Die Ostschweizer Talschaft Toggenburg Erstreckt Sich
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Die Ostschweizer Talschaft Toggenburg erstreckt sich nordwärts der Thur bis zu den höchsten Gipfeln des Alpstein und im Süden bis zur markanten Gipfelkette der Churfirsten. Im überschaubaren Raum dazwischen findet man familienfreundliche Bergwanderungen – von leicht bis anspruchsvoll. e Von GeorG HoHenester Über sieben Berge... er bei klarer Sicht vom westlichen Boden- das grüne Obertoggenburg mit seinen Alpwei- see nach Süden blickt, wird zunächst den den und Streusiedlungen getrennt. Nordwärts mächtigen Säntis bewundern, der sich über reicht dieses Hochtal bis zum Kulminations- Wden Vorbergen des St. Gallener Landes punkt der Ostschweiz, dem 2502 Meter hohen auf Schweizer Seeseite aufbaut. Gleich rechts Säntisgipfel, südlich der Talsohle geht es hinauf davon fallen sieben Zacken ins Auge, die sich zur Kette der Churfirsten: Selun, Frümsel, Bri- gleich einem Sägeblatt vom Horizont abheben si, Zuestollen, Schibenstoll, Hinterrugg, Chä- – die Churfirsten. Was aus der Entfernung mit serrugg, von West nach Ost. dem Säntismassiv zu einer einzigen Bergkette Kaum eine Stunde Fahrzeit vom „Schwä- Fotos: Georg Hohenester Georg Fotos: verschmolzen scheint, ist in Wirklichkeit durch bischen Meer“ entfernt, den Kanton Thurgau Toggenburg Unterwegs Über sieben Berge... durchquerend und der Thur flussaufwärts fol- gepflegten Wanderwegenetz, das in den letzten Beim frühmorgend- gend, sind die drei Obertoggenburger Orte Alt Jahren entlang des Toggenburger Höhenweges lichen Aufstieg von St. Johann, Unterwasser und Wildhaus erreicht. zwischen Selun und Chäserrugg um einfalls- Laui zum Rotstein- Im Winter steht die Region für anregende Ski- reiche Themenwege erweitert wurde. Letztere pass strahlen die tage auf den schneesicheren Pisten um Chäser- versprechen auch Familien mit kleineren Kin- Churfirsten im rugg und Hinterrugg. Im Frühjahr locken Ski- dern abwechslungsreiche Erlebnisse und sind ersten Sonnenlicht. varianten im Säntisgebiet sowie einige Skitouren dank Seilbahnhilfe entsprechend flexibel zu er- auf der Churfirsten-Seite, wie auf den Selun wandern. Nicht umsonst wurde die Region vom (leicht) oder den Brisi (anspruchsvoll). Und im Schweizerischen Tourismusverband mit dem Sommer glänzt das Obertoggenburg mit einem Qualitätsgütesiegel „Familien willkommen“ Viele Bauernhäuser werden im Toggen- burg nach traditi- oneller Weise mit Schindeln verkleidet; auf dem Sagenweg oberhalb Alt St. Jo- hann taucht man in die Geschichten der Region ein. Der Aufstieg zum Chäserrugg führt über einen nicht ganz einfachen Bergwanderweg – der Blick zum Säntisgipfel ist in- klusive. Graubünden Schweiz Über dem grünen Hochtal des Ober- toggenburg erhebt sich der Wildhauser Schafberg in schö- ner Pyramidenform (l.); mit 2502 Me- tern ist der Säntis der höchste Gipfel der Ostschweiz. Vom Toggenburg aus ist er auf zwei Routen zu ersteigen (r.). 