede kurz auf sie einzugehen. Ich muss nämlich Ihre Unkenrufe, die Sie im Zusammen- Auch in Österreich ist man diesen Schritt gegangen, in Frankreich sogar schon Ende 2008. Auch die Regie- rungen in China und Japan sowie in Brasilien und Russ- 1) Anlage 26 24670 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Ute Berg (A) hang mit der Umweltprämie immer wieder geäußert ha- Ich darf Sie auch fragen – das ist mir sehr wichtig –: (C) ben, zurückweisen. Diese Prämie hat sich als hervorra- Kann ich davon ausgehen, da Sie sagen, dass die Befris- gendes Mittel zur Stimulierung der Nachfrage erwiesen. tung gut ist, dass es die Position der SPD ist, die Ab- Sie ist genau das, was wir uns von ihr versprochen ha- wrackprämie nicht über das Ende dieses Jahres hinaus zu ben: eine Konjunkturspritze ersten Ranges. verlängern? (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Ute Berg (SPD): Das bestätigen die aktuellen Zahlen des Statistischen Ich kann Ihnen die drei Fragen, die Sie gestellt haben, Bundesamtes zum ersten Quartal 2009. Während die gerne beantworten: Ja, die Verlängerung der Befristung Wirtschaftsleistung insgesamt in den ersten drei Mona- war richtig. Ja, wir werden die Prämie nicht über das ten dieses Jahres gegenüber den letzten Monaten des Jahr 2009 hinaus verlängern. Allerdings werden wir es letzten Jahres um 3,8 Prozent zurückging, wirkt die Bin- gestatten, dass bis zum 30. Juni 2010 ausgeliefert wird. nennachfrage auf die Konjunktur in Deutschland stabili- Darauf komme ich aber gleich noch zu sprechen. An die sierend. Der private Konsum ist sogar leicht gestiegen, dritte Frage in diesem ganzen Kuddelmuddel erinnere und zwar um circa 0,5 Prozent. Das liegt zum einen na- ich mich nicht mehr. türlich an der niedrigen Inflationsrate, ist zum anderen aber auch das Ergebnis unserer Konjunkturmaßnahmen, (Beifall bei Abgeordneten der SPD) allen voran der Umweltprämie; Noch einmal zurück: Durch die von Frank-Walter (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Otto Fri- Steinmeier vorgeschlagene Prämie wurde die Branche cke [FDP]: Wie viel ist denn davon ausgezahlt spürbar angeschoben – das hatte ich eben schon gesagt –, worden?) und es wurden alle entlastet und Arbeitsplätze gesichert. das sage ich ganz bewusst in dem Sinne, in dem es Herr Vielleicht sollten wir auch einmal andersherum fra- Rehberg bereits ausgeführt hat. gen: Was hätte es uns gekostet, wenn wir die Prämie Wenn es um Maßnahmen zur Stärkung der Konjunk- nicht eingeführt hätten? Das ist in unserer Expertenanhö- tur geht, verweisen Ökonomen grundsätzlich auf die drei rung sehr deutlich geworden: Durch die Prämie werden T: Sie müssen timely, targeted und temporary sein. Das etwa 200 000 Arbeitsplätze in der Automobilbranche ge- heißt, sie müssen schnell wirken, sie müssen gezielt wir- sichert, die ohne sie weggefallen wären, und die bereits ken, und sie müssen zeitlich befristet sein. Alle drei Kri- angekündigte Kurzarbeit musste nicht eingeführt wer- terien erfüllt die Umweltprämie. den. Kurzarbeiteranteile oder gar Arbeitslosengeld fallen nicht an. Einkommensteuer und Sozialversicherungsbei- (Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Das Beste (B) träge werden weiter bezahlt. Nicht zu vergessen sind die (D) daran ist die Befristung!) zusätzlichen Einnahmen aus der Mehrwertsteuer für die – Wenn Sie das meinen, ist das in Ordnung. Befristet zusätzlich verkauften Autos. müssen solche Maßnahmen nämlich auch sein. Wenn Sie (Beifall bei Abgeordneten der SPD) dieses Kriterium befürworten, ist das schon einmal ein Schritt in die richtige Richtung. Fazit: Mit der Umweltprämie haben wir dafür ge- sorgt, dass Steuern fließen und der Staat Geld für die (Otto Fricke [FDP]: Gibt es also keine Verlän- Finanzierung von Arbeit und nicht von Arbeitslosigkeit gerung?) ausgeben kann. Neben den zusätzlichen Autokäufen, die Die von Frank-Walter Steinmeier vorgeschlagene durch die Prämie nachweislich befördert werden, sind Prämie hat die Branche spürbar angeschoben. Sie hat auch – das haben einige leider noch immer nicht verstan- viele Händler und Zulieferbetriebe und damit Tausende den – die vorgezogenen Käufe durchaus eine beabsich- von Arbeitsplätzen gerettet. tigte Wirkung, die mit der Prämie erzielt werden soll, um das Konjunkturloch im Export jetzt schnellstmöglich ab- (Abg. Otto Fricke [FDP] meldet sich zu einer zufedern. Zwischenfrage) Kolleginnen und Kollegen, mit unserem Änderungs- – Kollege Fricke möchte gerne eine Zwischenfrage stel- antrag verlängern wir heute auch die Reservierungszeit len. für die Umweltprämie auf neun Monate. Das haben wir von SPD-Seite aus angeregt, weil einzelne Hersteller Vizepräsidentin Petra Pau: nicht innerhalb der zunächst vorgesehenen sechs Monate Gut, Sie gestatten die Zwischenfrage. – Herr Fricke, nach Kaufvertragsunterzeichnung liefern können. Das dann haben Sie das Wort. gilt vor allem dann, wenn Sonderanfertigungen anfallen – Herr Rehberg hat das schon erwähnt –, beispielsweise Otto Fricke (FDP): auch für Menschen im Rollstuhl. Der 30. Juni 2010 – das Geschätzte Frau Kollegin Berg, auch wenn Sie den kann ich Ihnen versprechen, Herr Fricke – ist dann aller- Kollegen Brüderle sicherlich sehr zu Recht vermissen, dings wirklich das Enddatum. Bis zu diesem Termin möchte ich doch noch etwas ergänzend fragen. müssen dann auch diese Autos ausgeliefert sein. Sie haben gerade gesagt, dass die Befristung richtig Abschließend noch eine dringende Bitte in Bezug auf ist. War eine Verlängerung der Befristung dann falsch, die Abwicklung der Prämie. Es sind über 1,5 Millionen oder war die Verlängerung der Befristung auch richtig? Anträge beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhr- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24671

Ute Berg (A) kontrolle eingegangen. Leider ist die Situation bei der auch auf Kosten von anderen Branchen. Viele, die jetzt (C) Bearbeitung der Anträge noch sehr unbefriedigend. ein neues Auto kaufen, sparen dafür an anderen Dingen, Viele Käufer sind berechtigterweise verärgert darüber, oder – was noch schlimmer ist – sie überschulden sich, dass sie auf die Auszahlung der Prämie so lange warten um das neue Auto bezahlen zu können. müssen. Uns erreichen inzwischen auch Briefe von Händlern, die ihren Kunden die Prämie vorgestreckt ha- Es grenzt schon an Volksverdummung, Herr Rehberg, ben und dadurch wirklich in die Bredouille geraten sind. das Ganze noch als Umweltprämie zu bezeichnen. Das BAFA ist deutlich überlastet. Deshalb möchte ich (Beifall bei der LINKEN) das zuständige Bundeswirtschaftsministerium auffor- Die Kopplung an die Abgasnorm Euro 4 ist ein Witz. dern, für ausreichend Personal beim BAFA zu sorgen, Schließlich gibt es kaum noch ein Fahrzeug, das diese damit die Leute nicht zu lange auf ihr Geld warten müs- Norm nicht erfüllt. sen. Auch die deutsche Automobilindustrie hat, verschul- det durch Ihre Regierung, die Entwicklung umwelt- Vizepräsidentin Petra Pau: freundlicher Fahrzeuge und Verkehrssysteme massiv Kollegin Berg, achten Sie bitte auf die Redezeit und verschlafen. Jetzt zementieren Sie mit der Ausgestaltung das Signal. der Abwrackprämie diese Entwicklung, statt eine Um- kehr einzuleiten. Ute Berg (SPD): Ja, ich komme zum letzten Satz. – Es ist heute ein gu- Es ist ein Skandal – das richte ich vor allem an die ter Tag für Automobilhändler, für Beschäftigte und für Kolleginnen und Kollegen der SPD –, dass Hartz-IV-Be- Kunden, weil wir die Umweltprämie verbessert und aus- zieherinnen und -Bezieher nach wie vor ausgeschlossen gebaut haben. werden. Vielen Dank. (Ute Berg [SPD]: Das wollten wir!) (Beifall bei der SPD) Unabhängig davon, dass sie ein falsches Mittel ist, ist diese Vorgehensweise zutiefst diskriminierend und ent- würdigend. Deshalb geben wir Ihnen mit unserem Ände- Vizepräsidentin Petra Pau: rungsantrag die Gelegenheit, wenigstens diesen Fehler Für die Fraktion Die Linke hat nun die Kollegin Ulla zu korrigieren. Noch besser wäre allerdings, mit der An- Lötzer das Wort. hebung von Hartz IV und mit einem gesetzlichen Min- destlohn eine dauerhafte Kaufkraftstärkung vorzuneh- (B) (Beifall bei der LINKEN) (D) men. Ulla Lötzer (DIE LINKE): (Beifall bei der LINKEN) Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Frau Berg, ich bleibe dabei: Die Abwrackprämie ist wirt- Ihrer Abwrackprämie setzen wir unseren Zukunfts- schaftlich fragwürdig, ökologisch unsinnig und sozial fonds entgegen. Die Automobilindustrie ist in einer ungerecht. strukturellen Krise. 25 Prozent Überkapazitäten erfor- dern politische Antworten, die statt eines Strohfeuers ei- (Beifall bei der LINKEN – Ute Berg [SPD]: nen Strukturwandel einleiten. Was sagen Sie denn zur IG Metall?) (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Sie ist wirtschaftlich fragwürdig, weil die Probleme der Was ist Ihre Antwort?) Automobilindustrie damit nur in die Zukunft verscho- ben, aber nicht gelöst werden. Wir wollen mit Beteiligungen aus dem Industriefonds den sozialen und ökologischen Umbau der Automobil- Die Verlängerung der Prämie ist doch der erste Be- industrie wie auch anderer Branchen vornehmen. Nur weis dafür, dass Sie die Automobilindustrie zwar an den auf diese Weise können auch mittel- und langfristig Ar- Tropf gelegt haben. Sie können ihn aber nicht mehr ent- beitsplätze gesichert werden. fernen, ohne den Patienten ganz über die Wupper gehen zu lassen. (Beifall bei der LINKEN) (Garrelt Duin [SPD]: Sie hätten ihn direkt ster- Die gesamte Branche muss in Richtung umweltfreundli- ben lassen oder was?) cher Verkehrskonzepte umgebaut werden. Kollegin Berg, selbstverständlich bestreiten auch wir Statt eines Strohfeuers wie der Abwrackprämie soll- nicht den kurzfristigen konjunkturellen Effekt. Die ten Sie – das sage ich Ihnen gerade heute – endlich bei Nachfrage wird jetzt europaweit angeheizt. Autokäufe Opel damit anfangen, Arbeitsplätze zu sichern. Beteili- werden vorgezogen. Aber was kommt danach? Unsere gen Sie sich mit den Ländern an Opel, statt das Problem Befürchtung ist, dass der Einbruch dann umso stärker auf einen privaten Treuhändler abzuschieben, auf die In- und die Situation in der Automobilindustrie umso solvenz zu spekulieren, wie es Herr zu Guttenberg per- schlimmer wird. manent tut, oder das unwürdige Geschacher der letzten Nacht fortzusetzen! Was ist mit den anderen Branchen? Sie stützen mit der Abwrackprämie einseitig die Automobilindustrie (Beifall bei der LINKEN) 24672 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Ulla Lötzer (A) Leiten Sie einen ersten Schritt zu einer Entwicklung rium zugrunde und behaupten noch, dies belege die öko- (C) ein, aus Opel einen Musterkonzern für umweltfreundli- logische Orientierung. Das ist nichts als ein schlechter che Verkehrsmittel zu machen! Übernehmen Sie Verant- Witz. wortung für Steuergelder und Arbeitsplätze bei Opel! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Das wäre ein Schritt, um Arbeitsplätze und die Zu- sowie bei Abgeordneten der LINKEN) kunftsfähigkeit der Branche zu sichern. Mit der Ab- wrackprämie ist das nicht möglich. Sie fördern auch kaum Elektroautos, höchstens mit ganz geringen Mitteln. Sie verweisen darauf, dass andere Danke. Länder eine ähnliche Prämie haben. An Ihrer Stelle, Herr (Beifall bei der LINKEN) Rehberg, wäre ich da ganz still, weil kein anderes Land auf jegliche ökologische Lenkungswirkung verzichtet Vizepräsidentin Petra Pau: hat. Jedes andere Land hat die Prämie an die Erfüllung Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die ökologischer Kriterien gekoppelt, nur Deutschland nicht. Kollegin Dr. Thea Dückert das Wort. Meine Damen und Herren, Sie behaupten, der Um- welteffekt erzielte sich quasi von allein, weil neue Autos Ich wiederhole meinen Hinweis von vor einer Stunde: besser sind als alte. Dafür führen Sie als Beweis an, dass Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sie jetzt so zahl- der durchschnittliche CO -Ausstoß bei Neuwagen in die- reich herbeiströmen, bitte geben Sie auch den letzten 2 sem Jahr gesunken sei. Aber auch hier argumentieren beiden Rednern in dieser Debatte die Chance, mit ihren Sie wieder unehrlich; denn in diesem Jahr gab es einen Argumenten zu Ihnen durchzudringen. Wir kommen da- Einbruch vor allen Dingen bei Premiumwagen. Weil der nach zur namentlichen Abstimmung. Durchschnitt der Abgasemissionen bezogen auf die ge- Sie haben das Wort. samte Flotte berechnet wird – das sagen Sie eben nicht –, ergibt sich völlig automatisch als statistischer Effekt, Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): dass der durchschnittliche CO2-Ausstoß sinkt, wenn die Danke schön, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen dicken Autos nicht mehr nachgefragt werden. Das hat und Kollegen! Die Debatte um die Abwrackprämie of- aber überhaupt nichts mit technologischer Entwicklung fenbart ein sehr großes Jammertal der Großen Koalition, zu tun, sondern mit einem konjunkturbedingten Ein- weil Sie sich beständig weigern, zu begreifen, dass in bruch auf einem Teil des Marktes. Das ähnelt der Her- dieser großen ökonomischen Krise und in der drohenden stellung eines Zusammenhangs zwischen Storchflug und Klimakrise jeder Euro, den wir für Krisenbewältigung Geburtenrate; nichts anderes ist das. ausgeben, so eingesetzt werden muss, dass eine doppelte (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (B) Dividende erzielt wird. Er muss doppelt in die Zukunft (D) hineinwirken, und zwar ökonomisch und ökologisch. Die dritte Unehrlichkeit in Ihrer Argumentation be- trifft die angeblich nachhaltige konjunkturelle Wirkung. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) In der Anhörung ist Ihnen dargelegt worden, dass die Hier werden über 5 Milliarden Euro als Wahlgeschenk Abwrackprämie einen Mitnahmeeffekt von 75 Prozent verteilt; sie wirken eben nicht als ein Element der Kri- hat. Das bedeutet, dass auf ein neu gekauftes Auto drei senbewältigung. Autos kommen, die auch ohne die Prämie gekauft wor- den wären. Somit werden durch die Abwrackprämie von (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 2 500 Euro für ein neues Auto insgesamt 10 000 Euro Subventionen losgetreten. Diese Debatte ist zutiefst unehrlich, und dies in drei- facher Hinsicht. Der erste Punkt: Haushaltspolitisch ist dies ein einfacher Taschenspielertrick. Was machen Sie? Vizepräsidentin Petra Pau: Sie stocken die Prämie um 3,5 Milliarden Euro auf, aber Kollegin Dückert, achten Sie bitte auf die Zeit? dieser Betrag taucht im Nachtragshaushalt, der in dieser Woche ebenfalls vorgelegt wird, überhaupt nicht auf. Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist eine Milchmädchenrechnung – ich achte auf die (Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeit –, die Sie uns hier vorgelegt haben. Gerade auf- NEN]: Hört! Hört!) grund dessen behauptet kein einziger Ökonom in der Gleichzeitig ist jedoch völlig klar, dass die Auszahlung Bundesrepublik, der nicht der Autolobby zugerechnet dieses Geldes eine höhere Verschuldung bedeutet. Die werden kann, dass hieraus ein nachhaltiger ökonomi- Rechnung werden die zukünftigen Steuerzahlerinnen scher Effekt hinsichtlich der Kaufkraft resultiert. und Steuerzahler bezahlen müssen. Die zweite Unehrlichkeit: Sie reden von Umweltprä- Vizepräsidentin Petra Pau: mie, aber sie ist hinsichtlich des Kaufs eines Neuwagens Kollegin Dückert, Sie sind weit über die Zeit. an kein einziges ökologisches Kriterium gebunden. Es werden keine CO2-Grenzen vorgegeben. Die Erfüllung Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): der Abgasnorm Euro 4 als Kriterium ist der große Witz, Ich komme zum Schluss. – Alle seriösen Ökonomen der schon angesprochen wurde. Die genannte Norm läuft sagen, es handele sich um ein Strohfeuer, das nicht nach- in diesem Jahr aus. Ab 1. September 2009 gilt die haltig sei. Es ist eher ein nachhaltiger Offenbarungseid Abgasnorm Euro 5. Sie legen hier ein veraltetes Krite- der Regierung. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24673

Dr. Thea Dückert (A) (Hubertus Heil [SPD]: Aber es sichert Arbeits- (Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE (C) plätze!) LINKE]: Besser Quasi-Gewerkschaftspartei als überhaupt keine!) Ich danke Ihnen. Ich kann Ihnen nur dringend empfehlen, Folgendes zur (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kenntnis zur nehmen: Ich wohne an einem Automobil- standort und habe dort in den letzten Jahren als Sozialde- Vizepräsidentin Petra Pau: mokrat viele spannende Diskussionen mit der IG Metall geführt. Wenn Sie in der Anhörung, die wir in der letzten Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe mich vor Woche durchgeführt haben, gut zugehört haben, dann der Sitzung davon überzeugt, dass nach der Bundesver- muss Ihnen klar sein: Die IG Metall war zusammen mit sammlung alle Stühle wieder in den Plenarsaal gebracht Frank-Walter Steinmeier und anderen der Urheber der wurden. Wir haben zugegebenermaßen nicht alle Tische Abwrackprämie und steht voll und ganz dahinter. Des- zur heutigen Sitzung herbeischaffen können. Aber für je- wegen stehen Sie hier völlig im Abseits. Das wissen die den Kollegen und jede Kollegin ist ein Sitzplatz vorhan- Kolleginnen und Kollegen auch. den. Ich bitte Sie, auch dem letzten Redner in dieser De- batte die notwendige Aufmerksamkeit zuzuwenden und (Beifall bei der SPD – Beifall des Abg. Hans- Ihre Plätze vor den Abstimmungen einzunehmen. Michael Goldmann [FDP]) Das Wort hat der Kollege Garrelt Duin für die SPD- Es gibt eine Reihe von Vorurteilen. So heißt es, es Fraktion. gebe nur Vorzugseffekte. Man muss zur Kenntnis neh- men – das besagt jede Untersuchung –, dass sehr viele (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Menschen, die sich von altem Gebrauchtwagen zu altem Gebrauchtwagen gehangelt haben und nie einen Neuwa- Garrelt Duin (SPD): gen gekauft hätten, nun Neukunden geworden sind. Es gibt des Weiteren das Vorurteil des Missbrauchs. Diesen Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! haben wir durch entsprechende Regelungen sehr schnell Liebe Thea Dückert, Sie haben davon gesprochen, dass in den Griff bekommen. Was die ökologische Lenkungs- der Fonds ein Beweis für das Jammertal sei. Ich finde wirkung angeht, liebe Thea Dückert: Wir wollen nicht es tragisch, dass die Grünen genauso wie die Linkspar- darüber reden, dass man vielleicht hätte mehr machen tei – auf die FDP müssen wir heute in dieser Debatte können. Neben der Umstellung der Kfz-Steuer auf CO2- verzichten – nur jammern, anstatt einmal, auch gegen- Ausstoß bedarf es vieler weiterer Instrumente, um in über der deutschen Öffentlichkeit, zum Ausdruck zu diesem Bereich voranzukommen. Trotzdem darf man bringen, dass hier ein effektives Instrument gefunden nicht negieren, dass ein zehn Jahre altes Auto im (B) (D) worden ist, das Arbeitsplätze sichert und Kurzarbeit in Schnitt 182 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt, wäh- den betroffenen Betrieben verhindert. rend ein jetzt gekauftes Auto im Schnitt 155 Gramm CO2 ausstößt. Das entspricht einer Senkung von 15 Pro- (Hubertus Heil [SPD]: So ist das nämlich!) zent. Deswegen ist der Begriff „Umweltprämie“ richtig. Es wird nur gejammert! Wir sollten das nicht kleinreden, sondern in den Mittel- punkt stellen. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD – Beifall des Abg. Hans- Hier werden Pappkameraden aufgebaut, als ob es bei Michael Goldmann [FDP]) diesem Instrument darum ginge, die gesamte Industrie- Abschließend: Es ist so viel von den Nebenwirkungen gesellschaft neu auszurichten. Darum ging es bei diesem der Abwrackprämie die Rede. Es ist richtig: Es gibt in Instrument von Anfang an nicht. Vielmehr ist dieses In- der Tat auch Nebenwirkungen. Es gibt Bereiche – ich strument dafür da, die Nachfrage in der Automobilindus- nenne zum Beispiel die Gebrauchtwagenhändler –, in trie und bei den Zulieferern, die sich im Dezember auf denen es jetzt Probleme gibt. Das wird überhaupt nicht einem Tiefpunkt befand, anzukurbeln. Genau dieses Ziel bestritten. Aber das Ziel war es, die Kurzarbeit und die des Maßnahmenpaketes ist erreicht worden. Wir reden Entlassung von Menschen in der Automobilindustrie zu heute über eine Aufstockung, weil die Menschen entge- verhindern. Dieses Ziel ist erreicht worden. Wer einen gen den Prognosen vieler gerade von Ihnen zitierten Brand löschen will und nur über die Wasserschäden Ökonomen und Professoren, die wir in allen Talkshows spricht, der geht an dem Thema vorbei. Deswegen ohne sehen, anders entschieden haben. Sie haben gesagt: Das Wenn und Aber: Diese Abwrackprämie ist ein Erfolg ge- ist ein Instrument, das mir den Kauf eines Neuwagens wesen ermöglicht. Deswegen nehme ich dieses Instrument in Anspruch. – Wir sollten daher nicht auf die Prognosen (Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- von Professoren setzen, sondern zur Kenntnis nehmen, NEN]: Jammertal!) dass die Menschen entschieden haben, dieses Instrument und wird es auch weiterhin sein. Die Aufstockung der in Anspruch zu nehmen. Abwrackprämie ist richtig, und deswegen werden wir jetzt mit Ja stimmen. (Beifall bei der SPD) Herzlichen Dank. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei, Sie versuchen seit einiger Zeit, sich quasi als Gewerk- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten schaftspartei zu gerieren. der CDU/CSU) 24674 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Teilhabe ermöglichen – Kommunales Wahl- (C) Ich schließe die Aussprache. recht einführen Wir kommen zur Abstimmung über den von den – Drucksache 16/13165 – Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Ge- b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord- setzentwurf zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung neten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), eines Sondervermögens „Investitions- und Tilgungs- Kai Gehring, weiteren Abgeordneten und der fonds“. Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung che 16/13214, den Gesetzentwurf der Fraktionen der des Grundgesetzes (Kommunales Ausländer- CDU/CSU und SPD auf Drucksache 16/12662 in der wahlrecht) Ausschussfassung anzunehmen. Hierzu gibt es einen Änderungsantrag der Fraktion Die Linke, über den wir – Drucksache 16/6628 – zuerst abstimmen. Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Drucksache 16/13228? – Die Gegenstimmen! – Ent- Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus- haltungen? – Der Änderungsantrag ist gegen die Stim- schusses (4. Ausschuss) men der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grü- – Drucksache 16/13033 – nen mit den Stimmen des übrigen Hauses abgelehnt. Berichterstattung: Ich bitte jetzt diejenigen, die dem Gesetzentwurf in Abgeordnete Ingo Wellenreuther der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand- Klaus Uwe Benneter zeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Da- Rüdiger Veit mit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung mit den Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Opposi- Ulla Jelpke tion angenommen. Josef Philip Winkler Dritte Beratung c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- und Schlussabstimmung. Wir stimmen nun auf Verlan- richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu gen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen namentlich ab. dem Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die Katrin Kunert, Petra Pau, weiterer Abgeordneter vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Sind jetzt alle Ur- und der Fraktion DIE LINKE nen besetzt? – Das ist der Fall. Dann ist die Abstimmung Kommunales Wahlrecht für Drittstaatenange- (B) eröffnet. hörige einführen (D) Bevor ich die Abstimmung schließe, gebe ich be- – Drucksachen 16/5904, 16/13033 – kannt, dass es Erklärungen zur Abstimmung nach § 31 der Geschäftsordnung gibt, und zwar der Kolleginnen Berichterstattung: und Kollegen Steffen Kampeter, Dr. Stephan Eisel, Abgeordnete Ingo Wellenreuther Dr. Axel Berg, Gitta Connemann und Josef Göppel.1) Klaus Uwe Benneter Rüdiger Veit Ist jetzt noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das Hartfrid Wolff (Rems-Murr) seine Stimme nicht abgeben konnte? – Das scheint nicht Ulla Jelpke der Fall zu sein. Dann schließe ich die Abstimmung. Ich Josef Philip Winkler bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis geben wir später Über den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die bekannt.2) Grünen sowie über die Beschlussempfehlung des Innen- ausschusses zu dem Antrag der Fraktion Die Linke auf Wir setzen jetzt die Abstimmungen fort. Wer stimmt Drucksache 16/5904 werden wir später wiederum na- für den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP auf mentlich abstimmen. Drucksache 16/13229? – Wer ist dagegen? – Enthaltun- gen? – Damit ist der Entschließungsantrag abgelehnt, bei Für die Debatte ist eine halbe Stunde verabredet. – Da Zustimmung durch die einbringenden Fraktion; die Ko- sehe ich keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos- alitionsfraktionen haben dagegen gestimmt, Bündnis 90/ sen. Die Grünen und die Fraktion Die Linke haben sich ent- Ich eröffne die Aussprache. Das Wort gebe ich an die halten. Kollegin Sevim Dağdelen für die Fraktion Die Linke. Jetzt rufe ich die Tagesordnungspunkte 13 a bis 13 c (Beifall bei der LINKEN) auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sevim Sevim Dağdelen (DIE LINKE): Dağdelen, Wolfgang Nešković, Ulla Jelpke, wei- Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Herren! Mit unserem Antrag zur Einführung des kom- munalen Wahlrechts für Drittstaatenangehörige möchten 1) Anlagen 21 bis 24 wir heute in diesem Parlament vor allen Dingen Nicht- 2) Siehe Seite 24676 C EU-Bürgerinnen und -Bürgern eine Chance geben und Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24675

Sevim DaðdelenDağdelen (A) endlich die Ungleichbehandlung von Nicht-EU-Bürgern Wahlen teilnehmen kann. Diese Ungerechtigkeit muss (C) und EU-Bürgern aufheben. beendet werden. In der Bundesrepublik Deutschland leben circa (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Josef 6,7 Millionen Menschen nicht deutscher Staatsangehö- Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- rigkeit, von denen 4,6 Millionen nicht aus den Ländern NEN]) der Europäischen Union stammen. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer dieser Drittstaatenangehörigen beträgt Herr Grindel, Sie haben gesagt: Warum sind die nicht 17 Jahre und ist im europäischen Vergleich überdurch- eingebürgert? Sollen sie sich doch einbürgern! schnittlich lang. Dem demokratischen Grundsatz, dass (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Genau!) die Betroffenheit von der Staatsgewalt der Anknüp- fungspunkt für die Wahlberechtigung ist, wird durch den Wenn Sie und andere das kommunale Wahlrecht für Ausschluss der Drittstaatenangehörigen vom kommuna- Drittstaatenangehörige mit dem Verweis ablehnen, die len Wahlrecht nicht Genüge getan. Diese fehlende Mög- Migrantinnen und Migranten könnten doch durch Ein- lichkeit einer Beteiligung am Kernstück einer Demokra- bürgerung gleiche Rechte erlangen, dann ist das ange- tie, an den Wahlen, also das fehlende Wahlrecht, stellt sichts der Einbürgerungszahlen wirklich zynisch und ein erhebliches Demokratiedefizit dar, dem wir Abhilfe heuchlerisch. schaffen wollen, indem wir diesen Menschen die Mög- (Widerspruch bei der CDU/CSU) lichkeit geben, an den Wahlen teilzunehmen. Der Rückgang seit 2000, seit der Novellierung des (Beifall bei der LINKEN – Reinhard Grindel Staatsangehörigkeitsgesetzes, beträgt nämlich ganze [CDU/CSU]: Warum werden die nicht Staats- 50 Prozent. Gegenüber 2000 kann bzw. will jetzt nur bürger? Dann könnten sie teilnehmen!) noch die Hälfte aller Menschen eingebürgert werden. In – Ich komme zu diesem Punkt noch. der Regierungszeit der Großen Koalition, 2006 bis 2008, ist die Einbürgerungszahl um circa 22 Prozent gesunken. Die Mehrheit der europäischen Länder erkennt neben Da kann die Integrationsbeauftragte noch so viel von EU-Bürgerinnen und -Bürgern auch Drittstaatenangehö- Willkommenskultur schwafeln oder auch fabulieren, rigen ein Wahlrecht auf lokaler Ebene zu. In ganzen 16 Ländern der Europäischen Union gibt es bereits ein (Zurufe von der CDU/CSU: Na, na, na!) kommunales Wahlrecht für Drittstaatenangehörige. Ich finde, Deutschland – die CDU/CSU-Bundestagsfraktion Ursache für den dramatischen Rückgang sind die geziel- und Kanzlerin Merkel sprechen vom „Integrationsland ten Verschärfungen im Einbürgerungsrecht. Deshalb Deutschland“ – sollte mit der Ungleichbehandlung auf- kann man die Menschen nicht darauf verweisen, sie soll- (B) (D) hören und diesen Menschen aus Drittstaaten die Mög- ten sich doch einbürgern lassen, wenn man ihnen immer lichkeit geben, an den Wahlen teilzunehmen. wieder den Weg dorthin erschwert hat. (Beifall bei der LINKEN) Zudem verweise ich noch einmal auf die 16 Länder in der Europäischen Union, die das kommunale Wahlrecht Was bedeutet aber dieses Abstrakte, diese 4,6 Millio- für die Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger eingeführt nen Menschen, konkret? Ich möchte Ihnen das erklären. haben. Eine Nachbarin aus meinem Wahlkreis, Aylin K., ist (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Josef 46 Jahre alt, hat zwei Kinder. Sie ist im Ausländerbeirat, Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- engagiert sich im Elternverein vor Ort, engagiert sich im NEN]) Sportverein für ihre Kinder und engagiert sich natürlich auch kommunalpolitisch. Weil sie aber nicht EU-Bürge- Die massiv rückläufigen Einbürgerungszahlen sind rin ist und weil sie keine deutsche Staatsangehörige ist, gerade ein weiteres Argument für die Einführung des kommunalen Wahlrechts für Drittstaatenangehörige, (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Warum denn weil wir verhindern wollen, dass es in Deutschland de- nicht?) mokratiefreie Zonen gibt, weil in Stadtteilen immer grö- darf sie nicht auf kommunaler Ebene an den Wahlen teil- ßere Bevölkerungsteile nicht wählen dürfen. Ferner nehmen. wollen wir vermeiden, dass es in den kommunalen Stadträten, in den kommunalen Parlamenten eine Legiti- (Zuruf von der CDU/CSU: Warum ist sie es mationskrise gibt, weil sie von 30 Prozent der Bevölke- denn nicht?) rung in einer Stadt gar nicht gewählt werden können, ob- Ein anderer, der seit drei Monaten in demselben Viertel wohl diese 30 Prozent mit den Entscheidungen, die diese in derselben Stadt wohnt und die Unionsbürgerschaft kommunalen Parlamente treffen, leben müssen. hat, darf dort an den Wahlen teilnehmen. Ich finde, es ist Ich möchte ganz bewusst etwas an die Adresse der ungerecht, SPD sagen: Ich habe mit Interesse zur Kenntnis genom- (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ungleiches men, dass mehrere Politikerinnen und Politiker der SPD muss auch ungleich behandelt werden!) gerade in der letzten Zeit gegenüber türkischsprachigen Medien sagen, dass sie das kommunale Wahlrecht ein- wenn jemand, der sich in der Stadt engagiert, in der er führen wollen. seit 30 Jahren lebt, nicht an den Wahlen teilnehmen kann, aber jemand, der drei Monate dort lebt, an den (Rüdiger Veit [SPD]: Richtig so!) 24676 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Sevim DaðdelenDağdelen (A) Jetzt, wenn Sie hier reden, werden Sie darauf verweisen, Sie die Chance nicht nutzen, im Bundestag ein Zeichen (C) dass der Koalitionspartner das nicht möchte. zur Förderung der demokratischen Kultur und eines ge- sellschaftlichen Konsenses zu setzen, den es bereits gibt. (Rüdiger Veit [SPD]: Auch das ist richtig!) Deshalb könne man das nicht einbringen, Vielen Dank. (Sebastian Edathy [SPD]: So ist das leider!) (Beifall bei der LINKEN – Sebastian Edathy [SPD]: Seit 20 Jahren fordern wir das! Da gab und deshalb könne man das nicht beschließen. es Ihre Partei noch gar nicht! – Reinhard Grin- Ich erinnere mich daran, dass im Vorfeld der del [CDU/CSU]: In der Kommune wird über Bundestagswahl 2005 die SPD Nein zu der „Merkel- Gewerbesteuer entschieden, aber nicht über Steuer“ gesagt hat und dann mit der CDU/CSU eine Mehrwertsteuer!) Mehrwertsteuererhöhung um 3 Prozent beschlossen hat. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Zurück zum Ich gebe Ihnen das von den Schriftführerinnen und Thema! Das ist ein bisschen weitläufig! Verir- Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen ren Sie sich gerade in die Finanzpolitik? – Se- Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktionen bastian Edathy [SPD]: Können Sie mir mal von CDU/CSU und SPD zur Änderung des Gesetzes zur den Zusammenhang erläutern?) Errichtung eines Sondervermögens „Investitions- und Wenn Sie das nicht wollen, der politische Wille also Tilgungsfonds“ bekannt: Abgegeben wurden 534 Stim- nicht da ist, dann sagen Sie das ehrlich. Seien Sie nicht men. Mit Ja haben gestimmt 397 Abgeordnete, mit Nein zynisch und heuchlerisch und gehen vagabundieren und haben gestimmt 132 Abgeordnete; es gab 5 Enthaltun- sagen: „Wir wollen das kommunale Wahlrecht“, obwohl gen. Der Gesetzentwurf ist damit angenommen.

Endgültiges Ergebnis Leo Dautzenberg Uda Carmen Freia Heller Andreas G. Lämmel Abgegebene Stimmen: 534; Hubert Deittert Michael Hennrich Dr. Norbert Lammert davon Alexander Dobrindt Jürgen Herrmann Helmut Lamp Thomas Dörflinger Bernd Heynemann Katharina Landgraf ja: 397 Marie-Luise Dött Ernst Hinsken Dr. Max Lehmer nein: 132 Anke Eymer (Lübeck) Christian Hirte Paul Lehrieder (B) enthalten: 5 Ilse Falk Robert Hochbaum Ingbert Liebing (D) Dr. Hans Georg Faust Klaus Hofbauer Eduard Lintner Ja Enak Ferlemann Franz-Josef Holzenkamp Dr. Klaus W. Lippold Ingrid Fischbach Joachim Hörster Dr. Michael Luther CDU/CSU Hartwig Fischer (Göttingen) Anette Hübinger Thomas Mahlberg Dirk Fischer (Hamburg) Hubert Hüppe Stephan Mayer (Altötting) Ulrich Adam Axel E. Fischer (Karlsruhe- Susanne Jaffke-Witt Wolfgang Meckelburg Ilse Aigner Land) Dr. Peter Jahr Dr. Michael Meister Peter Albach Dr. Maria Flachsbarth Dr. Hans-Heinrich Jordan Laurenz Meyer (Hamm) Peter Altmaier Klaus-Peter Flosbach Andreas Jung (Konstanz) Maria Michalk Thomas Bareiß Herbert Frankenhauser Dr. Franz Josef Jung Dr. h. c. Hans Michelbach Norbert Barthle Dr. Hans-Peter Friedrich Bartholomäus Kalb Philipp Mißfelder Dr. Wolf Bauer (Hof) Hans-Werner Kammer Dr. Eva Möllring Günter Baumann Erich G. Fritz Alois Karl Marlene Mortler Ernst-Reinhard Beck Jochen-Konrad Fromme Bernhard Kaster Carsten Müller (Reutlingen) Hans-Joachim Fuchtel Siegfried Kauder (Villingen- (Braunschweig) Dr. Christoph Bergner Dr. Peter Gauweiler Schwenningen) Stefan Müller (Erlangen) Otto Bernhardt Dr. Jürgen Gehb Volker Kauder Dr. Gerd Müller Clemens Binninger Norbert Geis Eckart von Klaeden Michaela Noll Renate Blank Eberhard Gienger Jürgen Klimke Dr. Georg Nüßlein Peter Bleser Michael Glos Julia Klöckner Franz Obermeier Antje Blumenthal Peter Götz Jens Koeppen Eduard Oswald Dr. Maria Böhmer Dr. Wolfgang Götzer Dr. Kristina Köhler Henning Otte Jochen Borchert Ute Granold (Wiesbaden) Rita Pawelski Wolfgang Börnsen Reinhard Grindel Manfred Kolbe Ulrich Petzold (Bönstrup) Hermann Gröhe Norbert Königshofen Dr. Joachim Pfeiffer Wolfgang Bosbach Michael Grosse-Brömer Hartmut Koschyk Sibylle Pfeiffer Klaus Brähmig Markus Grübel Thomas Kossendey Beatrix Philipp Michael Brand Manfred Grund Gunther Krichbaum Ronald Pofalla Helmut Brandt Monika Grütters Dr. Günter Krings Ruprecht Polenz Dr. Ralf Brauksiepe Olav Gutting Dr. Martina Krogmann Daniela Raab Monika Brüning Holger Haibach Dr. Hermann Kues Thomas Rachel Georg Brunnhuber Gerda Hasselfeldt Dr. Karl A. Lamers Hans Raidel Cajus Caesar Ursula Heinen (Heidelberg) Dr. Peter Ramsauer Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24677

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Eckhardt Rehberg Doris Barnett Petra Heß Walter Riester (C) Katherina Reiche (Potsdam) Dr. Hans-Peter Bartels Gabriele Hiller-Ohm Sönke Rix Klaus Riegert Klaus Barthel Stephan Hilsberg René Röspel Dr. Heinz Riesenhuber Sören Bartol Petra Hinz (Essen) Dr. Ernst Dieter Rossmann Franz Romer Sabine Bätzing Gerd Höfer Karin Roth (Esslingen) Johannes Röring Dirk Becker Iris Hoffmann (Wismar) Michael Roth (Heringen) Kurt J. Rossmanith Uwe Beckmeyer Frank Hofmann (Volkach) Ortwin Runde Dr. Norbert Röttgen Klaus Uwe Benneter Dr. Eva Högl Marlene Rupprecht Dr. Christian Ruck Ute Berg Eike Hovermann (Tuchenbach) Albert Rupprecht (Weiden) Petra Bierwirth Klaas Hübner Anton Schaaf Anita Schäfer (Saalstadt) Lothar Binding (Heidelberg) Christel Humme Axel Schäfer (Bochum) Hermann-Josef Scharf Volker Blumentritt Johannes Jung (Karlsruhe) Bernd Scheelen Hartmut Schauerte Clemens Bollen Josip Juratovic Marianne Schieder Dr. Annette Schavan Gerd Bollmann Johannes Kahrs Otto Schily Dr. Andreas Scheuer Dr. Gerhard Botz Ulrich Kasparick Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Karl Schiewerling Klaus Brandner Dr. h. c. Susanne Kastner Heinz Schmitt (Landau) Georg Schirmbeck Willi Brase Ulrich Kelber Olaf Scholz Christian Schmidt (Fürth) Bernhard Brinkmann Christian Kleiminger Ottmar Schreiner Andreas Schmidt (Mülheim) (Hildesheim) Astrid Klug Ingo Schmitt (Berlin) Reinhard Schultz Edelgard Bulmahn Dr. Bärbel Kofler (Everswinkel) Dr. Andreas Schockenhoff Marco Bülow Walter Kolbow Swen Schulz (Spandau) Dr. Ole Schröder Ulla Burchardt Fritz Rudolf Körper Ewald Schurer Bernhard Schulte-Drüggelte Martin Burkert Karin Kortmann Frank Schwabe Uwe Schummer Dr. Michael Bürsch Rolf Kramer Dr. Angelica Schwall-Düren Wilhelm Josef Sebastian Christian Carstensen Anette Kramme Rolf Schwanitz Kurt Segner Marion Caspers-Merk Ernst Kranz Rita Schwarzelühr-Sutter Marion Seib Dr. Peter Danckert Nicolette Kressl Wolfgang Spanier Bernd Siebert Karl Diller Volker Kröning Dr. Margrit Spielmann Thomas Silberhorn Martin Dörmann Angelika Krüger-Leißner Jörg-Otto Spiller Johannes Singhammer Dr. Carl-Christian Dressel Dr. Hans-Ulrich Krüger Dieter Steinecke Jens Spahn Elvira Drobinski-Weiß Jürgen Kucharczyk Andreas Steppuhn Gero Storjohann Garrelt Duin Helga Kühn-Mengel Ludwig Stiegler Andreas Storm Detlef Dzembritzki Ute Kumpf Rolf Stöckel Max Straubinger Sebastian Edathy Dr. Uwe Küster Christoph Strässer Matthäus Strebl (B) Siegmund Ehrmann Christine Lambrecht Dr. Peter Struck (D) Thomas Strobl (Heilbronn) Hans Eichel Christian Lange (Backnang) Joachim Stünker Lena Strothmann Petra Ernstberger Waltraud Lehn Dr. Rainer Tabillion Michael Stübgen Karin Evers-Meyer Helga Lopez Jörg Tauss Hans Peter Thul Annette Faße Dirk Manzewski Jella Teuchner Antje Tillmann Elke Ferner Lothar Mark Jörn Thießen Dr. Hans-Peter Uhl Gabriele Fograscher Caren Marks Franz Thönnes Arnold Vaatz Rainer Fornahl Katja Mast Rüdiger Veit Volkmar Uwe Vogel Gabriele Frechen Hilde Mattheis Simone Violka Andrea Astrid Voßhoff Dagmar Freitag Petra Merkel (Berlin) Jörg Vogelsänger Gerhard Wächter Peter Friedrich Ulrike Merten Dr. Marlies Volkmer Marco Wanderwitz Sigmar Gabriel Dr. Matthias Miersch Hedi Wegener Kai Wegner Martin Gerster Ursula Mogg Andreas Weigel Marcus Weinberg Iris Gleicke Marko Mühlstein Petra Weis Gunter Weißgerber Peter Weiß (Emmendingen) Renate Gradistanac Detlef Müller (Chemnitz) Gert Weisskirchen Gerald Weiß (Groß-Gerau) Angelika Graf (Rosenheim) Michael Müller (Düsseldorf) Ingo Wellenreuther (Wiesloch) Dieter Grasedieck Gesine Multhaupt Hildegard Wester Karl-Georg Wellmann Kerstin Griese Franz Müntefering Anette Widmann-Mauz Lydia Westrich Gabriele Groneberg Dr. Rolf Mützenich Dr. Margrit Wetzel Willy Wimmer (Neuss) Achim Großmann Andrea Nahles Elisabeth Winkelmeier- Heidemarie Wieczorek-Zeul Wolfgang Grotthaus Dr. Erika Ober Engelbert Wistuba Becker Wolfgang Gunkel Thomas Oppermann Werner Wittlich Waltraud Wolff Hans-Joachim Hacker Heinz Paula (Wolmirstedt) Wolfgang Zöller Bettina Hagedorn Johannes Pflug Willi Zylajew Heidi Wright Klaus Hagemann Joachim Poß Uta Zapf Alfred Hartenbach Christoph Pries SPD Manfred Zöllmer Michael Hartmann Dr. Wilhelm Priesmeier Brigitte Zypries Dr. Lale Akgün (Wackernheim) Florian Pronold Gregor Amann Nina Hauer Dr. Sascha Raabe Dr. h. c. Gerd Andres Hubertus Heil Mechthild Rawert Nein Niels Annen Dr. Reinhold Hemker Gerold Reichenbach CDU/CSU Ingrid Arndt-Brauer Rolf Hempelmann Dr. Carola Reimann Rainer Arnold Dr. Barbara Hendricks Christel Riemann- Gitta Connemann Ernst Bahr (Neuruppin) Gustav Herzog Hanewinckel Dr. Stephan Eisel 24678 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Dr. Michael Fuchs Burkhardt Müller-Sönksen Wolfgang Nešković Markus Kurth (C) Josef Göppel Dirk Niebel Dr. Norman Paech Monika Lazar Friedrich Merz Hans-Joachim Otto Petra Pau Nicole Maisch Peter Rzepka (Frankfurt) Bodo Ramelow Jerzy Montag Christian Freiherr von Stetten Detlef Parr Elke Reinke Kerstin Müller (Köln) Klaus-Peter Willsch Cornelia Pieper Paul Schäfer (Köln) Winfried Nachtwei Gisela Piltz Volker Schneider Brigitte Pothmer SPD Frank Schäffler (Saarbrücken) Claudia Roth (Augsburg) Dr. Konrad Schily Dr. Herbert Schui Krista Sager Dr. Axel Berg Marina Schuster Dr. Ilja Seifert Manuel Sarrazin Dr. Wolfgang Wodarg Carl-Ludwig Thiele Dr. Petra Sitte Florian Toncar Frank Spieth Elisabeth Scharfenberg FDP Christoph Waitz Dr. Kirsten Tackmann Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Jens Ackermann Dr. Claudia Winterstein Dr. Axel Troost Dr. Karl Addicks Dr. Volker Wissing Jörn Wunderlich Dr. Gerhard Schick Daniel Bahr (Münster) Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Sabine Zimmermann Rainder Steenblock Uwe Barth Silke Stokar von Neuforn Angelika Brunkhorst DIE LINKE BÜNDNIS 90/DIE Dr. Wolfgang Strengmann- Ernst Burgbacher GRÜNEN Kuhn Dr. Dietmar Bartsch Hans-Christian Ströbele Patrick Döring Karin Binder Marieluise Beck (Bremen) Dr. Harald Terpe Mechthild Dyckmans Eva Bulling-Schröter Cornelia Behm Wolfgang Wieland Jörg van Essen Dr. Martina Bunge Birgitt Bender Ulrike Flach Roland Claus Alexander Bonde Josef Philip Winkler Paul K. Friedhoff Sevim Dağdelen Ekin Deligöz Horst Friedrich (Bayreuth) Diana Golze Dr. Thea Dückert fraktionsloser Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Gregor Gysi Dr. Uschi Eid Abgeordneter Hans-Michael Goldmann Heike Hänsel Hans Josef Fell Henry Nitzsche Dr. Christel Happach-Kasan Lutz Heilmann Kai Gehring Heinz-Peter Haustein Inge Höger Katrin Göring-Eckardt Birgit Homburger Dr. Barbara Höll Britta Haßelmann Enthalten Dr. Werner Hoyer Ulla Jelpke Bettina Herlitzius Michael Kauch Dr. Lukrezia Jochimsen Winfried Hermann SPD Hellmut Königshaus Katja Kipping Peter Hettlich Dr. Hermann Scheer Gudrun Kopp Monika Knoche Priska Hinz (Herborn) (B) Dr. h. c. Jürgen Koppelin Jan Korte Ulrike Höfken DIE LINKE (D) Heinz Lanfermann Katrin Kunert Dr. Anton Hofreiter Sibylle Laurischk Michael Leutert Thilo Hoppe Hüseyin-Kenan Aydin Harald Leibrecht Ulla Lötzer Ute Koczy Werner Dreibus Ina Lenke Ulrich Maurer Sylvia Kotting-Uhl Klaus Ernst Dr. Erwin Lotter Dorothée Menzner Undine Kurth (Quedlinburg) Alexander Ulrich

Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Ingo Wellen- Erstens. Die Integration wird durch Staatsministerin reuther für die CDU/CSU-Fraktion. Böhmer aus dem Kanzleramt heraus geleitet. (Beifall bei der CDU/CSU) Zweitens. Mit dem Nationalen Integrationsplan set- zen wir erstmals in einem Gesamtkonzept auf echte Part- Ingo Wellenreuther (CDU/CSU): nerschaft mit den Migranten. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir debattieren heute über die Einfüh- (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- rung eines kommunalen Ausländerwahlrechts. Den Be- NEN]: Schwergewichtiges Argument!) fürwortern geht es dabei um die Integration der seit Jah- Drittens. Innenminister Schäuble hat die Deutsche Is- ren hier lebenden Ausländer aus Nicht-EU-Staaten. Im lam-Konferenz ins Leben gerufen. Wir führen damit den Kern geht es ihnen aber um das Prinzip „Integration Dialog mit dem Islam in Deutschland. durch Wahlrecht“. Für unsere Fraktion hat das Thema Integration in der (Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Großen Koalition eine ganz besonders entscheidende NEN]: Aber ohne Ergebnisse! Wo bleiben da Rolle gespielt. Die Union mit der Kanzlerin hat sich hier die Ergebnisse?) an die Spitze der Bewegung gesetzt. Klar ist natürlich, dass Integrationswille und Erlernen (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – der deutschen Sprache dabei Grundvoraussetzungen Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: sind. Das ist aber mehr Schein als Sein!) Viertens. Mit der Novelle des Zuwanderungsrechts ist Dabei wurden vier entscheidende politische Weichen- nunmehr der Nachzug ausländischer Ehegatten an stellungen vorgenommen: Grundkenntnisse der deutschen Sprache gekoppelt. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24679

Ingo Wellenreuther (A) (Rüdiger Veit [SPD]: Was uns nicht gefreut Vielfalt der Menschen, die hier wohnen. Dem wider- (C) hat!) spricht es in keiner Weise, das Privileg des Wahlrechts an die Einbürgerung zu knüpfen. Konkret bietet der deutsche Staat Zuwanderern deshalb Sprachkurse und nachfolgende Orientierungskurse an. Trotzdem haben wir uns intensiv mit den politischen Sie vermitteln Kenntnisse über die Grundlagen des deut- und rechtlichen Fragen des kommunalen Ausländer- schen Staates, der deutschen Geschichte und der deut- wahlrechts auseinandergesetzt. So war es im Koalitions- schen Gesellschaft. Sie schaffen die notwendigen Vo- vertrag beschlossen. Wir haben diesen Beschluss insbe- raussetzungen, um Bildungschancen und Angebote auf sondere mit der Sachverständigenanhörung im letzten dem Arbeitsmarkt nutzen, den Einbürgerungstest beste- Herbst auch erfüllt. hen und schlussendlich die deutsche Staatsbürgerschaft erwerben zu können. (Rüdiger Veit [SPD]: Und das Ergebnis war eindeutig!) Wie wichtig wir Integration nehmen, zeigt auch der symbolische Akt am 12. Mai. Da haben Migrantinnen Aus dieser Expertenanhörung habe ich für mich und und Migranten erstmals in der Geschichte der Bundes- für unsere Fraktion den Schluss gezogen, Herr Veit, dass republik Deutschland ihre Einbürgerungsurkunde im eine Änderung des Art. 28 Grundgesetz wodurch auch Kanzleramt erhalten. Drittstaatenangehörigen die Möglichkeit eines kommu- nalen Wahlrechts eingeräumt werden soll, wegen eines (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE Verstoßes gegen Art. 20 Grundgesetz verfassungswidrig GRÜNEN]: Das war eine peinliche Veranstal- ist. tung!) (Rüdiger Veit [SPD]: Exotische Auffassung! – Verbunden ist damit die eindeutige Einladung an viele Sebastian Edathy [SPD]: Das hat kaum einer weitere Migranten, sich einbürgern zu lassen. behauptet! – Josef Philip Winkler [BÜND- Das alles macht ganz deutlich: Wir haben Integration NIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war die Minder- zu einer nationalen Aufgabe erhoben. Entscheidend ist heitsmeinung! – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/ also, dass wir uns intensiv um eine gelungene Integra- DIE GRÜNEN]: Was war die Mehrheitsmei- tion bemühen und nicht so tun, als ob infolge der Ge- nung?) währung des Wahlrechts Integration funktioniere. In Deutschland wird die Staatsgewalt vom Volk in (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Rüdiger Wahlen und Abstimmungen sowie durch besondere Or- Veit [SPD]: Nicht nur, sondern auch!) gane der Gesetzgebung, der Verwaltung und der Recht- sprechung ausgeübt. Dieses Prinzip der Volkssouveräni- (D) (B) – Genau, Herr Veit. tät gehört unstrittig, meine ich, zu den Grundsätzen des Das Wahlrecht bildet das Kernstück der politischen Art. 20 Abs. 2, wonach das Staatsvolk die Staatsgewalt Beteiligung in einer Demokratie. Das ist einer der weni- innehat, zu Grundsätzen, die durch die Ewigkeitsgaran- gen richtigen Sätze im Antrag der Linken, Frau tie nach Art. 79 Abs. 3 geschützt sind. Dağdelen. Wie so oft ziehen Sie falsche Rückschlüsse. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE Die richtige Konsequenz aus dieser Erkenntnis ist, dass GRÜNEN]: Aber doch nicht im Gemeinde- das Wahlrecht einer Integration nachfolgen muss und rat!) nicht an deren Anfang stehen darf. (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: So ist es!) Dieses Staatsvolk wird nach einer unter den Sachver- ständigen und Rechtsgelehrten stark vertretenen Auffas- Nur wer sich nach einer gelungenen Integration zu unse- sung von den deutschen Staatsangehörigen und den ih- rem Land, zu unserer Werteordnung, zu unserem Grund- nen nach Art. 116 gleichgestellten Personen gebildet und gesetz bekennt und sich deshalb einbürgern lässt, kann nicht durch die Gesamtheit der auf Dauer hier lebenden auch mit das größte Privileg unserer Demokratie, das Bevölkerung. Wahlrecht nämlich, für sich in Anspruch nehmen. (Sebastian Edathy [SPD]: Wie viele Sachver- (Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip ständige haben das behauptet? Einer oder Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was zwei?) ist mit den anderen Staaten in Europa? – Se- vim Dağdelen [DIE LINKE]: Was ist mit den Die Eigenschaft als Deutscher ist also der Anknüpfungs- europäischen Bürgern?) punkt für die Zugehörigkeit zum Volk im Sinne des Art. 20 als Träger der Staatsgewalt, die wiederum durch – Dazu komme ich gleich, Herr Winkler. Wahlen ausgedrückt wird. Es ist vollkommen falsch, so zu tun, als seien Migran- (Sebastian Edathy [SPD]: Das ist doch bei den ten ohne Wahlrecht von unserer Gesellschaft ausge- EU-Bürgern auch nicht!) schlossen. Die gesellschaftliche Teilhabe vollzieht sich durch das Zusammenleben in den Städten und Stadttei- – Dazu komme ich gleich. – Wer Deutscher ist, kann der len, durch das Mitwirken in Vereinen und Verbänden Gesetzgeber im Staatsangehörigkeitsrecht regeln. Der und bei öffentlichen Veranstaltungen. Migranten berei- sogenannten Herrschaft in Deutschland unterworfen zu chern unser soziales Leben, indem sie ihre Traditionen, sein, sich an Gesetze halten zu müssen und Steuern zu Bräuche und Kultur pflegen. Unser Land lebt von der zahlen, ist allerdings kein Kriterium. 24680 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Ingo Wellenreuther (A) (Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- den Unterschied aus: Durch ihn wird man vom bloßen (C) NEN]: Was ist mit den Franzosen?) Mitglied der Zivilgesellschaft zum Mitglied der politi- schen Gemeinschaft. Das Gleiche gilt für die Ebene der Länder, der Städte und der Gemeinden. Auch dort wird die Staatsgewalt nur (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – vom Volk, das heißt, den deutschen Staatsangehörigen, Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Sie behindern ausgeübt, die die jeweilige Vertretung zu wählen haben. doch die Einbürgerung von Menschen! So ein Jetzt komme ich zu Ihrem Einwand. Auf kommunaler Quatsch! Immer weniger Leute können in Ebene besteht tatsächlich eine Ausnahme. EU-Bürger Deutschland eingebürgert werden! Irreal!) genießen seit 1992 eine Sonderbehandlung und haben Im Gegensatz zu den Befürwortern des kommunalen einen anderen Status. Das hat allerdings nicht mit einer Ausländerwahlrechts hält unsere Fraktion die Integration angeblich unerträglichen und ungerechten Ungleichbe- für einen Prozess, an dessen Ende die Erteilung des handlung zu tun und ist ebenso wenig skandalös, son- Wahlrechts steht, geknüpft an die Verleihung der Staats- dern ist im Auftrag der europäischen Integration, der bürgerschaft. schon seit 1949 in der Präambel des deutschen Grundge- setzes steht, begründet. Zum Ende möchte ich noch auf den Einwand einge- hen, dass sich aus der „Betroffenheit durch Staatsge- (Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- walt“ angeblich ein kommunales Wahlrecht ableiten NEN]: Also doch Integration!) lasse. Auch dieses Argument ist meines Erachtens schief Genau das und nur das hat das Bundesverfassungs- und unpassend. Unstreitig am meisten betroffen sind gericht im Urteil aus dem Jahre 1990 erwähnt. Bezogen nämlich Drittstaatenangehörige durch die bundesgesetz- auf Drittstaatenangehörige hat das Bundesverfassungs- lichen Regelungen des Ausländerrechtes. Deshalb würde gericht keine entsprechende Äußerung gemacht. sich danach, wenn schon, insgesamt ein Wahlrecht ablei- ten lassen. Dass dies nicht unserem Grundgesetz ent- (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: So ist es!) spricht und verfassungswidrig wäre, habe ich vorhin Insoweit schafft Art. 23 des Grundgesetzes eine ganz be- schon ausgeführt. sondere Legitimationsgrundlage für ein kommunales (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE Wahlrecht für EU-Ausländer. GRÜNEN]: Wir wollen ja auch die Verfassung (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) ändern!) Deshalb liegt darin gerade auch kein Verstoß gegen Das Bundesverfassungsgericht hat klargemacht, dass es Art. 3; denn – das haben Sie, Herr Grindel, vorhin schon mit dem Begriff des Volkes durchgängig das deutsche (B) (D) eingeworfen – es gilt der alte Rechtsgrundsatz, wonach Volk meint, definiert über die Staatsangehörigkeit, und man Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandeln nicht die mitbetroffenen Anwesenden auf deutschem muss. Staatsgebiet. Die beabsichtigte Grundgesetzänderung ist auch nicht (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE schon deshalb tolerabel, weil es ja allein um die kommu- GRÜNEN]: Das Letzte gilt aber für die Bevöl- nale Ebene gehe und das damit nicht so schlimm sei. Das kerung, nicht nur für das Volk!) Bundesverfassungsgericht hat nämlich entschieden, dass Kommunen gegenüber den Ländern und dem Bund Meine Damen und Herren, ebenso wenig Maßstab für keine Sonderstellung genießen. Die Ausübung der die Einführung eines kommunalen Ausländerwahlrechts Staatsgewalt in Kommunen ist genauso Ausübung von kann die Tatsache sein, dass 16 EU-Staaten ein solches Staatsgewalt wie jede andere auch. Deshalb benötigen Wahlrecht gewähren. Im Übrigen zeigen gerade die Zah- wir für die Ausübung von Staatsgewalt eine einheitliche len aus Dänemark oder Holland, dass dieses kommunale Legitimationsgrundlage, nämlich die Zugehörigkeit zum Wahlrecht nicht zu einer höheren Wahlbeteiligung führt, deutschen Staatsvolk. sondern eher das Gegenteil der Fall ist. (Zurufe von der LINKEN) (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Dann schaf- fen wir doch auch das Wahlrecht hier ab!) Selbstverständlich besteht ein Menschenrecht auf politische Teilhabe; auch dies hat das Bundesverfas- Das heißt also, die Verleihung eines kommunalen Wahl- sungsgericht bereits ausgesprochen, und zwar als Auf- rechts führt dort offenbar gerade nicht zu einer stärkeren trag an den jeweiligen Staat. Nur hat es auch gesagt, dass politischen Teilhabe. der Weg, den unsere Verfassung vorzeichnet, um diesen (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Dann können Anspruch einzulösen, der Weg über die Einbürgerung wir die Europawahl aber auch abschaffen!) ist. Die Verleihung des politischen Mitbestimmungs- rechtes ist die Krone der Einbürgerung. So haben es die Zusammenfassend ist zu sagen, Frau Dağdelen: Es Sachverständigen formuliert. sprechen sowohl politische als auch rechtliche Argu- mente gegen die vorgeschlagene Einführung eines kom- (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Was Sie munalen Ausländerwahlrechts. Wir als CDU/CSU-Frak- immer stärker behindern!) tion lehnen daher die Anträge ab und werden uns – Was soll denn Einbürgerung, Frau Dağdelen, sonst weiterhin mit besten Kräften dafür einsetzen, dass Inte- noch bedeuten? Gerade der Akt der Einbürgerung macht gration in unserem Land gelingt. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24681

Ingo Wellenreuther (A) (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Ausgrenzung Wahlbeteiligung bei den Europawahlen im Vergleich zu (C) meinen Sie!) den Bundestagswahlen. Viele Menschen sehen offenbar zu wenig Einflussmöglichkeiten auf die Entscheidungen Herzlichen Dank. der EU. (Beifall bei der CDU/CSU – Sevim Dağdelen Gerade als Zuwanderungsland brauchen wir eine of- [DIE LINKE]: Repression meinen Sie, nicht fene Haltung gegenüber Zuwanderern, die wir für die Integration!) Weiterentwicklung dieses Landes brauchen. Menschen, die zu uns kommen, brauchen ein klares Signal, dass sie Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: willkommen sind. Die Kollegin Sibylle Laurischk ist die nächste Redne- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten rin für die Fraktion der FDP. der SPD und der LINKEN) (Beifall bei der FDP) Ein solches Signal kann das kommunale Wahlrecht für Nicht-EU-Ausländer sein. Sibylle Laurischk (FDP): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Partizi- Allerdings können wir das kommunale Wahlrecht pation am demokratischen Prozess ist ein Eckpfeiler un- auch nicht verschenken. serer Demokratie. Das aktive und passive Wahlrecht ist (Beifall bei der FDP) ein zentrales Bürgerrecht. In Wahlen bringen die Bürger ihre Meinung und ihren Willen zum Ausdruck. Wahlen Beim vorliegenden Gesetzentwurf sind die Hürden zur sind die notwendige Rückkopplung des einzelnen Bür- Gewährung des kommunalen Wahlrechts so gering ge- gers an die politisch Handelnden. Es sollten sich also setzt, möglichst viele Menschen aktiv wie passiv an Wahlen beteiligen können. In Deutschland ist dies Deutschen ab (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Das ist die dem 18. Lebensjahr uneingeschränkt möglich. Zusätz- Bundesratsinitiative, Frau Laurischk!) lich sind Bürger aus den EU-Ländern bei Kommunal- dass es keine Prüfung mehr darstellt, ob die Betreffen- wahlen stimmberechtigt und wählbar. Dem steht gegen- den sich tatsächlich als Bürger ihrer Kommune verste- über, dass Zuwanderer aus Nicht-EU-Ländern in der hen, in der sie leben und für ihre Mitbürger wirken wol- Kommune zwar die gleichen Pflichten wie alle Mitbür- len. ger haben, aber nicht mitbestimmen dürfen. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE (B) Wieder stellt sich die Frage, ob das Wahlrecht am An- GRÜNEN]: Warum sollen sie denn dann wäh- (D) fang oder am Ende des Integrationsprozesses stehen soll. len gehen? Es ist doch keine Wahlpflicht!) Die FDP ist der Meinung, dass die Gewährung eines kommunalen Wahlrechts für Nicht-EU-Ausländer Wir lehnen daher den vorliegenden Antrag und den Ge- grundsätzlich ein sinnvoller Schritt auf dem Weg zu ei- setzentwurf ab. ner gelungenen Integration sein kann. Ich möchte noch auf einen Punkt hinweisen, der mei- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten ner Meinung nach bei der Diskussion über die Beteili- der SPD) gung von Zuwanderern an den kommunalen Wahlen leicht übersehen wird, nämlich die Beteiligung von Aus- Allerdings sind eine bestimmte Aufenthaltsdauer und die siedlern. Wir haben zurzeit in verschiedenen Bundeslän- Integration in die Gesellschaft erforderlich. Dann kann dern Kommunalwahlen. Es ist festzustellen – ich weiß das kommunale Wahlrecht eine Ermutigung sein, den das in meiner kommunalpolitischen Praxis –, dass sich Weg über eine gelungene Integration zur Einbürgerung gerade Deutsche, die aus dem Gebiet der Russischen Fö- zu gehen. deration zugewandert sind, zu wenig an kommunalen (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE Wahlen beteiligen. Das ist meiner Ansicht nach ein Pro- GRÜNEN]: Stimmt doch einfach zu!) blem, das wir auch ansprechen müssen, wenn wir über die Möglichkeit sprechen, Zuwanderern das kommunale Ein erster Schritt kann dabei sein, ein Mitentschei- Wahlrecht zu gewähren. Wir als Parteien sind gefordert, dungsrecht auf kommunaler Ebene ausgeübt zu haben. die Menschen, die zu uns kommen, aufzufordern, zu Es ist ein Zeichen an die Migranten, dass sie als Bürger kandidieren und sich an den Wahlen auf der ersten einer Stadt oder einer Gemeinde dazugehören sollen und Ebene, den kommunalen Wahlen, zu beteiligen. Ich ernst genommen werden. glaube, dass wir in diesem Bereich noch zu wenig An- strengungen unternehmen. Hier können wir ein wichti- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten ges Signal setzen. der SPD) Wir alle sind aufgefordert, in der nächsten Legislatur- Dies scheint mir sogar der wichtigste Aspekt bei dieser periode in der Frage des kommunalen Wahlrechts end- Diskussion zu sein. Nur wer ein echtes Mitbestim- lich eine Lösung zu finden und es in breitem Konsens mungsrecht hat, ist auch anderweitig an der Entwicklung einzuführen. der Gesellschaft interessiert, in der er dieses Recht hat und ausübt. Exemplarisch ist die traditionell niedrige (Beifall bei der FDP und der SPD) 24682 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Wenn es um die Entscheidung zum schleswig-holstei- (C) Klaus Uwe Benneter ist der nächste Redner für die nischen Kommunalwahlrecht geht, muss man hinzufü- SPD-Fraktion. gen, dass das Bundesverfassungsgericht klargemacht hat, dass ein Landesgesetzgeber Derartiges nicht ent- Klaus Uwe Benneter (SPD): sprechend regeln könne. Deshalb gehen der Gesetzent- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! wurf der Grünen und die Anträge der Linken, den Bun- Wir von der SPD-Fraktion haben vollstes Verständnis desgesetzgeber aufzufordern, das in der Verfassung und für das, wofür die Linken und auch die Bündnisgrünen einzelgesetzlich zu korrigieren, in die richtige Richtung. eintreten. Die Einführung des kommunalen Wahlrechts (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Gut erkannt!) für Nicht-EU-Ausländer ist schon lange ein Anliegen von uns Sozialdemokraten; da gab es weder die Grünen Von denen, die ihre latente Fremdenfeindlichkeit im- noch die Linken. mer ein bisschen mitschwingen lassen, (Beifall bei der SPD – Sevim Dağdelen [DIE (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: He!) LINKE]: Eine solche Initiative habe ich im Bundestag noch nie gesehen! – Fritz Rudolf kommt immer das Argument, die Ausländer könnten je- Körper [SPD]: Wo der Kollege Benneter recht derzeit wieder nach Hause gehen; sie müssten ja nicht hat, hat er recht!) wie wir Deutschen hier am Ort verharren. Warum wir den Vorlagen heute dennoch nicht zustim- (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Was hat die- men können, hat Frau Kollegin Dağdelen schon ausge- ses Argument mit Fremdenfeindlichkeit zu führt. Wir haben einen Koalitionspartner, der trotz tun? Es ist doch wahr!) langen Drängens und trotz aller Versuche in den Koali- Man könne ihnen kein kommunales Wahlrecht geben, tionsvereinbarungen nicht mitgemacht hat. weil sie von der deutschen Politik nicht dauerhaft betrof- (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Ich sage nur: fen seien. Ich meine, dass von den Kindergartenbeiträ- Mehrwertsteuer!) gen, die in der Kommune beschlossen werden, wie von den Schlaglöchern auf den Straßen der Kommune alle Warum, das ist eben vorgetragen worden. gleichermaßen betroffen sind, egal ob Nicht-EU-Auslän- (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Ich dachte, der, EU-Ausländer oder Deutsche. Sie sind hier Ihrem Gewissen verpflichtet!) (Ingo Wellenreuther [CDU/CSU]: Genau das Vielleicht noch einmal kurz zu dem rechtlichen Argu- ist nicht der Maßstab!) (B) ment, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Dies ist Es ist für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokra- (D) ja vom Bundesverfassungsgericht dahin gehend interpre- ten ein Grundanliegen, dass endlich erkannt wird, dass tiert worden, dass es nur um das deutsche Volk gehe. es auch eine Frage der Menschenwürde – Art. 1 unseres Zum Glück haben wir einen Künstler gefunden, der uns Grundgesetzes – ist, wie wir mit diesen Menschen um- hier im Hof vor Augen hält, dass wir mehr sind als nur gehen. das deutsche Volk, dass eigentlich die ganze Bevölke- rung gemeint ist. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LIN- KEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem NEN – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Dann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) macht mal was!) Darum geht es: Hier sollte nicht nur das deutsche Volk vertreten sein – dies gilt erst recht in den Kommunen –; Die Union schämt sich nicht einmal, die Symbol- vielmehr ist die ganze Bevölkerung zur Teilhabe und da- show, die im Kanzleramt zur Einbürgerung veranstaltet mit zur Mitsprache und zur Mitentscheidung aufgerufen. wird, als gutes Beispiel für Integration vorzuführen. Wir haben nach der Entscheidung des Bundesverfas- (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LIN- sungsgerichts die Verfassung an dieser Stelle korrigiert: KEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- Wir haben EU-Ausländern das kommunale Wahlrecht NEN – Ingo Wellenreuther [CDU/CSU]: Für eingeräumt. Das ist ein wesentlicher Unterschied gegen- die Vergangenheit müssen allenfalls Sie sich über der Situation, als das Bundesverfassungsgericht schämen!) darüber zu entscheiden hatte. Ich denke, wir haben hier Also wirklich! Wenn Sie in Sachen Einbürgerung etwas ein klares Signal gesetzt. Mir fehlt aber jegliche Argu- tun wollen, dann schaffen Sie endlich die Optionsrege- mentation, einen Unterschied zu machen zwischen ei- lung ab und geben Sie den Leuten die Möglichkeit, ihre nem Portugiesen, der, wenn er wenige Wochen seinen Staatsbürgerschaft zu behalten. Wohnsitz hier hat, mitwählen darf, und einem Norweger, der dieses Recht nicht hat, auch wenn er schon zehn (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LIN- Jahre hier wohnt. KEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN) (Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE Das ist es, was wir meinen, wenn wir sagen, dass wir GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Das nicht dauernd neue Gipfel brauchen, sondern konkrete kann ich mir vorstellen!) Verbesserungen für die Menschen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24683

Klaus Uwe Benneter (A) (Beifall der Abg. Ekin Deligöz [BÜND- Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): (C) NIS 90/DIE GRÜNEN]) Ich hoffe, Sie bekommen mit Ihrem Koalitionspartner jetzt nicht zu viel Ärger. Das ist besser als Sonntagsreden, das ist konkrete Inte- gration. Nun zu meiner Frage. Ich habe Ihrer wohlwollenden Rede zum Kommunalwahlrecht sehr genau zugehört. Sie (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das Options- haben ausgeführt, dass das Kommunalwahlrecht ein jah- modell ist in Ihrer Regierungszeit beschlossen relanges Anliegen der Grünen sei. Ich erinnere mich worden!) aber, dass Rot-Grün in der letzten und vorletzten Legis- Wenn es um das kommunale Wahlrecht geht, sage laturperiode an der Regierung war. ich: Man muss mitentscheiden können, was vor der eige- (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!) nen Haustür passiert. (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Wer hat denn Wenn das tatsächlich ein Anliegen von Rot-Grün war, das Optionsmodell beschlossen, Herr Benne- interessiert mich, warum es nicht durchgesetzt wurde. ter? Das ist doch Ihre Regierung gewesen! (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Gute Frage!) Rot-Grün hat das beschlossen! – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Das ist Wahlkampf!) Ich erinnere mich, dass die PDS im Jahre 1998 in Frak- tionsstärke im Bundestag vertreten war. Wir hätten dem Diese Form der Teilhabe ist ein Menschenrecht. Ich habe damals natürlich zugestimmt. schon darauf hingewiesen: Durch Teilhabe wird die Be- reitschaft gesteigert, sich einzubringen und mitzuwirken. (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: So, Genosse Dadurch wird ein neues Zugehörigkeitsgefühl geschaf- Benneter, jetzt wird es ein bisschen schwie- fen. Insofern sind wir alle aufgerufen, die guten Bei- rig!) spiele für Integration, die es in Schweden und in den Niederlanden gibt, aufzugreifen. Auch das sollte man Klaus Uwe Benneter (SPD): sich merken: Dort gibt es nicht nur ein kommunales Frau Kollegin, Sie wissen ganz genau, dass die erste Wahlrecht für Nicht-EU-Ausländer, dort gibt es auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahre meisten Einbürgerungen. Das heißt, das Wahlrecht be- 1990 gefällt wurde. Wir haben das Wahlrecht für EU- fördert die Einbürgerungsbereitschaft und kommt unse- Ausländer erst später eingeführt. Das halte ich für einen ren Integrationsbemühungen entgegen. Wir wollen die ganz wesentlichen Punkt. Heute wäre es möglich, ein Leute nicht draußenhalten; diesen Eindruck bekommt solches kommunales Wahlrecht auch sozusagen gegen man von der CDU/CSU. Wir wollen sie integrieren. Wir (B) den Wortlaut der ursprünglichen Entscheidung des Bun- (D) wollen sie bei uns haben, und wir wollen, dass sie sich desverfassungsgerichts in die Verfassung einzubringen. hier möglichst zugehörig und zu Hause fühlen. Daher brauchen wir das kommunale Wahlrecht. (Ingo Wellenreuther [CDU/CSU]: Was hat das mit Rot-Grün zu tun?) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Insofern muss man akzeptieren, dass sich zwischen 1990 und 2009 überall etwas getan hat. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Reinhard Herr Benneter, der Applaus gibt mir Gelegenheit, Sie Grindel [CDU/CSU]: Habt ihr das verstanden, zu fragen, ob Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Bul- Genossen? – Volker Kauder [CDU/CSU]: ling-Schröter zulassen. Benneter, es reicht jetzt!) Nachdem wir den Beitrag von Frau Laurischk gehört Klaus Uwe Benneter (SPD): haben, können wir sicher sein, dass wir nach der Bun- Ja. destagswahl die ausreichende Mehrheit in diesem Hause haben werden, um einen wichtigen und konkreten Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Schritt für die Integration von Nicht-EU-Ausländern zu Bitte. machen und das kommunale Wahlrecht auch für sie durchzusetzen. Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): (Widerspruch bei der FDP) Kollege Genosse Benneter! Dann sind wir auf dem richtigen Weg. Insofern können (Lachen bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP wir das heute als Vorbereitung begreifen. Wir müssen und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – deutlich machen, dass CDU und CSU an dieser Stelle Reinhard Grindel [CDU/CSU]: So was kommt immer wieder latent versuchen, ihre Fremdenfeindlich- von so was!) keit zum Ausdruck zu bringen. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: NIS 90/DIE GRÜNEN – Reinhard Grindel Das ist kein unparlamentarischer Ausdruck. Das muss [CDU/CSU]: Jetzt ist es aber gut! – Weitere ich nicht rügen. Zurufe von der CDU/CSU) 24684 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Klaus Uwe Benneter (A) Das müssen wir hier einmal ganz deutlich machen. Sie Art? – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Der war (C) versuchen immer, mit unseren ausländischen Mitbürge- mal Generalsekretär! – Dr. h. c. Hans Michel- rinnen und Mitbürgern Wahlkampf zu machen. bach [CDU/CSU]: Der Einzige, der Wahl- kampf macht, sind Sie! Unglaublich! Das war (Ingo Wellenreuther [CDU/CSU]: Ist der noch das Vorspiel für Rot-Rot! Das war ein rot-rotes geschäftsfähig?) Vorspiel!) Lassen Sie das! Wir werden die Mehrheit dagegenset- zen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem Ich erteile als Nächstem dem Kollegen Josef Winkler BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) für Bündnis 90/Die Grünen das Wort. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Ich gebe zunächst dem Kollegen Kauder zu einer Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Kurzintervention das Wort. NEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Volker Kauder (CDU/CSU): Kollegen! Es freut mich, dass die eben so gelobte Inte- Herr Kollege Benneter, ich habe mich zu Wort gemel- grationsbeauftragte der Bundesregierung, die es nicht für det, weil Sie die CDU/CSU-Bundestagsfraktion direkt nötig befunden hat, der Debatte beizuwohnen, inzwi- angesprochen haben. schen eingetroffen ist. Herzlich willkommen! (Zuruf von der SPD: Aber nicht Sie persön- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) lich!) Ich habe es jetzt ein bisschen schwer, weil die Ich muss sagen: Aus der Sicht eines Koalitionspartners schlimmsten Beschimpfungen alle schon gekommen ist es schon unhaltbar, was Sie hier abgeliefert haben. sind: Zynisch! Heuchlerisch! Fremdenfeindlich! – Nun (Beifall bei der CDU/CSU) gut. Ich weise Ihre Aussage, dass man fremdenfeindlich ist, (Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ wenn man Ihrem Vorschlag nicht folgt, in aller Form zu- DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN rück. Das war eine böse Entgleisung, die Sie sich hier sowie bei Abgeordneten der SPD) geleistet haben, Herr Benneter. Wer dauerhaft in Deutschland lebt, soll (B) (Beifall bei der CDU/CSU) (D) (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Sich einbür- gern lassen!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Benneter zur Antwort, bitte schön. demokratisch mitbestimmen dürfen. Deshalb setzen wir von Bündnis 90/Die Grünen uns für ein kommunales Klaus Uwe Benneter (SPD): Ausländerwahlrecht ein. Herr Kollege Kauder, den Zusammenhang, den Sie (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie geschildert haben, habe ich so nicht hergestellt. des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD]) (Lachen bei der CDU/CSU – Reinhard Grindel Herr Kollege Grindel, weil Sie immer sagen, man [CDU/CSU]: Natürlich! Ganz direkt!) solle sich einbürgern lassen, muss ich Ihnen sagen: Sie Ich habe davon gesprochen, dass ich es – nach meinem wirken halt ein bisschen abschreckend. Empfinden – als latente Fremdenfeindlichkeit empfinde, (Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Ent- Manche wollen nicht mit Ihnen die Staatsbürgerschaft schuldigung!) teilen. Es wird immer eine gewisse Minderheit geben, wenn hier immer, gerade in Wahlkämpfen, der Versuch die das so sieht. unternommen wird – wir versuchen die Ausländerinnen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Ausländer in Deutschland zu integrieren, und bei der LINKEN – Hartmut Koschyk (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das ist doch [CDU/CSU]: Josef, jetzt ist aber gut!) gerade der Weg der Einbürgerung!) Bereits im Jahre 1986 stellte der heutige Bundesver- ihnen die gleiche Menschenwürde und das gleiche Men- fassungsrichter Brun-Otto Bryde die grundlegende schenrecht auf Teilhabe in Deutschland zu gewähren –, Frage, ob unsere Demokratie auf Dauer einen erhebli- in dieser Art und Weise gegenzuhalten. In diesen Zusam- chen Teil ihrer Wohnbevölkerung von demokratischer menhang habe ich das gestellt. Partizipation ausschließen kann. Unsere Antwort hierauf ist ganz eindeutig: Nein. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Reinhard (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Grindel [CDU/CSU]: Was ist denn das für eine sowie bei Abgeordneten der SPD) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24685

Josef Philip Winkler (A) In Deutschland lebende Franzosen, Spanier und Polen haltsdauer fordern. Sie versprechen in Ihrem Wahlpro- (C) dürfen bereits an den Wahlen zu Stadt- und Gemeinderä- gramm für die Bundestagswahl die Einführung eines sol- ten teilnehmen. Wer aber einen türkischen, vietnamesi- chen Wahlrechts auf der Ebene der Kommunen, hier schen oder amerikanischen Pass hat, hat in der Kommu- aber stimmen Sie gegen einen gut begründeten Gesetz- nalpolitik bisher kein Stimmrecht. entwurf und zwei Anträge. Das nimmt Ihnen auch nie- mand aus der betroffenen Bevölkerungsgruppe ab. Frau Kollegin Laurischk, wir sehen natürlich eine Mindestaufenthaltsdauer vor. Das Wahlrecht soll nur für (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diejenigen gelten, die ein Daueraufenthaltsrecht besit- und bei der LINKEN) zen, und dafür muss man bestimmte Voraussetzungen er- füllen. Integration ist mehr als nur Sprachförderung. Es geht um eine gleichberechtigte Teilhabe für die Menschen, Um die bestehende Ungleichbehandlung zu verän- die hier eine Heimat gefunden haben. Das kommunale dern, ist eine Änderung des Art. 28 des Grundgesetzes Wahlrecht fördert die Identifikation mit unserem Ge- erforderlich. Wir haben einen entsprechenden Vor- meinwesen und sorgt damit für mehr Integration. schlag präsentiert. In der Anhörung, Herr Kollege Wel- lenreuther, die Sie erwähnt haben, befanden Sie sich Herr Kollege Wellenreuther, Sie hatten es eben für mit der Position, die Sie vertreten haben, absolut in der nötig befunden, darauf hinzuweisen, in zwei der 16 EU- Minderheit. Das hätten Sie eben ehrlicherweise hinzu- Staaten, die das kommunale Wahlrecht eingeführt haben, fügen können. sei die Wahlbeteiligung in dieser Bevölkerungsgruppe – salopp gesagt – nicht so doll. Insgesamt haben es aber (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16 Staaten eingeführt. Es wird einen Grund dafür geben, sowie bei Abgeordneten der LINKEN) dass Sie die anderen 14 Staaten nicht erwähnt haben. Damit haben Sie sich in Ihrer Argumentation quasi Dass wir nicht sehenden Auges verfassungswidrige selbst überführt. Gesetzentwürfe einbringen, davon dürfen Sie zunächst einmal ausgehen. Wir haben einen Gesetzentwurf einge- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bracht, der vom Bundesrat bereits 1987 beraten wurde. sowie bei Abgeordneten der SPD – Ingo Wel- Auch in dieser Legislaturperiode liegt eine gleichlau- lenreuther [CDU/CSU]: Ich hatte nur neun Mi- tende Bundesratsinitiative meines Heimatlandes Rhein- nuten Redezeit, Herr Winkler!) land-Pfalz vor. Diese haben wir aufgegriffen. Sie werden doch wohl nicht im Ernst behaupten wollen, dass mein Außerdem wollen wir keine Wahlpflicht, sondern ein Landesvater, Kurt Beck, ein Antidemokrat ist, der die Wahlrecht. (B) Verfassung nicht achtet. Integration kann auf verschiedenen Wegen gelingen. (D) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Beim einen gelingt Integration dadurch, dass er sich am und bei der SPD – Christian Lange [Back- Ende eines langen Prozesses einbürgern lässt, während nang] [SPD]: Guter Mann!) ein anderer aus verschiedensten Gründen, die man nach- vollziehen kann oder nicht, eine fremde Staatsangehörig- – Klatschen Sie ruhig, meine Damen und Herren von der keit behalten und gleichwohl den Rest seines Lebens in SPD. Gleich haben Sie keine Gelegenheit mehr dazu. unserem Land verbringen möchte. Wir wollen das er- (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) möglichen und sind der Meinung, dass man sich trotz Beibehaltung der anderen Staatsbürgerschaft in unserem Herr Kollege Benneter, Sie haben Bemerkenswertes Gemeinwesen auf kommunaler Ebene engagieren kön- gesagt. Im Innenausschuss haben Sie eine Rede gehal- nen soll, nicht auf weiteren Ebenen, Herr Kollege Ben- ten, die den Tenor hatte: Wir finden Ihren Gesetzentwurf neter. super, aber wir lehnen ihn trotzdem ab. Das ist für mich ein bisschen zu dialektisch. Als Krankenpfleger bin ich (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, nicht so ausgebildet wie Sie als Genosse, aber das ist in bei der SPD und der LINKEN) meinen Augen unlogisch. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Damit schließe ich die Aussprache. sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Noch ulkiger wird es, wenn man sieht, dass Sie ein sol- Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/13165 mit dem ches kommunales Wahlrecht in Ihrem Bundestagswahl- Titel „Teilhabe ermöglichen – Kommunales Wahlrecht programm versprechen. Es tut mir leid. Ich glaube, das einführen“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Gegenstim- Versprechen nimmt Ihnen niemand ab. men? – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag abgelehnt (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Zustimmung durch die einbringende Fraktion und und bei der LINKEN) die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die übrigen Frak- tionen haben den Antrag abgelehnt. Jetzt zur FDP: In der Anhörung hat Ihr Sachverständi- ger, der ehemalige Bundesminister Schmidt-Jortzig, die Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion Einführung des kommunalen Ausländerwahlrechts für Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des Grundgeset- zulässig erklärt. Sie haben eben begründet, dass Sie da zes (Kommunales Ausländerwahlrecht). Der Innenaus- keinen Widerspruch sehen, aber eine Mindestaufent- schuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung 24686 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) auf Drucksache 16/13033, den Gesetzentwurf der Frak- Zwei Jahre Europa-Vereinbarung – Bundes- (C) tion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/6628 ab- regierung muss ihre Verpflichtungen unver- zulehnen. Wir stimmen über den Gesetzentwurf auf Ver- züglich vollständig erfüllen langen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen namentlich ab. – Drucksachen 16/12109, 16/13205 – Berichterstattung: Damit Sie sich darauf einstellen können, weise ich Abgeordnete Michael Stübgen darauf hin, dass wir später noch eine weitere namentli- Michael Roth (Heringen) che Abstimmung durchführen werden. Markus Löning Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die Dr. Diether Dehm vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Sind alle Urnen be- Rainder Steenblock setzt? – Dann eröffne ich die Abstimmung. Es ist verabredet, hierzu eine halbe Stunde zu debat- Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das nicht tieren. – Dazu sehe ich keinen Widerspruch. Dann ist so die Gelegenheit hatte, seine Stimme abzugeben? – Das beschlossen. scheint nicht der Fall zu sein. Dann schließe ich die Ab- Ich eröffne die Aussprache, indem ich das Wort dem stimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schrift- Kollegen Michael Roth für die SPD gebe. führer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung wird Ihnen später be- (Beifall bei der SPD) kannt gegeben.1) Wir setzen die Abstimmungen fort. Es geht um die Michael Roth (Heringen) (SPD): Beschlussempfehlung des Innenausschusses auf Druck- Guten Abend, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen sache 16/13033. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 2 und Kollegen! Wir sind heute zusammengekommen, um seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags eine Zwischenbilanz eines für den Deutschen Bundestag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/5904 mit dem großen Erfolgsprojekts zu ziehen, nämlich der Vereinba- Titel „Kommunales Wahlrecht für Drittstaatenangehö- rung zwischen Bundestag und Bundesregierung in An- rige einführen“. Wir stimmen über die Beschluss- gelegenheiten der Europäischen Union. Wir können zu empfehlung auf Verlangen der Fraktion Die Linke Recht stolz auf diese Vereinbarung sein. Sie ist gut für namentlich ab. Ich bitte die Schriftführerinnen und Deutschland, und sie ist gut für Europa, weil sie die par- Schriftführer, die Plätze erneut einzunehmen. – Sind alle lamentarische Legitimation des europäischen Gesetzge- Urnen besetzt? – Das ist der Fall. Dann eröffne ich die bungsprozesses stärkt. Sie wird offensichtlich auch von (B) Abstimmung. den nationalen Parlamenten vieler anderer Staaten als (D) gut bewertet, die sich in den vergangenen Monaten und Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Jahren mit uns in Verbindung gesetzt haben, um uns zu Stimme nicht abgeben konnte? – Ich schließe die Ab- fragen: Wie habt ihr das erreicht? Wie sieht die konkrete stimmung. Das Ergebnis wird Ihnen später bekannt Umsetzung aus? – Es ist hilfreich, dass wir uns immer gegeben.2) Ich bitte die Schriftführerinnen und Schrift- wieder darüber verständigen, was aus dieser Vereinba- führer erneut, mit der Auszählung zu beginnen. rung werden kann und werden muss. Wir setzen die Beratungen fort. Es ist festzustellen: Hier bestehen nicht die klassi- schen Spannungsverhältnisse zwischen der Mehrheits- Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 16 auf: fraktion oder den Mehrheitsfraktionen einerseits und der a) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/ Opposition andererseits, sondern es besteht ein klassi- CSU, SPD und FDP sches Spannungsverhältnis zwischen dem Deutschen Bundestag als Ganzem auf der einen Seite und der Bun- Vereinbarung über Zusammenarbeit in Ange- desregierung auf der anderen Seite. Diesem Spannungs- legenheiten der Europäischen Union ist einzig- verhältnis müssen wir gerecht werden. artig in Europa – Auslegungsfragen müssen Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Kolleginnen geklärt, noch bestehende Defizite beseitigt und Kollegen von der FDP-Fraktion, die bereit sind, das werden hohe Maß an Geschlossenheit, das ich für notwendig er- – Drucksache 16/13169 – achte, auch weiterhin aufrechtzuerhalten. Ich bedaure sehr, dass die geschätzten Kolleginnen und Kollegen von b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- den Grünen nicht bereit waren, diesen Schritt der Ge- richts des Ausschusses für die Angelegenheiten meinsamkeit mitzugehen. der Europäischen Union (21. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Rainder Steenblock, Beispielhaft möchte ich drei Defizite ansprechen – ich Jürgen Trittin, Manuel Sarrazin, weiterer Abge- bin allerdings sehr optimistisch, dass wir diese drei Defi- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE zite nach der Klarstellung durch ein Schreiben der Bun- GRÜNEN desregierung werden beheben können –: Erstens haben wir es nunmehr hoffentlich geschafft, 1) Ergebnis Seite 24690 A dass die Herstellung des Einvernehmens, die als Bemü- 2) Ergebnis Seite 24688 A henszusage seitens der Bundesregierung in der Vereinba- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24687

Michael Roth (Heringen) (A) rung festgelegt wurde, durch ein verbindliches Verfahren auch durch den Deutschen Bundestag beim Vertrag von (C) geregelt wird und wir damit die Unklarheiten, die sich Lissabon als garantiert anzusehen. aus der etwas vagen Formulierung der Vereinbarung zwischen Bundestag und Bundesregierung ergeben ha- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten ben, beheben können. der CDU/CSU) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Deswegen ist die Vereinbarung zwischen Bundestag und der CDU/CSU) Bundesregierung eine Chance für mehr Europa. Sie stärkt unsere Rolle und ist damit auch eine Hilfe für die Der zweite Aspekt ist die Unterrichtung durch die Ar- Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Ich hoffe, beitsgruppen des Rates. Das Auswärtige Amt hat uns vor dass das Bundesverfassungsgericht auch alsbald eine einigen wenigen Jahren selbst mitgeteilt, dass 100 von Entscheidung treffen wird. 141 Ratsarbeitsgruppen im sogenannten Hauptstadtfor- mat tagen. Dahin gehend erwarte ich, dass die Unterrich- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie tung spätestens in der nächsten Legislaturperiode im bei Abgeordneten der FDP) Sinne des Deutschen Bundestages verbindlich geregelt wird. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind besser ge- worden, aber wir sind noch nicht gut genug. Deswegen In dem Schreiben der geschätzten Kollegen der Bun- hoffe ich, dass dieser Zwischenbilanz, die wir heute hier desregierung wird davon gesprochen, dass man hier mit- ziehen, immer wieder weitere Zwischenbilanzen, Evalua- tel- bis langfristig eine Regelung treffen wird. Das ist tionen, Kontrollen und gemeinsame Gespräche folgen. mir zu wenig. Ich möchte mich dabei ausdrücklich auch bei denjeni- (Beifall bei der SPD – Markus Löning [FDP]: gen bedanken, die uns hinter den Kulissen helfen, zum Wo sind sie denn? Wo sind sie denn?) Beispiel auch bei dem neu eingerichteten Europareferat der Bundestagsverwaltung. Ich habe den Eindruck, dass – Ich suche schon ständig. Sie sind gar nicht da. nicht nur wir als Europapolitiker, sondern auch die Fach- (Markus Löning [FDP]: Sie mögen es nicht ausschüsse mehr einbezogen werden und dass die Infor- hören! – Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/ mationen, die wir auch von den Kolleginnen und Kolle- DIE GRÜNEN]: Es kommt gleich der Ham- gen Mitarbeitern in Brüssel erhalten, hilfreich für unsere melsprung!) Arbeit sind.

(B) – Das ist schade, aber wir schätzen die beiden Kollegen Zum Schluss will ich mich – mir sei das gestattet – (D) trotzdem. auch noch einmal ausdrücklich bei einem unserer Mitar- beiter bedanken, der uns am Samstag in Richtung Verei- (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU) nigte Staaten von Amerika leider verlassen wird, näm- Drittens – hier bin ich auch den Mitstreitern der FDP lich bei Christoph Thum. Er ist einer der Mitarbeiter, die dankbar, dass sie noch einmal den Finger in die Wunde über Fraktionsgrenzen hinweg sicherlich ein hohes An- gelegt haben – geht es uns insbesondere um eine bessere sehen genießen. Er hat auf der Mitarbeiterebene sehr Unterrichtung im Bereich der Gemeinsamen Außen- und dazu beigetragen, dass diese BBV parlamentsfreundlich Sicherheitspolitik. Hier ist uns nunmehr eine indikative formuliert worden ist. Ich bedauere, dass er uns für vier Vorausschau zugesagt worden. Das kann hilfreich sein, Jahre verlässt. Ein guter Europäer wird aber sicherlich weil wir alle wissen, dass die parlamentarische Dimen- auch in den Vereinigten Staaten von Amerika gebraucht. sion auf EU-Ebene im Bereich der Außen- und Sicher- Ich wünsche ihm alles Gute. heitspolitik leider noch am schwächsten ausgeprägt ist. Vielen Dank. Hier ist eine starke Einbeziehung der nationalen Parla- mente, vor allem auch des Deutschen Bundestages, (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) wichtig und hilfreich.

(Beifall bei der SPD) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Natürlich sind die Verhandlungen und die Gespräche Ich möchte Ihnen jetzt zunächst die Ergebnisse der zwischen uns und der Bundesregierung niemals einfach, namentlichen Abstimmungen bekannt geben. weil natürlich jeder seine Verantwortung wahrzunehmen Erstens. Namentliche Abstimmung über die Be- hat. Ich sage aber allen Skeptikern, die leider nicht nur in schlussempfehlung des Innenausschusses zu dem An- der Bundesregierung sitzen: Die BBV hat uns geholfen, trag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Katrin Kunert, vor allem auch bei unseren Verhandlungen beim Bun- Petra Pau, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Die desverfassungsgericht in Karlsruhe. Linke mit dem Titel „Kommunales Wahlrecht für Dritt- (Markus Löning [FDP]: Das wird sich zeigen!) staatenangehörige einführen“ – es geht um die Druck- sachen 16/5904 und 16/13033 –: abgegebene Stimmen Ich bin mir sicher, dass das ein ganz wichtiges Argument 528. Mit Ja haben gestimmt 442, mit Nein haben ge- für die Richterinnen und Richter des Bundesverfas- stimmt 84. Es hat 2 Enthaltungen gegeben. Damit ist die sungsgerichts dafür war, die demokratische Legitimation Beschlussempfehlung angenommen. 24688 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Endgültiges Ergebnis Peter Götz Maria Michalk Arnold Vaatz (C) Abgegebene Stimmen: 528; Dr. Wolfgang Götzer Dr. h. c. Hans Michelbach Volkmar Uwe Vogel davon Ute Granold Philipp Mißfelder Andrea Astrid Voßhoff Reinhard Grindel Dr. Eva Möllring Gerhard Wächter ja: 443 Hermann Gröhe Marlene Mortler Marco Wanderwitz nein: 83 Michael Grosse-Brömer Dr. Gerd Müller Kai Wegner enthalten: 2 Markus Grübel Carsten Müller Marcus Weinberg Manfred Grund (Braunschweig) Peter Weiß (Emmendingen) Ja Monika Grütters Stefan Müller (Erlangen) Gerald Weiß (Groß-Gerau) Olav Gutting Michaela Noll Ingo Wellenreuther CDU/CSU Holger Haibach Dr. Georg Nüßlein Karl-Georg Wellmann Gerda Hasselfeldt Franz Obermeier Annette Widmann-Mauz Ulrich Adam Ursula Heinen Eduard Oswald Klaus-Peter Willsch Ilse Aigner Uda Carmen Freia Heller Henning Otte Willy Wimmer (Neuss) Peter Albach Michael Hennrich Rita Pawelski Elisabeth Winkelmeier- Peter Altmaier Jürgen Herrmann Ulrich Petzold Becker Thomas Bareiß Bernd Heynemann Dr. Joachim Pfeiffer Werner Wittlich Norbert Barthle Ernst Hinsken Sibylle Pfeiffer Wolfgang Zöller Dr. Wolf Bauer Christian Hirte Beatrix Philipp Willi Zylajew Günter Baumann Robert Hochbaum Ronald Pofalla Ernst-Reinhard Beck Klaus Hofbauer Ruprecht Polenz SPD (Reutlingen) Franz-Josef Holzenkamp Daniela Raab Dr. Christoph Bergner Dr. Lale Akgün Joachim Hörster Thomas Rachel Otto Bernhardt Gregor Amann Anette Hübinger Hans Raidel Clemens Binninger Dr. h. c. Gerd Andres Hubert Hüppe Dr. Peter Ramsauer Renate Blank Niels Annen Susanne Jaffke-Witt Eckhardt Rehberg Peter Bleser Ingrid Arndt-Brauer Dr. Peter Jahr Katherina Reiche (Potsdam) Antje Blumenthal Rainer Arnold Dr. Hans-Heinrich Jordan Klaus Riegert Dr. Maria Böhmer Ernst Bahr (Neuruppin) Dr. Heinz Riesenhuber Jochen Borchert Dr. Franz Josef Jung Doris Barnett Franz Romer Wolfgang Börnsen Andreas Jung (Konstanz) Dr. Hans-Peter Bartels (Bönstrup) Bartholomäus Kalb Johannes Röring Klaus Barthel Klaus Brähmig Hans-Werner Kammer Kurt J. Rossmanith Sören Bartol Michael Brand Alois Karl Dr. Norbert Röttgen Sabine Bätzing Helmut Brandt Bernhard Kaster Dr. Christian Ruck Dirk Becker (B) Dr. Ralf Brauksiepe Volker Kauder Albert Rupprecht (Weiden) Uwe Beckmeyer (D) Monika Brüning Siegfried Kauder (Villingen- Peter Rzepka Klaus Uwe Benneter Georg Brunnhuber Schwenningen) Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Axel Berg Cajus Caesar Eckart von Klaeden Hermann-Josef Scharf Ute Berg Gitta Connemann Jürgen Klimke Hartmut Schauerte Petra Bierwirth Leo Dautzenberg Julia Klöckner Dr. Annette Schavan Lothar Binding (Heidelberg) Hubert Deittert Jens Koeppen Dr. Andreas Scheuer Volker Blumentritt Alexander Dobrindt Dr. Kristina Köhler Karl Schiewerling Clemens Bollen Thomas Dörflinger (Wiesbaden) Georg Schirmbeck Gerd Bollmann Marie-Luise Dött Manfred Kolbe Christian Schmidt (Fürth) Dr. Gerhard Botz Dr. Stephan Eisel Norbert Königshofen Andreas Schmidt (Mülheim) Klaus Brandner Anke Eymer (Lübeck) Hartmut Koschyk Ingo Schmitt (Berlin) Willi Brase Ilse Falk Thomas Kossendey Dr. Andreas Schockenhoff Bernhard Brinkmann Dr. Hans Georg Faust Gunther Krichbaum Dr. Ole Schröder (Hildesheim) Enak Ferlemann Dr. Günter Krings Bernhard Schulte-Drüggelte Edelgard Bulmahn Ingrid Fischbach Dr. Martina Krogmann Uwe Schummer Marco Bülow Hartwig Fischer (Göttingen) Dr. Hermann Kues Wilhelm Josef Sebastian Ulla Burchardt Dirk Fischer (Hamburg) Dr. Karl A. Lamers Kurt Segner Martin Burkert Axel E. Fischer (Karlsruhe- (Heidelberg) Marion Seib Dr. Michael Bürsch Land) Andreas G. Lämmel Bernd Siebert Christian Carstensen Dr. Maria Flachsbarth Dr. Norbert Lammert Thomas Silberhorn Marion Caspers-Merk Klaus-Peter Flosbach Helmut Lamp Johannes Singhammer Dr. Peter Danckert Herbert Frankenhauser Katharina Landgraf Jens Spahn Karl Diller Dr. Hans-Peter Friedrich Dr. Max Lehmer Christian Freiherr von Stetten Martin Dörmann (Hof) Paul Lehrieder Gero Storjohann Dr. Carl-Christian Dressel Erich G. Fritz Ingbert Liebing Andreas Storm Elvira Drobinski-Weiß Jochen-Konrad Fromme Eduard Lintner Max Straubinger Garrelt Duin Dr. Michael Fuchs Dr. Klaus W. Lippold Matthäus Strebl Detlef Dzembritzki Hans-Joachim Fuchtel Dr. Michael Luther Thomas Strobl (Heilbronn) Sebastian Edathy Dr. Jürgen Gehb Thomas Mahlberg Lena Strothmann Siegmund Ehrmann Norbert Geis Stephan Mayer (Altötting) Michael Stübgen Hans Eichel Eberhard Gienger Wolfgang Meckelburg Hans Peter Thul Petra Ernstberger Michael Glos Dr. Michael Meister Antje Tillmann Karin Evers-Meyer Josef Göppel Friedrich Merz Dr. Hans-Peter Uhl Annette Faße Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24689

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Elke Ferner Caren Marks Jörg Vogelsänger fraktionsloser (C) Gabriele Fograscher Katja Mast Dr. Marlies Volkmer Abgeordneter Rainer Fornahl Hilde Mattheis Hedi Wegener Henry Nitzsche Gabriele Frechen Markus Meckel Andreas Weigel Dagmar Freitag Petra Merkel (Berlin) Petra Weis Peter Friedrich Ulrike Merten Gunter Weißgerber Nein Sigmar Gabriel Dr. Matthias Miersch Gert Weisskirchen DIE LINKE Martin Gerster Ursula Mogg (Wiesloch) Iris Gleicke Marko Mühlstein Hildegard Wester Hüseyin-Kenan Aydin Renate Gradistanac Detlef Müller (Chemnitz) Lydia Westrich Dr. Dietmar Bartsch Angelika Graf (Rosenheim) Michael Müller (Düsseldorf) Dr. Margrit Wetzel Karin Binder Dieter Grasedieck Gesine Multhaupt Eva Bulling-Schröter Kerstin Griese Franz Müntefering Dr. Dieter Wiefelspütz Engelbert Wistuba Dr. Martina Bunge Gabriele Groneberg Dr. Rolf Mützenich Roland Claus Waltraud Wolff Achim Großmann Andrea Nahles Sevim Dağdelen (Wolmirstedt) Wolfgang Grotthaus Dr. Erika Ober Werner Dreibus Wolfgang Gunkel Thomas Oppermann Heidi Wright Klaus Ernst Hans-Joachim Hacker Heinz Paula Uta Zapf Diana Golze Bettina Hagedorn Johannes Pflug Manfred Zöllmer Dr. Gregor Gysi Klaus Hagemann Joachim Poß Brigitte Zypries Heike Hänsel Alfred Hartenbach Christoph Pries Lutz Heilmann Michael Hartmann Dr. Wilhelm Priesmeier FDP Inge Höger (Wackernheim) Florian Pronold Jens Ackermann Dr. Barbara Höll Nina Hauer Dr. Sascha Raabe Ulla Jelpke Dr. Karl Addicks Hubertus Heil Mechthild Rawert Dr. Lukrezia Jochimsen Rolf Hempelmann Steffen Reiche (Cottbus) Daniel Bahr (Münster) Katja Kipping Dr. Barbara Hendricks Gerold Reichenbach Uwe Barth Monika Knoche Gustav Herzog Dr. Carola Reimann Angelika Brunkhorst Jan Korte Petra Heß Walter Riester Ernst Burgbacher Katrin Kunert Gabriele Hiller-Ohm Sönke Rix Patrick Döring Michael Leutert Stephan Hilsberg René Röspel Mechthild Dyckmans Ulla Lötzer Petra Hinz (Essen) Dr. Ernst Dieter Rossmann Jörg van Essen Ulrich Maurer Gerd Höfer Karin Roth (Esslingen) Ulrike Flach Dorothée Menzner Iris Hoffmann (Wismar) Michael Roth (Heringen) Paul K. Friedhoff Wolfgang Nešković (B) Frank Hofmann (Volkach) Ortwin Runde Horst Friedrich (Bayreuth) Dr. Norman Paech (D) Dr. Eva Högl Anton Schaaf Dr. Edmund Peter Geisen Bodo Ramelow Eike Hovermann Axel Schäfer (Bochum) Hans-Michael Goldmann Elke Reinke Paul Schäfer (Köln) Klaas Hübner Bernd Scheelen Dr. Christel Happach-Kasan Christel Humme Volker Schneider Dr. Hermann Scheer Heinz-Peter Haustein Johannes Jung (Karlsruhe) Marianne Schieder (Saarbrücken) Birgit Homburger Josip Juratovic Otto Schily Dr. Ilja Seifert Dr. Werner Hoyer Johannes Kahrs Ulla Schmidt (Aachen) Dr. Petra Sitte Ulrich Kasparick Silvia Schmidt (Eisleben) Michael Kauch Frank Spieth Dr. h. c. Susanne Kastner Heinz Schmitt (Landau) Hellmut Königshaus Dr. Kirsten Tackmann Ulrich Kelber Olaf Scholz Gudrun Kopp Dr. Axel Troost Christian Kleiminger Reinhard Schultz Dr. h. c. Jürgen Koppelin Alexander Ulrich Astrid Klug (Everswinkel) Heinz Lanfermann Jörn Wunderlich Dr. Bärbel Kofler Swen Schulz (Spandau) Sibylle Laurischk Sabine Zimmermann Walter Kolbow Ewald Schurer Harald Leibrecht Fritz Rudolf Körper Frank Schwabe Ina Lenke BÜNDNIS 90/ Karin Kortmann Dr. Angelica Schwall-Düren Patrick Meinhardt DIE GRÜNEN Rolf Kramer Rolf Schwanitz Burkhardt Müller-Sönksen Marieluise Beck (Bremen) Anette Kramme Rita Schwarzelühr-Sutter Dirk Niebel Cornelia Behm Ernst Kranz Wolfgang Spanier Hans-Joachim Otto Birgitt Bender Nicolette Kressl Dr. Margrit Spielmann (Frankfurt) Alexander Bonde Volker Kröning Jörg-Otto Spiller Detlef Parr Ekin Deligöz Dr. Hans-Ulrich Krüger Dieter Steinecke Cornelia Pieper Dr. Thea Dückert Angelika Krüger-Leißner Andreas Steppuhn Gisela Piltz Dr. Uschi Eid Jürgen Kucharczyk Ludwig Stiegler Frank Schäffler Hans-Josef Fell Helga Kühn-Mengel Rolf Stöckel Kai Gehring Dr. Konrad Schily Ute Kumpf Dr. Peter Struck Katrin Göring-Eckardt Dr. Uwe Küster Joachim Stünker Marina Schuster Britta Haßelmann Christine Lambrecht Dr. Rainer Tabillion Carl-Ludwig Thiele Bettina Herlitzius Christian Lange (Backnang) Jörg Tauss Florian Toncar Winfried Hermann Waltraud Lehn Jella Teuchner Christoph Waitz Peter Hettlich Helga Lopez Jörn Thießen Dr. Claudia Winterstein Priska Hinz (Herborn) Dirk Manzewski Franz Thönnes Dr. Volker Wissing Dr. Anton Hofreiter Lothar Mark Simone Violka Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Thilo Hoppe 24690 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Ute Koczy Claudia Roth (Augsburg) Dr. Wolfgang Strengmann- Christel Riemann- (C) Sylvia Kotting-Uhl Krista Sager Kuhn Hanewinckel Markus Kurth Manuel Sarrazin Hans-Christian Ströbele Christoph Strässer Undine Kurth (Quedlinburg) Elisabeth Scharfenberg Dr. Harald Terpe Monika Lazar Christine Scheel Wolfgang Wieland Enthalten Nicole Maisch Josef Philip Winkler Jerzy Montag Irmingard Schewe-Gerigk Dr. Gerhard Schick SPD Kerstin Müller (Köln) SPD Winfried Nachtwei Rainder Steenblock Ottmar Schreiner Brigitte Pothmer Silke Stokar von Neuforn Dr. Reinhold Hemker Dr. Wolfgang Wodarg

Zweitens. Ergebnis der namentlichen Abstimmung (Kommunales Ausländerwahlrecht). Es geht um die über den von den Abgeordneten Josef Philip Winkler, Vol- Drucksachen 16/6628 und 16/13033. Hier wurden abge- ker Beck (Köln), Kai Gehring, weiteren Abgeordneten geben 531 Stimmen. Mit Ja haben gestimmt 88, mit Nein und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eingebrachten haben gestimmt 438. Es gab 5 Enthaltungen. Der Gesetz- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes entwurf ist damit in zweiter Beratung abgelehnt.

Endgültiges Ergebnis Ulla Lötzer Monika Lazar Wolfgang Börnsen Abgegebene Stimmen: 531; Ulrich Maurer Nicole Maisch (Bönstrup) davon Dorothée Menzner Jerzy Montag Wolfgang Bosbach Wolfgang Nešković Kerstin Müller (Köln) Klaus Brähmig ja: 88 Dr. Norman Paech Winfried Nachtwei Michael Brand nein: 437 Bodo Ramelow Brigitte Pothmer Helmut Brandt enthalten: 6 Elke Reinke Claudia Roth (Augsburg) Dr. Ralf Brauksiepe Paul Schäfer (Köln) Krista Sager Monika Brüning Ja Volker Schneider Manuel Sarrazin Georg Brunnhuber (Saarbrücken) Elisabeth Scharfenberg Cajus Caesar (B) SPD Dr. Herbert Schui Christine Scheel Gitta Connemann (D) Dr. Ilja Seifert Irmingard Schewe-Gerigk Leo Dautzenberg Dr. Lale Akgün Dr. Petra Sitte Dr. Gerhard Schick Hubert Deittert Renate Gradistanac Frank Spieth Rainder Steenblock Alexander Dobrindt Dr. Reinhold Hemker Dr. Kirsten Tackmann Silke Stokar von Neuforn Thomas Dörflinger Josip Juratovic Dr. Axel Troost Dr. Wolfgang Strengmann- Marie-Luise Dött Christel Riemann- Alexander Ulrich Kuhn Dr. Stephan Eisel Hanewinckel Jörn Wunderlich Hans-Christian Ströbele Anke Eymer (Lübeck) Dr. Hermann Scheer Sabine Zimmermann Dr. Harald Terpe Ilse Falk Christoph Strässer Wolfgang Wieland Dr. Hans Georg Faust Josef Philip Winkler Enak Ferlemann DIE LINKE BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ingrid Fischbach Hüseyin-Kenan Aydin Nein Hartwig Fischer (Göttingen) Dr. Dietmar Bartsch Marieluise Beck (Bremen) Dirk Fischer (Hamburg) Cornelia Behm Karin Binder CDU/CSU Axel E. Fischer (Karlsruhe- Eva Bulling-Schröter Birgitt Bender Land) Dr. Martina Bunge Alexander Bonde Ulrich Adam Dr. Maria Flachsbarth Roland Claus Ekin Deligöz Ilse Aigner Klaus-Peter Flosbach Sevim Dağdelen Dr. Thea Dückert Peter Albach Herbert Frankenhauser Werner Dreibus Dr. Uschi Eid Peter Altmaier Dr. Hans-Peter Friedrich Klaus Ernst Hans Josef Fell Thomas Bareiß (Hof) Diana Golze Kai Gehring Norbert Barthle Erich G. Fritz Dr. Gregor Gysi Katrin Göring-Eckardt Dr. Wolf Bauer Jochen-Konrad Fromme Heike Hänsel Britta Haßelmann Günter Baumann Dr. Michael Fuchs Lutz Heilmann Bettina Herlitzius Ernst-Reinhard Beck Hans-Joachim Fuchtel Inge Höger Winfried Hermann (Reutlingen) Dr. Jürgen Gehb Dr. Barbara Höll Peter Hettlich Dr. Christoph Bergner Norbert Geis Ulla Jelpke Priska Hinz (Herborn) Otto Bernhardt Eberhard Gienger Dr. Lukrezia Jochimsen Dr. Anton Hofreiter Clemens Binninger Michael Glos Katja Kipping Thilo Hoppe Renate Blank Josef Göppel Monika Knoche Ute Koczy Peter Bleser Peter Götz Jan Korte Sylvia Kotting-Uhl Antje Blumenthal Dr. Wolfgang Götzer Katrin Kunert Undine Kurth (Quedlinburg) Dr. Maria Böhmer Ute Granold Michael Leutert Markus Kurth Jochen Borchert Reinhard Grindel Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24691

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Hermann Gröhe Marlene Mortler Marco Wanderwitz Peter Friedrich (C) Michael Grosse-Brömer Carsten Müller Kai Wegner Sigmar Gabriel Markus Grübel (Braunschweig) Marcus Weinberg Martin Gerster Manfred Grund Stefan Müller (Erlangen) Peter Weiß (Emmendingen) Iris Gleicke Monika Grütters Dr. Gerd Müller Gerald Weiß (Groß-Gerau) Angelika Graf (Rosenheim) Olav Gutting Michaela Noll Ingo Wellenreuther Dieter Grasedieck Holger Haibach Dr. Georg Nüßlein Karl-Georg Wellmann Kerstin Griese Gerda Hasselfeldt Franz Obermeier Anette Widmann-Mauz Gabriele Groneberg Ursula Heinen Eduard Oswald Klaus-Peter Willsch Achim Großmann Uda Carmen Freia Heller Henning Otte Willy Wimmer (Neuss) Wolfgang Grotthaus Michael Hennrich Rita Pawelski Elisabeth Winkelmeier- Wolfgang Gunkel Jürgen Herrmann Ulrich Petzold Becker Hans-Joachim Hacker Bernd Heynemann Dr. Joachim Pfeiffer Werner Wittlich Bettina Hagedorn Ernst Hinsken Sibylle Pfeiffer Wolfgang Zöller Klaus Hagemann Christian Hirte Beatrix Philipp Willi Zylajew Alfred Hartenbach Robert Hochbaum Ronald Pofalla Michael Hartmann Klaus Hofbauer Ruprecht Polenz SPD (Wackernheim) Franz-Josef Holzenkamp Daniela Raab Gregor Amann Nina Hauer Joachim Hörster Thomas Rachel Dr. h. c. Gerd Andres Hubertus Heil Anette Hübinger Hans Raidel Niels Annen Rolf Hempelmann Hubert Hüppe Dr. Peter Ramsauer Ingrid Arndt-Brauer Dr. Barbara Hendricks Susanne Jaffke-Witt Eckhardt Rehberg Rainer Arnold Gustav Herzog Dr. Peter Jahr Katherina Reiche (Potsdam) Ernst Bahr (Neuruppin) Petra Heß Dr. Hans-Heinrich Jordan Klaus Riegert Doris Barnett Gabriele Hiller-Ohm Andreas Jung (Konstanz) Dr. Heinz Riesenhuber Dr. Hans-Peter Bartels Stephan Hilsberg Dr. Franz Josef Jung Franz Romer Klaus Barthel Petra Hinz (Essen) Bartholomäus Kalb Johannes Röring Sören Bartol Gerd Höfer Hans-Werner Kammer Kurt J. Rossmanith Sabine Bätzing Iris Hoffmann (Wismar) Alois Karl Dr. Norbert Röttgen Dirk Becker Frank Hofmann (Volkach) Bernhard Kaster Dr. Christian Ruck Uwe Beckmeyer Dr. Eva Högl Siegfried Kauder (Villingen- Albert Rupprecht (Weiden) Klaus Uwe Benneter Eike Hovermann Schwenningen) Peter Rzepka Dr. Axel Berg Klaas Hübner Volker Kauder Anita Schäfer (Saalstadt) Ute Berg Christel Humme Eckart von Klaeden Hermann-Josef Scharf Petra Bierwirth Johannes Jung (Karlsruhe) (B) Jürgen Klimke Hartmut Schauerte Lothar Binding (Heidelberg) Johannes Kahrs (D) Julia Klöckner Dr. Annette Schavan Volker Blumentritt Ulrich Kasparick Jens Koeppen Dr. Andreas Scheuer Clemens Bollen Dr. h. c. Susanne Kastner Dr. Kristina Köhler Karl Schiewerling Gerd Bollmann Ulrich Kelber (Wiesbaden) Georg Schirmbeck Dr. Gerhard Botz Christian Kleiminger Manfred Kolbe Christian Schmidt (Fürth) Klaus Brandner Astrid Klug Norbert Königshofen Andreas Schmidt (Mülheim) Willi Brase Dr. Bärbel Kofler Hartmut Koschyk Ingo Schmitt (Berlin) Bernhard Brinkmann Walter Kolbow Thomas Kossendey Dr. Andreas Schockenhoff (Hildesheim) Fritz Rudolf Körper Gunther Krichbaum Dr. Ole Schröder Edelgard Bulmahn Rolf Kramer Dr. Günter Krings Bernhard Schulte-Drüggelte Marco Bülow Anette Kramme Dr. Martina Krogmann Uwe Schummer Ulla Burchardt Ernst Kranz Dr. Hermann Kues Wilhelm Josef Sebastian Martin Burkert Nicolette Kressl Dr. Karl A. Lamers Kurt Segner Dr. Michael Bürsch Volker Kröning (Heidelberg) Marion Seib Christian Carstensen Angelika Krüger-Leißner Andreas G. Lämmel Bernd Siebert Marion Caspers-Merk Dr. Hans-Ulrich Krüger Dr. Norbert Lammert Thomas Silberhorn Dr. Peter Danckert Jürgen Kucharczyk Helmut Lamp Johannes Singhammer Karl Diller Helga Kühn-Mengel Katharina Landgraf Jens Spahn Martin Dörmann Ute Kumpf Dr. Max Lehmer Christian Freiherr von Stetten Dr. Carl-Christian Dressel Dr. Uwe Küster Paul Lehrieder Gero Storjohann Elvira Drobinski-Weiß Christine Lambrecht Ingbert Liebing Andreas Storm Garrelt Duin Christian Lange (Backnang) Eduard Lintner Max Straubinger Detlef Dzembritzki Waltraud Lehn Dr. Klaus W. Lippold Matthäus Strebl Sebastian Edathy Helga Lopez Dr. Michael Luther Thomas Strobl (Heilbronn) Siegmund Ehrmann Dirk Manzewski Thomas Mahlberg Lena Strothmann Hans Eichel Lothar Mark Stephan Mayer (Altötting) Michael Stübgen Petra Ernstberger Caren Marks Wolfgang Meckelburg Hans Peter Thul Karin Evers-Meyer Katja Mast Dr. Michael Meister Antje Tillmann Annette Faße Hilde Mattheis Friedrich Merz Dr. Hans-Peter Uhl Elke Ferner Petra Merkel (Berlin) Maria Michalk Arnold Vaatz Gabriele Fograscher Ulrike Merten Dr. h. c. Hans Michelbach Volkmar Uwe Vogel Rainer Fornahl Dr. Matthias Miersch Philipp Mißfelder Andrea Astrid Voßhoff Gabriele Frechen Ursula Mogg Dr. Eva Möllring Gerhard Wächter Dagmar Freitag Marko Mühlstein 24692 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Detlef Müller (Chemnitz) Swen Schulz (Spandau) Waltraud Wolff Dr. Erwin Lotter (C) Gesine Multhaupt Ewald Schurer (Wolmirstedt) Patrick Meinhardt Franz Müntefering Frank Schwabe Heidi Wright Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Rolf Mützenich Dr. Angelica Schwall-Düren Uta Zapf Dirk Niebel Andrea Nahles Rolf Schwanitz Manfred Zöllmer Hans-Joachim Otto Dr. Erika Ober Rita Schwarzelühr-Sutter Brigitte Zypries (Frankfurt) Thomas Oppermann Wolfgang Spanier Detlef Parr Heinz Paula Dr. Margrit Spielmann FDP Cornelia Pieper Johannes Pflug Jörg-Otto Spiller Gisela Piltz Joachim Poß Jens Ackermann Dieter Steinecke Dr. Karl Addicks Frank Schäffler Christoph Pries Andreas Steppuhn Dr. Konrad Schily Dr. Wilhelm Priesmeier Daniel Bahr (Münster) Ludwig Stiegler Uwe Barth Marina Schuster Florian Pronold Rolf Stöckel Carl-Ludwig Thiele Dr. Sascha Raabe Angelika Brunkhorst Dr. Peter Struck Ernst Burgbacher Florian Toncar Mechthild Rawert Joachim Stünker Christoph Waitz Gerold Reichenbach Patrick Döring Dr. Rainer Tabillion Dr. Claudia Winterstein Dr. Carola Reimann Mechthild Dyckmans Jörg Tauss Dr. Volker Wissing Walter Riester Jörg van Essen Jella Teuchner Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Sönke Rix Ulrike Flach René Röspel Jörn Thießen Paul K. Friedhoff Franz Thönnes Horst Friedrich (Bayreuth) fraktionsloser Dr. Ernst Dieter Rossmann Abgeordneter Karin Roth (Esslingen) Simone Violka Dr. Edmund Peter Geisen Michael Roth (Heringen) Jörg Vogelsänger Hans-Michael Goldmann Henry Nitzsche Ortwin Runde Dr. Marlies Volkmer Dr. Christel Happach-Kasan Hedi Wegener Heinz-Peter Haustein Anton Schaaf Enthalten Axel Schäfer (Bochum) Andreas Weigel Birgit Homburger Petra Weis Dr. Werner Hoyer Bernd Scheelen SPD Marianne Schieder Gunter Weißgerber Michael Kauch Otto Schily Gert Weisskirchen Hellmut Königshaus Karin Kortmann Ulla Schmidt (Aachen) (Wiesloch) Gudrun Kopp Markus Meckel Silvia Schmidt (Eisleben) Hildegard Wester Dr. h. c. Jürgen Koppelin Michael Müller (Düsseldorf) Heinz Schmitt (Landau) Lydia Westrich Heinz Lanfermann Marlene Rupprecht Olaf Scholz Dr. Margrit Wetzel Sibylle Laurischk (Tuchenbach) Reinhard Schultz Dr. Dieter Wiefelspütz Harald Leibrecht Ottmar Schreiner (B) (Everswinkel) Engelbert Wistuba Ina Lenke Dr. Wolfgang Wodarg (D)

Wir kommen zurück zu unserer Debatte. Ich erteile und kodifiziert werden, aber sie müssen selbstverständ- dem Kollegen Markus Löning für die FDP-Fraktion das lich auch umgesetzt werden. Wir brauchen den politi- Wort. schen Willen – selbstverständlich auch in der jeweiligen Regierungsmehrheit –, dass die Rechte, die das Parla- (Beifall bei der FDP) ment hat, auch wahrgenommen werden. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Markus Löning (FDP): der CDU/CSU) Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolle- ginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, was mich mehr mit Der zweite Punkt, der mich ein bisschen misstrauisch Misstrauen erfüllen soll. Der erste Punkt ist das Lob, das macht, ist, dass aus dem Auswärtigen Amt jetzt gar kei- wir vonseiten der SPD für die FDP hören. Dafür be- ner zuhören mag. danke ich mich in aller Form; darüber freue ich mich (Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Die sind sehr. halt auswärts! Daher der Name!) (Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Nachtigall, – Es mag sein, dass sie auswärts sind. – Aber wir alle ick hör dir trapsen!) wissen, wie schwer es dem Auswärtigen Amt insbeson- dere bei der Frage der Herstellung des Einvernehmens Denn ich muss ganz ernsthaft feststellen, dass es uns und mit dem Bundestag gefallen ist. Das ist in der BBV ein- auch mir persönlich in dieser Legislaturperiode ein gro- deutig geregelt. Da gibt es kein Zurück. Es ist klar, dass ßes Anliegen war, dass sich der Deutsche Bundestag in vor der nächsten Vertragsverhandlung und vor der Sachen der Europäischen Union und bei der Beteiligung nächsten Erweiterungsverhandlung das Einvernehmen an Gesetzgebungsverfahren der Europäischen Union mit dem Deutschen Bundestag hergestellt werden muss. deutlich nach vorne bewegt hat. Ich will uns nicht selber Es tut mir leid, wenn dann von der Bundesregierung auf die Schulter klopfen, aber ich glaube, die FDP hat in Briefe kommen, die zumindest in diesem Punkt aus mei- dieser Legislaturperiode ein Stück dazu beigetragen, ner Sicht windelweich formuliert sind. dass auch die Koalitionsfraktionen, die das eine oder an- dere Mal zum Jagen getragen werden mussten, jetzt die Wir sollten als Bundestag ganz klar sagen: Wir lassen Rechte des Parlamentes sehen. Sie müssen eingefordert uns Rechte, die wir haben, nicht durch windelweiche Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24693

Markus Löning (A) Briefe wieder absprechen. Der Bundestag ist zu beteili- wird. Obwohl die Kolleginnen und Kollegen in den (C) gen. Bei Vertragsverhandlungen und Erweiterungsver- Fachausschüssen dies inzwischen teilweise sehr gut ma- handlungen ist Einvernehmen herzustellen. Davon ist an chen, bin ich der Auffassung, dass es noch den einen dieser Stelle kein Jota abzustreichen. oder anderen Nachholbedarf gibt. (Beifall im ganzen Hause) Vielen Dank. Wir werden es bald schon in der Frage Island erleben. (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der Dann wird sich die Frage stellen, inwieweit Einverneh- SPD) men hergestellt wird. Ich halte es auch für ein Gebot der politischen Klugheit, zu sagen: „Wir binden euch Volks- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: vertreter, die ihr am Ende des Prozesses das Ergebnis ra- Michael Stübgen hat jetzt das Wort für die CDU/ tifizieren müsst, von Anfang an ein; wir reden mit euch CSU-Fraktion. über den Verhandlungsgegenstand und die Eckpunkte der Verhandlungen, und wir stellen ein Einvernehmen (Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE her.“ Das erleichtert den politischen Prozess ungemein, GRÜNEN]: Halt doch deine Rede vom letzten und es ist ein hoher Gewinn an Transparenz. Einen Ge- Mal wieder! Die war gut!) winn an Transparenz brauchen wir in europäischen An- gelegenheiten ganz bestimmt. Michael Stübgen (CDU/CSU): Die Rechte, die der Deutsche Bundestag aus der BBV Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! hat und die letztlich auf Art. 23 des Grundgesetzes fußen, Ich bemühe mich, eine ebenso gute Rede wie beim letz- sind auch Verpflichtungen. Wir haben Informations- ten Mal zu halten, wie der Kollege von den Grünen ge- rechte, die deutlich ausgebaut worden sind und die wir rade gesagt hat. für unsere Arbeit brauchen. Aber wir sollten in Zukunft Die Vereinbarung zwischen dem Deutschen Bundes- Art. 23 auch als Verpflichtung verstehen, dass wir uns tag und der Bundesregierung über die Zusammenarbeit als Vertreter des deutschen Volkes frühzeitig um die de- in Angelegenheiten der Europäischen Union – so heißt mokratische Kontrolle von Rechtsetzung auf europäi- dies sehr technisch – ist seit drei Jahren in Kraft. Seit- scher Ebene kümmern. Nur wenn wir dies tun, werden dem hat sich, was europapolitische Arbeit des Bundes- wir die nötige Transparenz herstellen. Nur wenn wir tags betrifft, sehr viel geändert. Ich bin der Überzeu- Rechtsetzungsvorhaben im Plenum, in den Ausschüssen gung: Diese Vereinbarung hat sich nachhaltig bewährt. und in öffentlichen Anhörungen debattieren, wird die deutsche Öffentlichkeit über Pläne und Gesetzgebungs- Wir können feststellen, dass bezüglich der Informa- (B) vorhaben informiert werden. Nur dann werden wir auch tionsrechte und Mitwirkungsrechte eines nationalen Par- (D) in der europäischen Politik ausreichend Transparenz und laments in europapolitischen Angelegenheiten eine sol- Öffentlichkeit herstellen. Das wird unsere Aufgabe als che Vereinbarung in der Europäischen Union bislang Deutscher Bundestag sein. singulär ist. Es erfüllt mich auch mit einem gewissen Stolz, dass viele nationale Parlamente in der Europäi- Es wird auch die Aufgabe der Kolleginnen und Kolle- schen Union unsere Vereinbarung zugrunde gelegt gen in der nächsten und der übernächsten Legislaturperi- haben, um selbst stärkere Mitwirkungs- und Informa- ode sein, diese Dinge ganz herausragend in die Öffent- tionsrechte in europapolitischen Angelegenheiten zu be- lichkeit und in die politische Debatte zu tragen, solange kommen. Das heißt, wir haben hier vor drei Jahren einen sie in der Planungsphase sind. Es geht nicht an, erst am sehr richtigen Weg beschritten. Darauf sollten wir auch Ende, wenn die fertige Richtlinie hier ankommt, darüber stolz sein. zu meckern, dass schon wieder eine Richtlinie komme, die umgesetzt werden müsse, obwohl man nichts mehr Selbstverständlich handelt es sich bei den genannten tun könne. Diese Zeiten sind aufgrund der BBV vorbei. Angelegenheiten um sehr komplexe Bereiche. Deswe- Wir sollten die Rechte und Pflichten, die uns daraus er- gen gab es, wie jeder von uns noch in Erinnerung hat, wachsen, in Zukunft noch erheblich ernster nehmen. bei der Umsetzung der Vereinbarung hinsichtlich be- stimmter Erfordernisse Auslegungsprobleme, einerseits (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten innerhalb des Bundestages, andererseits vor allen Din- der CDU/CSU) gen zwischen Bundestag und Bundesregierung. Teil- weise ist es notwendig, darüber nachzudenken, wie man Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ganz zum die praktische Umsetzung effizienter gestalten kann. Schluss noch sagen: Die Forderung, diese Rechte ernst Ebenso haben wir festgestellt, dass teilweise schlicht ei- zu nehmen, richtet sich an jeden einzelnen Fachabgeord- niges fehlt, was notwendig ist. Für alle drei Dinge gibt es neten. Sie richtet sich nicht nur an die Kollegen aus dem Beispiele. Europaausschuss. Vielmehr ist es im Wesentlichen die Aufgabe der Kolleginnen und Kollegen in den zuständi- Wir haben deshalb sinnvollerweise vor zwei Jahren gen, den federführenden Fachausschüssen, dass sie In- damit begonnen, einen Monitoring-Prozess einzuleiten. formationen, die vorliegen, wahrnehmen und in den Das heißt, das Europareferat PA 1 der Bundestagsver- politischen Prozess einführen, damit rechtzeitig aufge- waltung erstellt jährlich einen Monitoring-Bericht, in nommen wird, welche politischen Debatten und welche dem es analysiert, auf welchen Gebieten die Vereinba- Entwürfe es in Brüssel gibt, was die Kommission plant, rung funktioniert und bei welchen Punkten es Defizite was im dortigen Parlament und im Ministerrat debattiert gibt. Der zweite Monitoring-Bericht, der im Oktober 24694 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Michael Stübgen (A) letzten Jahres vorgelegt wurde, stellte fest, dass sie in Die Bundesregierung schreibt: Aus Sicht der Bundes- (C) weiten Teilen funktioniert, und zwar besser als noch ein regierung sind damit die entscheidenden noch offenen Jahr zuvor. Dennoch kristallisierten sich drei Defizite Fragen zur Auslegung der BBV abschließend geklärt. – schwerpunktmäßig heraus; wir haben begonnen, zu ver- Ich habe den Eindruck, dass dies ein frommer Wunsch suchen, diese Probleme zu lösen. Leider – das hat schon bleiben wird. Wir müssen im Prozess der Umsetzung der Kollege von der SPD gesagt – sind die Grünen mit weiter an diesem Thema arbeiten. Wir werden sicherlich einem Schnellschuss ausgeschert, indem sie einen eige- auch neue Themen finden und weiterhin mit der Bundes- nen Antrag gestellt haben; das Wahljahr lässt grüßen. regierung gut zusammenarbeiten. Wir, die Koalitionsfraktionen, haben in bewährter Zu- Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. sammenarbeit mit der FDP versucht, auch in der Ausei- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) nandersetzung zu Lösungen zu kommen, teilweise auch im Streit mit der Bundesregierung. Diese Lösungen lie- gen jetzt in unserem Antrag vor, ebenso bereits in einem Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Schreiben des Parlamentarischen Staatssekretärs Hintze Alexander Ulrich spricht für die Fraktion Die Linke. und des Staatsministers Gloser mit Zusicherungen für (Beifall bei der LINKEN) verändertes Verhalten der Bundesregierung in bestimm- ten Dingen. Alexander Ulrich (DIE LINKE): Ich glaube, dass es erfolgreich ist. Ich kann nicht Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! mehr auf die drei wesentlichen Punkte eingehen. Ich will Die Vereinbarung, die die fünf Fraktionen vor etwa drei nur einen Punkt herausgreifen. Das folgende Beispiel Jahren beschlossen haben, stellt einen wichtigen Schritt zeigt, dass wir im Umsetzungsprozess weiter an und mit zur Verbesserung der Zusammenarbeit des Parlaments dieser Vereinbarung arbeiten müssen. Als wir 2006 diese mit der Bundesregierung dar; das haben die Vorredner Vereinbarung ausgehandelt haben, war mir persönlich schon erwähnt. Aber wie so oft gibt es einen Unterschied als federführendem Verhandler der CDU/CSU-Fraktion zwischen Theorie und Praxis. Wenn es eines Beispiels zum Beispiel nicht klar, dass keine Vertreter unserer bedürfte, das zeigt, dass es in der Praxis noch hapert, Ständigen Vertretung an den Sitzungen der Ratsarbeits- dann, dass kein Vertreter der zuständigen Ministerien in gruppen – damals waren es 150; mittlerweile sind es dieser Debatte anwesend ist. Das ist ein Stück weit ein wohl 250 bis 350 – teilnehmen. Da so keine Berichte Beispiel dafür, dass man diese Sache nicht ernst genug verfasst werden können, können bei uns auch keine an- nimmt. Sie dürfen nicht nur Briefe schreiben, sondern kommen. Solche Berichte sind nicht als Erfordernis in Sie hätten heute Abend auch anwesend sein müssen. (B) der Vereinbarung enthalten. Deswegen haben wir bisher (D) keine Informationen über die Ratsarbeitsgruppen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- neten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE Wir haben es nun mit der Zusicherung der Bundes- GRÜNEN) regierung geschafft, dass wir zunächst in den sogenann- Wichtig für eine gute Zusammenarbeit ist die Arbeit, ten High Level Groups in der Regel auf Abteilungslei- die im Europareferat geleistet wird. Ich möchte hier aus- terebene einsteigen und dort die Berichte bekommen. drücklich allen Mitarbeitern des Referats PA 1 danken, Ich glaube, wir müssen an diesem Thema weiterarbeiten. die mit ihrer Tatkraft dazu beigetragen haben, dass wir Wir brauchen sicherlich nicht jedes Papier über die Ta- schon einige Schritte vorangekommen sind. Vielen Dank gungen der 300 oder 350 Ratsarbeitsgruppen; denn wir an die Mitarbeiter in diesem Referat. können nicht mit allem etwas anfangen. Wir müssen vielmehr sehen, dass wir das so strukturieren, dass wir (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- die wesentlichen Berichte bekommen. Hier hat sich die neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Zusammenarbeit mit der Bundesregierung bewährt. Ob- wohl dies in der Vereinbarung nicht explizit erwähnt ist, Die Monitoring-Berichte von PA 1 haben die Praxis bekommen wir einen Einstieg in diese wichtige Unter- der Zusammenarbeit zwischen Bundestag und Bundesre- richtung. Wir werden in den nächsten Jahren sehen, wie gierung überprüft und vorhandene Mängel und Unzu- wir damit umgehen. länglichkeiten seitens der Bundesregierung bei der Er- füllung ihrer Verpflichtungen aus der BBV offengelegt. Gestatten Sie mir noch zwei kurze Bemerkungen. Ich Daran knüpft der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen freue mich über den Brief, den der Parlamentarische an. Der Antrag würdigt die positiven Seiten der Verein- Staatssekretär uns geschrieben hat; denn er enthält das, barung und die Verbesserung der EU-Arbeit des Bundes- was wir verabredet haben, als Zusicherung. Ich möchte tags. Aber auch Mängel werden beschrieben, und Ab- nicht mäkeln, wohl aber darauf hinweisen, dass ich es hilfe wird gefordert. Der Antrag ist sicherlich nicht für besser gehalten hätte, wenn sich die Bundesregierung vollständig – das weiß jeder, der mit dieser Materie zu hätte durchringen können, den Brief dem Parlamentsprä- tun hat –, weist aber in die richtige Richtung. Wir kön- sidenten und nicht dem Ausschussvorsitzenden zu schi- nen als Linke diesem Antrag zustimmen. cken, nicht weil ich Letzteren nicht mag und nicht mit (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ihm auskomme – wir sind sogar befreundet –, sondern weil es um die Rechte des Bundestages geht. Diese re- Kurzfristig zu unserer heutigen Debatte haben der präsentiert der Bundestagspräsident besser. Wir werden Vorsitzende und die Obleute des EU-Ausschusses ein dafür sorgen, dass er das Schreiben bekommt. Schreiben von Staatsminister Gloser und dem Parlamen- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24695

