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Diakonie -Großenhain gGmbH

Bereich Flüchtlingssozialarbeit

Jahresbericht 2019

Diakonie Riesa-Großenhain gGmbH - Migrationsberatung 1

Der Jahresbericht 2019 der Diakonie Riesa-Großenhain gGmbH, Bereich Migrationsberatung informiert über die pädagogische Arbeit an den Beratungsstandorten, gibt näheren Aufschluss über weitere Schwerpunkte im Berichtzeitraum und versucht, das facettenreiche Aufgabengebiet möglichst ganzheitlich zu erfassen und zu dokumentieren. Er vermittelt außerdem eine Übersicht zu Organisations- und Personalstruktur sowie zu Qualitätssicherung und Öffentlichkeitsarbeit.

Er richtet sich insbesondere an die interessierte Öffentlichkeit, an Partner und beteiligte Akteure, an Mitglie- der, Zuwendungsgeber und andere Unterstützende. Der Jahresbericht wird in ausgewählten Fällen schriftlich zugesandt.

Digital veröffentlicht wird er auf der Homepage der Diakonie Riesa-Großenhain gGmbH, Migrationsberatung: https://www.diakonie-rg.de/fluechtlingssozialarbeit_wir_ueber_uns_de.html

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Genderhinweis

Für uns als diakonische, d.h. christlich-evangelische Einrichtung ist Gleichberechtigung in jederlei Hinsicht ein zentrales Anliegen. Dies beinhaltet die Gleichstellung der Geschlechter. Daher wird in der vorliegenden Arbeit versucht, diesen Aspekt so gut es geht auch sprachlich zu berücksichtigen. Mögli- che Abweichungen sind nicht als Wertung zu verstehen.

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Politische Rahmenbedingungen des Zu Lage und Veränderung im Landkreis Jahres 2019 Meißen

Sachsen Bashing ist zu einem Begriff des poli- Anhand der Kreistagswahl Meißen am tischen Diskurses geworden. Gemeint ist damit 26.05.2019 zeigte sich ein ähnliches Bild wie die Assoziation bzw. Gleichsetzung des Frei- bei der späteren Wahl zum sächsischen Land- staates mit den Erfolgen rechtskonservativer tag im September: Die CDU gewann mit 30,8 Parteien und ähnlicher Strömungen in der Prozent der Stimmen vor der AFD mit 26 Pro- Gesellschaft. AFD, PEGIDA usw. finden hier zent. Es folgten dahinter DIE LINKE (10,2 Pro- scheinbar Nährboden für ihre Ideologien. In zent) und Bündnis 90/Die Grünen (8 Prozent). kaum einer anderen Region in Deutschland ist Indes ist der SPD der Einzug ins Kommunal- der zu verzeichnende Zuwachs bzw. Einfluss parlament nicht gelungen. dieser Gruppierungen größer. Damit einher In der Region Meißen lag die CDU knapp vor geht in der öffentlichen Wahrnehmung auch der AFD. In Großenhain gewann die AFD mit eine gewisse Schuldzuweisung. deutlichem Abstand. In Riesa war das Ergeb- Rechtsextremismus ist inzwischen als Bedro- nis zweigeteilt: Sowohl CDU als auch AFD hung für den deutschen Rechtsstaat anerkannt feierten hier Erfolge. Die Vermutung liegt nahe, worden. In der Debatte wird die Frage zuneh- dass selbst da, wo noch christlich- mend lauter, wie es geschehen konnte, dass demokratisch gewählt wurde, tendenziell der (in Sachsen wie auch auf Bundesebene) die rechte Flügel der Partei besonders stark war. Politik nicht rechtzeitig eingegriffen hat. Warum Daraus lässt sich ableiten, dass in der politi- wurde das Problem zu spät erkannt? Wie schen Landschaft im Landkreis Meißen ein konnten sich feindliche Gedanken (gegenüber konservatives bis sehr konservatives Klima Gesellschaft und Gesetzen) in dem Maße un- herrscht. gehindert ausbreiten und sich unbemerkt in den Köpfen der Menschen festsetzen? Sachsen – nicht erst seit der Ceska-Mordserie (auch bekannt als NSU-Morde; seit 09.09.2000), nicht erst seit dem Anschlag von Halle auf eine Synagoge (09.10.2019) – scheint in diesem Zusammenhang tatsächlich ein ge- wisser „Faktor“ gewesen zu sein. Dies muss ebenfalls anerkannt werden. Daher sollte das Streitwort Sachsen Bashing nicht einfach abge- schüttelt, sondern ernsthaft über dessen Hin- tergrund nachgedacht und seine Bedeutung diskutiert werden.

Quelle: https://www.wahlen.sachsen.de/Ergebnisse_KT19.php?lan dkreis=14627&&detailed=true

Vorbehalte von EinwohnerInnen erschweren es Menschen mit Migrationshintergrund, sich wohlzufühlen und innerhalb der Gemeinde anzukommen. Oft gelingt dies nur mit Erklä- rungen, die nicht selten Rechtfertigungen sind – und zwar auf beiden Seiten. Es erfordert viel Kraft und Zeit, um diese Konfliktlage zu ent- spannen. In diesem Kontext ist die Arbeit der Migrationsberatung nach wie vor sehr wichtig. Dadurch werden einerseits Rechte und Chan- cen der KlientInnen geschützt und andererseits

Quelle: auch der soziale Frieden untereinander gesi- https://de.statista.com/infografik/19198/ergebnis-der- chert. landtagswahl-in-sachsen-2019/ Versuchen wir, etwa mithilfe von Projekten,

den gesellschaftlichen Integrationsprozess zu öffnen, stoßen wir – wenig überraschend – regelmäßig auf Widerstände. Zwei Beispiele aus 2019 belegen dies recht gut:

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Nach wie vor lässt sich die Situation im ländli- chen Raum nicht mit dem liberalen, multikultu- rellen Charakter einer Großstadt vergleichen. Dennoch gibt es einige Erfolge, berücksichtigt man die Entwicklung 2019 und die der voran- gegangenen Jahre: Immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund finden eine berufliche Anstellung. Offensichtlich haben sich v.a. handwerkliche Betriebe gegenüber dem The- ma geöffnet. KlientInnen können so zu mehr Selbständigkeit finden und auch ihre sprachli- Im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassis- mus wurde an einer Oberschule in Meißen das Theater- chen Kompetenzen verbessern. Daher taucht stück „Fluchtwege“ der Landesbühnen Sachsen GmbH etwa das Thema „Lohnsteuerhilfe“ immer häu- vor rund 70 Schülern aufgeführt. Das Publikum begegne- figer im Beratungskontext auf. te dem Geschwisterpaar Riwa und Andrea, zwei Flücht- lingskindern, die rückblickend erzählen, was es heißt, aus der Heimat flüchten zu müssen und welche Schwie- Drohende und tatsächliche Abschiebungen rigkeiten ein Neuanfang in Deutschland mit sich bringt. v.a. nach Ungarn und Rumänien haben uns Das abschließende Gruppenfoto zeigt leider sehr deut- Mitte des Jahres beschäftigt. Wie wir wissen, lich, vor welchen Schwierigkeiten das zugewanderte Mädchen innerhalb der Schule steht. werden Rückkehrende sofort in Haft genom-

men oder anderweitig menschenunwürdig behandelt. Vor allem für Familien mit Kindern ist das besonders problematisch (Kindeswohl- gefährdung). Wir haben versucht, KlientInnen so gut wie möglich auf eine bevorstehende Abschiebung vorzubereiten, indem wir mit ihnen darüber sprachen und eine „Checkliste“ zur Hand ga- ben. Wir wollten ihnen dadurch die Angst nehmen bzw. den Druck der psychischen Be- lastung minimieren. Diese sanfte Konfrontation Foto: Sächsische Zeitung Großenhain, ©Kristin ist erforderlich, denn blenden Personen eben Richter diese Gedanken völlig aus, sind sie in der spä- Im Mai 2019 zeigte Riadh Ben Ammar sein Solo- teren Situation oft überfordert und vergessen Theaterstück „Eldorado Europa“ am Gymnasium in wesentliche Schritte. Großenhain. Es ging um Fluchtgründe, das Leben in einer Gemeinschaftsunterkunft in Deutschland und um 2019 gab es die meisten Neuzuweisungen im Kriminalität – geschildert aus der Perspektive eines Mannes aus Nordafrika. Absichtlich wurde damit ein Raum Riesa. Insgesamt zählt die Stadt an der Thema fokussiert, das mit vielen Vorurteilen behaftet ist. inzwischen die meisten KlientInnen. Die Etwa 60 SchülerInnen der 7. und 8. Klassen saßen im medizinische Versorgung ist, wie schon in den Publikum. Einige andere nahmen nicht daran teil, weil deren Eltern die politische Beeinflussung ihrer Kinder letzten Jahren, inadäquat. Bis auf zwei Allge- befürchteten. Im Nachgang gab es über mehrere Wo- meinmedizinerInnen, die den Bedarf decken chen hinweg Diskussionen von Seiten einiger SchülerIn- und sich auch für die Behandlung von KlientIn- nen, der Künstler habe sich während der Performance nen bereit erklären, gibt es kaum Kapazitäten. mehrfach unsittlich berührt (Anmerkung d. R.: Es handel- te sich dabei eindeutig um ein stilistisches Mittel). Kurz: Problematisch bei den Neuzuweisungen war Der eigentliche Inhalt wurde absichtlich instrumentalisiert, außerdem, dass es für Menschen, die unter um das Projekt und dessen Wahrnehmung an der Schule einer (physischen) Behinderung leiden, oft zu beschädigen. keine behindertengerechte Unterbringung gab. Früher oder später sind diese Personen nach umgezogen, was einen besonderen Beratungsaufwand für die MitarbeiterInnen nach sich zog. Vor dem Hintergrund der gro- ßen Anzahl der hier lebenden KlientInnen, wird im vorliegenden Bericht ein Hauptaugenmerk auf die Region Riesa gelegt.

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Dank

Sehr geehrte Damen und Herren, der Bericht für das zurückliegende Jahr 2019 Dank der finanziellen Unterstützung von Bund, enthält wichtige Ereignisse unserer Arbeit und Land und Kreis war es möglich, einigen Fami- zeigt ebenfalls komplexe wie auch schwierige lien in schwierigen Situationen direkt zu helfen. Situationen auf. In Form von Beratung, Begleitung und Kultur- Besondere Freude hat dem Team die gemein- vermittlung konnten neue Wege aufgezeigt same Arbeit mit Schulen bereitet. und Hoffnung gegeben werden. An dieser Stelle möchten wir uns bei den Schulträgern und SchülerInnen für das entge- Dank gebührt auch den MitarbeiterInnen des gengebrachte Vertrauen und die positive Zu- Landratsamtes Meißen. Durch die enge, auf sammenarbeit bedanken. Augenhöhe basierende Zusammenarbeit konn- ten schwierige Probleme oft kurzfristig ge- Einige Feste haben 2019 geprägt. meinsam gelöst werden. Besonders hervorzuheben ist der Tag der Sachsen in Riesa. In dieser Zeit kam es zu Im Namen aller MitarbeiterInnen möchte ich zahlreichen Begegnungen zwischen Gästen, mich bei der Sächsischen Aufbaubank, dem MigrantInnen und MitarbeiterInnen. Nur durch Landesverband der Diakonie Sachsen sowie das große Engagement von haupt- und eh- dem eigenen Träger für die geleistete Arbeit renamtlichen MitarbeiterInnen konnte es gelin- und finanzielle Unterstützung bedanken. gen, dass unsere Arbeit Beachtung fand und sachsenweit wahrgenommen wurde. Leiterin der Migrationsberatung Gerlinde Franke Bei vielen Aufgaben werden wir durch das Ehrenamt unterstützt. Diesen MitarbeiterInnen möchte ich meinen besonderen Dank ausspre- chen. Ohne ihren Einsatz würden wir in unse- rer täglichen Arbeit schneller an Grenzen sto- ßen.

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Inhaltsverzeichnis

Politische Rahmenbedingungen des Jahres 2019 S. 4 Zu Lage und Veränderung im Landkreis Meißen S. 4 Dank S. 6

Inhaltsverzeichnis S. 7

1. Beratungsstruktur S. 8 1.1 Reflexion und Teambuilding S. 8 1.2 Thematische Spezialisierung S. 8 1.3 Personal S. 10

2. Beratungsthemen S. 11

3. Beratungsleistung S. 13 3.1 Region Großenhain S. 13 3.2 Region Meißen S. 17 3.3 Region Riesa S. 20 3.4 Standortkoordination S. 23 3.5 Perspektive der SprachmittlerInnen S. 24

4. Qualitätssicherung: Evaluation Klientenzufriedenheit S. 26

5. Projektarbeit S. 29 5.1 Arbeitsgelegenheit für anerkannte Flüchtlinge S. 29 mit sozialpädagogischer Begleitung (AGH) 5.2 Informations- und Kommunikationszentrum (IKZ) S. 30 5.3 Kommunale Integrationskoordination (KIK) S. 34 5.4 NOAH S. 35 5.5 Team-Assistenz S. 36

6. Öffentlichkeitsarbeit S. 38

Anhang Multikulti in der Einwanderungsgesellschaft? S. 40 (Veröffentlichung in „Nächstenliebe leben. Klarheit zeigen. Handreichung zu Rechtspopulismus und Fremdenfeindlichkeit“ der Arbeitsgemeinschaft „Kirche für Demokratie und Menschenrechte“ 2019) Impressum S. 44

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 Es fanden Diskussionen zum gemeinsa- 1. Beratungsstruktur men Leitbild statt. Inwiefern identifizieren wir uns als multikulturelles und multireligiöses Team mit den 1.1 Reflexion und Teambuilding christlichen Grundgedanken? Inwiefern sind diese zeitgemäß? Diese Gespräche waren auch deswe- gen wichtig, da es in 2020 zu einem Zusammen- Die Beratungsstruktur ist im Vergleich zum schluss der Diakonie Riesa-Großenhain und der Vorjahr unverändert geblieben. Weiterhin ist Diakonie Meißen kommen soll. die Migrationsberatung als Träger mit der hauptamtlichen Beratung der KlientInnen im  Weiterhin haben wir beschlossen, das Landkreis Meißen beauftragt. Dabei ist die Thema Gewaltschutzprävention zu fokussieren, Verzahnung der Fachbereiche Flüchtlingssozi- indem Hausbesuche bei den KlientInnen regelmä- alarbeit (FSA), Jugendmigrationsdienst (JMD) ßig durchgeführt werden. So gewinnen Sozialarbei- und Migrationsberatung für erwachsene Zu- terInnen Einblicke in Situationen außerhalb des Beratungskontextes. 2019 haben wir eine Zunahme wanderer (MBE) besonders wertvoll. Der Zu- von häuslichen Konflikten registriert. Gerade mit sammenschluss dieser Bereiche „unter einem Blick auf die Situation von Frauen, die oftmals nicht Dach“ ist erfahrungsgemäß sehr konstruktiv, selbständig in die Beratung kommen, kann ein weswegen wir in 2019 die Beratungsräume Hausbesuch aufschlussreich und hilfreich für beide von FSA und JMD auch in Coswig zusammen- Seiten sein. gelegt haben. SozialarbeiterInnen können so, auf kurzem Wege, Informationen austauschen  Planungen zu Ferienprogrammen sollen und problematische Situationen (wie z.B. künftig effektiver gestaltet werden. Ab 2020 werden Wohnungssuche mit entsprechenden Fristen, sich die meisten Angebote auf die erste Sommerfe- Übergang von Asyl zu Anerkennung usw.) von rienwoche konzentrieren und standortübergreifend zentralisiert. KlientInnen rasch lösen. 1.2 Thematische Spezialisierung Zur Professionalität unserer Arbeit gehört wei- terhin die regelmäßige kollegiale Beratung, bei 2019 hat sich der gesellschaftliche Diskurs um Bedarf auch Supervision. Zum einen können die Gleichberechtigung zwischen den Ge- auf diese Weise wichtige Informationen effektiv schlechtern und speziell um die Rolle der Frau kommuniziert werden, zum anderen sind Be- (nicht nur in Deutschland) fortgesetzt. Das sprechungen komplexer Einzelfälle in kleinerer deutsche Frauenwahlrecht, und damit die Mög- Runde möglich. Vom fachlichen Austausch lichkeit zur gesellschaftlichen Mitbestimmung, intern profitieren letztlich auch die ratsuchen- entstanden vor genau 100 Jahren. den KlientInnen. Wir haben daher ganz bewusst das Thema in Modus Operandi ist der Wechsel zwischen den Vordergrund unserer Arbeit gestellt. So ist großen (zentralen) und kleinen (dezentralen) es uns gelungen, mit Seyran Ates eine sehr Dienstberatungen im Zwei-Wochen-Rhythmus. einflussreiche muslimische Frauenrechtlerin für Zu diesen Terminen sind ggf. Akteure aus dem die Eröffnung der Interkulturellen Wochen im Netzwerk anwesend, z.B. um Änderungen Landkreis Meißen zu gewinnen. Zusätzlich mitzuteilen oder neue Angebote zu kommuni- haben sich die Frauengruppen in Großenhain zieren. Auch gibt es hier regelmäßige Teil- und Riesa fest etabliert. nahmen von MitarbeiterInnen des LRA Mei- Fortgesetzt hat sich ebenfalls das Thema „Ge- ßen, was Absprachen, sei es mit Blick auf nitalverstümmelung“. Dieses tritt immer häufi- Beratungsinhalte oder Veranstaltungen, enorm ger im Beratungsthemenkatalog auf. Mitunter erleichtert. ist es auch ein relevanter Faktor im Prozess

des Asylverfahrenes. Hauptsächlich betroffen Vom 08.-10.04.2019 haben sich alle Mitarbei- sind Frauen und Mädchen aus dem afrikani- terInnen zur Klausurtagung in der Evangeli- schen Raum. Diese Tradition ist jedoch global schen Akademie zu Meißen getroffen. Inhalt- verbreitet. Weltweit leiden etwa 200 Millionen lich standen die Reflexion und die perspektivi- Frauen darunter. In den dunkelrot markierten sche Planung der eigenen Arbeit bis 2021 im Gebieten sind mehr als 50 Prozent der Frauen Vordergrund. Dabei wurde u.a. besonderer davon betroffen: Wert auf die Außenwirkung von uns als diako- nischer Einrichtung gelegt. Weitere Themen waren u.a.:

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Quelle: https://inklusion.hypotheses.org/3354

Immer mehr von ihnen leben in Deutschland. Diese Gespräche haben dazu geführt, dass Eine Weiterbildung von zwei SozialarbeiterIn- sich der Kreis der Betroffenen geweitet hat. Es nen fand bereits 2018 statt. Ihnen wurde fun- sind weit mehr Frauen davon betroffen als wir diertes Hintergrundwissen vermittelt, welches zunächst annahmen. dabei hilft, Anzeichen und mögliche Gefahren Männliche Kollegen bzw. MitarbeiterInnen, die rechtzeitig zu erkennen und die Personen ge- keine solche Weiterbildung absolvierten, ha- zielt anzusprechen. Ebenso wurden geeignete ben ihre jeweiligen KlientInnen zu Gesprächen Techniken und Hilfssysteme näher beleuchtet, an die ExpertInnen weitervermittelt. Somit war dank derer das Geschehene besprochen wer- für die Betroffenen spürbar, dass wir bewuss- den und so auch ein Verständnis füreinander ter auf das Thema eingehen und gezielter entstehen konnte. Unterstützung anbieten können.

