MehrWert für Mensch und Stadt: Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Strategien, innovative Instrumente und Perspektiven für das Flächenrecycling und die städtebauliche Erneuerung

Eine Publikation des Förderprogramms “Forschung für die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme und ein nachhaltiges Flächenmanagement” (REFINA) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.

Herausgeber: Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung in Kooperation mit dem Umweltbundesamt und dem Projektträger Jülich MehrWert für Mensch und Stadt: Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Strategien, innovative Instrumente und Perspektiven für das Flächenrecycling und die städtebauliche Erneuerung

Eine Publikation des Förderprogramms “Forschung für die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme und ein nachhaltiges Flächenmanagement” (REFINA) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung

Auftraggeber

Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Gina Siegel (Koordination)

Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung Fabian Dosch (Projektleitung), Eckhard Bergmann

In Kooperation mit

Umweltbundesamt Detlef Grimski

Projektträger Jülich Uwe Wittmann

Bundesministerium für Bildung und Forschung Karl Wollin

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Uwe Taeger

Auftragnehmer

Kompetenzzentrum für interdisziplinäres Flächenrecycling C.i.F. e.V. Freiberg Herbert Klapperich, Michael Hanke, René Otparlik, Beate Trost

In Kooperation mit

SAXONIA Standortentwicklungs- und -verwaltungsgesellschaft mbH Freiberg Erich Fritz, Alexander Eisenblätter reconsite - TTI GmbH Stuttgart revitalisation concepts for sites and urban areas Volker Schrenk

Projektgruppe Stadt + Entwicklung Leipzig Uwe Ferber

Ein Projekt des Forschungsprogramms “Aufbau Ost” des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung „Mehr Wert für Mensch und Stadt – Flächenrecycling in Stadtumbauregionen“

Gemeinsames Vorwort der Staatssekretäre der Bundesministerien für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie für Bildung und Forschung

Im April 2002 hat die Bundesregierung die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie unter dem Titel „Perspektiven für Deutschland“ verabschiedet. Die Nachhaltigkeitsstrategie zeigt mit dem Leitbild, den Zielen und den Indikatoren für eine nachhaltige Entwick- lung Perspektiven für ein zukunftsfähiges Deutschland auf. Sie hat sich unter der Überschrift „Flächeninanspruchnahme vermindern – Nachhaltige Siedlungs- entwicklung fördern“ das Ziel gesetzt, die Inanspruchnahme neuer Siedlungs- und Verkehrsflächen bis zum Jahr 2020 auf höchstens 30 Hektar pro Tag zu verringern.

Mit dem Fortschrittsbericht 2004 zeigt die Bundesregierung, in welchem Umfang Fortschritte hinsichtlich dieser Ziele erreicht wurden. Aktuelle Daten der Entwick- lung der Flächeninanspruchnahme zeigen, dass eine wirkliche Trendwende noch nicht erreicht ist. Die Regierungsparteien haben in ihrem Koalitionsvertrag vom 11.11.2005 das Ziel bestätigt, „den Flächenverbrauch gemäß der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie auf 30 ha/Tag zu reduzieren und für das Flächenressourcenmanagement finanzielle Anreizinstrumente zu entwickeln“. Die Bundesregierung geht dieses Ziel nun ent- schlossen an.

Die zunehmende Zersiedelung hat nicht nur ökologisch negative Wirkungen. Die Wege zwischen Wohnort und Arbeit, Schule, Einzelhandel oder sozialen Einrich- tungen werden immer länger. Die Landschaft verändert ihr Gesicht und das Gefühl regionaler Identität geht vielerorts verloren. Gleichzeitig erleben unsere Innenstädte starke Veränderungen. Bestehende Infrastruktur wird nicht mehr genutzt, während in den Speckgürteln der Großstädte neue geschaffen werden muss. Die Innenstädte haben dabei oft das Nachsehen, und soziale Probleme sind die Folge. Die damit verbundenen wirtschaftlichen und finanziellen Lasten treffen die Kommunen und die Bürger gleichermaßen. Angesichts der sich ändernden gesellschaftlichen Rahmen- bedingungen, wie Alterung, Bevölkerungswanderungen und wirtschaftsstrukturelle Entwicklungen werden die Probleme wachsen. Eine nachhaltige Siedlungsstruktur ist deshalb ein zentrales Element für die ökologische, wirtschaftliche und soziale Zukunftsfähigkeit unseres Landes.

Deshalb werden wir die sich daraus ergebenden Chancen des qualitativen Wachs- tums innerhalb der Städte und Gemeinden stärker nutzen. Die Bundesregierung wird die Kommunen dabei unterstützen: Städtebauförderungsmittel, Gebäude- sanierungsprogramme, Unterstützung beim Umbau der städtischen Infrastruktur sind dabei wichtige Elemente. Zentrale Handlungsfelder sind aus Sicht der Bundesregie- rung das Flächenrecycling und die Schaffung von gestalterisch attraktiven, ökolo- gisch wertvollen Grün- und Freiräumen in den Städten. Flächen müssen vielen Nutzungsansprüchen gerecht werden: Sie sind Standorte für Wirtschaft, Wohnen und Verkehr, bieten Erholungsraum für den Menschen und sind Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Dabei sind Interessenkonflikte nicht zu vermeiden. Unsere Aufgabe ist es, nach neuen Wegen zu suchen, wie die verschie- denen Ziele möglichst miteinander in Einklang zu bringen sind. Eine anspruchsvolle Gemeinschaftsaufgabe, die nur gemeinsam von Bund, Ländern, Kommunen und Bürgern bewältigt werden kann.

Für den Bund haben das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwick- lung, das Bundesumweltministerium und das Bundesministerium für Bildung und Forschung vereinbart, diese Aufgabe in enger Zusammenarbeit und Abstimmung zu leisten. Vielfältige Arbeiten sind erforderlich: Verbesserung der Analyse der Flächen- nutzung und der dazu gehörigen Daten- und Indikatorenbasis, Weiterentwicklung der planerischen und fiskalischen Instrumente, Untersuchung der konkreten Aus- wirkungen sich ändernder Rahmenbedingungen auf die Flächennutzung bis hin zu neuen Ansätzen Flächen sparender Infrastruktur und Architektur.

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung bis 2010 initiierte Förder- programm „Forschung für die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme und ein nachhaltiges Flächenmanagement (REFINA)“ ermöglicht es, beispielhafte Projekte zu unterstützen, Defizite im Bereich der Erforschung der Instrumente zu beseitigen sowie Probleme und Lösungsansätze breit zu kommunizieren und zu diskutieren. Dazu gehört auch diese Publikation, die den Auftakt zu einer Reihe von weiteren Veröffentlichungen darstellt. Sie sollen Ergebnisse von Veranstaltungen zu unter- schiedlichen Fragen künftiger Siedlungspolitik und Flächennutzung einer breiten Öffentlichkeit vorstellen.

Die erste Veranstaltung hat in der kreativen Atmosphäre der durch umwelttechno- logische Innovationen bekannten Technischen Universität Bergakademie Freiberg im September 2005 stattgefunden. Dort wurden unter dem Thema „Flächenrecyc- ling in Stadtumbauregionen“ politische Umsetzungsstrategien und praktische Er- fahrungen gleichermaßen beleuchtet. Weitere Veranstaltungen zu den Themen „Kos- ten der Flächennutzung vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung in Deutschland“, „Flächensparen als Strategie zum Ressourcenschutz“ und „Fläche im Kreis – Flächen in Funktion“ werden folgen.

Gemeinsam möchten wir Sie schon heute dazu einladen, sich daran zu beteiligen.

Dr. Engelbert Matthias Machnig Prof. Dr. Frieder Lütke-Daldrup Meyer-Krahmer Staatssekretär Staatssekretär Staatssekretär Bundesministerium Bundesministerium Bundesministerium für Verkehr, Bau für Umwelt, Naturschutz für Bildung und Stadtentwicklung und Reaktorsicherheit und Forschung Inhaltsverzeichnis

1 Rahmenbedingungen zum Flächenrecycling in Stadtumbauregionen 9 1.1 Verminderung der Flächeninanspruchnahme 10 1.2 Das BMBF-Förderprogramm REFINA: Stand und weiteres Vorgehen 17 1.3 Flächenrecycling im Rahmen der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie 21 1.4 Handlungsinstrumente zum Flächensparen aus Sicht des Bundes 27 1.5 Perspektive Flächenkreislaufwirtschaft: Trends und Initiativen auf Bundesebene 32 1.6 Fazit 38

2 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement 41 2.1 Erfahrungen und Strategien einzelner Bundesländer beim Flächenrecycling 42 2.1.1 Strategie für Flächenrecycling in Stadtumbaugebieten – erste Erfahrungen 43 2.1.2 Mit Fläche haushalten – ein Gebot nachhaltiger Entwicklung 48 2.1.3 Flächenmanagement in Baden-Württemberg und das Aktionsbündnis „Flächen gewinnen“ 53 2.1.4 Das Leistungsbuch Altlasten und Flächenentwicklung 2004/2005 59 2.1.5 Kommunales Flächenmanagement und das „Bündnis zum Flächensparen“ 66 2.2 Kommunales Flächenmanagement 71 2.2.1 Nachhaltiges Bauflächenmanagement Stuttgart (NBS) 72 2.2.2 Bretten – Mit dem Flächenkarussell zum erfolgreichen Stadtumbau 76 2.2.3 Kommunales Flächenmanagement in Freiberg 80 2.2.4 Görlitzer Strategie zur Zukunft der Stadt 86 2.3 Planerische Aspekte beim Flächenrecycling in Stadtumbauregionen 91 2.3.1 Strategisches Flächenmanagement – Wachstum nach Innen 92 2.3.2 Theorie und Praxis – Flächenrecycling in den Städten und Gemeinden – Beispiel Dresden 96 2.3.3 Was kommt nach der Abrissbirne? – Stadtumbau und Flächenrecycling in Schrumpfungsregionen 100 2.4 Fazit 105 3 Instrumente der In-Wertsetzung von brachliegenden Grundstücken 107 3.1 Handlungsempfehlungen zum Flächenrecycling 108 3.1.1 Im Dschungel der Empfehlungen 109 3.1.2 Der Start-up Plan – zielgruppenspezifisches Werkzeug zur Unterstützung von Flächenrecyclingprojekten 113 3.1.3 Grüne Wiese entwickeln oder Brache revitalisieren? – Die Boden-Wert-Bilanz 118 3.2 Ansätze zur Beschleunigung der Brachflächenreaktivierung 124 3.2.1 Passierschein für die Wiedernutzung – Der Flächenpass 125 3.2.2 Randbedingungen zur Wiedernutzung von Brachflächen 129 3.2.3 Beschleunigungsansätze für das Flächenrecycling 133 3.3 Fazit 137 4 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von ächenrecyclingvorhaben 139 4.1 Stand der Forschung 140 4.1.1 Stadtumbau und Flächenrecycling – eine europaweite Aufgabe in Strukturkrisestädten 142 4.1.2 CABERNET: A vision of economic regeneration an sustainable land use 147 4.1.3 NORISC: Risk assessment of contaminated sites 154 4.1.4 INTEGRA SITES: Strategy for site recycling and site management in urban areas 159 4.1.5 Nachhaltiges Flächenmanagement in den USA 164 4.1.6 RESCUE - Das europäische Best-Practice- Handbuch 171 4.1.7 Künftige Forschungsschwerpunkte 176 4.2 Strategieansätze zum Flächenrecycling aus Sicht der Immobilien- und Grundstückswirtschaft 182 4.2.1 Das Flächenrecycling in Stadtumbauregionen unter Finanzierungsaspekten 183 4.2.2 Marktwirtschaftliche Bedeutung der Revitalisierung von Brachflächen 186 4.3 Finanzierungsmodelle zum Flächenrecycling 190 4.3.1 Ziele und Programme der Städtebauförderung 191 4.3.2 Das Programm Stadtumbau Ost 195 4.3.3 Die freistellungsfinanzierte Altlastensanierung 199 4.4 Fazit 203 5 Ressource Fläche zwischen Aufbau und Rückbau 205

5.1 Neue Wege beim Flächenrecycling 206 5.1.1 Das Machbare anpacken – Zwischennutzungen und neueFreiflächen 207 5.1.2 Liegenlassen und Renaturieren von Brachflächen – Good-Practice-Fallstudien 213 5.1.3 Regional ökonomische Rahmenbedingungen beim Flächenrecycling in Suburbia 218 5.1.4 Ein Kommunikationskonzept für das Flächenrecycling in suburbanen Räumen 222 5.2 Best Practice von Flächenrecycling als Bestandteil der Stadt- und Standortentwicklung 227 5.2.1 Strukturwandel aus Industriekultur - Integrierte Standortnutzung 228 5.2.2 Standortentwicklung Saxonia-Areal in Freiberg 232 5.2.3 Flächenentwicklung in der Metropolregion Ruhr 236 6 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen – akteursspezifische Handlungsempfehlungen 241 6.1 Brauchen wir eine Bundesstrategie zur Wiedernutzung gebrauchter Flächen? 242 6.2 Ansätze und akteursspezifische Handlungsempfehlungen zum Umgang mit brachliegenden Flächen 246 6.3 Zusammenfassende Thesen und Ausblick 251 Anhang Dokumentation Workshop – MehrWert für Mensch und Stadt: Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

1 Kurzbericht Workshop 257 2 Einbettung Workshop 259 3 Grußworte 261 4 Workshopprogramm 269 5 Ergebnisdokumentation Workshop 275 6 Teilnehmerverzeichnis 279

Autorenverzeichnis 289 (Alle nicht namentlich gekennzeichneten Beiträge stammen vom Auftragnehmer.)

Abkürzungsverzeichnis 295 1 Rahmenbedingungen zum Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

1.1 Verminderung der Flächeninanspruchnahme 1.2 Das BMBF-Förderprogramm REFINA: Stand und weiteres Vorgehen 1.3 Flächenrecycling im Rahmen der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie 1.4 Handlungsinstrumente zum Flächensparen aus Sicht des Bundes 1.5 Perspektive Flächenkreislaufwirtschaft: Trends und Initiativen auf Bundesebene 1.6 Fazit

Die Rahmenbedingungen beim Stadtumbau weisen in Deutschland bei der aktuel- len Problemsituation in unterschiedliche Richtungen. In den neuen Bundesländern ist ein großes Überangebot an Flächen bei einer nur geringen Nachfrage zu finden. Für einen Großteil der dort vorhandenen Brachflächen wird es in absehbarer Zeit keine Nutzungen mehr geben. In einigen Regionen in den alten Bundesländern be- steht hingegen ein nach wie vor großer Druck auf die Fläche. Daher sind aktive Maßnahmen erforderlich, um eine weitere Zersiedelung zu verhindern und eine hohe Lebensqualität zu erhalten. Zudem zeichnet sich ab, dass sich die Randbedingungen für das Flächenrecycling im Hinblick auf die demographische Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland in den kommenden Jahrzehnten verändern werden. In weiten Teilen der Bundesrepublik wird es zu einem Rückgang der Einwohnerzahlen kommen. Als Konsequenz muss man von einer weiteren Freisetzung von Flächen und damit einem Anstieg des Anteils an Brachflächen ausgehen. Das Thema des Stadtumbaus wird zukünftig daher weiter an Bedeutung gewinnen. Es sind somit im verstärkten Maße Konzepte erforderlich, um nicht durch einen hohen Anteil an Brach- flächen ein negatives Image aufzubauen.

Thesen: ¾ Die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit erfordert weitere politische Rahmensetzungen. Es besteht ein Bedarf an akteursbezogenen Handlungsinstrumenten.

¾ Im Mittelpunkt steht die Sicherung der Finanzierbarkeit der einzelnen Maß- nahmen im Sinne der Vorteilhaftigkeit der Nachnutzung von Brachflächen gegenüber der grünen Wiese.

¾ Die Komplexität des Prozesses Flächenrecycling erfordert eine interdisziplinäre Herangehensweise, sowohl auf der Seite der politischen bzw. administrativen Akteure, als auch bei der Standort-/Projektentwicklung.

9 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

1.1 Verminderung der Flächeninanspruchnahme

Hagen Eyink, Gina Siegel

Einleitung Konkrete Vision Im April 2002 hat die Bundesregierung Im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung wird weiterhin ein unter dem Titel «Perspektiven für praktikables Maßnahmenprogramm er- Deutschland» verabschiedet. Die Nach- arbeitet, das in seiner Gesamtheit zu haltigkeitsstrategie zeigt mit dem Leit- einer Reduzierung und qualitativen Ver- bild sowie 21 Zielen und Indikatoren für besserung der Flächeninanspruchnahme eine nachhaltige Entwicklung Perspek- für Siedlungs- und Verkehrszwecke führt. tiven für ein zukunftsfähiges Deut- Dieses Ziel kann nur in mehreren Schrit- schland auf. In vier Handlungsfeldern - ten erreicht werden: Energie und Klimaschutz, Verkehr, Landwirtschaft sowie globale Verantwor- ¾ In einem ersten Schritt hat die Bun- tung - wurden Maßnahmen vorgestellt, desregierung ihre derzeit laufenden die Deutschland auf dem Weg zu einer und absehbaren Vorhaben daraufhin nachhaltigen Entwicklung voranbringen überprüft, inwieweit sie zu einer Ver- sollen. Mit dem Fortschrittsbericht 2004 minderung der Flächeninanspruch- zeigt die Bundesregierung in welchem nahme beitragen können. Umfang Forschritte hinsichtlich dieser Ziele erreicht werden konnten. Damit ¾ In einem zweiten Schritt soll geklärt erfolgt eine transparente und regelmä- werden, mit welchen Maßnahmen ßige Erfolgskontrolle. In der Nachhaltig- mittel- bis langfristig die Flächenin- keitsstrategie 2002 hat sich die Bundes- anspruchnahme vermindert werden regierung unter anderem zum Ziel ge- kann. Dazu hatte die Bundesregie- setzt, die Inanspruchnahme neuer Sied- rung den Rat für Nachhaltige Ent- lungs- und Verkehrsflächen bis zum Jahr wicklung gebeten, einen breiten Di- 2020 auf höchstens 30 Hektar pro Tag alog, insbesondere mit Ländern und zu verringern. Kommunen, zu organisieren und Die neue Bundesregierung hat in ihrer anschließend auf dieser Grundlage Koalitionsvereinbarung vom 11.11.2005 der Bundesregierung Vorschläge für dieses Ziel bestätigt, „den Flächenver- Maßnahmen zur Verminderung der brauch gemäß der nationalen Nachhal- Flächeninanspruchnahme zu unter- tigkeitsstrategie auf 30 ha/Tag zu redu- breiten. zieren und für das Flächenressourcen- management finanzielle Anreizinstru- mente zu entwickeln“.

