Kopfbahnhof 21
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– 1 – Schlichtungsverfahren zu Stuttgart 21 Kopfbahnhof 21 Auswirkungen von Stuttgart 21 auf den Regional- und Nahverkehr Besprechung offener Fragen aus den drei vorausgegange- nen Schlichtungsgesprächen Stuttgart, 12. November 2010 Stenografisches Protokoll Schlichtungsgespräch zu Stuttgart 21 12. November 2010 – 2 – (Beginn: 10:05 Uhr) Schlichter Dr. Heiner Geißler: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Die Fern- sehteams und Fotografen, die uns vor der Sitzung und danach sehr willkommen sind, darf ich jetzt bitten, dass sie den Saal verlassen. Wir müssen anfangen. Ich weiß nicht, wer von der Stadt Stuttgart für die Räumung des Saales zuständig ist. (Hannes Rockenbauch: Wasserwerfer! - Heiterkeit) Ich darf Sie heute Morgen wieder herzlich begrüßen. Ich begrüße die Zuschauer hier im Rathaus im großen Saal und natürlich die interessierte Bevölkerung am Fernseh- schirm zu Hause und diejenigen, die uns im Internet verfolgen. Für diejenigen, die hier neu dazukommen, will ich wiederholen, was ich immer wieder zu Beginn der Sitzung gesagt habe. Wir treffen uns hier, die Projektbefürworter und die Projektgegner, um die Argumente auszutauschen und gegeneinander abzuwä- gen – im Gegensatz zu dem, was normalerweise in unserer Verlautbarungsmedien- gesellschaft geschieht, dass eben Botschaften und Nachrichten den Bürgerinnen und Bürgern von oben nach unten vermittelt werden; für sie besteht aber keine Möglich- keit, dies alles zu überprüfen, sondern sie müssen es für bare Münze nehmen. Wenn es zu einer Auseinandersetzung kommt, dann erfolgt das meistens zeitversetzt. Das heißt, man interviewt den Minister X um halb acht Uhr morgens und dann kommt der betreffende Sprecher der Opposition um halb neun, aber eine unmittelbare Ausei- nandersetzung findet nicht statt. Dies findet noch nicht einmal in den Ausschusssit- zungen des Deutschen Bundestages statt oder nur sehr beschränkt. Wir machen es hier anders. Wir sitzen auf Augenhöhe einander gegenüber, und es wird Argument für Argument der einen Seite wie der anderen Seite und umgekehrt vorgenommen. Sie am Bildschirm können selber mit verfolgen, wie die Argumente sind, wie gut sie sind, und Sie können sich selber ein Urteil bilden. Das trägt auch zur Versachlichung und zur Befriedung unserer Diskussion und überhaupt der gesamten Situation bei. Ich will überhaupt feststellen, die Sitzungen und die Schlichtungsge- spräche bis jetzt haben auch dazu geführt, dass wir alle von unserem hohen Ross heruntergekommen sind. Wir müssen eben anerkennen, dass es für beide Projekte gute Argumente gibt. Die einen sind nicht kriminelle Lobbyisten, und die anderen sind keine Hinterwäldler aus der Steinzeit, die die Neuzeit nicht begriffen haben. Das ist, glaube ich, schon ein Erfolg unserer Schlichtungsgespräche. Etwas hat sich auch herausgestellt, der Ministerpräsident hat es dankenswerterweise noch einmal wiederholt: Die Diskussionen haben ergeben, dass wir unbedingt das Baurecht ändern müssen. Wir haben ein total veraltetes Baurecht. Die Halbwertszeit des Wissens beträgt drei Jahre. Alle drei Jahre verdoppelt sich das Wissen. Aber unsere Planungsvorhaben und Bauvorhaben entwickeln sich in der drei- und vierfa- chen Zeit. Wenn etwas realisiert werden muss, dann basiert das oft auf Entschei- Schlichtungsgespräch zu Stuttgart 21 12. November 2010 – 3 – dungen, auch Gerichtsentscheidungen, die eben Jahre zurückliegen. Deswegen müssen wir hier von dieser Schlichtung ausgehend möglicherweise auch politische Initiativen ergreifen, um dies entscheidend zu verbessern. Ich will Ihnen noch mitteilen, wir haben jetzt entschieden, dass wir die Wirtschaftlich- keitsprüfung drei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften übertragen. Das heißt nicht wir, das hat die Bundesregierung in Übereinstimmung mit den Schlichtungsteilnehmern getan. Die eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist PWC. Die zweite ist SUSAT, und die dritte die Märkische Revision. Wir werden uns schon heute Abend zu einem Ge- spräch treffen, um diese Wirtschaftlichkeitsprüfung entsprechend vorzubereiten. Das vollzieht sich aber in nichtöffentlicher Sitzung. Es gehört auch nicht unmittelbar zur Schlichtung. Dann will ich noch sagen, dass es in den vergangenen zwei Tagen das Problem mit der Brücke am Eichelberg gegeben hat, wo ansatzweise mit dem Bau einer Brücke begonnen worden ist oder begonnen werden sollte. Die Bahn, Herr Dr. Kefer, hat mir mitgeteilt, dass diese Bauarbeiten nicht vorgenommen werden, auch nicht über den Freitag hinaus, sondern dass auch für die Neubaustrecke die Friedenspflicht gilt. Wir müssen wegen der Wirtschaftlichkeitsprüfung unseren Terminplan verändern. Das ist auch abgesprochen. Wir wollen diesen Terminplan insoweit verändern, dass wir die Wirtschaftlichkeitsprüfung