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1.3 Personal

34 MitarbeiterInnen in 12 Fachbereichen Flüchtlingssozialarbeit Markus Bieberstein Maren Göhring Kerstin Grimmer Konstantin Hananov * Leitung Valentina Hananov * Gerlinde Franke Sekretariat Susann Müller (Dipl.-Sozialpädagogin, Supervisorin, Franziska Englowski Lidia Reimer Traumaberaterin) Katja Kreisz Silvio Schmidt Stellvertretung: Sylvia Spargen Sophie Schurig (ab 08/19) Sylvia Spargen Aischa Sriba Josefine von Behr Sarah Weißflog

Migrationsberatung für erwachsene SprachmittlerInnen Jugendmigrationsdienst Zuwanderer Saad Ahmad (Arabisch) Dalija Druschke Lydia Bertelmann Amal Al-Shaiki (Arabisch) Annett Schober Gerlinde Franke Mahnaz Maleki (Persisch)

Informations- und AGH-Projekt für anerkannte Kommunikationszentrum Flüchtlinge Felix Kim Projekt NOAH Samir Al-Sheikh Leif Quoos (bis 09/19) Judith Schubert Lydia Roßner Reina Corti (ab 10/19) Falk Terrey (ab 10/19)

Kommunale Teamassistenz Standortkoordination Integrationskoordination Katja Kreisz Siegmar Dörschel Christina Deffke Abdel Moumen

* Die mit Stern gekennzeichneten MitarbeiterInnen sind Heimleitungen in Gemeinschaftsunterkünften.

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Soziale Themen: 2. Beratungsthemen u.a. Unterstützung bei Wohnraumsuche, Auf- klärung zu Wohnung/Haushalt/Umfeld (Hausord- Unser Beratungsangebot richtet sich an alle nung, nachbarschaftliches Verhältnis, Ruhezeiten, MigrantInnen im Landkreis Meißen, deren Mülltrennung etc.), Hilfe bei Alltagsangelegenheiten Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist (Einkauf, Reparatur etc.). bzw. die eine Ablehnung durch das BAMF erhalten haben. Für die Beratung anerkannter Psychologische Themen: Flüchtlinge sind die Bereiche JMD und MBE u.a. Seelsorge (insbesondere bei Verlusten von zuständig. Das bedeutet, im Bereich Asyl ha- Angehörigen, sei es in Deutschland oder dem Her- ben wir es mit Menschen zu tun, die sich gene- kunftsland), Intervention bei Problemen (z.B. häusli- che Gewalt), Begleitung von traumatisier- rell in einer kritischen Lebenssituation befin- ten/psychisch erkrankten Menschen, Genitalver- den, welche von Ungewissheit und Ängsten stümmelung bei Frauen, Hilfe in Erziehungsfragen. geprägt ist. Zentral für unsere Beratungstätigkeit ist die Gesellschaftliche Themen: Orientierung am Diakonischen Leitbild. Im u.a. Stärkung von Teilhabe und Partizipation, Auf- Mittelpunkt steht dabei die Würde des Men- nahmegespräche in Grundschulen und Kindergär- schen. Wir nehmen jede Person, unabhängig ten, Vermittlung in Sprachkurse, Arbeitsmarktmento- von Glaubenszugehörigkeit, Alter, Geschlecht ring, Netzwerkarbeit, Veranstaltungsplanung, politi- etc. vorbehaltlos an. Zudem bieten wir Hilfe zur sche Bildung. Selbsthilfe, damit KlientInnen ein selbstverant- wortliches Leben führen können. Häufig gestellte Fragen in Beratungs- Die meisten Personen haben, nachdem sie im gesprächen 2019 waren besonders: Landkreis Meißen angekommen sind, zwei Handicaps: Zum einen sind sie oft der deut- 1) Ämter: schen Sprache nicht mächtig, zum anderen Warum müssen wir alle diese Anträge ausfüllen? sind sie nicht mit der Lage vor Ort vertraut. Wozu ist das gut? Zu welchem Zweck benötigen Sie Dabei ist gerade die erste Phase für jene Per- meinen Ausweis? sonen besonders wichtig: 2) Gesundheit:  Absprachen mit dem Ausländeramt Wann kann ich meine Versicherungskarte anmel-  Wahrnehmung von Terminen den? Wie beantrage ich einen Krankenbehand-  Bereitstellung von Dokumenten, lungsschein für meinen Termin beim Chirurgen? Einhaltung von Fristen  Organisation und Besuch von 3) Schule: Sprachkursen Was ist eine DaZ-Klasse? Warum erhalte ich keine  Sorge für die Integration von Kindern Noten wie alle anderen auch? Warum muss ich die  Führung und Strukturierung des eigenen 5. Klasse wiederholen, obwohl ich abgeschlossen Haushalts habe?  u.v.m. 4) Rechtliches: KlientInnen dürfen von uns erwarten: Ich habe viel Geld an meinen Anwalt bezahlt, aber er meldet sich nicht. Ich denke, es ist besser für mich den Anwalt zu wechseln. Können Sie mir da-  Kompetente Information bei helfen?  Aktive Unterstützung und Anleitung  Hilfe zur Selbsthilfe  Passgenaue Vermittlung an andere 5) Wohnung: Dienste Ich habe die Anerkennung erhalten und soll eigenen Wohnraum finden. Ich möchte in eine 45m² Woh- Das Spektrum der Beratungstätigkeit nung im Zentrum der Stadt ziehen. Gibt es da eine freie Wohnung? Bezahlt das Jobcenter diese Woh- lässt sich wie folgt einordnen: nung?

Bürokratische Themen: u.a. Kommunikation mit Ämtern (Ausländerbehörde, Standesamt, Bundesagentur für Arbeit etc.), Hilfe beim Ausfüllen diverser Formulare (ALG II, Kran- kenkasse, Elternbeitrag etc.), Organisation von SprachmittlerInnen.

Rechtliche Themen: u.a. Fragen zum Status des Asylverfahrens, Infor- mation zu Familiennachzug, Vermittlung zu Rechts- beratung, Information zu Freiwilliger Ausreise.

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Statistiken (Auswahl):

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3. Beratungsleistung

3.1 Region Großenhain

Gröditz Großenhain Friedrich-Gottlob-Keller-Straße 12 Marktgasse 14 01609 Gröditz 01558 Großenhain Di 09:00-12:00 & 13:00-16:00 Uhr Di 09:00-12:00 & 13:00-17:00 Uhr Mi 09:00-12:00 & 13:00-16:00 Uhr Mi 09:00-12:00 & 13:00-16:00 Uhr Do 9:00-12:00 Uhr & nach Vereinbarung Lidia Reimer Sylvia Spargen 0172-1347060 0172-1347213 [email protected] [email protected] Konstantin Hananov 0172-1871880 [email protected]

Gröditz Die Koordination mit den Sprachkursträgern funktionierte gut. Zum Jahresende 2019 lebten 111 Personen in Wir arbeiteten vorwiegend mit der DPFA der Unterkunft Gröditz. Darunter 20 Familien Großenhain und dem TÜV Riesa zusammen. mit insgesamt 45 Kindern und 16 alleinstehen- Die BewohnerInnen der Unterkunft hatten au- de Personen. Dienstag, Mittwoch und Don- ßerdem die Möglichkeit, vor Ort Deutsch zu nerstag wurde ganztägig die offene Beratung lernen. Zwei Mal pro Woche fand Deutschun- angeboten. Da Heimleitung und Sozialarbeite- terricht statt, der von einer ehrenamtlichen rInnen vor Ort sind, kamen HeimbewohnerIn- Helferin angeleitet wird. Zudem bot eine ehe- nen auch außerhalb der Sprechzeiten regel- malige Grundschullehrerin Nachhilfeunterricht mäßig ins Büro. speziell für Kinder an. Dieser wurde von Kin- dern der ersten bis vierten Klassen rege be- Die Zusammenarbeit mit dem integrativen sucht. Die Eltern meinten, dies sei eine sehr Kindergarten „Buratino“ und mit der Grund- gute Hilfe und Unterstützung. schule Gröditz funktionierte sehr gut. Diese hatten genug Kapazitäten für die Aufnahme Es bestanden gute Kontakte zur lokalen Ju- von Kindern. 23 Kinder von KlientInnen be- gendhilfe. Das Bündnis für Demokratie und suchten diese Einrichtungen. Im Kindergarten Zivilcourage bot in Kooperation mit dem Ju- fanden zusätzlich Informationstage für die gendwohnhaus Gröditz verschiedene Ferien- Eltern statt. aktivitäten an, zum Beispiel Kutschenfahrt, Kinderfest auf dem Sportgelände der Stadt und Die Grundschule Gröditz besuchten 11 Kin- ein Grillabend auf dem Gelände des Freiba- der. Vier Kinder hatten in einer regulären Klas- des. Die Frauen bereiteten, je nach Angebot, se Unterricht, die anderen besuchten eine internationales Essen und Gebäck vor. DaZ-Klasse. Ebenso besuchten zehn Kinder nach der Schule den Hort.

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Auch zu den Sportvereinen bestand guter Kon- Die zwei Kinder der Familie (geb. 2015, 2017) takt. So hatte u.a. der Sportverein Gröditz im sind in den Kindergarten gegangen. Die Erzie- Mai zum gemeinsamen Sportfest eingeladen. herInnen stellten fest, dass das Verhalten bei- Die Kinder hatten dabei an verschiedenen der Kinder sehr auffällig ist. Wettkämpfen teilgenommen: Fußball, Volley- Sie waren besonders aggressiv, haben andere ball, Laufen, Springen, Tauchen und Kegeln. Kinder geschlagen und beschimpft sowie Im Oktober waren wir mit KlientInnen beim Spielzeuge zerstört. Nach Aufforderung und Tennisclub eingeladen und verbrachten dort Ansprache durch die PädagogInnen reagierten eine schöne Zeit. die Kinder mit Schlagen, Spucken, Beißen, Kneifen und Schubsen. Mehrfach wurde mit beiden Eltern im Kindergarten sowie innerhalb der Diakonie gesprochen. Wir boten Hilfe und Unterstützung an. Auch Ehrenamtliche hatten sich bereiterklärt, der Familie zu helfen. Alle Hilfsangebote wurden vom Vater abgelehnt, da er kein Fehlverhalten in seinem Erziehungsstil Ein weiteres Highlight war das Anfang Juni sah. Die ErzieherInnen des Kindergartens und ausgetragene Sommer- und Familienfest, an- auch wir waren der Meinung, dass ein weiterer lässlich des internationalen Kindertages (vgl. Kindergartenbesuch unter diesen Umständen Kap. 5.3). KlientInnen hatten eifrig beim Auf- unmöglich ist. Die Kinder bräuchten stattdes- und Abbau der Zelte und Stände mitgeholfen. sen vom Jugendamt geförderte Einzelbetreu- Die Frauen hatten internationales Essen ge- ung. Im März 2019 wurde für die Familie Er- kocht sowie Kuchen und verschiedenes Ge- ziehungshilfe beim Jugendamt beantragt. Auch bäck vorbereitet. Für alle Beteiligten und Be- dies wurde durch die Familie mit der Begrün- such-erInnen war das eine sehr erfreuliche dung abgelehnt, dass sie zurück in ihre Heimat Veranstaltung. wollten und bereits einen Antrag auf freiwillige Von der Kirchgemeinde wurden KlientInnen Ausreise gestellt hätten. Ebenso äußerte der zum Martinsfest eingeladen. Es gab einen Vater gegenüber den MitarbeiterInnen der Lampionumzug. Im Dezember organisierten Diakonie, dass er die Kinder vom Kindergarten wir, wie in jedem Jahr, eine Kinderweihnachts- abmelden möchte. Dies geschah im beidseiti- feier, die in Großenhain stattfand. gen Einvernehmen zum 01.12.2019. Das Fall- beispiel zeigt recht klar, mit welch komplexen Im Berichtzeitraum gab es in Gröditz insge- Lagen wir es im Beratungskontext oft zu tun samt vier Praxen für Allgemeinmedizin. Aller- haben. Ohne den engen Zusammenschluss dings wurden KlientInnen nur bei einer Arzt- zwischen SozialarbeiterInnen, SprachmittlerIn- praxis (Dr. Hassan und Ahmad) aufgenom- nen und weiteren Akteuren hätte sich die oh- men. Besonders gut lief die Zusammenarbeit nehin prekäre Lage weiter verschärft und wäre mit der Kinderarztpraxis Dr. Frey, dem Fach- letztlich vermutlich eskaliert. arzt für Gynäkologie Dr. Dominok und den Zahnärzten Dr. Dalicho, Dr. Jörg Dietrich und Fallbeispiel II Dr. Petschauer. Kapazitäten im Bereich Gynä- Im September 2018 kam eine Familie mit drei kologie, Augenarzt und Psychiatrie müssen mit Kindern zu uns. Zwei Mädchen (6./9. Klasse) Blick in die Zukunft dringend ausgebaut wer- kamen in die Oberschule Nünchritz und der den. Junge in die Grundschule Gröditz. Die erfor- derlichen Anträge für die Kinder hatten wir Um näheren Einblick in unsere Beratungsfälle gestellt. zu ermöglichen, sollen im Folgenden einige Uns fiel jedoch sofort auf, dass das Verhalten Beispiele skizziert werden: der Familie eigenartig war. Sie kamen nie zur Beratung, der Briefkasten wurde nicht geleert Fallbeispiel I und bei Wohnungskontrollen ist uns aufgefal- Ende 2018 wurde eine Familie mit drei Minder- len, dass die Eltern sehr oft nicht anwesend jährigen der Unterkunft Gröditz zugewiesen. waren. Auch am späten Abend waren die Kin- Wenige Tage nach der Ankunft kam Frau A. der ohne Aufsicht. Auf Nachfrage, wo die El- zu uns ins Büro. Sie hatte blaue Flecken im tern seien, erhielten wir die Antwort, dass sie Gesicht und am Körper. Der Mann hatte sie, in im Supermarkt sind. Auch die Eltern sprachen Anwesenheit der Kinder, geschlagen. Frau A. wir mehrmals auf die fehlende Kinderfürsorge war sehr aufgeregt und äußerte, dass sie sich an und verwiesen auf die Vernachlässigung von ihrem Mann trennen wolle. Nur dank in- ihrer Aufsichtspflicht. Die Eltern erklärten das tensiver Bemühungen und Beruhigungsmaß- häufige Fehlen mit der Krankheit eines in nahmen unsererseits konnte es gelingen, dass Dresden lebenden Verwandten, um den sie sich die Situation relativ entspannt und der sich kümmern müssten. Wir belehrten die El- Zustand von Frau A. stabilisiert hat. tern erneut über die gesetzliche Aufsichts- Diakonie Riesa-Großenhain gGmbH - Migrationsberatung 14

pflicht und dass wir uns gezwungen sehen, te sich negativ auf die psychische Gesundheit das Kreisjugendamt zu kontaktieren, sofern die aus. Eltern kein Entgegenkommen zeigten. Auch stieg die Zahl der Fallberatungen weiter- Zudem erhielten wir von der zuständigen VK- hin an, bedingt durch die hohe Komplexität der Lehrerin die Mitteilung, dass beide Mädchen Fälle: Ausländeramt, Jugendamt, Migrations- viele unentschuldigte Fehltage haben. Wir beratung, Sucht- und Schuldnerhilfe sind nur organisierten ein klärendes Gespräch mit allen einige Beratungsstellen, die herangezogen Beteiligten. Am Gespräch nahmen die VKA- werden, um KlientInnen zu stabilisieren. Lehrerin, ein georgischer Sprachmittler und die Der Bedarf an psychologischer Beratung und SozialarbeiterInnen teil. Den Eltern wurde wie- Behandlung war unverändert hoch. Die Tatsa- derholt das Schulsystem Deutschlands und die che, dass eine PTBS auch erst Jahre nach Schulpflicht erklärt (Verhalten bei Krankheit, einem Ereignis auftreten kann, überrascht und unentschuldigte Fehltage als Ordnungswidrig- überfordert KlientInnen häufig. Ausschlagge- keit usw.). Ebenso sollten die Eltern dem Äu- bend ist oftmals die schleppende oder stillste- ßeren der Kinder mehr Aufmerksamkeit hende Integration, bedingt durch lange Warte- schenken, zum Beispiel war der Sohn oft nicht zeiten der Gerichtsverfahren. wettergerecht gekleidet. Trotz mehrmaliger Gespräche und Vorwarnungen besuchten die 2019 hat nochmals gezeigt, dass Geflüchte- Kinder auch weiterhin unregelmäßig die Schu- te, die zu Beginn einen guten Weg in le. Aufgrund dessen wurde das Kreisjugend- Deutschland eingeschlagen haben – Schu- amt kontaktiert und Hilfe zur Erziehung bean- le, Sprachkurs, Arbeit –, schnell in eine tragt. Zu Ende 2019 erhielt die Familie Hilfe Krise fallen können, wenn der Aufenthalt und Unterstützung von der Volkssolidarität auf lange Zeit nicht gesichert ist. Riesa-Großenhain. Erlebte Krisen, die nicht bearbeitet wurden, Ein Klient hat eine Berufsausbildung bei brechen wieder auf, da sie erneut vor einer ESF Elbe-Stahlwerke Feralpi GmbH in Riesa Ausweglosigkeit stehen. Sie können nicht zu- begonnen. Vier KlientInnen (Montenegro, rück in die zerstörte Heimat, aber auch nicht Libyen, Iran) haben eine Beschäftigung mit anerkannt in Deutschland leben. Erschwerend 30 Stunden pro Woche bei der Bäckerei kommt hinzu, dass eher psychosomatische Raddatz GmbH in Gröditz aufgenommen. Anzeichen auftreten, die von Betroffenen oft- Die BewohnerInnen unserer Unterkunft mals nicht als psychische Erkrankung erkannt haben gespürt, dass die Einheimischen werden. Das Stigma „verrückt zu sein“ lastet kontaktfreundlicher zu ihnen geworden schwer auf ihnen. Sie lehnen eine psychologi- sind. sche Behandlung ab und suchen Haus- und FachärztInnen auf, die aber keine klinische Sie werden öfter angesprochen: im Kindergar- Ursache für die geschilderten Symptome fin- ten, in der Schule, bei der Tafel, in den Arzt- den. Das belastet die ohnehin knappe ärztliche praxen. Ihnen wird auch Hilfe angeboten. Dies Versorgung im ländlichen Raum zusätzlich. In zeugt davon, dass KlientInnen sich im Laufe Familien wirkt sich eben beschriebene Situati- der Zeit Vertrauen bei den Einheimischen er- on auch auf Angehörige aus, es treten dann kämpft haben. vermehrt familiäre Schwierigkeiten auf sowie Probleme in Schule und Kindergarten. Oben Großenhain beschriebene Problematik war ein Grund für die steigende Zahl begleiteter Schul- und Kita- 2019 gab es, anders als in den Vorjahren, gespräche. keine großen neuen Zuweisungen. Vereinzelt kamen vor allem alleinstehende Männer unter- Im Berichtzeitraum ist es auch aus anderen schiedlichster Nationalität in die Kleinstadt. Gründen zu mehreren Gesprächen zwischen Das Beratungsspektrum und der Zeitaufwand Schule, SchülerInnen sowie Mitarbeitenden haben sich hingegen nicht verringert. Die Bera- der Diakonie gekommen. Die Anwesenheit der tungsstelle hat weiterhin eine hohe Frequentie- SprachmittlerInnen war dabei unerlässlich. rung und auch die Intensität der Beratungen Zum einen waren unterschiedliche kulturelle nahm zu. Die Fälle wurden komplexer und Hintergründe, welche den Kindern vermittelt benötigten mehr Zeit in der Beratung sowie ein werden, Auslöser von Streitigkeiten in der größeres Unterstützungsnetzwerk. Schule. Zum anderen waren es unterschiedli- che kulturelle Vorstellungen im Hinblick auf die Die lange Wartezeit bis zum Abschluss der Anforderungen an SchülerInnen und deren Verfahren war für viele KlientInnen unverständ- Eltern. Zwischen Deutschland und bspw. Af- lich und kostete sie Energie und Kraft. Die ghanistan klafft diesbezüglich eine relativ gro- Ungewissheit um die Zukunft bremste oftmals ße Lücke. Weiterhin mussten Inhalte wie Erklä- den individuellen Integrationsprozess und wirk- rungen zur Schulpflicht (Vermeidung unent- Diakonie Riesa-Großenhain gGmbH - Migrationsberatung 15