Alexander Ulrich (A) tarischen Staatssekretär Hintze erhalten. Dort wird in Zusammenarbeitsvereinbarung, die alle Fraktionen des (C) zwei Punkten vonseiten der Bundesregierung Besserung Bundestages mit der Bundesregierung geschlossen ha- gelobt. Man merkt den guten Willen, aber auch das ben, als richtigen und wichtigen Schritt bezeichnen. Wir schlechte Gewissen und den Druck durch die heutige öf- haben sehr viel Engagement und Arbeit in das Zustande- fentliche Debatte. Leider ist aber zum Inhalt des Briefes kommen dieser Vereinbarung gesteckt. Mit allen ande- festzustellen: Auch die jetzigen Zusicherungen reichen ren haben wir daran sehr solidarisch und sehr konstruk- in beiden Punkten nicht aus. Erstens. Der Bundestag tiv gearbeitet. Aber was jetzt die Zwischenbilanz betrifft, muss aus allen Ratsarbeitsgruppen gründlich informiert so ist es nicht richtig, dass wir einem vorliegenden An- werden. Nicht nur dann, wenn die Vertretung in Brüssel trag der Koalition nicht zustimmen wollten. Vielmehr ist an den Sitzungen teilnimmt, hat der Bundestag ein Recht der Antrag der Grünen schon seit Monaten im Verfahren. auf Information. Zweitens. Bei beabsichtigten Vertrags- Nicht einmal im Ausschuss, als diese Punkte beraten änderungen will die Bundesregierung dem Bundestag wurden, konnte die Koalition einen Antrag vorlegen. künftig mitteilen, dass es jetzt dem Deutschen Bundes- tag obliege, zu entscheiden, ob er zu dieser Unterrich- Jetzt, in letzter Sekunde ist ein Antrag zusammenge- tung Stellung nehmen wolle. In der Vereinbarung schustert worden. Das ist die historische Wahrheit zum zwischen Bundestag und Bundesregierung heißt es dem- Zustandekommen dieses Antrags. Wir haben in Gesprä- gegenüber: chen dazu immer deutlich gesagt: Wir brauchen die Soli- darität aller Fraktionen. Wir müssen uns unterhaken, Vor der abschließenden Entscheidung im Rat be- weil es hier um Rechte des Parlaments gegenüber der müht sich die Bundesregierung, Einvernehmen mit Bundesregierung geht. Deshalb haben wir es für falsch dem Deutschen Bundestag herzustellen. gehalten, einen Antrag vorzulegen, der die Bundesregie- Das bedeutet doch eine Verpflichtung der Bundesregie- rung kuschelig lobt und all das, was bisher nicht erreicht rung, sich aktiv um die Zustimmung des Bundestags zu worden ist, beschönigend darstellt. So geht es nicht, bemühen. Das ist nun wirklich etwas anderes, als den liebe Kolleginnen und Kollegen. Bundestag auf seine angeblichen Obliegenheiten hinzu- weisen. Wenn das nicht eine bloße Ungeschicklichkeit (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sein könnte, müsste man das als Provokation verstehen. und bei der LINKEN) (Beifall bei der LINKEN) Wenn wir etwas erreichen wollen, dann müssen wir hier zusammenhalten. Abschließend möchte ich noch auf einen Gesichts- punkt hinweisen, der in beiden Anträgen nicht angespro- Wir haben sehr viel erreicht, und unsere Arbeit ist chen worden ist. Trotz manch positiver Entwicklungen besser geworden. Herr Kollege Ulrich hat das Referat (B) bleibt der Zweifel, ob eine Vereinbarung das richtige In- PA 1, das gut arbeitet, und das Brüsseler Büro erwähnt. (D) strument ist, die Pflichten der Regierung gegenüber dem Unsere Arbeit ist sehr viel europatauglicher geworden. Parlament festzulegen. Wir sehen uns durch die aufge- Aber die Regierung hat eine ganze Reihe von Punkten, tretenen Probleme in der Auffassung bestätigt, dass hier die wir vereinbart haben, nicht eingehalten. Ich finde, durch gesetzliche Regelungen Abhilfe möglich wäre. das muss man hier sehr deutlich sagen. Wenn die Regie- Wir sollten versuchen, dies gemeinsam in der nächsten Wahlperiode anzugehen. Ich bin ganz sicher, dass wir in rung die Vereinbarungen nicht einhält, dann muss das der Zwischenzeit eine Hilfestellung von dritter Seite be- von uns allen kritisiert werden; denn das berührt existen- kommen werden, vom Bundesverfassungsgericht. Das zielle Rechte des Bundestages bei der Zusammenarbeit Urteil, das demnächst ergeht, wird – darin waren sich mit den europäischen Strukturen. Wir haben immer deut- alle Prozessbeobachter einig – Leitplanken enthalten, die lich gemacht, dass wir als Bundestag, als nationales Par- die demokratische Legitimation des Handelns in der EU lament, Einfluss auf Entscheidungen in Brüssel nehmen sichern sollen, Leitplanken, die mehr Einfluss der natio- wollen. Wir wollen die Bundesregierung auch binden; nalen Parlamente, auch des Bundestags, beinhalten. Das denn sowohl die Einvernehmensregelung als auch die wird die Qualität der EU-Arbeit des Deutschen Bundes- Möglichkeit des Parlamentsvorbehalts – das sind die tags ganz erheblich steigern, und manche in diesem schärfsten Waffen, die wir haben – werden von der Bun- Haus, die uns kritisiert haben, dass wir nach Karlsruhe desregierung ständig infrage gestellt. Dagegen müssen gegangen sind, werden vielleicht noch glücklich darüber wir uns wenden. Jetzt will die Bundesregierung nicht das sein. Einvernehmen mit uns herstellen, sondern sie interpre- Vielen Dank. tiert die Vereinbarung so, dass der Bundestag, wenn er eine Stellungnahme abgeben möchte, diese abgeben (Beifall bei der LINKEN) kann. Es ist umgekehrt vereinbart: Die Bundesregierung muss Einvernehmen herstellen. Das hat sie nicht ge- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: macht. Rainder Steenblock hat jetzt das Wort für Bündnis 90/ (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Die Grünen. bei der FDP und der LINKEN) Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- An dieser Stelle sollten wir gar nicht anfangen, irgend- NEN): etwas zu beschönigen. Hier geht es um zentrale Rechte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! der Mitgestaltung europäischer Politik, die wir einfor- Es ist überhaupt keine Frage, dass auch die Grünen diese dern. 24696 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Rainder Steenblock (A) Kollege Stübgen, Ihre heutige Rede war viel besser Es ist bedauerlich, dass die Grünen, obwohl wir viele (C) als der Antrag. Ihrer Vorschläge übernommen haben, dem Antrag nicht beigetreten sind. Ich glaube, wir werden trotzdem gut (Beifall des Abg. Manuel Sarrazin [BÜND- daran weiterarbeiten. NIS 90/DIE GRÜNEN]) Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei, Schon in Ihrer letzten Rede haben Sie deutlich gesagt: eines läuft aber nicht: nach Karlsruhe zu gehen, weil man das nicht haben will, was die europäische Demokra- Es ist richtig, darauf hinzuweisen, dass einzelne tie verbreitert und den nationalen Parlamenten mehr Aspekte nach wie vor noch nicht in ausreichendem Rechte gibt, aber angesichts dessen, dass man in Karls- Maße umgesetzt worden sind; teilweise kann man ruhe scheitert, zu sagen, irgendetwas Gutes werde für gar nicht erklären, warum das noch nicht geschehen den Bundestag noch herauskommen. Das ist eine dop- ist. pelte Moral; man muss das benennen, was Sie da prakti- zieren. Das ist sehr richtig. Sie hätten so etwas auch in Ihrem Antrag sagen können. Weil das nicht geschehen ist, wer- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) den wir diesem Antrag nicht zustimmen können. Wir werden ihn nicht ablehnen, sondern uns enthalten, weil Wir haben beim Zustandekommen der BBV auch Sie der Antrag an vielen Stellen das Richtige enthält. Wir von der Linken einbezogen. Es gab also eine große müssen die Bundesregierung aber, gerade was die Frage Übereinstimmung im Parlament. Das war auch gut so. des Einvernehmens und den Parlamentsvorbehalt an- Wenn wir ehrlich miteinander umgehen wollen, müssen geht, vor uns hertreiben; das ist unsere Aufgabe als Par- wir auch fragen: Wie weit sind wir als Parlament in jeder lamentarier. Wenn wir unsere Rechte wahrnehmen wol- einzelnen Fraktion und jeder Facharbeitsgruppe gekom- len, sollten wir gemeinsam dafür kämpfen. men, dass sich diese Form der Europäisierung schon durchgesetzt hat, dass die europäische Dimension, die Vielen Dank. Einmischung, als selbstverständlich genommen wird? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kollege Schneider würde gerne eine Zwischen- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: frage stellen. Möchten Sie das? Axel Schäfer ist der nächste Redner für die SPD- (Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Ganz be- Fraktion. stimmt! Das verlängert seine Redezeit!) (B) (D) Axel Schäfer (Bochum) (SPD): Axel Schäfer (Bochum) (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, wenn ich danach noch ein bisschen weiterreden Es ist gut, wenn man sich in einer Debatte in diesem darf. 15 Sekunden, bitte schön. Haus ziemlich einig ist. Trotzdem ist es notwendig, auf ein paar Unterschiede hinzuweisen, vor allen Dingen, Volker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE): wenn bereits hochgegriffene Stichworte wie „historische Wahrheiten“ gefallen sind und das Bundesverfassungs- Lieber Kollege Schäfer, Sie haben eben von doppelter gericht bemüht wurde. Moral gesprochen. In diesem Zusammenhang würde mich eines interessieren. In Art. 63 des Lissabonner Ver- Die Vorgehensweise bei dem, was wir, im Parlament, trags ist geregelt, dass „alle Beschränkungen des Kapi- vertreten durch die Regierungskoalition, in den letzten talverkehrs … verboten“ sind. Da gibt es keine vagen Monaten mit den Regierungsvertretern ausgehandelt ha- Formulierungen. Das betrifft sowohl den Kapitalverkehr ben, entspricht genau den Vorgaben der BBV: Das Parla- der Länder der EU untereinander als auch mit Drittlän- ment kämpft Stück für Stück um seine Rechte; die Re- dern. Ist es dann nicht auch eine doppelte Moral, wenn gierung sagt natürlich nicht von sich aus, dass alle Sie hier zum offenen Bruch des Lissabonner Vertrags Rechte zugestanden werden. auffordern, indem Sie zum Beispiel ein Verbot von Hedgefonds fordern? (Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Regierung hat uns das zuge- (Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Quatsch! – standen! Sie hält das nicht ein! So ist das!) Kurt Segner [CDU/CSU]: Geltendes Recht gilt nach Beschluss!) – Lieber Rainder Steenblock, das liegt daran, dass die – Entschuldigung, der Vertrag ist, wie er ist. Ich hoffe Regierung – ob Rot, Schwarz, Grün oder Gelb-Blau – doch sehr, dass Sie wissen, was die Bundeskanzlerin un- immer ein Stück weit darauf achten wird, „exekutiven terschrieben hat und was in den einzelnen Artikeln steht. Kernbereich“ zu verteidigen; er soll möglichst groß sein. – Von daher würde mich interessieren, ob Sie das als Deshalb wird es immer diese Form von institutionellen doppelte Moral betrachten. Konflikten geben, egal wer an der Regierung ist. Es ist gut, dass wir noch vor der Bundestagswahl mit einer (Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Kommen hoffentlich breiten Mehrheit hier entsprechend Pflöcke Sie mal sofort in den Europaausschuss! Dann einschlagen. kommt mehr Expertise hinein! So ein Unfug!) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24697

(A) Axel Schäfer (Bochum) (SPD): (Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE (C) Kollege Schneider, das Problem Ihrer Fraktion ist, GRÜNEN]: Ja, sehr richtig! – Markus Löning dass Sie bis hin zum Thema Todesstrafe das Absurdeste [FDP]: Da lässt die Regierung wieder ihre in- in diesen Vertrag hineinlesen, obwohl es nicht darin terne Opposition sprechen!) steht. Das trifft leider auch in diesem Fall zu. Die Zusammenarbeitsvereinbarung sieht ausdrücklich (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der vor, dass sich die Bundesregierung um Einvernehmen FDP – Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Von mit dem Deutschen Bundestag bemühen muss. Unwissenheit geprägt!) (Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE Deshalb bleibe ich bei dem Begriff „doppelte Moral“ der GRÜNEN]: Sehr gut!) Linkspartei. – Sie muss es übrigens nicht herstellen – Herr Kollege Das Letzte – weil man sich auch an die eigene Nase Steenblock, ich hätte das gern; die Union hat dazu auch fassen muss, wenn man über Demokratisierung redet –: einmal einen Gesetzentwurf eingebracht –, aber sie muss Wenn wir erwarten, dass wir stärker öffentlich über sich zumindest bemühen. Europa diskutieren, muss die Frage im Bundestag ge- Das, was uns jetzt vorliegt, ist ein Schreiben der Bun- stellt werden, warum wir nicht generell unsere Aus- desregierung, in dem sie uns schlicht auf die entspre- schussarbeit öffentlich machen und die Öffentlichkeit chende Ziffer der Vereinbarung hinweist und in dem von nur in bestimmten Ausnahmen oder besonderen Situatio- dem Begriff „Einvernehmen“ überhaupt keine Rede ist. nen ausschließen. Ich glaube, das gehört dazu. In ande- ren Parlamenten ist das üblich. Vielleicht könnte der (Markus Löning [FDP]: Solch eine Bundes- Europaausschuss gerade aufgrund der Entschließung, regierung stützen Sie?) die wir heute fassen, und aufgrund der Fortschritte, die Meine Damen und Herren, ein derart lausiges Schreiben wir bei der Demokratisierung erzielt haben, hier im der Bundesregierung wird ihrer Verpflichtung aus dieser Deutschen Bundestag mit gutem Beispiel vorangehen. Zusammenarbeitsvereinbarung nicht gerecht. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Markus Lö- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten ning [FDP] – Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: der CDU/CSU) Ist das nicht auch Ihre Bundesregierung?)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: – Herr Kollege Schäfer, es ist nicht die Frage, ob das meine oder Ihre oder unsere Bundesregierung ist, (B) Thomas Silberhorn spricht jetzt für die CDU/CSU- (D) Fraktion. (Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Doch, das ist die Frage!) (Beifall bei der CDU/CSU – Markus Löning [FDP]: Die doppelte Moral werden wir so ich bin ein frei gewählter Abgeordneter dieses Hauses, schnell nicht vergessen!) und meine Aufgabe ist es auch als Mitglied einer Regie- rungsfraktion, eine Kontrollfunktion gegenüber der Re- Thomas Silberhorn (CDU/CSU): gierung wahrzunehmen. Das ist unsere gemeinsame Aufgabe in diesem Haus. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass wir in dieser Legislaturperiode den Vertrag (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zwischen Bundestag und Bundesregierung über die Zu- sowie des Abg. Markus Löning [FDP] – sammenarbeit in EU-Angelegenheiten geschlossen ha- Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE ben und in derselben Wahlperiode auch eine Evaluierung GRÜNEN]: Sie sind der Einzige in den Regie- vornehmen, ist, wie ich meine, ein gutes Zeichen, mit rungsfraktionen, der das tut!) dem wir zum Ausdruck bringen, dass wir unsere Rolle in Wenn die Bundesregierung nicht bereit ist, ihre ver- europäischen Angelegenheiten sehr ernst nehmen. Man- traglichen Verpflichtungen umzusetzen, die sie einge- ches hat sich auch erst durch die praktische Anwendung gangen ist, dann kann ich nur sagen: Transparenz, Ver- dieses Vertrages in Erfahrung bringen lassen, beispiels- lässlichkeit und Parlamentsfreundlichkeit schauen weise die schon erwähnten sogenannten Hauptstadtfor- anders aus. Die Bundesregierung dokumentiert mit ih- mate, von denen wir bisher nichts wussten und die rem Schreiben schlichtweg, dass sie ihre vertraglichen deutlich machen, in welchem Ausmaß uns die Bundes- Verpflichtungen aus der Zusammenarbeitsvereinbarung regierung bisher schlicht über das in Unkenntnis gelas- missachtet. Dass sie auch dieses Haus missachtet, doku- sen hat, was sie in Brüssel verhandelt. mentiert sie durch die mangelnde Anwesenheit bei die- Es sind hier zwar eine Reihe von Verbesserungen in ser Debatte. Aussicht gestellt; aber ich möchte doch betonen, dass ich (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) mit dem einen Punkt nicht einverstanden sein kann, bei dem es um die Frage geht, wie sich jetzt die Bundes- Ich meine, dass das nicht ganz ohne Konsequenzen regierung um das Einvernehmen mit dem Bundestag be- bleiben kann. Dass die Bundesregierung ein solches Ver- mühen muss, wenn es um die Aufnahme von Verhand- halten mit Schreiben dokumentiert, kurz bevor die Ent- lungen über Beitritte und Vertragsänderungen geht. scheidung des Bundesverfassungsgerichts in Sachen 24698 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Thomas Silberhorn (A) Vertrag von Lissabon ansteht, ist schon sehr verwegen. Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf (C) Ich werde mir erlauben, das Bundesverfassungsgericht Drucksache 16/13205, den Antrag der Fraktion Bünd- von diesem Schreiben der Bundesregierung in Kenntnis nis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/12109 abzuleh- zu setzen, weil ich denke, dass es durchaus Erhellung nen. Wer stimmt für die Beschlussempfehlung? – bieten kann, wie die Bundesregierung unsere Zusam- Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp- menarbeitsvereinbarung versteht. fehlung ist angenommen. Zugestimmt haben die Koali- tionsfraktionen. Dagegen gestimmt haben die Fraktion (Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE Bündnis 90/Die Grünen und die Fraktion Die Linke. Die GRÜNEN]: Das können wir auch zusammen Fraktion der FDP hat sich enthalten. machen! – Gegenruf von der CDU/CSU: Da- rüber müssen wir noch mal reden!) Es liegen drei Erklärungen nach § 31 unserer Ge- schäftsordnung vor, und zwar der Kollegen Löning, Link Es gibt Nachbarstaaten, die in solchen Fragen mittler- und Volk.1) weile deutlich mutiger sind als wir. Das tschechische Abgeordnetenhaus und der tschechische Senat haben Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 15 auf: Mitte März ihre Geschäftsordnungen geändert und in wichtigen Fragen für sich selbst ausdrückliche Zustim- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Verkehr, Bau und mungsvorbehalte verankert – übrigens genau in den Fra- Stadtentwicklung (15. Ausschuss) gen, die auch Gegenstand des Verfahrens vor dem Bun- desverfassungsgericht in Sachen Lissabon-Vertrag sind. – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Ich habe schon darauf hingewiesen, dass die Union in ei- Enkelmann, Dr. Gesine Lötzsch, Dorothée nem Gesetzentwurf der letzten Legislaturperiode Ähnli- Menzner, weiterer Abgeordneter und der Frak- ches gefordert hat. tion DIE LINKE Meine Damen und Herren, wir sind bei der Zusam- Schnellstmögliche Einführung eines generel- menarbeitsvereinbarung deutlich weitergekommen, was len Tempolimits von 130 Stundenkilometern die Unterrichtung des Parlaments angeht; aber wir haben auf Bundesautobahnen noch eine Menge zu tun, was die aktive Mitwirkung des Parlamentes und die Einflussnahme auf Entscheidungen – zu dem Antrag der Abgeordneten Fritz Kuhn, der Bundesregierung in Brüssel angeht. Ich bitte darum, Dr. Anton Hofreiter, Winfried Hermann, weite- dass wir die Gemeinsamkeit der Parlamentarier pflegen, rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- auch in der Kontrolle der eigenen Regierung, und dass NIS 90/DIE GRÜNEN wir unsere Mitverantwortung in europäischen Fragen ge- Tempolimit 130 km/h auf Autobahnen sofort (B) nau dadurch zum Ausdruck bringen. Wir haben die einführen (D) Chance, dass europäische Integration gelingt und dass europäische Entscheidungen auf mehr Akzeptanz sto- – Drucksachen 16/6932, 16/6894, 16/9321 – ßen, als das bisher der Fall ist, wenn wir eine breite öf- Berichterstattung: fentliche Diskussion unter maßgeblicher Einbeziehung Abgeordneter Gero Storjohann des Bundestages führen können. Es ist verabredet, eine halbe Stunde zu Vielen Dank. debattieren. – Dazu sehe ich keinen Widerspruch. Dann (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP ist so beschlossen. und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Die Kollegen Jörg Vogelsänger, Patrick Döring und Gero Storjohann haben ihre Reden zu Protokoll gege- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: ben,2) sodass ich das Wort der Kollegin Dorothée Menz- Ich schließe die Aussprache. ner für die Fraktion Die Linke erteile. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der (Beifall bei der LINKEN) Fraktionen von CDU/CSU, SPD und FDP auf Druck- sache 16/13169 mit dem Titel „Vereinbarung über Zu- Dorothée Menzner (DIE LINKE): sammenarbeit in Angelegenheiten der Europäischen Union ist einzigartig in Europa – Auslegungsfragen müs- Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! sen geklärt, noch bestehende Defizite beseitigt werden“. Tempolimit, die Dritte! Dies ist die dritte Debatte seit Wer stimmt für diesen Antrag? – Gegenstimmen? – Ent- 2007 zu dem Thema „Höchstgeschwindigkeiten auf Bundesautobahnen einführen“. Wiederholt haben wir die haltungen? – Damit ist der Antrag bei Zustimmung der Argumente pro und kontra ausgetauscht. Ich möchte die einbringenden Fraktionen angenommen. Die Fraktion Argumente für ein allgemeines Tempolimit aber wenigs- Bündnis 90/Die Grünen und die Fraktion Die Linke ha- tens noch einmal kurz nennen: die Senkung von Unfall- ben sich enthalten. und Opferzahlen – eine geringere Spreizung der Ge- Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss- schwindigkeiten auf Autobahnen minimiert Gefahren –, empfehlung des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union zu dem Antrag der Fraktion (Beifall bei der LINKEN) Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Zwei Jahre Europa-Vereinbarung – Bundesregierung muss ihre Ver- 1) Anlage 25 pflichtungen unverzüglich vollständig erfüllen“. Der 2) Anlage 27 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24699

Dorothée Menzner

(A) die Möglichkeit, schnell und ohne Kosten den CO2-Aus- Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (C) stoß zu senken, geringerer Anreiz, stark motorisierte und NEN): schwere Fahrzeuge zu kaufen, Lärmschutz und demo- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und grafischer Wandel; gerade die Höchstgeschwindigkeiten, Kollegen! Die Argumente für ein Tempolimit sind be- die auf unseren Autobahnen gefahren werden, sind für kannt: Wir sparen Millionen Tonnen CO2 ein, es entste- ältere Verkehrsteilnehmer ein Hemmnis, Autobahnen hen uns keine Kosten. Wenn es allgemein eingeführt überhaupt zu nutzen. wird, müssen höchstens einige wenige Schilder aufge- stellt werden. In diesem Hause ist eigentlich längst eine breite Mehrheit für ein Tempolimit vorhanden: Die Grünen ha- Ein allgemeines Tempolimit würde dafür sorgen, dass ben das beschlossen und einen entsprechenden Antrag die zwei- bis dreifache Menge an CO2 eingespart wird, eingebracht, wir legen ebenfalls einen entsprechenden die durch das milliardenschwere Gebäudesanierungspro- Antrag vor, und auch die SPD hat auf ihren Parteitagen gramm eingespart wird. immer wieder bekundet, dass sie eigentlich für ein allge- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN meines Tempolimit ist. Ohne die Parteien mit dem „C“ und bei der LINKEN) im Namen hätten wir also längst ein Tempolimit. Ich frage die Kolleginnen und Kollegen: Wäre es nicht, zu- Wir feiern uns gerne für das milliardenschwere Gebäu- mindest an dieser Stelle, ehrlicher, das „C“ durch ein desanierungsprogramm. Dieses Programm ist auch rich- „W“, das für Wirtschaft steht, zu ersetzen? Deswegen tig und wichtig; aber dafür geben wir 1 Milliarde Euro ein „W“, weil hauptsächlich die großen Autokonzerne pro Jahr aus. Durch ein Tempolimit könnten wir für wie Daimler, BMW und Porsche weiter ungestört 0 Cent die doppelte Menge an CO2 einsparen. Warum schnelle, schwere, hochmotorisierte Fahrzeuge verkau- tun wir dies nicht? Das frage ich die Kolleginnen und fen wollen. Kollegen der Großen Koalition. (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: „W“ wie „Das tut Des Weiteren gab es auf Autobahnabschnitten ohne weh“! Auch bei Daimler arbeiten Menschen!) Geschwindigkeitsbeschränkungen im Jahr 2007 über 400 Tote. Die Verkehrssicherheitsarbeit in Deutschland Wie gesagt, auch in der SPD hat sich die Erkenntnis ist eine große Erfolgsgeschichte. Die Anzahl der Toten der Sinnhaftigkeit eines Tempolimits längst durchge- und Schwerverletzten ist seit dem Höhepunkt in den setzt. Auf dem Hamburger Parteitag von 2007, den ich 70er-Jahren stark zurückgegangen. Aber das Nichtvor- heute schon einmal ansprach, war das ein Thema; es gab handensein eines Tempolimits hindert uns daran, in einen Antrag und einen entsprechenden Beschluss. Des- diesem Bereich noch weitaus bessere Ergebnisse zu er- zielen. Wir wissen ja: Abschnitte ohne Geschwindig- (B) wegen fordere ich Sie von der SPD dazu auf, hier diesen (D) Beschluss umzusetzen. Ich möchte Sie nur daran erin- keitsbegrenzung sind im Vergleich zu Abschnitten mit nern, dass der Antrag, den wir heute einbringen, ur- Geschwindigkeitsbegrenzungen weitaus unfallträchtiger. sprünglich aus Ihrer Fraktion stammt. Nachdem Sie ihn Die Aussage, die Autobahn ist die sicherste aller Stra- zurückgezogen haben, haben wir ihn wortgleich aufge- ßen, die immer wieder von den Gegnern eines Tempoli- griffen. mits vorgebracht wird, ist bezüglich des Tempolimits Allen, die sagen, man wisse nicht, ob ein Tempolimit nicht überzeugend. Es ist ja nichts anderes als ein Ver- wirklich den gewünschten Effekt hat, entgegne ich: Im gleich von Äpfeln mit Birnen, wenn man eine Autobahn, Antragstext, den wir zur Abstimmung stellen, steht, dass auf der es keine Fußgänger und Fahrradfahrer sowie wir nach drei Jahren schauen wollen, was das Tempo- keine Kreuzungen und Ampeln gibt, mit einer Bundes- limit gebracht hat. Wir wollen eine Evaluation durchfüh- straße vergleicht, auf der es all das gibt. Was muss man ren und dann mögliche Schlussfolgerungen daraus zie- wirklich vergleichen? Man muss einen Autobahnab- hen. Von daher gehen wir kein Risiko ein, wenn wir schnitt mit Tempolimit mit einem Autobahnabschnitt heute hier ein Tempolimit beschließen. Wir können es ohne Tempolimit vergleichen. Die sehr alten Versuche testen. aus der Vergangenheit – die entsprechende Forschung wurde von der Bundesregierung eingestellt – zeigen uns: (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- Abschnitte mit Tempobeschränkungen sind verkehrssi- NIS 90/DIE GRÜNEN) cherer. Deshalb lasst uns auch aus diesem Grunde ein Tempolimit einführen. Ich fordere Sie an dieser Stelle auf, sich einmal zu überlegen, ob Sie nicht doch im Sinne der Mehrheit Ihrer (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Parteimitglieder abstimmen. und bei der LINKEN) Es ist bereits angesprochen worden, dass wir hier im Ich danke Ihnen. Hause eine Mehrheit hätten. Die Linke ist für ein Tem- (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- polimit, die Basis der SPD hat beschlossen, dass ein neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Tempolimit aus den bekannten Gründen sinnvoll wäre, und auch wir sind für ein Tempolimit. Das ist eine ganz klare Mehrheit. Warum können wir, nachdem sich heute Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: ohnehin bei einigen Auseinandersetzungen gezeigt hat, Anton Hofreiter hat das Wort für Bündnis 90/Die dass eine Mehrheit der Vernunft in diesem Parlament Grünen. vorhanden ist – ich sage nur: kommunales Ausländer- 24700 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Dr. Anton Hofreiter (A) wahlrecht, der Umgang mit schwerst Heroinabhängigen –, Zweite Beratung und Schlussabstimmung des (C) nicht noch einmal die Mehrheit der Vernunft Wirklich- von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs keit werden lassen? eines Gesetzes zu der Satzung vom 26. Januar 2009 der Internationalen Organisation für er- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN neuerbare Energien und bei der LINKEN) – Drucksachen 16/12789, 16/13122 – An die Vertreter der SPD: Geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie unseren sinnvollen Argumenten zu. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- ses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher- Warum haben Sie so große Probleme mit der Einfüh- heit (16. Ausschuss) rung dieser Maßnahme? Ich glaube, das ist nur psycho- logisch zu erklären. Wir hatten einen Psychologen zu – Drucksache 16/13202 – Gast. Er hat uns erklärt, dass bei sehr hohen Geschwin- Berichterstattung: digkeiten eine Art Temporausch auftritt. Dabei wird der Abgeordente Dr. Maria Flachsbarth sogenannte Frontallappen des Gehirns schwächer durch- Dr. Hermann Scheer blutet. Das ist der Teil des Gehirns, in dem das logische Michael Kauch Denken angesiedelt ist. Hans-Kurt Hill (Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Er muss sehr Hans-Josef Fell schwach ausgeprägt sein!) Es ist verabredet, eine halbe Stunde zu debattieren. – Geben Sie sich einen Ruck. Im Moment sitzen Sie be- Dazu sehe ich keinen Widerspruch. Dann ist so be- quem, die Durchblutung des Gehirns funktioniert her- schlossen. vorragend. Deshalb: Stimmen Sie unserem Antrag zu. Als erstem Redner erteile ich dem Kollegen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dr. Hermann Scheer für die SPD-Fraktion das Wort. und bei der LINKEN) Dr. Hermann Scheer (SPD): Wir haben die Mehrheit hier im Plenum, und ich bitte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sie, sich jetzt diesen Ruck zu geben. Stimmen Sie unse- Seit 1956 gibt es die Internationale Atomenergie Agen- ren Anträgen zu. Man kann sowohl dem Antrag der Lin- tur. Seit 1974 – also seit nunmehr 35 Jahren – gibt es die ken als auch unserem Antrag zustimmen. Dann hätten Internationale Energieagentur. Seit 1957 gibt es Euratom wir heute etwas Sinnvolles für den Klimaschutz und die als eine auf Europa bezogene – seinerzeit vorwiegend (B) Verkehrssicherheit getan. auf Westeuropa bezogene – internationale Regierungsor- (D) Danke. ganisation zur Förderung der Atomenergie. Es gibt bei der Internationalen Energieagentur noch einmal eine Un- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN teragentur, die Nuclear Energy Agency. Diese Hinweise und bei der LINKEN) zeigen, warum es in der Welt über viele Jahrzehnte hin- weg eine derart einseitige Ausrichtung bezogen auf fos- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: sile und atomare Energien und eine jahrzehntelange Ich schließe die Aussprache. Ignoranz gegenüber den Möglichkeiten der erneuerbaren Energien gegeben hat. Dies hängt nicht alleine, aber we- Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus- sentlich damit zusammen, dass es auf der institutionellen schusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung auf Ebene internationaler Regierungsorganisationen keine Drucksache 16/9321. Der Ausschuss empfiehlt unter Agentur bzw. keinen Advokaten für die Ausrichtung auf Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des erneuerbare Energien gab. Antrags der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/6932 mit dem Titel „Schnellstmögliche Einführung eines ge- Nun haben wir die Situation, dass die Welt von Jahr nerellen Tempolimits von 130 Stundenkilometern auf zu Jahr immer mehr erkennt und dass inzwischen kaum Bundesautobahnen“. Wer stimmt für diese Beschluss- mehr bestritten wird, dass sich alle Länder, nicht nur empfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Da- Deutschland, generell in Richtung erneuerbare Energien mit ist die Beschlussempfehlung angenommen bei Zu- ausrichten müssen. Gestritten wird allenfalls noch über stimmung durch die Koalition und die FDP bei die – allerdings nicht unwesentliche – Frage, wie lange Gegenstimmen von Bündnis 90/Die Grünen und der wir brauchen, um dorthin zu kommen. Diese Frage wird Fraktion Die Linke. sich natürlich umso positiver beantworten lassen, je mehr Länder angefangen haben, ihre Energiepolitik tat- Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung sächlich so auszurichten. des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/6894 mit dem Titel „Tempolimit 130 km/h Das geschieht allerdings nicht von selbst. Es kann auf Autobahnen sofort einführen“. Wer stimmt für diese nicht von selbst geschehen; denn im Hinblick auf die Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun- Nutzung der erneuerbaren Energien gibt es – außer bei gen? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen mit Großwasserkraft und bei bestimmten Formen der Bio- dem gleichen Ergebnis wie die vorherige. energie, die in vielen Ländern der Dritten Welt noch sehr konventionell genutzt wird – im Grunde genommen Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 18 auf: keine Erfahrungen, auf die man zurückgreifen könnte, Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24701

Dr. Hermann Scheer (A) und die Technologien aus dem herkömmlichen Spek- ganisation gewachsen ist, und zwar weil ihre Bedeutung (C) trum lassen sich nicht übertragen. erkannt wird. Das heißt, hier muss neu gelernt werden, hier muss Es ist gut, dass Deutschland – dessen Regierung, ausgebildet werden. Darauf muss man vorbereitet sein. nachdem dieses Parlament sie über viele Jahre hinweg Es ist unglaublich wichtig, dass das, was über Jahrzehnte mit mehreren Resolutionen dazu gedrängt hatte, die Ini- versäumt worden ist, schnell nachgeholt wird. Dafür tiative zur Gründung der Internationalen Agentur für er- muss es entsprechende Unterstützung geben. Es wird neuerbare Energien ergriffen hat – das erste Land sein notwendig sein, dass die Internationale Agentur für er- wird, das die Ratifizierung dieses Vertragswerks vor- neuerbare Energien ein Äquivalent gegenüber dem inter- nimmt. Wir gehen dadurch weiter mit gutem Beispiel national und übrigens auch in vielen Ländern selbst ein- voran und setzen ein Zeichen internationaler Solidarität seitig ausgerichteten Institutionensystem wird, ein mit all denen, die bisher noch keine ausreichenden Äquivalent, das es allen Ländern ermöglicht, die Ent- Schritte getan haben, um die Energiewende zu realisie- wicklung zur Nutzung der erneuerbaren Energien ren. Deswegen bin ich froh, dass es uns heute mit hoher schnell in die eigenen Hände zu nehmen und das techno- Wahrscheinlichkeit gelingt, diese Ratifizierung einstim- logische Know-how dafür zu bekommen. Zum technolo- mig zu vollziehen. gischen Know-how gehört, dass jedes Land selbst viele (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten ausgebildete Menschen und die richtigen Konzeptionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) hat – dafür gibt es Lernerfahrungen aus anderen Ländern –, um die Energiewende, die eine historische sein wird, Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: schnell vorantreiben zu können. Das beschreibt im We- Der Kollege Michael Kauch hat seine Rede zu Proto- sentlichen die Aufgaben der Internationalen Agentur für koll gegeben.1) erneuerbare Energien. Somit erteile ich nun das Wort der Kollegin Dr. Maria Wir haben hier eine besondere Möglichkeit und eine Flachsbarth für die CDU/CSU-Fraktion. besondere Verantwortung. Die besondere Möglichkeit ist, dass wir zu den ganz wenigen Ländern gehören, die (Beifall bei der CDU/CSU) aufgrund der politischen Entscheidungen der letzten 20 Jahre auf dem Weg zur Nutzung der erneuerbaren Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU): Energien Stück für Stück vorangeschritten sind, rascher Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Er- als alle anderen und mit wachsendem Tempo, insbeson- neuerbare Energien sind – wer sollte das bezweifeln? – dere seit der Verabschiedung des Erneuerbare-Energien- ein Schlüsselelement für eine nachhaltige Energieversor- (B) Gesetzes im Jahr 2000. gung. Sie erweisen sich in einer Zeit steigender Energie- (D) preise, des fortschreitenden Klimawandels und sich im- Es gibt auch andere Maßnahmen, die dieses vorange- mer weiter verschärfender Ressourcenkonkurrenzen trieben haben. In Deutschland gibt es mittlerweile mehr und mehr als ein großer Hoffnungsträger für un- 81 Bachelor-Studiengänge und mehr als 60 Master- sere Zukunft. studiengänge für erneuerbare Energien. Das ist mehr als in jedem anderen Land. Viele junge Menschen wollen in Deutschland hat international eine Vorreiterrolle im diese Richtung gehen, wollen ihren Beruf hier finden. Bereich der erneuerbaren Energien eingenommen. Es ist Das heißt, wir haben ein großes menschliches Potenzial. gut und richtig, dass wir diese Position in Verbindung Dieses menschliche Potenzial, was ja auch ein politi- mit dem Ziel größerer Energieeffizienz kräftig ausbauen. sches Potenzial ist, haben wir dafür genutzt, die Initia- Die Bundesregierung bringt mit den Maßnahmen des In- tive für die Gründung einer Internationalen Agentur für tegrierten Energie- und Klimaprogramms die Erreichung erneuerbare Energien zu ergreifen. Damit haben wir et- der ehrgeizigen deutschen Klimaschutzziele auf den was in die Hand genommen, was für das ganze inter- Weg, die auf den Beschlüssen des Europäischen Rates nationale System von Institutionen meines Erachtens für aus dem Jahr 2007 gründen. Als zentrales Element be- Jahrzehnte von wesentlicher, tragender Bedeutung sein inhalten sie die verstärkte Nutzung der erneuerbaren En- wird. ergien und erhöhte Energieeffizienz. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Mit diesen Regelungen wird nicht nur ein wichtiger Schritt zur Erreichung der Klimaziele der Bundesregie- Es ist ein Meilenstein, den wir gesetzt haben. rung getan; gleichzeitig werden mit dem Ausbau und der technologischen Weiterentwicklung der erneuerbaren Viele waren skeptisch, ob das überhaupt gelingen Energien sowie der verstärkten Energieeffizienz Poten- kann, ob überhaupt Bedarf für eine solche Agentur be- ziale erschlossen, die es ermöglichen, den Energiever- steht. Die Skeptiker sind widerlegt worden: Mittlerweile brauch von den ständig steigenden Kosten für Strom, Öl haben 83 Länder unterzeichnet. Wenn die Internationale und Gas abzukoppeln. Agentur für erneuerbare Energien Ende Juni ihre Grund- Diese Maßnahmen haben das Potenzial, kostendämp- entscheidungen personeller Art und im Hinblick auf den fend zu wirken. Zudem leisten sie einen Beitrag, um Standort getroffen hat, werden es wahrscheinlich mehr Deutschland von den Energieimporten unabhängiger zu als 83 sein. Die Zahl der Mitglieder der Internationalen Agentur für erneuerbare Energien wächst schneller, als die jeder anderen bisher gegründeten internationalen Or- 1) Anlage 28 24702 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Dr. Maria Flachsbarth (A) machen und die Wertschöpfung in diesem Bereich sowie rung der nachhaltigen Nutzung erneuerbarer Energien (C) die Anzahl der Arbeitsplätze in Deutschland auszubauen. werden. Gerade das Handwerk und der Mittelstand erhalten mit diesen Gesetzen zusätzliche wirtschaftliche Perspekti- Um den Ausbau der erneuerbaren Energien inter- ven. Darüber hinaus wird konkret zur Generationenge- national voranzutreiben, verfolgt die Bundesregierung rechtigkeit beigetragen, indem endliche Ressourcen zu- entsprechend der Koalitionsvereinbarung das Ziel, eine gunsten nachfolgender Generationen geschont werden. solche internationale Agentur zu initiieren. Das ist sinnvoll, da es bislang noch keine internationale Insti- Den größten Beitrag zur Einsparung der vorgesehe- tution gibt – der Kollege Hermann Scheer hat es eben nen 270 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen bis gesagt –, die sich hauptsächlich mit dem Ausbau regene- zum Jahr 2020 wird das Erneuerbare-Energien-Gesetz rativer Energien, dem Informationsaustausch und der im Strombereich leisten, das zum 1. Januar 2009 in Kraft Aus- und Fortbildung im Bereich der erneuerbaren Ener- getreten ist. Dadurch werden 55 Millionen Tonnen gien beschäftigt. Emissionen eingespart. Es wurde im letzten Jahr auf der Basis der ehrgeizigen Klimaschutzziele der Bundesre- Die Organisation soll von einer möglichst breit aufge- gierung sowie im Dreiklang von Umweltschutz, Wirt- stellten Gruppe großer und kleiner Staaten, aber auch schaftlichkeit und Versorgungssicherheit novelliert. von Industrie- und Entwicklungsländern gegründet wer- den. Kernziel von IRENA ist die Förderung des weltwei- Das Integrierte Energie- und Klimaprogramm der ten Einsatzes erneuerbarer Energien. Dazu gehören zum Bundesregierung ist nicht nur in der Geschichte der Beispiel verbesserte ordnungspolitische Rahmenbedin- deutschen Klimapolitik, sondern auch international ein- gungen für regenerative Energien durch politische Bera- malig. Es gibt kein vergleichbares Industrieland mit ei- tung, verbesserte Technologietransfers, die Weiterent- nem ähnlich ambitionierten und konkret ausgestalteten wicklung von Kompetenzen und die Vermittlung von Programm. Deutschland hat seine Hausaufgaben in Know-how bezüglich erneuerbarer Energien, aber auch puncto erneuerbare Energien und Klimaschutz gemacht. eine verbesserte Information durch Politikforschung. Mit dem Eneuerbare-Energien-Gesetz hat es auch im in- ternationalen Vergleich ein besonders effizientes Instru- IRENA ist auch für internationale Information und ment für einen zügigen Ausbau von erneuerbaren Ener- Kommunikation über erneuerbare Energien sowie für gien etabliert. Dies bescheinigt uns zum Beispiel die EU. die Zertifizierung und Standardisierung von Technolo- gien im Bereich erneuerbarer Energien zuständig. Die Jetzt gilt es, den zunehmenden Ausbau der regenerati- Organisation soll zur Entlastung endlicher Energiequel- ven Energien auch auf dem internationalen Parkett zu len und zur langfristigen Stabilisierung der Energie- begleiten. Voraussetzung für die friedliche Weiterent- preise beitragen. Gerade ärmere Länder sollen einen ver- (B) wicklung unserer Menschheit und das Wachstum unserer besserten Zugang zu Energie erhalten. Schließlich (D) Wirtschaft ist, dass wir auf eine sichere, erschwingliche, wollen wir den Klimawandel international noch wirksa- saubere, zuverlässige und nachhaltige Energieversor- mer bekämpfen. gung zählen können. Dabei stehen wir vor enormen He- rausforderungen: der globalen Erderwärmung, den Es ist wichtig, zu betonen, dass IRENA ihre Leistun- schwindenden natürlichen Ressourcen, dem Bevölke- gen nur auf Nachfrage der Mitgliedstaaten bereitstellen rungswachstum, zunehmendem Energiebedarf und der soll. Ihr Auftrag wird es nicht sein, internationale Ver- ungleichen Verteilung der Energiequellen auf unserer träge unmittelbar auf den Weg zu bringen. Über sämtli- Erde. che Aktivitäten entscheiden vielmehr allein die Mitglie- der. Diese Vielzahl von Faktoren zeigt, dass es notwendig ist, die jetzt noch auf fossilen Brennstoffen basierende Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßt nach- Energieversorgung zukünftig vermehrt auf eine Basis zu drücklich, dass die Bundesregierung am 14. Januar die stellen, die stärker Gewicht auf Energieeffizienz und re- Unterzeichnung der Satzung der Internationalen Organi- generative Energien legt. Erneuerbare Energien sind die sation für erneuerbare Energien beschlossen hat. Auf der entscheidende Antwort auf die Herausforderungen einer anschließenden Gründungskonferenz am 26. Januar in zukünftigen globalen Energieversorgung. Viele Länder Bonn hat die Bundesrepublik Deutschland diese Satzung setzen schon heute auf regenerative Energiequellen. Sie gezeichnet. Das Treffen mit 125 Teilnehmerländern war wissen um die Notwendigkeit, in der Energieversorgung überaus erfolgreich. Bis heute unterschrieben 83 Länder neue Wege einzuschlagen, und fördern die Produktion das Gründungsstatut. Allerdings fehlen noch einige und Nutzung erneuerbarer Energien anhand verschiede- wichtige Länder – auch das muss man sagen –, beispiels- ner politischer und wirtschaftlicher Programme. weise die USA, China, Russland, Japan, Kanada, aber auch Brasilien, Südafrika, Saudi-Arabien und Indonesien. Allerdings wird das enorme Potenzial erneuerbarer Schließlich haben bisher nicht alle EU-Staaten unter- Energien derzeit noch längst nicht ausgeschöpft. Es gibt zeichnet – ich verweise auf das Vereinigte Königreich –, viele Hindernisse, langwierige Genehmigungsverfah- ich hoffe: noch nicht unterzeichnet. ren, technische Barrieren, Einfuhrzölle, unsichere Finan- zierungsmöglichkeiten und bei vielen Energieprojekten Die Bundesregierung hat am 14. Januar 2009 eben- mangelnde Kenntnisse darüber, welche Chancen erneu- falls entschieden, sich mit dem Standort Bonn für den erbare Energien bieten. An diesen Schwachstellen setzt Sitz der Organisation zu bewerben. Die zweite Sitzung die Internationale Agentur für erneuerbare Energien, der Vorbereitungskommission wird am 28. und 29. Juni IRENA, an. Sie soll eine treibende Kraft bei der Förde- dieses Jahres in Scharm al-Scheich in Ägypten stattfin- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24703

Dr. Maria Flachsbarth (A) den. Dort wird neben weiteren Personal- und Finanzfra- politische Kettenhunde in die Schranken weisen, werte (C) gen über den Sitz der Organisation sowie über den ersten Kolleginnen und Kollegen. Die Verabschiedung der Sat- Generaldirektor bzw. die erste Generaldirektorin ent- zung der Internationalen Agentur für erneuerbare Ener- schieden. Vor diesem Hintergrund ist eine zügige Ratifi- gien, IRENA, ist deshalb längst überfällig. kation durch das Parlament der Bundesrepublik Deutschland ein wichtiges politisches Signal. Deutsch- Energiepolitisch stehen wir jetzt vor einer Richtungs- land soll bei den anstehenden Entscheidungen zu entscheidung: Fortführung der fossil-atomaren Energie- IRENA voll handlungsfähig sein. wirtschaft oder Durchsetzung einer nachhaltigen Ener- giepolitik, basierend auf erneuerbaren Energien und (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Energieeffizienz. Bleiben wir bei Kohle und Atom, neh- neten der SPD) men die Risiken und Gefahren für Mensch und Umwelt durch Reaktorpannen, aber auch durch das trojanische Wir unterstützen den Bundesumweltminister nach- Pferd der CO2-Verklappung zu. Die Kosten der Energie- drücklich, wenn er sich um einen Sitz der neuen Organi- nutzung steigen massiv an. Die Folge wird auch ein Ver- sation in der Bundesstadt Bonn bemüht. sagen im Klimaschutz sein. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU so- Mithilfe der erneuerbaren Energien können wir hinge- wie des Abg. Ulrich Kelber [SPD]) gen die erforderliche Minderung der Treibhausgase er- – Der Abgeordnete Kelber aus Bonn kann da in groß- reichen, die Importabhängigkeit beenden, eine sichere koalitionärer Einigkeit nur applaudieren. – Dies wäre Versorgung gewährleisten, die Energiepreise senken und eine gute Entscheidung für die Weiterentwicklung der letztlich Hunderttausende neuer Arbeitsplätze schaffen. erneuerbaren Energien weltweit und für den Weltmeister Um Sonne und Wind werden keine Kriege geführt, liebe im Bereich der erneuerbaren Energien, für Deutschland. Kolleginnen und Kollegen. Erneuerbare Energien sind ein Schlüsselinstrument (Beifall bei der LINKEN) für die nachhaltige Energieversorgung. Mit IRENA wer- Erneuerbare Energien sind ein wesentlicher Beitrag zur den wir eine Organisation ins Leben rufen, die helfen Friedenspolitik. wird, das enorme Potenzial der erneuerbaren Energien zu erschließen. IRENA soll als unabhängige Institution Der Gesetzentwurf für die Errichtung der IRENA ist für Chancengleichheit in der Welt sorgen und die Weiter- eine klare Richtungsbestimmung zugunsten einer zu- entwicklung erneuerbarer Energien bewirken. Sie soll kunftsfähigen Energiepolitik, und zwar im krassen Wi- insbesondere denen helfen, die heute noch keinen Zu- derspruch zum tatsächlichen Regierungshandeln. Union gang zu Elektrizität haben und ihre Entwicklungschan- und Sozialdemokraten bejubeln den Zubau riesiger Koh- (B) cen deshalb nur eingeschränkt wahrnehmen können. Das legroßkraftwerke, anstatt auf dezentrale Strukturen mit (D) wird gut sein für den Klimaschutz. Das bringt den Men- Kraftwärmekopplung zu setzen. schen Versorgungssicherheit. Das trägt zu einer langfris- tigen Stabilisierung der Energiepreise bei, und das trägt (Ulrich Kelber [SPD]: In den Kohlegebieten zur Generationengerechtigkeit bei. Wir bringen eine in- tun Sie das auch!) ternationale Institution auf den Weg, die die Brücke zur Selbst in der SPD, Herr Kelber, wird mittlerweile hinter Zukunft der Menschheit in entscheidender Weise mit- vorgehaltener Hand mit einer Verlängerung der Laufzeit bauen wird. der Atomkraftwerke gerechnet; so ist es doch. Wir wer- Herzlichen Dank. den daher sorgfältig darauf achten, dass die IRENA mit Leben gefüllt und gegen Anwürfe der Energiekonzerne (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie – sie wollen eine rückwärtsgewandte Energiepolitik – bei Abgeordneten der FDP) geschützt wird, Herr Kelber. Vielen Dank. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nächster Redner ist der Kollege Hans-Kurt Hill für (Beifall bei der LINKEN – Ulrich Kelber die Fraktion Die Linke. [SPD]: Aber Sie im Saarland sind doch für Kohlekraftwerke! Bei der Linken steht das im (Beifall bei der LINKEN) Wahlprogramm! Sie wollen doch Kohlekraft- werke im Saarland errichten!) Hans-Kurt Hill (DIE LINKE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Erneuerbare Energien sind ein Garant für bezahlbare Nun hat das Wort der Kollege Hans-Josef Fell für die Energie, Versorgungssicherheit, Klimaschutz und Frie- Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. denssicherung. 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien, das ist bis 2040 machbar. Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bereits in zehn Jahren wird im Bereich der Stromer- Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und zeugung der Anteil von Wasserkraft, Windenergie, So- Herren! Der Prozess der Gründung der Internationalen larstrom, Bioenergie und Erdwärme auf fast die Hälfte Agentur für erneuerbare Energien, kurz: IRENA, tritt in steigen; dessen bin ich mir gewiss. Das gelingt aber nur, die entscheidende Phase. Für viele Menschen ist es er- wenn wir die fossilen Energiekonzerne und auch deren staunlich, dass sich seit der Gründungsversammlung An- 24704 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Hans-Josef Fell (A) fang dieses Jahres in Bonn schon mehr als 80 Nationen ren, der unter den Mitgliedsnationen bekannt ist und ak- (C) bereit erklärt haben, der IRENA beizutreten. Damit wur- zeptiert werden kann. den wohl auch die letzten Zweifler und Verhinderer (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN überzeugt, diejenigen, die durch jahrelanges Belachen sowie bei Abgeordneten der SPD) und Verhindern der erneuerbaren Energien auch die IRENA verhindern konnten. Sie wurden davon über- Entscheidend wird sein, dass die IRENA klar die Inte- zeugt, dass der Gedanke der erneuerbaren Energien ressen des Ausbaus erneuerbarer Energien vertritt und längst die gesamte Welt erobert hat. nicht von den Interessen der konventionellen, fossilen und atomaren Energiewirtschaft verwässert wird. Nur (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dann kann IRENA den weltweiten Ausbau der erneuer- und bei der SPD) baren Energien wirkungsvoll beschleunigen. Seit fast zwei Jahrzehnten kämpft EUROSOLAR – ich Es ist daher erfreulich, dass in der der heutigen will deutlich sagen: vor allem in der Person ihres Präsi- Entscheidung zugrundeliegenden Satzung, konkret: in denten, Hermann Scheer – um die Umsetzung des Vor- Art. 3 der Satzung vom 26. Januar 2009 der Internatio- schlages, IRENA zu gründen. nalen Organisation für erneuerbare Energien, ganz klar (Beifall bei Abgeordneten der SPD) nur erneuerbare Energien als Gegenstand von IRENA definiert sind. Dies war nicht selbstverständlich. In man- Wir Grünen haben die Gründung der IRENA immer un- chen Nationen, etwa in Russland, wird beispielsweise terstützt. Wir hatten diese Forderung frühzeitig, lange versucht, die Atomenergie als erneuerbare Energie zu vor anderen Parteien, in unseren Wahlprogrammen, und definieren, sie also umzudefinieren. Dies ist absurd und wir haben sie in Bundestagsanträgen vielfach zum Aus- völlig unverständlich; denn Uran ist bekanntlich ein end- druck gebracht. licher und sehr begrenzter Rohstoff. Auch die Begehr- lichkeiten der fossilen Energiewirtschaft, ihre Interessen (Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE bei der IRENA unterzubringen, konnten erfolgreich ab- GRÜNEN]: Sehr richtig!) gewehrt werden. Das ist gut so, und das begrüßen wir. Den Nationen, die den Gründungsprozess im Vorfeld un- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) terstützt und vorangetrieben haben, vor allem Deutsch- land, aber auch Dänemark und Spanien, sei an dieser Aufgabe der IRENA wird sein, das Wissen über er- Stelle für ihren Einsatz gedankt. neuerbare Energien zusammenzutragen, auf dem ak- tuellsten Stand zu halten und den Transfer von Wissen, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Beispiel über Konferenzen und Internetauftritte, zu (B) sowie bei Abgeordneten der SPD) organisieren. Dies gilt nicht nur für technologische (D) Sosehr wir uns freuen, dass IRENA gegründet wurde: Inhalte im Bereich der Bildung und Ausbildung von In- Wir machen uns Sorgen, dass der interne Streit in der genieuren und Facharbeitern, sondern auch für entschei- Bundesregierung dazu führt, dass Deutschland am Ende dende Politikmaßnahmen – zum Beispiel für zielfüh- weder den Standort noch den Generalsekretär der rende Gesetze wie das deutsche Erneuerbare-Energien- IRENA stellt. Gesetz –, um Regierungen und Parlamente entsprechend zu informieren und zu beraten. Dies gilt genauso für (Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Ach, Aufklärungskampagnen in der Bevölkerung, damit eine erzählen Sie doch nichts!) breite Akzeptanz für den schnellen Ausbau der erneuer- baren Energien in allen Sektoren entstehen kann. Es wäre eine Torheit, wenn es aufgrund taktischer Unge- schicklichkeiten bei der Bewerbung um den Sitz von Die IRENA wird dazu einen entscheidenden Beitrag IRENA dazu käme, dass Deutschland als Vorreiter der leisten. Deshalb stimmen wir Grünen heute diesem Ge- erneuerbaren Energien und Wegbereiter der IRENA am setzentwurf zu. Ende mit leeren Händen dastünde. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – sowie bei Abgeordneten der SPD) Ulrich Kelber [SPD]: Dann wegen solcher Re- den!) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Letzter Redner in dieser Debatte ist nun der Kollege Falls die Entscheidung für den Sitz nicht auf Bonn Ulrich Kelber für die SPD-Fraktion. fällt – für Bonn kämpfen wir alle gemeinsam intensiv – und Abu Dhabi den Zuschlag bekommt, dann hat die (Beifall bei der SPD) Bundesregierung nicht einmal einen Vorschlag für einen geeigneten Generalsekretär. Ulrich Kelber (SPD): (Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das hat Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Ihnen der Minister doch erklärt!) Herren! Wir sind bei IRENA in der Tat weit gekommen. Am Anfang stand die Initiative von Hermann Scheer in Es dürfte keinen Zweifel geben, dass es hierzulande pro- diesem Parlament, um den sich dann einige andere Ab- filierte, geeignete Kandidaten gibt. Wir Grünen fordern geordnete – Hans-Josef Fell, Josef Göppel und auch ich – daher die Bundesregierung auf, den internen Streit geschart haben. Wir haben am Anfang für Mehrheiten in schnell zu beenden und einen Kandidaten zu präsentie- unseren Fraktionen gekämpft. Wir hatten eine Mehrheit Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24705

Ulrich Kelber (A) in der rot-grünen Koalition. Wir haben mit dem damali- Unser Hauptproblem wird in der Tat darin bestehen, (C) gen Umweltminister durchaus ringen müssen. dass wir gegen den harten Brocken der Koppelgeschäfte angehen müssen. Als Bonner Abgeordneter darf ich es (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Wer war das?) mehr als andere zuspitzen: Wir gehen mit Zuversicht in Wir haben jetzt eine breite Mehrheit im Parlament, die Auseinandersetzungen, nach dem Motto: Kompetenz und die drei zuständigen Minister – Steinmeier, Wieczo- und Engagement gegen Petrodollars. rek-Zeul und Gabriel – haben dank der Hilfe von Son- Vielen Dank. derbotschaftern mit der Vorbereitung der Konferenz dazu beigetragen, dass IRENA zustande gekommen ist. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten In der Tat hat sie nun in der gesamten Welt Mitglieder. der CDU/CSU und des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Als Bundestagsabgeordneter aus Bonn möchte ich Ich schließe die Aussprache. mich für das Vertrauen bedanken, im Wettbewerb um Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun- den Sitz der IRENA mit der Bundesstadt Bonn anzutre- desregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu ten. Wir haben ein starkes Angebot gemacht; das mögli- der Satzung der Internationalen Organisation für erneu- che Umfeld ist bestens. Wir bieten die Gesprächspartne- erbare Energien. Der Ausschuss für Umwelt, Natur- rinnen und Gesprächspartner, die IRENA braucht: Die schutz und Reaktorsicherheit empfiehlt in seiner zuständigen UN-Organisationen, der Weltrat für Erneu- Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/13202, den erbare Energien, EUROSOLAR und der Welt-Windener- Gesetzentwurf der Bundesregierung auf den Druck- gie-Verband sitzen in Bonn. Wir haben in NRW die sachen 16/12789 und 16/13122 anzunehmen. Ich bitte weltweit dichteste Wissenschaftslandschaft auf diesem diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, Gebiet. Wir bieten in Deutschland entsprechende Ar- sich zu erheben. – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – beitsplätze und Ausbildungsmöglichkeiten. Der Gesetzentwurf ist damit einstimmig angenommen. Deutschlands Politik insgesamt setzt klar Priorität auf Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 17 auf: erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Die nord- rhein-westfälische Landesvertretung als möglicher Sitz Beratung des Antrags der Abgeordneten Burk- ist ein fantastisches Gebäude, das direkt am Rhein liegt, hardt Müller-Sönksen, Michael Kauch, Florian direkt neben dem UN-Hauptquartier, direkt neben dem Toncar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP (B) Kongresszentrum und direkt neben dem Bundesministe- (D) rium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick- Menschenrechte von Lesben, Schwulen, lung. Das kann kein anderer auf der Welt bieten. Ich Bisexuellen und Transgendern in Deutschland bitte, diese starke Bewerbung zu kommunizieren, und und weltweit schützen zwar auch in der Hauptstadtpresse, die von den Diplo- matinnen und Diplomaten gelesen wird. – Drucksache 16/12886 – Überweisungsvorschlag: Es gibt auch starke Bewerbungen außerhalb Deutsch- Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f) lands. Wir haben starke Konkurrenz: Wien, Kopenha- Auswärtiger Ausschuss gen, vor allem aber Abu Dhabi. Da Abu Dhabi seine Be- Innenausschuss werbung bereits ins Internet gestellt hat, wissen wir, dass Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Vereinigten Arabischen Emirate deutlich mehr Geld Entwicklung bieten. Sie zahlen auch einen wesentlich höheren Mit- Folgende Kolleginnen und Kollegen haben ihre gliedsbeitrag. Wenn die Gerüchte, die man hört, stimmen Reden zu Protokoll gegeben: Jürgen Klimke, Angelika – sie hören sich ziemlich eindeutig an –, bieten sie auch Graf, Burkhardt Müller-Sönksen, Dr. Barbara Höll und eine Reihe von Koppelgeschäften an, nach dem Motto: Thilo Hoppe.1) Wenn du für Abu Dhabi stimmst, kaufe ich bei dir ein Atomkraftwerk. Es ist wichtig, zu wissen, dass die Kon- Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf kurrenz so vorgeht. Drucksache 16/12886 an die in der Tagesordnung aufge- führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein- Ich glaube, dass wir uns nicht verstecken müssen. Wir verstanden? – Ich sehe, das ist der Fall. Dann ist die setzen klar Priorität auf erneuerbare Energien. Abu Überweisung so beschlossen. Dhabi tut dies nicht: Die Vereinigten Arabischen Emi- Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 22: rate haben angeboten, 50 Millionen Euro zur Förderung erneuerbarer Energien in Entwicklungsländern zur Ver- Zweite und dritte Beratung des von der Bundes- fügung zu stellen. Deutschland gibt für die Förderung regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes von Energieeffizienz und erneuerbaren Energien in Ent- zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie wicklungsländern bereits heute 1 Milliarde Euro pro (ARUG) Jahr aus. Abu Dhabi hat angekündigt, wissenschaftliches – Drucksache 16/11642 – Know-how zur Verfügung zu stellen. Wir haben es schon. Außerdem wurde angekündigt, Gesprächspartner bereitzustellen. Wir bieten sie schon. 1) Anlage 29 24706 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (A) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus- mungsverhalten der Unternehmensverwaltung folgen (C) schusses (6. Ausschuss) müssten, sind wir aus guten Gründen nicht nachgekom- men. Nach der neuen Regelung hat das depotführende – Drucksache 16/13098 – Kreditinstitut zwei Möglichkeiten, die Vollmacht für Fälle Berichterstattung: fehlender Einzelweisung zu gestalten: Entweder es erar- Abgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker beitet eigene Abstimmungsvorschläge in Anlehnung an Klaus Uwe Benneter die geltende Rechtslage und stimmt bei fehlender Einzel- Mechthild Dyckmans weisung in diesem Sinne, oder das Kreditinstitut lässt sich Sevim Dağdelen eine generelle Weisung geben, nach der es im Sinne der Jerzy Montag Verwaltung bzw. bei abweichenden Verwaltungsvorschlä- gen im Sinne des Aufsichtsrats abstimmt. Auch dies sind Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten praktikable Vorgaben, die zu begrüßen sind. Elisabeth Winkelmeier-Becker und Klaus Uwe Benneter vor. Viel mehr als die eher technischen und weitgehend un- streitigen Änderungen durch die Aktionärsrechterichtli- Folgende Kolleginnen und Kollegen haben ihre nie hat uns im Rechtsausschuss die Frage bewegt, wie die Reden zu Protokoll gegeben: Elisabeth Winkelmeier- einhellig beklagte Anhäufung von Unzulänglichkeiten Becker, Klaus Uwe Benneter, Mechthild Dyckmans, des aktienrechtlichen Beschlussmängelrechts zumindest Wolfgang Nešković, Dr. Gerhard Schick und der Parla- teilweise zu reparieren ist. Hier stehen die Praktiken des mentarische Staatssekretär Alfred Hartenbach. sogenannten räuberischen Aktionärs im Schlaglicht. In den letzten Jahren hat sich eine Anfechtungsindustrie von Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU): einigen wenigen Aktionären etabliert. Dabei werden Wir beraten heute abschließend über die Umsetzung Hauptversammlungsbeschlüsse mit der Wirkung ange- der Aktionärsrechterichtlinie und über den Gesetzent- fochten, dass ihre Eintragung und damit die Ausführung wurf des Bundesrates zur Einführung erstinstanzlicher der beschlossenen Maßnahmen verschleppt wird. Die be- Zuständigkeiten des Oberlandesgerichts in aktienrechtli- treffenden Aktionäre lassen sich die Rücknahme ihrer An- chen Streitigkeiten. fechtungen meist in Vergleichen teuer bezahlen. Es geht ihnen folglich nicht um die Einhaltung von Aktionärs- Durch die Umsetzung der EU-Richtlinie machen wir rechten, sondern lediglich um das Erlangen hoher Geld- das Recht der Hauptversammlungen fit für die Zukunft: beträge. Daher wäre der „räuberische Aktionär“ wohl Die Anteilseigner können, wenn die Satzung es so treffender als „erpresserischer Aktionär“ zu bezeichnen. vorsieht, zukünftig online oder per Briefwahl an den Und dieses Geschäft lohnt sich: Ist der gerichtliche Streit- (B) Hauptversammlungen teilnehmen; die für die Haupt- wert bei aktienrechtlichen Gegenständen noch auf (D) versammlung erforderlichen Unterlagen kann die Aktien- 500 000 Euro begrenzt, so sind schon die Vergleichssum- gesellschaft auf ihre Seite im Internet stellen. Damit er- men im zweistelligen Millionenbereich keine Ausnahme. möglichen wir die grenzüberschreitende Durchführung Grund ist der sogenannte Vergleichsmehrwert, durch den von Hauptversammlungen und erhöhen gleichzeitig die mit horrenden Vergütungsforderungen von Rechtsanwäl- Teilnehmerzahlen und damit die demokratische Legitima- ten ein künstlicher Schaden erzeugt wird, den die Gesell- tionsgrundlage für Beschlüsse. schaft durch Vergleichszahlungen kompensiert. Zur Verringerung des Verwaltungsaufwandes regeln Diesen Praktiken sagen wir mit dem Gesetz nun den wir in Anlehnung an das Gesetz zur Modernisierung des Kampf an. Dabei versuchen wir, mit verschiedenen Mit- GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen teln anzusetzen: Zum einen korrigieren wir einige Rege- (MoMiG) Ausnahmen von der bisherigen obligatorischen lungen zum aktienrechtlichen Freigabeverfahren. Durch Gründungsprüfung bei Kapitalerhöhungen mit Sachein- dieses Verfahren, welches mit dem Gesetz zur Unterneh- lagen. Wenn also beispielsweise Vermögensgegenstände mensintegrität und Modernisierung des Anfechtungs- eingelegt werden sollen, für deren Bewertung eindeutige rechts (UMAG) im Jahr 2005 eingeführt wurde, besteht Anhaltspunkte vorliegen, kann von dieser Erleichterung für die Gesellschaft die Möglichkeit, trotz erfolgter An- Gebrauch gemacht werden. Die Gründungsprüfung fechtung in bestimmten Fällen zur Umsetzung des Be- bleibt allerdings obligatorisch, wenn aufgrund besonde- schlusses zu gelangen. Mit einem Quorum im Freigabe- rer Umstände, wie bei dem zwischenzeitlichen Aussetzen verfahren soll nun erreicht werden, dass Trittbrettfahrern des Handels mit den betreffenden Papieren, eine sichere von Klägern die Arbeit erschwert wird. Die Anteilseigner Bewertung der Einlagengegenstände im Einzelfall nicht müssen zukünftig einen Aktienanteil im Nennwert von möglich ist. 1 000 Euro halten, damit die Gesellschaft im aktienrecht- lichen Freigabeverfahren den Hauptversammlungsbe- Ein weiterer Gegenstand der Richtlinie ist die Deregu- schluss nicht trotz erfolgter Anfechtung umsetzen kann. lierung der Fälle, in denen sich Aktionäre mit ihren Dies entspricht im Regelfall einem Börsenwert von Stimmrechten durch Kreditinstitute vertreten lassen – das 10 000 bis 20 000 Euro. sogenannte Depotstimmrecht. Den Aktionären bleibt die Möglichkeit erhalten, durch eine Dauervollmacht einen Bei der Bemessung der Höhe des Quorums besteht der unbürokratischen Weg zur Stimmrechtsausübung zu wäh- Zielkonflikt, einerseits den missbräuchlich klagenden Ak- len. Einzelweisungen sind dementsprechend zur Stimm- tionären die Fortsetzung ihrer erpresserischen Strategie rechtsausübung nicht erforderlich. Dem Vorschlag, dass zu erschweren, andererseits nicht mit einem Federstrich Banken bei fehlender Einzelweisung einfach dem Abstim- sämtlichen redlichen Klein- und einer Vielzahl von Min- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24707

Elisabeth Winkelmeier-Becker (A) derheitsaktionären die Möglichkeit aus der Hand zu neh- teressen der nichtklagenden, aber dennoch vom jeweili- (C) men, auch im Freigabeverfahren eine Eintragung eines gen Beschluss betroffenen Aktionäre gewichtet werden, Hauptversammlungsbeschlusses zu verhindern. Denn ei- muss neu beantwortet werden. nes muss uns auch bewusst sein: Die redlichen Anfech- tungen haben seit jeher auch auf Schwachstellen und Lü- Schließlich sind weiterreichende Ansätze wie die Tren- cken im Aktienrecht hingewiesen und somit zu einem nung der vorzeitigen Eintragung von der dauerhaften Be- stetigen Korrekturprozess im Aktienrecht beigetragen. standskraft zu diskutieren. Dann wäre es möglich, dass Die unredlichen – weil aus rein sachfremden Erwägun- die Rechtsfolgen erfolgreicher Anfechtungen nicht auf gen erfolgenden – Anfechtungen sind hier ein schwer zu Schadenersatzzahlungen beschränkt sind, sondern dass isolierendes Phänomen. Der entscheidende Aspekt, den die Umsetzung rechtswidriger Beschlüsse auch – zumin- die erpresserischen Aktionäre ausnutzen, ist die zeitliche dest ex nunc – rückgängig gemacht werden kann. Verzögerung, die der gerichtliche Instanzenzug mit sich Es bleibt trotz des heute zu verabschiedenden Gesetzes bringt. Dies betrifft wiederum in besonderem Maße das also viel zu tun im Beschlussmängelrecht. Mit dem ARUG Freigabeverfahren. Folglich bestand in den Beratungen ist der große Wurf im Beschlussmängelrecht nicht ge- ein breiter Konsens zwischen den Fraktionen, dass das schafft. Sicher ist dieses Gesetz aber ein Schritt in die Freigabeverfahren auf eine Instanz beschränkt werden richtige Richtung. muss. Ein kleiner Kritikpunkt bleibt: Leider hat es das zu- Ich bin froh, dass wir – anders, als es der Regierungs- ständige Bundesministerium der Justiz nicht vermocht, entwurf vorsah – die Oberlandesgerichte mit dieser Zu- bis zum Tag der abschließenden Beratungen im Rechts- ständigkeit betrauen werden. Dies entspricht dem gleich- ausschuss eine Bewertung der Bürokratiekosten für den lautenden Gesetzentwurf des Bundesrats. Schließlich Gesetzentwurf vorzunehmen. Die entsprechende Zusage sind es dieselben Senate, welche neben dem Freigabever- der Bundesregierung gegenüber dem Normenkontrollrat fahren auch im Hauptsacheverfahren letztinstanzlich ent- muss natürlich eingehalten werden. Auch wenn mit der scheiden werden, da in der Vergangenheit kaum ein ein- Umsetzung des Gesetzes sicher keine Steigerung der Bü- schlägiger Rechtsstreit in der ersten Instanz beendet rokratiekosten verbunden ist, so geht es doch nicht an, wurde. Es wäre ein zumindest unglücklicher Zustand, diese Zusage gewissermaßen wortlos am Parlament vor- sollte das Oberlandesgericht eine Entscheidung in der bei im Sande verlaufen zu lassen. Diese Praxis darf nicht Hauptsache treffen, die vom Landgericht im Freigabever- „Schule machen“ – daher spreche ich diesen Punkt an fahren völlig anders bewertet wird. Es ist sinnvoll, hier dieser Stelle ausdrücklich an. nach drei Jahren eine Evaluierung vorzunehmen und zu überprüfen, ob die Neuregelung tatsächlich zu kürzeren (B) Verfahrensdauern und schnellerer Rechtssicherheit für Klaus Uwe Benneter (SPD): (D) Gesellschaften und Aktionäre geführt hat. Das Ergebnis Das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie, sollte in eine größere Reform des Beschlussmängelrechts das wir heute verabschieden, enthält einige wichtige Än- Eingang finden. derungen gegenüber dem eingebrachten Gesetzentwurf. Die Änderungen betreffen unter anderem die Regelungen Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus- zur verdeckten Sacheinlage. Hier geht es um die Fälle, in schusses enthalten folglich gleich zwei Aufforderungen denen die Gesellschafter vereinbaren, dass Bareinlagen an den 17. Deutschen Bundestag: erstens die Evaluation geleistet werden und dies auch so in der Satzung der Ak- der erstinstanzlichen Zuständigkeit der Oberlandesge- tiengesellschaft festgelegt wird. In Wahrheit werden aber richte im aktienrechtlichen Freigabeverfahren bis Ende in diesem Zusammenhang Absprachen getroffen, wonach 2011; zweitens die Aufforderung an den nächsten Deut- die Gesellschaft bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise schen Bundestag, eine umfassende Reform des aktien- einen Sachwert erhält. rechtlichen Beschlussmängelrechts auf den Weg zu brin- gen. So müssen wir dem Missbrauch von Anfechtungs- Nach den jetzt vorgenommenen Änderungen bleibt es und Klagemöglichkeiten im Recht der Aktiengesellschaf- dabei, dass vorsätzliche Falschangaben zu der Art der ten weiteren Boden entziehen. vereinbarten Einlagen strafbar sind; erkennt das Regis- tergericht die verdeckte Sacheinlage, darf die Aktienge- Im Hinblick auf diese notwendige Reform möchte ich sellschaft nicht eingetragen werden. In der Insolvenz ist einige Stichpunkte nennen, die in der Großen Koalition es aber künftig so, dass der Wert der Sacheinlage auf die bisher kontrovers diskutiert werden: Zu nennen ist die Be- bestehende Bareinlagepflicht angerechnet wird. Damit ist fristung der Nichtigkeitsklagen. Aktuell ist die Praxis zu sichergestellt, dass jeder seine Einlage zwar voll erbrin- beobachten, dass sich klagende Aktionäre bis zu einem gen muss, aber auch nicht mehr. Wichtig ist dabei: Die späteren Zeitpunkt Nichtigkeitsgründe „aufsparen“, um Beweislast für die Werthaltigkeit seiner Sacheinlage trägt nach dem Verstreichen mehrerer Monate erneuten Druck allein der Aktionär in vollem Umfang. Wir haben damit auf die Gesellschaften ausüben und weiter erpresserisch die Lösung, die wir bereits im GmbH-Recht für die ver- tätig werden zu können. Wenn wir es ernst meinen mit deckten Sacheinlagen gefunden haben, auf das Aktien- dem Schutz redlicher Aktionäre und der Gesellschaften, recht übertragen. Alle Sachverständigen, die wir als Be- so muss auch hier eine sinnvolle Regelung gefunden wer- richterstatter bei unseren Beratungen hinzugezogen den. haben, haben dies begrüßt. Auch die Frage, ob in der im Freigabeverfahren Auch das Cashpooling, also das Hin- und Herzahlen durchzuführenden Interessenabwägung nicht auch die In- von Bareinlagen, haben wir parallel zum neuen GmbH-

Zu Protokoll gegebene Reden 24708 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Klaus Uwe Benneter (A) Recht geregelt. Fließt die an die neue Konzerntochter ge- Mir war wichtig, erpresserischen Rechtsmissbrauch (C) zahlte Einlage beispielsweise sofort wieder an die Kon- zu erschweren, aber dennoch weiterhin angemessene zernmutter zurück, so ist die Bareinlageforderung künftig Rechtsschutzmöglichkeiten für redliche Kleinaktionäre dennoch erfüllt, wenn der Tochter ein vollwertiger Rück- zu erhalten. Das Gesetz sieht nun vor, dass ein Freigabe- gewähranspruch zusteht. Damit gehen wir – wie im beschluss ergeht, wenn der Kläger nicht mindestens einen GmbH-Recht – jetzt auch im Aktienrecht zu einer bilan- anteiligen Betrag von 1 000 Euro an der Aktiengesell- ziellen Betrachtungsweise über. Auch das haben die schaft hält. Damit wird Trittbrettfahrern, die sich bisher Sachverständigen einhellig begrüßt. mit minimalem Aktienbesitz ohne eigenen Sachvortrag an Klagen beteiligen, das Aufspringen erschwert. Außerdem Weiter haben wir kleinere Änderungen am VW-Gesetz wird im Freigabeverfahren künftig erst- und letztinstanz- vorgenommen, die sich auf Einzelheiten der Vollmachts- lich vom Oberlandesgericht entschieden. Eine Übertra- erteilung und -ausübung in der Hauptversammlung be- gung der Entscheidung auf den Einzelrichter ist ausge- ziehen. Diese Änderungen waren zum einen notwendig, schlossen. Wir erhoffen uns dadurch eine schnellere um die Aktionärsrechterichtlinie auch im VW-Gesetz um- Entscheidung bei hoher Entscheidungsqualität. Das Bun- zusetzen. Zum anderen waren sie eine Folge der EuGH- desjustizministerium haben wir gebeten, bis Ende 2011 zu Rechtsprechung, die uns dazu zwang, bei entsprechend untersuchen, ob sich diese Regelung – im Vergleich zu hohem Aktienbesitz Stimmrechte auch über 20 Prozent hi- den heutigen Verfahrensdauern – tatsächlich bewährt naus zuzulassen. Infolge der alten Rechtslage war gere- hat. gelt, dass niemand in der Hauptversammlung das Stimm- recht für mehr als ein Fünftel der Grundkapitals ausüben Schließlich haben wir uns im Einzelnen mit der For- durfte. Wenn aber ein Aktionär künftig mehr als 20 Pro- mulierung der Freigabeklausel beschäftigt. Dort ist gere- zent Stimmrechte haben darf, ist es unsinnig, ihm die Aus- gelt, wann trotz Anfechtungsklage ein Beschluss der übung dieser Stimmrechte durch mehrere Vertreter in der Hauptversammlung eingetragen und vollzogen werden Hauptversammlung vorzuschreiben. Künftig kann sich kann. Hier ist wichtig, dass dabei nicht nur die wirtschaft- also der Großaktionär auch durch einen einzigen Vertre- lichen Interessen der Aktiengesellschaft auf der einen ter in der Hauptversammlung vertreten lassen. Seite und die wirtschaftlichen Interessen des Aktionärs auf der anderen Seite gegeneinander abgewogen werden. Am meisten haben uns aber die Regelungen zur Be- Vielmehr stellt das Gesetz jetzt klar, dass bei Geltendma- kämpfung missbräuchlicher Aktionärsklagen beschäftigt. chung und Glaubhaftmachung eines besonders schweren Wir wissen, dass sich seit vielen Jahren eine wachsende Rechtsverstoßes unabhängig von wirtschaftlichen Abwä- Branche von Berufsklägern entwickelt hat, die wichtige gungen die Freigabe nicht erteilt werden darf. Das gilt Beschlüsse der Hauptversammlung anfechten und damit zum Beispiel dann, wenn zu befürchten ist, dass elemen- (B) die Eintragung der Beschlüsse verhindern. Auswertun- tare Aktionärsrechte verletzt wurden. In solchen Fällen (D) gen des elektronischen Bundesanzeigers haben ergeben, muss der Ausgang der Anfechtungsklage abgewartet wer- dass die zehn fleißigsten Aktionärskläger innerhalb von den. Insgesamt haben wir damit eine ausgewogene Rege- 14 Monaten insgesamt 121-mal vor Gericht gezogen lung gefunden. sind. Sie können damit Kapitalerhöhungen oder Fusionen blockieren, und zwar über eine längere Zeit. Denn das Freigabeverfahren erstreckt sich derzeit über zwei In- Mechthild Dyckmans (FDP): stanzen. Weil deshalb wichtige Strukturentscheidungen Nachdem bereits die erste Lesung zu diesem Gesetz- nicht umgesetzt werden können, bieten die Aktiengesell- entwurf zu Protokoll gegangen ist, ereilt uns dieses schaften erhebliche Summen, um die Kläger zu einer Kla- Schicksal nun auch in der zweiten und dritten Lesung. gerücknahme zu bewegen. Am Ende steht dann häufig ein Verantwortlich für den Zeitdruck, der eine mündliche Vergleich. Es gibt Kläger, die verdienen auf diese Weise Debatte verhindert, ist auch die späte Vorlage des Gesetz- jährlich viele Millionen Euro. Der „Deutschlandfunk“ entwurfs. Ärgerlich ist dies vor allem auch vor dem hat zu diesem Thema einen sehr aufschlussreichen Hin- Hintergrund, dass Frau Ministerin Zypries in mehreren tergrundbericht von Detlef Grumbach gesendet. Sie fin- Presseerklärungen auf die große Bedeutung dieses Ge- den ihn im Internetarchiv des „Deutschlandfunks“. Ich setzesvorhabens hingewiesen hat. Aber reden und tun empfehle ihn zum Nachhören. Überschrift und Schluss- sind eben zweierlei Dinge. wort, gesprochen von einem der bekanntesten Vielfach- Anfechtungskläger: „Der Gruß des Kaufmanns ist die Schon im Oktober 2007 hatte die FDP-Bundestags- Klage.“ Ein solcher Klagegruß kann, wie gesagt, sehr fraktion eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung teuer sein. Das ist die eine Seite. gerichtet mit dem Titel „Umsetzungsfahrplan der Aktio- närsrichtlinie in nationales Recht“ – Bundestagsdruck- Wir haben aber von dem Sachverständigen Professor sache 16/6860. Erst am 29. Januar 2009 fand dann end- Heribert Hirte gehört, dass derartige Aktionärsklagen in lich die erste Lesung im Bundestag für ein Gesetz zur Um- der Vergangenheit häufig in der Sache begründet waren, setzung der EU-Aktionärsrechterichtlinie statt, in wel- dass sie sogar Anlass für positive gesetzliche Änderungen chem auch die EU-Kapitalrichtlinie berücksichtigt wird. waren und dass die Möglichkeit solcher Anfechtungskla- Mit dem Entwurf sollen folgende Ziele verfolgt werden: gen auch vorbeugend wirkt. Die Aktiengesellschaften Verbesserung der Aktionärsinformationen, Erleichterung achten sehr darauf, dass keine Aktionärsrechte verletzt der grenzüberschreitenden Ausübung von Aktionärs- werden, um keine Angriffspunkte zu geben. Das ist die an- rechten, Modernisierung, Deregulierung und Flexibili- dere Seite. sierung, Neugestaltung der Kapitalaufbringung durch

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24709

Mechthild Dyckmans (A) Sacheinlagen und Eindämmung missbräuchlicher Aktio- einem Börsenwert von etwa 10 000 bis 20 000 Euro – ein (C) närsklagen. nicht geringer Betrag, aber eben auch ein Betrag, der von den Berufsklägern wohl nicht allzu schwer zu erreichen Zu Zeiten einer Großen Koalition ist es nicht selbstver- sein wird. Auch die Vertreter des Bundesjustizministe- ständlich, dass im Rahmen der parlamentarischen Bera- riums haben im Rahmen der Berichterstattergespräche tungen noch wesentliche Verbesserungen an einem Ge- eingeräumt, dass ein solches Quorum kaum dazu geeig- setzentwurf erreicht werden können. Aus diesem Grunde net sei, Berufskläger fernzuhalten. Vielmehr diene es möchte ich heute die wirklich gute fraktionsübergreifende dazu, „Trittbrettfahrer“ fernzuhalten. Dies ist ein ande- Zusammenarbeit in den Berichterstattergesprächen des res, aber auch ein nachvollziehbares Motiv. Auf der an- Rechtsausschusses loben. Diese Beratungen haben dazu deren Seite wird der Rechtsschutz der Kleinaktionäre beigetragen, dass für meine Fraktion wesentliche Punkte, nicht unverhältnismäßig eingeschränkt. Zwar können sie die ich auch schon in meiner Rede am 29. Januar 2009 er- Hauptversammlungsbeschlüsse nicht mehr blockieren, läutert habe, in die uns heute vorliegende Beschlussemp- sie haben aber weiterhin Anspruch auf Schadensersatz. fehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundesta- ges mit eingeflossen sind. Somit kann ich schon an dieser Viel wichtiger und für die Praxis von großer Bedeu- Stelle sagen, meine Fraktion wird diesem Gesetzentwurf tung ist jedoch die Einführung der erstinstanzlichen zustimmen. Zuständigkeit beim Oberlandesgericht im Rahmen des Freigabeverfahrens. Denn das eigentliche Erpressungs- Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass potenzial der Berufskläger ist darin zu sehen, dass diese vor allem die Regelungen zur Eindämmung missbräuch- die Verfahren in die Länge ziehen können. Durch diese licher Anfechtungsklagen nur einen ersten Schritt in die Zuständigkeitsverlagerung wird es zu zeitlich kürzeren richtige Richtung darstellen können. In der nächsten Verfahren kommen. Das Erpressungspotenzial der Be- Wahlperiode wird sich der Deutsche Bundestag erneut rufskläger wird damit deutlich eingeschränkt werden. umfassend mit einer Reform des Beschlussmängelrechts befassen müssen. Denn die Bedeutung dieses Themas für Zum Ende meiner Ausführungen möchte ich noch kurz die deutschen Aktiengesellschaften ist nicht zu unter- positiv die Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie und schätzen. Dies gilt umso mehr in den Zeiten der Finanz- der Kapitalrichtlinie erwähnen. Die Rechte der Aktionäre und Wirtschaftkrise. Die Reduzierung von Aktionärskla- werden gestärkt, die Stimmrechtsausübung aus dem Aus- gen wird zu spürbaren Kostenreduzierungen führen – land erleichtert und Überregulierungen werden abge- quasi ein kleines Konjunkturpaket, das den Staat keinen baut. Die Stärkung der Satzungsautonomie ist dabei für Cent kostet. Die Studie von Professor Baums aus dem die FDP-Bundestagsfraktion ein zentraler Gesichtspunkt Jahre 2007 dürfte inzwischen allseits bekannt sein, so- gewesen. (B) dass an dieser Stelle nicht näher darauf eingegangen (D) werden muss. Es bleibt festzuhalten, dass sogenannte Be- Sehr zu begrüßen ist auch, dass wir nun auch Regelun- rufskläger auf der Grundlage nur weniger Aktien die mit gen zur verdeckten Sacheinlage für die Aktiengesellschaf- ten aufgenommen haben. Dies entspricht einer Forde- der Klageerhebung verbundene Sperre für Handelsregis- tereintragungen nutzen, um sich ihr Klagerecht von der rung der Praxis und gewährleistet eine einheitliche Gesellschaft gegen horrende Beträge „abkaufen“ zu las- Rechtslage bei Aktiengesellschaften und GmbHs. sen. Insgesamt ist das also ein zustimmungsfähiges Gesetz. Der Probleme des geltenden Beschlussmängelrechts wird In einem ersten Schritt zur Eindämmung missbräuch- sich meine Fraktion in der nächsten Wahlperiode erneut licher Aktionärsklagen hat sich die FDP-Bundestags- intensiv annehmen. fraktion erfolgreich für einen weitergehenden Schutz ein- gesetzt, als es der Regierungsentwurf zunächst vorsah. Damit wird nicht nur die Position der Aktiengesellschaf- Wolfgang Nešković (DIE LINKE): ten, sondern insbesondere auch die Position der großen Der „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Ak- Mehrheit der Aktionäre, also der Eigentümer der Gesell- tionärsrechterichtlinie“ setzt im Kern EU-Richtlinien schaft, gestärkt. Denn die in den letzten Jahren zu beob- um. Er enthält eine lange Liste von Detailregelungen, die achtenden hohen Vergleichzahlungen an die Berufskläger für sich genommen weniger interessant sind, als der Ge- haben diese Eigentümer viel Geld gekostet. Die Verbesse- samteindruck, der sich aus ihnen ergibt. Der Entwurf ze- rungen schlagen sich vor allem in zwei Punkten nieder: mentiert erneut ein rechtspolitisch verfehltes Prinzip, zum einen in der Erhöhung des Quorums im Freigabever- nach dem die Justizministerin und die Koalitionsfraktio- fahren auf 1 000 Euro und in der Einführung der erst- und nen arbeiten. Das Prinzip lautet: Nicht das Problem wird letztinstanzlichen Zuständigkeit des Oberlandesgerichts bekämpft, sondern lediglich seine Symptome. für Freigabeverfahren. Es freut mich besonders, dass wir uns insoweit mit einer von der FDP in Bund und Ländern Um welches Problem geht es vorliegend? Der Gesetz- vertretenen Ansicht durchsetzen konnten. Leider ist es uns entwurf müht sich, dem Problem sogenannter räuberi- nicht gelungen, auch die Einführung einer Klagefrist für scher Aktionäre entgegenzutreten. Gemeint sind Nichtigkeitsklagen bereits in diesem Gesetzentwurf mit zu Aktionäre, die rechtsmissbräuchlich Hauptversamm- regeln. lungsbeschlüsse durch Anfechtungsklagen angreifen. Wa- rum gibt es dieses Phänomen? Warum sollte jemand kla- Die Einführung eines Quorums von 1 000 Euro ist da- gen, obwohl ihn der Beschluss inhaltlich doch gar nicht bei meiner Ansicht nach eher von untergeordneter Bedeu- interessiert? Warum kann man damit Geld verdienen kön- tung. Ein Quorum von 1 000 Euro Nennbetrag entspricht nen? Die Antwort ist einfach. Der Justiz fehlen die perso-

Zu Protokoll gegebene Reden 24710 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Wolfgang NeškoviNeškoviæć (A) nellen und sachlichen Mittel, um die Anfechtungsverfah- die ausschließlich zum eigenen finanziellen Vorteil der (C) ren zügig abschließen zu können. Der Zeitfaktor ist das Anfechtungskläger initiiert werden. Gleichwohl sind Druckmittel des räuberischen Aktionärs. Wer nicht Sym- beim Umgang mit diesem Problem Behutsamkeit und Au- ptome bekämpfen will, sondern Ursachen, muss Aktio- genmaß gefordert, weil es immerhin ein zentrales Min- näre, die das Recht missbrauchen, zur Verantwortung zie- derheitenrecht im Aktiengesetz tangiert. Überregulierung hen. Das ist sogar die naheliegendste Lösung. Ein kann hier schnell zur Beschneidung essenzieller Aktio- wehrhaftes Recht eines modernen Rechtsstaates sollte närsrechte führen. Denn wir wollen ausdrücklich kriti- dazu auch in der Lage sein. So entschied das OLG Frank- sche Aktionäre, die Vorständen auf die Finger schauen furt am Main 2009 in einer einsamen und mutigen und entsprechend des Normengefüges im Aktienrecht einen Entscheidung auf Schadensersatz gegen einen solchen wichtigen Bestandteil im System der checks and balances Aktionär. bedeuten. Das stumpfe Schwert des § 826 BGB ließe sich durch Der ursprüngliche Gesetzentwurf sah ein Maßnahmen- den Gesetzgeber schärfen. Doch diese Wege wollte man bündel vor, das gezielt und fein justiert an verschiedenen schon nicht mit dem „Entwurf eines Gesetzes zur Unter- Stellschrauben ansetzte und in toto eine ausgewogene ge- nehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungs- setzgeberische Lösung bot. Im Zuge der Beratungen hin- rechts (UMAG)“ gehen. Obwohl sich die Hoffnungen die- gegen wurden diese einzelnen Stellschrauben isoliert dis- ses Gesetzes nicht erfüllten, wird im ARUG an ihm weiter kutiert und so intensiv nachgebessert, als müsste jede Feintuning betrieben. Das Ergebnis liegt Ihnen vor. An Stellschraube für sich besehen das Problem lösen. So seine Tauglichkeit glauben – ausweislich der Gesetzesbe- wurde beispielsweise aus einem anfänglichen Quorum gründung – nicht einmal die Entwurfsverfasser selbst. von 100 Euro für das Freigabeverfahren, das ausweislich Nach dem Gesetz kann ein Hauptversammlungsbeschluss der Gesetzesbegründung nur Trittbrettfahrer abhalten durchgesetzt werden, wenn der klagende Aktionär Aktien sollte, ein Quorum auf dem Nennwert von 1 000 Euro. zu einem Anteil unter 1 000 Euro hält. Das sei eine Das entspricht bei normalen Börsenwerten im Mittelmaß Grenze, ab der ein vernünftiges finanzielles Engagement etwa 10 000 bis 20 000 Euro Anlagevolumen. Damit wird gegeben sei, das auf ein ernsthaftes Interesse schließen zwar nicht die Anfechtung mit einer Aktie unmöglich, lasse. Nur entspricht dieser Anteilswert einem durch- durch die fehlende Einbeziehung ins Freigabeverfahren schnittlichen Börsenwert von 20 000 Euro und kann sich wird allerdings die Effektivität der Kontrolle empfindlich in Einzelfällen auch auf Millionenwerte belaufen. Nach gemindert. Diese Regelung sehen wir äußerst kritisch. Es dem Gesetzentwurf soll keine Rolle spielen, welcher wird nunmehr allenfalls Aktionärsvertretungen, nicht Rechtsverstoß überhaupt angegriffen wird und wie gra- aber kritischen Privatpersonen gelingen, dieses Quorum vierend er ist. Auch soll der Beschluss nicht rechtsmittel- aufzubringen. (B) fähig sein. Die pfiffigen Juristen des Bundesjustizministe- (D) riums wollen darin aber keine Beschneidung des Auch sind wir sehr skeptisch, was den neuen Instan- Anfechtungsrechts sehen. Anfechten könne man ja weiter- zenzug mit Eingangsinstanz Oberlandesgericht anbe- hin. Das Ergebnis spielt nur dann für die Wirkung des langt. Bei aller bemühten Dogmatik und Verrenkung in Hauptversammlungsbeschlusses selbst keine Rolle mehr. der Begründung steht unter dem Strich doch die bedenk- Hatte der Aktionär recht, wird er mit einem Schadenser- liche Tendenz, eine Art Zweiklassenjustiz zu etablieren, in satzanspruch getröstet. Das falsche Prinzip des „Dulde der den Landgerichten nicht der Sachverstand zugetraut und liquidiere“ wird somit salonfähig. Der Gesetzentwurf wird, mit entsprechenden Spezialmaterien angemessen wurde von den Interessenvertretern aus der Wirtschaft umzugehen. Es wäre sinnvoll, wenn sich der Rechtsaus- bejubelt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. schuss Ende 2011 bei der Auswertung der in Auftrag ge- gebenen Untersuchung zu dieser Neuregelung mit den Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): skizzierten Bedenken auseinandersetzte. Nach intensiven Beratungen liegt nun eine Fassung Kurzum, beim lebhaft diskutierten Bereich der rechts- des Gesetzes zur Umsetzung der europäischen Aktionärs- missbräuchlichen Anfechtungsklagen schien die Bundes- rechterichtlinie, ARUG, vor. In der Gesamtschau handelt regierung wie traumatisiert zu sein, dass es nach dem es sich dabei um das Bemühen, die Aktionärsrechte zu UMAG auch in einem zweiten Anlauf mit der Eindäm- stärken. Wir stimmen dem Gesetz daher zu. mung solcher Klagen nicht klappen könnte. Daher ist Ich spreche dennoch bewusst von Bemühungen um Ak- man vorsichtshalber grobschnitzig zu Werke gegangen tionärsrechte, weil das Gesetz in vielen Bereichen ledig- und hat dabei die Aktionärsrechte bedenklich stark ge- lich optional Satzungsänderungen ermöglicht, deren tat- stutzt. sächliche Gebrauchmachung in der Praxis für uns Grüne mehr als fraglich bleibt. Die sogenannte virtuelle Haupt- Ein weiterer Kritikpunkt betrifft den Übergang zur versammlung wird somit sicherlich noch auf sich warten elektronischen Informationsübermittlung durch die Ak- lassen. Aber auch in weiteren Punkten haben wir Beden- tiengesellschaften. Wir Grüne anerkennen die Bemü- ken. hungen, die Kommunikation zwischen Gesellschaft und Aktionär – gegebenenfalls über den Zwischenschritt De- Diese betreffen insbesondere den Regelungsbereich potbank – mittelfristig elektronisch zu gestalten und da- zur Eindämmung missbräuchlicher Anfechtungsklagen. mit sowohl Bürokratie abzubauen als auch Papierres- Auch wir Grüne erkennen die Bürde für die Unterneh- sourcen zu sparen. Gleichwohl muss dieser Prozess mit men, welche aus unsinnig erhobenen Klagen resultiert, Umsicht stattfinden. Priorität hat nach wie vor, dass die

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24711

Dr. Gerhard Schick (A) Aktionäre die Möglichkeit der Informationserlangung stellung belassen, dass die grenzüberschreitende In- (C) haben. formation und Stimmrechtsausübung der Aktionäre er- leichtert und dadurch das deutsche Aktienrecht der Vor diesem Hintergrund erscheint uns die Regelung in Internationalisierung der Kapitalmärkte angepasst wird. den §§ 125, 128 AktG n. F. problematisch, wonach die Die Internetseite der Gesellschaften wird zum zentralen Satzung der Gesellschaften festlegen kann, dass die Zu- Informationsmedium ausgebaut, und elektronische Kom- stellung der Hauptversammlungsunterlagen auf den elek- munikation, wie etwa die Onlineteilnahme von Aktionä- tronischen Weg beschränkt werden kann. Statistische Er- ren oder die Abstimmung durch elektronische Briefwahl, hebungen belegen, dass nur eine geringe Prozentzahl an wird ermöglicht. Aktionären momentan ihre Unterlagen elektronisch be- ziehen. Zudem sind die elektronischen Übermittlungs- Neben der Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie wege zwischen Depotbank und Aktionär hierfür noch verfolgen wir mit dem ARUG vor allem drei weitere Ziele: nicht sicher genug. Die Kunden müssten nämlich entspre- die teilweise Umsetzung der geänderten Kapitalrichtlinie chende Onlinebankingzugänge haben. Eine reine Über- durch Deregulierungen bei der Sachgründung; eine Ver- mittlung via E-Mail kommt nicht infrage. Damit besteht einfachung des Depotstimmrechts der Kreditinstitute und die Gefahr, dass ein Großteil gerade der Kleinaktionäre schließlich Maßnahmen gegen missbräuchliche Aktio- keine Kenntnis von der Einberufung der Hauptversamm- närsklagen. lung erhält. Das grundsätzlich nachvollziehbare Argu- Im parlamentarischen Verfahren kam mit den Rege- ment der Kostenersparnis und Ressourcenschonung für lungen zur verdeckten Sacheinlage noch ein weiterer die Aktiengesellschaften sollte nicht zulasten der Klein- wichtiger Punkt dazu. In das GmbH-Recht hatten wir ent- aktionäre gehen. Wir werden daher die Entwicklung in sprechende Regelungen bereits durch das MoMiG einge- diesem Bereich sehr kritisch verfolgen. fügt, die von der Praxis und der Wissenschaft überwie- Schließlich sehe ich auch den Bereich des Depot- gend gut aufgenommen wurden. Nach Prüfung der stimmrechts nur ungenügend reformiert. Wichtig ist es, aktien- und europarechtlichen Rahmenbedingungen Anreize und Strukturen für eine kritische Stimmrechtsver- übernehmen wir diese Regelungen nun in das Aktienrecht tretung gesetzlich zu installieren. Grünes Anliegen ist es, und beseitigen damit Rechtsfolgen, die in der Praxis häu- die kritische Kontrolle durch Aktionäre in der Hauptver- fig als unangemessen empfunden wurden. sammlung zu stärken. Daher befürworten wir Strukturen, Nicht unerwähnt lassen möchte ich die Neuordnung nach denen Aktionärsvertretungen zunehmend Stimm- des gesamten Fristenregimes im Vorfeld der Hauptver- rechte delegiert erhalten, um diese gebündelt und kritisch sammlung. Das ist für die Hauptversammlungspraxis ein in der Hauptversammlung einzusetzen. Grundsätzlich be- besonders wichtiger Punkt, weil es hier seit jeher Zwei- (B) grüßen wir es auch, wenn das Depotstimmrecht refor- felsfragen gab, was zu Fehlern und schlimmstenfalls zur (D) miert wird, damit beispielsweise die öffentlich-rechtli- Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen geführt chen Kreditinstitute diese Dienstleistung überhaupt hat. Künftig werden alle Fristen und Termine nach einem wieder anbieten. Allerdings ist der neue § 135 AktG mit einheitlichen Muster von der Hauptversammlung zurück- einer fakultativen Kannregelung ausgestaltet. Wir haben berechnet, alle Fristen sind aufeinander abgestimmt und große Zweifel, dass die geschaffenen Anreize genügen, harmonisiert. Die praktische Bedeutung dieses eher tech- um Banken wieder vermehrt zur Stimmrechtsvertretung nisch klingenden Details ist nicht zu unterschätzen. zu bewegen beziehungsweise um die – kritische – Haupt- versammlungspräsenz zu steigern. Wir hätten uns die Die größte Aufmerksamkeit in der öffentlichen Diskus- Einführung eines verpflichtenden Angebots der Stimm- sion haben wohl die Maßnahmen gegen die sogenannten rechtsvertretung von Depotbanken gewünscht. räuberischen Aktionäre erfahren. Gerade in wirtschaft- lich schwierigeren Zeiten müssen zum Beispiel Sanie- Wenn in den abschließenden Beratungen anklang, man rungsschritte rasch durchgeführt werden können; dabei müsse sich für die kommende Legislatur etwa das Be- zählt oft jeder Monat. Es ist aus diesem Grund wichtig, schlussmängelrecht nochmals konzeptionell vorknüpfen, die Dauer der Freigabeverfahren abzukürzen, weil das dann möchte ich abermals auf eine Sache hinweisen: We- hauptsächliche „Erpressungspotenzial“ in einer langen sentlich wichtiger wäre es, endlich ein effektives Haf- Verfahrensdauer liegt. Für eine solche Beschleunigung tungssystem im Aktiengesetz zu entwickeln, demzufolge haben wir mehrere Maßnahmen in das ARUG aufgenom- begründete Ansprüche gegen Führungsorgane auch tat- men. Im parlamentarischen Verfahren haben wir uns sächlich durchgesetzt werden. Hier besteht ein eklatantes darüber hinaus nach intensiver Diskussion dafür Durchsetzungsdefizit, das gerade im Rahmen der Finanz- entschieden, als erste und einzige Instanz für das Freiga- marktkrise abermals deutlich wird. beverfahren das Oberlandesgericht vorzusehen. Ich bin zuversichtlich, dass wir durch die Gesamtheit der Maß- Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär bei der nahmen das fragwürdige Geschäftsmodell der räuberi- Bundesministerin der Justiz: schen Aktionäre erheblich erschweren. Anlass für den Gesetzentwurf zur Umsetzung der Ak- Zusammenfassend kann man sagen, dass das ARUG tionärsrechterichtlinie – kurz ARUG – ist zunächst ein- den Aktiengesellschaften das Leben erleichtern wird. mal die Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie vom Und das ist vor dem Hintergrund der derzeitigen Finanz- Juli 2007. Diese Umsetzung muss bis 3. August 2009 er- krise besonders wichtig, weil ein stabiles und in der folgen. Auf die Einzelheiten dieser Richtlinie möchte ich Praxis gut handhabbares Aktienrecht ein bedeutender hier nicht noch einmal eingehen, sondern es bei der Fest- Standortfaktor für die Wirtschaft ist.

Zu Protokoll gegebene Reden 24712 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Wenn Arbeitnehmer nicht konsumieren, werden Unter- (C) Wir kommen nun zur Abstimmung. Der Rechtsaus- nehmen nicht investieren und Banken das Kapital weiter schuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf ins Kasino tragen. Durch die europäischen Verträge wird Drucksache 16/13098, den Gesetzentwurf der Bundes- der dramatische Rückgang der Lohnquote in der Euro- regierung auf Drucksache 16/11642 in der Ausschuss- päischen Union gefördert, und damit wird die Wirt- fassung anzunehmen. schaftskrise verlängert. Wir stimmen zuerst über den Änderungsantrag der Der Europäische Gerichtshof untersagte etwa dem Abgeordneten Elisabeth Winkelmeier-Becker und Klaus Land Niedersachsen, bei öffentlichen Aufträgen die orts- Uwe Benneter ab. Wer stimmt für den Änderungsantrag üblichen Tariflöhne zu verlangen. Polnische Arbeitneh- auf Drucksache 16/13212? – Wer ist dagegen? – Enthal- mer hätten auf einer deutschen Baustelle höchstens An- tungen? – Dann ist der Änderungsantrag mit den Stim- spruch auf Mindestlöhne. Mindestlöhne werden so zu men des ganzen Hauses angenommen. Höchstlöhnen. Mit dieser Rechtsprechung wird gegen das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ und da- Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in mit gegen Art. 23 der Allgemeinen Erklärung der Men- der Ausschussfassung mit der soeben beschlossenen Än- schenrechte verstoßen. Sie ist auch europafeindlich, weil derung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer durch sie die Menschen in der EU gegeneinander ausge- ist dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist der Gesetzent- spielt werden. wurf in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koali- tionsfraktionen, der FDP-Fraktion und der Fraktion (Beifall bei der LINKEN) Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke angenommen. Wenn ein deutsches Unternehmen nach Polen geht, zahlt es selbstverständlich die niedrigeren polnischen Interfraktionell ist vereinbart, dass trotz der Annahme und nicht die deutschen Löhne. Umgekehrt soll dies einer Änderung sofort in die dritte Beratung eingetreten nicht gelten. Das in der Bolkestein-Richtlinie formu- wird. – Ich sehe, Sie sind damit einverstanden. Dann lierte Herkunftslandprinzip erhält so über den Gerichts- können wir so verfahren. saal wieder Geltung. Wir kommen zur Dies ist auch ökonomischer Unsinn: dritten Beratung (Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem NEN]: So ein Quatsch!) Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Erstens wird das Wachstum durch sinkende Löhne ge- Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf (B) bremst. Zweitens werden heimische Unternehmen ge- (D) ist damit mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie bei genüber Entsendeunternehmen bei der Auftragsvergabe der zweiten Lesung angenommen. zukünftig diskriminiert: Sie müssen Tariflöhne zahlen, Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 19 auf: die anderen nicht. Drittens schaden diese Urteile auch den Osteuropäern: Wenn die Löhne beim Exportwelt- Beratung des Antrags der Abgeordneten meister Deutschland sinken, dann haben wir einen wei- Dr. Diether Dehm, Monika Knoche, Hüseyin- teren Wettbewerbsvorteil gegenüber den EU-Nachbarn. Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Diese Rechtsprechung hat ihre Ursache in europäi- schen Verträgen. Durch den Vertrag von Lissabon wird Soziale Fortschrittsklausel in die EU-Verträge hieran nichts geändert. Dem Europäischen Gerichtshof einfügen wird somit weitere Munition für eine arbeitnehmerfeind- – Drucksache 16/13056 – liche Rechtsprechung geliefert. Überweisung: Durch Art. 52 der Grundrechte-Charta werden – trotz Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f) Ausschuss für Arbeit und Soziales vieler positiver Aspekte dieser Charta – zahlreiche Rechte beschränkt. Die Freiheiten des Binnenmarktes Hierzu ist eine Debattenzeit von einer halben Stunde haben weiter Vorrang vor den politischen und sozialen vereinbart. – Ich höre dazu keinen Widerspruch. Dann Rechten der Arbeitnehmer. Der Europäische Gerichtshof ist das so beschlossen. geht sogar so weit, die laut Grundgesetz unantastbare Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red- Menschenwürde gegen unternehmerische Freiheiten ab- ner dem Kollegen Alexander Ulrich für die Fraktion Die zuwägen. Deswegen haben wir, die Linke, gegen den Linke das Wort. Vertrag von Lissabon geklagt. Nun hat auch die SPD das Problem erkannt, und sie fordert zu unserer Überra- (Beifall bei der LINKEN) schung eine Änderung des Vertrags von Lissabon durch ein Sozialprotokoll. Wenn die SPD ihre Forderung ernst Alexander Ulrich (DIE LINKE): nimmt, kann der Vertrag so nicht ratifiziert werden. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Euro- Davon muss man aber nicht ausgehen!) päischen Union müssen um die niedrigsten Löhne kon- kurrieren. Die Lohnentwicklung ist eine zentrale Ursa- Sie haben unsere Forderung nach einem Sozialproto- che der Wirtschaftskrise, wie wir mittlerweile wissen. koll bereits zweimal abgelehnt: einmal am 22. Oktober Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24713

Alexander Ulrich (A) 2008 im Europäischen Parlament und am 20. Dezember und würde soziale Belange der Arbeitnehmer und der (C) 2008 im Bundestag. Die Gewerkschaften und die Arbeit- Gesellschaft missachten. Das ist die übliche Verschwö- nehmer werden die SPD aufmerksam beobachten. Sie rungstheorie, die völlig an der Realität vorbeigeht. wissen nach elf Jahren Regierungsverantwortung der SPD, dass etwas heiße Luft gegen soziale Kälte nicht Die europäische Integration und gerade der Binnen- schaden kann und nicht schaden wird. Die Linke wirkt. markt in der Europäischen Union ist in den letzten Jahr- zehnten ein Motor für Wachstum, Beschäftigung und so- (Beifall bei der LINKEN – Lachen bei der zialen Wohlstand gewesen. SPD) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Es wird sich zeigen, ob Sie Ihr Wahlversprechen ge- neten der SPD und der FDP – Alexander Ul- nauso ernst nehmen, wie Sie es zuvor bei den Mindest- rich [DIE LINKE]: Für Armut und Massenar- löhnen, der Mehrwertsteuer oder der Vermögensteuer beitslosigkeit!) getan haben. Die parlamentarischen Mehrheiten für diese Dinge sind da. Diese Mehrheiten wurden unter Wir haben heute die Situation, dass die Europäische Gerhard Schröder immer genutzt, wenn es darum ging, Union über 35 Prozent ihrer Mittel für Sozialpolitik, so- den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu schaden; zialen Zusammenhalt, Wachstum und Beschäftigung Hartz IV und Agenda 2010 sind Beispiele dafür. Sie ausgibt. Das sind über 300 Milliarden Euro in der Fi- können diesmal beweisen, dass Sie diese Mehrheiten nanzperiode 2007 bis 2013. Das ist eine große Leistung nutzen, um etwas für die Menschen in Europa zu tun. der europäischen Integration. (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der CDU/CSU) Kollege Axel Schäfer, in der letzten Debatte haben Für die Union ist klar: Wir sind für eine Europäische Sie etwas von Doppelzüngigkeit gesagt. Wer wie die Union, die die Rechte der Arbeitnehmer achtet und auch SPD immer für die europäischen Verträge war und sich den sozial Schwachen die Chancen der europäischen In- jetzt hinstellt und eine gemeinsame Erklärung mit dem tegration offenhält. Soziale Politik ist aber in erster Linie DGB abgibt, der ist doppelzüngig. Sie hätten während auch eine nationale Aufgabe. Das Anliegen, eine gene- der Vertragsverhandlungen, spätestens nach dem Schei- relle Zuständigkeit der Europäischen Union für solche tern der Abstimmungen in Frankreich und in den Nieder- Fragen zu begründen, lehnen wir ab. Europa muss Gren- landen, sagen müssen: Jetzt muss das in den Verträgen zen haben, und zwar auch in dieser Frage. verankert werden. Sich jetzt, vor den Europawahlen, hinzustellen und so etwas gemeinsam mit den Gewerk- (Beifall bei der CDU/CSU) (B) schaften zu erklären, ist doppelzüngig. Das werden die (D) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht vergessen. Wer einer immer stärkeren Zentralisierung der Sozial- politik das Wort redet, der muss auch die ganze Wahrheit (Beifall bei der LINKEN – Dr. Eva Högl sagen. Er muss dazusagen, dass eine Harmonisierung der [SPD]: Lesen Sie doch einmal den Lissabon- Standards auf europäischer Ebene im Ergebnis eine Ab- Vertrag! Es würde helfen, wenn Sie ihn lesen wertung der hohen deutschen Schutzstandards bewirkt. würden!) Das ist die Realität. Die SPD muss beantworten, ob es am 7. Juni bei den Eu- (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. ropawahlen heißt: „Pinocchio würde SPD wählen.“ Markus Löning [FDP]) Vielen Dank. Deswegen sind wir für sozialen Ausgleich und soziale (Beifall bei der LINKEN) Rechte in der Europäischen Union. Wir sind aber nicht für eine zentralisierte und harmonisierte Sozialpolitik, die nicht unseren Interessen entspricht. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nächster Redner ist der Kollege Thomas Silberhorn (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – für die CDU/CSU-Fraktion. Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Wissen Sie, von was Sie reden?) (Beifall bei der CDU/CSU) Mir bleiben jetzt noch sechseinhalb Minuten meiner Redezeit von neun Minuten. Betrachten Sie es als mei- Thomas Silberhorn (CDU/CSU): nen Beitrag zum sozialen Fortschritt in diesem Hause, Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol- dass ich davon nicht erschöpfend Gebrauch mache. legen! Der Antragsteller suggeriert mit seinem Antrag, die Europäische Union wäre allein wirtschaftlichen Inte- Vielen Dank. ressen verpflichtet (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU so- (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Genau! – wie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und Gegenruf von der SPD: Dummes Zeug, Herr dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Axel Ulrich! – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Schäfer [Bochum] [SPD]: So viel Beifall hast Nicht „suggeriert“! Er stellt fest!) du noch nie bekommen!) 24714 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Die Frage ist immer: Wer bezahlt es? Wir sagen: Es ist (C) Für die FDP-Fraktion spricht der Kollege Markus Lö- eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, dass Menschen, ning. die aufgrund ihrer Qualifikation, ihrer Arbeitsleistung nicht in der Lage sind, bestimmte Werte zu erarbeiten, (Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Der Herr vom Steuerzahler, von uns allen unterstützt werden. Löning macht das jetzt auch!) (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Wissen Sie, wie viel Akademiker mittlerweile Mindestlohn Markus Löning (FDP): haben?) Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und liebe Kolle- gen! Ich habe nicht einmal sechseinhalb Minuten Rede- Ihre Forderung nach dem Mindestlohn ist zutiefst un- zeit. Aber der Kollege Silberhorn hat im Tenor vieles sozial. Damit grenzen Sie Leute mit geringer Qualifizie- von dem getroffen, was ich auch sagen würde. rung aus dem Arbeitsmarkt aus. Das ist die Wahrheit über Ihre Politik, die Wahrheit in Bezug auf die Frage (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Also!) des Mindestlohns. Herr Ulrich, Sie haben in Ihrer Rede von ökonomi- (Beifall bei der FDP – Alexander Ulrich [DIE schem Unsinn geredet. Das ist eine treffende Beschrei- LINKE]: Sie machen Dumpinglöhne! – Ge- bung sowohl Ihres Vortrages als auch Ihres Antrages: genruf des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP]: ökonomischer Unsinn. Sie versuchen nämlich, einen Ge- Wir machen keine Löhne!) gensatz herzustellen. Das ist das Demagogische und Po- – Das mit den Dumpinglöhnen wird hier irgendeiner pulistische an der Politik, die Sie hier vertreten. Sie ver- anderen Partei zugeschrieben. Herr Ulrich, Sie sollten suchen, einen Gegensatz zwischen Marktwirtschaft und sich in Bezug auf diese Frage sehr viel ernsthafter da- Sozialem herzustellen. mit auseinandersetzen, was es tatsächlich für Arbeit- (Dr. Eva Högl [SPD]: Genau!) nehmerinnen und Arbeitnehmer, für den Arbeitsmarkt, für Geringqualifizierte bedeutet, wenn Sie gesetzliche Sie verstehen nicht, Sie wollen nicht verstehen – und Sie Mindestlöhne vorschreiben. Das, was Sie hier vertreten, streuen den Menschen Sand in die Augen –, dass die ist ein Schlag ins Kontor, ein Schlag gerade gegen gering Marktwirtschaft, der Binnenmarkt und das Zusammen- qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. arbeiten gerade in ökonomischen Belangen innerhalb der (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Waren Sie Europäischen Union erst die Grundlage für den Wohl- schon mal in Frankreich und Luxemburg?) stand und den Sozialstaat in der Bundesrepublik Deutschland geschaffen haben und immer noch schaf- Quatschen Sie nicht so einen Unfug, was die Mindest- (B) fen. löhne angeht! (D) (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – (Beifall bei der FDP – Karin Binder [DIE Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Dafür steht die LINKE]: Wer hier Unfug quatscht, ist die FDP? – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Ha- Frage!) ben Sie die Wirtschaftskrise wahrgenommen?) Meine Damen und Herren, auch ich möchte meine – Selbstverständlich. Ich bleibe aber dabei, dass Sie mit Redezeit nicht vollständig ausschöpfen. Aber lassen Sie Ihrer Art der Darstellung des Gegensatzes den Leuten mich einen letzten Punkt ansprechen, der aus meiner Sand in die Augen streuen und versuchen, sie zu verul- Sicht wiederum den Populismus der Linkspartei und ken, um es freundlich und parlamentarisch auszudrü- ebenso deren Unehrlichkeit deutlich macht. Sie reden cken. Mir würde an anderer Stelle vielleicht noch etwas Unfug wider besseres Wissen über das Thema Lissabon- anderes einfallen. Vertrag. Wenn mich als Liberalen an dem Lissabon-Ver- trag eines stört, dann ist es die Tatsache, wie wenig die (Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Marktwirtschaft und der Binnenmarkt darin betont wer- Wie meinen Sie „an anderer Stelle“?) den. Es stört mich, wie weit soziale Fragen darin in den Vordergrund gestellt wurden. Lassen Sie mich noch einige Worte zum Thema Min- destlohn verlieren. Bei diesem Thema sind nicht alle (Lachen des Abg. Alexander Ulrich [DIE Kollegen – auch der anderen Fraktionen – derselben LINKE]) Meinung. Trotzdem stimme ich als Liberaler dem Lissabon-Ver- (Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das stimmt! trag zu, weil er meiner Meinung nach Europa in der Gott sei Dank!) Summe nach vorn bringt. Auch beim Mindestlohn streuen Sie den Leuten Sand in Sie versuchen auch an dieser Stelle, den Leuten Sand die Augen. Zu wessen Lasten geht denn Ihre Forderung in die Augen zu streuen. Sie sagen die Unwahrheit über nach dem Mindestlohn? Wir sind uns doch einig, dass das, was der Lissabon-Vertrag für die Menschen bedeu- die Menschen in unserem Land einen menschenwürdi- tet. Die Linke ist und bleibt eine populistische Partei, die gen Mindeststandard brauchen; das steht völlig außer versucht, mit Demagogie Leute hinter sich zu bringen. Dieser Versuch wird misslingen. Frage. Vielen Dank. (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Wie hoch soll der denn sein?) (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24715

(A) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Sie hat aus echter Überzeugung an dem Lissabon-Ver- (C) Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Eva Högl für trag mitgearbeitet. Für meine Partei kann ich sagen: Wir die SPD-Fraktion. sind froh, dass sie den Weg in unsere Partei gefunden hat. Dr. Eva Högl (SPD): (Zuruf von der SPD: Sehr wahr! – Alexander Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ulrich [DIE LINKE]: Herzlichen Glück- Die Absicht des Antrags der Fraktion Die Linke ist klar: wunsch!) Die Linke möchte als Partei wahrgenommen werden, die Das zeigt sehr deutlich, dass die Linkspartei auf dem das soziale Europa voranbringt. Das aber wird nicht ge- Holzweg ist und keine Konzepte für ein soziales Europa lingen, schon gar nicht mit diesem Antrag; denn es ist hat. völlig klar, dass die Linke in den Debatten über Europa immer wieder versucht, der europäischen Zusammenar- Ich komme noch einmal zu dem hier angesprochenen beit zu schaden. Sie versucht, den globalen Herausforde- Positionspapier. Anfang Mai hat die SPD zusammen mit rungen und den internationalen Problemen, vor denen den Gewerkschaften ein Positionspapier „Für ein Europa wir stehen, mit nationaler Politik und plumpem Populis- des sozialen Fortschritts“ veröffentlicht. Darin sprechen mus zu begegnen. wir uns für eine Ergänzung des EU-Primärrechts durch eine Fortschrittsklausel aus. (Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Ab- (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Da bin ich geordneten der CDU/CSU) gespannt!) Das ist ebenso aussichts- wie erfolglos. Diese Politik ist Wir haben gute Gründe dafür, dass wir das tun: Damit zum Scheitern verurteilt. soll klargestellt werden, dass die EU nicht nur dem wirt- schaftlichen, sondern auch dem sozialen Fortschritt ver- Ich sage hier für die SPD ganz deutlich: Eine interna- pflichtet ist. Wir setzen uns dafür ein, dass diese Klausel tionale Partei wie die SPD, die sich seit 1925 zu den Ver- in einem rechtlich verbindlichen Protokoll zum sozialen einigten Staaten von Europa bekennt, lässt sich hier im Fortschritt ein Bestandteil der europäischen Verträge Deutschen Bundestag von der Linkspartei nicht erklären, wird. was gute europäische Politik und was ein soziales Euro- pa ist. (Zuruf des Abg. Alexander Ulrich [DIE LINKE]) (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Hartmut – Wir sind das Original. (B) Koschyk [CDU/CSU]) (D) (Beifall bei der SPD) Wir stehen für das soziale Europa, und wir beweisen das durch unser Engagement und vor allen Dingen durch Wir möchten mit dieser Klausel deutlich machen – wir verantwortungsvolle Politik. Das ist eben keine heiße sind sehr froh, dass wir hier die Gewerkschaften an un- Luft, sondern sie bringt frischen Wind und gute Ideen, serer Seite haben –, dass Soziales und Wirtschaft keine die Europa sehr gut tun. Gegensätze sind – der Kollege Löning hat das schon ge- sagt –, sondern untrennbar miteinander verbunden sind. (Beifall bei der SPD) Aber wir wollen auch deutlich machen, dass im Kon- Die Linkspartei, liebe Kolleginnen und Kollegen, fliktfall – im Gegensatz zu den jüngsten Urteilen des Eu- lehnt den Vertrag von Lissabon ab und klagt sogar vor ropäischen Gerichtshofs – nicht die wirtschaftlichen dem Bundesverfassungsgericht dagegen. Jetzt fordert sie Grundfreiheiten Vorrang haben, sondern die sozialen plötzlich Verbesserungen für den Vertrag von Lissabon. Grundrechte und die wirtschaftlichen Grundfreiheiten Wie passt das zusammen? Das passt überhaupt nicht zu- ordentlich abgewogen werden. sammen. Ich kann es mir nur so erklären: Die Linke ist (Beifall bei der SPD) etwas verzweifelt und merkt, dass sie sich mit der Ab- lehnung des Lissabon-Vertrages in eine Sackgasse ma- Wenn ich das hier so offen sagen darf: Es ist einigerma- növriert hat. ßen durchsichtig, wenn die Linksfraktion genau zehn Tage später einen Antrag mit identischen Forderungen Ich will kurz daran erinnern, dass eine prominente Po- stellt, aber an keiner Stelle deutlich macht, wie sie sich litikerin der Linkspartei, Sylvia-Yvonne Kaufmann, eine konstruktiv für diese Forderungen einsetzen oder wie sie kluge und engagierte Frau, verantwortungsvoll Politik in Europa machen will. (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Zum (Beifall bei der SPD) Glück!) Für die SPD sage ich ganz deutlich: Wir lassen uns aus der Linkspartei ausgetreten ist, eine Frau, liebe Kol- unsere guten Ideen von Ihnen nicht klauen. Die Men- leginnen und Kollegen, die sich für Europa und für den schen merken – auch im Europawahlkampf –, wer für Lissabon-Vertrag sehr engagiert hat und sich um die eu- das soziale Europa steht ropäische Einigung sehr verdient gemacht hat. (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Man sollte (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten die SPD nicht daran messen, was sie im Wahl- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) kampf sagt!) 24716 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Dr. Eva Högl (A) und wer das Original und wer die Kopie ist. So selbstbe- Wir kommen zu dem Ergebnis, dass der Vertrag von (C) wusst sind wir von der SPD, dass wir sagen: Wir stehen Lissabon eine sehr gute Grundlage und der richtige Weg für das soziale Europa. hin zu einem sozialen Europa ist. Ich gehe sogar so weit, mit Bezug auf die EuGH-Entscheidung zu sagen: Mit Ich will kurz daran erinnern, dass wir gute Gründe für dem Vertrag von Lissabon hätten wir auch eine neue unsere Forderung einer sozialen Fortschrittsklausel ha- Grundlage für weitere Entscheidungen des Europäischen ben. Die bekannten Urteile des EuGH haben uns alle ei- Gerichtshofs. Ich bin mir sehr sicher, dass der Europäi- nigermaßen besorgt gemacht. sche Gerichtshof bei künftigen Urteilen dann zu einer (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Aha!) anderen Abwägung zwischen wirtschaftlichen Grund- freiheiten und sozialen Grundrechten käme. Wir sehen genügend Anlass, diese Urteile des Europäi- schen Gerichtshofs zu kritisieren. Ich sage deutlich: Es Mein Fazit lautet: Europa muss sozialer werden. Da- ist sehr ärgerlich, dass der Europäische Gerichtshof, der für steht die SPD. Dafür setzen wir uns ein. Wir halten bei der Gestaltung des sozialen Europas und der europäi- die soziale Fortschrittsklausel für eine richtige Ergän- schen Integration eigentlich immer unser Bündnispartner zung des Primärrechts. Deswegen werden wir uns ge- war, uns jetzt Anlass für Kritik gegeben hat. Aufgrund meinsam mit den Gewerkschaften weiterhin dafür ein- dieser Urteile halten wir die Ergänzung des Primärrechts setzen. Aber man kann das soziale Europa nicht durch eine soziale Fortschrittsklausel für sehr richtig und gestalten, wenn man den Vertrag von Lissabon ablehnt notwendig. Wir bleiben bei unserer Forderung. und die europäische Einigung insgesamt so kritisch be- urteilt, wie Sie das tun. Die Linke muss sich zunächst Ich möchte ganz deutlich betonen: Wir verbinden die klar zu Europa bekennen, bevor sie Forderungen im Hin- Forderung nach einem sozialeren Europa mit einem son- blick auf den Vertrag von Lissabon stellt. Ich würde mir nenklaren Bekenntnis zum Vertrag von Lissabon. Das ist wünschen, dass wir diese Debatte auch im zuständigen der ganz entscheidende Unterschied zwischen unserer Ausschuss führen. und Ihrer Politik. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Manuel (Beifall bei der SPD) Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Wir von der SPD wollen, dass der Vertrag von Lissabon Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: so bald wie möglich in Kraft tritt. Wir hoffen, dass das Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Ma- Bundesverfassungsgericht eine weise Entscheidung nuel Sarrazin für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. trifft. Wir hoffen auch, dass die Irinnen und Iren entspre- (B) (D) chend abstimmen. Wir wollen, dass Europa mit dem Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vertrag von Lissabon handlungsfähig bleibt und eine Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Ich gute Grundlage schafft. habe nur vier Minuten Redezeit. Darum werde ich nichts Ich möchte an dieser Stelle hervorheben, dass der davon abgeben. Vertrag von Lissabon schon deutliche Verbesserungen (Zurufe von der CDU/CSU: Oh!) für das soziale Europa bringt und für all diejenigen einen echten Fortschritt darstellt, die sich für das soziale Euro- Aber Sie sind frei, Zwischenfragen zu stellen, um meine pa engagieren. Deswegen kann ich überhaupt nicht ver- Redezeit zu verlängern. stehen, warum Sie das nicht anerkennen wollen. (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Nein!) (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Manuel Auch wir als Grüne sind der Meinung, dass das Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) soziale Europa gestärkt werden muss. Die wichtigste Grundannahme, die wir dabei haben, ist: Wer mehr Der Vertrag von Lissabon enthält ein klares Bekenntnis soziales Europa will, muss Europa mehr für ein soziales zur sozialen Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung Europa tun lassen. Das heißt: Soziales Europa geht nur ausgerichtet ist. Das ist ein Riesenfortschritt für all dieje- mit mehr Europa. nigen, die sich um das soziale Europa kümmern. Die so- ziale Querschnittsklausel verpflichtet die Politik, auf ein (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hohes Beschäftigungsniveau und den sozialen Schutz zu sowie bei Abgeordneten der SPD) achten. Europa muss mehr zwischen nationalstaatlichen Syste- (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Theorie und men koordinieren, und es muss mehr harmonisieren, wo Praxis!) Mindeststandards gefragt sind. Europa muss sich in mancher Hinsicht auch mehr aus Dingen heraushalten. Ein weiterer Riesenerfolg des Vertrages von Lissabon ist Der Vertrag von Lissabon regelt das zum Beispiel für die Rechtsverbindlichkeit der Grundrechtecharta. In die- den Bereich der Daseinsvorsorge. Dass die Wasserver- ser Charta sind soziale Grundrechte verbindlich veran- sorgung in kommunaler Hand bleiben kann, wird durch kert. Deshalb wird der Vertrag von Lissabon einen ech- den Vertrag von Lissabon geregelt. Das ist ein weiterer ten Fortschritt bringen. Punkt des sozialen Europas im Lissabonner Vertrag. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) und bei der SPD) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24717

Manuel Sarrazin (A) Trotzdem hat sich auch nach unserer Analyse eine ment nur einen Kommissionspräsidentschaftskandidaten (C) Schieflage entwickelt. Im Laval-Urteil hat der EuGH mit unserer Stimme unterstützen, der sich verpflichtet, eine Abwägung zwischen den sozialen Grundrechten, den sozialen Fortschritt in Europa voranzutreiben und die in Art. 2 und in den dazugehörigen Dokumenten ge- die Forderung des Anderson-Berichts – der übrigens regelt sind, und der Dienstleistungsfreiheit vorgenom- auch mit der SPD beschlossen wurde –, nämlich über men. Diese Abwägung zu machen, ist schon schwierig, eine Fortschrittsklausel nachzudenken, zu unterstützen. aber aus unserer Sicht ist vor allem das Ergebnis falsch. Das ist der Maßstab, den wir im EP an den neuen Das Rüffert-Urteil des EuGH und das Urteil des Verwal- Kommissionspräsidentschaftskandidaten legen. So tungsgerichts Celle besagen ausdrücklich, dass bei der macht man das richtig, nicht über einen Antrag wie den, Entsendung von Arbeitnehmern der geringere Lohn ei- den Sie gestellt haben. nen Wettbewerbsvorteil darstelle, der zumutbar sei. Wir halten das für falsch. Aber es war nicht nur der EuGH, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der das festgestellt hat, sondern zuerst hat das Verwal- und bei der SPD) tungsgericht Celle ein entsprechendes Urteil gefällt. Ich Deswegen enthalten wir uns. frage mich, warum eigentlich der große Sturm der Ent- rüstung nicht schon bei der Entscheidung des Verwal- Ich habe meine Redezeit wenigstens genau eingehal- tungsgerichts Celle ausgebrochen ist. ten. Das ist eine kleine Hommage an die Vorredner. Richtig ist: Wir wollen entgegensteuern. Wir wollen Danke. die sozialen Grundrechte stärken; wir wollen eine (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Gleichwertigkeit von sozialen Grundrechten und den und bei der SPD) Grundfreiheiten des Binnenmarkts herstellen. (Beifall der Abg. Dr. Thea Dückert [BÜND- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: NIS 90/DIE GRÜNEN]) Ich schließe die Aussprache. Wir finden die Vorschläge zur Fortschrittsklausel, die Wir kommen nun zum Antrag der Fraktion Die Linke der Europäische Gewerkschaftsbund gemacht hat, inte- auf Drucksache 16/13056. Die Fraktion Die Linke ressant. Aber Sie können nicht von mir erwarten, dass wünscht Abstimmung in der Sache, die Fraktionen der ich das, was der EGB aufgeschrieben hat, als richtig be- CDU/CSU und der SPD wünschen Überweisung, und zeichne. Darin sind auch viele Kinken. Einen grundsätz- zwar federführend an den Ausschuss für die Angelegen- lichen Vorrang von sozialen Grundrechten vor jeglichem heiten der Europäischen Union und mitberatend an den Primärrecht zu konstruieren, halte ich für wagemutig Ausschuss für Arbeit und Soziales. Nach unserer ständi- (B) und auch für falsch. Es gibt primärrechtliche Ziele, für gen Übung geht die Abstimmung über die Überweisung (D) deren Verankerung wir Jahrzehnte gekämpft haben: vor. Wer stimmt für die Überweisung? – Wer ist dage- Nachhaltigkeit, Ökologie und andere. Grundsätzlich ge- gen? – Enthaltungen? – Die Überweisung ist damit ein- genüber allem Primärrecht einen Vorrang zu definieren, deutig beschlossen. Über den Antrag in der Sache wird halte ich für nicht zielführend. also heute nicht abgestimmt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ich rufe Tagesordnungspunkt 24 auf: und bei der SPD) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Die Schwäche des Antrags der Linken ist, dass nur ir- richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz gendeine Klausel gefordert wird. Sie geben noch nicht und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) einmal Kriterien an, wie diese Klausel gestaltet sein – zu dem Antrag der Abgeordneten Ingbert Lie- sollte. Wir freuen uns auf die Debatte, und ich freue bing, Marie-Luise Dött, Peter Bleser, weiterer mich über die vier Minuten Redezeit, die leider fast Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU schon vorbei sind. Zustimmen können wir dem Antrag nicht. Wir werden uns enthalten. sowie der Abgeordneten Mechthild Rawert, Christoph Pries, Marco Bülow, weiterer Abge- Noch ein Punkt in dem Antrag ist aus unserer Sicht ordneter und der Fraktion der SPD demokratiestörend. Sie wollen die Bundesregierung schon jetzt darauf festlegen, welche Kriterien der Kandi- Delfinschutz voranbringen dat für den Posten des Kommissionspräsidenten erfüllen – zu dem Antrag der Abgeordneten Undine soll. Im Lissabonner Vertrag haben wir erreicht, dass die Kurth (Quedlinburg), Bärbel Höhn, Ulrike Höf- Bürgerinnen und Bürger Einfluss darauf nehmen kön- ken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion nen, wer Präsident wird; denn das Ergebnis der Europa- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wahl soll darüber mitbestimmen, wer das wird. Die Gefangenschaft von Delfinen unverzüg- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lich beenden und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) – Drucksachen 16/12868, 16/9102, 16/13203 – Diesen Punkt der Demokratisierung lehnen Sie mit Ih- Berichterstattung: rem Antrag ab. Das ist Quatsch. Wissen Sie, was wir ma- Abgeordneten Ingbert Liebing chen? Wir haben angekündigt, dass wir im Europaparla- Christoph Pries 24718 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (A) Angelika Brunkhorst Schutz der Wale und Delfine in höchstem Maße ernst neh- (C) Eva Bulling-Schröter men und auf nationalem und internationalem Parkett Undine Kurth (Quedlinburg) auch entsprechend handeln. Folgende Kolleginnen und Kollegen haben ihre Re- Seit einigen Jahren haben wir allerdings ein neues den zu Protokoll gegeben: Ingbert Liebing, Christoph Problem, nämlich die wachsende Popularität von Delfin- Pries, Mechthild Rawert, Angelika Brunkhorst, Eva Bul- therapie. In den letzten Jahren ist es zu einem regelrech- ling-Schröter und Undine Kurth. ten Run auf Therapieangebote in diesem Bereich gekom- men, nicht zuletzt durch übertriebene Medienberichte Ingbert Liebing (CDU/CSU): über die „Wunderheiler in Grau“. Deren Erfolgsquote ist Dass Delfine bedroht sind, ist uns allen nicht neu. Del- allerdings nicht medizinisch belegt. Die bei der Delfin- fine verfügen auch seit Jahrzehnten über eine gewaltige therapie beobachteten Effekte lassen sich zudem nach mediale Präsenz. In den 60er-Jahren fing es mit der Fern- Meinung führender Experten auch durch andere Tierar- sehserie „Flipper“ an, und bis heute ist der Mythos vom ten erzielen. Oftmals werden einheimische Haustiere bei freundlichen Delfin ungebrochen. Gipfel einer damals Therapien eingesetzt, beispielsweise Hunde oder Pferde. unkritischen Freude am Delfin waren die in den 70er- und Deshalb unterstützt auch die Bundesregierung Delfinthe- 80er-Jahren weit verbreiteten Delfinarien, in denen sich rapie in keiner Art und Weise, weder verbal noch finanzi- Touristen an Kunststücken erfreuten, die die Tiere zum ell. Und dies ist auch in Zukunft nicht geplant. Teil unter Qualen und unter erbärmlichen Lebensbedin- Schauen wir uns einmal die rechtliche Situation an: gungen erlernt hatten. Die bestehenden Einfuhrregelungen stellen sicher, dass In den Neunzigern setzte ein Umdenken ein: Allein in frei lebende Delfine und Wale nur unter strengsten Vo- Deutschland wurden fünf der ursprünglich neun Delfina- raussetzungen und zu nicht kommerziellen Zwecken in rien geschlossen. Dies war Ausdruck des sich entwickel- die EG gelangen. Bei jeder Form der Haltung von Del- ten Bewusstseins für unsere natürliche Umgebung quer finen – sei dies in Delfinarien, zoologischen Gärten oder durch alle gesellschaftlichen Schichten. Naturschutz und wissenschaftlichen Einrichtungen – sind in Deutschland Bewahrung der Schöpfung hatten einen neuen Stellen- die Vorgaben des Tierschutzrechts gleichermaßen zu be- wert bekommen. Eine gute und unterstützenswerte Ent- achten: Wer ein Tier hält, muss nach § 2 des Tierschutz- wicklung; eine Entwicklung, die von der CDU/CSU im- gesetzes das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen mer mit Überzeugung mitgestaltet wurde – nicht nur in entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhal- Bezug auf Delfine, sondern auf alle Meeressäuger. tensgerecht unterbringen, darf die Möglichkeit des Tiers zu artgemäßer Bewegung nicht einschränken, muss ge- (B) Nehmen wir nur die jüngsten Fortschritte. Das währleisten, dass ihm keine Schmerzen oder vermeidbare (D) ACCOBAMS-Übereinkommen zum Schutz von Walen und Leiden oder Schäden zugefügt werden und muss über die Delfinen wurde von seinem ursprünglichen Geltungsbe- für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltens- reich so ausgeweitet, dass eine Verbindung zum Klein- gerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kennt- walschutz im Mittelmeer geschaffen wurde. Hiermit nisse und Fähigkeiten verfügen. Sind diese gesetzlichen haben wir der Tatsache Rechung getragen, dass die Auflagen nicht erfüllt, kann eine Haltung jederzeit ver- Kleinwale einen sehr viel weiträumigeren Lebensraum sagt oder widerrufen werden. haben, als früher vermutet wurde. Im Rahmen von ACCOBAMS wurde mithilfe von detaillierten Schutzplä- Dass dies funktioniert, zeigte die bereits erwähnte Tat- nen und der Einrichtung spezieller Schutzgebiete er- sache, dass in den vergangenen Jahren fünf der ehemals reicht, dass sich der Bestand der Schweinswale in der neun Delfinarien in Deutschland geschlossen wurden. Nordsee deutlich erholt hat. Das ist ein Erfolg von Der Antrag auf Bau eines Delfinariums auf Rügen wurde ASCOBANS, aber auch ein Erfolg neuer technischer auf Grundlage bestehenden Rechts und eines Gutachtens Schutzmethoden in der Fischerei, zum Beispiel der Pin- des wissenschaftlichen Beirats des Stralsunder Meeres- gerpflicht zur akustischen Vergrämung. Seitdem sie museums nicht genehmigt. Eine artgerechte Haltung war durchgängig eingesetzt werden, sind Beifänge deutlich in dem Fall offensichtlich nicht gewährleistet. gesunken. EU- bzw. nationales Artenschutzrecht enthält mit Ein- Die CDU/CSU hat sich außerdem mit Leib und Seele fuhr-, Besitz- und Vermarktungsbeschränkungen sowie für den Schutz der Wale und die Beibehaltung des Mora- mit den bestehenden Nachweispflichten und Sanktions- toriums gegen den Walfang eingesetzt, dessen Aufhebung vorschriften ein effektives Instrumentarium gegen ille- zwischenzeitlich ernsthaft drohte. Mit Erfolg! gale Einfuhren. So sind auch illegale Importe nach In unserem Antrag zum Schutz der Wale, Drucksache Deutschland nicht bekannt. Leider werden aber im euro- 16/4843, haben wir unter anderem konkrete Maßnahmen päischen Ausland nach wie vor Verstöße gegen geltendes zum verbesserten Schutz aller Walarten, inklusive kleine- Recht beobachtet. Die Unionsfraktion hat daher einen rer Wale und Delfine, gefordert. Hierin wurde besonders Antrag vorgelegt, in dem die Bundesregierung aufgefor- auch vor den negativen anthropogenen Einflüssen wie dert wird, sich weiterhin auf nationaler, europäischer und zum Beispiel Verschmutzung, Beifang und Lärm gewarnt, internationaler Ebene aktiv gegen die illegale Einfuhr die den Lebensraum der Bestände in freier Wildbahn von in freier Wildbahn gefangenen Delfinen einzusetzen ernsthaft bedrohen. Dies macht deutlich, dass wir als Ko- und zur Vermeidung dieser Einfuhren entsprechende alitionsfraktionen und die Bundesregierung das Thema Kontrollen durchzuführen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24719

Ingbert Liebing (A) Wir wollen darüber hinaus auch die Haltungsanforde- fischung und die Einengung der Lebensräume durch die (C) rungen für Delfine neuen Erkenntnissen anpassen. Im zunehmende Verlärmung der Meere sind für Delfine welt- Rahmen des Säugetiergutachtens des Bundesministeri- weit zu einer Bedrohung geworden. Hier müssen – und ums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirt- zwar international – weitere intensive Bemühungen statt- schaft müssen diese Haltungsanforderungen regelmäßig finden. Ziel muss sein, die Meeressäugetiere in der freien überarbeitet werden. Dabei muss beachtet werden, dass Wildbahn stärker zu schützen, und es ist gut, dass wir uns das bearbeitende Expertengremium paritätisch mit Fach- darin einig sind. kräften der Zoobranche, der Tierschutzorganisationen und mit unabhängigen Gutachtern besetzt wird. So wol- Seit 1997 schließt die EU-Verordnung über den Schutz len wir sichergestellt wissen, dass bei der Kriterienfestle- von Exemplaren wild lebender Tier- und Pflanzenarten gung größtmögliche Objektivität zum Tragen kommt. ein Importverbot von Delfinen und Walen für kommer- zielle Zwecke mit ein. Auch auf der Vertragskonferenz des Zunächst wollen wir die bestehenden rechtlichen Mög- Washingtoner Artenschutzabkommens wurde der interna- lichkeiten voll ausschöpfen und ihre Einhaltung streng tionale Handel zu kommerziellen Zwecken verboten. Wir kontrolliert wissen. Wenn dies geschieht, sind wir auch im brauchen jedoch auch weiterhin Kontrollen, damit diese Delfin- und Walschutz einen großen Schritt weiter. Verbote eingehalten werden. Die Griechen der Antike verehrten die Delfine als gött- liche Geschöpfe. Der Sonnengott Apollon zum Beispiel, Wir müssen aber auch vor der eigenen Tür kehren. Da- im Meer geboren, soll von einem Delfin an Land gebracht her setzen wir uns mit unserem Antrag für die Verbesse- worden sein und sich zeitweise selbst in einen solchen rung der Haltungsbedingungen von Säugetieren in Zoos, verwandelt haben. Sie galten als klug, schön und lebens- Tierparks oder Delfinarien ein. Wir wollen frei lebende froh, waren selbstlose Retter unzähliger Schiffbrüchiger und in Deutschland gehaltene Delfine entsprechend ihren und ein gutes Omen für Seefahrer und Fischer. Die alten biologischen Bedürfnissen besser schützen. Es bringt Griechen sagten ihnen heilende Kräfte nach. Und wer ei- nichts – und darauf läuft der Antrag der Grünen hinaus –, nen Delfin töte, ziehe sich den Zorn der Götter zu, hieß es. einfach alle Delfinarien per Gesetz zu schließen. Denn Es stünde uns gut an, wenn wir uns ein wenig dieser Sicht- Fakt ist: Die Auswilderung von in Gefangenschaft leben- weise wieder zu eigen machten. den Delfinen ist nicht möglich. Ich glaube nicht, dass dies eine zielführende Lösung sein kann. Wir wollen daher er- Sorgen wir gemeinsam dafür, dass unsere Kinder diese reichen, dass in Deutschland alle Säugetiere in Zoos, Meeressäuger nicht nur noch aus Erzählungen kennen. Tierparks oder Delfinarien unter optimalen Bedingungen nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen ge- Christoph Pries (SPD): halten werden. Aus diesem Grund setzen wir uns dafür (D) (B) Ich kann mich noch gut an meine erste Rede hier im ein, dass das Säugetiergutachten an die Haltungsanfor- Hause erinnern. Anfang Januar 2005 haben wir über das derungen für Delfine anzupassen ist und regelmäßig Abkommen zur Erhaltung der Kleinwale in der Nord- und überarbeitet wird. Bisher enthält das Säugertiergutach- Ostsee debattiert. Der dazugehörende Gesetzentwurf ten nur unzureichende Minimalanforderungen an die wurde seinerzeit einstimmig angenommen. Tierhaltung und vernachlässigt neueste wissenschaftliche Erkenntnisse. Bei der Überarbeitung des Gutachtens Heute debattieren wir wieder zum Thema Delfin- wird darauf zu achten sein, dass das bearbeitende Exper- schutz. Es gab ursprünglich einen Antrag von Bünd- tengremium paritätisch mit Fachkräften der Zoobranche, nis 90/Die Grünen. Wir haben versucht, auf dieser Basis der Tierschutzorganisationen sowie mit unabhängigen einen interfraktionellen Antrag zu entwickeln, sind aber Gutachtern besetzt ist. leider gescheitert. Heute müssen wir daher über einen zu- sätzlichen Koaltionsantrag debattieren – zwei Anträge, Es ist ein erhabener und wunderschöner Anblick, Del- die von ihrer Intention her eigentlich nicht so weit ausei- fine in ihrem natürlichen Lebensraum zu beobachten. nanderliegen. Ich freue mich aber, dass im federführen- Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass auch un- den Umweltauschuss der Koalitionsantrag einstimmig sere Kinder und Enkel dies künftig erleben dürfen. und im mitberatenden Agrarauschuss bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen wurde. Mechthild Rawert (SPD): Was wollen wir mit unserem Antrag erreichen? Uns Der Weg für eine Neufassung des Säugetiergutachtens geht es in erster Linie darum, die Lebensgrundlagen der ist nach langen Debatten endlich frei, und das ist gut so. Delfine zu erhalten und zu verbessern. Delfine haben eine Seitdem das letzte Säugetiergutachten im Juni 1996 er- sehr geringe Reproduktionsquote. Wie alle anderen Wale schienen ist, sind 13 Jahre vergangen. In diesen 13 Jah- auch, bringen sie immer nur ein Kalb zur Welt. Gleichzei- ren haben wir viele neue wissenschaftliche Erkenntnisse tig sind die Lebensräume der Delfine zunehmend bedroht. zur Haltung von Wildtieren in Zoos erlangt, die nun end- Diese Bedrohung geht in erster Linie von Beifang durch lich auch im aktualisierten Gutachten Eingang finden die Fischerei aus. Entweder sterben die gefangenen Tiere und verpflichtend Gültigkeit für die Zukunft erlangen sol- einen qualvollen Erstickungstod in den Netzen, oder sie len. Nach Einschätzung zahlreicher Expertinnen und ziehen sich so schwere Verletzungen zu, dass sie später Experten enthält das noch gültige Gutachten von 1996 verenden. veraltete Minimalstandards und steht damit teilweise im Damit aber nicht genug: Die zunehmende Verschmut- Widerspruch zum europäischen Tierschutzgesetz, wel- zung der Meere, die Nahrungsknappheit durch Über- ches die Rechtsgrundlage für die Zootierhaltung bildet.