auf den 26. November verlegen. Wir werden dann am Montag, dem 29. November die Abschlusssitzung machen, wobei wir überlegen müssen, ob noch eine Sitzung dazwischen geschoben werden muss, weil wir mögli- cherweise mit diesem wichtigen Thema nicht fertig werden. Dann ist die Bitte geäu- ßert worden, die vorgesehene Sitzung der Schlichtung über die Geologie vom 20. November auf den 19. November zu verlegen. Das ist doch so richtig, Frau Dahlben- der? (Brigitte Dahlbender: Nein, Ökologie und Stadtplanung auf den 19.!) - Also die Ökologie und die Stadtplanung auf den 19. und die Geologie und alles, was damit zusammenhängt, würden wir auf den 20. Novenber verlegen. Der Termin- plan ist jetzt klar. Dann möchte ich noch etwas sagen, auch weil ich dauernd angesprochen werde, dass ich Sie ab und zu unterbreche, wenn es darum geht, in einer verständlichen Sprache die Dinge darzustellen. Ich möchte auch alle Experten hier im Raume um Verständnis darum bitten, dass das notwendig ist, weil unsere Gespräche sonst das eine wichtige Ziel verfehlen, die Zuschauer und die Zuhörer miterleben zu lassen, wie diskutiert wird, wie die Argumente aussehen. Und dazu ist es natürlich auch Voraussetzung, dass sie die Argumente verstehen können, dass Schachtelsätze aufgelöst werden in normale deutsche Sätze mit Subjekt, Objekt und Prädikat, so- dass man wirklich verstehen kann, was damit gemeint ist, dass man nach Möglich- keit – das ist nicht ganz möglich beim technischen Fortschritt – auf Fremdwörter ver- zichtet. Schlichtungsgespräch zu Stuttgart 21 12. November 2010 – 4 – Die Sprache ist nicht ohne Bedeutung. Ganz im Gegenteil: Durch die Sprache kön- nen erhebliche Missverständnisse erzeugt werden. Das haben wir bei uns noch nicht erlebt. Wir werden es hoffentlich auch nicht in Zukunft erleben. Es gibt aber dafür ein Beispiel, die Pressekonferenz von Rudolf Scharping nach der verlorenen Europawahl 1994, wo er im Hinblick auf die noch folgenden Landtagswahlen gesagt hat. „Diese Wahl“ – die Europawahl – „war eine Niederlage, weitere werden folgen.“ Das war eine politisch nicht sehr freudige Botschaft. Aber es war gleichzeitig auch grammati- kalisch falsch, weil das Relativpronomen gefehlt hat. Dann gibt es den schwäbischen Bürgermeister, in dessen Gemeindebezirk die Tollwut ausgebrochen war. Er hat ei- nen Erlass herausgegeben, der lautete: „Wer seinen Hund frei herumlaufen lässt, der wird erschossen.“ Das war auf derselben Ebene gewesen, und da hat sogar der Gemeinderat gemerkt, dass das irgendwie nicht in Ordnung war. Der hat dann zu dem Bürgermeister gesagt, das ist sehr missverständlich, was er da formuliert hat, das muss er ändern. Dann hat er über Nacht mit Hilfe seiner Frau einen neuen Er- lass erarbeitet, der am anderen Tag wie folgt lautete: „Wer seinen Hund frei herum- laufen lässt, der wird erschossen, der Hund.“ Damit war die Sache inhaltlich klar, aber grammatikalisch natürlich nach wie vor vollkommen falsch. Wir werden uns mit Sicherheit nicht auf dieses Niveau begeben. Ich mache darauf aufmerksam, dass die Sprache von großer Bedeutung ist. Wenn man die Sprache nicht richtig verwendet, kann es natürlich auch zu Irrtümern kommen. Damit bin am Ende meiner Einführungsgespräche. Ich würde ganz gerne für die Bür- gerinnen und Bürger, die uns zusehen, die Teilnehmer der Schlichtung vorstellen. Ich darf anfangen mit denjenigen, die den Kopfbahnhof 21 vertreten. Wir sprechen heute vor allem über K21, also über die Vorstellungen, die die Gegner von Stuttgart 21 ha- ben, die Befürworter von K21 sind. Es ist nicht so, dass sie nur Gegner sind, sondern sie haben auch eine positive Vorstellung. Ich nenne sie der alphabetischen Reihen- folge nach. Diejenigen, die ich jetzt aufrufe, möchten bitte ein Handzeichen geben, damit man es am Fernsehen auch verfolgen kann. Es ist Klaus Arnoldi, Peter Conra- di, Architekt, Dr. Brigitte Dahlbender, Vorsitzende des BUND, Boris Palmer, Ober- bürgermeister von Tübingen, Hannes Rockenbauch, Stadtrat der SÖS Stuttgart. Draußen wird dauernd gerätselt, was SÖS heißt. Ich nehme an Stuttgart Ökologisch Sozial. Dann Gangolf Stocker von der Initiative Leben in Stuttgart, kein Stuttgart 21, der Landtagsabgeordnete Werner Wölfle, der Verkehrsexperte der GRÜNEN- Landtagsfraktion. Diplomingenieur Wolfgang Arnold ist Vertreter der Projektbefürworter. Herr Bürger- meister Schuster ist da. Sind Sie für Herrn Arnold da? – Er kommt noch dran. Dann sind hier: Herr Landtagsabgeordneter Thomas Bopp, Vorsitzender des Verbands Region Stuttgart; Johannes Bräuchle vom Bündnis der Befürworter – Wir sind Stutt- gart 21; Tanja Gönner, Ministerin für Umwelt, Naturschutz und Verkehr Baden- Württemberg; Diplomingenieur Volker Kefer, Vorstand Technik, Systemverbund, Dienstleistungen und Infrastruktur, Deutsche Bahn AG; Ingolf Leuschel, Konzernbe- vollmächtigter der Deutschen Bahn AG für das