10 Rahmenbedingungen zum Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

¾ Die Bewertung der im ersten Schritt bzw. Festlegungen ganz abzusehen, um vorzunehmenden Prüfung der lau- sich damit temporäre Vorteile im Stand- fenden Vorhaben sollen dann ortwettbewerb zu verschaffen. weiterhin mit den langfristig ange- Die bereits seit längerem eingeleitete legten Vorhaben zu einem integrier- Trendwende in der Städtebau- und Woh- ten Maßnahmenprogramm zusam- nungspolitik hin zu einer verstärkten mengeführt werden. Bestandsförderung und Innenentwick- lung dient dem Ziel des Flächensparens Folgerungen der Bundesregierung und muss konsequent fortgesetzt wer- den. Die Ausgestaltung des Förderin- Die Prüfung des Spektrums der Hand- strumentariums kann noch stärker auf lungsmöglichkeiten zur Reduzierung der dieses Ziel ausgerichtet werden. Die Flächeninanspruchnahme hat gezeigt, Abschaffung der Eigenheimzulage war dass einige wenige Einzelmaßnahmen in diesem Zusammenhang ein wichtiger rechtlicher oder finanzieller Art die an- Schritt. Die Entfernungspauschale trägt gestrebte Trendwende voraussichtlich auch in ihrer reduzierten Form noch dazu nicht bewirken können. Stattdessen ist bei, dass Wohnortverlagerungen, die zu es notwendig, eine Vielzahl von Instru- einer Verlängerung von Arbeitswegen menten und Konzepten zu entwickeln führen, nicht in vollem Umfang auf die und einzusetzen, die in ihrer Gesamt- Transportkosten der Haushalte durch- heit die Flächeninanspruchnahme ein- schlagen. Dies erleichtert vielen Famili- dämmen. Erfolg versprechend erscheint en die Entscheidung für einen Wohn- die Fortsetzung und Verstärkung einer standort am Rande oder außerhalb der Politik der Innenentwicklung von Städ- Stadtregionen und erhöht tendenziell die ten und der Wiedernutzung von Brach- Neuinanspruchnahme von Flächen auf flächen. Zur Annäherung an das «30-ha- der grünen Wiese. Andererseits sind vie- Ziel» sollte deshalb vor allem eine Erhö- le Arbeitnehmer auch gezwungen, von hung der Recyclingquote von vorhande- ihrem bestehenden Wohnort aus immer nen Brachflächen verfolgt und deren längere Pendelwege in Kauf zu nehmen, Entwicklung bilanziert werden. Entspre- um überhaupt eine Arbeit zu finden. chend dem Ziel der nationalen Nachhal- Eine mögliche weitere Umgestaltung der tigkeitsstrategie, ein Verhältnis von Entfernungspauschale wird dies berück- Innenentwicklung und Aussenentwick- sichtigen. lung von 3:1 zu erreichen, ist die Flä- cheninanspruchnahme möglichst auf die Die Möglichkeiten, im Zuge der notwen- bereits erschlossenen und in die Städte digen Reform der Grundsteuer auch ei- und Gemeinden integrierten Standorte nen erhöhten Anreiz zur Reduzierung der zu lenken. Dazu müssen in den Raum- Flächeninanspruchnahme zu schaffen, ordnungsplänen verbindliche und nach- müssen noch weitergehend geprüft wer- vollziehbare Festlegungen zur Begren- den. Dabei sollten die verschiedenen zung des Siedlungswachstums auf die Modelle, insbesondere hinsichtlich ihrer geeigneten Flächen getroffen werden. Es Lenkungswirkung auf den Flächenver- darf auch bei einer Veränderung der Kom- brauch und möglicher Ausweichreaktio- petenzordnung zwischen Bund und Län- nen, untersucht werden. Zudem müssen dern keine Situation entstehen, die es soziale, wirtschaftliche und finanzpoliti- einzelnen Ländern oder Regionen erlau- sche Wirkungen auf Bürger und Kom- ben würde, von entsprechenden Plänen munen untersucht werden. Gleiches gilt

11 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen für die Grunderwerbsteuer. Weitere, in zur Finanzierung aufwändigerer Sied- der Diskussion befindliche Instrumente, lungsformen herangezogen werden. wie eine Neuversiegelungsabgabe, die Wenn es gelingt Fälle von Quersubven- Einbeziehung der Flächeninanspruch- tionierung abzubauen, sinkt der Anreiz nahme bei der Umgestaltung der kom- für kostenintensive Neuinanspruchnah- munalen Finanzverfassung, die Berück- me der grünen Wiese. Dazu müsste sichtigung der sozialen Infrastruktur bei das Schließungsbeitragsrecht, dessen der Festlegung von Erschließungsbeiträ- Regie seit der Verfassungsreform 1994 gen sowie die Ausschöpfung der Poten- den Ländern obliegt, gegebenenfalls ziale von Fondsmodellen zur Altlasten- angepasst werden. Auch haben die sanierung sollten auf der jeweils zustän- Kommunen Spielräume hinsichtlich digen Ebene ebenfalls hinsichtlicht ih- des Erschließungsaufwands, wobei sie rer Effizienz und Praktikabilität geprüft verpflichtet sind die Erschließung selbst werden. Für die Zukunft erscheinen nach kostengünstig herzustellen. Es ist den jetzigen Erkenntnissen und vor dem darüber hinaus zu prüfen, ob die zuneh- Hintergrund der Vorschläge des Rates mend privat organisierten Ver- und Ent- für Nachhaltige Entwicklung vier Leitge- sorgungsleistungen bis hin zur Anbin- danken verfolgenswert: dung an den öffentlichen Verkehr mit ei- ner gerechten Kostenanlastung verbun- a) Kostenwahrheit den sind. Dabei geht es nicht um die Ort, Art und Umfang der Inanspruch- Rücknahme sozial motivierter Subventi- nahme von Flächen für Siedlungszwe- onen von Einrichtungen und Diensten der cke werden maßgeblich von den Bo- Daseinsvorsorge, sondern um die kor- denpreisen bestimmt. Hohe Preise si- rekte Ermittlung und Anlastung von Kos- gnalisieren Knappheit und veranlassen ten unterschiedlicher Siedlungsformen, zu einem sparsamen Umgang mit der die bei der Wahl von Wohn- und Be- Fläche. Entscheidend für diese Steu- triebsstandorten eine wichtige Rolle erungswirkung ist u. a., dass die Kos- spielen sollten. ten, die im Zusammenhang mit dem Der Leitgedanke der Kostenwahrheit Erwerb der Nutzung eines Grundstücks sollte auch bei der Ausweisung von Bau- entstehen, auch den tatsächlichen Auf- flächen durch die Kommunen stärker wendungen entsprechen, die von der zum Tragen kommen. Neuere Untersu- Gemeinschaft für Planung, Erschlie- chungen zeigen, dass die von den Kom- ßung und Versorgung aufzubringen munen ganz oder teilweise zu tragen- sind. Es gibt deutliche Hinweise dar- den Kosten für Planung, Erschließung auf, dass die relativ hohen Kosten und anschließende Versorgung von Neu- besonders Flächen zehrender Sied- baugebieten häufig über die langfristig lungsformen ihren Nutznießern zu erzielenden Einnahmen aus den teilweise nur unvollständig in Rechnung Steuern der Bewohner hinausgehen. gestellt werden, während die Bewoh- Ähnliches gilt für Gewerbegebiete. Neue ner verdichteter und daher kostengüns- Bau-, insbesondere Gewerbegebiete tiger zu erschließender städtischer Ge- werden von den Kommunen in beachtli- biete in einer Art Mischkalkulation mit chem Umfang im Außenbereich, in der Regel zu Lasten der bisher landwirt- schaftlich genutzten Flächen, ausgewie- sen. Ungeklärt ist, wie indirekte bzw.

12 Rahmenbedingungen zum Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Schattenkosten für die Flächeninan- lungsabgabe sollte in die Untersuchun- spruchnahme (Beeinträchtigung der gen einbezogen werden. Wichtige Bei- Bodenfunktionen, Versiegelung und Ein- träge können ökonomische Instrumen- griff in den Grundwasserhaushalt, Beein- te bei der Aktivierung von Altlasten und trächtigung der Biodiversität etc.) bei sol- Brachen leisten. Die Nutzung von Fonds- chen Entscheidungen Berücksichtigung oder Versicherungsmodellen soll unter- finden können. Ansätze, hier zu einer sucht und weiterentwickelt werden. größeren Transparenz zu kommen und Zur diskutierten Einführung eines bun- Folgekosten mit in die Überlegungen mit des- oder landesweiten Systems inter- einzubeziehen, müssen von Bund, Län- kommunal handelbarer Flächenauswei- dern und Gemeinden gemeinsam voran- sungsrechte auf der Basis national oder getrieben werden. landesweit vorgegebener, maximal zu- lässiger Flächenwidmungskontingen- b) Ökonomische Instrumente te gibt es verfassungsrechtliche und pla- nungspolitische Bedenken. Handelbare Ökonomische Instrumente können nach Flächenzertifikate sind bezüglich der Einschätzung der Bundesregierung und Standorteignung und der qualitativen Flä- des Nachhaltigkeitsrates die planeri- chenschutzbelange blind und müssten schen Instrumente sinnvoll ergänzen. in jedem Fall mit planerischen Leitplan- Erste Maßnahmen zum Abbau von Sub- ken versehen werden. Vor einer grund- ventionen, die die Flächeninanspruch- sätzlichen Entscheidung über die Wei- nahme begünstigen, wie die Reduzie- terverfolgung solcher Ansätze sollten die rung der Entfernungspauschale und die Ergebnisse der in einigen Kommunen Abschaffung der Eigenheimzulage zum bereits laufenden Pilotvorhaben abge- 1. Januar 2006 für Neubauten, sind wartet, gründlich ausgewertet und mit bereits beschlossen. Hier müssen wei- den Beteiligten, insbesondere den Kom- tere Schritte folgen, beispielsweise auch munen diskutiert werden. Zielführend bei einer Reihe von Förderprogrammen, können aus Sicht der Bundesregierung deren Mittel selbst nach bereits erfolg- zunächst allenfalls kleinräumige Formen ten Umorientierungen immer noch zum des interkommunalen Austauschs von Teil in Neubauten und Infrastrukturmaß- Flächennutzungsrechten sein, die regi- nahmen auf der grünen Wiese fließen. onal begrenzt und im Rahmen der raumordnerischen Festlegungen erfolgen Weiteres Potenzial wird bei der Umge- und einen Tausch von spezifizierten Flä- staltung der Grundsteuer und der Kom- chenkontingenten mit Elementen eines munalfinanzen gesehen. Während bei Vorteil-Nachteil-Ausgleichs zwischen einigen dieser Instrumente die Wirkun- Gemeinden ermöglichen. Die Bundes- gen der steuer-, förder- und fiskalpoli- regierung hält es für zweckmäßig, in Mo- tisch ausgerichteten Reformvorschläge dellvorhaben derartige Möglichkeiten der bereits untersucht sind, bedürfen ande- Anreicherung und Flexibilisierung des re einer vertieften fachlichen und politi- Planungsinstrumentariums im Kontext schen Prüfung. Dies gilt insbesondere eines regionalen Flächenmanagements im Hinblick auf ihre Praktikabilität und zu untersuchen und weiter zu entwi- Umsetzbarkeit sowie ihre sozioökono- ckeln. mischen und siedlungsstrukturellen Aus- wirkungen. Auch die vom Nachhaltig-- keitsrat vorgeschlagene Neuversige-

13 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen c) Regionale Verantwortung ¾ Präzisierung der Bemessungs- grundlagen und der Bedarfsnachwei- Planung und Steuerung der Flächennut- se bei der Ermittlung und Prüfung zung in Deutschland erfolgen nach dem von notwendigen Flächenneuaus- so genannten «Gegenstromprinzip». Zur weisungen in Bauleitplänen und auf Umsetzung des Ziels einer nachhaltigen Ebene der Landes- und Regionalpla- Raumentwicklung bedarf es einer den nung Erfordernissen angemessenen Weiter- entwicklung des flächenpolitischen In- ¾ Intensivierte Prüfung und nach Mög- strumentariums. Vor der Entwicklung lichkeit Beschränkung geplanter Flä- gänzlich neuer flächenpolitischer Instru- chenumwidmungen von ökologisch mente und Verfahren ist es vorrangig er- besonders bedeutsamen sowie forderlich, das vorhandene Planungsin- landwirtschaftlich wertvollen Böden strumentarium auf allen Planungs- und hinsichtlich ihrer unabweisbaren Verwaltungsebenen konsequent anzu- Notwendigkeit auf der Basis ent- wenden, bestehende Vollzugsdefizite zu sprechend belastbarer Qualitätskri- beheben, geeignete planerische Einzel- terien der Landschaftsplanung instrumente sachgerecht zu schärfen und die Wirksamkeit der «harten» Pla- ¾ Konsequentere Umsetzung der na- nungsinstrumente durch ergänzende turschutzrechtlichen Eingriffs- und «weiche» Instrumente und informelle Ausgleichsregelung zur Verminde- Verfahren zu erhöhen. Zur Schärfung rung der Flächeninanspruchnahme. raumordnerischen Planungsinstrumen- Die Wirksamkeit der «harten» tariums und zur Behebung von Vollzugs- planerischen Instrumente zur Um- defiziten an der Schnittstelle von über- setzung einer flächensparenden örtlicher Raumordnung und kommuna- Siedlungsentwicklung wird in der ler Bauleitplanung können folgende raumordnerischen Praxis erheblich Maßnahmen beitragen: gesteigert durch flankierende «wei- che» Instrumente und informelle ¾ Präzisierung und Schärfung flächen- Verfahren. Diese ergänzenden Pla- bezogener Vorgaben in den Raum- nungsansätze sind verstärkt fortzu- ordnungsplänen der Länder und führen und auf ein regionales Flä- insbesondere in den konkretisieren- chenmanagement auszurichten. den Regionalplänen, z. B. Orientie- rungswerte zur anzustrebenden Strategisch wesentliche Handlungsfel- Mindestdichte der hierbei sind: ¾ Strikte Anwendung der raumordne- ¾ Stärkung der interkommunalen und rischen Leitvorgaben zur flächen- regionalen Kooperation: sparenden Siedlungsentwicklung im Kooperative Planungs- und Hand- Rahmen der Aufstellungs- und Ge- lungsansätze leisten wesentliche nehmigungsverfahren kommunaler Beiträge zu einer nachhaltigen Sied- Bauleitpläne, auch mit Blick auf ent- lungsentwicklung und zum sparsa- sprechende Anforderungen der künf- men Umgang mit Grund und Boden. tig erforderlichen Plan-Umweltprü- Sie können bei der Entwicklung und fung Umsetzung stadtregionaler Frei- raumkonzepte im Zuge von Land-

14 Rahmenbedingungen zum Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

schaftsparks ebenso zum Tragen ten, um die Kommunikation der an der kommen wie bei der Entwicklung Flächenpolitik direkt oder indirekt Betei- interkommunaler Gewerbegebiete. ligten zu verbessern. Auftakt soll ein Kongress «Ziel-30-ha» werden. Darüber ¾ Ausbau des Flächenmonitorings: hinaus wird vorgeschlagen, einen Wett- Zur Verbesserung der Informations- bewerb der guten kommunalen Lö- grundlagen und zur Schärfung des sungsansätze zu initiieren. Problembewusstseins ist ein Aus- Die vertiefte sektorpolitikübergreifende bau des Flächenmonitorings auf Zusammenarbeit der Ressorts wird das Bundes-, Landes-, Regions- und Thema Flächeninanspruchnahme weiter kommunaler Ebene angezeigt, vorantreiben. Ressorts des Bundes ha- auch im Hinblick auf die Einführung ben weiterführende Initiativen ergriffen, der Plan-Umweltprüfung. Dabei sind die auch den Wettbewerbsgedanken zum einen Flächendatenbanken zur aufgreifen: Erfassung, Bewertung und Mobili- sierung von Baulandreserven in Das Deutsche Institut für Urbanistik jeweils angemessener Detaillierung (Difu) führt im Auftrag des Bundes- anzustreben. Zum anderen sollten amtes für Bauwesen und Raumordnung neben quantitativen Kenngrössen (BBR) und des Bundesministeriums für verstärkt auch geeignete Indikato- Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ren zur Effizienz und Qualität der (BMVBS) das Forschungsvorhaben des Flächeninanspruchnahme entwi- Experimentellen Wohnungs- und Städ- ckelt werden tebaus (ExWoSt) «Fläche im Kreis - Kreislaufwirtschaft in der städtischen- ¾ Bündelung in einem regionalen Flä- stadtregionalen Flächennutzung» chenmanagement: durch. Im Mittelpunkt des Vorhabens Flächensparen soll zukünftig als stehen Planspiele, in denen in fünf komplexe Managementaufgabe auf- Städten bzw. Stadtregionen verschiede- gefasst werden, deren Bewältigung ne Akteure gemeinsam Strategien einer durch kombinierten und koordinier- Flächenkreislaufwirtschaft entwickeln. ten Instrumenteneinsatz in einem Die kommunalen Spitzenverbände Deut- regionalen Netzwerkverbund erfolgt. scher Städtetag, Deutscher Landkreis- Im regionalen Verbund können auch tag und Deutscher Städte- und Gemein- Gewerbe- oder Ausgleichsflächen- debund unterstützen die Durchführung pools wirksam zum Tragen kom- des Forschungsvorhabens. men. Parallel dazu sollte auf kom- munaler Ebene sukzessive ein Flä- Das BMVBS hat ab 2004 bis 2006 im chenmanagement aufgebaut wer- Rahmen der neuen Modellvorhaben der den, wie dies derzeit z. B. in Ba- Raumordnung die Entwicklung von prak- den-Württemberg und Bayern ge- tischen Handlungsansätzen unterstüzt, schieht. die dem weiteren Zuwachs der Flächen- inanspruchnahme für Siedlungszwecke d) Kontinuierlicher Dialog Fläche entgegenwirken. An der Schnittstelle «Verzahnung ökonomischer Instrumen- Der Rat für Nachhaltigkeit empfiehlt der te mit der raumplanerischen Steuerung» Bundesregierung, ein kontinuierliches setzt aktuell ein Modellvorhaben der Projekt «Nachhaltige Stadt» einzurich- Raumordnung an, bei dem in einem Re-

