l Gutenberg l Gotische Schrift l Schwabacher l Fraktur l Renaissance-Antiqua l Barock-Antiqua l Klassizistische Antiqua l Egyptienne l Grotesk l Jugendstil Die Entwicklung der Druckschriften

l Johannes Gensfleisch, genannt Gutenberg * um 1400 in Mainz † 1468 ebenda

Mit Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Metalllettern und der Druckerpresse begann eine ganz neue Epoche. Die Verwendung der beweglichen Lettern ab 1450 revolutionierte die her- kömmliche Methode der Buchproduktion (Handschriften). Der Buchdruck breitete sich schnell in Europa und später in der ganzen Welt aus.

Es begann die große Zeit der Entwicklung der Druckschriften. Im deutschsprachigen Raum setzten sich die gebrochenen Schrif- ten durch: Textura (Gotisch), Schwabacher, Fraktur und Kanzlei.

Im italienischen Sprachraum konnte sich die gotische Schrift nicht durchsetzen. Dort entstand um 1300 die Rotunda oder Rundgotisch, eine offene Schrift von guter Lesbarkeit und Vorläufer der Antiqua-Schriften. Gebrochene schriften

l Gotische Schrift (1300 – 1450)

Von der Normandie breitete sich in Frank- reich ein neuer Stil aus: die Gotik. Dem Baustil entsprechend war auch die Schrift kantig und hochaufragend, das Schriftbild wirkte eng und düster.

Damals bestimmte der christliche Glaube maßgebend das Leben und Kunstschaffen. Die Schrift der Zeit, die Textura, wurde ihrer würdevollen Form wegen hauptsäch- lich für liturgische Bücher verwendet. Auch Gutenberg schnitt seine Typen in dieser Schrift für seine Bibel.

Daneben entwickelten sich die gotischen Buchkursiven mit ihren teilweise verschleif- ten Formen von großer Lebendigkeit. Gebrochene schriften

l Schwabacher (1400)

Im 15. Jhd. entstand durch die Vermi- schung der Textura mit der gotischen Kursivschrift die gut lesbare Schwabacher mit ihren offenen Formen.

Der derbe Charakter brachte ihr gro- ße Beliebtheit und sie wurde bald zur meistgedruckten Schrift der volkstümlichen Literatur.

Es war die Zeit der ausklingenden Gotik, einer Zeit mit großer Blüte in der Kunst mit Künstlern wie Martin Schongauer, Veit Stoß, Matthias Grünewald, Lukas Granach, Albrecht Dürer und Tilman Riemenschneider. Gebrochene schriften

l Fraktur (1500)

Um 1500 wurde die Schwabacher durch die neue Fraktur mehr und mehr ver- drängt. Sie wurde die Schrift des Barocks, der seine Blüte nach 1600 erreichte.

Erstmals wurde die Fraktur als Drucktype im Gebetbuch Kaiser Maximilian I. verwen- det, ebenso in seiner Lebensbeschreibung, dem Theuerdank, an dessen Gestaltung auch Albrecht Dürer mitwirkte.

Die Steigerung der Fraktur gipfelte in der Kanzlei, einer verschnörkelten und daher schwer lesbaren gebrochenen Schrift.

Im 18. Jhd. erfuhr die Fraktur eine Erneu- erung durch die Schriftkünstler Breitkopf, Unger und Walbaum, die lichte und klare Typen schufen. Antiqua schriften

l Renaissance-Antiqua (um 1500)

Im Glauben, es sei die Schrift des römi- schen Altertums, griffen die Humanisten in Italien auf die karolingische Minuskel zu- rück. Man nannte sie „letters antica”, alte Schrift. Die eigentliche Antiqua Drucktype wird Ende des 15. Jahrhunderts geschaf- fen. Die Großbuchstaben wurden aus der römischen Kapitalis hinzu genommen.

1470 gießt Nikolaus Jenson in Venedig seine Mediäval, Claude Garamonds erste Antiqua dürften um 1530 in Paris ent- standen sein. Berühmt wurde auch Aldus Manutius, der als Schöpfer der Kursiv gilt. Durch die Kursivform gingen mehr Worte auf eine Seite, was die Drucke dünner und preiswerter machte.

Charakteristik: Achse der Rundungen schräg nach links geneigt, Haar- und Grundstriche nicht sehr unterscvhiedlich in der Stärke, teilweise schräger Balken beim kleinen e, Serifen stehen schräg und sind wenig gerundet, schräge Flamme bei E, F, L, T und Z.