schuldigter Fehltage), Kontrolle von Hausauf- Für 2020 werden wir versuchen, diese strate- gaben und das Packen von Ranzen in Bera- gischen Erwägungen stärker zu berücksichti- tungsgesprächen und Hausbesuchen oftmals gen, weil wir nichtsdestotrotz den Bedarf, Feri- thematisiert werden. Von Vorteil war der re- enangebote zu machen (im Kontext der o.g. gelmäßige Austausch mit den hier ansässigen Schulproblematik), erkennen. Schulen. So konnten schon beim ersten An- zeichen von Schwierigkeiten Ideen zur Hilfe Einige Familien leben inzwischen mehrere entwickelt werden. Jahre in Deutschland. So konnten 2019 erste Anträge auf einen Aufenthalt für gut integrierte Positiv zu erwähnen ist, dass 2019 die ers- Jugendliche gestellt werden. ten SchülerInnen, welche bei ihrer Ankunft in Deutschland in die 1. Klasse eingeschult Die Situation der Wohnungssuche für aner- worden sind, durch gute Leistungen direkt kannte Familien war weiterhin angespannt. von der 4. Klasse auf das Gymnasium In Großenhain ist die Anmietung eigenen wechseln konnten. Wohnraums nur über die städtische Gesell- schaft möglich. Andere Anbieter lehnen Es hat sich auch gezeigt, dass sie in den ers- MieterInnen mit Migrationshintergrund ab, ten Schulmonaten keine Probleme entwickelt selbst wenn diese in einem unbefristeten haben und ihre Leistung halten konnten. Arbeitsverhältnis stehen. Auch besuchten SchülerInnen, die aufgrund ihres Alters zunächst in die Oberschule einge- Die Suche nach geeignetem Wohnraum und stuft worden sind, im Anschluss der 10. Klasse das rechtzeitige Einreichen aller Unterlagen, das berufliche Gymnasium und streben das nur um schließlich eine Absage zu kassieren, Abitur an. war für KlientInnen enorm frustrierend – eben- so für die SozialarbeiterInnen, die dafür viel Weiterhin konnte ein Mädchen aufgrund Beratungszeit investierten. ihrer besonderen Leistungen an den Bun- Wurde dann doch eine Wohnung gefunden, desmeisterschaften im Schach teilnehmen. war diese nicht selten in unsaniertem Zustand. Ein Aufruf in der ortsansässigen Zeitung Daraus entstand ein neues Problem: KlientIn- hatte dazu unterstützt. Dank der eingegan- nen haben weder das Know-How noch die genen Spenden konnte ihr die Teilnahme finanziellen Mittel, um eine Sanierung selb- ermöglicht werden. ständig vorzunehmen. Einige Familien haben Geldmittel von Dritten leihen müssen, um ei- Noch immer mussten Kinder unter sechs Jah- nen Umzug möglich zu machen. ren lange auf einen Krippen- oder Kitaplatz warten. Der Versuch, Kinder an freie Plätze in 2019 gab es mehr und mehr Aufnahmen einer Kindergärten der Nachbardörfer zu vermitteln, sozialversicherungspflichtigen Arbeit oder ei- scheiterte. Die öffentlichen Busverbindungen ner Ausbildung. Einige Unternehmen zeigten machten das Hinbringen und Abholen der Kin- sich aufgeschlossen gegenüber MigrantInnen der in Begleitung der Eltern unmöglich. Die und gerade im Helferbereich bestand großer Fahrt mit einem Transfertaxi ist dahingegen zu Bedarf. Allerdings hinderte die Gesetzeslage teuer. Außerdem müssten die Kinder ohne die Arbeitsaufnahme für bereits abgelehnte Begleitung der Eltern fahren, was es zusätzlich AsylbewerberInnen oder Langzeitgeduldete. erschwert. Auch das neu verabschiedete Migrationspaket der Regierung konnte daran nichts ändern. Die Teilnahme und Nachfrage an Ferienange- boten, oder ganz allgemein an außerschuli- Die Frauengruppe ist ein fester und gesetzter schen Aktivitäten, ist stark zurückgegangen. In Bestandteil der Beratung in Großenhain. Unter den Sommerferien mussten Veranstaltungen Anleitung der SozialarbeiterIn, können Frauen aufgrund zu geringer Teilnahme abgesagt aus allen Ländern, unabhängig davon ob sie werden. Ein belegbarer Grund dafür konnte im Asylverfahren sind oder schon ihre Aner- nicht erkannt werden. Indes gibt es verschie- kennung haben, teilnehmen. Auf die monatli- denen Überlegungen: a) Das Angebot an Me- chen Treffen im geschützten Raum legen sie dien hat sich im Haushalt der Familien erhöht. großen Wert. 2019 wurden verschiedene So können viele Kinder auf Computerspiele, Themen zu Erziehung, Schule, Arbeit, Glau- WhatsApp und Co. zurückgreifen; b) Weiterhin ben, Partnerschaft etc. aufgegriffen und ge- sind wohnortsnahe und kostengünstige Frei- meinsam bearbeitet. Es zeigte sich, dass jene zeitangebote den Familien bereits bekannt und Frauen gute MultiplikatorInnen für unsere Ar- unsere Aktionen im Vergleich uninteressant; c) beit sind. Dadurch konnte das gemeinschaftli- Außergewöhnliche und damit kostenintensive- che Band, innerhalb und außerhalb der Frau- re Angebote werden eher genutzt, wenn sie engruppe, gestärkt werden. Weitere Aktivitäten finanziell gestützt werden. und Ausflüge sind in Planung. Diakonie Riesa-Großenhain gGmbH - Migrationsberatung 16

3.2 Region Meißen

Coswig Meißen Radebeuler Straße 6a Wolyniezstraße 2 01640 Coswig 01662 Meißen Di 09:00-11:30 & 13:00-16:00 Uhr Di 9:00-12:00 & 13:00-17:00 Uhr Mi 09:00-12:00 Uhr Mi nach Vereinbarung & 13:00-15:30 Uhr Do 9:00-12:00 & 13:00-17:00 Uhr Susann Müller Kerstin Grimmer 0172-1346816 0172-1347045 [email protected] [email protected] Sarah Weißflog Josefine von Behr 0173-7401682 0162-1362010 [email protected] [email protected]

Coswig Ende des Berichtzeitraumes steht die Ent- scheidung darüber noch offen. Wir sind ge- Es wurden vermehrt Personen aus Venezuela spannt auf das Urteil, welches wegweisend nach Coswig zugewiesen. Auf der anderen auch für andere KlientInnen sein könnte. Seite verzeichneten wir mehrere freiwillige Ausreisen (v.a. Russische Föderation, Georgi- Durch den Umzug in das neue Büro konnten en) durch mangelnde Bleibeperspektive bzw. wir die Qualität unserer Arbeit steigern. Büro- aus persönlichen Gründen. Eine Person mit räume liegen nun günstiger zueinander. Zum einer deutlich erkennbaren und diagnostizier- Beispiel kann der Schutz von Privatsphäre und ten psychischen Erkrankung war sehr schwan- persönlichen Daten so besser gewährleistet kend in ihrem eigenen Willen auszureisen: werden. Darüber hinaus steht ein freier Bera- Freie Meinungsbildung und die Fähigkeit, die tungsraum zum Beispiel für Gruppenangebote Tragweite der eigenen Entscheidung zu ver- zur freien Verfügung. stehen, waren kaum mehr gegeben. Dies stell- te alle Beteiligten (Diakonie, ÄrztInnen, Be- Bezüglich unserer Freizeitangebote und Feste treuerInnen und Ämter) vor einige Herausfor- stellten wir fest, dass die Bedarfe nicht immer derungen und erhöhten Abstimmungsbedarf. mit den von uns antizipierten Erwartungen übereinstimmten. Unsere Zielgruppe lebt zum Wir begleiteten zahlreiche Übergänge von Asyl großen Teil schon seit mehreren Jahren in zu MBE. Die gute Vernetzung beider Fachbe- Deutschland und orientiert sich zunehmend reiche in Coswig erleichterte diese Aufgabe. selbständig, soziale Kontakte und Strukturen sind daher gefestigt. Da jedoch viele der ange- Erstmals standen einzelne Familien, die botenen Aktivitäten einen hohen Aufwand an schon sechs Jahre in Deutschland lebten, Vor- und Nachbereitung erfordern, werden wir vor der Chance, einen Antrag auf Aufent- hier zunehmend bedarfsorientiert planen. Die halt wegen guter Integration nach § 25b des in einer Umfrage zum Thema Freizeitangebote Aufenthaltsgesetzes zu stellen. eruierten Ergebnisse versuchen wir dabei zu berücksichtigen (vgl. Kap. 4; ein Anliegen von uns ist dabei die Förderung der Integration in die hiesige Gesellschaft).

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Auch die Netzwerkarbeit in Coswig wurde Themen wie Ruhezeiten, Mülltrennung, oder durch gemeinsame Veranstaltungen, z.B. das das Verhalten auf Spielplätzen vor den Häu- Fest der Vielfalt und der venezolanische sern erfolgreich waren. Ggf. mussten wir als Abend im Rahmen der Interkulturellen Wo- Mediatoren zwischen KlientInnen und deut- chen, weiterhin gefestigt und der fachliche schen Nachbarn vermitteln. Austausch angeregt. Wir freuen uns, dass zunehmend mehr Kin- Arbeit war 2019 ein zentrales Thema im dertagesstätten für die Aufnahme von Kin- Beratungskontext. Mehrere KlientInnen dern mit Migrationshintergrund bereitste- befanden sich zum Ende des Berichtzeit- hen. raumes in stabilen Beschäftigungsverhält- nissen. Zuvor hatten sich viele der zur Verfügung ste- henden Plätze vor allem in der unserem Die neu entstandene Möglichkeit der Beschäf- Wohngebiet am nächsten gelegenen Einrich- tigungsduldung war für diese Personen eine tung gebündelt. interessante Option, die zudem auch für Ar- Personen mit Übergangspapieren (z.B. Dublin- beitgeberInnen attraktiv ist, da sie nicht mehr Fälle oder ausreisepflichtige Personen) befan- um den Verlust der Mitarbeitenden durch eine den sich jedoch noch immer in der Situation, drohende Abschiebung fürchten müssen. An- ihre Kinder nicht in Kindergarten und Hort be- dererseits wurden KlientInnen auch nach treuen lassen zu können. Die Kostenübernah- sechs Monaten gekündigt, da einzelne Unter- me wurde in solchen Fällen durch das Ju- nehmen Arbeitskräfte nur kurzzeitig halten gendamt abgelehnt. Demgegenüber dauerte bzw. von Fördermittelzuwendung profitieren die Erstellung der Ausreisedokumente mehrere wollten. Monate, was für die betroffenen Kinder und Es zeigte sich, dass auch Ausbildungen mit Familien eine sehr ungünstige Situation dar- zunehmenden Sprachkenntnissen realistischer stellte. wurden. Dabei bildeten jedoch einerseits die schwierigen Themen inklusive hoher Ansprü- Meißen che (mathematisch-naturwissenschaftliche Fächer) und andererseits mangelnde finanziel- Die Anzahl der AsylbewerberInnen hat sich in le Absicherung die Stolpersteine, warum Aus- 2019 gegenüber dem Vorjahr kaum verändert. zubildende ihren Weg abbrechen mussten. Wir Zwei SozialarbeiterInnen und ein Teamassis- befürworten daher gesetzliche Neuregelungen tent kümmern sich in der Stadt um die kleinen bezüglich einer Ausbildungsförderung. und großen Sorgen der ca. 300 Personen. Viele der KlientInnen gehen inzwischen einer Auch im Bereich der Sprachkurse kam es im regulären Beschäftigung nach bzw. befinden Laufe des Jahres zu Veränderungen. Perso- sich in einer Ausbildung. Deshalb haben wir nen mit Aufenthaltsgestattung konnten eine unsere offene Sprechzeit erweitert und bieten Teilnahme an Integrationskursen beim BAMF nun zwei lange Beratungstage pro Woche an. beantragen. Hier kam es jedoch zu meist mehrwöchigen Wartezeiten bei der Antragsbe- Auffällig war eine Zunahme von fremden- arbeitung (mitunter neun oder mehr Wochen!), feindlichen, rassistischen Äußerungen im in denen die Situation der AntragstellerInnen öffentlichen Raum sowie Unfreundlichkeit stagnierte. Individuelle Motivation ging dadurch und Respektlosigkeit im Dienstleistungs- verloren. KlientInnen wurden in ihrem Bestre- und Gesundheitsbereich bzw. in Ämtern. ben nach Verwirklichung am Arbeitsmarkt stark ausgebremst. Wo ist die Solidarität geblieben, der gegensei- tige Respekt, die Höflichkeit unserem Gegen- Drogenprävention war ein weiteres für uns über zuzuhören und ihn aussprechen zu las- wichtiges Themengebiet. Für betroffene Klien- sen, das Miteinander? Statt Probleme in tInnen gab es bei der Aufnahme im Kranken- Hausgemeinschaften anzusprechen, wird von haus nur eine Notfallbehandlung, jedoch keine deutscher Seite eher die Polizei informiert oder anschließende Vermittlung in Regeldienste es werden anonyme Schreiben an unseren oder Langzeittherapien. Wir wollen daher ver- Beratungsdienst verfasst. Die Menschen ver- suchen, Personen künftig besser in die bereits trauen mehr den sozialen Medien (Facebook, vorhandenen Strukturen einzuführen. Twitter etc.) als sich selbst vom Wahrheitsge- halt bestimmter Aussagen zu überzeugen. Es Bei Nachbarschaftsproblemen oder Beschwer- wird nicht mehr hinterfragt, sondern ge- den von Seiten der Wohnungsgesellschaft schimpft. kamen wir durch Hausbesuche und gezielte Auf der anderen Seite gibt es viele Menschen, Ansprachen mit unseren KlientInnen in Dialog. die sich für Geflüchtete einsetzen und ihnen So konnten wir feststellen, ob Belehrungen zu zur Seite stehen. Das können Paten sein, die Diakonie Riesa-Großenhain gGmbH - Migrationsberatung 18