Zu Protokoll gegebene Reden 24720 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Mechthild Rawert (A) Dass es eine Aktualisierung des Säugetiergutachtens hinsichtlich der Anpassung und Überarbeitung der ge- (C) geben soll, habe ich bei meiner Rede zum Haushalt 2009 setzlichen Haltungsanforderungen für Delfine letztlich bereits angekündigt. Dem Bundesministerium für Er- nur zu einem Ergebnis kommen kann: Entweder sind die nährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz stehen Haltungsbedingungen der Delfine in Deutschland massiv die notwendigen Mittel zur Verfügung. Im Ausschuss zu verbessern, oder es muss sogar zu einem generellen wurde hierfür immer über eine Größe von 250 000 bis Auslaufen der Gefangenschaftshaltung von Delfinen 300 000 Euro diskutiert. Das Ministerium kann folglich kommen. Dieses bleibt dem Ergebnis des Säugetiergut- sofort mit dieser notwendigen Maßnahme beginnen. Ich achtens vorbehalten. werde hier auf jeden Fall nicht lockerlassen und bestän- dig nach dem Stand der Neufassung des Säugetiergutach- Es ist verboten, Delfine zu kommerziellen Zwecken tens nachfragen. einzusetzen. Aber was macht die „Delfintherapie“ ande- res? Steckt hier kein kommerzielles Interesse dahinter? Die Haltung und Pflege von Wildtieren in Zoos steht Ich wende mich nicht nur aus Gründen der meines Erach- heute auf einem soliden Fundament: der EU-Zoo-Richt- tens nicht artgerechten Haltung der Delfine gegen die linie aus dem Jahr 1999. Das Säugetiergutachten ist je- Delfintherapie. Als Gesundheitspolitikerin sage ich: Es doch sehr viel konkreter. Es nennt Mindestanforderun- gibt keinen wissenschaftlichen Nachweis dafür, dass gen, zugeschnitten auf einzelne Säugetierarten. Es diese Therapie erfolgreich ist. Ich möchte, dass mit den definiert die zur artgerechten Haltung erforderlichen Kä- Gefühlen von Eltern von Kindern mit Behinderungen figgrößen, Futterarten, klimatischen Bedingungen, Ge- nicht gespielt werden kann. hegeeinrichtungen und vieles mehr. Diese Definitionen, diese Mindeststandards werden mit konkreten, in Zahlen Ich möchte zum Schluss allen Tierschutzorganisatio- ausgedruckten Anforderungen hinterlegt und sind damit nen danken, die sich generell für die artgerechte Haltung valide messbar. Bundesweit wird das Gutachten deshalb von Wildtieren einsetzen und einen entscheidenden Bei- von den Ländern für die Bewertung von Tiergehegen zu- trag für den Schutz eines der intelligentesten Tiere auf un- grunde gelegt. Durch seine Eindeutigkeit und Überprüf- serem Planeten, des Delfins, leisten. barkeit hat es in der Praxis eine höhere Bedeutung als manch abstrakte Richtlinie. Die geforderte paritätische Angelika Brunkhorst (FDP): Besetzung des Expertengremiums mit Vertreter und Ver- Unabhängig von den beiden vorliegenden Anträgen treterinnen von Zoos und Tierschutzorganisationen sowie sollten wir uns vor Augen halten, dass der Deutsche Bun- unabhängigen Gutachtern und Gutachterinnen wird dazu destag mit dem Antrag „Schutz der Wale sicherstellen“ führen, dass sowohl der Aufgabenerfüllung der Zoos als (Bundestagsdrucksache 16/4843 in der Fassung 16/5284) in auch den Bedingungen einer artgerechten Tierhaltung der aktuellen Legislaturperiode schon einstimmig be- (B) nach neuesten Erkenntnissen Rechnung getragen wird. schlossen hat, dass sich die Bundesregierung unter ande- (D) Darüber freuen wir uns als Besucher und Besucherinnen rem für die Einrichtung weiterer Schutzgebiete für Wale der Zoos in ganz besonderer Weise. und Delfine sowie für konkrete Maßnahmen zum verbes- serten Schutz aller Walarten, inklusive kleinerer Wale und Die SPD steht für aktiven Tierschutz. Die SPD steht Delfine, vor negativen anthropogenen Einflüssen, wie dafür, dass Wildtiere in Zoos und Tierparks artgerecht ge- zum Beispiel Verschmutzung, Beifang oder Lärm, einset- halten werden. Die SPD steht zu den vielfältigen Aufga- zen möge. Zudem haben wir uns für ein wirksames Moni- ben von Zoos. Wir wollen, dass Zoos Bildung vermitteln. toring dieser Maßnahmen ausgesprochen. Wir wollen, dass sie Erholung bieten und zum Artenschutz beitragen und wir wollen, dass Zoos der Forschung die- Leider ist es in dieser Legislaturperiode – anders als nen. Dieser Antrag unterstützt die Zoos in ihrem ständi- noch in der 15. Wahlperiode – nicht gelungen, einen frak- gen Bestreben nach einer artgerechten Haltung von Wild- tionsübergreifenden Antrag einzubringen. Seitens der tieren. Da bin ich mir sicher. Unser Antrag heißt, FDP hatte ich wiederholt die Bereitschaft dazu bekundet. „Delfinschutz voranbringen“, und, liebe Tierschützer Offenbar gab es Meinungsverschiedenheiten zwischen und Tierschützerinnen, dass tun wir hiermit. den Grünen sowie der sogenannten Großen Koalition. Viele von Ihnen wissen, dass ich mich seit Jahren sehr Wenn man die Genese des Antrags der Grünen kennt, aktiv für den Schutz der Delfine einsetze. Seit Jahren fra- dann war das allerdings absehbar. Im Vorfeld einer gen Tierschutzorganisationen auch zu Recht danach, ob Kundgebung für den Delfinschutz am 9. Mai 2008 waren die Haltungsbedingungen für Delfine in den auch in alle Fraktionen gefragt worden, ob sie ein generelles und Deutschland noch existierenden Delfinarien tatsächlich absolutes Importverbot für Delfine, das keinerlei Ausnah- artgerecht seien. Viele fordern die Schließung der Delfi- men zulässt, unterstützen würden. Alle Fraktionen hatten narien. Viele Menschen in Deutschland wollen auch keine sich geäußert, nur die Koalition nicht. Die Grünen brach- neuen Delfinarien, mögen die Namen dafür auch noch so ten damals den Antrag ein, über den wir heute abstim- wohlklingend sein, wie zum Beispiel „Blaue Lagune“ men. In einer SPD-Pressemitteilung vom gleichen Tag oder Ähnliches. hieß es, der Antrag der Grünen sei „überflüssig und hin- fällig“. Persönlich bin ich der Auffassung, dass Delfine in Ge- fangenschaft nicht artgerecht gehalten werden können. Unabhängig vom konkreten Inhalt des Antrags der Ich bin der festen Überzeugung, dass das Bundesministe- Grünen stellt sich mir die Frage der Glaubwürdigkeit. rium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher- Warum haben die Grünen die Forderungen nicht wäh- schutz bei der Aktualisierung des Säugetiergutachtens rend ihrer Regierungsbeteiligung durchgesetzt? Laut

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24721

Angelika Brunkhorst (A) Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage unter der Bedingung erteilt werden, dass sich die zustän- (C) von mir (Bundestagsdrucksache 16/9210, Frage 63) hat dige wissenschaftliche Behörde vergewissert hat, dass das Bundesamt für Naturschutz, also eine oberste Bun- „die für ein lebendes Exemplar vorgesehene Unterbrin- desbehörde im Geschäftsbereich des damaligen grünen gung am Bestimmungsort für dessen Erhaltung und Bundesumweltministers Jürgen Trittin, im Jahr 2000 die Pflege angemessen ausgestattet ist“. Die Bundesregie- Einfuhr und die spätere Wiederausfuhr von vier Delfinen rung hat in der Antwort auf eine Kleine Anfrage erklärt, genehmigt. dass die tierschutzrechtlichen Vorgaben in Deutschland sowie die Bestimmungen der EG-Artenschutzverordnung Zwar können wir Ziffer I. des Antrags mittragen, aber eine Haltung von Cetacea-Arten, das heißt auch von Del- trotz teils richtiger Ansätze kann die FDP die Forderun- finen, nicht grundsätzlich ausschließen. gen der Grünen nicht bzw. nicht komplett unterstützen. Der Vorschlag der Verlängerung des Jahrs des Delfins Dem Antrag der Koalition stimmt die FDP zu. Die Ko- um ein Jahr ist ganz nett. Aus Sicht der FDP sollte der alition übernimmt viele Aussagen von den Grünen. Das Schutz der Wale und Delfine jedoch unabhängig von betrifft das Thema Delfintherapie oder den Einsatz gegen irgendeinem „Jahr des …“ auf der Agenda stehen. Hier die illegale Einfuhr von Walen und Delfinen. Insofern gilt zeigt sich zudem, dass der Grünen-Antrag veraltet ist, das bereits Gesagte. denn auch das Folgejahr ist vorbei. Neu ist die Forderung, die Anforderungen an die Hal- Die FDP unterstützt die Forderung nach Ausweisung tung von Delfinen anzupassen und das Säugetiergutach- von Meeresschutzgebieten. Das haben wir selbst bei- ten des BMELV, das aus dem Jahr 1996 stammt, regelmä- spielsweise im Antrag „Leitlinien für den internationalen ßig zu überarbeiten. Wie sich aus der Antwort der Arten- und Lebensraumschutz im Rahmen des Überein- Bundesregierung auf eine schriftliche Frage ergibt, hält kommens über die biologische Vielfalt“ (Bundestags- die Bundesregierung Neuauflagen des Gutachtens in re- drucksache 16/8878) gefordert. Anstrengungen zur Re- gelmäßigen Zeitabständen „weder (für) realisierbar duktion von Unterwasserlärm sind ebenso erforderlich. noch (für) fachlich sinnvoll“. Das sieht die FDP ebenso Das haben wir unter anderem in einer Kleinen Anfrage wie die Koalition anders. Das Säugetiergutachten soll die zum Schutz der Meeresumwelt beim Bau deutscher Off- Anforderungen aus § 2 des Tierschutzgesetzes konkreti- shore-Windparks (Bundestagsdrucksache 16/10629) sieren. Dazu muss es aber mit dem fortschreitenden Er- deutlich gemacht. kenntnisstand über den Artenschutz Schritt halten und daher regelmäßig überprüft werden. Die Unterstützung von welchen Therapieformen auch immer ist nicht Aufgabe der Bundesregierung. Ebenso wenig ist es Aufgabe der Bundesregierung, über die Ge- Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): (B) fahren der Delfintherapie „umfassend zu informieren“. Artenschutz im Swimmingpool? Delfine gibt es nicht (D) Ob Delfintherapien in die Leistungspflicht der Kranken- mehr wie Sand am Meer. So viel vorweg. Die Delfine, die versicherungen aufgenommen werden, entscheidet weder es noch gibt, leben meistens so: Sie leben in sogenannten die Bundesregierung noch das Parlament. Derzeit han- Schulen, also in Gruppen von 20 bis 100 Tieren zusam- delt es sich um eine nicht anerkannte Heilmethode, so- men. Sie legen zum Teil Hunderte von Kilometern am Tag dass eine Delfintherapie nicht von der gesetzlichen Kran- zurück und ernähren sich von Fischen, die sie jagen. Del- kenkasse bezahlt wird. Laut Bundesregierung sind fine sind zudem sehr verspielt. Einfuhren von Delfinen für Delfintherapien ohnehin aus- geschlossen. Es ist natürlich richtig, dass aus Sicht des In Deutschland werden mehr als 1 000 Kleinwale, Arten- und Tierschutzes solche Therapieformen, die ohne überwiegend also Delfine, in Gefangenschaft gehalten eine Entnahme wild lebender Tiere auskommen, selbst- oder zur Schau gestellt. Ihr Leben sieht deutlich anders verständlich vorzugswürdig sind. aus: Zumeist in unstrukturierten, zu flachen und zu klei- nen Betonbecken müssen sie Zuschauer mit ihren Kunst- Der Gesetzentwurf zur Ausweitung des ACCOBAMS- stückchen begeistern. Als Belohnung gibt es toten Fisch. Abkommensgebietes wurde vom Deutschen Bundestag im Allein oder in Kleinstgruppen ziehen sie ansonsten stu- Übrigen schon im Januar 2006 einstimmig angenommen. pide im Kreis. Mit artgerechter Haltung hat dies alles Es ist selbstverständlich und bedürfte aus Sicht der FDP überhaupt nichts zu tun. daher keinerlei Erwähnung, dass sich die Bundesregie- rung „aktiv gegen die illegale Einfuhr“ von Walen und Eines der häufigsten Argumente für eine Haltung von Delfinen einsetzt. Delfinen in Gefangenschaft ist ihr vermeidlicher Nutzen in der sogenannten Delfintherapie, ein Nutzen, der bis Die Forderung der Grünen nach einem generellen heute durch nichts wissenschaftlich belegt, dafür aber wi- Haltungsverbot für Tiere, die so hohe Ansprüche an Hal- derlegt werden konnte. tung und Pflege stellen, dass sie nur in Zoologischen Gär- ten oder in wissenschaftlichen Einrichtungen gehalten Delfine leben in einem der gefährdetsten Lebensräume werden sollten, ist ein Widerspruch in sich. Denn wenn der Erde – im Meer. Das Meer spielte in der Politik fast diese Tiere in Zoos gehalten werden können, bedarf es immer nur eine Rolle als unerschöpfliche Ressource für keines generellen ausnahmslosen Haltungsverbots. Lebensmittel. Erst jetzt, wo der Kollaps der meisten Meere bevorsteht, fällt auf, dass Meere hochkomplexe Nach Art. 4 Abs. 1 c der EG-Artenschutzverordnung, Ökosysteme sind, von denen wir Menschen abhängen. die auch in Deutschland unmittelbar gilt, darf eine Ein- Die meisten Delfine sind inzwischen gefährdet, auch die fuhrgenehmigung für Tiere aus Drittländern ohnehin nur in den Flüssen, wie der Amazonas-Delfin. Manche stehen

Zu Protokoll gegebene Reden 24722 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Eva Bulling-Schröter (A) kurz vor der Ausrottung, etwa der Irawadi-Delfin. Schuld lich etwa 300 000 Wale und Delfine als Beifang in Fische- (C) daran ist nicht nur der irrsinnige Fischfang nach allen reinetzen und werden zudem auch noch gezielt gejagt, um Regeln der Naturausbeutung. Dem Irawadi-Delfin wer- lebende Tiere zu bekommen. den zum Beispiel Wasserstaudämme, Flussregulierungs- Diesen Wildfang von lebenden Delfinen erachtet der maßnahmen, illegale Fischfangmethoden und die Was- Aktionsplan für Wale und Delfine 2002–2010 der Welt- serverschmutzung zum Verhängnis. naturschutzorganisation IUCN als eine potenzielle Be- Grundsätzliche Ursachen für die Gefährdung der Del- drohung für das Überleben der wild lebenden Kleinwal- fine sind die Lärmverschmutzung, der Nahrungsmangel populationen, und es gilt zu klären, wie man diesem durch Überfischung, der Lebendtierfang, der Tod durch Wildfang begegnen kann. Beifang und die Verschmutzung ihrer Lebensräume. In den Die erhöhte Nachfrage nach Delfinen ist unter ande- Gehirnen der Meeressäuger wurden mehr als 170 ver- rem auch durch die noch immer betriebenen Delfinarien schiedene chemische Substanzen gefunden, darunter zu erklären. Nachdem in den 1990er-Jahren die Mehrzahl polychlorierte Biphenyle (die bekannten PCBs), bro- der Delfinarien in Deutschland bereits geschlossen mierte Flammschutzmittel und Pestizide wie DDT. Heut- wurde, nahm das Interesse an ihnen seit dem Aufkommen zutage ist lebensmüde, wer Walfleisch zu sich nimmt. der sogenannten Delfintherapie wieder zu. Bis heute Dort ist soviel Quecksilber drin, dass die eigene Gesund- konnten jedoch die therapeutischen Erfolge nicht wissen- heit damit aufs Spiel gesetzt wird. schaftlich nachgewiesen werden. Im Gegenteil wird da- Wenn ein Ökosystem vor der Zerstörung steht, werden rauf verwiesen, dass Therapien mit domestizierten Tie- die Folgen erst spät, meistens zu spät sichtbar. Hier zei- ren, welche wesentlich kostengünstiger und zudem gen sich Abhängigkeiten in der Nahrungskette. Zur Ver- artgerechter durchführbar sind. Delfintherapien werden deutlichung: Der Delphin frisst Heringe. Der Mensch tut daher auch nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss das auch. Gibt es keine Heringe mehr, bekommen auch anerkannt. die Delfine Probleme. Wenngleich es beispielsweise dem Die Dachorganisation der Mensch-Tier-Organisatio- Nordseehering inzwischen wieder besser geht, ist der nen, IAHAIO, hat auf ihrem Weltkongress in Prag bereits Ostseehering weiterhin stark überfischt. Die meisten 1998 eine Deklaration verabschiedet, wonach tierge- Menschen berührt der Verlust der Heringe weniger. Del- stützte Therapien nur unter eng umschriebenen Rahmen- fine hingegen wecken Emotionen. Wer würde schon eine bedingungen stattfinden sollen. Der Schutz der Tiere vor Kampagne zum Erhalt der Heringe unterstützen? Aber Übernutzung muss dabei ebenso sichergestellt werden Delfine haben eine Lobby – wenngleich noch immer eine wie die Sicherheit der Patienten. Nachdrücklich spricht zu kleine. sich die IAHAIO gegen den Missbrauch von Wildtieren (B) Was heißt das für die Politik, was heißt das für uns? – namentlich von Delfinen – zu sogenannten therapeuti- (D) Wenn wir uns für den Schutz der Delfine stark machen, schen Zwecken aus. müssen wir zwangsläufig ihren Lebensraum schützen. Da Delfine hohe Anforderungen an Unterbringung, Der Schutz des Lebensraums bedeutet aber zugleich, dass Fütterung und Beschäftigung stellen, sind diese intelli- wir all die anderen gefährdeten Meeresbewohner auch genten Meeressäuger in Gefangenschaft besonders schützen. Artenschutz ist also immer auch Biotopschutz schwer zu halten und leiden unter den Bedingungen der und umgekehrt – eine mehrfache Dividende vernünftigen Gefangenschaft. Die Einrichtung der Gehege und Becken Handelns im Sinne der Umwelt. ist nicht an den Bewegungs-, Ruhe-, Schutz- und Ernäh- Das Sterben der Delfine ist die Spitze eines Eisberges. rungsbedürfnissen sowie an den sonstigen essenziellen Machen wir uns stark für den Erhalt dieser Tiere und Verhaltensweisen der Tiere ausgerichtet. Dies ist über- wehren wir uns gegen ihren Missbrauch als Belusti- haupt nicht möglich, da Delfine in Freiheit sehr weite gungsobjekt oder angebliches Therapiewunder. Setzen Strecken schwimmen, täglich mehrfach in große Tiefen wir uns dafür ein, den unwiederbringlichen Reichtum un- tauchen und sich über Echolot orientieren. Nachzuchten serer Meere und Gewässer zu schützen. Setzen wir uns in Gefangenschaft gelingen daher so gut wie nie. Demzu- dafür ein, den Delfin als symbolträchtiges Tier für einen folge müssen Delfinarien ihren „Bestand“ immer wieder umfassenden Natur- und Artenschutz zu schützen. Über- durch Wildfänge „ergänzen“, was allen Artenschutzvor- denken wir die Folgen für Delfine beim Einsatz militäri- gaben widerspricht. scher Sonare, beim Bau der Fehmarnbelt-Querung, bei Bündnis 90/Die Grünen fordern daher in ihrem Antrag der Suche nach Erdgas auf der Doggerbank, bei der „Die Gefangenschaft von Delfinen unverzüglich been- Müllentsorgung auf den Weltmeeren. Unterstützen wir den“ – Drucksache 16/9102 – die Bundesregierung unter deshalb den Antrag der Grünen, und noch mehr – machen anderem auf, Delfine und ihre Lebensräume verstärkt zu wir endlich Nägel mit Köpfen, bevor es zu spät ist. schützen, engagiert gegen den Lebendfang zu kämpfen, sich öffentlich gegen die Haltung von Delfinen in Gefan- Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE genschaft auszusprechen, sich auf europäischer und in- GRÜNEN): ternationaler Ebene aktiv gegen die illegale Einfuhr von Delfine sind aus vielfältigen Ursachen in ihrem Be- in freier Wildbahn gefangenen Delfinen und Walen einzu- stand weltweit bedroht und gehören daher zu Recht zu setzen, die Einfuhr von Delfinen nach Deutschland sowie den besonders geschützten Meeressäugetieren. Durch den Handel mit Delfinen zu verbieten, die Haltung von Meeresverschmutzung, Überfischung und Klimawandel Delfinen in Gefangenschaft – mit entsprechenden Über- verlieren sie Lebensräume. Darüber hinaus sterben jähr- gangsregelungen – zu verbieten.

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24723

Undine Kurth (Quedlinburg) (A) Hintergrund unseres Antrags ist auch die Tatsache, genommen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen (C) dass immer noch viele Tiere aus Wildfängen illegal nach und der FDP-Fraktion bei Gegenstimmen der Fraktion Europa eingeführt werden. Der Zustand zahlreicher Po- Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke. pulationen von Großen Tümmlern und Weißwalen, insbe- sondere jener, die vom Lebendfang für Delfinarien betrof- Ich rufe Tagesordnungspunkt 21 auf: fen sind, ist bedenklich und ihre Erhaltung gefährdet. Die Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Neuerrichtung von Delfinarien und die dadurch notwen- richts des Ausschusses für Familie, Senioren, dige Versorgung der Anlagen mit „frischen“ Delfinen Frauen und Jugend (13. Ausschuss) zu dem An- und Walen erhöhen den Druck auf weitere Einfuhren wild trag der Abgeordneten Britta Haßelmann, Ekin gefangener Tiere. Deligöz, Kai Gehring, weiterer Abgeordneter und Zu dem von der großen Koalition vorgelegten Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Delfinschutz voranbringen“ – Drucksache 16/12868 – Diskriminierende Altersgrenzen im Bereich ist zu sagen: Wir freuen uns, dass sich die Koalition tat- des bürgerschaftlichen Engagements aufheben sächlich noch dieses Themas angenommen hat, nachdem in monatelangen Verhandlungen leider kein fraktions- – Drucksachen 16/9630, 16/12985 – übergreifender Antrag zustande kommen konnte. Doch Berichterstattung: leider geht der Koalitionsantrag in seinen Zielen und Abgeordneten Markus Grübel Forderungen definitiv nicht weit genug, um die Gefan- Sönke Rix genschaft von Delfinen zu beenden und für die derzeit Sibylle Laurischk noch in Deutschland befindlichen Delfine die Haltungs- Elke Reinke bedingungen deutlich zu verbessern. Britta Haßelmann So fordert die Koalition in ihrem Antrag lediglich die Auch hier haben folgende Kolleginnen und Kollegen Stärkung bestehenden Rechts und den Einsatz gegen die ihre Reden zu Protokoll gegeben: Markus Grübel, illegale Einfuhr von in freier Wildbahn gefangener Del- Sönke Rix, Angelika Graf, Sibylle Laurischk, Elke fine – das ist zwar richtig und gut, aber nichts Neues – Reinke und Britta Haßelmann. und außerdem – und diesen Vorstoß begrüßen wir prinzi- piell – die Anpassung der Haltungsanforderungen für Delfine im Rahmen des Säugetiergutachtens. Positiv ist, Markus Grübel (CDU/CSU): dass das bearbeitende Expertengremium paritätisch mit Wir unterhalten uns heute über einen sehr kurzen An- Fachkräften der Zoobranche, Tierschutzorganisationen trag der Oppositionsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, und unabhängigen Gutachtern besetzt sein soll. der lediglich zwei Seiten umfasst, der aber dennoch ein (B) wichtiges und spannendes Thema, nämlich die Alters- (D) Inwiefern die Umsetzung der Forderungen des Antra- grenzen, thematisiert. Ich möchte aber darauf verweisen, ges tatsächlich den Delfinschutz und die Haltung der Del- das wir bereits in erster Lesung ausführlich das Thema fine in Deutschland verbessern kann und ob die Große diskutiert haben. Es haben sich zwischenzeitlich keine Koalition tatsächlich Wort hält und ihre eigenen Forde- neuen Sachstände bzw. Erkenntnisse ergeben. Im Aus- rungen umsetzt, bleibt dahingestellt. Zu einer Beendi- schuss wurden die bereits bekannten Argumente ausge- gung der Haltung von Delfinen in Deutschland – die wir tauscht, ohne dass mich die Argumentation von Bünd- fordern – wird er jedoch nicht führen. Um jedoch ein nis 90/Die Grünen überzeugen konnte. Ich verweise da- Signal zu setzen, lehnen wir Ihren Antrag nicht ab, son- her auf meine ausführliche Rede vom 25. September 2009 dern enthalten uns. zu dem Thema und möchte meine Ausführungen kurzhal- ten. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nach wie vor gibt es keinen vollständigen Überblick Damit kommen wir zur Abstimmung über die Be- über die in Gesetzen oder anderen Bestimmungen festge- schlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Natur- schriebenen Altersgrenzen im Bereich des ehrenamtli- schutz und Reaktorsicherheit auf Drucksache 16/13203. chen Engagements. Die bisher zum Thema „Altersgren- Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Be- zen“ vorliegenden Untersuchungen sind entweder nicht schlussempfehlung die Annahme des Antrags der Fraktio- mehr aktuell oder erfassen nur einen Teilaspekt des Pro- nen der CDU/CSU und der SPD auf Drucksache 16/12868 blems. mit dem Titel „Delfinschutz voranbringen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – Im Bereich der Jugendfreiwilligendienste sind Alters- Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist damit an- grenzen enthalten. So sieht das Jugendfreiwilligen- genommen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, dienstegesetz für das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) der FDP-Fraktion und der Fraktion Die Linke bei Ent- und das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) eine Altersbegren- haltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. zung für junge Frauen und Männer zwischen 15 Jahren und 27 Jahren vor. Über die Altersbegrenzung definiert Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab- sich unter anderem der Sinn und Zweck eines FSJ/FÖJ. lehnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grü- nen auf Drucksache 16/9102 mit dem Titel „Die Gefan- Ergänzend hat das BMFSFJ ein Gutachten zum Thema genschaft von Delfinen unverzüglich beenden“. Wer „Altersgrenzen und gesellschaftliche Teilhabe“ verge- stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer ist dage- ben. Das Gutachten soll im Lichte der Regelungen des gen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist an- Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) eine Be- 24724 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Markus Grübel (A) standsaufnahme der in Deutschland bestehenden Alters- werden kann. Ein Verstoß gegen das AGG kann somit (C) grenzen, der einschlägigen obergerichtlichen Rechtspre- auch nicht in Betracht kommen. chung sowie eine Beschreibung der dahinter stehenden Gründe und Motive enthalten. Der Entwurf des Gutach- Das zuständige BMFSFJ ist beim Thema Partizipation tens liegt inzwischen vor. Leider sind mir die genauen In- für ältere Menschen durch freiwilliges Engagement seit halte noch nicht bekannt, sodass es an dieser Stelle keinen vielen Jahren aktiv. Seine diesbezüglichen erfolgreichen Sinn macht, über nichtöffentliche und unbekannte Doku- Modellprogramme – wie auch das Programm „Aktiv im mente zu dozieren. Wir werden uns zum gegebenen Zeit- Alter“ – setzen allerdings auf Freiwilligkeit, bei Kommu- punkt noch intensiv mit diesem Gutachten beschäftigen, nen wie auch bei den älteren Engagierten. Nachhaltige da bin ich mir sicher. Strukturen können nur dann entstehen, wenn sich die Menschen in eigener Entscheidung der gesellschaftlichen Zur Frage der bestehenden oberen Altersgrenze bei Notwendigkeiten annehmen. Es ist Aufgabe von Kommu- Schöffinnen und Schöffen hat die Bundesregierung be- nen und Ländern, die notwendigen Strukturen für ein sol- reits in ihrer Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion ches freiwilliges Engagement individuell vor Ort zu der FDP „Seniorinnen und Senioren in Deutschland“ schaffen. Der Bund steht hier nicht prioritär in der (Drucksache 16/8301) ausführlich Stellung genommen. Pflicht. Die in § 33 Nr. 2 GVG festgelegte Höchstaltersgrenze, Ich möchte noch mal darauf hinweisen, dass auch die wonach das Schöffenamt bis in das 70. Lebensjahr hinein Familien- und Seniorenpolitiker der Unionsfraktion ausgeübt werden kann, ist sachgerecht. Sie gewährleistet durchaus Diskussions- bzw. Änderungsbedarf bei den Al- einerseits die Einbindung älterer Mitbürger mit ihrer Er- tergrenzen sehen. Für eine ganze Reihe von Berufen und fahrung und ihrem oftmals großen ehrenamtlichen Enga- öffentlichen Tätigkeiten gibt es gesetzlich normierte oder gement in dieses Amt und wird andererseits den Interes- tarifrechtliche Altersgrenzen. Diese Altersgrenzen sind sen der Strafrechtspflege gerecht. Das Schöffenamt ist ein aber zum Teil unzeitgemäß und diskriminierend. Die Ar- nicht nur geistig, sondern auch körperlich sehr fordern- beitsgruppe Familie der CDU/CSU-Bundestagsfraktion des Ehrenamt. Mehrtägige und mehrwöchige Hauptver- hält es für notwendig, die starren Altersgrenzen zu über- handlungen sind insbesondere in Großverfahren heute prüfen. Dies ergibt sich nicht nur aufgrund der ökonomi- keine Seltenheit mehr. Hier wird die körperliche Belast- schen Notwendigkeit durch den Bevölkerungsschwund, barkeit der Schöffen, ihre Aufnahme- und Merkfähigkeit sondern ist auch der Tatsache geschuldet, dass in vielen erheblich gefordert, da die Schöffinnen und Schöffen Staaten das Verbot, Menschen allein aufgrund ihres Le- ohne Kenntnis des Akteninhalts lediglich aufgrund des bensalters zu benachteiligen, bereits Verfassungsrang ge- Ergebnisses der Hauptverhandlung ihre Stimme gleich- nießt. Zudem stellt das Europarecht bindende Vorgaben berechtigt mit den Berufsrichtern in der Beratung ab- (B) zum Verbot der Altersdiskriminierung auf. Ich hoffe sehr, (D) geben. Wenn ein Schöffe länger erkrankt, als die Haupt- dass uns das lang ersehnte Gutachten in dieser Frage verhandlung unterbrochen werden darf, muss die weiterbringt. Hauptverhandlung neu beginnen. Eine solche Situation muss schon aus prozessökonomischen Gründen vermie- den werden. Angelika Graf (Rosenheim) (SPD): Ich freue mich darüber, dass wir hier im Deutschen Die Unionsfraktion legt grundsätzlich Wert darauf, Bundestag über Alter und Altern reden und auch die Al- dass im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements tersdiskriminierung zum Gegenstand der Diskussionen eine Offenheit für alle Generationen gewährleistet ist. So machen. Denn es ist und war Ziel des Allgemeinen wurde beispielsweise ergänzend zum Freiwilligen Sozia- Gleichbehandlungsgesetzes, AGG, für eine Antidiskrimi- len und Ökologischen Jahr ab dem 1. Januar 2009 der nierungskultur in Deutschland zu sensibilisieren. Und Freiwilligendienst aller Generationen eingeführt, der der Deutsche Bundestag muss hier Vorreiter sein und auf Menschen aller Altersgruppen offen steht. Unter dem Stimmungen und neue Entwicklungen im Land eingehen. Leitmotiv „Engagement schlägt Brücken“ stärkt das Pro- jekt ehrenamtliches Engagement. Der Dienst fördert die Zu Recht mahnen die Grünen eine überdenkenswerte Kommunikation sowie das Miteinander der Generatio- Regelung im Gerichtsverfassungsgesetz, GVG, an, wo- nen, unterstützt den Aufbau einer Engagementkultur und nach Personen ab dem 70. Lebensjahr das Ehrenamt des eröffnet neuen Zielgruppen den Zugang zu freiwilligem Schöffen nicht mehr ausüben sollen. Wir sollten in der Tat Engagement. Dabei stehen den Freiwilligen alle Themen- überlegen, ob die eine oder andere Altersgrenze in einer felder offen: von Gesundheit und Pflege, Bildung, Kultur Unmenge von Gesetzen und Verordnungen tatsächlich ih- und Sport bis hin zu Technik und Familienassistenz. Ein ren Sinn erfüllt. Die Lebenserwartung der Menschen Schwerpunkt liegt auf der Ansprache älterer Menschen. steigt Jahr für Jahr, das muss auch dazu führen, dass bis- Hier soll in besonderem Maße das Erfahrungswissen Äl- herige Altersgrenzen generell überprüft werden. Daher terer eingebunden werden. Alle interessierten Bürgerin- begrüßen die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokra- nen und Bürger sind angesprochen. Ausgrenzungen über ten die Vergabe eines Gutachtens durch das Bundesminis- Alter, Herkunft erfolgen nicht. terium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sehr. Auf der Grundlage dieses Gutachtens müssen meiner An- Das AGG ist im Bereich des bürgerschaftlichen Enga- sicht nach sämtliche Altersgrenzen überprüft werden und gements nicht einschlägig, da freiwilliges Engagement Möglichkeiten auf dem Feld des Ehrenamts ausgeschöpft keine entgeltliche Leistungserbringung darstellt und da- werden, damit Ältere an der Gesellschaft besser partizi- mit nicht dem Bereich der Arbeitsverhältnisse zugeordnet pieren können. Und ich bin daher auch immer wieder

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24725

Angelika Graf (Rosenheim) (A) froh, dass es uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemo- ser begründet werden bzw. uns als Gesetzgeber zu Recht (C) kraten gelungen ist, das Gleichbehandlungsgesetz um das beschäftigen werden. Merkmal Alter im zivilrechtlichen Teil gegen den Willen der Union zu erweitern, womit wir einen Beitrag dafür Es freut mich, dass die Bundesregierung in einer Ant- geleistet haben, dass viele möglicherweise veraltete Re- wort auf die bereits genannte Kleine Anfrage zum selben gelungen auf den Prüfstand kommen. Thema explizit festgestellt hat, dass bei sämtlichen Programmen des Bundes auf die Offenheit für alle Alters- Die Regelungen bei den Schöffen ist aber kein Be- gruppen geachtet wird. Ich halte es für eine Selbstver- standteil der Rechtsmaterie des AGG. Der Antrag basiert ständlichkeit, dass Programme und Projekte der Bundes- auf dem AGG, auch wenn es nicht explizit genannt wird, regierung, die das bürgerschaftlichen Engagement und deshalb hätte ich mir in ihrem Antrag mehr Klarheit betreffen, keine Diskriminierungen älterer Menschen gewünscht. Sie haben bereits in einer Antwort der Bun- vornehmen. Da mir auch keine Fälle zumindest aus unse- desregierung auf eine Kleine Anfrage Ihrerseits die Ant- rem Ministerium bekannt sind, halte ich auch deshalb Ih- wort erhalten, dass das AGG im Hinblick auf das Schöf- ren Antrag für überflüssig und wir lehnen ihn deshalb ab. fenamt nicht angewendet werden kann, weil es sich weder um eine Erwerbstätigkeit handelt noch ein zivilrechtli- Sönke Rix (SPD): ches Schuldverhältnis begründet wird. Und auch wenn Zum zweiten Mal sprechen wir heute über den Antrag Sie dies verstanden haben, dann bleibt die Frage, ob das der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: „Diskriminierende Beispiel des Schöffenamtes ein gutes Beispiel ist, das für Altersgrenzen im Bereich des bürgerschaftlichen Enga- einen Antrag zitiert werden sollte. Denn bei dieser Rege- gements aufheben“. lung handelt es sich um eine Soll-Regelung, und der Ge- setzgeber hat hier bereits den Zuständigen einen Ermes- Mit Ihrem Antrag sprechen Sie durchaus wichtige sensspielraum eingeräumt, den ich mir im Übrigen auch Punkte an, und ich freue mich, dass das Thema bürger- für andere Regelungen wünschen würde. Zudem ist die schaftliches Engagement auch durch unsere parlamenta- Periode für ein Schöffenamt erst auf fünf Jahre verlängert rischen Beratungen immer mehr an Bedeutung gewinnt. worden, weshalb also auch 75-Jährige noch das Schöf- Klar ist: Die bisher bestehenden Altersgrenzen im bür- fenamt bekleiden dürfen. gerschaftlichen Engagement müssen überprüft werden. Wir sind als Gesetzgeber natürlich angehalten, alters- Allein die höhere Lebenserwartung und die Erhöhung des diskriminierende Regelungen auf den Prüfstand zu stel- Renteneintrittsalters machen bzw. machten diese Über- len, und insbesondere im bürgerschaftlichen Engagement prüfung notwendig. Denn: In meinem ersten Beitrag im haben diese nichts zu suchen! Damit leisten wir vielleicht September des vergangenen Jahres habe ich bereits er- (B) auch einen Beitrag dafür, dass Jungpolitiker der Union wähnt, dass die Bundesregierung ein Gutachten in Auf- (D) nicht für Altersgrenzen im Wahlrecht für Ältere plädieren, trag gegeben hat, um einen umfassenden Überblick über wie das in der Vergangenheit auch schon geschehen ist. die Altersgrenzen zu erhalten, die auch untergesetzlich in Vereinen und Verbänden bestehen. Dieses Gutachten wird Doch möchte ich noch darauf hinweisen, dass wir mit in Kürze vorgelegt. Einige Erkenntnisse wurden mir be- dem AGG ein Gesetz verabschiedet haben, das viele Bür- reits mitgeteilt. So stellt das Gutachten fest, dass es im gerinnen und Bürger ermächtigt, sich gegen Altersdiskri- Wesentlichen zwei Arten von Altersgrenzen gibt: Alters- minierung zu wehren. Es zeigt bereits Wirkung – ohne grenzen für ehrenamtliche Tätigkeiten, zum Beispiel für dass es zu einer Prozessflut gekommen ist. Ein Viertel der die Ausübung bestimmter Funktionen in einem Verein Anfragen an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes- (Vorstand, Präsidium); Altersgrenzen für bürgerschaftli- ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ches Engagement, in dem es direkt um Personen geht, so betreffen das Merkmal Alter. Das zeigt, liebe Kollegen zum Beispiel in der Telefonseelsorge oder bei der sozialen von der Union, nicht nur, dass es richtig war, Alter als Betreuung von kranken, alten und pflegebedürftigen Merkmal ins Gesetz aufzunehmen, es zeigt, dass Alter Menschen. eine hohe gesellschaftspolitische Relevanz hat. Im ersten Bereich, also da, wo es um die Wählbarkeit Wir haben es hier mit einem Thema zu tun, das die in bestimmte Funktionen geht, wird häufig das 70. Le- bensjahr als Altersgrenze festgelegt. Bei den sozial enga- Menschen beschäftigt. Auch in einer mir vorliegenden gierten Tätigkeiten gibt es je nach Tätigkeitsfeld unter- Rechtsprechungsübersicht zum AGG des BMFSFJ ist Al- schiedliche Altersgrenzen. Bei der Telefonseelsorge darf ter offenbar das Merkmal des AGG, das die Gerichte am man zum Beispiel bis zum 60. Lebensjahr tätig sein, wäh- meisten beschäftigt. Zwar halten sich die Prozesse insge- rend diejenigen, die ehrenamtlich Patienten in Kranken- samt in Grenzen, doch wir haben es bereits mit interes- häusern besuchen (bei den „Grünen Damen und Her- santen gerichtlichen Auseinandersetzungen zu tun, die ren“), sich teilweise bis zum 80. Lebensjahr engagieren. für mehr Sensibilisierung in diesem Feld sorgen und Ge- Diese Regelungen, die sich je nach Tätigkeitsfeld aus der setzgeber, aber auch die Tarifpartner zu mehr Fingerspit- Praxis ergeben haben, halte ich für nachvollziehbar. Ich zengefühl gegenüber älteren Menschen zwingen. Die Ge- kann mir vorstellen, dass die Anforderungen an diese richte wiesen in diesen ersten Urteilen explizit und zu Engagementformen und die Belastungen hoch sind. Somit Recht darauf hin, dass Altersgrenzen gut begründet wer- eignen sie sich dann, wenn die Belastbarkeit nachlässt den müssen. Ich habe hier Vertrauen in den deutschen – und das ist bei älteren Personen zwangsläufig der Fall –, Rechtsstaat, dass auch Altersgrenzen zukünftig stärker nicht mehr als Tätigkeit. Außerdem begegnet man damit unter die Lupe geraten und mögliche Begrenzungen bes- einem wichtigen Problem: Häufig wissen Vereinsmitglie-

Zu Protokoll gegebene Reden 24726 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Sönke Rix (A) der nicht, wie sie verdienten und lang engagierten Perso- Sibylle Laurischk (FDP): (C) nen zu verstehen geben können, dass sie sie für nicht mehr Unser Begriff vom Alter hat sich in den vergangenen belastbar und deshalb nicht für wählbar bzw. einsetzbar Jahrhunderten und Jahrzehnten stark gewandelt und halten. Außerdem – und das halte ich für einen wichtigen wird sich weiterhin wandeln. Dies hängt vor allem mit Punkt –: Die Altersgrenzen wurden dem Gutachten zu- dem Gesundheitszustand zusammen, oder, salopp und folge nicht willkürlich festgelegt, sondern ihnen liegen modern ausgedrückt, es hängt davon ab, wie fit man ist. die Erfahrungen aus der Praxis zugrunde, und sie be- Wir werden – häufiger als heute – 70-Jährige erleben, die rücksichtigen auch die unterschiedlichen Anforderungen noch voll die beruflichen Herausforderungen meistern in den unterschiedlichen Bereichen. können, aber auch diejenigen, die „wirklich nicht mehr können“. Notwendig sind daher vor allen Dingen ein Ich finde: Es bestehen in den bekannten Fällen ge- Mentalitätswechsel und ein verändertes Altersbild von rechtfertigte Altersdifferenzierungen im Bereich des bür- Wirtschaft und Gesellschaft. gerschaftlichen Engagements, was uns aber nicht davon abhalten sollte, dieses Thema weiter im Blick zu behalten. Ich möchte kritisch anmerken, dass unsere Kultur die Schließlich wandelt sich Gesellschaft und so sollte sich „Kräfte“ des Alters noch nicht ausreichend erkannt hat auch die Möglichkeit zum Engagement wandeln. Auch und in weiten Teilen ungenutzt lässt. Wenn heute auf ge- Personen, die für das eine oder andere Tätigkeitsfeld sellschaftlicher Ebene über Alter gesprochen wird, dann nicht mehr geeignet sind, sollten die Möglichkeit bekom- stehen die Belastungen im Vordergrund, aber nicht die men, ein anderes Engagement aufzunehmen, was zu ih- möglichen Gewinne. Eine altenfreundliche Kultur, in der nen, ihren Fähigkeiten und ihren Interessen passt. Der Ältere ihre Fähigkeiten in gleicher Weise einbringen kön- Leitgedanke einer idealen generationsübergreifenden nen wie jüngere Menschen, hat sich in unserem Land Engagementpolitik sollte meiner Vorstellung nach lau- noch nicht wirklich ausbilden können. Die Tatsache, dass ten: Wer will, der darf. Oder besser noch: Wer will, der Menschen ab einem bestimmten Lebensalter als „alt“ soll können. Und es gibt viele Ältere, die wollen und kön- wahrgenommen werden, ist vor allem Folge gesellschaft- nen. licher Konvention. Die langjährige Praxis, Menschen im- mer früher aus gesellschaftlichen Funktions- und Verant- Das haben wir auch schon im Verlauf der aktuellen Le- wortungsbereichen auszugliedern, insbesondere in der gislaturperiode erkannt: Im letzten Jahr ist das Programm Arbeitswelt, ist nicht mehr zeitgemäß. Tatsächlich war sie „Generationenübergreifende Freiwilligendienste“ ausge- es nie, hat aber meines Erachtens entscheidend dazu bei- laufen. Hier hatten Menschen aller Generationen die getragen, dass das gesellschaftliche Altenbild sich immer Möglichkeit, sich zu engagieren, und das in einem gere- weiter vom realen Altersbild entfernte. Das heutige gesell- gelten Rahmen (zwischen 8 und 20 Stunden pro Woche). schaftliche Altersbild ist von Stereotypen und negativen Die Erfolge dieses Projektes wurden aufgegriffen. Das Vorurteilen gegenüber dem Alter und älteren Menschen (B) neue Programm „Freiwilligendienste aller Generatio- bestimmt. Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen (D) nen“, das zum 1. Januar 2009 gestartet ist, gewährleistet Ressourcen des Alters werden nicht erkannt. Gerade das Qualitätsstandards, Qualifizierungsmöglichkeiten, Ver- höhere Lebensalter geht vielfach mit einem Zuwachs an bindlichkeit und passgenaue Angebote für Freiwillige, Wissen, Erfahrungen und Handlungskompetenz einher. egal wie alt sie sind oder woher sie kommen. Wir können es uns nicht leisten, das Wissen ganzer Gene- rationen brachliegen zu lassen. Gesellschaftliche und Sie sprechen jedoch noch einen anderen Punkt an, den wirtschaftliche Aufgaben können in Zukunft nur dann be- ich für durchaus bedenkenswert halte, und zwar die Al- wältigt werden, wenn die Beteiligung auch Älterer er- tersgrenzen bei Schöffinnen und Schöffen. Eine Abschaf- folgt. Vorausgesetzt, die „Bedingungen stimmen“, ist zu fung dieser Altersgrenzen ist durchaus eine Überlegung erwarten, dass ein Teil der „Älteren von heute“ und ins- wert! Schließlich – und da argumentieren Sie ganz richtig – besondere der „Älteren von morgen“ länger aktiv zu sein ist der Ausschluss von Personen aus gesundheitlichen als Gewinn betrachten, zumindest, wenn dies nicht mit Gründen schon im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) be- den starren Altersgrenzen von heute verbunden ist. Eine gründet. Den Personen, also, die Mitglieder des Gemein- Gesellschaft des langen Lebens, in der es zunehmend derates oder der Ratsversammlung, die die Schöffinnen mehr Ältere und Alte gibt, ist kein Schreckgespenst. Mit und Schöffen berufen, sollte die Kompetenz zugetraut und klaren Perspektiven können wir diese Entwicklung meis- die Verantwortung übergeben werden, völlig losgelöst tern. Wir brauchen eine konkrete Vision für die Nutzung von Alter, Geschlecht, Berufsstand etc. zu entscheiden, des Lebensabschnitts der gewonnenen Jahre. Der gesell- wer für ein solches Amt infrage kommt und auf die Vor- schaftliche Umgang mit Alter bedeutet heute, dass ältere schlagliste gesetzt wird. Nebenbei bemerkt: Für Politiker Menschen noch viel zu wenig als aktive, mitverantwort- und andere Entscheidungsträger in unserer Gesellschaft lich handelnde Bürger angesprochen werden, die durch gibt es auch keine Altersgrenzen. Und warum sollte ein ihr Engagement und durch ihre Lebenserfahrung viel zur Abgeordneter oder eine Abgeordnete noch lange nach Bürgergesellschaft beitragen können. Die zahlreichen dem 70. Geburtstag im Bundestag sitzen, ein Schöffe oder Jahre nach Ausscheiden aus dem Beruf selbstverantwort- eine Schöffin aber gleichzeitig nicht? lich und aktiv zu gestalten und dabei auch nach Möglich- keiten zu suchen, wie man sich für die Gesellschaft enga- Ich danke Ihnen für diesen Antrag, denn eine Diskus- gieren kann, ist eine bedeutende Lebensaufgabe im Alter. sion um die Altersgrenzen im bürgerschaftlichen Engage- ment war und ist sinnvoll. Das hat auch die Bundesregie- Ich möchte hier wie bereits in meiner ersten Rede zu rung erkannt und das Gutachten in Auftrag gegeben. Die diesem Antrag ausdrücklich betonen, dass wir das Bundesregierung arbeitet also schon an Ihrem Anliegen. Grundanliegen des vorliegenden Antrages der Fraktion Wir lehnen Ihren Antrag deshalb ab. der Grünen für sehr unterstützenswert halten. Gleichzei-

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24727

Sibylle Laurischk (A) tig ist aber festzustellen, dass der Hauptpunkt Ihres An- Jahren bleibt eine eigenverantwortliche Lebensführung (C) trages, nämlich der erste Punkt Ihres Forderungskatalo- möglich. Die Fraktion Die Linke hebt stets die Fähigkei- ges, „sämtliche Gesetze und sonstige Vorschriften des ten und Kenntnisse der Seniorinnen und Senioren hervor Bundes dahin gehend zu überprüfen, ob diskriminierende und möchte sie fördern. Aber ganz wichtig ist uns gleich- Altersgrenzen bestehen, und diese ggf. zu ändern bzw. Än- zeitig, dass diejenigen, die auf Unterstützung angewiesen derungsentwürfe vorzulegen“ von der Bundesregierung sind, nicht ausgegrenzt werden. Denn die Gruppe der zumindest angegangen wurde – und dies bereits erheblich Seniorinnen und Senioren ist ebenso verschiedenartig vor der Einbringung Ihres Antrags in den Deutschen wie die anderer Altersphasen. Für die Linke steht fest, Bundestag am 18. Juni 2008. dass sich dies auch im politischen Bereich widerspiegeln muss. Daher verlangen wir: Ältere Menschen sind in al- Das zu erstellende Gutachten zum Thema Altersgren- len sie betreffenden Lebensbereichen als Expertinnen und zen und gesellschaftliche Teilhabe wurde in Auftrag gege- Experten in eigener Sache einzubeziehen. ben und wird bald vorliegen. Dieses Gutachten soll eine Bestandsaufnahme der in der Bundesrepublik Deutsch- Aber wie sieht im Gegensatz dazu die Realität aus? land bestehenden Altersgrenzen enthalten, die ein Aus- Gestiegene Selbstständigkeit und eine längere Aktivitäts- schlusskriterium für gesellschaftlich relevante Tätigkei- phase der älteren Menschen gehen gerade nicht mit ge- ten älterer Menschen darstellen könnten. Dabei sollen stiegener Selbstbestimmung und Mitwirkung einher. Die nicht nur gesetzliche bzw. rechtlich festgelegte Alters- Linke fordert deswegen für ältere Menschen mehr Mit- grenzen erfasst werden, sondern auch untergesetzliche wirkungsrechte und mehr Selbstbestimmung – nicht nur „weiche“ Altersgrenzen, die geeignet sind, älteren Men- im Engagementbereich. schen die Teilhabe an der Gesellschaft – auch im Hinblick auf freiwilliges und bürgerliches Engagement in der Zi- Es ist natürlich wichtig, allen älteren Menschen frei- vilgesellschaft – zu verwehren. Erste Eindrücke dieses williges Engagement zu ermöglichen. Deshalb unterstüt- Gutachtens wurden uns bereits im Ausschuss präsentiert. zen wir grundsätzlich das Anliegen, bürgerschaftliches Ich muss gestehen, dass ich diesen Vortrag sehr ernüch- Engagement für Ältere – aber eben nicht nur für diese – ternd fand und hoffe, dass sich dieser Eindruck bei ge- attraktiver zu machen und bestehende Einschränkungen nauer Lektüre des Gutachtens nicht bestätigt. sowie Diskriminierungen abzubauen. Schon jetzt kann man den vielen älteren Menschen nicht genug Anerken- Die FDP tritt konsequent dafür ein, das gesellschaftli- nung zollen für ihr beispielloses, aufopferungsvolles che Altenbild zu entstauben und den Realitäten anzupas- sen. Die Seniorenpolitik hat nach unserem Verständnis Engagement. die Aufgabe, dieses neue Leitbild des Alters voranzutrei- Aber wir dürfen nicht auf der Stelle stehen bleiben: ben. Hierzu gehört auch die Überprüfung aller Alters- Eine verbesserte Infrastruktur und Anerkennungskultur, (B) grenzen. Nicht nur diejenigen des bürgerschaftlichen En- regelmäßige Berichterstattung in den Medien, konse- (D) gagements, sondern generell alle Altersgrenzen, auch quenter Versicherungsschutz, kostenlose Qualifikations- diejenigen zur Ausübung bestimmter Berufe, müssen kri- und Fortbildungskurse und auch bessere finanzielle An- tisch hinterfragt und überprüft werden. Ich bin sicher, erkennung sind neben vielen anderen Dingen dringend dass sich der überwiegende Teil dieser Altersgrenzen als erforderlich. verzichtbar erweisen wird. Unsere Kritik am vorliegen- den Antrag ist, dass er nicht weit genug geht und alle Al- Dem Antrag der Grünen hinsichtlich diskriminieren- tersgrenzen auf den Prüfstand stellt. Trotzdem stimmen der Altersgrenzen im Ehrenamt stimmen wir zu, obwohl wir zu, da es richtig ist, das Altenbild zu revidieren, Al- der Forderungsteil viel zu allgemein gehalten wurde. Es tersgrenzen einzureißen und das bürgerschaftliche Enga- werden leider keine konkreten Vorschläge unterbreitet, gement zu stärken. wie bessere Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement geschaffen werden könnten und welche wei- Elke Reinke (DIE LINKE): teren Altersgrenzen – Kreditvergabe etc. – überdacht Ich hoffe, wir alle sind uns in einem Punkt einig: Alle werden sollten. Die einzige einigermaßen konkrete For- Menschen brauchen unabhängig von ihrem Lebensalter derung im Antrag der Grünen betrifft die Aufhebung der Angebote und Räume zur Entfaltung ihrer Fähigkeiten, oberen Altersgrenzen für Schöffinnen und Schöffen. Die- ihres Wissens und ihrer Erfahrungen. Es ist bedauerlich, sem Anliegen können wir zustimmen. Es wird immer dass die Bundesregierung zuerst und fast alleine an bür- schwieriger, Engagierte zu finden, die ein Schöffenamt gerschaftliches Engagement denkt, wenn sie an die Betei- ausüben möchten. Deshalb genügt es meiner Meinung ligung älterer Menschen denkt. Wie sieht es aber mit si- nach auch, auf den körperlichen und geistigen Zustand cheren, altersgerechten Arbeitsplätzen als der anderen und nicht auf ein mögliches Höchstalter abzustellen. Seite der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben aus? Wie sieht es mit einer den Lebensstandard sichernden, ar- Es ist aber schon sehr verwunderlich, dass die Alters- mutsfeste Teilhabe ermöglichenden Rente aus? Wann be- grenze für die Berufung zum Schöffenamt erhalten blei- greifen Sie endlich, dass Rentnerinnen und Rentner in Ost ben soll, die Bundesregierung aber, ohne mit der Wimper und West für gleiche Lebensleistung die gleiche Rente be- zu zucken, das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre anhebt. kommen müssen? Hier schauen unsere Seniorinnen und Wenn es darum geht, ältere Menschen länger arbeiten zu Senioren allzu oft in die Röhre. Die stark ansteigende Al- lassen bzw. de facto ihre Renten zu kürzen, spielen Alters- tersarmut ist ein deutliches Zeichen dafür. grenzen nach oben plötzlich keine Rolle mehr. CDU/CSU und SPD zerschlagen die solidarische Rentenversiche- Dabei dehnt sich die Phase des aktiven Alters zuneh- rung, treiben die Menschen in die private Vorsorge und mend aus. Über eine immer größer werdende Zahl von fördern dadurch Altersarmut.

Zu Protokoll gegebene Reden 24728 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Elke Reinke (A) Die Linke fordert dagegen: Die Rente mit 67 muss zu- Es ist daher ein gutes Signal, dass zumindest die Op- (C) rückgenommen werden. Wir wollen flexible Ausstiegs- position die Zeichen der Zeit erkannt hat und diesem An- möglichkeiten schon vor dem 65. Lebensjahr. Die große trag geschlossen zustimmen wird. und vorbildliche Bereitschaft der Seniorinnen und Senio- ren zu freiwilliger ehrenamtlicher Tätigkeit darf alles in Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: allem nicht dazu missbraucht werden, reguläre, qualifi- Wir kommen damit zur Abstimmung. Der Ausschuss zierte Arbeitsplätze zu ersetzen und sie vom Arbeits- in für Familie, Senioren, Frauen und Jugend empfiehlt in den Engagementmarkt zu drängen. Ältere Menschen seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/12985, brauchen gute Arbeit und gutes Ehrenamt. den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfrak- Drucksache 16/9630 abzulehnen. Wer stimmt für diese tionen, bauen Sie nicht nur diskriminierende Altersgren- Beschlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltun- zen ab, geben Sie unseren Seniorinnen und Senioren auch gen? – Die Beschlussempfehlung ist damit angenommen mehr Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte! Die mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Linke jedenfalls verschließt sich nicht vor Altersweisheit. Stimmen der Oppositionsfraktionen. Wir kommen nun zu den Tagesordnungspunkten 26 a Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): und 26 b sowie Zusatzpunkt 6: Es ist wirklich bedauerlich, dass die Große Koalition 26 a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/ nicht über ihren Schatten springen kann, um unserem An- CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines trag „Altersgrenzen im Bereich des bürgerschaftlichen Gesetzes zur Änderung des Transsexuellen- Engagements aufheben“ zuzustimmen. Dabei ist es offen- gesetzes (Transsexuellengesetz-Änderungs- sichtlich, dass hier nicht die inhaltliche Auseinanderset- gesetz – TSG-ÄndG) zung das Votum begründet. Das Bundesseniorenministe- rium hat ja sogar ein Gutachten in Auftrag gegeben, um – Drucksache 16/13157 – die bestehenden Altersgrenzen zu untersuchen. Auf die Überweisungsvorschlag: Ergebnisse – die ursprünglich im November vorliegen Innenausschuss (f) Rechtsausschuss sollten – warten wir allerdings noch immer. Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Aber übersetzen wir ihre politische Entscheidung, die- sen Antrag abzulehnen, doch einmal in die gesellschaftli- b) Beratung des Antrags der Abgeordneten che Realität und schauen fünf Jahre in die Zukunft. 2014 Dr. Barbara Höll, Dr. Kirsten Tackmann, Werner ist die zweite Amtszeit des frisch gewählten Bundespräsi- Dreibus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion (B) denten gerade abgelaufen. Auf der Suche nach einer DIE LINKE (D) neuen Beschäftigung wird er eventuell auch das Amt ei- Transsexuellengesetz aufheben – Rechtliche nes Schöffen in Erwägung ziehen. Warum auch nicht? Gestaltungsmöglichkeiten für Transsexuelle, Doch leider wird ihm dann der Weg für diese Art des bür- Transgender und Intersexuelle schaffen gerschaftlichen Engagements nicht offen stehen. – Drucksache 16/12893 – Sie schließen die Augen vor einer Gesellschaft, die im- Überweisungsvorschlag: mer älter wird und immer fitter bleibt. Dabei ist es eigent- Innenausschuss (f) lich nicht zu übersehen: In einer alternden Gesellschaft Rechtsausschuss müssen wir die Altersgrenzen ganz neu überdenken, si- Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend cherlich nicht nur im Bereich des bürgerschaftlichen En- ZP 6 Erste Beratung des von den Abgeordneten Irmin- gagments, aber eben auch dort – oder besser: eben genau gard Schewe-Gerigk, Volker Beck (Köln), Kai dort. Denn in einer Gesellschaft, in der es immer weniger Gehring, weiteren Abgeordneten und der Frak- junge Menschen gibt und immer mehr ältere, brauchen tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrach- wir Angebote und Möglichkeiten, auch in der nachberuf- lichen Phase aktiv an dieser Gesellschaft teilzuhaben. ten Entwurfs eines Gesetzes über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Ge- Partizipation ist das Schlüssel-, ja das Zauberwort für schlechtszugehörigkeit (ÄVFGG) eine Gesellschaft im demografischen Wandel. Nur wenn – Drucksache 16/13154 – wir es schaffen, auch unsere älteren Bürgerinnen und Überweisungsvorschlag: Bürger in die Gesellschaft einzubinden, dann ist sie auch Innenausschuss (f) gerecht. Altersgrenzen relativieren sich in einer Gesell- Rechtsausschuss schaft, in der die ältere Generation zunehmend heteroge- Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ner wird. Die Schutzfunktion, die Altersgrenzen für die Planung des Lebenslaufs entfaltet haben, ist angesichts Folgende Kolleginnen und Kollegen haben ihre der gesellschaftlichen Wandelprozesse in der Form nicht Reden zu Protokoll gegeben: Helmut Brandt, Gabriele mehr aktuell. Hier ist die Politik gefragt, neue Wege zu Fograscher, Gisela Piltz, Dr. Barbara Höll und Irmingard gehen – auch um dem ursprünglichen Schutzgedanken Schewe-Gerigk. wieder gerecht zu werden. Die Antwort auf die zuneh- mende Heterogenität kann daher nur sein, den Zugang zu Helmut Brandt (CDU/CSU): den Angeboten für die gesellschaftliche Teilhabe im Alter Wir beraten heute über den Gesetzentwurf der Koali- quantitativ und qualitativ zu verbessern. tionsfraktionen zur Änderung des Transsexuellengeset- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24729

Helmut Brandt (A) zes, dem ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom wird erst recht nicht der gleichgeschlechtlichen Partner- (C) 27. Mai 2008 vorausgeht. schaft gleichgestellt. In seinem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht Zum vom Grundgesetz in Art. 6 Abs. 1 festgeschriebe- festgestellt, dass § 8 Abs. 1 Nr. 2 TSG mit Art. 2 Abs. 1 in nen besonderen Schutz der Ehe gehört meiner Ansicht Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 1 GG nach auch, dass sich der Staat nicht in rechtskräftige nicht vereinbar sei. Im Klartext bedeutet das, es sei ver- Ehen einmischen darf, sofern diese dem geltenden Recht fassungswidrig, für Transsexuelle eine Personenstands- und den Anliegen der Eheleute entsprechen. Diese äu- änderung nur unter dem Vorbehalt der Ehelosigkeit des ßerst seltenen de facto gleichgeschlechtlichen Ehen, die Betroffenen vorzunehmen. Nach derzeit geltendem Recht so manchem Sorgen bereiten könnten, wurden als Ehen müssen sich verheiratete Transsexuelle erst scheiden las- zwischen Mann und Frau geschlossen und sind somit sen, bevor sie von Amts wegen dem anderen Geschlecht rechtens. Die Frage, die das Bundesverfassungsgericht zugeordnet werden können, selbst dann, wenn beide Ehe- zu entscheiden hatte, ist folgende: Darf der Staat Ehe- partner die Fortführung ihrer Ehe wünschen. Nach dem leute gegen ihren Willen zur Scheidung zwingen, wenn geltenden Scheidungsrecht müssen sie vor dem Schei- nach der Personenstandsänderung beide dem gleichen dungsrichter lügen, um ihn von der Zerrüttung ihrer Ehe Geschlecht zugeordnet sind? Wir müssen in diesem Punkt zu überzeugen. Das ist kein Zustand. Dem müssen wir dem Bundesverfassungsgericht zustimmen und dem Wil- entgegenwirken. Wir dürfen nicht zulassen, dass Amts- len der Eheleute folgen. Täten wir das nicht, gerieten wir handlungen zur Farce werden. bei Beibehaltung des jetzigen Rechts wider Willen in die Mit diesem Gesetzentwurf entsprechen wir voll und Gefahr, die Institution Ehe zu schwächen, nämlich dann, ganz den Forderungen des Bundesverfassungsgerichts. wenn wir dem Staat dieses Recht auf erzwungene Schei- Verheiratete Transsexuelle, die eine Personenstandsän- dung beließen. Man stelle sich einmal vor, der Staat derung anstreben, können nun bei Erfüllung aller sonsti- würde sich anmaßen, eine völlig normale Ehe gegen den gen Kriterien ihre Ehe fortführen, sofern sich beide Part- Willen der Beteiligten scheiden zu wollen. ner ausdrücklich damit einverstanden erklären. In der Natürlich muss aber auch gleichzeitig gewährleistet Konsequenz bedeutet das, dass wir damit einer sehr ge- sein, dass die Personenstandsänderung ein Scheidungs- ringen Anzahl von Menschen die Möglichkeit einer de grund für beide Partner sein kann. Ich kann nämlich auch facto gleichgeschlechtlichen Ehe eröffnen. Lassen Sie jene Betroffenen verstehen, die die Personenstandsände- mich dazu einige Anmerkungen machen. rungen als so schwerwiegende Veränderung werten, dass Erstens – das möchte ich in aller Klarheit sagen –: Der sie der Ansicht sind, dass die Ehe nicht fortgeführt wer- Wegfall der Ehelosigkeit als Voraussetzung in § 8 Trans- den kann. Deshalb ist es unabdingbar, dass beide Partner (B) sexuellgesetz präjudiziert keineswegs die Einführung der sowohl bei der Namens- als auch bei der Personenstands- (D) gleichgeschlechtlichen Ehe. Das Prinzip, wonach eine änderung beteiligt sind und bleiben. Das Recht auf per- Ehe nur zwischen einem Mann und einer Frau geschlos- sönliche Selbstbestimmung des Antragstellers darf nicht sen werden kann, bleibt durch dieses Gesetz zu Recht un- bedeuten, dass der unmittelbar betroffene Partner nicht berührt. Wir würden einer Abschaffung dieses Prinzips einbezogen werden darf; im Gegenteil. auch vehement entgegenwirken. Nun einige Ausführungen zum Zustandekommen die- Es geht in diesem Gesetzentwurf darum, den betroffe- ser Gesetzesänderung. Seit einigen Jahren beschäftige nen Eheleuten die Möglichkeit zu geben, ihre rechtmäßig ich mich als zuständiger Berichterstatter der CDU/CSU- geschlossene Ehe fortzuführen, sofern sie es denn wün- Fraktion im Innenausschuss des Deutschen Bundestages schen, auch wenn einer von beiden eine Personenstands- mit Änderungsvorschlägen zum Transsexuellengesetz. Es änderung beantragt, nachdem er sich einer unwiderrufli- ergibt sich meiner Ansicht nach noch weiterer Ände- chen und im Übrigen zur Zeugungsunfähigkeit führenden rungsbedarf, der zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr be- Geschlechtsumwandlung unterzogen hat. Dieses Doppel- rücksichtigt werden konnte. Tatsächlich hat uns das Bun- kriterium wie auch die sonstigen strengen Auflagen blei- desverfassungsgericht in seinem Urteil auferlegt, die in ben bei der Personenstandsänderung nämlich unberührt. diesem Änderungsgesetz vorgenommenen Modifizierun- gen noch vor dem 1. August 2009 vorzunehmen. So war es Nun kann ich mir aber beim besten Willen nicht vor- nicht möglich, innerhalb eines Jahres legitime prozedu- stellen, dass sich jemand einer Hormonbehandlung und rale Erleichterungen für die Transsexuellen sowohl bei einem operativen Eingriff dieses Ausmaßes unterwirft, der Vornamensänderung, der sogenannten kleinen Lö- nur um eine nun gleichgeschlechtlich gewordene Ehe sung, als auch bei der Personenstandsänderung, also der fortführen zu können und somit das oben genannte Prin- „großen Lösung“, umzusetzen. Diese müssen auf die zip der Ehe zwischen Mann und Frau zu unterminieren. nächste Legislaturperiode vertagt werden. Ich kann nur erahnen, mit wie viel Unannehmlichkeiten, ja Leid diese Behandlungen verbunden sind, sodass mei- Lassen Sie mich Ihnen einige dieser potenziellen zu- ner Überzeugung nach nicht davon auszugehen ist, dass künftigen Änderungen kurz vorstellen. Da das ursprüng- sie von den betroffenen Menschen leichtfertig in Kauf ge- liche Gesetz aus dem Jahre 1980 stammt, berücksichtigt nommen würden, nur um das Gesetz zu umgehen. Ich es nicht aktuellste medizinische Erkenntnisse zur Trans- glaube vielmehr, dass diese Tatsache dafür spricht, dass sexualität. So wird im Transsexuellengesetz in § 1 Abs. 1 die Ehe als eine auch mir persönlich sehr wichtige Insti- und 3 Nr. 2 die „Unumkehrbarkeit der inneren Überzeu- tution durch die Gesetzesänderung des Transsexuellenge- gung“ in Bezug auf die Zugehörigkeit zum anderen Ge- setzes nicht gefährdet und nicht infrage gestellt wird. Sie schlecht zum Kriterium für eine Namensänderung

Zu Protokoll gegebene Reden 24730 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Helmut Brandt (A) gemacht, die ihrerseits eine Vorstufe zur Personenstands- spräch mit Betroffenen und Sachverständigen des Innen- (C) änderung ist. ausschusses im Februar 2007 deutlich. Bisher muss der Antragsteller mindestens seit drei Jahren in dem anderen Heutzutage gehen Psychologen jedoch davon aus, Geschlecht, dem er sich zugehörig fühlt, leben, und es dass von einer völligen „Unumkehrbarkeit“ in Fragen muss mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, der sexuellen Zugehörigkeit und Neigung im Allgemeinen dass sich das Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Ge- nicht die Rede sein dürfe, da diese Unumkehrbarkeit nie schlecht nicht mehr ändert. mit völliger Sicherheit festgestellt werden könne. Somit könnten sich Ärzte um des Selbstschutzes willen weigern, Zudem ist ein Vertreter des öffentlichen Interesses ein solches Zeugnis auszustellen. Vielmehr sollte das beim Verfahren vor dem Amtsgericht anwesend, und Gut- ärztliche Attest feststellen, dass „eine fortdauernde in- achten von zwei Sachverständigen, die sich mit Trans- nere Überzeugung“ bezüglich der sexuellen Identität vor- sexualismus auskennen, sind einzuholen. Diese hohen liege. Dieser Frage wird sich der 17. Deutsche Bundestag Hürden sind eine große psychische und finanzielle Belas- annehmen müssen. tung für die Antragsteller und führen dazu, dass sich die Im Übrigen erschiene es mir sinnvoll, zugunsten eines Verfahren bis zu zwei Jahre hinziehen können. Wir könn- ärztlichen auf ein explizit „fach“ärztliches Zeugnis zu ten uns vorstellen, auf den Vertreter des öffentlichen Inte- verzichten. Somit stünde den Antragstellern frei, sich an resses und auf die Gutachten zu verzichten, und sehen es den Arzt ihres Vertrauens zu wenden, der sie seit Jahren stattdessen als ausreichend an, ein ärztliches Zeugnis betreut. vorzulegen. Eine Antragstellung auf Vornamensänderung beim Standesamt wäre für uns denkbar. Damit könnten Andere strittigere Punkte bedürfen noch der intensiven die Kosten, auch für den Staat, und die Dauer der Verfah- Prüfung. All das wird der nächste Bundestag zu beurtei- ren wesentlich gesenkt werden. len und gegebenenfalls umzusetzen haben. Voraussetzung für die Personenstandsänderung ist die Wichtig ist heute, dass wir diesem Gesetzentwurf zu- Vornamensänderung. Das halte ich auch weiterhin für stimmen, denn er geht in die richtige Richtung. Zum einen richtig. Das Gebot der Ehelosigkeit wird durch den heute bringt er das Transsexuellengesetz mit dem Grundgesetz vorliegenden Gesetzentwurf bereits aufgehoben. Als pro- in Einklang und trägt zum anderen den legitimen Wün- blematisch sehe ich aber die Forderung nach einer dau- schen von betroffenen Personen Rechnung. erhaften Fortpflanzungsunfähigkeit und den zwingenden Die CDU/CSU-Fraktion stimmt diesem Gesetzentwurf operativen Eingriff zur Angleichung der äußeren Ge- folglich zu. schlechtsmerkmale. Nach heutigem Stand der Wissen- schaft kann aus der weitgehend sicheren Diagnose (B) Gabriele Fograscher (SPD): „Transsexualität“ keine Indikation für geschlechtsum- (D) Wir beraten heute drei Vorlagen zur Änderung des wandelnde Maßnahmen abgeleitet werden. Transsexuellengesetzes. Anlass für notwendige Änderun- Zwischen 20 Prozent und 30 Prozent der Transsexuel- gen sind Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, len wollen laut Deutscher Gesellschaft für Sexualfor- die einige Teile des Transsexuellenrechts als verfassungs- schung keine Geschlechtsumwandlung. Deshalb ent- widrig erklärt haben. spricht die Annahme, jeder Transsexuelle strebe mit allen Der Gesetzgeber hat die Auflage, den verfassungswid- Mitteln die Veränderung seiner Geschlechtsmerkmale an, rigen Zustand des § 8 Abs. 1 Nr. 2 TSG – Gebot der Ehe- nicht mehr der Lebenswirklichkeit. Man kann die Zeit losigkeit bei Personenstandsänderungen – bis zum 1. Au- zwischen „kleiner Lösung“ – Vornamensänderung – und gust 2009 zu beseitigen. Dieser Auflage des Bundesver- „großer Lösung“ – Personenstandsänderung – nicht fassungsgerichts kommen wir mit dem von den Koalitions- mehr als Durchgangsstadium ansehen. Die Deutsche Ge- fraktionen vorgelegten Gesetzentwurf nach, der die Strei- sellschaft für Sexualforschung stellt dazu fest, dass die chung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 vorsieht. Damit wird es Tatsache, dass ein Antragsteller für eine Vornamensände- Transsexuellen ermöglicht, eine rechtliche Anerkennung rung keine geschlechtstransformierenden operativen der neuen Geschlechtsidentität zu bekommen, ohne sich Eingriffe anstrebe, keinen Zweifel an der Diagnose scheiden lassen zu müssen. Es handelt sich hierbei um „Transsexualität“ zulasse. Zudem muss die Frage ge- eine geringe Zahl von Transsexuellen, die erst während stellt werden, ob irreversible chirurgische oder medizini- der Ehe ihre Transsexualität entdeckt oder offenbart ha- sche Eingriffe für eine Fortpflanzungsunfähigkeit und ben und deren Ehe an dieser tiefgreifenden Veränderung Geschlechtsumwandlung zur Änderung des Personen- der Paarbeziehung nicht zerbrochen ist, sondern nach standes nach § 8 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 TSG vereinbar sind dem Willen beider Ehegatten fortgesetzt werden soll. mit dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Ich Diese Änderung begrüßen wir. halte diese Forderung des § 8 TSG für einen unangemes- senen Eingriff des Staates in die Grundrechte von Men- Für meine Fraktion kann ich sagen: Wir hätten uns schen. Auch führt diese Regelung zu einer Ungleichbe- mehr gewünscht. Das Transsexuellengesetz ist fast handlung von Transsexuellen: Anerkannte Transsexuelle 30 Jahre alt und entspricht weder dem Stand der Wissen- mit Geschlechtsangleichung können ihren Personenstand schaft noch der Lebenswirklichkeit. Eine umfassende No- ändern; anerkannte Transsexuelle, die, aus welchen vellierung ist notwendig. Gründen auch immer, keine Operation vornehmen lassen, Im Einzelnen: Die Vornamensänderung sollte erleich- können den Personenstand nicht ändern. Meiner Mei- tert werden. Das wurde auch in dem öffentlichen Fachge- nung nach sollte diese Ungleichbehandlung aufgehoben

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24731

Gabriele Fograscher (A) werden. Darum werden wir uns dann in der nächsten Le- wieder darauf ankommen lassen, dass das Bundesverfas- (C) gislaturperiode kümmern müssen. sungsgericht ihr die Entscheidung abnimmt. Das ist kein verantwortungsvoller Umgang mit der Verantwortung. Nun zu den weiteren vorliegenden Initiativen. Der Ge- Das ist unerträgliche Ignoranz. setzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen will das Trans- sexuellengesetz durch ein Gesetz über die Änderung der Noch im April hat die Bundesregierung dann ein Ge- Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehö- setz vorbereitet, das angeblich dieser großen Reform die- rigkeit ersetzen. Anlass für diesen Gesetzentwurf ist die nen sollte. Allerdings hat sie dabei erneut alle schon Tatsache, dass das Bundesverfassungsgericht in mehre- längst bekannten notwendigen und von den betroffenen ren Entscheidungen einzelne Vorschriften des Trans- Verbänden mit großer Sachkunde vorgetragenen Lö- sexuellengesetzes als verfassungswidrig und somit nicht sungsvorschläge schlichtweg ignoriert. Im Hauruckver- mehr anwendbar erklärt hat. Die Grünen wollen sowohl fahren wurde ohne vorherige Beteiligung des hohen die Vornamensänderung als auch die Personenstands- Sachverstands der Verbände ein Referentenentwurf vor- änderung von den nach Landesrecht für das Personen- gelegt, von dem man allerdings nur sagen kann, dass es standswesen zuständigen Behörden vornehmen lassen. ein Glück ist, dass er nicht das Licht dieses Hauses er- Für die Änderung des Vornamens habe ich bei einer sol- blickt hat. Immerhin. Denn es wäre ja auch nichts Neues, chen Regelung keine Bedenken. Bei der Änderung des dass die Bundesregierung völlig untaugliche Gesetzent- Personenstandes würde ich weiterhin die Entscheidung würfe wider besseres Wissen hier im Bundestag mit ihrer des zuständigen Gerichts befürworten, da es sich hierbei Koalitionsmehrheit durchpeitscht – ohne Rücksicht auf um einen weitreichenden Akt mit größeren Rechtsfolgen Verluste. Wenigstens das bleibt uns hier erspart. Insofern handelt. ist es tatsächlich sogar besser, heute nur die Minimallö- Die Linken fordern unter anderem in ihrem Antrag, sung vorzunehmen, um wenigstens endlich der Vorgabe dass mehrere Vornamen verschiedenen Geschlechts mög- des Verfassungsgerichts nachzukommen. Denn das, was lich sein sollten und dass neben den personenstandsrecht- die Bundesregierung unter einer großen Reform versteht, lichen Geschlechtern „männlich“ und „weiblich“ auch wäre für die Betroffenen keine Verbesserung gewesen, die Einträge „intersexuell“ und „transgender“ zugelas- sondern nur ein großer Murks. sen werden sollen. Dies schafft meines Erachtens mehr Verwirrung und Probleme für Transsexuelle, als dass es Daher bin ich im Grunde sogar froh, dass dieser ver- zu tatsächlichen Erleichterungen im Alltag kommt. wunderlich schmale Gesetzentwurf heute hier vorliegt. Damit werden zwar immer noch nicht die zahlreichen Ich sehe Handlungsbedarf über die jetzt vorgelegte Probleme gelöst, damit wird zwar immer noch die schon Änderung hinaus und hoffe, dass der nächste Deutsche lange erforderliche umfassende Neuregelung vertagt; (B) Bundestag in neuer Konstellation zu Regelungen kommt, aber wenigstens werden nicht die bisher bekannten völlig (D) die das Leben und den Alltag der Betroffenen erleichtern. unzureichenden und sogar falschen Vorschläge der Bun- desregierung Gesetz. Gisela Piltz (FDP): Die jetzt vorgelegte Änderung ist auch aus Sicht der Ich muss schon sagen, sehr geehrte Kolleginnen und FDP-Fraktion zwingend geboten, aber sie darf nicht das Kollegen von Union und SPD, dass mich der heute von Ihnen hier vorgelegte Gesetzentwurf sehr verwundert. Ende des Themas sein. Im Gegenteil: Die eigentliche Ar- Das Hü und Hott Ihrer Gesetzgebung ist schon ein Trau- beit einer umfassenden Reform muss jetzt endlich unter erspiel. Ich finde es unerträglich, wie Sie mit den Betrof- Einbeziehung der Verbände beginnen. Genau hier aber fenen umgehen. Erst passiert gar nichts, dann wird ein gibt es keinerlei Anzeichen, dass die Bundesregierung Referentenentwurf erarbeitet, dann wird er wieder zu- das Problem auch nur angehen will. Mit keinem Wort rückgezogen, dann landet ein ganz anderer hier im Ple- wird in der Gesetzesbegründung erwähnt, dass hier erst num. Für diejenigen Menschen, die endlich Rechtssicher- ein winziger Anfang gemacht wird, dass auf jeden Fall heit haben wollen, die endlich ein verfassungsgemäßes noch mehr folgen wird, ja folgen muss. und vor allem zeitgemäßes Transsexuellengesetz erwar- Aus unserer Sicht aber muss das Thema unbedingt auf ten – und das völlig zu Recht –, ist das schon Umgang, der der Agenda bleiben: Eine umfassende Reform des Trans- von grober Missachtung zeugt. sexuellengesetzes, die Verfahrenserleichterungen und Als ich den heute hier vorliegenden Gesetzentwurf ge- Entbürokratisierungsmaßnahmen vorsieht und die insbe- lesen habe, musste ich mir erst einmal verwundert die Au- sondere endlich das Erfordernis der dauernden Fort- gen reiben: Jetzt doch nur die Umsetzung des Verfas- pflanzungsunfähigkeit aufgibt, bleibt dringend notwen- sungsgerichtsurteils? Gerade noch rechtzeitig vor dig. Seit dem letzten Jahr liegt dem Bundestag ein Antrag Fristablauf? Das entspricht nicht dem, was als große Re- der FDP-Fraktion vor, in dem wir umfassende Vor- form angekündigt war – und nicht nur angekündigt, son- schläge machen, die bei einer Reform des Gesetzes zwin- dern vor allem sehnlich erwartet. Seit vielen Jahren war- gend beachtet werden sollten. Ich kann hier nur an die ten die Betroffenen auf eine Regelung, die ihre Rechte und Bundesregierung appellieren: Schauen Sie sich doch insbesondere ihre Würde achtet und sich dabei an aktuel- noch einmal unsere Vorschläge genau an. Dann hätten len wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert. Die Bun- Sie sich und den Betroffenen im April einen unsäglichen desregierung hat diese berechtigten Erwartungen stets Referentenentwurf erspart und könnten schon längst viel ignoriert und ist untätig geblieben. Sie hat sich mitnich- weiter sein. Im Gegensatz zu Ihrem untauglichen Versuch ten um die Betroffenen gekümmert, sondern es immer vom letzten Monat haben die Vorschläge der FDP-Frak-

Zu Protokoll gegebene Reden 24732 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Gisela Piltz (A) tion vom letzten Jahr von den betroffenen Fachverbänden verpflichtete den Gesetzgeber zu einer Änderung bis zum (C) Zustimmung erfahren. August 2009. Zur Lösung der Probleme müssen sich endlich auch Und nun legen Sie uns auf den letzten Drücker einen Union und SPD bekennen, damit in der nächsten Legis- Gesetzentwurf vor. Dabei beschränken Sie sich nur auf laturperiode ohne Hast und mit der gebotenen Sorgfalt die Ihnen auferlegte Neuregelung und dies wollten sie in endlich ein guter Gesetzentwurf vorgelegt und auch ver- erster Lesung nicht einmal debattieren. abschiedet werden kann. Die Betroffenen haben jetzt Aber eine Reform des Transsexuellengesetzes tut ins- lange genug darauf gewartet. gesamt not. Aber den Bedürfnissen der Betroffenen wird dies nicht gerecht. Denn unangetastet bleiben das ent- Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): würdigende und langwierige Begutachtungssystem und Als am 1. Januar 1981 das Transsexuellengesetz in die Pflicht zur Fortpflanzungsunfähigkeit beim Wechsel Kraft trat, war dies ein großer Vorteil für die Betroffenen. des Personenstandes. Zum ersten Mal wurden Transsexuelle vom Gesetzgeber Sie hätten zum 60. Jahrestag des Grundgesetzes die anerkannt. Die Bundesrepublik hatte damit eine Vor- Chance zu einer Reform des Transsexuellengesetzes, die reiterrolle übernommen. die Würde der Betroffenen achtet. Diese Chance haben Sie verpasst. Wenigstens haben Sie Abstand genommen Menschen, die sich im falschen Körper fühlen und ih- von dem zuvor in Ihrem Hause kursierenden Entwurf, den ren Körper ihrem für sich beanspruchten Geschlecht Sie hier klammheimlich und in aller Eile zunächst durch- angleichen wollten, wurde vom Gesetzgeber eine Mög- peitschen wollten. lichkeit geboten in ihrem Geschlecht auch anerkannt zu werden. Transsexuelle können einen anderen ge- Die Linke sagt: Wir brauchen keine Sondergesetze für schlechtsbezogenen Vornamen annehmen. Dies wird als geschlechtliche und sexuelle Minderheiten. Wir brauchen kleine Lösung bezeichnet. Und Transsexuelle können ih- endlich eine Liberalisierung der bestehenden Gesetze ren Personenstand ändern, also ihren standesamtlichen und Verwaltungsvorschriften, die die Betroffenen in ihrer Geschlechtseintrag. Also, Herr statt Frau, oder umge- Würde achtet. kehrt. – Dies ist die sogenannte große Lösung. Wir haben einen Antrag eingebracht, der das Vorna- Die Vornamens- und Personenstandsänderung ist für mens- und Personenstandsrecht liberalisieren würde. Transsexuelle sehr wichtig; denn nur so können sie auch Dies würde auch Transgendern und Intersexuellen zugu- sicher sein, dass sie sich nicht bei einem Brief vom Amt, tekommen. Die Änderung des Vornamens sowie des Per- der Wahlbenachrichtigung oder Ähnlichem zu ihrem vor- sonenstandes soll damit allen Menschen offenstehen. Ich (B) herigen Geschlecht offenbaren müssen, es also zu einem bin froh, dass sich auch die Grünen unseren Forderungen (D) ungewollten Outing kommt. angeschlossen haben und hier einen Gesetzentwurf vor- legen, der sich unseren Liberalisierungsbemühungen an- Doch insbesondere die große Lösung ist mit erhebli- schließt. Die Regierungskoalition hat die Möglichkeit in chen Hürden verbunden. Hier sind im Besonderen zu nen- dieser Legislaturperiode verpasst. Sie müssen sich jetzt nen: ein kompliziertes Gutachtersystem mit Anwartszei- vor den Betroffenen rechtfertigen. ten und erheblichen Kosten und die Notwendigkeit zur Fortpflanzungsunfähigkeit. Die Betroffenen empfinden Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE die Begutachtung als entwürdigend. Der Zwang zur Fort- GRÜNEN): pflanzungsunfähigkeit ist besonders kritikwürdig. Das Das geltende Transsexuellengesetz ist fast 30 Jahre alt Bundesverfassungsgericht erklärte 2005 in einer Urteils- und entspricht nicht dem Stand der Wissenschaft. Es stellt begründung – BverfG, BvL 3/03 vom 6. Dezember 2005 –: für die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Für eine unterschiedliche personenstandsrechtliche Geschlechtszugehörigkeit unbegründete Hürden auf, die Behandlung von Transsexuellen mit und ohne Ge- die Würde und die Selbstbestimmung von transsexuellen schlechtsumwandlung sieht die Fachliteratur des- Menschen beeinträchtigen. Bereits fünfmal hat das Bun- halb keine haltbaren Gründe mehr. desverfassungsgericht einzelne Vorschriften des Gesetzes für verfassungswidrig erklärt Auch weitere Vorschriften Im Februar setzte auch das österreichische Verwal- des TSG sind verfassungsrechtlich in der Kritik. tungsgericht ein Signal, als es urteilte, dass schwerwie- Im Februar dieses Jahres kam aus dem Bundesinnen- gende operative Eingriffe keine Voraussetzung für die ministerium der Entwurf für ein Transsexuellenrechtsre- rechtliche Änderung des Geschlechtseintrags sein dür- formgesetz. In der Begründung hieß es: fen. Das Transsexuellengesetz ist seit seinem Inkrafttre- Meine Damen und Herren der Regierungskoalition, ten am 1. Januar 1981 nicht reformiert worden. Sie stehen unter Handlungsdruck. Das Bundesverfas- Viele Regelungen entsprechen nicht mehr dem heu- sungsgericht entschied im Mai 2008 über die Pflicht zur tigen Kenntnisstand. Auch verschiedene Eingaben Scheidung beim Personenstandswechsel eines Trans- an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundes- sexuellen nach der Geschlechtsangleichung. Es ent- tages in den vergangenen Jahren zeigen, dass ein schied, dass dies nicht mit Art. 6 Abs. 1 des Grundgeset- großes Bedürfnis für eine Reform des Transsexuel- zes – dem besonderen Schutz von Ehe und Familie durch lengesetzes besteht. Aufbauend auf den Anregungen den Staat – vereinbar sei. Das Bundesverfassungsgericht der politischen Parteien im Deutschen Bundestag,

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24733

Irmingard Schewe-Gerigk (A) von Verbänden der Betroffenen, wissenschaftlichen Es wird auf die verfassungsrechtlich unhaltbare Voraus- (C) Veröffentlichungen zu diesem Thema und vorliegen- setzung einer dauernden Fortpflanzungsunfähigkeit ver- den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts zichtet. Ebenso wird die Personenstandsänderung nicht sieht der Gesetzwurf eine umfassende Reform des mehr von der deutlichen operativen Annäherung an das Transsexuellenrechts vor. Erscheinungsbild des anderen Geschlechts abhängig ge- macht. Diese Kategorie ist nicht zeitgemäß und lässt sich Leider hat der Entwurf nicht gehalten, was er verspro- in einer individualistischen Gesellschaft mit pluralisti- chen hat. Angesichts der massiven Kritik der Interessen- schen Lebensformen nicht definieren. Damit sind das verbände sowie von Expertinnen und Experten wurde die- subjektive, mit den bisherigen Angaben nicht überein- ser völlig verfehlte Reformversuch zurückgezogen. stimmende Geschlechtsempfinden des Antragstellers Anstatt aber die Kritik positiv aufzugreifen und den Ent- sowie die auch heute geltenden statusrechtlichen Zu- wurf anzureichern, legt die Große Koalition nun nur ein gangsvoraussetzungen einzige Bedingungen für eine Per- kleines Änderungsgesetz vor, das lediglich der Vorgabe sonenstandänderung. des Bundesverfassungsgerichts, nach der das Erfordernis der Ehelosigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 TSG mit den Der Deutsche Bundestag hat vor 30 Jahren ein Gesetz Grundrechten unvereinbar ist, Rechnung trägt. Sie vorbereitet, mit dem das Bundesverfassungsgericht sich brauchten also ein ganzes Jahr, um eine einzige Vor- schon mehrmals befassen musste. Lassen Sie uns deshalb schrift vom TSG zu streichen. Weitere Reformschritte diesmal ein Gesetz verabschieden, das die Grundrechte werden hingegen auf die nächste Legislaturperiode ver- der transsexuellen Menschen respektiert und keine An- schoben. Wieder wird eine Chance vergeben, das Trans- haltspunkte für die Notwendigkeit einer weiteren verfas- sexuellengesetz insgesamt zu novellieren. sungsrechtlichen Überprüfung gibt. Nur am Rande möchte ich betonen, dass dieser Vor- schlag in der Realität nichts ändert. Der § 8 Abs. 1 Nr. 2 Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: TSG wird schon aufgrund des Urteils des Bundesverfas- Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen sungsgerichts nicht angewandt. Dies zeigt jedoch, wie auf den Drucksachen 16/13157, 16/12893 und 16/13154 viel Ignoranz in der Großen Koalition steckt, wie wenig an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse die Belange und das Selbstbestimmungsrecht der trans- vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist sexuellen Menschen für sie bedeuten, und schließlich, wie der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. wenig reformfähig die beiden Regierungsparteien in den Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 23 a bis Fragen der Gesellschaftspolitik sind. 23 c: Deshalb hat sich die Bundestagsfraktion Bündnis 90/ a) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord- (B) Die Grünen dafür entschieden, den Entwurf eines Geset- neten Gudrun Kopp, Martin Zeil, Rainer Brü- (D) zes über die Änderung der Vornamen und die Feststellung derle, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der Geschlechtszugehörigkeit, ÄVFGG, in den Deutschen der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Bundestag einzubringen. Damit sollen die Grundrechte zur Stärkung wettbewerblicher Strukturen im Transsexueller in vollem Umfang verwirklicht werden, Markt für Postdienstleistungen (PostWettG) indem die tatsächliche Vielfalt von Identitäten akzeptiert wird, anstatt transsexuelle Menschen in vorgegebene – Drucksache 16/8906 – Raster zu pressen und ihnen das Leben damit zu erschwe- ren. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- ses für Wirtschaft und Technologie (9. Aus- Deshalb wollen wir das Verfahren für die Änderung schuss) der Vornamen deutlich vereinfachen und nur vom Ge- schlechtsempfinden des Antragstellers abhängig machen. – Drucksache 16/13152 – Es wird nunmehr auf die bisher geforderte mindestens Berichterstattung: dreijährige Dauer des Zwangs des Zugehörigkeitsemp- Abgeordneter Klaus Barthel findens zum anderen Geschlecht sowie auf den irreversib- len Charakter dieses Empfindens verzichtet. Die Trans- b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- sexualität kann nicht diagnostiziert werden; lediglich der richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech- Antragsteller selbst kann letztlich über seine geschlecht- nologie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abge- liche Identität Auskunft geben. Außerdem tastet eine ordneten Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, Martin Überprüfung des Ergebnisses des Sich-selbst-Begreifens Zeil, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der von Staats wegen den Sexualbereich des Menschen an, FDP den das Grundgesetz als Teil der Privatsphäre unter den Wettbewerbsintensität im Binnenmarkt für verfassungsrechtlichen Schutz stellt. Postdienstleistungen erhöhen Es wird weiter auf die Anrufung eines Gerichts ver- – Drucksachen 16/8773, 16/13152 – zichtet. Der Antrag ist bei den nach jeweiligem Landes- recht für das Personenstandswesen zuständigen Behör- Berichterstattung: den zu stellen, sodass die Vornamensänderung im Abgeordneter Klaus Barthel Rahmen eines Verwaltungsaktes erfolgt. c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Auch das Verfahren zur Feststellung der Geschlechts- richts des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu zugehörigkeit soll vereinfacht und beschleunigt werden. dem Antrag der Abgeordneten Martin Zeil, Frank 24734 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (A) Schäffler, Rainer Brüderle, weiterer Abgeordne- behandlung aller Anbieter im lizenzierten Bereich. Diese (C) ter und der Fraktion der FDP soll hergestellt werden durch eine Einführung der Um- satzsteuerpflicht für die Deutsche Post AG. Die steuerli- Keine Vorzugsbehandlung der Deutschen Post che Gleichbehandlung findet meine Zustimmung. Nur Art AG bei der Umsatzsteuer und Zeitpunkt der Umsetzung sind im Detail zu betrach- – Drucksachen 16/676, 16/8809 – ten. Gerade jetzt in den schwierigen Zeiten der Wirt- schaftskrise wären Portoerhöhungen gänzlich das fal- Berichterstattung: sche Signal. Höhere Portopreise würden bei den Abgeordnete Lydia Westrich Bürgerinnen und Bürgern zu Recht auf völliges Unver- Dr. Volker Wissing ständnis und Ärger stoßen. Das muss man bei der Ent- Die Kolleginnen und Kollegen Dr. Georg Nüßlein, scheidung über die künftige umsatzsteuerliche Behand- Klaus Barthel, Lydia Westrich, Gudrun Kopp, Sabine lung im Blick haben. Zimmermann und Dr. Thea Dückert haben ihre Reden Einen weiteren Punkt halte ich beim Thema Umsatz- zu Protokoll gegeben. steuer für wichtig. Wettbewerber, die ebenfalls in ganz Deutschland flächendeckend Briefe zustellen und Briefe Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): annehmen, müssen auch im Hinblick auf die Umsatzsteu- Die FDP fordert in ihrem Gesetzentwurf mehr Wettbe- erbelastung gleich behandelt werden. Das ist fairer Wett- werb auf dem deutschen Postmarkt. Das wollen wir auch. bewerb. Herstellen kann man den auf zwei Arten: durch Aber mehr Wettbewerb führt nicht immer automatisch zu eine Steuerpflicht für alle Marktteilnehmer wie durch mehr Beschäftigung, wie wir es begrüßen würden. eine Steuerbefreiung. Letztere verhindert eher Portoerhö- Der Leitgedanke der sozialen Marktwirtschaft soll hungen. sich auch auf dem Postmarkt wiederfinden. Wettbewerb Allerdings darf Deutschland in der Mehrwertsteuer- pur, wie es die FDP einfordert, führt schnell zu sozialen frage nicht isoliert handeln. Es war richtig, das EuGH- Verzerrungen und regionalen Benachteiligungen in der Urteil im britischen Verfahren TNT Post – British Mail postalischen Versorgung; wie zu befürchten im ländli- abzuwarten, bevor wir hier im Schnellschuss ein Gesetz chen Raum. verabschiedet hätten. Es ging im EuGH-Urteil um die Wird den klaren Regeln des Wettbewerbs ohne Leit- zwei wichtigen Fragen, welche Postdienstleistung von planken gefolgt, so würden wir bald sehen, wie manche der Mehrwertsteuer zu befreien sind und wie eine „öffent- Postdienstleistungen aus der Fläche verschwinden. Wir liche Posteinrichtung“ zu definieren ist. Ende April 2009 wollen aber, dass auch zukünftig flächendeckend postali- wurde nun das Urteil verkündet. (B) sche Dienstleistungen für alle Menschen auch im ländli- Das Urteil zeigt uns drei wesentliche Eckpunkte auf: (D) chen Raum zur Verfügung stehen. Das ist nur mit entspre- Erstens. Universaldienstleistungen nach dem Postgesetz chender Regulierung im Zuge der Liberalisierung zu und nach der Postuniversaldienstleistungsverordnung schaffen. sind steuerbefreit. Zweitens. Mehrwertsteuerpflichtig Die größte Weiterentwicklung im deutschen Postmarkt sind Universaldienstleistungen, die zu individuell ausge- haben wir zum Anfang letzten Jahres geschafft mit der handelten Bedingungen erbracht werden. Drittens. Die vollständigen Liberalisierung des deutschen Postmarktes Steuerbefreiung setzt eine Verpflichtung des Unterneh- und dem kompletten Wegfall des Monopols, also der ge- mers voraus, den gesamten Universaldienst oder einen setzlichen Exklusivlizenz der Deutschen Post AG. Das Teil dessen zu erbringen. Ein Teil in diesem Sinne sind Datum 1. Januar 2008 ist der Meilenstein für „Mehr Briefdienstleistungen oder Paketdienstleistungen gemäß Wettbewerb im Postmarkt“. Nichtsdestotrotz liegt dieser Postuniversaldienstleistungsverordnung, die jeweils flä- Meilenstein gerade einmal ein gutes Jahr zurück. Dieser chendeckend erbracht werden. Diese Eckpunkte müssen neu und vollständig geöffnete Markt braucht Zeit, sich zu wir nun bei einer Änderung bzw. Anpassung unseres Um- etablieren und zu festigen. Dies geschieht bereits im Pa- satzsteuergesetzes berücksichtigen. ketbereich mit Erfolg. Geschätzte Zahlen vom Postwett- Wollen wir in Deutschland den Übergang von einem bewerber Hermes belegen, circa ein Drittel aller Privat- ehemals staatlichen Monopol zu einem freien Wettbewerb pakete werden in Deutschland von Hermes ausgeliefert. positiv begleiten, so müssen wir die richtigen Rahmenbe- Mittlerweile gibt es im Paketshop-Netz von Hermes dingungen setzen. Es geht dabei um die Rahmenbedin- 14 000 Annahmestellen – beim Getränkehändler, beim gungen für die Kunden, die Rahmenbedingungen für die Bäcker oder in der Wäscherei um die Ecke. Auch neue Ar- betroffenen Unternehmen und um die Rahmenbedingun- beitsplätze durch die Errichtung neuer Distributionszen- gen für die betroffenen Arbeitnehmer. Wir dürfen nicht tren wurden geschaffen. Genau so wünschen wir uns das. vergessen, in diesem Bereich der Postdienstleistungen Dank höherer Sendungsaufkommen bei den Paketen in- sind in Deutschland mehr als 200 000 Menschen beschäf- folge von Entwicklungen wie Ebay und zahlreicher Web- tigt. Deswegen dürfen wir nicht nur von Märkten und shops sowie neuer innovativer Ideen funktioniert hier ein mehr Wettbewerb reden. Wir sollten vor allem auch über gesunder Wettbewerb. Das zeigt: Wir haben bereits mehr die Menschen und deren berufliche Perspektiven nach- Wettbewerb in Deutschland geschaffen. Das ist eine gute denken. Und wir müssen die flächendeckende Versorgung Nachricht. der Menschen mit einfachen Postdienstleistungen gewäh- Neben der Forderung nach noch stärkerem Wettbe- ren und sicherstellen. Dabei sind günstige Preise wichtig; werb im Postmarkt will die FDP eine steuerliche Gleich- genauso wie die Nähe zum Kunden und eine gute Qualität Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24735

Dr. Georg Nüßlein (A) der Dienstleistung. Besonders die flächendeckende Ver- und was Universaldienst ist, entscheiden die Mitglied- (C) sorgung mit Briefdienstleistungen im ländlichen Raum staaten nach dem Subsidiaritätsprinzip, solange die EU- muss an dieser Stelle ein besonderes Gewicht haben. Es weiten Mindeststandards eingehalten werden. reicht mir nicht, zu wissen, dass theoretisch eine Post- filiale in allen Regionen Deutschlands möglich ist. Un- Für Deutschland ist der Universaldienst im Postgesetz sere Aufgabe muss es sein, sicherzustellen, dass die Men- und in der Post-Universaldienstleistungsverordnung ab- schen überall ihre Briefe und Pakete, an jedem Werktag schließend geregelt. Die Pflicht zum Einsammeln (Filia- und ohne lange Wege verschicken und erhalten können. len!), Transportieren, Sortieren und Zustellen von Post- sendungen kann auch nicht ernsthaft an der Frage Den Übergang von einem ehemals staatlichen Mono- festgemacht werden, ob mehr als 50 Sendungen („Mas- pol zu einem freien Wettbewerb positiv begleiten, das be- sensendungen“) verschickt werden, sondern ob eine sol- deutet für mich daher, einen geregelten Übergang zu che Leistung für die Allgemeinheit zu allgemein zugäng- schaffen unter Berücksichtigung der Interessen der Kun- lichen Bedingungen angeboten wird und nach den den und der Beschäftigten der bisherigen Monopolbran- Kriterien des Universaldienstes erbracht wird. Logi- che und ebenso unter Berücksichtigung der berechtigten scherweise sagt also der EuGH, nur individuell ausge- Interessen der neuen Marktteilnehmer. Ganz gewiss handelte einzelvertragliche Dienstleistungen sind mehr- werden wir daher das Umsatzsteuergesetz und die Post- wertsteuerlich gesondert zu behandeln, also zu Universaldienstleistungsverordnung an die neuen Markt- besteuern, alles andere nicht. Vereine, Sozialverbände bedingungen anpassen müssen, um für alle Marktteilneh- und kleine und mittelständische Betriebe würden sich mer gleiche Chance zu schaffen. schön bedanken, wenn sie plötzlich 19 Prozent für ihre Sendungen mehr bezahlen müssten. Klaus Barthel (SPD): Schließlich und endlich der Mindestlohn. Soziale Stan- Heute können wir nach einem Jahr und mehrfacher dards und Mindestlohn seien, so die FDP in ihrer An- Beratung im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie tragsbegründung, Fremdkörper in unserer Wettbewerbs- und den mitberatenden Ausschüssen sowie zwei Anhö- ordnung. Das ist also die soziale Marktwirtschaft à la rungen zu den angesprochenen postpolitischen Themen Westerwelle. Wen wundert es da, dass wachsende Teile über die Anträge der FDP abschließend entscheiden. Der der Bevölkerung Zweifel an unserer Wirtschaftsordnung Ausschuss empfiehlt mit Mehrheit, sie abzulehnen. bekommen! Auch wenn es die FDP nicht wahrhaben will: Wir Sozialdemokraten können unverändert auf das Das Wort „Wettbewerb“ kommt in unserem seit verweisen, was wir dazu schon in der ersten Lesung vor- 60 Jahren bewährten Grundgesetz nicht ein einziges Mal getragen haben. Die Entwicklung im Postsektor und die vor. „Briefgeheimnis“, „Postgeheimnis“ und die Ver- (B) Entscheidung des EuGH haben unsere Auffassung pflichtung des Staates, flächendeckend angemessene und (D) rundum bestätigt und die der FDP widerlegt. ausreichende Postdienstleistungen zu gewährleisten – das steht im Grundgesetz. Und auch im Postgesetz ist die Besonders deutlich wird dies bei der Frage der Um- Förderung des Wettbewerbs nur ein Ziel. Gleichberech- satzsteuer auf Postdienstleistungen. Das Urteil des tigt fordert es die Grundversorgung durch einen flächen- EuGH vom 23. April 2009 lässt die ganze FDP-Argumen- deckenden und erschwinglichen Universaldienst sowie tation in sich zusammenbrechen: Es ist nicht nur möglich, ausdrücklich die Berücksichtigung sozialer Belange, da- sondern europarechtlich zwingend vorgeschrieben, öf- mals noch mit Zustimmung der FDP. fentliche Postdienstleistungen von der Mehrwertsteuer zu befreien. Der EuGH unterscheidet klar zwischen solchen Die FDP-Behauptung, der Post-Mindestlohn hätte Anbietern, die Teile der Wertschöpfungskette bedienen Unternehmen und Arbeitsplätze vernichtet, hat mit der oder Leistungen für einzelne Regionen und Kundengrup- Realität auf einem schrumpfenden Markt nichts zu tun. pen erbringen, und solchen, die den Universaldienst nach Die PIN-Insolvenz, die als Beleg herangezogen wird, gesetzlichen Kriterien flächendeckend und nachprüfbar fand statt, als der Mindestlohn noch gar nicht in Kraft erbringen. Die einen sind mit Umsatzsteuer zu belasten, war. Bis heute – und das zeigen die Erhebungen der Bun- die anderen nicht. Wir können auf nationaler Ebene defi- desnetzagentur und die Alltagserfahrung – wird in weiten nieren, welchen Umfang der Universaldienst haben soll Bereichen der Mindestlohn nach wie vor nicht gezahlt. und wer gegenüber der Öffentlichkeit verpflichtet ist, ihn Wer es nicht schafft, mit einem Mindestlohn, der um ein oder Teile davon zu erbringen. „Öffentliche“ Postunter- Drittel unter dem Durchschnitt des bei der Deutschen nehmen sind also nicht von den Eigentumsverhältnissen Post AG bezahlten Einkommens liegt, in diesen Markt er- her definiert, sondern aus der Frage der Erbringung uni- folgreich einzutreten, der sollte sein unternehmerisches verseller Dienste heraus. Konzept überprüfen anstatt auf den Mindestlohn zu zei- gen. Dazu bestehen im Übrigen Mindeststandards, welche den zweiten Teil des FDP-Antrags als europarechtswid- Alle Beschäftigten der Postbranche können sicher rig kennzeichnen. Dies ließe sich schon allein aus den sein, dass die SPD-Bundestagsfraktion auch in Zukunft Mindestvorgaben der Postdiensterichtlinie ableiten, die alles daransetzen wird, den branchenbezogen, in der die von der FDP vorgesehene Gewichtsgrenze von Großen Koalition durchgesetzten Mindestlohn wirksam 50 Gramm für „Pflicht“-Briefe klar ausschließt. Die EU werden zu lassen, auch wenn eine gerichtlich als solche sieht aber auch keinen zweigeteilten Universaldienst vor, eingestufte Pseudogewerkschaft die geringe Zahl ihrer also einen mehrwertsteuerfreien und einen mehrwert- Mitglieder durch den höheren Ausstoß an Presseerklä- steuerpflichtigen. Was Universaldienst ist, ist steuerfrei rungen zu kompensieren versucht.

Zu Protokoll gegebene Reden 24736 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Klaus Barthel (A) Ich will aber namens meiner Fraktion auch deutlich geht ein gutes Stück über die EU-Mindestanforderungen (C) machen, dass die Deutsche Post AG selbst in der Pflicht hinaus. Diese erweiterten Dienstleistungen würde ich steht, in der Pflicht, den Universaldienst zu erbringen, auch gern für die Kunden in unserem Land beibehalten. anstatt ihn beispielsweise durch Qualitätsmängel in den Die Nachnahmesendungen spielen heute nicht mehr die Filialen und bei der Zustellung zu durchlöchern oder ihn ganz große Rolle wie früher, aber sie werden bei Versand- durch wiederkehrende Vorstöße, was man alles eigentlich häusern immer noch als Möglichkeit angeboten und ge- nicht mehr machen will, infrage zu stellen. Empört sind rade von älteren Menschen genutzt. Wichtig wäre auf je- wir aktuell über die Ankündigungen des Vorstandsvorsit- den Fall die Expresssendung und auch die Möglichkeit, zenden der Deutschen Post, die Folgen der krisenbeding- größere Pakete bis 20 Kilogramm zu versenden. Infopost ten Umsatzrückgänge und des Desasters in den USA mit und Infobrief habe ich selbst häufig genutzt. Schon eine Kosten von circa 7,5 Milliarden Euro jetzt allein den Be- Einladung zu Hochzeit oder Geburtstag und Ähnliches schäftigten in Deutschland aufzuladen. Sie sollen mehr übersteigt häufig die 50er-Grenze für Briefe. Da werden arbeiten und weniger Geld bekommen. Sollten sie nicht Infopost oder Infobrief gern genutzt. mitmachen, droht der Arbeitgeber mit Fremdvergaben. Wir weisen diesen Erpressungsversuch in aller Deutlich- Da im Urteil des Europäischen Gerichtshofes auf die keit zurück und warnen den Vorstand des Unternehmens nationale Umsetzung nicht eingegangen wurde, ist es vor einer Konfliktstrategie gegenüber seinen Beschäftig- meiner Ansicht nach ohne Weiteres möglich, die univer- ten, zumal sonst die Debatte über Managementfehler im salen Dienstleistungen auf das national gewünschte Maß Postkonzern neue Nahrung bekäme. auszudehnen. Deshalb ist eine sorgfältige Prüfung des Urteils notwendig, auch im Lichte der Einlassung der Ge- Postpolitik bleibt also spannend. Im Sinne des Darge- neralanwältin Frau Kokott im Vorfeld der Entscheidung. stellten, aber ganz anders als von der FDP gefordert, müssen wir unser Umsatzsteuerrecht nach dem EuGH- Der Wettbewerb im Postwesen ist wichtig. Die garan- Urteil ausgestalten. Wir müssen den Universaldienst auf tierte flächendeckende gleichmäßige und preisgünstige Grundlage der Erfahrungen der Kunden und künftiger Versorgung unserer Bürgerinnen und Bürger mit Post- Anforderungen sichern, präzisieren, ausbauen und mo- dienstleistungen ist die Aufgabe, um die sich unser Staat dernisieren. Wir werden die Arbeitsbedingungen in der zu kümmern hat. Er hat die Unternehmen zu entlasten, die gesamten Branche sozial gestalten und so viele Arbeits- sich verpflichten, diese Universaldienstleistungen zu er- plätze wie möglich erhalten. Auch im Postsektor ist kein füllen. Die Belastung mit der Mehrwertsteuer würde Platz für Dumpingstrategien, von wem sie immer ausge- diese Aufgaben für die Kunden erheblich verteuern. hen mögen. Preise, Qualität und Arbeitsplätze gehören Dass die FDP der Meinung ist, dass alle Leistungen, zusammen. Das bleibt eine politische Gestaltungsauf- auch die der Daseinsvorsorge, am besten durch den (B) (D) gabe. freien Markt geregelt und erbracht werden, hat sie immer wieder deutlich gemacht. Selbst das riesige Versagen der Lydia Westrich (SPD): Märkte im Finanzbereich und seine schlimmen Folgen für In Deutschland gibt es keine gesetzliche Regelung, die Realwirtschaft und die Haushalte können diesen Irr- nach der ein Unternehmen zur ständigen und flächen- glauben nicht erschüttern. Unternehmenskonzepte, deren deckenden Erbringung von Postuniversaldienstleistun- Gewinnerwartungen darauf beruhen, Arbeitskraft auszu- gen verpflichtet werden kann. Deshalb müssen wir in beuten – das nenne ich Beschäftigung unterhalb von Deutschland den Unternehmen, die tatsächlich flächen- Mindestlöhnen –, zählen bei der FDP höher als die Er- deckend die Postuniversaldienstleistungen anbieten, eine wartungen der Bürgerinnen und Bürger, gut versorgt zu Steuerbefreiung gewähren. Das hat der Europäische werden. Das ist nicht meine Linie und die meiner sozial- Gerichtshof jetzt eindeutig festgestellt. Damit ist der Ge- demokratischen Fraktion. Wir lehnen deshalb die Gesetz- setzentwurf der FDP, der alle Postdienstleistungen der esentwürfe der FDP ab und werden nach sorgfältiger Mehrwertsteuer unterwerfen will, eindeutig europa- Prüfung der Möglichkeiten, die das Urteil des EUGH an rechtswidrig. Spielraum lässt, ein europagerechtes Gesetz verabschie- den. Dessen Schwerpunkt wird auf der optimalen Versor- Bezogen sich Sachverständige, die die Einführung der gung der Bürgerinnen und Bürger liegen und die Unter- Mehrwertsteuer auf alle Postdienstleistungen befürwor- nehmen unterstützen, die die Universaldienstleistungen teten, bisher auf die Rechtsprechung aus dem Jahr 1985, ganz oder teilweise verpflichtend erbringen können. so ist nunmehr eindeutig klar, dass der Staat seinen Bür- gerinnen und Bürgern dieses Stück Daseinsvorsorge ge- Gudrun Kopp (FDP): währleisten muss und die ausführenden Unternehmen zu unterstützen hat. Ich bin sehr froh, dass dieses Mal nicht Machen wir uns nichts vor – der sogenannten Großen der Wettbewerb oder tatsächliche oder vermeintliche Koalition liegt nichts ferner, als noch in dieser Legisla- Wettbewerbsverzerrungen im Mittelpunkt standen, son- turperiode den Markt für Postdienstleistungen endlich dern wirklich der Anspruch der Menschen eines Landes, wirksam zu liberalisieren. Ausschließlich auf das Drän- flächendeckend zu gleichen Preisen und Bedingungen gen von uns Liberalen beraten wir heute abermals über versorgt zu werden. die Frage, wie auf dem deutschen Markt für Postdienst- leistungen endlich echter Wettbewerb geschaffen werden Ich hätte mir zwar gut vorstellen können, dass ein Uni- kann – und das eineinhalb Jahre nach dem Wegfall der versaldienst nicht nur die Mindestanforderungen um- Exklusivlizenz für die Deutsche Post AG zur Beförderung fasst. Unsere Postuniversaldienstleistungsverordnung bestimmter Briefsendungen.

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24737

Gudrun Kopp (A) Es ist schon bezeichnend, was sich die Regierung alles nopol zementiert, um dann auf Kosten der Steuerzahler (C) einfallen lässt, um ja nicht die Privilegierung der Deut- diesen Schaden zu reparieren. sche Post AG, die noch immer zu 30 Prozent in Staatsbe- sitz ist, aufzugeben. Von dem Zeitpunkt an, als die formale Der weitere Knackpunkt, der echten Wettbewerb auf Liberalisierung des Marktes für Postdienstleistungen be- diesem Markt verhindert, ist die Umsatzsteuerbefreiung schlossene Sache war, verschwendet die Regierung einen der Deutsche Post AG für sogenannte Universaldienst- Großteil ihrer Ressourcen darauf, immer abenteuerli- leistungen. Bei der Anhörung im Finanzausschuss des chere Begründungen dafür zu finden, warum der Welt- Deutschen Bundestages am 18. März 2009 hat die Bun- konzern Deutsche Post AG – oder neuerdings Deutsche desregierung sich damit aus der Affäre gezogen, dass sie Post DHL – weiterhin vor dem Wind des Wettbewerbs ge- für das weitere Gesetzgebungsverfahren das Urteil des schützt werden könnte. EuGH zur Umsatzsteuerrichtlinie abwarten wollte. Die- ses Urteil liegt seit dem 28. April 2009 vor und besagt ein- Doch eins nach dem anderen: Die FDP hat bereits vor deutig, dass eine ungleiche steuerliche Behandlung von über einem Jahr als einzige Partei im Deutschen Bundes- Erbringern von Universaldienstleistungen rechtswidrig tag ein Gesetz vorgelegt, auf dessen Grundlage echter ist. Mit ihrer gegenwärtigen Praxis begeht die Bundesre- Wettbewerb auf dem Markt für Postdienstleistungen mög- gierung also einmal mehr klaren Rechtsbruch. Doch lich gewesen wäre. Denn dies war, so verstehen es zumin- Handeln ist bei dieser Bundesregierung Fehlanzeige. dest wir Liberalen, ja Sinn und Zweck der Liberalisierung Vielmehr liefert uns die sogenannte Große Koalition ein- des Marktes für Postdienstleistungen. Die wesentlichen mal mehr ein eindrucksvolles Zeugnis ihrer Zerstritten- Wettbewerbshemmnisse, namentlich der weltweit höchste heit und Planlosigkeit: Wirtschafts- und Finanzminister Mindestlohn und die Umsatzsteuerbefreiung der Deut- können in ihrer Auffassung zu den Konsequenzen des Ur- sche Post AG sowie etliche andere unnötige Überfrach- teils nicht unterschiedlicherer Meinung sein. Während tungen des derzeit geltenden Postgesetzes wären mit un- Bundesminister zu Guttenberg zu Recht Änderungsbedarf serem Gesetzentwurf endlich beseitigt und Verbraucher, am Regierungsentwurf feststellt, sieht Bundesminister Arbeitnehmer, Unternehmen und nicht zuletzt der Fiskus Steinbrück sich noch immer auf dem festen Boden des Ge- kämen endlich in den Genuss, die Früchte des echten setzes – wie er zu dieser Ansicht kommt, bleibt dabei Wettbewerbs zu ernten. schleierhaft. Seit gestern ist endgültig klar, dass die um- satzsteuerliche Gleichbehandlung aller Anbieter dem kli- Die beiden größten Hemmschuhe für freien und fairen entelpolitischen Geschachere der Koalitionsfraktionen Wettbewerb auf dem Postmarkt habe ich eben bereits ge- zum Opfer gefallen ist. nannt. Da ist zunächst der völlig überhöhte, im rechts- freien Raum schwebende Postmindestlohn zu nennen, der Ich muss wohl nicht extra betonen, dass der Schaden für die Wettbewerber der Deutsche Post AG durch die in- (B) nichts anderes zum Ziel hat, als potenzielle oder bereits (D) vorhandene Wettbewerber des ehemaligen Monopolisten konsequente Liberalisierung und andauernde Privilegie- aus dem Markt zu drängen – und hierbei im Übrigen sehr rung der Deutsche Post AG immens ist: Die Wettbewer- zweifelhafte Erfolge erzielte. Der in Kauf genommene ber müssen die gleichen oder attraktivere Produkte um Kollateralschaden war die Vernichtung von 19 000 Ar- 19 Prozent günstiger anbieten, um mit dem ehemaligen beitsplätzen im lizenzpflichtigen Bereich, weil es den Monopolisten konkurrenzfähig zu sein. Der deutsche Wettbewerbern schlicht nicht möglich war, unter derarti- Markt für Postdienstleistungen ist somit schlichtweg gen Bedingungen Marktanteile zu erobern bzw. zu erhal- nicht attraktiv für Investoren – es würde mich überhaupt ten. nicht wundern, wenn die Wettbewerber sich schlussend- lich aus Deutschland zurückziehen und ihr Geld in ande- Zwar hat das Oberverwaltungsgericht Berlin am ren Ländern investieren, die ihnen Rechtssicherheit und 18. Dezember 2008 bereits zum zweiten Male klargestellt, faire Wettbewerbsbedingungen garantieren. Dass damit dass die Allgemeinverbindlicherklärung des Postmin- Tausende von Arbeitsplätzen vor allem – aber nicht nur – destlohns durch den Bundesarbeitsminister schlicht im Niedriglohnbereich wegfallen, rundet den Schaden, rechtswidrig war, doch dies ignoriert der Arbeitsminister den die Regierung durch ihr Handeln der deutschen geflissentlich. Ich kann nur an Herrn Scholz appellieren, Volkswirtschaft zufügt, in tragisch-perfekter Weise ab. sich weitere peinliche Prozesse zu ersparen und den Post- mindestlohn endlich ersatzlos zu streichen – dies wäre im Der EuGH hat die Position der FDP bestätigt: Eine Übrigen auch ein großer Schritt zu mehr Arbeitplätzen im einseitige Steuerbefreiung für einen Marktteilnehmer Niedriglohnbereich, die wir so dringend benötigen. darf es nicht geben. Steuerliche Gleichbehandlung ist da- her unerlässlich. Die FDP-Bundestagsfraktion hat in ih- Doch damit nicht genug. In der Anhörung zum Post- rem Gesetzentwurf beantragt, für alle Post-Universal- wettbewerbsgesetz der FDP am 19. Januar 2009 im Aus- dienstleister gleichermaßen eine Umsatzsteuerpflicht schuss für Wirtschaft und Technologie des Deutschen anzusetzen. Selbstverständlich akzeptieren wir aber das Bundestages hat der renommierte Wettbewerbsrechtler neueste EuGH-Urteil und erwarten nun von der Bundes- Professor Wernhard Möschel den Postmindestlohn als ei- regierung, dass sie eine Umsatzsteuerbefreiung nicht nur nen verbotenen und nichtigen Kartellvertrag bezeichnet, für die Deutsche Post AG, sondern auch für deren Wett- der gegen deutsches und europäisches Kartellrecht ver- bewerber schnellstens vorsieht. Gleiches (Steuer-)Recht stößt. Er fordert das Bundeskartellamt zum Handeln auf. für alle – dieses Gleichbehandlungsgebot und damit Wett- Darüber hinaus sieht Professor Möschel die Bundesre- bewerbsneutralität steht für uns Liberale im Vorder- gierung hier sogar in der Regresspflicht. Im Klartext grund, auch und gerade in wirtschaftlich schwierigen heißt das: Erst wurde durch einen Rechtsbruch ein Mo- Zeiten.