46 DAV Panorama 4/2006 Toggenburg Unterwegs Naturklänge & Sagenwelten Auf dem Abschnitt des Toggenburger Höhenwegs zwischen Wildhaus und Alt. St. Johann bieten familienfreundliche Themenwege viel Spaß. ausgezeichnet. Zudem blickt die Region um baum, oder von Felsentönen, die man einem in die Churfirsten auf eine interessante Geschich- den Stein gebohrten „Felsen-Digeridoo“ entlo- te zurück, in die näher einzutauchen sich lohnt. cken kann. Groß und klein werden auch gerne Hierzu sei auf das kürzlich erschienene äußerst am „Zugspecht“ knien, der selbst feinste Töne informative Buch „Churfirsten. Über die sieben durch einen langen Baumstamm transportiert, Berge“ verwiesen, in dem Emil Zopfi Beiträge oder am „Horchplatz“ eine Pause einlegen, um zur Geschichte, Geologie, Kultur, Erschließung den Flora- und Fauna-Klängen der Umgebung und Klettergeschichte zusammengetragen und zu lauschen. jedem der sieben Berge ein eigenes Kapitel ge- Ein, zwei oder drei Stunden auf dem Klang- widmet hat (siehe Infokasten). weg sind schnell verbracht, zumal wenn man sich zum Experimentieren und Spielen mit Ge- Der Klangweg zwischen KlangWelt Toggenburg räuschen, Klängen und auch der eigenen Stim- Sellamatt und Wildhaus Im Toggenburg lebt traditionelle neben moder- me animieren lässt. Künftig wird man dann in fordert nicht nur Kinder ner Kultur. Das Projekt KlangWelt Toggenburg der Natur viele verschiedene und neue „Ins- zum Mitmachen und Aus- etwa sorgt für ein alljährlich neu aufgelegtes trumente“ entdecken können. Die Etappe zwi- probieren auf. umfangreiches Gesangs- und Musik-Programm, schen Sellamatt und Iltios (jeweils mit Seilbahn dessen breites Spektrum sich an Laien, Be- erreichbar) wurde behindertengerecht angelegt rufs- und Hobbymusiker, Wissensdurstige und und ist auch mit Rollstuhl befahrbar. Genießer gleichermaßen richtet. Musik- und Gesangsformen des Alpenraumes wie aus aller Zwischen Sellamatt und Welt treffen hier aufeinander, ergänzen sich, Wildenmannlisloch bereichern sich, experimentieren miteinander, Die Alp Sellamatt ist auch Ausgangspunkt für wobei der besondere Reiz der „Klang-Events“ den Toggenburger Sagenweg, der sich entlang vor allem in der Betonung einer ursprünglichen der Alpterrassen zu Füßen von Schibenstoll, Naturtönigkeit liegt. Zuestoll, Brisi und Frümsel in einer großen Als „Ableger“ der KlangWelt ist auch der Runde zunächst nach Westen bis unterhalb des Klangweg entstanden, der bislang den Teil Selun zieht, um dann – etwas höher gelegen B des Toggenburger Höhenwegs zwischen der – in entgegengesetzter Richtung wieder zum od en Alp Sellamatt oberhalb Alt St. Johann über Ausgangspunkt zurückzuführen. Zehn Stati- see die Bergstation Iltios bis zu den Schwendi- onen berichten auf der vier bis fünfstündigen T seen oberhalb Unterwasser nutzt und entlang Wanderung über abenteuerliche Sagen, mys- ogg des Weges 14 verschiedene Klangskulpturen tische Legenden und fantastische Geschichten en bu erleben lässt. Seit 2004 sind zwei Etappen aus dem Toggenburg, eine abkürzende Abzwei- rg als erster Abschnitt entstanden und bis 2007 gung bei Tafel drei bringt in etwa drei Stun- sollen zwei weitere Etappen mit neuen Klang- den zur Sellamatt zurück. Auf großen bunt objekten von verschiedenen Musikern, In- bemalten Holztafeln kann man jeweils die Sa- strumentenbauern und -erfindern folgen. Die ge nachlesen und die eindrücklichsten Sagenfi- reizvolle Panoramawanderung unterhalb der guren bewundern - einige besonders gruselige Graubünden