sich speziell um eine Familie kümmern, Frauen mehr pädagogisches Personal, um dieser oder Männer, die in ihrer Freizeit Nachhilfe für Entwicklung entgegensteuern zu können. SchülerInnen geben, oder Engagierte, die sich in Bündnissen (Buntes Meißen, Frauenatelier Wichtig aus unserer Sicht ist, mehr Budget etc.) zusammenschließen und zahlreiche Pro- für Familienhilfen bzw. frühkindliche Förde- jekte für und mit Geflüchteten auf die Beine rung zur Verfügung zu stellen und das An- stellen. gebot an politischer Bildung in allen Schul- arten deutlich aus- bzw. aufzubauen und Mehrfach im Jahr suchten wir alle Asylbewer- fest in den Lehrplänen zu verankern. berInnen zu Hause auf. So bekamen wir schnell einen Eindruck davon, ob alles in Ord- In den Kindertageseinrichtungen sollten Eltern nung ist oder Hilfebedarf besteht. Es kam auch durch Bildungsangebote darin gestärkt wer- vor, dass uns MitbewohnerInnen ansprachen, den, ihrem Erziehungsauftrag gerecht zu wer- weil Punkte der Hausordnung nicht eingehal- den und ihre Kinder selbständig altersgerecht ten wurden. Auch dann suchten wir die Perso- zu fördern. nen zu Hause auf und belehrten zu den jewei- Unsererseits versuchen wir deswegen, einige ligen Themen (z. B. Mülltrennung, Nachtruhe) Projekte an Schulen zu realisieren. Ohnehin ausführlich. stehen wir in engem Kontakt zu allen Schulen im Stadtgebiet. Zu erwähnen sind dabei ein Eine große Herausforderung für alle neu aner- Theaterprojekt an der -Oberschule kannten Geflüchteten war die Suche nach zum Thema „Fluchtwege“ (vgl. Eingangskapitel eigenem Wohnraum. Besonders Alleinstehen- des Jahresberichts), ein erlebnispädagogi- de oder Familien mit vielen Kindern benötigten scher Tag zur Stärkung der Klassengemein- dafür lange Zeit und viel Unterstützung. schaft mit einer 7. Klasse an der Pestalozzi- In 2019 stieg die Zahl von Menschen mit Be- Oberschule, zwei Projekttage mit der Freien hinderung, die Schutz in Deutschland suchten Werkschule unter dem Motto „Interview mit und im Landkreis untergebracht wurden. Bei Geflüchteten“ sowie weitere Projekte im Rah- dieser Zielgruppe war der Arbeitsaufwand men der Interkulturellen Wochen. intensiv, da viele Anträge gestellt, Arztbesuche koordiniert und oft begleitet werden mussten. Aufgrund des Fachkräftemangels gelang es Für den Landkreis war dies ebenfalls proble- vielen AsylbewerberInnen, eine Arbeit zu fin- matisch, da kaum behindertengerechter Wohn- den. Meistens handelte es sich um Helferstel- raum zur Verfügung stand. len oder Minijobs im Gaststätten- oder Bauge- werbe, da eine Ausbildung selten nachgewie- Das Interesse der Stadt Meißen war sehr groß, sen werden konnte. genügend Plätze zur Kinderbetreuung zur Nach wie vor stellen unzureichende Deutsch- Verfügung stellen zu können. Zum Jahresende kenntnisse die größte Hürde auf dem Weg in 2018 hatte der neue Kindergarten „Querstra- eine Arbeit oder Ausbildung dar. Besonders ße“ geöffnet, seit Herbst 2019 wurden dort Auszubildende stoßen schnell an ihre Gren- auch jüngere Kinder im Krippenbereich be- zen, da jede Unterrichtsstunde mit einem treut. Das sorgte für eine teilweise Entlastung Fachwörterbuch nachbereitet werden muss. bei der Suche nach einem Kita-Platz. Die an- gebotenen Plätze allgemein reichten dennoch Regelmäßig fanden Treffen von Sozialarbeite- nicht aus. Familien müssen lange Wartezeiten rInnen aus allen Bereichen statt. Der Aus- in Kauf nehmen. tausch ermöglichte es, aktuelle Problemlagen schnell zu erfassen und diesen entgegenzutre- Allgemein zu beobachten ist das Defizit an ten. Das Wissen über die Angebote anderer Erziehungskompetenz bei den Eltern, unab- Träger, speziell über geplante Ferienaktivitäten hängig von ihrer Herkunft. Kinder werden vorm für Kinder oder Nachhilfeangebote, war hilf- Fernsehgerät geparkt, während Eltern mit ih- reich. ren Smartphones beschäftigt sind. Die Kinder In den Ferien boten wir für Kinder und/oder verlernen frei zu spielen oder sich an der fri- Familien besondere Aktivitäten an. Darunter schen Luft auszutoben. Sie entwickeln psychi- einen Ausflug auf die Eisbahn in Dresden zum sche und physische Auffälligkeiten. Eltern ge- Schlittschuhlaufen. Im Sommer führten wir in lingt es nicht, Grenzen zu setzen und den Kin- Kooperation mit dem Sachsenforst eine GPS- dern ein Vorbild zu sein. Kinder gelten nicht als Rallye in Großpösna durch, fuhren mit einer Bereicherung, sondern als Belastung im Le- Frauengruppe in den Sächsischen Landtag ben. Das wirkt sich auf deren Verhalten in Kita und organisierten das Sportfest im Internatio- und Schule massiv aus und stellt ErzieherIn- nalen Garten. Mit einer Frauengruppe folgten nen und LehrerInnen vor große Herausforde- wir der Einladung des Oberbürgermeisters zu rungen. Es bedarf großer Änderungen auf einer Frauentagsfeier im Rathaus Meißen. politischer und sozialpolitischer Ebene und Diakonie Riesa-Großenhain gGmbH - Migrationsberatung 19

Bedanken möchten wir uns an dieser Stelle bei allen Kooperationspartnern, die uns durch die Bereitstellung von Räumen bzw. durch aktive Beteiligung bei unseren Veranstaltungen un- terstützt haben. Erwähnen möchten wir an dieser Stelle besonders den Internationalen Garten (dort fand unser Sportfest im Sommer- fest statt) und DIE ARCHE e.V. (Nutzung der Räumlichkeiten und aktive Hilfe bei unserer Familienweihnachtsfeier).

3.3 Region Riesa

Gemeinschaftsunterkunft Gemeinschaftsunterkunft Standortkoordination Riesa Am Birkenwäldchen Clara-Zetkin-Ring Am Birkenwäldchen 1-2 Clara-Zetkin-Ring 7 Rittergutstraße 2a 01587 Riesa 01591 Riesa 01591 Riesa Di 10:00-12:00 & 13:00-16:00 Uhr Di 10:00-12:00 & 13:00-16:00 Uhr / Mi 10:00-12:00 Uhr Mi nach Vereinbarung & 13:00-16:00 Uhr im IKZ Do 10:00-12:00 & 13:00-16:00 Uhr Do 10:00-12:00 & 13:00-16:00 Uhr Silvio Schmidt Markus Bieberstein Siegmar Dörschel 0162-2066982 0151-42481397 0173-3200752 [email protected] [email protected] [email protected] Maren Bewilogua 0162-7764370

Gemeinschaftsunterkunft Gemeinschaftsunterkunft Nickritzer Straße Rittergutstraße Nickritzer Straße 1 Rittergutstraße 2a 01589 Riesa 01591 Riesa z.Zt. auf Clara-Zetkin-Ring Di 09:00-12:00 & 13:00-16:00 Uhr Mi 10:00-12:00 Uhr & Mi 9:00-12:00 Uhr & nach Vereinbarung nach Vereinbarung Do 10:00-12:00 & 13:00-16:00 Uhr Do 9:00-12:00 Uhr & nach Vereinbarung Valentina Hananov Maren Bewilogua 0172-1346816 0162-7764370 [email protected] [email protected]

Im Berichtzeitraum war die Zahl der Zuweisung Unterkünfte in Riesa: weiterhin rückläufig. Ca. 20 Personen pro Mo-  „Am Birkenwäldchen“ mit max. 130 Plätzen nat kamen nach Riesa.  Clara-Zetkin-Ring mit max. 220 Plätzen  Nickritzer Straße mit max. 48 Plätzen  Rittergutstraße mit max. 100 Plätzen  Des Weiteren gibt es einzelne Wohnungen auf der Stendaler Straße, der Dresdener Straße und der Heinz-Steyer-Straße.

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In Riesa wurden 2019 hauptsächlich Familien Ein weiterer Fokus lag auf rechtlichen Fragen untergebracht. Neu hinzugekommen sind Per- in Bezug auf Asylverfahren und Aufenthalt. Da sonen aus den Ländern Venezuela und Soma- SozialarbeiterInnen in Riesa ihre Beratungs- lia. Bei den SomalierInnen handelte es sich stellen in oder nahe von Asylunterkünften ha- vorwiegend um alleinstehende Frauen mit ben und als VermittlerInnen zwischen Auslän- geschlechtsspezifischen Problemen und deren deramt und KlientInnen fungieren, waren sie besonderem Beratungsbedarf (vgl. Kapitel auch oft mit Problemen in den Wohnun- 1.2), weshalb spezielle Hilfsangebote land- gen/Unterkünften konfrontiert. Ein hilfreicher kreisübergreifend organisiert werden mussten. Partner dabei war die Standortkoordination Personen aus Venezuela waren meist im Fa- (vgl. Kap. 3.4), welche sich schnell um solche milienverbund eingereist und benötigten voll- Angelegenheiten gekümmert hat. umfängliche Beratung. Zudem wurden verein- zelt türkische Staatsbürger neu zugewiesen, Weiterhin gab es Schwierigkeiten bei der Ge- was nicht selten mit Verständigungsproblemen sundheitsversorgung, da immer noch keine einherging. Aufnahme von KlientInnen bei GynäkologInnen erfolgte. Auch die AllgemeinmedizinerInnen Die Zahl von BewohnerInnen in Unterkünften signalisierten bereits, dass sie nur teilweise blieb das ganze Jahr über auf einem ähnlichen neue KlientInnen aufnehmen werden. Eine Stand. Es gab jedoch viele Neuzuweisungen, niedergelassene psychiatrische Praxis nahm d.h. die Zahl von Ankommenden/Abgehenden ebenfalls keine KlientIn mit Migrationshinter- hielt sich ungefähr die Waage. Daher kam es grund auf und verwies auf die Landeshaupt- zu einem erhöhten Beratungsaufwand bei den stadt. Erstkontakten. Zusätzlich bildete der Übergang Das führte dazu, dass viele KlientInnen weitere von Asyl hin zur Anerkennung einen weiteren Fahrtstrecken etwa in die Flüchtlingsambulanz inhaltlichen Schwerpunkt. Dresden in Kauf nehmen mussten. Die Alter- native dazu war die Vorstellung in der Not- Wir berieten zu Integration der Asylsuchenden fallambulanz des Krankenhauses Riesa. in Kindergärten, Schulen und Sprachkursträ- gern. In diesem Kontext blieb es dabei, dass Zudem wurden Riesa relativ viele Personen KlientInnen überregional, sogar über den mit Behinderungen zugewiesen. Dies stellte Landkreis Meißen hinaus Sprachkurse wahr- die SozialarbeiterInnen, im Rahmen der nahmen. Dies lag zum einen an fehlenden dargestellten Gesundheitsfürsorge, vor Kapazitäten innerhalb von Riesa, zum anderen eine weitere schwer lösbare Aufgabe. Oft- an dem hohen Sprachniveau einiger KlientIn- mals handelte es sich dabei um spezielle nen. Behandlungstherapien, welche im ländli- chen Raum kaum angeboten werden oder Die Unterbringung in geeignete Kindergar- mit sehr langen Wartezeiten verbunden teneinrichtungen gestaltete sich aufgrund sind. geringer Kapazitäten als sehr schwierig und war oft mit langen Wartezeiten verbun- Des Weiteren wurden diese Personen oft im den. Universitätsklinikum vollumfänglich behandelt, welches eine lange Anreise bis nach Dresden Die Kindergärten sowie die Stadt versicherten bedeutete. Dies war, je nach Grad der Behin- zwar ihren Aufnahmewillen. Wegen unbesetz- derung und den Terminintervallen, in der Regel ter Arbeitsstellen war dies jedoch nicht immer sehr belastend für diese Personen und ihre realisierbar. Angehörigen. In diesen Fällen versuchten wir, in Absprache mit dem LRA, Unterkünfte in Aus dem Vorjahr fortgesetzt haben sich mehr ungefährer Nähe zu den Behandlungsorten zu Aufnahmen von Ausbildung und Arbeit. Dies suchen und den entsprechenden Umzug zeit- brachte eine weitere Verlagerung der Bera- nah zu organisieren. tungsthemen mit sich und führte zum Beispiel auch zur Vermittlung an Lohnsteuerhilfebüros. Am Birkenwäldchen Besonderer Beratungsbedarf betraf den richti- 2019 wohnten zwischen 80 und 100 Menschen gen Umgang mit Ämtern und Behörden. Ein im Wohnheim „Am Birkenwäldchen“. Wie Schwerpunkt dabei waren Probleme im Zu- schon in den Vorjahren, lebten überwiegend sammenhang mit der Leistungsgewährung alleinstehende Männer aus Nordafrika in der (Geld-/Sachleistung) des Ausländeramtes Einrichtung. Zu den weiteren am häufigsten Meißen. Ebenso gab es Unterstützungsbedarf vertretenen Nationalitäten gehörten Somalia bei der Stellung von Anträgen auf Gewährung und Pakistan. Es bestand unverändert hoher von Sozialleistungen, insbesondere hinsichtlich Gesprächsbedarf mit dieser Klientel, die Bera- der Übernahme des Elternbeitrags beim Kreis- tungsdialoge nahmen viel Zeit in Anspruch. jugendamt Meißen. Diakonie Riesa-Großenhain gGmbH - Migrationsberatung 21

Auffällig war die in 2019 erhöhte Aggressi- durften wir das Büro des Sprungbrett e.V. da- vität innerhalb der HeimbewohnerInnen wie für nutzen) und zusätzlich auf die vorgesehene auch gegenüber den SozialarbeiterInnen Beratungsstelle auf der Hauptstraße zu ver- und dem Heimpersonal. weisen. Bereits nach kurzer Anlaufzeit war bemerkbar, dass die Vor-Ort-Beratung gut Es kam häufig zu gefährlichen Situationen, bei angenommen wurde und daraufhin Bewohne- denen Menschen verletzt und Tatverdächtige rInnen auch das eigentlich zuständige Büro im festgenommen worden sind. Infolge dieser IKZ frequentierten. Vorfälle gab es diverse Gesprächsrunden, bei denen insbesondere die Sicherheit von Be- Rittergutstraße und Clara-Zetkin-Ring wohnerInnen und angestellten MitarbeiterInnen Aufgrund unzumutbarer Arbeitsbedingungen im Vordergrund standen. Diese Gespräche im Büro auf der Rittergutstraße musste die gestalteten sich aufgrund unterschiedlicher Sozialberatung auf den Clara-Zetkin-Ring um- Interessenslagen jedoch schwierig. Als eine verlegt werden. Dadurch kam ein weiterer Maßnahme wurde ein Schließsystem im Ein- Beratungstag in den Öffnungszeiten am Clara- fahrtbereich installiert, um unkontrollierte Ein- Zetkin-Ring hinzu. Die anfänglichen Bedenken, und Ausgänge zu vermeiden. Trotz dessen KlientInnen könnten die Beratung somit nicht betraten Unbefugte weiterhin den Grund- mehr regelmäßig wahrnehmen und sich die stücksbereich, indem sie über die anliegenden Beziehungen zwischen BeraterInnen und Kli- Zäune kletterten. MitarbeiterInnen der Diakonie entInnen verschlechtern, haben sich nicht be- betraten das Wohnheim in der Folge nur noch wahrheitet. Im Gegenteil, die Beratungszahlen zu zweit, weswegen es, bedingt z.B. durch stiegen sogar und der Kontakt verfestigte sich. krankheitsbedingten Personalausfall, auch zu Es ist gut denkbar, dass die Zentralisierung Einschränkungen in der Beratungszeit kam. und die ausgebauten sowie kontinuierlichen Um diesem Problem entgegenzuwirken und Öffnungszeiten wie auch regelmäßige Haus- auch um mehr Raum für sensible Gespräche besuche diesbezüglich eine Rolle spielten. zu schaffen, wurde eine externe Bera- tung/extra Sprechstunde im IKZ in Riesa an- Nickritzer Straße geboten. Von KlientInnen, denen ein geschütz- 2019 lebten im Asylbewerberheim auf der ter Raum besonders wichtig ist, wurde diese Nickritzer Straße sowohl Familien als auch Alternative sehr gut genutzt. Einzelpersonen. Im Vergleich zu den vorange- gangenen Jahren hat die Zahl alleinstehender Der häufige Wechsel von Wach-, Reinigungs- Männer abgenommen. Dennoch sind die Prob- und Heimleitungspersonal sorgte bisweilen für leme und Fragen, mit denen sie in die Bera- Verwirrungen bei den BewohnerInnen wie tung kamen, mehr geworden. Dies führte zu auch bei den MitarbeiterInnen der Diakonie. einem erhöhten Beratungsbedarf. U.a. ging es Um die Arbeits- und Gesprächsatmosphäre im um medizinische Versorgung, Alkohol- und Beratungsraum zu verbessern, wurde dieser Drogenprobleme, Lebensperspektiven, Fragen farblich und ausstattungstechnisch umgestal- zum Status im Asylbewerberverfahren, Ar- tet. Durch die hierdurch deutlich optimierte beitssuche bzw. Einstellungsverfahren. Den Qualität des Beratungsraumes fühlten sich größten Teil der Wohnungen nahmen Familien KlientInnen auch mehr wertgeschätzt. Gleich- in Anspruch. Die Schwerpunkte dabei bildeten falls fühlten sich auch SozialarbeiterInnen im die Suche nach freien Plätzen im Kindergarten neu gestalteten Beratungsraum deutlich wohl- bzw. in der Schule, die anschließende Integra- er. tion sowie medizinische Versorgung dar.

IKZ und Stendaler Straße Der größte Teil der Familien kam aus stark 2019 war gekennzeichnet von vielen Neuzu- von Tradition geprägten Ländern. Men- weisungen, Ablehnungen und Anerkennungen. schen orientieren sich an diesen Verhal- Es kam zu einem ständigen Wechsel der Per- tensmustern, selbst wenn sie schon in sonen und deren Status an allen Beratungs- Deutschland leben. Dies kann in Wider- standorten. In der Stendaler Straße waren spruch zum Grundgesetz stehen, etwa vermehrt anerkannte Familien untergebracht. wenn wir an das Thema Verheira- Statt in die zuständige Beratungsstelle auf der tung/Zwangsehe denken. In solchen Kon- Hauptstraße zu gehen (IKZ), gingen jene Per- texten genießen Frauen oft kaum Rechte. sonen in die besser bekannte Beratungsstelle Gegen sie und ihre Kinder wird zum Teil auf der Nickritzer Straße, die jedoch eher für Gewalt ausgeübt. Häufig führen diese Er- Familien, die noch im Asylverfahren sind, zu- lebnisse zu Traumata. Dies war auch in der ständig ist. Um dieser „Verirrung“ entgegenzu- Gemeinschaftsunterkunft spürbar. wirken, beschloss das Team Riesa, einen Be- ratungstag direkt auf der Stendaler Straße anzubieten (d.h. vor Ort; dankenswerterweise Diakonie Riesa-Großenhain gGmbH - Migrationsberatung 22

Aus diesen Gründen gestaltete sich die In- 3.4 Standortkoordination tegration von Frauen und Kindern als sehr schwierig. Es kam zu Auseinandersetzungen Der sehr praktische Einsatz der Standortkoor- bzw. Konflikten zwischen den Familien, welche dination für Riesa erstreckte sich örtlich und eine schnelle Reaktion der SozialarbeiterIn- sachlich im Besonderen auf die Gemein- nen/Heimleiterin erforderten. Dank der Zu- schaftsunterkünfte für AsylbewerberInnen in sammenarbeit mit Bildungseinrichtungen, SPZ der Rittergutstraße 2 bis 2b und den Clara- und den PsychologInnen und MedizinerInnen Zetkin-Ring 4 bis 7 als auch, bei entsprechen- der Traumaambulanz konnte die Situation dem Bedarf, auf die anderen Wohnunterkünfte kontrolliert und entspannt werden. in der Stadt und im Landkreis Meißen. Die wesentlichsten Schwerpunkte seiner vielfälti- Durch den Straßenbau kam es zu Änderungen gen Aufgaben und Tätigkeiten bestanden u.a.: am Gelände der Gemeinschaftsunterkunft. Dadurch veränderten sich die Struktur und der  in der intensiven Gesprächs-, Informations- Bereich des Außengeländes. Dieser musste , Aufklärungs- und Anleitungs- und Organisations- neu gestaltet werden. Dabei waren wir auf die arbeit mit den BewohnerInnen der einzelnen Häuser Unterstützung von Stadt, Landratsamt, Ehren- und mit der Nachbarschaft im Umfeld der Wohnun- amt und weiteren Akteuren angewiesen. Noch terkünfte. war die umfassende Außengestaltung zum  in der gemeinsamen Pflege der Außenan- Ende des Berichtzeitraumes nicht abgeschlos- lagen sowie der Einhaltung von Ordnung und Sau- sen, kann aber hoffentlich zu Beginn des Jah- berkeit unter unmittelbarer Einbeziehung der Be- res 2020 fertiggestellt werden. wohnerInnen.

 in der Feststellung, Aufnahme und Weiter- leitung von notwendigen Reparaturen bzw. Werter- haltungsmaßnahmen sowohl für das SG Unterbrin- gung/Unterhaltung als auch für die Wohnungsge- sellschaft Riesa mbH bzw. die Wohnungsgenos- senschaft Riesa e.G.

 in der eigenständigen Durchführung von

Reparaturarbeiten in den einzelnen Wohneinheiten sowie in der direkten Unterstützung und Mitwirkung bei der Übergabe von Wohneinheiten sowie der Wie in jedem Jahr boten wir 2019 verschiede- Einrichtung und Ausstattung von Wohneinheiten für ne Freizeitmöglichkeiten an. So waren wir u.a. den Neubezug bzw. erforderliche Umverteilungen. Schlittschuhlaufen, machten einen Wandertag in der Sächsischen Schweiz, unternahmen Trotz größter Anstrengungen aller Beteilig- einen Ausflug auf die Kulturinsel Einsiedel und ten, ständiger schriftlicher und mündlicher veranstalteten eine Kinderweihnachtfeier. Belehrungen und praktischen Unterwei- Ebenso haben wir regelmäßige Frauentreffen sungen war u.a. leider festzustellen, dass mit Themenvielfalt organisiert (z.B. Dialog über sich die Einhaltung und Umsetzung von Bildungs-/Arbeitsmöglichkeiten; Anfertigen von Ordnung und Sauberkeit, einschließlich der Zuckertüten zur Schuleinführung u.v.m.). Mülltrennung oder des sparsamen Um- gangs mit Strom, Wasser und Heizung und die sortierte Entsorgung des Mülls durch die BewohnerInnen, qualitativ nicht verbes- sert hat.