Zu Protokoll gegebene Reden 24738 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Gudrun Kopp (A) Fazit: Auf dem Markt für Postdienstleistungen muss Aber das passt alles nicht zusammen. Denn die Post (C) endlich Wettbewerb Einzug halten. Die wirkliche Beendi- schreibt keine Verluste. Im Briefgeschäft hat sie in den gung der Monopolstellung der Deutsche Post AG ist im ersten drei Monaten dieses Jahres sogar noch einen Ge- Interesse aller Bürger und Steuerzahler, der Arbeitneh- winn von 407 Millionen Euro gemacht. Aber das scheint mer und der Unternehmen. Ich frage mich wirklich, wo- dem Postchef und der Bundesregierung nicht zu reichen. rauf die Bundesregierung noch wartet. Zugleich stellt man sich die Frage, warum Geld einge- spart werden soll, wenn zugleich an die Aktionäre über Sabine Zimmermann (DIE LINKE): 725 Millionen Euro als Dividende ausgeschüttet werden. Gute Post statt Profite, für dieses Motto streitet Die Für mich lassen all diese Fakten nur eine Schlussfolge- Linke. Wie notwendig es ist, für dieses Motto zu streiten, rung zu: Postchef Appel versucht, die Verunsicherung der wurde mir in den letzten Wochen wieder deutlich. In zwei allgemeinen Krise zu nutzen, um die Gewinne auf Kosten Schreiben teilte mir die Deutsche Post AG mit, dass in der Beschäftigten zu erhöhen – und die Bundesregierung meinem Wahlkreis eine bisher von der Deutschen Post als lässt ihn gewähren. Die Linke wird das nicht hinnehmen. Eigenbetrieb geführte Postfiliale „umgewandelt“ wird. Zu Recht hat die Gewerkschaft Verdi diese Provokation Stattdessen soll künftig ein Einzelhandelsgeschäft Post- des Postchefs zurückgewiesen. Wir werden sie und die dienste anbieten. Zum 31. Juli soll eine andere Post-Ser- Postbeschäftigten inner- und außerhalb des Parlaments vice-Filiale geschlossen werden. Wann und wo an ande- unterstützen. rer Stelle Postdienste angeboten werden, steht noch nicht fest. Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die allein auf Profit orientierte Unternehmenspolitik Die FDP will Steuern erhöhen, das ist wirklich eine des Staatsunternehmens Deutsche Post bekommt die Re- Überraschung. Leider heißt das nicht, dass wir fortan von gion immer mehr zu spüren. Kundennähe und Kundenzu- ihren hohlen Wahlkampfversprechen zu Steuersenkungen friedenheit rücken deutlich in den Hintergrund. Die Orts- für alle verschont würden. Die FDP fordert nur, dass die nähe geht verloren. Für die Beschäftigten gilt dank der Deutsche Post AG nicht mehr von der Mehrwertsteuer Gewerkschaft Verdi der Kündigungsschutz. Dennoch er- befreit sein soll. Damit verkämpft sie sich an einer kom- geben sich auch für sie Veränderungen, nicht immer zum plett aussichtslosen Stelle. Denn erst kürzlich hat der Eu- Guten. ropäische Gerichtshof in einem Urteil bestätigt, was längst klar war: Flächendeckende Postdienste gehören Zu den Anträgen der FDP, die Anlass der heutigen zum Gemeinwohl und sind deswegen von der Mehrwert- Auseinandersetzung sind, will ich keine großen Worte steuer zu befreien. Der Vorschlag der FDP ist damit nicht verlieren. Ich frage mich nur, wie die SPD ihren Wählern nur obsolet, sondern sogar europarechtswidrig. (B) eine mögliche Koalition mit einer Partei vermitteln will, (D) die fordert, den Branchenmindestlohn im Postdienst auf- In einem Punkt hat die FDP recht: Der Wettbewerb auf zuheben. dem Postmarkt funktioniert nicht. Noch immer bestimmt die Deutsche Post AG, wo es lang geht. De facto wirkt die Im Folgenden will ich auf eine aktuelle Entwicklung Mehrwertsteuerbefreiung dieses Unternehmens wie ein aufmerksam machen. Die zeigt: Wir befinden uns auf ei- Monopolschutz. Denn sie privilegiert die DPAG gegen- nem falschen Weg und sollten schleunigst einen Rich- über allen ihren Konkurrenten. tungswechsel vornehmen. Es geht um die Ankündigung des Chefs der Deutschen Post AG, Dr. Frank Appel, mit Leider hat die FDP daraus aber die falschen Schlüsse der Gewerkschaft über längere Arbeitszeiten und eine gezogen. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs da- Verschiebung der für Dezember 2009 geplanten Gehalts- gegen weist einen Weg aus den verkrusteten Monopol- erhöhung von 3 Prozent verhandeln zu wollen. Das ist strukturen, den wir Grüne richtig finden. Es verlangt, eine völlig falsche Antwort auf die Krise. dass auch Unternehmen, die nicht alle Teilbereiche des Universaldienstes anbieten, aber bestimmte Leistungen Hier wäre die Bundesregierung gefragt einzugreifen, flächendeckend bereitstellen, von der Mehrwertsteuer schließlich ist sie über die Beteiligung der KfW-Bank mit befreit werden müssen. Das bedeutet, wenn ein Post- über 30,5 Prozent der größte Einzelaktionär bei der Post dienstleister flächendeckend Pakete ausliefert, aber keine und müsste diesen Einfluss geltend machen. Bei der Bahn Briefdienste anbietet, braucht er auch keine Umsatz- hat sie aufgrund des Drucks der Öffentlichkeit den Bör- steuer zu zahlen. Diese Position vertreten wir schon sengang abgesagt und Bahnchef Mehdorn entlassen. Ich lange, während Bundesregierung und FDP mit ihren Vor- frage mich, was noch passieren soll, bis die Große schlägen in die falsche Richtung gegangen sind und sich Koalition von Union und SPD im Interesse der Beschäf- jetzt fragen lassen müssen, wie sie ihre Ideen weiterver- tigten ähnliche Schritte bei der Post unternimmt. Mir folgen wollen, wenn sie damit Europarecht brechen. scheint, hier wird Postchef Appel freie Hand gelassen. Ja, seine Provokation scheint sogar gewünscht zu sein. Die Die Vorstellungen der FDP zu Postdienstleistungen Bundesregierung lehnt es ab, sich in die Geschäftspolitik kreisen einzig und allein um wirtschaftliche Interessen. In des Vorstandes einzumischen. Sie äußert zugleich Ver- dieser verkürzten Sicht sind weder die Interessen der ständnis für die „Maßnahmen des Vorstandes der Deut- Kunden noch die der Kommunen, geschweige denn die schen Post AG zur Kostensenkung“. Er hätte auf die „Er- der Angestellten im Postsektor von Belang. Die FDP setzt tragsrückgänge mit Vorschlägen zu Kosteneinsparungen einseitig auf mehr Wettbewerb und will dafür auch den reagieren“ müssen, so antwortete mir jüngst die Bundes- Postmindestlohn opfern. Dass sie damit vor allem Lohn- regierung in einer Fragestunde. dumping und Wettbewerb auf Kosten der Beschäftigten

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24739

Dr. Thea Dückert (A) befördert, ist ihr völlig egal. Mehr Verbraucherschutz und Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/8773 (C) eine kommunenfreundliche Modernisierung des Univer- abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh- saldienstes spielen für die FDP ebenfalls keine Rolle. lung? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die Be- schlussempfehlung ist damit angenommen mit den Stim- Auch die Bundesregierung hat sich einer kommunen- men der Koalitionsfraktionen, der Fraktion Bündnis 90/ und verbraucherfreundlichen Reform des Universal- Die Grünen und der Fraktion Die Linke gegen die Stim- dienstes bisher nicht angenommen. Dabei ist hier eine men der FDP. Menge zu tun. Mängel in der Postversorgung gibt es nicht erst seit gestern. Jetzt hat die Deutsche Post AG außer- Tagesordnungspunkt 23 c: Beschlussempfehlung des dem angekündigt, dass sie Tausende Stellen krisenbedingt Finanzausschusses zu dem Antrag der Fraktion der FDP streichen wird. Das wird nicht ohne Folgen für die Post- mit dem Titel „Keine Vorzugsbehandlung der Deutschen versorgung bleiben. Vor allem im ländlichen Raum Post AG bei der Umsatzsteuer“. Der Ausschuss emp- schließt schon jetzt ein Postamt nach dem anderen. Briefe fiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck- und Pakete können nur noch in weit entfernten Filialen zu sache 16/8809, den Antrag der Fraktion der FDP auf absurden Öffnungszeiten, in unverständlichen Paketauto- Drucksache 16/676 abzulehnen. Wer stimmt für diese maten oder in sogenannten Postagenturen, die nicht sel- Beschlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltun- ten aus einem Tischchen in einem Kiosk bestehen, aufge- gen? – Die Beschlussempfehlung ist damit angenommen geben oder abgeholt werden. Manche Kommunen haben mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die in der Not angefangen, auf eigene Kosten selbst Post- Stimmen der Fraktionen von FDP und Bündnis 90/Die ämter zu betreiben, um die Versorgungslücke zu schlie- Grünen bei Enthaltung der Fraktion Die Linke. ßen. Und auch die Postzustellung funktioniert vielerorts weiterhin nicht reibungslos. Aber diese Probleme interes- Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 28 auf: sieren die FDP nicht. Im Gegenteil, sie fordert, die Vor- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- gaben des Universaldienstes zurückzufahren, und berei- richts des Ausschusses für Verkehr, Bau und tet so den Weg für eine schlechtere Versorgung. Stadtentwicklung (15. Ausschuss) Wir Grüne dagegen setzen uns schon lange dafür ein, – zu dem Entschließungsantrag der Abgeordne- dass die flächendeckende Postversorgung verbraucher- ten Arnold Vaatz, Ulrich Adam, Peter Albach, und kommunenfreundlich ausgestaltet wird. Dazu zählen weiterer Abgeordneter und der Fraktion der für uns nicht nur ein funktionierender Wettbewerb im CDU/CSU Postsektor und die Beseitigung der immer wieder auftre- sowie der Abgeordneten Klaas Hübner, Andrea tenden Mängel, sondern vor allem auch ein zeitgemäßes, Wicklein, Ernst Bahr (Neuruppin), weiterer (B) bezahlbares, flächendeckendes Angebot von Postdienst- Abgeordneter und der Fraktion der SPD zu der (D) leistungen. In Zeiten des Internets nutzen Bürgerinnen Unterrichtung durch die Bundesregierung und Bürger die Post anders als noch vor zehn Jahren. Es ist höchste Zeit, die Vorgaben der Universaldienste fit für Jahresbericht der Bundesregierung zum das 21. Jahrhundert zu machen. Stand der deutschen Einheit 2008 – zu dem Entschließungsantrag der Abgeordne- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: ten Dr. Gesine Lötzsch, Roland Claus, Damit kommen wir zur Abstimmung. Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE zu der Unterrichtung Tagesordnungspunkt 23 a: Gesetzentwurf der Frak- durch die Bundesregierung tion der FDP zur Stärkung wettbewerblicher Strukturen im Markt für Postdienstleistungen. Der Ausschuss für Wirt- Jahresbericht der Bundesregierung zum schaft und Technologie empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be- Stand der deutschen Einheit 2008 schlussempfehlung auf Drucksache 16/13152, den Gesetz- – zu der Unterrichtung durch die Bundesregie- entwurf der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/8906 rung abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer ist dage- Jahresbericht der Bundesregierung zum gen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in Stand der deutschen Einheit 2008 zweiter Beratung abgelehnt mit den Stimmen der Koali- – Drucksachen 16/10852, 16/10854, 16/10454, tionsfraktionen, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 16/13121 – und der Fraktion Die Linke bei Befürwortung des Ge- setzentwurfs durch die FDP. Berichterstattung: Abgeordneter Jan Mücke Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Beratung eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich sehe und Tagesordnungspunkt 23 b: Beschlussempfehlung des höre dazu keinen Widerspruch. Dann werden wir so ver- Ausschusses für Wirtschaft und Technologie zu dem An- fahren. trag der Fraktion der FDP mit dem Titel „Wettbe- werbsintensität im Binnenmarkt für Postdienstleistungen Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red- erhöhen“. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 2 seiner ner das Wort für die Bundesregierung Herrn Parlamenta- Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/13152, den rischen Staatssekretär Ulrich Kasparick. 24740 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Ulrich Kasparick, Parl. Staatssekretär beim Bundes- der erkennt, dass Standorte wie Greifswald, Rostock, (C) minister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Wismar oder Stralsund, also solche, wo internationale Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Forschung organisiert wird, davon wirklich profitieren. Zu später Stunde ein wichtiges Thema: Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit 2008. Er bezieht sich (Beifall des Abg. Ulrich Adam [CDU/CSU]) auf das Jahr 2007. Ich will Ihnen in einigen wenigen Wir haben uns in der aktuellen Krise – der Hinweis Worten die wichtigsten Trends beschreiben, mit denen sei erlaubt, auch wenn wir jetzt eigentlich über das Jahr die Bundesregierung versucht, mit den besonderen Pro- 2007 reden – darum bemüht, die Förderprogramme im blemen in den neuen Bundesländern umzugehen. Konjunkturpaket II mit besonderem Fokus auf die neuen Wir glauben, dass der Bericht zum Stand der deut- Länder auszurichten. Die neuen Länder bekommen schen Einheit, der Ihnen ja schon im Sommer des ver- überproportional mehr Mittel. Das ist zielführend. gangenen Jahres zugegangen ist, beschreibt, dass die Grundsatzentscheidung, die neuen Länder mit zwei zen- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) tralen Strategien aufzubauen, nämlich Innovation und Wir brauchen das bei der GA, wir brauchen das bei Infrastruktur, richtig war. Wir sehen, dass die Branchen, der Innovationsförderung, und wir brauchen das, wenn die auf Innovation gesetzt haben, mit der aktuellen Krise es darum geht, den demografischen Wandel zu bewälti- besser umgehen können als die Branchen, die nicht auf gen. Alle, die sich mit dem Wiederaufbau der neuen Innovation gesetzt haben. Länder im Rahmen eines Prozesses von mittlerweile Die Bundesregierung hat sich bemüht, die For- 20 Jahren beschäftigen, wissen, dass all das, was wir bis- schungslandschaft systematisch auszubauen und die neu her an modernster Infrastruktur geschaffen haben, durch entstehenden kleinen und mittelständischen Unterneh- den demografischen Wandel gefährdet wird. Meine men mit den starken Forschungszentren so zusammen- Fachleute im Hause sagen mir: Die eigentliche Heraus- zubringen, dass sie als Cluster antreten können. Wir se- forderung liegt in diesem Bereich. Wir merken, dass das, hen bei der Exzellenzinitiative, dass die ostdeutschen was die Bundespolitik zusammen mit den Landespoliti- Hochschulen und Universitäten in den Bereichen kon- ken anbieten kann, sehr begrenzt ist. Man kann demo- kurrenzfähig sind, die auch für die alten Länder neu sind. grafischen Wandel nicht durch ein Bundesgesetz außer In den alten Themenfeldern haben es die neuen Länder Kraft setzen. schwer, weil die Kapazitäten der Hochschuleinrichtun- Deswegen muss man sich fokussieren. Wir müssen gen in der Regel kleiner sind; aber bei den neuen Tech- uns auf das Thema Fachkräfte und darauf fokussieren, nologien sind wir gleichauf. den Technologievorsprung, den wir uns erarbeitet haben, (B) Daran, dass Mitteldeutschland mittlerweile der Solar- zu halten. Das bedeutet, dass es richtig ist, die Exzellenz- (D) standort Nummer eins in der Welt geworden ist, sieht initiative dahin gehend fortzusetzen, dass wir auf hoch- man, dass es zielführend war, auf Innovation zu setzen. innovativen Feldern, auf denen die ostdeutschen Stand- Das gibt uns in der aktuellen Krise, die der Bericht 2008 orte gut dabei sind, Verstärkungsmittel zur Verfügung natürlich noch nicht berücksichtigen konnte, die berech- stellen. tigte Hoffnung, dass insbesondere die Branchen, die hochinnovativ sind, besser durch die Weltwirtschafts- Wir haben vonseiten des Bundesministeriums für Ver- krise kommen als andere Branchen. Wer sich in der So- kehr, Bau und Stadtentwicklung angefangen, mit Mo- larwirtschaft umtut, wer sich einmal das „Solar Valley“ dellregionen zu agieren. Das ist gut angelaufen, sodass anschaut, wer einmal nach Bitterfeld geht, der sieht, dass wir das jetzt auch auf die alten Länder ausweiten kön- hier mit gezielter Förderung des Bundes ein Raum ent- nen. In diesem Bereich zeigt sich ebenfalls: Ostdeutsch- steht, der einem traditionellen Chemiestandort die land ist mittlerweile ein Innovationsstandort geworden. nächste Stufe einer zukunftsfähigen Entwicklung ermög- Das gilt nicht nur für die Projekte beim Verkehrswege- licht. planungsbeschleunigungsgesetz und für andere Dinge modernster Infrastruktur. Auch wenn es darum geht, für Wir wollen der Industrie helfen, industrielle Grund- Entwicklungen, die in den nächsten Jahren auch die al- produkte herzustellen, die nicht mehr vom Erdöl abhän- ten Länder erreichen werden, Lösungen zu finden, wird gen, sondern aus nachwachsenden Rohstoffen kommen. Ostdeutschland zunehmend zum Modell. Das ist gut. (Beifall des Abg. Dr. Peter Danckert [SPD]) Wir wollen diesen Weg fortsetzen. Wir glauben, dass Die erste Bioraffinerie wird dort gebaut. Es gibt eine die besondere Berücksichtigung im Konjunkturpaket II, ganz enge Verknüpfung zwischen den Max-Planck-Insti- dem Förderprogramm für die neuen Länder, helfen wird, tuten, den Fraunhofer-Instituten und den klassischen die aktuelle Krise zu mildern und abzufedern. Wir glau- Universitäten, die sagen: Wir müssen zusammen mit ben ebenfalls, dass insbesondere die Standorte, die zu- dem BiomasseForschungsZentrum, für das sich vier sammen mit den Ländern auf Innovationen gesetzt ha- Bundesministerien zusammengetan haben, einen Beitrag ben, die Krise gut überstehen können. dazu leisten, dass die chemische Industrie zukunftsfest, Wir haben noch eine Menge vor uns. Sie wissen, der also auch erdölunabhängiger wird. Solidarpakt II ist zeitlich befristet. Es werden weniger Wer sich Norddeutschland und das anschaut, was im Mittel zur Verfügung stehen. Umso mehr sind wir ge- Ostseeraum passiert, ausgehend von den Hochschulen, zwungen, die Kräfte zu bündeln. Wir glauben aber, dass die einen Ostseeverbund miteinander verabredet haben, die prinzipielle strategische Ausrichtung vernünftig ist Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24741

Parl. Staatssekretär Ulrich Kasparick (A) und ausgebaut werden sollte, nämlich die Konzentration Werte 1989 aber zwischen 160 und 310 Mikrogramm (C) auf Infrastruktur und Innovation. pro Kubikmeter, und im Winter 1989 betrug der Wert an 30 Tagen 600 Mikrogramm pro Kubikmeter. Eine Folge Herzlichen Dank für die Unterstützung im Parlament. davon war, dass die Zahl der Kinder in der ehemaligen (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) DDR, die an Bronchitis erkrankten, von 1974 bis 1989 um 172 Prozent gestiegen ist. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Man kann hier heute nicht debattieren, ohne diese Der Kollege Jan Mücke von der FDP-Fraktion hat Ausgangsposition noch einmal zu benennen, ohne auf seine Rede zu Protokoll gegeben.1) die Zwischenetappen wie den Fonds Deutsche Einheit, den Erblastentilgungsfonds, Solidarpakt I und Solidar- Damit erteile ich das Wort dem Kollegen Eckhardt pakt II hinzuweisen und ohne die Solidarität des Westens Rehberg für die CDU/CSU-Fraktion. noch einmal deutlich zu machen. Allein die Aufbauhil- (Beifall bei der CDU/CSU) fen, das heißt, das, was die neuen Länder zusätzlich zwi- schen 1991 und 2008 bekommen haben, hatten einen Eckhardt Rehberg (CDU/CSU): Umfang von rund 320 Milliarden Euro. Ohne all dies Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abge- hätten wir heute nicht den Stand erreicht, den wir jetzt ordneten! Herr Staatssekretär, was Sie beschrieben ha- erreicht haben. ben, können wir und kann ich voll unterstützen. Gerade Ich denke, wir sollten erstens stolz auf das Erreichte wenn man Anträge der Linken zum Bericht zum Stand sein der deutschen Einheit liest, ist es zwingend geboten, sich zurückzuerinnern: Wie sah es vor 20 Jahren aus? (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP) Gerade den Linken rate ich dringend, sich einen Be- richt vorzunehmen, den Mitglieder ihrer Vorgängerpartei und zweitens das, was durch die Anstrengungen der geschrieben haben, nämlich den Schürer-Bericht. Der Menschen im Osten und durch die Solidarität des Wes- Schürer-Bericht sagt aus, dass die DDR pleite war, dass tens erreicht worden ist, nicht schlecht- oder kleinreden – man betteln gehen musste – man wollte 23 Milliarden DM unbeschadet der noch zu lösenden Probleme. von der Bundesregierung –, damit 1991 nicht die Zah- Herr Staatssekretär, Sie haben recht: Wir haben mitt- lungsunfähigkeit festgestellt werden musste. Der Kern lerweile eine durchaus robuste Wirtschaftsstruktur, eine des Berichts war die Aussage, dass dann, wenn die Ver- gesunde Mischung aus kleinen und mittelständischen schuldung im Jahr 1990 gestoppt werden soll, der Le- Unternehmen, die im Bereich Forschung und Innovation (B) bensstandard um 30 Prozent sinken muss. Bei der heuti- tätig sind, und einen ausgeprägten Dienstleistungs- und (D) gen Debatte über den Jahresbericht der Bundesregierung Tourismussektor. Somit war es richtig, Investitionszula- zum Stand der deutschen Einheit 2008 muss man also gen auch für den gastgewerblichen Bereich zu gewäh- auch daran erinnern, dass die DDR vor 20 Jahren ren. Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg konn- schlichtweg marode und pleite war. ten deswegen zum Beispiel im Mai 2009 einen (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Rückgang der Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjah- neten der FDP) resmonat verzeichnen. Da Sie von den Linken ja immer so sehr auf die soziale All die gesamten Maßnahmen haben – trotz der noch Seite schauen, möchte ich stichpunktartig einige weitere zu lösenden Probleme – dazu geführt, dass wirtschaftli- Dinge in Erinnerung rufen. che Kerne entwickelt wurden, wettbewerbsfähige Unter- nehmen in vielen Regionen entstanden sind und der Os- Lebenserwartung: Die Lebenserwartung ist in den ten auch gut auf nationalen und internationalen Märkten letzten 20 Jahren in Mecklenburg-Vorpommern bei den aufgestellt ist. Frauen um sechs Jahre und bei den Männern um sieben Jahre gestiegen. Ich denke, es ist richtig, dass auch wir Abgeordnete aus den neuen Bundesländern den Neuansatz mittragen Gesundheitsvorsorge: Die Wartezeit für gefäßchirur- und immer dann, wenn es um strukturschwache Regio- gische Eingriffe – erinnern wir uns zurück – betrug mehr nen geht, nicht mehr ausschließlich die strukturschwa- als zwei Jahre. Nicht einmal für jeden zweiten Nieren- chen Regionen in den neuen Bundesländern in den Blick kranken stand ein Dialyseplatz zur Verfügung. nehmen, sondern auch die betreffenden Regionen in Westdeutschland. Deshalb muss der neue Ansatzpunkt Rente: Sie betrug ein Drittel des Nettoeinkommens bei der Regionalförderung lauten, alle strukturschwa- eines normalen Arbeitnehmerhaushaltes. chen Regionen in Deutschland zu betrachten. Arbeitsproduktivität: Sie betrug lediglich 40 Prozent (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des heutigen Wertes. Nicht viel besser sah es bei der In- bei Abgeordneten der SPD) frastruktur aus. Meine sehr verehrten Damen und Herren, da es die Umweltsituation: Der maßgebliche Grenzwert lag bei letzte Debatte in dieser Legislaturperiode zum Stand der 150 Mikrogramm pro Kubikmeter, in Leipzig lagen die deutschen Einheit sein wird, möchte ich nur kursorisch aufführen, was wir in dieser Legislaturperiode erreicht 1) Anlage 30 haben: 24742 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Eckhardt Rehberg (A) Wir haben die GA-Mittel gerade durch das rung der Europäischen Union im Blick zu haben. Zusätz- (C) Konjunkturpaket II massiv aufgestockt. Wir haben die liche Potenziale können nach unserem Dafürhalten nur I-Zulage, die 2011 wieder überprüft wird, verlängert. aus den südlichen Ballungsräumen in Vernetzung mit Allein im Jahr 2008 wurden Investitionshilfen in Höhe den nördlichen Ballungsräumen kommen. Deswegen von 570 Millionen Euro geleistet. wird es eines der zentralen Felder der nächsten Jahre sein, diese Achse im Interesse der neuen Bundesländer All denen, die immer wieder behaupten, der Osten zu entwickeln, aber auch im Interesse Bayerns, Tsche- komme zu kurz, sei gesagt, dass von den Investitionsmit- chiens und aller anderen Länder, die auf dieser Achse teln aus dem ERP-Fonds fast 1 Milliarde Euro – das sind liegen. 20 Prozent mehr als für die alten Bundesländer – in die neuen Bundesländer fließen. Herzlichen Dank. Ich habe mir die Mühe gemacht, zu vergleichen. Es (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) ist nämlich wichtig, dass das Gefühl, das die Linken bei den Menschen wecken wollen, sozusagen korrigiert Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: wird. Bei den Konjunkturpaketen I und II und dem Pro- gramm, das aus der Maut finanziert wird – insgesamt Nächster Redner ist der Kollege Roland Claus für die sind es 6,6 Milliarden Euro –, bekommen Bayern und Fraktion Die Linke. Baden-Württemberg 891 Millionen Euro und die neuen (Beifall bei der LINKEN) Bundesländer, die deutlich weniger Einwohner haben und etwa flächengleich sind, 837 Millionen Euro. Das heißt: Es gibt überhaupt keine Benachteiligung. Ganz im Roland Claus (DIE LINKE): Gegenteil – ich kann die Aussage des Staatssekretärs nur Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und unterstützen –: Wir bekommen mehr, als uns nach dem Herren! Der uns vorliegende Jahresbericht enthält neben Königsteiner Schlüssel zustehen würde. erwartungsgemäß jeder Menge Eigenlob durchaus auch viele Elemente einer differenzierten, einer kritischen (Beifall bei der CDU/CSU) Analyse. Das ist zu begrüßen und stellt auch einen Fort- Wenn Bundesländer wie Berlin und Mecklenburg- schritt gegenüber früheren Berichten dar. Vorpommern am wenigsten davon abbekommen, dann Herr Kasparick, sosehr man Ihren Ausführungen in liegt das an den Planungsleistungen. In Berlin regiert vielem zustimmen kann, muss man feststellen: Leider Rot-Rot. In Mecklenburg-Vorpommern hat bis 2006 haben weder dieser Bericht noch Ihre Position, die Sie ebenfalls Rot-Rot regiert. Andere Länder wie Sachsen, im Plenum vorgetragen haben, irgendeine Auswirkung Thüringen oder Sachsen-Anhalt haben fertige Projekte (B) auf das Regierungshandeln. Die Bundesregierung igno- (D) in der Schublade gehabt und bekommen deshalb mehr riert im Wesentlichen diese Berichte. Das Ergebnis ist, als 90 Prozent dieser 837 Millionen Euro. Insoweit hat dass sich vor allem Ostdeutsche seit vier Jahren von der die politische Farbe auch etwas damit zu tun, was man aus Ostdeutschland stammenden Kanzlerin Merkel und von den Programmen des Bundes in Anspruch nehmen ihrem Ostbeauftragten Tiefensee enttäuscht sehen. kann. (Iris Gleicke [SPD]: Das ist Unsinn!) Für die Unionsfraktion ist ein Thema zukünftig ganz wichtig, und ich bin froh, dass es in Punkt 11 Eingang Dass Sie jetzt wenige Wochen und Monate vor der Wahl gefunden hat. Es geht darum, dass wir im Korridor von mit Papieren und Positionen zu Wort kommen wollen, der Adria bis zur Ostsee Logistikräume und Wirtschafts- offenbart die Zwielichtigkeit Ihres Ansatzes. räume entwickeln und vernetzen. (Beifall bei der LINKEN – Eckhardt Rehberg (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- [CDU/CSU]: Sie sind nicht stark in der De- neten der FDP) batte vertreten! Das ist die Interessenvertre- Herr Staatssekretär, es hat fast drei Jahre gedauert, bis tung für die neuen Bundesländer: Zwei Han- das Verkehrsministerium diese Anregung aufgenommen seln!) hat. Ich bin ausdrücklich dankbar, dass die Stellung- Wenn wir über den Osten reden, dann geht es uns auf nahme der Bundesregierung zur TEN-Revision die Aus- der einen Seite darum, die nach wie vor vorhandenen sage enthält, dass wir Lücken schließen müssen, Lücken Diskriminierungen abzubauen. zwischen Berlin und den Ostseehäfen und Lücken zwi- schen Prag und Berlin. Das heißt, dass wir eine durchge- (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Für das Pro- hende transeuropäische Verbindung von Italien, Öster- tokoll: Gerade mal zwei Abgeordnete der Lin- reich, Bayern und Mitteldeutschland und ebenso eine ken wohnen der Debatte bei!) Verbindung von der Adria, über Ungarn und Tschechien Darüber haben wir heute Mittag im Zusammenhang mit nach Berlin, zu den Ostseehäfen und bis nach Skandina- dem Thema „Ostrenten“ sehr ausgiebig gesprochen. vien haben müssen. Ein weiteres Feld, auf das ich Sie aufmerksam ma- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- chen will, ist, dass der Anteil von Beschäftigungsver- neten der FDP) hältnissen mit Niedriglohn, von Zeit- und Leiharbeit in Ich sage das deswegen ausdrücklich, weil es wichtig Ostdeutschland mehr als doppelt so hoch wie im Westen ist, hinsichtlich der Zukunftspotenziale die Osterweite- der Republik ist. Beschäftigung im Niedriglohnsektor, Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24743

Roland Claus (A) Zeit- und Leiharbeit sind gerade für junge Menschen (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU) (C) Freiheitseinschränkungen, die sie hinzunehmen haben. Viele weitere Beispiele ließen sich anführen. Ich will heute aber über die zweite Seite von Ost- (Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Machen deutschland reden, nämlich darüber, dass inzwischen Sie doch noch ein bisschen weiter!) 20 Jahre lang Erfahrungen mit der Transformation ge- sammelt wurden. Diese Erfahrungen verdienen es, bun- Ostdeutsche haben also allen Grund, selbstbewusst desweit anerkannt zu werden. Bislang greift die Bundes- und nicht gebückt die deutsche Einheit mit zu gestalten. regierung nicht darauf zurück, sodass diese Erfahrungen Die Linke wird sich auch angesichts gewachsener bun- brachliegen. despolitischer Verantwortung den Lebensinteressen der Ostdeutschen in besonderer Weise verbunden fühlen. Die Fraktionen der Linken in den Landtagen – nicht nur in den ostdeutschen – und die Fraktion im Bundestag Vielen Dank, meine Damen und Herren. haben vor kurzem ein „Leitbild Ostdeutschland 2020“ (Beifall bei der LINKEN – Hartmut Koschyk vorgelegt, in dem vier Jahre politischer und vor allem [CDU/CSU]: Es hätten ruhig ein paar Männe- wissenschaftlicher Arbeit stecken. Der Kern dieser ken mehr da sein können! – Arnold Vaatz Überlegungen ist, dass es an der Zeit ist, ostdeutsche Er- [CDU/CSU]: Kommen Sie das nächste Mal fahrungen endlich für einen sozial-ökologischen Umbau wenigstens zu dritt!) in der gesamten Bundesrepublik zu nutzen. (Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Sozial- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: ökologisch?) Der Kollege Peter Hettlich von der Fraktion Bünd- Der Aufbau Ost als Nachbau West ist gescheitert; da nis 90/Die Grünen hat seine Rede zu Protokoll gege- 1) sind sich inzwischen nahezu alle ernstzunehmenden ben, sodass ich als letzter Rednerin in dieser Debatte Wissenschaftler einig. der Kollegin Iris Gleicke für die SPD-Fraktion das Wort geben kann. (Zuruf von der FDP: Der Sozialismus aber auch!) (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU) Das „Leitbild Ostdeutschland 2020“ beantwortet auch die Frage: Was kommt dann? Iris Gleicke (SPD): Ich will Ihnen dazu ein paar Beispiele nennen. Zuvor Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! will ich Ihnen aber sagen: Aus der Krise führen nur neue Vor fast 20 Jahren haben die DDR-Bürgerinnen und -Bür- (B) Wege. Wer denkt, ein „Weiter so!“ genügt, ist auf dem ger in einer friedlichen Revolution die Mauer niederge- (D) Holzweg. Ostdeutschland ist ein guter Lernort für neues rissen, die Staatsführung samt Stasi in die Wüste ge- Denken. schickt und so die deutsche Einheit möglich gemacht. (Dr. Peter Danckert [SPD]: Lauter (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der Plattitüden!) FDP) Wir haben in den neuen Bundesländern einen riesigen Es war für uns Ostdeutsche eine gute Zeit, in der nichts Vorsprung beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Wir unmöglich schien. wissen: Die erneuerbaren Energien kommen nicht von Ich war noch jung, selbst ins Haus. Diesen Erfahrungsvorsprung zu nutzen, auch bundesweit, davon sind wir im Moment aber noch (Zuruf von der FDP: Sie sind noch jung!) weit entfernt. als die DDR ihr wohlverdientes Ende fand; aber ich kann Wir haben 20 Jahre Erfahrungsvorsprung mit dem mich noch gut erinnern an unsere Ängste, an unsere Stadtumbau Ost. Jetzt findet – das begrüßen wir – auch Hoffnungen und an unsere Träume. Viele Hoffnungen ein Stadtumbau West statt. Es gibt aber keinen Ansatz, haben sich erfüllt, viele Träume sind Wirklichkeit ge- die Erfahrungen aus dem Osten beim Stadtumbau West worden. zu nutzen. (Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei (Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Wer hat Abgeordneten der CDU/CSU) denn den Stadtumbau Ost finanziert?) Wir haben unglaublich viel erreicht. Das muss jeder, der Wir haben im Osten einen Erfahrungsvorsprung bei sich an die DDR wahrhaftig und ohne verklärten Blick der Verbindung von Erwerbsarbeit und Kinderbetreu- erinnert, zugeben. ung. In den alten Bundesländern ist die Situation bei der (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!) Kinderbetreuung katastrophal. Es gibt aber auch viele Träume und Hoffnungen, die (Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: sich nicht erfüllt haben. Manches hat sich als blanke Illu- Tatsächlich?) sion erwiesen. Manches ist an der harten Realität ge- scheitert. Die Euphorie von damals ist dem kritischen Ein wirklicher Beitrag zu einem Konjunkturprogramm wäre, sich vorzunehmen, die Kinderbetreuung im Wes- ten wenigstens auf das Ostniveau zu bringen. 1) Anlage 30 24744 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Iris Gleicke (A) Blick auf einen noch immer nicht abgeschlossenen Auf- ein Papier verbreitet, in dem sie ankündigen, im Fall ei- (C) holprozess längst gewichen. nes Sieges bei der Bundestagswahl den Aufbau Ost wie- der direkt im Kanzleramt ansiedeln zu wollen. Vielen Menschen wurde in diesem Prozess unglaub- lich viel abverlangt: ein Höchstmaß an Willen und Be- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) reitschaft zur Veränderung, die Fähigkeit, mit teilweise gänzlich neuen äußeren Bedingungen umzugehen und Wahrscheinlich ist das eine Arbeitsbeschaffungsmaß- dabei die tagtäglichen Probleme zu meistern. Wir kön- nahme für Dieter Althaus, der sich nach der Landtags- nen auf das, was wir geleistet haben, stolz sein, und zwar wahl in Thüringen einen neuen Job suchen muss. jeder Einzelne. Und wir sind stolz darauf. Wir haben da- (Zurufe von der CDU/CSU: Oh!) mals nicht bei null angefangen. Wir hatten eine ganze Menge, auf dem wir aufbauen konnten und an das wir Der sachsen-anhaltinische Ministerpräsident Böhmer anknüpfen konnten. Wir erwarten, dass diese Leistung hat sich immerhin nur wenige Stunden nach Bekannt- endlich allgemein anerkannt wird. werden dieses substanzlosen Papiers mit deutlichen (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP Worten von dieser Forderung distanziert. Er wird wis- und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sen, warum. Der Ministerpräsident Böhmer braucht sich aber keine Sorgen zu machen, und die Menschen in Ost- Wir erwarten auch, dass die hinter diesen Leistungen deutschland brauchen sich keine Sorgen zu machen: Der stehenden ostdeutschen Biografien endlich anerkannt Aufbau Ost bleibt auch nach der Bundestagswahl bei werden. Sie sollen anerkannt werden als die Lebensläufe in guten Händen und wird dann von Menschen, die in großer Mehrheit versucht haben, auch vom Kanzleramt aus wieder wirkungsvoll unter- unter den schwierigen und zum Teil fürchterlichen Be- stützt. dingungen einer Diktatur ein anständiges Leben zu füh- ren. Folgendes möchte ich für die Angehörigen meiner (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Es war an- ostdeutschen Generation sagen: Unsere Väter und Müt- fangs eine so gute Rede, und jetzt gleitet sie so ter haben einen Anspruch auf Respekt und auf die Aner- ab!) kennung ihrer Lebensleistung. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der (Beifall bei der SPD) FDP)

Als ostdeutsche Sozialdemokraten setzen wir auf das Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: neu entstandene und gewachsene ostdeutsche Selbstbe- Ich schließe die Aussprache. (B) wusstsein. Dieses Selbstbewusstsein beschränkt sich (D) nicht nur auf eine schmale Minderheit, sondern beflügelt Wir kommen nun zur Beschlussempfehlung des Aus- eine breite Mehrheit. Dieses Selbstbewusstsein gründet schusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung auf im Stolz auf das bereits Erreichte und im kritischen Drucksache 16/13121. Der Ausschuss empfiehlt unter Blick auf die nach wie vor bestehenden Defizite. Wir ha- Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung in Kenntnis des Jah- ben schon viel erreicht. Es gibt aber noch viel zu tun. resberichts der Bundesregierung zum Stand der Deut- Wir fordern ohne Wenn und Aber das ein, was den Ost- schen Einheit 2008 auf Drucksache 16/10454 die An- deutschen zusteht. Dazu gehören unter anderem: glei- nahme des Entschließungsantrags der Fraktionen der cher Lohn für gleiche Arbeit, CDU/CSU und der SPD auf Drucksache 16/10852 zu (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten dem genannten Jahresbericht. Wer stimmt für diese Be- der CDU/CSU) schlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist damit mit den Stimmen der ein einheitliches Rentenrecht in Ost und West und ein Koalitionsfraktionen bei Gegenstimmen der Fraktion einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn in Ost und West. Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke so- Es geht um die Vollendung der sozialen Einheit unseres wie bei Enthaltung der FDP-Fraktion angenommen. Landes. Dafür stehen wir als ostdeutsche Sozialdemo- kratinnen und Sozialdemokraten. Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Entschließungsantrags (Beifall bei der SPD) der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/10854 zum Unter der Führung von Wolfgang Tiefensee ist der Jahresbericht 2008. Wer stimmt für diese Beschlussemp- Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit vorge- fehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Diese legt worden. Er zieht ohne jede Schönfärberei eine ehrli- Beschlussempfehlung ist ebenfalls angenommen, und che Zwischenbilanz und beschreibt einen Aufholpro- zwar mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der zess, der fortgesetzt und beschleunigt werden muss. Das FDP-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kann natürlich einigen ostdeutschen CDU-Ministerpräsi- gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke. denten nicht in den Kram passen, die beim Aufbau Ost Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf: vor allen Dingen auf Propaganda setzen. Oder haben sie etwa unsere gemeinsamen Entschließungsanträge und Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- unsere gemeinsame Arbeit im Deutschen Bundestag richts des Ausschusses für Familie, Senioren, nicht mitverfolgt? Wohl auch deshalb haben diese ost- Frauen und Jugend (13. Ausschuss) zu dem An- deutschen CDU-Ministerpräsidenten vor ein paar Tagen trag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24745

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (A) Dr. Kirsten Tackmann, Karin Binder, weiterer Reihe von Aufgaben bewältigt werden, von denen ich die (C) Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE wichtigsten nenne: erstens das Selbstvertrauen von jun- gen Frauen stärken, gut bezahlte, zukunftsträchtige Be- Gleichstellung der Geschlechter in der Privat- rufe zu wählen; zweitens die gerechte Bewertung und Be- wirtschaft durch wirksame gesetzliche Rege- zahlung von Tätigkeiten, die überwiegend von Frauen lungen fördern ausgeübt werden, und zwar auch im Rahmen des Tarifge- – Drucksachen 16/9486, 16/12986 – füges; drittens Aufstiegschancen von Frauen im öffentli- chen Dienst und in der Privatwirtschaft verbessern und Berichterstattung: viertens die flankierende Unterstützung von kindererzie- Abgeordnete Dr. Eva Möllring henden Eltern, auch bezüglich der Arbeitszeiten, der An- Renate Gradistanac erkennung und Schätzung von Teilzeitarbeit und der Fi- Ina Lenke nanzierung von unterstützenden Hilfen. Jörn Wunderlich Britta Haßelmann Liebe Kollegen von der Linken, Sie wollen, dass in je- Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die dem Betrieb genauso viele Frauen wie Männer beschäf- Reden zu Protokoll genommen. Es handelt sich um die tigt sind. Wenn zum Beispiel ein Technikbetrieb mit 2 000 Reden folgender Kolleginnen und Kollegen: Dr. Eva Beschäftigten eine solche Forderung umsetzen müsste, so Möllring, Renate Gradistanac, Caren Marks, Ina Lenke, bräuchte er ad hoc 1 000 weibliche Fachkräfte für alle Dr. Barbara Höll und Irmingard Schewe-Gerigk. Arbeitsebenen. Diese Frauen gibt es aber gar nicht auf dem Arbeitsmarkt, und es wird sie auch in den nächsten fünf Jahren nicht geben. Denn der Anteil der weiblichen Dr. Eva Möllring (CDU/CSU): Studienanfängerinnen liegt im Fach Maschinenbau bei Die Gleichstellung von Frau und Mann in der Wirt- 17,2 Prozent, im Fach Informatik bei 14,6 Prozent und im schaft ist zu einem Kernthema dieser Wahlperiode gewor- Fach Elektrotechnik nur bei 8,2 Prozent. In den techni- den. Ich habe allein im Plenum inzwischen acht Reden zu schen Ausbildungsberufen sieht es nicht viel anders aus. den ungleichen Einkommen von Frauen und Männern ge- halten. Nachdem die Koalitionsfraktionen im März 2008 Frauen sind gerade in den MINT-Berufen chronisch einen Antrag mit konkreten Forderungen verabschiedet extrem unterrepräsentiert. Es hilft also nichts, Betriebe haben und vonseiten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Unternehmen gesetzlich dazu zwingen zu wollen, ein weiteres Positionspapier vorgelegt wurde, zielt nun gleich viel Männer und Frauen zu beschäftigen, wenn wir auch die Linke mit weiteren Forderungen an die Privat- nicht von vornherein systematisch dafür sorgen, dass wirtschaft nach. Allerdings, gut gemeint ist eben nicht gut Mädchen ihr Interesse an technischen Fächern früher (B) gemacht. entwickeln und konsequent verfolgen. Dazu müssen wir (D) die Schulbildung schon frühzeitig verändern und die Stu- Es ist natürlich richtig, dass wir – auch in der Privat- dienfächer ganz praktisch erweitern, um Frauen besser wirtschaft – endlich die Gleichstellung von Männern und anzusprechen. Frauen erreichen müssen. Schließlich verdienen Frauen in Deutschland immer noch 23 Prozent weniger als Män- Die Frage ist aber auch: Ist Elektrotechnik wirklich et- ner. Und familienbedingte Auszeiten führen noch viel zu was Besseres als Kindererziehung oder Arzthilfe? An- oft zu langwierigen Nachteilen. dersherum gesagt: Es ist überfällig, dass die Tarifpar- Bereits in unserem Antrag haben wir deutlich ge- teien die Tätigkeitsbeschreibungen überprüfen und die macht: Es sind viele Schritte in verschiedenen Politikfel- Tätigkeiten von Frauen fair einschätzen. dern erforderlich, um den Problemen zu Leibe zu rücken. Genauso wichtig ist es, die Aufstiegschancen von Außerdem brauchen wir einen Mentalitätswechsel, so- Frauen zu verbessern. Dazu haben Sie einige Vorschläge wohl aufseiten der Wirtschaft als auch aufseiten der gemacht, meine Damen und Herren von der Linken. Die Frauen. Die Beseitigung der komplexen Ursachen für die sind auch nicht alle falsch. Eine jährliche Bestandsauf- Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern wird nahme der Beschäftigungsstruktur, konkrete Gleichstel- nicht mit einem Federstrich gelingen, sondern lässt sich lungskonzeptionen und die Gleichstellungskompetenz nur Schritt für Schritt erreichen. von Führungskräften sind natürlich richtig und werden Die Bundesregierung hat zu vielen Aspekten, die in auch schon vielfach durchgeführt. Nur, mit der Brech- dem vorliegenden Antrag angesprochen werden, bereits stange, mit einer Frist von 24 Monaten, mit einem Aus- Maßnahmen ergriffen – ich erinnere dabei vor allem an wahlrecht des Betriebsrates und mit Rechtsansprüchen meinen Vorschlag, den in der Schweiz entwickelten Lohn- auf Einstellung und Beförderungen werden Sie die Ziele test „Logib“ einzuführen, damit jedes Unternehmen frei- nicht erreichen. willig selbst überprüfen kann, wie groß die Lohnlücke im Richtig ist: Die Betriebe müssen darauf achten, jeweiligen Unternehmen ist. Wir sind sehr dankbar, dass Frauen auf allen Ebenen für die jeweils höhere Position unsere Familienministerin Dr. die- zu fördern. In der Anhörung Ende Januar war es scho- sen Vorschlag aufgenommen hat und ihn gemeinsam mit ckierend zu hören, dass die Vertreter der Wirtschaft es der Wirtschaft umsetzt. klar abgelehnt haben, teilzeitbeschäftigte Frauen in Füh- Die entscheidende Herausforderung in der Gleichstel- rungspositionen zu bringen. Gut 46 Prozent, also fast die lungspolitik ist meiner Ansicht nach die Chancengleich- Hälfte aller in Deutschland beschäftigten Frauen, haben heit von Frauen und Männern. Dafür muss noch eine 2007 in Teilzeit gearbeitet. Wenn diese alle nicht für Füh- 24746 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Dr. Eva Möllring (A) rungspositionen infrage kommen, dann ist es logisch, Ursächlich für die bestehende Entgeltungleichheit (C) dass der Anteil insgesamt so gering ist. zwischen Frauen und Männern sind nicht nur familienbe- dingte Erwerbsunterbrechungen, die geschlechtsspezifi- Trotz aller Kinderbetreuungsangebote geht die Ten- sche „Humankapitalausstattung“ und das einge- denz von Müttern und Vätern eindeutig dahin, zugunsten schränkte Berufswahlverhalten von Frauen, wie oft der Familie die Arbeitszeit zu reduzieren, weil sich Fami- verkürzt argumentiert wird – so auch von Ihnen, meine lienarbeit eben nicht durch eine Betreuungsstelle erledigt Damen und Herren von der CDU/CSU-Fraktion, in der und weil Mütter und Väter die Entwicklung ihrer Kinder Broschüre „Erfolgreiche Politik für Frauen“. Eine neue eben auch miterleben und positiv beeinflussen wollen. Studie zur Lohnlücke in Führungspositionen in der Pri- Durch das Elterngeld reduzieren inzwischen gerade auch vatwirtschaft belegt deutlich, in welch hohem Umfang ge- zahlreiche Männer ihre Arbeitszeit oder unterbrechen sellschaftliche und kulturelle Rahmenbedingungen für ihre Tätigkeit und verstärken den Trend. die Verdienstunterschiede von Bedeutung sind. Zu diesen Es wird einen Mentalitätswechsel geben müssen, um zählen auch mittelbar und unmittelbar diskriminierende Fachkräfte – seien sie weiblich oder männlich – in den Praktiken auf dem Arbeitsmarkt und in den Unterneh- Betrieben zu halten und ihnen eine Karriere bis in Füh- men. rungspositionen zu ermöglichen. Männer und Frauen, die ihre Familie mit Teilzeit kombinieren, werden sich Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche, in dessen Un- nicht gefallen lassen, ihre Karriere ad acta legen zu müs- ternehmen es in den vergangenen 60 Jahren keine einzige sen. Und warum sollte es nicht möglich sein, in einer Teil- Frau im Vorstand gab, bekannte letzten Sonntag: „Wir zeitbeschäftigung maßgebliche Verantwortung zu tragen sind fünf Herren im Vorstand, keine Frau. Das ist beschä- und höhere Positionen auszufüllen? mend.“ Es ist in der Tat beschämend, dass die Spitzengre- mien der großen privaten Unternehmen in Deutschland In diesem Zusammenhang kann ich mir auch gut vor- nach wie vor eine nahezu reine Männerdomäne sind. In stellen, dass sich eine Wettbewerbssituation zwischen den den 200 größten Unternehmen außerhalb des Finanzsek- Unternehmen ergibt, wer die meisten gut ausgebildeten tors sind nur 2,5 Prozent der Vorstandsposten mit Frauen Teilzeitkräfte und die meisten Frauen in höheren Unter- besetzt. Der Frauenanteil in den Aufsichts- und Verwal- nehmensebenen beschäftigt. Einen solchen Wettbewerb tungsräten beträgt dort rund 9 Prozent. Dabei werden müssen wir politisch herausfordern und mitgestalten. knapp drei Viertel der Frauen von den Arbeitnehmerver- tretungen entsandt. Dass hier eine Quote wirkt, hat Nor- Zu dem letzten, wichtigen Punkt, nämlich einer fami- wegen mit seiner 40-Prozent-Quotierung für Frauen in lienfreundlichen Gestaltung des Arbeitsmarktes, habe ich den Aufsichtsräten eindrücklich bewiesen. Im europäi- in den vergangenen Reden schon viel gesagt. In dieser schen Vergleich liegt Norwegen mit einem Frauenanteil (B) Wahlperiode ist gerade in diesem Politikfeld ja wirklich von 41 Prozent in den Topgremien der großen börsenno- (D) ein erheblicher Bewusstseinswandel bei den Arbeitge- tierten Unternehmen weit über dem Länderdurchschnitt, bern erreicht worden. Deshalb kann ich nur sagen: Auf der 11 Prozent beträgt. diesem Weg müssen wir weitermachen. Und wenn wir in der kommenden Wahlperiode endlich die Haushaltskräfte Das Bundesgleichstellungsgesetz, das für die gesamte steuerlich anderen, betrieblichen Mitarbeitern gleichstel- Bundesverwaltung gilt, hat erste positive Ergebnisse ge- len, dann hätten wir wirklich den ganz großen Durch- bracht. Der Bund hat hier eine wichtige Vorbildfunktion. bruch erreicht. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass der zweite Erfahrungs- bericht bald kommt. Derzeit gibt es nur eine beamtete Renate Gradistanac (SPD): Staatssekretärin, die erste seit sieben Jahren. Seit Grün- Die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin, dung der Bundesrepublik gab es insgesamt nur sieben Jutta Allmendinger, antworte erst kürzlich auf die Frage Frauen in dieser Funktion. Wir werden wohl auch hier nach der Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern so: weitere Strategien und Umsetzungsschritte entwickeln „Frauen werden nicht gleich behandelt. Sie haben nicht müssen. Denkbar wäre zum Beispiel ein Gleichstellungs- die gleichen Chancen. Das ist unsere Realität.“ index für die obersten Bundesbehörden. Hier gibt es si- cherlich auch kreative und effektive Vorschläge vonseiten Unsere Realität ist auch, dass Frauen immer noch er- der Gleichstellungsbeauftragten. heblich weniger verdienen als Männer. Im Durchschnitt sind es 23 Prozent weniger. Britische Wirtschaftswissen- Heute beraten wir einen Antrag der Linken, in dem die schaftler haben erst kürzlich prognostiziert, dass Frauen Förderung der Gleichstellung der Geschlechter in der erst in 150 Jahren so viel verdienen werden wie Männer. Privatwirtschaft durch wirksame gesetzliche Regelungen Zwar habe jede Frauengeneration Fortschritte bei der gefordert wird. Die bisherigen Bilanzen zur freiwilligen Angleichung der Einkommen erzielt, allerdings habe sich Vereinbarung zur Förderung der Chancengleichheit von dieser Prozess deutlich verlangsamt. Hierfür seien nicht Frauen und Männern haben nur geringe Erfolge aufge- nur familienbedingte Erwerbsunterbrechungen verant- zeigt. Eine deutliche Erhöhung der Anzahl von Frauen in wortlich, denn auch Frauen ohne berufliche Auszeiten Führungspositionen hat es nicht gegeben. Wir brauchen verdienten nach zehn Jahren im Durchschnitt 12 Prozent daher weiter reichende Maßnahmen und eine umfassende weniger als ihre männlichen Kollegen, und dies bei glei- Gesamtstrategie zur Gleichstellung von Frauen im Er- cher Ausbildung, gleichem Alter und gleichem Beruf. Ur- werbsleben. In Ihrem Antrag vermisse ich allerdings die sache hierfür sei die Diskriminierung von Frauen, der die Forderung nach flächendeckenden gesetzlichen Mindest- Politik nicht ausreichend begegne. löhnen und eine Quotierung von Aufsichtsräten.

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24747

Renate Gradistanac (A) Da die CDU/CSU die Frauen auch beim Thema Ent- es daher mehr Transparenz bei Löhnen und Gehältern ge- (C) geltgleichheit im Stich gelassen hat, haben wir von der ben. Aber wir wissen auch: Die Entgeltdiskriminierung SPD-Fraktion einen Zehnpunkteplan zur Gleichstellung von Frauen wird sich nicht von selbst erledigen; denn da- im Erwerbsleben verabschiedet. Hier will ich kurz vier hinter verbergen sich immer noch mittelbare frauendis- Punkte nennen. Wir wollen einen flächendeckenden ge- kriminierende Strukturen unserer Gesellschaft. Bei der setzlichen Mindestlohn. Wir wollen eine gesetzliche Re- Beseitigung von Entgeltdiskriminierung sind natürlich gelung für die Privatwirtschaft. Wir wollen eine gesetzli- – wer will dies bestreiten – die Wirtschaft und die Tarif- che Quote für die Besetzung von Aufsichtsratsposten, und partner gefordert. Denn neben der Privatwirtschaft tra- wir wollen gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige gen Tarifverträge eine erhebliche Mitverantwortung bei Arbeit. geschlechtsspezifischen Entgeltunterschieden. Wir kön- nen als Bundesgesetzgeber jedoch entsprechende Der Sozialdemokrat August Bebel hat unsere Debatte Rahmenbedingungen setzen, wie wir es etwa mit dem gut auf einen Punkt gebracht. Ich zitiere: „Der Grad der Bundesgleichstellungsgesetz und dem Allgemeinen Freiheit einer Gesellschaft misst sich immer an der Stel- Gleichbehandlungsgesetz schon getan haben und weiter lung der Frau.“ tun werden. Als Schlüssel zur Herstellung von Lohn- gleichheit gilt die Arbeitsbewertung. Wir wollen rechtlich Caren Marks (SPD): verbindliche Diskriminierungschecks einführen. Den Die SPD will die Verwirklichung der Gleichstellung in Entgeltsystemen müssen diskriminierungsfreie Arbeits- unserer Gesellschaft durch gesetzliche Regelungen vo- bewertungssysteme zugrunde liegen. Wir werden uns ge- ranbringen. Denn die freiwillige Vereinbarung der Bun- meinsam mit den unterstützenden Gewerkschaften für desregierung mit den Spitzenverbänden der privaten eine solche Lösung einsetzen. Wirtschaft von 2001 hat nicht gewirkt. Sie erreicht weder Weiter werden wir uns für Quotenregelungen stark die einzelnen Unternehmen und Betriebe noch verpflich- machen, und zwar überall dort, wo sie zielführend einge- tet sie zu etwas. Die Vereinbarung ist noch nicht einmal setzt werden können. Was heißt das? Sie sollen und müs- überall in der Wirtschaft bekannt. Auch die Frauenminis- sen immer dort greifen und eingesetzt werden, wo Frauen terin hat leider wenig dazu beigetragen, sie bekannter zu machen. Die Bilanzen der Bundesregierung sprechen ohne dieses Instrument nicht zum Zuge kommen. Wir wis- nicht einmal andeutungsweise für einen Strukturwandel sen um die Bedeutung, die eine Beteiligung beider Ge- in der Wirtschaft. In dieser Analyse sind wir uns fast alle schlechter an der Unternehmensführung für den wirt- einig. Nur in den Schlussfolgerungen nicht. schaftlichen Erfolg von Unternehmen hat. Aber – die Beteiligung von Frauen in solchen Spitzenpositionen sta- gniert weiter. Sie ist aber nicht nur ein Gebot der Ge- (B) Wir, die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion, ha- (D) ben Schlussfolgerungen gezogen. Wir haben – weil mit schlechtergerechtigkeit, sondern auch eines wirtschaftli- dem Koalitionspartner bei diesem Thema keine Einigkeit cher Vernunft. zu erzielen war – ein klares Positionspapier verabschie- det: Jetzt sind Frauen dran: Gleiche Chancen im Beruf Das schon viel zitierte Beispiel von der norwegischen verwirklichen! Damit machen wir deutlich: Ohne die 40-Prozent-Beteiligung von Frauen in den Aufsichtsräten Frauen geht es nicht. Deshalb legen wir verstärkt unser möchte ich trotzdem noch einmal anführen. Wir wissen: Augenmerk auf die Erwerbsarbeit von Frauen, und des- Es hat gut und schnell gewirkt. Der Frauenanteil stieg halb brauchen wir auch gesetzliche Regelungen. Entgelt- schon unter der Drohung des Gesetzes an, und zwar von gleichheit ist für die SPD eine Frage der Gerechtigkeit. 18 Prozent in 2006 auf 30 Prozent im April 2007. Im April 2008 war dann die 40-Prozent-Marke erreicht. Es gibt Die heute überwiegend geschlechtsspezifisch getrenn- kein Argument, warum dies bei uns nicht so sein würde. ten Arbeitsmärkte müssen der Vergangenheit angehören Qualifizierte Frauen gibt es genug. Bereits im Jahr 2007 ebenso wie die Zuschreibung von Teilzeitarbeit mehrheit- hat der Deutsche Juristinnenbund eine Liste mit 450 Na- lich den Frauen. 87 Prozent aller abhängig Beschäftig- men erstellt. ten, die 2008 pro Woche weniger als 20 Stunden gearbei- tet haben, waren nach Angaben des Statistischen Aber wie sieht unsere Realität aus ? Nach einer aktu- Bundesamtes Frauen. In Medienberichten über eine bis- ellen Untersuchung – Februar/März 2009, Hans- her unveröffentlichte Studie des Deutschen Instituts für Böckler-Stiftung – von 160 börsennotierten Unternehmen Wirtschaftsforschung zu Beginn dieser Woche ist zu lesen, haben nur 10 Prozent der Unternehmen eine Frau im Vor- dass die Lebenszufriedenheit von Müttern dann am größ- stand. Der Anteil von Frauen in Aufsichtsräten liegt bei ten ist, wenn sie Vollzeit arbeiten. Und ich füge hinzu: Nur 7,5 Prozent. Die SPD wird sich dafür einsetzen, dass eine die existenzsichernde und sozialversicherungspflichtige gesetzliche Quote für die Besetzung von Aufsichtsrats- Erwerbsarbeit von Frauen sichert wirkliche Chancen- mandaten mit Frauen eingeführt wird. Wir brauchen ein gleichheit. diskriminierungsfreies Steuerrecht, das heißt, dass wir das Ehegattensplitting und die Steuerklassen umgestalten Nicht hinzunehmen, ist der überproportionale Anteil müssen. Denn in ihrer jetzigen Ausgestaltung befördern von Frauen im Niedriglohnbereich. Hier brauchen wir sie genau die alten traditionellen Rollenbilder. Wir wol- als Erstes einen gesetzlichen flächendeckenden Mindest- len wirkliche Chancengleichheit. lohn. Dieser kommt Frauen dann überproportional zu- gute. Lohnunterschiede von bis zu 23 Prozent zwischen Jetzt sind Frauen dran – damit Gleichstellung nicht Männern und Frauen sind inakzeptabel. Als Erstes muss weiter eine Forderung, sondern endlich Realität wird.

Zu Protokoll gegebene Reden 24748 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Ina Lenke (FDP): eine Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit von Frauen (C) Die Linke fordert ein Gleichstellungsgesetz für die Pri- und Männern behindert. Solange wir das nicht geändert vatwirtschaft ab fünf Mitarbeitern. Das geht an der haben, werden Mütter und Väter nicht an den Arbeits- Realität vorbei. Ziel des Gesetzesentwurfes soll es sein, platz zurückkehren und ihre Karriere nicht erfolgreich dass Betriebe ab fünf Mitarbeitern ebenso viele Frauen gestalten können. Aber nicht nur die fehlende Kinderbe- wie Männer beschäftigen – ab fünf Beschäftigten –, eine treuung bremst, auch die Steuerklasse 5 macht die Auf- jährliche Bestandsaufnahme der Beschäftigungsstruktur nahme von Arbeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- vorlegen – ab fünf Beschäftigten –, geringfügige Beschäf- mer wenig attraktiv. Hohes Brutto und niedriges Netto! tigungsverhältnisse in sozialversicherungspflichtige Ar- Dann wird eher auf einen Minijob ausgewichen. beitsverhältnisse umwandeln – ab fünf Beschäftigten –, betriebliche oder betrieblich mitfinanzierte externe Kin- Die im Antrag genannten Forderungen scheitern an derbetreuung bereitstellen – ab fünf Beschäftigten. Und Realitätsferne und am bürokratischen Aufwand plus den falls die im Gesetz genannten Maßnahmen – wohlgemerkt damit verbunden Kosten und sind in Krisenzeiten starr bei Betrieben ab fünf Beschäftigten – nach Ablauf von und unflexibel. Es kann nicht sein, das der Staat in Unter- 24 Monaten nicht umgesetzt wurden, dann erfolgt nehmen ab fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinein- zwangsweise die Wahl einer betrieblichen Gleichstel- regiert und vorschreibt, wer eingestellt wird. Das ist ein lungsbeauftragten für Unternehmen ab 20 Beschäftigten, Eingriff in die Organisationsabläufe und Personalstruk- die Einrichtung einer Koordinierungsstelle, die den Be- turen von Unternehmen. Dieses Bumeranggesetz wird triebsrat und die Beschäftigten zu Fragen der Gleichstel- Frauen eher schaden als nützen. Deshalb lehnt die FDP- lung beraten soll, und die jährliche Bestandsaufnahme Fraktion diesen Antrag ab. der Beschäftigungsstruktur. Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Was heißt das? Wie wird ein solches Gesetz in kleinen Betrieben mit sieben Beschäftigten wie beispielsweise ei- Die Diskriminierung von Frauen in der Privatwirt- nem Friseursalon, einem Blumenladen oder einer Bäcke- schaft ist nicht länger hinnehmbar. Immer wieder wird in rei umgesetzt? Welche Wirkung hat ein solches Gesetz auf diesem Hause auf Freiwilligkeitsverpflichtungen der die gegenwärtige Personalstruktur? Muss der Inhaber Wirtschaft gesetzt, um Frauen auch in sogenannten Män- oder die Inhaberin eines Friseursalons zwei weibliche nerberufen ihren Platz zu garantieren. Und immer wieder Mitarbeiter entlassen und dafür zwei männliche Mitar- scheitert das Selbstverpflichtungsprinzip. Die aktuelle beiter einstellen? Kann ein solches Gesetz dann als Kün- Krise macht es mehr als deutlich: Es ist Zeit zu handeln! digungsgrund herangezogen werden? Entgeltungleichheit von Frauen in Deutschland ist Dieser Gesetzentwurf wäre für kleine Betriebe die eben nicht ausschließlich Sache der Tarifparteien. Wir (B) (D) Fahrkarte in die Unternehmenspleite. Hier fehlt es den müssen Bedingungen dafür schaffen, dass die Tarifpar- Autoren an betriebswirtschaftlichem Sachverstand. teien tatsächlich zu Gleichberechtigung und wirksamer Entgeltgleichheit finden, gerade in Krisenzeiten. Dazu Abgesehen davon, Unternehmen suchen händeringend haben wir als Linke Ihnen einen Antrag vorgelegt. Frauen für technische Berufe. Gerade deshalb nehmen viele Betriebe und Behörden am Girls’ Day oder der Ak- Sie brauchen diesem Antrag nur zuzustimmen, dann tion MINT teil, um junge Frauen für Berufe außerhalb bleiben auch die Forderungen der SPD nach einem der traditionell weiblichen Ausbildungen zu begeistern. Gleichstellungsgesetz für die private Wirtschaft nicht nur Bereits jetzt gibt es in vielen kleinen und mittleren Betrie- bloße Wahlkampftaktik. ben und Unternehmen hervorragende familienunterstüt- Für die Linke ist in Sachen Gleichstellung kein Platz zende Programme, die die Gleichstellung der Geschlech- für Taktik, sondern es bleibt beim klaren und verlässli- ter unterstützen. Die DIHK hat gute und praktikable chen Bekenntnis: Frauen gehört mindestens die Hälfte – Ideen in einem Checkheft für familienfreundliche Unter- und das nicht nur in Aufsichtsräten. Wir bemühen uns, nehmensführung zusammengestellt. Das wird bereits ge- hier gemeinsam ein Gesetz zu verabschieden, welches für nutzt. Unternehmen und Beschäftigte, Betriebsräte und Tarif- Klar ist, dass die Chancengleichheit von Frauen und vertragsparteien einen verbindlichen Rahmen dafür setzt, Männern in der Privatwirtschaft und auch im öffentlichen dass eigene, auf die verschiedenen Berufszweige zuge- Dienst noch nicht durchgesetzt wurde. Ob jedoch ein wei- schnittene, differenzierte Vorgaben gemacht werden, wie teres Gleichstellungsgesetz die Lösung bringt, bezweifle die Entgeltgleichheit erreicht werden kann. Das muss ich stark. Denn gerade das Gleichstellungsgesetz für die konkret sein, und wir müssen konkret werden. Wir müssen oberen Bundesbehörden des Bundes, das seit 2001 in gesetzgeberisch aktiv werden, ohne in die Tarifautonomie Kraft ist, hat kaum Verbesserung geschaffen. Es hat sogar einzugreifen. Denn es ist Aufgabe des Staates, die tat- zu einer Erhöhung des Frauenanteils bei der Teilzeitar- sächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von beit geführt. Das wollen wir doch alle nicht. Frauen und Männern durchzusetzen. Er muss auf die Be- seitigung der bestehenden Nachteile hinwirken. Tun wir Meiner Überzeugung nach liegt der Schlüssel für dies hier gemeinsam, indem wir wirksame gesetzgeberi- Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt in einem flä- sche Rahmenbedingungen schaffen! chendeckenden Betreuungsangebot für Kinder. Zwei Zah- len machen das deutlich: 80 Prozent aller Frauen ohne Damit die Gleichstellung der Geschlechter in der Pri- Kind sind erwerbstätig, aber nur 65 Prozent mit Kind. vatwirtschaft wirksam gefordert wird, sollen Betriebe Nach wie vor ist es die mangelnde Kinderbetreuung, die verpflichtet werden, einen Maßnahmeplan zur Förderung

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24749

Dr. Barbara Höll (A) der Gleichstellung vorzulegen. Betriebe und Betriebsräte Sind Krisenzeiten die richtigen Zeiten für Gleichstel- (C) sollen zu aktiver Gleichstellungspolitik verpflichtet wer- lung? Ich meine: ja. Denn um ein abgegriffenes Bonmot den, dass Frauen bei Feststellung von Diskriminierung zu verwenden: In jeder Krise steckt auch eine Chance. einen Rechtsanspruch auf Einstellung oder Beförderung Wir müssen die Gelegenheit nutzen, verkrustete Struktu- haben. ren aufzubrechen und die Gleichstellung voranzubringen. Wir brauchen grundlegende Veränderungen bei den Per- Die Linke sagt: Wir brauchen ein richtiges Allgemei- sonalstrukturen. nes Gleichbehandlungsgesetz. Zurzeit haben wir mit Ih- rem Gesetz nur einen zahnlosen Tiger. Spürbare Verbes- Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen: Ohne ge- serungen bekommen wir nur, wenn wir endlich ein setzliche Regelungen wird es nicht gehen. Da bin ich ganz Verbandsklagerecht einführen. Damit gleicher Lohn für einer Meinung mit den Kolleginnen und Kollegen der gleichwertige Arbeit nicht nur der Wahlkampfschlager Linksfraktion. Meine Fraktion hat ja auch entsprechende Anträge eingebracht. Wir brauchen differenzierte Daten dieses Sommers bleibt, können wir heute gemeinsam end- zur Beschäftigtenstruktur. Ich begrüße, dass die Betriebe lich wirksame Rahmenbedingungen zur Gleichberechti- in zwei Jahren selbst Maßnahmen innerhalb konkreter gung und gleichen Teilhabe von Frauen im Erwerbsleben Handlungsfelder entwickeln sollen. Die Vergabe öffentli- schaffen. Die Linke steht für die Gleichstellung. Sie nicht! cher Aufträge an Gleichstellungsmaßnahmen zu knüpfen hat meine Fraktion bereits mehrfach beantragt, ebenso Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE wie die Einführung eines Verbandsklagerechts. Ich freue GRÜNEN): mich, dass die Linke diese Grünen Forderungen inzwi- Ich freue mich, dass wir uns am Ende dieser Legisla- schen übernommen hat. turperiode noch einmal mit dem Thema Gleichstellung in Aber lassen Sie mich auch noch ein paar Sätze zu den der Privatwirtschaft beschäftigen. Denn das ist leider bit- Forderungen sagen, die wir nicht teilen: ter nötig. Deutschland ist unter dieser Regierung in Sa- chen Gleichstellung der Geschlechter weiter zurückge- Zunächst. Das Gesetz soll für alle Betriebe ab fünf Be- fallen. Wir haben es schon öfter hier erörtert: Wir haben schäftigte gelten. Ich denke, das ist zum einen unrealis- tisch, zum anderen aber auch nicht zielführend. Ein einen beschämend hohen Unterschied zwischen den Ge- Betrieb mit fünf Beschäftigten, eine Arztpraxis, ein Fri- hältern von Frauen und Männern, mit 23 Prozent sind wir seursalon – die sollen alle Berichte schreiben und Maß- nahezu europäisches Schlusslicht. Der Anteil von Frauen nahmen prüfen und umsetzen? an den sogenannten geringfügig Beschäftigten liegt bei über 65 Prozent, der Anteil von Frauen am Niedriglohn- Auch die starke Stellung des Betriebsrats ist aus mei- sektor bei fast 70 Prozent, der Anteil von Frauen an den ner Sicht übertrieben. Er soll ein Initiativrecht, ein Mit- (B) (D) Teilzeitbeschäftigten bei 83 Prozent – und zwar nicht, bestimmungsrecht, ein Auswahlrecht erhalten. weil sie das so wählen, sondern weil sie Familie und Be- Ebenso ist die Idee, dass Unternehmen ab 20 Beschäf- ruf vereinbaren müssen. Das Armutsrisiko von Alleiner- tigte eine beratende Koordinationsstelle zur Gleichstel- ziehenden ist mit 36 Prozent doppelt so hoch wie im lung einrichten, ziemlich weltfern. Damit würde in der Durchschnitt aller Haushalte. Und: Arme Alleinerzie- Konsequenz eine unspezifizierte Struktur errichtet, mit hende sind zu 95 Prozent Frauen. Bei den Führungskräf- keinen Kompetenzen, keinem Budget. Wovon sie finan- ten tut sich nichts, Männer unter sich. Ebenso bei den ziert werden soll, lässt die Linke in ihrer üblichen Art of- Aufsichtsräten. Diese Zahlen sind bekannt, sie werden fen. vom Statistischen Bundesamt, von den Forschungs- instituten, vom Frauenministerium veröffentlicht. Daher mein Fazit: Ja, wir brauchen ein Gleichstel- lungsgesetz für die Privatwirtschaft. Große Teile Ihres Die letzten vier Jahre waren vier verlorene Jahre für Vorschlags begrüße und unterstütze ich, aber es gibt die Frauenpolitik. Vom Frauenministerium werden die deutliche Schwächen im Detail. Bilanzen zur Vereinbarung zwischen Bundesregierung und Wirtschaft zur Förderung der Chancengleichheit in Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: der Privatwirtschaft herausgegeben. Deren Ergebnisse Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für lassen sich zusammenfassen als heiße Luft: viele Ab- Familie, Senioren, Frauen und Jugend empfiehlt in sei- sichtserklärungen, viele Prüfaufträge, durchaus interes- ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/12986, den sante Einzelinitiativen. Aber gucken wir doch genau hin: Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/9486 Ausdrücklich war vereinbart worden, den Anteil von abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh- Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. Das DIW hat lung? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die Be- es gerade letzten Monat wieder veröffentlicht: Es gibt schlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitions- keine signifikanten Ergebnisse. 2007 ging der Frauen- fraktionen und der FDP-Fraktion bei Gegenstimmen der anteil sogar wieder zurück. Die Vereinbarung ist komplett Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die gescheitert. Die meisten Betriebe kennen sie nicht einmal. Linke angenommen. 24750 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (A) Ich rufe die Tagesordnungspunkte 32 a und 32 b auf: sam mit unseren Partnern wirksame Lösungen finden – (C) wie es auch in der Vergangenheit schon geschehen ist. a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- Wir müssen unsere Kooperation – davon bin ich über- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem zeugt – ausbauen, um auch in Zukunft gegen den interna- Abkommen vom 1. Oktober 2008 zwischen der tionalen Terrorismus effektiv vorgehen zu können. Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Vereinigten Staaten Einer unserer wichtigsten Partner sind dabei die Ver- von Amerika über die Vertiefung der Zusam- einigten Staaten von Amerika. Zur Intensivierung unserer menarbeit bei der Verhinderung und Bekämp- Zusammenarbeit mit den USA wurde am 1. Oktober 2008 fung schwerwiegender Kriminalität ein Abkommen geschlossen, das wir mit den vorliegenden Gesetzentwürfen ratifizieren und in Bundesrecht umset- – Drucksachen 16/13123, 16/13185 – zen. Vorbild für dieses Abkommen war der 2005 zwischen Überweisungsvorschlag: Deutschland und weiteren EU-Staaten geschlossene Ver- Innenausschuss (f) trag von Prüm, der sich mittlerweile als so erfolgreich er- Rechtsausschuss wiesen hat, dass die meisten der Kooperationsregelungen b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- in den gemeinsamen EU-Rechtsrahmen übernommen gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset- wurden. Ich bin überzeugt, dass wir ähnliche Erfahrun- zung des Abkommens zwischen der Regierung gen auch in der Zusammenarbeit mit den USA machen der Bundesrepublik Deutschland und der werden. Wie wichtig diese Kooperation ist, zeigt auch die Regierung der Vereinigten Staaten von Ame- Tatsache, dass mittlerweile auch andere EU-Staaten ver- rika vom 1. Oktober 2008 über die Vertiefung gleichbare Abkommen mit den Vereinigten Staaten ab- der Zusammenarbeit bei der Verhinderung schließen. und Bekämpfung schwerwiegender Kriminali- Das „Prüm-ähnliche“ Abkommen zwischen Deutsch- tät land und den USA wird die Zusammenarbeit bei der Be- – Drucksachen 16/13124, 16/13186 – kämpfung schwerwiegender Kriminalität verbessern. Überweisungsvorschlag: Das gilt insbesondere für die Bekämpfung des internatio- Innenausschuss (f) nalen Terrorismus. Das Abkommen sieht deshalb vor, Rechtsausschuss dass Daten über Personen übermittelt werden können, die im begründeten Verdacht stehen, terroristische Straf- Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die taten zu begehen oder Terror-Ausbildungslager durch- Reden zu Protokoll genommen. Es handelt sich um die laufen zu haben. Übermittelt werden dürfen in Zukunft Reden folgender Kolleginnen und Kollegen: Clemens Daten, die zur Identifizierung von Personen dienen – (B) Binninger, Wolfgang Gunkel, Gisela Piltz, Jan Korte und Name, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit oder daktylo- (D) Wolfgang Wieland. skopische Daten. Auch erfasst sind selbstverständlich In- formationen zu Umständen, die den konkreten Terroris- Clemens Binninger (CDU/CSU): musverdacht begründen. Vor wenigen Tagen wurde der Verfassungsschutzbe- richt für das Jahr 2008 vorgestellt. Eine ganz wesentliche Darüber hinaus schafft es die Voraussetzung für einen Erkenntnis des Berichts: Vom islamistischen Terrorismus automatisierten Austausch von Fingerabdruck- und geht nach wie vor eine sehr ernst zu nehmende Bedrohung DNA-Daten nach dem Vorbild des Prümer Vertrags. für Deutschland aus. Mehr noch: Obwohl in den letzten Deutschland und die USA gewähren sich nicht einen vol- Jahren Anschläge in Deutschland erfolgreich aufgedeckt len Zugriff auf Daten. Das halte ich gerade bei diesen und vereitelt werden konnten, ist das internationale isla- sehr sensiblen Daten für sehr wichtig. Stattdessen werden mistisch-terroristische Spektrum nicht geschwächt. Im zukünftig im sogenannten Hit/No-Hit-Verfahren Fund- Gegenteil: Es gibt vermehrt Hinweise, dass junge Isla- stellendatensätze für Fingerabdrücke und DNA abgegli- misten aus Deutschland in Terror-Camps gereist sind. chen, die aber noch keine Identifikation der betreffenden Über das Internet werden immer wieder Drohbotschaften Person zulassen. Ergeben sich bei diesem automatisier- verbreitet, die sich zunehmend auf Deutschland beziehen. ten Abgleich Übereinstimmungen zwischen den Datenbe- Diese Entwicklung müssen wir als Sicherheitspolitiker ständen und der fraglichen Spur, können dann personen- sehr ernst nehmen. bezogene Daten wie Name oder Anschrift – wie auch bisher üblich – auf dem normalen Wege der Rechtshilfe Der islamistische Terrorismus, wie wir ihn in den letz- angefragt werden. ten Jahren erleben, zeigt ganz deutlich, dass terroristi- sche und kriminelle Netzwerke zunehmend international, Gerade weil es sich hier um sensible Daten in der inter- über Landesgrenzen hinweg agieren – ein Aspekt der nationalen Kooperation handelt, möchte ich auch auf das Globalisierung, wie er in den 90er-Jahren vielleicht so Thema Datenschutz eingehen, das bei dem Abkommen zwi- noch nicht absehbar gewesen ist. schen Deutschland und den USA wie auch beim Vertrag von Prüm sehr großgeschrieben wird. Es kann nicht im In- An dieser Entwicklung muss sich auch unsere Sicher- teresse des Staates sein, Daten von Personen, von Terroris- heitspolitik orientieren, denn Sicherheit zu gewährleis- ten zu schützen, die schwerste Straftaten vorbereiten. Hier ten, gehört zu den vornehmsten Aufgaben unseres Staa- wegzusehen und auf wichtige Kooperationselemente bei tes. Wenn wir diese Entwicklung ernst nehmen, müssen der Terrorismusbekämpfung zu verzichten, wäre der fal- wir erkennen, dass ein einzelner Staat allein oft nicht sche Weg. Wir brauchen auch hier transparente Regeln mehr viel ausrichten kann. Vielmehr müssen wir gemein- und den unbedingten Schutz personenbezogener Daten. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24751

Clemens Binninger (A) Genau das tut das Abkommen. Es werden ausschließlich Datenschutzbestimmungen bei der deutsch-amerikani- (C) Daten über Personen weitergegeben, die von den deut- schen Zusammenarbeit zur Verbrechensbekämpfung ein- schen oder US-amerikanischen Behörden mit einem kon- gehalten werden müssen. Vollkommen zu Recht weist der kreten und bestätigten Verdacht dem terroristischen Um- Bundesrat darauf hin, dass die datenschutzrechtlichen feld zugerechnet werden. Das Hit/No-Hit-Verfahren wird Anforderungen vor allem im Hinblick auf die unter- von Datenschutzexperten sehr positiv bewertet, weil es schiedlichen Datenschutzstandards der beiden Vertrags- sehr grundrechtsschonend ist. Personendaten werden parteien zu bewerten sind! erst dann ersichtlich, wenn Übereinstimmungen vorlie- gen, also ein übereinstimmender Fingerabdruck oder ein Deutlich ins Auge fallen hierbei die Parallelen zum gleiches DNA-Profil. Gesetz zur Umsetzung des Beschlusses des Rates vom 23. Juni 2008 zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Außerdem sieht das Abkommen die vertrauliche Ver- Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Ter- wendung übermittelter Daten vor. Falsche Datensätze rorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität, müssen demnach korrigiert oder gelöscht werden, wenn das wir am 20. April debattiert haben. Auch dort geht es sie nicht mehr erforderlich sind. Die Bundesrepublik um eine engere grenzübergreifende Zusammenarbeit der Deutschland ist dem Umsetzungsgesetz zufolge ver- Sicherheitsbehörden. Allerdings gelten für die polizeili- pflichtet, die vereinbarten völkerrechtlichen Auskunfts-, che und justizielle Zusammenarbeit innerhalb der Euro- Sperrungs- und Löschungsansprüche eines Betroffenen päischen Union die allgemeinen Grundsätze des Rah- gegenüber den USA geltend zu machen. Wir haben da- menbeschlusses 2008/977/JI des Rates vom 27. Novem- mit ein wirksames Instrument im grenzüberschreitenden ber 2008. Eine solche Grundlage gibt es für die Zusam- Kampf gegen den internationalen Terrorismus, das menarbeit mit den Vereinigten Staaten von Amerika nicht. gleichzeitig die strengen Datenschutzregelungen von Prüm adaptiert. Vor diesem Hintergrund muss vor allem der Art. 12 des Abkommens, der die Übermittlung von personenbezoge- Der frühzeitige Austausch von Informationen ist eine nen Daten regeln soll, besonders kritisch betrachtet wer- wesentliche Voraussetzung, um unseren Sicherheitsbe- den: Diese Regelung soll die Übermittlung von personen- hörden bei grenzüberschreitenden Aktivitäten von Terro- bezogenen Daten besonderer Kategorien eigentlich an risten die Möglichkeit zu geben, Bedrohungen rechtzeitig strengere Anforderungen knüpfen. Allerdings sehe ich die zu erkennen und abzuwehren, und zwar bevor Schaden Voraussetzungen hierfür nicht ausreichend konkretisiert. eintritt. Das Abkommen zwischen Deutschland und den Es wird zwar eine „besondere Relevanz“ der Daten ge- Vereinigten Staaten von Amerika ist dafür eine wichtige fordert, allerdings wird nicht näher bestimmt, worum es Grundlage. Deshalb stimmt die Union den vorliegenden sich bei dieser „besonderen Relevanz“ handeln soll. Ge- Gesetzen zu. (B) nauso wenig wird der Übermittlungszweck konkretisiert. (D) Der Text verweist pauschal auf „die Zwecke dieses Ab- Wolfgang Gunkel (SPD): kommens“. Heute beraten wir einen Gesetzentwurf der Bundes- regierung für ein Gesetz zu dem Abkommen vom 1. Okto- Außerdem bezieht sich die Sonderregelung des Art. 12 ber 2008 zwischen der Regierung der Bundesrepublik ausschließlich auf Spontanübermittlungen nach Art. 10 Deutschland und der Regierung der Vereinigten Staaten und gilt nicht für Datenübermittlungen nach Art. 5 und 8 von Amerika über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei des Abkommens. Wegen ihres besonderen Charakters ist der Verhinderung und Bekämpfung schwerwiegender die Spontanübermittlung aber explizit auf den Zweck der Kriminalität sowie ein Gesetz zur Umsetzung desselben Verhinderung terroristischer Straftaten begrenzt. Diese Abkommens. Zweckbeschränkung geht aber aus Art. 12 nicht hervor. Auch eine verbindliche Definition der schwerwiegenden Bereits im Oktober 2008 haben sich die Bundesregie- Kriminalität sowie der terroristischen Straftaten als rung und die USA mit dem Abkommen auf eine Vertiefung Grundvoraussetzung für den Datenaustausch auf der ihrer Zusammenarbeit bei der Bekämpfung schwerwie- Grundlage des Abkommens fehlt. In Art. 10 Abs. 3 des gender Kriminalität geeinigt. Es enthält Regelungen für Abkommens ist zwar eine Notifizierung der Straftaten den automatisierten Abruf von DNA- und Fingerabdruck- vorgesehen, allerdings kann diese jederzeit einseitig von daten sowie den Austausch von Daten terrorverdächtiger einer der Vertragsparteien geändert werden. Gerade vor Personen. dem Hintergrund, dass die Voraussetzungen für die Über- Auf die Bedrohung durch den internationalen Terroris- mittlung von Daten nicht ausreichend konkretisiert wer- mus kann nur durch eine verstärkte internationale Zu- den, sind die Datenkategorien, die in Art. 12 aufgezählt sammenarbeit der Behörden reagiert werden. Um werden, viel zu weitgehend! schwerwiegende Kriminalität gezielt bekämpfen und ver- Wenn als Gegenargument hierzu immer wieder ange- hüten zu können, gibt es zu einer partnerschaftlichen Ko- führt wird, dass sie dem Standardkatalog der allgemeinen operation zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Datenschutzgesetze entsprächen ist dies zwar faktisch den Vereinigten Staaten keine Alternative! richtig. Es wird aber ausgeblendet, dass die Zweckbe- Aber auch und gerade in Zeiten der Bedrohung durch stimmung dieser Gesetze wesentlich breiter gefasst ist den internationalen Terrorismus müssen Grundrechte ge- und Art. 12 ausschließlich auf den konkreten Zweck ab- wahrt bleiben. Der sensible Punkt bei diesem Abkommen zielt, terroristische Straftaten nach Art. 10 zu verhindern. ist ohne Zweifel der Datenschutz: So hat schon der Bun- Inwieweit beispielsweise die Übermittlung über die Mit- desrat Mitte Mai ausdrücklich darauf hingewiesen, dass gliedschaft in einer Gewerkschaft dazu beitragen soll,

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Wolfgang Gunkel (A) terroristische Straftaten zu verhindern, ist vollkommen handelt es sich um die umfassende Weitergabe von Daten (C) rätselhaft und in keiner Weise nachvollziehbar. Vollkom- über eine Vielzahl von Personen auf völlig unbestimmter men zu Recht protestieren die Gewerkschaften an dieser rechtlicher Grundlage, ohne datenschutzrechtliche Absi- Stelle! Gewerkschaftszugehörigkeit darf kein Datum sein, cherungen, ohne ausreichenden Rechtsschutz und mit das im Rahmen dieses Abkommens übermittelt wird! Der schwerwiegenden Eingriffen in die Grundrechte. Nicht Diskriminierung und Repression von Gewerkschaftsan- einmal hält es die Bundesregierung auch im Umsetzungs- gehörigen wäre damit Tür und Tor geöffnet! Doch auch gesetz für erforderlich, das Gesetz mit flankierenden die Übermittlung von Daten, die die Gesundheit oder das rechtsstaatlichen Sicherungen auszustatten. Dabei ist es Sexualleben betreffen, scheint mehr als bedenklich. Da- ja nicht so, als sei nicht bekannt, dass das Datenschutz- rüber hinaus ist ebenso fraglich, was sie im Hinblick auf niveau in den USA mit dem in Deutschland und Europa die „Verhinderung und Bekämpfung schwerwiegender nicht vergleichbar ist – und damit will ich jetzt nicht sa- Kriminalität und des Terrorismus“, der das Gesetz ja die- gen, dass hier alles ausreichend ist, sondern nur, dass es nen soll, leisten sollen. Um es noch einmal deutlich zu dort nicht besser ist. machen: Es handelt sich hierbei um Daten, die im Hin- blick auf den Zweck der Verhinderung terroristischer Die Bundesregierung gibt mit diesem Abkommen die Straftaten nicht von Bedeutung sind! Von daher dürfen sie Grundrechte der Menschen in Deutschland weitgehend aus datenschutzrechtlichen Gründen auch nicht erhoben schutzlos preis – ein unerhörter Vorgang für eine Regie- werden! rung, die nach unserer Verfassung an die Grundrechte ge- bunden ist. Mit diesem Abkommen aber werden rechts- Um der besonderen Schutzbedürftigkeit sensibler Da- staatliche Grundgewissheiten infrage gestellt. So dürfen ten Rechnung zu tragen, schlägt der Bundesrat vor, dass nach Art. 12 des Abkommens Daten über die politischen für die Übermittlung dieser Informationen die Zustim- Anschauungen, über religiöse Überzeugungen, über die mung von zwei Mitarbeitern und des Datenschutzbeauf- Mitgliedschaft in Gewerkschaften oder auch das Sexual- tragten des Bundeskriminalamtes erforderlich ist. Dieser leben übermittelt werden. Es gibt keinen, aber auch gar Vorschlag scheint mir durchaus überlegenswert! keinen Grund, warum Daten über die Mitgliedschaft in einer Kirche, das Engagement in einer Gewerkschaft Ein weiterer kritischer Punkt des Abkommens sind die oder die sexuelle Orientierung für den Kampf gegen Ter- fehlenden verbindlichen Löschungs- bzw. Prüffristen, wie rorismus von Bedeutung sein könnten. auch der Bundesrat beklagt. Für alle übermittelten Daten sind diese Fristen dringend notwendig: Es kann nicht Nicht nur handelt es sich um Daten, die den Staat per sein, dass die einmal erhobenen Daten ohne jede Frist bis se nichts angehen. Diese Vorschriften sind geeignet, die in alle Ewigkeit gespeichert bleiben. Während für die po- Freiheit mindestens mittelbar zu beeinträchtigen. Das (B) lizeiliche und justizielle Zusammenarbeit innerhalb der Bundesverfassungsgericht hat es deutlich festgestellt: (D) Europäischen Union verbindlichen Löschungs- bzw. Wenn die Bürger in Furcht vor Überwachung leben, ma- Prüffristen festgelegt sind, sieht der Art. 11 Abs. 2 des Ab- chen sie von ihren Freiheiten keinen Gebrauch mehr. kommens lediglich vor, die übermittelten Daten nur so Wenn jemand beim Eintritt in die Gewerkschaft Sorge ha- lange aufzubewahren, wie dies für den jeweiligen Zweck ben muss, dass das den Staat interessiert, dass es in Ver- nötig ist. Der europäische Datenschutzbeauftragte Peter bindung mit Terrorismus gebracht und an andere Staaten Hustinx fordert in Hinblick auf das angesprochene inner- zur Terrorabwehr übermittelt werden kann, dann muss er europäische Abkommen klarere Datenschutzauflagen sich doch fragen: Was ist meine Vereinigungsfreiheit noch darüber, wie in die Datenbank aufgenommene irrelevante wert? Wenn die Daten zur Zugehörigkeit zu einer Kirche Datensätze zu behandeln sind. Diese Kritik lässt sich vom Staat nicht mehr deshalb erhoben werden, weil sie auch auf den heute debattierten Entwurf übertragen. für den Abzug der Kirchensteuer erforderlich sind, son- Bei der Durchführung des Abkommens muss die Bun- dern für den Kampf gegen Terrorismus, ist das im Hin- desregierung auf die Einhaltung eines hohen Daten- blick auf die Religionsfreiheit mehr als bedenklich. schutzniveaus hinwirken. Dabei müssen die angespro- Diese Datenkategorien müssen eigentlich aus dem Ab- chenen und keineswegs nur von mir kritisierten Aspekte kommen gestrichen werden. Das Mindeste aber wäre, die berücksichtigt werden! Weitergabe unter einen Richtervorbehalt zu stellen. Es kann nicht sein, dass derart sensible Daten ohne unab- Gisela Piltz (FDP): hängige Kontrolle weitergegeben werden. Man stelle sich Schon vor über einem Jahr hat die FDP-Fraktion die einmal vor, dass im Rahmen einer Onlinedurchsuchung Bundesregierung nachdrücklich dazu aufgefordert, in das BKA Kenntnis vom Sexualleben eines, um mal dieses Nachverhandlungen zu dem Abkommen mit den Vereinig- schöne Wort zu verwenden, „Gefährders“ erhält. Und ten Staaten einzutreten, um insbesondere umfassende Da- diese werden dann an die USA weitergegeben? Mit wem tenschutzregelungen zu implementieren, eine gemein- derjenige ins Bett geht? Oder mit wie vielen? same Definition terroristischer Straftaten bzw. schwerwiegender Kriminalität aufzunehmen, den Zugriff Und wie steht es eigentlich mit dem Kernbereichs- auf Fingerabdruckdaten von Asylbewerbern oder Aus- schutz? Der kommt in dem Gesetz überhaupt nicht vor. ländern nach dem Aufenthaltsgesetz auszuschließen und Daten gerade aus den genannten Bereichen, hinsichtlich den Rechtsschutz ausreichend zu gewährleisten. der religiösen Überzeugungen oder des Sexuallebens können – dafür muss man kein Prophet sein – immer ei- Nichts davon ist in den vorgelegten Gesetzentwürfen nen Bezug zum Kernbereich haben. Hier gibt es keine auch nur ansatzweise angegangen worden. Noch immer Kontrollinstanz, die unabhängig ist. Die FDP-Fraktion

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Gisela Piltz (A) hat zwar keinen Zweifel daran, dass beim BKA kluge und gestaltet sein, dass regelmäßig eine Benachrichtigung (C) engagierte Polizistinnen und Polizisten arbeiten – aber auch tatsächlich erfolgt. Dies ist keine Petitesse, sondern das ändert nichts daran, dass es in einem Rechtsstaat verfassungsrechtlich geboten, da ansonsten bei heimli- nicht ausreicht, den Grundrechtsschutz allein in die chen Maßnahmen jeglicher Rechtsschutz abgeschnitten Hände der Polizei zu legen. ist. Gerade im Bereich der Bekämpfung des Terrorismus Die FDP-Fraktion fordert die Bundesregierung auf, müssen angesichts der Konsequenzen für Verdächtige, die Ratifizierung zurückzustellen, bis Nachverhandlun- mit denen die USA nicht gerade zimperlich umgehen, um gen erfolgt sind. In der vorliegenden Form ist den Gesetz- es einmal etwas euphemistisch auszudrücken, besonders entwürfen nicht zuzustimmen. hohe rechtsstaatliche Sicherungen angelegt werden. Das Prinzip Hoffnung auf eine grundrechtskonforme Behand- Jan Korte (DIE LINKE): lung durch die USA ist nicht ausreichend. Nicht nur fehlt Abermals wird ein derart schwerwiegender Eingriff in den USA eine Datenschutzaufsicht, die unabhängig ist, – wie der vorliegende Gesetzentwurf – in die Freiheits- sondern es fehlt auch an Speicherfristen und Benachrich- und Grundrechte, in den Datenschutz und die Schutzbe- tigungspflichten. Auch ist es, sobald die Daten einmal stimmungen des Grundgesetzes zu später Stunde, mit dem übermittelt sind, nicht mehr möglich, die Kontrolle da- Willen, dieses Thema möglichst geräuschlos an der Öf- rüber zu behalten, was weiter mit ihnen geschieht. Ich fentlichkeit vorbei zu den Akten zu legen, hier im Bundes- darf hier mal an die Fluggastdaten erinnern oder an die tag diskutiert. Der eigentliche Inhalt des Datenübermitt- Daten, die bei der Einreise in die USA fällig werden: lungsabkommens zwischen der Bundesrepublik und den Diese dürfen ohne weitere Kontrolle an inneramerikani- USA wird der Legislative gar nicht erst zur Beratung und sche Stellen, an private Dritte, an ausländische Stellen in- Beschlussfassung vorgelegt. Lediglich die Rechtsanpas- klusive Geheimdienste weitergegeben werden. Ich darf sungen, zur effizienten Handhabe des Abkommens, wer- auch daran erinnern, dass es hier im Hause Konsens war, den uns hier zur Diskussion gestellt. dass Fluggastdaten nur dann weitergegeben werden dür- fen, wenn flankierend verbindlich der Datenschutz gere- Ich möchte hiermit offiziell meinen Protest gegen die- gelt wird. Davon ist im vorliegenden Abkommen nichts zu sen Umgang der Bundesregierung mit den gewählten finden. Abgeordneten in unserer Demokratie anmelden. Das Parlament ist nicht das Abnickorgan exekutiver Überwa- Ich möchte einmal verdeutlichen, worüber wir hier chungs- und Allmachtsphantasien. sprechen. Deutschland soll Daten an die USA weiterge- ben, um diese im Kampf gegen den Terrorismus zu unter- Diese Debatte heute ist eine Farce. Sie beschädigt die stützen. Das bedeutet in den USA zum Beispiel eine flä- Demokratie und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bür- (B) (D) chendeckende Überwachung der Finanzdaten völlig ger in den Parlamentarismus. Denn worum geht es hier unbescholtener Bürgerinnen und Bürger (SWIFT). Die eigentlich? Es geht darum, dass über den heute zu ver- Bekämpfung des Terrorismus nehmen wir gerne auf, aber handelnden Entwurf eines Umsetzungsgesetzes der Bun- bitte auf dem Boden des Rechtsstaates. Es kann nicht sein, desregierung durch die Hintertür ein aus meiner Sicht dass wir gerade das aufgeben, was wir gegen den Terro- – und damit steht die Linke bei weitem nicht alleine da – rismus am allermeisten verteidigen wollen: unsere Frei- grundgesetzwidriges Abkommen zwischen der Bundesre- heit, unsere Grundrechte. publik und den USA legitimiert werden soll. Die Ergeb- nisse des am 1. Oktober 2008 geschlossenen Abkommens Daher ist für die FDP-Fraktion völlig klar: Dieses Ab- wurden trotz der bürgerrechtlichen Brisanz und der Tiefe kommen darf nicht ratifiziert werden. Nachverhandlun- der Eingriffe in die Freiheiten der Menschen in diesem gen sind notwendig, damit die gemeinsame Bekämpfung Lande dem Parlament nicht vorgelegt. des Terrorismus auf eine Grundlage gestellt wird, die ei- nem Rechtsstaat angemessen ist. Dazu gehören die von Wieder einmal muss die Begrifflichkeit des Kampfes mir schon ganz zu Beginn genannten Forderungen nach gegen den internationalen Terrorismus und die schwer- einer verbindlichen Regelung zum Datenschutz für beide wiegende Kriminalität herhalten, um unsere Gesellschaft Seiten, die Festschreibung eines angemessenen Rechts- weniger frei und damit unsicherer zu machen. Mit diesem schutzes, die Klarstellung, dass Daten zum Sexualleben, Abkommen sollen personenbezogenen Daten, darunter zur religiösen Überzeugung oder zur Mitgliedschaft in DNA-Daten, einer unbegrenzten Zahl US-amerikani- Gewerkschaften nicht weitergegeben werden dürfen, die scher Sicherheitsbehörden, darunter Geheimdiensten je- Sicherstellung des Kernbereichsschutzes, die Gewähr- der Art, zugänglich gemacht werden. Via Onlinezugriff leistung umfassender Benachrichtigung Betroffener, klar werden Datenbanken deutscher Sicherheitsbehörden für begrenzte Speicherfristen und die Gewährleistung, dass US-Geheimdienste und Sicherheitsbehörden geöffnet. Daten nicht ohne weitere Kontrolle an andere Stellen wei- Datenschutzvorkehrungen oder bürgerrechtliche Aspekte tergegeben werden können. Im Umsetzungsgesetz muss wie eine Begrenzung der zu übermittelnden Daten oder klar enthalten sein, dass Daten nach Art. 12 des Abkom- eine Begrenzung der Speicherfristen sowie eine wirkliche mens keinesfalls aufgrund etwaiger Vereinbarungen oder Zweckbindung sind hierin nicht vorgesehen. Das Abkom- Anforderungen durch die USA erhoben werden dürfen men zeichnet sich vielmehr durch eine völlig haltlose Un- und dass eine unabhängige richterliche Kontrolle statt- verhältnismäßigkeit, mangelnde Bestimmtheit, unzurei- findet, um Kernbereichsverletzungen zu vermeiden. Wei- chende Zweckbindung, fehlende Sicherungen oder terhin darf die Benachrichtigungspflicht nicht, wie vorge- effektiven Rechtsschutz aus. So werden neben Namen und sehen, einem Schweizer Käse gleichen, sondern muss so Geburtsdaten auch Identifikationsnummern und Finger-

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Jan Korte (A) abdrücke gespeichert und ausgetauscht. Mehr noch: Terrorismus sei. Wenn man den Herrn Schäuble über er- (C) Über den Umweg des Abkommens sollen nunmehr nicht folgreichen Kampf gegen Terror reden hört, muss man ja nur in den USA, sondern auch in der Bundesrepublik In- immer vermuten: Hier sind einige Brüche mit unseren formationen über „die Rasse oder ethnische Herkunft, Rechtsstaatstraditionen verborgen, hier werden vermut- politische Anschauungen, religiöse oder sonstige Über- lich neue Datensammlungen angelegt und hier werden zeugungen oder die Mitgliedschaft in Gewerkschaften, Prinzipien des Datenschutzes über Bord geworfen. die Gesundheit und das Sexualleben“ gespeichert wer- den. Das ist der grundrechtspolitische Dammbruch. Und so ist es auch mit diesem Abkommen, einem Ab- kommen übrigens, zu dem es bei seinem Bekanntwerden Doch Bundesinnenminister Schäuble (CDU) reicht im März 2008 heftige Kritik von allen Seiten gab. Der In- das noch immer nicht. In der Gegenäußerung der Bun- nenausschuss hat den Bundesinnenminister damals auf desregierung auf die Stellungnahme des Bundesrates, die Defizite und Ungereimtheiten hingewiesen, Nachver- vor allem den Art. 12 des Abkommens, also die soeben handlungen an bestimmten Punkten verlangt und eine In- zitierten Informationen, die zusätzlich gespeichert und formation des Parlamentes gefordert. Nichts davon hat übermittelt werden sollen, betreffend, ist gar nicht mehr Herr Schäuble erfüllt! Das passt zu seinem Gestus des die Rede von der Speicherung von Informationen allein obersten Terrorjägers, der am besten weiß, was die Be- über die Gewerkschaftszugehörigkeit. Nein, hierin wird drohungen sind und wie sie bekämpft werden, und der besonders auf die aktiven, mit Funktionen ausgestatte- auch vorgibt zu wissen, wie man sie rechtsstaatlich be- ten Gewerkschafter abgehoben (Bundestagsdrucksache kämpft. 16/13185), wenn es heißt: „… darunter womöglich eine bestimmte Gewerkschaftsfunktion …“. Nicht nur, dass Da haben wir allerdings einen ganz anderen Begriff deutschen Gewerkschaftsmitgliedern eine Nähe zu Ter- von Rechtstaatlichkeit! Und wir sind auch der Auffas- rorismus und internationaler Kriminalität angedichtet sung, dass zu so einem Vertragswerk der zuständige Aus- wird, nein, das aktive Gewerkschaftsengagement wird schuss des Bundestages besser informiert werden muss! durch die Bundesregierung „womöglich“ als eine Ge- fährdung angesehen. Besonders problematisch wird Das Abkommen entspricht den Befürchtungen. Da sol- diese Aussage dann, wenn man bedenkt, dass es die len Daten ausgetauscht werden, um Terrorismus und Bundesregierung bislang nicht fertiggebracht hat, eine schwere Kriminalität zu bekämpfen. Aber beides wird nur Definition dafür zu finden, was denn eigentlich unter „in- vage oder gar nicht definiert! Und was die USA als ternationalem Terrorismus“ zu verstehen ist. Dement- Terrorismus bezeichnen und wie sie da einen Verdacht sprechend wird der Begriff seit 2001 so ziemlich für alles konstruieren, das entspricht ja nicht immer unserem Ver- genutzt, was hilft, das Überwachungsnetz im Namen der (B) ständnis. Das haben wir ja hier im Untersuchungsaus- (D) Freiheit und der Sicherheit enger zu weben. schuss nun erfahren müssen! Und erneut wird über dieses Abkommen das Bundes- Der Datenaustausch steht ganz unter dem kriminalamt zu einer Superbehörde im Dunkelbereich Schäuble’schen Motto „Lieber mehr wissen, als persön- ausgebaut. Die Bundesregierung versteckt dies in ihrem liche Daten schützen“. Das gipfelt dann in dem, was das Umsetzungsgesetz mit dem Vorschlag, das BKA zur allei- Bundesinnenministerium eine „Schutzklausel“ nennt. nigen Kontaktstelle zwecks Umsetzung des Datenabkom- Denn in Art. 12 des Abkommens heißt es: „Daten, aus de- mens mit den USA zu machen. Gleichzeitig weist die Bun- nen die Rasse oder ethnische Herkunft, politische An- desregierung in ihrer Gegenäußerung selbst die Versuche schauungen, religiöse oder sonstige Überzeugungen oder des Bundesrates zurück (Bundestagsdrucksache 16/13186), die Mitgliedschaft in Gewerkschaften hervorgeht oder die eine Kontrollinstanz innerhalb des BKA zur Überwa- die Gesundheit oder das Sexualleben betreffen, dürfen chung der Übermittlungs- und Austauschverfahren einzu- nur zur Verfügung gestellt werden, wenn sie für die Zwe- führen. Die Antwort der Bundesregierung, wonach die cke dieses Abkommens besonders relevant sind.“ Wegen „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausreichend sensibi- dieser besonderen Relevanz nennt der Minister das lisiert“ wären und deshalb eine Kontrolle durch einen Schutzklausel! Aber wieso sollen denn solche Daten Richter und einen amtseigenen Richter „nicht erforder- überhaupt übermittelt werden? Wie kann denn das Sexu- lich“ sei, ist anmaßend. alleben besonders relevant für Terrorismusbekämpfung Dieses Verfahren, dieses Abkommen, diese Debatte, sein? Welche Gewerkschaft ist denn so gefährlich, dass dieser Entwurf eines Umsetzungsgesetzes sind eine ge- sie bei der Bekämpfung von Schwerverbrechen besonders fährliche Farce und werden aus den genannten und vielen erwähnt werden müsste? Dieser letzte Satz müsste lauten weiteren Gründen – die bekanntlich im Detail liegen – „… dürfen nicht zur Verfügung gestellt werden“. Und von der Fraktion Die Linke unter schärfstem Protest ab- Punkt! Und warum genau werden diese Daten denn erho- gelehnt. ben? Wer forscht das denn aus? Das zeigt, welch gefähr- liche Blüten die Logik dieses Ministers treibt! Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir hatten im Frühjahr 2008 gefordert: Es darf keinen Im März 2008 hat Herr Schäuble stolz diesen Vertrag uferlosen Datenaustausch mit den USA geben! Den gibt präsentiert. Zusammen mit George Bushs Heimatschutz- es aber nun, denn das Abkommen ist so schlecht geblie- minister lächelte er in die Kameras und verkündete, dass ben, wie es damals war. Deswegen bleiben wir auch bei dies nun ein wichtiger Schritt gegen den internationalen unserer Haltung zu diesem Werk: Wir lehnen es ab!

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(A) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: veräußerte Restfläche von einem Drittel der ursprüngli- (C) Interfraktionell wird die Überweisung der Gesetzent- chen Fläche besteht heute zu mehr als der Hälfte aus die- würfe auf den Drucksachen 16/13123 und 16/13124 an sen Tagebaurestseen. die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge- schlagen. Die entsprechenden Gegenäußerungen der Neben der LMBV ist auf dem Gebiet der Flächen- Bundesregierung zu den Stellungnahmen des Bundes- privatisierung noch die BVVG, die Bodenverwertungs- rates auf den Drucksachen 16/13185 und 16/13186 sol- und -verwaltungs GmbH, tätig. Die BVVG hat die Auf- len an dieselben Ausschüsse überwiesen werden. Sind gabe übernommen, insbesondere landwirtschaftlich ge- Sie damit einverstanden? – Das ist offensichtlich der nutzte Grundstücke aus dem Volkseigentum der DDR zu Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. veräußern. Dazu gehört unter anderem auch eine geringe Anzahl von Seen und Gewässern. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 27 auf: Der zur Debatte stehende Antrag hat zum Ziel, die Pri- Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia vatisierung von Gewässern in Ostdeutschland zu ändern, Behm, Ulrike Höfken, Hans-Josef Fell, weiterer er will sie verbieten. Wie aber verfahren die Lausitzer und Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft und die DIE GRÜNEN Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH, wenn sie Neuregelung der Gewässerprivatisierung in eine Fläche, bei der es sich auch mal um einen See han- Ostdeutschland deln kann, verkaufen wollen? – Drucksache 16/12994 – Die Verwaltungsgesellschaft bietet die Gewässer zu- Überweisungsvorschlag: nächst den zuständigen Gemeinden an. Diese müssen Haushaltsausschuss (f) dann im Rahmen ihrer Prioritätensetzung entscheiden, Finanzausschuss ob sie die Seen erwerben wollen oder nicht. Hier sind da- Ausschuss für Wirtschaft und Technologie her die Gemeinden und Kreise gefordert, eventuell könnte Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und aber auch die Landesregierung grundsätzlich unterstüt- Verbraucherschutz Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zend tätig werden. Ausschuss für Tourismus An dieser Stelle lohnt es sich, einmal einen Blick auf Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die die drei betroffenen Bundesländer zu richten. Denn ich Reden zu Protokoll genommen. Es handelt sich um die denke, dass der Freistaat Sachsen hier ein gutes Beispiel Reden der Kolleginnen und Kollegen Dr. Michael Lu- sein kann für Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Bis zum ther, Ernst Bahr, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Dagmar Jahr 2003 hat die Bergbau-Verwaltungsgesellschaft auch (B) Enkelmann und Cornelia Behm. im Freistaat einzelne Seeflächen an Kommunen und Pri- (D) vate veräußert. Daraufhin hat Sachsen mit der LMBV Dr. Michael Luther (CDU/CSU): Verhandlungen aufgenommen, die Ende 2007 zum Ab- Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat einen schluss einer „Gewässerrahmenvereinbarung“ geführt Antrag vorgelegt, die Gewässerprivatisierung in Ost- haben. Darin sichert der Freistaat Sachsen der LMBV zu, deutschland neu zu regeln. Worum geht es dabei? Auch die Seen nach ihrer Fertigstellung zu übernehmen. wenn das Wort Braunkohle in dem Antrag nicht vor- Gleichzeitig ist der LMBV der Verkauf an Kommunen kommt, scheint es sich um ein Thema zu handeln, das nur oder sonstige Dritte verboten. Damit ist dem Anliegen des im Rahmen der Braunkohlesanierung zum Tragen kommt. Antrags im Freistaat Sachsen bereits Rechnung getragen. Ansonsten sind mir im Grunde keine Bereiche bekannt, in Einer weiteren Aufforderung des Bundes bedarf es daher denen der Bund größere Seeflächen besitzt und privatisie- nicht. ren will. Anders scheint jedoch die Situation in Brandenburg Nach der Wiedervereinigung wurde begonnen, den ak- und eingeschränkt in Sachsen-Anhalt zu sein. Dort gibt es tiven Braunkohlenbergbau in den ostdeutschen Bundes- kein klares Bekenntnis des Landes zur Übernahme der ländern Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt zu Wasserflächen. Dies mag der Grund sein, weshalb sich privatisieren. Die stillgelegten Tagebauflächen wurden in die LMBV im Rahmen ihres Verwertungsauftrags andere der Folge durch den Bund über die Lausitzer und Mittel- Käufer sucht. Da die Leistungsfähigkeit der Kommunen deutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft, LMBV, sa- häufig nicht ausreicht und ihnen die Übernahme der Seen niert und im Anschluss daran verwertet. Insgesamt spre- gegebenenfalls auch durch die Kommunalaufsicht unter- chen wir hier von einer Größenordung von anfangs rund sagt wird, bleiben nur Private. 100 000 Hektar. Die Verwaltungsgesellschaft hat mittler- Ergebnis: Für Sachsen hat der Antrag keine Bedeu- weile rund zwei Drittel dieser Fläche verkauft. tung, die mit ihm verfolgten Ziele sind bereits gesichert. Die Folgelandschaften des Braunkohlentagebaus in Zudem ist der Bund der falsche Adressat des Antrags, da der Lausitz und in Mitteldeutschland sind heute vor allem seine LMBV ja durchaus gewillt ist, die Flächen an öf- durch eine Vielzahl neu entstandener Gewässer geprägt. fentliche Träger zu vermarkten. Richtigerweise handelt es In Zukunft werden durch die Renaturierung der ehemals sich um landespolitische Fragen der Bundesländer, die bergbaulich genutzten 100 000 Hektar beinahe 120 Seen noch keine Rahmenvereinbarung geschlossen haben. Es und Gewässer entstanden sein. Diese haben eine Größe kann nicht das Ziel sein, dass der Bund dauerhaft Eigen- von 10 bis 1 000 Hektar und entsprechen zusammen einer tümer und Betreiber dieser Flächen ist. Deswegen haben Gesamtfläche von etwa 27 000 Hektar. Die noch nicht die Länder die Chance, diese zu übernehmen. Wenn sie 24756 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Dr. Michael Luther (A) dazu nicht in der Lage sind, müssen diese Wasserflächen können bei einer Privatisierung Berücksichtigung finden. (C) privatisiert werden. Als großer Verfechter des Subsidiari- Der Allgemeingebrauch, wie beispielsweise das Baden, tätsprinzips kann ich daher nur zum Schluss kommen, bleibt beim Besitzerwechsel eines Sees ohnehin unbe- dass der Antrag abzulehnen ist. Der Bund muss nichts re- rührt. Es besteht auch die Möglichkeit zur Gründung ei- geln, was die Länder eigenständig lösen können. ner Stiftung – vonseiten des Landes, der Kommune oder von Bürgerinitiativen – zur Seenutzung. Eine solche Insti- Grundsätzlich möchte ich noch dem in diesem Antrag tution würde von der BVVG eine besondere Berücksichti- zutage tretenden Misstrauen widersprechen, dass der gung als Käufer finden. Verkauf von Gewässern an Privatpersonen grundsätzlich schlecht ist. Selbst wenn ein See von einem Privaten ge- Der ökologische Wert eines Gewässers dürfte durch kauft wird, bedeutet dies meines Erachtens nicht automa- veränderte Besitzverhältnisse jedoch nicht gemindert tisch, dass beispielsweise der Tourismus unterbunden werden. Die Umweltauflagen im Umgang mit Gewässern wird. Denn auch der neue Eigentümer hat ein Interesse, gelten für alle Eigentümer gleichermaßen. Auch haben den See vernünftig zu nutzen. So kann durchaus die Mög- die Besitzverhältnisse wohl kaum einen Einfluss auf den lichkeit bestehen, dass hier die Gemeinde gemeinsam mit Landschaftswasserhaushalt. Im Übrigen wurden bereits dem neuen Eigentümer die touristische Entwicklung des 70 Seen aus der BVVG-Masse an das Nationale Natur- Sees und anliegender Grundstücke gestaltet und voran- erbe übertragen, wodurch ein großer ökologischer Bei- treibt. Hier ist natürlich viel Geschick und Phantasie von trag für den Biotopverbund und -schutz geleistet wurde. den politisch Verantwortlichen gefordert. Wo dies gelingt, wird so der Grundstock für ein privates Gewerbe und für Es ist erfreulich, dass sich die Ziele des Antrags der neue Arbeitsplätze gelegt. Insoweit sollte klug überlegt Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit den bestehenden werden, ob im Einzelfall tatsächlich ein See in öffentli- Regelungen zur Gewässerprivatisierung decken. Mir ist ches Eigentum einer Gemeinde überführt werden muss. auch kein Fall bekannt, bei dem die bestehende Praxis zu Privatisierung kann ein guter Weg sein, vielfältigen Tou- Problemen geführt hätte, die einer Neuregelung bedurf- rismus in den neuen Bundesländern auszubauen. ten. Daher sehe ich keinen Handlungsbedarf und stimme dem vorliegenden Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Ich komme zum Schluss: Die CDU/CSU-Bundestags- Grünen nicht zu. fraktion wird diesen Antrag aus den genannten Gründen ablehnen. Dr. Claudia Winterstein (FDP): Der Antrag der Grünen ist vor dem Hintergrund des Ernst Bahr (Neuruppin) (SPD): Rechtsstreites um den Mellensee südlich von Berlin zu be- Seen erfüllen vielfältige Funktionen. Sie beeinflussen werten. Ich bin allerdings dagegen, aufgrund eines Ein- den Wasserhaushalt und das Mikroklima in ihrer Umge- (B) zelfalls das Kind mit dem Bade auszuschütten, so wie es (D) bung. Sie sind ein wertvolles Biotop und Rückzugsgebiet die Grünen in ihrem Antrag tun. Denn bereits jetzt sind vieler Tier- und Pflanzenarten. Gewässer sind ein wichti- der privaten Nutzung von Seen deutliche gesetzliche ger Bestandteil von Naherholungsgebieten und erhöhen Grenzen gesetzt. die Attraktivität einer Region für den Tourismus. Alle diese Faktoren sprechen dafür, dass eine öffentli- In Deutschland sind Seen – im Gegensatz zu fließen- che Nutzung von Seen von großem Interesse für die All- den Gewässern und Grundwasser – grundsätzlich als Teil gemeinheit ist – sowohl aus ökologischer wie auch aus der Erdoberfläche eigentumsfähig. Allerdings unterliegt wirtschaftlicher Sicht. Ob es eine Einschränkung der lau- der Erwerber eines Sees im Gegensatz zu einem Boden- fenden Privatisierungen von Seen geben sollte, hängt besitzer deutlichen Einschränkungen. Ich zitiere aus § 1 aber davon ab, inwieweit mit dem Verkauf die bisherigen des Wasserhaushaltsgesetzes: „Die Gewässer sind als Zugangs- und Nutzungsrechte beschnitten werden und Bestandteil des Naturhaushalts und als Lebensraum für damit gegen das Allgemeinwohl gehandelt wird. Tiere und Pflanzen zu sichern. Sie sind so zu bewirtschaf- ten, dass sie dem Wohl der Allgemeinheit und im Einklang Eine Privatisierung erfolgt, wenn keine Nutzung als mit ihm auch dem Nutzen Einzelner dienen, vermeidbare Wasserstraße vorliegt, wodurch das Gewässer dem Land Beeinträchtigungen ihrer ökologischen Funktionen und zugeordnet würde. Steht die fischereiwirtschaftliche Nut- der direkt von ihnen abhängenden Landökosysteme und zung im Vordergrund, wurde das Objekt von der Zuord- Feuchtgebiete im Hinblick auf deren Wasserhaushalt nungsstelle an die BVVG gewiesen und kann dem Auftrag unterbleiben und damit insgesamt eine nachhaltige Ent- der BVVG entsprechend veräußert werden. Bei einem wicklung gewährleistet wird.“ Und weiter: „Das Verkauf wird der See zuerst der betroffenen Gemeinde au- Grundeigentum berechtigt nicht 1. zu einer Gewässer- ßerhalb des freien Wettbewerbs angeboten. Gibt es dort benutzung, die nach diesem Gesetz oder nach den Lan- keinen Bedarf oder keine Kaufmöglichkeit, wird in zwei- deswassergesetzen einer Erlaubnis oder Bewilligung ter Stufe dem Pächter der Fischereirechte ein Angebot ge- bedarf, 2. zum Ausbau eines oberirdischen Gewässers.“ macht. Erst wenn auch dieser den Kauf ausschlägt, Das heißt: Wer einen Teich oder einen See gekauft hat, kommt es zu einer öffentlichen Ausschreibung. Bei einer benötigt für fast alle Nutzungen des Gewässers eine was- solchen Ausschreibung ist die BVVG angehalten, größt- serrechtliche Erlaubnis. Bei Umgestaltungen des Gewäs- mögliche Sensibilität gegenüber den Gemeinden zu wah- sers wäre darüber hinaus auch eine Planfeststellung er- ren und mögliche Bedenken oder Probleme zu berück- forderlich. Und diese Erlaubnis kann nur erteilt werden, sichtigen. Gewohnheitsrechtliche Nutzungen oder wenn die privaten Nutzungen dem Wohl der Allgemein- schlüssige Planungen für eine touristische Erschließung heit nicht entgegenstehen. Damit ist der Besitzer eines

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24757

Dr. Claudia Winterstein (A) Oberflächengewässers kaum besser gestellt als jeder an- noch heute erheblich zu Unmut bei. Für 400 000 Euro (C) dere x-beliebige Nutzer eines Gewässers. hatte die bundeseigene Bodenverwertungs- und -verwal- tungsgesellschaft, BVVG, im Jahr 2003 die 200 Hektar Rund 10 000 Hektar Seen und Teiche sind in den neuen Wasserfläche des Wandlitzsees an einen Düsseldorfer Im- Bundesländern innerhalb der letzten sieben Jahre von öf- mobilienprofi verkauft. Seitdem versucht der umtriebige fentlichem in privaten Besitz übergegangen. Die Boden- Herr, seinen Besitz zu Geld zu machen, und beruft sich verwertungs- und -verwaltungs GmbH, BVVG), eine dabei aufs antiquierte preußische Wasserrecht. Fakt ist: Tochterfirma der Treuhandnachfolgegesellschaft, ver- Die Privatisierung des Sees lag nicht im Interesse der waltet und privatisiert landwirtschaftliche Flächen, Wäl- Bürgerinnen und Bürger. Sie lag nicht im Interesse der der und Seen aus staatlichem Besitz. Seit der Gründung Menschen, die am See wohnen, Erholung suchen oder der BVVG im Jahr 1992 ist schon fast ein Fünftel der zum Sport treiben. Die Hilferufe sind inzwischen unüberhör- Verkauf stehenden Gewässer an Kommunen und Privat- bar. Ich zitiere aus einem Schreiben des Vorsitzenden des leute veräußert worden. Doch noch immer sind etwa Verbandes Brandenburgischer Segler vom März 2009 an 43 000 Hektar übrig. Mit den bisher verkauften Gewäs- mich: „Ich bitte Sie …, Ihre persönliche und politische sern hat die BVVG 15 Millionen Euro eingenommen – Kraft zur Erhaltung des Segelvereins am Wandlitzsee ein- durchschnittlich 15 Cent pro verkauften Quadratmeter zusetzen. Ehrenamt, Kinder- und Jugendarbeit stellen ge- See. Dieses Geld fließt in den Bundeshaushalt. Der ge- sellschaftliche Interessen dar. Hier muss privates Inte- ringe Preis von 15 Cent pro Quadratmeter ist ein Aus- resse hinten angestellt werden.“ Das kann ich nur dick druck davon, dass der Besitz einer Wasserfläche im Ge- unterstreichen. Es kann nicht sein, dass private Eigner gensatz zum Eigentum an Grund und Boden aufgrund der mit öffentlichen Gewässern nach Gutsherrenart verfah- rechtlichen Restriktionen nicht sonderlich attraktiv ist. ren. Zudem haben die Anrainerkommunen ein Vorkaufsrecht. Aber auch wenn sie den See nicht selbst kaufen möchten, Die Linke stellt dabei weniger die BVVG an den Pran- haben die Kommunen ein Mitspracherecht bei den Ver- ger, sondern die seit Treuhandzeiten geltende Maxime des kaufsverhandlungen. Dadurch bleibt gewährleistet, dass Bundesfinanzministers, die Flächen im Osten meistbie- der See auch nach seiner Privatisierung öffentlich ge- tend zu verkaufen. Die politische Verantwortung dafür nutzt werden kann. trägt letztlich die Bundesregierung. Das stets seitens der BVVG betonte Vorkaufsrecht der Kommunen zum Bei- Der Antrag der Grünen geht also zu weit und ist über- spiel für Gewässer ist nicht das Papier wert, auf dem es flüssig. Das Eigentumsrecht ist einer der Grundpfeiler steht. Allein 2008 hat die BVVG einen Überschuss von unserer sozialen Marktwirtschaft. Das gilt generell auch 366 Millionen Euro an die Bundeskasse abgeführt. Bis für Seen. Zudem bietet die Möglichkeit einer Privatisie- 2020, so wird geschätzt, wird der „goldene Boden“ im (B) rung auch Chancen für die Entwicklung touristischer In- Osten dem Bund weitere 3 Milliarden Euro in die Kasse (D) frastruktur durch private Investoren. Im Übrigen handelt spülen. Dies geht vor allem zulasten ostdeutscher Agrar- es sich bei den potenziellen Käufern nicht nur um Inves- unternehmen und Kommunen. toren mit finanziellen Interessen. Auch viele Naturschüt- zer fragen bei der BVVG an, um ein Biotop zu schaffen Im Jahre 2002 legte die BVVG die erste und meines und Lebensräume von Tieren und Pflanzen zu schützen. Wissens bisher einzige Bilanz veräußerter Gewässer im Das dürfte doch ganz im Interesse der Grünen liegen. Osten vor. Bereits zu dieser Zeit waren von der BVVG Statt eine Privatisierung von Seen generell auszuschlie- rund 10 000 Hektar Seen, Teiche, Flüsse und Bäche ver- ßen, geht es darum, im Einzelfall einen vernünftigen äußert. Schon damals waren die gravierenden Folgen des Kompromiss zwischen ökologischen und ökonomischen Verkaufs an den Meistbietenden bekannt. Die rot-grüne Interessen zu finden. Ich denke, dies sollte auch im Fall Bundesregierung sah dem tatenlos zu. Mellensee möglich sein. Jetzt kommt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Erkenntnis – ich zitiere aus der Antragsbegründung –: Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): „Der offene Zugang zu den Seen und das Engagement der Stellen Sie sich vor, Sie sind glücklicher Besitzer eines Bürgerinnen und Bürger für die weitere touristische Er- Grundstücks am Wasser und verfügen sogar über einen schließung der heimischen Gewässer werden jedoch Bootssteg. Plötzlich finden Sie im Briefkasten ein Schrei- durch die Privatisierungsbemühungen des Bundes und ben, das Sie unmissverständlich auffordert, entweder der Länder gefährdet.“ Man könnte sagen: besser späte 7 500 Euro zu zahlen oder den Bootssteg abzureißen. Einsicht als gar keine. Der Antrag der Fraktion Bünd- Oder Sie sind Bürgermeister einer Gemeinde, die ein nis 90/Die Grünen springt aber auch zu kurz: Sie fordert, Strandbad hat. Plötzlich soll Ihre Kommune für die Nut- Seen nur dann im Besitz der öffentlichen Hand zu belas- zung des Sees 50 000 Euro zahlen. Und Sie tun das, wenn sen, wenn der Gemeinwohlnutzen überwiegt. Sie verlangt auch zähneknirschend, weil der Eigner des Sees rechtlich ein Verkaufsmoratorium – aber nur bis zu einer Neurege- die besseren Karten hat. Oder Sie gehören seit 40 Jahren lung der Privatisierung. Das ist inkonsequent. Soll künf- einem Segelverein an. Diesem wird von heute auf morgen tig weiter verkauft werden – nur vielleicht zu etwas bes- der Segelsport auf dem Gewässer fast unmöglich ge- seren Bedingungen? Und wer bestimmt, ob der macht, weil der private Besitzer des Sees daran keinen Gemeinwohlnutzen überwiegt? Das ist doch ein Arbeits- Gefallen findet oder seinen Besitz vergolden will. beschaffungsprogramm für Verwaltungsgerichte. All dies hat sich in den vergangenen Jahren so am Die Linke ist generell gegen die Privatisierung von Wandlitzsee nördlich von Berlin zugetragen, und es trägt Wald, Agrarflächen und Gewässern, und das nicht, weil

Zu Protokoll gegebene Reden 24758 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Dr. Dagmar Enkelmann (A) das früher einmal Volkseigentum war. Der Drang, öffent- Überprüfung der Wasserqualität und deren richtige Inter- (C) liches Eigentum um jeden Preis zu privatisieren, hat die pretation setzt technische und wissenschaftliche Exper- öffentlichen Hände in die Sackgasse geführt. Erst verkau- tise voraus. Denn See ist nicht gleich See. Was für einen fen sie Tafelsilber, um dann feststellen zu müssen, dass See im Niedermoorbereich gut und normal ist, kann in der öffentlichen Daseinsvorsorge buchstäblich der Boden einem nährstoffarmen See schon eine ökologische unter den Füßen entschwindet. Nicht allein der Verkauf Katastrophe bedeuten. von Gewässern ist dauerhaft zu stoppen. Bei jedem Flä- chenverkauf in Ostdeutschland dürfen die Interessen der Mit unserem Antrag setzen wir uns dafür ein, dass Kommunen und der Agrarunternehmen nicht mehr län- Seen mit überwiegender Bedeutung für Naherholung und ger außen vor bleiben. Sie brauchen nicht nur ein Vor- Naturtourismus, für ihr ökologisches Umfeld und den kaufs-, sondern vor allem ein Vetorecht. Die BVVG muss Landschaftswasserhaushalt im Besitz der öffentlichen endlich den Interessen der Menschen im Osten und nicht Hand verbleiben. Denn eine Verpflichtung zur Privatisie- denen des Finanzministers dienen. rung öffentlicher Güter besteht nach dem Einigungsver- trag nicht. Es obliegt dem Bund, zu entscheiden, bei wel- chen Gewässern das Gemeinwohlinteresse oder seine Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ökologische Bedeutung überwiegt. Hier wollen wir eine Viele Landschaften und Naturräume unseres Landes, Privatisierung in Zukunft ausschließen. Bis die entspre- insbesondere in Ostdeutschland, sind durch Seen ge- chenden Rechtsgrundlagen dafür geschaffen sind, for- prägt. Sie vermitteln Heimatgefühl und sind zugleich An- dern wir den Bundesfinanzminister auf, die weitere Pri- ziehungspunkte für Urlauber und Gäste. Darüber hinaus vatisierung durch ein Verkaufsmoratorium auszusetzen. übernehmen sie mit ihren weitläufigen Schilf- und vielfäl- tigen Uferbereichen wertvolle ökologische Funktionen, Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: dienen der Regulierung des Landschaftswasserhaushal- Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf tes und sind für die Fischereiwirtschaft unverzichtbar. Drucksache 16/12994 an die in der Tagesordnung aufge- Viele Bürgerinnen und Bürger engagieren sich für Pflege, führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Auch damit sind Unterhaltung und eine weitere touristische Erschließung Sie, wie ich sehe, einverstanden. Dann ist die Überwei- der Gewässer. sung so beschlossen. Der offene Zugang zu den Seen steht jedoch in Ost- Ich rufe den Tagesordnungspunkt 34 auf: deutschland durch die Privatisierungsbemühungen des Bundes und der Länder zur Disposition. Mit dem Eini- Zweite und dritte Beratung des von der Bundes- gungsvertrag sind zahlreiche Gewässer aus dem Besitz regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes der DDR auf den Bund übergegangen, sofern sie nicht zur Änderung medizinprodukterechtlicher (B) (D) nach ihrer Zweckbestimmung am 1. Oktober 1989 über- Vorschriften wiegend für Verwaltungsaufgaben bestimmt waren, die – Drucksachen 16/12258, 16/12676 – von Ländern, Gemeinden oder sonstigen Trägern öffent- licher Verwaltung wahrzunehmen sind. Die dem Bund zu- Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- geordneten Gewässer zählen zu seinem Finanzvermögen ses für Gesundheit (14. Ausschuss) und werden nach und nach verkauft. Viele Gemeinden sind aufgrund ihrer Haushaltssituation aber nicht in der – Drucksache 16/13211 – Lage, die auf ihrem Gebiet befindlichen Seen zu kaufen. Berichterstattung: Darüber hinaus ist es den Menschen in ihren Regionen Abgeordneter Jens Ackermann schwer vermittelbar, warum Seen aus dem früheren Volkseigentum der DDR auf Kosten der Steuerzahler von Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die den Kommunen wieder zurückgekauft werden müssen. Reden zu Protokoll genommen. Es handelt sich um die Reden der Kolleginnen und Kollegen Jens Spahn, Die Privatisierung der Gewässer birgt die Gefahr, Dr. Marlies Volkmer, Jens Ackermann, Frank Spieth, dass Badestellen, Stege und Uferwege für die Öffentlich- Elisabeth Scharfenberg und des Parlamentarischen keit nicht mehr nutzbar sind oder Freizeitbetätigungen Staatssekretärs Rolf Schwanitz. auf den Seen wie Angeln und Baden durch neue Besitzer verboten oder kostenpflichtig werden. Die Privatisierung Jens Spahn (CDU/CSU): des Wandlitzsees im Landkreis Barnim in Brandenburg ist Die Verbesserung des Schutzes der Patienten und Pro- hierfür ein besonders drastisches Beispiel. Sowohl für banden steht im Mittelpunkt des Gesetzes zur Änderung Einheimische als auch für Gäste ist eine solche Entwick- medizinprodukterechtlicher Vorschriften, das wir heute lung nicht akzeptabel. Gleichzeitig können Privatisierun- hier beschließen werden. Mit diesem Gesetz werden unter gen dazu führen, dass Fauna und Flora wirtschaftlichen anderem europäische Richtlinien in deutsches Recht um- Interessen weichen müssen und sich die Wasserqualität gesetzt, die eine Reihe von wichtigen Verbesserungen im durch fehlende oder nicht sachgerechte Pflege ver- Dienste der Produkt- und Anwendersicherheit bei Medi- schlechtert. So besteht beispielsweise das Risiko, dass zinprodukten mit sich bringen. private Eigentümer mit dem Erhalt der Seen, insbeson- dere mit der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie Es gibt sehr, sehr große und bekannte Hersteller, aber im Einzelfall überfordert sein könnten, da die Gewässer- der Medizinproduktebereich besteht vor allem aus klei- güte oftmals von Faktoren beeinflusst wird, die sich dem nen und mittelständischen Unternehmen, von denen viele Einfluss von Privatpersonen entziehen. Allein schon die weniger als 20 Mitarbeiter haben. Diese sind ein wichti- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24759

Jens Spahn (A) ger Wirtschaftsfaktor für unser Land. Sie zeichnen sich dient teilweise aber auch der Steigerung der Verkaufszah- (C) durch hohe Innovationskraft, hohe Exportorientierung len. Auf der anderen Seite haben die Versichertengemein- und ein hohes Sicherheitsniveau bei den Medizinproduk- schaft und die Anwender das Interesse – unter Einhaltung ten aus. Mit dem Medizinproduktegesetz haben wir nun höchster Qualitätsstandards – an einem kostenbewussten den Spagat zwischen der Erhöhung des Schutzes der Pa- Umgang mit den eingesetzten Materialien. Diese beiden tientinnen und Patienten bei klinischen Studien auf der ei- Interessen gilt es so weit wie möglich insbesondere im nen Seite und gleichzeitig der Schaffung von handhabba- Blick auf die Patientensicherheit auszugleichen und eine ren und unbürokratischen Regelungen für die Betriebe in Gefährdung der Patientinnen und Patienten auszuschlie- der Medizinprodukteindustrie gemeistert. Denn das Ge- ßen. Die Bundesregierung wird deshalb aufgefordert, setz darf nicht dazu führen, dass die deutschen Medizin- nach Vorlage des im Jahr 2010 erwarteten EU-Berichtes produkteunternehmen wegen überbordender bürokrati- zur Wiederaufbereitung von Medizinprodukten und des scher Anforderungen nicht mehr in der Lage sind, ihre Erfahrungsberichtes der Arbeitsgruppe beim RKI zeitnah hochwertigen Produkte zu entwickeln und zu fertigen. Es den Deutschen Bundestag zu unterrichten und dabei zu ist natürlich klar, dass bei der Genehmigung einer klini- erklären, wie die gesetzlichen Anforderungen bei der Auf- schen Prüfung an ein einfaches Blutdruckmessgerät an- bereitung von Medizinprodukten zur weiteren Optimie- dere Sicherheits- und Dokumentationsanforderungen ge- rung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes ergänzt stellt werden müssen als an einen hochkomplexen werden sollten. Herzschrittmacher. Dies konnten wir nun erreichen. Im vorliegenden Gesetz wird auch ein weiterer Punkt Lassen Sie mich kurz auf einige wesentliche Rege- geregelt, der mir sehr wichtig erscheint. In letzter Zeit hat lungsinhalte eingehen: Die wichtigste Veränderung ist sich ein Trend verstärkt, verschiedene In-vitro-Diagnos- die Zusammenführung und Vereinheitlichung von Aufga- tika zur Eigenanwendung als Heimtest anzubieten. In ei- ben beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinpro- nigen europäischen Mitgliedstaaten sowie im Internet dukte, dem BfArM. Dazu zählen zum Beispiel die Geneh- werden mittlerweile auch HIV-Heimtests für Laien ange- migung von klinischen Prüfungen oder die Einstufung boten. Diese Tests sind oftmals ungenau, insbesondere von Medizinprodukten sowie die Abgrenzung zu anderen wenn sie nicht von medizinischem Fachpersonal ange- Produkten. Bisher sind hierfür in Deutschland etwa wandt werden. Gerade auch bei den weitreichenden Kon- 65 Behörden verantwortlich, was zu Intransparenz und sequenzen, die ein positives Ergebnis für den Betroffenen uneinheitlicher Rechtsanwendung geführt hat. Die Neu- mit sich bringt, ist eine professionelle Beratung und Be- ordnung der Zuständigkeiten auf Länder- und Bundes- gleitung dringend erforderlich. Diese findet bei einem ebene wird zu mehr Sicherheit und Effizienz in der Praxis Heimtest nicht statt. Ich möchte nicht, dass ein Mensch führen. am Rande einer Party, wo heute zum Teil Tests von Orga- (B) nisationen angeboten werden, oder alleine in seiner Woh- (D) Gerade bei der Genehmigungspflicht von klinischen nung mit der schwerwiegenden Diagnose konfrontiert Prüfungen wurde in den parlamentarischen Beratungen wird, HIV-infiziert zu sein. Eine ärztliche Begleitung vom erreicht, dass bei Medizinprodukten mit geringem Sicher- ersten Moment an ist wichtig, gerade für den Betroffenen. heitsrisiko von dem generellen Genehmigungserfordernis Deshalb haben wir im vorliegenden Gesetzentwurf fest- durch das BfArM abgesehen werden kann. Um einen un- geschrieben, dass diese Tests im Ergebnis nur an Ärzte angemessen hohen Prüfungsaufwand bei diesen Produk- und an medizinische Einrichtungen unter ärztlicher Lei- ten zu vermeiden, wird die Behörde in diesem Fall im tung abgegeben werden dürfen. Damit ist sichergestellt, Kern eine Plausibilitätsprüfung der eingereichten Unter- dass diese Tests unter fachlicher Aufsicht und mit dem lagen vornehmen und nur in Zweifelsfällen weitere Angebot der Beratung durchgeführt werden. Schritte einleiten. Ich begrüße es sehr, dass wir eine risi- kobasierte Regelung der Genehmigungsmodalitäten für Ich bin mir sicher, dass wir mit dem Gesetz zur Ände- Medizinprodukte mit geringem Sicherheitsrisiko erreicht rung medizinprodukterechtlicher Vorschriften einen gro- haben. Damit braucht die Medizinprodukteindustrie kei- ßen Schritt vorankommen, um die Medizinprodukte in nen unangemessenen Bürokratieaufwand und keine Dop- Deutschland für die Patientinnen und Patienten noch si- pelprüfungen zu befürchten, und das BfArM kann sich auf cherer zu machen. Ich bitte Sie deshalb, diesem Gesetz- die Fälle konzentrieren, bei denen ein höheres Risiko vor- entwurf zuzustimmen. liegt. Damit ist letztlich auch dem Probandenschutz ge- dient. Dr. Marlies Volkmer (SPD): In Bezug auf die Anforderungen an die Aufbereitung Ich möchte behaupten, dass nahezu jeder Bürger be- von Medizinprodukten, was bereits mehrfach Thema kri- reits in seinem Leben mit Medizinprodukten in Berührung tischer Medienberichterstattungen war, wurde eine neue gekommen ist, ob mit Verbandmaterial, mit Kontaktlin- erweiterte Ermächtigungsgrundlage geschaffen. Damit sen, Zahnimplantaten oder einem künstlichen Gelenk. werden die Möglichkeiten für Vorschriften zur Aufberei- Wie die Aufzählung zeigt, ist das Risiko, das mit einem tung von Medizinprodukten, für die bisher keine ausrei- Medizinprodukt verbunden ist, sehr unterschiedlich. Am chende Ermächtigung im Medizinproduktegesetz vorhan- höchsten ist das Risiko unter anderem da, wo das Medi- den war, erweitert. Bei der Frage der Aufbereitung von zinprodukt dauerhaft im Körper verbleibt. Patientinnen Medizinprodukten gilt es Folgendes zu beachten: Auf der und Patienten müssen hier in besonderer Weise sicherge- einen Seite haben natürlich die Hersteller ein Interesse, hen können, dass die verwendeten Medizinprodukte möglichst viele Produkte als Einmalprodukte zu deklarie- höchsten Sicherheitsstandards entsprechen und die Über- ren. Dies kann aus Sicherheitsgründen geboten sein, wachung effizient organisiert ist.

Zu Protokoll gegebene Reden 24760 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Dr. Marlies Volkmer (A) Ehe ein Medizinprodukt in Verkehr gebracht wird, Das mehrgleisige Verfahren ist notwendig, da Bun- (C) muss es intensiv geprüft werden. Für besonders risikorei- desoberbehörde und Ethikkommission verschiedene Auf- che Medizinprodukte der Klasse III, zum Beispiel Herz- gaben haben: Die Ethikkommission prüft die ethischen klappen, und für implantierbare Medizinprodukte, zum und rechtlichen Voraussetzungen der Prüfung, das Beispiel Herzschrittmacher, müssen europäischem Recht BfArM die sicherheitstechnische Unbedenklichkeit des zufolge neben einer klinischen Bewertung klinische Prü- Produktes. Natürlich gibt es teilweise Überschneidungen, fungen an Probanden bzw. Patienten durchgeführt wer- aber tatsächlich ist erst im Zusammenspiel der umfassen- den. den materialtechnischen, wissenschaftlichen und ethi- schen Begutachtung sichergestellt, dass das Verhältnis Die gesetzlichen Regelungen im Medizinproduktebe- von Nutzen und Risiko angemessen bewertet werden reich unterscheiden sich derzeit grundlegend von denen kann. Gleichzeit kann damit die Qualität der Studien er- im Arzneimittelbereich. Im Arzneimittelbereich wird ein höht werden. hohes Schutzniveau der Probanden und Patienten garan- Zum Schutz der Sicherheit von Probanden und Patien- tiert und damit auch Vertrauen in die Wirksamkeit und Si- ten bei klinischen Prüfungen ist es notwendig, auftretende cherheit der geprüften Wirkstoffe geschaffen. Anders ist schwerwiegende unerwünschte Ereignisse während klini- das bei Medizinprodukten. Die bisherigen Regelungen scher Prüfungen umfassend zu erfassen, wissenschaftlich sind intransparent, und das Niveau des Probanden- und zu bewerten und gegebenenfalls Korrekturen zu veranlas- Patientenschutzes ist um vieles geringer als im Arzneimit- sen. Auch diese Aufgabe wird künftig das BfArM inneha- telbereich. So kann zum Beispiel derzeit eine klinische ben. Die Überwachung der Hersteller und der Anwender Prüfung mit Medizinprodukten sofort nach einer forma- von Medizinprodukten ist einer der Schlüssel für die len Anzeige begonnen werden, eine Genehmigung ist Patientensicherheit nach dem Marktzugang. Als Voraus- nicht erforderlich. Notwendig ist lediglich eine Stellung- setzung einer bundeseinheitlichen und qualifizierten nahme einer beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Marktüberwachung ermöglicht das Gesetz eine bundes- Medizinprodukte, BfArM, registrierten Ethikkommission. einheitliche Regelung in einer Rechtsverordnung. Dies können auch freie private Kommissionen sein, bei denen Sponsoren gegen Entgelt Gutachten in Auftrag ge- Eine wichtige Regelung des Gesetzes betrifft HIV/ ben. Man muss kein Experte für das Medizinprodukte- Aids-Tests für Laien, die in anderen europäischen Län- recht sein, um zu erkennen, dass unabhängige Stellung- dern und über das Internet angeboten werden. Einige nahmen nur durch unabhängige Gremien möglich sind. Hersteller planen bereits, die Tests auch auf den deut- Dabei wurde bisher davon ausgegangen, dass die Ethik- schen Markt zu bringen. Dies ist vor allem deshalb kommission so viel Sachverstand hat, dass sie neben der schwierig, da Laien die Resultate des Testverfahrens (B) ethischen und wissenschaftlichen Bewertung des Prüf- nicht richtig interpretieren können: Ein positives Ergeb- (D) plans zum Beispiel auch die sicherheitstechnische Unbe- nis dieses Schnelltests muss immer erst durch einen Be- denklichkeit des Produkts bewerten könnte. Die für diese stätigungstest wiederholt werden, ehe die Diagnose Aufgabe spezialisierte benannte Stelle, zum Beispiel der sicher gestellt werden kann. Medizinische Fachkreise be- tonen deshalb, dass diese Tests nur eingesetzt werden TÜV, benötigt dafür allerdings mehrere Tage und Wo- sollten, wenn eine Beratung sichergestellt ist. Davon ab- chen. Dagegen wurde immer wieder von Ethikkommis- gesehen muss gewährleistet sein, dass die in Deutschland sionen berichtet, die ihre positiven Stellungnahmen in- bestehende HIV-Meldepflicht erfüllt werden kann. Das nerhalb weniger Tage abgaben. Gesetz sieht daher vor, dass die Abgabe auf Ärzte, Ge- Problematisch sind auch die derzeit vorhandenen sundheitsbehörden und ambulante und stationäre Ein- zahlreichen Zuständigkeiten auf Länder- und Bundes- richtungen im Gesundheitswesen sowie Apotheken und ebene. Insbesondere im Zusammenhang mit der Einstu- Großhandel beschränkt wird. Letztere dürfen die Tests fung von Medizinprodukten und der Abgrenzung zu ande- aber nur an Ärzte abgeben. ren Produkten führt die Zuständigkeit von mehr als Ich bin überzeugt davon, dass mit dem Gesetz sowohl 60 Behörden zu Nachteilen für die betroffenen Hersteller. der Probanden- und Patientenschutz bei klinischen Prü- fungen von Medizinprodukten als auch die Sicherheit von Vor diesem Hintergrund führen wir aus Anlass der Medizinprodukten generell verbessert werden können. Umsetzung von europäischem Recht einige grundlegende Änderungen im Medizinprodukterecht ein. Zentral ist die Einführung einer Genehmigungspflicht für klinische Prü- Jens Ackermann (FDP): fungen mit Medizinprodukten zentral beim BfArM, wie es Das Medizinproduktegesetz hat sich in seiner gültigen sie bei Arzneimitteln bereits seit langer Zeit gibt. Dabei Fassung bewährt. Die bestehenden Vorschriften zu Be- kann die Bundesoberbehörde bei Produkten mit einem ginn, Durchführung, Überwachung und Dokumentation geringen Sicherheitsrisiko entscheiden, dass es keiner von klinischen Studien stellen einen guten Schutz für Pro- Genehmigung bedarf. Neben der Genehmigung durch die banden, Patienten und Hersteller von Medizinprodukten Bundesoberbehörde muss vor dem Beginn einer Prüfung dar. Wenn wir heute über eine Novellierung zu befinden haben, müssen wir uns deshalb an folgenden Kriterien auch eine zustimmende Bewertung einer Ethikkommis- orientieren: sion vorliegen. Die Ethikkommission muss nach Landes- recht gebildet, unabhängig und interdisziplinär besetzt Erstens: Alle rechtlichen Änderungen müssen sich da- sein. Die von ihr abgegebenen Bewertungen sind, wie im ran messen lassen, ob sie geltendes Europarecht eins zu Arzneimittelbereich auch, Verwaltungsakte. eins umsetzen. Für strengere Auflagen – wie sie bei ande-

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24761

Jens Ackermann (A) ren EU-Rechtsakten in diesem Haus schon häufig be- in dieser Hinsicht bewährt hat. Da hier niemand mit EG- (C) schlossen wurden – darf auch in Anbetracht der schwie- Recht, das es umzusetzen gilt, argumentieren kann, hätte rigen Lage der mittelständischen Wirtschaft kein Platz ich mir gewünscht, dass die Regierung im Vorfeld ent- sein. sprechende Daten erhoben hätte. Zweitens: Alle Änderungen, die wir vornehmen, müs- Die nun vorgesehenen Neuregelungen werden zu Dop- sen für Patienten und Probanden einen echten Mehrwert pelprüfungen und damit verbunden zu einem erheblichen an Sicherheit bringen. Bei klinischen Prüfungen und Stu- bürokratischen und finanziellen Mehraufwand sowohl dien haben wir es häufig mit invasiven Produkten zu tun, aufseiten der Unternehmen als auch aufseiten des Bun- die zumindest für eine längere Zeit im Organismus ver- desamts für Arzneimittel und Medizinprodukte führen, bleiben. Hier muss uns daran gelegen sein, das höchst- ohne dass es auch nur einen Hinweis auf einen Mehrwert mögliche Schutzniveau herzustellen bzw. zu wahren. an Sicherheit für Patienten und Probanden gäbe. Drittens: Reformen, die wir im Medizinproduktegesetz Allerhöchstens ein Placebo-Effekt wird auch bei der durchführen, sollten die Hersteller von Medizinprodukten zweiten zentralen Neuerung zu beobachten sein: der Ein- im internationalen Wettbewerb stärken und den For- setzung der Ethikkommissionen nach Landesrecht. Die schungsstandort Deutschland festigen. Änderungen der §§ 22 bis 24 werden zu einer Verdrän- Der Entwurf, der uns heute vorliegt, wird diesen An- gung universitärer und privatrechtlich organisierter sprüchen leider nicht gerecht, und das, obwohl wir nach Ethikkommissionen führen, ohne dass auch hier ein mehrmaliger Ausschussberatung und einer sehr informa- Mehrwert für Patienten, Probanden oder Hersteller er- tiven Anhörung schon längst weiter sein müssten. Zwar kenntlich wird. Im Gegenteil: Die Strukturen, die sich im wurden im Vergleich zur ersten Vorlage einige Verbesse- Hinblick auf Patientensicherheit, Effizienz und Fachwis- rungen eingearbeitet, was insbesondere die Rechts- sen etabliert haben, werden leichtfertig verändert. Dies konformität mit EG-Recht betrifft, dennoch laufen die ist zwar nicht zum Vorteil der Patienten, aber ganz sicher zentralen Neuerungen unserem Bestreben, ein hohes zum Nachteil für Unternehmen, die mit verzögerten Voten Schutzniveau für Patienten und Probanden mit der Stär- zu rechnen haben. Das bedeutet, dass sich die Innova- kung mittelständischer Unternehmen im internationalen tionszyklen dieses wichtigen Industriezweiges verlang- Wettbewerb in Einklang zu bringen, zuwider. Lassen Sie samen werden, was im internationalen Wettbewerb ein mich deshalb auf die Punkte eingehen, die mir als libera- erhebliches Risiko birgt. Im Vergleich zu den nicht gere- lem Gesundheitspolitiker Magenschmerzen bereiten. gelten Übergangsfristen, ist dies allerdings fast schon ein vernachlässigenswertes Problem: Die Hersteller von Die im Gesetzesentwurf in § 20 (1) und § 22 a) vorge- Medizinprodukten müssen Investitions- und Vertrauens- (B) sehene Genehmigungspflicht von klinischen Prüfungen schutz genießen. Das bedeutet, dass bei allen Verände- (D) geht über die europarechtlichen Anforderungen, die sich rungen prüfrechtlicher Vorschriften angemessene Über- aus Art. 15 der Richtlinie 93/42/EWG und Art. 10 der gangszeiträume eingeräumt werden müssen. Ein zu früh Richtlinie 90/385/EWG nach der Änderung durch die gewählter Stichtag belastet nicht nur Unternehmen mit Richtlinie 2007/47/EWG ergeben, hinaus. Daran kann zusätzlichen Dokumentations- und Prüfpflichten, son- auch die durch die Koalitionsfraktionen eingebrachte dern bedeutet auch für das BfArM einen unverhältnismä- Ausnahmeregelung für Medizinprodukte mit geringem Si- ßig hohen administrativen Aufwand. cherheitsrisiko nichts ändern. Ich habe versucht, von der Bundesregierung verlässliche Daten zu erhalten, die Der Regierungsentwurf führt weder zu einem besseren diese Verschärfung rechtfertigen. Es gibt sie nicht! Ein Schutz der Patienten und Probanden noch bringt er einen einziges Bundesland konnte über nachträgliche Abbrü- Mehrwert für Medizinprodukteunternehmen. Er geht an che klinischer Studien valide Zahlen vorlegen. Ein einzi- zentralen Stellen verschärfend über geltendes EU-Recht ges! Und nun raten Sie einmal, wie viele Studien dort zwi- hinaus und ist mit den neu eingeführten Berichts-, Doku- schen 1995 und 2008 abgebrochen werden mussten. mentations- und Genehmigungspflichten geeignet, den Ganze 10 Studien – bei einer Gesamtzahl von 326. Nun Forschungsstandort Deutschland zu schwächen und die kann ich jeden verstehen, der sagt, auch 10 Studien sind hier ansässigen Unternehmen mit zusätzlichem adminis- zu viel. Da bin ich ganz bei Ihnen. Aber es existieren keine trativen und finanziellen Aufwand zu belasten, ohne dass Daten zur Risikoklassifizierung, was heißt, dass es sich diese gesetzlichen Neuregelungen ein verbessertes bei den Fällen auch um 10 Studien mit Verbandsmaterial Schutzniveau bedeuten würden. Eine solche Politik wird gehandelt haben könnte. die FDP in diesem Hause nicht unterstützen. Wir lehnen den Gesetzentwurf deshalb ab. Einen Hinweis auf den Aspekt der Risikoklassifizie- rung haben wir aber während der Anhörung bekommen. Das dort vertretene Unternehmen musste in den letzten Frank Spieth (DIE LINKE): 13 Jahren nicht eine einzige Studie mit seinen Hochrisi- Medizinprodukte sollen zukünftig geprüft und sicherer koprodukten – darunter implantierbare Defibrillatoren gemacht werden. Damit sollen die Patienten in Deutsch- und Herzschrittmacher – im Nachhinein abbrechen. Jetzt land besser geschützt werden. Dieses zentrale Anliegen mögen Sie einwenden, dass auch diese Angabe statistisch des hier zu beratenden Medizinproduktegesetzes wird von nicht besonders valide erscheint, und auch hier gebe ich uns voll und ganz unterstützt. Künstliche Hüftgelenke Ihnen recht. Aber ich frage Sie: Wenn uns keine entspre- oder Herzschrittmacher sind keine normalen Handelswa- chenden Unterlagen, Nachweise oder Daten vorliegen, ren, sondern sie sind medizinische Hilfsmittel, an deren dann können wir auch nicht bewerten, ob sich das Gesetz Funktionsfähigkeit im Interesse der Patienten höchste

Zu Protokoll gegebene Reden 24762 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Frank Spieth (Die Linke) (A) Anforderungen zu stellen sind. Diese Produkte dürfen aber auch Sanktionsmöglichkeiten in das Gesetz schrei- (C) nicht ohne vorhergehende fachlich qualifizierte Prüfung ben. Aber genau dies wollte die Koalition nicht, obwohl auf den Markt gebracht werden. Die Gewinninteressen das BfArM das Einführen von Sanktionsmöglichkeiten der Hersteller dürfen keinen Vorrang vor der Gesundheit begrüßen würde. Wir halten diese Unterlassung für fahr- der Patienten haben. Patientenschutz muss an erster lässig gegenüber den Patienten! Stelle stehen, auch wenn es dadurch für die Hersteller zu einer Verzögerung in der Einführung neuer Produkte Der Gesetzentwurf ist ein Schritt in die richtige Rich- kommt. tung, und er ist gegenüber dem bisherigen Zustand im Sinne des Patientenschutzes ein eindeutiger Fortschritt. Diesem Grundsatz der Patientensicherheit folgt die Da aber die Wiederverwendung von Einmalprodukten Bundesregierung mit diesem Gesetz in weiten Bereichen. nicht untersagt oder wenigstens geregelt wird und die Bedauerlicherweise wurden aber einige Forderungen Sanktionsmöglichkeiten fehlen, wird sich die Fraktion und Hinweise aus der Fachdebatte, auch mit den Sach- Die Linke bei dem Gesetzentwurf enthalten. verständigen, von der Koalition nicht in das Gesetz auf- genommen. Studien belegen, dass über 80 Prozent der Patienten nicht wissen, dass Einmalprodukte, wie zum Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Beispiel Schläuche, aufbereitet und wiederverwendet NEN): werden. Für diese wenig vertrauenerweckende Praxis Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen gibt es bisher keine verbindliche Regeln. Die hätte man in wird sich bei der Abstimmung zur Novelle des Medizin- diesem Gesetz treffen können. Wiederverwendete Einmal- produktegesetzes – kurz MPG – enthalten. Im Wesent- produkte sind eine Gefahr für die Patientensicherheit. In lichen können wir uns mit den getroffenen Regelungen einer Studie mit über 2 000 aufbereiteten Produkten wird einverstanden erklären, gleichen sie doch deutsches belegt, dass fast die Hälfte der Produkte Oberflächen- Recht an europäische Vorgaben an. Die Zentralisierung schäden und Verschmutzungen aufwies. Das ist eine Be- der Einstufung und Klassifizierung von Medizinproduk- drohung der Gesundheit der Patienten. Andere Länder ten beim BfArM als oberster Bundesbehörde halten wir verbieten daher die Mehrfachwendung von Einmalpro- für sinnvoll. Das gilt ebenso für die Regelung, In-vitro- dukten in der Medizin. Das Medizinproduktegesetz wäre Diagnostika zur Erkennung von HIV-Infektionen künftig der richtige Ort gewesen, Abhilfe zu schaffen und die nur noch an ausgewählte Personen bzw. Einrichtungen Wiederaufbereitung gesetzlich zu regeln oder auch zu abzugeben und damit sogenannte HIV-Heimtests zu un- verbieten. Doch die Koalition hat diese Möglichkeit nicht terbinden. genutzt. Grundsätzlich begrüßen wir auch, dass klinische Prü- Ein weiteres Problem: Es wird jetzt zwar gesetzlich ge- fungen künftig einer Genehmigung bedürfen sollen. Wir (B) (D) regelt, dass die Hersteller von Medizinprodukten Mängel verstehen jedoch nicht, warum die Koalition in letzter Mi- an die zuständige Bundesbehörde, das Bundesinstitut für nute unbedingt noch Ausnahmen für diese Regel beschlie- Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM, melden müs- ßen und sich dem Druck der Industrie beugen musste. Bei sen. Diese Mitteilungsverpflichtung hat allerdings, wenn Medizinprodukten mit „geringem Sicherheitsrisiko“ soll sie verletzt wird, keine Folgen für die Hersteller. Wenn die demnach eine Genehmigung durch die oberste Bundesbe- Meldung durch die Hersteller zu spät oder gar nicht er- hörde nicht zwingend erforderlich sein. Was aber ist „ri- folgt, dann bleibt es bei Briefen oder Mahnungen. Die sikoarm“? Dies soll nun in einer Rechtsverordnung ge- Linke findet, dass diese Unterlassung zu einer Sanktion, klärt werden, die dem Einfluss des Parlaments entzogen zu einem Bußgeld führen muss, das dem Hersteller weh- ist. Unseres Erachtens hätte die ursprünglich im Gesetz- tut. Alles andere ist wirkungslos. Wenn also der Hersteller entwurf vorgesehene Regelung völlig ausgereicht, um eines künstlichen Hüftgelenks davon erfährt, dass fünf bei unnötige Bürokratie zu vermeiden. Danach hätte eine Ge- Patienten eingebaute Gelenke gebrochen sind, dann muss nehmigung dann als erteilt gegolten, wenn die Bundesbe- er nach dem Gesetz den Vorfall dem BfArM melden, damit hörde 30 Tage nach Eingang des Antrags keine Einwände weiterer Schaden vermieden werden kann. Hält sich der erhoben hätte. Hersteller an das Gesetz und meldet die Probleme, hat das möglicherweise Konsequenzen für die Zulassung des Pro- Ebenfalls begrüßt haben wir die noch eingebrachten dukts und damit für den Gewinn des Unternehmens. Mel- Änderungen der Großen Koalition, die den Patienten- det der Hersteller das Problem nicht, passiert ihm nichts; schutz bei klinischen Prüfungen verbessern sollen. Münd- aber dafür kommen Menschen zu Schaden. liche Einwilligungen sollen nur dann möglich sein, wenn ein Zeuge für den Betroffenen anwesend ist und auch in Erst vor knapp zwei Jahren ist es zu einem Medizinpro- die Aufklärung einbezogen wird. Wir hätten uns an dieser dukteskandal gekommen. Damals wurde man darauf auf- Stelle zwar den Zusatz gewünscht, dass es sich dabei um merksam, dass Hüftgelenksprothesen eines Herstellers eine „Person des persönlichen Vertrauens“ handeln häufig brachen. Da diese Fälle nicht nur in Deutschland, muss. Dennoch stimmt die Richtung. Auch die Streichung sondern in mehreren EU-Staaten auftraten, habe ich der Vorschrift im MPG, nach der eine Aufklärung und schon damals gefordert, eine europäische Behörde zu Einwilligung in besonders schweren Fällen ausbleiben schaffen, die für die Sicherheit und die Überwachung zu- könne, begrüßen wir. Problematisch sind außerdem As- ständig ist. Wäre man bereits nach den ersten fünf Brü- pekte, die die Koalition mit der MPG-Novelle zu regeln chen auf das Problem aufmerksam geworden, hätten Dut- versäumt. So hätte der Patientenschutz noch deutlicher zenden anderen Patienten Schmerzen und zusätzliche gestärkt werden können. So sind für Minderjährige keine Operationen erspart werden können. Dafür muss man besonderen Aufklärungsbestimmungen ins Gesetz aufge-

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24763

Elisabeth Scharfenberg (A) nommen worden. Dies wäre nach unserer Ansicht aber Diese Maßnahmen sind grundsätzlich geeignet, das (C) notwendig. Leistungs- und Sicherheitsniveau von Medizinprodukten weiter zu erhöhen. Eine unzumutbare Belastung der Her- Des Weiteren gab es unseres Erachtens zu Recht For- steller ergibt sich hieraus nicht, da bei bisher korrekter derungen, auch dem Gemeinsamen Bundesausschuss ein Anwendung des geltenden Rechts und Beachtung der ge- Anrufungsrecht gegenüber der obersten Bundesbehörde botenen Sorgfaltspflichten der Mehraufwand eine vertret- einzuräumen, sollte es zu Meinungsunterschieden kom- bare Größenordnung nicht überschreiten dürfte. men, wie ein Medizinprodukt zu klassifizieren ist. Die Koalition ist dem nicht nachgekommen. Wir begrüßen Nach diesen grundsätzlichen Anmerkungen zur Richt- ebenfalls, dass schwerwiegende Vorkommnisse bei Prü- linie möchte ich im Folgenden auf die zentralen Punkte fungen künftig gemeldet werden müssen. Trotz des Hin- des Gesetzentwurfs näher eingehen. weises etwa vonseiten der Krankenkassen hat es die Ein Kernelement des vorliegenden Gesetzentwurfes ist Koalition aber versäumt, diese Meldepflicht mit Sanktio- die umfängliche Umgestaltung der Bestimmungen zu kli- nen zu bewehren, sollten die Hersteller bzw. Prüfstellen nischen Prüfungen von Medizinprodukten. Derzeit sind dieser Pflicht nicht nachkommen bzw. Meldungen zu spät die Voraussetzungen für klinische Prüfungen von Arznei- einreichen. mitteln und Medizinprodukten sehr unterschiedlich gere- gelt. Neben der im Gegensatz zu Arzneimitteln nichtstaat- Auch das Problem der Aufbereitung medizinischer lichen Zulassung und der gleichzeitig weit verbreiteten Einmalprodukte hat die Koalition mit dem Gesetz nicht Unkenntnis über die Rahmenbedingen des sogenannten aufgegriffen. Es ist aber zu begrüßen, dass die Bundes- New Approach sind auch die Unterschiede bei den klini- regierung mit der vorliegenden Beschlussempfehlung des schen Prüfungen der Grund für gewisse Vorbehalte hin- Ausschusses immerhin aufgefordert wird, „zeitnah“ sichtlich der Sicherheit von Medizinprodukten. Die beste- Empfehlungen zur Umsetzung solcher Regelungen vorzu- henden Unterschiede zwischen den klinischen Prüfungen legen. Das ist zwar zeitlich sehr unbestimmt und kann von Arzneimitteln und Medizinprodukten werden von et- sich bis Mitte 2010 hinziehen, aber es ist besser als lichen Fachleuten als nicht gerechtfertigt angesehen. nichts. Die Änderungen der Grundlagen für klinische Prüfun- gen in der Richtlinie 2007/47/EG werden daher zum An- Rolf Schwanitz, Parl. Staatssekretär bei der Bun- lass genommen, sich des Themas grundsätzlich anzuneh- desministerin für Gesundheit: men und im Interesse der Patientensicherheit eine Wir verabschieden heute ein Gesetz, mit dem insbeson- angemessene Angleichung an die Bestimmungen über kli- dere die europäische Richtlinie 2007/47/EG in das natio- nische Prüfungen mit Arzneimitteln vorzunehmen: (B) nale Recht umgesetzt wird. (D) Zentrale Anlaufstelle wird das BfArM. Die Zuständig- Diese Richtlinie beinhaltet eine Reihe von wichtigen keiten sollen künftig somit weitgehend zentralisiert wer- Verbesserungen im Dienste der Produkt- und Patienten- den. sicherheit. Hervorzuheben sind dabei die umfangreichen Voraussetzung für eine klinische Prüfung wird künftig Änderungen und Präzisierungen bezüglich der erforder- eine Genehmigung durch das BfArM – innerhalb von lichen klinischen Bewertungen und der klinischen Prü- 30 Tagen; ansonsten fiktive Genehmigung – sein. fungen von Medizinprodukten. Für Medizinprodukte muss vor dem Markteintritt nicht nur deren technische Si- Verpflichtend soll künftig auch eine positive Zustim- cherheit nachgewiesen werden, vielmehr muss der Her- mung einer nach Landesrecht gebildeten und damit zu- steller auch die Erfüllung der klinischen Leistungsfähig- ständigen Ethik-Kommission sein. keit seiner Produkte im Rahmen von klinischen Die Aufgaben zwischen der Ethik-Kommission und Bewertungen beziehungsweise klinischen Prüfungen dem BfArM werden klar getrennt. nachweisen können. Gleichzeitig wurden die Anforderun- gen an die Marktzugangsvoraussetzungen für Medizin- In der Medizinprodukte-Sicherheitsplan-Verordnung produkte mit „mittleren“ Risiken verschärft. Für diese wird geregelt, dass das BfArM für die Bewertung von Produkte wird zusätzlich zu einem funktionierenden und Meldungen über schwerwiegende unerwünschte Ereig- den einschlägigen internationalen Normen entsprechen- nisse zuständig ist. den Qualitätsmanagementsystem auch eine unabhängige Die Länder sollen weiterhin für die Überwachung der Produktprüfung einzelner repräsentativer Produkte ge- klinischen Prüfungen zuständig bleiben und werden des- fordert. halb vom BfArM unverzüglich über die genehmigten kli- Nach einigen negativen Erfahrungen mit Produkten nischen Prüfungen und die aufgetretenen schwerwiegen- den unerwünschten Ereignisse informiert. aus dem Homecare-Bereich wurden die Anforderungen an die technische Sicherheit dieser Produkte durch eine Insbesondere die Medizintechnikverbände haben sich stärkere Betonung einer laiengerechten Produktaus- gegen eine Genehmigungspflicht positioniert. Im Ge- legung, die die Fähigkeiten der Patienten besser be- setzgebungsverfahren ist aus meiner Sicht ein guter rücksichtigt, erhöht. Um den europäischen Medizin- Kompromiss gefunden worden. So kann die zuständige produktemarkt weiter harmonisieren zu können, wurden Bundesoberbehörde bei klinischen Prüfungen von Medi- Möglichkeiten zur rechtsverbindlichen Abgrenzung von zinprodukten mit geringem Sicherheitsrisiko von dem ge- Medizinprodukten zu anderen Produkten eingeführt. nerellen Genehmigungserfordernis absehen.