Schriftschöpfer: Nikolaus Jenson 1420 – 1480, Venedig Adolph Rusch 1435 – 1489, Straßburg Aldus Manutius 1449 – 1515, Venedig Francesco Griffo 1450 – 1518, Bologna Claude Garamond 1480 – 1561, Paris

Heutige Schriften: Garamond-Antiqua, Trajanus, Palatino, Trump Mediäval, Bembo, Genzsch-Antiqua, Weiß-Antiqua ... Antiqua schriften

l Barock-Antiqua (um 1600 – 1750)

Der früher verwendete Begriff Über- gangs-Antiqua oder Vorklassizistische Antiqua beschreibt diese Schriftklasse jedoch besser. Sie ist das Bindeglied zwischen der vom Schreiben geprägten Renaissance-Antiqua und den geplanten, durchdachten Formen der klassizistischen Antiqua. Sie entstand unter dem Einfluss der kupferstecher-Schriften.

Charakteristik: Achse der Rundungen leicht nach links geneigt, Haar- und Grundstriche kont- rastreicher, Serifen der Gemeinen oben meist schräg, unten gerade und nur wenig gerundet, schräge Flamme bei E, F, L, T und Z.

Schriftschöpfer: Anton Janson 1620 Friesland – 1687 Leipzig Miklós Misztótfalusi Kis 1650 Ungarn – 1702 Rumänien William Caslon 1692 Cradley – 1766 London John Baskerville 1707 Wolverley – 1775 Birmingham Johann Michael Fleischmann 1707 Nürnberg – 1768 Amsterdam Pierre Simon Fournier 1712 Paris – 1768 ebenda

Heutige Schriften: Janson, Caslon, Baskerville, Cochin, Perpetua, Times, Concorde, Slimbach, Elzevir ... Antiqua schriften

l Klassizistische Antiqua (um 1800)

Dies sind die letzten Druckschriften, die nach der kulturgeschichtlichen Epoche benannt wurden, in der sie entstanden sind. Sie sind kontrastreich mit fetten und feinen Linien, den Schriften der Kupferste- cher verwandt.

Die klassizistische Antiqua zeigt auch Merkmale des aufkommenden technischen Zeitalters, wirkt nüchterner und konstruiert und ist nur schwer mit anderen Schriften mischbar.

Charakteristik: Achse der Rundungen senkrecht, Haar- und Grundstriche von großem Kontrast, waagrechte Serifen nicht oder nur wenig gerundet, senkrechte Flamme bei E, F, L, T und Z.

Schriftschöpfer: Firmin Didot 1730 Paris – 1804 Paris Giambattista Bodoni 1740 Saluzzo – 1813 Parma, Italien Justus Erich Walbaum 1768 Steinlah – 1837 Weimar

Heutige Schriften: Didot, Bodoni, Walbaum-Antiqua, Ratio-Latein, Corvinus, Caledonia ... Serifenbetonte LinearAntiqua

Von England ausgehend orientierten sich neue Schriften am technischen Zeitalter. Das Neue an der Egyptienne waren die optisch gleich starken Grund-, Haarstriche und Serifen. Oft sind die Serifen eckig angesetzt. Eine Ausnahme bildet z.B. die Clarendon, deren ersten Schnitt Benjamin Fox 1845 erstellte. Hier ist die gleichmäßi- ge Strichstärke nicht mehr so ausgeprägt und die Serifen sind leicht gerundet. l Egyptienne (nach 1850)

Viele neuere Egyptienne-Schriften entstan- den um 1930, weil Werbung und Akzidenz immer wichtiger wurden und nach neuen Formen suchten.

Eine Weiterentwicklung ist die Italienne, bei der die optischen Verhältnisse ver- tausch sind: die Serifen sind weit kräftiger und übermäßig betont als die fast gleich- mäßig starken Grund- und Haarstriche.

