Zur Tal- Und Reliefgeschichte Des Churfirsten-Alvier-Gebietes (Kanton St
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Geographica Helvetica 1987 - Nr. 2 Rene Hantke Zur Tal- und Reliefgeschichte des Churfirsten-Alvier-Gebietes (Kanton St. Gallen) Abstract: zer 1907K) haben die beiden (19I7K) auch das Al¬ vier-Gebiet geologisch aufgenommen. The valley and relief history of the Churfirsten-Alvier ränge In (Ct. St. Gallen): neuerer Zeit haben thierstein (1969). briegel Valley formation in the Churfirsten-Alvier ränge, between the (1972). diegel( 1973). jüngst ouwehand (in follmi Linth and Rhine rivers. began at the end of the Miocene with & ouwehand. 1987) und greber(1987) die biostra- the tectonic history of the Helvetic nappes. In early stages. tigraphisch-faziellen Ergebnisse von ganz (1910). the Cretaceaous sequences became independent of their heim (1910-17) und heim & oberholzer (1907K. Jurassic subStratums and these from their Verrucano-Tnas- 1917K) mikropaläontologisch und sedimentolo- sic basement. The valley of Lake Walenstadt in the south was versuchte, initiated between this basement and north-moving younger gisch-bathymetrisch ergänzt, briegel sequences. The Thur valley, north of the Churfirsten ränge, eine Phasenfolge in der Bruchbildung aufzustellen. which follows a syncline in the highest Helvetic nappe. was Nachdem das Gebiet auch quartärgeologisch unter¬ filled with early Tertiary Sediments and Pennine Flysch. The sucht worden ist (gutzwiller 1873. frey 1916. Mau¬ Valleys in the Alvier area are formed along synclmes and rer 1952. hantke 1967. 1970. 1980). sei versucht, faults in the Cretaceous sequence; these structures dip to- tal- und zusammen wards the Rhme valley. reliefgeschichtliche Aspekte - mit aufzudecken. The Churfirsten ränge forms a limestone shield in the Helve¬ Abtragungsfragen - tic nappe. It broke up foUowing ±N/S-onented joints. There mbetween, excavation of kars (cirques) began already during pre-Ouaternary glaciation; they are still intact at the ends of 2. Die helvetischen Decken: Ausscherung, the ränge, but in the middle the kar-walls broke down along Vormarsch, Platznahme the steeper southern slope. During the Mindel and Riss glaciations. no Rhine ice flowed Mit der through the saddles between the Churfirsten peaks into the Ausscherung von Sedimentabfolgen vom N- Thur valley; however, this could have been possible in pre- Rand des Ur-Mittelmeers. ihrem Vorgleiten auf ge¬ Mindelian cold periods at high ice levels and still lower moun¬ neigter Oberfläche und der Platznahme als osthel¬ tain relief. vetische Decken beginnt in der Seez-Walensee-Ta- lung und im Churfirsten-Alvier-Gebiet die Tal- und Reliefgeschichte. Schon in Frühphasen hat sich da¬ Key words: bei das Kreide-Stockwerk von seiner Jura-Unter¬ Pliocene, Pleistocene, Reliefgeschichte, cirques, Churfir¬ lage gelöst und ist auf den mergelig-schieferigen sten. Alvier, Ct. St. Gallen. Grenzschichten selbständig vorgefahren (helbling 1938). Für die Zeit des Abfahrens der Kreide-Hülle, die N derWildhauser Mulde zu den in sich verscher¬ ten Falten des Alpstein hochgestaut worden ist. er¬ 1. Zur Erforschungsgeschichte geben sich Hinweise aus den Molasse-Abfolgen. Diese reichen im Hörnli-Schuttfächer. den alpinen Das Gebiet der Churfirsten-Alvier-Kette war wie¬ Schuttmassen eines erstmals vereinigten Bündner derholt Gegenstand geologischer Untersuchungen. Rheins, bis ins jüngere Miozän. Im Napf-Gebiet, a. escher v. d. Linth erarbeitete von 1835 bis 1864 dem Schuttfächer einer Ur-Aare. deren Einzugsge¬ die Grundlagen für eine erste geologische Karte biet aufgrund des Geröll-Inhaltes weit nach S zu- 1:25 000. 