Zu Protokoll gegebene Reden 24764 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Parl. Staatssekretär Rolf Schwanitz (A) Hinsichtlich der Einstufung und Klassifizierung von werden dürfen. Voraussetzung: Eine ärztliche Beratung (C) Medizinprodukten wird in § 13 Abs. 2 vorgesehen, dass muss sichergestellt sein. Apotheken und Großhandel sind bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Hersteller in den Versorgungsweg einbezogen. Die Regelung ist auf und einer benannten Stelle das BfArM die Angelegenheit drei Jahre befristet, um im Lichte der Erfahrungen eine abschließend entscheiden soll. Auf diese Weise können eventuell zu modifizierende Anschlussregelung vorlegen zentrale Entscheidungen bundeseinheitlich implemen- zu können. tiert werden. Dies bedeutet eine wesentliche Erleichte- rung für Hersteller, aber auch für das BMG, da es künftig Insgesamt werden wir heute ein sehr gutes Gesamtpa- einen einheitlichen deutschen Standpunkt gibt, was Dis- ket zum Medizinproduktebereich beschließen, das sowohl kussionen auf europäischer Ebene erheblich erleichtern den Anspruch der Patienten an sichere Medizinprodukte wird. zufriedenstellt als auch die berechtigten Interessen der Medizintechnikindustrie beachtet. Die Überwachung der medizinprodukterechtlichen Vorschriften durch die Länder ist eine unabdingbare Vo- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: raussetzung für die Umsetzung dieser Vorschriften. Der Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Erfahrungsbericht des BMG zur Aufbereitung von Medi- Gesundheit empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf zinprodukten in Deutschland hat erneut gezeigt, dass bei Drucksache 16/13211, den Gesetzentwurf der Bundesregie- der Überwachung noch Unterschiede zwischen den ein- rung auf den Drucksachen 16/12258 und 16/12676 in der zelnen Ländern bestehen. Das betrifft sowohl die perso- Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die nelle Ausstattung als auch die fachliche Kompetenz des dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen Überwachungspersonals. wollen, um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Ent- Um dem Ziel einer bundeseinheitlichen qualitätsgesi- haltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Be- cherten Überwachung einen entscheidenden Schritt nä- ratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen herkommen zu können, ist eine Ermächtigung zum Erlass die Stimmen der FDP-Fraktion bei Enthaltung der Frak- einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift vorgesehen. tion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke Diese soll Vorschriften zur Qualitätssicherung, zur Sach- angenommen. kenntnis der mit der Überwachung beauftragten Perso- Dritte Beratung nen, zur Ausstattung, zum Informationsaustausch und zur Zusammenarbeit der Behörden enthalten. und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Die erweiterte Ermächtigungsgrundlage ist eine Kon- Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf sequenz aus dem bereits erwähnten Erfahrungsbericht ist mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie bei der (B) des BMG zur Aufbereitung von Medizinprodukten in zweiten Lesung angenommen. (D) Deutschland, den wir im vergangenen Jahr dem Aus- Ich rufe Tagesordnungspunkt 29 auf: schuss zur Verfügung gestellt haben. Damit werden die Möglichkeiten für zusätzliche Anforderungen an die Auf- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- bereitung von Medizinprodukten geschaffen. So sollen richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech- zum Beispiel an die Aufbereitung und die Aufbereiter von nologie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abge- Medizinprodukten mit besonders hohen Anforderungen ordneten Horst Meierhofer, Michael Kauch, an die Aufbereitung zusätzliche Anforderungen gestellt Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und werden können. Dazu gehört eine Zertifizierungspflicht der Fraktion der FDP für bestimmte Aufbereiter. Ausgehend davon sind auch Anforderungen an die Zertifizierung von Aufbereitern Ökologische Konsumentenverantwortung und Anforderungen an die Konformitätsbewertungsstel- statt Produktlenkung durch den Staat – Euro- len, die von der zuständigen Behörde anerkannt werden, päische Ökodesign-Richtlinie grundsätzlich in das Medizinprodukterecht aufzunehmen. überarbeiten – Drucksachen 16/11912, 16/12739 – Verschiedene In-vitro-Diagnostika werden zur Eigen- anwendung als Heimtest angeboten, zum Beispiel Tests Berichterstattung: zur Blutzuckerbestimmung, Quick-Tests (Blutgerinnungs- Abgeordnete Ulla Lötzer faktoren) etc. Dieser Trend hat sich in letzter Zeit ver- stärkt. In einigen europäischen Mitgliedstaaten sowie im Die Kolleginnen und Kollegen Dr. Joachim Pfeiffer, Internet werden mittlerweile auch HIV-Tests für Laien Rolf Hempelmann, Horst Meierhofer, Dr. Herbert Schui angeboten. Einige Hersteller beabsichtigen, solche Tests und Sylvia Kotting-Uhl haben ihre Reden zu Protokoll auch auf den ökonomisch interessanten deutschen Markt gegeben. zu bringen. Medizinisch nicht ausgebildete Laien verfü- gen aber in der Regel nicht über die notwendigen Fach- Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): kenntnisse, um die Aussagekraft der Resultate dieser Bei allem Streit über die richtige Politik, in einem Testverfahren richtig interpretieren zu können. Deshalb herrscht in diesem Haus Einigkeit: Nur mit einer bezahl- sollen In-vitro-Diagnostika zur Erkennung von HIV-In- baren, sicheren und umweltfreundlichen Energieversor- fektionen künftig nur an Ärzte, ambulante und stationäre gung können wir unseren Lebensstandard in Deutschland Einrichtungen im Gesundheitswesen, an die Aids-Hilfe halten. Jedoch sehen wir uns hier gewaltigen Herausfor- und Gesundheitsbehörden zur Anwendung abgegeben derungen gegenüber: Klimawandel, steigende Energie- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24765

Dr. Joachim Pfeiffer (A) preise, begrenzte fossile Reserven und wachsende Im- liche Energieeinsparungen von 55 000 GWh – was (C) portabhängigkeit von politisch instabilen Regionen und 27 Millionen Tonnen CO2 bzw. der Leistung von zwei bis unzuverlässigen Partnerländern; um nur einige zu nen- drei Kernkraftwerken entspricht – erzielen ließen, wenn nen. 30 Prozent der in Gebäuden vorhandenen Einfachvergla- sungen durch Doppelscheiben ersetzt werden würden. Die Lösung für diese Herausforderungen beruht aus meiner Sicht auf drei zentralen Elementen: Energie muss Die Neufassung der Richtlinie soll insbesondere die effizienter genutzt werden als heute, CO2-freie und mo- Energieeffizienz verbessern und somit einen wesentlichen derne einheimische Energieträger müssen vorangebracht Beitrag zur Erreichung der Zielvorgaben für Treibhaus- und der Wettbewerb muss weiter gestärkt werden. Denn gasemissionen in der EU leisten. Die Elektrizitätsnach- nur der Markt liefert die kreativsten und innovativsten frage ist die am schnellsten wachsende Kategorie des Produkte zum besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Endenergieverbrauchs und wird Prognosen zufolge in den nächsten 20 bis 30 Jahren weiter steigen, sofern die Manchmal muss die Politik den Markt jedoch durch Politik nicht gegensteuert. entsprechende Rahmenbedingungen in eine gewisse Richtung lenken. Das ist bei der Energieeffizienz der Fall. Um eine breitflächige Markteinführung energieeffi- Energieeffiziente Produkte sind normalerweise in der An- zienter Produkte zu beflügeln, brauchen wir auf der einen schaffung teurer, amortisieren sich jedoch im Laufe der Seite anspruchsvolle Standards und auf der anderen Seite Zeit aufgrund der Energieeinsparungen. Insgesamt gese- eine verbraucherfreundliche und transparente Ver- hen sind energieeffiziente Produkte für den Kunden also brauchskennzeichnung der Produkte. Hier müssen wir günstiger. Leider ist es so, dass die meisten Verbraucher darauf achten, dass nicht – wie oft versucht – ordnungs- bei ihrer Kaufentscheidung die Lebenszykluskosten eines rechtlich das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird. Zu Produktes nicht einbeziehen und zu den billigsten Pro- viel Bürokratie und globale wie europaweite Wettbe- dukten greifen. Deshalb muss der Gesetzgeber hier ent- werbsverzerrungen müssen vermieden werden. sprechende Rahmenbedingungen für den Markt setzen. Energieeinsparungen sind darüber hinaus die kosten- Am Ende nutzt dieser Weg den Verbrauchern und dem günstigste Art, die Versorgungssicherheit zu erhöhen und Klima. die Abhängigkeit von Energieimporten zu verringern. Bis Da zu Zeiten einer globalisierten Welt solche Maßnah- zum Jahr 2020 strebt die Bundesregierung deshalb das men nur auf internationaler Ebene sinn- und wirkungs- Ziel an, die gesamtwirtschaftliche Energieproduktivität voll sind, hat die EU die Ökodesign-Richtlinie geschaf- gegenüber dem Jahr 1990 zu verdoppeln. Dies bedeutet, fen. Mit dem Vorschlag zur Neufassung der Ökodesign- dass im Jahr 2020 pro Einheit Bruttosozialprodukt nur Richtlinie, der am 24. April 2009 vom Europäischen Par- halb so viel Energie verbraucht werden soll wie im Jahr (B) lament angenommen wurde, hat die Kommission nun den 1990. Ein Patentrezept zur nachhaltigen Unterstützung (D) Rechtsrahmen auf alle energieverbrauchsrelevanten Pro- von Energieeinsparung und Energieeffizienz gibt es nicht. dukte ausgeweitet. Bislang beschränkten sich die Öko- Das ist schon allein deshalb so, weil die Vermeidung zu- design-Anforderungen auf energiebetriebene Produkte sätzlicher Bürokratien und unverhältnismäßiger staatli- wie etwa Heizkessel, Wasserbereiter, Computer, Fernseh- cher Eingriffe einen hohen wirtschaftspolitischen Stellen- geräte oder Industrieventilatoren. Auf energiebetriebene wert hat. Wie viele Beispiele insbesondere aus der Produkte entfällt ein großer Teil des Verbrauchs von na- deutschen Industrie zeigen, sind diejenigen Maßnahmen türlichen Ressourcen und Energie in der EU. Sie haben für Energieeinsparung und Energieeffizienz die wirk- auch eine Reihe weiterer wichtiger Umweltauswirkun- samsten, die sich aufgrund der Preis- und Kostenrela- gen. Bei den meisten in der EU auf dem Markt befindli- tionen über die Märkte selbst durchsetzen. chen Produktarten sind bei ähnlicher Funktion und Leis- Somit gilt es, staatliche Initiativen und Aktivitäten auf tung sehr unterschiedliche Umweltauswirkungen zu solche Bereiche zu konzentrieren, in denen wirtschaftlich beobachten. rentable und somit für die Volkswirtschaft an sich nützli- che Energieeinsparmaßnahmen deshalb nicht ergriffen Jetzt haben Vertreter des Europäischen Parlaments werden, weil es beispielsweise an Informationen oder di- und des Umweltministerrats einen Kompromiss für die rekten Anreizen mangelt oder die Transaktionskosten zu Ausgestaltung der neuen EU-Ökodesign-Richtlinie ge- hoch sind. funden. Es wurden Mindeststandards für die Effizienz neuer Produktgruppen, darunter zum Beispiel Fenster, Die Neufassung der Ökodesign-Richtlinie und deren Bau- und Dämmmaterialien, für den Fall festgelegt, dass Umsetzung in nationales Recht sind wichtige Schritte, um die Industrie keine freiwilligen Maßnahmen ergreift. Mit beim Thema „Energieeffizienz bei energieverbrauchs- der Ausweitung auf diese neuen Produkte bleibt die EU- relevanten Produkten“ voranzukommen. Dies dient als Ökodesign-Richtlinie nicht mehr länger nur auf energie- Rechtsrahmen und gewährleistet europaweit einheitliche verbrauchende Produkte beschränkt, sondern erweitert Verfahren. Details zu den einzelnen Produktgruppen wer- ihren Anwendungsbereich auch auf Produkte, mit denen den noch in Verordnungen erarbeitet. Hier kommt es auf der Energieverbrauch gesenkt werden kann. Zum Bei- die Spezifika des Produktes an, ob wir etwa den Top-Run- spiel verbrauchen sparsame Wasserhähne und Dusch- ner-Ansatz wählen oder weitergehende Ver- und Gebote köpfe nicht nur weniger Wasser, sondern auch weniger erlassen. Im engen Dialog mit der Industrie müssen und Energie bei der Warmwasserbereitung. Der Benutzungs- werden wir dafür sorgen, dass dieses Gesetz eine Win- komfort wird dadurch nicht beeinträchtigt. So wird win-Situation für alle schafft: für das Klima, da weniger beispielsweise geschätzt, dass in Europa bis 2020 zusätz- Ressourcen verbraucht werden, und für die Industrie

Zu Protokoll gegebene Reden 24766 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Dr. Joachim Pfeiffer (A) selbst, die mit innovativen Produkten erst den europäi- energieverbrauchenden Produkten von ökologischen und (C) schen und im weiteren Schritt auch den internationalen energetischen Mindeststandards sowie einer EU-weit Markt bedienen kann. Dazu binden wir die betroffene In- einheitlichen Energieverbrauchskennzeichnung profitie- dustrie bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales ren, sondern auch keinen einzigen Schritt hin zu mehr Recht eng ein. Dem liegt vor allem die Erwägung zu- Wettbewerb tun. Ganz im Gegenteil: Umweltfreundliche grunde, dass ein „Level Playing Field“ geschaffen wer- und energiesparende Produkte haben bei absehbar stei- den muss, in dem die gleichen Maßstäbe auch für Import- genden Energiepreisen sowie vor dem Hintergrund eines waren gelten. Denn produktbezogene Effizienzstandards ehrgeizigen Klimaschutzes eindeutige Wettbewerbsvor- werden derzeit in allen Teilen der Welt erarbeitet, von teile. Sie sind schon heute Exportschlager und werden Nordamerika über Australien bis China und Japan. Die dies in Zukunft noch viel mehr sein. Deutsche Hersteller Industrie hat daher ein erhebliches Bedürfnis daran, dass stehen hierbei an vorderster Front. Der Deutsche der europäische Binnenmarkt nicht zum Absatzplatz für Bundestag hat sich auf Initiative der SPD-Bundestags- ineffiziente billige Technologien, vor allem aus Fernost, fraktion bereits mehrfach für die Einführung eines wird. europäischen Top-Runner-Programms ausgesprochen. Mittlerweile bestätigen uns die Experten der Bundes- Die FDP möchte hier durch die Abschaffung bzw. regierung sowie von Verbraucherschutz- und Umweltver- grundlegende Revidierung der Ökodesign-Richtlinie das bänden, dass der europäische Ansatz mit der Ökodesign- Rad der Zeit wieder zurückdrehen und damit verhindern, Richtlinie dem japanischen Top-Runner-Ansatz gleich- dass die europäischen Unternehmen auch in Zukunft auf einem von Wettbewerb geprägten internationalen Markt wertig, wenn nicht sogar überlegen ist. bestehen können. Daher lehnt die Unionsfraktion den An- Der Top-Runner-Ansatz bezieht sich lediglich auf trag der FDP ab. Energieeffizienz der jeweiligen Produkte bzw. Produkt- kategorien und erklärt das jeweils beste Produkt einer Rolf Hempelmann (SPD): Kategorie zum Standard, der innerhalb einer vorgege- Die FDP-Fraktion fordert im vorliegenden Antrag, die benen Frist von allen Herstellern zu erreichen ist. Die Ökodesign-Richtlinie zurückzunehmen oder zumindest Sanktion bleibt mit der öffentlichen Nennung der Unter- grundlegend zu revidieren. Um eines gleich vorwegzu- nehmen, die die Vorgaben verfehlen, für europäische Ver- nehmen: Die SPD-Bundestagsfraktion wird diesem An- hältnisse allerdings recht mild. liegen auf keinen Fall zustimmen. Der europäische Ansatz ist dagegen deutlich breiter Die 2005 in Kraft getretene Ökodesign-Richtlinie ist sowie mehrschichtig aufgebaut. Durch die Ökodesign- ein Erfolgsmodell und beginnt erst jetzt, ihre volle Wir- Richtlinie sowie die Durchführungsverordnungen werden (B) kung zu entfalten. Die Richtlinie selbst setzt nur den Rah- klare Mindestanforderungen an Umwelteigenschaften (D) men für darauf aufsetzende Durchführungsverordnungen und Energieverbrauch gestellt. Es gibt – anders als in Ja- mit Mindeststandards für energiebetriebene Produkte, pan – eine untere Abschneidegrenze. Geräte, die diese die nun Stück für Stück erarbeitet werden. Für jede Pro- Mindestanforderungen nicht erreichen, dürfen in der EU duktgruppe werden in einem umfangreichen Verfahren gar nicht auf den Markt gebracht werden. Darüber hi- Mindeststandards vorgeschlagen, mit den betroffenen naus besteht die Möglichkeit für nationale Labels wie bei- Unternehmen diskutiert und schließlich verabschiedet. spielsweise den Blauen Engel oder Ecotopten-Auszeich- Im Rahmen dieses Prozesses wird nicht nur Wert gelegt nungen. Als drittes Kriterium kommt dann noch die auf Energieeffizienz, sondern auch auf eine umwelt- europaweit einheitliche Energieverbrauchskennzeich- freundliche und recyclinggerechte Gestaltung der Pro- nung der jeweiligen Produktgruppen hinzu, die die nötige dukte. Transparenz für die Kunden schafft. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Sie for- Für eine bessere Transparenz und Verbraucherinfor- dern, die ökologische Produktverantwortung nicht länger mation ist eine eindeutige und informative Kennzeich- einseitig als Produzentenverantwortung zu verstehen, nung – insbesondere im Hinblick auf den Energiever- sondern den Verbraucher als Nutzer stärker in den Vor- brauch – erforderlich. Dies ist einer der wenigen Punkte, dergrund zu stellen. Ich frage Sie, wer, wenn nicht der die wir im Rahmen der Ökodesign-Richtlinie kritisieren. Hersteller hat in erster Linie eine Verantwortung für Die europäische Energieverbrauchskennzeichnung ist seine Produkte? Selbstverständlich ist neben dem Produ- zwar dynamisch angelegt und wird – je nach Produkt- zenten auch der Kunde als Nutzer eines Produkts in der gruppe – alle drei bis fünf Jahre überprüft. Anstatt jedoch Verantwortung. Dieser weiß aber oft gar nichts über die die bisherige „A-G-Klassifizierung“ anzupassen, an die Zusammensetzung und Umweltfreundlichkeit seines Pro- sich die Verbraucher EU-weit in den letzten Jahren dukts und darüber hinaus möglicherweise nicht einmal gewöhnt haben, werden nun neue Klassen wie beispiels- etwas über dessen Energieverbrauch. weise „A-20%“ und „A-40%“ bei Haushaltsgeräten Im Rahmen der Ökodesign-Richtlinie werden Mindest- eingeführt. Zu allem Überfluss wird es zukünftig bei ver- standards erlassen, an die sich nicht nur alle europäi- schiedenen Produktgruppen verschiedene Klassifizierun- schen Hersteller zu halten haben, sondern auch außer- gen geben. So kann der effizienteste Kühlschrank zukünf- europäische Hersteller, sofern sie Produkte in die EU tig bei „A-40%“ liegen, der effizienteste Trockner aber liefern. Vor diesem Hintergrund würden wir mit einer Ab- vielleicht nur bei „A-20%“. Das ist nicht gerade hilf- schaffung der Ökodesign-Richtlinie nicht nur den Kun- reich, aber leider dem europäischen Kompromiss ge- den einen Bärendienst erweisen, die bei immer mehr schuldet. Hier besteht sicher weiterer Handlungsbedarf

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24767

Rolf Hempelmann (A) auf EU-Ebene, ohne dass dies jedoch ein Grund wäre, Irritiert hat mich darüber hinaus, dass die Idee für (C) den gesamten Ansatz infrage zu stellen. diese Richtlinie diesmal angeblich nicht aus der so viel gescholtenen, weil regulierungswütigen Kommission Besonders wichtig ist die Dynamisierung der Ver- kommt, sondern von der deutschen Bundesregierung. brauchskennzeichnung. Wenn – wie heute in Deutschland Praktisch, wenn man nicht selbst als Sündenbock herhal- zu beobachten – über 90 Prozent der Kühl- und Gefrier- ten muss, sondern Europa das übernimmt! Keine Frage, schränke die Energieeffizienzklasse „A“ erreichen, zeigt das Ziel, den individuellen Energieverbrauch zu optimie- dies zwar den Fortschritt, den die Hersteller in den ver- ren und der Energieverschwendung entgegenzuwirken, gangenen Jahren in Sachen Energieeffizienz erreicht ha- ist sinnvoll. Aber: Eine konkrete Produktlenkung durch ben. Die energieeffizientesten Produkte sind jedoch den Staat, wie das beim Glühbirnenverbot der Fall ist, schwerer erkennbar. Daher ist es gut, dass die Mindest- halten wir Liberale sowohl ordnungspolitisch als auch standards in klar definierten Zeitabständen überarbeitet ökologisch für falsch. werden. Wir Liberale sind der Meinung, effizienter Energiever- Die FDP-Fraktion übt besondere Kritik an der Über- brauch und der sparsame Umgang mit Ressourcen sind arbeitung der Ökodesign-Richtlinie. Die EU-Kommis- eher als Ergebnis privater Entscheidungen zu erwarten sion hat im Juli 2008 einen Vorschlag vorgelegt, den Gel- als durch hoheitliche Vorschriften. Und ich freue mich, tungsbereich der Richtlinie neben energiebetriebenen dass Professor Edenhofer das genauso sieht. Anstatt mit Produkten auch auf weitere energieverbrauchsrelevante Verboten wild um sich zu schlagen, kommt es uns deshalb Produkte auszuweiten, die „erhebliche Umweltauswir- insbesondere darauf an, dass die Verbraucher wissen, kungen“ sowie „erhebliches Potenzial für eine Verbesse- welche ökologischen Folgen ihr Handeln haben kann. rung seiner Umweltverträglichkeit ohne übermäßig hohe Nur so können mündige Bürger letzten Endes auch sou- Kosten“ haben müssen. Diese Erweiterung wird von der verän entscheiden. In unserem Antrag haben wir das als SPD-Bundestagsfraktion begrüßt. ökologische Konsumentenverantwortung bezeichnet. Wie bereits erwähnt werden im Rahmen der Öko- Auf das Glühbirnenbeispiel bezogen bedeutet das: design-Richtlinie Mindeststandards im Hinblick auf Um- Dem mündigen Bürger wäre es freigestellt, überall dort, welteigenschaften und Energieeffizienz gesetzt. Gerade wo das Licht nur kurz brennt, bei der guten alten Glüh- wegen der seit jeher hohen deutschen Umwelt- und Ener- birne zu bleiben und auf die Energiesparlampe, die noch gieeffizienzstandards sollte deutschen Herstellern dieser nicht mal richtig hell ist, bevor man sie schon wieder aus- Produkte – von Fenstern über Dämmstoffen bis hin zu schaltet, zu verzichten. Klima- und Lüftungsanlagen – vor der Erweiterung der Richtlinie nicht bange sein. Sie müsste – ganz im Gegen- Darüber hinaus lohnt sich gerade bei der so hochge- (D) (B) teil – den meisten Herstellern als willkommene Absatzför- lobten Energiesparlampe auch mal ein Blick auf die Ge- derung sogar sehr entgegenkommen. Aus all diesen samtökobilanz; denn Energiesparlampen verbrauchen Gründen lehnen wir den vorliegenden Antrag der FDP- zwar wenig Strom, sind aber quecksilberhaltig. Sie im Fraktion ab. normalen Hausmüll zu entsorgen, wäre für die Umwelt im wahrsten Sinne des Wortes Gift. Abgesehen davon, dass wahrscheinlich doch die eine oder andere Energiespar- Horst Meierhofer (FDP): lampe im Restmüll landen wird, hat dies zur Konsequenz, Ökodesign-Richtlinie heißt das europäische Regel- dass die ausrangierten Lampen zum Recyclinghof ge- werk, das für die Glühbirne nun sukzessive das „Aus“ be- bracht werden müssen – und das vielerorts mit dem Auto. deuten wird. Doch nicht nur die Glühbirne ist von diesen In unserem Antrag fordern wir deshalb auch, nicht neuen Ökodesignanforderungen betroffen, sondern alle ausschließlich oder einseitig an Produkteigenschaften sogenannten energieverbrauchsrelevanten Produkte wie anzusetzen, sondern auch die Einsatz- und Gebrauchsbe- Kühlschränke, Klimaanlagen, Staubsauger, Fernseher, dingungen im Auge zu behalten – im Rahmen der ökolo- Straßenbeleuchtung oder auch PCs. Das Ziel: die Verrin- gischen Konsumentenverantwortung, versteht sich. gerung des Stromverbrauchs und so letztendlich ein Bei- trag zum Klimaschutz. Letzter Punkt: die ökologische Sinnlosigkeit des Glüh- birnenverbots. Denn – so unbequem dies für den einen Dass wir von der Richtlinie nicht viel halten, macht un- oder anderen ist: Trotz des Glühbirnenverbots wird sich ser Antrag, denke ich, mehr als genug deutlich. Und nicht an der Menge des ausgestoßenen CO2 erst einmal gar nur wir sehen das so. Ottmar Edenhofer – offensichtlich nichts ändern. Die Ursache hierfür liegt im europäischen unverdächtig, gegen den Klimaschutz zu sein – sagt – ich Emissionshandelssystem, das für jede Handelsperiode zitiere –: eine Obergrenze für die CO2-Emissionen festlegt. Wird Das Verbot der Glühbirne ist blinder Aktionismus durch das Glühbirnenverbot weniger Strom nachgefragt, und zeugt von einer Regulierungswut, die der Kli- benötigen auch die Stromproduzenten weniger Emis- mapolitik kaum hilft, denn es geht jetzt nicht darum, sionszertifikate, und die so frei werdenden Zertifikate den Bürgern etwas zu verbieten, sondern nach können verkauft werden. Die Emissionsreduktion, die bei Möglichkeit den Bürgern Anreize zu schaffen, die den Kraftwerken erfolgt, würde also lediglich dazu füh- sie dafür belohnen, wenn sie herausfinden, wo man ren, dass an anderer Stelle – vor allem in der Industrie – am günstigsten und billigsten CO vermeidet. mehr CO2 emittiert werden könnte. Und auch die Be- 2 fürchtung, dass aufgrund der frei werdenden Emissions- Recht hat er. zertifikate die Zertifikatpreise nach unten gehen, halte ich

Zu Protokoll gegebene Reden 24768 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Horst Meierhofer (A) nicht für unbegründet. Und auch das wäre der Umwelt Weltbruttoinlandsproduktes geschätzt. Nehmen wir an, (C) ganz sicher nicht zuträglich. der Preismechanismus wirkt, wie dies die Parteigänger dieses Steuerungsinstruments erwarten, und der Schaden Ich fordere Sie deshalb auf: Stimmen Sie unserem An- bleibt bei dem niedrigen Wert von 5 Prozent. Sehen wir trag zu! auch davon ab, dass Industrieländer wie Deutschland überdurchschnittlich zur bisherigen weltweiten Umwelt- Dr. Herbert Schui (DIE LINKE): zerstörung beigetragen haben. Dann müsste die FDP Das Europäische Parlament will eine Grundlage da- also die Einführung einer Ökosteuer in einem Volumen für schaffen, dass energieverbrauchsrelevante Produkte von 5 Prozent des deutschen Bruttoinlandsproduktes, ökologischen Mindestanforderungen genügen müssen, also in Höhe von 125 Milliarden Euro fordern. Das ent- zum Beispiel Glühlampen. Die FDP sieht dadurch alles spricht in etwa einer Verdopplung der Mehrwertsteuer. bedroht, was ihr lieb und teuer ist, nämlich – Zitat – „Freiheit, Lebensqualität und Wohlstand“ sowie „Inno- Sicherlich fordert die FDP in ihrem Antrag keine kon- vations- und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen kreten Schritte in Richtung auf eine solche Ökosteuer. Er Wirtschaft.“ enthält auch keine konkreten Vorschläge zur umfangrei- chen Kennzeichnung von Produkten. Die FDP will diese Nun gibt die FDP in ihrer Antragsbegründung zu, dass Ansätze gar nicht ernsthaft verfolgen. Sie will nur die be- staatliche Vorschriften geboten sein können, wenn von scheidenen Schritte in Richtung einer verpflichtenden Produkt oder Produktion eine schädliche Wirkung ausge- ökologischen Produktgestaltung verhindern. Deshalb en- hen kann. Sie stellt dann jedoch klar, dass der bloße Ver- det der Antrag auch mit der Feststellung, dass die Unter- brauch von Ressourcen für sie noch kein Schaden ist. Al- nehmen ja schon seit langem auf freiwilliger Basis Um- lerdings gibt auch die FDP zu: Mit den Ressourcen muss weltmanagementsysteme anwenden und Verbraucher sparsam umgegangen werden. Dies soll – wie kann es bei informieren. Im Prinzip soll es also weitergehen wie bis- einem Antrag der FDP anders sein – über den Marktme- her. chanismus, als Ergebnis privater Entscheidungen, si- chergestellt werden. Die FDP nennt dafür zwei Bedin- Es dürfte klar sein, dass so der Klimawandel nicht auf- gungen. Erstens müssen die Preise vom Staat so gehalten werden kann. Dafür bietet die FDP zwar keine korrigiert werden, dass sie die Umweltschäden berück- Lösung, aber einen Schuldigen. Verantwortlich für Um- sichtigen. Zweitens müssen die Produkte eindeutig und weltschutz sind für sie letztlich nicht die Unternehmen informativ gekennzeichnet werden, damit die Verbrau- oder die Politik, die sie gewähren lässt, sondern die Ver- cherinnen und Verbraucher wissen, was sie kaufen. braucher. Man kann sich leicht klarmachen, dass diese Bedin- Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (D) (B) gungen nicht erfüllt werden können. Es spricht zwar Ökologische Konsumentenverantwortung statt Pro- nichts dagegen, die Kennzeichnungspflicht für Produkte duktlenkung durch den Staat: Schön wäre es, wenn auszuweiten. Es ist jedoch nicht möglich, alle wesentli- alleine dies uns vor der Klimakatastrophe bewahren chen Informationen über Schadstoffe, Energieverbrauch, könnte. Konsumentenverantwortung – und sei sie auch Arbeitsbedingungen usw. bei Produkt, Produktionsver- ökologisch – ist leider kein Allheilmittel. Wir haben nur fahren, Zulieferern und Zuliefern von Zulieferern durch eine Welt! Würden alle Menschen so leben wie wir Euro- Kennzeichnung transparent zu machen. päer, bräuchten wir 2,6 Erden. Da hilft es nicht, mit dem Unmöglich ist es auch, den gesellschaftlichen Schaden Finger auf die USA und Kanada zu zeigen, die mit fünf exakt zu beziffern und einzupreisen. Zunächst können Erden noch mehr „Umwelt pro Kopf“ verbrauchen. nicht alle Schäden sinnvoll in Geldeinheiten ausgedrückt Es geht nicht an, dass alle Parteien sich an der For- werden. Zweitens treten viele Schäden weit in der Zukunft mulierung von zu erreichenden Umweltzielen beteiligen, ein und können nicht mit Sicherheit vorausgesagt werden. kaum dass es aber um konkrete Maßnahmen zur Errei- Drittens wirken die Schadstoffe nicht isoliert, sondern in chung dieser Ziele geht, ein vermeintlicher „Verlust an Kombination. Es ist daher nicht möglich, den Schaden Freiheit“ als unzumutbar konstatiert wird und das heu- eindeutig einzelnen Produkten zuzuordnen. Wie viel tige Besitzstandswahren die Oberhand gewinnt. Der Kli- Schaden eine Tonne Kohlendioxid in der Atmosphäre ver- mawandel zwingt uns, unseren ökologischen Fußabdruck ursacht, hängt davon ab, wie viel Kohlendioxid insgesamt und den ökologischen Rucksack von unseren Produkten emittiert wurde. ehrlich zu betrachten. So hinterlassen einige von uns ver- Aber sehen wir von diesen Problemen ab und nehmen wandte Rohstoffe, wie zum Beispiel Uran, aber auch be- für einen Augenblick an, die FDP würde es ernst meinen. stimmte strategisch bedeutsame Metalle, die für unsere Sie müsste dann fordern, dass die ökologischen Kosten Alltagstechnologie unverzichtbar sind, einen Pfad der über eine Steuer auf den Produktpreis aufgeschlagen Zerstörung. Der ökologische Rucksack wiegt umso werden. Da sich aber die FDP als Steuersenkungspartei schwerer, je nachdem, unter welchen ökologischen Be- versteht, kann sie die Frage so nicht anpacken. Deshalb dingen die Rohstoffgewinnung und die Produktion statt- die vage Formulierung, die Preise müssten durch hoheit- findet. lichen Eingriff korrigiert werden. Verbraucherschutz heißt auch, dass Verbraucher nicht Überschlagen wir die Größenordnung. Der allseits bei jedem Produkt wirklich im Detail nachforschen müs- anerkannte Ökonom Nicolas Stern hat bekanntermaßen sen, ob sie sich wegen unmenschlicher Lebensumstände die Kosten des Klimawandels auf 5 bis 20 Prozent des der an der Produktion der Ware beteiligten Menschen und

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24769

Sylvia Kotting-Uhl (A) Umweltzerstörung mit ihrem Konsum schuldig machen. Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 31: (C) Das geht nur, indem solche Produkte, respektive der Ver- kauf im europäischen Binnenmarkt verboten werden. Was Beratung des Antrags der Abgeordneten wir vom Coltanabbau für Handys im Kongo wissen oder Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch, auch von der Gold- und Diamantengewinnung, ist er- Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und schütternd. Nun kann weder der Hersteller und noch we- der Fraktion DIE LINKE niger der Endkonsument die Herkunft und Verarbeitungs- Die Agrarwissenschaften in Deutschland auf wege der verwendeten Rohstoffe sicherstellen. Das macht neue Anforderungen ausrichten auch die Zertifizierung und Kennzeichnung so schwierig. Versuche mit dem spezifischen Fingerabdruck von Edel- – Drucksache 16/12998 – metallen, der ihre Herkunft eingrenzt, laufen zum Beispiel Überweisungsvorschlag: in Ruanda als deutsch finanziertes Modellprojekt. Bishe- Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und rige Erfahrungen mit Zertifizierung und Kennzeichnung Verbraucherschutz (f) zeigen, dass Kennzeichnung zwar unterstützend wirken Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung kann, für eine Problemlösung aber nicht mal in Ansätzen ausreicht. Auch hier haben folgende Kolleginnen und Kollegen ihre Reden zu Protokoll gegeben: Dr. Hans-Heinrich Was im zur Beratung stehenden Antrag sehr richtig ge- Jordan, Dr. Wilhelm Priesmeier, Dr. Christel Happach- fordert wird, ist die Internalisierung externer Umweltkos- Kasan, Dr. Kirsten Tackmann und Cornelia Behm. ten. Auch ich als Bündnisgrüne verfechte die ökologische Lenkung mittels wirksamer Marktmechanismen über den Preis. Zweck der in diese Richtung weisenden, von uns Dr. Hans-Heinrich Jordan (CDU/CSU): propagierten Konzepte zu Ökosteuer, Lenkungsabgabe Bildung, Wissenschaft und Forschung sind das Gebot und Ressourcenbonus ist es, die Umweltkosten jeweils in der Stunde. Gerade in der schwierigen Wirtschaftssitua- das Produkt zu bringen, anstatt, wie leider allzu oft üb- tion sichern sie Wohlstand. Sie sind die Basis, um wettbe- lich, die Gewinne bei den Herstellern zu lassen, die Um- werbsfähiger aus der Krise herauszukommen. weltkosten aber der Allgemeinheit, in Deutschland also Die CDU/CSU- und SPD-Bundestagsfraktionen ha- dem deutschen Steuerzahler anzulasten. Als Beispiel fal- ben in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, dass ab dem len mir dafür unweigerlich die Energiekonzerne mit Ab- Jahr 2009 jährlich 3,0 Prozent des Bruttoinlandsproduk- wälzung der Risiken und Langzeitfolgen (Atommüll, tes in Forschung und Entwicklung investiert werden sol- CCS) auf den Steuerzahler und nachfolgende Generatio- len. Andere europäische Staaten haben bereits heute ein nen ein. Dass Preise die ökologische Wahrheit sagen soll- (B) BIP-Anteil an FuE von 3,5 Prozent und mehr. Allein die (D) ten, ist eine jahrzehntealte Forderung der Grünen. Ge- Ausgaben des Bundes für Forschung und Entwicklung rade die Erfahrungen mit Richtlinien und Verordnungen stiegen in dieser Legislaturperiode um 3 Milliarden Euro zur Herstellerverantwortung auf EU-Ebene zeigen uns von 9 auf rund 12 Milliarden Euro. Im Rahmen des Kon- aber auch, wie wichtig und wirkungsvoll ordnungsrecht- junkturpakets II werden weitere 11 Milliarden Euro für liche Maßnahmen sind. Ein Gebot der Mindesteffizienz Bildung, Forschung, Entwicklung und Innovation bereit- oder der Verzicht auf besonders gefährliche Inhaltsstoffe gestellt. allein im Binnenmarkt der EU hat vielfach sofort welt- weite Wirkung gezeigt – wie bei den gefährlichen Stoffen in Für die Lösung der Welternährungsprobleme und im Elektrogeräten in der RoHS-Richtlinie. Stellt man den Ge- Kampf gegen den Klimawandel spielen die wissenschaft- sundheitsschutz oder die Umweltvorsorge in den Mittel- lichen Erkenntnisse aus der Agrar- und Ernährungswis- punkt der Hersteller- und Konsumentenverantwortung, sensforschung eine zentrale Rolle. Um Antworten auf die lässt sich daher auf ordnungsrechtliche Maßnahmen nicht Probleme der Zukunft zu finden, sind neue Konzepte in verzichten. Sich auf „ökologische Konsumentenverant- der agrar- und ernährungswissenschaftlichen Forschung wortung“ zu berufen, aber nur „Herstellerfreiheit“ zu durch Bündelung und Vernetzung zu organisieren. Not- meinen, findet jedenfalls nicht unsere Zustimmung und ist wendige Maßnahmen sind in den zurückliegenden Jahren den Herausforderungen des Klimawandels in keiner auf den Weg gebracht worden. Dies bezieht sich unter an- Weise angemessen. derem auf die Neustrukturierung im Bereich der Ressort- forschung des BMELV. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Die Neustrukturierung bringt die Leistungskraft der Damit kommen wir auch hier zur Abstimmung. Agrarforschung in Deutschland erheblich voran. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil der Agrarforschung in Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie emp- Deutschland. Als ein Beispiel des gesamten Maßnahmen- fiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck- komplexes sei an dieser Stelle die Erweiterung der For- sache 16/12739, den Antrag der Fraktion der FDP auf schungseinrichtung des Friedrich-Loeffler-Instituts auf Drucksache 16/11912 abzulehnen. Wer stimmt für diese der Insel Riems angeführt. Der Aufbruch der neu aufge- Beschlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltun- stellten Ressortforschung ist in allen Einrichtungen zu gen? – Die Beschlussempfehlung ist damit angenommen spüren. Jetzt die notwendigen Standortverlagerungen, mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der Fraktion wie im Antrag der Linken gefordert, infrage zu stellen, Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke ge- wäre geradezu absurd, weil dadurch ihre Schlagkraft ge- gen die Stimmen der FDP-Fraktion. schwächt würde, besonders dann, wenn die Stärkung der 24770 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Dr. Hans-Heinrich Jordan (A) Agrarforschung als Schlüssel zur Lösung globaler Pro- haltigkeit. Eine Bilanz, die sich in der Tat sehen lassen (C) bleme erkannt worden ist. kann. Hieran sollten sich auch die anderen Verantwortli- chen in den Ländern und in der Wirtschaft ein Vorbild Die Vernetzung der Agrar- und Ernährungsforschung nehmen. wird unter anderem durch den kürzlich entschiedenen Wettbewerb „Kompetenznetze der Agrar- und Ernäh- In der Forschung sind wir auf einem guten Weg, der rungsforschung“ gestärkt. Von bundesweit 27 einge- mit gleicher Intensität fortzusetzen ist. reichten Strategiekonzepten sind in zwei Auswahlrunden die besten vier Agrarcluster unter Koordination der Uni- Die universitäre Lehre ist frei. Eine Standardisierung versitäten Bonn, Kiel, Rostock und der Technischen Uni- der Lehrinhalte und Ausbildungsgänge ist kontraproduk- versität München ausgewählt worden. tiv und widerspricht dem Humboldt’schen Ideal von der universitären Freiheit von Forschung und Lehre. Mit der Darüber hinaus soll der deutsche Gartenbau durch Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen an Bündelung der wissenschaftlichen Kompetenzen unter deutschen Hochschulen ist bereits ein großer Teil der Koordination der Universität Hannover unterstützt wer- strukturellen Veränderung vollzogen. Studium und Aus- den. bildung bedeuten heute häufig ein hohes Maß an Spezia- lisierung und Internationalisierung. Mit dem Bologna- Das Forschungsinformationssystem der Agrar- und Prozess wurden für Europa dazu die entscheidenden Ernährungsforschung, FISA, wurde im März von Bund Grundsteine gelegt. Studenten haben nun die Möglich- und Ländern eröffnet. Ich kann nur empfehlen, sich dort keit, nach ihren Interessen an verschiedenen Hochschu- über Forschungsprojekte, Forschungsförderer und For- len zu studieren. Die erworbenen Studienabschlüsse wer- schungsinstitutionen im Agrar- und Ernährungsbereich den international anerkannt. in Deutschland zu informieren. Das FISA fördert die Ver- netzung. Es wird die Effizienz der Forschung im Agrar- Des Weiteren sind durch die Föderalismusreform I un- und Ernährungsbereich weiter steigern. ter anderem die Rahmengesetzgebungskompetenzen des Bundes für die allgemeinen Grundsätze des Hochschul- Mit dem Programm zur Innovationsförderung werden wesens entfallen, die in der Vergangenheit die Grundlage vom BMELV seit 2006 neue Technologien und Verfahren für die meisten Regelungen des Hochschulrahmengeset- im Bereich der Agrar- und Ernährungswirtschaft und zur zes bildeten. Die im Antrag geforderte Vereinheitlichung Verbesserung des Verbraucherschutzes unterstützt. von Ausbildungsgängen widerspricht eindeutig dem uni- Drahtlose Kommunikationssysteme für Landmaschinen, versitären Lehr- und Forschungsauftrag. Im Gegenteil: Unkrauterkennung zur gezielten Steuerung des Einsatzes Die Lösung des Problems heißt Vielfalt. Im Gutachten des von Pflanzenschutz- und Düngemitteln, Züchtungsfor- Wissenschaftsrates sind die Hochschulen aufgefordert schung für resistente Kulturpflanzen und leistungsfähige (B) worden, ihre bisherigen Lehr- und Forschungsstrukturen (D) und gesunde Nutztiere sind nur einige Beispiele für eine neu auszurichten. Verbesserung der Nachhaltigkeit und die ressourcenscho- nende Steigerung der Produktivität. Gut ausgebildete Fachkräfte sind das Fundament ei- ner innovativen Ernährungs- und Agrarwissenschaft. Ein Ein weiteres Beispiel ist die Pflanzenbiotechnologie. weiterer Ausbau dieses wichtigen Forschungs- und Aus- Mithilfe der Genomforschung, der Systembiologie und bildungsstranges ist ein Kernanliegen der CDU/CSU- der biologischen Sicherheitsforschung werden alle zur Bundestagsfraktion. Denn die Herausforderungen lassen Verfügung stehenden technischen Optionen zur Pflanzen- ein Ruhen unserer Bemühungen nicht zu. produktion und -nutzung untersucht und entwickelt. Da- bei wird auch der öffentliche Dialog über die Chancen Innovationen sind die Grundlage einer zukunftsfähi- geführt, die die moderne Biotechnologie eröffnet. Dazu gen Entwicklung der Betriebe. Daher wird die CDU/ zählt beispielsweise die Ertragssteigerung und die Erzeu- CSU-Bundestagsfraktion in der nächsten Legislatur- gung neuer Inhaltsstoffe bei der Pflanzenzüchtung oder periode eine breit angelegte Innovations- und Qualifizie- die notwendige Anpassung von Nutzpflanzen an den Kli- rungsoffensive für die Land- und Ernährungswirtschaft mawandel. starten und die Vernetzung der Agrarforschung in Im Rahmen der Gemeinsamen Wissenschaftskonfe- Deutschland weiter stärken. Nur so können Land- und renz, GWK, pflegen die Bundes- und Länderressorts für Ernährungswirtschaft die vielfältigen Anforderungen der Forschung und Landwirtschaft eine enge Zusammen- Gesellschaft, vom qualitativ hochwertigen Angebot von arbeit und bilden eine Koordinierungsplattform. Lebensmitteln und Rohstoffen bis zur Verbindung von ef- fizienter Wirtschaftsweise mit Umwelt- und Naturschutz, Das sind nur einige Beispiele, die neben der Vernet- wettbewerbsfähig leisten. Zudem müssen wir unserer in- zung und Exzellenzsteigerung, einer höheren Attraktivität ternationalen Verantwortung gerecht werden mit Beiträ- und der Förderung des agrarwissenschaftlichen Nach- gen zur Welternährung und zur nachhaltigen Entwick- wuchses dienen. lung. Insgesamt stiegen die Ausgaben des Bundes für die Wir wollen, dass die deutsche Agrarforschung sowohl Agrar- und Ernährungsforschung von 2005 bis 2008 von wissenschaftlich exzellent als auch praxisorientiert ist. Un- etwa 155 Millionen Euro auf knapp 390 Millionen Euro; verzichtbar ist eine hohe Ausbildungsqualität und -breite so der Bundesbericht Forschung und Innovation 2008. in ausreichender Kapazität für den wissenschaftlichen Dazu kommen noch teilweise Bundesmittel, zum Beispiel und praxisorientierten Führungsnachwuchs. Wir wollen aus der Förderung der Biotechnologie und für die Nach- die besten Köpfe auch für die Landwirtschaft gewinnen.

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24771

Dr. Hans-Heinrich Jordan (A) Dafür muss die Eigenständigkeit der Agrarwissenschaf- 8. Jahrhundert Kräuter und Gewürze angebaut sowie (C) ten erhalten werden. Sie müssen finanziell gestärkt, ihre Obstplantagen angelegt. Im Jahr 1747 entdeckte Andreas Zusammenarbeit mit Industrie und Landwirtschaft geför- Sigismund Marggraf den Zucker in der Rübe. Seit 1774 dert und zukunftsfähige Strukturen geschaffen werden. hat sein Nachfolger die erste systematische Rübenzüch- tung in Deutschland aufgebaut. Der historische Bezug Auch die Länder sind gefordert bei ihren Agrarfakul- zeigt sich an Standorten wie der Forschungsanstalt täten und Universitäts- und Fachhochschuleinrichtun- Geisenheim als eine der ältesten deutschen Forschungs- gen. Wir brauchen in allen Teilen Deutschlands regional einrichtungen für Weinbau, Önologie und Getränketech- verankerte und gleichzeitig überregionale, mit den außer- nologie oder auch an dem Institut für Zuckerrübenfor- universitären Forschungsinstituten sowie der Wirtschaft schung an der Universität Göttingen als zentrale gut vernetzte Standorte. Ein beachtenswerter Ansatz ist Forschungseinrichtung zur Entwicklung von Verfahren das „Netzwerk Agrarwissenschaften Ostdeutschland“, nachhaltiger Zuckerrübenproduktion in Deutschland. das von den Agrarstandorten der Humboldt-Universität Insbesondere in den letzten fünf Jahrzehnten hat sich viel zu Berlin, der Universität Rostock und der Martin- am Agrarforschungsstandort Deutschland getan. Wir ha- Luther-Universität Halle gebildet wird. ben in Deutschland die Forschung in der Breite ausge- Voraussetzung für den Erfolg einer Innovationsoffen- baut und sind bis auf Molekularebene vorgedrungen, ha- sive Agrar sind innovationsfreundliche Rahmenbedin- ben somit auch die Tiefe der Forschung ausgebaut. Dies gungen und die breite Nutzung moderner Technologien ist ein Pfund, mit dem wir stärker wuchern müssen. einschließlich der Biotechnologie. Die inhaltlichen Herausforderungen im Agrar- und Ernährungsbereich haben sich in den letzten Jahrzehnten Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD): erheblich verändert. Früher stand die ausreichende Ver- Fast 200 Jahre ist es her, dass Johann Heinrich von sorgung mit Lebensmitteln im Fokus der Forschung im Thünen den Grundstein für die deutschen Agrarwissen- Pflanzenbau und in der Tierzucht. In den letzten beiden schaften gelegt hat. Im Zuge dessen hat sich in Deutsch- Jahrzehnten sind Aspekte der Produktqualität und -si- land schrittweise eine breit gefächerte Agrarforschung cherheit von Lebensmitteln in den Vordergrund gerückt. entwickelt. Diese fußt mittlerweile auf vier Säulen: die Auch werden die Produktionsprozesse von Nahrungsmit- unternehmenseigene Forschung, die Forschung an Fach- teln in der Öffentlichkeit stärker hinterfragt. Für uns So- hochschulen und Universitäten, die Forschung an diver- zialdemokraten sind Fragen nach der tiergerechten Aus- sen Landesforschungsinstituten und die bundeseigene gestaltung von Tierhaltungssystemen relevant. Wir Ressortforschung im Geschäftsbereich des Bundesminis- wollen praxisreife Alternativvorschläge, wie wir die Hal- teriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher- tungsbedingungen für unsere Nutztiere weiterentwickeln (B) schutz. können. Auch muss die Forschung im ökologischen Land- (D) bau intensiviert werden; denn auch hier gibt es viele of- Von dem, was dort im Einzelnen geleistet wird, konnte fene Fragen gerade im Bereich der Tierhaltung. Wir ha- ich mich in Niedersachen während einiger persönlicher ben das große Thema Klimawandel auf der Agenda und Besuche selbst überzeugen. Ich bin davon überzeugt, dass benötigen Antworten auf die zunehmende Flächenkon- wir gut aufgestellt sind – und das nicht nur in meinem kurrenz zwischen der Nahrungsmittelerzeugung und der Bundesland. Die bayerischen Kollegen lobe ich nur un- Biomasseproduktion für energetische und stoffliche Zwe- gern: Aber im Bereich der angewandten Agrarforschung cke. Gleichzeitig müssen wir mehr dafür tun, um die ge- haben sie sich ebenfalls sehr gut positioniert. netischen Ressourcen besser zu schützen und diese zu er- halten. Diese dezentrale Forschungsstruktur entspricht den Anforderungen in Deutschland mehr als zum Beispiel das Die Beforschung der oben genannten Aufgabenfelder Modell der Niederlande, wo die ganze Agrarforschung hat selbstverständlich auch Auswirkungen auf die struk- und -lehre auf den Standort Wageningen konzentriert turelle Ausrichtung der Agrarforschung. Neue inhaltliche wurde. Eine dezentrale Struktur birgt erfahrungsgemäß Herausforderungen ziehen zwangsläufig neue Strukturen aber auch immer die Gefahr hoher Effizienzverluste, be- nach sich, besonders dann, wenn wir perspektivisch nicht sonders dann, wenn die organisatorischen und finanziel- unbedingt mehr Geld für diesen Bereich zur Verfügung len Verantwortlichkeiten auf verschiedene Ebenen ver- haben werden. Im Verantwortungsbereich des Bundes ha- teilt sind. ben wir daher frühzeitig unsere Hausaufgaben gemacht. Die Koalition hat mit dem Gesetz zur Neuordnung der Das Charakteristikum agrarwissenschaftlicher For- Ressortforschung im Geschäftsbereich des Bundesminis- schung ist die Problem- und Handlungsorientierung. teriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher- Diese verlangt auch immer einen Standortbezug. Und schutz die organisatorischen Voraussetzungen für eine dieser ist gerade in Deutschland gegeben, wo wir eine exzellente und effiziente Ressortforschung geschaffen. große Vielfalt an Standortbedingungen vorfinden. Dieser Standortbezug ist eng verbunden mit der Historie der So kraftvoll, wie wir in der Koalition gemeinsam die Landnutzung in den jeweiligen Regionen Deutschlands. notwendigen Strukturveränderungen angepackt haben, Wir schauen zurück auf eine sehr lange Brautradition ei- so sehr müssen wir nun auch an einigen Punkten die er- nerseits und fast 2 000 Jahre Weinbautradition anderer- forderlichen inhaltlichen Anpassungen angehen. Ein seits. Wir sehen eine obstbauliche Nutzung, die im Alten „Weiter so!“ in neuen Strukturen kann es nicht geben. Lande bis zum Jahr 1321 zurückverfolgbar ist. Auf der Dafür sind die Herausforderungen zu groß. Daher appel- Reichenau im Bodensee haben die Mönche bereits im liere ich an die Verantwortlichen im BMELV, endlich die

Zu Protokoll gegebene Reden 24772 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Dr. Wilhelm Priesmeier (A) Voraussetzungen zu schaffen, dass die Ressortforschung Wie Sie wissen, können wir vonseiten des Bundes (C) in den Bereichen „Tierschutz“ und „artgerechte Hal- gerne eine Vielzahl von Appellen an die Bundesländer tungssysteme“ entsprechend finanziell ausgestattet wird. richten. Ob die das dann immer umsetzen, daran habe ich Der Ausbau des Forschungsstandortes Mariensee/Meck- meine Zweifel. Auch ich wünsche mir, dass die wissen- lenhorst ist seit vielen Jahren überfällig und wurde bisher schaftliche Lehre und die Ausbildung an Universitäten unnötig behindert. Ich habe mit Freude vernommen, dass und Fachhochschulen verbessert und standardisiert wer- sich Staatssekretär Lindemann vor geraumer Zeit in den. Wir sollen uns aber nur auf das beschränken, was Brüssel für ein europäisches Tierschutzforschungszen- wir direkt beeinflussen können. trum mit Sitz in Deutschland eingesetzt hat. Ich wieder- Die Länder müssen zukünftig stärker ihrer Verantwor- hole an dieser Stelle, dass ich es für sehr sinnvoll halte, tung nachkommen. Forschungsschwerpunkte können und dieses Zentrum in Celle anzusiedeln. Wir sollten aber sollten nicht nur durch den Bund finanziert werden. Wenn nicht darauf warten, bis die EU so weit ist. Die Aufwer- die Leibniz-Universität Hannover ein neues Laborge- tung des Standortes Celle zu einem nationalen Tier- bäude für die Forschung im Obstbau erhält, freue ich schutzforschungszentrum ist überfällig. mich natürlich. Eine bessere Abstimmung und Koordina- Liebe Kollegin Tackmann, auch ich halte viel davon, tion zwischen dem Bund und den Ländern wäre jedoch Strukturen turnusgemäß zu evaluieren. Aber in diesem wünschenswert, damit wir noch effektiver forschen kön- Fall schießen sie mit Ihrer Forderung nach umfassender nen. Evaluierung ein wenig über das Ziel hinaus. Diese Eva- Zu ihrer Forderung nach einem Moratorium bei den luierungen gibt es bereits und werden sowohl auf Länder- Standortschließungen ist Folgendes zu sagen: In den Res- als auch auf Bundesebene durchgeführt. Die Erkenntnis- sortforschungseinrichtungen im Verantwortungsbereich lage ist klar, und entsprechend dieser haben wir auch ge- des BMELV sind insgesamt rund 2 700 wissenschaftliche handelt. Wir haben Ende 2007 den gesetzlichen Rahmen und nichtwissenschaftliche Bedienstete beschäftigt. Die für die neuen Strukturen geschaffen. Nun müssen wir mal Bundesregierung wurde von den Koalitionsparteien be- abwarten, wie sich die neuen Strukturen bewähren. reits im Herbst 2007 aufgefordert, dass zusätzliche Ein- sparungen nicht zulasten der wissenschaftlichen For- Mir ist sehr an einer stärker interdisziplinär ausge- schungsaktivitäten gehen dürfen, sondern zukünftig richteten Forschung gelegen, die die zunehmend komple- durch Effizienzsteigerung in der Verwaltung zu erbringen xer werdenden Zusammenhänge in den einzelnen Wert- sind. schöpfungsketten der Nahrungsmittelproduktion und der nachwachsenden Rohstoffe besser erfassen und bewerten Liebe Kollegin Tackmann, die Inhalte Ihres Antrages kann. Dafür brauchen die Forscher selbstverständlich unterstütze ich bis auf Ihre Forderungen nach umfassen- (B) auch Planungssicherheit für ihre Institute. Das müssen der Evaluierung und einem Moratorium für Standort- (D) wir als Bundespolitiker durch kontinuierlich fortge- schließungen. Nur leider muss ich feststellen, dass Ihre schriebene Forschungsprogramme gewährleisten. Partei der aktuellen Diskussion um ein Jahr hinterher- hinkt. Sie haben sich oft über die Große Koalition und Die Koalitionsparteien haben die Bundesregierung im ihre vermeintliche Trägheit beschwert. Im Bereich der Herbst 2007 aufgefordert, die erforderlichen Maßnah- Ressortforschung des BMELV haben wir unsere Haus- men zu ergreifen, um die Exzellenz der Ressortforschung aufgaben aber frühzeitig gemacht – und dies unter der im Geschäftsbereich des BMELV weiter zu verbessern. Zielvorgabe, die Sie selber beschreiben: Schaffung einer Denn hier stehen wir natürlich auch im internationalen effizienten deutschen Agrarforschung auf hohem interna- Wettbewerb. Zu den erforderlichen Maßnahmen zählen tionalen Niveau! Heute kann ich Ihrem Antrag daher für mich insbesondere die Durchführung interner Quali- nicht zustimmen. tätssicherungsmaßnahmen sowie die regelmäßige Durch- führung externer Evaluationen. Gleichzeitig sollten wir Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): verstärkt Zielvereinbarungen mit den Forschern schlie- Die Neuordnung der Agrarressortforschung wurde im ßen, wie dies internationaler Standard ist. Oktober 2007 abgeschlossen. Dies war kein Gesellen- Das Hauptaugenmerk – und da bin ich ganz bei Ihnen, stück des damaligen Ministers . Er hat ver- Frau Kollegin Tackmann – müssen wir auf die Förderung mutlich nicht einmal die Vorlagen gelesen. Es wurde da- von Nachwuchswissenschaftlern richten. Wir verbessern mals eine bedeutende Chance vertan, Agrarwissenschaft die Vernetzung der Ressortforschungseinrichtungen mit und -forschung in Deutschland besser aufzustellen und für zukünftige Herausforderungen zu wappnen. anderen Forschungseinrichtungen. Mit nationalen sowie internationalen Kooperationen wird für eine optimale Der Antrag der Linken heute ist da keine Hilfe. Schon Aufgabenerfüllung gesorgt. Die Verantwortlichen in den 2007 war die Große Koalition nicht zu einer mutigen Re- Bundesinstituten sind aufgefordert, bei der Stellenbeset- form in der Lage. Warum sollte sie es heute sein? Was zung und bei der Besetzung von Beiräten verstärkt inter- also soll ein solcher Antrag? Er ist eine Fleißarbeit, ge- national tätige Wissenschaftler zu berücksichtigen. Die fällig geschrieben, der sich auf die Forderungen des Wis- Chancen für eine effizientere Agrarforschung in Deutsch- senschaftsrats aus dem Jahr 2006 zwar beruft, sie sich land liegen auch in der Schaffung regionaler bzw. fachli- aber nicht zu eigen macht. Die FDP lehnt den Antrag ab. cher Netzwerke und Kooperationen. Das wird an einigen Was soll die geforderte Bund-Länder-Koordinierungs- Standorten bereits äußerst erfolgreich praktiziert, muss und Beratungsinstitution? Ist sie die Einführung von an anderer Stelle aber noch ausgebaut werden. Planwirtschaft in die Forschung? Das wollen wir nicht.

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24773

Dr. Christel Happach-Kasan (A) Der Wissenschaftsrat hat 2006 tief greifende Reformen geworden ist. Die Studie der deutschen Milchindustrie (C) der Agrarwissenschaften gefordert und die Bildung von hat bereits 2007 festgestellt: „Der Milchforschungs- Wissenschaftsclustern bei Einbindung verschiedener in standort Deutschland ist in Gefahr, seine internationale einem Bereich tätiger Institute vorgeschlagen. Im Zuge Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren.“ Die Milchwirtschaft der Neuordnung der Agrarressortforschung wäre die Bil- ist der umsatzstärkste Sektor der deutschen Agrarwirt- dung von Forschungsclustern vergleichsweise einfach schaft. Dieser Sektor ist auch durch Entscheidungen der gewesen. Doch die Bundesregierung hat die Vorschläge Bundesregierung geschwächt worden. Auch wenn die des Wissenschaftsrats in den Wind geschlagen und diese Milchpreisentwicklung nicht von der Bundesregierung zu Chance vertan. Für die kommende Regierung wird es verantworten ist: Eine Stärkung der Wirtschaftskraft der eine Herausforderung sein, auf die verunglückte Reform Betriebe kann sich die Regierung nicht auf ihre Fahnen aufbauend bessere Strukturen zu schaffen. schreiben. Die kommende Regierung hat im Bereich der Organisation der Forschung viel zu tun, um die Fehler Nach Vorstellung der FDP darf Ressortforschung der schwarz-roten Koalition zu korrigieren. nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss im Zusam- menhang mit den Universitäten, den Leibniz-, Max- Planck-, und Fraunhofer-Instituten sowie den Instituten Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): der Helmholtz-Gemeinschaft betrachtet werden. Da- Deutschland nennt sich selbst Land der Dichter und durch können Synergieeffekte erzielt werden, und gleich- Denker. Bildung, Forschung und Lehre gehören in einem zeitig wird die Arbeit der Ressortforschung genau wie die rohstoffarmen Land zu den wichtigen Standortfaktoren, an Universitäten und Forschungsinstituten gestärkt. die Gesellschaft, Politik und Wirtschaftsleben prägen sollten. Gerade für die Agrarwissenschaften werden die Angesichts knapper Mittel, die für die Forschung zur Lösungen globaler Probleme zunehmend zur existenziel- Verfügung stehen, dürfen Forschungseinrichtungen nicht len Verantwortung: Unter- und Mangelernährung bei als Infrastrukturmaßnahmen beliebig in die Landschaft anhaltendem Bevölkerungswachstum, Zerstörung von gelegt werden, sondern es muss die räumliche Anbindung landwirtschaftlich, gartenbaulich oder forstlich nutzba- an andere Forschungseinrichtungen gegeben sein. An- ren Flächen, Wirkung des globalen Klimawandels auf die ders lassen sich eine gegenseitige Unterstützung bei Vor- agrarischen Ökosysteme, Rückgang der biologischen lesungen, Vorträgen und Kolloquien, die Betreuung von Vielfalt und soziale und ökologische Folgen eines global Master- und Doktorarbeiten nicht bei vertretbarem Zeit- deregulierten Marktes. aufwand organisieren. Eine solche Unterstützung dient dem Austausch von Ideen, Konzepten und Gedanken und Leistungsfähige Agrarwissenschaften haben gerade in stärkt wissenschaftliche Exzellenz. ihrem Mutterland Deutschland in der Vergangenheit zu Selbstversorgungsicherung mit Nahrungsmitteln auf ho- (B) Es gibt gute Beispiele im benachbarten Ausland, wie hem Niveau und zur Lösung ökologischer und sozialer (D) Agrarforschung effizient organisiert werden kann. Eine Probleme beigetragen. Eine besondere Stärke der Agrar- Konzentration von Grundlagenforschung, Anwendungs- wissenschaften war dabei immer ihre betont interdiszi- projekten und Lehre in breit aufgestellten Universitäts- plinäre Ausrichtung. einrichtungen ermöglicht dort heute einen hocheffizien- ten Einsatz öffentlicher Mittel. Das muss für unsere Den großen Herausforderungen wird aber die aktuelle Forschungseinrichtungen in gleicher Weise ungesetzt politische Wahrnehmung der Agrarwissenschaften nicht werden. gerecht. Die seit Jahrzehnten gesicherte Nahrungsmittel- versorgung, ja Überversorgung in Deutschland und Die Bundesregierung hat 2007 ein Konzept umgesetzt, Europa hat wohl allzu sorglos und selbstzufrieden ge- das 1996 erarbeitet worden war. Dies hat in der Zwi- macht. Das Ergebnis dieser Vernachlässigung ist eine schenzeit tüchtig Staub angesammelt. Das ist kein Ruh- Krise der Agrarwissenschaft, die der Wissenschaftsrat mesblatt. unterdessen beklagt. Die Ernährung hat heute im Vergleich zum Jahr 1996 Ein Grund ist die zersplitterte Verantwortung. Für die einen ganz anderen Stellenwert. Fehlernährung führt zu unterschiedlichen Institutionen der Agrarforschungs- Kosten im Gesundheitssystem. Die ernährungsbedingten landschaft sind verschiedene Träger wie Bund, Länder Krankheiten verursachen 80 Prozent der Morbidität und oder Stiftungen zuständig. In unserem Antrag werden die Invalidität der Bevölkerung. Die Kosten der Bekämpfung damit verbundenen Probleme beschrieben und Vor- der Krankheiten belasten das Gesundheitssystem in ho- schläge zur Behebung gemacht. Der Bund hat aber auch hem Maße. Diabetes ist die teuerste Erkrankung, ihre Be- hausgemachte handfeste eigene Probleme geschaffen. handlung kostet jährlich 35 Milliarden Euro. Trotzdem Mit der Agrarressortforschung beim Bundesministerium hat die Bundesregierung entschieden, dass das Max- für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Rubner-Institut, die ehemalige Forschungsanstalt für Er- gibt es einen eigenständigen Wissenschaftsbereich für nährung und Landwirtschaft, das kleinste unter den vier Politikberatung und hoheitliche Aufgaben. Er ist ebenso großen Instituten werden soll. Das ist eine Fehlentschei- wichtig, wie er spätestens seit 1996 stiefmütterlich be- dung. Dies wird den Aufgaben, die die Ressortforschung handelt wird – abgesehen von ein paar Prestigeprojekten. leisten muss, nicht gerecht. Die Linke hält eine leistungsfähige Agrarressortfor- Das beherrschende Thema in der Landwirtschaft ist schung für unentbehrlich. Sie muss fachlich vernetzt sein zurzeit die negative Entwicklung des Milchpreises, die für mit der universitären und außeruniversitären Agrarfor- viele Milchviehbetriebe zu einem existenziellen Problem schung. Die fachliche Unabhängigkeit ihrer Politikbera-

Zu Protokoll gegebene Reden 24774 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Dr. Kirsten Tackmann (Die Linke) (A) tung muss gesichert sein. Dafür ist aber eine bedarfsge- chen, sozialen, finanziellen und strukturpolitischen Fol- (C) rechte finanzielle und personelle Ausstattung mit einer gen der Standortschließungen und des Personalabbaus in sinnvollen Struktur erforderlich. Aber sowohl das Rah- der Agrarressortforschung seit 1996. menkonzept von 1996 als auch das Neuordnungsgesetz von 2007 stellten hier falsche Weichen; denn es ging da- Bis zur Vorlage dieser Analyse fordern wir ein Mora- bei vor allem um Personalabbau, der über die Schließung torium für Standortschließungen, das so lange in Kraft von Standorten forciert wurde. Nebenbei wurde auch die bleibt, bis dem Bundestag für die noch geplanten Stand- fachliche Mitbestimmung abgebaut. Seit 1996 wurden ortschließungen eine Kosten-Nutzen-Rechnung ein- rund 1 000 Stellen gestrichen – das sind 30 Prozent. Von schließlich der Prüfung von Alternativen zur Standort- den verbliebenen rund 2 700 sollen in den nächsten Jah- schließung zur Beschlussfassung vorgelegt wurde. Unser ren noch einmal 350 wegfallen. Damit hatte eine ganze Antrag enthält darüber hinaus noch viele weitere Vor- Generation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft- schläge zur Überwindung der Krise in der universitären lern kaum Zugang zu unbefristeten Arbeitsverhältnissen und außeruniversitären Agrarforschung, auf deren Dis- in der Agrarressortforschung. Viele trifft man dafür un- kussion im Ausschuss ich schon sehr neugierig bin. terdessen im Ausland wieder. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da diese Stelleneinsparungen über zufällig frei wer- „Krise“ und „globale Herausforderungen“ sind die dende Stellen erbracht wurden, sind wichtige Aufgaben Begriffe, die von Politik und Gesellschaft seit einigen Mo- weggefallen oder werden nur noch teilweise erfüllt. Oft naten geradezu inflationär gebraucht werden: Klimakrise, gingen und gehen dabei die wenigen höher qualifizierten Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Ernährungskrise – allesamt Arbeitsplätze für Frauen in ländlichen Räumen verloren, Krisen der Nachhaltigkeit – sind die globalen Herausfor- die doch so dringend gebraucht werden. Die Folge ist zu- derungen, die zu bewältigen sind – hier und weltweit, und dem eine ungünstige Altersstruktur der Belegschaften. zwar ohne Verzögerungen. Ein Schlüssel dazu ist die Die Arbeitsbelastung ist kaum mehr zumutbar. Wissen- Agrarforschung. Denn die Landwirtschaft, besser die schaftliche Exzellenz ist unter solchen Bedingungen nur Landnutzung, hat sowohl bedeutenden Einfluss auf das schwer zu halten. Klima als auch auf die weltweiten Waren- und Finanz- Die Kritik der Linken an diesem politisch gewollten ströme, auf die regionale Wertschöpfung und auf die Ausverkauf der Agrarressortforschung haben wir immer Frage, wie erfolgreich Armut und Hunger begegnet wer- wieder vorgetragen: den kann. Aber mit einem „Weiter so“ in der Landwirt- schaft werden die Probleme eher verschärft als gelöst. Es fehlt eine ambitionierte Fachkonzeption für eine wissenschaftlich begründete agrarpolitische Beratung Wenn der Klimawandel gebremst und trotz klimati- (B) der Bundesregierung. scher Veränderungen Land-, Forst- und Fischereiwirt- (D) schaft im Jahr 2050 eine auf 9 Milliarden Menschen an- Es fehlt die Bedarfsanalyse der aktuellen und zukünf- gewachsene Weltbevölkerung ernähren und mit Energie tigen Erfordernisse für eine agrarwissenschaftliche Poli- versorgen sollen, dann ist das nicht mit der züchterischen tikberatung des Bundesministeriums. oder gar gentechnischen Bearbeitung von einigen weni- Es fehlen langfristige Kosten-Nutzen-Rechnungen für gen Kulturpflanzen getan. Es müssen vielmehr Maßnah- die geplanten und zum Teil schon begonnenen Umset- men ergriffen werden, die den Artenschwund – auch den zungsmaßnahmen. Verlust von Kulturpflanzen und kommerziell genutzten Tierarten und -rassen – bremsen. Es dürfen nicht weiter Und es fehlt vor allem eine plausible Prüfung der noch Agrar- und Forstflächen durch den Bau von Siedlungs- vorgesehenen Standortschließungen unter fachlichen, und Verkehrsflächen der Nutzung entzogen werden. De- finanziellen, personellen und strukturpolitischen Ge- vastiertes Land und verschmutzte Gewässer müssen re- sichtspunkten. kultiviert werden. 1996 gab es 35 Agrarressortforschungsstandorte, da- Was wir tun müssen, ist also ziemlich klar; nur, wie wir von sollen in den kommenden Jahren nur 21 übrig blei- es tun müssen, dafür besteht immenser Forschungsbe- ben. Unter diesen Standortschließungen gibt es zum darf. Die Agrarforschung sehe ich im Kontext von Klima- Beispiel in Brandenburg zwei besonders unsinnige Ent- wandel und Welternährung als zentrale Säule in einem scheidungen: erstens die Standortverlagerung des Insti- interdisziplinären Forschungsverbund. Doch die Agrar- tuts für Epidemiologie des Friedrich-Loeffler-Instituts forschung ist weder in Deutschland noch weltweit den an von Wusterhausen an die Ostsee, zweitens die Verlage- sie gestellten Anforderungen gewachsen. Anstatt die For- rung des Instituts für Forstgenetik und Forstpflanzen- schung auszubauen und um neue Themenfelder wie züchtung von Waldsieversdorf in die Nähe von Hamburg. Anpassung an den Klimawandel, klimafreundliches Wirt- schaften etc. zu erweitern, wird sie seit Jahren zusammen- Diese beiden Entscheidungen sind ein strukturpoli- gekürzt – und das weltweit. So lautet eine der Forderun- tisch verheerendes Signal für die ländliche Heimatregion gen des Weltagrarberichts, der ja von UN und Weltbank und machen weder sozial noch fachlich oder finanziell unterstützt wurde: Rücknahme der Kürzungen bei der Sinn. Das waren auch nicht die Entscheidungskriterien: Forschung. Die Standorte werden vor allem geschlossen, damit Per- sonal abgebaut werden kann – koste es, was es wolle. Der Antrag der Linken spricht in der Tat viele Punkte an, Deshalb ist eine der Hauptforderungen des Antrags der die im Argen liegen. Sowohl mit der Analyse der Situation Linken die Vorlage einer Evaluierung der wissenschaftli- der Agrarforschung in Deutschland als auch mit den For-

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Cornelia Behm (A) derungen stimmen wir Bündnisgrüne in großen Teilen immer wieder erklärte Zielmaßgabe, die Zusagen der (C) überein. Eine ressortübergreifende Koordinierung und ODA-Mittel weiter fortzuführen, trotz massiv einbrechen- bessere Vernetzung der agrarwissenschaftlichen Instituti- der Weltwirtschaft. Wir müssen uns immer wieder be- onen sind ebenso notwendig wie die Förderung des wis- wusst machen, dass starke Entwicklungsländer ein Teil senschaftlichen Nachwuchses. An der Neustrukturierung der Lösung sind. Nur mit ihnen zusammen kann die Welt- der Agrarressortforschung hatten wir Grüne seinerzeit wirtschaft nachhaltig aus der Krise geführt werden. ausdrücklich kritisiert, dass weniger die zu lösenden Auf- Nichtsdestotrotz ist die Entwicklungspolitik in einer gaben als das begrenzte Budget Motor für die Verände- kritischen Phase. Die Aufholjagd der Schwellenländer ist rungen war. Insofern könnte eine Evaluation der bisher erstmals gestoppt. Und daran leiden zum Beispiel in In- umgesetzten Maßnahmen noch zu einer Verbesserung im dien 1,6 Millionen Arbeitnehmer, die neuerdings auf der Bereich der Agrarforschung führen. Dass für eine quali- Straße sitzen. Mit einer gewissen Verzögerung hat die tative und quantitative Verbesserung der agrarwissen- Krise nun auch die ärmsten Länder dieser Welt erfasst. schaftlichen Lehr- und Ausbildung eine verbesserte Ko- Der Teufelskreis von sinkenden Exporten, sinkenden ordinierung und Standardisierung der Lehrinhalte nötig Direktinvestitionen und sinkenden Überweisungen der ist, sehe ich nicht. Vielmehr lebt die interdisziplinäre For- Arbeitsmigranten hat sich in den letzten Monaten ver- schung durch die unterschiedliche Schwerpunktsetzung. schärft. 1 Milliarde Menschen leiden derzeit an Hunger, Wir sollten das als Chance und nicht als Problem sehen. für Entwicklungspolitiker ein unhaltbarer Zustand. Lassen Sie mich noch einmal zusammenfassen, worum Jedoch geben wir nicht, wie im Grünen-Antrag be- es uns Grünen geht: Wir wollen den Ausbau der For- hauptet, den Stimmen nach, die sagen, dass die Mittel für schung und neue Herausforderungen in bereits vorhan- die Entwicklungszusammenarbeit zurückgefahren wer- dene oder neu zu begründende Forschungsfelder aufneh- den müssen. Die EZ zurückzufahren wäre ein schlimmes men. Eine nachhaltige, das heißt zukunftsorientierte Eigentor. Dafür gibt es mehrere Gründe: Die Verzahnung Landwirtschaft braucht ein höheres Forschungsbudget. der Volkswirtschaften ist stärker als je zuvor. Unsere Ex- Und die Agrarforschung braucht die strukturelle Einbet- porte in die entsprechenden Länder haben sich in den tung in einen interdisziplinären Forschungsverbund zur letzten sieben Jahren mehr als verdoppelt. Der Haushalt Landnutzung, der die aktuellen Fragen, die uns Klima- des BMZ ist mittlerweile der zweitgrößte Investitions- wandel und Bevölkerungswachstum stellen, beantwortet. haushalt der Bundesrepublik Deutschland. Von ihm hängen allein in Deutschland zwischen 200 000 und Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: 300 000 Arbeitsplätze ab. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 16/12998 an die in der Tagesordnung aufge- Dass dies so bleibt und wir gleichzeitig eine Stütze für (B) führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein- die Entwicklungsländer sind, hat die Bundesregierung (D) verstanden? – Das ist offensichtlich der Fall. Dann ist auf dem G-20-Gipfel in London eindrücklich bewiesen. die Überweisung so beschlossen. Unter der Federführung der Bundeskanzlerin Angela Merkel haben wir uns für einen Aufbau einer neuen kla- Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 33: ren Finanzmarktarchitektur entschieden. Dies hilft auch Beratung des Antrags der Abgeordneten Ute direkt den Entwicklungs- und Schwellenländern, denen Koczy, Thilo Hoppe, Dr. Gerhard Schick, weite- 1 Billion US-Dollar zur Verfügung gestellt wurden. Da- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- mit sollen unter anderem die Mittel für den Internationa- NIS 90/DIE GRÜNEN len Währungsfonds aufgestockt werden. Weiteres Ziel ist, über Garantien den Welthandel wieder in Schwung zu Entwicklungsländer bei der Bewältigung der bringen – ein Signal an unsere Partnerländer. Allein da- Wirtschafts- und Finanzkrise unterstützen für sollen 250 Milliarden US-Dollar bereitgestellt wer- den. Angela Merkel garantiert dafür, dass Deutschland – Drucksache 16/13003 – sich mit rund 60 Milliarden US-Dollar beteiligt. Sie liegt Überweisungsvorschlag: richtig, wenn sie von einem „Sieg für die globale Zusam- Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (f) menarbeit“ spricht. Ich bin darüber hinaus der Meinung, Ausschuss für Wirtschaft und Technologie dass es auch ein Sieg der Vernunft ist. Die Dinge, die uns in die Krise gestürzt haben, dürfen sich nicht wiederho- Auch hier haben die Kolleginnen und Kollegen Jür- len. gen Klimke, Dr. Sascha Raabe, Stephan Hilsberg, Hell- mut Königshaus, Heike Hänsel und Ute Koczy ihre Re- Die dort beschlossene Stärkung des IWF und der Welt- den zu Protokoll gegeben. bank zeigt auch, dass wir solidarisch sind. Deshalb ver- trauen auch nach dem ARD-Deutschlandtrend 76 Pro- zent der Bundesbürger auf die globalen und deutschen Jürgen Klimke (CDU/CSU): Hilfen zur Selbsthilfe, die die Bundeskanzlerin für unsere Am 18. und 19. Mai 2009 diskutierte der Rat der EU- Partnerländer mit diplomatischem Geschick ausgehan- Entwicklungsminister über die aktuellen Auswirkungen delt hat. der weltweiten Finanzkrise auf die Entwicklungsländer. Leitlinie der deutschen Verhandlungsführung war dabei Meine Darstellung macht klar, dass die Forderungen die starke Solidarität mit unseren Partnerländern in der der Grünen in dem vorliegenden Antrag also schon erfüllt Krise. Kernforderung war die von der nationalen Ent- sind. Deutschland packt verantwortungsvoll für die Ent- wicklungszusammenarbeit und der EU-Zusammenarbeit wicklungsländer an. Gleiches gilt für die anderen Forde- 24776 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Jürgen Klimke (A) rungen aus dem Antrag, die wie ein entwicklungs- Drittens. Handelspolitik. Auch dieses Thema greift der (C) programmatischer Blumenstrauß aussehen: von jedem Antrag auf. Nicht ganz überraschend arbeiten wir in der etwas, ohne Zusammenhang, ohne roten Faden, oft nur Großen Koalition schon an den Problemen, die die Grü- durch die ideologische Brille, dabei wenig Konstruktives nen hier aufwerfen. Die WTO-Handelsrunde muss zum oder gar Neues. Dagegen hat die Große Koalition unter Abschluss gebracht, Exportsubventionen müssen verrin- der Federführung des Abgeordneten Walter Riester einen gert werden. Umweltdumping und Leiharbeit darf es eindrucksvollen Antrag zur Sicherung der sozialen nicht geben. Ich glaube, wir haben hier Konsens. Die Sicherheit verabschiedet. Mittel für ökologische, men- Bundesregierung bezieht hier eindeutig Stellung. Die schenrechtliche und soziale Standards wurden an vielen Forderungen aus dem Antrag unterstützen die Position Stellen der Haushalte der letzten vier Jahre programma- der Regierung nur ein weiteres Mal. tisch manifestiert. Hier sind die Mittel für Biodiversität, Deutsche Welle und Goethe-Institute oder im Bereich der Viertens. Der größte Feind der Entwicklung ist der Mikroversicherungen zu nennen. Die Grünen-Forderun- Krieg. Umgekehrt gibt es keine Sicherheit ohne Entwick- gen – nicht mehr als alte Forderungen! lung. Wir müssen daher mehr Formen der Friedensschaf- fung entwickeln. Streitschlichtung auf allen Ebenen der Trotzdem ist die Diskussion, die der Antrag heute aus- Verwaltung ist dabei ein Stichwort, das noch stärker in löst, sinnvoll, da wir uns wieder und wieder auf die Krise der Konzeption des BMZ umgesetzt werden muss. und ihre Folgen besinnen müssen. Henry Kissinger hat Fünftens. Der Antrag mahnt richtigerweise an, dass vor kurzem gesagt: Die Krise ist eine Chance zur Besin- die Koordination und Arbeitsteilung vorangetrieben wer- nung. – Dieses Motto gilt auch für die Entwicklungspoli- den. Ob EU, multilateral oder bilateral zwischen den Ge- tik. Wo stehen wir und was muss geschehen, damit wir die berländern – die Aufgaben sind groß, aber sie werden Entwicklungsziele der Millenniumserklärung trotz der derzeit aktiv konzeptionell bearbeitet. Die Große Koali- derzeitigen Krise erreichen? tion steht für die Umsetzung einer schlagkräftigen Ent- Seit 2005 hat die Große Koalition in der EZ mehr er- wicklungspolitik, und das ist auch im Koalitionsvertrag reicht als unter sieben Jahren Rot-Grün. Dies liegt zum verankert. Wir erfüllen somit auch diese Forderung aus einen an vielen engagierten Entwicklungspolitikern aus dem Antrag. dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Die derzeitige Krise beinhaltet vielleicht auch eine Entwicklung und nicht zuletzt auch an der Bundeskanzle- Chance für eine Umorientierung im Kampf gegen Hunger rin, die als erste Kanzlerin aktiv Entwicklungspolitik be- und Armut. Anstatt viele schon umgesetzte und im Umbau trieben hat. Es ist uns daher leichtgefallen, neue Impulse befindliche Aspekte der internationalen Entwicklungszu- zu setzen. Endlich ist das Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ sammenarbeit in ihrem Antrag zu fordern, hätten die Grü- ein entscheidender Bestandteil unserer Entwicklungszu- (B) nen vielleicht dieser Idee mehr Engagement entgegen- (D) sammenarbeit geworden. Wir haben es geschafft, die bringen können: Es ist die Frage, wie es die armen schöpferische Kraft der Menschen in den Entwicklungs- Länder schaffen können, die eigenen Finanzmärkte und ländern zur Entfaltung bringen zu können. Dazu gibt es Kapitalmärkte so zu gestalten, dass die eigenen Erspar- zwei Ansatzpunkte: zum einen direkt bei den Menschen nisse, das eigene Kapital besser zu mobilisieren und zu und zum anderen an den Rahmenbedingungen. nutzen sind. Dabei steht auch die Frage der regionalen Der Schlüsselsektor für die Hilfe am Menschen ist die Märkte und der verstärkten Kooperation untereinander Bildung in all ihren Ausprägungen. Dies gilt ebenso für im Mittelpunkt. Die Fehler, die wir gemacht haben, dür- die Förderung der ländlichen Entwicklung, die wir unter fen die Entwicklungsländer miteinander nicht auch bege- Rot-Grün immer gefordert und in der Großen Koalition hen. Das Kapital der Entwicklungsländer darf nicht wie endlich umgesetzt haben. in den letzten Jahrzehnten in den Westen abfließen. Das, was vorhanden ist oder produziert wird, muss in den Ent- Entscheidend sind aber auch die Rahmenbedingun- wicklungs- und Schwellenländern gehalten und dort in- gen. Wir können manchen Ländern noch so viel Geld ge- vestiert werden. Dies gilt ebenso für alle anderen Berei- ben: Es wird nichts nützen. Ganz im Gegenteil! Ich che des wirtschaftlichen und ökologischen Handelns. möchte deshalb fünf Faktoren nennen, die für mich unab- Bestes Beispiel daher ist die Rohstoffpolitik. dingbar sind, wenn wir die Chance nutzen wollen, glo- bale Armut zu bekämpfen: Die Entwicklungszusammenarbeit hat sich in ihrer Konzeption der letzten Jahre deutlich verbessert. Wir ha- Erstens. Wir müssen das Grundziel „gute Regierungs- ben viel geschafft. Für mich ist es wichtig, dass wir das führung“ mit allen Mitteln, die wir zu Verfügung stellen Alleinstellungsmerkmal der deutschen EZ massiv ge- können, unterstützen. Egal, wie korrupt ein Regime ist, stärkt haben. Dies soll auch in der nächsten Wahlperiode bei der Zusammenarbeit darf es keine doppelten Stan- das Ziel aller Entwicklungspolitiker sein. dards geben. Unsere Wertvorstellungen sind maßgeblich. Eigenverantwortlichkeit der Partnerländer ist kein Frei- Stephan Hilsberg (SPD): brief und keine Einbahnstraße! Die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise für die Zweitens. Ohne Wirtschaftswachstum in den betroffe- Entwicklungsländer werden derzeit in Politik und Wis- nen Ländern haben wir keine Chance, die Entwicklungs- senschaft heftig diskutiert. Der Antrag von Bündnis 90/ ziele zu erreichen. Wir brauchen Wirtschaftsorientierung Die Grünen greift dieses Thema ambitioniert auf und un- in unseren Partnerländern, aber auch in der Konzeption terstreicht im Großen und Ganzen die Anstrengungen der des BMZ. deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Insgesamt führt

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Stephan Hilsberg (A) jedoch der Antrag mit einem ganzen Konglomerat an ent- Um das Angebot von Währungsabsicherungen für Un- (C) wicklungspolitischen Themen über sein Ziel hinaus. Eine ternehmen in Entwicklungsländern zu erweitern, hat die solide Strategie, wie den Entwicklungsländern in ihrer Bundesregierung bereits Ende 2008 Mittel zur Stärkung jetzigen Situation gezielt unter die Arme gegriffen werden des Eigenkapitals des Lokalwährungsfonds TCX zur Ver- kann, zeigt der Grünenantrag nicht auf. Zu holzschnitt- fügung gestellt. Ziel ist hier eine Abfederung der krisen- artig fallen hier die Antworten auf die Wirtschafts- und bedingten starken Abwertung der lokalen Währungen für Finanzkrise aus. Unternehmen, die ihre Einnahmen in der lokalen Wäh- rung erwirtschaften. Maßgebliche Initiativen der Weltbank, des IWF und der regionalen Entwicklungsbanken zur Abfederung der Grundsätzlich kommt es auf folgende vier Punkte an, Krise bleiben unerwähnt. Zudem führt die Beschränkung in denen die Bundesregierung aktiv ist: a) Stärkung der auf Entwicklungsländer in die Irre. Einzelne Schwellen- nationalen Banken- und Finanzmarktaufsicht, b) Etablie- länder sind ebenso wie einzelne Entwicklungsländer in rung eines länderübergreifenden Krisenmanagements bei ganz unterschiedlichem, manchmal sogar entgegenge- Finanzkrisen, c) Auf- und Ausbau von nationalen Kredit- setztem Ausmaß betroffen als andere Länder aus ihrer registern, d) Entwicklung von Standards für „Respon- Gruppe. Zentrale Bestimmungsfaktoren für die Schwere sible Banking“. der „Ansteckung“ an der Wirtschafts- und Finanzkrise sind vielmehr der Grad der Integration eines Landes in Zu Forderung 3 betreffs ODA: Ein wesentliches Er- den Welthandel und Weltfinanzmarkt, die Abhängigkeit gebnis der Anfang Dezember 2009 durchgeführten Doha- von Agrar- und Rohstoffimporten bzw. Exporten, der in- Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung war, dass die ternationale Verschuldungsgrad, die Größe des Binnen- Geberländer trotz der absehbaren Rezession an den Plä- marktes, die Wirtschaftsstruktur, die aktuelle Perfomance nen zur Steigerung der Entwicklungshilfezusagen festhal- der heimischen Wirtschaft etc. Diese Unterscheidungen ten wollen. Dieser Grundkonsens wurde bis dato nicht in- laufen quer zu den klassischen Ländergruppeneinteilun- frage gestellt. gen. Deshalb ist jede Forderung in diesem Antrag für Zu Forderung 5/Forderung 6: Hier bietet der Antrag manche Länder zutreffend und für andere nicht. Die Aus- keine wesentlich neuen Aspekte. Die Bundesregierung führungen zu den folgenden Punkten sollen dies verdeut- hat bereits mehrfach betont, dass es erforderlich ist, auch lichen. solche laufenden Kosten verstärkt mitzufinanzieren, die Zu Forderung 1: Die Konjunkturprogramme der Bun- zur Aufrechterhaltung der Sozialsysteme (Lehrergehälter, desregierung sehen im nationalen Rahmen Investitionen Medikamente etc.) bzw. zur Bestandssicherung von Struk- hauptsächlich in Bau und Verkehr vor. Vor allem die turen erforderlich sind, die mithilfe der Entwicklungszu- sammenarbeit in den vergangenen Jahrzehnten mühsam (B) energetischen Sanierungen kommen dem Klimaschutz zu- (D) gute, von dem letztlich auch die Entwicklungs- und aufgebaut wurden. Hinzu kommt die Intensivierung von Schwellenländer profitieren. Darüber hinaus wurde im sozialen Abfederungsmaßnahmen wie beispielsweise Konjunkturpaket II beschlossen, der Weltbank 100 Mil- Food-for-Work-Programme, Cash-Transfers und Schul- lionen Euro für einen Infrastrukturfonds zur Abfederung speisungen. Apropos können diese Maßnahmen mühelos der Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise für die ärms- sehr kurzfristig umgesetzt werden, indem bereits beste- ten Länder der Welt zur Verfügung zu stellen. Eine weitere hende Programme aufgestockt und ausgeweitet werden. Million Euro wurde im Rahmen des G-20-Gipfels für die Im Übrigen fehlen in diesem Antrag die entscheidenden Entwicklungsländer durch die Bundesregierung zugesi- Initiativen der Bundesregierung im Bereich der techni- chert. Wenn in diesem Zusammenhang also von Markt- schen Zusammenarbeit (TZ) und des capacity building. verzerrungen gesprochen werden könnte, dann höchsten Beide Komponenten befähigen die betreffenden Länder auf nationaler Ebene, nicht jedoch auf internationaler. in ihren Kompetenzen zur festen Etablierung von Good- Governance-Strukturen. Zu Forderung 2/4: Die meisten Entwicklungs- und Schwellenländer wurden bisher hauptsächlich über den Zu Forderung 4/7: Die Bundesregierung setzt sich in monetären Wirkungskanal „infiziert“. Um die weitere der Entwicklungszusammenarbeit mit den Partnerlän- Ausbreitung zu begrenzen, ist es daher erforderlich, vor dern gerade während der Finanz- und Wirtschaftskrise allem auch in diesem Bereich schnell wirksame Gegen- anhaltend dafür ein, Kleinsparer zu schützen, den lokalen maßnahmen zu ergreifen. Deutschland ist sich hier seiner Bankensektor vor dem Zusammenbruch zu bewahren und Verantwortung bewusst und unternimmt bereits entspre- lokalen Unternehmen weiterhin Zugang zu Kredit und zu chende Anstrengungen. Währungsabsicherungsmöglichkeiten zu bieten. Dabei obliegt es der Verantwortung der Weltbank und der regi- So haben BMZ und KfW gemeinsam mit der Weltbank- onalen Entwicklungsbanken, ihren weiterhin guten Zu- tochter IFC und der holländischen Entwicklungsbank gang zur Refinanzierung zu nutzen, um antizyklisch zu FMO die „Microfinance Enhancement Facility“ agieren und den Entwicklungsländern das nötige Geld konzipiert und aufgelegt. Die Fazilität stellt soliden, zur Fortführung ihrer Armutsbekämpfungsprogramme zielgruppenorientierten Mikrofinanzinstitutionen Refi- zur Verfügung zu stellen. Ich sehe zum Beispiel die Ver- nanzierungen zur Verfügung, um die krisenbedingte besserungsmöglichkeit, ihren Sektorprogrammen ent- Liquiditätsklemme zu überbrücken. Diese Maßnahme sprechende Auflagen mit Blick auf eine effektivere Re- verfolgt die Absicht, die negativen Konsequenzen für Ein- gulierung der nationalen Finanzmärkte aufzuerlegen. kommen, Beschäftigung und Armutssituation in den Part- Den Entwicklungs- und Schwellenländern ist in der ge- nerländern zu mildern bzw. abzuwenden. genwärtigen Situation vor allem geholfen, wenn die re-

Zu Protokoll gegebene Reden 24778 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Stephan Hilsberg (A) gionalen Entwicklungsbanken ihr Angebot an Lokal- nicht zuletzt dank der Anstrengungen der Bundesregie- (C) währungsfinanzierungen ausbauen und so die von rung. Wechselkursschwankungen ausgehenden Risiken mini- mieren. Die Kapitalausstattung von Weltbank und regio- Der Antrag der Grünen ist insgesamt zu begrüßen, da nalen Entwicklungsbanken befindet sich im Übrigen in er darauf abzielt, wie in der Wirtschafts- und Finanzkrise einem hervorragenden Zustand, sodass ich im Augen- den Entwicklungsländern unterstützend zur Seite gestan- blick die Notwendigkeit für eine weitere Kapitalaufsto- den werden kann. Erforderlich wäre es dennoch gewesen, ckung nicht sehe. Die Weltbank plant gegenwärtig die die Forderungen an die Bundesregierung stringenter zu Ausleihungen zur Krisenabfederung um bis zu 100 Mil- formulieren. Die Durchmischung vielfältiger entwick- liarden US-Dollar innerhalb von drei Jahren zu erhöhen. Al- lungspolitischer Themen macht es schwierig, konkrete lein die Weltbanktochter IFC will vier spezielle Krisenabfe- Handlungsanweisungen für die Bundesregierung abzu- derungsinitiativen für die Bereiche Handelsfinanzierung, leiten. Demzufolge kratzt der Antrag an vielen Stellen nur Bankenrekapitalisierung, Infrastruktur und Beratungsmaß- an der Oberfläche, ohne eine wirklich erkennbare Linie nahmen auflegen. Der IWF plant die Einrichtung einer aufzuzeigen. Zudem spiegelt er Aussagen und Maßnah- Short Term Liquidity Facility (SLF). Die regionalen Ent- men der Bundesregierung wieder, die bereits jetzt schon wicklungsbanken planen ebenfalls, ihre Ausleihungen politisch verfolgt werden und gewollt sind. drastisch zu erhöhen. Zu Forderung 8: Einen Schuldenerlass für Länder zu Dr. Sascha Raabe (SPD): erreichen, deren politische Handlungsfähigkeit infolge Im Zuge der Asien-Krise in den 90er-Jahren kann ich überhöhter Schulden gefährdet ist, gehört bereits im Au- mich noch gut an eine Metapher erinnern. So befürchtete genblick in die Zielsetzung der erweiterten HIPC-Initia- man zu Beginn der Finanzkrise in Asien, dass „der Flü- tive. Die Bundesregierung hatte dafür damals maßgeb- gelschlag eines Schmetterlings im Pazifik einen Wirbel- lich ihren Einfluss geltend gemacht. Darüber hinaus sturm am anderen Ende der Welt auslösen würde“. – stehen der internationalen Gemeinschaft mit dem Pariser Glücklicherweise blieb damals die Krise größtenteils re- und Londoner Club weitere Institutionen zur internatio- gional, und der Rest der Welt blieb überwiegend ver- nalen Umschuldung zur Verfügung. Ziel der Bundes- schont. Doch ein Jahrzehnt später ist der Schmetterling regierung muss es heute sein, die Beschlüsse des Londo- zurück und hat mit seinen gewaltigen Flügelschlägen an ner G-20-Gipfels hinsichtlich der Kredithilfen für der Wall Street die ganze Welt in Unordnung gebracht, Entwicklungs- und Schwellenländer von multi- und bila- auch in Timbuktu, Pôrto Alegre und Kuala Lumpur. teralen Gebern zügig umzusetzen. Über die Ursachen der momentanen Finanzkrise kann Zu Forderung 9: Die ausschließliche Forderung nach (B) man sich streiten. Fakt ist: Eine Tragik wird wieder ein- (D) einem internationalen Insolvenzverfahren verkennt die mal deutlich: Die Finanzkrise fand ihren Ursprung in den Komplexität dieses Verlangens und würde letztlich nur Büros der Investmentbanker und Börsendealer der Indus- bedeuten, das „Pferd von hinten aufzuzäumen“. Denn zu- trieländer, doch die größten Leidtragenden sind die nächst bedarf es der Ausarbeitung von Prinzipien und Re- Ärmsten der Armen in den Slums und Baracken der über geln für die Schaffung eines internationalen Insolvenz- 90 Entwicklungs- und Schwellenländer. Jüngsten Schät- rechts für Staaten. Darüber hinaus ist es auch zunächst sinnvoll zu prüfen, ob nicht die bestehenden Strukturen zungen der Weltbank zufolge erhöht sich die Zahl der ab- und Mechanismen zur Regelung von internationalen In- solut Armen aufgrund der Finanzkrise in diesem Jahr um solvenzverfahren verbessert werden können. Im Übrigen bis zu 100 Millionen! Noch tragischer ist, dass Entwick- hat sich die Stiglitz-Kommission unter Beteiligung der lungsländer bestraft werden, die vieles richtig gemacht Bundesregierung bereits im März für die Einrichtung ei- haben. Sie haben eine deutlich gute makroökonomische nes internationalen Insolvenz-Streitbeilegungsorgans Politik verfolgt und sich aktiv in den internationalen Han- ausgesprochen. dels- und Finanzmarkt integriert. Ausgerechnet diese Länder kriegen die Folgen der Krise sehr schmerzhaft zu Zu Forderung 10: Die Bundesregierung verfolgt hier spüren. im Rahmen der Europäischen Union klar eine deutliche Linie, die auf einen zügigen Abschluss der WTO-Han- Für mich steht fest: Bei der derzeitigen Finanzkrise delsrunde abzielt. Eine Gruppe des BMWi arbeitet in handelt es sich um einen Systemfehler. Und ein System- Brüssel laufend daran, den Prozess weiter voranzutrei- fehler kann nur mit einer Systemlösung behoben werden. ben. Auf Initiative der Bundesregierung wurde nach dem Die derzeitige Wirtschafts- und Finanzkrise hat den neo- Abbruch der Doha-Gespräche im Sommer 2008 versucht, liberalen Glauben an die Selbstheilungskräfte der Märkte eine Ministerkonferenz im Dezember einzuberufen, um erschüttert. Das neoliberale System hat versagt. Neue den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen. Im Augenblick Wirtschaftsdenker brauchen wir in Washington, Brüssel hängt der Prozess vor allem wegen der Positionen der und den Hauptstädten der Welt. Ein neues – armutsmin- USA, Chinas und Indiens. Zumindest hat in den vergan- derndes und gerechtes – System ist dringend notwendig. genen Wochen der neue Handelsvertreter der Vereinigten Dabei sind nicht nur Finanzmanager und Finanzpolitiker Staaten Ron Kirk sich in einem positiven Tonfall zur gefordert. Auch – und besonders – wir als Entwicklungs- WTO-Welthandelsrunde geäußert, was die Hoffnung auf politiker sind an dieser Stelle gefragt. Denn nicht umsonst einen baldigen Abschluss nähren könnte. Innerhalb der verstehen wir Sozialdemokraten Entwicklungszusam- EU sind bis auf die Implementierung der geografischen menarbeit als globale Strukturpolitik, die zu mehr Ge- Herkunftsangaben die Positionen eindeutig, und das rechtigkeit und Wohlstand führen soll.

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Dr. Sascha Raabe (A) Die ersten teils vielversprechenden Beschlüsse auf den zerstörung, Klimawandel, organisierte Kriminalität, (C) beiden G-20-Gipfeln in Washington und London sind ge- Korruption, internationaler Terrorismus, Bürgerkriege, fallen. Doch unser Weltfinanzsystem besteht aus weit Menschenrechtsverletzungen und Flüchtlingsströme liegt mehr als nur aus 20 Staaten. Durchaus ungeachtet von im Interesse der gesamten Staatengemeinschaft. Globale der Öffentlichkeit wird in New York derzeit eine UN-Kon- Krisen sind nicht nur, aber auch unsere Krisen. Die Ärms- ferenz geplant, die alle Staaten der Weltgemeinschaft an ten der Armen sind von diesen Katastrophen jedoch stets einen Tisch bringen und sich mit den Auswirkungen der am härtesten betroffen. Finanzkrise befassen soll, ein sozusagen G-190-Gipfel, der das System reformieren möchte. Jetzt ist es die durch Finanzspekulationen in den In- dustrieländern ausgelöste Wirtschafts- und Finanzkrise, In diesem Zusammenhang möchte ich unsere Entwick- deren realwirtschaftlichen Auswirkungen wieder die Ent- lungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul loben. Als wicklungs- und Schwellenländer besonders hart treffen. Mitglied der UN-Expertenkommission zur Reform des in- Eine Folge sind leider auch der Anstieg der Zahl der an ternationalen Währungs- und Finanzsystems unter der Hunger leidenden Menschen auf wohl über eine Milliarde Leitung des Nobelpreisträgers Joseph Stiglitz hat sie wie- Menschen, Massenarbeitslosigkeit und hohe Staats- der einmal gezeigt, dass Deutschland an einer globalen verschuldungen der Entwicklungsländer über die kom- Antwort auf die Finanzkrise interessiert ist. Dieses 16-köp- menden Jahre. Wir müssen davon ausgehen, dass die fige hochrangige Gremium hat die desolate Finanzsitua- Situation sich noch weiter verschärfen wird, da die Aus- tion akribisch analysiert und entsprechende politische wirkungen solcher wirtschaftlichen Verwerfungen auf die Reaktionsmaßnahmen formuliert, die alle Staaten der Entwicklungsländer dort erst zeitverzögert auftreten. Weltgemeinschaft betreffen. Unter anderem heißt es im Abschlussbericht, dass nationalstaatliche Bestrebungen, Die Krise hat uns das Ausmaß der globalen Vernetzun- die zu mehr Protektionismus führen, genau die falsche gen, aber auch die besondere Verletzlichkeit der Entwick- Reaktion sind. Genauso wenig sind momentan neue han- lungsländer noch einmal klar vor Augen geführt. Jetzt gilt delsverzerrende Subventionen im Agrarbereich gefragt, es, die Krise als Chance für die notwendigen Reformen in wie sie derzeit im Bereich der Milchexportsubventionen der Entwicklungspolitik zu nutzen. Notwendig sind neue von der EU wieder eingeführt werden. Ideen und Konzepte, wie wir kurzfristig den Ärmsten der Armen aus der unmittelbaren Not heraushelfen und wie Falsch reagiert haben bisher auch die Industrieländer wir langfristig Entwicklungs- und Schwellenländer kri- Italien und die Schweiz. Beide Länder haben als Reaktion sen- und widerstandsfester machen. auf die Finanzkrise beschlossen, ihre Ausgaben für Ent- wicklungszusammenarbeit drastisch zu kürzen. Ein fata- Aber gerade an diesen Konzepten fehlt es. Auch ein ler Fehler und ein sicherlich verkehrtes Zeichen an den halbes Jahr seit Beginn der Krise lassen die Bundesregie- (B) Rest der Welt! Die Entwicklungsländer wollen auf Dauer rung und allen voran das BMZ ein wirksames Krisenma- (D) keine Almosen. Nein, sie wollen nur endlich gerechte und nagement vermissen. Dabei geht es darum, die Folgen gleiche Bedingungen, sich in den internationalen Waren- der Krise für die am stärksten gefährdeten Gruppen ab- und Finanzmarkt zu integrieren. zufedern sowie die Förderung der Wirtschaftstätigkeit und Beschäftigung, zum Beispiel durch die Stärkung der Ich möchte nun abschließend auf den uns vorliegenden Landwirtschaft, zu unterstützen. Während die EU-Kom- Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kurz einge- hen. Ganz treu ihrer Programmatik haben die Kollegen mission frühzeitig das Heft des Handels übernommen hat der Oppositionsfraktion mit ihrem Antrag nichts anderes und eine Neuausrichtung der Prioritäten gefordert hat, gemacht, als unsere sozialdemokratischen Anträge zu re- gibt es keine vergleichbaren Konzepte aus dem BMZ. cyceln! Denn die im Grünen-Antrag enthaltenen Forde- Auch der Antrag der Grünen glänzt nicht gerade mit rungen spiegeln von uns längst beschlossene Anträge wi- neuen Ideen, sondern fordert, wie so häufig erneut „im- der. Einen erfolgreichen und entwicklungsorientierten mer mehr vom selben“: mehr Geld, schnellerer Abfluss Abschluss der derzeit laufenden Welthandelsrunde for- der Mittel, Schuldenerlasse etc. Das ist die Politik der dern wir längst, und wir setzen uns offensiv hierfür ein. vergangenen zehn Jahre. Auch vor der Krise zeigten sich Auf die Problematik der Rücküberweisung von Migranten diese Konzepte als wenig tauglich, um die Armut in Re- in ihre Herkunftsländer haben wir bereits in einem Bun- gionen wie Subsahara-Afrika nachhaltig zu verringern. destagsbeschluss hingewiesen und entsprechende Lösun- Fällt Ihnen denn nichts Besseres ein? gen geboten. Ebenso können wir tiefgreifende Anträge zu den Themen „Ländliche Entwicklung“ und „Wirtschafts- Tatsächlich ist es aber auch zunächst die Aufgabe der partnerschaftsabkommen“ vorweisen. Bundesregierung, derartige Konzepte zu entwickeln und umzusetzen. Die einzigen Maßnahmen, die wir bisher er- Als Entwicklungspolitiker haben wir nicht nur eine lebt haben, sind ein Flickenteppich von nebeneinander „Daseinsberechtigung“, weil wir Menschen helfen wol- stehenden, nicht zusammenhängenden Einzelaktionen. len, ihre Situation zu verbessern. Nein, wir setzen uns Ein Akt der Hilflosigkeit war etwa die Gewährung eines auch dafür ein, Finanzwirbelstürme zu vermeiden, die zusätzlichen Beitrages von 100 Millionen Euro für den vom Flügelschlag eines Schmetterlings entstehen und Infrastrukturfonds der Weltbank im Rahmen des Konjuk- Millionen von Menschen in die Armut reißen können. turpaketes II. Ich bin mal sehr gespannt auf die Evaluie- rung dieser Maßnahmen im Hinblick auf die Umsetzung Hellmut Königshaus (FDP): der Entwicklungs-Jahrtausendziele einerseits und der Wir Entwicklungspolitiker wissen es schon lange: Die Konjunkturziele andererseits. Die vergangenen Jahre ha- Bekämpfung der großen globalen Probleme wie Umwelt- ben doch gezeigt, dass allen Bemühungen zum Trotz die

Zu Protokoll gegebene Reden 24780 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Hellmut Königshaus (A) Ärmsten der Armen, zum Beispiel in Subsahara-Afrika, gisch nachhaltig gestaltet und demokratisch kontrolliert (C) nicht von dieser Art der Armutsbekämpfung profitieren. wird. Diese Krise hat vielmehr verdeutlicht, wie schädlich die Einige der im Antrag der Grünen aufgestellten Forde- wachsende finanzielle Abhängigkeit der Empfängerlän- rungen unterstützen wir: Die Linke fordert ebenfalls ein der von den Industrieländern ist. internationales Insolvenzverfahren, den Abbau der Vorrangiges Ziel jeder entwicklungspolitischen Maß- Agrarexportsubventionen und konkrete Schritte zur Erhö- nahme muss daher jetzt die Armutsursachenbekämpfung hung der ODA-Quote. Andere Forderungen sind viel zu sein. Jeder Bürger eines Entwicklungslandes muss in die defensiv formuliert: Die Grünen fordern „keiner Ver- Lage versetzt werden, sich mit eigener Arbeit selbst zu er- schärfung der Migrationspolitik der Europäischen Union nähren, ohne auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. Der […] zuzustimmen“ oder „weitere Schuldenerlasse bei Schwerpunkt muss daher auf der wirtschaftlichen Ent- Entwicklungsländern in Erwägung zu ziehen“ – dies ist wicklung liegen, das heißt auf der Unterstützung von sich halbherzig und das kritisieren wir. selbst tragenden Wirtschaftskreisläufen. Das ist eine Dass die Aufstockung der IWF-Mittel ein Ansatz zur nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit, die Entwick- Stabilisierung der Entwicklungs- und Schwellenländer lungsländer viel besser ausrüstet, um solche Krisen zu sei, wie in der Begründung des Grünen-Antrags behaup- überwinden. tet wird, sehen wir nicht. Nicht nur mit Blick auf die Ver- Wir brauchen eine umfassende Debatte auf nationaler, gangenheit des IWF, sondern auch mit einem differenzier- europäischer und internationaler Ebene, wie wir mit den ten Blick auf die jüngsten umfangreichen Kreditvergaben Mitteln höhere Wirksamkeit erreichen können. Statt einer – vor allem an osteuropäische Länder – sehen wir viel- Erhöhungsdebatte brauchen wir jetzt eine Effizienzde- mehr die Gefahr, dass sich ein altes Muster unheilvoll batte. Denn mit den Auswirkungen der Wirtschafts- und wiederholt: Die Kreditnehmer treiben in die Schulden- Finanzkrise wächst auch der Erfolgsdruck der deutschen falle, der IWF – vor kurzem noch als Auslaufmodell ge- und internationalen Entwicklungszusammenarbeit, den handelt und im Begriff, von regionalen Banken abgelöst Nachweis zu erbringen, dass sich die Armut verringert zu werden – wird wieder zum obersten Schuldeneintrei- und sich die Lebensbedingungen in den Entwicklungslän- ber, der direkten Einfluss auf die wirtschaftliche Ordnung dern auch tatsächlich verbessert haben. der von ihm abhängigen Staaten nimmt und dort eine überwiegend prozyklische Wirtschaftspolitik durchsetzt. Als Liberale unterstützen wir die Forderung der Grü- Die Linke fordert, dass die gegenwärtige Krise genutzt nen in dem Antrag, die laufende WTO-Runde abzuschlie- wird, grundlegend über eine Neuordnung des Weltfinanz- ßen und die EU-Agrarsubventionen abzubauen. Denn marktes nachzudenken. Die Debatte ist längst im vollen (B) von einem freien Handel profitieren vor allem die Ent- Gange. Die Linke fordert feste Wechselkurse, eine unab- (D) wicklungsländer und die kleinbäuerliche Landwirtschaft. hängige Leitwährung, die vollständige Einordnung von Aus agrar- und entwicklungspolitischer Sicht ist es wich- IWF und Weltbank in das UN-System und die Stärkung tig und notwendig, dass die laufende WTO-Runde zu ei- von Fazilitäten, die regionale Lösungen anbieten. Kon- nem weiteren Abbau des Agrarprotektionismus in allen krete Alternativen sind bereits sichtbar, zum Beispiel die beteiligten Ländern führt. Flankierend müssen die klein- von Venezuela initiierte Banco del Sur. Diese müssen un- bäuerlichen Betriebe in den Entwicklungsländern über terstützt werden. die verschiedenen Entwicklungshilfeorganisationen be- sonders unterstützt werden. Anders als die Grünen hat die Linke eine grundsätzli- che Kritik an der Handelspolitik der Europäischen Die Bundesregierung hat weder Krisenmanagement Union. In der Handelspolitik sind die neoliberalen Dog- betrieben noch neue Konzepte zur Bewältigung der Krise men noch nicht hinterfragt. Im Gegenteil: Ungeachtet der beschlossen. Ich kann das BMZ nur dringend auffordern, Krisenerfahrungen setzt die EU weiter darauf, in den schleunigst zu handeln. Die Krise ist noch nicht vorüber Partnerländern im Süden Dienstleistungen, darunter und der Hunger in der Welt wartet nicht darauf, bis auch die Finanzdienstleistungen, zu liberalisieren. Die Deutschland endlich wieder eine handlungsfähige Koali- Forderung nach mehr Flexibilität in den Wirtschaftspart- tion und eine tatkräftige Regierung hat, die handelt, an- nerschaftsabkommen ist uns deshalb zu defensiv. Die statt nur zu reden. Handeln Sie jetzt! ganze Richtung stimmt nicht! Die Linke unterstützt die Forderung nach Neuverhandlung unter einem anderen Heike Hänsel (DIE LINKE): Mandat, wie sie in vielen AKP-Staaten erhoben wird, und wir werden uns der Ratifizierung der Wirtschaftspartner- Die Menschen in den Ländern des Südens sind nicht schaftsabkommen widersetzen. Wir hoffen dabei – trotz erst im Zuge der aktuellen Krise zu Opfern dieser Welt- gegenteiliger Erfahrungen – auf die Unterstützung der wirtschaftsordnung geworden, sie waren es auch schon in Grünen. Zeiten des Wachstums. 500 Jahre Kolonialisierung und kapitalistische Globalisierung haben Abhängigkeit und Insgesamt greifen die Vorschläge des vorliegenden Entwicklungsblockade im Süden zur Voraussetzung für Antrags zu kurz, wenn sie den Anspruch erfüllen sollen, Wachstum und Wohlstand im Norden gemacht. Umso un- „Entwicklungsländer bei der Bewältigung der Wirt- barmherziger schlägt die aktuelle Finanzmarkt-, Produk- schafts- und Finanzkrise (zu) unterstützen“, wie es im tions- und Klimakrise auf die Länder des Südens durch. Titel heißt. Nachhaltige Lösungen müssen viel grundsätz- Wir brauchen deshalb völlig neue Ansätze für eine Welt- licher an den Krisenursachen ansetzen. Im Vorfeld der wirtschafts- und -finanzordnung, die sozial und ökolo- UN-Gipfelkonferenz zur Finanzmarktkrise sollten wir die

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Heike Hänsel (Die Linke) (A) Gelegenheit nutzen, solche Fragen, die ja international Dieser negative Schock der Globalisierung trifft be- (C) durchaus auf der Tagesordnung stehen, auch hier im Bun- sonders die Entwicklungsländer – also genau diejenigen destag zu diskutieren. Länder, die nicht so stark in die Weltwirtschaft integriert sind. Bereits jetzt sind aufgrund der Krise 50 Millionen Die Stiglitz-Kommission hat einige interessante Menschen neu unter die Schwelle der absoluten Armut Anstöße dazu gegeben, unter anderem für ein globales gefallen. Diese Zahl könnte sich bis zum Ende des Jahres Konjunkturprogramm und zur Neujustierung der interna- auf 100 Millionen Menschen steigern. Die internationale tionalen Kreditvergabemechanismen. Die UN-Gipfelkon- Staatengemeinschaft hat sich im Jahr 2000 verpflichtet, ferenz Ende Juni könnte nun die Chance zu sehr weitrei- acht sogenannte Millenniumsentwicklungsziele bis 2015 chenden Festlegungen bieten. Die Linke begrüßt, dass umzusetzen. In einigen Ländern wurden bereits deutliche hier erstmals nicht die nur Krisenverursacher, sondern Fortschritte erzielt. Doch auch dort rückt angesichts der mehrheitlich die Krisenopfer über die Bewältigung der jetzigen Lage der Welt ein Erreichen der Millenniumsent- Krise und neue Regulationen verhandeln werden. Des- wicklungsziele in weite Ferne. halb müssen von dieser Konferenz auch starke Botschaf- ten ausgehen, die den Anspruch auf Regelungskompetenz Wir dürfen die Entwicklungsländer in dieser Situation der UN untermauern. Der Präsident der UN-Vollver- nicht wie so oft im Regen stehen lassen. Wir tragen ja die sammlung, Pater Miguel d’Escoto Brockmann aus Nica- Verantwortung für diese Krise, die alle – in welcher Form ragua, hat bereits sehr weitreichende Vorschläge einge- auch immer – mitreißt, zumal die Auswirkungen der Krise bracht, unter anderem die Ablösung des Dollars als viele Entwicklungsländer umso härter treffen, da die ak- Reservewährung. Auch die künftige Rolle des Internatio- tuelle Krise unmittelbar auf eine ohnehin fragile Situa- nalen Währungsfonds hat d’Escoto sehr grundsätzlich in- tion folgt. In den letzten Jahren sahen sich insbesondere frage gestellt. Für uns weisen diese Vorschläge in die die rohstoffarmen Länder einer doppelten Belastung aus richtige Richtung. Die Linke unterstützt auch seine For- hohen Rohstoff- und hohen Lebensmittelpreisen ausge- derungen nach globalen Steuern auf Kohlendioxid und setzt. In Haiti führten die stark angestiegenen Preise für Finanztransaktionen. Reis, Mais und andere Grundnahrungsmittel zu schweren Ausschreitungen mit mehreren Todesopfern. In Guinea Allerdings – wenig überraschend – hat d’Escoto für waren die enorm gestiegenen Preise für Reis der Auslöser seine Vorschläge starken Gegenwind aus den Staaten des eines Generalstreikes, der sich im Laufe der Zeit zum Nordens geerntet. Ich fordere die Bundesregierung auf, Volksaufstand erweiterte und das Regime des Präsiden- bei den laufenden Verhandlungen über das Abschlussdo- ten an den Rand eines Umsturzes gebracht hatte. Para- kument die fortschrittlichen Ansätze aus dem d’Escoto- doxerweise hat die Weltwirtschaftskrise jedoch dazu ge- Entwurf zu unterstützen und sich dafür einzusetzen, dass führt, dass die Preise für Rohstoffe und damit für (B) der UN-Gipfel konkrete Wege in eine andere Weltwirt- Lebensmittel wieder sanken, was positiv für viele Arme (D) schaftsordnung aufzeigt. Das wäre die Voraussetzung, um ist. Aber die rohstoffreichen Länder haben ihre Minen einen wirkungsvollen und vor allem nachhaltigen Beitrag und ihre Produktion herunterfahren müssen. So ist zum zur Bewältigung der Krisenfolgen in den Entwicklungs- Beispiel in Botswana durch den internationalen und Schwellenländern zu organisieren. Kaufstopp bei Diamanten der Bergbau fast auf null ge- setzt worden, und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- mer sind ihre Arbeit los. Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was bedeutet das konkret? Was können und müssen Nie war es klarer: Diese Welt ist auf Gedeih und Ver- wir tun, um die Entwicklungsländer bei der Bewältigung derb aufeinander angewiesen. Für uns alle ist Globalisie- der Krise zu unterstützen? Deutschland muss nicht nur rung zur Realität geworden – mit all ihren positiven und mit Worten, sondern auch mit Taten dafür eintreten, dass negativen Folgen. Vor acht Wochen trat auf dem ameri- sich die Kluft zwischen reichen und armen Ländern und kanischen Kontinent zum ersten Mal eine neue Form des das Wohlstandsgefälle innerhalb der Länder nicht noch Grippevirus H1N1, die Schweinegrippe, auf. Mittler- weiter vergrößern. Dafür haben wir Vorschläge unter- weile haben 48 Länder der Weltgesundheitsorganisa- breitet. Aus eigenen Mitteln werden viele Entwicklungs- tion offiziell 13 398 Fälle von Erkrankungen gemeldet. länder die Auswirkungen der Krise für ihre Bevölkerung 95 Menschen sind gestorben, alle Kontinente sind betrof- und ganz besonders für die verletzlichsten Gruppen wie fen. Frauen mit Kindern nicht abfedern können. Das Auflegen Vor knapp zwei Jahren begann in den USA die US-Im- von milliardenschweren Konjunkturprogrammen oder auch das Begleiten durch Sozialprogramme wie in den In- mobilienkrise, auch „Subprime-Krise“ genannt. Was dustrieländern und in einigen Schwellenländern ist für nach einer verhältnismäßig begrenzten und begrenzbaren sie meist undenkbar. Krise klang, hat sich mittlerweile ähnlich unaufhaltsam wie die Schweinegrippe ausgebreitet. Heute klingen die Wir müssen sicherstellen, dass die von den Industrie- Bezeichnungen für diese Krise dramatisch: Wir reden von ländern beschlossenen Konjunkturpakete keine negati- einer Weltwirtschaftskrise, der schlimmsten Wirtschafts- ven Folgen auf die Entwicklungsländer haben. Und: Wir und Finanzkrise seit 80 Jahren. Offensichtlich ist: Die müssen den Entwicklungsländern dabei helfen, ihre Zah- Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise sind lungsbilanzschwierigkeiten auszugleichen. Die auf dem nicht auf einzelne Regionen oder Kontinente beschränkt. G-20-Gipfel in London beschlossene Aufstockung der Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg wird 2009 das Mittel für den Internationalen Währungsfonds und die gesamte Weltnationaleinkommen zurückgehen. Weltbank sind dabei ein guter Schritt. Auch wenn sich die

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Ute Koczy (A) Maßnahmen durch eine Konzentration auf die Wirt- Überweisungsvorschlag: (C) schaftszentren auf eine kurzfristige Stabilisierung der Verteidigungsausschuss (f) Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Weltwirtschaft beschränken werden, werden die Entwick- Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit lungsländer positive Auswirkungen spüren. Die Kolleginnen und Kollegen Jürgen Herrmann, In dieser Krise müssen wir die Weichen anders stellen: Rolf Kramer, Birgit Homburger, Inge Höger und Ute Investitionen in die Wirtschaft dürfen auf keinen Fall zu- Koczy haben ihre Reden zu Protokoll gegeben. lasten des Klimaschutzes gehen oder mit Umweltzerstö- rung einhergehen. Die Krise wäre die Chance zu einem Umsteuern in der Wirtschaftspolitik. Diese Gelegenheit Jürgen Herrmann (CDU/CSU): zu einer Modernisierung und nachhaltigen Stabilisierung Die Naturlandschaft Senne am Rande des Teutoburger von Gesellschaften müssen wir nutzen. Wir brauchen ei- Waldes ist ein ganz besonderer Naturraum, da stimme ich nen weltweiten, einen Global Green New Deal, wie ihn Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Bünd- auch das Umweltprogramm der Vereinten Nationen, nis 90/Grünen-Fraktion, voll und ganz zu. Wir müssen sie UNEP, gefordert hat. schützen und erhalten – auch da stimme ich Ihnen voll zu. In Entwicklungsländern haben viele Menschen – ins- Wer hat sich denn aber bisher darum bemüht, diese besondere Frauen – bereits ihre Arbeitsplätze verloren, Naturlandschaft zu erhalten? Wer hat etwas dazu bei- weitere Hunderte Millionen Arbeitslose werden aller Vo- getragen, dass sie sich zu einem Gebiet entwickeln raussicht nach hinzukommen. Die Rücküberweisungen konnte, in dem über 5 000 Tier- und Pflanzenarten leben? von Familienangehörigen im Ausland gehen zurück. Die Kurioserweise hat sich diese Naturlandschaft entfalten Menschen in Entwicklungsländern sehen sich gezwun- können, ohne dass der Mensch hieran einen wesentlichen gen, ihre wenigen persönlichen Ersparnisse aufzubrau- Anteil genommen hat und völlig unbeeindruckt von den chen. In afrikanischen und anderen Entwicklungsländern wehrtechnischen Übungen, die von unseren britischen bedeutet dies zuallererst eine drastische Reduzierung der Bündnispartnern dort seit Jahrzehnten durchgeführt wer- Einkommen von Frauen sowie der Beträge, die ihnen für den. Ein Widerspruch? Kein Widerspruch! Ohne mensch- die Ernährung der Familie zur Verfügung stehen. Soziale liches Einwirken gab es hier über Jahrzehnte Truppen- Sicherungsnetze, die die Menschen in Entwicklungslän- übungen im Einklang mit der Natur. Im Einklang mit- dern in dieser schwierigen Situation auffangen könnten, einander lebten auch die Familien der britischen sind ohnehin oft ungenügend vorhanden. Dabei müssen Streitkräfte und die Menschen der Anrainerkommunen. wir uns besonders dafür engagieren, dass Entwicklungs- Von den 4 000 hier stationierten britischen Soldaten pro- länder beim Aufbau von sozialen Sicherungsnetzen, von fitierten das örtliche Gewerbe, der Handel und viele Bür- gerinnen und Bürger. Es wurden Arbeitsplätze geschaf- (B) Krankenversicherungen und anderen Formen der sozia- (D) len Absicherung unterstützt werden. Unsere Maßnahmen fen, es gab einen Ausbau der Infrastruktur, und viele müssen sich auf die verwundbarsten Gruppen konzentrie- mittelständische Betriebe waren Nutznießer britischer ren. Auftraggeber. Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat nicht nur das Wir leben in einer Demokratie, in der es immer wieder Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Finanzinstitu- darum geht, verschiedene berechtigte Interessen gegen- tionen erschüttert. Es ist an uns, zu beweisen, dass wir einander abzuwägen. So muss auch hier, und zwar auf der fest zu unseren Verpflichtungen stehen. Die Mittel der of- Basis der gesetzlichen Grundlagen, abgewogen werden, fiziellen Entwicklungszusammenarbeit ODA, Official De- was für den Naturraum Senne, die Menschen in der Re- velopment Aid, müssen mit einem klar festgelegten Zeit- gion noch verträglich ist und was gleichzeitig den berech- plan kontinuierlich erhöht und das 0,7-Prozent-Ziel tigten Wünschen unseres britischen Bündnispartners ent- endlich erreicht werden. spricht. Laut Art. 53 Abs. 1 des Zusatzabkommens zum Nato-Truppenstatut dürfen „Truppen innerhalb der ihnen zur ausschließlichen Nutzung überlassenen Flächen die Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: zu der befriedigenden Erfüllung ihrer Verteidigungs- Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf pflichten erforderlichen Maßnahmen treffen“. Groß- Drucksache 16/13003 an die in der Tagesordnung aufge- britannien ist einer der wichtigsten Bündnispartner führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Auch hier sehe ich, Deutschlands, nicht zuletzt deshalb, weil er im Irak und in Sie sind einverstanden. Dann ist die Überweisung so be- Afghanistan auch mit unseren Soldaten für eine freiheit- schlossen. liche Ordnung und friedliche Verhältnisse kämpft. Er si- Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 35: chert somit auch die deutschen Interessen im Ausland und schützt unser Land. Noch während der rot-grünen Regie- Beratung des Antrags der Abgeordneten Ute rung Schröder hat der ehemalige Verteidigungsminister Koczy, Britta Haßelmann, Winfried Nachtwei, Peter Struck festgestellt, dass „Deutschland auch am weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- Hindukusch verteidigt wird“. Mit anderen Worten, er NIS 90/DIE GRÜNEN hatte neben vielen anderen guten verteidigungspoliti- Naturlandschaft Senne erhalten – Beteili- schen Strategen erkannt, dass unsere Sicherheit nicht an gungsrechte beim Ausbau des Truppen- den deutschen Grenzen endet. Wir agieren eben nicht nur übungsplatzes gewährleisten als Deutsche, sondern als Europäer und haben somit auch die Verpflichtung, über den Tellerrand hinauszu- – Drucksache 16/12995 – schauen, auch wenn das mal unbequem ist. Auf der ande- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24783

Jürgen Herrmann (A) ren Seite sind wir auch die Nutznießer dieser europäi- Eine rechtliche Beteiligung wird auch dadurch ge- (C) schen Sicherheitsstrategie und haben die Gewissheit, im wahrt, dass betroffene Gebietskörperschaften die Mög- Krisenfall auf eine breite Unterstützung zählen zu kön- lichkeit haben, gegen die Baumaßnahmen und den recht- nen. lichen Bescheid der ausstellenden Behörde innerhalb eines Monats zu klagen. Jeder Soldat, der in Krisengebieten wie Afghanistan sein Leben lässt, ist einer zu viel, egal ob Brite oder Deut- Ich kann Ihren Antrag nicht unterstützen, weil ich scher. Eine gute Vorbereitung auf den Ernstfall ist obers- nicht erkennen kann, welche von Ihnen angesprochenen tes Gebot für den Schutz des Lebens der Soldaten im Ein- Punkte nach den jetzigen Planungen noch Bestand ha- satz und gewährleistet eine minimierte Verletzungsgefahr. ben. Daher lehne ich ihn ab. Die Ausbaupläne der Briten, die im Übrigen längst nicht mehr dem entsprechen, was Sie, verehrte Kolleginnen Rolf Kramer (SPD): und Kollegen, in Ihrem Antrag formuliert haben, sondern Vor allem Übungsplätze weisen aufgrund ihrer jahre- massiv reduziert wurden, tragen den aktuellen Anforde- langen spezifischen militärischen Nutzung häufig eine rungen nach einer bestmöglichen Ausbildung der besonders wertvolle Naturausstattung sowohl auf den Einsatzkräfte Rechnung. Auf Deutsch: Es geht um Men- Freigelände- als auch den Waldflächen aus. Dies gilt schenleben, und zwar täglich, denn wenn ich den Ernst- auch für den Übungsplatz Senne, und die Sorge um deren fall immer wieder geübt und trainiert habe, bin ich vor- Erhalt ist nun Anlass für den heute zu beratenden Antrag bereitet, wenn es zum Schlimmsten kommt. Deshalb der Grünen. planen unsere britischen Freunde den Ausbau des Gelän- des zu Übungszwecken und haben uns angeboten, diese Für das dort genannte Anliegen habe ich grundsätz- mitzunutzen. Soweit die Interessen aus gesamtdeutscher lich volles Verständnis. Der Erhalt dieses schützenswer- Sicht. Wer vor diesem Hintergrund noch fragt, wo da die ten Naturraums in der Senne ist ein hohes Gut und liegt Landesverteidigung stattfindet, macht die Augen zu vor im Interesse aller Beteiligten. Aber militärische Nutzung der europäischen Verantwortung, die Deutschland zu- und Naturschutz schließen sich nicht aus. Vor allem Trup- sammen mit den anderen europäischen Staaten trägt. penübungsplätze sind häufig besonders wertvolle Natur- gebiete mit viel Freigelände und zahlreichen Waldflä- Nun komme ich zu den Lokalinteressen der Anrainer- chen. Dabei entstehen über die Jahre Strukturen, die es gemeinden und den rechtlichen Aspekten: Zunächst ein- anderswo kaum noch gibt. Auf den militärischen Flächen mal kann ich feststellen, dass im Vorfeld ausführliche treffen wir Landschaften an, die noch den traditionellen Gespräche mit den Gemeindevertretern vor Ort stattge- Strukturräumen der Regionen entsprechen. funden haben, in denen die Pläne durch britische Offi- In Deutschland gibt es 25 Truppenübungsplätze mit ei- (B) (D) ziere detailliert erläutert wurden und in denen alle Betei- ner Gesamtfläche von rund 240 000 Hektar. Der größte ligten ihre Meinung sagen konnten. Ich selbst habe mich von ihnen ist Bergen in meinem Heimatland Niedersach- ausführlich zusammen mit dem englischen Botschafter sen mit etwa 28 500 Hektar. Drei Übungsplätze werden über die Planungen ausgetauscht und bin nach diesen von den US-Streitkräften verwaltet und zwei von den Gesprächen davon überzeugt, dass es zu einer verträgli- Streitkräften Großbritanniens. Einer davon ist der im An- chen Lösung für beide Seiten kommt. Sichtbarstes Zei- trag der Grünen angesprochene Übungsplatz Senne. Im chen sind die massiv reduzierten Ausbaupläne: Es Gegensatz zu den meisten anderen Gebieten in der Bun- werden keine 49 Kilometer Straßen ausgebaut und desrepublik sind diese Gelände weder zersiedelt oder von asphaltiert. Auf Höhlenkomplexe wird ganz verzichtet. Verkehrswegen zerschnitten noch werden sie wirtschaft- Statt zwei Schießhäusern wird nur noch eines gebaut, lich genutzt oder als Freizeitgelände in Anspruch genom- statt fünf werden noch vier vorgeschobene Stützpunkte er- men. richtet und anstatt sieben sind noch vier Übungsdörfer in der Planung. Diese Planungen finden unter strengster Darüber hinaus sind durch die Verteilung der Übungs- Beachtung der bestehenden umweltrechtlichen Vorschrif- gelände über das gesamte Gebiet der Bundesrepublik auf ten und auf der Grundlage von § 37 Abs. 2 Baugesetzbuch diese Weise ganz unterschiedliche Naturbiotope und statt. Umfängliche Umweltstudien werden seit letzten Rückzugsflächen entstanden. Ihre Vielfalt reicht von aus- Jahres von einem Ingenieurbüro für Landschaftsarchitek- gedehnten Sandflächen über Moorbereiche bis hin zu tur durchgeführt und ausgewertet. Heidegebieten. Rund 60 Prozent des Geländes sind be- waldet. Dabei sind auch dort fast alle natürlichen Wald- Das Bundesverteidigungsministerium kam zu dem gesellschaften vertreten, wie beispielsweise die Buchen- Schluss, dass es nicht zu wesentlich größeren Lärmbeläs- mischwälder in Baumholder. Systematisch erfasst wurden tigungen für die Anrainerkommunen kommen wird. Der die Tier- und Pflanzenarten dieser Gebiete seit Ende der Antwort der Bundesregierung auf Ihre Anfrage vom No- 1980er-Jahre. Im Juli 2002 wurde die Richtlinie zur vember letzten Jahres entnehme ich, dass die Schießzei- nachhaltigen Nutzung von Übungsplätzen in Deutsch- ten und somit eine mögliche Lärmbelästigung klar einge- land erlassen. Diese und die Grundsatzweisung für den grenzt sind. An Sonn- und Feiertagen wird überhaupt Umweltschutz in der Bundeswehr bilden die Grundlage nicht geschossen. An Wochentagen darf nicht vor für das Konzept zum Schutz der Umwelt innerhalb der 8.00 angefangen und nach 16.00 geschossen werden. Streitkräfte. Die militärische Nutzung ist sogar teilweise Nachtschießen darf höchstens dreimal im Monat geübt die Voraussetzung für die Existenz mancher Arten, eine werden. In der Nähe von Ortschaften wird generell gar Tatsache, die in der Öffentlichkeit noch wenig bekannt ist nicht geschossen. und manchen auf den ersten Blick durchaus auch etwas

Zu Protokoll gegebene Reden 24784 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Rolf Kramer (A) eigenartig erscheinen könnte. Unter Fachleuten ist es je- Im vorliegenden aktuellen Fall der Baumaßnahmen (C) doch erwiesen, dass gerade die Übungsflächen der Bun- auf dem Übungsplatz Senne hat das Bundesverteidi- deswehr den hohen Anforderungen des europäischen Na- gungsministerium bereits in der Antwort auf die Kleine turschutzverbundsystems NATURA 2000 entsprechen. Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck- Dass die rein militärische Nutzung eines Truppenübungs- sache 16/10801 vom 5. November 2008 deutlich gemacht, platzes der Natur nicht schadet, sondern oftmals nutzt, dass die Planung der Baumaßnahmen unter strikter Be- beweist die große Artenvielfalt und das Vorkommen vom achtung der bestehenden umweltrechtlichen Vorschriften Aussterben bedrohter Tierarten, die fast nur noch auf mi- erfolgt. Aufgrund der naturschutzfachlichen Untersu- litärisch genutztem Gelände zu finden sind. chungen wurden auch schon konkrete Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Verminderung von Schäden vorgeschla- Diese Aussagen gelten auch für den Truppenübungs- gen und eine deutliche Reduzierung des Bauumfangs er- platz Senne. Die britischen Streitkräfte haben nun erklärt, reicht. den Truppenübungsplatz für mindestens weitere 27 Jahre zu nutzen. Außerdem soll er zum wichtigsten Ausbil- Aus meiner Sicht bleibt es allerdings unabdingbar, dungszentrum der britischen Armee in Deutschland aus- dass vonseiten des Verteidigungsministeriums sowie der gebaut werden. Dazu sollen ab diesem Jahr bauliche Ver- britischen Streitkräfte die Transparenz des gesamten Ver- änderungen vorgenommen werden, insbesondere der Bau fahrens für die betroffenen Kommunen und die Bürgerin- von weiteren sogenannten „Kampfdörfern“ auf dem nen und Bürger vor Ort gewährleistet bleibt. Dazu sollten Übungsgelände. Gegen diese Baumaßnahmen an sich so- auch über die vorgeschriebenen Anhörungsrechte der wie das damit verbundene Verfahren wendet sich nun der Kommunen hinausgehende Maßnahmen vonseiten der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen. Er greift damit Kritik Vorhabenträger mit einbezogen werden. Aus meiner Sicht aus der Region an diesen Maßnahmen auf. bestände die Möglichkeit, dass dies auch der Bundestag in einer Entschließung gegenüber der Bundesregierung Die rechtliche Grundlage für die von der britischen und dem federführenden Verteidigungsministerium zum Rheinarmee geplanten Baumaßnahmen auf dem Übungs- Ausdruck bringt. Vielleicht ist dies ein Weg, auf den wir platz Senne bilden das NATO-Truppenstatut einschließ- uns zwischen den Fraktionen einigen können. lich Zusatzabkommen sowie die entsprechenden Ausfüh- rungsbestimmungen. Der Art. 21 a des „Gesetzes zum Lassen Sie mich zum Abschluss noch einmal feststel- NATO-Truppenstatut und zu den Zusatzvereinbarungen“ len: Militärische Nutzung und Naturschutz müssen sich legt dabei fest, dass auf „Vorhaben der Entsendestaa- nicht gegenseitig ausschließen. In vielen Fällen bedingen ten“, hier Großbritannien, § 37 des Baugesetzbuches An- sie sich gegenseitig. Lassen Sie uns diese Tatsache bei al- wendung findet. Damit fallen diese Baumaßnahmen for- ler Kontroverse um die Baumaßnahmen auf dem Trup- (B) mal unter die Privilegierung baulicher Maßnahmen des penübungsplatz Senne nicht aus den Augen verlieren. (D) Bundes und der Länder. Der Abs. 2 lautet: „Handelt es sich dabei um Vorhaben, die der Landesverteidigung, Birgit Homburger (FDP): dienstlichen Zwecken der Bundespolizei oder dem zivilen Der Truppenübungsplatz Senne blickt auf eine 117-jäh- Bevölkerungsschutz dienen, ist nur die Zustimmung der rige Geschichte zurück. Was 1892 relativ bescheiden be- höheren Verwaltungsbehörde erforderlich.“ Diese Rege- gann, weitete sich auf eine Fläche von 116 km2 aus. Die lung bedeutet, dass die Beteiligungsrechte der betroffe- intensivste Nutzung fand ohne Zweifel während der nen Kommunen auf ein reines Anhörungsrecht einge- Hochzeit des Kalten Krieges statt, als er den britischen schränkt werden. Allerdings müssen auch in diesem Truppen überlassen war. Heute wird der Truppenübungs- Verfahren die geltenden deutschen Rechts- und Verwal- platz unverändert von den britischen Streitkräften ge- tungsvorschriften beachtet werden. Auch das deutsche nutzt, die in der näheren Umgebung fünf Standorte mit Umwelt- und Naturschutzrecht findet damit seine Anwen- 4 000 Soldaten unterhalten. Daneben nutzen allerdings dung. Das Bundesverteidigungsministerium als zustän- auch die belgische und die niederländische Armee sowie dige oberste Bundesbehörde kann sich dabei auch nicht die Bundeswehr den Übungsplatz, dessen weitaus größter alleine über von den beteiligen Kommunen vorgebrachte Teil Eigentum der Bundesrepublik Deutschland ist. Bedenken bzw. Widersprüche hinwegsetzen. Dazu ist viel- mehr ein Einvernehmen zwischen Verteidigungs-, Ver- Wenngleich militärische Übungen ohne Zweifel eine kehrs- und Finanzministerium in dieser Frage herzustel- Reihe von Umweltbelastungen mit sich bringen, so ge- len. währleistet der Ausschluss anderer Nutzungen von Trup- penübungsplätzen doch auch den Erhalt einzigartiger Ich gestehe ein, dieses Verfahren ist vor Ort bei den Landschaften. Dies trifft besonders auch für den Platz Betroffenen schwer vermittelbar, aber es hält sich an die Senne zu, wie verschiedene wissenschaftliche Untersu- derzeit geltende Rechtslage des NATO-Truppenstatuts. chungen beweisen. So ist hier ein Mosaik aus Heiden, Daran wird sich kurzfristig auch nichts ändern lassen, Mooren, Dünen, naturnahen Fließgewässern und Feucht- auch nicht mit der Zustimmung zum Antrag der Grünen. wäldern erhalten geblieben, das einer ansonsten selten Zur Klärung der grundsätzlichen Frage, ob das hier ge- gewordenen Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten die wählte Verfahren nach § 37 Baugesetzbuch noch zeitge- Grundlage zum Überleben bietet. Besonders erwähnens- mäß ist, bedürfte es aus meiner Sicht mehr Zeit. Dieser wert ist, dass in dem Bereich seit Jahren der Arbeitskreis Paragraf betrifft ja nicht nur militärische Liegenschaf- „Naturschutz auf dem Truppenübungsplatz Senne“ er- ten, sondern die Privilegierung von Baumaßnahmen von folgreich wirkt, dem sowohl britische und deutsche Mili- Bund und Ländern allgemein. tärvertreter als auch die zuständigen Behörden und ein

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24785

Birgit Homburger (A) ehrenamtlich tätiger Naturschutzberaterstab der Bezirks- dungsbedarf der Soldatinnen und Soldaten sollen nun ein (C) regierung Detmold angehören. zusätzliches Schießhaus, vier vorgeschobene Stützpunkte und vier Übungsdörfer nötig sein. Ursprünglich hatte die Soldatinnen und Soldaten müssen üben, um einsatzfä- britische Armee noch weiter gehende Ausbaupläne, die hig zu sein. Ihnen müssen die notwendigen Übungsmög- jedoch aus Geldmangel voraussichtlich nicht mehr um- lichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Es ist die Pflicht setzbar sind. Es ist aber in jedem Fall mit einer ganz mas- der Regierungen und Parlamente, die die Soldatinnen siven Intensivierung des militärischen Übungsbetriebs zu und Soldaten einsetzen, ihnen durch optimale Ausbil- rechnen. Dies wird zu mehr Lärmbelastung für die An- dung, Ausrüstung und Bewaffnung den größtmöglichsten wohnerinnen und Anwohner, zu stärkeren Eingriffen in Schutz zu gewähren. Es ist einfach doppelbödig, wenn das wertvolle Ökosystem und zu einem noch weiter ge- Bündnis 90/Die Grünen einerseits Auslandseinsätze der henden Ausschluss der Bevölkerung aus der Nutzung der Bundeswehr beschließen, andererseits den Streitkräften Naturlandschaft führen. aber die notwendigen Übungsmöglichkeiten zunehmend entziehen wollen. Die Grünen haben erst kürzlich wieder Wieder einmal macht die Bundesregierung hier Politik dafür plädiert, Übungstätigkeiten der Bundeswehr in be- gegen die eigene Bevölkerung. Nach einer Umfrage des freundete Länder verlegen zu wollen. Wollen auf der an- Meinungsforschungsinstituts EMNID befürchten 80 Pro- deren Seite aber befreundete Länder in Deutschland zent der Menschen in Ostwestfalen-Lippe massive Aus- üben, dann soll dies nicht möglich sein. Das ist nicht part- wirkungen für Menschen und Natur durch den Ausbau nerschaftlich und schlicht unaufrichtig. des Truppenübungsplatzes Senne. Dennoch ermöglicht die Bundesregierung mit ihrer Behauptung, es würde hier Die britischen Streitkräfte waren im Verlauf von Ge- unmittelbar um Belange der Landesverteidigung gehen, sprächen vor Ort und Verhandlungen kompromissbereit. ein undemokratisches Planungsverfahren, in dem die Sie haben ihre ursprünglichen Ausbaupläne substanziell Mitbestimmungsmöglichkeiten der Menschen in der be- reduziert. Eine ähnliche Kompromissbereitschaft ist bei troffenen Region Ostwestfalen-Lippe maßgeblich be- Bündnis 90/Die Grünen nicht zu erkennen. Der Antrag schnitten werden. Es ist völlig inakzeptabel, dass die von Bündnis 90/Die Grünen richtet sich vordergründig Öffentlichkeit und die betroffenen Kommunen bei den gegen den Ausbau des Truppenübungsplatzes. Das Ziel Planungen bestenfalls angehört werden, jedoch keine ge- zweier Bürgerinitiativen aus dem Umland ist jedoch ein sicherten Einspruchsmöglichkeiten bestehen. Die Bun- anderes: die Aufgabe des Platzes. Ein solcher Schritt desregierung muss gewährleisten, dass hier nicht weiter- würde den deutschen Soldatinnen und Soldaten sowie de- hin militärisches Sonderrecht gilt, sondern wie bei allen nen der verbündeten Streitkräfte dauerhaft eine weitere anderen Planungsverfahren auch, die Belange der An- Übungsmöglichkeit entziehen. Darüber hinaus würde wohnerinnen und Anwohner sowie die Zuständigkeiten der Kommunen beachtet werden. Dazu gehört auch die (B) eine Wertschöpfung von etwa 100 Millionen Euro pro (D) Jahr entfallen und der Kleinflughafen Lippstadt, der sehr Möglichkeit zu Widerspruch und Klage gegen die Pläne stark von Angehörigen der britischen Streitkräfte fre- der Militärs. quentiert wird, von der Schließung bedroht sein. Und Übungsplätze, auf denen Krieg und Besatzung im Irak mehr als fraglich wäre letztendlich, ob die derzeitige und Afghanistan sowie möglicherweise zukünftig noch in Pflanzen- und Tierwelt der Senne nach einer Schließung weiteren Regionen geübt werden, verdienen keine Vor- des Truppenübungsplatzes in ihrer Vielfalt und zum Teil zugsbehandlung. Im Gegenteil, das Grundgesetz und die Einzigartigkeit bestehen bleiben würde. deutsche Geschichte verpflichten uns zu einer klaren Ab- Die FDP ist zweifelsfrei für den Erhalt der ungewöhn- lehnung jeder Form der Kriegsvorbereitung. lichen Naturlandschaft. Sie ist aber ebenso entschieden Trotz der leichten Reduzierung der Entwicklungspläne für Redlichkeit, Verlässlichkeit und Lastenteilung. Wer der britischen Armee geht es immer noch um einen spür- Soldatinnen und Soldaten in Einsätze schickt, muss ihnen baren Ausbau. Mit einer Entscheidung für den Ausbau insbesondere auch durch optimale Ausbildung und wird mittel- und langfristig die Entwicklung eines Natio- Übungsmöglichkeiten sowie bestmögliche Ausrüstung nalparks Senne und der gesamten Region blockiert und und Bewaffnung die Chance geben, unversehrt aus eben eine militärische Nutzung auf Jahrzehnte festgeschrie- diesen Einsätzen zurückzukehren. Dafür steht die FDP – ben. Die Linke fordert deswegen die Aussetzung des und deshalb lehnt sie den Antrag von Bündnis 90/Die undemokratischen Planungsverfahrens. Wir schließen Grünen ab. uns der Forderung der Bürgerinitiativen „Keine neuen Kampfdörfer in der Senne!“ an und fordern darüber hi- naus einen Stopp der Kriegsvorbereitungen in der Senne Inge Höger (DIE LINKE): und anderen Übungsplätzen sowie die Schließung des Seit etwa 150 Jahren ist die Region Senne als Übungs- Truppenübungsplatzes. platz für Militärs zahlreichen Belastungen ausgesetzt. Anstatt diese unrühmliche Tradition nun endlich zum Ab- schluss zu bringen, will die britische Rheinarmee mit tat- Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): kräftiger Unterstützung der Bundesregierung den Trup- Die Naturlandschaft in der Senne gehört mit ihren penübungsplatz Senne weiter ausbauen. mehr als 5 000 Tier- und Pflanzenarten, davon über 1 000 Arten der Roten Liste, zu den besonders schützenswerten Die britische Armee beabsichtigt, bis 2012 die Naturräumen in Deutschland. Wir Grünen treten aus die- Übungsmöglichkeiten für ihre Soldaten in der Senne sem Grund schon lange dafür ein, diese einmalige Natur- deutlich auszubauen und den Übungsplatz mindestens landschaft zu bewahren und in einen Nationalpark Senne- weitere 27 Jahre zu nutzen. Angeblich für den Ausbil- Eggegebirge zu überführen.