Bekannte Schriftschöpfer: Frank Hinman Pierpont (Rockwell 1934) * 1860 Connecticut † 1937 England Jakob (Candida 1936) * 1878 Düsseldorf † 11935, Köln Chauncey H. Griffith (Excelsior 1931) * 1879 Ohio † 1956 New York Heinrich Jost (Beton 1931) * 1889 Magdeburg † 1949 Frankfurt Hans Wagner (Welt-Antiqua 1931–34) * 1894 † 1977 ( Ludwig & Mayer) Rudolf Wolf (Memphis 1929) * 1895 † 1942 Frankfurt (Stempel AG) Prof. Georg Trump (Shadow 1938) * 1896 in Brettheim † 1985 München Hermann Eidenbenz (Clarendon 1950) * 1902 Basel † 1993, Basel Hermann D. Zapf (Melior 1952) * 1918 Nürnberg † 2015 Darmstadt Adrian Frutiger (Serifa 1964) * 1928 in Unterseen † 2015 Bremgarten Albert Boton (Boton 1986) * 1932 Paris Martin Majoor (Scala 1991) * 1960 Baarn, NL Heutige Schriften (Auswahl): Memphis, Beton, Boton, Welt-Antiqua, Clarendon, Candida, Aachen, Serifa, Shadow, Melior, Excelsior, Volta ... SerifenLose LinearAntiqua

Durch die Industriealsierung und die Entwicklungen in Wirtschaft und Technik machte sich ein sachliches, nüchternes Denken breit. Dies wirkte sich natürlich auch auf die Schriftentwicklung aus. Es entstanden Schriften, die ganz auf Serifen verzichteten mit gleichmäßiger Strichstär- ke – was auf den damaligen Betrachter „grotesk” wirkte.

l Grotesk (nach 1830)

Aus den anfänglich etwas groben Formen entstehen nach 1920 Schnitte mit optimal besten Leseeigenschaften, die sich bis heute größter Beliebtheit erfreuen.

Bekannte Schriftschöpfer: Morris Fuller Benton (Franklin Gothic 1904) * 1872 Milwaukee † 1948 New Jersey ( 1927) * 1876 Nürnberg † 1934 Offenbach Jakob Erbar (Erbar Grotesk 1904) * 1878 Düsseldorf † 1935 Köln Paul Renner ( 1927) 1878 Wernigerode † 1956 Hödingen Eric Gill (Gill Sans 1928) * 1882 Steyning † 1940 Uxbridge, UK Konrad F. Bauer (Folio 1957) * 1903 Hamburg † 1970 Schönenberg Max Miedinger (Helvetica 1927) * 1910 † 1980 Zürich G. G. Lange (Akzidenz Grotesk 1969) * 1921 Frankfurt (Oder) † 2008 München Adrian Frutiger (Univers 1950) * 1928 Unterseen † 2015 Bremgarten Matthew Carter (Tahoma 1994) * 1937 London Erik Spiekermann (Officina 1990) * 1947 Stadthagen Robert Slimbach (Myriad 1992) * 1956 Evanston, Illinois, USA Tobias Frere-Jones (Benton Sans 1995) * 1970 New York City Heutige Schriften (Auswahl): Akzidenz-Grotesk, Arial, Avant Garde, Erbar-Grotesk, Futura, Folio, Frutiger, Gill, Helvetica, Meta Plus, Officina, Tahoma, Univers, Verdana JUGENDSTIL

l Jugendstil (nach 1900)

Anfang des 20. Jhd. suchte man nach einer Weiterentwicklung, einem neuen Stil, nach neuen Ideen. Der große englische Lehrer, Schriftkünstler und Typograf Edward Johnston griff wieder zur alten Art des Schreibens mit der Rhrfeder zurück. Seine Schülerin Anna Simons kehrte nach Deutschland zurück und beeinflusste durch die Einführung von Schriftschreibekursen das deutsche Schriftschaffen. Unter dem Einfluss asiatischer Schreibgewohnheiten verwendete man auch den Pinsel als Schreibgerät. Es entstanden die kräftigen Schriften des Jugendstils. Darunter waren manche guten Schnitte, es gab aber auch Entgleisungen.

Schriftschöpfer: Otto Eckmann * 1865 Hamburg † 1902 Badenweiler Peter Behrens * 1868 Hamburg † 1940 Berlin Otto Hupp * 1859 Düsseldorf † 1949 Oberschleißheim Walter Thiemann * 1876 Delitzsch † 1951 Leipzig Rudolf Koch * 1876 Nürnberg † 1934 Offenbach Emil Rudolf Weiß * 1875 Lahr/Schwarzw. † 1942 Meersburg Fritz Helmut Ehmcke * 1878 Hohensalza † 1965 Widdersberg Friedrich Wilhelm Kleukens * 1878 Achim † 1956 Nürtingen