15 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

gionalverband geprüft wird, ob die dis- Erarbeitet wurde dieses Thema in dem kutierten ökonomischen Steuerungsan- interministeriellen Arbeitskreis mit Bun- sätze geeignet sind, als praktikable, deskanzleramt (BK), Bundesministeri- umsetzbare Instrumente die Flächenpo- um der Finanzen (BMF), Bundesminis- litik in Stadt und Region zu ergänzen terium für Umwelt, Naturschutz und Re- und ob solche Instrumente praktisch in aktorsicherheit (BMU), Bundesministe- das bestehende Planungs- und Finanz- rium für Wirtschaft und Technologie system der Region und des Bundeslan- (BMWi), Bundesministerium der Vertei- des integriert werden können. Es ist ge- digung (BMVg), Bundesministerium für plant, den Kreis der Modellregionen zu Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau- erweitern. cherschutz (BMELV), Bundesministeri- um für Verkehr, Bau und Stadtentwick- Das Bundesministerium für Bildung und lung (BMVBS), Bundesamt für Bauwe- Forschung (BMBF) hat unter dem Titel sen und Raumordnung (BBR), Umwelt- «Nachhaltiges Flächenmanagement» bundesamt (UBA), Bundesamt für Na- fachübergreifende Fördermaßnahmen turschutz (BfN), Projektträger Jülich mit hohem Innovationswert ausgeschrie- unter Federführung der Raumentwick- ben. Im Förderschwerpunkt «Forschung lung. für die Reduzierung der Flächeninan- spruchnahme und ein nachhaltiges Flä- chenmanagement» (REFINA) sollen Methoden und Bewertungsansätze für Weiterführende Links: ein nachhaltiges Flächenmanagement und Flächenrecycling entwickelt sowie http://www.Bundesregierung.de/ Verfahren für differenziertere regionale Politikthemen -11405/Nachhaltige- und überregionale Analysen der nach- Entwicklung.htm haltigen Siedlungsflächenentwicklung http://www.bbr.bund.de/moro/ und deren Bewertung (Datengrundlagen, index.html Datenmanagement, Trends und Szena- http: //www.flaeche-im-kreis. de/ rien) durchgeführt werden.

16 Rahmenbedingungen zum Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

1.2 Das BMBF-Förderprogramm REFINA: Stand und weiteres Vorgehen

Karl Wollin

I. II. Der Workshop „MehrWert für Mensch Viele der in der damaligen Altlastenfor- und Stadt: Flächenrecycling in Stadtum- schung gewonnenen Erfahrungen sind bauregionen“ ist Auftakt für eine Ta- unter dem Stichwort „nachhaltiges Flä- gungsreihe zum Thema „Flächeninan- chenmanagement und Flächenrecycling“ spruchnahme“, die mit Unterstützung der in das vom Bundesministerium für Bil- Bundesministerien BMBF, BMVBS und dung und Forschung am 30. Juni 2004 BMU sowie des Bundesamtes für Bau- veröffentlichte Rahmenprogramm „For- wesen und Raumordnung, des Umwelt- schung für die Nachhaltigkeit (FONA)“ bundesamtes und des Projektträgers eingeflossen (vgl. www.fona.de ). Jülich organisiert wird. Die Tagungen Mit diesem Rahmenprogramm fördert sollen eine Plattform für den Informati- das BMBF gezielt die Erforschung, onstransfer an Verantwortliche aus Ver- Umsetzung und Vermittlung von Innova- waltung und Praxis und für den Dialog tionen für eine nachhaltige Entwicklung, unter Experten sein. als Beitrag zur Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung. Es ist interdiszi- Die Stadt Freiberg als Tagungsort des plinär und anwendungsorientiert konzi- Auftaktworkshops hat eine enge Bezie- piert. Großer Wert wird auf den Wissens- hung zu der Thematik.Hier fand bereits transfer in die Praxis und in die Bildungs- vor 15 Jahren, im Oktober 1990, das ers- systeme gelegt. te deutsch-deutsche Symposium über Das Rahmenprogramm FONA bildet das Altlastensanierung statt, das damals als gemeinsame Dach für eine Vielzahl von eine Art Aufbruchsignal verstanden wur- BMBF-Forschungsfördermaßnahmen de angesichts der Herausforderungen für zur Stärkung der Nachhaltigkeit in ver- die Entwicklung geeigneter Sanierungs- schiedenen Bereichen unseres Wirt- verfahren und der damals prognostizier- schafts- und Gesellschaftssystems und ten Milliarden-Aufwendungen für Sanie- unserer Umwelt. rungsmaßnahmen. Eine dieser Maßnahmen ist das Förder- Heute ist bekannt, dass nicht alle in den programm „Forschung für die Reduzie- Untergrund gelangten Schadstoffe ent- rung der Flächeninanspruchnahme und fernt werden können. Die Durchführung ein nachhaltiges Flächenmanagement und Finanzierung der Altlastensanierung (REFINA)“. Es soll zum Ziel der Bun- und auch der nachhaltige Umgang mit desregierung beitragen, die Flächenin- den zur Verfügung stehenden Flächen anspruchnahme für Siedlungen und Ver- ist eine Generationenaufgabe. kehr von 129 ha/Tag im Jahr 2000 auf einen Wert von 30 ha/Tag bis zum Jahr 2020 zu reduzieren.

17 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Ohne neue Konzepte und gemeinschaft- dellvorhaben der Raumordnung - lichen Anstrengungen auf allen Hand- MORO“, und „Experimenteller Woh- lungsebenen von Bund, Ländern und nungs- und Städtebau – ExWoSt“ so- Kommunen kann dieses Ziel nicht er- wie der Umweltforschungsplan des reicht werden. Diese Erkenntnis hat zu BMU.Von Bedeutung für die Initiierung einer engeren Kooperation aller beteilig- des Förderprogramms REFINA waren ten Bundesministerien geführt, die in auch die Erfahrungen aus der wissen- einer interministeriellen Arbeitsgruppe schaftlich–technischen Zusammenarbeit bei der Planung von REFINA zusammen- mit der amerikanischen Umweltbehörde gearbeitet haben. Neben den bereit ge- EPA, die 1991 begann. Sie war in den nannten Ressorts BMBF, BMVBS und ersten beiden Phasen bis 2001 auf die BMU gehören auch BMELV, BMVg, Erprobung von Sanierungsverfahren aus- BMWi und BMF dazu. gerichtet. In der seit 2002 laufenden dritten Phase Um eine wirksame Verminderung der geht es um das Recycling und die Flächeninanspruchnahme zu erreichen, Wiedernutzung von Brachflächen, die haben die Bundesressorts die drei Hand- zweckmäßige Kooperation aller Akteu- lungsfelder auf geeignete Maßnahmen re und die Erstellung geeigneter stand- hin geprüft: ortspezifischer Managementkonzepte. ¾ rechtliche und planerische Zwischen Experten beider Länder wer- Instrumente, den Kenntnisse und Erfahrungen aus- ¾ finanz-, steuer- und getauscht. Eine vierte Phase der Zusam- förderpolitische Instrumente, menarbeit ab 2006 wird vorbereitet. Sie ¾ ergänzende Handlungsfelder soll thematisch und organisatorisch eng Einer der Vorschläge zu den „ergänzen- mit REFINA verknüpft werden (vgl. den Handlungsfeldern“ war das neue www.bilateral-wg.org).Das Förder- Forschungsförderprogramm REFINA. programm REFINA hat drei Schwer- punktbereiche: III. I. Beispielhafte Modellkonzepte REFINA zielt auf innovative Konzepte für eines innovativen Flächenma- die Reduzierung der Flächeninanspruch- nagements für ausgewählte nahme, mit denen unterschiedliche Zie- Regionen unterschiedlicher le wie Umwelt- und Naturschutz, wirt- Entwicklungsbedingungen schaftliches Wachstum, aber auch so- zialgerechte Wohnungsversorgung, II. Analysen, Methoden, und städtebauliche Qualität und Mobilität Bewertungsansätze für ein besser in Einklang gebracht werden kön- nachhaltiges Flächenmanage- nen. Dabei geht es um Lösungen so- ment und Flächenrecycling wohl für Regionen mit Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum als auch für Ziel dieses Schwerpunktes ist die Wei- Regionen mit Bevölkerungsrückgang. terentwicklung des gesamten Instrumen- REFINA baut dabei auf Erkenntnisse tariums für ein nachhaltiges Flächenma- aus den bisherigen Förderprogrammen nagement. Dementsprechend ist dieser des BMBF sowie Ergebnissen der Bun- Schwerpunkt inhaltlich recht breit ange- desressortforschung auf, wie z.B. die legt: BMVBS-Forschungsprogramme „Mo-

18 Rahmenbedingungen zum Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

A. innovative Lösungen für die dungskonzepte ebenso wie die Weiter- Wiedernutzung ehemals ge- entwicklung von Datenbanken, Informa- nutzter und zum Teil belasteter tions- und Entscheidungshilfesystemen Flächen und Altablagerungen und auch Maßnahmen des internationa- (Flächenrecycling) sowie len Wissensaustausches und der Auf- Strategien zur Sicherung und bau von Kompetenznetzwerken. Verbesserung der Umweltquali- tät in Städten und Gemeinden, IV. z. B. im Rahmen kompakter Siedlungsformen Nach der Veröffentlichung REFINAs im Oktober 2004 wurden für die Interessen- B. Konzepte zur vergleichenden ten Informationsveranstaltungen durch- Bewertung der Schutzbedürftig- geführt, an denen sich mehr als 300 keit von Flächen und Beurtei- Fachleute beteiligten. lung von Bodenqualitäten im Die große Resonanz auf das REFINA- Rahmen von Boden- und Programm zeigte sich aber auch in der Flächenschutzkonzeptionen Zahl der eingegangenen Projektskizzen: Bis Ende Januar 2005 bewarben sich für C. Verfahren für regionale und die Schwerpunkte I und II über 800 Ein- überregionale Analysen der richtungen mit 141 Projektskizzen für nachhaltigen Siedlungsflächen- eine Förderung. Einreicher sind Bundes- entwicklung und deren Bewer- länder, Kommunen, Unternehmen, Ver- tung (Datengrundlagen, Daten eine und Verbände. Die Projektvorschlä- management, Trends und ge konzentrierten sich auf folgende Szenarien) wichtige Themen:

D. Weiterentwicklung der Metho- ¾ Wiedernutzbarmachung von den und Instrumente eines Altlasten/ Altablagerungen nachhaltigen Flächenmanage- ¾ Flächenrecycling innerstädti- ments unter Berücksichtigung scher Gewerbeflächen rechtlicher, städtebaulicher, ¾ Konversion militärischer Liegen- sozialer, ökologischer, ökonomi- schaften scher sowie organisatorischer ¾ Verbesserung der Regionalpla- Aspekte auf der Basis einer nung akteurs- und institutionenbasier- ¾ Umgestaltung schrumpfender ten Perspektive Städte ¾ Ökonomische Instrumente III. Entwicklung neuer Informati- ons- und Kommunikationsstruk- Einen besonders großen Anteil hatten turen Anträge von Einrichtungen aus den Städ- ten Berlin, Hamburg, Hannover, Leipzig Dieser Schwerpunkt zielt auf die Verbes- und Stuttgart sowie den Regionen Rhein- serung des Problembewusstseins in der Neckar, Ruhrgebiet. Öffentlichkeit, aber auch auf die verbes- serte Kommunikation der mit dem Flä- Im April 2005 wurden die Projektskiz- chenmanagement befassten Akteure. zen von einem Gremium aus Hierzu gehören Bildungs- und Ausbil- 33 Fachleuten von wissenschaftlichen

19 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Einrichtungen, Behörden und Vereini- Projekte ab 2006 schrittweise bewilligt gungen begutachtet. werden.

Wichtige Auswahlkriterien waren: Die Laufzeit des REFINA-Programms ¾ der Beitrag zur Reduzierung reicht bis ins Jahr 2008. Ein länder- und der Flächeninanspruchnahme ressortübergreifender Beirat wird Anfang ¾ der Innovationsgrad 2006 seine Tätigkeit aufnehmen und das ¾ die möglichen Multiplikationsef- Programm begleiten und jährlich evalu- fekte sowie ieren ¾ die transdisziplinäre Zusam- menarbeit. Erster Höhepunkt der Programmdurch- führung wird eine Auftaktveranstaltung Aus den 141 Projektskizzen zu den sein, auf der die Fördervorhaben präsen- REFINA-Schwerpunkten I und II wurden tiert und das Konzept für die weitere pro- 36 Projektskizzen ausgewählt und die jektübergreifende Durchführung und Be- Interessenten vom Projektträger Jülich gleitung des REFINA-Programms vorge- zur Einreichung formaler Förderanträge stellt werden. Die Veranstaltung findet aufgefordert. am 16. und 17. Februar 2006 in Berlin statt. Es haben sich 7 Themenbereiche oder –verbünde herausgebildet: Mit REFINA steht ein attraktives ¾ Regionale Konzepte Förderprogramm zur Verfügung, das die ¾ Innerstädtische Konzepte Problematik des Flächenverbrauchs be- ¾ Flächenrecycling wusst macht, die Betroffenen mitein- ¾ Konversion ander ins Gespräch bringt und innovati- ¾ Schrumpfende Region ve Lösungen einleitet und verbreitet – als ¾ Bodenfunktionen Beitrag zur Erreichung eines wichtigen ¾ Ökonomische Konzepte Teilziels der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung. Mitte August befanden sich 5 beantrag- te Projektverbünde mit 23 Einzelprojek- ten beim Projektträger in der Bearbei- tung. Weitere Vorhabensanträge sind angekündigt, haben sich aber aufgrund der Vielzahl von Abstimmungen mit den Kommunen verzögert. Die Projektprüfun- gen werden zügig fortgesetzt. Die Bewilligungen erfolgen im Rahmen der Vorgaben des laufenden bzw. kommen- den Bundeshaushaltes.

