1 Der Sturm (1952)
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DER STURM (1952) Ein Zauber-Lustspiel von WILLIAM SHAKESPEARE Nach der Übersetzung von W. A. Schlegel, eingerichtet und in Musik gesetzt von Frank Martin (1890-1974) PERSONEN: Heißa, Kinder ! Lustig, lustig, Kinder ! Frisch daran ! ALONSO, König von Neapel .................................. Baß Zieht das Bramsegel ein ! Paßt auf des Patrons Pfeife ! — SEBASTIAN, sein Bruder ....................................... Baß Ei so blase, daß du bersten möchtest, wenn Platz genug... PROSPERO, der rechtmäßige Herzog von (Alonso, Antonio, Sebastian, Gonzalo und andere kommen Mailand ...................................................... Bariton aus der Kajüte.) ANTONIO, sein Bruder, der unrechtmäßige ALONSO (königlich, aber wohlwollend, und spürbar vom Herzog von Mailand ....................................... Tenor Wanken des Schiffes beeindruckt) FERDINAND, Sohn des Königs von Neapel… Tenor Guter Bootsmann, trage Sorge ! Wo ist der Patron ? GONZALO, ein ehrlicher, alter Rat des BOOTSMANN (anständig) Königs .................................................. Baß -Bariton Ich bitte Euch, bleibt unten. ADRIAN, Herr vom Hofe ........................................ Tenor ANTONIO (scharf) GALIBAN, ein wilder und mißgestalter Wo ist der Patron, Bootsmann ? Sklave ............................................................ Baß BOOTSMANN (schon böse) TRINCULO, ein Spaßmacher .................................. Tenor Hört Ihr ihn nicht ? Ihr seid uns im Wege ; bleibt in der STEPHANO, ein betrunkener Kellner……….. Bariton Kajüte. BOOTSMANN ........................................... Hoher Bariton Ihr steht dem Sturme bei. MIRANDA, Tochter des Prospero ........................... Sopran GONZALO (immer gutmütig) ARIEL, ein Luftgeist*) ............................................ Tanzer Freund, seid doch ruhig. IRIS ┐ CERES │ BOOTSMANN Wenn‘s die See ist. Fort ! Was fragen diese Brause-winde JUNO > Geister………………. Ballett-Gruppe nach dem Namen König ? NYMPHEN │ (wütend) SCHNITTER ┘ In die Kajüte ! Still ! stört uns nicht ! Andere dem Prospero dienende Geister EIN SCHIFFSPATRON .......................................... Sprecher GONZALO MATROSEN .................................................... Männerchor Gut, aber bedenk‘, wen du an Bord hast. BOOTSMANN Die Szene ist anfänglich die See mit einem Schiff, nachher eine Niemand, den ich lieber hatte als mich selbst. Dankt Gott, unbewohnte Insel. daß Ihr so lange gelebt habt, und bereitet Euch in der * Der Luftgeist Ariel wird von einem Tanzer dargestellt, seine Kajüte auf Euer Stündlein, wenn es schlagen sollte. Worte werden von einem Kammerchor hinter der Szene Heißa ! Kinder ! Lustig, liebe Kinder ! — gesungen. (sehr laut geschrien) aus dem Wege, sag‘ ich ! (Bootsmann ab) I. AUFZUG GONZALO (mit unerschütterlicher Komik) Der Kerl gereicht mir zu großem Trost ; mich dünkt, er I. AUFTRITT sieht nicht nach dem Ersaufen aus : er hat ein echtes Galgengesicht. Gutes Schicksal, bestehe drauf, ihn zu IN EINEM SCHIFFE AUF DER SEE hängen ! Ein Ungewitter mit Donner und Blitz. Ein Schiffspatron und ein (Die Herren ziehen sich in die Kajüte zurück. Das Wetter Bootsmann auf dem