Was die BewohnerInnen selbst nichts kostet, ist offensichtlich nicht viel Wert und wird nicht geschätzt, geachtet und beachtet. Die Bewoh- nerInnen der Gemeinschaftsunterkünfte hielten sich immer weniger an die an sie gestellten und notwendigen Anforderungen. Hier sollte ernsthaft darüber nachgedacht und gehandelt werden, wie evt. mit entsprechenden Sanktio- nen und geeigneten Maßnahmen ein positives Handeln der BewohnerInnen dieser Häuser erzielt werden kann.

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Die inhaltlichen Arbeiten als Standortkoordina- 3.5 Perspektive der tion erfolgten einerseits im Rahmen der eigen- SprachmittlerInnen ständigen Organisation und Leistungserbrin- gung unmittelbar vor Ort und andererseits Die Aufgaben der SprachmittlerInnen bestan- durch eine verstärkte Intensivierung der Zu- den nach wie vor hauptsächlich darin, KlientIn- sammenarbeit mit dem Bereich SG Unterbrin- nen in verschiedenen Bereichen zu unterstüt- gung/Unterhaltung des LRA Meißen. Dadurch zen, d.h. sie zu wichtigen Terminen zu beglei- konnte z.B. erreicht werden, dass Kleinstmate- ten bzw. Vorbereitungsgespräche bei Operati- rialien und Ausstattungen vor Ort schnell zur onen, bei chronischen Erkrankungen, Mediati- Verfügung standen und Ergänzungen oder on usw. zu führen. Reparaturen in den Wohneinheiten sehr schnell und zeitnah bzw. in engster Zusam- Sie sind nicht nur ÜbersetzerInnen im en- menarbeit mit den beauftragten Firmen erfol- geren, sondern KulturmittlerInnen im weite- gen konnten. ren Sinne. Auch die Organisation und die erforderlichen Abstimmungen hinsichtlich der Neubelegungen Sie vermitteln, da selbst mit Migrationshinter- bzw. Umverteilungen konnten dadurch wesent- grund, kompetent soziokulturelles und struktu- lich besser und schneller vor Ort realisiert wer- relles Wissen zu beiden Seiten. Davon profitie- den. Diese sehr intensive und sehr enge Zu- ren KlientInnen und Fachkräfte gleichermaßen. sammenarbeit und Kooperation zwischen der Ihre Anwesenheit schafft Vertrauen und Si- Standortkoordination vor Ort und in den cherheit in Gesprächen. Alle Gesprächsbetei- Wohneinheiten mit dem SG Unterbrin- ligten können ihre Anliegen somit präziser gung/Unterhaltung kann deshalb bei der darlegen und schneller klären. Damit verbes- schnellen Lösung von Problem- und Aufga- sert sich generell die Chance auf eine erfolg- benstellungen in seiner praktischen Umset- reiche Beratung, Betreuung bzw. Behandlung. zung als sehr gut und sehr effizient einge- Zeitraubende und kostenintensive Mehrfach- schätzt werden. termine und Fehlbehandlungen werden eher Das trägt gleichfalls und in sehr entscheiden- vermieden. dem Maße dazu bei, dass u.a. der soziale Friede und die soziale Partnerschaft und 2019 waren Familienkonflikte eines der Kommunikation in den Wohnbereichen und mit Schwerpunktthemen. Darunter sind Konflikte dem Wohnumfeld deutlich verbessert werden innerhalb einer Beziehung zu verstehen, die zu konnte und die potentiellen Konflikte oder Trennung oder gar Scheidung führen. Die An- Streitursachen sowohl in den Gemeinschafts- wesenheit von SprachmittlerInnen hilft bei der unterkünften/Wohneinheiten selbst als auch im Suche nach Lösungen, da sie mit den Kulturen Umfeld mit den Nachbarhäusern und deren vertraut sind und so auch (u.a. den Sozialar- Bewohnern schon im Vorfeld unterbunden beiterInnen, MitarbeiterInnen auf Ämtern) er- oder, wenn bereits entstanden, in einer frie- klären können, warum es zu den Problemen densstiftenden Konfliktbewältigung deutlich kommt. Gemeinsam kann die Situation dann verbessert und sehr praktisch bezogen gelöst reflektiert werden. werden konnten. Eine solche Konstellation stellt jedoch v.a. für SprachmittlerInnen aus dem arabischen Raum eine große Belastung dar. Denn anders als im deutschen/europäischen Kontext, steht hinter jenen Partnern, die sich trennen, eine ganze Gruppe, d.h. Familienangehörige, Freunde usw.

Im arabischen Kulturkreis sind Trennungen längst nicht so selbstverständlich wie hier- zulande. Oft wird eine solche Entscheidung als „inakzeptabel“ verurteilt. Dies ist nicht selten mit dem Verlust von Ehre und der Zunahme von Scham verbunden. In der arabischen Community verbreiten sich Nachrichten wie diese relativ schnell. Damit werden auch SprachmittlerInnen wider Wil- len automatisch Gegenstand der Diskussi- onen.

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Es kommt die Frage auf, ob sie sich mehr für Für SprachmittlerInnen ist regelmäßiges den einen oder mehr für den anderen einset- Training zum Selbstschutz ein sehr wichti- zen. Ihre Position als „neutrale Mitte“ gerät in ges Element in der Migrationsberatung, Schieflage. Indem sie mit beiden Partnern welches noch zu kurz kommt. sprechen und zusätzlich noch den Kontakt zu mehreren deutschen Akteuren halten, werden Ansätze dazu haben wir entwickelt, z.B. indem sie direkt involviert. Dies kann sogar dazu füh- wir im Anschluss an die Klausurtagung 2019 ren, dass ihnen Schuld vorgeworfen oder Ge- fünf bis sechs Termine organisierten, in denen walt angedroht wird, wenn sich einer der Part- die SprachmittlerInnen untereinander bespre- ner (und dessen Partei) ungerecht behandelt chen konnten was sie bewegt und belastet. fühlt. Unter professioneller Anleitung und Supervisi- on durch Frau de Maizière wurde ein Raum Unter Umständen resultiert daraus ein Ver- geschaffen, in dem sie die Möglichkeit hatten, trauensverlust zu den KlientInnen. Alle um sich von psychischen Belastungen zu ent- künftige Arbeit innerhalb der arabischen lasten. Künftig sollen diese Treffen fortgeführt Community würde davon folglich beein- werden. trächtigt werden.

Um diese schwierigen Situationen zu meistern, ist ein hohes Maß an (Selbst-)Kontrolle der SprachmittlerInnen erforderlich. Der innere Druck geht mit einer enormen psychischen Belastung einher. Da es in Nachgesprächen immer wieder zu Reflektionen/Übersetzungen, das bedeutet hier: zu inhaltlichen Wiederho- lungen kommt, können solche Belastungsmo- mente oft nur schwer verarbeitet werden.

Ein weiteres Thema 2019 war die Begleitung von Sterbefällen. Eine an Krebs erkrankte Person sollte auf die Behandlung im Kranken- haus vorbereitet werden. Dabei wurde u.a. erfragt, wie sich diese Person ihre Beisetzung wünscht, sollte es im Ernstfall so weit kommen. Dies war eine sehr schwierige Situation.

Die SprachmittlerInnen verfügen über keine Weiterbildung, welche ihnen dabei hilft, die richtigen Worte in einer solch schwierigen Situation zu finden – zumal sie die KlientIn- nen durch die oft jahrelange Beziehung gut kennen und es deswegen umso schwerer fällt, ernste oder traurige Themen frei zu besprechen.

Es kommt oft vor, dass SprachmittlerInnen in ihrem Alltag zwischen vielen Themen hin und her wechseln müssen, ohne die Zeit und Gele- genheit zu haben, sich darauf vorzubereiten. Man stelle sich vor, als ÜbersetzerIn erklärt man zunächst einem Hausbewohner die Re- geln über Haushalt und Müll, bevor man eine Stunde später ins Krankenhaus gerufen wird zum Überbringen schicksalhafter Nachrichten. Es ist leicht nachzuvollziehen, dass solche Situationen eine enorme Belastung darstellen. Deshalb sollten diese Personen sozialpädago- gisch ausgebildet werden.

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4. Qualitätssicherung: Ergebnisse, allgemein und analytisch

Evaluation Klientenzufriedenheit Die offenen Fragen wurden individuell ausge-

wertet und mithilfe von SprachmittlerInnen 1:1 Durchführung übersetzt. Daraufhin wurden die Daten nach

Region/ Häufigkeit geordnet und schließlich Zum zweiten Mal nach 2018 haben wir land- zusammengefasst. Die wichtigsten Ergebnisse kreisweit die Evaluation Klientenzufriedenheit und ggf. Vorschläge, die wir daraus ableiten: durchgeführt. Im zurückliegenden Jahresbe- richt hatten wir das Instrument und dessen „Was sollte innerhalb der Diakonie verbes- Bedeutung für unsere Arbeit bereits ausführlich sert werden?“ dargestellt. Daran hat sich, bis auf geringe inhaltliche Änderungen, im Kern nichts verän-  Es gibt standortübergreifend Kritik an den dert. Primäres Ziel ist weiterhin, Partizipation Wartezeiten. Wir versuchen daher, diese angenehm und Beteiligung von MigrantInnen zu stärken. zu gestalten, indem wir Wasserspender bereitstellen Ihre Meinung und ihre Interessen werden eru- und eine kostenfreie W-LAN-Nutzung ermöglichen. iert und aktiv berücksichtigt. Zudem sollen Ggf. werden wir das Bestellsystem nach Termin regional bedingte Unterschiede in der Bera- forcieren. tungsqualität erkannt und austariert werden.  Mehr Beratungszeit am Tag/pro Woche. Planung, Steuerung, Durchführung und Nach- bereitung der Evaluation lagen hauptsächlich  Gleiche Dolmetscherleistungen. Wir den- in der Verantwortung des IKZ. Der Fragebogen ken darüber nach, die Versorgung mit russischen SprachmittlerInnen zu verbessern. wurde, mit Blick auf die am häufigsten vertre- tenen Herkunftsstaaten im Landkreis Meißen, „Welche Veranstaltungen der Diakonie fin- in alle relevanten Sprachen übersetzt und den den Sie für sich und Ihre Familie interes- KlientInnen zur Verfügung gestellt: Arabisch, sant? (Ferienangebote, Workshops, Vorträ- Deutsch, Englisch, Französisch, Persisch, ge etc.)“ Russisch, Spanisch.

 Bildungsangebote bzw. Workshops zum Durchführungszeitraum war das 4. Quartal Thema „Integration in Deutschland“. MigrantInnen 2019. Dabei wurden die Fragebögen von den wollen offensichtlich stärker involviert werden. Es MitarbeiterInnen ausgehändigt bzw. ausgelegt wäre v.a. für jene KlientInnen sinnvoll, die aus Her- und anschließend anonymisiert gesammelt. kunftsstaaten kommen, für die es in Deutschland noch keine so große Community gibt. Sie sind da- Teilgenommen haben insgesamt 285 Klien- her ziemlich auf sich allein gestellt und wären dank- ten (2018: 224). Das ist eine Steigerung zum bar für dieses Informationsangebot. Vorjahr um 27,2 Prozent. Das Ergebnis ist daher repräsentativer und aussagekräftiger.  Angebote für Familien/Kinder, besonders in den Ferien. KlientInnen wünschen sich Unterneh- mungen, die Spaß machen, z.B. auch eine Grillpar- Beobachtung ty.

Im Vergleich zum Vorjahr sind die Fragebögen  Ausflüge und Sehenswürdigkeiten. Mög- ausführlicher und differenzierter beantwortet licherweise wären Exkursionen in die Partnerstädte worden. Zwar zeigen sich Menschen aus dem von Großenhain, Meißen, Riesa denkbar. arabischen Kulturraum noch immer ver- gleichsweise unkritisch, dennoch war auffällig, „Welche Themen wünschen Sie sich?“ dass auch sie offener und meinungsstärker geworden sind.  Hier steht der Wunsch nach noch mehr Vermittlung/Empfehlung zu Rechtsanwälten im Viele KlientInnen leben schon über einen län- Vordergrund. geren Zeitraum im Landkreis Meißen und sind gut vertraut mit der Arbeit der Migrationsbera-  Auch gab es vermehrt den Wunsch, das tung, sodass ein Vertrauensverhältnis entsteht, Thema Rassismus stärker zu berücksichtigen (Zwi- auf dessen Grundlage Kritik konstruktiv geäu- schenfälle auf Arbeit, im Alltag usw.). ßert werden kann. Umso wichtiger ist es für eine langfristige Be- ziehung zwischen SozialarbeiterInnen und KlientInnen, auf geäußerte Wünsche und Inte- ressen einzugehen.

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Fazit Eine detaillierte Analyse der Evaluation Klien- tenzufriedenheit 2019 haben wir in einem Er- Am stärksten partizipiert haben Menschen im gebnispapier veröffentlicht. Darin findet sich Alter von 25-34 Jahren (da oft Familien, zusätzlich ein ausführlicher Vergleich schließt dies Kinder unter 18 Jahren automa- 2018/2019. tisch ein) und 55-64 Jahren. Die größte Grup- pe der TeilnehmerInnen kommt aus Syrien, Das Ergebnispapier ist online hinterlegt: Afghanistan und der Russischen Föderation. Am Standort in Meißen sind die meisten Fra- https://www.diakonie- gebögen ausgefüllt worden. rg.de/fluechtlingssozialarbeit_wir_ueber_un Anhand der Evaluation lässt sich eine grund- s_de.html sätzlich positive Meinung gegenüber der Arbeit der Migrationsberatung ablesen.

In allen Bereichen ist die Zufriedenheit groß oder sehr groß. Kritik wird eher an der Be- ratungsstruktur als am Beratungsgespräch geübt.

Die persönliche Beziehung zu den verantwort- lichen MitarbeiterInnen ist KlientInnen überaus wichtig und wird wertgeschätzt. Doch auch bei einem Wechsel ist die Zufriedenheit mit der Beratungsqualität sehr groß. Damit einher geht auch die Planung von Informationsveranstal- tungen und weiteren Angeboten: Diese sollten stets persönlich vermittelt werden.

Einerseits geben KlientInnen an, dass sich MitarbeiterInnen genügend Zeit für das persön- liche Gespräch nehmen, andererseits werden zu lange Wartezeiten beklagt. Wie leicht zu verstehen sein wird, korrelieren beide Fragen miteinander, so dass sich die Antworten ge- wissermaßen ausgleichen. Interessant ist, dass, unabhängig von der Dauer, wie lange KlientInnen bereits in Deutschland/im Land- kreis Meißen leben, stets großer Wert darauf gelegt wird, dass eine entsprechende Sprach- mittlung zur Verfügung steht. Das Ergebnis überrascht. Denn es ist anzunehmen, Klien- tInnen seien im Laufe der Zeit befähigt, sich selbst zu verständigen. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass, unabhängig von der Sprachfähigkeit und der Selbstwirksamkeit der KlientInnen, das Gefühl der Sicherheit, mit professioneller Sprachmittlung alles verstan- den zu haben, überwiegt. Vergleicht man dies- bezüglich die Nationalitäten untereinander, scheinen Personen aus Afghanistan und Syri- en Sprachmittlung nicht in dem Maße zu benö- tigen wie Personen aus anderen Nationalitä- ten.

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bei ihnen stärker eine Weiterqualifizierung auf

5. Projektarbeit B2-Niveau, Ausbildung bzw. berufsbildende Kurse von überschaubarer Dauer, Anerken- 5.1 Arbeitsgelegenheit für anerkann- nung bereits vorhandener Abschlüsse und te Flüchtlinge mit sozialpädago- qualifikationsgemäße Beschäftigung im Fokus gischer Begleitung (AGH) der Beratung.

Das AGH-Projekt konnte aufgrund der ausste- Verbleib der TeilnehmerInnen nach henden Förderzusage durch das Jobcenter der AGH-Teilnahme erst nach einer Unterbrechung von zwei Mona- im Maßnahmezeitraum ten im März 2019 fortgeführt werden. Diese 03/2019-02/2020 unplanmäßige Pause führte zu Irritationen auf verschiedenen Ebenen, u.a. auch mit den sv-pfl. Beschäftigung Netzwerkpartnern wie z.B. den Einsatzstellen. Integrationskurs/ Wiederholung B1 Die anschließende Projektlaufzeit von 12 Mo- Sprachkurs B2 naten brachte jedoch neue Kontinuität und ermöglichte eine gute Basis für planvolles und andere Maßnahme/Freiwilligendienst intensives Arbeiten mit TeilnehmerInnen, Ein- Wegzug aus dem Landkreis satzstellen und Unternehmen des ersten Ar- Abbruch beitsmarktes. arbeitssuchend

Anzahl der AGH-TeilnehmerInnen je Sprach- Sonstiges (Schwangerschaft, Gesundheit, etc.) raum:

1 1 2 Arabisch 12% 3 20% Persisch Tigrinya 16% Somalisch Türkisch 12% 30

12%

12% TeilnehmerInnen und Einsatzstellen kamen 4% wieder aus den drei Schwerpunktgebieten 12% Großenhain, Meißen und Riesa. Zu Beginn des Projektes waren viele TeilnehmerInnen aus Riesa involviert, später verlagerte sich die Teilnahme stärker auf den Raum Großen- hain/Meißen bis am Ende 2/3 der Maßnahme- Integration – ein Fallbeispiel plätze von Personen aus Meißen belegt waren. Erstmalig nahmen wir zwei gehörlose Teil- Gemäß unserer konzeptionellen Fortschrei- nehmerInnen ins AGH-Projekt auf und waren bung lag 2019 ein stärkerer Fokus auf der gespannt, wie die Integration in eine AGH- Förderung von Frauen in ihrer beruflichen In- Einsatzstelle sowie in den AGH- tegration. Gruppentreffen gelingen würde und ob ein Übergang in den ersten Arbeitsmarkt für die beiden möglich wäre.