Für den REFINA-Schwerpunkt III, Infor- mations- und Kommunikationsstruktu- ren, wurden bis zum Stichtag, dem 31.4.2005, 60 Projektskizzen einge- reicht. Der Auswahlprozess soll zügig abgeschlossen und die ausgewählten

20 Rahmenbedingungen zum Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

1.3 Flächenrecycling im Rahmen der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie

Eckhard Bergmann

In ihrer Nationalen Nachhaltigkeits- fangreich ausgewiesen. Es bestehen strategie konkretisierte die Bundesre- also weiterhin Handlungsnotwendigkei- gierung für zentrale Handlungsfelder ten, sie resultieren aus dem Erforder- Grundsätze für eine zukunftsfähige Ent- nis, die knappe Ressource Fläche spar- wicklung. Eines dieser Handlungsfelder sam und effizient zu bewirtschaften. lautet: „Flächeninanspruchnahme ver- mindern Nachhaltige Siedlungsent- wicklung fördern.“ Denn Fläche ist ein sich immer weiter verknappendes Gut, um das unterschiedliche Nutzun- gen konkurrieren. So sind sowohl die Versorgung der Bevölkerung mit an- gemessenem Wohnraum zu sichern als auch für die gewerbliche und in- frastrukturelle Nutzung ausreichend Flächen bereit zustellen. Gleichzei- tig sind großräumige und übergreifen- de Freiräume zu erhalten und zu ent- wickeln, Erholungsmöglichkeiten für den Menschen zu bieten, den Boden, das Wasser und das Klima in seinen ökologischen Funktionen zu erhalten und Nutzungsoptionen auch für nachfol- Abbildung 1: Tägliche Zunahme der Gebäude gende Generationen offen zu halten. und Freiflächen 1992 – 2004

Diese Nutzungskonkurrenz verlief in der Vor diesem Hintergrund zielt eine dem Vergangenheit zu Gunsten der Sied- Nachhaltigkeitsgedanken verpflichtete lungsfläche Westdeutschlands, sie hat Flächenhaushaltspolitik einerseits auf sich in den vergangenen 40 Jahren fast eine Reduzierung der Flächeninan- verdoppelt. Allerdings hat sich der An- spruchnahme – das berühmte 30 ha- stieg seit Mitte der 90er Jahre wieder Ziel. Andererseits geht es um die Aus- abgeschwächt, insbesondere bei der schöpfung vorhandener Nutzungspoten- Gebäude- und Freifläche (Abbildung 1). ziale (Brachflächen usw.). Mengensteu- Dies ist zum einen eine Folge der erung und Qualitätssteuerung gehen (bau)konjunkturellen Situation. Zum an- Hand in Hand. Eindeutige Reduktions- deren hat aber auch eine aktive Flächen- ziele auf der einen und qualitative Ziele haushaltspolitik in Städten und Gemein- auf der anderen Seite, um durch Innen- den zu dem Rückgang beigetragen. entwicklung und städtische Aufwertung die Inanspruchnahme im Außenbereich Doch noch immer wird neue Fläche - zu verringern. auch in Schrumpfungsregionen - um-

21 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Angestrebt wird sowohl eine konsequen- Grünflächen wertet das städtische te Innenentwicklung als auch eine Auf- Wohnumfeld auf und machen damit das wertung der Siedlungsflächen. Die vor- Wohnen in den Städten im Vergleich handenen Potenziale sollen besser aus- zum Wohnen im Grünen wieder attrak- geschöpft werden, um den Außenbe- tiv. reich zu schonen und die Suburba- nisierung zu bremsen. Besonderer Stel- Die Forcierung der Innenentwicklung ist lenwert kommt dabei der Aufwertung und eine komplexe Herausforderung. Denn Wiederbelebung der Innenstädte zu. Nur es gibt kaum einen Bereich, bei dem wenn die Städte wie auch zentrale Stand- das komplexe Gefüge von ökologischen, orte attraktiv genug sind und eine Palet- ökonomischen und sozialen Anforderun- te verschiedener und interessanter For- gen so sichtbar wird wie beim Umgang men von Wohneigentum bieten, gewin- mit der begrenzten Ressource Boden. nen diese in Konkurrenz zum suburba- Innenentwicklung ist von daher kein fer- nen Raum wieder an Attraktivität. tiges Produkt, sondern ein langfristiger Prozess, der fortgeschrieben und wei- Dabei ist die große Bedeutung der terentwickelt wird; es ist ein gesell- Innenentwicklung (u.a. Brachenrecy- schaftlicher Such-, Lern- und Entschei- cling, Dichteerhöhung, Baulücken, Mehr- dungsprozess. fachnutzungen) anerkannt; es geht – schwierig genug – um die Umsetzung. Die kommunalen bzw. regionalen Akteu- Das Verhältnis der Innen- zur Außen- re – und sie entscheiden letztlich – brau- entwicklung soll 3 : 1 betragen. Denn chen dafür eine handlungsleitende Ori- zunehmend bedeutsam für das Stadt- entierung, wenn sie die – anspruchsvol- bild sind unterausgelastete oder brach- len – quantitativen und qualitativen Ziele liegende Flächen in – auch vergleichs- einer flächenbezogenen Nachhaltigkeits- weise neuen – Gewerbegebieten, da die strategie in die Praxis umsetzen wollen. Produktionszyklen immer kürzer werden Eine mögliche Strategie könnte heißen: und dieser strukturelle Wandel ein Brach- Verstärkte Ausrichtung der Flächenpo- fallen begünstigt. Selbst in boomenden litik an einer Kreislaufwirtschaft. Regionen Süd(west)deutschlands fallen ehemalige Gewerbeflächen brach, die Idealtypisch wäre dieses Ziel erfüllt, mangels strategischer Optionen lange wenn für neue Siedlungstätigkeiten nur Jahre keiner Neunutzung zugeführt wer- bereits genutzte Flächen verwendet wer- den. den würden. Flächenkreislaufwirtschaft räumt der Bestandsnutzung Vorrang vor Neben der Innenentwicklung geht es um der Neuausweisung von Siedlungsflä- die Aufwertung von Siedlungsflächen chen ein. Dabei bilden die Wiedernut- – insbesondere Wohnen (u.a. Weiterent- zung brachgefallener Siedlungsflächen wicklung Wohnungsbaukultur, Funkti- und leerstehenden oder mindergenutz- onsmischung, Modernisierung, Leer- ten Baubestandes einen zentralen Be- standsabbau) und Freizeit und Erholung standteil einer Flächenkreislaufwirt- (u.a. Durchgrünung, Erreichbarkeit, Qua- schaft. lifizierung von Grün- und Freizeitflächen). Die qualitative Verbesserung des Wohn- Denn aus dem Flächenrecycling speist umfelds, z. B. die Nutzung von Brach- sich das Flächenpotenzial für bestands- flächen für Gärten und innerstädtische orientierte Flächenentwicklung, und ein

22 Rahmenbedingungen zum Flächenrecycling in Stadtumbauregionen qualifiziertes Angebot wiedernutzbarer lungsflächen einer gesamten Stadtregi- Flächen stellt neue Bauflächen bereit, on. Dauerhaftigkeit, Recycling, Nut- die dann nicht mehr auf der grünen Wie- zungsketten und Kreislaufanalysen müs- se bereitgestellt werden müssen. Die sen künftig für Grundstücke und Flächen Potenziale sind beträchtlich (vgl. Kapi- jene Bedeutung erlangen, die sie tel 1.5 i.d.B.). mittlerweile für beinahe jedes industriel- le Produkt haben. Eng damit verknüpft Flächenkreislaufwirtschaft als neuer ist die „Produktverantwortung“, die zu- strategischer Managementansatz zielt nehmend auch in den Grundstücksbe- auf ein verändertes flächenpolitisches reich Einzug halten soll. Denken und Handeln in den Stadtregio- nen ab. Handlungsorientierte Strategie- Flächenkreislauf ist auch mehr als nur elemente einer Flächenkreislaufwirt- Flächenrecycling. Während Flächenre- schaft sind: cycling auf die bauliche Neunutzung ei- nes Standortes abzielt, geht es beim ¾ systematische Erfassung der Flä- Flächenkreislauf um eine stadtregiona- chenpotenziale und Abgleich der le Neunutzung des gesamten ungenutz- Potenziale mit der aktuellen und zu ten Siedlungsbestandes, die neben klas- erwartenden Nachfrage sischen Industrie- und Gewerbebrachen auch Planungsbrachen, mobilisierbares ¾ Steuerung der Ausweisung und In- Bauland, Baulücken, Teilnutzungen und anspruchnahme durch die stadtre- Nutzungsintensivierungen umfasst. Flä- gionalen Akteure chenkreislaufwirtschaft nutzt umfassend und systematisch den Rohstoff „Be- ¾ Schaffung der notwendigen Rah- standsfläche“ in der gesamten Stadtre- menbedingungen – etwa instrumen- gion (Abbildung 2). Der Ansatz schließt teller Art – durch Länder und den allerdings auch eine unter bestimmten Bund Bedingungen erforderliche Inanspruch- ¾ vertikale und horizontale Koope- nahme neuer Flächen nicht aus. ration in den Kommunen, zwi- schen den Kommunen und inner- halb zu definierender Stadtregio- nen

¾ finanzieller Lasten- und Nutzen- ausgleich innerhalb der Stadtre- gion

¾ Einbeziehung der privaten Akteure.

Der Kreislaufgedanke greift die Vor- stellung eines Nutzungszyklus von der Baulandbereitstellung, Bebauung, Nutzung, des Brachfallens und der Wiedernutzung auf. Dies gilt ebenso für Abbildung 2: Flächenkreislaufwirtschaft die einzelne Fläche wie für die Sied-

23 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Zu erwartende Effekte einer Flächen- chen nehmen zu, ihre Inwertsetzung kreislaufwirtschaft sind u.a. eine erhöh- bleibt ein Dauerthema. Nicht so sehr für te Effizienz der Flächennutzung, eine die Brachen, die sich in zentraler Lage Stabilisierung der Siedlungsdichten im befinden, deren infrastrukturelle Erschlie- stadtregionalen Kontext und die Verhin- ßung vorhanden ist und deren Preis in derung von Fehlinvestitionen in überdi- einem günstigen Verhältnis zu den mensionierte Siedlungsinfrastrukturen, Marktpreisen in gleicher Lage steht. Sie indem Zuwächse auf bestehende Sied- sind grundsätzlich unproblematisch, lungsflächen und Infrastrukturen gelenkt wenn es gelingt, die Nachnutzung städ- werden. tebaulich zu integrieren. Aber bei vielen anderen Brachen gibt es vielfältige Bei der Idee „Flächenkreislaufwirtschaft“ Hemmnisse (vgl. Kapitel 2.2.1, 3.2.1 und kann man auf vielfältige und positive Er- 4.1.4 i. d. B.). fahrungen in den einzelnen Gebietskör- perschaften zurückgreifen. Aber obwohl Jede Aktivierungsstrategie muss an zen- in vielen Städten in den einzelnen Hand- traler Stelle die unterschiedlichen Inter- lungsfeldern schon einiges geschehen essenlagen der privaten Akteure be- ist, fehlen in der Regel übergreifende und rücksichtigen. Denn sie haben eine an- auf einen längeren Zeitraum ausgerich- dere Zielfunktion als die öffentliche tete Strategien. Hand: Sie wollen Gewinne machen. Dabei ist zu beachten, dass auch die Hier können Modellvorhaben weiterhel- privaten Akteure keine homogene Grup- fen. In dem ExWoSt-Forschungsfeld pe sind. Während einerseits beim Eigen- „Kreislaufwirtschaft in der städtischen/ tümer der innerstädtischen (vermeintlich stadtregionalen Flächennutzung“ oder guten) Lage die Erwartung hoher Preise kurz: „Fläche im Kreis“ soll von daher im Vordergrund steht, besteht auf der überprüft werden, mit welchen Maßnah- Seite der Käufer für eine „alte“ Lage oft mebündeln man sich dem Ziel eines Flä- nur eine geringere Zahlungsbereitschaft. chenkreislaufes nähern kann und ob und unter welchen Randbedingungen die Idee Eine besondere Rolle kommt den pri- einer „Flächenkreislaufwirtschaft“ für vaten Verwertern zu. Insbesondere die Städte und Stadtregionen eine tragfähi- großen Eigentümer werden auch künf- ge Strategie darstellt. Derartige Strate- tig wichtige Partner vieler Kommunen gien sollen in Planspielen entwickelt sein müssen. Im Rahmen eines kürz- werden. Es werden die zukünftigen Ent- lich abgeschlossenen Forschungspro- wicklungen und Gegebenheiten simu- jektes über „Aktivierungsstrategien beim liert, um Hilfestellungen für zukünftige Brachflächenrecycling“ wurden über In- politische Entscheidungen zu erhalten. terviews die Erfahrungen der Immobili- Dabei geht es nicht um die Umsetzung enbranche hinsichtlich der Aktivierung einzelner städtebaulicher Projekte, son- brachliegender Flächen, der Bewertung dern um das Zusammenspiel der Maß- der Marktfähigkeit verschiedener Bra- nahmen und Projekte auf städtischer chentypen, erfolgreicher Wiedernut- bzw. stadtregionaler Ebene. zungskonzepte sowie hinsichtlich der Kosten und Finanzierungsmöglichkeiten Brachflächen bilden das Herz einer abgefragt. stärker am Bestand orientierten Flä- chenkreislaufwirtschaft. Die Brachflä-

24 Rahmenbedingungen zum Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Brachen werden danach von der Immo- nerbare Beispiele der Umnutzung zu- bilienbranche als Flächenpotenziale wie rückgebauter Wohn- und Infrastrukturflä- jede andere Fläche behandelt. Entschei- chen zu Freiflächen und sonstigen tem- dend für die Immobilienbranche ist das porären Nachnutzungen systematisch Lagepotenzial und ob es den Präferen- ausgewertet. Derartige Zwischennutzun- zen der (potenziellen) Nachfrager ent- gen sollen Optionen für eine künftige spricht. Wird ein Potenzial gesehen, Bebauung offen lassen und als „bewohn- werden typische Brachenrestriktionen bare Zwischenlösung“ von den Bewoh- wie Altlasten, Bestandsgebäude etc. als nern angenommen und zu angemessen technisch lösbare Probleme angesehen. Kosten realisiert werden können. Ange- Da diese technischen Aufbereitungen sichts knapper kommunaler Kassen aber kostentreibend sind, werden Revi- sind vor allem partnerschaftliche Model- talisierungen zum Teil nur für realisier- le zwischen öffentlicher Hand, engagier- bar gehalten, wenn die Bodeneinstands- ten Bürgern und privaten Eigentümern preise niedriger sind, als von Teilen der gefragt. Überlassungsverträge oder „Alteigentümer“ erwartet. In der Bereit- Gestattungsverträge zwischen Grundei- schaft zum Verkauf unter Buchwert oder gentümern und Bewohnern haben sich Preiserwartung bestehen dabei unter- beispielsweise zur Regelung befristeter schiedliche Verwertungsrationalitäten Nutzungen als hilfreich erwiesen. bei den Eigentümern. Deutlich wurde, dass die Frage der Marktfähigkeit der Dort, wo bauliche Zwischenlösungen Flächen zentral ist, und es von daher nicht realisiert werden können, meist für die kommunalen Akteure sinnvoll ist, außerhalb zentraler Lagen, muss behut- sich primär auf die erfolgversprechende sam eine langfristige „Renaturierung“ Flächen zu konzentrieren und dort in- eingeleitet werden (vgl. Kapitel 1.5, 5.1.1 nerstädtische Entwicklungen zu ermög- und 5.1.2 i. d. B.). Hier müssen pers- lichen. pektivisch Schwerpunkte gesetzt wer- den, denn Wahrnehmung, Forschung Drei Strategien kennzeichnen die In- und städtebauliche Maßnahmen konzen- Wertsetzung und Revitalisierung von trieren sich meist auf die nur ca. 10 % Brachflächen: Aktivieren, Konservieren Brachflächen in zentralen Lagen, für die und Renaturieren. Die Grundstrategie eine bauliche Nachnutzung realisierbar der privaten Akteure - die Identifizierung scheint. Lösungsansätze für den Um- marktgerechter Flächen, die vorrangig gang mit den meisten Brachflächen au- entwickelt werden, und die es ermög- ßerhalb dieser zentralen Lagen werden licht, flexibel auf Interessen von Nach- hingegen bisher selten angegangen. Jen- fragern zu reagieren - umfasst dabei seits aller (oft subventionierter) Highlight- auch wirtschaftlich akzeptable Zwi- Projekte bzw. Guter Beispiele und jen- schennutzungen. Sie sind dann sinn- seits kommunalpolitischer Wünsche voll, wenn zwar aktuell keine dauerhaf- dürfte für die meisten dieser Flächen die ten baulichen Nutzungschancen zu er- Renaturierung die einzige Entwicklungs- kennen sind, perspektivisch eine Nach- option sein. frage nach bereits erschlossenem Bau- land nicht ausgeschlossen werden kann.

Das BBR hat im Rahmen eines Aufbau- Ost-Projektes vielfältige und verallgemei-

25 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Es gibt auch andere Entwicklungsopti- ge Modellvorhaben der Raumordnung – onen: als Zusammenspiel kommunaler und regionaler Maßnahmen bedeutet dabei ¾ Entwicklung von Regionalparks nicht (nur) Verzicht auf einzelne flächen- ¾ Standorte für regenerative Ener- beanspruchende Projekte, sondern gien auf Brachflächen insbesondere eine bessere Organisati- ¾ extensiveBewirtschaftung on und Verteilung der Flächeninan- ¾ Einbringen in Kulturlandschafts- spruchnahme. Die Funktionen einer der- fonds artigen interkommunalen und regionalen ¾ Errichtung von Flächenagentu- Kooperation sind zahlreich: Gegenseiti- ren. ger Erfahrungsaustausch, Beratung und Abstimmung, Optimierung von Standort- Dabei können arbeitsmarktpolitischer entscheidungen, Koordination und Maßnahmen zum Flächenrecycling Bündelung von finanziellen und perso- genutzt werden. nellen Ressourcen, Formulierung und Forcierung von regionalen Interessen. Der entscheidende Engpass bei vielen Aber, derartige interkommunale oder re- dieser Überlegungen ist die Finanzierung gionale Kooperationen werden häufig (vgl. Kapitel 5.1.3 i. d. B.). Ohne eine erst eingegangen, wenn das Ende der gezielte Förderpolitik wird der Weg in die Flächenvorräte in Sicht ist. Umsetzung sehr steinig. Spezifische Förderinstrumentarien für etwa die Re- So entsteht eine scheinbare Konfliktli- vitalisierung von Brachen in Suburbia Ost nie zwischen Kernstädten sowie Um- existieren nicht. land- oder ländlichen Gemeinden, zwi- schen Verlierern und Gewinnern der mo- Brachen im suburbanen Raum verwei- mentanen Flächenpolitik. sen auch auf das Zusammenspiel von Stadt und Umland bei dem Brachflä- Allerdings gewinnt aktuell ein Argument chenrecycling. Viele Konzepte sind an Zugkraft, dass sowohl das Brachflä- bisher an städtischen Problemlagen ori- chenrecycling als auch die regionale entiert. Perspektivisch reicht zur Begren- Kooperation in diesem Themenfeld un- zung des Siedlungsflächenzuwachses terstützt. Bis dato schien die Überzeu- ein kommunales Flächenmanagement gung ungebrochen, dass neue Flächen- allein nicht aus, zu eng sind die Ver- ausweisungen auf der grünen Wiese flechtungen zwischen Stadt und Um- (neue Einwohner, neue Unternehmen) land. Auch die Flächenpolitik wird sich stets finanzielle Vorteile brächten. Je noch stärker auf die Region beziehen mehr begonnen wird, die bei unterschied- müssen. Angestrebt wird dann eine ak- lichen Kostenträgern entstehenden Fol- tive, interkommunal und regional abge- gekosten für Erschließung und Infra- stimmte Politik der Flächensicherung struktur bei Neubauvorhaben genauer zu und Flächenentwicklung, um die Ziele – betrachten und entsprechende Abwä- Standortsicherung, Begrenzung der gungsprozesse vor der politischen Ent- neuen Flächeninanspruchnahme und Si- scheidung anzustellen, um so stärker cherung der dezentralen Konzentration wachsen auch die Chancen für die – zu erreichen. Aktivierung der Brachflächen und damit für die Erreichung der gesetzten flächen- Ein derartiges Regionales Flächenma- politischen Ziele. nagement – wie etwa das gleichnami-