Zu Protokoll gegebene Reden 24786 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

Ute Koczy (A) Die in der Senne stationierten britischen Streitkräfte Kreise und Kommunen ihre legitimen Beteiligungsrechte (C) planen nun einen erheblichen Ausbau und eine wesent- wahrnehmen können. Wir fordern, dass bei der Planung lich intensivere Nutzung ihres 112 Quadratkilometer die Belange der Senne-Anwohnerinnen und -Anwohner großen Truppenübungsplatzes Senne. Nach Aussage der gewährleistet sind. Dazu gehört aus unserer Sicht selbst- britischen Streitkräfte ist der Zweck der geplanten Bau- verständlich ein Widerspruchs- und Klagerecht der Be- maßnahmen die Vorbereitung britischer Soldaten auf ihre troffenen. Es darf nicht sein, dass die geplanten Bauvor- Auslandseinsätze, unter anderem in Afghanistan. Die bri- haben in einem reinen Anhörungsverfahren genehmigt tischen Streitkräfte haben erklärt, dass sie den Truppen- werden. Die Zuständigkeitsrechte der lokalen Behörden übungsplatz Senne weitere 27 Jahre nutzen und ihn zu ei- – in diesem Fall betrifft das das Bau- und Umweltrecht – nem wichtigen Zentrum der Ausbildung ihrer Soldaten sind zu beachten und einzuhalten. Ich fordere, bis zur ab- machen wollen. Andere Übungsstandorte in Nordrhein- schließenden Klärung der Beteiligungsrechte der betrof- Westfalen und Niedersachsen sollen dafür geschlossen fenen Kreise und Kommunen sämtliche genehmigungs- werden. Konkret sollen sogenannte Übungsdörfer für den rechtlichen Maßnahmen zu unterlassen. Häuserkampf gebaut werden. Ich nenne diese Übungs- Wir brauchen auf jeden Fall gesetzliche Voraussetzun- dörfer beim wirklichen Namen: Es sind Kampfdörfer. gen für Nutzungsplanungen, die dem heutigen Stand des Ich bin überzeugt davon, dass die Verwirklichung der materiellen Planungsrechts entsprechen. britischen Ausbaupläne, auch in der durch den Protest An die Adresse der britischen Streitkräfte sagen wir der betroffenen Bürgerinnen und Bürger nun vorgelegten Grünen: Nehmen Sie von den Erweiterungsplänen Ab- abgemilderten Form, das Ökosystem im Fauna-Flora- stand! Jeglichen Plänen, die Senne militärisch intensiver Habitat- und Vogelschutzgebiet der Senne in erheblichem zu nutzen, erteilen wir eine Absage – zum Schutz der Na- Ausmaß schädigen wird. Denn statt der bisher circa tur, für die Menschen. 4 000 britischen Soldaten soll die drei- bis vierfache An- zahl in der Senne üben. Am kommenden Pfingstmontag werde ich mit vielen Bürgerinnen und Bürgern unter dem Motto „Keine neuen Diese Nutzungsintensivierung wäre nicht nur für Kampfdörfer in der Senne! Natur schützen – Landschaft Flora und Fauna schädlich, auch die Menschen der um- bewahren – Frieden schaffen“ wieder auf die Straße ge- liegenden Region und Anrainergemeinden würden durch hen und engagiert und lautstark unserem Protest Aus- zunehmenden Lärm bei Schieß- und Hubschrauberbe- druck verleihen. Seien Sie sicher, dass wir Grünen das trieb und durch Kettenfahrzeuge auf Betonpisten zusätz- weitere Verfahren intensiv begleiten werden – vor Ort mit lich beeinträchtigt und gestört. Für die angrenzenden Er- den Menschen genauso wie im parlamentarischen Raum. holungs- und Kurorte wäre dies ein existenzbedrohender, herber Rückschlag. Die Nationalparkidee würde eben- (B) Zum Schluss möchte ich mein Bedauern zum Ausdruck (D) falls einen deutlichen Rückschlag erleiden und müsste für bringen, dass es nicht gelungen ist, auf Grundlage des Jahrzehnte auf Eis gelegt werden. Die geplante Errich- von uns eingebrachten Antrags zu einer interfraktionel- tung der Kampfdörfer in der Senne berührt zudem nach- len Einigung zu kommen und im Deutschen Bundestag haltig Belange des Natur- und des Lärmschutzes sowie eine gemeinsame Linie zu finden. CDU/CSU und FDP der touristischen Entwicklung. Damit greift die beschrie- haben dem Antrag eine Absage erteilt. Das ist sehr bene Baumaßnahme in originäre Zuständigkeiten der be- schade; denn eigentlich sollten wir uns alle einig sein – troffenen Kreise und Kommunen ein. für den Erhalt der wertvollen Naturlandschaft Senne, für die Zukunft der Region mit einem Nationalpark! Doch die Beteiligungsrechte der betroffenen Kreise und Kommunen werden eingeschränkt und ausgehebelt. Denn zur Begründung einer in Aussicht gestellten Geneh- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: migung der britischen Ausbaupläne ließ die Bundesregie- Auch hier wird interfraktionell Überweisung der Vor- rung in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage meiner lage auf Drucksache 16/12995 an die in der Tagesord- Fraktion im November 2008 verlauten: „Die Baumaß- nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Sie sind nahmen dienen unmittelbar der Landesverteidigung“. auch damit einverstanden, wie ich sehe. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Durch die schwer nachvollziehbare Feststellung der Bundesregierung, bei den Ausbauplänen der vor allem Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind wir am außerhalb Europas eingesetzten britischen Streitkräfte Schluss der heutigen Tagesordnung. handele es sich um Maßnahmen, die der unmittelbaren (Beifall – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Danke Landesverteidigung Deutschlands dienen, sollen die In- der Präsidentin!) teressen der Bürgerinnen und Bürger vor Ort als nach- rangig eingestuft und die Beteiligungsrechte der Kreise Ich wünsche Ihnen für den restlichen Abend noch einige und Kommunen ausgehebelt werden. Zudem wird der angenehme Stunden und bedanke mich, dass Sie so Verteidigungsbegriff damit bis zur Unkenntlichkeit aus- lange ausgeharrt haben. geweitet und politisch enthemmt. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun- Das ist nicht akzeptabel und trifft auf unseren Wider- destages auf morgen, Freitag, den 29. Mai 2009, 9 Uhr, stand. Wir fordern die Bundesregierung auf, klarzustellen, ein. dass die geplanten Baumaßnahmen durch die britische Die Sitzung ist geschlossen. Rheinarmee nicht „unmittelbar der Landesverteidigung dienen“, und dafür Sorge zu tragen, dass die betroffenen (Schluss: 22.33 Uhr) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24787

(A) Anlagen zum Stenografischen Bericht (C)

Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten

entschuldigt bis entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Abgeordnete(r) einschließlich

Ahrendt, Christian FDP 28.05.2009 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ 28.05.2009 DIE GRÜNEN Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/ 28.05.2009 DIE GRÜNEN Dr. Volk, Daniel FDP 28.05.2009

Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ 28.05.2009 Dr. Westerwelle, Guido FDP 28.05.2009 DIE GRÜNEN Wicklein, Andrea SPD 28.05.2009 Eichhorn, Maria CDU/CSU 28.05.2009 Winkelmeier, Gert fraktionslos 28.05.2009 Fell, Hans-Josef BÜNDNIS 90/ 28.05.2009 DIE GRÜNEN * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der OSZE Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 28.05.2009

Dr. Gerhardt, FDP 28.05.2009 Anlage 2 Wolfgang Nachträglich zu Protokoll gegebene Rede Gloser, Günter SPD 28.05.2009 zur Beratung: Gruß, Miriam FDP 28.05.2009 – Beschlussempfehlung und Bericht: Sicherheit, (B) Stabilität und Demokratie im Südkaukasus (D) Hintze, Peter CDU/CSU 28.05.2009 fördern Hoff, Elke FDP 28.05.2009 – Beschlussempfehlung und Bericht: Demokra- tie und Sicherheit im Südkaukasus stärken Irber, Brunhilde SPD 28.05.2009 (222. Sitzung, Tagesordnungspunkt 32 a und b) Klose, Hans-Ulrich SPD 28.05.2009 Markus Meckel (SPD): Ich freue mich, dass wir in Kotting-Uhl, Sylvia BÜNDNIS 90/ 28.05.2009 diesem Haus einen breiten Konsens im Hinblick auf die DIE GRÜNEN Südkaukasus-Politik haben, auch wenn es zu diesem Thema heute unterschiedliche Anträge der Fraktionen Künast, Renate BÜNDNIS 90/ 28.05.2009 gibt. DIE GRÜNEN Es ist ein positiver Schritt, dass die EU in der vergan- Dr. Lauterbach, Karl SPD 28.05.2009 genen Woche am 7. Mai in Prag die Östliche Partner- schaft ins Leben gerufen hat. Wir machen damit deut- Link (Heilbronn), FDP 28.05.2009* lich, dass uns die Zusammenarbeit mit unseren Michael osteuropäischen Nachbarn ein besonderes Anliegen ist und in ihrer Bedeutung keineswegs hinter der Mittel- Möller, Kornelia DIE LINKE 28.05.2009 meerunion mit den südeuropäischen Anrainern zurück- bleibt. Nun gilt es, den Ausbau der Beziehungen zu den Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 28.05.2009 Partnerstaaten zu intensivieren, insbesondere den mit Armenien, Aserbaidschan und Georgien. Es bedarf kon- Schily, Otto SPD 28.05.2009 kreter Initiativen der EU und der einzelnen Mitgliedstaa- ten, um diesen neuen Rahmen mit Leben zu füllen. Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 28.05.2009 An erster Stelle sehe ich dabei die Erleichterung bei Dr. Schwanholz, Martin SPD 28.05.2009 der Visavergabe. Reiseerleichterungen können ein schnell wirksames Signal an die Bevölkerung der Part- Dr. h.c. Thierse, SPD 28.05.2009 nerstaaten sein, dass sie zur europäischen Kulturgemein- Wolfgang schaft dazugehören. Der Besuch der Mitgliedstaaten kann bei den Menschen ein Bewusstsein von der Bedeu- 24788 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) tung der EU und den Lebensumständen innerhalb der Dann kann sich Georgien auch der Lösung der Konflikte (C) Union schaffen. Wenn wir die Menschen weiter auf Dis- um Südossetien und Abchasien zuwenden. tanz halten, verlieren wir das Momentum für eine West- orientierung dieser Länder – siehe Moldova. Machen wir In diesem Zusammenhang rufe ich Russland auf, den uns nichts vor: Viele der Staaten der Östlichen Partner- Waffenstillstand einzuhalten und alle Verpflichtungen schaft sind postkommunistisch, viele sind instabile bzw. aus dem im August 2008 mit dem damaligen EU-Rats- autoritär geführte Staaten. Mit der Östlichen Partner- präsidenten Sarkozy verhandelten Abkommen vollstän- schaft wollen wir einen Beitrag dazu leisten, dass der dig umzusetzen. Besonders wichtig ist es, dass der Gen- Reformprozess in diesen Ländern voranschreitet, dass fer Verhandlungsprozess weitergeht. Er bietet bislang die wirtschaftliche Integration mit der EU vorankommt das einzige Forum, in welchem langfristig nach einer und insbesondere die Eliten dieser Länder an die Euro- Lösung der Konflikte um Südossetien und Abchasien päische Union herangeführt werden. gesucht werden kann. Mit einer gewissen Ernüchterung müssen wir feststellen, dass die EU diese Verhandlungen Besonders wichtig ist es in diesem Zusammenhang, derzeit auch nicht mit dem gleichen Nachdruck wie un- Studenten und Forscher in die Europäische Union einzu- ter der vorherigen Präsidentschaft verfolgt, obwohl die laden. Dazu müssen wir im Rahmen des EU-For- tschechische Ratspräsidentschaft der Östlichen Partner- schungsprogramms Stipendien und andere Unterstüt- schaft eine besondere Priorität beigemessen hat. Eine zungsmaßnahmen auflegen. Die EU-Kommission sollte wirkliche Kontinuität in der Führung der gemeinsamen hierbei die Führung übernehmen; die Mitgliedstaaten Außen- und Sicherheitspolitik der EU, GASP, werden und dabei auch Deutschland sollten aktiv die Initiative wir erst mit dem Vertrag von Lissabon erreichen. Die ergreifen, um bilaterale Partnerschaften zwischen Uni- jüngste Zustimmung des tschechischen Senats stellt ei- versitäten und Forschungsinstitutionen voranzutreiben. nen wichtigen Fortschritt dar. Nun bleibt das Votum des irischen Referendums abzuwarten und der Abschluss der Manche mögen sich fragen, warum wir zusätzlich Ratifikation in einigen anderen Mitgliedstaaten. 600 Millionen Euro für die Östliche Partnerschaft auf- wenden. Doch vergegenwärtigen wir uns einmal die Eine besonders positive Entwicklung in der Region möglichen Kosten der Instabilitäten in diesen Ländern. bilden die armenisch-türkischen Gespräche über die Öff- Der Kaukasus kann in Zukunft als Region für den Ener- nung der Grenzen und die angestrebte Normalisierung gietransit und zum Teil auch als Gas- und Erdöllieferant der diplomatischen Beziehungen. Die öffentliche Erklä- eine wichtige Rolle für die Energieversorgung der EU rung vom 23. April 2009 zeigt, dass beide Seiten zuver- spielen. Durch die Finanzierung der Östlichen Partner- sichtlich sind und es zu einem positiven Abschluss die- schaft beugen wir den Krisen in der Region vor und ser Gespräche kommen kann, obgleich die Bevölkerung (B) schaffen zugleich ein stabileres Umfeld für wirtschaftli- in beiden Ländern bisher noch nicht für die historische (D) che Kooperation und höhere Energiesicherheit. Aussöhnung zwischen den beiden Völkern vorbereitet ist. Eine zentrale Rolle im Rahmen der Östlichen Partner- schaft wird das zivilgesellschaftliche Forum spielen. Es Im Falle Armeniens bildet die Demokratisierung des kann dazu beitragen, den politischen und institutionellen Landes eine Bedingung für eine weitergehende Vertie- fung der Beziehungen zur EU. An erster Stelle steht da- Modernisierungsprozess in den Kaukasus-Staaten voran- bei die Freilassung der zahlreichen politischen Gefange- zutreiben. Unsere politischen Stiftungen sind in allen nen. drei Ländern des Südkaukasus aktiv, und ich fordere sie auf, sich sowohl an der Debatte über Struktur und In- Gleiches gilt für Aserbaidschan. Auch dort sind die halte des zivilgesellschaftlichen Forums als auch mit zahlreichen politischen Gefangenen zu entlassen. Wir konkreten Projekten in der Arbeit des zivilgesellschaftli- dürfen auch dort nicht nachlassen, die Einhaltung der chen Forums zu beteiligen. Mit den politischen Stiftun- Regel der Europäischen Konvention für Menschenrechte gen verfügen wir über ein Instrument, das in dieser Art zu verlangen. Denn wir wollen uns nicht nachsagen las- in keinem anderen Mitgliedstaat der EU vorhanden ist. sen, dass wir wegen des wachsenden Energiebedarfs der Daher sollten wir das an dieser Stelle unbedingt in die EU die Wertedimension in den Beziehungen zum Süd- Waagschale werfen. kaukasus außer Acht lassen. In diesem Zusammenhang haben wir auch das Referendum vom März über die Auf- Erlauben Sie mir bitte noch ein paar Bemerkungen zu hebung der Begrenzung von Amtszeit und Wiederwahl- den aktuellen Entwicklungen in den einzelnen Ländern möglichkeiten für den Präsidenten und andere staatliche der Region. In Georgien demonstriert die Opposition seit Funktionäre aufmerksam verfolgt. Dies stellt eine pro- dem 9. April mit der Forderung nach dem Rücktritt der blematische Entwicklung und möglicherweise einen Regierung. Die Opposition erscheint uneinig und verfügt weiteren Schritt in Richtung Autoritarismus dar. über kein weiteres politisches Programm außer der For- derung nach dem Rücktritt von Michail Saakaschwili. Deutschland und die EU müssen sich stärker um die Aus unserer Sicht muss ein interner Dialogprozess zwi- Lösung der Konflikte in der Region bemühen. Russland schen Regierung und Opposition in Gang kommen. Die- sollte eine konstruktivere Haltung einnehmen, da offen- ser Dialog darf keine Eintagsfliege bleiben; es muss ein sichtlich ist, dass die meisten Konflikte ohne die Zusam- stabiles Format für die Gespräche zwischen Regierung menarbeit mit Russland nicht zu lösen sind. Russland und Opposition gefunden werden. Nur so ist eine dauer- muss die Souveränität seiner Nachbarstaaten im Südkau- hafte Stabilisierung und Befriedung des Landes möglich. kasus anerkennen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24789

(A) Wir müssen wiederum klarmachen, dass die europäi- traut, ebenso darauf, dass die Bundesregierung diese (C) sche Nachbarschaftspolitik und insbesondere die Östli- rechtmäßigen Ansprüche erfüllt. Mit der Rentenüberlei- chen Partnerschaft nicht so zu verstehen sind, dass die tung der Nachwendezeit wurden nur Teilprobleme gelöst EU in einem geopolitischen Spiel ihren Hut in den Ring bzw. neue geschaffen. Es ist unsere Aufgabe, die recht- wirft. Unser Anliegen ist es, Armenien, Aserbaidschan mäßigen Ansprüche aus dem DDR-Recht auch bei allen und Georgien als Staaten zu stabilisieren und die Demo- bisher außen vor gelassenen Berufsgruppen zu realisie- kratisierung in diesen Länder zu unterstützen. Stabilität ren. Bei den Krankenschwestern macht es oft nur den in der unmittelbaren Nachbarschaft sollte nicht nur im Unterschied zwischen 700 und 800 Euro Rente aus, bei Interesse der EU, sondern auch im Interesse der Russi- den Reichsbahnern geht es um eine einmalige Abfin- schen Föderation liegen. dung durch die Bahn. Diese Ansprüche machen einen Unterschied, denn es geht hier um ohnehin niedrige Ein- kommen. Wir müssen beachten, dass die Alterseinkom- Anlage 3 men trotz höheren Rentenniveaus in Ostdeutschland un- terhalb der Westeinkommen liegen. Im Osten gab es Erklärung keine Betriebsrenten und auch keine Kapitalanlagemög- des Abgeordneten Jörg van Essen (FDP) zur lichkeiten für Arbeitnehmer. Die Erfüllung der berech- Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes tigten Ansprüche ist deshalb keine „weitere“ Rentener- zur Regelung der Verständigung im Strafver- höhung für Ostdeutsche, sondern eine längst überfällige fahren (Tagesordnungspunkt 4 b) Maßnahme zur Herstellung gleichwertiger Lebensver- hältnisse auf der Basis von Rentengerechtigkeit. Ich erkläre im Namen der Fraktion der FDP, dass bei Seit vielen Jahren setzen wir uns mit unseren Kolle- der Abstimmung unser Votum „Ja“ gelautet hat. gen für eine politische Lösung ein und weisen darauf hin, dass diese ungelösten Fragen angesichts steigender Altersarmut schnellstens beantwortet werden müssen. Anlage 4 Ich freue mich, dass im Entwurf des Regierungspro- Erklärung gramms der SPD die Rentenangleichung Ost-West sowie in der heutigen Debatte eine abschließende gerechte Re- der Abgeordneten Dr. Thea Dückert (BÜND- gelung der Anwartschaftsüberführungen in einem NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über Rentenanwartschaftsüberleitungsabschlussgesetz in Aus- die Beschlussempfehlung zu der Unterrichtung sicht gestellt werden. durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine (B) Richtlinie des Europäischen Parlaments und (D) des Rates zur Festlegung eines Rahmens für die Anlage 6 Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und für deren Schnittstellen zu Erklärung nach § 31 GO anderen Verkehrsträgern (inkl. 17564/08 ADD 1 der Abgeordneten Iris Gleicke, Dr. Peter und 17564/08 ADD 2) (ADD 1 in Englisch) (Ta- Danckert, Dirk Manzewski, Volker Blumentritt, gesordnungspunkt 47 d) Klaus Uwe Benneter, Ernst Kranz, Andreas Weigel, Dr. Margrit Spielmann, Petra Merkel Ich erkläre im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die (Berlin), Carsten Schneider (Erfurt), Andreas Grünen, dass unser Votum „Enthaltung“ lautet. Steppuhn, Hans-Joachim Hacker, Engelbert Wistuba, Petra Heß, Marko Mühlstein, Simone Violka, Rainer Fornahl und Dr. Gerhard Botz Anlage 5 (alle SPD) zu den namentlichen Abstimmungen Erklärung nach § 31 GO zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Ände- rung des Anspruchs- und Anwartschaftsüber- der Abgeordneten Silvia Schmidt (Eisleben) führungsgesetzes (2. AAÜG-ÄndG) und zu ren- und Maik Reichel (beide SPD) zu den namentli- tenrechtlichen Anträgen der Fraktion Die chen Abstimmungen zum Entwurf eines Zwei- Linke (Tagesordnungspunkt 6 a und b) ten Gesetzes zur Änderung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (2. AAÜG- Wir, die Unterzeichner dieser Erklärung, stellen fest, ÄndG) und zu rentenrechtlichen Anträgen der dass unser heutiges Nein bei den unter TOP 6 stattfin- Fraktion Die Linke (Tagesordnungspunkt 6 a denden 17 namentlichen Abstimmungen nicht bedeutet, und b) dass alle beantragten Sachverhalte falsch sind. Wir sind der Meinung, dass im Zusammenhang mit Rentnerinnen und Rentner haben Anspruch auf die der schnellstmöglichen Vereinheitlichung des Renten- Anerkennung ihrer Arbeitsleistung, unabhängig von rechts die heute zur Abstimmung stehenden Sachver- dem staatlichen System, in dem sie gelebt und gearbeitet halte abschließend in einem Rentenüberleitungsab- haben. schlussgesetz geregelt werden sollten. Auf die Zusatzversorgungssysteme, FZR und andere, Die Vereinheitlichung des Rentenrechts hat für uns al- der DDR haben die Menschen in Ostdeutschland ver- lerdings Priorität, da dies alle Menschen in den neuen 24790 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Bundesländern betrifft und nicht einzelne Berufs- oder Anlage 8 (C) Personengruppen. Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Marlies Volkmer und Anlage 7 Wolfgang Gunkel (beide SPD) zu den namentli- chen Abstimmungen zu rentenrechtlichen An- Erklärung nach § 31 GO trägen der Fraktion Die Linke (Drucksachen 16/7020, 16/7030 und 16/7034) und zur Abstim- des Abgeordneten Martin Burkert (SPD) zur mung zum rentenrechtlichen Antrag der Frak- namentlichen Abstimmung über den Antrag: tion Bündnis 90/Die Grünen (Drucksache 16/ Regelung der Ansprüche und Anwartschaften 11684) (Tagesordnungspunkt 6 b) auf Alterssicherung für Angehörige der Deut- schen Reichsbahn (Tagesordnungspunkt 6 b) Ich bin der Auffassung, dass die Vereinheitlichung Die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner bei der Deut- des Rentenrechts in Deutschland 20 Jahre nach der Wie- schen Reichsbahn konnten für ihre Altersvorsorge zu- dervereinigung hohe Priorität hat. In diesem Zusammen- sätzlich zur Sozialversicherungsrente Ansprüche bei der hang sind grundsätzlich die Sachverhalte, die heute zur traditionellen Altersversorgung der Reichsbahner erwer- Abstimmung stehen, abschließend in einem Rentenüber- ben. Im Prozess der deutschen Einheit sowie bei der Zu- leitungsabschlussgesetz zu regeln. Von ganz besonderer sammenführung beider deutscher Eisenbahnen wurde Dringlichkeit sind für mich Verbesserungen aus sozial- keine Regelung getroffen, inwiefern die erworbenen An- politischen Gründen für die Mitarbeiterinnen und Mitar- sprüche der Altersversicherung der Deutschen Reichs- beiter des Gesundheits- und Sozialwesens in der DDR bahner in die Systematik der gesetzlichen Rentenver- und die in der DDR bzw. in den neuen Bundesländern sicherung hätten überführt werden können. Die vor 1992 geschiedenen Frauen; für die Angehörigen der betroffenen Eisenbahnerinnen und Eisenbahner kämpfen Deutschen Reichsbahn – DR – der DDR aus Gründen deshalb bis heute um ihre Anerkennung ihrer zusätzli- der Gleichbehandlung mit Beschäftigten vergleichbarer Berufsgruppen West hinsichtlich der Zusage aus der Al- chen Rentenansprüche. tersversorgung der Deutschen Reichsbahn; für die Ange- Diesen Umstand greift die Linke mit ihrem vorliegen- hörigen der technischen Intelligenz in der DDR aus den Antrag auf. Sie fordert, die Bundesregierung solle Gründen der Gleichbehandlung innerhalb dieser Gruppe. eine Regelung vorlegen, mit welcher die Ansprüche aus Wegen dieser Dringlichkeit stimme ich den Anträgen der Altersversicherung der Reichsbahner eingelöst wer- auf Drucksachen 16/7020 – mittleres medizinisches Per- (B) den können. Als Bahnbeauftragter der SPD-Bundestags- sonal –, 16/7030 – Reichsbahn–, 16/7034 – technische (D) fraktion bin ich mit der Problematik und den Hoffnun- Intelligenz – und 16/11684 – Geschiedene neue Bundes- gen der Betroffenen auf eine Entschädigung bestens länder – zu. vertraut. Ich halte es auch für dringend geboten, bald- möglichst eine Lösung für das Problem zu suchen und dabei die gesamte Dimension der Alterssicherungstitel Anlage 9 für die Reichsbahnerinnen und Reichsbahner zu berück- sichtigen. Dies gilt umso mehr, als die Gewerkschaft Erklärung nach § 31 GO TRANSNET seit Langem darum bemüht ist, den Inte- der Abgeordneten Andreas G. Lämmel und Uda ressen der Reichsbahnerinnen und Reichsbahner zur Carmen Freia Heller (beide CDU/CSU) zu den Durchsetzung zu verhelfen. Ich möchte daher klarstel- namentlichen Abstimmungen zu rentenrechtli- len, dass ich das Anliegen der Reichsbahnerinnen und chen Anträgen der Fraktion Die Linke und zu Reichsbahner, für ihre Anwartschaften aus der Alterver- den Abstimmungen zu einem rentenrechtlichen sicherung der Reichsbahner eine Entschädigung zu er- Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen halten, unterstütze, und ich bitte alle politischen Kräfte und zu einem rentenrechtlichen Antrag der darum, sich spätestens in der nächsten Legislaturperiode Fraktion der FDP (Tagesordnungspunkt 6 b) um einen angemessenen Ausgleich zu erzielen. Um einen solchen Ausgleich herbeizuführen, ist es Die Verbesserung der rentenrechtlichen Situation der aufgrund der komplexen Materie nötig, dass sich alle Menschen in den neuen Bundesländern war bei der Her- Beteiligten in vorderster Linie um eine konstruktive Pro- stellung der deutschen Einheit ein erklärtes politisches blemlösung bemühen. Hierzu sind machbare Vorschläge, Ziel der Union. Das alte DDR-System galt es in das Sys- solide Finanzierungsmodeile und rentensystematisch tem der Bundesrepublik zu überführen. Dies ist alles in überzeugende Konstruktionen gefragt. Der Antrag der allem sehr gut gelungen. Vor allem stehen die ostdeut- Linksfraktion kann nichts davon vorweisen. Sie macht schen Rentner heute wesentlich besser da als in der DDR. Allerdings zeigt sich auch heute noch, wie zwar auf ein Problem aufmerksam, liefert aber keinen schwierig es ist, einen Unrechtsstaat mit Mitteln des brauchbaren Ansatz zu dessen Lösung. In diesem Sinne Rechtsstaates aufzuarbeiten. ist es mir trotz der grundlegenden Sympathie für das An- liegen in der Sache – nicht möglich, dem Antrag der Die Anträge der Linken sind opportunistisch und Linksfraktion zuzustimmen. Folglich enthalte ich mich wahlkampftaktisch motiviert. Schon deshalb werde ich bei der Abstimmung über den oben genannten Antrag. den eingebrachten Rentenanträgen nicht zustimmen. Die Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24791

(A) Debatte um angebliche Ungerechtigkeiten bei der Ren- Daher wird unsere Fraktion zunächst am Status quo (C) tenüberleitung muss endlich vom Kopf auf die Füße ge- festhalten. 3,4 Prozent Rentensteigerung in diesem Jahr stellt werden. Was die Linke als Ungerechtigkeiten im sind ein gutes Ergebnis für die Rentner in Ostdeutsch- Rentenüberleitungsgesetz, RÜG, und im Gesetz zur land. Die Anpassung des Rentenrechts bleibt für uns in Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus der nächsten Legislaturperiode ganz oben auf der politi- den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen, AAÜG, schen Agenda. bezeichnet, geht tatsächlich im Wesentlichen auf die Willkür im DDR-Rentenrecht zurück. Denn es gab in der DDR eben keine eindeutigen, einheitlich angewendeten Anlage 10 und einklagbaren Regeln für die Zusatzrenten. Die Un- Erklärung nach § 31 GO gerechtigkeiten der DDR-Diktatur können nicht nach- träglich der im Zuge der Wiedervereinigung durchge- der Abgeordneten Arnold Vaatz, Ulrich Adam, führten Überleitung der Ostrenten in das bundesdeutsche Günter Baumann, Veronika Bellmann, Dr. Rentenrecht angelastet werden. Ganz überwiegend be- Christoph Bergner, Klaus Brähmig, Monika treffen die Vorschläge der Linken die Anliegen einzelner Grütters, Manfred Grund, Uda Carmen Freia Gruppen, die bereits von früheren Bundesregierungen Heller, Bernd Heynemann, Robert Hochbaum, immer wieder geprüft wurden. Eine pauschale Besser- Susanne Jaffke-Witt, Dr. Peter Jahr, Dr. Hans- stellung dieser Einzelgruppen würde die Debatte nicht Heinrich Jordan, Manfred Kolbe, Jens beenden. Denn sie würde zu Ungerechtigkeiten bei an- Koeppen, Michael Kretschmer, Andreas G. deren Gruppen führen. Lämmel, Katharina Landgraf, Dr. Michael Luther, Ulrich Petzold, Eckhardt Rehberg, Dennoch hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu- Katherina Reiche (Potsdam), Ingo Schmitt sammen mit der Bundesregierung noch einmal intensiv (Berlin), Michael Stübgen, Volkmar Uwe Vogel, geprüft, ob und wie Änderungen bei einzelnen Fallgrup- Marco Wanderwitz und Kai Wegner (alle CDU/ pen vorgenommen werden können. Leider hat das zu- CSU) zu den namentlichen Abstimmungen zu ständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales rentenrechtlichen Anträgen der Fraktion Die dazu bisher keine tragfähigen Vorschläge unterbreitet. Linke (Tagesordnungspunkt 6 b) Mit der heutigen Ablehnung der populistischen Anträge Die Verbesserung der rentenrechtlichen Situation der der Linken ist das Thema nicht ein für allemal erledigt. Menschen in den neuen Bundesländern war bei der Her- Die Gruppe der ostdeutschen CDU-Bundestagsabgeord- stellung der deutschen Einheit ein erklärtes politisches neten wird sich auch weiterhin mit der Frage auseinan- Ziel der Union und ist es auch weiterhin. Vor allem ste- (B) dersetzen. Nach Abschluss der Prüfungen werden wir hen die ostdeutschen Rentner heute wesentlich besser da (D) uns – bei einem breiten Konsens, dass es sich im konkre- als in der DDR. Allerdings zeigt sich auch heute noch, ten Einzelfall um objektiv vorliegende Ungerechtigkei- wie schwierig es ist, einen Unrechtsstaat mit Mitteln des ten handelt – gleich zu Beginn der neuen Legislaturperio- Rechtsstaates aufzuarbeiten. de für Nachbesserungen einsetzen. Dies setzt aber das Vorliegen eines praktikablen Lösungsvorschlags voraus, Was die Linke als Ungerechtigkeiten im Rentenüber- der nicht zu Ungerechtigkeiten bei anderen Gruppen leitungsgesetz, RÜG, und im Gesetz zur Überführung führt. der Ansprüche und Anwartschaften aus den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen, AAÜG, bezeichnet, geht In ihrer Gesamtheit haben die Maßnahmen zur Ren- tatsächlich im Wesentlichen auf die Willkür im DDR- tenüberleitung die Rentner in den ostdeutschen Ländern Rentenrecht zurück. Denn es gab in der DDR eben keine zu Gewinnern der Einheit gemacht. Mit der Umstellung eindeutigen, einheitlich angewendeten und einklagbaren der Renten auf D-Mark und der Hochwertung früherer Regeln für die Zusatzrenten. Ebenso wenig gab es nach Arbeitsentgelte auf Westniveau wurde die Altersversor- einer Scheidung Ansprüche auf Versorgungsausgleich. gung der ehemaligen DDR auf eine neue, mehrfach Die Ungerechtigkeiten der DDR-Diktatur können nicht höchstrichterlich geprüfte und gebilligte Grundlage ge- nachträglich der im Zuge der Wiedervereinigung durch- stellt. Nahezu für alle ostdeutschen Rentner geht die geführten Überleitung der Ostrenten in das bundesdeut- Rentenüberleitung mit einer erheblichen finanziellen sche Rentenrecht angelastet werden. Ganz überwiegend Verbesserung einher. Dies ist ein großer Erfolg unseres betreffen die Vorschläge der Linken die Anliegen einzel- wiedervereinigten Deutschlands. ner Gruppen, die bereits von früheren Bundesregierun- Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion will, dass die ost- gen immer wieder geprüft wurden. Eine pauschale Bes- deutschen Rentner auch in Zukunft finanziell gut abgesi- serstellung dieser Personengruppen würde die Debatte chert sind. Dazu muss auch an einem einheitlichen Ren- nicht beenden. Denn sie würde zu Ungerechtigkeiten bei tenrecht weiter gearbeitet werden. Die Vereinheitlichung anderen Betroffenen führen. Deshalb werden wir den eingebrachten Rentenanträgen nicht zustimmen. ist für uns kein Selbstzweck. Entscheidend ist das kon- krete Ergebnis für die Beitragszahler und Rentner, nicht Dennoch hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu- eine vordergründige Gleichmacherei um jeden Preis. sammen mit der Bundesregierung noch einmal intensiv Hier haben die von der Bundesregierung durchgeführten geprüft, ob und wie Änderungen bei einzelnen Fallgrup- Prüfungen noch zu keinem befriedigenden Ergebnis ge- pen vorgenommen werden können. Mit der heutigen Ab- führt. lehnung der populistischen Anträge der Linken ist das 24792 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Thema nicht ein für alle Mal erledigt. Die CDU-Bundes- werden, zumal eine fundierte offene Auswertung und (C) tagsabgeordneten aus den neuen Bundesländern werden Aufarbeitung dieses Einsatzes seitens der Bundesregie- sich auch weiterhin mit der Frage auseinandersetzen. rung bis heute fehlt. Nach wie vor fehlt es auch an Nach Abschluss der Prüfungen werden wir uns – bei ei- weitergehenden zivilen Komponenten der Friedens- nem breiten Konsens, dass es sich im konkreten Einzel- sicherung, an konsequenter Entwaffnung und an ökono- fall um objektiv vorliegende Ungerechtigkeiten handelt – mischen, sozialen und politischen Konzepten und Per- gleich zu Beginn der neuen Legislaturperiode für Nach- spektiven für die Balkan-Region. besserungen einsetzen. Dies setzt aber das Vorliegen ei- nes praktikablen Lösungsvorschlags voraus, der nicht zu Ich sehen mich nicht in der Lage, einem Mandat, das Ungerechtigkeiten bei anderen Gruppen führt. ich in seiner Vorgeschichte nicht mittragen konnte, durch eine Zustimmung zu dessen Verlängerung heute eine In ihrer Gesamtheit haben die Maßnahmen zur Ren- nachträgliche Rechtfertigung zu geben. Gleichzeitig bin tenüberleitung die Rentner in den ostdeutschen Ländern ich mir dessen bewusst, dass ein bloßer Abbruch des zu Gewinnern der Einheit gemacht. Mit der Umstellung KFOR-Einsatzes und ein Abzug der Bundeswehr eben- der Renten auf D-Mark und der Hochwertung früherer falls nicht zielführend wären. Arbeitsentgelte auf Westniveau wurde die Altersversor- gung der ehemaligen DDR auf eine neue, mehrfach Deshalb enthalte ich mich der Stimme. höchstrichterlich geprüfte und gebilligte Grundlage ge- stellt. Nahezu für alle ostdeutschen Rentner geht die Rentenüberleitung mit einer erheblichen finanziellen Anlage 12 Verbesserung einher. Dies ist ein großer Erfolg unseres Erklärung nach § 31 GO wiedervereinigten Deutschlands. der Abgeordneten Thomas Dörflinger, Andreas Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion will, dass die ost- Jung (Konstanz), Siegfried Kauder (Villingen- deutschen Rentner auch in Zukunft finanziell gut abgesi- Schwenningen), Michael Brand, Peter Weiß chert sind. Dazu muss auch an einem einheitlichen Ren- (Emmendingen) und Annette Widmann-Mauz tenrecht weiter gearbeitet werden. Die Vereinheitlichung (alle CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung ist für uns kein Selbstzweck. Entscheidend ist das kon- über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung krete Ergebnis für die Beitragszahler und Rentner, nicht des Grundgesetzes (Art. 87 d) (Tagesordnungs- eine vordergründige Gleichmacherei um jeden Preis. punkt 10 a) Hier haben die von der Bundesregierung durchgeführten Prüfungen noch zu keinem befriedigenden Ergebnis ge- führt. Erstens. Mit der vorgesehenen Änderung von Art. 87 d (B) GG soll die Festlegung aufgegeben werden, dass die (D) Daher wird unsere Fraktion zunächst am Status quo Luftverkehrsverwaltung in bundeseigener Verwaltung festhalten. 3,4 Prozent Rentensteigerung in diesem Jahr geführt wird. Damit würde die Delegation von Flugsi- sind ein gutes Ergebnis für die Rentner in Ostdeutsch- cherungsaufgaben auf private – auch auf ausländische land. Die Vereinheitlichung des Rentenrechts bleibt für private – Flugsicherungsorganisationen möglich. Es han- uns in der nächsten Legislaturperiode ganz oben auf der delt sich damit um eine Grundsatzentscheidung gegen politischen Agenda. eine verbindliche staatliche Aufgabenwahrnehmung im Bereich der Flugsicherung. Wir lehnen eine solche Än- derung ab, da zum Kernbereich staatlicher Aufgaben- Anlage 11 wahrnehmung auch die Aufgaben der Flugsicherung als „Luftpolizei“ zählen. Es sind elementare Sicherheitsinte- Erklärung nach § 31 GO ressen der Bürgerinnen und Bürger betroffen. der Abgeordneten Waltraud Wolff (Wol- Zweitens. Das begrüßenswerte Vorhaben, einen mirstedt) (SPD) zur namentlichen Abstimmung grenzüberschreitenden, europäischen Luftraum zu schaf- über die Beschlussempfehlung und zu dem An- fen, kann auch ohne eine Änderung von Art. 87 d GG trag: Fortsetzung der deutschen Beteiligung an verwirklicht werden. Hierzu öffnet Art. 24 GG den Weg. der internationalen Sicherheitspräsenz im Ko- Danach kann eine staatliche Flugsicherung mit anderen sovo auf der Grundlage der Resolution 1244 Flugsicherungsorganisationen grenzüberschreitend und (1999) des Sicherheitsrates der Vereinten Natio- europaweit zusammenarbeiten und so die Ziele errei- nen vom 10. Juni 1999 und des Militärisch- chen, die mit einem einheitlichen Luftraum verbunden Technischen Abkommens zwischen der interna- sind. tionalen Sicherheitspräsenz (KFOR) und den Regierungen der Bundesrepublik Jugoslawien Drittens. Neben der inhaltlichen Kritik bestehen ver- (jetzt: Republik Serbien) und der Republik Ser- fassungsrechtliche Bedenken gegenüber dem Vorhaben: bien vom 9. Juni 1999 (Tagesordnungspunkt 7) Art. 23 Abs. 1 und Art. 24 Abs. 1 GG stehen einer Der gegenwärtige Einsatz der Bundeswehr im Ko- Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf ein ausländi- sovo geht auf eine höchst problematische und seinerzeit sches privates Unternehmen entgegen. Die Ausübung von mir abgelehnte Militärintervention der NATO im der Flugsicherung gehört zum Kernbestand staatlicher Zuge des Kosovo-Krieges zurück. Meine kritische Hal- Aufgaben. Dieser Kernbestand ist nach Art. 79 Abs. 3 tung zu diesem Einsatz konnte bis heute nicht entkräftet GG in Verbindung mit Art. 20 GG verfassungsfest ge- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24793

(A) schützt. Die Übertragung der Flugsicherung auf auslän- gangszeit bis zum 30. Dezember 2012 und danach, ob in (C) dische Privatunternehmen verstößt aber gegen Art. 20 dieser Zeit die schweizerische Skyguide ohne fachliche GG, weil dadurch dem Souverän jegliches Steuerungs- oder rechtliche Beanstandungsmöglichkeiten alle An- und Kontrollinstrument aus der Hand genommen wird. und Abflüge auf den Flughafen Zürich über deutsches Letztlich widerspricht dies dem Demokratieprinzip und Gebiet leiten kann. dem damit verbundenen Erfordernis parlamentarischer Die Bundesregierung war verpflichtet, die Kleine An- Verantwortlichkeit (Art. 20 Abs. 1 GG). Damit würde frage der FDP-Bundestagsfraktion bis zum 22. Mai zu mit der vorgesehenen Grundgesetzänderung verfas- beantworten. Am 26. Mai haben wir erfahren, dass Frist- sungswidriges Verfassungsrecht geschaffen. verlängerung bis zum 5. Juni 2009 beantragt wurde. Bis- Unsere verfassungsrechtlichen Bedenken werden her hatte die Bundesregierung stets signalisiert, dass die durch Stellungnahmen der Rechtswissenschaftler Profes- Region durch die von ihr beantragten Änderungen keine sor Dr. Stephan Hobe und Professor Dr. Peter M. Huber Nachteile zu befürchten habe. Es ist daher nicht nach- unterstützt. vollziehbar, dass die Bundesregierung sich nicht in der Lage sieht, rechtlich relevante grundsätzliche Fragen zu Viertens. Bindende europäische Vorgaben, die den na- beantworten und damit ihre Rechtsauffassung schriftlich tionalen Gesetzgeber zu dieser Verfassungsänderung und verbindlich festzulegen. Daraus müssen wir schlie- zwingen würden, existieren nicht. Die Verordnung ßen, dass die Bundesregierung unsere Fragen nicht im „Single European Sky II“, mit der die Flugsicherung in gewünschten Sinne beantworten kann. Deshalb lehnen Eu-ropa neu geordnet werden soll, wird in den europäi- wir die Grundgesetzänderung ab. schen Gremien noch diskutiert und soll frühestens im Oktober beschlossen werden. Unabhängig von inhaltli- chen Fragestellungen besteht schon deshalb keine Hand- Anlage 14 lungspflicht. Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Marianne Schieder, Dr. Axel Anlage 13 Berg und Dr. Marlies Volkmer (alle SPD) zur Erklärung nach § 31 GO namentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung: Milch-Exportsubventionen sofort der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Birgit stoppen – Weitere Zerstörung der Märkte in Homburger, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht Entwicklungsländern verhindern (Tagesord- und Patrick Meinhardt (alle FDP) zur nament- nungspunkt 9) (B) lichen Abstimmung über den Entwurf eines Ge- (D) setzes zur Änderung des Grundgesetzes Verantwortungsvolle Politik bedeutet, nicht nur die (Art. 87 d) (Tagesordnungspunkt 10 a) Lösung der Probleme im eigenen Land anzupacken, son- dern genau zu prüfen, welche Auswirkungen unser Han- Wir werden der Änderung des Grundgesetzes Art. 87 d deln andernorts hat. In einer globalisierten Welt ist es nicht zustimmen, da die Bundesregierung nicht in der mehr denn je notwendig, dass wir als Industrienation ge- Lage war, erhebliche Bedenken unsererseits auszuräu- rade die Situation der Menschen im Blick haben, die von men. Hunger und Not betroffen sind. Daher ist das Instrument der Exportsubventionen für Agrarprodukte klar abzuleh- In einer Kleinen Anfrage vom 6. Mai 2009, Bundes- nen. Es kann nicht sein, dass die Europäische Union zur tagsdrucksache 16/12941, hatte die FDP-Bundestags- Bewältigung der Probleme auf dem Milchmarkt wieder fraktion die Bundesregierung unter anderem gefragt, wie zu Mitteln greift, die sie laut Bekundungen in den WTO- sich die Änderungen auf das Anflugverfahren auf den Verhandlungen bis 2013 abschaffen will, da sie nach- Flughafen Zürich und die Zahl der Flugzeuge, die folg- weislich problematisch für andere Märkte sind, insbe- lich deutschen Luftraum nutzen, auswirken werden, ob sondere in den ärmsten Ländern der Welt. Es ist außer- die derzeit existierenden Verfügungen der Bundesrepublik dem nicht zu akzeptieren, dass vonseiten der Deutschland bzw. Vereinbarungen zwischen Deutschland Europäischen Union vermeintlich nur in die Länder sub- und der Schweiz ihre Gültigkeit behalten oder ob sie ventionierte Ware exportiert wird, die nicht unmittelbar außer Kraft gesetzt oder geändert werden, ob die Wei- von Hunger betroffen sind. Jeder weiß, dass diese Pro- sungs- und Kontrollrechte der Bundesverwaltung gegen- dukte letztendlich über Umwege gerade in den ärmsten über Skyguide eingeschränkt werden und ob ausländi- Ländern lokale Märkte zerstören. Die Europäische sche Flugsicherungsorganisationen als beliehen im Union erlaubt es sich im Moment, auf dem Rücken der Sinne des deutschen Verwaltungsrechts gelten. Weiter Ärmsten die Lösung ihrer Probleme in der Agrarpolitik wollten wir eine Auskunft der Bundesregierung, ob die anzugehen. Befürchtungen in den südbadischen Landkreisen be- gründet sind, dass es zu einer Verlagerung des Anflug- Verantwortungsvolle und verlässliche Politik beinhal- verkehrs des Flughafens Zürich in den süddeutschen tet aber auch, dass man sich an Vereinbarungen wie zum Raum kommen werde und dass für die Flugverkehrskon- Beispiel einen Koalitionsvertrag hält. Gerade in schwie- trolle im süddeutschen Raum die sonst innerhalb rigen Zeiten ist dies erforderlich, um nicht im Chaos zu Deutschlands möglichen Rechte der Aufsicht, der Kon- enden. Leider ist es derzeit in der Koalition nicht mög- trolle, der Unterrichtung und der Durchsetzung von Wei- lich, ein klares Mehrheitsvotum gegen den Einsatz von sungen bestehen. Schließlich fragten wir nach der Über- Exportsubventionen auf den Weg zu bringen. 24794 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Anlage 15 quoten auslaufen. Die Forderung nach neuen Quoten ist (C) insoweit kontraproduktiv. Zudem hat die Quotenrege- Erklärung nach § 31 GO lung das Problem auf dem Milchmarkt in der Vergangen- der Abgeordneten Dr. Bärbel Kofler (SPD) zur heit nicht verhindert. Eher im Gegenteil. namentlichen Abstimmung über die Beschluss- Richtig ist indes, dass insbesondere die Exporterstat- empfehlung: Milch-Exportsubventionen sofort tungen der EU für Agrarprodukte Preisrelationen auf stoppen – Weitere Zerstörung der Märkte in dem Weltmarkt verzerren und die heimische Produktion, Entwicklungsländern verhindern (Tagesord- gerade in Entwicklungsländern, strangulieren. Sinkende nungspunkt 9) Einkommen und steigende Armut sind die negativen Verantwortungsvolle Politik bedeutet, nicht nur die Folgen einer solchen Subventionspolitik. Im Verlauf der Probleme im eigenen Land anzupacken, sondern genau WTO-Verhandlungen hat die EU insoweit richtigerweise zu prüfen, welche Auswirkungen unser Handeln andern- die Zusage gegeben, Exporterstattungen bis zum Jahr orts hat. In einer globalisierten Welt ist es mehr denn je 2013 abzuschaffen. notwendig, dass wir als Industrienation gerade die Situa- Auch wenn Exporterstattungen welthandelsrechtlich tion der Menschen im Blick haben, die von Hunger und ein zulässiges Instrument sind, so ist es politisch falsch Not betroffen sind. Daher ist das Instrument der Export- und setzt die absolut falschen Signale. Es ist widersinnig, subventionen für Agrarprodukte klar abzulehnen. Es wenn einerseits zu Recht große Anstrengungen weltweit kann nicht sein, dass die Europäische Union zur Bewälti- unternommen werden – auch durch unser Land –, eine gung der Probleme auf dem Milchmarkt wieder zu Mit- marktfähige Landwirtschaft in Schwellen- und Entwick- teln greift, die sie laut Bekundungen in den WTO-Ver- lungsländern aufzubauen, und dann gleichzeitig die lo- handlungen bis 2013 abschaffen will, da sie nachweislich kalen Märkte mit subventionierten Agrarprodukten über- problematisch für andere Märkte sind, insbesondere in schwemmt werden. Diese Vorgehensweise ermutigt den ärmsten Ländern der Welt. Es ist außerdem nicht zu zudem all diejenigen Länder, die Protektionismus für ein akzeptieren, dass vonseiten der Europäischen Union ver- legitimes handelspolitisches Instrument halten. meintlich nur in die Länder subventionierte Ware expor- tiert wird, die nicht unmittelbar von Hunger betroffen Gerade in der aktuellen Wirtschaftskrise melden sind. Jeder weiß, dass diese Produkte letztendlich über WTO und Weltbank einen rapiden Anstieg protektionis- Umwege gerade in den ärmsten Ländern lokale Märkte tischer Maßnahmen. Es ist verheerend, wenn diese Be- zerstören. Die Europäische Union erlaubt es sich im Mo- strebungen weiteren Auftrieb erhalten. Insbesondere wä- ment, auf dem Rücken der Ärmsten ihre Probleme in der ren die Folgen für Deutschland, das Exportweltmeister Agrarpolitik anzugehen. und auf einen freien Welthandel im besonderen Maße (B) angewiesen ist, verheerend. Die Märkte müssen noch (D) Ich bedauere es sehr, dass es derzeit mit der Union stärker geöffnet werden, Subventionen verzerren die nicht möglich ist, ein klares Mehrheitsvotum gegen den Preise, insbesondere im Agrarsektor. Einsatz von Exportsubventionen auf den Weg zu brin- gen. Anlage 17

Anlage 16 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Andreas Jung (Konstanz) Erklärung nach § 31 GO (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung der Abgeordneten Dr. Carl-Christian Dressel, über den Entwurf eines Gesetzes zur diamor- Detlef Dzembritzki, Dr. Reinhold Hemker, phingestützten Substitutionsbehandlung (Ta- Dr. Barbara Hendricks, Josip Juratovic, Ernst gesordnungspunkt 12 a) Kranz, Jella Teuchner, Dr. Margrit Wetzel und Ich stimme den vorliegenden Gesetzentwürfen nicht Manfred Zöllmer (alle SPD) zur namentlichen zu. Stattdessen halte ich eine Fortsetzung und inhaltliche Abstimmung über die Beschlussempfehlung: Erweiterung des Modellprojekts zur streng kontrollierten Milch-Exportsubventionen sofort stoppen – Wei- heroingestützten Behandlung von Schwerstabhängigen tere Zerstörung der Märkte in Entwicklungslän- für den richtigen Weg. dern verhindern (Tagesordnungspunkt 9) Maßstab für die Aufnahme einer heroingestützten Den Antrag der Fraktion Die Grünen zur sofortigen Substitutionsbehandlung in die Regelversorgung der ge- Beendigung der Milchexportsubventionen lehnen wir setzlichen Krankenversicherung kann nach meiner Auf- ab, weil im Antrag neben dieser Forderung Vorschläge fassung allein die Frage sein, wie den betroffenen kran- zur Regulierung des Milchmarktes gemacht werden, die ken Menschen am besten geholfen werden kann. Um nicht zielführend sind. Damit werden zwei Aspekte mit- eine Antwort auf diese Frage zu geben, hat das Bundes- einander verwoben, die nur zufällig etwas miteinander ministerium für Gesundheit gemeinsam mit sieben Städ- zu tun haben. ten ein Modellprojekt ins Leben gerufen. Dabei sollte insbesondere untersucht werden, ob eine Überlegenheit Die von den Grünen im Antrag geforderte Steuerung der Heroin- gegenüber der Methadonbehandlung festzu- der Milchmenge entspricht nicht dem Weg, den die EU stellen ist. Das Ministerium ist zum Ergebnis gelangt, es beschlossen hat. Danach sollen die vereinbarten Milch- sei eine statistisch signifikante Überlegenheit feststell- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24795

(A) bar. Dies gelte sowohl für die Verbesserung des Gesund- befürworte daher grundsätzlich diese kontrollierte Ab- (C) heitszustandes der Drogenkranken als auch was den gabe von Diamorphin. Rückgang des illegalen Drogenkonsums, das Lösen von der Drogenszene und damit die Abnahme der Kriminali- Die vorgesehene Finanzierung dieser, aus gesund- tät angeht. heitspolitischen, sozialen und gesamtgesellschaftlichen Gründen zu befürwortenden Maßnahme aus den Mitteln Mittlerweile werden jedoch Kritikpunkte thematisiert, der Versichertengemeinschaft der gesetzlichen Kranken- die die Übertragbarkeit der in dem Modellprojekt durch- kassen, halte ich aber aus ordnungspolitischen Gründen geführten Heroinabgabe in die Routineversorgung infrage- für verfehlt. Es ist nicht konsistent und niemandem ver- stellen. So wurden etwa anlässlich der Expertenanhö- mittelbar, weshalb in Zeiten drastischer Leistungsein- rung im Deutschen Bundestag am 23. März 2009 ins- schränkungen bei Krankenkassen, etwa bei Vorsorge- besondere folgende Punkte angesprochen: Wie sind die untersuchungen, Impfungen, Zahnersatz, Sehhilfen etc., erheblichen Unterschiede in den Ergebnissen der einzel- das Solidarsystem Krankenversicherung die Versorgung nen Behandlungszentren zu erklären? Welche Rolle hat mit Suchtstoffen tragen soll. Da es sich meines Erach- die Intensivierung der psychosozialen Betreuung beglei- tens um versicherungsfremde Leistungen handelt, halte tend zur Diamorphinbehandlung gespielt bzw. sind auch ich eine Finanzierung aus staatlichen Mitteln für gebo- bei einer entsprechenden psychosozialen Betreuung be- ten. Deshalb werde ich mich der Stimme enthalten. gleitend zu einer Methadonsubstitution vergleichbare Ergebnisse zu erzielen? Wieso konsumierte ein Drittel der Patienten während der heroingestützten Behandlung Anlage 19 weiterhin illegale Drogen und löste sich folglich trotz der Therapie nicht aus der Drogenszene? Ist es vor dem Erklärung nach § 31 GO Hintergrund, dass nur 8 Prozent der Patienten in eine der Abgeordneten Dr. Wolf Bauer, Antje Abstinenztherapie überführt werden konnten, möglich, Blumenthal, Ilse Falk, Dr. Hans Georg Faust, die Ausstiegsorientierung der heroingestützten Behand- Dirk Fischer (Hamburg), Michael Grosse- lung zu stärken? Brömer, Susanne Jaffke-Witt, Thomas Kossendey, In der Expertenanhörung nahmen mehrere Sachver- Dr. Martina Krogmann, Dr. Hermann Kues, ständige aus Ärzteschaft und Wissenschaft diese Fragen Ruprecht Polenz, Thomas Rachel, Anita Schäfer zum Anlass, die Überlegenheit der Heroin- gegenüber (Saalstadt) und Marcus Weinberg (alle CDU/ der Methadonbehandlung infragezustellen. Vor einer CSU) zur namentlichen Abstimmung über den verbindlichen Entscheidung über die Aufnahme der He- Entwurf eines Gesetzes zur diamorphingestütz- ten Substitutionsbehandlung (Tagesordnungs- (B) roinbehandlung in eine Routineversorgung sollte nach (D) meiner Auffassung diesen aufgeworfenen Fragen nach- punkt 12 a) gegangen werden. Wir stimmen den oben genannten Gesetzentwürfen, Aus diesem Grund spreche ich mich dafür aus, die die das Ziel verfolgen die Behandlung mit synthetisch Modellprojekte fortzusetzen und dabei neue Schwer- hergestelltem Heroin – Diamorphin – in die Regelver- punkte so zu setzen, dass die genannten Fragen beant- sorgung der gesetzlichen Krankenversicherung, GKV, zu wortet werden können. Dieses Vorgehen würde die Ver- integrieren, nicht zu, obwohl wir grundsätzlich die Fort- sorgung der betroffenen Patienten in den beteiligten führung der Substitutionsbehandlung für einen bestimm- Städten sicherstellen, aber auch die Aufnahme weiterer ten Kreis von Abhängigen befürworten. Für die Fortfüh- Schwerstabhängiger in die Projekte ermöglichen. rung sprechen auch die Erkenntnisse aus den deutschen Schließlich könnte die Auswertung der fortgeführten Großstädten. Modellprojekte dann eine abschließende Entscheidung über die Aufnahme der diamorphingestützten Substitu- Die Anhörungen des Gesundheitsausschusses des tionsbehandlung ermöglichen. Deutschen Bundestages vom 19. September 2007 zu den Gesetzesinitiativen der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und der FDP (Drucksachen 16/2075, Anlage 18 16/2503 und 16/3840) sowie vom 23. März 2009 zu den Gesetzentwürfen einer Abgeordnetengruppe von SPD, Erklärung nach § 31 GO FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen (16/11515), des Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frank- des Bundesrates (16/7249) sowie zu einem Antrag zahl- furt) (FDP) zur namentlichen Abstimmung über reicher Unionsparlamentarier (16/12238) bestätigten den Entwurf eines Gesetzes zur diamorphinge- unsere große Sorge, dass die vorgelegten Studienergeb- stützten Substitutionsbehandlung (Tagesord- nisse – Diamorphin versus Methadon – nicht unumstrit- nungspunkt 12 a) ten sind. So wurde unter anderem kritisch daraufhin ge- wiesen, dass aus der internationalen wissenschaftlichen Gerade als Abgeordneter aus Frankfurt am Main ist Literatur bekannt sei, dass jede Art von Substitution im- mir bewusst, dass die kontrollierte Abgabe synthetischen mer dann zu besseren Ergebnissen führe, je intensiver Heroins – Diamorphin – ein sehr sinnvolles Instrument die psychosoziale Begleitbetreuung erfolge. Auch sind und auch geeignet ist, gerade Schwerstabhängigen zu hel- die Auswahlkriterien weiter zu erforschen, um den Per- fen, die nach herkömmlichen Methoden wie einer Metha- sonenkreis, der von der Substitutionsbehandlung profi- donsubstitution nicht erfolgreich therapierbar sind. Ich tiert, in Zukunft besser eingrenzen zu können. 24796 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Es wäre deshalb aus meiner Sicht wünschenswert, die Zwar haben die Ergebnisse des bisherigen Modellpro- (C) – wie im Antrag mit der Drucksache 16/12238 vorge- jekts erste Hinweise auf mögliche statistisch relevante schlagen – Modellprojekte zur kontrollierten Heroinab- Vorteile der Heroingabe im Vergleich zur Methadonsub- gabe fortzuführen und dabei weiter wissenschaftlich aus- stitution gegeben. Die Unterschiede in den Ergebnissen zuwerten. Auf diesem Weg könnten die laufenden der einzelnen Behandlungszentren in den verschiedenen Projekte in den Bundesländern Hamburg, Hessen, Nie- Städten führen jedoch zu weitergehenden Fragen bezüg- dersachsen und Nordrhein-Westfalen sowie in den Städ- lich der Übertragbarkeit der unter Studienbedingungen ten Bonn, Frankfurt, Hannover, Karlsruhe, Köln und durchgeführten Heroingabe in die Routineversorgung München fortgeführt, die Versorgung der Betroffenen si- und zur Umsetzung von Sicherheitsauflagen sowie poli- chergestellt und gegebenenfalls auch neue Projekte ein- zeilichen Schutzmaßnahmen auf die vertragsärztliche bezogen werden. Praxis, wie sie für die Abgabestellen im Modellprojekt notwendig waren. Es ergeben sich zudem viele weitere Fragen, etwa Anlage 20 zum fortgesetzten Beikonsum von Kokain, Alkohol und anderen Drogen durch die Studienteilnehmer, zur Aus- Erklärung nach § 31 GO stiegsorientierung bei der Diamorphinabgabe und zur der Abgeordneten Jens Spahn, Norbert Barthle, Bedeutung der psychosozialen Betreuung auf die Ergeb- Veronika Bellmann, Ernst-Reinhard Beck (Reut- nisse der Studie. In das Modellprojekt wurden vor allem lingen), Dr. Michael Fuchs, Clemens Binninger, sogenannte Methadonversager einbezogen, bei denen Dr. Maria Böhmer, Jochen Borchert, Klaus eine klassische Methadonsubstitution erfolglos war. Brähmig, Cajus Caesar, Leo Dautzenberg, Dass sich erhebliche Verbesserungen, etwa beim Ge- Dr. Stephan Eisel, Ingrid Fischbach, Dr. Maria sundheitszustand oder der Sozialintegration, bei allen Flachsbarth, Herbert Frankenhauser, Jochen- Teilnehmern des Modellprojektes, also auch bei der Ver- Konrad Fromme, Peter Götz, Dr. Wolfgang gleichsgruppe, die während der Studie Methadon erhal- Götzer, Ute Granold, Monika Grütters, Gerda ten hat, gezeigt haben, ist ein sehr starker Hinweis da- Hasselfeldt, Jürgen Herrmann, Ernst Hinsken, rauf, dass vor allem die intensive psychosoziale Franz-Josef Holzenkamp, Anette Hübinger, Dr. Betreuung, die es für alle Teilnehmer im Modellprojekt Peter Jahr, Bartholomäus Kalb, Volker Kauder, gegeben hat, für den Erfolg ausschlaggebend ist und Dr. Rolf Koschorrek, Hartmut Koschyk, Paul wohl eher nicht die Art des abgegebenen Substitutions- Lehrieder, Dr. Michael Luther, Stephan Mayer stoffes. Insofern wäre eine Stärkung der psychosozialen Betreuung in der Methadonregelversorgung in jedem (Altötting), Wolfgang Meckelburg, Maria Michalk, Fall ein weiterer wichtiger Schritt zur besseren Versor- Dr. Eva Möllring, Marlene Mortler, Carsten (B) gung Schwerstabhängiger. (D) Müller (Braunschweig), Dr. Georg Nüßlein, Eduard Oswald, Beatrix Philipp, Johannes Auch haben die öffentlichen Anhörungen gezeigt, dass Röring, Hermann-Josef Scharf, Hartmut die Ergebnisse unter den Experten nicht unumstritten Schauerte, Dr. Andreas Scheuer, Dr. Ole sind. So schwankten die erwarteten Zahlen der durch die Schröder, Bernhard Schulte-Drüggelte, Marion Einschlusskriterien erfassten Personen zwischen 1 000 Seib, Johannes Singhammer, Matthäus Strebl, – wie von den Initiatoren des Gesetzentwurfes genannt – Thomas Strobl (Heilbronn), Volkmar Uwe und bis zu 80 000 Schwerstabhängigen, wie beispiels- Vogel, Annette Widmann-Mauz, Wolfgang Zöller weise vom GKV-Spitzenverband und der Ärzteschaft ge- und Willi Zylajew (CDU/CSU) zur namentli- schätzt wurde. Auch wurden erhebliche Bedenken dahin chen Abstimmung über den Entwurf eines Ge- gehend geäußert, wie die unter Studienbedingungen setzes zur diamorphingestützten Substitutions- durchgeführte Heroingabe in die Routineversorgung or- behandlung (Tagesordnungspunkt 12 a) ganisatorisch und finanziell übertragen werden könnte. Wir stimmen den vorliegenden Gesetzentwürfen nicht Insofern halten wir die Fortsetzung des Modellpro- zu. jekts insbesondere auch zur Klärung der oben aufgewor- fenen Fragen für die einzig sinnvolle Alternative zu den Die Auswertung des Modellprojekts zur heroinge- vorliegenden Gesetzentwürfen. stützten Behandlung Opiatabhängiger hat ergeben, dass eine Reihe von Fragen nach wie vor nicht zufriedenstel- lend beantwortet wurde. Wir halten die Aufnahme der Anlage 21 diamorphingestützten Substitutionsbehandlung in die Regelversorgung zulasten der gesetzlichen Krankenver- Erklärung nach § 31 GO sicherung zum jetzigen Zeitpunkt für die falsche Ent- des Abgeordneten Dr. Axel Berg (SPD) zur na- scheidung. mentlichen Abstimmung über den Entwurf ei- nes Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Er- Wir stimmen zwar gegen die Gesetzentwürfe, wollen aber auch eine Alternative aufzeigen. Deshalb schlagen richtung eines Sondervermögens „Investitions- wir vor, das Modellvorhaben fortzusetzen. Somit könn- und Tilgungsfonds“ (Tagesordnungspunkt 14) ten die laufenden Projekte mit neuen Schwerpunkten fortgeführt, die Versorgung der Betroffenen in den betei- Im Rahmen des ersten Konjunkturpaketes hat sich die ligten Städten sichergestellt und auch neue Schwerst- Bundesregierung dazu entschieden, eine Abwrackprä- abhängige in die Projekte aufgenommen werden. mie für Autos einzuführen. 1,5 Milliarden Euro wurden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24797

(A) für diese Maßnahme veranschlagt. Da diese Maßnahme belohnt. Das ist weder umweltfreundlich noch nachhal- (C) großen Anklang fand, soll das Volumen nun von 1,5 auf tig. 5 Milliarden Euro aufgestockt werden. Dieser Maß- Der Verkauf von Autos, die auf Halde stehen, wird nahme kann ich sowohl aus ökonomischen als auch aus mit dem Zehnfachen dessen gefördert, was für die Zu- ökologischen Gründen nicht zustimmen. kunft des Autos wichtig sein wird: die Elektromobilität. Meine Kritik bezieht sich vor allen Dingen auf die Die Automobilindustrie hatte eine Überproduktion von Aspekte, die ich in meiner letzten persönlichen Erklä- 30 Prozent. Diese wird jetzt mit der Abwrackprämie un- rung zum ersten Konjunkturprogramm schon genannt ter die Leute gebracht. Das hat mit marktwirtschaftli- habe. Ich kann jeden gut verstehen, der sich über die chen Prozessen nun gar nichts mehr zu tun. Der Staat 2 500 Euro Zuschuss freut, objektiv betrachtet verstehe kann nicht jedem, der an den Bedürfnissen der Kunden ich das Programm aber nicht. Die Einmalzahlung für das vorbei produziert, die Überproduktion abkaufen. Entsorgen eines Autos bei gleichzeitigem Neukauf eines Es entstehen auch keine neuen Arbeitsplätze in der Neu- oder Jahreswagens sehe ich nicht als umwelt- deutschen Industrie. Die kleinen Fahrzeuge, die gekauft freundlich an. werden, werden überwiegend im Ausland produziert, Erstens ist die Herstellung von Autos derart ener- sind meistens nicht einmal effizient und entsprechen gieintensiv, dass der Benzinverbrauch von Autos auf die nicht dem heutigen Stand der Technik. Zudem sorgt die Gesamtenergiebilanz erst nach vielen Jahren wirksam Abwrackprämie für Mitnahmeeffekte, denn alle, die sich wird. Eine vorzeitige Verschrottung ist im Hinblick auf in diesem oder im nächsten Jahr ein Auto gekauft hätten, die Nachhaltigkeit von Pkw oft kontraproduktiv. Es wer- machen das jetzt. den Ressourcen für Neuwagen verschwendet, die man Die Argumente der Automobilindustrie für die Ab- an anderer Stelle brauchen könnte. Die staatlich subven- wrackprämie sind leicht zu durchschauen. Die Abwrack- tionierte Vernichtung von Wertgegenständen führt zu ei- prämie soll über die zusammengebrochenen Exporte ner immensen Kapitalvernichtung. hinweghelfen. Die Nachfrage im Inland soll dieses Jahr Zweitens sind die Kriterien für die Neuwagen, die im so groß sein, dass der große Exportmarkteinbruch kom- Gegenzug gekauft werden dürfen, nicht strikt genug. Es pensiert werden kann. Dem stehen aber zwei Argumente gegenüber. Erstens gibt es auch in anderen Ländern Ab- gibt keine Begrenzung des CO2-Ausstoßes bei Neuwa- gen. Einzige Bedingung ist die Erfüllung der Euro- wrackprämien, das heißt, auch deren Märkte werden im Norm 4, die schon Standard bei Neuwagen ist. Dies bie- nächsten Jahr gesättigt sein. Zweitens gibt es einen ein- tet also auch keinen zusätzlichen Anreiz für den Kauf deutigen Trend weg von großen Spritfressern hin zu umweltfreundlicher Pkw. Andere Staaten haben dies we- kleineren Autos. Und dies ist nicht durch die Zahlung ei- (B) sentlich klüger gelöst. England gibt 5 000 Pfund an je- ner Abwrackprämie bedingt, sondern dem Umdenken (D) den, der sich ein Elektroauto kauft, in Japan zahlt der der Menschen geschuldet. Aus ökonomischen und öko- Staat sogar 40 Prozent der Kosten eines Elektroautos. logischen Gründen wollen die Menschen keine Autos Das sind Investitionen in die Zukunft der Mobilität und mehr fahren, die mehr als zehn Liter Sprit verbrauchen. des Automobils. Deshalb wäre das Einzige, was der deutschen Automo- bilindustrie helfen würde, ein radikaler Schnitt hin zu Drittens fehlen Anreize, das alte Auto zu verschrotten Elektromobilität und effizienten Fahrzeugen. Aber ge- und auf umweltfreundlichere Mobilitätsangebote umzu- nau dies wird mit der Prämie verhindert, weil sie falsche steigen. Eine Unterstützung für Bahnfahrer oder Nutzer Anreize setzt. Deswegen fürchte ich, dass der Einbruch von Car-Sharing-Modellen wäre eine sinnvolle Alterna- in der Automobilindustrie im nächsten Jahr zu einem tive gewesen, um positive Effekte im individuellen Per- partiellen Zusammenbruch, einer sogenannten Marktbe- sonenverkehr zu erzielen. Auch der Austausch von reinigung, führen wird. Zweitaktern – Mofas, Laubgebläsen oder Stadtreini- gungsfahrzeugen – wäre im Zuge einer Umweltprämie Das Argument, dass durch die Mehrwertsteuer ein möglich gewesen, um Feinstaub und Lärmbelästigung großer Teil der Ausgaben durch die Abwrackprämie einzudämmen. Eine Umstellung auf Elektromobile oder wieder zurückkommt, ist aus zwei Gründen trügerisch. Geräte mit Brennstoffzellenantrieb wäre sinnvoll. Zum einen können die Menschen das Geld nur einmal ausgeben, das heißt, dass an anderer Stelle Mehrwert- Viertens ist nicht einzusehen, warum es ausgerechnet steuereinbußen zu verzeichnen sein werden. Auch Ein- für die Automobilindustrie diese Prämie gibt. Genauso nahmen aus dem Verkauf von Gebrauchtwagen auf aus- gut hätte man eine Prämie für den Austausch von Kühl- ländischen Märkten wird es nicht mehr in dem üblichen schränken oder Computern einführen können. Eine Maße geben. Hier wird Kapital vernichtet. Zum anderen solche Prämie hätte den Namen Umweltprämie sogar hätte man mit einem nachhaltigen Programm sowohl verdient, weil der Energieverbrauch mit dem Kauf effi- ökologischen als auch ökonomischen Nutzen für alle Be- zienter Geräte nachhaltig gesunken wäre. teiligten herstellen können. Wenn das Geld in Gebäude- sanierung und Heizungen mit erneuerbaren Energien Auch für die Automobilbranche selbst sehe ich große investiert worden wäre, dann hätten Mittelstand, Hausei- Nachteile, denn wenn das Konjunkturpaket effiziente gentümer, Mieter, Staat und Klima profitiert, ohne Wett- Modelle bevorzugt hätte, wäre die deutsche Automobil- bewerbsverzerrungen in Kauf zu nehmen. industrie gezwungen gewesen, sich schneller auf effi- ziente und sparsame Modelle einzustellen. So werden sie Probleme wirft die Abwrackprämie mit den hohen für ihre Tatenlosigkeit in den letzten Jahren auch noch Belastungen nicht nur für den Bundeshaushalt auf, son- 24798 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) dern auch für andere Wirtschaftszweige. Freie Werkstät- externe Kosten für Unfälle, Lärm und Umweltschäden, (C) ten, Schrotthändler und der Gebrauchtwagenmarkt für die der Allgemeinheit aufgebürdet werden. Das macht kleine Leute sind in arge Schwierigkeiten geraten. Neue 80 bis 150 Milliarden Euro jährlich. Und sogar die Bau- Fahrzeuge werden nicht in freien Werkstätten repariert, ern werden von ihrem Selbstbehalt beim Kauf ihres oh- der anfallende Schrott überschwemmt den Markt und nehin mehrfach subventionierten Diesels befreit – noch vernichtet die Preise. Und weil die Fahrzeuge verschrot- einmal 300 Millionen Euro jährlich. tet werden, gibt es fast keine Fahrzeuge unter 2 500 Euro Bei einer fairen Besteuerung ohne Subventionen hät- mehr. Das ist sozial ungerecht, weil sich ärmere Men- ten sich andere, nachhaltige Mobilitätsmodelle längst schen auch mit der Prämie keinen Neuwagen leisten durchgesetzt. Und dahin muss uns unser Weg führen: können. Weg vom Öl, hin zu nachhaltiger Mobilität. Die Ab- Zudem besteht die große Gefahr, eine neue Blase zu wrackprämie bewirkt das Gegenteil. produzieren, der es ähnlich ergehen kann wie der ameri- Die Abwrackprämie erscheint mir geradezu symptoma- kanischen Immobilienblase. Wenn Menschen sich auf- tisch für nicht vernetztes Denken: Ein Problem – schlep- grund der Abwrackprämie ein kreditfinanziertes Auto pende Absatzzahlen, Opel und andere in Not – wird zwar kaufen, das sie sich eigentlich nicht leisten können, kann gelöst – Abwrackprämie –, doch die Lösung schafft selbst bei uns der Automarkt so zusammenbrechen wie in den neue oder verlängert die alten strukturellen Probleme – USA der Immobilienmarkt. Dies würde viele Menschen Zukunft der deutschen Automobilindustrie. Mögen uns im Zuge der Rezession in Schuldenberge stürzen. Wenn die Erfahrungen aus den USA eine Warnung sein: Kein Menschen wegen der Wirtschaftskrise ihren Job verlie- anderes Land hat die automobile Gesellschaft konsequen- ren – was man leider als Möglichkeit betrachten muss –, ter umgesetzt, selbst Städte autogerecht geplant, den können sie sich die Kredite für den Neuwagen nicht Drive-in und Briefkästen in Fensterhöhe erfunden. Was mehr leisten. gut für General Motors sei, sei gut für Amerika, hieß es. Wir haben mit den Konjunkturpaketen unglaubliche Jetzt platzt die Blase, weil der Strukturwandel so lange Summen in die Hand genommen. Die weltweite Krise bekämpft wurde, bis er ohne die amerikanischen Auto- hat uns veranlasst, zu handeln. Das war auch richtig. produzenten stattfand. Aber wir hätten mehr auf die Nachhaltigkeit unserer Die Abwrackprämie ist auch symptomatisch für die Maßnahmen achten müssen. Wir haben gute Programme weltweit verpasste Chance, die Finanz- und Wirtschafts- erweitert, wie das CO2-Gebäudesanierungsprogramm, krise für einen Green New Deal zu nutzen. Laut IEA- und haben in öffentliche Infrastruktur investiert. Aber Analyse schnüren die G-20-Staaten ein Hilfspaket von die Abwrackprämie ist aus den genannten Problemen 2,5 Billionen Dollar, doch würden lediglich 10 Milliar- falsch. Eine Aufstockung des Programms macht dies (B) den davon in die Förderung regenerativen Stroms ge- (D) nicht besser, sondern schlechter. Zu den 3,5 Milliarden steckt. Mit diesen Zahlen sind wir von nachhaltigen In- neuen Schulden kommen noch einmal 700 Millionen vestitionen weit entfernt. Es bleibt noch viel zu tun. Euro allein für die Tilgung und die Zinsen hinzu, und das für ein Programm, mit dem willkürlich eine Industrie un- terstützt wird, die sich jahrelang nicht an ihre freiwilli- Anlage 22 gen Selbstverpflichtungen im Umweltschutz gehalten hat, die lieber Geld in die Werbung für große Gelände- Erklärung nach § 31 GO wagen gesteckt hat als in die Entwicklung von effizien- der Abgeordneten Gitta Connemann (CDU/ ten Fahrzeugen, die den Abkauf einer Überproduktion CSU) zur namentlichen Abstimmung über den von 30 Prozent durch Steuergelder versprochen be- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ge- kommt, die die Regierung bei den Verhandlungen zur setzes zur Errichtung eines Sondervermögens Beimischung von Biokraftstoffen einfach ausgetrickst „Investitions- und Tilgungsfonds“ (Tagesord- hat und die in ihrer jetzigen Aufstellung nicht zu einer nungspunkt 14) nachhaltigen Entwicklung beitragen kann. Ich stimme dem Gesetzentwurf der Fraktionen der Zudem werden Autoindustrie und Autofahrer in gro- CDU/CSU und SPD zur Änderung des Gesetzes zur Er- ßem Maße subventioniert. Die Umstellung der Kfz- richtung eines Sondervermögens „Investitions- und Til- Steuer verlief unbefriedigend. Mit der Neuregelung wer- gungsfonds“ nicht zu. Denn auch nach sorgfältiger Ab- den große Dieselfahrzeuge entlastet, kleine und saubere wägung des Für und Widers habe ich schwerwiegende Autos hingegen nicht. Eine Regelung wie in Frankreich Bedenken, und zwar nicht nur aus politischen und wirt- – Bonus-Malus-System – oder zumindest eine am CO - 2 schaftlichen Erwägungen, sondern auch aus moralischen Ausstoß progressiv gestaffelte Kfz-Steuer wäre hier die Gründen. bessere Lösung gewesen. Die jetzige Neuregelung führt zudem zu Steuerausfällen zwischen 2009 und 2014 von Schon bei der erstmaligen Beschlussfassung über die knapp 2 Milliarden Euro, die noch eine Art Subvention Einführung einer Umweltprämie am 13. Februar 2009 für die Automobilindustrie sind. Hinzu kommt die Steu- hatte ich erhebliche Bedenken. Seinerzeit sollten als nach erbefreiung für Pkw aus dem ersten Konjunkturpaket, die oben begrenzter Gesamtbetrag für die Umweltprämie ebenfalls die Automobilindustrie mit über 1 Milliarde 1,5 Milliarden Euro bereitgestellt werden. Nun soll das Euro begünstigt. Die Wiedereinführung der Pendlerpau- Sondervermögen Umweltprämie um weitere 3,5 Milliar- schale kostet die Steuerzahler noch einmal 8,5 Milliar- den Euro erhöht werden. Hinzu kommen Zinsaufwendun- den Euro – auch die Fußgänger. Dazu kommen noch gen in Höhe von weiteren 0,7 Milliarden Euro. Im Früh- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24799

(A) jahr 2009 habe ich unter Zurückstellung meiner Beden- dem Entlastungsvolumen der Unternehmensteuerreform (C) ken zugestimmt. Denn seinerzeit war die Umweltprämie 2008 für die gesamte Wirtschaft entsprechen. in ein ausgewogenes Gesamtpaket zur Sicherung von Be- schäftigung und Stabilität in Deutschland eingebettet, Abschließend komme ich allerdings zu dem für mich zum Beispiel kommunales Investitionspaket. Die nun ge- gewichtigsten moralischen Argument. Wie soll Kindern plante erhebliche Ausweitung der Umweltprämie und die und Jugendlichen die Bedeutung eines nachhaltigen Le- bens erklärt werden, wenn sie auf der anderen Seite dazu dafür aufzubringenden Mittel von insgesamt 4,2 Milliar- erzogen werden, ein Gut wie ein Automobil nach neun den Euro halte ich jedoch für nicht vertretbar. Jahren zu entsorgen, obwohl dieses noch gebrauchsfähig Zum einen fehlt es der sogenannten Umweltprämie und -tüchtig ist – mit den entsprechenden Folgen auch aus meiner Sicht an der erforderlichen Nachhaltigkeit. für unsere Umwelt? Und damit meine ich nicht allein eine Nachhaltigkeit, Aus all diesen Gründen lehne ich den vorliegenden wie sie durch Investition in Infrastruktur, in Bildung etc., Gesetzentwurf ab. wie im kommunalen Investitionspaket, erzielt werden kann. Vielmehr fehlt es auch an der Nachhaltigkeit schon in dem Markt selbst. Denn der jetzt künstlich er- zeugte Markt wird dazu führen, dass die Nachfrage auf Anlage 23 dem Automobilsektor schon im nächsten Jahr fehlen Erklärung nach § 31 GO wird. Es handelt sich also allenfalls um eine kurzfristige Konjunkturbelebung. Dem Gesetz fehlt auch eine klare des Abgeordneten Dr. Stephan Eisel (CDU/ Strategie für den Fall des Auslaufens der Prämie nach CSU) zur namentlichen Abstimmung über den dem 31. Dezember 2009 und den dann zu erwartenden Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ge- erheblichen Nachfrageinbrüchen. Soll die Umweltprä- setzes zur Errichtung eines Sondervermögens mie dann erneut verlängert, sprich ausgeweitet werden? „Investitions- und Tilgungsfonds“ (Tagesord- nungspunkt 14) Zum anderen führt die Umweltprämie auch innerhalb des Automobilsektors zu Wettbewerbsverzerrungen. Dies Hiermit erkläre ich gemäß § 31 Abs. 2 GOBT, dass betrifft zum Beispiel auch Gebrauchtwagenhändler, da ich den „Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes zur die Umweltprämie bei einem Großteil der Gebrauchtwa- Errichtung eines Sondervermögens ,Investitions- und gen zu einem Werteverlust führt. Die Eigentümer der Tilgungsfonds‘ (TOP 14) aus folgenden Gründen ab- Gebrauchtwagen der Baujahre 2001 bis 2007 zahlen da- lehne: mit schon indirekt für die Umweltprämie. Und es betrifft Mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Er- Kraftfahrzeugwerkstätten. Durch das Verschwinden von (B) richtung eines Sondervermögens „Investitions- und Til- (D) Fahrzeugen kommt es zu Auftragsrückgängen bei Repa- gungsfonds“ erfolgt eine Anpassung im Sondervermö- raturwerkstätten mit negativen Folgen für die dort beste- gen des erst jüngst eingerichteten Investitions- und henden Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Tilgungsfonds (ITF). Ursprünglich waren als Gesamtbe- Darüber hinaus wird auf der Nachfrageseite ein um- trag im Sinne einer Deckelung für die Umweltprämie fangreicher Mitnahmeeffekt bei der Anschaffung von 1,5 Milliarden Euro bereitgestellt worden. Nunmehr er- Fahrzeugen zementiert. Damit wird letztlich massiv folgt eine Erhöhung um 3,5 auf 5 Milliarden Euro zu- Kaufkraft zugunsten der Automobilindustrie verlagert, züglich weiterer sich unmittelbar daraus ergebende sodass es zu Wettbewerbsverzerrungen zulasten anderer 0,7 Milliarden Euro für erhöhte Zinsaufwendungen. Im Sektoren kommt. Jeder Euro kann nur einmal ausgege- Ergebnis steigt daher die Kreditermächtigung des Fonds ben werden. Wenn Bürger ihr Einkommen für einen Au- um insgesamt 4,2 Milliarden Euro auf 25,2 Milliarden Euro. tokauf einsetzen, wird der Kauf anderer Produkte, zum Beispiel Möbel, oder aber Aufträge an Handwerker zu- Ich halte es für nicht vertretbar, die Neuverschuldung rückgestellt. In der Folge dieser Kaufkraftverschiebung und damit Belastung künftiger Generationen derart zu- werden andere benachteiligt, ohne dass diesen Sektoren gunsten eines nur gegenwartsbezogenen staatlich sub- zur Überwindung der Konjunkturkrise ebenfalls in ver- ventionierten Konsumanreizes zu erhöhen. gleichbarer Form geholfen würde. Die Umweltprämie vom Frühjahr 2009 war in ein Sicherlich handelt es sich bei der Automobilindustrie ausgewogenes Gesamtpaket zur Sicherung von Beschäf- um einen für Deutschland wichtigen Industriezweig. Al- tigung und Stabilität in Deutschland eingebettet. Zu die- lerdings ist die einseitige Bevorzugung eines einzigen sem Gesamtpaket gehörte auch eine klare Tilgungsrege- Wirtschaftszweigs nicht sachgerecht. Rechnet man die lung, weshalb ich unter Zurückstellung von Bedenken Kfz-Steuerbefreiung vom Herbst, 2008 und ihre schad- diesem Gesamtpaket damals zustimmen konnte. stoffbezogene Umstellung sowie die ebenfalls im oben genannten Gesamtpaket enthaltenen Sonderförderpro- Die nun beabsichtigte Weiterführung der Umweltprä- gramme für Elektromobilität hinzu, dürfte sich die Un- mie – verbunden mit erheblichen Mittelzuwächsen – terstützung durch den Steuerzahler zusammen mit einer wirkt jedoch gesamtwirtschaftlich deutlich negativer. Es erweiterten Umweltprämie bald sehr schnell auf über kommt aufgrund der künstlichen Angebotserweiterung 5 Milliarden Euro addieren. zu ordnungspolitisch bedenklichen Marktverzerrungen, beispielsweise auf dem Markt für Gebrauchtwagen und Damit sind dann in wenigen Wochen finanzielle Hil- dem Markt für Metallschrott. Weiterhin fehlt dem Gesetz fen für einige auserwählte Unternehmen geflossen, die eine klare und eindeutige Exit-Strategie für den Fall des 24800 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Auslaufens der Prämie und der dann zu erwartenden er- um insgesamt 4,2 Milliarden Euro auf 25,2 Milliarden (C) heblichen Nachfrageeinbrüche. Euro. Darüber hinaus wird auf der Nachfrageseite ein um- Die Umweltprämie vom Frühjahr 2009 war in ein aus- fangreicher Mitnahmeeffekt bei der Anschaffung von gewogenes Gesamtpaket zur Sicherung von Beschäfti- Kleinfahrzeugen bei den Bürgern zementiert. Damit wird gung und Stabilität in Deutschland eingebettet. Zu diesem letztlich massiv Kaufkraft zugunsten der Automobilin- Gesamtpaket gehörte auch eine klare Tilgungsregelung, dustrie verlagert. Denn auch die Bürger können ihr Ein- weshalb ich unter Zurückstellung von Bedenken diesem kommen nur einmal ausgeben. In der Folge dieser Kauf- Gesamtpaket damals zustimmen konnte. Die nun beab- kraftverschiebung werden andere Branchen wie zum sichtigte Weiterführung der Umweltprämie – verbunden Beispiel die Möbelindustrie und Dienstleister benachtei- mit erheblichen Mittelzuwächsen – wirkt jedoch gesamt- ligt, ohne dass diesen Sektoren zur Überwindung der wirtschaftlich deutlich negativ. Es kommt aufgrund der Konjunkturkrise in vergleichbarer Form geholfen wird. künstlichen Angebotserweiterung zu ordnungspolitisch bedenklichen Marktverzerrungen, beispielsweise auf Sicherlich handelt es sich bei der Automobilindustrie dem Markt für Gebrauchtwagen oder dem Markt für Me- um einen für Deutschland wichtigen Industriezweig. Al- tallschrott. Weiterhin fehlt dem Gesetz eine klare und lerdings ist die einseitige Bevorzugung eines einzigen eindeutige Exitstrategie für den Fall des Auslaufens der Wirtschaftszweiges wie der Automobilindustrie nicht Prämie und den dann zu erwartenden erheblichen Nach- sachgerecht. Rechnet man die Kfz-Steuerbefreiung vom frageeinbrüchen. Herbst 2008 und ihre schadstoffbezogene Umstellung sowie die ebenfalls im oben genannten Gesamtpaket ent- Darüber hinaus wird auf der Nachfrageseite ein um- haltenen üppigen Sonderförderprogramme für Elektro- fangreicher Mitnahmeeffekt bei der Anschaffung von mobilität hinzu, dürfte sich die Unterstützung durch den Kleinfahrzeugen bei den Bürgern zementiert. Damit wird Steuerzahler zusammen mit einer erweiterten Umwelt- letztlich massiv Kaufkraft zugunsten der Automobilin- dustrie verlagert. Denn auch die Bürger können letztlich prämie bald schnell auf über 5 Milliarden Euro addieren. ihr Einkommen nur einmal ausgeben. In der Folge dieser Insgesamt sind hier in wenigen Wochen finanzielle Hil- Kaufkraftverschiebung werden andere Branchen wie fen für einige auserwählte Unternehmen geflossen, die zum Beispiel die Möbelindustrie und Dienstleister be- dem Entlastungsvolumen der Unternehmenssteuerre- nachteiligt, ohne dass diesen Sektoren zur Überwindung form 2008 für die gesamte Wirtschaft entsprechen. der Konjunkturkrise in vergleichbarer Form geholfen Daher komme ich zu dem Schluss, dass sowohl ord- wird. nungspolitisch als auch finanz- und haushaltspolitisch Sicherlich handelt es sich bei der Automobilindustrie die beabsichtigte Erweiterung der Umweltprämie abzu- um einen für Deutschland wichtigen Industriezweig. Al- (B) lehnen ist. lerdings ist die einseitige Bevorzugung eines einzigen (D) Wirtschaftszweigs wie der Automobilindustrie nicht sachgerecht. Rechnet man die Kfz-Steuerbefreiung vom Anlage 24 Herbst 2008 und ihre schadstoffbezogene Umstellung sowie die ebenfalls im oben genannten Gesamtpaket ent- Erklärung nach § 31 GO haltenen üppigen Sonderförderprogramme für Elektro- des Abgeordneten Steffen Kampeter (CDU/ mobilität hinzu, dürfte sich die Unterstützung durch den CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Steuerzahler zusammen mit einer erweiterten Umwelt- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ge- prämie bald schnell auf über 5 Milliarden Euro addieren. setzes zur Errichtung eines Sondervermögens Insgesamt sind hier in wenigen Wochen finanzielle Hil- „Investitions- und Tilgungsfonds“ (Tagesord- fen für einige auserwählte Unternehmen geflossen, die nungspunkt 14) dem Entlastungsvolumen der Unternehmensteuerreform 2008 für die gesamte Wirtschaft entsprechen. Hiermit erkläre ich, Steffen Kampeter, MdB, gemäß § 31 Abs. 2 GOBT, dass ich am heutigen Sitzungstag aus Daher komme ich zusammenfassend zum Schluss, verschiedenen Sacherwägungen nicht an der Abstim- dass sowohl ordnungspolitisch als auch finanz- und mung des TOP 14 „Gesetzentwurf zur Änderung des haushaltspolitisch die beabsichtigte Erweiterung der Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens ‚Inves- Umweltprämie abzulehnen ist. titions- und Tilgungsfonds‘“ teilnehmen werde, und be- gründe dies wie folgt. Anlage 25 Mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Er- richtung eines Sondervermögens „Investitions- und Til- Erklärung nach § 31 GO gungsfonds“ erfolgt eine Anpassung im Sondervermö- gen des erst jüngst eingerichteten Investitions- und der Abgeordneten Markus Löning, Michael Tilgungsfonds, ITF. Ursprünglich waren als Gesamtbe- Link (Heilbronn) und Dr. Daniel Volk (alle trag im Sinne einer Deckelung für die Umweltprämie FDP) zur Abstimmung über den Antrag: Ver- 1,5 Milliarden Euro bereitgestellt worden. Nunmehr er- einbarung über Zusammenarbeit in Angelegen- folgt eine Erhöhung um 3,5 auf 5 Milliarden Euro zuzüg- heiten der Europäischen Union ist einzigartig in lich weiterer, sich unmittelbar daraus ergebender Europa – Auslegungsfragen müssen geklärt, 0,7 Milliarden Euro für erhöhte Zinsaufwendungen. Im noch bestehende Defizite beseitigt werden (Ta- Ergebnis steigt daher die Kreditermächtigung des Fonds gesordnungspunkt 16 a) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24801

(A) Wir begrüßen ausdrücklich, dass die FDP-Fraktion päischen Union ganze elf Stellungnahmen gemäß (C) Mitantragsteller des Antrages ist, denn wir halten es für Art. 23 Abs. 3 Satz 1 GG. Dies stellt eine Beteiligungs- ausgesprochen wichtig, in diesem Kernbereich parla- quote von unter 5 Prozent dar. Bei jedem Erklärungsver- mentarischer Arbeit die Rechte des Bundestages zu stär- such wird man letztlich eingestehen müssen, dass dies zu ken. Dazu bedarf es nicht nur einer breiten Zustimmung, wenig ist. sondern auch einer entsprechenden Selbstbindung der Fraktionen. Der Antrag selbst schafft aus unserer Sicht die not- wendigen Voraussetzungen für eine aktivere Mitwir- Auch wenn wir uns an der einen oder anderen Stelle kung. Denn er beschreibt nicht nur die in den letzten bei- mehr gewünscht hätten, stimmen wir mit dem Grund- den Jahren mit der BBV gemachten Erfahrungen, anliegen des Antrages überein. Die Rechte des Parla- sondern beglaubigt ein Verhandlungsergebnis mit der mentes in Angelegenheiten der Europäischen Union wa- Bundesregierung und stellt Ansprüche an die künftige ren in der 16. Legislaturperiode ein wichtiges, wenn Zusammenarbeit. auch nicht unbedingt öffentlichkeitswirksames Thema. Den vorliegenden Antrag begreifen wir deshalb auch als Von besonderer Bedeutung ist dabei die Zusage der Ergebnis des ständigen Mahnens und Aufforderns der li- Bundesregierung, sich künftig an ein formalisiertes Ver- beralen Abgeordneten an die Regierungsfraktionen, par- fahren zur Herstellung des Einvernehmens zu halten. Er- lamentarische Rechte wieder stärker in den Vordergrund innert sei an die Diskussion über den Zeitpunkt der Zu- zu stellen. stimmung beim Verhandlungsmandat für den Vertrag von Lissabon. Wir hätten in dieser Frage der Bundesre- Wesentliche Entscheidungen müssen auch künftig gierung gern ein Votum des Parlamentes mit auf den dem Bundestag obliegen, denn auch in einem immer en- Weg nach Brüssel gegeben, bevor die Verhandlungen ab- ger zusammenwachsenden Europa haben Entscheidun- geschlossen waren. So blieb dem Parlament nur die Ab- gen über Glühbirnen oder Diskriminierungen im Alltag, stimmung „Ja“ oder „Nein“. An dieser Stelle wäre mehr die Gefährlichkeit von Kinderspielzeug oder die Frage drin gewesen, zum Beispiel dass bereits Grundzüge die- der Dienstleistungsfreiheit große innenpolitische Bedeu- ses formalisierten Verfahrens in dem Antrag enthalten tung. Es darf nicht wieder geschehen, dass der Bundes- gewesen wären. tag erst dann europäische Rechtsetzung zur Kenntnis nimmt, wenn in Europa die Richtlinien bereits beschlos- Ganz bedauerlich finden wir es, dass die Bundesre- sen sind. Diese Missstände bringen nicht nur die Euro- gierung – und gerade auch die parlamentarischen Staats- päische Union in Misskredit, sondern auch die Arbeit sekretäre in ihrem Schreiben an den Vorsitzenden des (B) der Abgeordneten. Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen (D) Union vom 26. Mai 2009 – nicht konkreter auf die For- Das Parlament hat in der Vergangenheit weit gehende derungen des Bundestages in dieser wichtigen Frage ein- Hoheitsrechte an die Europäische Union übertragen, gegangen ist. Die Formulierung unter Anstrich eins des etwa bei dem Vertrag von Maastricht. Sollte der Vertrag Schreibens bleibt weit hinter der Formulierung des An- von Lissabon in Kraft treten, wird diese Entwicklung trages und der vorherigen mündlichen Zusicherung fortgesetzt. Damit haben die Abgeordneten mehrerer durch die Bundesregierung zurück. Wahlperioden Europa das Vertrauen ausgesprochen und gleichzeitig große Verantwortung übernommen. Denn An dieser Stelle sehen wir deshalb weiterhin Hand- mit der Hoheitsübertragung war stets auch das Verspre- lungs- und Klärungsbedarf. Um künftig Auslegungs- chen an die Bürger verbunden, Europa transparenter und schwierigkeiten zu vermeiden, wird es eines formali- nachvollziehbarer zu machen. Die Verantwortung ge- sierten Verfahrens bedürfen, welches zwischen genüber dem Wähler wurde gerade nicht übertragen. Bundesregierung und Bundestag ausgehandelt werden muss. Die Regelung der BBV unter VI Abs. 1 – Druck- Informationsrechte sind jedoch nur eine Seite der par- sache 16/2620 – sagt klar, dass sich die Bundesregierung lamentarischen Mitwirkung. Die Art. 23 Abs. 2 Satz 1 vor der abschließenden Entscheidung im Rat um Einver- GG in Verbindung mit Art. 23 Abs. 3 Sätze 1, 2 GG in nehmen mit dem Bundestag bemühen muss. Ausle- Verbindung mit Art. 38 Abs. 1 GG legen dem Bundestag gungsschwierigkeiten bestehen einzig in der Frage über auch aktive Mitwirkungsrechte auf. Diese Beteiligung in den Zeitpunkt des Bemühens um Einvernehmen. Das Form von Stellungnahmen gemäß Art. 23 Abs. 3 Satz 1 Schreiben der Bundesregierung bringt leider in dieser GG begreifen wir nicht nur als fakultatives Instrument, Frage keine Klarheit. sondern verstehen dies als verfassungsrechtliche Auf- gabe, wenn nicht sogar Pflicht. Der Vertrag von Lissabon wird, wenn er in Kraft tre- ten sollte, den Deutschen Bundestag vor ganz neue Vo- In diesem Bereich besteht im Deutschen Bundestag raussetzungen stellen. Nicht nur, dass in vielen Berei- erheblicher Nachholbedarf. In der laufenden Legislatur- chen materielles Recht auf europäischer Ebene mit periode gab es ausweislich des zweiten Monitoring-Be- Mehrheit beschlossen werden kann, der Vertrag von Lis- richts zur Umsetzung der Unterrichtungspflichten der sabon wird die Europäische Union darüber hinaus effizi- Bundesregierung gemäß der Vereinbarung zwischen enter und handlungsfähiger machen. Dies bedeutet für dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung den Bundestag, dass es ganz besonderer Anstrengungen über die Zusammenarbeit in Angelegenheiten der Euro- bedarf, mit diesem Tempo mitzuhalten. 24802 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Anlage 26 ken und den Haushalt mit bis zu 2,6 Milliarden Euro (C) netto belasten. Bei etwa 75 Prozent aller abwrackprä- Zu Protokoll gegebene Rede miengestützten Fahrzeugkäufe treten derartige Steuer- zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur geldverschwendungen ein. Das hat das Institut für Wirt- Änderung des Gesetzes zur Errichtung eines schaftsforschung Halle berechnet. Konjunkturwirksame Sondervermögens „Investitions- und Tilgungs- Multiplikatoreffekte würden eher durch nachhaltige In- fonds“ (Tagesordnungspunkt 14) vestitionen in Infrastruktur und durch eine Stärkung des Wissenschaftsstandorts entstehen. Rainer Brüderle (FDP): Die wirtschaftspolitischen Die Abwrackprämie schädigt den Sekundärmarkt für Rahmenbedingungen für den Industriestandort Deutsch- Fahrzeuge mit Betriebszeiten zwischen zwei und acht land haben sich seit 2005 spürbar verschlechtert. Die Jahren. Die Binnennachfrage nach Gebrauchtwagen wird deutsche Automobilbranche macht da keine Ausnahme. durch die Abwrackprämie künstlich gesenkt. Das führt in Sie ist nicht zuletzt auch von der seit Anfang 2007 gel- Teilbereichen zu sinkenden Verkehrswerten. Dieser Ver- tenden 3 Prozentpunkte höheren Umsatzsteuer erheblich fall der Restwerte kann kurzfristig die Finanz- und Er- betroffen. Dies verteuert nicht nur die Anschaffung von tragslage von Leasing-Gesellschaften erheblich eintrü- privaten Neu- und Gebrauchtwagen, sondern ebenso Re- ben und mittelfristig zu insgesamt höheren Leasingraten paraturen, Fahrzeugaufwertungen und Betriebsmittel für Neuwagen führen. Letztlich geht mit diesem Ver- wie Benzin und Diesel. Der Besitz und Betrieb eines pri- kehrswertverfall ein Vermögensschaden für den überwie- vaten Kraftfahrzeugs ist unattraktiver geworden. Die ak- genden Teil von Fahrzeughaltern einher. Die Kosten der tionistische Biokraftstoffpolitik der Bundesregierung hat Abwrackprämie tragen nicht nur die Steuerzahler. die Verbraucher zusätzlich verunsichert. Die Politik der Großen Koalition hat somit, wenn nicht zur Entstehung, Die Abwrackprämie birgt Gefahren für Geringverdie- so doch zur Ausprägung der gegenwärtigen Branchen- ner; denn sie kann zu unverhältnismäßigen Autokäufen krise erheblich beigetragen. verführen. Die staatlichen Subventionen unterminieren rationale Abwägungen. Die gegebenenfalls über Raten- Um die Entwicklungsbremsen zu lösen, benötigt die zahlungen erfolgte Anschaffung zieht erhebliche Folge- Branche dringend nachhaltige Strukturreformen. Die kosten beim Betrieb der Fahrzeuge nach sich. Wenn Koalitionsfraktionen setzen statt dessen nur auf kurzfris- dann die Zahl der Privatinsolvenzen steigt, dürfen wir tigen Aktionismus. Mit der Abwrackprämie werden die uns nicht wundern. Die Abwrackprämie steht selbst den Ursachen der gegenwärtigen Krise nicht angegangen. umweltpolitischen Zielsetzungen der Bundesregierung Durch die Abwrackprämie wird im Gegenteil ein staatli- entgegen. Der technische Fortschritt in der Automo- (B) cher Anreiz zur Vernichtung volkswirtschaftlichen Ver- bilbranche hat sich in den vergangenen Jahren weniger (D) mögens gesetzt. Die Mittel dafür jetzt noch erheblich in reduziertem Treibstoffverbrauch niedergeschlagen als aufzustocken, macht es noch schlimmer. Ökonomisch vielmehr in besserer Ausstattung und entsprechend hö- unsinnig und ökologisch fragwürdig setzt die Große Ko- herem Gewicht der Autos. Die Produktion von neuen alition ihre inkonsistente und durch Aktionismus ge- Autos verbraucht Ressourcen. Für die Umwelt kommt kennzeichnete Wirtschaftspolitik fort. Die Abwrackprä- nichts dabei heraus. Von Umweltprämie zu sprechen, ist mie führt zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen Hohn. Es ist schon bezeichnend, dass der Bund für Um- innerhalb der Automobilbranche und zwischen verschie- welt und Naturschutz die sofortige Einstellung der Prä- denen Branchen. Die bislang verfügbaren Statistiken be- mie gefordert hat. legen erhebliche Marktanteilsverschiebungen zugunsten wertschöpfungsflacher Kleinwagenhersteller und zulas- Die Abwrackprämie steht der entwicklungspolitisch ten wertschöpfungstiefer Premiumhersteller. gebotenen Intensivierung des internationalen Handels zwischen Industrie- und Schwellenländern entgegen. Außerdem wird die Anschaffung hochwertiger, lang- Nach Berechnungen des Wirtschaftsforschungsinstituts lebiger Konsumgüter oftmals zurückgestellt, um staatlich CES-Ifo wurden 2006 mehr als 500 000 funktionstüch- subventionierte Autokäufe vorzuziehen. Diese Substitu- tige Gebrauchtwagen nach Afrika, Osteuropa und Zen- tionseffekte verschärfen die Wirtschaftskrise für andere tralasien ausgeführt und dadurch rund 6 Milliarden Euro Branchen noch. Ökonomisch ist die einseitige Förderung Handelserlöse erwirtschaftet. Mit der Abwrackprämie von Autokäufen nicht zu rechtfertigen. Die Abwrackprä- werden nun 5,7 Milliarden Euro dafür ausgegeben, einen mie verursacht erhebliche Vorzieheffekte, wodurch spä- Teil dieser Exporterlöse zu vernichten und die Autos ter Nachfrageausfälle zu erwarten sind. Die dann notwen- stattdessen zu verschrotten. Nicht nur Importeure und digen Anpassungsmaßnahmen bei Herstellern, Händlern Logistiker sind von diesem staatlich verursachten Ange- und Werkstätten werden die Unternehmen langfristig be- botsrückgang negativ betroffen. Der Zugang zu sicheren lasten. Der dringend notwendige Strukturwandel wird ge- und leistungsfähigen Gebrauchtwagen als Grundlage für bremst und dadurch die nachhaltige Sicherung wettbe- die private und gewerbliche Lebensführung in Entwick- werbsfähiger Arbeitsplätze verhindert. Vor allem für lungs- und Transformationsländern wird künstlich er- freie, mittelständische Kfz-Werkstätten sind massive schwert. Dies schädigt die langfristige wirtschaftliche Auftragsrückgänge in den kommenden Jahren prognosti- Entwicklung dieser Länder. ziert. Die Abwrackprämie führt zur Verschwendung von Die Abwrackprämie verursacht erhebliche Mitnah- Steuermitteln oder staatlichem Vermögen; sie gefährdet meeffekte, die die Wirkung des Instruments einschrän- dadurch die Senkung der Steuer- und Abgabenlast, er- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24803

(A) schwert die Haushaltskonsolidierung und engt den Spiel- knapp 10 Prozent. Auf der Autobahn waren 500 Todes- (C) raum für Zukunftsinvestitionen ein. Wie die Bürger bei fälle zu beklagen – gegenüber 2007 sogar 17 Prozent einer solchen Politik Vertrauen in die Wirtschaftsverfas- weniger. Das bedeutet: Die Zahl der Verkehrstoten ist sung der Bundesrepublik haben oder zurückgewinnen gerade auf Autobahnen besonders stark zurückgegan- sollen, ist völlig schleierhaft. gen. Insgesamt wurde 2008 der niedrigste Wert seit Wie- dereinführung der Unfallstatistik im Jahr 1953 gemes- sen. Und nach den ersten Zahlen im ersten Quartal 2009 Anlage 27 sieht es so aus, als würde sich dieser Wert nochmals re- duzieren. Zu Protokoll gegebene Reden Damit sind unsere Autobahnen so sicher wie nie zu- zur Beratung der Beschlussempfehlung und des vor. Dennoch werden wir nicht nachlassen, weiter an der Berichts zu den Anträgen: Verbesserung der Verkehrssicherheit auf unseren Straßen – Schnellstmögliche Einführung eines generel- zu arbeiten, aber eben konzentriert auf das Zielführende: len Tempolimits von 130 Stundenkilometern von der Verkehrserziehung in der Schule, dem erfolg- auf Bundesautobahnen reich eingeführten „begleiteten Fahren mit 17“, der tech- nischen und elektronischen Weiterentwicklung von – Tempolimit 130 km/h auf Autobahnen sofort Fahrzeugen bis hin zur „gebauten Verkehrsicherheit“, einführen also der optimalen Planung und Ausgestaltung der Infra- (Tagesordnungspunkt 15) struktur. Ein generelles Tempolimit auf unseren Auto- bahnen gehört jedoch nicht dazu: Darum lehnen wir die beiden uns nun vorliegenden Anträge ab. Denn beide un- Gero Storjohann (CDU/CSU): Das Statistische terliegen der irrigen Annahme, dass man mit einem ge- Bundesamt hat uns in diesen Tagen mitgeteilt: Die Zahl nerellen Tempolimit die Verkehrssicherheit erhöhen oder der Verkehrsunfälle mit Todesfolge ist auch im ersten einen relevanten Beitrag zum Umweltschutz leisten Quartal 2009 wieder einmal merklich zurückgegangen. könnte. Beides ist falsch. Insgesamt kamen von Januar bis März 2009 im Straßen- verkehr 18 Prozent weniger Menschen ums Leben als im Nichts gegen „sinnvolle“ Geschwindigkeitsbegren- ersten Quartal des Vorjahres. Bei den Verletzten fiel der zungen – mit der Betonung auf sinnvoll. Geschwindig- Rückgang mit 12 Prozent auf 74 200 etwas geringer aus, keitsbegrenzungen werden zu Recht überall dort einge- aber immerhin. Dies zeigt: Wir sind mit unserer Ver- setzt, wo dies mit konkreten lokalen Gefahrenstellen kehrspolitik in Deutschland auf einem sehr guten Weg, oder besonderen Gegebenheiten begründet ist. Beson- und darüber sollten wir uns freuen. ders zielführend sind in diesem Zusammenhang mo- (B) (D) derne Verkehrsbeeinflussungsanlagen. Von dem etwa Noch erfreulicher ist das Bild, wenn man nur die Au- 12 200 Kilometer langen Autobahnnetz sind bereits tobahnen betrachtet. Denn diese sind so sicher wie nie circa 1 300 Kilometer mit diesen modernen Anlangen zuvor. Denn obwohl auf unserem Fernstraßennetz mehr ausgestattet. So kann der Verkehr rechtzeitig und be- als ein Drittel des gesamten Kfz-Verkehrs fließt, kamen darfsgenau verlangsamt oder umgeleitet werden. Beson- dort im Jahr 2008 nach Angaben des ADAC nur ders aber steigt die Akzeptanz bei den Autofahrern, 500 Menschen ums Leben; das Wort „nur“ darf man wenn sie sehen, dass Geschwindigkeitsnormen oder gerne in Anführungszeichen setzen. Denn richtig ist: Je- sonstige Angaben vom Normgeber offenkundig bewusst des Opfer im Straßenverkehr ist eines zu viel, egal ob aktiviert wurden. Untersuchungen des ADAC haben er- schwer oder leicht verletzt. Aber richtig ist ebenso: Ei- geben, dass statische Beschilderungen auf Autobahnen nen völlig risikofreien Straßenverkehr gibt es leider nun je nach Fahrstreifen von nur 30 bis 70 Prozent aller Au- einmal nicht, und der Straßenverkehr wird auch immer tofahrer befolgt werden. Bei einer dynamischen Tempo- mit Gefahren verbunden sein. Umso mehr gilt es, sich steuerung steigt die Akzeptanz auf 80 bis 100 Prozent. zur steten Verbesserung der Verkehrssicherheit auf das Wer also die Verkehrssicherheit wirklich erhöhen will, Machbare und Zielführende zu konzentrieren. setzt auf intelligente Verkehrsleitsysteme, nicht auf ein Dabei sind die genannten Zahlen keine Momentauf- generelles Tempolimit. nahme. Sie sind vielmehr Ausdruck einer langfristigen, nachweislich positiven Entwicklung: Seit den 70er-Jah- Auch das Umweltschutzargument kann bei näherem ren, dem traurigen Höhepunkt, als trotz des damals viel Hinsehen nicht überzeugen. Über 90 Prozent aller Ver- geringeren Verkehrsaufkommens 21 332 Getöteten zu kehrsteilnehmer fahren ohnehin langsamer als 150 km/h. beklagen waren, ist die Zahl der Verkehrstoten um gut Diese Differenz von 20 km/h hat keinerlei messbaren Ef- 77 Prozent gesunken. fekt für den Klimaschutz. Nach verschiedenen Berech- nungen würde die Einsparung auf den Autobahnen selbst Je größer die Verkehrssicherheit bereits geworden ist, nur etwa 0,4 Prozent des Kraftstoffverbrauchs betragen. desto schwerer werden zusätzliche Erfolge. Und trotz- Und wer jetzt sagt: „Besser als nichts“, der denkt nicht dem erzielen wir genau diese Erfolge offensichtlich wei- weit genug. Denn die logische Folge eines generellen ter. Im Jahr 2007 kamen im Straßenverkehr etwa Tempolimits auf Autobahnen ist eine Verlagerung des 5 000 Menschen ums Leben. 602 davon starben auf Verkehrs auf Land- bzw. Kreisstraßen. Dort kommt es deutschen Autobahnen. Im Jahr 2008 starben bei Ver- dann vermehrt zu Staus und sogenanntem Stop-and-go- kehrsunfällen laut Statistischem Bundesamt etwa Verkehr, was wiederum zu einem wesentlich höheren 4 460 Menschen. Das entspricht einem Rückgang von Kraftstoffverbrauch führt. Und wenn dann auch noch die 24804 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) zu erwartenden – und auch berechtigten – Forderungen kehrsteilnehmern. Durch diese Anlagen sind die Unfall- (C) nach weiteren Ortsumgehungen, Lärmschutzmaßnah- zahlen signifikant zurückgegangen. Der verkehrssichere men und Entlastungsstraßen hinzukommen, wird die Ausbau unserer Infrastruktur muss weiter Vorrang vor Umweltbilanz vollends negativ. Darum gilt auch unter dem Erlass neuer Verbote haben. Umweltaspekten: Die Weiterentwicklung der Fahrzeug- technik oder Innovationen etwa bei Kraftstoffen sind Patrick Döring (FDP): Es ist so weit: Das Tempo- zielführende Instrumente zur Verbesserung der Umwelt- limit steht wieder einmal auf der Tagesordnung. Diese bilanz des Straßenverkehrs, nicht aber ein generelles, Debatte ist nun wirklich der Wiedergänger der deutschen starres und in gewisser Weise willkürliches Tempolimit Verkehrspolitik – einfach nicht totzukriegen. Seit dem auf unseren Autobahnen. Einzug der Grünen in den Deutschen Bundestag 1983 Wir können also zusammenfassend feststellen: Un- war das Thema Geschwindigkeitsbegrenzung insgesamt sere Autobahnen gehören zu den sichersten Straßen in 67-mal das Thema parlamentarischer Initiativen, wenn unserem Land. Rund 40 Prozent des Autobahnnetzes ich mich nicht verzählt habe. Dabei ist es übrigens inte- unterliegt bereits einem Tempolimit: etwa 30 Prozent ressant, festzustellen, dass die allermeisten Anträge dazu dauerhaft an gefährlichen Abschnitten und weitere aus der Zeit vor der rot-grünen Bundesregierung stam- 10 Prozent im Bedarfsfall durch intelligente Verkehrsbe- men. Kaum waren die Sozialdemokraten und die Grünen einflussungsanlagen. Wer nun ein generelles Tempolimit an der Regierung, war das Thema auch schon vergessen. fordert, nimmt in Kauf, dass der Verkehr auf Landstra- Nur die Linke, damals noch PDS, hat die rot-grüne Re- ßen und durch Ortschaften umgeleitet wird und Unfälle, gierung zwischen 1998 und 2005 noch mit zwei Anträ- Staus und Schadstoffemissionen zunehmen. Das kann gen zu dem Thema behelligt und die Einführung eines man nicht ernsthaft wollen. Darum lehnen wir die An- Tempolimits gefordert, das von SPD und Bündnis 90/ träge ab. Die Grünen zusammen mit CDU/CSU und uns Liberalen seinerzeit in Bausch und Bogen abgelehnt wurden – richtigerweise, wie ich noch einmal versichern möchte, Jörg Vogelsänger (SPD): Der wichtigste Beitrag liebe Kolleginnen und Kollegen in der mittleren Reihe. zur Verbesserung der Verkehrssicherheit ist das ange- messene Verhalten der Verkehrsteilnehmer. Hier wurde Damit wäre eigentlich auch schon alles gesagt. Die viel erreicht, wobei dabei Kampagnen und ein neues Be- Forderung nach einem allgemeinen Tempolimit ist viel- wusstsein einen entscheidenden Beitrag geleistet haben. leicht unter einigen Auto- und Verkehrsverächtern popu- Ein Dank an alle, die sich dabei engagiert eingebracht lär und deshalb für ein bisschen Wahlkampfgetrommel haben. Das alles wurde erreicht ohne ein allgemeines gut, um einen Teil der roten und grünen Kernwähler- schaft zur Fahne zu rufen. Mit verantwortlichem Regie- (B) Tempolimit auf Bundesautobahnen. Zur Verbesserung (D) der Verkehrssicherheit gehören selbstverständlich auch rungshandeln hat das aber nichts zu tun – die Forderung die Kontrolle der Verbote und entsprechende Sanktio- nach einem Tempolimit bleibt ein reines Symbolthema nen. In diesem Jahr wurde der Bußgeldkatalog erhöht. der linken Opposition. Dabei geht es nicht um eine Erhöhung der Einnahmen Eigentlich wäre damit schon alles gesagt; denn wenn des Staates, sondern um die weitere Verbesserung der ein Tempolimit wirklich die sagenhaften Erfolge hätte, Verkehrssicherheit. Ich möchte jedoch einräumen, dass wie Sie in ihren Anträgen behaupten, dann wäre es nicht jeder Bürger im Wahlkreis dies so sieht. schlicht unverantwortlich gewesen, das in ihrer Regie- Das Gleiche betrifft die Einführung von zusätzlichen rungszeit nicht umzusetzen, verehrte grüne Kolleginnen Tempolimits, wie zum Beispiel eines allgemeinen Tem- und Kollegen. Und tatsächlich gibt es keine zwingenden polimits auf Bundesautobahnen. Die größte Akzeptanz Gründe, damals wie heute, die für die Einführung eines hat die Ausweisung von zusätzlichen Tempo-30-Zonen generellen Tempolimits auf deutschen Autobahnen spre- in Wohngebieten und vor Schulen und Kitas. Hier gibt es chen. An sich ist es müßig, das alles zu wiederholen; zahlreiche Bürgerinitiativen in jedem Wahlkreis. denn offensichtlich hat man das bei den Grünen alles schon einmal gewusst. Aber ich bin natürlich gerne be- Die Akzeptanz und die Nachvollziehbarkeit von Ge- reit, an dieser Stelle noch einmal Ihr Gedächtnis ein we- schwindigkeitsbeschränkungen ist auch der entschei- nig aufzufrischen: dende Punkt zur Verbesserung der Verkehrssicherheit. Erstens. Es ist eine Mär, dass die Einführung eines Man kann die Verbote nicht flächendeckend kontrollie- Tempolimits zu einer drastischen Senkung des CO2-Aus- ren. Im Gegenteil, in den meisten Bundesländern werden stoßes führen würde. Das Bundesverkehrsministerium die Polizeikräfte eher kontinuierlich abgebaut. Deshalb schätzt das Minderungspotenzial, gemessen am Gesamt- – so ist es vorgeschrieben – konzentriert sich die Polizei CO2-Ausstoß der Bundesrepublik, auf 0,3 Prozent – und auf Kontrollen an den Unfallschwerpunkten. Dies sind andere Schätzungen liegen sogar noch niedriger. Der meist nicht unsere Autobahnen, sondern in besonderem Verein Deutscher Ingenieure geht beispielsweise von ei- Maße die vielfach im schlechten Zustand befindlichen nem Minderungspotenzial von gerade einmal 0,08 Pro- Landesstraßen, insbesondere außerorts. Trotzdem gilt es, zent aus. unsere Autobahnen noch sicherer zu machen. Eines der wirksamsten Mittel hierzu ist der verstärkte Ausbau von Das ist übrigens kein Wunder; denn potenziell gefähr- Verkehrsbeeinflussungsanlagen. Mit diesem Instrument liche – und das heißt vor allem: nahezu alle besonders kann flexibel auf Verkehrssituationen reagiert werden. verkehrsreichen – Strecken haben in Deutschland ohne- Das sorgt auch für eine hohe Akzeptanz bei den Ver- hin längst eine Geschwindigkeitsbegrenzung. Bei über Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24805

(A) der Hälfte des Autobahnnetzes wurde bereits dauerhaft Blick genommen werden. Hier wurden seit 2001 auf eu- (C) oder zeitweise Tempo begrenzt. Strecken mit einem un- ropäischer und nationaler Ebene verschiedenste Maß- begrenzten Tempo gibt es nur dort, wo die Verhältnisse nahmen verabschiedet, um die Verkehrssicherheit auf dann auch ein sicheres Fahren erlauben. breiter Basis zu verbessern. Da ist zum Beispiel das Thema der Baustellensicherheit. Nach Erkenntnissen des Dies bedeutet zweitens natürlich auch, dass ein Tem- ADAC sind Baustellen die größten Unfallrisiken im Ver- polimit unter Sicherheitsgesichtspunkten nicht notwendig kehr überhaupt. Und wir wissen doch zum Beispiel alle: ist. Denn – ich wiederhole – überall dort, wo es aus Si- Wie gut wir auch versuchen, Baustellen abzusichern: Al- cherheitsgründen erforderlich ist, richten wir in Deutsch- lein die Einrichtung einer Baustelle birgt schon immer land Geschwindigkeitsbegrenzungen ein, wie Sie wissen ein Risiko in sich. Da ist doch die logische Konsequenz, mit dann auch oft weit weniger als 120 oder 130 km/h. dass wir die notwendigen Bauarbeiten so schnell wie ir- Und das Ergebnis kann sich sehen lassen! Die Zahl der gend möglich abschließen. Die Regierung tut in dieser Verkehrstoten ist in Deutschland – in Relation zur Be- Hinsicht jedoch viel zu wenig. Im Gegenteil, Baustellen völkerung – deutlich niedriger als in anderen EU-Län- werden in großer Zahl aufrechterhalten, obwohl teil- dern und sinkt überdies kontinuierlich. Bereits in den ab- weise wochenlang nicht gebaut wird. soluten Zahlen ist von 1970 bis ins Jahr 2007 ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen: von 945 auf 496. Von daher: Es gibt in Deutschland weiterhin viel zu Dieser Rückgang ist für sich genommen schon deutlich tun, um die Verkehrssicherheit zu verbessern. Die Ein- genug. Noch eindrucksvoller ist diese Entwicklung je- führung eines Tempolimits gehört aber mit Sicherheit doch, berücksichtigt man, dass in diesem Zeitraum auch nicht dazu. eine Wiedervereinigung und damit ein Anstieg der Be- völkerung um 16 Millionen fällt. Hinzu kommt außer- dem auch noch eine ungeheure Zunahme an Fahrzeugen: Anlage 28 1975 waren auf deutschen Autobahnen etwa 17 Millio- nen Fahrzeuge unterwegs. Heute werden durch die Sta- Zu Protokoll gegebene Rede tistik über 54 Millionen Fahrzeuge erfasst. Die Gesamt- zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu fahrleistung aller Kraftfahrzeuge in Deutschland hat sich der Satzung vom 26. Januar 2009 der Interna- seit Anfang der 80er-Jahre mehr als verdoppelt. Und tionalen Organisation für erneuerbare Ener- trotz alledem hat sich die Zahl der Verkehrstoten auf gien (Tagesordnungspunkt 18) deutschen Autobahnen seit 1970 nahezu halbiert. Das tatsächliche Risiko, tödlich zu verunglücken, ist sogar um 90 Prozent zurückgegangen: 1970 kamen noch Michael Kauch (FDP): Die heutige Klima- und (B) 27 Menschen je 1 Milliarde Kilometer zu Tode. Heute Energiepolitik steht vor der Aufgabe, Entscheidungen zu (D) sind es hingegen nur noch 3,2. treffen, wie auf die Probleme einer grundlegenden Klimaänderung bei gleichzeitig weltweit steigendem En- Um es kurz zu sagen: Ein Tempolimit leistet keinen ergiebedarf reagiert werden kann. nennenswerten Beitrag zur Senkung des CO2-Ausstoßes im Straßenverkehr oder zur Steigerung der Sicherheit. Langfristig brauchen wir eine CO2-neutrale Energie- Das war selbst den Grünen in Zeiten ihrer Regierungs- versorgung. Erneuerbare Energien und Energieeffizienz verantwortung offenbar bewusst. sind dabei zentrale Strategien. Eine Klima- und Umwelt- politik, die sich an diesem Maßstab orientiert, schafft die Von daher wäre ich dankbar, wenn diese ideologische Grundlage für ein dauerhaftes und ökologisch verträgli- Spiegelfechterei endlich ein Ende haben könnte und wir ches Wirtschaftswachstum in der Zukunft. Obgleich die gemeinsam dort weiterarbeiten würden, wo noch wirkli- erneuerbaren Energien ein enormes Potenzial beinhalten, che Erfolge zur weiteren Verbesserung der Verkehrssi- verfügen sie gegenwärtig noch über einen geringen cherheit zu erreichen wären. Marktanteil an der weltweiten Energiegewinnung. Die Für uns Liberale heißt das zum Beispiel, Systeme, die Klima- und Umweltpolitik muss diesem Problem, das eine aufkommensabhängige Verkehrssteuerung und Tem- häufig in strukturellen Marktzugangsbarrieren begründet poregulierung erlauben, weiter auszubauen. Solche elek- ist, durch Verbesserung der politischen und wirtschaftli- tronischen Anlagen ermöglichen es, Geschwindigkeit chen Rahmenbedingungen begegnen – und zwar interna- oder Überholverbote situationsbezogen zu regeln. Das tional. leistet einen wichtigen Beitrag zum angepassten Fahr- Die FDP-Bundestagsfraktion ist der Auffassung, dass verhalten. der Entwicklung der erneuerbaren Energien in Entwick- Wir müssen außerdem die Maßnahmen zur Verbesse- lungs- und Schwellenländern dabei eine Schlüsselrolle rung der Straßenverkehrssicherheit in wesentlichen für die Lösung der weltweiten Klima- und Energiepro- Handlungsfeldern konzentrieren und gezielte Maßnah- bleme zukommt. Gerade hier sind erneuerbare Energien menpakete schnüren: Ausbildung und Verhalten der Ver- oft besonders effizient einsetzbar. Schwellen- und Ent- kehrsteilnehmer, Leitlinien für die Sicherheit von Stra- wicklungsländer müssen eine gerechte Chance erhalten, ßeninfrastrukturen, Fahrzeugtechnik und Fahrerassistenz ihr Wirtschaftswachstum auf die Grundlage einer nach- sind hier wichtige Stichworte. haltigen Energieerzeugung zu stellen. Dabei ist zwin- gend erforderlich, dass neben der Schaffung klima- und Außerdem muss bei der Verbesserung der Straßenver- umweltpolitischer Rahmenbedingungen auch das not- kehrssicherheit auch die Infrastruktur verstärkt in den wendige technische Know-how ausgebaut wird. 24806 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Die FDP-Bundestagsfraktion setzt sich daher für ei- sexuelle werden in Kalkutta/Indien zur Prostitution ge- (C) nen forcierten Technologietransfer beim Ausbau der er- zwungen. In Nigeria können zwei Männer aufgrund neuerbaren Energien und der damit verbundenen Expor- eines Kusses hingerichtet werden. Gerade dieser Sach- tanstrengungen ein. Einen Beitrag dazu leistet die verhalt hat mich veranlasst, zusammen mit meinem Kol- Internationale Organisation für erneuerbare Energien, legen Hartwig Fischer und der Bundesministerin Heide- – IRENA –, durch die der weltweite Ausbau aller For- marie Wieczorek-Zeul einen Brief zu schreiben. Inhalt: men erneuerbarer Energien unterstützt und gefördert Sollte Nigeria hier keine andere gesetzliche Grundlage werden soll. Die FDP-Bundestagsfraktion hätte sich schaffen, müsse es Konsequenzen in der entwicklungs- auch vorstellen können, diese Aufgaben in die bestehen- politischen Zusammenarbeit geben. den internationalen Organisationen zu integrieren. Zwi- schenzeitlich ist aber eine Entscheidung für eine selbst- Wir dürfen nicht weiter die Tatsache ignorieren, dass ständige Organisation gefallen. Die FDP unterstützt nun in acht Ländern dieser Erde die Todesstrafe auf homo- das Bestreben, IRENA zu einem effizienten Know-how- sexuelle Liebe steht. Menschenrechtspolitiker und Ent- Zentrum zu machen und hier die Kompetenzen in allen wicklungspolitiker sollten diese Fakten mehr als nur Bereichen erneuerbarer Energien zu bündeln. Die FDP- beunruhigen. Lippenbekenntnisse westlicher Politiker Bundestagsfraktion sieht als vorrangige Aufgaben insbe- helfen hier nicht mehr weiter. Fast ganz Afrika ver- sondere die energiewirtschaftliche Beratung der Regie- dammt Homosexualität als eine widernatürliche Hand- rungen sowie die Unterstützung beim Technologie- und lung, egal ob islamisch oder christlich geprägt. Selbst in Wissenstransfer. vermeintlich toleranten Religionen wie dem Buddhis- mus werden Homosexuelle verfolgt. In Bhutan kann Die vorliegende Satzung schafft die Grundlage für die eine Lesbe 25 Jahre Haft bekommen, weil sie angeblich Arbeit der IRENA. Wir hätten uns gewünscht, dass be- widernatürlich handelt. reits in der Satzung Bonn als Sitz der Organisation fest- geschrieben worden wäre. Leider hat die Bundesregie- Die Situation von Schwulen und Lesben ist aber auch rung dies in den Verhandlungen nicht erreicht. Dennoch in Europa und anderen westlichen Ländern dieser Erde unterstützt die FDP-Bundestagsfraktion den vorliegen- immer noch nicht beispielhaft. CSDs werden, wie in Po- den Gesetzentwurf, damit IRENA starten kann. Wir er- len oder den baltischen Staaten, nach wie vor verboten, warten aber von der Bundesregierung, dass sie den Sitz oder die Teilnehmer werden massiv körperlich verletzt. von IRENA tatsächlich nach Bonn holt. Eingeführte Gesetze zur Umsetzung der Homosexuel- lenehe werden in Kalifornien gerade von den vorder- gründig liberalen Obama-Wählern in einer Volksabstim- Anlage 29 mung abgelehnt. (B) (D) Zu Protokoll gegebene Reden Ebenso ist die Situation der Homosexuellen in Deutschland 2009 ambivalent. Einerseits scheint die Ab- zur Beratung des Antrags: Menschenrechte von lehnung längst überwunden – wir haben in Hamburg und Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgen- Berlin offen schwul lebende Bürgermeister –, egal bei dern in Deutschland und weltweit schützen (Ta- welcher politischen Farbe. Vielleicht bekommen wir im gesordnungspunkt 17) Herbst sogar den ersten schwulen Vizekanzler. Anderer- seits gibt es nach wie vor Pöbeleien, Diskriminierung im Jürgen Klimke (CDU/CSU): Vorletzten Sonnabend Alltag und am Arbeitsplatz und körperliche Verletzun- saßen wie jedes Jahr Millionen von Europäern an den gen. Das Mahnmal für die im Nationalsozialismus ver- Bildschirmen und fieberten bei dem Eurovision Song folgten und getöteten Homosexuellen hier in Berlin wird Contest mit. Was viele der TV-Zuschauer nicht wussten, monatlich geschändet. Gerade derartige Straftaten be- spielte sich am Nachmittag vor dem Grand Prix auf den drohen unsere offene Gesellschaft in Deutschland. Straßen Moskaus ab. Die homosexuellenfeindliche Vergangene Woche wurde vom renommierten ameri- Stadtregierung schickte ihre Polizisten aus Spezialein- kanischen Gallup-Meinungsforschungsinstitut eine Stu- heiten. Diese jagten die friedlich demonstrierenden die veröffentlicht, deren Ergebnis männerliebende Män- Schwulen und Lesben durch die Straße. Sie prügelten sie ner und frauenliebende Frauen tagtäglich spüren. blutig und führten sie den Händen der oftmals korrupten Danach haben 32 Prozent der Bundesbürger ein „morali- russischen Gerichte zu. sches Problem mit Homosexualität“. Schaut man sich Warum? Weil sie so leben und lieben wollten wie alle nur den muslimischen Teil der Bevölkerung an, ist es anderen Menschen in Russland auch. Dies zeigt, dass dort sogar ein Anteil von 81 Prozent, der Bedenken ge- Russland bestimmt keine lupenreine Demokratie ist. gen Schwule und Lesben äußert. Die Studie zeigt, dass Eine tolerante Gesellschaft schon gar nicht! es eine Diskrepanz zwischen unseren politischen An- sprüchen und der Verankerung in der Gesellschaft gibt. Vor eineinhalb Wochen hatten wir mit dem 17. Mai Genau daran müssen wir Politiker noch stärker arbeiten. den Internationalen Tag gegen Homophobie. Dieser An- Es hilft gar nichts, wenn wir hier im Bundestag einer Zu- lass hat uns wieder vor Augen geführt, dass die Lage der sammenfassung aller FDP-populären homopolitischen Homosexuellen weltweit erschreckend und in Deutsch- Forderungen zustimmen. Unsere Aufgabe besteht darin, land teilweise bedenklich ist. Homosexuelle werden auf- das von uns gesellschaftlich Gewollte in die Welt zu tra- grund ihrer Identität in 83 Ländern dieser Welt massiv gen. Es geht darum, die fehlende Umsetzung der bisheri- verfolgt: Im Iran werden sie zu Tode gesteinigt. Trans- gen Minderheitenpolitik in allen Schichten und Institu- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24807