1869 zeichnete er eine Manuskript-Karte rückgriff. endete die Schüttung bereits im mittleren der St. Galler und Appenzeller Alpen, von der 1878 Miozän. Für das Vorgleiten, die Stauchung und die postum eine Säntis-Karte erschien. endgültige Platznahme der helvetischen Decken a. ludwig (1894, 1897) faßte in den Churfirsten und verbleiben somit nur wenige Jahrmillionen. Beim im Alvier-Gebiet gemachte Beobachtungen mit kri¬ Vorgleiten der Kreide wurde auch der von seiner tischen Angaben zur Literatur (ESCHERet al. 1875K. moesch 1881 und Alb. heim 1891) berichtmäßig zu¬ sammen. Im Anschluß an die Churfirsten-Matt- stock-Monographie (Arn. heim 1910-17) und die Rene Hantke. Prof., Dr. Geolog. Institut der ETH und der Aufnahmen zur Walensee-Karte (heim & oberhol- Universität Zürich. Sonneggstr. 5. CH-8092 Zürich 159 Hülle entblößte Jura-Unterbau zu verfalteten In der Alvier-Kreide und in den gestauchten Jura- Schuppen gestaucht. Kernen zeichnet sich ein markantes Achsengefälle Mit der Platznahme der helvetischen Decken waren gegen NE ab. so daß die Kreide zwischen Wartau die proximalen Schuttfächer-Stränge unterbrochen und Grabs, bei Sevelen gar ihr jüngstes Schicht¬ worden. Die aus den Alpen austretenden Entwässe¬ glied, die Wang-Formation. unter die Rhein-Allu- rungssysteme fanden neue Abflußwege, dabei um¬ vionen abtaucht. Rechtsrheinisch folgen darüber: flossen sie die mit der veränderten Tektonik sich er¬ Liechtensteiner und Vorarlberger Flysch. die penni- gebenden Hindernisse. nische Falknis-Decke. die Aroser Zone und die ost¬ Die Geschwindigkeit, mit der Deckenbewegungen alpine Lechtal-Decke. Damit ist auch die Ost-Seite, erfolgt sind, läßt sich zwischen Val d'llliez und Gen- das Rheintal. analog begrenzt wie das Seeztal. je¬ fersee abschätzen: für die dort schon im mittleren doch nicht durch einen südlichen, sondern durch Oligozän bewegten präalpinen Decken ergeben den westlichen Erosionsrand der penninischen und sich wenige Jahrmillionen oder 1 cm/a. Das letzte der ostalpinen Decken. Die penninischen Decken Vorgleiten der helvetischen Decken und der nach¬ haben - wie die Grabser Klippen und die Gipfelklip¬ folgende Hochstau des Aar-Massivs manifestieren pen von Fäneren- und Flügenspitz belegen - sich sich besonders W der Verrucano-Kuppel. W der weiter gegen Wfortgesetzt: von den ostalpinen Dek- Linth. S der Klausenpaß-Linie hat sich von der ken jedoch fehlt in der NE-Schweiz jede Spur. Ihr überfahrenen Unterlage, verkehrtliegendem Axen- Wiederauftreten über penninischen Elementen der Lochseitenkalk. noch etwa 1 km2 erhalten, während östlichen Zentralschweiz erfolgte schon nach dem sich vom Jura der darüber gefahrenen Axen-Decke Ausscheren aus dem Ablagerungsraum, wohl durch nichts und von ihrer Trias nur bescheidene Rauh- eine weiterWgelegene Depression. wacken-Reste