26 Rahmenbedingungen zum Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

1.4 Handlungsinstrumente zum Flächensparen aus der Sicht des Bundes

Uwe Taeger

Flächeninanspruchnahme - Sind wir ¾ erhöhter Material- und Energiever- bereits auf dem richtigen Weg? brauch für Bau-, Betrieb und Instand- haltung von Gebäuden und Infra- Das Wachstum der Siedlungs- und Ver- struktur. kehrsfläche ist mit 115 ha/Tag im Zeit- raum 2001 - 2004 weiterhin zu hoch. Aus dieser Entwicklung resultieren aber Vom 30 ha-Ziel der nationalen auch zunehmend negative ökonomi- Nachhaltigkeitsstrategie sind wir immer sche, finanzielle und soziale Wirkungen. noch weit entfernt. Der Rückgang in den So manche Kommune hat bereits heu- vergangenen Jahren von 129 ha im Jahr te mit den finanziellen Auswirkungen der 2000 ist nach übereinstimmenden Ana- Fehleinschätzungen des Baulandbedarfs lysen im Wesentlichen konjunkturell zu kämpfen. bedingt. Bei einem Anziehen insbesondere der Baukonjunktur ist Es ist absehbar, dass sich diese Pro- auch mit einem erneuten Anstieg der Flä- bleme angesichts neuer Rahmenbedin- chenneuinanspruchnahme zu rechnen. gungen weiter verschärfen werden. Be- Von einer wirklichen Trendwende kann völkerungsrückgang, Alterung und wirt- nicht die Rede sein. schaftsstrukturelle Veränderungen ha- ben schon deutliche Wirkungen auf die Neue Rahmenbedingungen verstär- Flächeninanspruchnahme. So besteht in ken den Handlungsdruck einer Reihe von Regionen bereits ein Überangebot auf dem Wohnungsmarkt, Die Versiegelung, Zersiedelung und von den nicht- oder untergenutzten Ge- Zerschneidungen der Landschaft führen werbegebieten ganz zu schweigen. zu einer Vielzahl von ökologischen Pro- blemen, wie z.B. Bestehende kostspielige Infrastruktur in Städten und Gemeinden wird in einigen ¾ Artenschwund und Verlust von Land- Regionen weniger oder z.T. sogar nicht schaften für die Erholung, die Be- mehr genutzt. Schulen und Schwimm- einträchtigung des Klima- und Was- bäder in den Innenstädten werden ge- serhaushalts schlossen – in den Speckgürteln wer- den dafür neue gebaut. Gesamtwirt- ¾ Verlust von land- und forstwirtschaft- schaftlich - aber auch für die Kommu- lichen Flächen als Ressource für die nen - ist diese Entwicklung nicht effizi- Produktion von Nahrungsmitteln und ent. Bei den Um- und Rückbaumaßnah- nachwachsenden Rohstoffen men im Programm „Stadtumbau Ost“ zeigt sich, welches die neuen Heraus- ¾ Verkehrserzeugung, Kraftstoffver- forderungen sind, die in einigen Regio- brauch, Lärm- und Schadstoffemis- nen - nicht nur in den neuen Bundeslän- sionen dern - auf uns zukommen. In anderen, prosperierenden Regionen sind die Pro-

27 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen bleme andere. Hier sind die für die Ent- Baulandausweisung oder eine stärkere wicklung erforderlichen Flächen im Sin- kommunale Kooperation bei der Flä- ne des Wortes z.T. bereits „verbaut“. Für chennutzung sind zu verzeichnen. beide Fälle gilt: Ein „Weiter so!“ bei der Selbst für die Diskussion ungewohnter Flächennutzung, ist nicht möglich. Ansätze, wie z.B. die Prüfung der An- wendbarkeit handelbarer Flächenauswei- Anhaltendes Wachstum der Sied- sungszertifikate, besteht zunehmend lungs- und Verkehrsfläche wird zu- Offenheit. nehmend als Problem erkannt Flächenverbrauch ist im Nachhaltig- In einigen schrumpfenden Regionen ist keitsprozess ein Schwerpunktthema die Situation bereits so kritisch, dass das Thema der künftigen Flächennutzung Das BMU hatte 1998 im Rahmen des bereits weit oben auf der politischen Prozesses „Schritte für eine nachhalti- Agenda steht. Die Strukturpolitik, ge Entwicklung“ das Ziel der Verminde- Förderprogramme, aber auch die Art und rung der täglichen Neuinanspruchnahme Weise der Unterstützung der Kommu- von Flächen für Siedlungen und Verkehr nen stehen auf dem Prüfstand. Zersie- auf 30 ha bis 2020 entwickelt. Dieses delung ist zunehmend auch unter finanz- Ziel ist mit der Nationalen Nachhaltig- politischen Aspekten nicht mehr tragbar. keitsstrategie 2002 als Ziel der Bundes- regierung festgeschrieben worden. In der Wachsende Belastungen der kommuna- Nachhaltigkeitsstrategie erfolgte eine len Haushalte durch die Finanzierung erste Problemanalyse. Handlungsmaxi- teurer Gewerbe- und Wohngebiets- me, wie der Schutz der Freiräume, der erschließungen ohne ausreichende Nut- Vorrang der Innen- vor der Außenent- zung, steigende kommunale Lasten für wicklung, das Erfordernis des Flächen- die Aufrechterhaltung von Infrastruktur in recyclings wurden formuliert und auf sich entleerenden Räumen und die da- potenzielle Instrumente, wie z.B. Grund- mit verbundene Verteilung der Kosten auf steuer, Baulandkataster oder Rückbau- immer weniger Bürger sowie die ruinö- gebote hingewiesen. se kommunale Konkurrenz um Ansied- lungen von Unternehmen machen deut- Mit dem Fortschrittsbericht zur Strate- lich, dass die bisherige Politik der Flä- gie 2004 wurde das Thema zu einem der chennutzung auch für die Kommunen Schwerpunktthemen nachhaltiger Ent- nicht zukunftsfähig ist. Auch Kommu- wicklung der Bundesregierung. Diese nen beginnen deshalb, die Probleme der Aufwertung wurde mit einer umfassen- Flächeninanspruchnahme anzugehen. den Zustands- und Trenddarstellung ver- bunden. Die Probleme und Verursacher Auch in Kommunen in prosperierenden wurden benannt und erste Fortschritte Regionen mit steigendem Flächenbedarf im Instrumentenbereich dargestellt: Die - insbesondere im Süden und Südwes- Novelle des Baugesetzbuchs, des Bun- ten Deutschlands - spüren angesichts desnaturschutzgesetzes und des Bo- schrumpfender Flächenreserven Hand- denschutzgesetzes sind Beispiele für lungsdruck, um kommunale Entwick- Fortschritte im Planungsrecht, die Re- lungspotenziale auch für die Zukunft zu duzierung der Entfernungspauschale und erhalten. Konkrete Aktivitäten der Kom- der Eigenheimzulage, sowie Förder- munen nehmen zu. Eine vorsichtigere programme von Bund und Ländern.

28 Rahmenbedingungen zum Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Mit dem „Wegweiser Nachhaltigkeit“, der werden. Beispiel kommunaler Finanz- im August 2005 erschienen ist, ist Sied- ausgleich: Heute stehen die Kommunen lungsentwicklung unter den spezifi- bei ihren Entscheidungen über die Nut- schen Aspekten des demografischen zung von Flächen vor der Wahl zwischen Wandels betrachtet worden. Es wurde der ertraglosen Vorhaltung von Freiflä- gleichzeitig darauf hingewiesen, dass chen und einer zumindest potenziell fis- für das Schwerpunktthema „Verminde- kalisch ergiebigen Ausweisung von Bau- rung der Flächenneuinanspruchnahme“ land. Die Mittelzuweisung auf der Basis der Fortschrittsbericht 2004 die Basis pauschalierter Bedarfsindikatoren für der weiteren Arbeit ist. Auf dieser Grund- laufende Aufwendungen im kommuna- lage muss jetzt die Entwicklung und len Finanzausgleich setzt keine Anrei- Umsetzung von konkreten Instrumenten ze für eine nachhaltige, auf die Innen- erfolgen. entwicklung und die Wiedernutzung der Brachflächen gerichtete Flächennut- Instrumente weiterentwickeln und zung. Ökologische Leistungen, wie z.B. schrittweise einführen der Erhalt von Freiflächen, die Vorhal- tung von Retentionsflächen in hochwas- Deutschland verfügt über eine Vielzahl sergefährdeten Gebieten oder die Bereit- von Instrumenten des Raumordnungs- stellung von Erholungsräumen, sind und Planungsrechts. Hier muss es dar- Leistungen für die Gesellschaft. Sie soll- um gehen, der Verminderung der Flä- ten honoriert werden. chenneuinanspruchnahme im Vollzug und in Abwägungsprozessen ein größe- Ein weiterer wichtiger Ansatzpunkt ist res Gewicht zu geben. die Grundsteuer. Hier besteht ohnehin der Auftrag einer Reform, die sich nicht Vor allem ökonomische Instrumente, wie nur auf die Gleichstellung der Besteue- Steuern, Abgaben oder Transferzahlun- rung von Kapital- und Grundbesitz be- gen, sollten eine stärkere Bedeutung als schränken sollte, sondern auch Anrei- bislang bekommen. Die vorhandenen ze für eine Verringerung der Flächenneu- und in Fachkreisen und der Politik seit inanspruchnahme schaffen kann. Hier längerem diskutierten Optionen müssen sind unterschiedliche Modelle in der Dis- zu konkreten und umsetzbaren Vor- kussion. Neben dem Reformvorschlag schlägen weiterentwickelt werden. In den von Bayern und Rheinland-Pfalz, der im Bereich der ökonomischen Anreize ge- Auftrag der Finanzminister von Bund und hört auch die Beseitigung ungerechtfer- Länder vorgelegt wurde, und der die Er- tigter Subventionen, die zu übermäßi- mittlung der neuen Grundstückswerte ger Flächenneuinanspruchnahme führen, nach dem Bodenwert (bei bebauten wie z. B. die Eigenheimzulage. Sie ist Grundstücken ergänzt um einen pau- wohnungspolitisch überlebt, ökologisch schalen Gebäudewert) vorsieht, gibt es kontraproduktiv und auch unter haus- weitere Vorschläge mit unterschiedli- haltspolitischen Aspekten nicht mehr chen Bemessungsgrundlagen: Boden- vertretbar. wertsteuer, Bodenflächensteuer, kombi- nierte Bodenwert-Bodenflächensteuer, Daneben müssen mit der Ausgestaltung Flächennutzungssteuer. Diese Vor- weiterer ökonomischer Instrumente kon- schläge werden derzeit auf ihre Wirkun- krete Anreize für sparsamen und scho- gen hin umfassend untersucht. Dabei nenden Umgang mit Fläche geschaffen haben auch Aufkommensaspekte und

29 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Verwaltungsaufwand einen wichtigen Die Berücksichtigung der Flächenneu- Stellenwert. inanspruchnahme bei bestehenden In- strumenten sollte zunächst Priorität ha- Interessant ist ein Vorschlag, der vom ben. Weitere Instrumente, wie handel- Rat für Nachhaltige Entwicklung aufge- bare Flächenausweisungszertifikate, griffen worden ist, die Neuerschließungs- müssen gleichwohl parallel weiter ent- abgabe. Mit ihr soll die Erschließung wickelt werden. Über deren Anwendung neuer Bauflächen im unbebauten muss dann im Lichte der Analyse der Außenbereich verteuert werden. Diese weiteren Entwicklung der Flächenneu- Effekte werden momentan in einem inanspruchnahme entschieden werden. F&E-Vorhaben untersucht. Eine gesellschaftliche Akzeptanz für neue Vorschläge wird es vor allem dann Ein weiterer Ansatz ist die stärkere Be- geben, wenn ökologische, wirtschaftli- rücksichtigung der Flächenneuinan- che und soziale Ziele gemeinsam er- spruchnahme bei der Ausreichung von reicht werden. Deshalb müssen bei der Fördermitteln, z.B. aus den Gemein- Auswahl und konkreten Ausgestaltung schaftsaufgaben „Regionale Wirt- der Instrumente mögliche Ausweichre- schaftsstruktur“ und „Verbesserung der aktionen, soziale Wirkungen und wirt- Agrarstruktur und des Küstenschutzes“. schaftliche und fiskalische Effekte Nach Berechnungen des UBA verur- gründlich analysiert und diskutiert wer- sachte allein die GA „Verbesserung der den. Dies muss gemeinsam zwischen regionalen Wirtschaftsstruktur“ etwa 2,7 Bund, den Ländern und den Kommunen ha der täglichen Neuinanspruchnahme geschehen. im Zeitraum 1998 - 2002. Hier sind zwar Fortschritte erreicht worden, eine noch Nächste Schritte stärkere Lenkung der Mittel in den Be- stand und auf Brachen und Altstandorte Schwerpunkte der weiteren Arbeit des ist aber möglich. Vorstellbar ist auch, BMU sind die Weiterentwicklung unter- die Mittelzuweisung zur Entwicklung von schiedlicher Instrumente zur Anwen- Flächen für Wohnen und Gewerbe an dungsreife, die Verbesserung der Ana- Bedingungen zu knüpfen, z.B. an eine lyse der Flächennutzung und ihrer Aus- interkommunale Zusammenarbeit oder wirkungen und Untersuchungen zu den kommunale Brachflächenkataster. tatsächlichen Kosten der Flächennut- zung, insbesondere unter Berücksichti- Um das erhebliche Potenzial der Alt- gung des Strukturwandels. Gerade von und Brachenstandorte stärker zu akti- einer umfassenderen Betrachtung von vieren, sollten neben einer allgemeinen Kosten und Nutzen können auch wich- Orientierung der Instrumente auf den tige Impulse für das Flächenrecycling Bestand und den Innenbereich anstatt und die Aktivierung von Brachflächen der Neuerschließung auf der grünen ausgehen. Hierzu läuft bereits eine Rei- Wiese auch spezifische Instrumente zur he von F&E-Vorhaben. Aktivierung von Alt- und Brachflächen eingesetzt werden. Stichworte sind Neben der Ressortforschung sind Brachflächenkataster, Flächenpass, insbesondere aus den Forschungsvor- Start-Up-Plan, Versicherungslösungen, haben im BMBF-Förderschwerpunkt Fondsmodelle, Pilotvorhaben, Zwischen- REFINA wichtige Ergebnisse zu erwar- nutzungen.

30 Rahmenbedingungen zum Flächenrecycling in Stadtumbauregionen ten, die dann in den Arbeits- und Dis- Die Verminderung der Neuinanspruch- kussionsprozess eingebracht werden. nahme von Flächen für Siedlungen und Verkehr ist ein zentraler Beitrag zur Si- Intensivierung der Öffentlichkeitsar- cherung der Zukunftsfähigkeit unseres beit und Bewusstseinsbildung Landes. Wir müssen heute die Weichen stellen, um eine sozial, wirtschaftlich und Wichtige Voraussetzung für eine Ver- ökologisch zukunftsfähige Flächennut- minderung der Flächenneuinanspruch- zung sicherzustellen. Die Verminderung nahme ist ein stärkeres gesellschaftli- der täglichen Neuinanspruchnahme von ches Problembewusstsein. Nur wenn Flächen für Siedlung und Verkehr auf 30 dieses Bewusstsein vorhanden ist, wird ha bis zum Jahr 2020 ist Maßstab für es gelingen, Akzeptanz für die erforder- die Arbeit. Um dieses Ziel zu erreichen, lichen Maßnahmen zu erhalten. Wir in- sind konkrete Instrumente erforderlich. tensivieren deshalb die Zusammenarbeit mit den Umweltverbänden, den kommu- Wir brauchen aber vor allem einen Wan- nalen Spitzenverbänden und den Län- del des Bewusstseins. Allen Handeln- dern. So unterstützt das BMU einen Di- den muss klar werden, dass eine die alogprozess zur Erarbeitung eines ge- Zersiedelung begünstigende Flächenpo- meinsamen Positionspapiers der Um- litik nicht nur ökologisch falsch ist, son- welt- und Naturschutzverbände zum The- dern dass sie angesichts der demogra- ma Flächeninanspruchnahme. Daneben fischen Entwicklung in Deutschland unterstützen wir die Verbände bei der auch die wirtschaftliche und soziale Leis- Erarbeitung einer Broschüre für die kom- tungsfähigkeit beeinträchtigt. Der Bund munale Arbeit. Wir haben einen Dialog- wird bei der Arbeit in allen Politikberei- prozess mit den kommunalen Spitzen- chen der Verminderung der Flächenneu- verbänden begonnen und planen, den inanspruchnahme einen hohen Stellen- Austausch mit den Umweltministerien wert einräumen. der Länder zu intensivieren.

Künftig müssen die ökologischen, wirt- schaftlichen und sozialen Auswirkungen der zunehmenden Flächenneuinan- spruchnahme stärker unmittelbar für die Bürger deutlich gemacht werden. Z.B. die Öffentlichkeitskampagne „Living 2010“ des NABU setzt, gefördert vom UBA, verstärkt auf die Information der Bürger über diese Themen. Weitere in- teressante Vorschläge für konkrete Maß- nahmen zur Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit erwarten wir im BMBF-Förderschwerpunkt REFINA. Das BMU selbst entwickelt beispiels- weise derzeit Unterrichtshilfen für die Schule zum Thema Flächenversiegelung und Zerschneidung.