Im Resümee ist zu sagen: Diese für alle Frauen Beteiligten neue Herausforderung wurde zu 46% 54% Männer einer großen Bereicherung.

Aus anfänglichem Zögern der AGH- Einsatzstelle und ihrer Bitte um viel Unterstüt- zung beim Start der beiden TeilnehmerInnen, Mehr als die Hälfte aller TeilnehmerInnen wa- kam nach kurzer Zeit die begeisterte Rückfra- ren Frauen, die überwiegend Schulen und ge, ob man die beiden „behalten“ könne. Die Kindergärten als Einsatzfelder wählten. Bei der AGH bot uns den Rahmen auszuprobieren, Erarbeitung der beruflichen Perspektive stand wie die Kommunikation im Arbeitskontext zwi-

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schen hörenden und gehörlosen MitarbeiterIn- Einen Teilnehmer mit Migrationshinter- nen und zusätzlichem Migrationshintergrund grund und zusätzlichem Handicap bei einer gelingt. Auch die Integration der beiden in die lokalen Firma auf dem ersten Arbeitsmarkt sozialpädagogischen Gruppenangebote war integrieren zu können, ist quasi „Integrati- uns ein großes Anliegen, dem wir mit Neugier on“ – ein Best-Practice-Beispiel aus unse- und Skepsis gegenüberstanden. Dank einer rer Arbeit sowie ein tolles Zeichen aus dem ehrenamtlichen Migrantin, die uns punktuell regionalen Arbeitsmarkt. unterstützte und die thematischen Inhalte in Gebärden übersetzte, gelang dies sehr gut. Ansonsten wurde improvisiert, mit Händen und Füßen „pantomimisch“ kommuniziert oder Inhalte konsekutiv in die arabische Schriftspra- che übersetzt, welche wiederum die eine Teil- nehmerin lesen und dann für den anderen Gehörlosen in Gebärden übertragen konnte.

Die Integration in die Gruppe mit den anderen TeilnehmerInnen erfolgte völlig reibungslos und es fand eine rege Kommunikation zwi- Gelebte Integration: Hörende und gehörlose TeilnehmerInnen im sozialpädagogischen schen hörenden und gehörlosen Teilnehm- Gruppenangebot erInnen statt (auch in den Pausen).

Die Gehörlosigkeit verlieh diesem Ehepaar 5.2 Informations- und Stand: 31.01.2020 in keiner Weise einen Sonderstatus – sie Kommunikationszentrum (IKZ) waren vollständig akzeptiert und eingebun- den. Eine tolle Erfahrung auch für uns Mit- Im Berichtzeitraum 2019 hat sich das IKZ als arbeitende. Kreativ-/Begegnungs-/Veranstaltungszentrum sowohl innerhalb der Diakonie Riesa- Für die Einzelberatungen stand ebenfalls nicht Großenhain gGmbH als auch außerhalb, d.h. immer ein Gebärdendolmetscher zur Verfü- im Landkreis Meißen, weiterhin etabliert. gung – doch es war erstaunlich, wie gut die Verständigung klappte. Großen Anteil am Ge- Dank zahlreicher Aktionen/Beteiligungen an lingen hatten natürlich auch die beiden Teil- regionalen/überregionalen Veranstaltungen nehmerInnen, denen man anmerkte, dass sie (rund 40 Aktionen) konnte die Sichtbar- den Umgang und die Kommunikation mit Hö- keit/Partizipation von Menschen mit Migra- renden gewöhnt sind und die zudem mit ihrer tionshintergrund gesteigert werden. herzlichen Ausstrahlung und ihrer guten Laune die Herzen im Flug eroberten. Damit wurde das erste Ziel des IKZ, Kontakt- stelle zwischen Menschen mit und ohne Migra- Bestärkt durch unsere positiven Erfahrun- tionshintergrund zu sein, voll erreicht. gen, konnten wir ein Unternehmen mit ge- In diesem Zusammenhang hat der Umfang von eigneten Tätigkeiten überzeugen, den Mann Vorbereitung/Öffentlichkeitsarbeit/Marketing durch eine Probearbeit näher kennenzuler- und Dokumentation weiter zugenommen. Das nen. Es folgten die Einstellungszusage und Projekt ist damit sehr gut ausgelastet. schließlich der Arbeitsvertrag. 2019 waren zwei hauptamtliche MitarbeiterIn- Bei der Organisation von Probearbeit, Förder- nen beschäftigt, jeweils im Bereich „Kreativ- möglichkeiten für die Firma sowie bei Zuarbei- werkstatt“ und im Bereich „Interkulturelle Öff- ten, die der Bewerber an den/die ArbeitgeberIn nung“. Im September kam es zu einer perso- zu bringen hatte, begleiteten wir beide Seiten nellen Umstrukturierung. Daraufhin wurde der beratend und unterstützend. der kreative Part mit zwei neuen MitarbeiterIn- nen in Teilzeit besetzt. Seither unterstützen das Projekt eine ausgebildete Architektin (aus Venezuela) und ein ausgebildeter Grafiker. Die Attraktivität und Professionalität in der Außen- wirkung des IKZ und der Migrationsberatung hat sich dadurch verbessert. Weitere Tätig- keitsbereiche für ehrenamtliche HelferInnen konnten somit zusätzlich erschlossen werden.

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April Über Bücher kann man sich wun- derbar kennenlernen. Im April haben wir einen Bücher- schrank für Großenhainer Bürge- rInnen gebaut. Wie in einer Tauschbörse, darf sich jeder ein Buch nehmen und gibt dafür ein altes Buch ab. Das fördert nicht nur Kontakte untereinander, sondern stärkt auch die Teilhabe von MigrantInnen, die so eine schöne Möglichkeit haben, auch an neue Literatur zu kommen – entweder für sich selbst oder als Gute Nacht-Geschichte für ihre Kin- Mit Blick auf die Struktur der in Großenhain der. Veröffentlichung im Ökumeni- schen Weg Sachsen: lebenden KlientInnen, sind es überwiegend Familien mit Kindern und Jugendliche, die https://www.oekumenischer unsere Zielgruppe bildeten. Der Kontakt ist weg.de/project/buecher- sehr gut. Wir kommunizierten Inhalte und An- boerse/ gebote in enger Zusammenarbeit mit der zu- ständigen SozialarbeiterIn, den MultiplikatorIn- nen und zusätzlich via Telefon (SMS, Anrufe), facebook, Flyern, Postern usw. Um die Zielgruppe noch besser zu erreichen, wurde im März 2019 ein freier W-LAN-Zugang im IKZ installiert. BesucherInnen konnten über ihr Smartphone kostenlos Internet nutzen. Wie sich gezeigt hat, kamen deswegen nicht unbe- dingt mehr Menschen ins Zentrum, jedoch war die Nachfrage bei den regelmäßigen Besuch- erInnen konstant hoch. Juni Aktionen aus dem Bereich der mobilen Auf Anfrage der Einrichtung für unbegleitete minderjäh- rige Flüchtlinge in Riesa wurden wir gebeten, den Kreativwerkstatt (Auswahl) Außenbereich zu verschönern. Konkret ging es um eine graue Betonwand. Gemeinsam wurde überlegt und geplant, wie die Wand aussehen soll. Daraufhin wurden entsprechende Arbeitsschritte definiert und unter fachlicher Anleitung in mehreren Terminen um- gesetzt. Die Fertigstellung der Wand wurde pünktlich zum Tag des Fastenbrechens (muslimisches Zucker- fest) mit vielen deutschen BesucherInnen bei einem gemeinsamen Sommerfest gefeiert.

März Mithilfe von MigrantInnen, Ehrenamtlichen und Einheimischen wurde ein Still- und Wickelpunkt liebevoll im IKZ eingerichtet. Dieser wurde bei einem Internationalen Café eingeweiht und erhielt darüber hinaus ein Zertifikat als offiziell anerkannter Still- und Wickelpunkt. Damit gehört er zu einem Netzwerk in der Stadt Großenhain. Chancen auf neue Begegnungen im IKZ wurden erhöht.

Ganzjährig Die Kreativwerkstatt widmete sich 2019 insbesondere dem Upcycling von Einwegpaletten. Palettenmöbel wurden entworfen, die dazugehörigen Sitzkissen ma- nuell gefertigt. Sowohl eine Lounge als auch eine mobile Theke konnten wir im Laufe des Jahres gleich mehrfach an öffentlichen Plätzen verwenden und der Bevölkerung somit vor Augen führen, wie eine kreative und interkulturelle Zusammenarbeit im Ergebnis aus- sehen kann. Außerdem entstanden selbstgebaute Kinderküchen für Gemeinschaftsunterkünfte.

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Interkulturelle Öffnung (Auswahl) Erlebnisfest der Sinne

Der zweite Baustein des IKZ beinhaltete ver- Das „Erlebnisfest der Sinne“ in Großenhain haben wir mit mehrt die Organisation von interkulturellen mehreren Aktionen rund um Veranstaltungen, Öffentlichkeitsarbeit sowie das Thema „Wahrnehmung“ Vor- und Nachbereitung aller durchgeführten tatkräftig unterstützt. U.a. gab es „Geruchsmemory“: In zehn Projekte. Hierbei spielt die Zusammenarbeit Gläsern versteckten sich mit der Teamassistenz (vgl. Kap. 5.5) eine seltene Gewürze aus aller wichtige Rolle. Welt, z.B. Tonkabohne (Süd- Die Betreuung des eigenen facebook-accounts amerika), Annattosamen (www.facebook.com/diakonieIKZ) wie auch (Karibik), Curryblätter (Sri Lanka) und Chinesisches die Koordination von Artikeln auf der Homepa- Süßholz. ge der Diakonie und anderen Medien (z.B. Lokalzeitung, Amtsblätter im Landkreis Mei- ßen) waren weitere Tätigkeitsfelder. Des Weiteren war das IKZ an der Umsetzung der Evaluation Klientenzufriedenheit (vgl. Kap. 4) in hohem Maß beteiligt und stand auch als Gruppenraum für externe Angebote zur Verfü- gung (z.B. Workshops zu Verbraucherschutz, Drogenprävention etc.).

Neben der Gestaltung von Winter-, Sommer- und Herbstferien mit diversen Angeboten, wur- Im Schlemmertempel wurden rund um die Uhr leckere den viele weitere Veranstaltungen, für Kinder Speisen aus verschiedenen Ländern gereicht, u.a. wie für Erwachsene, organisiert: Pelmeni nach Originalrezept, Humus mit Fladenbrot, gegrillten Schaschlik und Kebabspieße, selbstgemach- ten Ayran. Regionale Veranstaltungen in Großenhain (Auswahl)

Am Samstagnachmittag besuchte uns extra eine Gruppe afghanischer Männer, die ein Konzert spielten. Dann Internationales Café waren auch andere Klänge, z.B. die einer „Tamboor“, zu Zu den Regelangeboten zählte das Internationale Café am hören. Einige der Musiker zeigten einen traditionellen letzten Donnerstag des Monats. Obgleich Schwankungen in Tanz. der Besucherzahl unterliegend, ist es nichtsdestotrotz eine Art Stammtisch für eine kleine Zahl Großenhainer BürgerIn- nen geworden. Es lässt sich sagen, dass es mehr noch eine Überregionale Veranstaltungen im Land- gute Gelegenheit für die KlientInnen ist, in Austausch mit kreis Meißen (Auswahl) Menschen zu kommen und sich ihrerseits zu vernetzen. Bei ihnen war die Nachfrage stets größer. So entstanden viele gute Kontakte, z.B. auch zwischen Mitgliedern der Kirchge- März: Beteiligung an den Internationalen meinde und einer neu zugezogenen Familie aus der Türkei. Wochen gegen Rassismus Vom 11.-24.03.2019 haben wir uns im Rah- men der Internationalen Wochen gegen Ras- sismus mit vier Aktionen beteiligt. Unter ande- rem wurde ein interkulturelles Training für eine Konfirmandengruppe durchgeführt, um junge Menschen für die Thematik zu sensibilisieren. Außerdem haben wir im Bürgerhaus Nünchritz Filminterviews von Flüchtlingen geschaut und mit etwa 15 Besuchern darüber diskutiert. Ziel war es hier, auch in den dörflichen Gebieten präsent zu sein und einen Dialog anzubieten.

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In Kooperation mit den Landesbühnen Sach-  Erstellen einer Broschüre für alle sen GmbH und der Oberschule Triebischtal Beteiligten und deren Verteilung wurde das Theaterstück „Fluchtwege“ aufge-  Marketing: Korrespondenz führt und im Schulunterricht ausführlich vorbe- mit/Veröffentlichungen in diversen reitet. Medien/Stadtverwaltungen/Akteuren/ Kirchen etc. 12.03. Lamya Kaddor: „2015 zu Frauenkir-  Durchführung und Dokumentation der 2018: Wie sich unser che Meißen Deutschsein verändert“ Veranstaltungsreihe bis Ende des Jahres 16.03. Interkulturelles Training für Kirchge- Konfirmanden meinde Lenz Die finanzielle Unterstützung durch verschie- 18.03. Theater „Fluchtwege“ Oberschule dene Partner ist größer geworden. Zu nennen Triebischtal sind hier, neben dem LRA Meißen und der Meißen 19.03. „Im Interview mit Bürgerhaus evangelischen Landeskirche Sachsen, v.a. Flüchtlingen“: Film & Nünchritz Wacker Chemie AG, die Sparkasse Meißen Gespräch und United Print.

Neu in diesem Jahr war die Sammlung von Spenden für ein internationales Projekt, damit die Interkulturellen Wochen tatsäch- lich inter-kulturell sind. Ein dreistelliger Betrag konnte der Diakonie Katastrophen- hilfe für ihre Arbeit im Kongo (Thema: Prä- vention von Ebola) überwiesen werden.

IKW-Veranstaltungen der Diakonie:

17.09. Fachgespräch: Integration, Rathaus V.l.n.r.: Andreas Beuchel, Lamya Kaddor, Inklusion, Diversity – tenden- Coswig Gerlinde Franke, Hans-Georg Müller ziell ein Exklusionsmecha- nismus?

September/Oktober: Federführende Orga- 22.09. Eröffnungsveranstaltung St.-Afra- der IKW Kirche nisation der Interkulturellen Wochen Seyran Ates: Zur Rolle von Meißen Musliminnen im Kontext der Vom 13.09. bis 16.10.2019 fan- Frauenrechtsbewegung den die Interkulturellen Wochen 25.09. Kreativ-Workshop: „Musik“ Grundschu- le „Sankt im Landkreis Meißen unter dem Afra“ Mei- Motto „Zusammen leben, zu- ßen sammen wachsen“ statt. 26.09. „Se ghalb dar sine“: Johan- Drei-Länder-Café. Afghanis- nesstift Mit über 30 Veranstaltungen tan, Iran, Deutschland Meißen 27.09. Spendenlauf Heiliger von vielen Akteuren und Grund Partnern ist die Beteiligung Meißen weiter gewachsen. 25.- Kreativ-Workshop „Theater“: Pestalozzi 27-09. „Was willst du denn hier?“ Oberschule Vor dem Hintergrund der politischen Wahlen Meißen 28.09. Familienkonzert: Kindern eine Katholische wurde gemeinsam ein Zeichen für Toleranz Stimme geben … „Salam a Kirche und Pluralismus gesetzt, ohne dabei mit erho- laikum – a laikum salam“: Großenhain السالم عليكم – عليكم السالم -benem Zeigefinger vorzugehen. Die Zusam menarbeit mit dem LRA Meißen verlief rei- 29.09. Fest der Vielfalt Coswig bungsfrei. Die federführende Organisation 30.09. Ich schlage mein altes Mär- Stadtbiblio- chenbuch auf … thek Gröditz oblag dabei weiterhin dem IKZ als zentrale 30.09. Filmabend: Frankreich trifft Lebenshilfe Koordinierungsstelle. Zu den umfangreichen Senegal Großenhain Aufgaben gehörten z.B.: 01.10. „Ven a bailar!“ Komm tanz! Rappelkiste  Lancierung der IKW mit einem Venezolanischer Länder- Coswig abend öffentlichem Aufruf im Frühjahr 01.10. Kreativ-Workshop „Märchen“ Stadtbiblio-  Planung der internen und thek Riesa Unterstützung der externen Angebote  Terminliche Koordination der angemeldeten Aktionen

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Kreativ-Workshop „Theater“ Ich schlage mein altes Märchenbuch auf …

Eine abschließende Veranstaltungsdokumen- tation der IKW 2019 wurde erarbeitet und allen beteiligten Akteuren zur Verfügung gestellt. Online ist diese hinterlegt unter:

https://www.diakonie- rg.de/aktuelles_interkulturelle_woche_de.ht ml

Seyran Ates 5.3 Kommunale Integrationskoordination (KIK)

Die Stelle der Kommunalen Integrationskoor- dination innerhalb der Diakonie Riesa Großen- hain gGmbH, Bereich Migrationsberatung zeichnete sich 2019 mit vielfältigen Aufgaben- bereichen und Veranstaltungen aus.

Ein Großteil dieser Arbeit bestand in Familienkonzert: Kindern eine Stimme geben der Kooperation mit und in der Schaf- fung von Angebo- ten für Frauen v.a. aus dem arabi- schen Kulturraum. Dazu gehörte die Unterstützung bei der Frauengruppe in Großenhain. Monatlich traf sich die Gruppe, die aus Ausflug mit der Frauengruppe bei einer Fahrt auf der Elbe Ven a bailar! rund zehn Frauen besteht. Zum Beispiel gab es im Sommer einen Ausflug entlang der Elbe, um Dresden und seine Um- gebung besser kennenzulernen.

Zusätzlich wurde das sogenannte Kita-Projekt weiter begleitet. Mit wöchentlicher Reflexion zur Arbeit zweier arabischer Frauen in Kinder- tageseinrichtungen in Gröditz und Meißen konnte geholfen werden, die Erziehung von Kleinkindern mit Migrationshintergrund zu stär-

Fachgespräch Integration ken und so auch den interkulturellen Aus- tausch innerhalb der Kitas zu unterstützen.

Ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt der Tä- tigkeit bestand in der Netzwerk- und Öffent- lichkeitsarbeit. Dies beinhaltete Kooperation Diakonie Riesa-Großenhain gGmbH - Migrationsberatung 34

mit verschiedenen regionalen Einrichtungen 5.4 NOAH und Personen, u.a. mit dem Landratsamt Mei- ßen, mit Sprachkursträgern und Schulen, Mit dem Projekt „Noah“ konnte in 2019 die Sprungbrett e.V., Verbraucherzentrale u.v.a. niederschwellige, kultursensible, kostenfreie und bei Bedarf sprachlich-gestützte psychoso- Neben der Organisation von Ferienveranstal- ziale Beratung für psychisch belastete oder tungen im Rahmen des Kita-Projekts „Super- erkrankte MigrantInnen weiter angeboten wer- kids“, beteiligte sich die Integrationskoordinato- den. Das Angebot dient dem Kompetenzer- rin intensiv an dem Kindergeländespiel „Stink- werb zum Umgang mit Belastungen, ebenso stiefel“ der evangelischen Jugend in Skassa. In der Früherkennung, der Eindämmung des die Planung und Umsetzung des Events für bis Fortschreitens und der Verhinderung der zu 100 Kinder war sie aktiv eingebunden. Chronifizierung psychischer Erkrankungen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Beratungsangebot sowohl bei den MigrantIn- nen im Landkreis Meißen als auch bei anderen wichtigen Akteuren bekannt geworden ist. Wie bereits in 2018 machten wir das Beratungsan- gebot in den Unterkünften einerseits durch Aushänge in mehreren Sprachen, andererseits durch die dort tätigen SozialarbeiterInnen be- kannt. So gelangten, im Vergleich zum Vorjahr, mehr KlientInnen auf Empfehlung ambulant tätiger Psychiater und von Schulen/Lehrern in Ein weiterer wichtiger Termin war der Kindertag in die Beratungsstelle. Bisweilen konnten durch Gröditz. Die Stadt plante ein großes Kinderfest und bat Einsatz von Videodolmetschen an allen drei die Migrationsberatung um Unterstützung und Mitgestal- Beratungsstandorten auch relativ seltene tung. Die kleinen und großen Gäste konnten an unserem Stand internationale Speisen und arabischen Kaffee Sprachen (z.B. Surani) bedient werden. probieren. Bei den Kindern stand besonders die Zucker- watte hoch im Kurs, die, mit Unterstützung des Bünd- Von Januar bis Dezember 2019 wurden re- nisses für Demokratie und Zivilcourage, angeboten wer- gelmäßig psychologische Einzelberatungen den konnte. Auf selbstgebauten Palettenmöbeln konnten Brettspiele getestet werden während zwei venezolanische (insgesamt 304 Beratungen) an den Standor- Frauen Kinderschminken anboten. All dies brachte viel ten Riesa, Meißen und Großenhain durchge-

positive Resonanz und die Zusage, auch im kommenden führt. 71 KlientInnen nahmen das Angebot Jahr beim Kindertag dabei zu sein. wahr. Bei 22 KlientInnen handelte es sich um eine Fortsetzung von in 2018 begonnenen Beratungsprozessen; bei 49 Personen handel- te es sich um Neuanmeldungen. KlientInnen afghanischer Herkunft waren am häufigsten vertreten (13), gefolgt von KlientIn- nen aus Syrien (8), Georgien (7), Tschetsche- nien, Libanon, Libyen, Iran (jeweils 6). Weiter waren folgende Nationalitäten – wenngleich

seltener – vertreten: Irak, Tunesien, Venezue-

la, Kamerun, Türkei, Indien, Somalia, Kasachs- tan, Eritrea und Albanien. 45 Prozent der Kli- entInnen waren AsylbewerberInnen, 39 Pro- Die umfangreichste KIK-Veranstaltung 2019 war der Tag zent aufenthaltsberechtigt, für 16 Prozent galt der Sachsen in Riesa. „Komm und sieh!“ war das Motto der Kirchenmeile, auf welcher sich die Migrationsberatung Abschiebeschutz. drei Tage präsentieren konnte. Mit ca. 44 HelferInnen wurden verschiedene Aktionen und Angebote umgesetzt. Weitaus am häufigsten wurde die psycho- Besonders beliebt bei den BesucherInnen waren u.a. das logische Beratung wegen Symptomen im kulinarische Buffet, Tanzshows und die besonderen Krea- tivangebote. Der große Aufwand hat sich gelohnt, indem Zusammenhang mit zurückliegenden trau- ein Stück mehr zu Integration und Verständnis zwischen matischen Erfahrungen (intrusive Sympto- Menschen aus verschiedenen Kulturen beigetragen wur- me wie Albträume, Flashbacks; Vermei- de. Darüber hinaus ergaben sich viele interessante Ge- dungsverhalten; Symptome der Übererre- spräche, u.a. mit Größen aus Politik und Kirche, auch die evangelische Zeitung „Der Sonntag“ führte mit uns ein gung wie Angst und Schreckhaftigkeit) so- Interview. wie wegen Ängsten im Zusammenhang mit der unklaren Bleibeperspektive aufgesucht.

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Auch affektive Störungen (z.B. Depression) Eine Fortsetzung des Projekts im Jahr 2020 ist und Konflikte im Familiensystem oder in der dringend zu empfehlen, weil insbesondere Partnerschaft (z.B. psychische und physische psychologische und psychotherapeutische Gewalt) waren häufig Beratungsanlass. Regeldienste für Asylsuchende häufig nicht erreichbar sind, nicht finanziert werden und Angewandte Methoden, Erfolgreiche nicht auf diese Klientel eingestellt sind. Begon- z.B.: Vermittlung nene Beratungsprozesse sollen fortgesetzt in Regel- dienste, z.B.: oder zu Ende geführt werden können. Um dem Systemische Inter- Ambulante Einzelberatungsbedarf gerecht werden und ventionen Psychotherapie präventive Gruppenarbeit im angedachten Psychoedukation zur Mutter-Kind- Umfang leisten zu können, müsste ein perso- entsprechenden Ambulanz neller Ausbau der Beratungsstelle erfolgen. Psychopathologie Ressourcen- Trauma-Ambulanz aktivierung 5.5 Team-Assistenz Problemanalyse und Kinder- und -bewältigung jugendpsychiatrische Team-Assistenz am Standort Meißen Ambulanz Das Projekt Teamassistenz an den Standor- Motivierende Tagesklinik für Kinder Gesprächsführung und Jugendliche ten Meißen und Coswig wurde 2019 erfolg- Die Vermittlung von Stabilisie- Facharzt für reich fortgesetzt. Schwerpunkt des Projektes rungstechniken Psychiatrie bestand v.a. in der Begleitung von KlientIn- Aufklärung zum Beratungsstelle nen beim Übergang zwischen den Bereichen hiesigen Versor- gegen häusliche FSA, MBE und JMD sowie in Dolmetscher- gungssystem und zu Gewalt weiterführenden leistungen. Weiterhin galt es eine barriere- Behandlungsformen freie und diversitätsorientierte Begleitung zu Suchtberatungsstelle gewährleisten. Frauenhaus Internationaler Insbesondere für die Begleitung von Men- Suchdienst des Roten schen mit Behinderung und von Analpha- Kreuzes betInnen war der zeitliche Aufwand be-

sonders hoch. Wie bereits in 2018 erwies sich die Weiterver- mittlung in psychotherapeutische und psychiat- Die Aufgaben während der Beratung waren rische Regeldienste als herausfordernd, wobei vielfältig und umfassten Terminvereinbarungen die Gründe hierfür sowohl auf Seiten des me- jeglicher Art, Behördengänge für und mit Klien- dizinischen Versorgungssystems als auch auf tInnen, die Dokumentation der Beratungsge- Seiten der Klientinnen liegen. Der überwiegen- spräche (ebenfalls unter aktiver Einbeziehung de Teil der KlientInnen war gezwungen, einen von KlientInnen, z.B. indem sie ihre eigenen weiteren Weg auf sich zu nehmen und psychi- Ordner anlegten) sowie Telefonate und die atrisch-fachärztliche Behandlung in Dresden Koordination des Büroalltags. Einen Schwer- aufzusuchen. punkt dabei bildete die Befähigung von Klien-

tInnen, Formulare selbstständig auszufüllen Herausfordernd gestaltet sich nach wie vor die und sie in den deutschen Rechtsalltag einzu- Zusammenarbeit mit den regional zuständigen führen. Dazu gehörte, ihnen Werte und Nor- psychiatrischen Fachkliniken in und men unserer Gesellschaft näher zu bringen Wermsdorf. Nicht selten lassen sich KlientIn- und das Verständnis dafür zu erleichtern. So nen nach wenigen Tagen Aufenthalt auf eige- begleitete die Teamassistenz zu ÄrztInnen, nen Wunsch und gegen ärztlichen Rat entlas- Kindergärten, Schulen, anderen Bildungsein- sen. Gründe hierfür sind, nach Angaben der richtungen, Krankenhäusern, Banken, Rechts- KlientInnen, die unzureichende sprachliche anwältInnen, Vereinen, Kirchen, Moscheen Verständigung und Aufklärung zum Behand- etc. lungsprozedere. So stehen bei Aufnahme-,

Visiten- und psychologischen Gesprächen Ein weiterer Punkt waren regelmäßige Haus- häufig keine SprachmittlerInnen zur Verfügung. besuche bei Mediationsbedarf oder zur Klä- Aus diesem Grund klärten wir bei geplanten rung von Alltagsproblemen. Besonders zeit- Aufnahmen unserer KlientInnen diese Einrich- aufwändig war die Wohnungssuche für Klien- tungen darüber auf, wie und wo Sprach- tInnen mit Bleiberecht. mittlerInnen „bestellt“ werden können. Den- noch ist dies bislang nicht gängige Praxis ge- worden.

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Viele Wohnungsangebote scheiterten schon im Vorfeld durch Vorurteile, Kli- schees und teilweise an rassistischen An- sichten der EigentümerInnen. Hinzu kam die allgemeine Wohnraumknappheit im Landkreis für mehrköpfige Familien.

Zusätzlich unterstützte die Teamassistenz bei Weihnachtsfeiern, Aktivitäten, Netzwerkarbeit, Schulprojekten und Integrationsprojekten. Vie- le positive Rückmeldungen seitens der ver- schiedenen Akteure und der KlientInnen ließen Spätaussiedlerweihnachtsfeier darauf schließen, dass diese wichtige Arbeit auch in 2020 dringend gebraucht wird. Die Teamassistentin war auch 2019 ein wichti- ges Bindeglied zwischen der Leitung Migration, FSA sowie MBE/JMD. Neben diesen umfang- reichen Aufgaben war sie Dreh- und Angel- punkt im Kontakt mit dem Landratsamt, den Kommunen und den unterschiedlichen Ebenen der Diakonie auf Landes-/Bundesebene.

2019 nahm die Fördermittelakquise für Klein- und Großprojekte spürbar zu und wird auch in den nächsten Jahren ein im- mer wichtiger werdender Aspekt in der täg- lichen Arbeit sein. Kinderweihnachtsfeier in Meißen Dazu startete die Mitarbeiterin im Herbst 2019 Team-Assistenz für den Landkreis Meißen eine Weiterbildung zur Fördermittelmanagerin. Das Projekt Teamassistenz für den gesamten Landkreis Meißen ging 2019 in das nunmehr Eine weitere Aufgabe war die Ehrenamtskoor- zweite Jahr. Die Teamassistenz war verant- dination. Dies beinhaltete u. a. die Dokumenta- wortlich für die Akquise, Vorbereitung und tion und Überwachung der Ehrenamtsverträge. Beantragung von Kleinst- und Großprojekten in Hierzu waren regelmäßige Treffen mit den den Bereichen FSA, JMD, MBE. ehrenamtlichen MitarbeiterInnen notwendig, Die Verschönerung der Außenanlage der Ge- um über Inhalte und Kriterien des Projektes meinschaftsunterkunft Nickritzer Straße in „Wir für Sachsen“ zu schulen. U.a. war sie Riesa, verschiedene Veranstaltungen an Schu- dafür zuständig, Aufwandsentschädigungen zu len zur Stärkung der politischen und demokra- beantragen und abzurechnen. Die fortlaufende tischen Meinungsbildung der SchülerInnen Betreuung der Ehrenamtlichen gehört auch sowie unterschiedlichen Ferienprogramme für weiterhin zu ihrem Tätigkeitsbereich. Kinder mit und ohne Migrationshintergrund wurden strukturell begleitet. Das Erlebnisfest der Sinne (Großenhain), den Tag der Sachsen (Riesa) sowie die Weihnachtsfeier für die Spätaussiedler unterstützte sie in der Planung, Vorbereitung, Durchführung und Nachberei- tung.

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Veröffentlichungen 2019 (Auswahl): 6. Öffentlichkeitsarbeit Datum Thema Medium Um die Arbeit der Migrationsberatung sowohl bei KlientInnen als auch in der Öffentlichkeit Früh- Multikulti in der „Nächstenliebe (Akteure, Multiplikatoren etc.) bekannter zu jahr Einwanderungsgesell- leben. Klarheit schaft? Ein Blick aus zeigen. machen, nutzen wir gern Teilnahmen an exter- praxisorientierter und Handreichung zu nen öffentlichen Veranstaltungen in der Regi- diakonischer Sicht. Rechtspopulismus on. und Fremdenfeind- Hauptsächliche Impulse zur Netzwerkarbeit lichkeit“ der Arbeitsgemein- gehen von der Leitungsebene und von den schaft „Kirche für Bereichen IKZ/KIK aus. Unter anderem wurden Demokratie und folgende Termine wahrgenommen bzw. inhalt- Menschenrechte“ lich aktiv unterstützt: 27.08. „Alltagskämpfer: Hier RTL erst recht – Flücht- Februar Bundesweite Vorbereitungstagung lingshelfer in Ost- zur Interkulturellen Woche, Berlin deutschland“ Frühjahr Tagung zum Spannungsfeld: 13.09. IKW 2019: Zusammen SZ Meißen & Kultur vs. Rechtspopulismus, Dresden leben, zusammen weitere überregio- Frühjahr Standardisierung FSA, wachsen nale Medien Evangelische Hochschule Dresden 21.09. Rolle von MDR 15.05. NIMS-Treffen, Dresden Musliminnen im Sachsenspiegel 23.05. Netzwerktreffen, LRA Meißen Kontext der Frauen- 20.06. AWO Fachforum, Dresden rechtsbewegung 22.10. Staatsarchiv, Dresden 09.11. Informations- und Am 27.08.2019 um 0:30 Uhr wurde auf RTL Integrationsmesse, Meißen eine Reportage zum Thema ausgestrahlt. Weitere Runde Tische in Großenhain, Meißen, Riesa („AG Asyl“) Darin werden verschiedene Aspekte der Migra- Karrieremessen tionsarbeit näher beleuchtet und in den Kon- im Landkreis Meißen und Dresden text der politischen Landschaft gestellt. Wir Treffen der evangelischen Kirche hatten das Privileg, dass uns ein Kamerateam und Diakonie, z.B. Kirchenbezirkssynode begleitet und aus verschiedenen Bereichen dokumentiert hat, vor welchen Herausforde- Das Netzwerk der Migrationsberatung erstreckt rungen die SozialarbeiterInnen im Bereich sich inzwischen über zahlreiche Gebiete. Im Migrationsberatung im Landkreis Meißen ste- Laufe des Jahres haben wir unsere Kommuni- hen. Wer sich davon ein Bild machen möchte, kationswege neu strukturiert, indem wir eine kann den 45-minütigen Beitrag unter folgen- Datenbank mit allen relevanten Kontakten dem Link abrufen: aufgebaut haben. Dies trägt dazu bei, über- sichtlicher, schneller und damit effektiver In- https://www.tvnow.de/shows/alltagskaempf formationen zu unserer Arbeit zu teilen. Bei er-ueberleben-in-deutschland-16142/2019- weit über 800 Kontaktadressen ist das in kur- 08 zer Zeit zu einem wichtigen Instrument unserer Arbeit geworden.

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Interkulturelle Veranstaltungen (Auswahl):

Monatlich Internationales Café Großenhain

11.-24.03. Internationale Landkreisweit, Beteiligung mit vier Wochen gegen eigenen Veranstaltungen Rassismus 04.04. Internationaler Radebeul Frauentag 12.04. Frühlings-Einkaufsnacht Großenhain 13.04. Internationales Buffet für Großenhain Kirchenbezirkssynode 25.05. Stinkstiefel Skassa 01.06. Internationaler Gröditz Kindertag 05.06. Muslimisches Riesa Zuckerfest 11.06. „Im Interview mit Flüchtlingen“: Coswig Film & Gespräch 21.-23.06. Erlebnisfest der Sinne Großenhain August Familiensportfest Meißen 06.-08.09. Tag der Sachsen Riesa 13.09.-16.10. Interkulturelle Landkreisweit, Hauptorganisation Wochen mit 12 eigenen Veranstaltungen 01.11. Feuerzauber-Einkaufsnacht Großenhain 09.11. Informations- und Integrationsmesse Meißen

Weitere wichtige Instrumente in der Öffentlichkeitsarbeit:

Pressearchiv Publizierte Meldungen aus verschiedenen Medien zum Thema Zuwanderung im Landkreis Meißen Facebook-Account Information zu allen kommenden und vergangenen Veranstaltungen des IKZ Flyer zu den Bereichen FSA, Information zu Aufgaben und Angeboten der jeweiligen Ressorts; zudem Angabe von JMD, MBE, NOAH etc. Kontakt, Öffnungszeit und Lage (IKW 2019: 10.000 Flyer) Plakate Plakatmanagement in den Städten (IKW 2019: 110 Plakate) Poster Für die Bereiche FSA, JMD, MBE, AGH, NOAH, IKZ Veröffentlichungen/ Jahresbericht, Pressemitteilungen in Zeitungen/Amtsblättern/Kulturkalendern, Veranstal- Dokumentationen tungsdokumentation der IKW u.v.m. Website Information zum kompletten Beratungsangebot im Landkreis Meißen; außerdem Ankündigung und Dokumentation öffentlicher Veranstaltungen

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Anhang

Veröffentlichung in „Nächstenliebe leben. Klarheit zeigen. Handreichung zu Rechtspopulismus und Fremdenfeindlichkeit“ der Arbeitsgemeinschaft „Kirche für Demokratie und Menschenrechte“ 2019

Gerlinde Franke/Felix Kim Multikulti in der Einwanderungsgesellschaft? Ein Blick aus praxisorientierter und diakonischer Sicht.