Verdeck ; sie schütteln sich den Regen ab. wird noch schlimmer.) SCHIFFSPATRON GONZALO (steckt nur den Kopf heraus) Bootsmann ! Wenn er nicht zum Hängen geboren ist, so steht es BOOTSMANN kläglich mit uns. Hier, Patron ! Wie geht’s ? (Der Bootsmann kommt wieder.) SCHIFFSPATRON BOOTSMANN Gut. Sprecht mit den Matrosen ! Greift frisch an, oder wir Herunter mit der Bramstange ! Frisch ! Tiefer ! tiefer ! treiben auf den Strand. Rührt euch ! rührt euch ! (In der Kajüte ein Schrei.) (Schiffspatron ab) Hol‘ der Henker das Heulen ! Sie überschreien das Unge- (Matrosen kommen in durchnäßten Kleidern.) witter und unsere Verrichtungen! (Antonio, Sebastian und Gonzalo kommen zurück.) BOOTSMANN BOOTSMANN Doch wieder da ? Habt ihr Lust, zu sinken ? 1 SEBASTIAN (fast weinend) Die Pest fahr‘ Euch in den Hals, bellender, gottesläster- In Stücke ganz zerschmettert ! O, der Schrei licher Hund, der Ihr seid ! Ging mir ans Herz ! Die Armen, sie versanken ! BOOTSMANN (sich sehr hoch aufrichtend und mit der ganzen Über- Arbeitet ihr denn ? legenheit ihrer 15 Jahre) ANTONIO Wär‘ ich ein Gott der Macht gewesen, lieber An den Galgen, du Hund ! Hätt‘ ich die See versenket in den Grund, Eh‘ sie das gute Schiff verschlingen durfte GONZALO Er wird schon hangen. (weinend) Samt allen Seelen drinnen. BOOTSMANN Setzt zwei Segel auf ! wieder in See ! legt ein ! (Matrosen PROSPERO in durchnäßten Kleidern kommen.) Fasse dich ! Kein Leid geschah. MATROSEN Wir sind verloren ! betet ! sind verloren ! MIRANDA BOOTSMANN O Tag des Wehs ! Was ? müssen wir ins kalte Bad ? PROSPERO GONZALO Kein Leid. Der Prinz und König beten : tun wir‘s auch. Wir sind im Ich tat nichts als aus Sorge nur für dich, gleichen Fall. Für dich, mein Teuerstes, dich, meine Tochter, Die unbekannt ist mit sich selbst, nicht wissend, SEBASTIAN Woher ich bin, und daß ich viel was Höhers Ich bin ganz wütend. Als Prospero, Herr einer armen Zelle, (lächelnd) ANTONIO Der weitgemaulte Schurk' ! — Lägst du ersaufend ! Und dein nicht größrer Vater. GONZALO MIRANDA (sehr einfach) Er wird doch hängen ! Mehr zu wissen Geriet mir niemals in den Sinn. (Antonio und Sebastian ab.) PROSPERO (lm Schiffsraum) ‘s ist Zeit, ANTONIO Dir mehr zu offenbaren. Leih die Hand Und nimm den Zaubermantel von mir. Wir scheitern ! (Er legt den Mantel nieder.) SEBASTIAN So ! Wir scheitern ! Da lieg nun, meine Kunst ! — MATROSEN Die Stund‘ ist da. Horch‘ und merke ! Wir scheitern ! (Beide setzen sich.) ALONSO (Dieser ganze Dialog muß in schnellem Tempo ausgeführt Gott sei uns gnädig ! werden.) (Ein verworrener Lärm im Schiffsraum.) Kannst du dich einer Zeit MATROSEN Erinnern, eh‘ zu dieser Zell‘ wir kamen ? Lebt wohl, Weib und Kinder ! Kaum glaub‘ ich, daß du‘s kannst : denn damals warst du Noch nicht drei Jahr‘ alt. GONZALO (abwechselnd gepackt von Angst und Seekrankheit, führt fort zu scherzen) MIRANDA Der Wille droben geschehe, aber ich stürbe gern eines Allerdings, ich kann‘s. trocknen Todes ! PROSPERO (Ab.) Woran ? An andre Häuser, andre Menschen ? MIRANDA II. AUFTRITT ‘s ist weit weg, Und eher wie ein Traum als wie Gewißheit, DIE BEZAUBERTE INSEL, VOR PROSPEROS ZELLE Die mein Gedächtnis aussagt. Hätt‘ ich nicht Vier bis fünf Frauen einst zu meiner Wartung ? Prospero