31 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

1.5 Perspektive Flächenkreislaufwirtschaft: Trends und Initiativen auf Bundesebene

Fabian Dosch

Einleitung Sinkende Siedlungsdichten und ab- nehmende Flächenproduktivitäten Im Vergleich zu den 90er Jahren ist die Bautätigkeit seit Jahren stark rückläu- Trotz leicht abnehmender Bevölkerung fig. In geringerem Ausmaß sank die Flä- nahm die Siedlungs- und Verkehrsflä- cheninanspruchnahme. Parallel dazu che (SuV) zwischen 01.01.2001 und wächst der Bestand an Brachflächen, 31.12.2004 insgesamt um 1.682 km², von denen sich viele nicht mehr vermark- 3,8 % oder 115 ha/Tag zu. Die Flächen- ten lassen. Der demographische und inanspruchnahme hat sich damit ge- wirtschaftsstrukturelle Wandel erfordert genüber dem Zeitraum 1997 bis 2000 mit daher neue proaktive Strategien eines 129 ha/Tag verlangsamt. Die Zunahme ressortübergreifenden Flächenressour- der Gebäude- und Freifläche, der gebäu- cenmanagements, wie sie auf dem debauliche Teil der Siedlungs- und Ver- 1.Workshop zur Umsetzung des Dialogs kehrsfläche, sank deutlich von 78 (1997 Fläche „MehrWert für Mensch und Stadt: - 2000) auf 59 ha/Tag (2001 - 2004). Flächenrecycling in Stadtumbauregi- onen“ im Rahmen des Nachhaltig- keitsziels „Verminderung der Flächen- inanspruchnahme“ diskutiert wurden. Diese Veranstaltung war Teil der viel- fältigen Initiativen auf Bundesebene, die dazu dienten, den in der Nach- haltigkeitsstrategie formulierten Flä- chenzielen - sparsam-schonend-ver- ursachergerecht - zur Realisierung zu verhelfen.

Im Beitrag werden - vor dem Hinter- grund aktueller Trends der Flächen- inanspruchnahme und sinkender Flä- chenproduktivitäten - die unterschiedli- Abbildung 1: Neue Siedlungsflächen westlich von Berlin chen Initiativen des Bundes zur Durch- setzung seiner Flächenziele skizziert. Trotz des Rückgangs stieg gleichzeitig Sie reichen vom „Dialog Fläche“ bis hin zwischen 2000 und 2004 die Siedlungs- zu einer breiten Palette von praxisorien- flächenverfügbarkeit (m² SuV je tierten Forschungsvorhaben. Einw.) um 3,5 % auf 553 m²/Ew. (vgl. Tab.1), in Ostdeutschland mit 8 % deut- lich stärker als in Westdeutschland. Immer mehr Siedlungsfläche steht we- niger Einwohnern zur Verfügung. Die in-

32 Rahmenbedingungen zum Flächenrecycling in Stadtumbauregionen dividuellen Kosten für den Ausbau und Bei diesen bundesweiten Betrachtungen die Pflege von Siedlungsinfrastruktur bei werden die regionalen Besonderhei- zurückgehender Nutzungsintensität dro- ten wie etwa die Parallelität von Sub- hen weiter zu steigen. Die Produktion wie Re-Urbanisierung ausgeblendet (vgl. öffentlicher und privater Netzinfrastruk- Schultz et al. 2005). So steigen Sied- tur ist bei Schrumpfung teurer als bei lungsdichten und Flächenproduktivitäten verdichteter Entwicklung. Empirische in einigen Metropolräumen an, während Analysen weisen auf die ökonomischen periphere Regionen z. T. drastische Risiken einer dispersen Siedlungsent- Rückgänge erfahren. wicklung unter demographischen Schrumpfungsbedingungen hin. Auch künftig werden die Siedlungsdich- ten sinken und neue Fläche wird weiter Die Flächenproduktivität sank im Bun- in Anspruch genommen, wenn auch desmittel 2000 - 2004 um 1,3 %, im gegenüber Mitte der 90er Jahre auf deut- Osten mit -2,5 % deutlich stärker als lich vermindertem Niveau und regional im Westen (vgl. Tab.1). Auch langfris- unterschiedlich. Als wesentliche Ursa- tig, zwischen 1992 und 2004, sank die chen hierfür werden, neben einer bau- Flächenproduktivität bundesweit leicht konjunkturellen Erholung, steigende in- um - 0,2 %. Die Effizienz der Flächen- dividuelle Wohnflächen und sinkende nutzung hat abgenommen. Haushaltsgrößen angeführt.

Einheit West Ost Bund

SuV/Einw. in 1992 m² je Einw. 498 497 498 SuV/Einw. in 2000 m² je Einw. 522 580 534 SuV/Einw. in 2004 m² je Einw. 534 626 553 2004 zu 1992 % + 7,3 + 25,9 + 11,1 2004 zu 2000 % + 2,3 + 8,0 + 3,5 BIP/GFF 1992 Mio. EUR je km² 94,6 49,1 84,4 BIP/GFF 2000 Mio. EUR je km² 94,1 55,6 85,3 BIP/GFF 2004 Mio. EUR je km² 93,1 54,2 84,2 2004 zu 1992 % - 1,6 % + 10,4 % -0,2 % 2004 zu 2000 % - 1,1 % -2,5 % -1,3 %

Tabelle 1: Entwicklung der Flächenausstattung Brachflächen – Potenziale für pro- und Flächenproduktivität nach Landesteilen 1992 - 2004 und 2000 - 2004 aktives Flächenmanagement

(Quelle: eigene Berechnungen nach Die Zunahme der Siedlungsfläche sowie Flächenerhebung (a.a.0) und Daten der der Rückgang der Siedlungsdichte und Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung des der Flächenproduktivität würden merk- Statistischen Bundesamtes.) lich abgeschwächt, wenn

33 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen die Reserven im Bestand konsequent brachliegender Flächen auch deshalb abgebaut werden könnten. Dies kann nur an marktgängigen Standorten gut durch so genanntes proaktives Flä- voran. Außerhalb zentraler Lagen sinkt chenmanagement, d. h. etwa durch der Marktdruck zur Wiedernutzung von präventive Nachnutzungskonzepte, Ge- Brachflächen. „Liegenlassen“ ist man- bäudemanagement, das Schließen von gels Alternativen oft die Devise. Baulücken, die Mobilisierung von Bau- landpotenzialen, oder die (frühzeitige) Wiedernutzung von Brachflächen erfol-

gen. Die Potenziale hierzu sind bun- Abbildung 2 Randstädtische Brachflächen Ost (Fotos: DOSCH, F. 2003; RUFF, A. 2004) desweit beträchtlich, je nach Erhe- bungsmethode ca. 70.000 bis 140.000 Zum Abbau des Überangebots an Brach- ha. Diese sind regional ungleich verteilt, flächen sowie von Planungsreserven rei- in Ostdeutschland 3 - 4 mal größer als chen neue Kooperations- und Vermark- in Westdeutschland (BBR 2004). Hinzu tungsstrategien alleine nicht aus. Für kommt ein geschätzter Zuwachs – nach einen großen Teil der Brachflächen lau- Abzug der Wiedernutzung von Brachflä- ten die Perspektiven Liegenlassen, Kon- chen – von 12 ha/Tag. Modellrechnun- servieren, Zwischennutzen oder Rena- gen des BBR verdeutlichen, dass die bei turieren. Umsetzung des Ziels-30-ha der Natio- nalen Nachhaltigkeitsstrategie eintreten- Initiativen auf Bundesebene de „politische“ Verknappung des Ange- botes durch eine verstärkte Wiedernut- Der Koalitionsvertrag der Bundesregie- zung - Mobilisierung der baureifen Bra- rung (November 2005) bekräftigt die Zie- chen vorausgesetzt - zumindest mittel- le „Verminderung der Flächeninan- fristig bis 2010 weitgehend ausgeglichen spruchnahme“ und „ Wiedernutzung von werden könnte. Stadtbrachen“ und fordert die Entwick- lung finanzieller Anreizinstrumente für Parallel bestehen enorme Reserven im ein Flächenressourcenmanagement. Er Gewerbeflächenbestand (Glaser et al. bestätigt damit den Leitgedanken des 2005). Gewiss kommt das Recycling Fortschrittsberichts 2004 zur Nationalen

34 Rahmenbedingungen zum Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Nachhaltigkeitsstrategie „Verminderung tebauliche Erneuerung“. Die Kooperati- der Flächeninanspruchnahme durch ver- on dreier Bundesministerien und damit stärkte Innenentwicklung“ (vgl. Kapitel assoziierter Einrichtungen verdeutlicht 1.1 i. d. B). die „Querschnittsaufgabe“ Flächenrecy- cling. Diese Veranstaltungsreihe ist ein- Im Fortschrittsbericht 2004 zur Natio- gebettet in weitere, Forschungsaktivitä- nalen Nachhaltigkeitsstrategie wur- ten des Bundes, sie seien hier kurso- den erste wichtige Schritte dokumentiert: risch geschildert: die Novelle des Baugesetzbuchs, die Reduzierung von Eigenheimzulage (seit Eine Bestandsaufnahme aus dem Jah- 1.1.2006 aufgehoben) und Entfernungs- re 2005 zu den Forschungsaktivitäten pauschale, die Bedeutung von Förder- der verschiedenen Bundesressorts programmen sowie von Steuerungsopti- zeigt, dass der Flächenhaushaltspolitik onen insbesondere für die Nutzung öko- mehrere Programmschwerpunkte ver- nomischer Instrumente (vgl. ebda., BBR schiedener Ressorts gewidmet sind. Die 2005b). Weitere Schwerpunkte sind die Bandbreite der thematischen Schwer- Förderung urbaner, familien- und alten- punkte ergibt sich aus den unterschied- gerechter innerstädtischer Wohnformen lichen Zugängen der jeweiligen Ressorts und deren Infrastruktur, eine wirtschaft- und föderalen Ebene (vgl. Kapitel 1, und liche Infrastrukturauslastung, das Brach- 2.1 i. d. B.).Neben dem Flächenrecyc- flächenrecycling, eine effiziente Regio- ling, auch auf transnationaler Ebene nalplanung für das Flächenmanagement, zählen dazu u. a. naturschutzpolitische und die Stärkung einer flächeneffizien- Instrumente und Bewertungsmodelle, ten Entwicklung durch die Städtebau- Klassifikationssysteme, Modellvorhaben förderung. zum regionalen Flächenmanagement, Instrumentenanalysen oder mobilitäts- Mit der Fortsetzung des vom Nachhal- bezogene Optimierungskonzepte für tigkeitsrat initiierten „Dialogs Fläche“ Siedlungsstrukturen. soll die sektorübergreifende Zusammen- arbeit der Bundesressorts zur Flächen- Einen besonderen Stellenwert nimmt im haushaltspolitik weiter vorangetrieben Förderprogramm „Forschung für die und stärker in die Fachöffentlichkeit ge- nachhaltige Entwicklung“ die spezifische tragen werden. Geplant sind drei weite- Fördermaßnahme „Reduzierung der Flä- re Veranstaltungen zu flächenpolitischen cheninanspruchnahme“ (REFINA) ein Schlüsselthemen „Kosten der Flächen- (vgl. Kapitel 1.2 und 4.1.7 i. d. B.). Die nutzung vor dem Hintergrund der demo- Arbeiten bei REFINA sind mit der Res- graphischen Entwicklung in Deutsch- sortforschung unterschiedlicher Minis- land“, „Flächensparen als Strategie zum terien vernetzt. Sie zielen u. a. auf die Ressourcenschutz“ und „Fläche im Wiedernutzbarmachung von Brachflä- Kreis – Flächen in Funktion“. Den Auf- chen, auf die Verbesserung des takt dieser Veranstaltungsreihe bildete Flächenmonitorings und die Weiterent- der in dem vorliegenden Fachbuch do- wicklung konkreter Bewertungsinstru- kumentierte Workshop „MehrWert für mente sowie auf die Erprobung modell- Mensch und Stadt: Flächenrecycling hafter Maßnahmen in ausgewählten in Stadtumbauregionen. Strategien, Regionen ab. Erste Projekte starteten innovative Instrumente und Perspektiven in 2005. für das Flächenrecycling und die städ-

35 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Das BBR führt im Auftrag des BMVBS gerechten Infrastruktureinrichtungen Forschungsvorhaben neben der allgemei- untersucht. Im Programm nen Ressortforschung in den Program- „Stadtumbau West“ zielen Pilot- men Modellvorhaben der Raumordnung projekte in westdeutschen Regionen (MORO), „Aufbau Ost“ und dem Experi- auf Lösungen für den wirtschafts- mentellen Wohnungs- und Städtebau strukturellen Wandel und für negat- durch: ive demographische Entwicklungen.

¾ In der Allgemeinen Ressortfor- Ein laufendes Forschungsprojekt des schung wurden u.a. Aktivierungs- BBR im Rahmen des ExWoSt sei hier strategien für Brachflächen unter besonders hervorgehoben: Bei „Fläche sucht. Weiterhin steht die im Kreis – Kreislaufwirtschaft in der Erarbeitung eines differenzierten städtischen/stadtregionalen Flächennut- Indikatorensystems zur Erfassung zung“ werden umsetzungsorientierte der quantitativen und qualitativen Erkenntnisse zur Erreichung einer städ- Aspekte der Flächeninanspruch- tischen bzw. stadtregionalen Flächen- nahme vor dem Abschluss. Damit kreislaufwirtschaft erarbeitet und derzeit soll dauerhaft ein repräsentatives, in Planspielen erprobt (vgl. Kapitel 1.4 preiswertes und aussagekräftiges i. d. B., BBR 2005c, Jakubowski et al. Flächenmonitoring möglich wer- 2005). „Kreislaufwirtschaft in der Flä- den. chennutzung“ steht allgemein für eine Flächenpolitik in einer (Stadt) Region, ¾ Im MORO Schwerpunkt „Nach- die vorrangig und systematisch die Aus- haltige Siedlungsentwicklung“ schöpfung von Potenzialen im Bestand werden derzeit 7 Projekte zu Stra- und die Wiedernutzung von Brachflä- tegien, Konzepten und Instrumenten chen verfolgt. Der auf einzelne Flächen der räumlichen Planung für eine wie auch die Stadtregion bezogene nach-haltige, d. h. flächensparende Kreislaufgedanke greift die Vorstellung Siedlungsentwicklung durchgeführt. eines Nutzungszyklus beginnend bei der Baulandbereitstellung über Bebauung, ¾ Die Modellvorhaben des Aufbaus Nutzung und Brachfallen bis hin zur Ost suchen in regional spezifichen Wiedernutzung auf. Zu erwartende Ef- Projekten u.a. Lösungen zum Flä- fekte einer Flächenkreislaufwirtschaft chenmanagement und Flächenre- sind u. a. eine erhöhte Effizienz der Flä- cycling. Jüngstes Ergebnis sind drei chennutzung, eine Stabilisierung der Einzelgutachten zum „Flächenrecyc- Siedlungsdichte im stadtregionalen Kon- ling in suburbanen Räumen“ (Gute text, ein verbessertes Angebot und die Beispiele, Finanzierungsmöglichkei- Verhinderung von Fehlinvestitionen in ten, Handlungshilfen) (BBR 2005a). überdimensionierte Siedlungsinfrastruk- turen. ¾ In Vorhaben des Experimentellen Wohnungs- und Städtebaus (ExWoSt) wie „Stadtquartiere im Umbruch“ werden städtebauliche Entwicklungskonzepte und quar- tierbezogene Maßnahmen zum Rückbau von nicht mehr bedarfs-

36 Rahmenbedingungen zum Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Der stadtregionale und sektorübergrei- www.flaeche-im-kreis.de fende Ansatz der Flächenkreislaufwirt- schaft ist vom Grundsatz her in der Lage, www.bbr.bund.de/raumordnung/ die drei im Flächenkontext genannten siedlung/siedlung.htm Zielkategorien des Bundes „sparsam- schonend-verursachergerecht“ zu errei- www.bbr.bund.de/aufbau-ost/ chen. standortentwicklung- standort_index.html Literaturhinweise

BBR (2004): Bauland- und Immobilien- märkte. Ausgabe 2004. Bonn.

BBR (Hrsg.) (2005a): Flächenrecycling in suburbanen Räumen: 3 Expertisen - Fallstudien, Finanzierungsmöglichkei- ten und Leitfaden, Akteursorientierte Handlungsstrategien und Arbeitshilfen; Bonn.

BBR (2005b): Mengensteuerung der Siedlungsflächenentwicklung durch Plan und Zertifikat, Informationen zur Raum- entwicklung, Heft 4/5.2005, Bonn.

BBR (2005c): Fläche im Kreis – Vor dem Start der Planspiele. ExWoSt-Informa- tionen 25/2, Bonn.

Dosch, F., Bergmann, E., Jakubowski, P. (2005): Flächenkreislaufwirtschaft als Vision einer nachhaltigen Flächennut- zung. UmweltWirtschaftsForum, 13. Jg., H. 2, Juni 2005, S.4-11.

Glaser, J., Bonny, H-W., Krause, K.-U., Bunde, J. (2005): Wettbewerbsfähigkeit des regionalen Gewerbeflächenpotenzi- als in Ostdeutschland. Unveröff. Bericht im Auftrag des BBR 2005.