(A) tionen unserer Gesellschaft zu verankern. Dafür setzt Gleichbehandlungsgesetz beschlossen, das ausdrücklich (C) sich die Große Koalition und damit auch die Union im sexuelle Identität miteinschließt. Ich möchte an dieser Deutschen Bundestag ein. Stelle ganz klar sagen, dass es außerdem meine persönli- che Meinung als Abgeordneter aus der liberalen Hanse- Konkret heißt das, dass wir die Bildung stärken müs- stadt Hamburg ist, dass wir in der Frage der rechtlichen sen. Aufklärung an den Schulen ist der Schlüssel in Gleichstellung von Homosexuellen auch in meiner Par- Deutschland und der Welt. Es geht darum, Homophobie tei noch Diskussionsbedarf haben. Zusammen mit vielen zu stoppen. Das Thema der Minderheitenpolitik muss aus der Hamburger CDU werbe ich in der CDU/CSU- verstärkt Einzug in die Lehrpläne erhalten. Die Polizei Bundestagsfraktion dafür, dass wir das Steuerrecht mit- muss durch die einzelnen Länderinnenministerien dazu telfristig auch im Lebenspartnerschaftsgesetz regeln. aufgerufen werden, homophobe Gewalttaten stärker Wir müssen uns daran beteiligen, wenn darüber debat- ernst zu nehmen. Gerade hier ist die FDP in der Pflicht, tiert wird, ob Homosexualität in das Grundgesetz aufge- Flagge zu zeigen; stellt sie doch einige Innenminister in nommen werden soll. Jedes Gespräch macht das Thema Deutschland. für Heteros erlebbar und auch verständlicher. Mir ist Was nützt es einem schwulen 14-jährigen Jungen in der klar, dass dies eine Mindermeinung ist. Aber auch hier Schule, wenn er von seinen Mitschülern als „schwule gilt der von mir erörterte Ansatz der Aufklärung und Sau“ beschimpft wird und der Lehrer nicht eingreift. Hier Diskussion. Deutschland tut gut daran, seine Ansätze der müssen sich die Verhältnisse in Deutschland ändern. Wir freien Gesellschaft aktiv zu leben. Dann haben wir eine müssen nicht, wie im Antrag dargestellt, die Würdigung Chance, dass unser tolerantes Modell in der Welt Gehör des zivilgesellschaftlichen Engagements abermalig for- findet. dern. Unsere Länder und Kommunen müssen die aktuel- len politischen Ansichten endlich umsetzen. Erst das Angelika Graf (Rosenheim) (SPD): Heute beraten klärt wirklich die Bevölkerung auf. wir den Antrag der FDP zu dem Thema „Menschen- Ich bin daher froh, dass die schwarz-grüne Landes- rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Trans- regierung meiner Heimatstadt Hamburg aktiv Zeichen in gendern in Deutschland und weltweit schützen“. Der diese Richtung setzt. Die Mittel für die HIV-Prävention vorliegende Antrag ist in seiner Ausrichtung ein sehr gu- wurden gesteigert, Aufklärung gegen Homophobie in ter und sagt viel Wahres. In ihm wird festgestellt, dass die Lehrpläne aufgenommen. Selbst das Hissen der Re- Diskriminierung gegenüber Lesben, Schwulen, Bi- genbogen-Flagge am Rathaus zeigt der heterosexuellen sexuellen und Transgendern in Deutschland, Europa und Mehrheitsgesellschaft, dass Schwulen und Lesben ein in vielen anderen Ländern der Welt leider noch immer Teil der Mitte der Gesellschaft sind. Dies sind die richti- allgegenwärtig ist. Weil Diskriminierungen aufgrund (B) gen Strategien, das bisherig Geforderte aktiv umzuset- sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität die (D) zen. universalen Menschenrechte verletzen, sind sie in Deutschland und in Europa glücklicherweise durch die Ein abermaliges Fordern hier im Bundestag bringt da Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, durch den wenig – höchstens, dem eigenen politischen Klientel zu Internationalen Pakt über bürgerliche und politische zeigen, was man als Oppositionspartei will. Deshalb Rechte und den Amsterdamer Vertrag verboten. lehnt die Große Koalition diesen Antrag in seiner darge- stellten Form ab. Der Antrag vermischt, neben seinen Dennoch: Zwischen der Realität und den gesetzli- förderungswürdigen Ansätzen in der internationalen chen Regelungen besteht in vielen Ländern – auch in Entwicklungs- und Menschenrechtspolitik, Fragen des unserem – noch eine Kluft. Diskriminiert wird teilweise Asylrechts und der Ratifizierung des Protokolls Nr. 12 explizit durch rechtliche Schlechterstellung oder gesell- zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und schaftlich und sozial, bedingt durch Vorurteile und Ste- Grundfreiheiten mit homopolitischen Anliegen. Die reotype. Deshalb sind durchaus eine Reihe guter Ideen in Bundesregierung hat hier bereits die Fragen des FDP- dem FDP-Forderungskatalog enthalten. Somit freut es Kollegen Florian Toncar ausführlich beantwortet, und die FDP sicherlich, dass die meisten dieser Vorschläge ich möchte dem daher nichts mehr hinzufügen. bereits umgesetzt werden. Denn die Bundesregierung setzt sich in der EU und weltweit in ihren Beziehungen 40 Jahre ist es im Juni her, dass sich New Yorker Les- zu anderen Staaten als auch in internationalen Organisa- ben und Schwule spektakulär gegen Polizeiwillkür tionen dafür ein, dass die universalen Menschenrechte wehrten. Bald geht wieder die Saison der sommerlichen geachtet werden, und zwar unabhängig von jedweden Umzüge zum Christopher Street Day los, die an dieses Diskriminierungsmerkmalen, sei es Geschlecht, Rasse, Ereignis erinnern. Trotz aller Missstände hat die Politik Religion, Weltanschauung, Behinderung oder eben se- für die Rechte von Schwulen und Lesben in allen Par- xuelle Orientierung und geschlechtliche Identität. teien in den letzten Jahren an Schwung gewonnen. Das Monopol auf die wahre Vertretung homopolitischer An- Lassen Sie mich einige der Forderungen der FDP he- liegen hat heute weder Herr Beck von den Grünen noch rausgreifen, denen wir bereits nachkommen: So ist seit die Linke oder Klaus Wowereit von der SPD. Die Dis- der Annahme der Kopenhagener Kriterien der Diskrimi- kussion geht durch alle Parteien. nierungsschutz für sexuelle Identität und Orientierung bereits Gegenstand bei EU-Beitrittsverhandlungen. Na- Auch die CDU und die CSU haben in ihren neuen türlich setzt sich Deutschland dafür ein, dass die Todes- Grundsatzprogrammen Homosexuellenfragen aktiv the- strafe abgeschafft wird, und zwar weltweit, für alle Men- matisiert. Wir haben in dieser Legislatur das Allgemeine schen. Der Pflicht zum Bericht über Diskriminierungen 24808 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) wird in dem Sinne schon entsprochen, dass es mit dem gen an Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgen- (C) neu eingeführten Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz dern. Es scheint im ersten Augenblick ein sperriger Titel eine regelmäßige Berichterstattung zu allen dort enthal- zu sein, der unseren Antrag überschreibt. Wir dürfen ten Diskriminierungsmerkmalen gibt, also auch zu se- aber nicht vergessen: Hinter diesen Worten verbergen xueller Identität, im Übrigen aufgrund eines Gesetzes, sich Menschen. Es sind persönliche Schicksale, mit de- dem Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der FDP, nen wir uns hier auseinandersetzen. Alltäglich sexueller jegliche Unterstützung versagt haben, weil Ihnen Wirt- Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt zu sein, ist schaftsinteressen dann doch näher waren als Diskrimi- für uns eine unvorstellbare Belastung, aber es ist die nierungsschutz. Realität in vielen Ländern dieser Welt. In dem Antrag wird zudem gefordert, dass staatliche So ist es zum Beispiel Realität, dass Homosexualität Verfolgung aufgrund der sexuellen Orientierung bei ei- noch immer in circa 80 Ländern der Welt strafbar ist. In nem Asylantrag in einer individuellen Beratung mitbe- Iran, im Jemen, in Mauretanien, Sudan, Saudi-Arabien rücksichtigt werden soll. Dieser Punkt ist bereits deshalb und auch Afghanistan droht für Homosexualität sogar unzureichend, weil er durch den Verweis auf staatliche Verfolgung suggeriert, dass in asylrechtlichen Verfahren die Todesstrafe. Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans- nur vor staatlicher Verfolgung geschützt werde. Das mag gender leben dort unter der ständigen Angst, entdeckt nach früherer Rechtsprechung der Fall gewesen sein. und bestraft zu werden. Nunmehr aber ist diese Auffassung überholt. Das Auf- Wenn ein Staat Homosexualität verfolgt, ist das auch enthaltsgesetz stellt in Übereinstimmung mit den euro- immer ein Anzeichen dafür, wie es insgesamt um das ge- päischen Qualifikationsrichtlinien ausdrücklich klar: Die sellschaftliche Klima gegenüber Lesben, Schwulen, Bi- Frage nach der Staatlichkeit der Verfolgung ist bei der sexuellen und Transgendern bestellt ist. Sie sind massi- Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 ver gesellschaftlicher Ausgrenzung und Erniedrigungen Abs. 1 AufenthG – Flüchtlingsbegriff der Genfer Flücht- lingskonvention – unbedeutend. Schutz besteht also ausgesetzt und oftmals auch schutzlos gewalttätigen auch gegen Verfolgung, die von Privatpersonen ausgeht. Übergriffen ausgeliefert. Die deutsche Außenpolitik ist hier in der Pflicht, die Beachtung der universell gültigen Daneben bedarf es des Verweises auf Homosexualität Menschenrechte nachdrücklich einzufordern. Denn die nach jüngerer Rechtslage in dieser Deutlichkeit nicht Verfolgung Homosexueller widerspricht sowohl dem mehr. Sie fällt nach anerkannter Auslegung unter das geltenden Völkerrecht als auch den Absichten und Zie- Konventionsmerkmal der „bestimmten sozialen Gruppe“ len, die schon 2006 auf der Konferenz in Yogyakarta als in § 60 Abs. 1 AufenthG, Flüchtlingsbegriff der Genfer Prinzipien festgehalten wurden. Die Yogyakarta-Prinzi- Flüchtlingskonvention. Diese Auffassung setzt sich un- (B) pien erinnern uns alle daran, dass vor allem die Staatsge- (D) ter dem Eindruck der europarechtlichen Vorgaben auch walt Verantwortung für die Gewährleistung der Men- zunehmend bei deutschen Verwaltungsgerichten durch. schenrechte trägt. Das führt mich allerdings zu einem wirklich sehr Deshalb steht die Bundesregierung in der Pflicht, ins- wichtigen Punkt. Hier müssen wir wirklich handeln. Im Irak ist die Lage derzeit so dramatisch, dass wir bereits besondere in ihrer Entwicklungszusammenarbeit auf die von Terror gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle und Einhaltung der Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Transgender sprechen müssen. Hier geht es um Verfol- Bisexuellen und Transgendern zu beharren. Wir dürfen gungen, Folter, Mord und Hinrichtungen. Es heißt, dass nicht die Augen davor verschließen, dass einige unserer Geistliche wie Großayatollah al-Sistani die Stimmung so Partnerländer diese Rechte nicht beachten. In der Bezie- anheizen, dass sich bereits offene Jagden auf Homosexu- hung zu diesen Ländern müssen wir klarmachen: Für uns elle in Straßen, deren Wohnungen und auf deren Arbeits- steht die Einhaltung von Menschenrechten an oberster plätzen ereignet haben. Sogar Kinder sollen wegen des Stelle. Verdachts auf Homosexualität bereits ermordet worden Nach außen ist es gerade die Stärke der EU, dass sie sein. In einer Fatwa von al-Sistani drängt dieser auf eine „sexuelle Säuberung“ gegenüber Homosexuellen und in Menschenrechtsfragen große Autorität besitzt. Umso darauf, diese möglichst „auf die ärgste und schlimmste wichtiger ist es deshalb, dass sich die EU-Mitgliedslän- Art“ zu behandeln und zu ermorden. der geschlossen gegen sexuelle Diskriminierung und Menschenrechtsverletzungen an Minderheiten ausspre- Die internationale Gemeinschaft ist noch mit hoher chen. Denn auch in der Europäischen Union werden Ho- Präsenz im Irak. Das heißt, wir haben hier noch konkrete mosexuelle, Bisexuelle und Transgender immer noch Einflussmöglichkeiten. Wir müssen diesen Menschen diskriminiert. Das fängt bei der Gleichstellung homo- helfen und dürfen jetzt nicht tatenlos zusehen! sexueller Partnerschaften im Steuerrecht sowie in der Hinterbliebenenversorgung an und endet bei alltäglichen Burkhardt Müller-Sönksen (FDP): Im Bundestag Feindseligkeiten, unterschwelliger Abneigung und offe- sind wir uns regelmäßig darüber einig, dass wir gegen ner Gewalt. Berichte von Amnesty International doku- Menschenrechtsverletzungen jeglicher Art vorgehen mentieren auch in Europa homophobe Äußerungen von müssen. Der Schutz der Menschenrechte ist aber ein zu einzelnen Politikern und Regierungsvertretern, die ein wichtiges Thema, als dass es sich in hehren Absichtser- Klima von Einschüchterung und Diskriminierung schaf- klärungen erschöpfen darf. Wir sind in der Pflicht, ein fen und Übergriffe provozieren. Lesben, Schwule, Bi- klares Signal zu setzen gegen Menschenrechtsverletzun- sexuelle und Transgender in Deutschland berichten auch Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24809

(A) von alltäglichen Diskriminierungen, die eine offene, de- Der Journalist Jan Feddersen schildert hier die Ein- (C) mokratische Gesellschaft nicht hinnehmen darf. drücke der Auflösung einer lesbisch-schwulen Demon- stration. Dies geschah in Europa – in Moskau, in einem Das heißt, dass wir auch direkt vor unserer Haustür Land, das Gerhard Schröder einst als „lupenreine Demo- die Grundsätze der Nichtdiskriminierung weiterhin ver- kratie“ pries. Wenige Stunden vor Beginn des Euro- teidigen müssen. So ist mit Blick auf die Diskriminierung vision Song Contest geschah dies unweit der Veranstal- von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern tungshalle. 120 Millionen Menschen verfolgten am eine konsequente Überprüfung bei der Durchsetzung der Bildschirm die bunte Glitzerwelt. Unter den Augen der Mindeststandards der EU als Wertegemeinschaft unab- Öffentlichkeit fand das große Spektakel mit den zahlrei- dingbar. Denn nur wenn wir in der EU mit gutem Bei- chen lesbischen und schwulen Stars statt. Moskau ist nur spiel vorangehen, sind wir bei der Verteidigung der 2 000 Kilometer von Berlin entfernt. Doch wer denkt, Menschenrechte in der Welt überhaupt glaubwürdig. dies habe nichts mit uns zu tun, der irrt! Deshalb ist die Ratifizierung des 12. Zusatzprotokolls „Schwule Sau“, „blöde Lesbe“ sind die meist ge- zur Europäischen Menschenrechtskonvention überfäl- brauchten Schimpfwörter an deutschen Schulen. Lesbi- lig, das ein allgemeingültiges Diskriminierungsverbot sche und schwule Schülerinnen und Schüler haben enthält. Durch die Ratifizierung des 12. Zusatzprotokolls Angst. Schnell endet ein Coming-out im Spießrutenlauf. würde die rechtliche Grundlage der Überwindung dieser Sie werden gehänselt, drangsaliert und nicht selten auch Diskriminierungen gelegt und auch unser aller politi- körperlich bedroht. Oft wenden sich Freundinnen und scher Wille manifestiert, gegen alle Menschenrechtsver- Freunde von ihnen ab. Und Lehrerinnen und Lehrer sind letzungen vorzugehen. weder geschult noch befähigt, mit lesbischen oder Die Überwindung der alltäglichen Homophobie ist schwulen Schülerinnen und Schülern umzugehen. Die- eine gesellschaftliche Aufgabe, für sie sich viele Bürge- sen jungen Menschen fehlen Ansprechpartnerinnen und rinnen und Bürger in Aufklärungsprojekten und in der Ansprechpartner oder gleichaltrige Identifikationsfigu- Jugendarbeit engagieren. Würdigen und unterstützen wir ren. Die Schule ist – neben dem Fußballstadion – wahr- ihre Arbeit, sowohl durch politisches Bewusstsein für scheinlich der Ort, an dem die sexuelle Vielfalt am ge- die Notwendigkeit ihres Engagements als auch durch fi- ringsten geachtet wird. Gerade in der Pubertät hat die nanzielle Unterstützung ihrer Arbeit. Fördern wir die Homophobie auf lesbische und schwule Jugendliche sachliche Auseinandersetzung in den Medien und bezie- eine verheerende Auswirkung. hen wir klar Stellung gegen jegliche Form der Diskrimi- Deshalb ist jede Initiative unterstützenswert, die sich nierung. dieser Problematik annimmt. In dieser Legislaturperiode (D) (B) Letzte Woche hat mich ein Interview im Süddeutsche- war dieses Problem leider nicht Thema im Koalitions- Zeitung-Magazin sehr berührt. Es erzählt die Geschichte vertrag. Auch im Regierungshandeln führte es ein Schat- zweier Männer, die sich vor knapp 50 Jahren kennenge- tendasein. Meine Damen und Herren der Regierungsko- lernt haben. Seitdem sind sie ein Paar. Mittlerweile kön- alition, gegen die Diskriminierung und für die nen sie auf ein halbes Jahrhundert Beziehung mit dem Gleichstellung haben Sie kaum etwas getan, bis auf eine Mann ihres Lebens zurückschauen. Eines lässt sich an Verbesserung im Erbschaftsteuerrecht. Alle Initiativen, ihrer Lebenserfahrung ablesen: Unsere Gesellschaft ist ob von der Linken, ob von den Grünen oder der FDP, toleranter geworden, und das ist richtig so. Denn Tole- fanden keinerlei Unterstützung. ranz ist das Fundament, auf dem die persönliche Entfal- Der FDP-Antrag ist richtig und unterstützenswert. tung erst möglich wird. Unsere Aufgabe ist es nun, auf Aber es fragt sich, warum die FDP nicht auf Landes- diesem Fundament aufzubauen und Realitäten zu schaf- ebene Initiativen ergreift, insbesondere dort, wo sie mit- fen, die es Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Trans- regiert. Wo blieben beispielsweise Ihre Initiativen in gendern ermöglichen, selbstbestimmt und gleichberech- Nordrhein-Westfalen, Bayern oder in Hessen? Da blei- tigt zu leben. ben Sie noch viel schuldig! Dass es auch anders geht – und dies sehr konkret –, Barbara Höll (DIE LINKE): zeigt die rot-rote Berliner Regierungskoalition. Sie hat sich des Themas angenommen – und dies weitaus kon- Der Kreml ist abgesperrt, die Einkaufsstraße kreter, als Sie es hier tun, meine Damen und Herren der Twerskaja ist gesäumt von zweitausend Polizisten FDP. und Milizen. Ohne andere Wirklichkeiten missdeu- ten zu können, aber sie sehen wie Brutalos aus. Als Der umfangreiche Antrag „Berlin tritt ein für Selbst- wir, eine kleine Gruppe … am Novopuschkin bestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt“ wurde Skwer ankommen, ist dieser Platz noch stärker mi- vom Berliner Abgeordnetenhaus einstimmig angenom- litarisiert. Man sieht, wie die Polizei Männer ver- men. Hierin wird im Kern eine konkrete Veränderung haftet und abführt, sie in Einsatzwagen sperrt. Zu des Bildungswesens und der Verwaltung festgelegt. An- hören sind Krankenwagen mit heulendem Einsatz- sprechpartnerinnen und Ansprechpartner an Schulen, ton. … Es liegt ein unfassliches Klima der Bedro- Weiterbildungen für Lehrerinnen und Lehrer, Wandel hung über der Szene … Wir haben unsere Pässe in der Verwaltungen, Fortbildungsprogramme und vieles den Taschen, wir sind Journalisten, wir fürchten, je- mehr – dies sind konkrete Schritte, also eine „proaktive“ den Moment verprügelt zu werden. Antidiskriminierungspolitik mit einer regelmäßigen Be- 24810 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) richterstattung der Senatsverwaltungen sowie Erarbei- tung der Bundesregierung, keinerlei Handlungskonzepte (C) tung von Förderprogrammen. oder gar Programme, keinerlei Öffentlichkeitsarbeit zum Abbau von Vorurteilen und feindseligen Einstellungen Der einstimmig – auch von der FDP! – verabschie- und keine Stelle, die sich zuständig fühlt. dete Antrag beinhaltete Initiativen zur Rehabilitierung und Entschädigung der nach § 175 StGB verurteilten Innenminister Schäuble wird nicht müde, tägliche Homosexuellen in der Nachkriegszeit. Ich frage mich, neue Gefährdungsszenarien aller Art für die innere Si- warum Sie sich hier im Bundestag ebendieser Initiative cherheit heraufzubeschwören. Zur realen Bedrohung von der Linken widersetzt haben, während ihre Abge- durch antihomosexuelle Gewalt hat er jedoch noch nie ordnetenhausfraktion in Berlin dem zustimmen konnte. ein Wort verloren oder gar Maßnahmen ergriffen. Die Akzeptanz sexueller Vielfalt zu erreichen, bedeu- Es ist erfreulich wenn die FDP sich nun mit diesem tet dicke Bretter zu bohren. Daran sollten wir gemein- recht ordentlichen Antrag für die Menschenrechte und sam mitwirken. gegen die Diskriminierung von Homosexuellen einsetzt. Glaubwürdiger wäre sie mit diesem Anliegen aber, wenn Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Homo- in den Bundesländern, in denen die FDP mit in der Re- phobie ist vielfach Ursache und Ausdruck von Men- gierung sitzt, ebenso gehandelt würde. Vielleicht sollten schenrechtsverletzungen an Homosexuellen. Die An- Sie ihrem Justizminister Goll in Baden-Württemberg schläge auf das Denkmal für die im Nationalsozialismus und ihrem Innenminister Wolf in Nordrhein-Westfalen verfolgten Homosexuellen in den letzen Monaten zei- ihren heutigen Antrag einmal zu Kenntnis geben; denn gen, wie präsent Homophobie auch in Deutschland noch nicht nur da haben Sie offensichtlich noch Nachhilfe nö- ist. Dass zwei küssende Männer – wie im Denkmal ge- tig. In beiden Ländern werden Eingetragene Lebenspart- zeigt – Wut und Gewalt hervorrufen, macht fassungslos nerschaften im Landesrecht noch diskriminiert. Auch und mahnt uns alle zu mehr Aktionen und Aufklärung ihre hessischen Kolleginnen und Kollegen haben im gegen Homophobie. Landtag gegen eine Gleichstellung gestimmt. Dazu gehört natürlich auch, dass die in Deutschland Meine Fraktion hat in dieser Legislaturperiode eine immer noch bestehende Diskriminierung von Homo- ganze Reihe von Anträgen und Anfragen eingebracht, sexuellen endlich abgeschafft wird. Gleiche Rechte, die sich mit den Menschenrechten von Homosexuellen gleiche Pflichten – das muss auch für homosexuelle in Deutschland und international beschäftigt haben. Da- Partnerschaften gelten. Alles andere als Gleichstellung bei ist deutlich geworden: Bei allen Herausforderungen (B) ist und bleibt Diskriminierung. auf diesem Gebiet in Deutschland und in der EU gibt es (D) eine Reihe von Ländern auf der Welt, in denen Homo- Gleichwohl gibt es eine steigende Sichtbarkeit und sexuelle gar um Leib und Leben fürchten müssen. In Akzeptanz von Lesben und Schwulen in Deutschland, mehr als 75 Ländern wird die Homosexualität strafrecht- und dies ist ein bedeutender zivilisatorischer Fortschritt. lich verfolgt. In Afghanistan, Iran, Jemen, Mauretanien, Trotz der großen gesellschaftspolitischen Erfolge sehen Saudi-Arabien, Sudan und den Vereinigten Arabischen sich viele Lesben und Schwule aber im Alltag wieder Emiraten droht sogar die Todesstrafe. Diese Rechtslage stärker bedroht. Das kann eine demokratische Gesell- ist ein eklatanter Verstoß gegen die Menschenrechte, wie schaft nicht hinnehmen. Hier darf es kein Rollback ge- sie in dem von den meisten Staaten ratifizierten Pakt ben. Homophobie ist keine Bagatelle. Praktizierte Ho- über bürgerliche und politische Rechte – Zivilpakt – nie- mophobie schränkt die grundgesetzlich garantierte freie dergelegt sind. Entfaltung der Persönlichkeit für viele Bürgerinnen und Bürger empfindlich ein. Anfeindungen, Beleidigungen, Sozusagen als ganz klassisches Gegenbild, als Gegen- Benachteilungen, jede Form von Diskriminierung, aber entwurf zur realen Menschenrechtssituation von Lesben insbesondere die Bedrohung durch Gewalt sind ein An- und Schwulen auf dieser Welt, wurden im Jahre 2006 griff auf die Freiheit. Eine demokratische Gesellschaft unter Mary Robinson, der ehemaligen UN-Hochkom- muss das Recht durchsetzen, jederzeit und an jedem Ort missarin für Menschenrechte, die Yogyakarta-Prinzi- ohne Angst anders sein zu können. pien entworfen. Diese finden sich auch in dem Antrag der FDP, und das ist gut so. Aus diesen geht hervor, dass Das Europäische Parlament definiert Homophobie als es in jedem Menschenrechtsbereich spezifische Aspekte „auf Vorurteilen basierende irrationale Furcht vor und gibt, die bei einer Menschenrechtsgarantie für Lesben Abneigung gegen Homosexualität und Lesben, Schwule, und Schwule zu berücksichtigen sind, eine gute Hand- Bisexuelle und Transsexuelle“ und stuft sie als „ähnlich lungsanleitung für Politiker also. Auf diese Aspekte wie Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus muss man leider immer wieder aufmerksam machen, oder Sexismus“ ein; siehe die Entschließung zur Homo- weil es immer irgendein Land auf der Welt gibt, wo sie phobie vom 18. Januar 2006. Von der Bundesregierung zumindest punktuell nicht gewährleistet sind. wird das Problem der Homophobie hingegen ignoriert und totgeschwiegen. Anders als zu den anderen genann- Glaubwürdig kann für die Menschenrechte in anderen ten Ausprägungen gruppenbezogener Menschenfeind- Ländern nur eintreten, wer seine Hausaufgaben in lichkeit gibt es zur Homophobie keinerlei Berichterstat- Deutschland macht. Es ist höchste Zeit. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24811

(A) Anlage 30 Vor einem Mindestlohn, wie ihn einmal mehr die Lin- (C) ken in ihrem vorliegenden Entschließungsantrag for- Zu Protokoll gegebene Reden dern, kann ich dagegen nur warnen. Die Folge wäre eine dramatische Erhöhung der Arbeitslosigkeit im unteren zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Lohnbereich und eine weitere Abwanderung aus der re- Berichts: gulären Arbeit in die Schwarzarbeit. – Entschließungsanträge: Jahresbericht der Mut hieße auch, Überregulierungen abzubauen und Bundesregierung zum Stand der deutschen Länderöffnungsklauseln zuzulassen. Ich weiß, auch Einheit 2008 diese Forderung der Liberalen ist nicht neu, war sie doch – Unterrichtung: Jahresbericht der Bundesre- bereits in unserem Entschließungsantrag zum Jahresbe- gierung zum Stand der deutschen Einheit richt 2007 enthalten. Neu wäre jedoch, wenn sie in ähnli- 2008 cher Form von der CDU übernommen würde. Das ge- nannte Zwölfpunktepapier schlägt tatsächlich vor, den (Tagesordnungspunkt 28) Ländern die Möglichkeit einzuräumen, „im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung von bislang bundesweit einheitlichen Regelungen abweichen zu können“. Ich Jan Mücke (FDP): In den letzten Jahren fand die kann den Initiatoren in der Union bei der Etablierung Debatte zum Jahresbericht zum Stand der deutschen Ein- dieser Forderung nur viel Erfolg wünschen. Letztlich heit immer am späten Nachmittag statt, dann, wenn die können zusätzliche und dauerhafte Arbeitsplätze jedoch Zeitungen bereits geschrieben waren und das Interesse nur entstehen, wenn innovative, neue Betriebe entstehen. auf ein Minimum sank. Das lässt durchaus darauf schlie- Größere Anstrengungen in der industrienahen Forschung ßen, welchen Stellenwert die Koalition dem Aufbau Ost und Entwicklung sind unumgänglich. Nur eine zweite bisher zumaß. Doch diese stiefmütterliche Behandlung Gründerwelle kann die immer noch vorhandene indus- des Ostthemas sollte sich jetzt ändern: Vorgestern konnte trielle Lücke schließen. man in der Presse lesen, die Union wolle den Aufbau Ost wieder zur Chefsache machen. Das Resultat: Heute trägt Aber nicht nur die nach wie vor doppelt so hohe Ar- der Tagesordnungspunkt die Nr. 28 und war bis gestern beitslosigkeit wie im Westen ist dramatisch, sondern noch auf Mitternacht angesetzt. Geisterstunde sozusa- auch die Abwanderungsbewegung in den Westen und in gen. die Großstädte. Diese Migration hat jedoch weniger mit der hohen Arbeitslosigkeit als vielmehr mit den besseren Die Debatte über den Jahresbericht geistert also allein Verdienstmöglichkeiten andernorts zu tun. Schließlich in den Archiven des Bundestages herum und findet im (B) sind es meist gut ausgebildete, junge Menschen, die (D) Plenum de facto gar nicht mehr statt. So muss ich leider weggehen. Die einzige Möglichkeit, dieses immer noch auch davon ausgehen, dass die drei Ost-Ministerpräsi- bestehende Lohngefälle auszugleichen, ist, die Produkti- denten der CDU, die Anfang der Woche die Initiative für vität und die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen im Os- die „Chefsache“ – also die Rückführung der Zuständig- ten zu erhöhen. Das geht nur mit einer umfassenden keit für die Koordinierung der Anliegen der neuen Bun- Steuerreform, die zum einen entbürokratisiert und zum desländer ins Kanzleramt – gestartet haben, in ihrer eige- anderen die Steuerbelastung der Unternehmen insgesamt nen Partei wenig Gehör finden. Das ist schade; denn deutlich mindert. Zur Abwechslung sollten die Nutznie- vom zuständigen Bundesminister Tiefensee hört man ßer dabei nicht nur große Aktiengesellschaften sein, son- leider seit Jahren fast nur Ankündigungen. Neue Ideen dern insbesondere der Mittelstand. beschränkten sich auf solche Dinge wie die „Heimat- Schachtel-Aktion“, „rollende Bibliotheken“ oder Mehr- Bereits jetzt könnte die Regierung eine für kleine und generationenhäuser. Herr Minister, Ihre Bilanz ist, ge- mittlere Unternehmen äußerst wichtige Reform umset- linde gesagt, mager. Die Politik hat nicht die vornehmli- zen: Die FDP-Bundestagsfraktion fordert schon lange che Aufgabe, einzelne – manchmal reichlich naive – die komplette Umstellung der Soll- auf die Istbesteue- Einzelaktionen zu starten. Sie muss die allgemeinen rung. Gerade für kapitalschwache Betriebe im Osten ist Rahmenbedingungen sinnvoll setzen. es ein Ärgernis, wenn sie die Umsatzsteuer bereits ab- führen müssen, bevor sie den zugehörigen Rechnungs- Was wir von der FDP-Fraktion seit Jahren für den Os- betrag überhaupt erhalten haben. Die Koalition lässt sich ten fordern, ist Mut – Mut, neue Modelle auszuprobie- jetzt dafür feiern, dass sie im Osten den Status quo nach ren, anstatt sich auf den Subventionen auszuruhen. Das 2009 festschreiben will. Mutig ist das nicht. Liberale Bürgergeldmodell wäre so ein mutiger Schritt. Er würde gerade im Osten, wo die Arbeitslosigkeit Ge- Der Abwanderungsstrom wird trotz neuer Anstren- ringqualifizierter nach wie vor das größte Problem dar- gungen jedoch auch in den nächsten Jahren noch nicht stellt, einen Niedriglohnsektor etablieren, ohne dass die abebben. Deswegen müssen wir kurz- und mittelfristig betroffenen Arbeitnehmer mit Löhnen auskommen Lösungen finden, wie wir mit den Folgen des anhalten- müssten, von denen sie nur schwer leben könnten. Inte- den demografischen Problems umgehen. Trotz des inten- ressant ist, dass in dem Zwölf-Punkte-Papier, das die siven Rückbaus in den vergangenen Jahren haben wir drei Ost-Ministerpräsidenten der Union vorgelegt haben, heute im Osten etwa 1 Million leerstehende Wohnungen. ebenfalls von einem Bürgergeldmodell die Rede ist. Lei- Insbesondere der Stadtumbau Ost muss daher intelligent der wird es dort nicht konkretisiert. Man darf also weiter weitergeführt werden. Ohne ihn würde der Leerstand gespannt sein. nach derzeitigen Prognosen im Jahre 2020 im Osten auf 24812 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) 1,45 Millionen leerstehende Wohnungen ansteigen. Für Gesicht zu sagen, dass die DDR kein totaler Unrechts- (C) die betroffenen Regionen wäre das eine dramatische staat war. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie bei Ih- Entwicklung. Ein weiterer Rückbau ist daher dringend rer Meinung bleiben werden. erforderlich, wobei die Förderanreize überdacht werden sollten. Private und unternehmerische Hauseigentümer Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie – gerade die Eigentümer von unsaniertem Altbaubestand – bedeutungslos offensichtlich das Thema Stand der deut- müssen aktiv in das Gesamtkonzept mit integriert wer- schen Einheit für diese Große Koalition und die Bundes- den. regierung geworden ist, können wir an der ursprünglich Es ist bezeichnend, dass die wirtschaftlich nach wie auf 2:05 Uhr am Freitagmorgen festgelegte Debattenzeit vor schwächste Region Deutschlands zu Zeiten der größ- erkennen. Jetzt debattieren wir zwar schon um 22:30 Uhr, ten Wirtschaftskrise, durch die die Bundesrepublik je ge- das macht die Sache allerdings auch nicht viel besser. gangen ist, von der Regierung so vernachlässigt wird. Sehr viel tiefer kann das Thema Aufbau Ost in diesem Möglichkeiten, die Wirtschaft im Osten zu stimulieren, Haus wohl kaum noch sinken. Ich setze daher meine hat die FDP-Bundestagsfraktion schon vor Jahren for- letzte Hoffnung auf die noch anstehende Debatte zum Be- muliert. Von führenden Mitgliedern der CDU scheinen richt zum Stand der deutschen Einheit 2009, dessen Vor- Teile davon inzwischen übernommen zu werden. lage uns für die kommenden Tage zugesagt worden ist. Vielleicht schaffen wir es ja doch noch einmal in die Von Herrn Tiefensee kamen dagegen nur Vorschläge Primetime mit unserem Anliegen. wie zum Beispiel die Etablierung eines dritten Arbeits- marktes im Osten. Ich erinnere an so hilflose Aktionen Der Aufbau Ost war in den vergangenen vier Jahren wie „Hilfssheriffs“ in Bussen oder die groß angekün- in keinen guten Händen. Vor allem vermisste ich bei digte „Joboffensive“. Herr Bundesminister, der Staat wichtigen Akteuren Herzblut und Feuer für dieses so kann dauerhaft keine effizienten Arbeitsplätze schaffen; wichtige Thema. Meine Vorwürfe gehen hier zuvorderst das muss in der Privatwirtschaft geschehen. Und die im- an die Bundeskanzlerin, an der die Debatte der letzten mer wiederkehrende Mär, Arbeitsbeschaffungsmaßnah- vier Jahre völlig vorbeigelaufen ist, an Bundesminister men führten dazu, dass die betroffenen Arbeitsuchenden Tiefensee, der sich lieber um Bahnbörsengang und Ver- den Sprung in reguläre Arbeit dann leichter fänden, hat kehrskongresse als um den Aufbau Ost gekümmert hat. Ihr eigenes Haus bereits klar widerlegt. Und sie gehen an die ostdeutschen Ministerpräsidenten, die glauben, alles besser zu wissen und besser zu ma- Lassen Sie mich zum Schluss noch kurz auf die aktu- chen. Ihre Missachtung dieses Parlamentes haben sie elle Debatte um die Bezeichnung „Unrechtsstaat“ für die auch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie in schö- DDR eingehen. Ich habe die DDR erlebt. Die Möglich- ner Regelmäßigkeit bei den Debatten zum Stand der (B) keit, eine Regierung frei zu wählen oder gar abzuwählen, deutschen Einheit mit Abwesenheit glänzen. Bei aller in- (D) gab es nicht. Wir alle waren der SED ausgeliefert. Bür- haltlichen Kritik, Professor Georg Milbradt ließ es sich gerrechte waren nicht existent. Dass die DDR ein Un- zu seinen Zeiten nicht nehmen, aktiv in Debatten einzu- rechtsstaat war, daran darf nie ein Zweifel aufkommen. greifen. Seinen Nachfolger Ministerpräsident Stanislaw Natürlich war es in der DDR möglich, ein einigermaßen Tillich habe ich dagegen in diesem Hause noch nie gese- angenehmes Leben zu führen, solange man sich vor dem hen. Regime duckte und linientreu blieb. Das ist in den meis- ten Unrechtsstaaten so. Aber sobald man die unangeneh- Wichtige Abstimmungen werden dagegen in infor- men Realitäten im Land ansprach oder sich in einer mellen Zirkeln getroffen. Das zeigt auch der jüngste De- Weise entfalten wollte, die nicht ganz der Parteilinie ent- battenbeitrag einiger Ministerpräsidenten zur Rückverla- sprach, war es aus mit dem schönen Leben. gerung der Verantwortlichkeit für den Aufbau Ost ins Bundeskanzleramt. Der Bundestag bleibt außen vor, Die Judikative war alles andere als unabhängig. Den aber die I-Zulage möge dann bitte auch über das Jahr Richtern in der DDR wurde in vielen Fällen von der 2013 hinaus von uns verlängert werden. Stasi klargemacht, wie sie ihr Urteil in eigenartiger Aus- legung des dort offiziell festgeschriebenen Rechts zu fäl- Eigentlich gäbe es heute viel zu diskutieren, so zum len hätten. Unschuldige Menschen wurden von der Stasi Beispiel die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschafts- eingekerkert, um Geständnisse aus ihnen herauszupres- krise auf Ostdeutschland. Die ansteigenden Arbeitslo- sen. Und wenn die Bürger aus diesen Verhältnissen flie- senzahlen zeigen, dass die Krise auf dem ostdeutschen hen wollten, wurden sie im Zweifel sogar erschossen. Arbeitsmarkt angekommen ist. Dazu wird sie von einer Mangelsituation bei Fachkräften und am Ausbildungs- Was mich an dieser Debatte so verwundert, ist nicht markt überlagert, vor der wir schon vor Jahren gewarnt die Haltung der unverbesserlichen Linken. Dass die und dafür verlacht wurden. Jetzt ziehen die ostdeutschen Nachfolgepartei der SED ihre eigene Vergangenheit Unternehmen aufgrund ihrer Niedriglohnstrukturen und schönreden will, ist klar. Die gescheiterte Kandidatin der mangelhaften Personalentwicklungspolitik im Wettbe- SPD für das Bundespräsidentenamt hat ihren Denkzettel werb um die besten Köpfe den Kürzeren. Das ist der für die Unterstützung dieser Aussage auch schon bekom- Fluch einer von Ministerpräsidenten und auch Kollegen men. Wenn aber der amtierende Ministerpräsident von in diesem Hause bis heute propagierten Niedriglohnpoli- Mecklenburg-Vorpommern, der im Übrigen nie in die- tik. sem Staat leben musste, den gleichen Unsinn behauptet, dann kann ich ihm nur zurufen: Sprechen Sie mit den Die Schwäche des einzigen ostdeutschen Großclus- Angehörigen der Mauertoten. Versuchen Sie, ihnen ins ters „Silicon Saxony“ mit rund 50 000 Arbeitsplätzen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24813

(A) scheint trotz der Insolvenz von Qimonda und der Hiobs- Bau bedienen sich gerne daraus. Dabei wird von vielen (C) botschaften bei Infineon und AMD dieser Regierung Akteuren überhaupt nicht die Frage gestellt, was eigent- keinen Gedanken wert zu sein. Dabei wackeln mit dem lich passiert, wenn auch diese Mittel erschöpft sind. Ei- Automobilcluster um Opel in Eisenach und den ostdeut- nen Solidarpakt III werden wir jedenfalls nicht mehr schen Werften mindestens zwei weitere Eckpfeiler unse- erleben. Daher sind wir dazu verpflichtet, das Bestmög- rer bisherigen ostdeutschen Industriepolitik. liche aus den uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu machen. Ob die Entscheidung für einen Mikrochipcluster in Dresden damals richtig oder falsch war, steht hier nicht Es hat uns, Bündnis 90/Die Grünen, immer ausge- mehr zur Diskussion. Aber wir haben Anfang der 90er- zeichnet, dass wir uns dem Mainstream und zum Bei- Jahre anders entschieden, und angesichts vieler Hundert spiel dem Ruf nach Masterplänen beim Aufbau Ost ver- Millionen Euro Fördermittel und der drohenden Domi- weigert haben. Denn es gab nie einen Masterplan Ost. Es noeffekte kann es doch nicht eine Strategie der Bundes- gibt keinen Masterplan Ost, und es wird auch nie einen regierung sein, alles den Kräften des Marktes zu überlas- Masterplan Ost geben. Wir wollen dagegen die Kreativi- sen und ansonsten den Kopf in den Sand zu stecken. tät, Leistungsbereitschaft und -fähigkeit und das Eigen- Fallen neben Qimonda auch noch Infineon oder AMD, engagement der Ostdeutschen unterstützen, beleben und dann wird der ganze Mikrochipcluster in Dresden so Initiativen von unten fördern. Wir wollen die endogenen stark in Mitleidenschaft gezogen, dass auch die exzellen- Potenziale stärken und setzen daher auch konsequenter- ten Forschungsinstitute und die entstandenen innovati- weise auf eine andere Förderstrategie: weg von Top- ven mittelständischen Unternehmen nur schwerlich down hin zu Bottom-up. überleben werden können. Wir setzen zuerst bei den Menschen an. Wir wollen, Das ist zugleich die Krux dieses Aufbaus Ost: Seine dass junge Menschen ihre Ideen bei uns verwirklichen Konstruktion muss schon allein deshalb als gescheitert können, dass sie nicht an einer piefigen und kleinkarier- angesehen werden, da sich viele mühselig – als Nachbau ten Bürokratie verzweifeln, scheitern und dann endgültig West – aufgebaute Industriecluster als wenig überlebens- weggehen. Denn eines fehlt schon lange in Ostdeutsch- fähig erweisen, wenn ihnen der Geldhahn zugedreht land: Menschen, die etwas unternehmen wollen, Unter- wird. Derartige Strukturprobleme werden nicht mit einer nehmer im wahren Sinne des Wortes. Sie fehlen sowohl Wirtschaftspolitik gelöst, die unverändert auf die An- bei den Neugründungen als auch bei den Betriebsnach- siedlung verlängerter Werkbänke setzt und die sich – wie folgern, und es muss von besonderem Interesse des Staa- „Invest in “ – bei ihren Werbeaktionen auf die tes sein, Hemmnisse zu beseitigen, Anstöße und kon- Ausgabe von Fördermitteln und die Anpreisung des krete Hilfestellungen zu geben. (B) niedrigeren Lohnniveaus beschränkt. (D) Eine der zentralen Herausforderungen in Ostdeutsch- Dass das in Zeiten sinkender Haushaltseinnahmen – al- land, die unverändert hohe Arbeitslosenquote zu halbie- leine die Zuweisung des Solidarpakts II verringert sich ab ren, kann nur dann gelingen, wenn wir die Unternehmer diesem Jahr jedes Jahr um 1 Milliarde Euro – nicht mehr und Unternehmen in Ostdeutschland haben, die die benö- funktionieren kann, erklärt sich von selbst. Dennoch hal- tigten Arbeitsplätze dann auch schaffen. Die Förderung ten die Bundesregierung und die Große Koalition, ja muss sich daher stärker auf innovative Ansätze und auf selbst die Linke wider besseres Wissen an ineffizienten die Größenstrukturen konzentrieren, in den wir 80 bis Förderprogrammen wie zum Beispiel der I-Zulage fest. 90 Prozent aller Arbeitsplätze finden: in den Kleinst-, Die Ministerpräsidenten Böhmer, Althaus und Tillich for- Klein- und mittelständischen Betrieben mit zwischen dern sogar noch eine Verlängerung über das Jahr 2013 1 und 20 Mitarbeitern. Ich glaube, dass uns viel zu oft hinaus. Das Fatale daran ist, dass die für die nächsten zehn aus dem Blick geraten ist, wer eigentlich das beschäfti- Jahre noch zur Verfügung stehenden Solidarpaktmittel gungspolitische Rückrat auch in Ostdeutschland dar- des Korbes II noch schneller verringert werden, ohne dem stellt. Sprechen Sie mit diesen Unternehmern; dann wer- Ziel eines sich selbst tragenden Wirtschaftswachstums den sie feststellen, dass sich viele mit ihren Sorgen und wesentlich näher zu kommen. Nöten alleine gelassen fühlen. Überhaupt scheint sich der Korb II als Selbstbedie- Daher müssen wir in den nächsten Jahren umsteuern. nungsladen zu entpuppen, denn auch durchaus wichtige Noch haben wir dafür die Mittel, und noch sind die Men- Programme wie der Stadtumbau Ost oder die Altschul- schen da, mit denen wir diese Ziele erreichen können. denhilfe oder gar eine Wiedereinführung der I-Zulage Unsere Zeit wird knapp. 24814 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Anlage 31 (C) Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu dem Antrag: Keine Diskriminierungen und Ungerechtigkeiten gegen- über Älteren in den neuen Bundesländern bei der Überleitung von DDR-Alterssicherungen in das bun- desdeutsche Recht (Tagesordnungspunkt 6 b)

Abgegebene Stimmen: 571; Dr. Kirsten Tackmann Klaus-Peter Flosbach Dr. Rolf Koschorrek davon Dr. Axel Troost Herbert Frankenhauser Hartmut Koschyk ja: 52 Alexander Ulrich Dr. Hans-Peter Friedrich Thomas Kossendey Jörn Wunderlich (Hof) Michael Kretschmer nein: 510 Sabine Zimmermann Erich G. Fritz Gunther Krichbaum enthalten: 4 Jochen-Konrad Fromme Dr. Günter Krings fraktionsloser Dr. Michael Fuchs Dr. Martina Krogmann Ja Abgeordnete Hans-Joachim Fuchtel Dr. Hermann Kues Henry Nitzsche Dr. Peter Gauweiler Dr. Karl A. Lamers FDP Dr. Jürgen Gehb (Heidelberg) Norbert Geis Andreas G. Lämmel Angelika Brunkhorst Nein Eberhard Gienger Dr. Norbert Lammert Michael Glos Helmut Lamp DIE LINKE CDU/CSU Josef Göppel Katharina Landgraf Hüseyin-Kenan Aydin Ulrich Adam Peter Götz Dr. Max Lehmer Dr. Dietmar Bartsch Ilse Aigner Dr. Wolfgang Götzer Paul Lehrieder Karin Binder Peter Albach Ute Granold Ingbert Liebing Heidrun Bluhm Peter Altmaier Reinhard Grindel Eduard Lintner Eva Bulling-Schröter Thomas Bareiß Hermann Gröhe Dr. Klaus W. Lippold Dr. Martina Bunge Norbert Barthle Michael Grosse-Brömer Patricia Lips Roland Claus Dr. Wolf Bauer Markus Grübel Dr. Michael Luther Sevim Dağdelen Günter Baumann Manfred Grund Thomas Mahlberg Dr. Diether Dehm Ernst-Reinhard Beck Monika Grütters Stephan Mayer (Altötting) Werner Dreibus (Reutlingen) Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Wolfgang Meckelburg Dr. Dagmar Enkelmann Veronika Bellmann Guttenberg Dr. Michael Meister Klaus Ernst Dr. Christoph Bergner Olav Gutting Friedrich Merz (B) Diana Golze Otto Bernhardt Holger Haibach Laurenz Meyer (Hamm) (D) Dr. Gregor Gysi Clemens Binninger Gerda Hasselfeldt Maria Michalk Heike Hänsel Renate Blank Michael Hennrich Dr. h. c. Hans Michelbach Lutz Heilmann Peter Bleser Jürgen Herrmann Philipp Mißfelder Hans-Kurt Hill Antje Blumenthal Bernd Heynemann Dr. Eva Möllring Cornelia Hirsch Dr. Maria Böhmer Ernst Hinsken Marlene Mortler Inge Höger Jochen Borchert Christian Hirte Dr. Gerd Müller Dr. Barbara Höll Wolfgang Börnsen Robert Hochbaum Carsten Müller Ulla Jelpke (Bönstrup) Klaus Hofbauer (Braunschweig) Dr. Lukrezia Jochimsen Wolfgang Bosbach Franz-Josef Holzenkamp Stefan Müller (Erlangen) Dr. Hakki Keskin Klaus Brähmig Joachim Hörster Michaela Noll Katja Kipping Michael Brand Anette Hübinger Dr. Georg Nüßlein Monika Knoche Helmut Brandt Hubert Hüppe Franz Obermeier Jan Korte Dr. Ralf Brauksiepe Susanne Jaffke-Witt Eduard Oswald Katrin Kunert Monika Brüning Dr. Peter Jahr Henning Otte Oskar Lafontaine Georg Brunnhuber Dr. Hans-Heinrich Jordan Rita Pawelski Michael Leutert Cajus Caesar Dr. Franz Josef Jung Ulrich Petzold Ulla Lötzer Gitta Connemann Andreas Jung (Konstanz) Dr. Joachim Pfeiffer Dr. Gesine Lötzsch Leo Dautzenberg Bartholomäus Kalb Sibylle Pfeiffer Ulrich Maurer Hubert Deittert Hans-Werner Kammer Beatrix Philipp Dorothée Menzner Alexander Dobrindt Steffen Kampeter Ronald Pofalla Kersten Naumann Thomas Dörflinger Alois Karl Ruprecht Polenz Wolfgang Nešković Marie-Luise Dött Bernhard Kaster Daniela Raab Dr. Norman Paech Dr. Stephan Eisel Volker Kauder Thomas Rachel Petra Pau Anke Eymer (Lübeck) Siegfried Kauder (Villingen- Hans Raidel Bodo Ramelow Ilse Falk Schwenningen) Dr. Peter Ramsauer Elke Reinke Dr. Hans Georg Faust Eckart von Klaeden Peter Rauen Paul Schäfer (Köln) Enak Ferlemann Jürgen Klimke Eckhardt Rehberg Volker Schneider Ingrid Fischbach Julia Klöckner Katherina Reiche (Potsdam) (Saarbrücken) Hartwig Fischer (Göttingen) Jens Koeppen Klaus Riegert Dr. Herbert Schui Dirk Fischer (Hamburg) Dr. Kristina Köhler Dr. Heinz Riesenhuber Dr. Ilja Seifert Axel E. Fischer (Karlsruhe- (Wiesbaden) Franz Romer Dr. Petra Sitte Land) Manfred Kolbe Johannes Röring Frank Spieth Dr. Maria Flachsbarth Norbert Königshofen Kurt J. Rossmanith Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24815

(A) Dr. Norbert Röttgen Sören Bartol Gerd Höfer Walter Riester (C) Dr. Christian Ruck Sabine Bätzing Iris Hoffmann (Wismar) Sönke Rix Albert Rupprecht (Weiden) Dirk Becker Frank Hofmann (Volkach) René Röspel Peter Rzepka Uwe Beckmeyer Dr. Eva Högl Dr. Ernst Dieter Rossmann Anita Schäfer (Saalstadt) Klaus Uwe Benneter Eike Hovermann Karin Roth (Esslingen) Hermann-Josef Scharf Dr. Axel Berg Klaas Hübner Michael Roth (Heringen) Hartmut Schauerte Ute Berg Christel Humme Ortwin Runde Dr. Annette Schavan Petra Bierwirth Lothar Ibrügger Marlene Rupprecht Dr. Andreas Scheuer Lothar Binding (Heidelberg) Johannes Jung (Karlsruhe) (Tuchenbach) Karl Schiewerling Volker Blumentritt Josip Juratovic Anton Schaaf Georg Schirmbeck Kurt Bodewig Johannes Kahrs Axel Schäfer (Bochum) Christian Schmidt (Fürth) Clemens Bollen Ulrich Kasparick Bernd Scheelen Andreas Schmidt (Mülheim) Gerd Bollmann Dr. h. c. Susanne Kastner Dr. Hermann Scheer Ingo Schmitt (Berlin) Dr. Gerhard Botz Ulrich Kelber Marianne Schieder Dr. Andreas Schockenhoff Klaus Brandner Christian Kleiminger Otto Schily Dr. Ole Schröder Willi Brase Astrid Klug Ulla Schmidt (Aachen) Bernhard Schulte-Drüggelte Bernhard Brinkmann Dr. Bärbel Kofler Silvia Schmidt (Eisleben) Uwe Schummer (Hildesheim) Walter Kolbow Renate Schmidt (Nürnberg) Wilhelm Josef Sebastian Edelgard Bulmahn Fritz Rudolf Körper Heinz Schmitt (Landau) Kurt Segner Marco Bülow Karin Kortmann Carsten Schneider (Erfurt) Marion Seib Ulla Burchardt Rolf Kramer Olaf Scholz Bernd Siebert Martin Burkert Anette Kramme Ottmar Schreiner Thomas Silberhorn Dr. Michael Bürsch Ernst Kranz Reinhard Schultz Johannes Singhammer Christian Carstensen Nicolette Kressl (Everswinkel) Jens Spahn Marion Caspers-Merk Volker Kröning Swen Schulz (Spandau) Erika Steinbach Karl Diller Dr. Hans-Ulrich Krüger Ewald Schurer Christian Freiherr von Stetten Martin Dörmann Angelika Krüger-Leißner Gero Storjohann Frank Schwabe Dr. Carl-Christian Dressel Jürgen Kucharczyk Dr. Angelica Schwall-Düren Andreas Storm Elvira Drobinski-Weiß Helga Kühn-Mengel Max Straubinger Rolf Schwanitz Detlef Dzembritzki Ute Kumpf Rita Schwarzelühr-Sutter Matthäus Strebl Sebastian Edathy Dr. Uwe Küster Wolfgang Spanier Thomas Strobl (Heilbronn) Siegmund Ehrmann Christine Lambrecht Dr. Margrit Spielmann Lena Strothmann Hans Eichel Christian Lange (Backnang) Jörg-Otto Spiller Michael Stübgen Petra Ernstberger Waltraud Lehn Dieter Steinecke Hans Peter Thul Karin Evers-Meyer Helga Lopez (B) Andreas Steppuhn (D) Antje Tillmann Annette Faße Gabriele Lösekrug-Möller Ludwig Stiegler Dr. Hans-Peter Uhl Elke Ferner Dirk Manzewski Rolf Stöckel Arnold Vaatz Gabriele Fograscher Lothar Mark Volkmar Uwe Vogel Rainer Fornahl Caren Marks Christoph Strässer Andrea Astrid Voßhoff Gabriele Frechen Katja Mast Dr. Peter Struck Gerhard Wächter Dagmar Freitag Hilde Mattheis Joachim Stünker Marco Wanderwitz Peter Friedrich Markus Meckel Dr. Rainer Tabillion Kai Wegner Sigmar Gabriel Petra Merkel (Berlin) Jörg Tauss Marcus Weinberg Martin Gerster Ulrike Merten Jella Teuchner Peter Weiß (Emmendingen) Iris Gleicke Dr. Matthias Miersch Jörn Thießen Gerald Weiß (Groß-Gerau) Renate Gradistanac Ursula Mogg Franz Thönnes Ingo Wellenreuther Angelika Graf (Rosenheim) Marko Mühlstein Rüdiger Veit Karl-Georg Wellmann Dieter Grasedieck Detlef Müller (Chemnitz) Simone Violka Annette Widmann-Mauz Monika Griefahn Michael Müller (Düsseldorf) Jörg Vogelsänger Klaus-Peter Willsch Kerstin Griese Gesine Multhaupt Dr. Marlies Volkmer Willy Wimmer (Neuss) Gabriele Groneberg Franz Müntefering Hedi Wegener Elisabeth Winkelmeier- Achim Großmann Dr. Rolf Mützenich Andreas Weigel Becker Wolfgang Grotthaus Andrea Nahles Petra Weis Werner Wittlich Wolfgang Gunkel Dr. Erika Ober Gunter Weißgerber Dagmar Wöhrl Hans-Joachim Hacker Holger Ortel Gert Weisskirchen Wolfgang Zöller Bettina Hagedorn Heinz Paula (Wiesloch) Willi Zylajew Klaus Hagemann Johannes Pflug Hildegard Wester Alfred Hartenbach Joachim Poß Dr. Margrit Wetzel SPD Nina Hauer Christoph Pries Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Lale Akgün Hubertus Heil Dr. Wilhelm Priesmeier Dr. Dieter Wiefelspütz Gregor Amann Dr. Reinhold Hemker Florian Pronold Engelbert Wistuba Dr. h. c. Gerd Andres Rolf Hempelmann Dr. Sascha Raabe Dr. Wolfgang Wodarg Ingrid Arndt-Brauer Dr. Barbara Hendricks Mechthild Rawert Waltraud Wolff Rainer Arnold Gustav Herzog Steffen Reiche (Cottbus) (Wolmirstedt) Ernst Bahr (Neuruppin) Petra Heß Gerold Reichenbach Heidi Wright Doris Barnett Gabriele Hiller-Ohm Dr. Carola Reimann Uta Zapf Dr. Hans-Peter Bartels Stephan Hilsberg Christel Riemann- Manfred Zöllmer Klaus Barthel Petra Hinz (Essen) Hanewinckel Brigitte Zypries 24816 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) FDP Markus Löning Ekin Deligöz Krista Sager (C) Dr. Erwin Lotter Dr. Thea Dückert Manuel Sarrazin Jens Ackermann Patrick Meinhardt Dr. Uschi Eid Dr. Karl Addicks Elisabeth Scharfenberg Jan Mücke Uwe Barth Hans-Josef Fell Christine Scheel Burkhardt Müller-Sönksen Ernst Burgbacher Kai Gehring Irmingard Schewe-Gerigk Dirk Niebel Patrick Döring Katrin Göring-Eckardt Dr. Gerhard Schick Hans-Joachim Otto Mechthild Dyckmans Britta Haßelmann Rainder Steenblock (Frankfurt) Jörg van Essen Bettina Herlitzius Silke Stokar von Neuforn Detlef Parr Ulrike Flach Winfried Hermann Dr. Wolfgang Strengmann- Cornelia Pieper Otto Fricke Peter Hettlich Kuhn Gisela Piltz Paul K. Friedhoff Priska Hinz (Herborn) Hans-Christian Ströbele Frank Schäffler Horst Friedrich (Bayreuth) Ulrike Höfken Wolfgang Wieland Dr. Konrad Schily Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Anton Hofreiter Josef Philip Winkler Marina Schuster Hans-Michael Goldmann Thilo Hoppe Dr. Hermann Otto Solms Joachim Günther (Plauen) Ute Koczy Carl-Ludwig Thiele Enthalten Dr. Christel Happach-Kasan Sylvia Kotting-Uhl Florian Toncar Heinz-Peter Haustein Fritz Kuhn Christoph Waitz CDU/CSU Birgit Homburger Markus Kurth Dr. Claudia Winterstein Dr. Werner Hoyer Undine Kurth (Quedlinburg) Uda Carmen Freia Heller Dr. Volker Wissing Michael Kauch Monika Lazar Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Dr. Heinrich L. Kolb Anna Lührmann SPD Hellmut Königshaus Nicole Maisch BÜNDNIS 90/ Dr. Peter Danckert Gudrun Kopp Jerzy Montag DIE GRÜNEN Maik Reichel Dr. h. c. Jürgen Koppelin Kerstin Müller (Köln) Heinz Lanfermann Marieluise Beck (Bremen) Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ Sibylle Laurischk Cornelia Behm Omid Nouripour DIE GRÜNEN Harald Leibrecht Birgitt Bender Brigitte Pothmer Ina Lenke Alexander Bonde Claudia Roth (Augsburg) Dr. Harald Terpe

Anlage 32 Endgültiges Ergebnis (B) (D) der namentlichen Abstimmung zu dem Antrag: Gerechte Alterseinkünfte für Beschäftigte im Gesund- heits- und Sozialwesen der DDR (Tagesordnungspunkt 6 b)

Abgegebene Stimmen: 571; Dr. Diether Dehm Bodo Ramelow Dr. Wolf Bauer davon Werner Dreibus Elke Reinke Günter Baumann ja: 58 Dr. Dagmar Enkelmann Paul Schäfer (Köln) Ernst-Reinhard Beck Klaus Ernst Volker Schneider (Reutlingen) nein: 462 Diana Golze (Saarbrücken) Veronika Bellmann enthalten: 46 Dr. Gregor Gysi Dr. Herbert Schui Dr. Christoph Bergner Heike Hänsel Dr. Ilja Seifert Otto Bernhardt Ja Lutz Heilmann Dr. Petra Sitte Clemens Binninger Hans-Kurt Hill Frank Spieth Renate Blank SPD Cornelia Hirsch Dr. Kirsten Tackmann Peter Bleser Inge Höger Dr. Axel Troost Antje Blumenthal Wolfgang Gunkel Dr. Barbara Höll Alexander Ulrich Dr. Maria Böhmer Detlef Müller (Chemnitz) Ulla Jelpke Jörn Wunderlich Jochen Borchert Maik Reichel Dr. Lukrezia Jochimsen Sabine Zimmermann Wolfgang Börnsen Silvia Schmidt (Eisleben) Dr. Hakki Keskin (Bönstrup) Dr. Margrit Spielmann Katja Kipping fraktionsloser Wolfgang Bosbach Dr. Marlies Volkmer Monika Knoche Abgeordneter Klaus Brähmig Waltraud Wolff Jan Korte Michael Brand (Wolmirstedt) Henry Nitzsche Katrin Kunert Helmut Brandt Oskar Lafontaine Dr. Ralf Brauksiepe DIE LINKE Michael Leutert Nein Monika Brüning Hüseyin-Kenan Aydin Ulla Lötzer Georg Brunnhuber Dr. Dietmar Bartsch Dr. Gesine Lötzsch CDU/CSU Cajus Caesar Karin Binder Ulrich Maurer Ulrich Adam Gitta Connemann Heidrun Bluhm Dorothée Menzner Ilse Aigner Leo Dautzenberg Eva Bulling-Schröter Kersten Naumann Peter Albach Hubert Deittert Dr. Martina Bunge Wolfgang Nešković Peter Altmaier Alexander Dobrindt Roland Claus Dr. Norman Paech Thomas Bareiß Thomas Dörflinger Sevim Dağdelen Petra Pau Norbert Barthle Marie-Luise Dött Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24817

(A) Dr. Stephan Eisel Dr. Kristina Köhler Anita Schäfer (Saalstadt) Klaus Uwe Benneter (C) Anke Eymer (Lübeck) (Wiesbaden) Hermann-Josef Scharf Dr. Axel Berg Ilse Falk Manfred Kolbe Hartmut Schauerte Ute Berg Dr. Hans Georg Faust Norbert Königshofen Dr. Annette Schavan Petra Bierwirth Enak Ferlemann Dr. Rolf Koschorrek Dr. Andreas Scheuer Lothar Binding (Heidelberg) Ingrid Fischbach Hartmut Koschyk Karl Schiewerling Volker Blumentritt Hartwig Fischer (Göttingen) Thomas Kossendey Georg Schirmbeck Kurt Bodewig Dirk Fischer (Hamburg) Michael Kretschmer Christian Schmidt (Fürth) Clemens Bollen Axel E. Fischer (Karlsruhe- Gunther Krichbaum Andreas Schmidt (Mülheim) Gerd Bollmann Land) Dr. Günter Krings Ingo Schmitt (Berlin) Dr. Gerhard Botz Dr. Maria Flachsbarth Dr. Martina Krogmann Dr. Andreas Schockenhoff Klaus Brandner Klaus-Peter Flosbach Dr. Hermann Kues Dr. Ole Schröder Willi Brase Herbert Frankenhauser Dr. Karl A. Lamers Bernhard Schulte-Drüggelte Bernhard Brinkmann Dr. Hans-Peter Friedrich (Heidelberg) Uwe Schummer (Hildesheim) (Hof) Andreas G. Lämmel Wilhelm Josef Sebastian Edelgard Bulmahn Erich G. Fritz Dr. Norbert Lammert Kurt Segner Marco Bülow Jochen-Konrad Fromme Helmut Lamp Marion Seib Ulla Burchardt Dr. Michael Fuchs Katharina Landgraf Bernd Siebert Martin Burkert Hans-Joachim Fuchtel Dr. Max Lehmer Thomas Silberhorn Dr. Michael Bürsch Dr. Peter Gauweiler Paul Lehrieder Johannes Singhammer Christian Carstensen Dr. Jürgen Gehb Ingbert Liebing Jens Spahn Marion Caspers-Merk Erika Steinbach Norbert Geis Eduard Lintner Karl Diller Christian Freiherr von Stetten Eberhard Gienger Dr. Klaus W. Lippold Martin Dörmann Gero Storjohann Michael Glos Patricia Lips Dr. Carl-Christian Dressel Andreas Storm Josef Göppel Dr. Michael Luther Elvira Drobinski-Weiß Max Straubinger Peter Götz Thomas Mahlberg Detlef Dzembritzki Stephan Mayer (Altötting) Matthäus Strebl Sebastian Edathy Dr. Wolfgang Götzer Thomas Strobl (Heilbronn) Ute Granold Wolfgang Meckelburg Siegmund Ehrmann Dr. Michael Meister Lena Strothmann Hans Eichel Reinhard Grindel Michael Stübgen Hermann Gröhe Friedrich Merz Petra Ernstberger Laurenz Meyer (Hamm) Hans Peter Thul Karin Evers-Meyer Michael Grosse-Brömer Maria Michalk Antje Tillmann Annette Faße Markus Grübel Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Hans-Peter Uhl Elke Ferner Manfred Grund Philipp Mißfelder Arnold Vaatz Gabriele Fograscher Monika Grütters Dr. Eva Möllring Volkmar Uwe Vogel Rainer Fornahl (B) Dr. Karl-Theodor Freiherr zu (D) Marlene Mortler Andrea Astrid Voßhoff Gabriele Frechen Guttenberg Dr. Gerd Müller Gerhard Wächter Dagmar Freitag Olav Gutting Carsten Müller Marco Wanderwitz Peter Friedrich Holger Haibach (Braunschweig) Kai Wegner Sigmar Gabriel Gerda Hasselfeldt Stefan Müller (Erlangen) Marcus Weinberg Martin Gerster Michael Hennrich Michaela Noll Peter Weiß (Emmendingen) Iris Gleicke Jürgen Herrmann Dr. Georg Nüßlein Gerald Weiß (Groß-Gerau) Renate Gradistanac Bernd Heynemann Franz Obermeier Ingo Wellenreuther Angelika Graf (Rosenheim) Ernst Hinsken Eduard Oswald Karl-Georg Wellmann Dieter Grasedieck Christian Hirte Henning Otte Annette Widmann-Mauz Monika Griefahn Robert Hochbaum Rita Pawelski Klaus-Peter Willsch Kerstin Griese Klaus Hofbauer Ulrich Petzold Willy Wimmer (Neuss) Gabriele Groneberg Franz-Josef Holzenkamp Dr. Joachim Pfeiffer Elisabeth Winkelmeier- Achim Großmann Joachim Hörster Sibylle Pfeiffer Becker Wolfgang Grotthaus Anette Hübinger Beatrix Philipp Werner Wittlich Hans-Joachim Hacker Hubert Hüppe Ronald Pofalla Dagmar Wöhrl Bettina Hagedorn Susanne Jaffke-Witt Ruprecht Polenz Wolfgang Zöller Klaus Hagemann Dr. Peter Jahr Daniela Raab Willi Zylajew Alfred Hartenbach Dr. Hans-Heinrich Jordan Thomas Rachel Nina Hauer Dr. Franz Josef Jung Hans Raidel SPD Hubertus Heil Andreas Jung (Konstanz) Dr. Peter Ramsauer Dr. Lale Akgün Dr. Reinhold Hemker Bartholomäus Kalb Peter Rauen Gregor Amann Rolf Hempelmann Hans-Werner Kammer Eckhardt Rehberg Dr. h. c. Gerd Andres Dr. Barbara Hendricks Steffen Kampeter Katherina Reiche (Potsdam) Ingrid Arndt-Brauer Gustav Herzog Alois Karl Klaus Riegert Rainer Arnold Gabriele Hiller-Ohm Bernhard Kaster Dr. Heinz Riesenhuber Ernst Bahr (Neuruppin) Stephan Hilsberg Volker Kauder Franz Romer Doris Barnett Petra Hinz (Essen) Siegfried Kauder (Villingen- Johannes Röring Dr. Hans-Peter Bartels Gerd Höfer Schwenningen) Kurt J. Rossmanith Klaus Barthel Iris Hoffmann (Wismar) Eckart von Klaeden Dr. Norbert Röttgen Sören Bartol Frank Hofmann (Volkach) Jürgen Klimke Dr. Christian Ruck Sabine Bätzing Dr. Eva Högl Julia Klöckner Albert Rupprecht (Weiden) Dirk Becker Eike Hovermann Jens Koeppen Peter Rzepka Uwe Beckmeyer Klaas Hübner 24818 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Christel Humme Walter Riester Brigitte Zypries Enthalten (C) Lothar Ibrügger Sönke Rix Johannes Jung (Karlsruhe) René Röspel FDP CDU/CSU Josip Juratovic Dr. Ernst Dieter Rossmann Patrick Döring Uda Carmen Freia Heller Johannes Kahrs Karin Roth (Esslingen) Jörg van Essen Ulrich Kasparick Michael Roth (Heringen) SPD Dr. h. c. Susanne Kastner Ortwin Runde Otto Fricke Ulrich Kelber Marlene Rupprecht Dr. Werner Hoyer Dr. Peter Danckert Christian Kleiminger (Tuchenbach) Gudrun Kopp Petra Heß Astrid Klug Anton Schaaf Jan Mücke Dr. Bärbel Kofler Axel Schäfer (Bochum) Hartfrid Wolff (Rems-Murr) FDP Bernd Scheelen Walter Kolbow Jens Ackermann Dr. Hermann Scheer BÜNDNIS 90/ Fritz Rudolf Körper Dr. Karl Addicks Karin Kortmann Marianne Schieder DIE GRÜNEN Uwe Barth Rolf Kramer Otto Schily Marieluise Beck (Bremen) Angelika Brunkhorst Anette Kramme Ulla Schmidt (Aachen) Cornelia Behm Ernst Burgbacher Ernst Kranz Renate Schmidt (Nürnberg) Birgitt Bender Mechthild Dyckmans Nicolette Kressl Heinz Schmitt (Landau) Alexander Bonde Ulrike Flach Volker Kröning Carsten Schneider (Erfurt) Dr. Hans-Ulrich Krüger Olaf Scholz Ekin Deligöz Paul K. Friedhoff Angelika Krüger-Leißner Ottmar Schreiner Dr. Thea Dückert Horst Friedrich (Bayreuth) Jürgen Kucharczyk Reinhard Schultz Dr. Uschi Eid Dr. Edmund Peter Geisen Helga Kühn-Mengel (Everswinkel) Hans-Josef Fell Hans-Michael Goldmann Ute Kumpf Swen Schulz (Spandau) Kai Gehring Joachim Günther (Plauen) Dr. Uwe Küster Ewald Schurer Katrin Göring-Eckardt Dr. Christel Happach-Kasan Christine Lambrecht Frank Schwabe Britta Haßelmann Heinz-Peter Haustein Christian Lange (Backnang) Dr. Angelica Schwall-Düren Bettina Herlitzius Birgit Homburger Waltraud Lehn Rolf Schwanitz Winfried Hermann Michael Kauch Helga Lopez Rita Schwarzelühr-Sutter Peter Hettlich Dr. Heinrich L. Kolb Gabriele Lösekrug-Möller Wolfgang Spanier Priska Hinz (Herborn) Hellmut Königshaus Dirk Manzewski Jörg-Otto Spiller Ulrike Höfken Dr. h. c. Jürgen Koppelin Dieter Steinecke Lothar Mark Dr. Anton Hofreiter Heinz Lanfermann Caren Marks Andreas Steppuhn Sibylle Laurischk (B) Thilo Hoppe (D) Katja Mast Ludwig Stiegler Harald Leibrecht Ute Koczy Hilde Mattheis Rolf Stöckel Ina Lenke Sylvia Kotting-Uhl Markus Meckel Christoph Strässer Markus Löning Fritz Kuhn Petra Merkel (Berlin) Dr. Peter Struck Dr. Erwin Lotter Markus Kurth Ulrike Merten Joachim Stünker Patrick Meinhardt Dr. Matthias Miersch Dr. Rainer Tabillion Undine Kurth (Quedlinburg) Burkhardt Müller-Sönksen Ursula Mogg Jörg Tauss Monika Lazar Dirk Niebel Marko Mühlstein Jella Teuchner Anna Lührmann Hans-Joachim Otto Michael Müller (Düsseldorf) Jörn Thießen Nicole Maisch (Frankfurt) Gesine Multhaupt Franz Thönnes Jerzy Montag Detlef Parr Franz Müntefering Rüdiger Veit Kerstin Müller (Köln) Cornelia Pieper Dr. Rolf Mützenich Simone Violka Winfried Nachtwei Gisela Piltz Andrea Nahles Jörg Vogelsänger Omid Nouripour Frank Schäffler Dr. Erika Ober Hedi Wegener Brigitte Pothmer Dr. Konrad Schily Holger Ortel Andreas Weigel Claudia Roth (Augsburg) Marina Schuster Heinz Paula Petra Weis Krista Sager Dr. Hermann Otto Solms Johannes Pflug Gunter Weißgerber Manuel Sarrazin Carl-Ludwig Thiele Joachim Poß Gert Weisskirchen Elisabeth Scharfenberg Florian Toncar Christoph Pries (Wiesloch) Christine Scheel Christoph Waitz Dr. Wilhelm Priesmeier Hildegard Wester Dr. Claudia Winterstein Florian Pronold Dr. Margrit Wetzel Irmingard Schewe-Gerigk Dr. Volker Wissing Dr. Sascha Raabe Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Gerhard Schick Mechthild Rawert Dr. Dieter Wiefelspütz Rainder Steenblock BÜNDNIS 90/ Engelbert Wistuba Silke Stokar von Neuforn Steffen Reiche (Cottbus) DIE GRÜNEN Gerold Reichenbach Dr. Wolfgang Wodarg Dr. Wolfgang Strengmann- Dr. Carola Reimann Heidi Wright Kuhn Hans-Christian Ströbele Christel Riemann- Uta Zapf Wolfgang Wieland Dr. Harald Terpe Hanewinckel Manfred Zöllmer Josef Philip Winkler Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24819

(A) Anlage 33 (C) Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu dem Antrag: Gerechte Lösung für die rentenrechtliche Situation von in der DDR Geschiedenen (Tagesordnungspunkt 6 b)

Abgegebene Stimmen: 571; Dr. Ilja Seifert Ingrid Fischbach Jens Koeppen davon Dr. Petra Sitte Hartwig Fischer (Göttingen) Dr. Kristina Köhler ja: 57 Frank Spieth Dirk Fischer (Hamburg) (Wiesbaden) Dr. Kirsten Tackmann Axel E. Fischer (Karlsruhe- Manfred Kolbe nein: 421 Dr. Axel Troost Land) Norbert Königshofen enthalten: 88 Alexander Ulrich Dr. Maria Flachsbarth Dr. Rolf Koschorrek Jörn Wunderlich Klaus-Peter Flosbach Hartmut Koschyk Ja Sabine Zimmermann Herbert Frankenhauser Thomas Kossendey Dr. Hans-Peter Friedrich Michael Kretschmer SPD BÜNDNIS 90/ (Hof) Gunther Krichbaum DIE GRÜNEN Erich G. Fritz Dr. Günter Krings Wolfgang Gunkel Jochen-Konrad Fromme Dr. Martina Krogmann Detlef Müller (Chemnitz) Hans-Christian Ströbele Dr. Michael Fuchs Dr. Hermann Kues Maik Reichel Hans-Joachim Fuchtel Dr. Karl A. Lamers fraktionsloser Silvia Schmidt (Eisleben) Dr. Peter Gauweiler (Heidelberg) Abgeordneter Dr. Marlies Volkmer Dr. Jürgen Gehb Andreas G. Lämmel Henry Nitzsche Norbert Geis Dr. Norbert Lammert DIE LINKE Eberhard Gienger Helmut Lamp Hüseyin-Kenan Aydin Nein Michael Glos Katharina Landgraf Dr. Dietmar Bartsch Josef Göppel Dr. Max Lehmer Karin Binder CDU/CSU Peter Götz Paul Lehrieder Heidrun Bluhm Dr. Wolfgang Götzer Ingbert Liebing Eva Bulling-Schröter Ulrich Adam Ute Granold Eduard Lintner Dr. Martina Bunge Ilse Aigner Reinhard Grindel Dr. Klaus W. Lippold Roland Claus Peter Altmaier Hermann Gröhe Patricia Lips Sevim Dağdelen Thomas Bareiß Michael Grosse-Brömer Dr. Michael Luther Dr. Diether Dehm Norbert Barthle Markus Grübel Thomas Mahlberg (B) Werner Dreibus Dr. Wolf Bauer Manfred Grund Stephan Mayer (Altötting) (D) Dr. Dagmar Enkelmann Günter Baumann Monika Grütters Wolfgang Meckelburg Klaus Ernst Ernst-Reinhard Beck Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Dr. Michael Meister Diana Golze (Reutlingen) Guttenberg Friedrich Merz Dr. Gregor Gysi Veronika Bellmann Olav Gutting Laurenz Meyer (Hamm) Heike Hänsel Dr. Christoph Bergner Holger Haibach Maria Michalk Lutz Heilmann Otto Bernhardt Gerda Hasselfeldt Dr. h. c. Hans Michelbach Hans-Kurt Hill Clemens Binninger Michael Hennrich Philipp Mißfelder Cornelia Hirsch Renate Blank Jürgen Herrmann Dr. Eva Möllring Inge Höger Peter Bleser Bernd Heynemann Marlene Mortler Dr. Barbara Höll Antje Blumenthal Ernst Hinsken Dr. Gerd Müller Ulla Jelpke Dr. Maria Böhmer Christian Hirte Carsten Müller Dr. Lukrezia Jochimsen Jochen Borchert Robert Hochbaum (Braunschweig) Dr. Hakki Keskin Wolfgang Börnsen Klaus Hofbauer Stefan Müller (Erlangen) Katja Kipping (Bönstrup) Franz-Josef Holzenkamp Michaela Noll Monika Knoche Wolfgang Bosbach Joachim Hörster Dr. Georg Nüßlein Jan Korte Klaus Brähmig Anette Hübinger Franz Obermeier Katrin Kunert Michael Brand Hubert Hüppe Eduard Oswald Oskar Lafontaine Helmut Brandt Susanne Jaffke-Witt Henning Otte Michael Leutert Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Peter Jahr Rita Pawelski Ulla Lötzer Monika Brüning Dr. Hans-Heinrich Jordan Ulrich Petzold Dr. Gesine Lötzsch Georg Brunnhuber Dr. Franz Josef Jung Dr. Joachim Pfeiffer Ulrich Maurer Cajus Caesar Andreas Jung (Konstanz) Sibylle Pfeiffer Dorothée Menzner Gitta Connemann Bartholomäus Kalb Beatrix Philipp Kersten Naumann Leo Dautzenberg Hans-Werner Kammer Ronald Pofalla Wolfgang Nešković Hubert Deittert Steffen Kampeter Ruprecht Polenz Dr. Norman Paech Alexander Dobrindt Alois Karl Daniela Raab Petra Pau Thomas Dörflinger Bernhard Kaster Thomas Rachel Bodo Ramelow Marie-Luise Dött Volker Kauder Hans Raidel Elke Reinke Dr. Stephan Eisel Siegfried Kauder (Villingen- Dr. Peter Ramsauer Paul Schäfer (Köln) Anke Eymer (Lübeck) Schwenningen) Peter Rauen Volker Schneider Ilse Falk Eckart von Klaeden Eckhardt Rehberg (Saarbrücken) Dr. Hans Georg Faust Jürgen Klimke Katherina Reiche (Potsdam) Dr. Herbert Schui Enak Ferlemann Julia Klöckner Klaus Riegert 24820 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Dr. Heinz Riesenhuber Ernst Bahr (Neuruppin) Stephan Hilsberg Sönke Rix (C) Franz Romer Doris Barnett Petra Hinz (Essen) René Röspel Johannes Röring Dr. Hans-Peter Bartels Gerd Höfer Dr. Ernst Dieter Rossmann Kurt J. Rossmanith Klaus Barthel Iris Hoffmann (Wismar) Karin Roth (Esslingen) Dr. Norbert Röttgen Sören Bartol Frank Hofmann (Volkach) Michael Roth (Heringen) Dr. Christian Ruck Sabine Bätzing Dr. Eva Högl Ortwin Runde Albert Rupprecht (Weiden) Dirk Becker Eike Hovermann Marlene Rupprecht Peter Rzepka Uwe Beckmeyer Klaas Hübner (Tuchenbach) Anita Schäfer (Saalstadt) Klaus Uwe Benneter Christel Humme Anton Schaaf Hermann-Josef Scharf Dr. Axel Berg Lothar Ibrügger Axel Schäfer (Bochum) Hartmut Schauerte Ute Berg Johannes Jung (Karlsruhe) Bernd Scheelen Dr. Annette Schavan Petra Bierwirth Josip Juratovic Dr. Hermann Scheer Dr. Andreas Scheuer Lothar Binding (Heidelberg) Johannes Kahrs Marianne Schieder Karl Schiewerling Volker Blumentritt Ulrich Kasparick Otto Schily Georg Schirmbeck Kurt Bodewig Dr. h. c. Susanne Kastner Ulla Schmidt (Aachen) Christian Schmidt (Fürth) Clemens Bollen Ulrich Kelber Renate Schmidt (Nürnberg) Andreas Schmidt (Mülheim) Gerd Bollmann Christian Kleiminger Heinz Schmitt (Landau) Ingo Schmitt (Berlin) Dr. Gerhard Botz Astrid Klug Carsten Schneider (Erfurt) Dr. Andreas Schockenhoff Klaus Brandner Dr. Bärbel Kofler Olaf Scholz Dr. Ole Schröder Willi Brase Walter Kolbow Ottmar Schreiner Bernhard Schulte-Drüggelte Bernhard Brinkmann Fritz Rudolf Körper Reinhard Schultz (Everswinkel) Uwe Schummer (Hildesheim) Karin Kortmann Swen Schulz (Spandau) Wilhelm Josef Sebastian Edelgard Bulmahn Rolf Kramer Ewald Schurer Kurt Segner Marco Bülow Anette Kramme Frank Schwabe Marion Seib Ulla Burchardt Ernst Kranz Bernd Siebert Nicolette Kressl Dr. Angelica Schwall-Düren Martin Burkert Rolf Schwanitz Thomas Silberhorn Dr. Michael Bürsch Volker Kröning Johannes Singhammer Dr. Hans-Ulrich Krüger Rita Schwarzelühr-Sutter Christian Carstensen Wolfgang Spanier Jens Spahn Marion Caspers-Merk Angelika Krüger-Leißner Erika Steinbach Jürgen Kucharczyk Dr. Margrit Spielmann Karl Diller Jörg-Otto Spiller Christian Freiherr von Stetten Helga Kühn-Mengel Martin Dörmann Dieter Steinecke Gero Storjohann Ute Kumpf Dr. Carl-Christian Dressel Andreas Steppuhn Andreas Storm Dr. Uwe Küster Elvira Drobinski-Weiß Ludwig Stiegler Max Straubinger Christine Lambrecht Detlef Dzembritzki Rolf Stöckel Matthäus Strebl Sebastian Edathy Christian Lange (Backnang) (B) Waltraud Lehn Christoph Strässer (D) Thomas Strobl (Heilbronn) Siegmund Ehrmann Helga Lopez Dr. Peter Struck Lena Strothmann Hans Eichel Gabriele Lösekrug-Möller Joachim Stünker Michael Stübgen Petra Ernstberger Dirk Manzewski Dr. Rainer Tabillion Hans Peter Thul Karin Evers-Meyer Lothar Mark Jörg Tauss Antje Tillmann Annette Faße Caren Marks Jella Teuchner Dr. Hans-Peter Uhl Elke Ferner Katja Mast Jörn Thießen Arnold Vaatz Gabriele Fograscher Hilde Mattheis Franz Thönnes Volkmar Uwe Vogel Rainer Fornahl Rüdiger Veit Andrea Astrid Voßhoff Markus Meckel Gabriele Frechen Petra Merkel (Berlin) Simone Violka Gerhard Wächter Dagmar Freitag Jörg Vogelsänger Marco Wanderwitz Ulrike Merten Peter Friedrich Dr. Matthias Miersch Hedi Wegener Kai Wegner Sigmar Gabriel Andreas Weigel Marcus Weinberg Ursula Mogg Martin Gerster Marko Mühlstein Petra Weis Peter Weiß (Emmendingen) Iris Gleicke Gunter Weißgerber Gerald Weiß (Groß-Gerau) Michael Müller (Düsseldorf) Renate Gradistanac Gesine Multhaupt Gert Weisskirchen Ingo Wellenreuther (Wiesloch) Angelika Graf (Rosenheim) Franz Müntefering Karl-Georg Wellmann Hildegard Wester Dieter Grasedieck Dr. Rolf Mützenich Annette Widmann-Mauz Dr. Margrit Wetzel Monika Griefahn Andrea Nahles Klaus-Peter Willsch Heidemarie Wieczorek-Zeul Kerstin Griese Dr. Erika Ober Willy Wimmer (Neuss) Dr. Dieter Wiefelspütz Gabriele Groneberg Holger Ortel Elisabeth Winkelmeier- Engelbert Wistuba Achim Großmann Heinz Paula Becker Dr. Wolfgang Wodarg Wolfgang Grotthaus Johannes Pflug Werner Wittlich Waltraud Wolff Hans-Joachim Hacker Joachim Poß Dagmar Wöhrl (Wolmirstedt) Bettina Hagedorn Christoph Pries Wolfgang Zöller Heidi Wright Klaus Hagemann Dr. Wilhelm Priesmeier Willi Zylajew Uta Zapf Alfred Hartenbach Florian Pronold Manfred Zöllmer Nina Hauer Dr. Sascha Raabe SPD Brigitte Zypries Hubertus Heil Mechthild Rawert Dr. Lale Akgün Dr. Reinhold Hemker Gerold Reichenbach FDP Gregor Amann Rolf Hempelmann Dr. Carola Reimann Dr. h. c. Gerd Andres Dr. Barbara Hendricks Christel Riemann- Ernst Burgbacher Ingrid Arndt-Brauer Gustav Herzog Hanewinckel Patrick Döring Rainer Arnold Gabriele Hiller-Ohm Walter Riester Jörg van Essen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24821

(A) Otto Fricke Ulrike Flach Marina Schuster Sylvia Kotting-Uhl (C) Dr. Werner Hoyer Paul K. Friedhoff Dr. Hermann Otto Solms Fritz Kuhn Gudrun Kopp Horst Friedrich (Bayreuth) Carl-Ludwig Thiele Markus Kurth Jan Mücke Dr. Edmund Peter Geisen Florian Toncar Undine Kurth (Quedlinburg) Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Hans-Michael Goldmann Christoph Waitz Monika Lazar Joachim Günther (Plauen) Dr. Claudia Winterstein BÜNDNIS 90/ Dr. Christel Happach-Kasan Dr. Volker Wissing Anna Lührmann DIE GRÜNEN Heinz-Peter Haustein Nicole Maisch BÜNDNIS 90/ Jerzy Montag Josef Philip Winkler Birgit Homburger Michael Kauch DIE GRÜNEN Kerstin Müller (Köln) Dr. Heinrich L. Kolb Winfried Nachtwei Enthalten Marieluise Beck (Bremen) Hellmut Königshaus Cornelia Behm Omid Nouripour Dr. h. c. Jürgen Koppelin Birgitt Bender Brigitte Pothmer CDU/CSU Heinz Lanfermann Alexander Bonde Claudia Roth (Augsburg) Peter Albach Sibylle Laurischk Ekin Deligöz Krista Sager Uda Carmen Freia Heller Harald Leibrecht Dr. Thea Dückert Ina Lenke Dr. Uschi Eid Manuel Sarrazin SPD Markus Löning Hans-Josef Fell Elisabeth Scharfenberg Dr. Erwin Lotter Christine Scheel Dr. Peter Danckert Kai Gehring Patrick Meinhardt Katrin Göring-Eckardt Petra Heß Irmingard Schewe-Gerigk Burkhardt Müller-Sönksen Britta Haßelmann Steffen Reiche (Cottbus) Dr. Gerhard Schick Dirk Niebel Bettina Herlitzius Rainder Steenblock Hans-Joachim Otto Winfried Hermann FDP Silke Stokar von Neuforn (Frankfurt) Peter Hettlich Jens Ackermann Detlef Parr Priska Hinz (Herborn) Dr. Wolfgang Strengmann- Dr. Karl Addicks Cornelia Pieper Ulrike Höfken Kuhn Uwe Barth Gisela Piltz Dr. Anton Hofreiter Dr. Harald Terpe Angelika Brunkhorst Frank Schäffler Thilo Hoppe Wolfgang Wieland Mechthild Dyckmans Dr. Konrad Schily Ute Koczy

Anlage 34 (B) (D) Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu dem Antrag: Schaffung einer gerechten Versorgungslösung für die vormalige berufsbezogene Zuwendung für Ballettmitglieder in der DDR (Tagesordnungspunkt 6 b)

Abgegebene Stimmen: 571; Werner Dreibus Bodo Ramelow Nein davon Dr. Dagmar Enkelmann Elke Reinke ja: 59 Klaus Ernst Paul Schäfer (Köln) CDU/CSU Diana Golze nein: 459 Volker Schneider Ulrich Adam Dr. Gregor Gysi enthalten: 48 (Saarbrücken) Ilse Aigner Heike Hänsel Dr. Herbert Schui Peter Altmaier Lutz Heilmann Dr. Ilja Seifert Thomas Bareiß Ja Hans-Kurt Hill Norbert Barthle Cornelia Hirsch Dr. Petra Sitte Frank Spieth Dr. Wolf Bauer CDU/CSU Inge Höger Günter Baumann Dr. Kirsten Tackmann Peter Albach Dr. Barbara Höll Ernst-Reinhard Beck Ulla Jelpke Dr. Axel Troost (Reutlingen) SPD Dr. Lukrezia Jochimsen Alexander Ulrich Veronika Bellmann Dr. Hakki Keskin Jörn Wunderlich Dr. Christoph Bergner Detlef Müller (Chemnitz) Katja Kipping Sabine Zimmermann Otto Bernhardt Maik Reichel Monika Knoche Clemens Binninger Silvia Schmidt (Eisleben) Jan Korte BÜNDNIS 90/ Renate Blank Katrin Kunert Peter Bleser DIE LINKE DIE GRÜNEN Oskar Lafontaine Antje Blumenthal Hüseyin-Kenan Aydin Michael Leutert Ute Koczy Dr. Maria Böhmer Dr. Dietmar Bartsch Ulla Lötzer Markus Kurth Jochen Borchert Karin Binder Dr. Gesine Lötzsch Claudia Roth (Augsburg) Wolfgang Börnsen Heidrun Bluhm Ulrich Maurer Hans-Christian Ströbele (Bönstrup) Eva Bulling-Schröter Dorothée Menzner Wolfgang Bosbach Dr. Martina Bunge Kersten Naumann fraktionsloser Klaus Brähmig Roland Claus Wolfgang Nešković Abgeordneter Michael Brand Sevim Dağdelen Dr. Norman Paech Helmut Brandt Dr. Diether Dehm Petra Pau Henry Nitzsche Dr. Ralf Brauksiepe 24822 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Monika Brüning Bernhard Kaster Dr. Heinz Riesenhuber Ernst Bahr (Neuruppin) (C) Georg Brunnhuber Volker Kauder Franz Romer Doris Barnett Cajus Caesar Siegfried Kauder (Villingen- Johannes Röring Dr. Hans-Peter Bartels Gitta Connemann Schwenningen) Kurt J. Rossmanith Klaus Barthel Leo Dautzenberg Eckart von Klaeden Dr. Norbert Röttgen Sören Bartol Hubert Deittert Jürgen Klimke Dr. Christian Ruck Sabine Bätzing Alexander Dobrindt Julia Klöckner Albert Rupprecht (Weiden) Dirk Becker Thomas Dörflinger Jens Koeppen Peter Rzepka Uwe Beckmeyer Marie-Luise Dött Dr. Kristina Köhler Anita Schäfer (Saalstadt) Klaus Uwe Benneter Dr. Stephan Eisel (Wiesbaden) Hermann-Josef Scharf Dr. Axel Berg Anke Eymer (Lübeck) Manfred Kolbe Hartmut Schauerte Ute Berg Ilse Falk Norbert Königshofen Dr. Annette Schavan Petra Bierwirth Dr. Hans Georg Faust Dr. Rolf Koschorrek Dr. Andreas Scheuer Lothar Binding (Heidelberg) Enak Ferlemann Hartmut Koschyk Karl Schiewerling Volker Blumentritt Ingrid Fischbach Thomas Kossendey Georg Schirmbeck Kurt Bodewig Hartwig Fischer (Göttingen) Michael Kretschmer Christian Schmidt (Fürth) Clemens Bollen Dirk Fischer (Hamburg) Gunther Krichbaum Andreas Schmidt (Mülheim) Gerd Bollmann Axel E. Fischer (Karlsruhe- Dr. Günter Krings Ingo Schmitt (Berlin) Dr. Gerhard Botz Land) Dr. Martina Krogmann Dr. Andreas Schockenhoff Klaus Brandner Dr. Maria Flachsbarth Dr. Hermann Kues Dr. Ole Schröder Willi Brase Klaus-Peter Flosbach Dr. Karl A. Lamers Bernhard Schulte-Drüggelte Bernhard Brinkmann Herbert Frankenhauser (Heidelberg) Uwe Schummer (Hildesheim) Dr. Hans-Peter Friedrich Andreas G. Lämmel Wilhelm Josef Sebastian Edelgard Bulmahn (Hof) Dr. Norbert Lammert Kurt Segner Marco Bülow Erich G. Fritz Helmut Lamp Marion Seib Ulla Burchardt Jochen-Konrad Fromme Katharina Landgraf Bernd Siebert Martin Burkert Dr. Michael Fuchs Dr. Max Lehmer Thomas Silberhorn Dr. Michael Bürsch Hans-Joachim Fuchtel Paul Lehrieder Johannes Singhammer Christian Carstensen Dr. Peter Gauweiler Ingbert Liebing Jens Spahn Marion Caspers-Merk Dr. Jürgen Gehb Eduard Lintner Erika Steinbach Dr. Peter Danckert Norbert Geis Dr. Klaus W. Lippold Christian Freiherr von Stetten Karl Diller Eberhard Gienger Patricia Lips Gero Storjohann Martin Dörmann Michael Glos Dr. Michael Luther Andreas Storm Dr. Carl-Christian Dressel Josef Göppel Thomas Mahlberg Max Straubinger Elvira Drobinski-Weiß Matthäus Strebl (B) Peter Götz Stephan Mayer (Altötting) Detlef Dzembritzki (D) Dr. Wolfgang Götzer Wolfgang Meckelburg Thomas Strobl (Heilbronn) Sebastian Edathy Ute Granold Dr. Michael Meister Lena Strothmann Siegmund Ehrmann Reinhard Grindel Friedrich Merz Michael Stübgen Hans Eichel Hermann Gröhe Laurenz Meyer (Hamm) Hans Peter Thul Petra Ernstberger Michael Grosse-Brömer Maria Michalk Antje Tillmann Karin Evers-Meyer Markus Grübel Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Hans-Peter Uhl Annette Faße Manfred Grund Philipp Mißfelder Arnold Vaatz Elke Ferner Monika Grütters Dr. Eva Möllring Volkmar Uwe Vogel Gabriele Fograscher Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Marlene Mortler Andrea Astrid Voßhoff Rainer Fornahl Guttenberg Dr. Gerd Müller Gerhard Wächter Gabriele Frechen Olav Gutting Carsten Müller Marco Wanderwitz Dagmar Freitag Holger Haibach (Braunschweig) Kai Wegner Peter Friedrich Gerda Hasselfeldt Stefan Müller (Erlangen) Marcus Weinberg Sigmar Gabriel Michael Hennrich Michaela Noll Peter Weiß (Emmendingen) Martin Gerster Jürgen Herrmann Dr. Georg Nüßlein Gerald Weiß (Groß-Gerau) Iris Gleicke Bernd Heynemann Franz Obermeier Ingo Wellenreuther Renate Gradistanac Ernst Hinsken Eduard Oswald Karl-Georg Wellmann Angelika Graf (Rosenheim) Christian Hirte Henning Otte Annette Widmann-Mauz Dieter Grasedieck Robert Hochbaum Rita Pawelski Klaus-Peter Willsch Kerstin Griese Klaus Hofbauer Ulrich Petzold Willy Wimmer (Neuss) Gabriele Groneberg Franz-Josef Holzenkamp Dr. Joachim Pfeiffer Elisabeth Winkelmeier- Achim Großmann Joachim Hörster Sibylle Pfeiffer Becker Wolfgang Grotthaus Anette Hübinger Beatrix Philipp Werner Wittlich Wolfgang Gunkel Hubert Hüppe Ronald Pofalla Dagmar Wöhrl Hans-Joachim Hacker Susanne Jaffke-Witt Ruprecht Polenz Wolfgang Zöller Bettina Hagedorn Dr. Peter Jahr Daniela Raab Willi Zylajew Klaus Hagemann Dr. Hans-Heinrich Jordan Thomas Rachel Alfred Hartenbach SPD Dr. Franz Josef Jung Hans Raidel Nina Hauer Andreas Jung (Konstanz) Dr. Peter Ramsauer Dr. Lale Akgün Hubertus Heil Bartholomäus Kalb Peter Rauen Gregor Amann Dr. Reinhold Hemker Hans-Werner Kammer Eckhardt Rehberg Dr. h. c. Gerd Andres Rolf Hempelmann Steffen Kampeter Katherina Reiche (Potsdam) Ingrid Arndt-Brauer Dr. Barbara Hendricks Alois Karl Klaus Riegert Rainer Arnold Gustav Herzog Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24823

(A) Petra Heß Florian Pronold Dr. Margrit Wetzel Enthalten (C) Gabriele Hiller-Ohm Dr. Sascha Raabe Heidemarie Wieczorek-Zeul Stephan Hilsberg Mechthild Rawert Dr. Dieter Wiefelspütz CDU/CSU Petra Hinz (Essen) Steffen Reiche (Cottbus) Engelbert Wistuba Uda Carmen Freia Heller Gerd Höfer Gerold Reichenbach Dr. Wolfgang Wodarg Iris Hoffmann (Wismar) Dr. Carola Reimann Waltraud Wolff SPD Frank Hofmann (Volkach) Christel Riemann- (Wolmirstedt) Monika Griefahn Dr. Eva Högl Hanewinckel Heidi Wright Eike Hovermann Walter Riester Uta Zapf Klaas Hübner Sönke Rix FDP Manfred Zöllmer Christel Humme René Röspel Brigitte Zypries Jens Ackermann Lothar Ibrügger Dr. Ernst Dieter Rossmann Dr. Karl Addicks Johannes Jung (Karlsruhe) Karin Roth (Esslingen) FDP Uwe Barth Josip Juratovic Michael Roth (Heringen) Angelika Brunkhorst Johannes Kahrs Ortwin Runde Patrick Döring Ernst Burgbacher Ulrich Kasparick Marlene Rupprecht Jörg van Essen Mechthild Dyckmans Dr. h. c. Susanne Kastner (Tuchenbach) Otto Fricke Ulrike Flach Ulrich Kelber Anton Schaaf Dr. Werner Hoyer Paul K. Friedhoff Christian Kleiminger Axel Schäfer (Bochum) Gudrun Kopp Horst Friedrich (Bayreuth) Astrid Klug Bernd Scheelen Jan Mücke Dr. Hermann Scheer Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Bärbel Kofler Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Walter Kolbow Marianne Schieder Hans-Michael Goldmann Fritz Rudolf Körper Otto Schily Joachim Günther (Plauen) BÜNDNIS 90/ Dr. Christel Happach-Kasan Karin Kortmann Ulla Schmidt (Aachen) DIE GRÜNEN Rolf Kramer Renate Schmidt (Nürnberg) Heinz-Peter Haustein Anette Kramme Heinz Schmitt (Landau) Marieluise Beck (Bremen) Birgit Homburger Ernst Kranz Carsten Schneider (Erfurt) Cornelia Behm Michael Kauch Nicolette Kressl Olaf Scholz Birgitt Bender Dr. Heinrich L. Kolb Volker Kröning Ottmar Schreiner Alexander Bonde Hellmut Königshaus Dr. Hans-Ulrich Krüger Reinhard Schultz Ekin Deligöz Dr. h. c. Jürgen Koppelin Angelika Krüger-Leißner (Everswinkel) Dr. Thea Dückert Heinz Lanfermann Jürgen Kucharczyk Swen Schulz (Spandau) Dr. Uschi Eid Sibylle Laurischk (B) (D) Helga Kühn-Mengel Ewald Schurer Hans-Josef Fell Harald Leibrecht Ute Kumpf Frank Schwabe Kai Gehring Ina Lenke Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Uwe Küster Katrin Göring-Eckardt Markus Löning Rolf Schwanitz Christine Lambrecht Britta Haßelmann Dr. Erwin Lotter Christian Lange (Backnang) Rita Schwarzelühr-Sutter Bettina Herlitzius Patrick Meinhardt Waltraud Lehn Wolfgang Spanier Winfried Hermann Burkhardt Müller-Sönksen Helga Lopez Dr. Margrit Spielmann Dirk Niebel Gabriele Lösekrug-Möller Jörg-Otto Spiller Peter Hettlich Priska Hinz (Herborn) Hans-Joachim Otto Dirk Manzewski Dieter Steinecke (Frankfurt) Ulrike Höfken Lothar Mark Andreas Steppuhn Detlef Parr Dr. Anton Hofreiter Caren Marks Ludwig Stiegler Cornelia Pieper Thilo Hoppe Katja Mast Rolf Stöckel Gisela Piltz Hilde Mattheis Christoph Strässer Fritz Kuhn Frank Schäffler Markus Meckel Dr. Peter Struck Undine Kurth (Quedlinburg) Dr. Konrad Schily Petra Merkel (Berlin) Joachim Stünker Anna Lührmann Marina Schuster Ulrike Merten Dr. Rainer Tabillion Nicole Maisch Dr. Hermann Otto Solms Dr. Matthias Miersch Jörg Tauss Jerzy Montag Carl-Ludwig Thiele Ursula Mogg Jella Teuchner Kerstin Müller (Köln) Florian Toncar Marko Mühlstein Jörn Thießen Winfried Nachtwei Christoph Waitz Michael Müller (Düsseldorf) Franz Thönnes Omid Nouripour Dr. Claudia Winterstein Gesine Multhaupt Rüdiger Veit Brigitte Pothmer Dr. Volker Wissing Franz Müntefering Simone Violka Krista Sager Dr. Rolf Mützenich Jörg Vogelsänger Manuel Sarrazin BÜNDNIS 90/ Andrea Nahles Dr. Marlies Volkmer Elisabeth Scharfenberg DIE GRÜNEN Dr. Erika Ober Hedi Wegener Holger Ortel Andreas Weigel Christine Scheel Sylvia Kotting-Uhl Heinz Paula Petra Weis Irmingard Schewe-Gerigk Monika Lazar Johannes Pflug Gunter Weißgerber Dr. Gerhard Schick Dr. Wolfgang Strengmann- Joachim Poß Gert Weisskirchen Rainder Steenblock Kuhn Christoph Pries (Wiesloch) Silke Stokar von Neuforn Dr. Harald Terpe Dr. Wilhelm Priesmeier Hildegard Wester Josef Philip Winkler Wolfgang Wieland 24824 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Anlage 35 (C) Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu dem Antrag: Regelung der Ansprüche der Bergleute der Braunkohle- veredlung Tagesordnungspunkt 6 b)

Abgegebene Stimmen: 571; fraktionsloser Dr. Peter Gauweiler Andreas G. Lämmel davon Abgeordneter Dr. Jürgen Gehb Dr. Norbert Lammert Norbert Geis Helmut Lamp ja: 51 Henry Nitzsche Eberhard Gienger Katharina Landgraf nein: 468 Michael Glos Dr. Max Lehmer enthalten: 47 Nein Josef Göppel Paul Lehrieder Peter Götz Ingbert Liebing Ja CDU/CSU Dr. Wolfgang Götzer Eduard Lintner Ulrich Adam Ute Granold Dr. Klaus W. Lippold DIE LINKE Ilse Aigner Reinhard Grindel Patricia Lips Hermann Gröhe Dr. Michael Luther Hüseyin-Kenan Aydin Peter Albach Peter Altmaier Michael Grosse-Brömer Thomas Mahlberg Dr. Dietmar Bartsch Markus Grübel Stephan Mayer (Altötting) Karin Binder Thomas Bareiß Norbert Barthle Manfred Grund Wolfgang Meckelburg Heidrun Bluhm Monika Grütters Dr. Michael Meister Eva Bulling-Schröter Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Friedrich Merz Dr. Martina Bunge Guttenberg Laurenz Meyer (Hamm) Roland Claus Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Olav Gutting Maria Michalk Sevim Dağdelen Holger Haibach Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Diether Dehm Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Gerda Hasselfeldt Philipp Mißfelder Werner Dreibus Michael Hennrich Dr. Eva Möllring Dr. Dagmar Enkelmann Otto Bernhardt Clemens Binninger Jürgen Herrmann Marlene Mortler Klaus Ernst Renate Blank Bernd Heynemann Dr. Gerd Müller Diana Golze Peter Bleser Ernst Hinsken Carsten Müller Dr. Gregor Gysi Antje Blumenthal Christian Hirte (Braunschweig) Heike Hänsel Dr. Maria Böhmer Robert Hochbaum Stefan Müller (Erlangen) Lutz Heilmann Jochen Borchert Klaus Hofbauer Michaela Noll Hans-Kurt Hill Wolfgang Börnsen Franz-Josef Holzenkamp Dr. Georg Nüßlein Cornelia Hirsch (B) (Bönstrup) Joachim Hörster Franz Obermeier (D) Inge Höger Wolfgang Bosbach Anette Hübinger Eduard Oswald Dr. Barbara Höll Klaus Brähmig Hubert Hüppe Henning Otte Ulla Jelpke Michael Brand Susanne Jaffke-Witt Rita Pawelski Dr. Lukrezia Jochimsen Helmut Brandt Dr. Peter Jahr Ulrich Petzold Dr. Hakki Keskin Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Hans-Heinrich Jordan Dr. Joachim Pfeiffer Katja Kipping Monika Brüning Dr. Franz Josef Jung Sibylle Pfeiffer Monika Knoche Georg Brunnhuber Andreas Jung (Konstanz) Beatrix Philipp Jan Korte Cajus Caesar Bartholomäus Kalb Ronald Pofalla Katrin Kunert Gitta Connemann Hans-Werner Kammer Ruprecht Polenz Oskar Lafontaine Leo Dautzenberg Steffen Kampeter Daniela Raab Michael Leutert Hubert Deittert Alois Karl Thomas Rachel Ulla Lötzer Alexander Dobrindt Bernhard Kaster Hans Raidel Dr. Gesine Lötzsch Thomas Dörflinger Volker Kauder Dr. Peter Ramsauer Ulrich Maurer Marie-Luise Dött Siegfried Kauder (Villingen- Peter Rauen Dorothée Menzner Dr. Stephan Eisel Schwenningen) Eckhardt Rehberg Kersten Naumann Anke Eymer (Lübeck) Eckart von Klaeden Katherina Reiche (Potsdam) Wolfgang Nešković Ilse Falk Jürgen Klimke Klaus Riegert Dr. Norman Paech Dr. Hans Georg Faust Julia Klöckner Dr. Heinz Riesenhuber Petra Pau Enak Ferlemann Jens Koeppen Franz Romer Bodo Ramelow Ingrid Fischbach Dr. Kristina Köhler Johannes Röring Elke Reinke Hartwig Fischer (Göttingen) (Wiesbaden) Kurt J. Rossmanith Paul Schäfer (Köln) Dirk Fischer (Hamburg) Manfred Kolbe Dr. Norbert Röttgen Volker Schneider Axel E. Fischer (Karlsruhe- Norbert Königshofen Dr. Christian Ruck (Saarbrücken) Land) Dr. Rolf Koschorrek Albert Rupprecht (Weiden) Dr. Herbert Schui Dr. Maria Flachsbarth Hartmut Koschyk Peter Rzepka Dr. Ilja Seifert Klaus-Peter Flosbach Thomas Kossendey Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Petra Sitte Herbert Frankenhauser Michael Kretschmer Hermann-Josef Scharf Frank Spieth Dr. Hans-Peter Friedrich Gunther Krichbaum Hartmut Schauerte Dr. Kirsten Tackmann (Hof) Dr. Günter Krings Dr. Annette Schavan Dr. Axel Troost Erich G. Fritz Dr. Martina Krogmann Dr. Andreas Scheuer Alexander Ulrich Jochen-Konrad Fromme Dr. Hermann Kues Karl Schiewerling Jörn Wunderlich Dr. Michael Fuchs Dr. Karl A. Lamers Georg Schirmbeck Sabine Zimmermann Hans-Joachim Fuchtel (Heidelberg) Christian Schmidt (Fürth) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24825

(A) Andreas Schmidt (Mülheim) Gerd Bollmann Ulrich Kasparick Dr. Hermann Scheer (C) Ingo Schmitt (Berlin) Dr. Gerhard Botz Dr. h. c. Susanne Kastner Marianne Schieder Dr. Andreas Schockenhoff Klaus Brandner Ulrich Kelber Otto Schily Dr. Ole Schröder Willi Brase Christian Kleiminger Ulla Schmidt (Aachen) Bernhard Schulte-Drüggelte Bernhard Brinkmann Astrid Klug Renate Schmidt (Nürnberg) Uwe Schummer (Hildesheim) Dr. Bärbel Kofler Heinz Schmitt (Landau) Wilhelm Josef Sebastian Edelgard Bulmahn Walter Kolbow Carsten Schneider (Erfurt) Kurt Segner Marco Bülow Fritz Rudolf Körper Olaf Scholz Marion Seib Ulla Burchardt Karin Kortmann Ottmar Schreiner Bernd Siebert Martin Burkert Rolf Kramer Reinhard Schultz Thomas Silberhorn Dr. Michael Bürsch Anette Kramme (Everswinkel) Johannes Singhammer Christian Carstensen Ernst Kranz Swen Schulz (Spandau) Jens Spahn Marion Caspers-Merk Nicolette Kressl Ewald Schurer Erika Steinbach Dr. Peter Danckert Volker Kröning Frank Schwabe Christian Freiherr von Stetten Karl Diller Dr. Hans-Ulrich Krüger Dr. Angelika Schwall-Düren Gero Storjohann Martin Dörmann Angelika Krüger-Leißner Rolf Schwanitz Andreas Storm Dr. Carl-Christian Dressel Jürgen Kucharczyk Rita Schwarzelühr-Sutter Max Straubinger Elvira Drobinski-Weiß Helga Kühn-Mengel Wolfgang Spanier Matthäus Strebl Detlef Dzembritzki Ute Kumpf Dr. Margrit Spielmann Thomas Strobl (Heilbronn) Sebastian Edathy Dr. Uwe Küster Jörg-Otto Spiller Lena Strothmann Siegmund Ehrmann Christine Lambrecht Dieter Steinecke Michael Stübgen Hans Eichel Christian Lange (Backnang) Andreas Steppuhn Hans Peter Thul Petra Ernstberger Waltraud Lehn Ludwig Stiegler Antje Tillmann Karin Evers-Meyer Helga Lopez Rolf Stöckel Dr. Hans-Peter Uhl Annette Faße Gabriele Lösekrug-Möller Christoph Strässer Arnold Vaatz Elke Ferner Dirk Manzewski Dr. Peter Struck Volkmar Uwe Vogel Gabriele Fograscher Lothar Mark Joachim Stünker Andrea Astrid Voßhoff Rainer Fornahl Caren Marks Dr. Rainer Tabillion Gerhard Wächter Gabriele Frechen Katja Mast Jörg Tauss Marco Wanderwitz Dagmar Freitag Hilde Mattheis Jella Teuchner Kai Wegner Peter Friedrich Markus Meckel Jörn Thießen Marcus Weinberg Sigmar Gabriel Petra Merkel (Berlin) Franz Thönnes Peter Weiß (Emmendingen) Martin Gerster Ulrike Merten Rüdiger Veit Gerald Weiß (Groß-Gerau) Iris Gleicke Dr. Matthias Miersch Simone Violka Ingo Wellenreuther (B) Renate Gradistanac Ursula Mogg Jörg Vogelsänger (D) Karl-Georg Wellmann Angelika Graf (Rosenheim) Marko Mühlstein Dr. Marlies Volkmer Annette Widmann-Mauz Dieter Grasedieck Detlef Müller (Chemnitz) Hedi Wegener Klaus-Peter Willsch Monika Griefahn Michael Müller (Düsseldorf) Andreas Weigel Willy Wimmer (Neuss) Kerstin Griese Gesine Multhaupt Petra Weis Elisabeth Winkelmeier- Gabriele Groneberg Franz Müntefering Gunter Weißgerber Becker Achim Großmann Dr. Rolf Mützenich Gert Weisskirchen Werner Wittlich Wolfgang Grotthaus Andrea Nahles (Wiesloch) Dagmar Wöhrl Wolfgang Gunkel Dr. Erika Ober Hildegard Wester Wolfgang Zöller Hans-Joachim Hacker Holger Ortel Dr. Margrit Wetzel Willi Zylajew Bettina Hagedorn Heinz Paula Heidemarie Wieczorek-Zeul Klaus Hagemann Johannes Pflug Dr. Dieter Wiefelspütz SPD Alfred Hartenbach Joachim Poß Engelbert Wistuba Dr. Lale Akgün Nina Hauer Christoph Pries Dr. Wolfgang Wodarg Gregor Amann Hubertus Heil Dr. Wilhelm Priesmeier Waltraud Wolff Dr. h. c. Gerd Andres Dr. Reinhold Hemker Florian Pronold (Wolmirstedt) Ingrid Arndt-Brauer Rolf Hempelmann Dr. Sascha Raabe Heidi Wright Rainer Arnold Dr. Barbara Hendricks Mechthild Rawert Uta Zapf Ernst Bahr (Neuruppin) Gustav Herzog Gerold Reichenbach Manfred Zöllmer Doris Barnett Petra Heß Dr. Carola Reimann Brigitte Zypries Dr. Hans-Peter Bartels Gabriele Hiller-Ohm Christel Riemann- Klaus Barthel Stephan Hilsberg Hanewinckel FDP Petra Hinz (Essen) Walter Riester Sören Bartol Patrick Döring Sabine Bätzing Gerd Höfer Sönke Rix Jörg van Essen Dirk Becker Iris Hoffmann (Wismar) René Röspel Otto Fricke Uwe Beckmeyer Frank Hofmann (Volkach) Dr. Ernst Dieter Rossmann Dr. Werner Hoyer Klaus Uwe Benneter Dr. Eva Högl Karin Roth (Esslingen) Gudrun Kopp Dr. Axel Berg Eike Hovermann Michael Roth (Heringen) Jan Mücke Ute Berg Klaas Hübner Ortwin Runde Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Petra Bierwirth Christel Humme Marlene Rupprecht Lothar Binding (Heidelberg) Lothar Ibrügger (Tuchenbach) BÜNDNIS 90/ Volker Blumentritt Johannes Jung (Karlsruhe) Anton Schaaf DIE GRÜNEN Kurt Bodewig Josip Juratovic Axel Schäfer (Bochum) Clemens Bollen Johannes Kahrs Bernd Scheelen Marieluise Beck (Bremen) 24826 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Cornelia Behm Omid Nouripour Silvia Schmidt (Eisleben) Markus Löning (C) Birgitt Bender Brigitte Pothmer Dr. Erwin Lotter Alexander Bonde Claudia Roth (Augsburg) FDP Patrick Meinhardt Ekin Deligöz Krista Sager Jens Ackermann Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Thea Dückert Manuel Sarrazin Dr. Karl Addicks Dirk Niebel Dr. Uschi Eid Elisabeth Scharfenberg Hans-Josef Fell Uwe Barth Hans-Joachim Otto Christine Scheel Angelika Brunkhorst (Frankfurt) Kai Gehring Irmingard Schewe-Gerigk Ernst Burgbacher Detlef Parr Katrin Göring-Eckardt Dr. Gerhard Schick Britta Haßelmann Mechthild Dyckmans Cornelia Pieper Rainder Steenblock Ulrike Flach Bettina Herlitzius Silke Stokar von Neuforn Gisela Piltz Winfried Hermann Paul K. Friedhoff Frank Schäffler Dr. Wolfgang Strengmann- Horst Friedrich (Bayreuth) Peter Hettlich Dr. Konrad Schily Kuhn Dr. Edmund Peter Geisen Priska Hinz (Herborn) Hans-Christian Ströbele Marina Schuster Ulrike Höfken Hans-Michael Goldmann Wolfgang Wieland Joachim Günther (Plauen) Dr. Hermann Otto Solms Dr. Anton Hofreiter Josef Philip Winkler Thilo Hoppe Dr. Christel Happach-Kasan Carl-Ludwig Thiele Ute Koczy Heinz-Peter Haustein Florian Toncar Sylvia Kotting-Uhl Enthalten Birgit Homburger Christoph Waitz Fritz Kuhn Michael Kauch Dr. Claudia Winterstein Markus Kurth CDU/CSU Dr. Heinrich L. Kolb Dr. Volker Wissing Hellmut Königshaus Undine Kurth (Quedlinburg) Uda Carmen Freia Heller Anna Lührmann Dr. h. c. Jürgen Koppelin BÜNDNIS 90/ Heinz Lanfermann Nicole Maisch SPD DIE GRÜNEN Jerzy Montag Sibylle Laurischk Kerstin Müller (Köln) Steffen Reiche (Cottbus) Harald Leibrecht Monika Lazar Winfried Nachtwei Maik Reichel Ina Lenke Dr. Harald Terpe

Anlage 36 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu dem Antrag: Beseitigung von Rentennachteilen für Zeiten der Pflege von Angehörigen in der DDR (Tagesordnungspunkt 6 b) (B) (D) Abgegebene Stimmen: 571; Cornelia Hirsch Jörn Wunderlich Antje Blumenthal davon Inge Höger Sabine Zimmermann Dr. Maria Böhmer ja: 54 Dr. Barbara Höll Jochen Borchert Ulla Jelpke BÜNDNIS 90/ Wolfgang Börnsen nein: 426 Dr. Lukrezia Jochimsen DIE GRÜNEN (Bönstrup) enthalten: 86 Dr. Hakki Keskin Wolfgang Bosbach Hans-Christian Ströbele Katja Kipping Klaus Brähmig Monika Knoche Michael Brand Ja fraktionsloser Jan Korte Helmut Brandt Abgeordneter SPD Katrin Kunert Dr. Ralf Brauksiepe Oskar Lafontaine Henry Nitzsche Monika Brüning Detlef Müller (Chemnitz) Michael Leutert Georg Brunnhuber Silvia Schmidt (Eisleben) Ulla Lötzer Nein Cajus Caesar Dr. Gesine Lötzsch Gitta Connemann DIE LINKE Ulrich Maurer CDU/CSU Leo Dautzenberg Hüseyin-Kenan Aydin Dorothée Menzner Hubert Deittert Dr. Dietmar Bartsch Kersten Naumann Ulrich Adam Alexander Dobrindt Karin Binder Wolfgang Nešković Ilse Aigner Thomas Dörflinger Heidrun Bluhm Dr. Norman Paech Peter Albach Marie-Luise Dött Eva Bulling-Schröter Petra Pau Peter Altmaier Dr. Stephan Eisel Dr. Martina Bunge Bodo Ramelow Thomas Bareiß Anke Eymer (Lübeck) Roland Claus Elke Reinke Norbert Barthle Ilse Falk Sevim Dağdelen Paul Schäfer (Köln) Dr. Wolf Bauer Dr. Hans Georg Faust Dr. Diether Dehm Volker Schneider Günter Baumann Enak Ferlemann Werner Dreibus (Saarbrücken) Ernst-Reinhard Beck Ingrid Fischbach Dr. Dagmar Enkelmann Dr. Herbert Schui (Reutlingen) Hartwig Fischer (Göttingen) Klaus Ernst Dr. Ilja Seifert Veronika Bellmann Dirk Fischer (Hamburg) Diana Golze Dr. Petra Sitte Dr. Christoph Bergner Axel E. Fischer (Karlsruhe- Dr. Gregor Gysi Frank Spieth Otto Bernhardt Land) Heike Hänsel Dr. Kirsten Tackmann Clemens Binninger Dr. Maria Flachsbarth Lutz Heilmann Dr. Axel Troost Renate Blank Klaus-Peter Flosbach Hans-Kurt Hill Alexander Ulrich Peter Bleser Herbert Frankenhauser Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24827

(A) Dr. Hans-Peter Friedrich Andreas G. Lämmel Wilhelm Josef Sebastian Edelgard Bulmahn (C) (Hof) Dr. Norbert Lammert Kurt Segner Marco Bülow Erich G. Fritz Helmut Lamp Marion Seib Ulla Burchardt Jochen-Konrad Fromme Katharina Landgraf Bernd Siebert Martin Burkert Dr. Michael Fuchs Dr. Max Lehmer Thomas Silberhorn Dr. Michael Bürsch Hans-Joachim Fuchtel Paul Lehrieder Johannes Singhammer Christian Carstensen Dr. Peter Gauweiler Ingbert Liebing Jens Spahn Marion Caspers-Merk Dr. Jürgen Gehb Eduard Lintner Erika Steinbach Dr. Peter Danckert Norbert Geis Dr. Klaus W. Lippold Christian Freiherr von Stetten Karl Diller Eberhard Gienger Patricia Lips Gero Storjohann Martin Dörmann Michael Glos Dr. Michael Luther Andreas Storm Dr. Carl-Christian Dressel Josef Göppel Thomas Mahlberg Max Straubinger Elvira Drobinski-Weiß Peter Götz Stephan Mayer (Altötting) Matthäus Strebl Detlef Dzembritzki Dr. Wolfgang Götzer Wolfgang Meckelburg Thomas Strobl (Heilbronn) Sebastian Edathy Ute Granold Dr. Michael Meister Lena Strothmann Siegmund Ehrmann Reinhard Grindel Friedrich Merz Michael Stübgen Hans Eichel Hermann Gröhe Laurenz Meyer (Hamm) Hans Peter Thul Petra Ernstberger Michael Grosse-Brömer Maria Michalk Antje Tillmann Karin Evers-Meyer Markus Grübel Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Hans-Peter Uhl Annette Faße Manfred Grund Philipp Mißfelder Arnold Vaatz Elke Ferner Monika Grütters Dr. Eva Möllring Volkmar Uwe Vogel Gabriele Fograscher Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Marlene Mortler Andrea Astrid Voßhoff Rainer Fornahl Guttenberg Dr. Gerd Müller Gerhard Wächter Gabriele Frechen Olav Gutting Carsten Müller Marco Wanderwitz Dagmar Freitag Holger Haibach (Braunschweig) Kai Wegner Peter Friedrich Gerda Hasselfeldt Stefan Müller (Erlangen) Marcus Weinberg Sigmar Gabriel Michael Hennrich Michaela Noll Peter Weiß (Emmendingen) Martin Gerster Jürgen Herrmann Dr. Georg Nüßlein Gerald Weiß (Groß-Gerau) Iris Gleicke Bernd Heynemann Franz Obermeier Ingo Wellenreuther Renate Gradistanac Ernst Hinsken Eduard Oswald Karl-Georg Wellmann Angelika Graf (Rosenheim) Christian Hirte Henning Otte Annette Widmann-Mauz Dieter Grasedieck Robert Hochbaum Rita Pawelski Klaus-Peter Willsch Monika Griefahn Klaus Hofbauer Ulrich Petzold Willy Wimmer (Neuss) Kerstin Griese Franz-Josef Holzenkamp Dr. Joachim Pfeiffer Elisabeth Winkelmeier- Gabriele Groneberg Becker (B) Joachim Hörster Sibylle Pfeiffer Achim Großmann (D) Anette Hübinger Beatrix Philipp Werner Wittlich Wolfgang Grotthaus Hubert Hüppe Ronald Pofalla Dagmar Wöhrl Wolfgang Gunkel Susanne Jaffke-Witt Ruprecht Polenz Wolfgang Zöller Hans-Joachim Hacker Dr. Peter Jahr Daniela Raab Willi Zylajew Bettina Hagedorn Dr. Hans-Heinrich Jordan Thomas Rachel Klaus Hagemann Dr. Franz Josef Jung Hans Raidel SPD Alfred Hartenbach Andreas Jung (Konstanz) Dr. Peter Ramsauer Dr. Lale Akgün Nina Hauer Bartholomäus Kalb Peter Rauen Gregor Amann Hubertus Heil Hans-Werner Kammer Eckhardt Rehberg Dr. h. c. Gerd Andres Dr. Reinhold Hemker Steffen Kampeter Katherina Reiche (Potsdam) Ingrid Arndt-Brauer Rolf Hempelmann Alois Karl Klaus Riegert Rainer Arnold Dr. Barbara Hendricks Bernhard Kaster Dr. Heinz Riesenhuber Ernst Bahr (Neuruppin) Gustav Herzog Siegfried Kauder (Villingen- Franz Romer Doris Barnett Petra Heß Schwenningen) Johannes Röring Dr. Hans-Peter Bartels Gabriele Hiller-Ohm Volker Kauder Kurt J. Rossmanith Klaus Barthel Stephan Hilsberg Eckart von Klaeden Dr. Norbert Röttgen Sören Bartol Petra Hinz (Essen) Jürgen Klimke Dr. Christian Ruck Sabine Bätzing Gerd Höfer Julia Klöckner Albert Rupprecht (Weiden) Dirk Becker Iris Hoffmann (Wismar) Jens Koeppen Peter Rzepka Uwe Beckmeyer Frank Hofmann (Volkach) Dr. Kristina Köhler Anita Schäfer (Saalstadt) Klaus Uwe Benneter Dr. Eva Högl (Wiesbaden) Hermann-Josef Scharf Dr. Axel Berg Eike Hovermann Manfred Kolbe Hartmut Schauerte Ute Berg Klaas Hübner Norbert Königshofen Dr. Annette Schavan Petra Bierwirth Christel Humme Dr. Rolf Koschorrek Dr. Andreas Scheuer Lothar Binding (Heidelberg) Lothar Ibrügger Hartmut Koschyk Karl Schiewerling Volker Blumentritt Johannes Jung (Karlsruhe) Thomas Kossendey Georg Schirmbeck Kurt Bodewig Josip Juratovic Michael Kretschmer Christian Schmidt (Fürth) Clemens Bollen Johannes Kahrs Gunther Krichbaum Andreas Schmidt (Mülheim) Gerd Bollmann Ulrich Kasparick Dr. Günter Krings Ingo Schmitt (Berlin) Dr. Gerhard Botz Dr. h. c. Susanne Kastner Dr. Martina Krogmann Dr. Andreas Schockenhoff Klaus Brandner Ulrich Kelber Dr. Hermann Kues Dr. Ole Schröder Willi Brase Christian Kleiminger Dr. Karl A. Lamers Bernhard Schulte-Drüggelte Bernhard Brinkmann Astrid Klug (Heidelberg) Uwe Schummer (Hildesheim) Dr. Bärbel Kofler 24828 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Walter Kolbow Anton Schaaf FDP Cornelia Pieper (C) Fritz Rudolf Körper Axel Schäfer (Bochum) Gisela Piltz Patrick Döring Karin Kortmann Bernd Scheelen Frank Schäffler Jörg van Essen Rolf Kramer Dr. Konrad Schily Dr. Hermann Scheer Otto Fricke Anette Kramme Marina Schuster Marianne Schieder Dr. Werner Hoyer Ernst Kranz Dr. Hermann Otto Solms Otto Schily Gudrun Kopp Nicolette Kressl Carl-Ludwig Thiele Ulla Schmidt (Aachen) Jan Mücke Volker Kröning Florian Toncar Renate Schmidt (Nürnberg) Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Dr. Hans-Ulrich Krüger Heinz Schmitt (Landau) Christoph Waitz Angelika Krüger-Leißner Carsten Schneider (Erfurt) BÜNDNIS 90/ Dr. Claudia Winterstein Jürgen Kucharczyk Olaf Scholz DIE GRÜNEN Dr. Volker Wissing Helga Kühn-Mengel Ottmar Schreiner Ute Kumpf Reinhard Schultz Christine Scheel BÜNDNIS 90/ Dr. Uwe Küster (Everswinkel) Josef Philip Winkler DIE GRÜNEN Christine Lambrecht Swen Schulz (Spandau) Christian Lange (Backnang) Marieluise Beck (Bremen) Ewald Schurer Enthalten Cornelia Behm Waltraud Lehn Frank Schwabe Helga Lopez Birgitt Bender Dr. Angelica Schwall-Düren CDU/CSU Alexander Bonde Gabriele Lösekrug-Möller Rolf Schwanitz Dirk Manzewski Uda Carmen Freia Heller Ekin Deligöz Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Thea Dückert Lothar Mark Wolfgang Spanier SPD Dr. Uschi Eid Caren Marks Dr. Margrit Spielmann Katja Mast Hans-Josef Fell Jörg-Otto Spiller Steffen Reiche (Cottbus) Kai Gehring Hilde Mattheis Dieter Steinecke Maik Reichel Markus Meckel Katrin Göring-Eckardt Andreas Steppuhn Britta Haßelmann Petra Merkel (Berlin) Ludwig Stiegler FDP Ulrike Merten Bettina Herlitzius Rolf Stöckel Dr. Matthias Miersch Jens Ackermann Winfried Hermann Christoph Strässer Ursula Mogg Dr. Karl Addicks Peter Hettlich Dr. Peter Struck Marko Mühlstein Uwe Barth Priska Hinz (Herborn) Joachim Stünker Michael Müller (Düsseldorf) Angelika Brunkhorst Ulrike Höfken Dr. Rainer Tabillion Gesine Multhaupt Ernst Burgbacher Dr. Anton Hofreiter Franz Müntefering Jörg Tauss Mechthild Dyckmans Thilo Hoppe Dr. Rolf Mützenich Jella Teuchner Ulrike Flach Ute Koczy Andrea Nahles Jörn Thießen Paul K. Friedhoff Sylvia Kotting-Uhl (B) Dr. Erika Ober Franz Thönnes Horst Friedrich (Bayreuth) Fritz Kuhn (D) Holger Ortel Rüdiger Veit Dr. Edmund Peter Geisen Markus Kurth Heinz Paula Simone Violka Hans-Michael Goldmann Undine Kurth (Quedlinburg) Johannes Pflug Jörg Vogelsänger Joachim Günther (Plauen) Monika Lazar Joachim Poß Dr. Marlies Volkmer Dr. Christel Happach-Kasan Anna Lührmann Christoph Pries Hedi Wegener Heinz-Peter Haustein Nicole Maisch Dr. Wilhelm Priesmeier Andreas Weigel Birgit Homburger Jerzy Montag Florian Pronold Petra Weis Michael Kauch Kerstin Müller (Köln) Dr. Sascha Raabe Gunter Weißgerber Dr. Heinrich L. Kolb Winfried Nachtwei Mechthild Rawert Gert Weisskirchen Hellmut Königshaus Omid Nouripour Gerold Reichenbach (Wiesloch) Dr. h. c. Jürgen Koppelin Brigitte Pothmer Dr. Carola Reimann Hildegard Wester Heinz Lanfermann Claudia Roth (Augsburg) Christel Riemann- Dr. Margrit Wetzel Sibylle Laurischk Krista Sager Hanewinckel Heidemarie Wieczorek-Zeul Harald Leibrecht Manuel Sarrazin Walter Riester Dr. Dieter Wiefelspütz Ina Lenke Elisabeth Scharfenberg Sönke Rix Engelbert Wistuba Markus Löning Irmingard Schewe-Gerigk René Röspel Dr. Wolfgang Wodarg Dr. Erwin Lotter Dr. Gerhard Schick Dr. Ernst Dieter Rossmann Waltraud Wolff Patrick Meinhardt Rainder Steenblock Karin Roth (Esslingen) (Wolmirstedt) Burkhardt Müller-Sönksen Silke Stokar von Neuforn Michael Roth (Heringen) Heidi Wright Dirk Niebel Dr. Wolfgang Strengmann- Ortwin Runde Uta Zapf Hans-Joachim Otto Kuhn Marlene Rupprecht Manfred Zöllmer (Frankfurt) Dr. Harald Terpe (Tuchenbach) Brigitte Zypries Detlef Parr Wolfgang Wieland Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24829

(A) Anlage 37 (C) Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu dem Antrag: Rentenrechtliche Anerkennung für fehlende Zeiten von Land- und Forstwirten, Handwerkern und anderen Selbständigen sowie deren mithelfenden Familienan- gehörigen aus der DDR (Tagesordnungspunkt 6 b)