Kultur ist das Vergnügen, die Welt zu verändern. Bertolt Brecht

Multikulti, so wie es bisher gelebt wurde, ist organisierte Verantwortungslosigkeit. Seyran Ates

I know that there are many ways/ To live there in the sun or shade Pet Shop Boys, Go West

Go East! Sachsen als Zuwanderungsgewinner Begriffe der Migration begegnen uns im Alltag überall. Zum Beispiel wenn wir uns bewegen, genauer: durch Räume. Wir öffnen und wir schließen dabei Türen, die trennendes wie auch verbindendes Ele- ment gleichermaßen sind. Kommt es zu einer Notsituation, sind Türen gar als Fluchtweg gekenn- zeichnet. Ähnlich dem Modell einer Tür, welche entweder gedrückt oder gezogen werden kann, unter- scheidet Franz Nuscheler bei der Erforschung von Wanderungsströmen zwischen push- und pull- Faktoren. Menschen weltweit werden u.a. durch Hungersnot, Krieg, Naturkatastrophen, repressive politische Systeme dazu gezwungen, ihr Heimatland zu verlassen (push). Faktoren wie wirtschaftliche Prosperität, etwa die Aussicht auf Arbeit oder mehr Lohn, oder einfach nur der Wunsch, geliebten Menschen nahe zu sein, können dahingegen anziehend wirken (pull). 1 Beiden Positionen liegt jeweils ein Bestreben zugrunde, das erfahrene Defizit ausgleichen zu wollen. Das Recht zur persönlichen Selbstverwirklichung2 stellt es jedem Menschen frei, dieser Sehn- sucht zu folgen und den einen Ort zu verlassen, um in einem anderen Ort zu leben. Im Kern dient Migration (lat. migrare: wandern, reisen) als Oberbegriff für all jene Bewegungen, bei denen der Le- bensmittelpunkt von Menschen an einen anderen Ort verlagert wird. Die Vereinten Nationen gehen einen Schritt weiter und definieren Migration als Aufenthalt in einem anderen als dem Herkunftsland von länger als einem Jahr.3 Migration ist nicht notwendigerweise eine Frage von Ländern, Grenzen, Kulturen oder Kontinenten. Zwar müssen ihre Ursachen und Auswirkungen in der Tat global betrach- tet werden, gelegentlich hilft aber auch ein etwas kleinerer, differenzierter Blick.

Sachsen ist ein auf mehreren Ebenen von Migration geprägtes Bundesland. 2017 sind laut Statisti- schem Bundesamt 38.803 Ausländer zugezogen (2016: 45.403). Zugleich sind 24.346 Ausländer wie- der ins Ausland gegangen (2016: 28.879). Interessant ist, dass zwischen 2016 und 2017 die Zahl Deutscher, welche ins Ausland gingen, abgenommen und die Zahl Deutscher, welche aus dem Aus- land nach Sachsen kamen, zugenommen hat (Zuzüge aus dem Ausland: 6.262 (2016: 4.901); Fortzü- ge nach dem Ausland: 9.426 (2016: 10.371)).4 Offensichtlich gibt es pull-Faktoren, die Sachsen anziehend machen für mehrere Gesell- schaftsgruppen. Dies bestätigt sich auch im Hinblick auf die Binnenmigration. Am 30. Januar 2019 gab das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung bekannt, dass, erstmals seit der Wiedervereini- gung, mehr Menschen aus den alten in die neuen Bundesländer gezogen sind als umgekehrt.5 Bis dahin waren etwa 1,2 Millionen Menschen aus dem Osten abgewandert. Zwar ist die Migration der 18-

1 Nuscheler spricht im Deutschen von Schub- und Sogfaktoren. Er hebt hervor, dass es Mischformen aus beiden gibt. Vgl. Nuscheler, Franz: Internationale Migration. Flucht und Asyl, S. 102f. 2 Im Sinne der Werte und Grundrechte (hier die Freiheit der Person §2, Abs. 1 GG), denen wir uns lt. Verfassung verschrieben haben. 3 Die Frage bleibt offen, wie Menschen dann zu bezeichnen sind, die kürzer als ein Jahr im Aufnahme- land leben. Am sichersten und am wenigsten diskriminierend ist es wahrscheinlich, von Menschen mit Migrationshintergrund zu sprechen. Vgl. Meier-Braun, Karl-Heinz: Die 101 wichtigsten Fragen. Ein- wanderung und Asyl, S. 33. 4 Vgl. Statistisches Bundesamt (Destatis): Wanderungen zwischen Deutschland und dem Ausland. 5 Ein Plus von 4.000 Personen. Berlin eingerechnet, sogar ein Plus von 13.000 Personen. Diakonie Riesa-Großenhain gGmbH - Migrationsberatung 40

29-Jährigen gen Westen immer noch etwas größer, doch für alle anderen sozialen Gruppen ergibt sich ein positiver Saldo. Die Richtung der Binnenmigration in Deutschland scheint sich im Wandel zu befinden. Und Sachsen zählt, neben und Mecklenburg-Vorpommern, zu den Zuwande- rungsgewinnern.6 Geert Mackenroth, seit 2014 Sachsens Ausländerbeauftragter, unterstreicht dies mit einigen sta- tistischen Bonbons zur internationalen Zuwanderung:

 Immer mehr ausländische Studenten sind an sächsischen Hochschulen immatrikuliert. Im Wintersemester 2017/18 waren es 16.747 Personen (15,3 Prozent aller Studenten).  Die Zahl ausländischer Ärzte steigt stetig. Ende 2017 waren 2.677 Mediziner aus 98 Nationen in Sachsen tätig (2016: 2.517 aus 94 Nationen).  Ende 2016 sind mehr als 180 Staatsangehörigkeiten in Sachsen vertreten. Die größte Gruppe bilden Syrer (11,4 Prozent) vor Polen (7,6 Prozent) und russischen Staatsbürgern (6 Prozent). Weitere Nationalitäten sind u.a. Afghanen, Vietnamesen, Rumänen, Iraker.7

Multikulturalismus und Integration Vor dem Hintergrund so vieler Menschen verschiedener Herkunft, die nicht nur ihre Traditionen und Werte mit nach Deutschland gebracht, sondern auch Eingang in die Strukturen unseres Systems ge- funden haben, ließe sich zweifelsfrei von Multikulti sprechen. Und doch handelt es sich dabei um mehr als das Nebeneinander unterschiedlicher Kulturen. Klingt es zunächst nach dem hippen Lebensgefühl einer jungen, bunten Generation, ist die Vorstellung davon bisweilen auch negativ konnotiert: als Kampfbegriff für einen politisch nicht regulier- ten Raum, in dem, durch ein zu hohes Maß an Toleranz, Parallelgesellschaften und eine zunehmende Spaltung der Gesellschaft entstehen können. In diesem Zusammenhang werden oft Berlin-Neukölln, die Eisenbahnstraße in oder andere Städte und Stadtbezirke genannt, wo ein hoher Anteil an zugewanderten Menschen lebt. Diese sind dann sozialer Schwer- oder Brennpunkt. Bewohner sind oft nicht sprachfähig und haben Probleme in der Schule. Daraus resultieren eine schlechte Berufsper- spektive und damit ein Nicht-Ankommen in der Mehrheitsgesellschaft (prognostiziert). Assimilation (lat. assimilatio: Ähnlichmachung) bzw. Integration (lat. integratio: Wiederherstel- lung eines Ganzen) können als Gegenmodelle verstanden werden, da sie versuchen, zuvor selbstän- dige Größen zu einer Einheit (Kulturnation) zusammenzufügen.8 Der Sachsen-Monitor 2018 dokumen- tiert, dass große Teile der Bevölkerung den Verlust deutscher Kultur und Eigenart befürchten. Auch spielt die Schere zwischen Arm und Reich innerhalb wie außerhalb Sachsens eine zentrale Rolle.9 Daraus lässt sich schlussfolgern, dass viele Menschen eher Assimilation statt Integration wünschen, insbesondere die Anpassung der Ausländer an das deutsche Leitbild und den ökonomischen An- schluss von Ost- an Westdeutschland.10 Sachsen hat mit 171.631 Ausländern zum Jahresende 2016 (4,2 Prozent der Gesamtbevölkerung (4,08 Millionen)) einen vergleichsweise geringen Ausländeranteil.11 Dennoch sind Ressentiments stark verbreitet und weithin akzeptiert. Die oft feindselige Haltung der Bevölkerung gegenüber Einwande- rern schlägt sich in einem abwehrenden, ignoranten Verhalten nieder. Jeder Zweite (56 Prozent) ist der Meinung, Deutschland sei in einem gefährlichen Maße überfremdet, allerdings kann nur jeder Fünfte (21 Prozent) eben dies für sein direktes Umfeld bestätigen.12 Offenbar ist gruppenbezogene Fremdenfeindlichkeit also eher ein Ergebnis pauschaler Annahmen statt persönlicher Erfahrungen. Dies ist umso bedauerlicher, da – nach unserem Verständnis – Kultur stets aus der zwischenmensch- lichen Begegnung heraus und damit immer wieder neu entsteht. So gesehen gibt es eben gerade nicht diese eine Kultur.

6 Es handelt sich um einen Durchschnitt für die neuen Bundesländer. Daher ergeben sich qualitative Unterschiede. Nicht jedes dieser Bundesländer verzeichnet eine Positivbilanz. Vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung: Go East. Erstmals mehr Umzüge von Westdeutschland in die ostdeutschen Flächenländer. 7 Vgl. Der Sächsische Ausländerbeauftragte: Statistiken. 8 Vgl. Schmidt, Manfred G.: Wörterbuch zur Politik, S. 322f. 9 Vgl. Staatsregierung Sachsen: Sachsen-Monitor 2018. 10 Petra Köpping, seit 2014 Sächsische Staatsministerin für Gleichstellung und Integration, veröffent- licht 2018 ein Buch mit dem Titel Integriert doch erstmal uns! – Eine Streitschrift für den Osten. 11 Sachsen liegt im bundesdeutschen Vergleich auf Platz 13, hinter Sachsen-Anhalt (4,4 Prozent) und vor Thüringen (4,1 Prozent). Vgl. Bundeszentrale für Politische Bildung: Ausländische Bevölkerung nach Bundesländern. 12 Vgl. Staatsregierung Sachsen: Sachsen-Monitor 2018. Diakonie Riesa-Großenhain gGmbH - Migrationsberatung 41

Vor diesem Hintergrund suchen wir, als Sozialpädagogen in der Migrationsberatung, zu allererst nach dem uns Verbindenden. Die dreistufige Kulturpyramide nach Geert Hofstede war diesbezüglich bisher am förderlichsten.13 Die erste Stufe beinhaltet Grundlagen/Grundbedürfnisse, zum Beispiel Vererbtes, Hunger, Durst, der Wunsch nach Wärme usw. Die zweite Stufe bezeichnet, was als Spezifisches in der Gruppe bzw. im Land erlernt und als allgemein gültig angesehen wird. Die dritte Stufe ist die der individuellen Persönlichkeit, in welcher alle erlernten Muster und Mechanismen in Handlung und Ver- halten sichtbar werden. Exakt hier wird durch die einheimische Bevölkerung die größte Differenz wahrgenommen. Liest man den Begriff Einwanderungsgesellschaft nach, so bezieht er sich konkret auf das Zu- sammenleben und die Interaktion von Menschen, welche einerseits schon in dem Land leben und andererseits von Menschen, welche aus einem anderen Land hinzugekommen sind und dauerhaft bleiben wollen.14 Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich unser Handeln als Beratungsstelle im diakonischen Kontext mit Migranten. Die Realität unterscheidet sich jedoch erheblich von unseren Erwartungen und Ansprüchen, wie sie in biblischen Texten formuliert werden:

Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken. Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland. Ich bin der HERR, euer Gott. 3. Mose 19, 33-34

Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen. Matthäus 25, 35

Die zwei zitierten Bibelverse wie auch die Definition von Einwanderungsgesellschaft gehen jeweils davon aus, dass Migranten wertschätzend aufgenommen und mit dem für sie Wichtigsten ausgestat- tet werden. Dazu gehört nicht zuletzt die Interaktion zwischen Aufgenommenen und Aufnehmenden.

Erfahrung aus 25 Jahren Migrationsberatung Wie sieht es aber tatsächlich in unserem Umfeld aus? Bei der Ankunft in Deutschland werden Men- schen sofort in rechtliche Kategorien eingeteilt: in Asylsuchender und Asylbewerber, in Flüchtling, anerkannter Flüchtling, Kontingentflüchtling, Geduldeter, EU-Bürger, ausländischer Ehegatte u.v.m. Das Ausländergesetz nimmt weitere Differenzierungen vor und leitet aus ihnen entsprechende Zuge- ständnisse in Form von Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen ab. Dabei geht es stets um die Durch- setzung von Recht und Ordnung im weitesten Sinn. Nicht aber um Berücksichtigung von Wünschen, Hoffnungen und Zielsetzungen, die jeder einzelne für das Leben in Deutschland mitgebracht hat. Von einer solchen Motivation und Ressourcenvielfalt kann auch das Aufnahmeland grundsätzlich profitie- ren. Wenn wir Statistiken und die fortschreitende Globalisierung unserer Welt in Betracht ziehen, werden sich politisch Verantwortliche zeitnah intensiver mit den Themen Einwanderung bzw. Einwan- derungsgesellschaft auseinandersetzen müssen.

Hier können wir Christen, aus unserem Glauben heraus, mit dem Liebesgebot in der Gesellschaft beitragen. Das bedeutet Schutz des Fremden und Liebe zum Fremden. Das Gastrecht ist in der alttes- tamentlichen Theologie verwurzelt. Mit wie viel Offenheit begegnen wir Christen Fremden? Und regelt diese Offenheit alle Fragen und Probleme im alltäglichen Zusammenleben? Grundsätzlich nein. Denn neben diesen Aspekten geht es auch darum, ein Miteinander im sozialen Zusammenleben zu schaf- fen und zu gestalten. Dies fängt im kleinen Rahmen der Familie an und streckt sich über alle gesell- schaftlichen Bereiche wie Schule, Arbeit, Sport, Freizeit etc. Es genügt nicht, nur nebeneinander und in friedlicher Koexistenz zu leben. Vielmehr geht es um die Interaktion in Liebe, um Achtung und um gegenseitigen Respekt. Es gilt zu klären, welche Grundrechte, Regeln und Werte der Mehrheitsgesellschaft bisher gedient haben und daher weiterhin wichtig sind. In Deutschland bildet das Grundgesetz das Regelwerk sozialen Zusammenlebens. Gleichzeitig ist es notwendig, Menschen, die für eine gewisse Zeit oder für immer in unserem Land leben, einzubeziehen, ihnen auf Augenhöhe zu begegnen und ihre Interessen zu erfragen. An diesem Punkt kann eine beidseitige Entwicklung einsetzen und ein persönlicher Mehrwert, der dann gleichzei- tig in einen gesellschaftlichen Mehrwert einfließt, entstehen.

13 Vgl. Hofstede, Geert: Kulturdimensionen. 14 Vgl. Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration: Was ist deutsch im Jahr 2016 – die Vermessung der Einwanderungsgesellschaft. Diakonie Riesa-Großenhain gGmbH - Migrationsberatung 42

Wir denken hierbei exemplarisch an den hohen Stellenwert der Familie und die Wertschät- zung der älteren Generation durch jüngere Menschen im östlichen, vor allem aber auch im arabischen Kulturraum. Könnte dies nicht eine Lücke schließen und daher Antwort sein auf ein Problem, das alle Teile der Gesellschaft betrifft? Der demografische Wandel; die Überlastung in der Seniorenpflege (ambulant wie stationär); überforderte Kinder, für die der Spagat zwischen eigener Familie, Job und Elternfürsorge nicht machbar ist etc. Oft steht ein Mangel an Zeit dahinter, nicht selten aber auch ein Mangel an Wertschätzung und Respekt vor einer Lebensleistung. Ist denn der Gedanke, Zuwanderer, mit den erwähnten Werten und Traditionen, könnten hier für einen Ausgleich sorgen, so abwegig?

Um das Bild vom Anfang abschließend noch einmal aufzugreifen: Es liegt an uns zu entscheiden, ob wir die Tür, auf welcher Migration geschrieben steht, öffnen oder schließen wollen. Veränderung bzw. Anpassung muss auf beiden Seiten geschehen. Dies setzt Begegnung auf Augenhöhe und in (Nächs- ten-) Liebe voraus. Als Christen können wir hier Wegbereiter sein. Zentrale Elemente für ein friedli- ches und konstruktives Miteinander sind aus unserer Sicht die Verständigung auf Regeln und Werte und eine Aufgabe, die wir gemeinsam verfolgen.

Zu den Autoren Gerlinde Franke, Dipl.-Sozialpädagogin, Supervisorin, seit 25 Jahren Einrichtungsleiterin der Migrati- onsberatung, Diakonie Riesa-Großenhain gGmbH Felix Kim, M.A. Politikwissenschaft, Mitarbeiter der Migrationsberatung, Diakonie Riesa-Großenhain gGmbH

Quellenangabe Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung: Go East. Erstmals mehr Umzüge von Westdeutschland in die ostdeutschen Flächenländer, in: https://www.bib.bund.de/DE/Service/Presse/2019/pdf/2019-01- Go-East-Erstmals-mehr-Umzuege-von-Westdeutschland-in-die-ostdeutschen- Flaechenlaender.pdf?__blob=publicationFile&v=3 am 31. Januar 2019.

Bundeszentrale für Politische Bildung: Ausländische Bevölkerung nach Bundesländern. In: http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in- deutschland/61625/auslaendische-bevoelkerung-nach-bundeslaendern am 31. Januar 2019.

Der Sächsische Ausländerbeauftragte: Statistiken. In: https://sab.landtag.sachsen.de/de/service/statistiken/statistiken-6757.cshtml am 31. Januar 2019.

Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration: Was ist deutsch im Jahr 2016 – die Vermessung der Einwanderungsgesellschaft. In: https://www.integrationsbeauftragte.de/ib-de/-was-ist-deutsch-im-jahr-2016-die-vermessung-der- einwanderungsgesellschaft--744664 am 31. Januar 2019.

Hofstede, Geert: Kulturdimensionen. In: https://www.ikud.de/glossar/kulturdimensionen-geert- hofstede.html am 31. Januar 2019.

Meier-Braun, Karl-Heinz: Die 101 wichtigsten Fragen. Einwanderung und Asyl, München 2015.

Nuscheler, Franz: Internationale Migration. Flucht und Asyl, 2. Aufl., Wiesbaden 2004.

Schmidt, Manfred G.: Wörterbuch zur Politik, Stuttgart 2004.

Staatsregierung Sachsen: Sachsen-Monitor 2018. In: https://www.staatsregierung.sachsen.de/sachsen-monitor-2018-5616.html am 31. Januar 2019.

Statistisches Bundesamt (Destatis): Wanderungen zwischen Deutschland und dem Ausland. In: https://www-genesis.destatis.de/genesis/online/link/tabellen/12711* am 31. Januar 2019.

Diakonie Riesa-Großenhain gGmbH - Migrationsberatung 43 Mit ausdrücklichem Dank an unsere

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