und Miranda treten auf. PROSPERO MIRANDA Die hattst du — mehr, Miranda: doch wie kommt‘s, Wenn Eure Kunst, mein liebster Vater, so Die wilden Wasser toben hieß, so stillt sie ! Daß dies im Geist dir lebt ? Der Himmel, scheint es, würde Schwefel regnen, Zwölf Jahr‘, Miranda, sind es her, zwölf Jahre, Wenn nicht die See, zur Himmelsfeste steigend, Da war dein Vater Mailands Herzog und Das Feu‘r dort löschte. O, ich litt mit ihnen, Ein mächt‘ger Fürst. Die ich so leiden sah : ein wackres Schiff, MIRANDA Das sicher herrliche Geschöpfe trug, 2 Seid Ihr denn nicht mein Vater ? Aus Furcht geräumt : da luden sie uns aus, Zu weinen ins PROSPERO (lächelnd) Gebrüll der See. Deine Mutter, die ein Tugendbild, sie sagte, MIRANDA Du seiest meine Tochter, und dein Vater Ach, welche Not (feierlicher) Mußt‘ ich Euch damals machen ! War Mailands Herzog ; du die einz‘ge Erbin, Prinzessin, nichts Geringers. PROSPERO Nein, ein Cherub MIRANDA Warst du, der mich erhielt ! Lieber Himmel ! Welch böser Streich, daß wir von dannen mußten ! MIRANDA Wie? oder war‘s zum Glücke? Wie kamen wir an Land ? PROSPERO PROSPERO Beides, Liebe ! Durch Gottes Lenkung. Mein Bruder und dein Oheim (daß ein Bruder Wir hatten etwas Speis‘ und frisches Wasser, So treulos sein kann !), er, den ich nächst dir Das uns ein edler Neapolitaner, Vor aller Welt geliebt, dem ich die Führung Gonzalo, aus Mitleid gab, nebst reichen Kleidern. Des Landes anvertraut, das zu der Zeit Da ihm bekannt, ich liebe meine Bücher, Die Krone aller Herzogtümer war, Gab er mir Bänd‘ aus meinem Büchersaal, Wie Prospero der Fürsten; dafür galt er Mehr wert mir als mein Herzogtum. Der Würde nach, und in den freien Künsten Ganz ohnegleichen: dieser nur beflissen, MIRANDA Warf ich das Regiment auf meinen Bruder O könnt‘ ich Und wurde meinem Lande fremd, verzückt Den Mann je sehen ! Und hingerissen in geheimes Forschen. PROSPERO Doch du hörst nicht. Jetzt erheb‘ ich mich. — MIRANDA Sitz‘ still und hör‘ das Ende unsrer Seenot ! O lieber Herr, ich tu‘s. Zu diesem Eiland kamen wir, und hier Hab‘ ich, dein Meister, weiter dich gebracht, PROSPERO Als andre Fürsten können. Daß nun ich so mein zeitlich Teil versäumte, Der Still‘ ergeben, mein Gemüt zu bessern, MIRANDA Bemüht mit dem, was, war‘s nicht so geheim, Der Himmel lohn‘ Euch das ! Des Volkes Schätzung überstieg‘, dies weckte (zögernd) In meinem falschen Bruder bösen Trieb. Und nun, ich bitt‘ Euch, (entschiedener) warum Erregtet Er nun, er glaub‘, er sei der Herzog selbst. Ihr den Sturm ? Mich armen Mann, für weltlich Regiment PROSPERO Halt er mich ungeschickt ; verbündet sich So viel noch wisse : (So lechzt‘ er nach Gewalt) mit Napels König, Durch seltne Schickung hat die Glücksgöttin, Tribut zu zahlen, Huldigung zu tun, Jetzt mir gewogne Herrin, meine Feinde Sein freies Herzogtum — ach, armes Mailand ! — Zu schnödem Dienst zu beugen. An diesen Strand gebracht ; mir zeigt die Kunde Der Zukunft an, es hänge mein Zenith MIRANDA An einem günst‘gen Stern : versäum ich‘s jetzt Guter Himmel ! Und buhl‘ um dessen Einfluß nicht, so richtet Mein Glück sich nie mehr auf. — Hier laß dein Fragen ! PROSPERO Dich schläfert : diese Müdigkeit ist gut, Der König Napels, mein geschworner Feind, Und gib ihr nach. —