erhalten haben. Analog ist weiter N, an der Pragelpaß-Linie. die Druesberg-Decke über Ursprünglich hingen die Churfirsten von der Amde- die verkehrtliegende, als «Mittelschenkel» extrem ner/Flügenspitz-Mulde über Leistchamm und die ausgewalzte Toralp-Serie gefahren. Auf der Silbe¬ Firste bis zur Sichelchamm-Mulde als pultartiger ren-Decke, einer frontalen Abspaltung der Axen- Gebirgsrücken zusammen. Dies läßt sich zwischen Decke, ist in einer Längsmulde gar ein Rest der Hinterrugg und Chäserrugg noch erkennen. Beid¬ Druesberg-Decke zurückgeblieben. Von ihr wie von seits des Verbindungsgrates haben sich Kare ausge¬ der Axen-Decke sind an den südlichen Erosionsrän- bildet. Auf der Nord-Seite, in der Chammeren, hat dern nur wenige hundert Meter bis ein Kilometer sich ein bis 1840 m absteigender Kar-Firn erhalten abgetragen worden. Der Abtrag hat aber weder auf (Fig. 1). Im Valsloch bildete sich gar ein Zirkus auf dem Lochseitenkalk noch auf derToralp-Serie über der Süd-Seite: dagegen vermochte das W anschlie¬ größere Bereiche haltgemacht; vielmehr bekunden ßende Kar den Grat nicht mehr zu erreichen diese Oberflächen Bewegungsflächen. (Fig. 2). Die Ausräumung der Gesteinsfolgen scheint in der Churfirsten-Alvier-Kreide unterschiedlich tief er¬ 3. Zur Geomorphogenese des Churfirsten-Alvier- folgt zu sein. In der die beiden trennenden Mulde, Gebietes auf Galms NW des Sichelchamm. war sie beschei¬ den. Über dem Seewer Kalk sind noch 30 m Amde¬ Die Anlage der Churfirsten-Alvier-Täler ist durch ner Mergel erhalten. Die höheren Kreide- und Alt¬ den tektonischen Bau der Gebirge zwischen Walen¬ tertiär-Abfolgen sind kaum vollständig erosiv abge¬ see, Rheintal und Toggenburg vorgezeichnet: im S tragen worden. Entweder sind sie gar nicht abgela¬ durch die Südbegrenzung des Jura- und Kreide- gert worden, oder sie dürften auf Amdener Mergeln Stockwerkes, im E durch das Axialgefälle gegen das abgeglitten und schon bei der Bildung der Wildhau¬ Rheintal und im N und NW durch die Wildhauser ser Mulde in ihr verblieben sein. Mulde, die sich in Amdener und Flügenspitz-Mulde In der axial zum Voralpsee abtauchenden Sichel¬ aufspaltet. In den Churfirsten und im Alvier-Gebiet chamm-Mulde werden die Amdener Mergel mächti¬ wird sie durch den inneren Deckenbau und die ger. Der Nausbach hat sich schon als subglaziäre daran beteiligten Störungen bestimmt; die bedeu¬ Schmelzwasserrinne tief in sie eingeschnitten. Auf tendste, die Seez-Walensee-Talung, verdankt ihre der Nord-Abdachung der Churfirsten zwischen Se- Entstehung dem differentiellen Ab- und Vorgleiten lun und Hinterrugg/Oberruestel ist der Seewer Kalk des Malm/Kreide-Stockwerkes der Mürtschen- bis auf kleine Relikte-auf der Breitenalp, der west¬ Decke, den aufgefahrenen Jura-Schuppen der lichen Selamatt und der Selunalp - abgetragen wor¬ Axen- und der Churfirsten-Decke sowie der Chur- den oder bereits in einer Frühphase auf den firsten-Alvier-Kreide. Zwischen dem S- bis SE- Fluebrig-Schichten abgefahren. Dabei kam-neben Rand der vorgefahrenen Deckenteile und ihren zu¬ dem Zerbrechen der weitradig verbogenen Churfir¬ rückgebliebenen Trias/Lias-Kernen öffnete sich sten-Decke - ein hoher Anteil der Lösung der Kar¬ schon bei der Platznahme, im jüngsten Miozän,