Schultz, B. und Dosch, F. (2005): Ur- ban sprawl – Strategien und Instrumen- te einer nachhaltigen Flächenhaus- haltspolitik. Themenheft DISP 160, Netz- werk Stadt und Landschaft NSL, Eidge- nössische Technische Hochschule ETH (Hrsg.), Zürich/Schweiz 2005

37 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

1.6 Fazit Rahmenbedingungen zum Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Die Darstellung der Rahmenbedingungen weile auch Auswirkungen auf die Flä- zeigt, dass es in der augenblicklichen cheninanspruchnahme: In Kommunen Situation derzeit zwar einen Rückgang werden die mit einer Ausdehnung der der Flächeninanspruchnahme gibt, man Infrastruktur bei der Neuinanspruchnah- aber noch deutlich vom Ziel 30 ha/Tag me von Fläche entstehenden Kosten zu entfernt ist. Inwieweit bei einer anziehen- einem Problem. Kommt es darüber hin- den Konjunktur die Flächeninanspruch- aus zu einem Rückgang der Bevölke- nahme wieder steigen wird, ist noch rung und der Freisetzung von Flächen, nicht abzusehen. so müssen die bestehenden Infrastruk- turkosten von immer weniger Einwoh- Es hat den Anschein, dass das Problem nern getragen werden. Diese Tendenz der Flächeninanspruchnahme bisher wird sich als Folge der demographischen noch nicht in der breiten Öffentlichkeit Entwicklung in den kommenden Jahren den Stellenwert gefunden hat, der dem noch weiter verstärken. Thema aufgrund seiner Bedeutung und der damit verbundenen zukünftigen Kon- Konzepte und Ideen, wie die Flächenin- sequenzen eigentlich zukommen müss- anspruchnahme weiter vermindert wer- te: Der Flächenverbrauch führt zu einer den kann, sind mittlerweile in einer gro- Zerstörung von Natur-, Kultur- und da- ßen Anzahl publiziert. Der Rat für Nach- mit Erholungslandschaften. Es gehen haltige Entwicklung hat in seiner Emp- unwiderruflich fruchtbare Böden verloren, fehlung zur Reduzierung der Flächenin- die Grundwasserneubildungsrate nimmt anspruchnahme eine ganze Reihe von ab. Darüber hinaus verändern ländliche Hinweisen aufgezeigt. Grundsätzlich Gemeinden und Kleinstädte durch neue muss aber auch festgestellt werden, Baugebiete ihr Erscheinungsbild. Zu- dass es bereits eine Vielzahl von Instru- künftigen Generationen werden Entwick- menten im Raumordnungs- und Pla- lungsoptionen genommen. Diese Ent- nungsrecht gibt, die bei einer konse- wicklung und die damit zusammenhän- quenten Anwendung zu einer Redukti- gende Problematik wird bisher von der on der Flächeninanspruchnahme beitra- breiten Öffentlichkeit kaum wahrgenom- gen würden. men. Im Gegensatz dazu nimmt das Empfinden von Brachflächen einen an- Zukünftig wird man die Rahmenbedin- deren Stellenwert ein. Meist verursachen gungen im Kontext der Flächennutzung Brachen als „Schandfleck“ ein schlech- dahingehend verändern, dass die öko- tes Image der betroffenen Quartiere. Es nomischen Instrumente ein stärkeres ist hier eine deutlich verbesserte Öffent- Gewicht bekommen werden. Bereits lichkeitsarbeit erforderlich, um das Pro- aktuelle Beispiele sind u. a. der Wegfall blembewusstsein zu erhöhen. der Eigenheimzulage, die Änderungen bei der Entfernungspauschale oder die Die existierenden finanziellen Engpäs- zu erfolgende Überarbeitung der Grund- se der öffentlichen Hand zeigen mittler- steuer. Neue Finanzierungsmodelle sind

38 Rahmenbedingungen zum Flächenrecycling in Stadtumbauregionen in der Entwicklung, die steuernd Einfluss Dies ist der Schritt hin zu einem kom- auf die Flächeninanspruchnahme neh- munalen Flächenmanagement, das da- men sollen. Dadurch werden sich die mit über das alleinige Recycling von Randbedingungen in ökonomischer Hin- Brachflächen hinausgeht. Allerdings sicht verändern. Darüber hinaus ist vor- wird es zunehmend wichtiger werden, gesehen, bestehende, aber auch neue die lokale und kommunale Sichtweise Förderprogramme für Strukturmaßnah- zu verlassen und über eine enge Abstim- men stärker zu überprüfen, inwieweit sie mung zwischen den Gemeinden zu ei- einen Beitrag zum Flächenverbrauch nem regionalen Flächenmanagement zu leisten. kommen, das in eine Flächenhaushalts- politik münden sollte. Diese interkom- Die neuen Konzepte und Ideen werden munale Abstimmung sollte zu einem z. T. in Form von Modellvorhaben bereits möglichst frühen Zeitpunkt erfolgen, be- getestet. Dadurch werden die Bedingun- vor aufgrund von äußeren, stark verän- gen für die Praxis verbessert und funkti- derten Randbedingungen (keine verfüg- onierende bzw. überprüfte Konzepte zur baren Flächenressourcen), eine Zusam- Verfügung gestellt. Die Ressortfor- menarbeit zwingend erforderlich wird. schung und das BMBF-Forschungspro- gramm REFINA zur Reduzierung der Aber auch bei einer Flächenkreislaufwirt- Flächeninanspruchnahme tragen dazu schaft wird es sich in einigen Fällen bei, Forschungsdefizite auszuräumen nicht vermeiden lassen, dass Flächen und praxisrelevante Maßnahmen zu för- auf der grünen Wiese In-Anspruch ge- dern. nommen werden müssen.

Ein wesentlicher und grundlegender Bei Aktivitäten zum Flächenmanage- Schritt zur Verminderung einer weiteren ment sind oder werden zunehmend auch Flächeninanspruchnahme ist sicherlich immer stärker private Akteure gefragt. die Aufwertung der Innenstädte. Wenn Dabei ist für die Immobilienwirtschaft Städte eine hohe Attraktivität mit leben- einerseits die Lage der Fläche entschei- digen und durchgrünten Stadtvierteln dend. Andererseits, ob ein Grundstück besitzen, können sie ohne Probleme mit im Hinblick auf Altlasten gut erkundet Stadtrandlagen konkurrieren. Ein attrak- ist. tives Umfeld kann die Menschen wieder in die Stadt locken. Hierbei ist der Stadt- Es wird zukünftig in vielen Regionen in umbau sicherlich ein langwieriger Pro- Deutschland immer schwieriger werden, zess. Dabei muss sich der Stadtumbau bei einer abnehmenden Bevölkerungs- bzw. die Flächenpolitik stärker am Re- zahl, eine passende Nutzung für eine cyclinggedanken – vergleichbar der In- Fläche zu finden. Daher müssen auch dustrie - orientieren, wie er als Flächen- alternative Lösungswege gegangen wer- kreislaufwirtschaft beim Projekt „Fläche den. Zwischennutzungen sind für solche im Kreis“ getestet wird. Der Kreislauf darf Flächen eine Option. Diese sollten sich dabei nicht nur auf die Brachflächen allerdings keine Notlösungen darstellen. beschränken, sondern es ist eine um- fassende Berücksichtigung aller inner- Bei den sich abzeichnenden Entwick- örtlichen Flächenpotenziale erforderlich. lungen wird es zukünftig verstärkt not- Dazu müssen z. B. auch untergenutzte wendig werden, Flächen einer Renatu- Flächen und Baulücken gezählt werden. rierung zuzuführen und diese Nutzung

39 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen als Nachfolgemöglichkeit in Erwägung zu ziehen. Allerdings gibt es hierfür bisher noch keine konkrete Fördermittel.

Betrachtet man die Randbedingungen, so wird der Anteil der Brachflächen zu- nehmen, die Einwohnerzahlen werden zurückgehen. Um auf diese Entwicklung zu reagieren, werden neue Instrumente erarbeitet und rechtliche bzw. fiskalische Voraussetzungen geschaffen, um das Flächenrecycling bzw. die zukünftig grö- ßer werdenden Herausforderungen des Stadtumbaus anzugehen undinsbeson- dere auch eine Kostenwahrheit für die Revitalisierung von Brachflächen und die Neuinanspruchnahme auf der grünen Wiese zu schaffen.

40 2 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

2.1 Erfahrungen und Strategien einzelner Bundesländer beim Flächenrecycling 2.2 Kommunales Flächenmanagement 2.3 Planerische Aspekte beim Flächenrecycling in Stadtumbauregionen 2.4 Fazit

Die Ursachen für die Flächeninanspruchnahme und das Flächenrecycling als ein Lösungsansatz sind in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich ausge- prägt. In den neuen Bundesländern herrschen vielerorts Schrumpfungsprozesse vor. Dennoch zeigt sich, dass gerade dort bei z. T. schrumpfender Bevölkerung weiterhin Flächen auf der grünen Wiese mit dem Wunsch einer zeitnahen Ansied- lung von Gewerbe und Industrie entwickelt werden. Im Gegensatz dazu sind die Entwicklungsmöglichkeiten im Außenbereich/Stadtrandbereich in manchen Regi- onen v.a. in den alten Bundesländern bei teilweise steigender Bevölkerungszahl infolge von Migrationsgewinnen und prosperierender Wirtschaft fast oder vollstän- dig erschöpft. Die einzige Möglichkeit und auch Notwendigkeit besteht hier oftmals nur in der Wiedernutzung von Flächen.

Neben den Aktivitäten in ausgewählten Bundesländern beim Flächenmanagement wird auch der Umgang mit Altlasten vorgestellt. An vier ausgewählten Beispielen werden die Erfahrungen auf kommunaler Seite mit dem Instrument des Kommuna- len Flächenmanagements verdeutlicht. Abschließend werden die planerischen Aspekte beim Umgang mit Brachflächen erörtert.

Thesen:

¾ Konjunkturelle und lagespezifische Unterschiede unter Berücksichtigung von Nachnutzungsoptionen erfordern einen differenzierteren Umgang mit dem The- ma Flächenverbrauch. Flächenmanagement führt mittel- und langfristig zu attraktiven Kommunen mit Standortvorteilen.

¾ Eine bevorzugte Förderung von Wachstumskernen birgt die Gefahr einer weite- ren Endindustriealisierung in peripheren Gegenden und der Entstehung neuer Brachflächen.

¾ Das Vorhandensein eines Kommunalen Flächenmanagements ist eine Grund- voraussetzung für die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme. Die Lebens- qualität erhöht sich durch eine nachhaltige Nutzung der vorhandenen Flächen in den Stadtregionen.

¾ Brachflächen sind im doppelten Sinne (für die Brachen und für Neubaugebiete) mit hohen Kosten für die Kommunen verbunden

41 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

2.1 Erfahrungen und Strategien einzelner Bundesländer beim Flächenrecycling

2.1.1. Strategien für Flächenrecycling unter verschiedensten Ausgangsbedin- in Stadtumbaugebieten - erste gungen zu unterstützen. Erfahrungen Da es sich bei Brachflächen oft um Alt- 2.1.2. Mit Fläche haushalten - ein lastenverdachtsflächen handelt, wird im Gebot nachhaltiger Entwicklung Zusammenhang mit Flächenentwicklung die Herangehensweise mit Hilfe des 2.1.3. Flächenmanagement in Baden- „Leistungsbuches Altlasten & Flächen- Württemberg und das Aktions- entwicklung“ in Nordrhein-Westfalen bündnis „Flächen gewinnen“ entwickelt.

2.1.4. Das Leistungsbuch Altlasten Es werden teilweise verschiedene Stra- und Flächenentwicklung tegien der Länder aufgezeigt, welche 2004 /2005 des LUA NRW immer unter dem Gesichtspunkt der Reaktivierung von un- bzw. untergenutz- 2.1.5 Kommunales Flächenmanage- ten Flächen stehen. ment und das „Bündnis zum Flächensparen“

Im Kapitel 3.1 werden innovative Strate- gien in den einzelnen Bundesländern beim Umgang mit Brachflächen vorge- stellt. Einleitend werden die Aktivitäten in den Freistaaten Sachsen und Thürin- gen beim Flächenrecycling bzw. Flä- chenmanagement dargelegt. Diese Bun- desländer haben u.a. eine Entwicklung von Standorten auf Basis eines Flächen- entwicklungskonzeptes bzw. die voll- ständige Erfassung von Brachen und die somit resultierende Flächenhaushaltspo- litik im Focus. Daneben wird der Um- gang mit Altlasten und der Flächenent- wicklung im Bundesland Baden- Württemberg sowie das Flächenres- sourcen-Management im Freistaat Bay- ern vorgestellt. Beide Bundesländer ha- ben erstmalig umfassende Arbeitshilfen auf Länderebene erstellt und angewandt, um so die Kommunen bei einer flächen- sparenden Siedlungsentwicklung auch

42 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

2.1.1 Strategien für Flächenrecycling in Stadtumbaugebieten - Erste Erfahrungen

Staatsminister Dr. Albrecht Buttolo

Einleitung ment auf der Grundlage eines Flächen- entwicklungskonzepts mit Chancen für Der Handlungsbedarf auf dem Gebiet die Bevölkerungsentwicklung durch Im- des Flächenrecyclings ist höher denn pulse in Bezug auf Wirtschaft, Infra- je, in Stadtumbauregionen herrscht ein struktur, Erholung und Tourismus. Ziel Flächenüberangebot, jedoch ist die ist dabei auch eine Verbesserung der Nachfrage vor allem nach innerstädti- Rahmenbedingungen hinsichtlich Um- schen Flächen gering. Insbesondere welt-, Natur- und Hochwasserschutz. den Kommunen als Flächeneigentü- merinnen stellt sich in diesem Zusam- Der Stadtumbau und die Brachflächen- menhang die Aufgabe der Beseitigung revitalisierung zielen deshalb beson- von erheblichen städtebaulichen Miss- ders auf die Wiedereingliederung der ständen, die von brachliegenden Grund- Brachen in den Nutzungszyklus und stücken ausgehen. Die Probleme lie- damit auf eine teilweise Umkehr der gen in den Brachflächen an sich be- Suburba-nisierung. Einige große leis- gründet. Im Freistaat Sachsen gibt es tungsfähige Kommunen, insbesondere ca. 18.000 ha Brachflächen insgesamt im westsächsischen Raum, haben be- und ca. 7.000 ha Brachflächen in inner- gonnen, Gewerbe- und Industriebra- städtischen Lagen. Häufig sind sie be- chen in einem Kataster zu erfassen, baut, teilweise ist die Gebäudesub- um diese Flächen dann unter intensiver stanz denkmalgeschützt, vor allem Zusammenarbeit zwischen Stadt, ehemals gewerblich genutzte Flächen Kommune, Eigentümern und privaten sind zu großen Teilen kontaminiert. Akteuren einer Entwicklung zuzufüh- ren. Erfassung der Brachflächen ist Zwischen 2001 und 2004 lag das Grundvoraussetzung für ein regionales Wachstum an Siedlungsflächen in Flächenmanagement. Beabsichtigt ist, Sachsen bei 5 ha/Tag bzw. 0,9 %, es mit dem Brachenkataster die Brachen wird aber eine Reduzierung um 25 % - anhand eines Mindestdatensatzes zu 30 % angestrebt. Um das Siedlungsflä- beschreiben und kartographisch darzu- chenwachstum zu reduzieren, kann auf stellen, sie dann mit immer aktuellen das vorhandene Flächenpotential der Daten in das Internet zu stellen, um po- Brachen zurückgegriffen werden mit tentiellen Investoren möglichst schnell dem positiven Effekt der Beseitigung die für sie am besten geeignete Ansied- städtebaulicher Störelemente. lungsfläche anbieten zu können.

Nachhaltige Stadtentwicklung Der Freistaat Sachsen sieht seine Hauptaufgabe darin, die Kommunen bei Grundvoraussetzung für eine nachhalti- der Aufbereitung brachliegender Flä- ge Stadtentwicklung, eine Steuerung chen zu unterstützen: des Stadtumbaus und der Entwicklung von Standorten ist ein Flächenmanage-

43 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

¾ Strategie: ganzheitlicher Ansatz brachliegende Grundstücke zweckent- mit dem Ziel der Stärkung ganzer sprechend neu gestaltet werden Quartiere/Stadtgebiete ¾ Bund-Länder-Programm „Stadtum- ¾ Grundsatz: Innenentwicklung vor bau Ost“, Programmteil Aufwertung Außenentwicklung durch Rückbau, Abriss- und Aufwer- Flächenrecycling ist ein Teilaspekt des tungsmaßnahmen erfolgt eine Stabili- ganzheitlichen Ansatzes, der mit unter- sierung von Quartieren; Verbesserung schiedlichen Förderansätzen sowohl des öffentlichen Wohnumfeldes; Schaf- mit den Bund-Länder-Programmen der fung von Grünbereichen Städtebaulichen Erneuerung als auch mit den EU-Programmen Städtische ¾ EFRE - Städtische Entwicklung Entwicklung verfolgt wird: nachhaltige Stadtentwicklung durch ein ¾ Bund-Länder-Programm „Städte- Maßnahmenbündel aus ökologischen, bauliche Sanierungs- und Entwick- ökonomischen und sozialen Einzelpro- lungsmaßnahmen“ jekten;

Sanierung und Entwicklung von Innen- konzentrierter Mitteleinsatz für die Ent- städten und Stadtteilzentren; wicklung der Gesamtstadt; Innenent- wicklung Beseitigung von städtebaulichen Män- geln und Missständen (u. a. brachlie- Zwei Programmteile: gende Grundstücke und Gebäude) a) Förderung der nachhaltigen Ent- ¾ Bund-Länder-Programm „Städte- wicklung eines benachteiligten baulicher Denkmalschutz“ Stadtgebiets

Förderung der Sanierung und Entwick- Im Vordergrund steht die wirtschaftli- lung der besonders wertvollen histori- che Entwicklung benachteiligter Stadt- schen Innenstädte des Freistaats; quartiere. Gefördert werden Stadtteile, deren Benachteiligung anhand von Kri- Modernisierung von Gebäuden und Ge- terien wie Arbeitslosigkeit, unzurei- staltung von Grünflächen; Abbrüche nur chendes Wohnumfeld, niedriges Ar- in geringem Umfang, da die Gebietsku- beitsplatzangebot, Bevölkerungsverlust lisse mehr auf den Erhalt historischer oder Segregationstendenzen darzu- Bausubstanz abzielt stellen ist.