Churfirsten mit stetem Blick auf den gegen- Gestalten fordern mutige Kids auf, ihren Kopf überliegenden Alpsteinstock mit dem beherr- für ein Erinnerungsfoto in entsprechende Aus- schenden Säntisgipfel lässt sich verknüpfen mit sparungen zu stecken. dem Erlauschen von ungewohnten Tönen und Gestartet wird mit der ersten Sage über die Klängen aus fantasievollen „Naturinstrumen- Entstehung des Toggenburg bei der Bergstati- Fotos: Georg Hohenester (4), Friedrich Stettmayer (2) Stettmayer (4), Hohenester Georg Friedrich Fotos: ten“ wie etwa der Klangmühle, dem Klang- on des Sessellifts Sellamatt. Auf der Strecke des DAV Panorama 4/2006 47 Idylle unter dem Schweizer Kreuz: Im Sommer werden die Alpweiden in- tensiv genutzt. Über dem Hoch- plateau südlich der Obertoggenburger Talsohle ragen die Zacken der Churfirsten empor – hier Zuestoll, Brisi, Frümsel und Selun (v.l.n.r.); der Aufstieg zum Sockel des Brisi führt zuletzt durch wildromantischen Bergwald (M. o.). Bei drohendem Wetterumschwung sollte man den Ausflug zum Brisi rechtzeitig beenden – bei Nässe wird der grasbewachsene Rücken schnell schmierig und rutschig (l.); vom Rotsteinpass ist der Säntis über den ge- sicherten Lisengrat zu erreichen (r.). 48 DAV Panorama 4/2006 Toggenburg Unterwegs Sieben an der Zahl Als eigenwillige Berggestalten stehen die sieben Churfirsten über dem Toggenburg; allesamt sind sie für gewandte Bergwanderer zu besteigen. Toggenburger Höhenwegs geht‘s weiter zum denen sich stolz die Gipfel der Churfirsten gen Mittelstofel mit seinem „Berggeist“. Am Thur- Himmel strecken. talstofel wartet das „Fetzfräuli“ auf Besucher, am Steinhüttli „die Warnung“ an eine schöne Auf den Brisi Bauerstochter. Schließlich ist am Strichboden Eine Etage über dem Toggenburger Höhen- nahe des Wildenmannlisloches die Sage von weg kommen auch routinierte Bergwanderer den „wilden Mannli“ erreicht und eine längere und Gipfelstürmer auf ihre Kosten, wenn sie Pause angesagt, um die prähistorische Höhle den sieben Churfirsten-Gipfeln auf den Leib etwas genauer zu erforschen – bis zu 150 Meter rücken. Die sind alle zwischen 2200 und tief ist das möglich. Hier, auf immerhin 1640 2300 Meter hoch, der Hinterrugg als Höchs- Meter Höhe, wurden menschliche Spuren aus ter erreicht ganze 2306 Meter. Das sind zwar Eine Vielzahl von Wan- der Altsteinzeit gefunden: Höhlenbärenkno- wahrlich keine hochalpinen Gipfelhöhen, aber derwegen unterschied- chen, ortsfremde Steine und Kohlenreste deu- allemal genug, um einen ausgefüllten Bergwan- licher Anforderungen ten darauf hin, dass die Höhle vor der letzten dertag zu garantieren. Und nicht alle sieben stehen im Toggenburg Eiszeit von den Vorfahren der Toggenburger als sind leicht zu ersteigen, schon gleich gar nicht zur Verfügung. Refugium genutzt worden sein muss. 1844 üb- „auf einen Streich“. Dieses bergsportliche Vor- rigens fanden Sennen hier ein weiteres „wildes haben reizt immer wieder extreme Bergläufer: Mannli“, den Johannes Seluner – vermutlich für die kürzest mögliche Variante dieser Tour ein ausgesetztes Findelkind, dessen geheim- stehen immerhin 2500 Höhenmeter auf dem nisvolle Herkunft nie geklärt werden konnte Programm und zehn bis zwölf Stunden Geh- und das Zeit seines Lebens nie richtig