Abgegebene Stimmen: 571; Dr. Petra Sitte Axel E. Fischer (Karlsruhe- Manfred Kolbe davon Frank Spieth Land) Norbert Königshofen ja: 54 Dr. Kirsten Tackmann Dr. Maria Flachsbarth Dr. Rolf Koschorrek Dr. Axel Troost Klaus-Peter Flosbach Hartmut Koschyk nein: 464 Alexander Ulrich Herbert Frankenhauser Thomas Kossendey enthalten: 48 Jörn Wunderlich Dr. Hans-Peter Friedrich Michael Kretschmer Sabine Zimmermann (Hof) Gunther Krichbaum Ja Erich G. Fritz Dr. Günter Krings fraktionsloser Jochen-Konrad Fromme Dr. Martina Krogmann SPD Abgeordneter Dr. Michael Fuchs Dr. Hermann Kues Hans-Joachim Fuchtel Dr. Karl A. Lamers Detlef Müller (Chemnitz) Henry Nitzsche Dr. Peter Gauweiler (Heidelberg) Silvia Schmidt (Eisleben) Dr. Jürgen Gehb Andreas G. Lämmel Waltraud Wolff Nein Norbert Geis Dr. Norbert Lammert (Wolmirstedt) Eberhard Gienger Helmut Lamp CDU/CSU Michael Glos Katharina Landgraf DIE LINKE Josef Göppel Dr. Max Lehmer Hüseyin-Kenan Aydin Ulrich Adam Peter Götz Paul Lehrieder Dr. Dietmar Bartsch Ilse Aigner Dr. Wolfgang Götzer Ingbert Liebing Karin Binder Peter Albach Ute Granold Eduard Lintner Heidrun Bluhm Peter Altmaier Reinhard Grindel Dr. Klaus W. Lippold Eva Bulling-Schröter Thomas Bareiß Hermann Gröhe Patricia Lips Dr. Martina Bunge Norbert Barthle Michael Grosse-Brömer Dr. Michael Luther Roland Claus Dr. Wolf Bauer Markus Grübel Thomas Mahlberg Sevim Dağdelen Günter Baumann Manfred Grund Stephan Mayer (Altötting) Dr. Diether Dehm Ernst-Reinhard Beck Monika Grütters Wolfgang Meckelburg Werner Dreibus (Reutlingen) Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Dr. Michael Meister (B) Dr. Dagmar Enkelmann Veronika Bellmann Guttenberg Friedrich Merz (D) Klaus Ernst Dr. Christoph Bergner Olav Gutting Laurenz Meyer (Hamm) Diana Golze Otto Bernhardt Holger Haibach Maria Michalk Dr. Gregor Gysi Clemens Binninger Gerda Hasselfeldt Dr. h. c. Hans Michelbach Heike Hänsel Renate Blank Michael Hennrich Philipp Mißfelder Lutz Heilmann Peter Bleser Jürgen Herrmann Dr. Eva Möllring Hans-Kurt Hill Antje Blumenthal Bernd Heynemann Marlene Mortler Cornelia Hirsch Dr. Maria Böhmer Ernst Hinsken Dr. Gerd Müller Inge Höger Jochen Borchert Christian Hirte Carsten Müller Dr. Barbara Höll Wolfgang Börnsen Robert Hochbaum (Braunschweig) Ulla Jelpke (Bönstrup) Klaus Hofbauer Stefan Müller (Erlangen) Dr. Lukrezia Jochimsen Wolfgang Bosbach Franz-Josef Holzenkamp Michaela Noll Dr. Hakki Keskin Klaus Brähmig Joachim Hörster Dr. Georg Nüßlein Katja Kipping Michael Brand Anette Hübinger Franz Obermeier Monika Knoche Helmut Brandt Hubert Hüppe Eduard Oswald Susanne Jaffke-Witt Henning Otte Jan Korte Dr. Ralf Brauksiepe Katrin Kunert Dr. Peter Jahr Rita Pawelski Monika Brüning Oskar Lafontaine Dr. Hans-Heinrich Jordan Ulrich Petzold Georg Brunnhuber Michael Leutert Dr. Franz Josef Jung Dr. Joachim Pfeiffer Cajus Caesar Ulla Lötzer Andreas Jung (Konstanz) Sibylle Pfeiffer Dr. Gesine Lötzsch Gitta Connemann Bartholomäus Kalb Beatrix Philipp Ulrich Maurer Leo Dautzenberg Hans-Werner Kammer Ronald Pofalla Dorothée Menzner Hubert Deittert Steffen Kampeter Ruprecht Polenz Kersten Naumann Alexander Dobrindt Alois Karl Daniela Raab Wolfgang Nešković Thomas Dörflinger Bernhard Kaster Thomas Rachel Dr. Norman Paech Marie-Luise Dött Volker Kauder Hans Raidel Petra Pau Dr. Stephan Eisel Siegfried Kauder (Villingen- Dr. Peter Ramsauer Bodo Ramelow Anke Eymer (Lübeck) Schwenningen) Peter Rauen Elke Reinke Ilse Falk Eckart von Klaeden Eckhardt Rehberg Paul Schäfer (Köln) Dr. Hans Georg Faust Jürgen Klimke Katherina Reiche (Potsdam) Volker Schneider Enak Ferlemann Julia Klöckner Klaus Riegert (Saarbrücken) Ingrid Fischbach Jens Koeppen Dr. Heinz Riesenhuber Dr. Herbert Schui Hartwig Fischer (Göttingen) Dr. Kristina Köhler Franz Romer Dr. Ilja Seifert Dirk Fischer (Hamburg) (Wiesbaden) Johannes Röring 24830 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Kurt J. Rossmanith Dr. Hans-Peter Bartels Gabriele Hiller-Ohm Christel Riemann- (C) Dr. Norbert Röttgen Klaus Barthel Stephan Hilsberg Hanewinckel Dr. Christian Ruck Sören Bartol Petra Hinz (Essen) Walter Riester Albert Rupprecht (Weiden) Sabine Bätzing Gerd Höfer Sönke Rix Peter Rzepka Dirk Becker Iris Hoffmann (Wismar) René Röspel Anita Schäfer (Saalstadt) Uwe Beckmeyer Frank Hofmann (Volkach) Dr. Ernst Dieter Rossmann Hermann-Josef Scharf Klaus Uwe Benneter Dr. Eva Högl Karin Roth (Esslingen) Hartmut Schauerte Dr. Axel Berg Eike Hovermann Michael Roth (Heringen) Dr. Annette Schavan Ute Berg Klaas Hübner Ortwin Runde Dr. Andreas Scheuer Petra Bierwirth Christel Humme Marlene Rupprecht Karl Schiewerling Lothar Binding (Heidelberg) Lothar Ibrügger (Tuchenbach) Georg Schirmbeck Volker Blumentritt Johannes Jung (Karlsruhe) Anton Schaaf Christian Schmidt (Fürth) Kurt Bodewig Josip Juratovic Axel Schäfer (Bochum) Andreas Schmidt (Mülheim) Clemens Bollen Johannes Kahrs Bernd Scheelen Ingo Schmitt (Berlin) Gerd Bollmann Ulrich Kasparick Dr. Hermann Scheer Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Gerhard Botz Dr. h. c. Susanne Kastner Marianne Schieder Dr. Ole Schröder Klaus Brandner Ulrich Kelber Otto Schily Willi Brase Christian Kleiminger Bernhard Schulte-Drüggelte Ulla Schmidt (Aachen) Bernhard Brinkmann Astrid Klug Uwe Schummer Renate Schmidt (Nürnberg) (Hildesheim) Dr. Bärbel Kofler Wilhelm Josef Sebastian Heinz Schmitt (Landau) Kurt Segner Edelgard Bulmahn Walter Kolbow Marco Bülow Fritz Rudolf Körper Carsten Schneider (Erfurt) Marion Seib Olaf Scholz Bernd Siebert Ulla Burchardt Karin Kortmann Ottmar Schreiner Thomas Silberhorn Martin Burkert Rolf Kramer Reinhard Schultz Johannes Singhammer Dr. Michael Bürsch Anette Kramme (Everswinkel) Jens Spahn Christian Carstensen Ernst Kranz Swen Schulz (Spandau) Erika Steinbach Marion Caspers-Merk Nicolette Kressl Ewald Schurer Christian Freiherr von Stetten Dr. Peter Danckert Volker Kröning Frank Schwabe Gero Storjohann Karl Diller Dr. Hans-Ulrich Krüger Andreas Storm Martin Dörmann Angelika Krüger-Leißner Dr. Angelica Schwall-Düren Max Straubinger Dr. Carl-Christian Dressel Jürgen Kucharczyk Rolf Schwanitz Matthäus Strebl Elvira Drobinski-Weiß Helga Kühn-Mengel Rita Schwarzelühr-Sutter Thomas Strobl (Heilbronn) Detlef Dzembritzki Ute Kumpf Wolfgang Spanier Lena Strothmann Sebastian Edathy Dr. Uwe Küster Dr. Margrit Spielmann (B) Michael Stübgen Siegmund Ehrmann Christine Lambrecht Jörg-Otto Spiller (D) Hans Peter Thul Hans Eichel Christian Lange (Backnang) Dieter Steinecke Antje Tillmann Petra Ernstberger Waltraud Lehn Andreas Steppuhn Dr. Hans-Peter Uhl Karin Evers-Meyer Helga Lopez Ludwig Stiegler Arnold Vaatz Annette Faße Gabriele Lösekrug-Möller Rolf Stöckel Volkmar Uwe Vogel Elke Ferner Dirk Manzewski Christoph Strässer Andrea Astrid Voßhoff Gabriele Fograscher Lothar Mark Dr. Peter Struck Gerhard Wächter Rainer Fornahl Caren Marks Joachim Stünker Marco Wanderwitz Gabriele Frechen Katja Mast Dr. Rainer Tabillion Kai Wegner Dagmar Freitag Hilde Mattheis Jörg Tauss Marcus Weinberg Peter Friedrich Markus Meckel Jella Teuchner Peter Weiß (Emmendingen) Sigmar Gabriel Petra Merkel (Berlin) Jörn Thießen Gerald Weiß (Groß-Gerau) Martin Gerster Ulrike Merten Franz Thönnes Ingo Wellenreuther Iris Gleicke Dr. Matthias Miersch Rüdiger Veit Karl-Georg Wellmann Renate Gradistanac Ursula Mogg Simone Violka Angelika Graf (Rosenheim) Marko Mühlstein Annette Widmann-Mauz Jörg Vogelsänger Dieter Grasedieck Michael Müller (Düsseldorf) Klaus-Peter Willsch Dr. Marlies Volkmer Monika Griefahn Gesine Multhaupt Willy Wimmer (Neuss) Hedi Wegener Kerstin Griese Franz Müntefering Elisabeth Winkelmeier- Andreas Weigel Becker Gabriele Groneberg Dr. Rolf Mützenich Achim Großmann Andrea Nahles Petra Weis Werner Wittlich Gunter Weißgerber Dagmar Wöhrl Wolfgang Grotthaus Dr. Erika Ober Wolfgang Gunkel Holger Ortel Gert Weisskirchen Wolfgang Zöller Hans-Joachim Hacker Heinz Paula (Wiesloch) Willi Zylajew Bettina Hagedorn Johannes Pflug Hildegard Wester Klaus Hagemann Joachim Poß Dr. Margrit Wetzel SPD Alfred Hartenbach Christoph Pries Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Lale Akgün Nina Hauer Dr. Wilhelm Priesmeier Dr. Dieter Wiefelspütz Gregor Amann Hubertus Heil Florian Pronold Engelbert Wistuba Dr. h. c. Gerd Andres Dr. Reinhold Hemker Dr. Sascha Raabe Dr. Wolfgang Wodarg Ingrid Arndt-Brauer Rolf Hempelmann Mechthild Rawert Heidi Wright Rainer Arnold Dr. Barbara Hendricks Steffen Reiche (Cottbus) Uta Zapf Ernst Bahr (Neuruppin) Gustav Herzog Gerold Reichenbach Manfred Zöllmer Doris Barnett Petra Heß Dr. Carola Reimann Brigitte Zypries Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24831

(A) FDP Markus Kurth SPD Dr. Erwin Lotter (C) Undine Kurth (Quedlinburg) Patrick Meinhardt Jörg van Essen Maik Reichel Jan Mücke Otto Fricke Anna Lührmann Dr. Werner Hoyer Nicole Maisch FDP Burkhardt Müller-Sönksen Gudrun Kopp Jerzy Montag Dirk Niebel Kerstin Müller (Köln) Jens Ackermann Hans-Joachim Otto Dr. Karl Addicks BÜNDNIS 90/ Winfried Nachtwei (Frankfurt) Uwe Barth DIE GRÜNEN Omid Nouripour Detlef Parr Brigitte Pothmer Angelika Brunkhorst Cornelia Pieper Marieluise Beck (Bremen) Claudia Roth (Augsburg) Ernst Burgbacher Gisela Piltz Cornelia Behm Patrick Döring Krista Sager Frank Schäffler Birgitt Bender Mechthild Dyckmans Manuel Sarrazin Dr. Konrad Schily Alexander Bonde Ulrike Flach Elisabeth Scharfenberg Marina Schuster Ekin Deligöz Paul K. Friedhoff Dr. Hermann Otto Solms Dr. Thea Dückert Christine Scheel Horst Friedrich (Bayreuth) Irmingard Schewe-Gerigk Carl-Ludwig Thiele Dr. Uschi Eid Dr. Edmund Peter Geisen Florian Toncar Hans-Josef Fell Dr. Gerhard Schick Hans-Michael Goldmann Rainder Steenblock Christoph Waitz Kai Gehring Joachim Günther (Plauen) Dr. Claudia Winterstein Silke Stokar von Neuforn Katrin Göring-Eckardt Dr. Christel Happach-Kasan Dr. Volker Wissing Dr. Wolfgang Strengmann- Britta Haßelmann Heinz-Peter Haustein Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Bettina Herlitzius Kuhn Birgit Homburger Hans-Christian Ströbele Winfried Hermann Michael Kauch BÜNDNIS 90/ Wolfgang Wieland Peter Hettlich Dr. Heinrich L. Kolb DIE GRÜNEN Priska Hinz (Herborn) Josef Philip Winkler Hellmut Königshaus Ulrike Höfken Dr. h. c. Jürgen Koppelin Monika Lazar Dr. Harald Terpe Dr. Anton Hofreiter Enthalten Heinz Lanfermann Thilo Hoppe Sibylle Laurischk Ute Koczy Harald Leibrecht CDU/CSU Sylvia Kotting-Uhl Ina Lenke Fritz Kuhn Uda Carmen Freia Heller Markus Löning

Anlage 38 (B) (D) Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu dem Antrag: Rentenrechtliche Anerkennung von zweiten Bildungs- wegen und Aspiranturen in der DDR (Tagesordnungspunkt 6 b)

Abgegebene Stimmen: 571; Heike Hänsel Dr. Herbert Schui Ernst-Reinhard Beck davon Lutz Heilmann Dr. Ilja Seifert (Reutlingen) ja: 52 Hans-Kurt Hill Dr. Petra Sitte Veronika Bellmann Cornelia Hirsch Dr. Christoph Bergner nein: 469 Frank Spieth Inge Höger Otto Bernhardt enthalten: 45 Dr. Kirsten Tackmann Dr. Barbara Höll Dr. Axel Troost Clemens Binninger Ulla Jelpke Renate Blank Alexander Ulrich Ja Dr. Lukrezia Jochimsen Peter Bleser Dr. Hakki Keskin Jörn Wunderlich Antje Blumenthal SPD Katja Kipping Sabine Zimmermann Dr. Maria Böhmer Monika Knoche Jochen Borchert Dr. Margrit Spielmann Jan Korte fraktionsloser Wolfgang Börnsen Katrin Kunert Abgeordneter (Bönstrup) DIE LINKE Oskar Lafontaine Henry Nitzsche Wolfgang Bosbach Hüseyin-Kenan Aydin Michael Leutert Klaus Brähmig Dr. Dietmar Bartsch Ulla Lötzer Michael Brand Karin Binder Dr. Gesine Lötzsch Nein Helmut Brandt Heidrun Bluhm Ulrich Maurer Dr. Ralf Brauksiepe Eva Bulling-Schröter Dorothée Menzner CDU/CSU Monika Brüning Dr. Martina Bunge Kersten Naumann Ulrich Adam Georg Brunnhuber Roland Claus Wolfgang Nešković Cajus Caesar Ilse Aigner Sevim Dağdelen Dr. Norman Paech Gitta Connemann Dr. Diether Dehm Petra Pau Peter Albach Leo Dautzenberg Werner Dreibus Bodo Ramelow Peter Altmaier Hubert Deittert Dr. Dagmar Enkelmann Elke Reinke Thomas Bareiß Alexander Dobrindt Klaus Ernst Paul Schäfer (Köln) Norbert Barthle Thomas Dörflinger Diana Golze Volker Schneider Dr. Wolf Bauer Marie-Luise Dött Dr. Gregor Gysi (Saarbrücken) Günter Baumann Dr. Stephan Eisel 24832 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Anke Eymer (Lübeck) Manfred Kolbe Hartmut Schauerte Ute Berg (C) Ilse Falk Norbert Königshofen Dr. Annette Schavan Petra Bierwirth Dr. Hans Georg Faust Dr. Rolf Koschorrek Dr. Andreas Scheuer Lothar Binding (Heidelberg) Enak Ferlemann Hartmut Koschyk Karl Schiewerling Volker Blumentritt Ingrid Fischbach Thomas Kossendey Georg Schirmbeck Kurt Bodewig Hartwig Fischer (Göttingen) Michael Kretschmer Christian Schmidt (Fürth) Clemens Bollen Dirk Fischer (Hamburg) Gunther Krichbaum Andreas Schmidt (Mülheim) Gerd Bollmann Axel E. Fischer (Karlsruhe- Dr. Günter Krings Ingo Schmitt (Berlin) Dr. Gerhard Botz Land) Dr. Martina Krogmann Dr. Andreas Schockenhoff Klaus Brandner Dr. Maria Flachsbarth Dr. Hermann Kues Dr. Ole Schröder Willi Brase Klaus-Peter Flosbach Dr. Karl A. Lamers Bernhard Schulte-Drüggelte Bernhard Brinkmann Herbert Frankenhauser (Heidelberg) Uwe Schummer (Hildesheim) Dr. Hans-Peter Friedrich Andreas G. Lämmel Wilhelm Josef Sebastian Edelgard Bulmahn (Hof) Dr. Norbert Lammert Kurt Segner Marco Bülow Erich G. Fritz Helmut Lamp Marion Seib Ulla Burchardt Jochen-Konrad Fromme Katharina Landgraf Bernd Siebert Martin Burkert Dr. Michael Fuchs Dr. Max Lehmer Thomas Silberhorn Dr. Michael Bürsch Hans-Joachim Fuchtel Paul Lehrieder Johannes Singhammer Christian Carstensen Dr. Peter Gauweiler Ingbert Liebing Jens Spahn Marion Caspers-Merk Dr. Jürgen Gehb Eduard Lintner Erika Steinbach Dr. Peter Danckert Norbert Geis Dr. Klaus W. Lippold Christian Freiherr von Stetten Karl Diller Eberhard Gienger Patricia Lips Gero Storjohann Martin Dörmann Michael Glos Dr. Michael Luther Andreas Storm Dr. Carl-Christian Dressel Josef Göppel Thomas Mahlberg Max Straubinger Elvira Drobinski-Weiß Peter Götz Stephan Mayer (Altötting) Matthäus Strebl Detlef Dzembritzki Dr. Wolfgang Götzer Wolfgang Meckelburg Thomas Strobl (Heilbronn) Sebastian Edathy Ute Granold Dr. Michael Meister Lena Strothmann Siegmund Ehrmann Reinhard Grindel Friedrich Merz Michael Stübgen Hans Eichel Hermann Gröhe Laurenz Meyer (Hamm) Hans Peter Thul Petra Ernstberger Michael Grosse-Brömer Maria Michalk Antje Tillmann Karin Evers-Meyer Markus Grübel Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Hans-Peter Uhl Annette Faße Manfred Grund Philipp Mißfelder Arnold Vaatz Elke Ferner Monika Grütters Dr. Eva Möllring Volkmar Uwe Vogel Gabriele Fograscher Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Marlene Mortler Andrea Astrid Voßhoff Rainer Fornahl Gerhard Wächter (B) Guttenberg Dr. Gerd Müller Gabriele Frechen (D) Olav Gutting Carsten Müller Marco Wanderwitz Dagmar Freitag Holger Haibach (Braunschweig) Kai Wegner Peter Friedrich Gerda Hasselfeldt Stefan Müller (Erlangen) Marcus Weinberg Sigmar Gabriel Michael Hennrich Michaela Noll Peter Weiß (Emmendingen) Martin Gerster Jürgen Herrmann Dr. Georg Nüßlein Gerald Weiß (Groß-Gerau) Iris Gleicke Bernd Heynemann Franz Obermeier Ingo Wellenreuther Renate Gradistanac Ernst Hinsken Eduard Oswald Karl-Georg Wellmann Angelika Graf (Rosenheim) Christian Hirte Henning Otte Annette Widmann-Mauz Dieter Grasedieck Robert Hochbaum Rita Pawelski Klaus-Peter Willsch Monika Griefahn Klaus Hofbauer Ulrich Petzold Willy Wimmer (Neuss) Kerstin Griese Franz-Josef Holzenkamp Dr. Joachim Pfeiffer Elisabeth Winkelmeier- Gabriele Groneberg Joachim Hörster Sibylle Pfeiffer Becker Achim Großmann Anette Hübinger Beatrix Philipp Werner Wittlich Wolfgang Grotthaus Hubert Hüppe Ronald Pofalla Dagmar Wöhrl Wolfgang Gunkel Susanne Jaffke-Witt Ruprecht Polenz Wolfgang Zöller Hans-Joachim Hacker Dr. Peter Jahr Daniela Raab Willi Zylajew Bettina Hagedorn Dr. Hans-Heinrich Jordan Thomas Rachel Klaus Hagemann Dr. Franz Josef Jung Hans Raidel SPD Alfred Hartenbach Andreas Jung (Konstanz) Dr. Peter Ramsauer Dr. Lale Akgün Nina Hauer Bartholomäus Kalb Peter Rauen Gregor Amann Hubertus Heil Hans-Werner Kammer Eckhardt Rehberg Dr. h. c. Gerd Andres Dr. Reinhold Hemker Steffen Kampeter Katherina Reiche (Potsdam) Ingrid Arndt-Brauer Rolf Hempelmann Alois Karl Klaus Riegert Rainer Arnold Dr. Barbara Hendricks Bernhard Kaster Dr. Heinz Riesenhuber Ernst Bahr (Neuruppin) Gustav Herzog Volker Kauder Franz Romer Doris Barnett Petra Heß Siegfried Kauder (Villingen- Johannes Röring Dr. Hans-Peter Bartels Gabriele Hiller-Ohm Schwenningen) Kurt J. Rossmanith Klaus Barthel Stephan Hilsberg Eckart von Klaeden Dr. Norbert Röttgen Sören Bartol Petra Hinz (Essen) Jürgen Klimke Dr. Christian Ruck Sabine Bätzing Gerd Höfer Julia Klöckner Albert Rupprecht (Weiden) Dirk Becker Iris Hoffmann (Wismar) Jens Koeppen Peter Rzepka Uwe Beckmeyer Frank Hofmann (Volkach) Dr. Kristina Köhler Anita Schäfer (Saalstadt) Klaus Uwe Benneter Dr. Eva Högl (Wiesbaden) Hermann-Josef Scharf Dr. Axel Berg Eike Hovermann Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24833

(A) Klaas Hübner Christel Riemann- Waltraud Wolff Wolfgang Wieland (C) Christel Humme Hanewinckel (Wolmirstedt) Josef Philip Winkler Lothar Ibrügger Walter Riester Heidi Wright Johannes Jung (Karlsruhe) Sönke Rix Uta Zapf Enthalten Josip Juratovic René Röspel Manfred Zöllmer Johannes Kahrs Dr. Ernst Dieter Rossmann Brigitte Zypries CDU/CSU Ulrich Kasparick Karin Roth (Esslingen) Dr. h. c. Susanne Kastner Michael Roth (Heringen) FDP Uda Carmen Freia Heller Ulrich Kelber Ortwin Runde Patrick Döring SPD Christian Kleiminger Marlene Rupprecht Jörg van Essen Astrid Klug (Tuchenbach) Otto Fricke Silvia Schmidt (Eisleben) Dr. Bärbel Kofler Anton Schaaf Dr. Werner Hoyer Maik Reichel Walter Kolbow Axel Schäfer (Bochum) Gudrun Kopp Fritz Rudolf Körper Bernd Scheelen Jan Mücke FDP Karin Kortmann Dr. Hermann Scheer Hartfrid Wolff (Reims-Murr) Jens Ackermann Rolf Kramer Marianne Schieder Dr. Karl Addicks Anette Kramme Otto Schily BÜNDNIS 90/ Uwe Barth Ernst Kranz Ulla Schmidt (Aachen) DIE GRÜNEN Angelika Brunkhorst Nicolette Kressl Renate Schmidt (Nürnberg) Ernst Burgbacher Heinz Schmitt (Landau) Marieluise Beck (Bremen) Volker Kröning Mechthild Dyckmans Dr. Hans-Ulrich Krüger Carsten Schneider (Erfurt) Cornelia Behm Birgitt Bender Ulrike Flach Angelika Krüger-Leißner Olaf Scholz Paul K. Friedhoff Jürgen Kucharczyk Ottmar Schreiner Alexander Bonde Ekin Deligöz Horst Friedrich (Bayreuth) Helga Kühn-Mengel Reinhard Schultz Dr. Edmund Peter Geisen Ute Kumpf (Everswinkel) Dr. Thea Dückert Dr. Uschi Eid Hans-Michael Goldmann Dr. Uwe Küster Swen Schulz (Spandau) Hans-Josef Fell Joachim Günther (Plauen) Christine Lambrecht Ewald Schurer Kai Gehring Dr. Christel Happach-Kasan Christian Lange (Backnang) Frank Schwabe Katrin Göring-Eckardt Heinz-Peter Haustein Waltraud Lehn Dr. Angelica Schwall-Düren Britta Haßelmann Birgit Homburger Helga Lopez Rolf Schwanitz Bettina Herlitzius Michael Kauch Gabriele Lösekrug-Möller Rita Schwarzelühr-Sutter Winfried Hermann Dr. Heinrich L. Kolb Dirk Manzewski Wolfgang Spanier Peter Hettlich Hellmut Königshaus Jörg-Otto Spiller Lothar Mark Priska Hinz (Herborn) Dr. h. c. Jürgen Koppelin Caren Marks Dieter Steinecke Heinz Lanfermann (B) Ulrike Höfken (D) Katja Mast Andreas Steppuhn Dr. Anton Hofreiter Sibylle Laurischk Hilde Mattheis Ludwig Stiegler Thilo Hoppe Harald Leibrecht Markus Meckel Rolf Stöckel Ute Koczy Ina Lenke Petra Merkel (Berlin) Christoph Strässer Sylvia Kotting-Uhl Markus Löning Ulrike Merten Dr. Peter Struck Fritz Kuhn Dr. Erwin Lotter Dr. Matthias Miersch Joachim Stünker Markus Kurth Patrick Meinhardt Ursula Mogg Dr. Rainer Tabillion Undine Kurth (Quedlinburg) Burkhardt Müller-Sönksen Marko Mühlstein Jörg Tauss Monika Lazar Dirk Niebel Detlef Müller (Chemnitz) Jella Teuchner Anna Lührmann Hans-Joachim Otto Michael Müller (Düsseldorf) Jörn Thießen Nicole Maisch (Frankfurt) Gesine Multhaupt Franz Thönnes Jerzy Montag Detlef Parr Franz Müntefering Rüdiger Veit Kerstin Müller (Köln) Cornelia Pieper Dr. Rolf Mützenich Simone Violka Winfried Nachtwei Gisela Piltz Andrea Nahles Jörg Vogelsänger Omid Nouripour Frank Schäffler Dr. Erika Ober Dr. Marlies Volkmer Brigitte Pothmer Dr. Konrad Schily Holger Ortel Hedi Wegener Claudia Roth (Augsburg) Marina Schuster Heinz Paula Andreas Weigel Krista Sager Dr. Hermann Otto Solms Johannes Pflug Petra Weis Manuel Sarrazin Carl-Ludwig Thiele Joachim Poß Gunter Weißgerber Elisabeth Scharfenberg Florian Toncar Christoph Pries Gert Weisskirchen Christine Scheel Christoph Waitz Dr. Claudia Winterstein Dr. Wilhelm Priesmeier (Wiesloch) Irmingard Schewe-Gerigk Dr. Volker Wissing Florian Pronold Hildegard Wester Dr. Gerhard Schick Dr. Sascha Raabe Dr. Margrit Wetzel Rainder Steenblock BÜNDNIS 90/ Mechthild Rawert Heidemarie Wieczorek-Zeul Silke Stokar von Neuforn DIE GRÜNEN Steffen Reiche (Cottbus) Dr. Dieter Wiefelspütz Dr. Wolfgang Strengmann- Gerold Reichenbach Engelbert Wistuba Kuhn Dr. Harald Terpe Dr. Carola Reimann Dr. Wolfgang Wodarg Hans-Christian Ströbele 24834 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Anlage 39 (C) Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu dem Antrag: Rentenrechtliche Anerkennung von DDR-Sozialversiche- rungsregelungen für ins Ausland mitreisende Ehepartnerinnen und Ehepartner sowie von im Ausland er- worbenen rentenrechtlichen Zeiten (Tagesordnungspunkt 6 b)

Abgegebene Stimmen: 571; Sabine Zimmermann Erich G. Fritz Gunther Krichbaum davon Jochen-Konrad Fromme Dr. Günter Krings ja: 51 fraktionsloser Dr. Michael Fuchs Dr. Martina Krogmann Abgeordneter Hans-Joachim Fuchtel Dr. Hermann Kues nein: 473 Dr. Peter Gauweiler Dr. Karl A. Lamers Henry Nitzsche enthalten: 42 Dr. Jürgen Gehb (Heidelberg) Norbert Geis Andreas G. Lämmel Ja Nein Eberhard Gienger Dr. Norbert Lammert Michael Glos Helmut Lamp DIE LINKE CDU/CSU Josef Göppel Katharina Landgraf Peter Götz Dr. Max Lehmer Hüseyin-Kenan Aydin Ulrich Adam Dr. Wolfgang Götzer Paul Lehrieder Dr. Dietmar Bartsch Ilse Aigner Ute Granold Ingbert Liebing Karin Binder Peter Albach Eduard Lintner Heidrun Bluhm Peter Altmaier Reinhard Grindel Dr. Klaus W. Lippold Eva Bulling-Schröter Thomas Bareiß Hermann Gröhe Dr. Martina Bunge Norbert Barthle Michael Grosse-Brömer Patricia Lips Roland Claus Dr. Wolf Bauer Markus Grübel Dr. Michael Luther Sevim Dağdelen Günter Baumann Manfred Grund Thomas Mahlberg Dr. Diether Dehm Ernst-Reinhard Beck Monika Grütters Stephan Mayer (Altötting) Werner Dreibus (Reutlingen) Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Wolfgang Meckelburg Dr. Dagmar Enkelmann Veronika Bellmann Guttenberg Dr. Michael Meister Klaus Ernst Dr. Christoph Bergner Olav Gutting Friedrich Merz Diana Golze Otto Bernhardt Holger Haibach Laurenz Meyer (Hamm) Dr. Gregor Gysi Clemens Binninger Gerda Hasselfeldt Maria Michalk Heike Hänsel Renate Blank Michael Hennrich Dr. h. c. Hans Michelbach Lutz Heilmann Peter Bleser Jürgen Herrmann Philipp Mißfelder (B) Hans-Kurt Hill Antje Blumenthal Bernd Heynemann Dr. Eva Möllring (D) Cornelia Hirsch Dr. Maria Böhmer Ernst Hinsken Marlene Mortler Inge Höger Jochen Borchert Christian Hirte Dr. Gerd Müller Dr. Barbara Höll Wolfgang Börnsen Robert Hochbaum Carsten Müller Ulla Jelpke (Bönstrup) Klaus Hofbauer (Braunschweig) Dr. Lukrezia Jochimsen Wolfgang Bosbach Franz-Josef Holzenkamp Stefan Müller (Erlangen) Dr. Hakki Keskin Klaus Brähmig Joachim Hörster Michaela Noll Katja Kipping Michael Brand Anette Hübinger Dr. Georg Nüßlein Monika Knoche Helmut Brandt Hubert Hüppe Franz Obermeier Jan Korte Dr. Ralf Brauksiepe Susanne Jaffke-Witt Eduard Oswald Katrin Kunert Monika Brüning Dr. Peter Jahr Henning Otte Oskar Lafontaine Georg Brunnhuber Dr. Hans-Heinrich Jordan Rita Pawelski Michael Leutert Cajus Caesar Dr. Franz Josef Jung Ulrich Petzold Ulla Lötzer Gitta Connemann Andreas Jung (Konstanz) Dr. Joachim Pfeiffer Dr. Gesine Lötzsch Leo Dautzenberg Bartholomäus Kalb Sibylle Pfeiffer Ulrich Maurer Hubert Deittert Hans-Werner Kammer Beatrix Philipp Dorothée Menzner Alexander Dobrindt Steffen Kampeter Ronald Pofalla Kersten Naumann Thomas Dörflinger Alois Karl Ruprecht Polenz Wolfgang Nešković Marie-Luise Dött Bernhard Kaster Daniela Raab Dr. Norman Paech Dr. Stephan Eisel Volker Kauder Thomas Rachel Petra Pau Anke Eymer (Lübeck) Siegfried Kauder (Villingen- Hans Raidel Bodo Ramelow Ilse Falk Schwenningen) Dr. Peter Ramsauer Elke Reinke Dr. Hans Georg Faust Eckart von Klaeden Peter Rauen Paul Schäfer (Köln) Enak Ferlemann Jürgen Klimke Eckhardt Rehberg Volker Schneider Ingrid Fischbach Julia Klöckner Katherina Reiche (Potsdam) (Saarbrücken) Hartwig Fischer (Göttingen) Jens Koeppen Klaus Riegert Dr. Herbert Schui Dirk Fischer (Hamburg) Dr. Kristina Köhler Dr. Heinz Riesenhuber Dr. Ilja Seifert Axel E. Fischer (Karlsruhe- (Wiesbaden) Franz Romer Dr. Petra Sitte Land) Manfred Kolbe Johannes Röring Frank Spieth Dr. Maria Flachsbarth Norbert Königshofen Kurt J. Rossmanith Dr. Kirsten Tackmann Klaus-Peter Flosbach Dr. Rolf Koschorrek Dr. Norbert Röttgen Dr. Axel Troost Herbert Frankenhauser Hartmut Koschyk Dr. Christian Ruck Alexander Ulrich Dr. Hans-Peter Friedrich Thomas Kossendey Albert Rupprecht (Weiden) Jörn Wunderlich (Hof) Michael Kretschmer Peter Rzepka Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24835

(A) Anita Schäfer (Saalstadt) Klaus Uwe Benneter Dr. Eva Högl René Röspel (C) Hermann-Josef Scharf Dr. Axel Berg Eike Hovermann Dr. Ernst Dieter Rossmann Hartmut Schauerte Ute Berg Klaas Hübner Karin Roth (Esslingen) Dr. Annette Schavan Petra Bierwirth Christel Humme Michael Roth (Heringen) Dr. Andreas Scheuer Lothar Binding (Heidelberg) Lothar Ibrügger Ortwin Runde Karl Schiewerling Volker Blumentritt Johannes Jung (Karlsruhe) Marlene Rupprecht Georg Schirmbeck Kurt Bodewig Josip Juratovic (Tuchenbach) Christian Schmidt (Fürth) Clemens Bollen Johannes Kahrs Anton Schaaf Andreas Schmidt (Mülheim) Gerd Bollmann Ulrich Kasparick Axel Schäfer (Bochum) Ingo Schmitt (Berlin) Dr. Gerhard Botz Dr. h. c. Susanne Kastner Bernd Scheelen Dr. Andreas Schockenhoff Klaus Brandner Ulrich Kelber Dr. Hermann Scheer Dr. Ole Schröder Willi Brase Christian Kleiminger Marianne Schieder Bernhard Schulte-Drüggelte Bernhard Brinkmann Astrid Klug Otto Schily Uwe Schummer (Hildesheim) Dr. Bärbel Kofler Ulla Schmidt (Aachen) Wilhelm Josef Sebastian Edelgard Bulmahn Walter Kolbow Silvia Schmidt (Eisleben) Kurt Segner Marco Bülow Fritz Rudolf Körper Renate Schmidt (Nürnberg) Marion Seib Ulla Burchardt Karin Kortmann Heinz Schmitt (Landau) Bernd Siebert Martin Burkert Rolf Kramer Carsten Schneider (Erfurt) Thomas Silberhorn Dr. Michael Bürsch Anette Kramme Olaf Scholz Johannes Singhammer Christian Carstensen Ernst Kranz Ottmar Schreiner Jens Spahn Marion Caspers-Merk Nicolette Kressl Reinhard Schultz Erika Steinbach Dr. Peter Danckert Volker Kröning (Everswinkel) Christian Freiherr von Stetten Karl Diller Dr. Hans-Ulrich Krüger Swen Schulz (Spandau) Gero Storjohann Martin Dörmann Angelika Krüger-Leißner Ewald Schurer Andreas Storm Dr. Carl-Christian Dressel Jürgen Kucharczyk Frank Schwabe Max Straubinger Elvira Drobinski-Weiß Helga Kühn-Mengel Dr. Angelica Schwall-Düren Matthäus Strebl Detlef Dzembritzki Ute Kumpf Rolf Schwanitz Thomas Strobl (Heilbronn) Sebastian Edathy Dr. Uwe Küster Rita Schwarzelühr-Sutter Lena Strothmann Siegmund Ehrmann Christine Lambrecht Wolfgang Spanier Michael Stübgen Hans Eichel Christian Lange (Backnang) Dr. Margrit Spielmann Hans Peter Thul Petra Ernstberger Waltraud Lehn Jörg-Otto Spiller Antje Tillmann Karin Evers-Meyer Helga Lopez Dieter Steinecke Dr. Hans-Peter Uhl Annette Faße Gabriele Lösekrug-Möller Andreas Steppuhn Arnold Vaatz Elke Ferner Dirk Manzewski Ludwig Stiegler Volkmar Uwe Vogel Rolf Stöckel (B) Gabriele Fograscher Lothar Mark (D) Andrea Astrid Voßhoff Rainer Fornahl Caren Marks Christoph Strässer Gerhard Wächter Gabriele Frechen Katja Mast Dr. Peter Struck Marco Wanderwitz Dagmar Freitag Hilde Mattheis Joachim Stünker Kai Wegner Peter Friedrich Markus Meckel Dr. Rainer Tabillion Marcus Weinberg Sigmar Gabriel Petra Merkel (Berlin) Jörg Tauss Peter Weiß (Emmendingen) Martin Gerster Ulrike Merten Jella Teuchner Gerald Weiß (Groß-Gerau) Iris Gleicke Dr. Matthias Miersch Jörn Thießen Ingo Wellenreuther Renate Gradistanac Ursula Mogg Franz Thönnes Karl-Georg Wellmann Angelika Graf (Rosenheim) Marko Mühlstein Rüdiger Veit Annette Widmann-Mauz Dieter Grasedieck Detlef Müller (Chemnitz) Simone Violka Klaus-Peter Willsch Monika Griefahn Michael Müller (Düsseldorf) Jörg Vogelsänger Willy Wimmer (Neuss) Kerstin Griese Gesine Multhaupt Dr. Marlies Volkmer Elisabeth Winkelmeier- Gabriele Groneberg Franz Müntefering Hedi Wegener Becker Achim Großmann Dr. Rolf Mützenich Andreas Weigel Werner Wittlich Wolfgang Grotthaus Andrea Nahles Petra Weis Dagmar Wöhrl Wolfgang Gunkel Dr. Erika Ober Gunter Weißgerber Wolfgang Zöller Hans-Joachim Hacker Holger Ortel Gert Weisskirchen Willi Zylajew Bettina Hagedorn Heinz Paula (Wiesloch) Klaus Hagemann Johannes Pflug Hildegard Wester SPD Alfred Hartenbach Joachim Poß Dr. Margrit Wetzel Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Lale Akgün Nina Hauer Christoph Pries Dr. Dieter Wiefelspütz Gregor Amann Hubertus Heil Dr. Wilhelm Priesmeier Engelbert Wistuba Dr. h. c. Gerd Andres Dr. Reinhold Hemker Florian Pronold Dr. Wolfgang Wodarg Ingrid Arndt-Brauer Rolf Hempelmann Dr. Sascha Raabe Waltraud Wolff Rainer Arnold Dr. Barbara Hendricks Mechthild Rawert (Wolmirstedt) Ernst Bahr (Neuruppin) Gustav Herzog Steffen Reiche (Cottbus) Heidi Wright Doris Barnett Petra Heß Maik Reichel Uta Zapf Dr. Hans-Peter Bartels Gabriele Hiller-Ohm Gerold Reichenbach Manfred Zöllmer Klaus Barthel Stephan Hilsberg Dr. Carola Reimann Brigitte Zypries Sören Bartol Petra Hinz (Essen) Christel Riemann- Sabine Bätzing Gerd Höfer Hanewinckel FDP Dirk Becker Iris Hoffmann (Wismar) Walter Riester Uwe Beckmeyer Frank Hofmann (Volkach) Sönke Rix Patrick Döring 24836 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Jörg van Essen Thilo Hoppe Wolfgang Wieland Dr. Heinrich L. Kolb (C) Otto Fricke Ute Koczy Josef Philip Winkler Hellmut Königshaus Dr. Werner Hoyer Sylvia Kotting-Uhl Dr. h. c. Jürgen Koppelin Gudrun Kopp Fritz Kuhn Enthalten Heinz Lanfermann Jan Mücke Markus Kurth Sibylle Laurischk Undine Kurth (Quedlinburg) Harald Leibrecht Hartfrid Wolff (Rems-Murr) CDU/CSU Monika Lazar Ina Lenke BÜNDNIS 90/ Anna Lührmann Uda Carmen Freia Heller Markus Löning DIE GRÜNEN Nicole Maisch Dr. Erwin Lotter Jerzy Montag FDP Patrick Meinhardt Marieluise Beck (Bremen) Kerstin Müller (Köln) Burkhardt Müller-Sönksen Cornelia Behm Winfried Nachtwei Jens Ackermann Dirk Niebel Birgitt Bender Omid Nouripour Dr. Karl Addicks Hans-Joachim Otto Alexander Bonde Brigitte Pothmer Uwe Barth (Frankfurt) Ekin Deligöz Claudia Roth (Augsburg) Angelika Brunkhorst Detlef Parr Dr. Thea Dückert Krista Sager Ernst Burgbacher Cornelia Pieper Dr. Uschi Eid Manuel Sarrazin Mechthild Dyckmans Gisela Piltz Hans-Josef Fell Elisabeth Scharfenberg Ulrike Flach Frank Schäffler Kai Gehring Christine Scheel Paul K. Friedhoff Dr. Konrad Schily Katrin Göring-Eckardt Irmingard Schewe-Gerigk Horst Friedrich (Bayreuth) Marina Schuster Britta Haßelmann Dr. Gerhard Schick Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Hermann Otto Solms Bettina Herlitzius Rainder Steenblock Hans-Michael Goldmann Carl-Ludwig Thiele Winfried Hermann Silke Stokar von Neuforn Joachim Günther (Plauen) Florian Toncar Peter Hettlich Dr. Wolfgang Strengmann- Dr. Christel Happach-Kasan Christoph Waitz Priska Hinz (Herborn) Kuhn Heinz-Peter Haustein Dr. Claudia Winterstein Ulrike Höfken Hans-Christian Ströbele Birgit Homburger Dr. Volker Wissing Dr. Anton Hofreiter Dr. Harald Terpe Michael Kauch

Anlage 40 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu dem Antrag: Rentenrechtliche Anerkennung aller freiwilligen Bei- (B) (D) träge aus DDR-Zeiten (Tagesordnungspunkt 6 b)

Abgegebene Stimmen: 571; Ulla Jelpke fraktionsloser Klaus Brähmig davon Dr. Lukrezia Jochimsen Abgeordneter Michael Brand Dr. Hakki Keskin Helmut Brandt ja: 51 Henry Nitzsche Katja Kipping Dr. Ralf Brauksiepe nein: 470 Monika Knoche Monika Brüning enthalten: 45 Jan Korte Nein Georg Brunnhuber Katrin Kunert Cajus Caesar Ja Oskar Lafontaine CDU/CSU Gitta Connemann Michael Leutert Leo Dautzenberg Ulrich Adam Ulla Lötzer Hubert Deittert DIE LINKE Ilse Aigner Dr. Gesine Lötzsch Alexander Dobrindt Peter Albach Hüseyin-Kenan Aydin Ulrich Maurer Thomas Dörflinger Peter Altmaier Dr. Dietmar Bartsch Dorothée Menzner Marie-Luise Dött Karin Binder Kersten Naumann Thomas Bareiß Dr. Stephan Eisel Heidrun Bluhm Wolfgang Nešković Norbert Barthle Anke Eymer (Lübeck) Eva Bulling-Schröter Dr. Norman Paech Dr. Wolf Bauer Ilse Falk Dr. Martina Bunge Petra Pau Günter Baumann Dr. Hans Georg Faust Roland Claus Bodo Ramelow Ernst-Reinhard Beck Enak Ferlemann Sevim Dağdelen Elke Reinke (Reutlingen) Ingrid Fischbach Dr. Diether Dehm Paul Schäfer (Köln) Veronika Bellmann Hartwig Fischer (Göttingen) Werner Dreibus Volker Schneider Dr. Christoph Bergner Dirk Fischer (Hamburg) Dr. Dagmar Enkelmann (Saarbrücken) Otto Bernhardt Axel E. Fischer (Karlsruhe- Klaus Ernst Dr. Herbert Schui Clemens Binninger Land) Diana Golze Dr. Ilja Seifert Renate Blank Dr. Maria Flachsbarth Dr. Gregor Gysi Dr. Petra Sitte Peter Bleser Klaus-Peter Flosbach Heike Hänsel Frank Spieth Antje Blumenthal Herbert Frankenhauser Lutz Heilmann Dr. Kirsten Tackmann Dr. Maria Böhmer Dr. Hans-Peter Friedrich Hans-Kurt Hill Dr. Axel Troost Jochen Borchert (Hof) Cornelia Hirsch Alexander Ulrich Wolfgang Börnsen Erich G. Fritz Inge Höger Jörn Wunderlich (Bönstrup) Jochen-Konrad Fromme Dr. Barbara Höll Sabine Zimmermann Wolfgang Bosbach Dr. Michael Fuchs Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24837

(A) Hans-Joachim Fuchtel Paul Lehrieder Johannes Singhammer Christian Carstensen (C) Dr. Peter Gauweiler Ingbert Liebing Jens Spahn Marion Caspers-Merk Dr. Jürgen Gehb Eduard Lintner Erika Steinbach Dr. Peter Danckert Norbert Geis Dr. Klaus W. Lippold Christian Freiherr von Stetten Karl Diller Eberhard Gienger Patricia Lips Gero Storjohann Martin Dörmann Michael Glos Dr. Michael Luther Andreas Storm Dr. Carl-Christian Dressel Josef Göppel Thomas Mahlberg Max Straubinger Elvira Drobinski-Weiß Peter Götz Stephan Mayer (Altötting) Matthäus Strebl Detlef Dzembritzki Dr. Wolfgang Götzer Wolfgang Meckelburg Thomas Strobl (Heilbronn) Sebastian Edathy Ute Granold Dr. Michael Meister Lena Strothmann Siegmund Ehrmann Reinhard Grindel Friedrich Merz Michael Stübgen Hans Eichel Hermann Gröhe Laurenz Meyer (Hamm) Hans Peter Thul Petra Ernstberger Michael Grosse-Brömer Maria Michalk Antje Tillmann Karin Evers-Meyer Markus Grübel Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Hans-Peter Uhl Annette Faße Manfred Grund Philipp Mißfelder Arnold Vaatz Elke Ferner Monika Grütters Dr. Eva Möllring Volkmar Uwe Vogel Gabriele Fograscher Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Marlene Mortler Andrea Astrid Voßhoff Rainer Fornahl Guttenberg Dr. Gerd Müller Gerhard Wächter Gabriele Frechen Olav Gutting Carsten Müller Marco Wanderwitz Dagmar Freitag Holger Haibach (Braunschweig) Kai Wegner Peter Friedrich Gerda Hasselfeldt Stefan Müller (Erlangen) Marcus Weinberg Sigmar Gabriel Michael Hennrich Michaela Noll Peter Weiß (Emmendingen) Martin Gerster Jürgen Herrmann Dr. Georg Nüßlein Gerald Weiß (Groß-Gerau) Iris Gleicke Bernd Heynemann Franz Obermeier Ingo Wellenreuther Renate Gradistanac Ernst Hinsken Eduard Oswald Karl-Georg Wellmann Angelika Graf (Rosenheim) Christian Hirte Henning Otte Annette Widmann-Mauz Dieter Grasedieck Robert Hochbaum Rita Pawelski Klaus-Peter Willsch Monika Griefahn Klaus Hofbauer Ulrich Petzold Willy Wimmer (Neuss) Kerstin Griese Franz-Josef Holzenkamp Dr. Joachim Pfeiffer Elisabeth Winkelmeier- Gabriele Groneberg Joachim Hörster Sibylle Pfeiffer Becker Achim Großmann Anette Hübinger Beatrix Philipp Werner Wittlich Wolfgang Grotthaus Hubert Hüppe Ronald Pofalla Dagmar Wöhrl Wolfgang Gunkel Susanne Jaffke-Witt Ruprecht Polenz Wolfgang Zöller Hans-Joachim Hacker Dr. Peter Jahr Daniela Raab Willi Zylajew Bettina Hagedorn (B) Dr. Hans-Heinrich Jordan Thomas Rachel Klaus Hagemann (D) Dr. Franz Josef Jung Hans Raidel SPD Alfred Hartenbach Andreas Jung (Konstanz) Dr. Peter Ramsauer Dr. Lale Akgün Nina Hauer Bartholomäus Kalb Peter Rauen Gregor Amann Hubertus Heil Hans-Werner Kammer Eckhardt Rehberg Dr. h. c. Gerd Andres Dr. Reinhold Hemker Steffen Kampeter Katherina Reiche (Potsdam) Ingrid Arndt-Brauer Rolf Hempelmann Alois Karl Klaus Riegert Rainer Arnold Dr. Barbara Hendricks Bernhard Kaster Dr. Heinz Riesenhuber Ernst Bahr (Neuruppin) Gustav Herzog Volker Kauder Franz Romer Doris Barnett Petra Heß Siegfried Kauder (Villingen- Johannes Röring Dr. Hans-Peter Bartels Gabriele Hiller-Ohm Schwenningen) Kurt J. Rossmanith Klaus Barthel Stephan Hilsberg Eckart von Klaeden Dr. Norbert Röttgen Sören Bartol Petra Hinz (Essen) Jürgen Klimke Dr. Christian Ruck Sabine Bätzing Gerd Höfer Julia Klöckner Albert Rupprecht (Weiden) Dirk Becker Iris Hoffmann (Wismar) Jens Koeppen Peter Rzepka Uwe Beckmeyer Frank Hofmann (Volkach) Dr. Kristina Köhler Anita Schäfer (Saalstadt) Klaus Uwe Benneter Dr. Eva Högl (Wiesbaden) Hermann-Josef Scharf Dr. Axel Berg Eike Hovermann Manfred Kolbe Hartmut Schauerte Ute Berg Klaas Hübner Norbert Königshofen Dr. Annette Schavan Petra Bierwirth Christel Humme Dr. Rolf Koschorrek Dr. Andreas Scheuer Lothar Binding (Heidelberg) Lothar Ibrügger Hartmut Koschyk Karl Schiewerling Volker Blumentritt Johannes Jung (Karlsruhe) Thomas Kossendey Georg Schirmbeck Kurt Bodewig Josip Juratovic Michael Kretschmer Christian Schmidt (Fürth) Clemens Bollen Johannes Kahrs Gunther Krichbaum Andreas Schmidt (Mülheim) Gerd Bollmann Ulrich Kasparick Dr. Günter Krings Ingo Schmitt (Berlin) Dr. Gerhard Botz Dr. h. c. Susanne Kastner Dr. Martina Krogmann Dr. Andreas Schockenhoff Klaus Brandner Ulrich Kelber Dr. Hermann Kues Dr. Ole Schröder Willi Brase Christian Kleiminger Dr. Karl A. Lamers Bernhard Schulte-Drüggelte Bernhard Brinkmann Astrid Klug (Heidelberg) Uwe Schummer (Hildesheim) Dr. Bärbel Kofler Andreas G. Lämmel Wilhelm Josef Sebastian Edelgard Bulmahn Walter Kolbow Dr. Norbert Lammert Kurt Segner Marco Bülow Fritz Rudolf Körper Helmut Lamp Marion Seib Ulla Burchardt Karin Kortmann Katharina Landgraf Bernd Siebert Martin Burkert Rolf Kramer Dr. Max Lehmer Thomas Silberhorn Dr. Michael Bürsch Anette Kramme 24838 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Ernst Kranz Marianne Schieder Dr. Werner Hoyer SPD (C) Nicolette Kressl Otto Schily Gudrun Kopp Maik Reichel Volker Kröning Ulla Schmidt (Aachen) Jan Mücke Silvia Schmidt (Eisleben) Dr. Hans-Ulrich Krüger Renate Schmidt (Nürnberg) Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Angelika Krüger-Leißner Heinz Schmitt (Landau) Jürgen Kucharczyk Carsten Schneider (Erfurt) BÜNDNIS 90/ FDP Helga Kühn-Mengel Olaf Scholz DIE GRÜNEN Jens Ackermann Ute Kumpf Ottmar Schreiner Marieluise Beck (Bremen) Dr. Karl Addicks Dr. Uwe Küster Reinhard Schultz Cornelia Behm Uwe Barth Christine Lambrecht (Everswinkel) Birgitt Bender Angelika Brunkhorst Christian Lange (Backnang) Swen Schulz (Spandau) Alexander Bonde Ernst Burgbacher Waltraud Lehn Ewald Schurer Ekin Deligöz Mechthild Dyckmans Helga Lopez Frank Schwabe Dr. Thea Dückert Ulrike Flach Gabriele Lösekrug-Möller Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Uschi Eid Paul K. Friedhoff Dirk Manzewski Rolf Schwanitz Hans-Josef Fell Horst Friedrich (Bayreuth) Lothar Mark Rita Schwarzelühr-Sutter Kai Gehring Dr. Edmund Peter Geisen Caren Marks Wolfgang Spanier Katrin Göring-Eckardt Hans-Michael Goldmann Katja Mast Dr. Margrit Spielmann Britta Haßelmann Hilde Mattheis Jörg-Otto Spiller Joachim Günther (Plauen) Bettina Herlitzius Markus Meckel Dieter Steinecke Dr. Christel Happach-Kasan Winfried Hermann Petra Merkel (Berlin) Andreas Steppuhn Heinz-Peter Haustein Peter Hettlich Ulrike Merten Ludwig Stiegler Birgit Homburger Priska Hinz (Herborn) Dr. Matthias Miersch Rolf Stöckel Michael Kauch Ulrike Höfken Ursula Mogg Christoph Strässer Dr. Heinrich L. Kolb Dr. Anton Hofreiter Marko Mühlstein Dr. Peter Struck Hellmut Königshaus Thilo Hoppe Detlef Müller (Chemnitz) Joachim Stünker Dr. h. c. Jürgen Koppelin Ute Koczy Michael Müller (Düsseldorf) Dr. Rainer Tabillion Heinz Lanfermann Sylvia Kotting-Uhl Gesine Multhaupt Jörg Tauss Sibylle Laurischk Fritz Kuhn Franz Müntefering Jella Teuchner Harald Leibrecht Markus Kurth Dr. Rolf Mützenich Jörn Thießen Ina Lenke Undine Kurth (Quedlinburg) Andrea Nahles Franz Thönnes Markus Löning Monika Lazar Dr. Erika Ober Rüdiger Veit Dr. Erwin Lotter Anna Lührmann Holger Ortel Simone Violka Nicole Maisch Patrick Meinhardt Heinz Paula Jörg Vogelsänger Jerzy Montag Burkhardt Müller-Sönksen (B) Johannes Pflug Dr. Marlies Volkmer (D) Kerstin Müller (Köln) Dirk Niebel Joachim Poß Hedi Wegener Winfried Nachtwei Hans-Joachim Otto Christoph Pries Andreas Weigel Omid Nouripour (Frankfurt) Dr. Wilhelm Priesmeier Petra Weis Florian Pronold Brigitte Pothmer Detlef Parr Gunter Weißgerber Cornelia Pieper Dr. Sascha Raabe Gert Weisskirchen Claudia Roth (Augsburg) Mechthild Rawert Krista Sager Gisela Piltz (Wiesloch) Frank Schäffler Steffen Reiche (Cottbus) Hildegard Wester Manuel Sarrazin Dr. Konrad Schily Gerold Reichenbach Dr. Margrit Wetzel Elisabeth Scharfenberg Marina Schuster Dr. Carola Reimann Heidemarie Wieczorek-Zeul Christine Scheel Dr. Hermann Otto Solms Christel Riemann- Dr. Dieter Wiefelspütz Irmingard Schewe-Gerigk Hanewinckel Engelbert Wistuba Dr. Gerhard Schick Carl-Ludwig Thiele Walter Riester Dr. Wolfgang Wodarg Rainder Steenblock Florian Toncar Sönke Rix Waltraud Wolff Silke Stokar von Neuforn Christoph Waitz René Röspel (Wolmirstedt) Dr. Wolfgang Strengmann- Dr. Claudia Winterstein Dr. Ernst Dieter Rossmann Heidi Wright Kuhn Dr. Volker Wissing Karin Roth (Esslingen) Uta Zapf Hans-Christian Ströbele Michael Roth (Heringen) Manfred Zöllmer Dr. Harald Terpe BÜNDNIS 90/ Ortwin Runde Brigitte Zypries Josef Philip Winkler DIE GRÜNEN Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Wolfgang Wieland FDP Anton Schaaf Enthalten Axel Schäfer (Bochum) Patrick Döring CDU/CSU Bernd Scheelen Jörg van Essen Dr. Hermann Scheer Otto Fricke Uda Carmen Freia Heller Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24839

(A) Anlage 41 (C) Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu dem Antrag: Kein Versorgungsunrecht bei den Zusatz- und Sonder- versorgungen der DDR (Tagesordnungspunkt 6 b)

Abgegebene Stimmen: 571; fraktionsloser Hans-Joachim Fuchtel Dr. Karl A. Lamers davon Abgeordneter Dr. Peter Gauweiler (Heidelberg) Dr. Jürgen Gehb Andreas G. Lämmel ja: 51 Henry Nitzsche Norbert Geis Dr. Norbert Lammert nein: 474 Eberhard Gienger Helmut Lamp enthalten: 41 Nein Michael Glos Katharina Landgraf Josef Göppel Dr. Max Lehmer Ja CDU/CSU Peter Götz Paul Lehrieder Ulrich Adam Dr. Wolfgang Götzer Ingbert Liebing Eduard Lintner DIE LINKE Ilse Aigner Ute Granold Reinhard Grindel Dr. Klaus W. Lippold Peter Albach Hüseyin-Kenan Aydin Hermann Gröhe Patricia Lips Peter Altmaier Dr. Dietmar Bartsch Michael Grosse-Brömer Dr. Michael Luther Thomas Bareiß Karin Binder Markus Grübel Thomas Mahlberg Norbert Barthle Heidrun Bluhm Manfred Grund Stephan Mayer (Altötting) Dr. Wolf Bauer Eva Bulling-Schröter Monika Grütters Wolfgang Meckelburg Günter Baumann Dr. Martina Bunge Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Dr. Michael Meister Ernst-Reinhard Beck Roland Claus Guttenberg Friedrich Merz (Reutlingen) Sevim Dağdelen Olav Gutting Laurenz Meyer (Hamm) Veronika Bellmann Dr. Diether Dehm Holger Haibach Maria Michalk Werner Dreibus Dr. Christoph Bergner Gerda Hasselfeldt Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Dagmar Enkelmann Otto Bernhardt Uda Carmen Freia Heller Philipp Mißfelder Klaus Ernst Clemens Binninger Michael Hennrich Dr. Eva Möllring Diana Golze Renate Blank Jürgen Herrmann Marlene Mortler Dr. Gregor Gysi Peter Bleser Bernd Heynemann Dr. Gerd Müller Heike Hänsel Antje Blumenthal Ernst Hinsken Carsten Müller Lutz Heilmann Dr. Maria Böhmer Christian Hirte (Braunschweig) Hans-Kurt Hill Jochen Borchert Robert Hochbaum Stefan Müller (Erlangen) (B) Cornelia Hirsch Wolfgang Börnsen Klaus Hofbauer Michaela Noll (D) Inge Höger (Bönstrup) Franz-Josef Holzenkamp Dr. Georg Nüßlein Dr. Barbara Höll Wolfgang Bosbach Joachim Hörster Franz Obermeier Ulla Jelpke Klaus Brähmig Anette Hübinger Eduard Oswald Dr. Lukrezia Jochimsen Michael Brand Hubert Hüppe Henning Otte Dr. Hakki Keskin Helmut Brandt Susanne Jaffke-Witt Rita Pawelski Katja Kipping Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Peter Jahr Ulrich Petzold Monika Knoche Monika Brüning Dr. Hans-Heinrich Jordan Dr. Joachim Pfeiffer Jan Korte Georg Brunnhuber Dr. Franz Josef Jung Sibylle Pfeiffer Katrin Kunert Cajus Caesar Andreas Jung (Konstanz) Beatrix Philipp Oskar Lafontaine Gitta Connemann Bartholomäus Kalb Ronald Pofalla Michael Leutert Leo Dautzenberg Hans-Werner Kammer Ruprecht Polenz Ulla Lötzer Hubert Deittert Steffen Kampeter Daniela Raab Dr. Gesine Lötzsch Alexander Dobrindt Alois Karl Thomas Rachel Ulrich Maurer Thomas Dörflinger Bernhard Kaster Hans Raidel Dorothée Menzner Marie-Luise Dött Volker Kauder Dr. Peter Ramsauer Kersten Naumann Dr. Stephan Eisel Siegfried Kauder (Villingen- Peter Rauen Wolfgang Nešković Anke Eymer (Lübeck) Schwenningen) Eckhardt Rehberg Dr. Norman Paech Ilse Falk Eckart von Klaeden Katherina Reiche (Potsdam) Petra Pau Dr. Hans Georg Faust Jürgen Klimke Klaus Riegert Bodo Ramelow Enak Ferlemann Julia Klöckner Dr. Heinz Riesenhuber Elke Reinke Ingrid Fischbach Jens Koeppen Franz Romer Paul Schäfer (Köln) Hartwig Fischer (Göttingen) Dr. Kristina Köhler Johannes Röring Volker Schneider Dirk Fischer (Hamburg) (Wiesbaden) Kurt J. Rossmanith (Saarbrücken) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Manfred Kolbe Dr. Norbert Röttgen Dr. Herbert Schui Land) Norbert Königshofen Dr. Christian Ruck Dr. Ilja Seifert Dr. Maria Flachsbarth Dr. Rolf Koschorrek Albert Rupprecht (Weiden) Dr. Petra Sitte Klaus-Peter Flosbach Hartmut Koschyk Peter Rzepka Frank Spieth Herbert Frankenhauser Thomas Kossendey Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Kirsten Tackmann Dr. Hans-Peter Friedrich Michael Kretschmer Hermann-Josef Scharf Dr. Axel Troost (Hof) Gunther Krichbaum Hartmut Schauerte Alexander Ulrich Erich G. Fritz Dr. Günter Krings Dr. Annette Schavan Jörn Wunderlich Jochen-Konrad Fromme Dr. Martina Krogmann Dr. Andreas Scheuer Sabine Zimmermann Dr. Michael Fuchs Dr. Hermann Kues Karl Schiewerling 24840 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Georg Schirmbeck Kurt Bodewig Josip Juratovic Anton Schaaf (C) Christian Schmidt (Fürth) Clemens Bollen Johannes Kahrs Axel Schäfer (Bochum) Andreas Schmidt (Mülheim) Gerd Bollmann Ulrich Kasparick Bernd Scheelen Ingo Schmitt (Berlin) Dr. Gerhard Botz Dr. h. c. Susanne Kastner Dr. Hermann Scheer Dr. Andreas Schockenhoff Klaus Brandner Ulrich Kelber Marianne Schieder Dr. Ole Schröder Willi Brase Christian Kleiminger Otto Schily Bernhard Schulte-Drüggelte Bernhard Brinkmann Astrid Klug Ulla Schmidt (Aachen) Uwe Schummer (Hildesheim) Dr. Bärbel Kofler Silvia Schmidt (Eisleben) Wilhelm Josef Sebastian Edelgard Bulmahn Walter Kolbow Renate Schmidt (Nürnberg) Kurt Segner Marco Bülow Fritz Rudolf Körper Heinz Schmitt (Landau) Marion Seib Ulla Burchardt Karin Kortmann Carsten Schneider (Erfurt) Bernd Siebert Martin Burkert Rolf Kramer Olaf Scholz Thomas Silberhorn Dr. Michael Bürsch Anette Kramme Ottmar Schreiner Johannes Singhammer Christian Carstensen Ernst Kranz Reinhard Schultz Jens Spahn Marion Caspers-Merk Nicolette Kressl (Everswinkel) Erika Steinbach Dr. Peter Danckert Volker Kröning Swen Schulz (Spandau) Christian Freiherr von Stetten Karl Diller Dr. Hans-Ulrich Krüger Ewald Schurer Gero Storjohann Martin Dörmann Angelika Krüger-Leißner Frank Schwabe Andreas Storm Dr. Carl-Christian Dressel Jürgen Kucharczyk Dr. Angelica Schwall-Düren Max Straubinger Elvira Drobinski-Weiß Helga Kühn-Mengel Rolf Schwanitz Matthäus Strebl Detlef Dzembritzki Ute Kumpf Rita Schwarzelühr-Sutter Thomas Strobl (Heilbronn) Sebastian Edathy Dr. Uwe Küster Wolfgang Spanier Christine Lambrecht Lena Strothmann Siegmund Ehrmann Dr. Margrit Spielmann Christian Lange (Backnang) Michael Stübgen Hans Eichel Jörg-Otto Spiller Waltraud Lehn Hans Peter Thul Petra Ernstberger Dieter Steinecke Helga Lopez Antje Tillmann Karin Evers-Meyer Andreas Steppuhn Gabriele Lösekrug-Möller Dr. Hans-Peter Uhl Annette Faße Ludwig Stiegler Arnold Vaatz Elke Ferner Dirk Manzewski Lothar Mark Rolf Stöckel Volkmar Uwe Vogel Gabriele Fograscher Christoph Strässer Andrea Astrid Voßhoff Rainer Fornahl Caren Marks Katja Mast Dr. Peter Struck Gerhard Wächter Gabriele Frechen Joachim Stünker Marco Wanderwitz Hilde Mattheis Dagmar Freitag Dr. Rainer Tabillion Kai Wegner Markus Meckel Peter Friedrich Jörg Tauss Marcus Weinberg Sigmar Gabriel Petra Merkel (Berlin) Ulrike Merten Jella Teuchner Peter Weiß (Emmendingen) Martin Gerster (B) Dr. Matthias Miersch Jörn Thießen (D) Gerald Weiß (Groß-Gerau) Iris Gleicke Ursula Mogg Franz Thönnes Ingo Wellenreuther Renate Gradistanac Marko Mühlstein Rüdiger Veit Karl-Georg Wellmann Angelika Graf (Rosenheim) Detlef Müller (Chemnitz) Simone Violka Annette Widmann-Mauz Dieter Grasedieck Michael Müller (Düsseldorf) Jörg Vogelsänger Klaus-Peter Willsch Monika Griefahn Gesine Multhaupt Dr. Marlies Volkmer Willy Wimmer (Neuss) Kerstin Griese Franz Müntefering Hedi Wegener Elisabeth Winkelmeier- Gabriele Groneberg Becker Dr. Rolf Mützenich Andreas Weigel Achim Großmann Andrea Nahles Petra Weis Werner Wittlich Wolfgang Grotthaus Dagmar Wöhrl Dr. Erika Ober Gunter Weißgerber Wolfgang Gunkel Holger Ortel Gert Weisskirchen Wolfgang Zöller Hans-Joachim Hacker Willi Zylajew Heinz Paula (Wiesloch) Bettina Hagedorn Johannes Pflug Hildegard Wester Klaus Hagemann SPD Joachim Poß Dr. Margrit Wetzel Alfred Hartenbach Christoph Pries Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Lale Akgün Nina Hauer Dr. Wilhelm Priesmeier Dr. Dieter Wiefelspütz Gregor Amann Hubertus Heil Florian Pronold Engelbert Wistuba Dr. h. c. Gerd Andres Dr. Reinhold Hemker Dr. Sascha Raabe Dr. Wolfgang Wodarg Ingrid Arndt-Brauer Rolf Hempelmann Mechthild Rawert Waltraud Wolff Rainer Arnold Dr. Barbara Hendricks Steffen Reiche (Cottbus) (Wolmirstedt) Ernst Bahr (Neuruppin) Gustav Herzog Maik Reichel Heidi Wright Doris Barnett Petra Heß Gerold Reichenbach Uta Zapf Dr. Hans-Peter Bartels Gabriele Hiller-Ohm Dr. Carola Reimann Manfred Zöllmer Klaus Barthel Stephan Hilsberg Christel Riemann- Brigitte Zypries Sören Bartol Petra Hinz (Essen) Hanewinckel Sabine Bätzing Gerd Höfer Walter Riester FDP Dirk Becker Iris Hoffmann (Wismar) Sönke Rix Uwe Beckmeyer Frank Hofmann (Volkach) René Röspel Patrick Döring Klaus Uwe Benneter Dr. Eva Högl Dr. Ernst Dieter Rossmann Jörg van Essen Dr. Axel Berg Eike Hovermann Karin Roth (Esslingen) Otto Fricke Ute Berg Klaas Hübner Michael Roth (Heringen) Dr. Werner Hoyer Petra Bierwirth Christel Humme Ortwin Runde Gudrun Kopp Lothar Binding (Heidelberg) Lothar Ibrügger Marlene Rupprecht Jan Mücke Volker Blumentritt Johannes Jung (Karlsruhe) (Tuchenbach) Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24841

(A) BÜNDNIS 90/ Undine Kurth (Quedlinburg) Enthalten Harald Leibrecht (C) DIE GRÜNEN Monika Lazar Ina Lenke FDP Marieluise Beck (Bremen) Anna Lührmann Markus Löning Cornelia Behm Nicole Maisch Jens Ackermann Dr. Erwin Lotter Birgitt Bender Jerzy Montag Dr. Karl Addicks Patrick Meinhardt Alexander Bonde Kerstin Müller (Köln) Uwe Barth Burkhardt Müller-Sönksen Ekin Deligöz Winfried Nachtwei Angelika Brunkhorst Dirk Niebel Dr. Thea Dückert Omid Nouripour Ernst Burgbacher Hans-Joachim Otto Dr. Uschi Eid Brigitte Pothmer Mechthild Dyckmans (Frankfurt) Hans-Josef Fell Claudia Roth (Augsburg) Ulrike Flach Detlef Parr Kai Gehring Krista Sager Paul K. Friedhoff Cornelia Pieper Katrin Göring-Eckardt Manuel Sarrazin Horst Friedrich (Bayreuth) Gisela Piltz Elisabeth Scharfenberg Britta Haßelmann Dr. Edmund Peter Geisen Frank Schäffler Christine Scheel Bettina Herlitzius Hans-Michael Goldmann Dr. Konrad Schily Winfried Hermann Irmingard Schewe-Gerigk Joachim Günther (Plauen) Marina Schuster Peter Hettlich Dr. Gerhard Schick Dr. Christel Happach-Kasan Dr. Hermann Otto Solms Priska Hinz (Herborn) Rainder Steenblock Heinz-Peter Haustein Carl-Ludwig Thiele Ulrike Höfken Silke Stokar von Neuforn Birgit Homburger Dr. Anton Hofreiter Dr. Wolfgang Strengmann- Michael Kauch Florian Toncar Thilo Hoppe Kuhn Dr. Heinrich L. Kolb Christoph Waitz Ute Koczy Hans-Christian Ströbele Hellmut Königshaus Dr. Claudia Winterstein Sylvia Kotting-Uhl Dr. Harald Terpe Dr. h. c. Jürgen Koppelin Dr. Volker Wissing Fritz Kuhn Wolfgang Wieland Heinz Lanfermann Markus Kurth Josef Philip Winkler Sibylle Laurischk

Anlage 42 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu dem Antrag: Regelung der Ansprüche und Anwartschaften auf Alterssicherung für Angehörige der Deutschen Reichsbahn (Tagesordnungspunkt 6 b) (B) (D) Abgegebene Stimmen: 571; Diana Golze Dr. Petra Sitte Antje Blumenthal davon Dr. Gregor Gysi Frank Spieth Dr. Maria Böhmer ja: 57 Heike Hänsel Dr. Kirsten Tackmann Jochen Borchert Lutz Heilmann Dr. Axel Troost Wolfgang Börnsen nein: 462 Hans-Kurt Hill Alexander Ulrich (Bönstrup) enthalten: 47 Cornelia Hirsch Jörn Wunderlich Wolfgang Bosbach Inge Höger Sabine Zimmermann Klaus Brähmig Ja Dr. Barbara Höll Michael Brand Ulla Jelpke fraktionsloser Helmut Brandt SPD Dr. Lukrezia Jochimsen Abgeordneter Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Hakki Keskin Monika Brüning Wolfgang Gunkel Henry Nitzsche Katja Kipping Georg Brunnhuber Detlef Müller (Chemnitz) Monika Knoche Cajus Caesar Steffen Reiche (Cottbus) Jan Korte Nein Gitta Connemann Maik Reichel Katrin Kunert Leo Dautzenberg Dr. Marlies Volkmer Oskar Lafontaine CDU/CSU Hubert Deittert Waltraud Wolff Michael Leutert Alexander Dobrindt (Wolmirstedt) Ulrich Adam Ulla Lötzer Ilse Aigner Thomas Dörflinger Dr. Gesine Lötzsch Marie-Luise Dött DIE LINKE Peter Albach Ulrich Maurer Peter Altmaier Dr. Stephan Eisel Hüseyin-Kenan Aydin Dorothée Menzner Thomas Bareiß Anke Eymer (Lübeck) Dr. Dietmar Bartsch Kersten Naumann Norbert Barthle Ilse Falk Karin Binder Wolfgang Nešković Dr. Wolf Bauer Dr. Hans Georg Faust Heidrun Bluhm Dr. Norman Paech Günter Baumann Enak Ferlemann Eva Bulling-Schröter Petra Pau Ernst-Reinhard Beck Ingrid Fischbach Dr. Martina Bunge Bodo Ramelow (Reutlingen) Hartwig Fischer (Göttingen) Roland Claus Elke Reinke Veronika Bellmann Dirk Fischer (Hamburg) Sevim Dağdelen Paul Schäfer (Köln) Dr. Christoph Bergner Axel E. Fischer (Karlsruhe- Dr. Diether Dehm Volker Schneider Otto Bernhardt Land) Werner Dreibus (Saarbrücken) Clemens Binninger Dr. Maria Flachsbarth Dr. Dagmar Enkelmann Dr. Herbert Schui Renate Blank Klaus-Peter Flosbach Klaus Ernst Dr. Ilja Seifert Peter Bleser Herbert Frankenhauser 24842 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Dr. Hans-Peter Friedrich Andreas G. Lämmel Wilhelm Josef Sebastian Edelgard Bulmahn (C) (Hof) Dr. Norbert Lammert Kurt Segner Marco Bülow Erich G. Fritz Helmut Lamp Marion Seib Ulla Burchardt Jochen-Konrad Fromme Katharina Landgraf Bernd Siebert Dr. Michael Bürsch Dr. Michael Fuchs Dr. Max Lehmer Thomas Silberhorn Christian Carstensen Hans-Joachim Fuchtel Paul Lehrieder Johannes Singhammer Marion Caspers-Merk Dr. Peter Gauweiler Ingbert Liebing Jens Spahn Karl Diller Dr. Jürgen Gehb Eduard Lintner Erika Steinbach Martin Dörmann Norbert Geis Dr. Klaus W. Lippold Christian Freiherr von Stetten Dr. Carl-Christian Dressel Eberhard Gienger Patricia Lips Gero Storjohann Elvira Drobinski-Weiß Michael Glos Dr. Michael Luther Andreas Storm Detlef Dzembritzki Josef Göppel Thomas Mahlberg Max Straubinger Sebastian Edathy Peter Götz Stephan Mayer (Altötting) Matthäus Strebl Siegmund Ehrmann Dr. Wolfgang Götzer Wolfgang Meckelburg Thomas Strobl (Heilbronn) Hans Eichel Ute Granold Dr. Michael Meister Lena Strothmann Petra Ernstberger Reinhard Grindel Friedrich Merz Michael Stübgen Karin Evers-Meyer Hermann Gröhe Laurenz Meyer (Hamm) Hans Peter Thul Annette Faße Michael Grosse-Brömer Maria Michalk Antje Tillmann Elke Ferner Markus Grübel Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Hans-Peter Uhl Gabriele Fograscher Manfred Grund Philipp Mißfelder Arnold Vaatz Rainer Fornahl Monika Grütters Dr. Eva Möllring Volkmar Uwe Vogel Gabriele Frechen Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Marlene Mortler Andrea Astrid Voßhoff Dagmar Freitag Guttenberg Dr. Gerd Müller Gerhard Wächter Peter Friedrich Olav Gutting Carsten Müller Marco Wanderwitz Sigmar Gabriel Holger Haibach (Braunschweig) Kai Wegner Martin Gerster Gerda Hasselfeldt Stefan Müller (Erlangen) Marcus Weinberg Iris Gleicke Michael Hennrich Michaela Noll Peter Weiß (Emmendingen) Renate Gradistanac Jürgen Herrmann Dr. Georg Nüßlein Gerald Weiß (Groß-Gerau) Angelika Graf (Rosenheim) Bernd Heynemann Franz Obermeier Ingo Wellenreuther Dieter Grasedieck Ernst Hinsken Eduard Oswald Karl-Georg Wellmann Monika Griefahn Christian Hirte Henning Otte Annette Widmann-Mauz Kerstin Griese Robert Hochbaum Rita Pawelski Klaus-Peter Willsch Gabriele Groneberg Klaus Hofbauer Ulrich Petzold Willy Wimmer (Neuss) Achim Großmann Franz-Josef Holzenkamp Dr. Joachim Pfeiffer Elisabeth Winkelmeier- Wolfgang Grotthaus Becker (B) Joachim Hörster Sibylle Pfeiffer Hans-Joachim Hacker (D) Anette Hübinger Beatrix Philipp Werner Wittlich Bettina Hagedorn Hubert Hüppe Ronald Pofalla Dagmar Wöhrl Klaus Hagemann Susanne Jaffke-Witt Ruprecht Polenz Wolfgang Zöller Alfred Hartenbach Dr. Peter Jahr Daniela Raab Willi Zylajew Nina Hauer Dr. Hans-Heinrich Jordan Thomas Rachel Hubertus Heil Dr. Franz Josef Jung Hans Raidel SPD Dr. Reinhold Hemker Andreas Jung (Konstanz) Dr. Peter Ramsauer Dr. Lale Akgün Rolf Hempelmann Bartholomäus Kalb Peter Rauen Gregor Amann Dr. Barbara Hendricks Hans-Werner Kammer Eckhardt Rehberg Dr. h. c. Gerd Andres Gustav Herzog Steffen Kampeter Katherina Reiche (Potsdam) Ingrid Arndt-Brauer Gabriele Hiller-Ohm Alois Karl Klaus Riegert Rainer Arnold Stephan Hilsberg Bernhard Kaster Dr. Heinz Riesenhuber Ernst Bahr (Neuruppin) Petra Hinz (Essen) Volker Kauder Franz Romer Doris Barnett Gerd Höfer Siegfried Kauder (Villingen- Johannes Röring Dr. Hans-Peter Bartels Iris Hoffmann (Wismar) Schwenningen) Kurt J. Rossmanith Klaus Barthel Frank Hofmann (Volkach) Eckart von Klaeden Dr. Norbert Röttgen Sören Bartol Dr. Eva Högl Jürgen Klimke Dr. Christian Ruck Sabine Bätzing Eike Hovermann Julia Klöckner Albert Rupprecht (Weiden) Dirk Becker Klaas Hübner Jens Koeppen Peter Rzepka Uwe Beckmeyer Christel Humme Dr. Kristina Köhler Anita Schäfer (Saalstadt) Klaus Uwe Benneter Lothar Ibrügger (Wiesbaden) Hermann-Josef Scharf Dr. Axel Berg Johannes Jung (Karlsruhe) Manfred Kolbe Hartmut Schauerte Ute Berg Josip Juratovic Norbert Königshofen Dr. Annette Schavan Petra Bierwirth Johannes Kahrs Dr. Rolf Koschorrek Dr. Andreas Scheuer Lothar Binding (Heidelberg) Ulrich Kasparick Hartmut Koschyk Karl Schiewerling Volker Blumentritt Dr. h. c. Susanne Kastner Thomas Kossendey Georg Schirmbeck Kurt Bodewig Ulrich Kelber Michael Kretschmer Christian Schmidt (Fürth) Clemens Bollen Christian Kleiminger Gunther Krichbaum Andreas Schmidt (Mülheim) Gerd Bollmann Astrid Klug Dr. Günter Krings Ingo Schmitt (Berlin) Dr. Gerhard Botz Dr. Bärbel Kofler Dr. Martina Krogmann Dr. Andreas Schockenhoff Klaus Brandner Walter Kolbow Dr. Hermann Kues Dr. Ole Schröder Willi Brase Fritz Rudolf Körper Dr. Karl A. Lamers Bernhard Schulte-Drüggelte Bernhard Brinkmann Karin Kortmann (Heidelberg) Uwe Schummer (Hildesheim) Rolf Kramer Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24843

(A) Anette Kramme Dr. Hermann Scheer Gudrun Kopp SPD (C) Ernst Kranz Marianne Schieder Jan Mücke Martin Burkert Nicolette Kressl Otto Schily Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Dr. Peter Danckert Volker Kröning Ulla Schmidt (Aachen) Dr. Hans-Ulrich Krüger Renate Schmidt (Nürnberg) BÜNDNIS 90/ Petra Heß Angelika Krüger-Leißner Heinz Schmitt (Landau) DIE GRÜNEN Silvia Schmidt (Eisleben) Jürgen Kucharczyk Carsten Schneider (Erfurt) Marieluise Beck (Bremen) FDP Helga Kühn-Mengel Olaf Scholz Cornelia Behm Ute Kumpf Ottmar Schreiner Birgitt Bender Jens Ackermann Dr. Uwe Küster Reinhard Schultz Alexander Bonde Dr. Karl Addicks (Everswinkel) Christine Lambrecht Ekin Deligöz Uwe Barth Swen Schulz (Spandau) Christian Lange (Backnang) Dr. Thea Dückert Angelika Brunkhorst Ewald Schurer Waltraud Lehn Dr. Uschi Eid Frank Schwabe Ernst Burgbacher Helga Lopez Hans-Josef Fell Dr. Angelica Schwall-Düren Mechthild Dyckmans Gabriele Lösekrug-Möller Kai Gehring Rolf Schwanitz Ulrike Flach Dirk Manzewski Katrin Göring-Eckardt Rita Schwarzelühr-Sutter Paul K. Friedhoff Lothar Mark Britta Haßelmann Wolfgang Spanier Horst Friedrich (Bayreuth) Caren Marks Bettina Herlitzius Dr. Margrit Spielmann Dr. Edmund Peter Geisen Katja Mast Winfried Hermann Jörg-Otto Spiller Hans-Michael Goldmann Hilde Mattheis Peter Hettlich Dieter Steinecke Joachim Günther (Plauen) Markus Meckel Priska Hinz (Herborn) Andreas Steppuhn Petra Merkel (Berlin) Ulrike Höfken Dr. Christel Happach-Kasan Ludwig Stiegler Ulrike Merten Dr. Anton Hofreiter Heinz-Peter Haustein Rolf Stöckel Dr. Matthias Miersch Thilo Hoppe Birgit Homburger Christoph Strässer Ursula Mogg Ute Koczy Michael Kauch Dr. Peter Struck Marko Mühlstein Sylvia Kotting-Uhl Dr. Heinrich L. Kolb Joachim Stünker Michael Müller (Düsseldorf) Fritz Kuhn Hellmut Königshaus Dr. Rainer Tabillion Gesine Multhaupt Markus Kurth Dr. h. c. Jürgen Koppelin Jörg Tauss Franz Müntefering Undine Kurth (Quedlinburg) Heinz Lanfermann Jella Teuchner Dr. Rolf Mützenich Monika Lazar Jörn Thießen Sibylle Laurischk Andrea Nahles Anna Lührmann Harald Leibrecht Dr. Erika Ober Franz Thönnes Nicole Maisch Ina Lenke Holger Ortel Rüdiger Veit (D) (B) Jerzy Montag Markus Löning Heinz Paula Simone Violka Kerstin Müller (Köln) Dr. Erwin Lotter Johannes Pflug Jörg Vogelsänger Hedi Wegener Winfried Nachtwei Patrick Meinhardt Joachim Poß Omid Nouripour Andreas Weigel Burkhardt Müller-Sönksen Christoph Pries Brigitte Pothmer Petra Weis Dirk Niebel Dr. Wilhelm Priesmeier Claudia Roth (Augsburg) Gunter Weißgerber Hans-Joachim Otto Florian Pronold Krista Sager Dr. Sascha Raabe Gert Weisskirchen (Frankfurt) (Wiesloch) Manuel Sarrazin Mechthild Rawert Detlef Parr Hildegard Wester Elisabeth Scharfenberg Gerold Reichenbach Cornelia Pieper Dr. Margrit Wetzel Christine Scheel Dr. Carola Reimann Gisela Piltz Heidemarie Wieczorek-Zeul Irmingard Schewe-Gerigk Christel Riemann- Frank Schäffler Dr. Dieter Wiefelspütz Dr. Gerhard Schick Hanewinckel Dr. Konrad Schily Engelbert Wistuba Rainder Steenblock Walter Riester Silke Stokar von Neuforn Marina Schuster Sönke Rix Dr. Wolfgang Wodarg Heidi Wright Dr. Wolfgang Strengmann- Dr. Hermann Otto Solms René Röspel Kuhn Carl-Ludwig Thiele Dr. Ernst Dieter Rossmann Uta Zapf Manfred Zöllmer Hans-Christian Ströbele Florian Toncar Karin Roth (Esslingen) Brigitte Zypries Wolfgang Wieland Christoph Waitz Michael Roth (Heringen) Josef Philip Winkler Dr. Claudia Winterstein Ortwin Runde FDP Dr. Volker Wissing Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Patrick Döring Enthalten BÜNDNIS 90/ Anton Schaaf Jörg van Essen CDU/CSU DIE GRÜNEN Axel Schäfer (Bochum) Otto Fricke Bernd Scheelen Dr. Werner Hoyer Uda Carmen Freia Heller Dr. Harald Terpe 24844 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Anlage 43 (C) Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu dem Antrag: Angemessene Altersversorgung für Professorinnen und Professoren neuen Rechts, Ärztinnen und Ärzte im öffentlichen Dienst, Hochschullehrerinnen und Hoch- schullehrer, Beschäftigte universitärer und anderer wissenschaftlicher außeruniversitärer Einrichtungen in den neuen Bundesländern (Tagesordnungspunkt 6 b)

Abgegebene Stimmen: 571; Jörn Wunderlich Dr. Hans-Peter Friedrich Thomas Kossendey davon Sabine Zimmermann (Hof) Michael Kretschmer ja: 51 Erich G. Fritz Gunther Krichbaum fraktionsloser Jochen-Konrad Fromme Dr. Günter Krings nein: 470 Abgeordneter Dr. Michael Fuchs Dr. Martina Krogmann enthalten: 45 Hans-Joachim Fuchtel Dr. Hermann Kues Henry Nitzsche Dr. Peter Gauweiler Dr. Karl A. Lamers Ja Dr. Jürgen Gehb (Heidelberg) Nein Norbert Geis Andreas G. Lämmel DIE LINKE Eberhard Gienger Dr. Norbert Lammert CDU/CSU Michael Glos Helmut Lamp Hüseyin-Kenan Aydin Josef Göppel Katharina Landgraf Ulrich Adam Dr. Dietmar Bartsch Peter Götz Dr. Max Lehmer Ilse Aigner Karin Binder Dr. Wolfgang Götzer Paul Lehrieder Peter Albach Heidrun Bluhm Ute Granold Ingbert Liebing Peter Altmaier Eva Bulling-Schröter Reinhard Grindel Eduard Lintner Thomas Bareiß Dr. Martina Bunge Hermann Gröhe Dr. Klaus W. Lippold Norbert Barthle Roland Claus Michael Grosse-Brömer Patricia Lips Dr. Wolf Bauer Sevim Dağdelen Markus Grübel Dr. Michael Luther Günter Baumann Dr. Diether Dehm Manfred Grund Thomas Mahlberg Werner Dreibus Ernst-Reinhard Beck Monika Grütters Stephan Mayer (Altötting) Dr. Dagmar Enkelmann (Reutlingen) Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Wolfgang Meckelburg Klaus Ernst Veronika Bellmann Guttenberg Dr. Michael Meister Diana Golze Dr. Christoph Bergner Olav Gutting Friedrich Merz Dr. Gregor Gysi Otto Bernhardt Holger Haibach Laurenz Meyer (Hamm) Heike Hänsel Clemens Binninger Gerda Hasselfeldt Maria Michalk (B) Lutz Heilmann Renate Blank Michael Hennrich Dr. h. c. Hans Michelbach (D) Hans-Kurt Hill Peter Bleser Jürgen Herrmann Philipp Mißfelder Cornelia Hirsch Antje Blumenthal Bernd Heynemann Dr. Eva Möllring Inge Höger Dr. Maria Böhmer Ernst Hinsken Marlene Mortler Dr. Barbara Höll Jochen Borchert Christian Hirte Dr. Gerd Müller Ulla Jelpke Wolfgang Börnsen Robert Hochbaum Carsten Müller Dr. Lukrezia Jochimsen (Bönstrup) Klaus Hofbauer (Braunschweig) Dr. Hakki Keskin Wolfgang Bosbach Franz-Josef Holzenkamp Stefan Müller (Erlangen) Katja Kipping Klaus Brähmig Joachim Hörster Michaela Noll Monika Knoche Michael Brand Anette Hübinger Dr. Georg Nüßlein Jan Korte Helmut Brandt Hubert Hüppe Franz Obermeier Katrin Kunert Dr. Ralf Brauksiepe Susanne Jaffke-Witt Eduard Oswald Oskar Lafontaine Monika Brüning Dr. Peter Jahr Henning Otte Michael Leutert Georg Brunnhuber Dr. Hans-Heinrich Jordan Rita Pawelski Ulla Lötzer Cajus Caesar Dr. Franz Josef Jung Ulrich Petzold Dr. Gesine Lötzsch Gitta Connemann Andreas Jung (Konstanz) Dr. Joachim Pfeiffer Ulrich Maurer Leo Dautzenberg Bartholomäus Kalb Sibylle Pfeiffer Dorothée Menzner Hubert Deittert Hans-Werner Kammer Beatrix Philipp Kersten Naumann Alexander Dobrindt Steffen Kampeter Ronald Pofalla Wolfgang Nešković Thomas Dörflinger Alois Karl Ruprecht Polenz Dr. Norman Paech Marie-Luise Dött Bernhard Kaster Daniela Raab Petra Pau Dr. Stephan Eisel Volker Kauder Thomas Rachel Bodo Ramelow Anke Eymer (Lübeck) Siegfried Kauder (Villingen- Hans Raidel Elke Reinke Ilse Falk Schwenningen) Dr. Peter Ramsauer Paul Schäfer (Köln) Dr. Hans Georg Faust Eckart von Klaeden Peter Rauen Volker Schneider Enak Ferlemann Jürgen Klimke Eckhardt Rehberg (Saarbrücken) Ingrid Fischbach Julia Klöckner Katherina Reiche (Potsdam) Dr. Herbert Schui Hartwig Fischer (Göttingen) Jens Koeppen Klaus Riegert Dr. Ilja Seifert Dirk Fischer (Hamburg) Dr. Kristina Köhler Dr. Heinz Riesenhuber Dr. Petra Sitte Axel E. Fischer (Karlsruhe- (Wiesbaden) Franz Romer Frank Spieth Land) Manfred Kolbe Johannes Röring Dr. Kirsten Tackmann Dr. Maria Flachsbarth Norbert Königshofen Kurt J. Rossmanith Dr. Axel Troost Klaus-Peter Flosbach Dr. Rolf Koschorrek Dr. Norbert Röttgen Alexander Ulrich Herbert Frankenhauser Hartmut Koschyk Dr. Christian Ruck Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24845

(A) Albert Rupprecht (Weiden) Dirk Becker Iris Hoffmann (Wismar) Sönke Rix (C) Peter Rzepka Uwe Beckmeyer Frank Hofmann (Volkach) René Röspel Anita Schäfer (Saalstadt) Klaus Uwe Benneter Dr. Eva Högl Dr. Ernst Dieter Rossmann Hermann-Josef Scharf Dr. Axel Berg Eike Hovermann Karin Roth (Esslingen) Hartmut Schauerte Ute Berg Klaas Hübner Michael Roth (Heringen) Dr. Annette Schavan Petra Bierwirth Christel Humme Ortwin Runde Dr. Andreas Scheuer Lothar Binding (Heidelberg) Lothar Ibrügger Marlene Rupprecht Karl Schiewerling Volker Blumentritt Johannes Jung (Karlsruhe) (Tuchenbach) Georg Schirmbeck Kurt Bodewig Josip Juratovic Anton Schaaf Christian Schmidt (Fürth) Clemens Bollen Johannes Kahrs Axel Schäfer (Bochum) Andreas Schmidt (Mülheim) Gerd Bollmann Ulrich Kasparick Bernd Scheelen Ingo Schmitt (Berlin) Dr. Gerhard Botz Dr. h. c. Susanne Kastner Dr. Hermann Scheer Dr. Andreas Schockenhoff Klaus Brandner Ulrich Kelber Marianne Schieder Dr. Ole Schröder Willi Brase Christian Kleiminger Otto Schily Bernhard Schulte-Drüggelte Bernhard Brinkmann Astrid Klug Ulla Schmidt (Aachen) Uwe Schummer (Hildesheim) Dr. Bärbel Kofler Renate Schmidt (Nürnberg) Wilhelm Josef Sebastian Edelgard Bulmahn Walter Kolbow Heinz Schmitt (Landau) Kurt Segner Marco Bülow Fritz Rudolf Körper Carsten Schneider (Erfurt) Marion Seib Ulla Burchardt Karin Kortmann Olaf Scholz Bernd Siebert Martin Burkert Rolf Kramer Ottmar Schreiner Thomas Silberhorn Dr. Michael Bürsch Anette Kramme Reinhard Schultz Johannes Singhammer Christian Carstensen Ernst Kranz (Everswinkel) Jens Spahn Marion Caspers-Merk Nicolette Kressl Swen Schulz (Spandau) Erika Steinbach Dr. Peter Danckert Volker Kröning Ewald Schurer Christian Freiherr von Stetten Karl Diller Dr. Hans-Ulrich Krüger Frank Schwabe Gero Storjohann Martin Dörmann Angelika Krüger-Leißner Dr. Angelica Schwall-Düren Andreas Storm Dr. Carl-Christian Dressel Jürgen Kucharczyk Rolf Schwanitz Max Straubinger Elvira Drobinski-Weiß Helga Kühn-Mengel Rita Schwarzelühr-Sutter Matthäus Strebl Detlef Dzembritzki Ute Kumpf Wolfgang Spanier Thomas Strobl (Heilbronn) Sebastian Edathy Dr. Uwe Küster Dr. Margrit Spielmann Lena Strothmann Siegmund Ehrmann Christine Lambrecht Jörg-Otto Spiller Michael Stübgen Hans Eichel Christian Lange (Backnang) Dieter Steinecke Hans Peter Thul Petra Ernstberger Waltraud Lehn Andreas Steppuhn Antje Tillmann Karin Evers-Meyer Helga Lopez Ludwig Stiegler Dr. Hans-Peter Uhl Rolf Stöckel (B) Annette Faße Gabriele Lösekrug-Möller (D) Arnold Vaatz Elke Ferner Dirk Manzewski Christoph Strässer Volkmar Uwe Vogel Gabriele Fograscher Lothar Mark Dr. Peter Struck Andrea Astrid Voßhoff Rainer Fornahl Caren Marks Joachim Stünker Gerhard Wächter Gabriele Frechen Katja Mast Dr. Rainer Tabillion Marco Wanderwitz Dagmar Freitag Hilde Mattheis Jörg Tauss Kai Wegner Peter Friedrich Markus Meckel Jella Teuchner Marcus Weinberg Sigmar Gabriel Petra Merkel (Berlin) Jörn Thießen Peter Weiß (Emmendingen) Martin Gerster Ulrike Merten Franz Thönnes Gerald Weiß (Groß-Gerau) Iris Gleicke Dr. Matthias Miersch Rüdiger Veit Ingo Wellenreuther Renate Gradistanac Ursula Mogg Simone Violka Karl-Georg Wellmann Angelika Graf (Rosenheim) Marko Mühlstein Jörg Vogelsänger Annette Widmann-Mauz Dieter Grasedieck Detlef Müller (Chemnitz) Dr. Marlies Volkmer Klaus-Peter Willsch Monika Griefahn Michael Müller (Düsseldorf) Hedi Wegener Willy Wimmer (Neuss) Kerstin Griese Gesine Multhaupt Andreas Weigel Elisabeth Winkelmeier- Gabriele Groneberg Franz Müntefering Petra Weis Becker Achim Großmann Dr. Rolf Mützenich Gunter Weißgerber Werner Wittlich Wolfgang Grotthaus Andrea Nahles Gert Weisskirchen Dagmar Wöhrl Wolfgang Gunkel Dr. Erika Ober (Wiesloch) Wolfgang Zöller Hans-Joachim Hacker Holger Ortel Hildegard Wester Willi Zylajew Bettina Hagedorn Heinz Paula Dr. Margrit Wetzel Klaus Hagemann Johannes Pflug Heidemarie Wieczorek-Zeul SPD Alfred Hartenbach Joachim Poß Dr. Dieter Wiefelspütz Engelbert Wistuba Dr. Lale Akgün Nina Hauer Christoph Pries Dr. Wolfgang Wodarg Gregor Amann Hubertus Heil Dr. Wilhelm Priesmeier Waltraud Wolff Dr. h. c. Gerd Andres Dr. Reinhold Hemker Florian Pronold (Wolmirstedt) Ingrid Arndt-Brauer Rolf Hempelmann Dr. Sascha Raabe Heidi Wright Rainer Arnold Dr. Barbara Hendricks Mechthild Rawert Uta Zapf Ernst Bahr (Neuruppin) Gustav Herzog Steffen Reiche (Cottbus) Manfred Zöllmer Doris Barnett Petra Heß Gerold Reichenbach Brigitte Zypries Dr. Hans-Peter Bartels Gabriele Hiller-Ohm Dr. Carola Reimann Klaus Barthel Stephan Hilsberg Christel Riemann- FDP Sören Bartol Petra Hinz (Essen) Hanewinckel Sabine Bätzing Gerd Höfer Walter Riester Patrick Döring 24846 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Jörg van Essen Fritz Kuhn Enthalten Dr. h. c. Jürgen Koppelin (C) Otto Fricke Markus Kurth Heinz Lanfermann Dr. Werner Hoyer Undine Kurth (Quedlinburg) CDU/CSU Sibylle Laurischk Gudrun Kopp Harald Leibrecht Monika Lazar Uda Carmen Freia Heller Jan Mücke Ina Lenke Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Anna Lührmann SPD Markus Löning Nicole Maisch Dr. Erwin Lotter BÜNDNIS 90/ Jerzy Montag Maik Reichel Patrick Meinhardt DIE GRÜNEN Kerstin Müller (Köln) Silvia Schmidt (Eisleben) Burkhardt Müller-Sönksen Marieluise Beck (Bremen) Dirk Niebel Winfried Nachtwei FDP Cornelia Behm Omid Nouripour Hans-Joachim Otto Birgitt Bender Jens Ackermann (Frankfurt) Brigitte Pothmer Alexander Bonde Dr. Karl Addicks Detlef Parr Ekin Deligöz Claudia Roth (Augsburg) Uwe Barth Cornelia Pieper Dr. Thea Dückert Krista Sager Angelika Brunkhorst Gisela Piltz Dr. Uschi Eid Manuel Sarrazin Ernst Burgbacher Frank Schäffler Hans-Josef Fell Elisabeth Scharfenberg Mechthild Dyckmans Dr. Konrad Schily Kai Gehring Christine Scheel Ulrike Flach Marina Schuster Katrin Göring-Eckardt Paul K. Friedhoff Irmingard Schewe-Gerigk Dr. Hermann Otto Solms Britta Haßelmann Horst Friedrich (Bayreuth) Carl-Ludwig Thiele Dr. Gerhard Schick Bettina Herlitzius Dr. Edmund Peter Geisen Florian Toncar Winfried Hermann Rainder Steenblock Hans-Michael Goldmann Christoph Waitz Peter Hettlich Silke Stokar von Neuforn Joachim Günther (Plauen) Dr. Claudia Winterstein Priska Hinz (Herborn) Dr. Wolfgang Strengmann- Dr. Christel Happach-Kasan Dr. Volker Wissing Ulrike Höfken Kuhn Heinz-Peter Haustein Dr. Anton Hofreiter Birgit Homburger BÜNDNIS 90/ Thilo Hoppe Hans-Christian Ströbele Michael Kauch DIE GRÜNEN Ute Koczy Wolfgang Wieland Dr. Heinrich L. Kolb Sylvia Kotting-Uhl Josef Philip Winkler Hellmut Königshaus Dr. Harald Terpe

Anlage 44 (B) Endgültiges Ergebnis (D) der namentlichen Abstimmung zu dem Antrag: Schaffung einer angemessenen Altersversorgung für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, die nach 1990 ihre Tätigkeit fortgesetzt haben (Tagesordnungs- punkt 6 b)

Abgegebene Stimmen: 571; Cornelia Hirsch Dr. Petra Sitte Dr. Christoph Bergner davon Inge Höger Frank Spieth Otto Bernhardt ja: 51 Dr. Barbara Höll Dr. Kirsten Tackmann Clemens Binninger Ulla Jelpke Dr. Axel Troost Renate Blank nein: 471 Dr. Lukrezia Jochimsen Alexander Ulrich Peter Bleser enthalten: 44 Dr. Hakki Keskin Jörn Wunderlich Antje Blumenthal Katja Kipping Sabine Zimmermann Dr. Maria Böhmer Ja Monika Knoche Jochen Borchert Jan Korte fraktionsloser Wolfgang Börnsen DIE LINKE Katrin Kunert Abgeordneter (Bönstrup) Hüseyin-Kenan Aydin Oskar Lafontaine Henry Nitzsche Wolfgang Bosbach Dr. Dietmar Bartsch Michael Leutert Klaus Brähmig Ulla Lötzer Michael Brand Karin Binder Nein Heidrun Bluhm Dr. Gesine Lötzsch Helmut Brandt Ulrich Maurer Dr. Ralf Brauksiepe Eva Bulling-Schröter CDU/CSU Dr. Martina Bunge Dorothée Menzner Monika Brüning Roland Claus Kersten Naumann Ulrich Adam Georg Brunnhuber Sevim Dağdelen Wolfgang Nešković Ilse Aigner Cajus Caesar Dr. Diether Dehm Dr. Norman Paech Peter Albach Gitta Connemann Werner Dreibus Petra Pau Peter Altmaier Leo Dautzenberg Dr. Dagmar Enkelmann Bodo Ramelow Thomas Bareiß Hubert Deittert Klaus Ernst Elke Reinke Norbert Barthle Alexander Dobrindt Diana Golze Paul Schäfer (Köln) Dr. Wolf Bauer Thomas Dörflinger Dr. Gregor Gysi Volker Schneider Günter Baumann Marie-Luise Dött Heike Hänsel (Saarbrücken) Ernst-Reinhard Beck Dr. Stephan Eisel Lutz Heilmann Dr. Herbert Schui (Reutlingen) Anke Eymer (Lübeck) Hans-Kurt Hill Dr. Ilja Seifert Veronika Bellmann Ilse Falk Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24847

(A) Dr. Hans Georg Faust Dr. Rolf Koschorrek Dr. Andreas Scheuer Lothar Binding (Heidelberg) (C) Enak Ferlemann Hartmut Koschyk Karl Schiewerling Volker Blumentritt Ingrid Fischbach Thomas Kossendey Georg Schirmbeck Kurt Bodewig Hartwig Fischer (Göttingen) Michael Kretschmer Christian Schmidt (Fürth) Clemens Bollen Dirk Fischer (Hamburg) Gunther Krichbaum Andreas Schmidt (Mülheim) Gerd Bollmann Axel E. Fischer (Karlsruhe- Dr. Günter Krings Ingo Schmitt (Berlin) Dr. Gerhard Botz Land) Dr. Martina Krogmann Dr. Andreas Schockenhoff Klaus Brandner Dr. Maria Flachsbarth Dr. Hermann Kues Dr. Ole Schröder Willi Brase Klaus-Peter Flosbach Dr. Karl A. Lamers Bernhard Schulte-Drüggelte Bernhard Brinkmann Herbert Frankenhauser (Heidelberg) Uwe Schummer (Hildesheim) Dr. Hans-Peter Friedrich Andreas G. Lämmel Wilhelm Josef Sebastian Edelgard Bulmahn (Hof) Dr. Norbert Lammert Kurt Segner Marco Bülow Erich G. Fritz Helmut Lamp Marion Seib Ulla Burchardt Jochen-Konrad Fromme Katharina Landgraf Bernd Siebert Martin Burkert Dr. Michael Fuchs Dr. Max Lehmer Thomas Silberhorn Dr. Michael Bürsch Hans-Joachim Fuchtel Paul Lehrieder Johannes Singhammer Christian Carstensen Dr. Peter Gauweiler Ingbert Liebing Jens Spahn Marion Caspers-Merk Dr. Jürgen Gehb Eduard Lintner Erika Steinbach Dr. Peter Danckert Norbert Geis Dr. Klaus W. Lippold Christian Freiherr von Stetten Karl Diller Eberhard Gienger Patricia Lips Gero Storjohann Martin Dörmann Michael Glos Dr. Michael Luther Andreas Storm Dr. Carl-Christian Dressel Josef Göppel Thomas Mahlberg Max Straubinger Elvira Drobinski-Weiß Peter Götz Stephan Mayer (Altötting) Matthäus Strebl Detlef Dzembritzki Dr. Wolfgang Götzer Wolfgang Meckelburg Thomas Strobl (Heilbronn) Sebastian Edathy Ute Granold Dr. Michael Meister Lena Strothmann Siegmund Ehrmann Reinhard Grindel Friedrich Merz Michael Stübgen Hans Eichel Hermann Gröhe Laurenz Meyer (Hamm) Hans Peter Thul Petra Ernstberger Michael Grosse-Brömer Maria Michalk Antje Tillmann Karin Evers-Meyer Markus Grübel Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Hans-Peter Uhl Annette Faße Manfred Grund Philipp Mißfelder Arnold Vaatz Elke Ferner Monika Grütters Dr. Eva Möllring Volkmar Uwe Vogel Gabriele Fograscher Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Marlene Mortler Andrea Astrid Voßhoff Rainer Fornahl Guttenberg Dr. Gerd Müller Gerhard Wächter Gabriele Frechen Olav Gutting Carsten Müller Marco Wanderwitz Dagmar Freitag Kai Wegner (B) Holger Haibach (Braunschweig) Peter Friedrich (D) Gerda Hasselfeldt Stefan Müller (Erlangen) Marcus Weinberg Sigmar Gabriel Michael Hennrich Michaela Noll Peter Weiß (Emmendingen) Martin Gerster Jürgen Herrmann Dr. Georg Nüßlein Gerald Weiß (Groß-Gerau) Iris Gleicke Bernd Heynemann Franz Obermeier Ingo Wellenreuther Renate Gradistanac Ernst Hinsken Eduard Oswald Karl-Georg Wellmann Angelika Graf (Rosenheim) Christian Hirte Henning Otte Annette Widmann-Mauz Dieter Grasedieck Robert Hochbaum Rita Pawelski Klaus-Peter Willsch Monika Griefahn Klaus Hofbauer Ulrich Petzold Willy Wimmer (Neuss) Kerstin Griese Franz-Josef Holzenkamp Dr. Joachim Pfeiffer Elisabeth Winkelmeier- Gabriele Groneberg Joachim Hörster Sibylle Pfeiffer Becker Achim Großmann Anette Hübinger Beatrix Philipp Werner Wittlich Wolfgang Grotthaus Hubert Hüppe Ronald Pofalla Dagmar Wöhrl Wolfgang Gunkel Susanne Jaffke-Witt Ruprecht Polenz Wolfgang Zöller Hans-Joachim Hacker Dr. Peter Jahr Daniela Raab Willi Zylajew Bettina Hagedorn Dr. Hans-Heinrich Jordan Thomas Rachel Klaus Hagemann Dr. Franz Josef Jung Hans Raidel SPD Alfred Hartenbach Andreas Jung (Konstanz) Dr. Peter Ramsauer Dr. Lale Akgün Nina Hauer Bartholomäus Kalb Peter Rauen Gregor Amann Hubertus Heil Hans-Werner Kammer Eckhardt Rehberg Dr. h. c. Gerd Andres Dr. Reinhold Hemker Steffen Kampeter Katherina Reiche (Potsdam) Ingrid Arndt-Brauer Rolf Hempelmann Alois Karl Klaus Riegert Rainer Arnold Dr. Barbara Hendricks Bernhard Kaster Dr. Heinz Riesenhuber Ernst Bahr (Neuruppin) Gustav Herzog Volker Kauder Franz Romer Doris Barnett Petra Heß Siegfried Kauder (Villingen- Johannes Röring Dr. Hans-Peter Bartels Gabriele Hiller-Ohm Schwenningen) Kurt J. Rossmanith Klaus Barthel Stephan Hilsberg Eckart von Klaeden Dr. Norbert Röttgen Sören Bartol Petra Hinz (Essen) Jürgen Klimke Dr. Christian Ruck Sabine Bätzing Gerd Höfer Julia Klöckner Albert Rupprecht (Weiden) Dirk Becker Iris Hoffmann (Wismar) Jens Koeppen Peter Rzepka Uwe Beckmeyer Frank Hofmann (Volkach) Dr. Kristina Köhler Anita Schäfer (Saalstadt) Klaus Uwe Benneter Dr. Eva Högl (Wiesbaden) Hermann-Josef Scharf Dr. Axel Berg Eike Hovermann Manfred Kolbe Hartmut Schauerte Ute Berg Klaas Hübner Norbert Königshofen Dr. Annette Schavan Petra Bierwirth Christel Humme 24848 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Lothar Ibrügger Walter Riester Waltraud Wolff Hans-Christian Ströbele (C) Johannes Jung (Karlsruhe) Sönke Rix (Wolmirstedt) Dr. Harald Terpe Josip Juratovic René Röspel Heidi Wright Wolfgang Wieland Johannes Kahrs Dr. Ernst Dieter Rossmann Uta Zapf Josef Philip Winkler Ulrich Kasparick Karin Roth (Esslingen) Manfred Zöllmer Dr. h. c. Susanne Kastner Michael Roth (Heringen) Brigitte Zypries Enthalten Ulrich Kelber Ortwin Runde Christian Kleiminger Marlene Rupprecht FDP Astrid Klug CDU/CSU (Tuchenbach) Patrick Döring Dr. Bärbel Kofler Anton Schaaf Jörg van Essen Uda Carmen Freia Heller Walter Kolbow Axel Schäfer (Bochum) Otto Fricke Fritz Rudolf Körper Bernd Scheelen Dr. Werner Hoyer SPD Karin Kortmann Dr. Hermann Scheer Gudrun Kopp Rolf Kramer Maik Reichel Marianne Schieder Jan Mücke Anette Kramme Silvia Schmidt (Eisleben) Otto Schily Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Ernst Kranz Ulla Schmidt (Aachen) Nicolette Kressl FDP Renate Schmidt (Nürnberg) BÜNDNIS 90/ Volker Kröning Heinz Schmitt (Landau) DIE GRÜNEN Jens Ackermann Dr. Hans-Ulrich Krüger Carsten Schneider (Erfurt) Dr. Karl Addicks Angelika Krüger-Leißner Olaf Scholz Marieluise Beck (Bremen) Uwe Barth Cornelia Behm Jürgen Kucharczyk Ottmar Schreiner Angelika Brunkhorst Helga Kühn-Mengel Birgitt Bender Reinhard Schultz Ernst Burgbacher Ute Kumpf Alexander Bonde (Everswinkel) Mechthild Dyckmans Dr. Uwe Küster Swen Schulz (Spandau) Ekin Deligöz Christine Lambrecht Dr. Thea Dückert Ulrike Flach Ewald Schurer Paul K. Friedhoff Christian Lange (Backnang) Frank Schwabe Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Horst Friedrich (Bayreuth) Waltraud Lehn Dr. Angelica Schwall-Düren Kai Gehring Dr. Edmund Peter Geisen Helga Lopez Rolf Schwanitz Gabriele Lösekrug-Möller Katrin Göring-Eckardt Hans-Michael Goldmann Rita Schwarzelühr-Sutter Dirk Manzewski Britta Haßelmann Joachim Günther (Plauen) Wolfgang Spanier Lothar Mark Bettina Herlitzius Dr. Christel Happach-Kasan Dr. Margrit Spielmann Caren Marks Winfried Hermann Heinz-Peter Haustein Jörg-Otto Spiller Katja Mast Peter Hettlich Birgit Homburger Dieter Steinecke Hilde Mattheis Priska Hinz (Herborn) Michael Kauch Andreas Steppuhn Markus Meckel Ulrike Höfken Dr. Heinrich L. Kolb (B) Ludwig Stiegler (D) Petra Merkel (Berlin) Dr. Anton Hofreiter Hellmut Königshaus Rolf Stöckel Ulrike Merten Thilo Hoppe Dr. h. c. Jürgen Koppelin Christoph Strässer Dr. Matthias Miersch Ute Koczy Heinz Lanfermann Dr. Peter Struck Ursula Mogg Sylvia Kotting-Uhl Sibylle Laurischk Joachim Stünker Marko Mühlstein Fritz Kuhn Harald Leibrecht Dr. Rainer Tabillion Detlef Müller (Chemnitz) Markus Kurth Ina Lenke Michael Müller (Düsseldorf) Jörg Tauss Undine Kurth (Quedlinburg) Jella Teuchner Markus Löning Gesine Multhaupt Monika Lazar Dr. Erwin Lotter Franz Müntefering Jörn Thießen Anna Lührmann Franz Thönnes Patrick Meinhardt Dr. Rolf Mützenich Nicole Maisch Burkhardt Müller-Sönksen Andrea Nahles Rüdiger Veit Jerzy Montag Dirk Niebel Dr. Erika Ober Simone Violka Kerstin Müller (Köln) Hans-Joachim Otto Holger Ortel Jörg Vogelsänger Winfried Nachtwei (Frankfurt) Heinz Paula Dr. Marlies Volkmer Omid Nouripour Detlef Parr Johannes Pflug Hedi Wegener Brigitte Pothmer Joachim Poß Andreas Weigel Claudia Roth (Augsburg) Cornelia Pieper Christoph Pries Petra Weis Krista Sager Gisela Piltz Dr. Wilhelm Priesmeier Gunter Weißgerber Manuel Sarrazin Frank Schäffler Florian Pronold Gert Weisskirchen Elisabeth Scharfenberg Dr. Konrad Schily Dr. Sascha Raabe (Wiesloch) Christine Scheel Marina Schuster Mechthild Rawert Hildegard Wester Irmingard Schewe-Gerigk Dr. Hermann Otto Solms Steffen Reiche (Cottbus) Dr. Margrit Wetzel Dr. Gerhard Schick Carl-Ludwig Thiele Gerold Reichenbach Heidemarie Wieczorek-Zeul Rainder Steenblock Florian Toncar Dr. Carola Reimann Dr. Dieter Wiefelspütz Silke Stokar von Neuforn Christoph Waitz Christel Riemann- Engelbert Wistuba Dr. Wolfgang Strengmann- Dr. Claudia Winterstein Hanewinckel Dr. Wolfgang Wodarg Kuhn Dr. Volker Wissing Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24849

(A) Anlage 45 (C) Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu dem Antrag: Schaffung einer angemessenen Altersversorgung für An- gehörige von Bundeswehr, Zoll und Polizei, die nach 1990 ihre Tätigkeit fortgesetzt haben (Tagesord- nungspunkt 6 b)

Abgegebene Stimmen: 571; fraktionsloser Hans-Joachim Fuchtel Dr. Karl A. Lamers davon Abgeordneter Dr. Peter Gauweiler (Heidelberg) Dr. Jürgen Gehb Andreas G. Lämmel ja: 51 Henry Nitzsche Norbert Geis Dr. Norbert Lammert nein: 470 Eberhard Gienger Helmut Lamp enthalten: 45 Nein Michael Glos Katharina Landgraf Josef Göppel Dr. Max Lehmer Ja CDU/CSU Peter Götz Paul Lehrieder Ulrich Adam Dr. Wolfgang Götzer Ingbert Liebing DIE LINKE Ilse Aigner Ute Granold Eduard Lintner Peter Albach Reinhard Grindel Dr. Klaus W. Lippold Hüseyin-Kenan Aydin Hermann Gröhe Patricia Lips Dr. Dietmar Bartsch Peter Altmaier Thomas Bareiß Michael Grosse-Brömer Dr. Michael Luther Karin Binder Markus Grübel Thomas Mahlberg Heidrun Bluhm Norbert Barthle Dr. Wolf Bauer Manfred Grund Stephan Mayer (Altötting) Eva Bulling-Schröter Monika Grütters Wolfgang Meckelburg Dr. Martina Bunge Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Dr. Michael Meister Roland Claus Guttenberg Friedrich Merz Sevim Dağdelen (Reutlingen) Olav Gutting Laurenz Meyer (Hamm) Dr. Diether Dehm Veronika Bellmann Holger Haibach Maria Michalk Werner Dreibus Dr. Christoph Bergner Gerda Hasselfeldt Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Dagmar Enkelmann Otto Bernhardt Michael Hennrich Philipp Mißfelder Klaus Ernst Clemens Binninger Jürgen Herrmann Dr. Eva Möllring Diana Golze Renate Blank Bernd Heynemann Marlene Mortler Dr. Gregor Gysi Peter Bleser Ernst Hinsken Dr. Gerd Müller Heike Hänsel Antje Blumenthal Lutz Heilmann Dr. Maria Böhmer Christian Hirte Carsten Müller Hans-Kurt Hill Jochen Borchert Robert Hochbaum (Braunschweig) (B) Cornelia Hirsch Wolfgang Börnsen Klaus Hofbauer Stefan Müller (Erlangen) (D) Inge Höger (Bönstrup) Franz-Josef Holzenkamp Michaela Noll Dr. Barbara Höll Wolfgang Bosbach Joachim Hörster Dr. Georg Nüßlein Ulla Jelpke Klaus Brähmig Anette Hübinger Franz Obermeier Dr. Lukrezia Jochimsen Michael Brand Hubert Hüppe Eduard Oswald Dr. Hakki Keskin Helmut Brandt Susanne Jaffke-Witt Henning Otte Katja Kipping Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Peter Jahr Rita Pawelski Monika Knoche Monika Brüning Dr. Hans-Heinrich Jordan Ulrich Petzold Jan Korte Georg Brunnhuber Dr. Franz Josef Jung Dr. Joachim Pfeiffer Katrin Kunert Cajus Caesar Andreas Jung (Konstanz) Sibylle Pfeiffer Oskar Lafontaine Gitta Connemann Bartholomäus Kalb Beatrix Philipp Michael Leutert Leo Dautzenberg Hans-Werner Kammer Ronald Pofalla Ulla Lötzer Hubert Deittert Steffen Kampeter Ruprecht Polenz Dr. Gesine Lötzsch Alexander Dobrindt Alois Karl Daniela Raab Ulrich Maurer Thomas Dörflinger Bernhard Kaster Thomas Rachel Dorothée Menzner Marie-Luise Dött Volker Kauder Hans Raidel Kersten Naumann Dr. Stephan Eisel Siegfried Kauder (Villingen- Dr. Peter Ramsauer Wolfgang Nešković Anke Eymer (Lübeck) Schwenningen) Peter Rauen Dr. Norman Paech Ilse Falk Eckart von Klaeden Eckhardt Rehberg Petra Pau Dr. Hans Georg Faust Jürgen Klimke Katherina Reiche (Potsdam) Bodo Ramelow Enak Ferlemann Julia Klöckner Klaus Riegert Elke Reinke Ingrid Fischbach Jens Koeppen Dr. Heinz Riesenhuber Paul Schäfer (Köln) Hartwig Fischer (Göttingen) Dr. Kristina Köhler Franz Romer Volker Schneider Dirk Fischer (Hamburg) (Wiesbaden) Johannes Röring (Saarbrücken) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Manfred Kolbe Kurt J. Rossmanith Dr. Herbert Schui Land) Norbert Königshofen Dr. Norbert Röttgen Dr. Ilja Seifert Dr. Maria Flachsbarth Dr. Rolf Koschorrek Dr. Christian Ruck Dr. Petra Sitte Klaus-Peter Flosbach Hartmut Koschyk Albert Rupprecht (Weiden) Frank Spieth Herbert Frankenhauser Thomas Kossendey Peter Rzepka Dr. Kirsten Tackmann Dr. Hans-Peter Friedrich Michael Kretschmer Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Axel Troost (Hof) Gunther Krichbaum Hermann-Josef Scharf Alexander Ulrich Erich G. Fritz Dr. Günter Krings Hartmut Schauerte Jörn Wunderlich Jochen-Konrad Fromme Dr. Martina Krogmann Dr. Annette Schavan Sabine Zimmermann Dr. Michael Fuchs Dr. Hermann Kues Dr. Andreas Scheuer 24850 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Karl Schiewerling Volker Blumentritt Josip Juratovic Anton Schaaf (C) Georg Schirmbeck Kurt Bodewig Johannes Kahrs Axel Schäfer (Bochum) Christian Schmidt (Fürth) Clemens Bollen Ulrich Kasparick Bernd Scheelen Andreas Schmidt (Mülheim) Gerd Bollmann Dr. h. c. Susanne Kastner Dr. Hermann Scheer Ingo Schmitt (Berlin) Dr. Gerhard Botz Ulrich Kelber Marianne Schieder Dr. Andreas Schockenhoff Klaus Brandner Christian Kleiminger Otto Schily Dr. Ole Schröder Willi Brase Astrid Klug Ulla Schmidt (Aachen) Bernhard Schulte-Drüggelte Bernhard Brinkmann Dr. Bärbel Kofler Renate Schmidt (Nürnberg) Uwe Schummer (Hildesheim) Walter Kolbow Heinz Schmitt (Landau) Wilhelm Josef Sebastian Edelgard Bulmahn Fritz Rudolf Körper Carsten Schneider (Erfurt) Kurt Segner Marco Bülow Karin Kortmann Olaf Scholz Marion Seib Ulla Burchardt Rolf Kramer Ottmar Schreiner Bernd Siebert Martin Burkert Anette Kramme Reinhard Schultz Thomas Silberhorn Dr. Michael Bürsch Ernst Kranz (Everswinkel) Johannes Singhammer Christian Carstensen Nicolette Kressl Swen Schulz (Spandau) Jens Spahn Marion Caspers-Merk Volker Kröning Ewald Schurer Erika Steinbach Dr. Peter Danckert Dr. Hans-Ulrich Krüger Frank Schwabe Christian Freiherr von Stetten Karl Diller Angelika Krüger-Leißner Dr. Angelica Schwall-Düren Gero Storjohann Martin Dörmann Jürgen Kucharczyk Rolf Schwanitz Andreas Storm Dr. Carl-Christian Dressel Helga Kühn-Mengel Rita Schwarzelühr-Sutter Max Straubinger Elvira Drobinski-Weiß Ute Kumpf Wolfgang Spanier Matthäus Strebl Detlef Dzembritzki Dr. Uwe Küster Dr. Margrit Spielmann Thomas Strobl (Heilbronn) Sebastian Edathy Christine Lambrecht Jörg-Otto Spiller Lena Strothmann Siegmund Ehrmann Christian Lange (Backnang) Dieter Steinecke Michael Stübgen Hans Eichel Waltraud Lehn Hans Peter Thul Petra Ernstberger Helga Lopez Andreas Steppuhn Antje Tillmann Karin Evers-Meyer Gabriele Lösekrug-Möller Ludwig Stiegler Dr. Hans-Peter Uhl Annette Faße Dirk Manzewski Rolf Stöckel Arnold Vaatz Elke Ferner Lothar Mark Christoph Strässer Volkmar Uwe Vogel Gabriele Fograscher Caren Marks Dr. Peter Struck Andrea Astrid Voßhoff Rainer Fornahl Katja Mast Joachim Stünker Gerhard Wächter Gabriele Frechen Hilde Mattheis Dr. Rainer Tabillion Marco Wanderwitz Dagmar Freitag Markus Meckel Jörg Tauss Kai Wegner Peter Friedrich Petra Merkel (Berlin) Jella Teuchner Marcus Weinberg (B) Sigmar Gabriel Ulrike Merten Jörn Thießen (D) Peter Weiß (Emmendingen) Martin Gerster Dr. Matthias Miersch Franz Thönnes Gerald Weiß (Groß-Gerau) Iris Gleicke Ursula Mogg Rüdiger Veit Ingo Wellenreuther Renate Gradistanac Marko Mühlstein Simone Violka Karl-Georg Wellmann Angelika Graf (Rosenheim) Detlef Müller (Chemnitz) Jörg Vogelsänger Annette Widmann-Mauz Dieter Grasedieck Michael Müller (Düsseldorf) Dr. Marlies Volkmer Klaus-Peter Willsch Monika Griefahn Gesine Multhaupt Hedi Wegener Willy Wimmer (Neuss) Kerstin Griese Franz Müntefering Andreas Weigel Elisabeth Winkelmeier- Gabriele Groneberg Dr. Rolf Mützenich Petra Weis Becker Achim Großmann Andrea Nahles Gunter Weißgerber Werner Wittlich Wolfgang Grotthaus Dr. Erika Ober Gert Weisskirchen Dagmar Wöhrl Wolfgang Gunkel Holger Ortel (Wiesloch) Wolfgang Zöller Hans-Joachim Hacker Heinz Paula Hildegard Wester Willi Zylajew Bettina Hagedorn Johannes Pflug Dr. Margrit Wetzel Klaus Hagemann Joachim Poß Heidemarie Wieczorek-Zeul SPD Alfred Hartenbach Christoph Pries Dr. Dieter Wiefelspütz Dr. Lale Akgün Nina Hauer Dr. Wilhelm Priesmeier Engelbert Wistuba Gregor Amann Hubertus Heil Florian Pronold Dr. Wolfgang Wodarg Dr. h. c. Gerd Andres Dr. Reinhold Hemker Dr. Sascha Raabe Waltraud Wolff Ingrid Arndt-Brauer Rolf Hempelmann Mechthild Rawert (Wolmirstedt) Rainer Arnold Dr. Barbara Hendricks Steffen Reiche (Cottbus) Heidi Wright Ernst Bahr (Neuruppin) Gustav Herzog Gerold Reichenbach Uta Zapf Doris Barnett Gabriele Hiller-Ohm Dr. Carola Reimann Manfred Zöllmer Dr. Hans-Peter Bartels Stephan Hilsberg Christel Riemann- Brigitte Zypries Klaus Barthel Petra Hinz (Essen) Hanewinckel Sören Bartol Gerd Höfer Walter Riester FDP Sabine Bätzing Iris Hoffmann (Wismar) Sönke Rix Dirk Becker Frank Hofmann (Volkach) René Röspel Patrick Döring Uwe Beckmeyer Dr. Eva Högl Dr. Ernst Dieter Rossmann Jörg van Essen Klaus Uwe Benneter Eike Hovermann Karin Roth (Esslingen) Otto Fricke Dr. Axel Berg Klaas Hübner Michael Roth (Heringen) Dr. Werner Hoyer Ute Berg Christel Humme Ortwin Runde Gudrun Kopp Petra Bierwirth Lothar Ibrügger Marlene Rupprecht Jan Mücke Lothar Binding (Heidelberg) Johannes Jung (Karlsruhe) (Tuchenbach) Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24851

(A) BÜNDNIS 90/ Nicole Maisch SPD Sibylle Laurischk (C) DIE GRÜNEN Jerzy Montag Harald Leibrecht Petra Heß Kerstin Müller (Köln) Marieluise Beck (Bremen) Maik Reichel Ina Lenke Winfried Nachtwei Cornelia Behm Silvia Schmidt (Eisleben) Markus Löning Birgitt Bender Omid Nouripour Dr. Erwin Lotter Alexander Bonde Brigitte Pothmer FDP Patrick Meinhardt Ekin Deligöz Claudia Roth (Augsburg) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Thea Dückert Krista Sager Jens Ackermann Dirk Niebel Dr. Uschi Eid Manuel Sarrazin Dr. Karl Addicks Hans-Joachim Otto Hans-Josef Fell Elisabeth Scharfenberg Uwe Barth (Frankfurt) Kai Gehring Christine Scheel Angelika Brunkhorst Detlef Parr Katrin Göring-Eckardt Irmingard Schewe-Gerigk Ernst Burgbacher Cornelia Pieper Mechthild Dyckmans Britta Haßelmann Dr. Gerhard Schick Gisela Piltz Ulrike Flach Bettina Herlitzius Rainder Steenblock Frank Schäffler Paul K. Friedhoff Winfried Hermann Silke Stokar von Neuforn Dr. Konrad Schily Dr. Wolfgang Strengmann- Horst Friedrich (Bayreuth) Peter Hettlich Marina Schuster Kuhn Dr. Edmund Peter Geisen Priska Hinz (Herborn) Dr. Hermann Otto Solms Ulrike Höfken Hans-Christian Ströbele Hans-Michael Goldmann Carl-Ludwig Thiele Dr. Anton Hofreiter Dr. Harald Terpe Joachim Günther (Plauen) Thilo Hoppe Wolfgang Wieland Dr. Christel Happach-Kasan Florian Toncar Ute Koczy Josef Philip Winkler Heinz-Peter Haustein Christoph Waitz Sylvia Kotting-Uhl Birgit Homburger Dr. Claudia Winterstein Michael Kauch Dr. Volker Wissing Fritz Kuhn Enthalten Markus Kurth Dr. Heinrich L. Kolb Undine Kurth (Quedlinburg) Hellmut Königshaus CDU/CSU Monika Lazar Dr. h. c. Jürgen Koppelin Anna Lührmann Uda Carmen Freia Heller Heinz Lanfermann

Anlage 46 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu dem Antrag: Einheitliche Regelung der Altersversorgung für Angehö- (B) (D) rige der technischen Intelligenz der DDR (Tagesordnungspunkt 6 b)

Abgegebene Stimmen: 571; Diana Golze Dr. Herbert Schui Otto Bernhardt davon Dr. Gregor Gysi Dr. Ilja Seifert Clemens Binninger ja: 56 Heike Hänsel Dr. Petra Sitte Renate Blank Lutz Heilmann Frank Spieth Peter Bleser nein: 463 Hans-Kurt Hill Dr. Kirsten Tackmann Antje Blumenthal enthalten: 47 Cornelia Hirsch Dr. Axel Troost Dr. Maria Böhmer Inge Höger Alexander Ulrich Jochen Borchert Ja Dr. Barbara Höll Jörn Wunderlich Wolfgang Börnsen Ulla Jelpke Sabine Zimmermann (Bönstrup) SPD Dr. Lukrezia Jochimsen Wolfgang Bosbach Dr. Hakki Keskin fraktionsloser Klaus Brähmig Wolfgang Gunkel Katja Kipping Abgeordneter Michael Brand Detlef Müller (Chemnitz) Monika Knoche Helmut Brandt Maik Reichel Henry Nitzsche Jan Korte Dr. Ralf Brauksiepe Silvia Schmidt (Eisleben) Katrin Kunert Monika Brüning Dr. Marlies Volkmer Oskar Lafontaine Nein Georg Brunnhuber Michael Leutert Cajus Caesar DIE LINKE Ulla Lötzer CDU/CSU Gitta Connemann Hüseyin-Kenan Aydin Dr. Gesine Lötzsch Ulrich Adam Leo Dautzenberg Dr. Dietmar Bartsch Ulrich Maurer Ilse Aigner Hubert Deittert Karin Binder Dorothée Menzner Peter Albach Alexander Dobrindt Heidrun Bluhm Kersten Naumann Peter Altmaier Thomas Dörflinger Eva Bulling-Schröter Wolfgang Nešković Thomas Bareiß Marie-Luise Dött Dr. Martina Bunge Dr. Norman Paech Norbert Barthle Dr. Stephan Eisel Roland Claus Petra Pau Dr. Wolf Bauer Anke Eymer (Lübeck) Sevim Dağdelen Bodo Ramelow Günter Baumann Ilse Falk Dr. Diether Dehm Elke Reinke Ernst-Reinhard Beck Dr. Hans Georg Faust Werner Dreibus Paul Schäfer (Köln) (Reutlingen) Enak Ferlemann Dr. Dagmar Enkelmann Volker Schneider Veronika Bellmann Ingrid Fischbach Klaus Ernst (Saarbrücken) Dr. Christoph Bergner Hartwig Fischer (Göttingen) 24852 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009

(A) Dirk Fischer (Hamburg) Gunther Krichbaum Andreas Schmidt (Mülheim) Gerd Bollmann (C) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Dr. Günter Krings Ingo Schmitt (Berlin) Dr. Gerhard Botz Land) Dr. Martina Krogmann Dr. Andreas Schockenhoff Klaus Brandner Dr. Maria Flachsbarth Dr. Hermann Kues Dr. Ole Schröder Willi Brase Klaus-Peter Flosbach Dr. Karl A. Lamers Bernhard Schulte-Drüggelte Bernhard Brinkmann Herbert Frankenhauser (Heidelberg) Uwe Schummer (Hildesheim) Dr. Hans-Peter Friedrich Andreas G. Lämmel Wilhelm Josef Sebastian Edelgard Bulmahn (Hof) Dr. Norbert Lammert Kurt Segner Marco Bülow Erich G. Fritz Helmut Lamp Marion Seib Ulla Burchardt Jochen-Konrad Fromme Katharina Landgraf Bernd Siebert Martin Burkert Dr. Michael Fuchs Dr. Max Lehmer Thomas Silberhorn Dr. Michael Bürsch Hans-Joachim Fuchtel Paul Lehrieder Johannes Singhammer Christian Carstensen Dr. Peter Gauweiler Ingbert Liebing Jens Spahn Marion Caspers-Merk Dr. Jürgen Gehb Eduard Lintner Erika Steinbach Dr. Peter Danckert Norbert Geis Dr. Klaus W. Lippold Christian Freiherr von Stetten Karl Diller Eberhard Gienger Patricia Lips Gero Storjohann Martin Dörmann Michael Glos Dr. Michael Luther Andreas Storm Dr. Carl-Christian Dressel Josef Göppel Thomas Mahlberg Max Straubinger Elvira Drobinski-Weiß Peter Götz Stephan Mayer (Altötting) Matthäus Strebl Detlef Dzembritzki Dr. Wolfgang Götzer Wolfgang Meckelburg Thomas Strobl (Heilbronn) Sebastian Edathy Ute Granold Dr. Michael Meister Lena Strothmann Siegmund Ehrmann Reinhard Grindel Friedrich Merz Michael Stübgen Hans Eichel Hermann Gröhe Laurenz Meyer (Hamm) Hans Peter Thul Petra Ernstberger Michael Grosse-Brömer Maria Michalk Antje Tillmann Karin Evers-Meyer Markus Grübel Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Hans-Peter Uhl Annette Faße Manfred Grund Philipp Mißfelder Arnold Vaatz Elke Ferner Monika Grütters Dr. Eva Möllring Volkmar Uwe Vogel Gabriele Fograscher Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Marlene Mortler Andrea Astrid Voßhoff Rainer Fornahl Guttenberg Dr. Gerd Müller Gerhard Wächter Gabriele Frechen Olav Gutting Carsten Müller Marco Wanderwitz Dagmar Freitag Holger Haibach (Braunschweig) Kai Wegner Peter Friedrich Gerda Hasselfeldt Stefan Müller (Erlangen) Marcus Weinberg Sigmar Gabriel Michael Hennrich Michaela Noll Peter Weiß (Emmendingen) Martin Gerster Jürgen Herrmann Dr. Georg Nüßlein Gerald Weiß (Groß-Gerau) Iris Gleicke Ingo Wellenreuther (B) Bernd Heynemann Franz Obermeier Renate Gradistanac (D) Ernst Hinsken Eduard Oswald Karl-Georg Wellmann Angelika Graf (Rosenheim) Christian Hirte Henning Otte Annette Widmann-Mauz Dieter Grasedieck Robert Hochbaum Rita Pawelski Klaus-Peter Willsch Monika Griefahn Klaus Hofbauer Ulrich Petzold Willy Wimmer (Neuss) Kerstin Griese Franz-Josef Holzenkamp Dr. Joachim Pfeiffer Elisabeth Winkelmeier- Gabriele Groneberg Joachim Hörster Sibylle Pfeiffer Becker Achim Großmann Anette Hübinger Beatrix Philipp Werner Wittlich Wolfgang Grotthaus Hubert Hüppe Ronald Pofalla Dagmar Wöhrl Hans-Joachim Hacker Susanne Jaffke-Witt Ruprecht Polenz Wolfgang Zöller Bettina Hagedorn Dr. Peter Jahr Daniela Raab Willi Zylajew Klaus Hagemann Dr. Hans-Heinrich Jordan Thomas Rachel Alfred Hartenbach Dr. Franz Josef Jung Hans Raidel SPD Nina Hauer Andreas Jung (Konstanz) Dr. Peter Ramsauer Dr. Lale Akgün Hubertus Heil Bartholomäus Kalb Peter Rauen Gregor Amann Dr. Reinhold Hemker Hans-Werner Kammer Eckhardt Rehberg Dr. h. c. Gerd Andres Rolf Hempelmann Steffen Kampeter Katherina Reiche (Potsdam) Ingrid Arndt-Brauer Dr. Barbara Hendricks Alois Karl Klaus Riegert Rainer Arnold Gustav Herzog Bernhard Kaster Dr. Heinz Riesenhuber Ernst Bahr (Neuruppin) Gabriele Hiller-Ohm Volker Kauder Franz Romer Doris Barnett Stephan Hilsberg Siegfried Kauder (Villingen- Johannes Röring Dr. Hans-Peter Bartels Petra Hinz (Essen) Schwenningen) Kurt J. Rossmanith Klaus Barthel Gerd Höfer Eckart von Klaeden Dr. Norbert Röttgen Sören Bartol Iris Hoffmann (Wismar) Jürgen Klimke Dr. Christian Ruck Sabine Bätzing Frank Hofmann (Volkach) Julia Klöckner Albert Rupprecht (Weiden) Dirk Becker Dr. Eva Högl Jens Koeppen Peter Rzepka Uwe Beckmeyer Eike Hovermann Dr. Kristina Köhler Anita Schäfer (Saalstadt) Klaus Uwe Benneter Klaas Hübner (Wiesbaden) Hermann-Josef Scharf Dr. Axel Berg Christel Humme Manfred Kolbe Hartmut Schauerte Ute Berg Lothar Ibrügger Norbert Königshofen Dr. Annette Schavan Petra Bierwirth Johannes Jung (Karlsruhe) Dr. Rolf Koschorrek Dr. Andreas Scheuer Lothar Binding (Heidelberg) Josip Juratovic Hartmut Koschyk Karl Schiewerling Volker Blumentritt Johannes Kahrs Thomas Kossendey Georg Schirmbeck Kurt Bodewig Ulrich Kasparick Michael Kretschmer Christian Schmidt (Fürth) Clemens Bollen Dr. h. c. Susanne Kastner Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 224. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Mai 2009 24853

(A) Ulrich Kelber Ortwin Runde FDP Enthalten (C) Christian Kleiminger Marlene Rupprecht Astrid Klug (Tuchenbach) Patrick Döring CDU/CSU Dr. Bärbel Kofler Anton Schaaf Jörg van Essen Uda Carmen Freia Heller Walter Kolbow Axel Schäfer (Bochum) Otto Fricke Fritz Rudolf Körper Bernd Scheelen Dr. Werner Hoyer SPD Karin Kortmann Dr. Hermann Scheer Gudrun Kopp Rolf Kramer Marianne Schieder Jan Mücke Petra Heß Anette Kramme Otto Schily Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Gabriele Lösekrug-Möller Ernst Kranz Ulla Schmidt (Aachen) Nicolette Kressl Renate Schmidt (Nürnberg) BÜNDNIS 90/ FDP Volker Kröning Heinz Schmitt (Landau) DIE GRÜNEN Jens Ackermann Dr. Hans-Ulrich Krüger Carsten Schneider (Erfurt) Marieluise Beck (Bremen) Dr. Karl Addicks Angelika Krüger-Leißner Olaf Scholz Uwe Barth Jürgen Kucharczyk Ottmar Schreiner Cornelia Behm Angelika Brunkhorst Helga Kühn-Mengel Reinhard Schultz Birgitt Bender Ernst Burgbacher Ute Kumpf (Everswinkel) Alexander Bonde Mechthild Dyckmans Dr. Uwe Küster Swen Schulz (Spandau) Ekin Deligöz Ulrike Flach Christine Lambrecht Ewald Schurer Dr. Thea Dückert Paul K. Friedhoff Christian Lange (Backnang) Frank Schwabe Dr. Uschi Eid Horst Friedrich (Bayreuth) Waltraud Lehn Dr. Angelica Schwall-Düren Hans-Josef Fell Dr. Edmund Peter Geisen Helga Lopez Rolf Schwanitz Kai Gehring Hans-Michael Goldmann Dirk Manzewski Rita Schwarzelühr-Sutter Katrin Göring-Eckardt Joachim Günther (Plauen) Lothar Mark Wolfgang Spanier Britta Haßelmann Dr. Christel Happach-Kasan Caren Marks Dr. Margrit Spielmann Bettina Herlitzius Heinz-Peter Haustein Katja Mast Jörg-Otto Spiller Winfried Hermann Birgit Homburger Hilde Mattheis Dieter Steinecke Peter Hettlich Michael Kauch Markus Meckel Andreas Steppuhn Priska Hinz (Herborn) Dr. Heinrich L. Kolb Petra Merkel (Berlin) Ludwig Stiegler Ulrike Höfken Hellmut Königshaus Ulrike Merten Rolf Stöckel Dr. Anton Hofreiter Dr. h. c. Jürgen Koppelin Dr. Matthias Miersch Christoph Strässer Thilo Hoppe Heinz Lanfermann Ursula Mogg Dr. Peter Struck Sibylle Laurischk Marko Mühlstein Joachim Stünker Ute Koczy Harald Leibrecht Michael Müller (Düsseldorf) Dr. Rainer Tabillion Sylvia Kotting-Uhl Ina Lenke Gesine Multhaupt Jörg Tauss Fritz Kuhn (B) Markus Löning (D) Franz Müntefering Jella Teuchner Markus Kurth Dr. Erwin Lotter Dr. Rolf Mützenich Jörn Thießen Undine Kurth (Quedlinburg) Patrick Meinhardt Andrea Nahles Franz Thönnes Anna Lührmann Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Erika Ober Rüdiger Veit Nicole Maisch Dirk Niebel Holger Ortel Simone Violka Jerzy Montag Hans-Joachim Otto Heinz Paula Jörg Vogelsänger Kerstin Müller (Köln) (Frankfurt) Johannes Pflug Hedi Wegener Winfried Nachtwei Detlef Parr Joachim Poß Andreas Weigel Omid Nouripour Cornelia Pieper Christoph Pries Petra Weis Brigitte Pothmer Gisela Piltz Dr. Wilhelm Priesmeier Gunter Weißgerber Claudia Roth (Augsburg) Frank Schäffler Florian Pronold Gert Weisskirchen Krista Sager Dr. Konrad Schily Dr. Sascha Raabe (Wiesloch) Manuel Sarrazin Marina Schuster Mechthild Rawert Hildegard Wester Elisabeth Scharfenberg Dr. Hermann Otto Solms Steffen Reiche (Cottbus) Dr. Margrit Wetzel Christine Scheel Carl-Ludwig Thiele Gerold Reichenbach Heidemarie Wieczorek-Zeul Florian Toncar Dr. Carola Reimann Dr. Dieter Wiefelspütz Irmingard Schewe-Gerigk Christoph Waitz Christel Riemann- Engelbert Wistuba Dr. Gerhard Schick Dr. Claudia Winterstein Hanewinckel Dr. Wolfgang Wodarg Rainder Steenblock Dr. Volker Wissing Walter Riester Waltraud Wolff Silke Stokar von Neuforn Sönke Rix (Wolmirstedt) Dr. Wolfgang Strengmann- BÜNDNIS 90/ René Röspel Heidi Wright Kuhn DIE GRÜNEN Dr. Ernst Dieter Rossmann Uta Zapf Hans-Christian Ströbele Karin Roth (Esslingen) Manfred Zöllmer Wolfgang Wieland Monika Lazar Michael Roth (Heringen) Brigitte Zypries Josef Philip Winkler Dr. Harald Terpe Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Amsterdamer Str. 192, 50735 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Telefax (02 21) 97 66 83 44 ISSN 0722-7980