¾ Bund-Länder-Programm „Soziale Ziele des Programmes sind: Stadt“ ¾ die Schaffung von Rahmenbedin- integrierter Entwicklungsansatz von be- gungen zur Stärkung der lokalen nachteiligten Quartieren und überfor- Ökonomie, wirtschaftlichem Wohl- derten Nachbarschaften – auch hier stand und Beschäftigung können brachliegende Gebäude gesi- chert oder modernisiert werden und ¾ die Verbesserung der baulichen Attraktivität des Wohnumfeldes

44 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

und der Freizeitinfrastruktur der die aufgrund der sozioökonomischen Stadtquartiere Veränderungen nach dem Jahr 1990 brach gefallen waren, wieder für eine ¾ die Stabilisierung der Bevölke- Nutzung vorzubereiten. Nach wie vor rungszahlen und -strukturen sowie besteht Bedarf, die Vielzahl der vor- handenen Brachflächen in den Innen- ¾ die Initiierung einer sich selbsttra- städten und Stadtrandgebieten zur De- genden Entwicklung ckung des Flächenbedarfs vorrangig zu berücksichtigen. Für die im Zuge b) Förderung der Revitalisierung von des Strukturwandels seit Beginn der innerstädtischen Brachflächen. 90er Jahre brach gefallenen Industrie- Es geht um die Revitalisierung inner- und Konversionsflächen fehlten den städtischer Brachflächen für ökono- Gemeinden bislang Finanzmittel, um misch tragfähige und stadtstrukturell gerade auch neue Erschließungen vor- sinnvolle Folgenutzungen mit dem Ziel: zunehmen und der konkurrierenden Nutzungen auf der grünen Wiese zu ¾ einer kommunalen und regionalen begegnen. Mit der Verwaltungsvor- Standortverbesserung und Stär- schrift über die Vorbereitung, Durch- kung des Wirtschaftsstandortes führung und Förderung von Strategien Stadt und Maßnahmen der städtischen Ent- wicklung und der Revitalisierung von ¾ der Sicherung und Schaffung von Brachflächen im Freistaat Sachsen Arbeitsplätzen auf sanierten Flä- (VwV-Stadtentwicklung), Programm- chen durch entsprechende Folge- teil Brachflächenrevitalisierung steht nutzungen im Freistaat Sachsen erstmals ein fle- xibles Finanzierungsinstrument für die ¾ positiver Auswirkungen auf die Um- Brachflächenrevitalisierung zur Verfü- weltsituation sowie gung.

¾ der Erhöhung der Attraktivität für Brachflächen i. S. d. VwV-Stadtent- Ansiedlung von Folgenutzungen wicklung: ehemals verkehrstechnisch, durch städtebauliche Neuordnun- industriell, gewerblich oder militärisch gen und Schaffung ökologischer genutzte Flächen, die aufgrund des und gestalterischer Qualitäten. strukturellen Wandels, der militäri- schen Abrüstung oder der Umgestal- Einordnung des Programms „Revi- tung von Stadtgebieten nicht mehr ge- talisierung von Brachflächen“ nutzt werden

Es gibt bereits Erfahrungen des Frei- Kommunen und private Eigentümer staats Sachsen im Bereich des Flä- bzw. Investoren sind gleichermaßen chenrecyclings aus der Durchführung gefordert, Ideen zu entwickeln und Pro- der Gemeinschaftsinitiativen KONVER, jekte in die Tat umzusetzen, um die RECHAR, RESIDER und RETEX. Vor Ziele des Programms zu erreichen: Beginn der jetzigen EU-Strukturfonds- periode trugen diese Instrumente u. a. ¾ eine Stärkung der Wirtschaft- dazu bei, vormals industriell, gewerb- standorte lich und militärisch genutzte Flächen,

45 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

¾ die Sicherung und Schaffung von Das Förderprogramm zur Stadtentwick- Arbeitsplätzen auf sanierten Flä- lung kann u. a. mit den Bund-Länder- chen durch die Ansiedlung ent- Programmen der Städtebaulichen Er- sprechender Folgenutzungen neuerung kumuliert werden, so dass sich der 25-prozentige Eigenanteil der ¾ Verbesserung der Umweltsituation Gemeinde im EFRE reduziert. In die- sem Zeitraum können insgesamt 59,3 ¾ den Flächenverbrauch zu reduzie- Mio. EUR bereitgestellt werden, dies ren, vorhandene Infrastrukturen zu entspricht einem Gesamtinvestitionsvo- nutzen und zu verbessern lumen von 79,1 Mio. EUR. ¾ Standortnachteile abzubauen und die Wohnqualität in den Gemein- den zu erhöhen.

1. Finanzdaten: (Stand 30.06.2005)

Gemeinden: 35 Maßnahmen: 44 Bewilligte EFRE-M ittel: 40,9 Mio. EUR Bewilligter Eigenanteil der Gemeinden: 17,2 Mio. EUR Ausgezahlte EFRE-Mittel: 23,8 Mio. EUR Verausgabte Eigenmittel der Gemeinden: 8,6 Mio. EUR

2. Realisierungsgrad: (Stand 31.12.2004)

Sanierte Fläche: ca. 63 ha Zahl der auf den Gewerbe- und Dienstleistungsflächen angesiedelten 29 Unternehmen: Zahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze: 198 Zahl der gesicherten Arbeitsplätze: 1.410

Um diese Ziele zu erreichen, werden Tabelle: Förderdaten Brachflächenprogramm aber auch Maßnahmen gefördert, die wirtschaftsfremde Nachnutzungen vor- Die Finanzhilfen werden für Maßnah- sehen. Angestrebt ist, auf mindestens men zur Untersuchung, Planung, Sa- 50 % der über das Brachflächenpro- nierung und Entwicklung von stadtent- gramm sanierten Flächen kurz- bis wicklungspolitisch relevanten Brachflä- mittelfristige Folgenutzungen zu reali- chen eingesetzt (z. B. Abriss, sieren. Das Förderprogramm „Revitali- Beräumung und Gebäudesicherung sierung von Brachflächen“ wird im Rah- oder -sanierung, Planung, Herstellung, men der Ziel-1-Förderung in der Struk- Erhaltung und Rückbau von Erschlie- turfondsperiode 2000 - 2006 zu 75 % ßungsanlagen, Renaturierung, Ver- aus Mitteln des Europäischen Fonds marktung der Flächen für künftige Nut- für regionale Entwicklung (EFRE) und zungen). Mit der Förderung über das zu 25 % aus kommunalen Mitteln fi- Brachflächenprogramm sollen bis Ende nanziert (Tabelle Förderdaten des 2006 ca. 260 ha saniert und für ökono- Brachflächen-Programms). misch und stadtstrukturell tragfähige

46 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

Folgenutzungen verfügbar gemacht und prägten durch den zunehmenden werden. Verfall das im Übrigen durch Schloss- park, die Nähe zur Elbe, sanierte Projektbeispiel Wohnbebauung und gute Infrastruktur gekennzeichnete Stadtgebiet Pirna Stadtumbau durch Dienstleistungen: Sonnenschein. Die künftige Ansiedlung Pirna – die ehem. Strömungsmaschi- des geplanten neuen Kreiskrankenhau- nenbau GmbH ses ist geplant.

Das Beispiel zeigt exemplarisch die Die umfangreichen Abbruch- und Sa- Notwendigkeit, für viele innerstädtische nierungsarbeiten sind im Jahr 2004 an- Brachenstandorte alternative Nutzun- gelaufen und stehen mit einer Bau- gen anzusiedeln. Hierbei kann der Ge- grundvorbereitung vor ihrem Abschluss. sundheits- und Pflegesektor eine we- sentliche Rolle spielen. Insgesamt 80 % der ca. 10 ha großen Fläche war durch Schadstoffe verunrei- Das Gesamtinvestitionsvolumen betrug nigt; der Baugrund wurde im Hinblick ca. 4.497.000 Euro, davon wurden ca. auf eine sensible Nachnutzung durch 1.383.000 Euro durch EFRE-Mittel fi- das neue Kreiskrankenhaus der Rhön nanziert. AG saniert; für den denkmalgeschütz- ten ehem. Speisesaal ist eine Nutzung Träger der Maßnahme waren die Stadt für ergänzende Pflegeeinrichtungen Pirna mit der Stadtentwicklungsgesell- oder als Speisesaal angedacht. schaft Pirna, in Zusammenarbeit mit dem privaten Investor (Rhön-AG). Im Rahmen eines privaten Trägermo- dells hat die Röhn-AG das sanierte Die ehemalige Strömungsmaschinen Grundstück übernommen und beginnt GmbH Pirna befand sich in Liquidation, in diesen Wochen mit dem Neubau des die Gebäude und Anlagen standen leer Kreiskrankenhauses.

Abbildung: Pirna – die ehem. Strömungsmaschinenbau GmbH

47 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

2.1.2 Mit Fläche haushalten – ein Gebot nachhaltiger Entwicklung

Staatssekretär Prof. Dr. Ch. C. Juckenack

Einleitung was in den neuen Bundesländern einen Anteil von 5 ha/d ausmacht, bekommt An das Sammeln und Recyceln von dieses Thema zusätzliche Brisanz. Glas, Papier oder Edelmetallen und so- mit dem sorgsamen Umgang von Roh- 130 stoffen ist man bereits seit langem ge- 140 115 wohnt. Bei der endlichen Materie Boden, 120 also bei der Nachnutzung von Brachflä- 100 chen, wird derzeitig im Allgemeinen 80 60

„nichts“ bzw. zu wenig getan. Hektar 40 30 20 Durch den Strukturwandel und -bruch, 0 der seit Ende der 90er Jahre in Ost- 1996-2000 2001-2004 2020 deutschland erfolgt ist, ist das Recyc- Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche in ha/Tag in Deutschland ling von Brachflächen gerade in den neuen Bundesländern ein Schwerpunkt- thema. Dieser Umwandlungsprozess 20 wird sich in den nächsten Jahren auch 15 in den neuen EU-Beitrittsländern fortset- zen. Diese temporäre Sondersituation 10

erfordert geeignete Sondermaßnahmen Hektar 5 3,42 2,58 für diese Regionen, insbesondere für 1 Thüringen. 0 1996-2000 2001-2004 2020 Dabei ist klar, dass die In-Wertsetzung Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche in ha/Tag in Thüringen von Brachflächen eine konfliktbeladene Querschnittsmaterie und damit eine be- Abbildung 1: Zunahme der Siedlungs- und Ver- sondere Herausforderung für die Städte kehrsfläche in ha/Tag und Gemeinden auch in der ländlichen Es bedarf einer einheitlichen Strategie, Region darstellt. Dies gilt auch für Thü- um die Problemfelder bewältigen zu kön- ringen. Die aktuelle Situation der nen. Die vorrangigste Aufgabe der Kom- Neuversiegelung von Flächen liegt in munen ist die In-Wertsetzung, d.h. auch Thüringen bei 2,3 ha pro Tag. Dieser die Verkehrsfähigmachung und somit die Verlust an unversiegelter Fläche geht Möglichkeit der Vermarktung. Daneben regelmäßig zu Lasten der Landwirt- ist die Beseitigung von imageschädigen- schaft. Es besteht das Ziel, die Neuver- den Schandflecken vorrangig eine Auf- siegelung auf ca. 1 ha/d im Jahr 2020 gabe der Kommunen. Die Kommunen zu senken. Durch die Feststellung, dass sind hier in besonderem Maße gefordert, gleichzeitig täglich neue Brachflächen verfügen sie doch über die baurechtli- durch leer stehende Wohngebäude oder ungenutzte Gewerbeflächen entstehen,

48 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement che Planungshoheit und damit auch nur Anstöße für die engagierten Akteu- -verantwortung. re vor Ort geben. Das Ziel, den Flächen- verbrauch spürbar zu verringern, kann Vor allem vor dem Hintergrund der der- jedoch nur erreicht werden, wenn Kon- zeitigen Prognosen zur Bevölkerungsent- sens über ein intelligentes Flächenma- wicklung, welche einen merklichen An- nagement besteht. stieg im Altersdurchschnitt der Bevölke- rung nach sich ziehen, was eine deutli- Daher bedarf es der Definition folgender che Verringerung der Einwohnerzahlen Rahmenbedingungen: impliziert. Notwendig ist eine neue Sicht auf allen Ebenen – weniger Wachstum „Die zielorientierte Flächenhaushaltspo- ist zu bewältigen als vielmehr Schrump- litik mit einem intelligenten Flächenma- fung! Dies muss in einer zukünftigen Flä- nagement verknüpft Wachstum und Be- chenhaushaltspolitik für Thüringen be- schäftigung, z. B. über die Arbeitsgele- rücksichtigt werden. genheiten nach Hartz IV und andere In- strumente des zweiten Arbeitsmarktes.“ Das intelligente Flächenmanage- ment in Thüringen Erreicht wird dies dadurch, dass das Land nicht in die kommunale Planungs- Ein wesentlicher Baustein dieser Flä- hoheiten eingreift, wodurch keine wachs- chenhaushaltspolitik für Thüringen ist ein tumshemmenden Hindernisse für Inves- intelligentes Flächenmanagement. toren aufgebaut werden.

Dies bedeutet: Erfassung der Brachflächen

¾ Begrenzung der Flächeninanspruch- Eine erste wichtige Grundlage in Thü- nahme ringen ist die derzeit im Abschluss be- findliche landesweite Erfassung von ¾ Wiederherstellung der ökologischen Brachflächen. Dies ist ein in Deutsch- Funktion des Bodens (Altlasten, land bislang einzigartiges Projekt. Bodenschutz) Die Zuordnung zu den Raumstrukturen ¾ Standortqualitätsverbesserung (At- nach einer früheren Hochrechnung zeigt, traktivität der Regionen, Schandfle- dass sich 13 % dieser Flächen im Innen- cken beseitigen) bereich, 43 % im Randbereich und 44 % im Außenbereich der Siedlungsräu- ¾ Bodenordnung (Boden als Träger- me befinden. substanz von Eigentums- und Nut- zungstiteln, zweckmäßige Gestal- Dies lässt die Schlussfolgerung zu, dass tung von Liegenschaften, Erschlie- für Nachnutzungen Flächen (Wohnen, ßungszustand, Nutzungsart und Gewerbe etc.) im Innenbereich wie auch Nachbarschaftsverhältnissen). z. T. in Randlagen von Siedlungsräumen vorrangig geeignet erscheinen. Die Flä- Das Thüringer Ministerium für Landwirt- chen im Außenbereich können eher ei- schaft, Naturschutz und Umwelt bekennt ner Renaturierung zugeführt werden. sich in seinem Handlungsprogramm zur Nach der Hochrechnung ergibt sich eine Notwendigkeit einer zielgerichteten Flä- Summe von 10 - 12.000 ha Brachflächen chenhaushaltspolitik, kann aber selbst landesweit. Dieser Wert würde dem

49 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Stadtgebiet Jenas, 9 % der Siedlungs- kommunalen Planungsspielräume in und Verkehrsfläche Thüringens oder 50 Frage (vgl. Bodenwert Bilanz). m² je Bürger in Thüringen entsprechen. Von der Gesamtbrachfläche erscheinen Ein Vorteil erwächst natürlich nicht aus etwa 56 % (= 6.700 ha) zur Baulandmo- dem puren Vorhandensein von Brachflä- bilisierung geeignet – stellen somit ein chen. Gedanklich muss man sie als Nutzungspotential dar – während 44 % Potential-Flächen sehen. Diese unter- (=5.300 ha) für eine Renaturierung oder oder ungenutzten Flächen eignen sich für Ausgleichsmaßnahmen geeignet unter anderem zur Realisierung von Sied- sein dürften. lungsentwicklung, da die Nachfrage von Investoren meist dort befriedigt werden Eine andere Bewertung zeigt, dass 10 kann. Daneben können Maßnahmen der bis maximal 15 % sich auf Grund ihrer Renaturierung gezielt dorthin gelenkt Lage besser vermarkten lassen, wäh- werden. rend ca. 40 % als PPP Projekte eine Chance haben könnten. Die verbleiben- Ergebnisse der Flächenhaushalts- den 45 % der Flächen können nur unter politik Beteiligung der öffentlichen Hand einer Verwertung (meist Renaturierung) zuge- Bisher umgesetzte Ziele der Flächen- führt werden. haushaltspolitik:

Ziel ist es, die aus den erfassten Brach- ¾ Die Verankerungen der Gebote des flächen erwachsenden Nachnutzungs- Flächensparens und der Nachnut- potentiale zu ermitteln. Die erfassten zung von Brachflächen erfolgte in Flächen werden nun mittels GIS-System dem seit 2004 geltenden Landesent- untersetzt und als Flächenangebote im wicklungsplan. Internet zugänglich gemacht. Um diesen ¾ Folgen wird die Umsetzung dieser Vorgang zu beschleunigen, finden auf Grundsätze in den gerade in Über- lokaler Ebene Informationsveranstaltun- arbeitung befindlichen Regionalplä- gen statt. Die deutlich sichtbaren guten nen und die damit einhergehenden Entwicklungen in Städten und Gemein- Bindungswirkungen für die den lassen heute Brachflächen und he- Bauleitpläne der Kommunen. runtergekommene Gebäude störender als bisher ins Auge fallen. Insofern ist ¾ Das Engagement des Thüringer Mi- die Aufmerksamkeit in den Kommunen nisteriums für Bau und Verkehr, Abt. für diese Problematik vor Ort größer ge- Städtebau, und der Kommunen im worden. Rahmen des Programms „Stadtum- bau Ost“ und des in Thüringen spe- Sie wird noch größer werden, wenn in ziell geschaffenen Innenstadt-Stabi- Euro und Cent deutlich wird, dass mit lisierungsprogramms mit seinem der In-Wertsetzung von Brachflächen Teil „Genial zentral“ (Modellstädte Kostenvorteile (gegenüber einer Neuer- bzw. Quartiere) ist hier zu nennen. schließung von Flächen) verbunden sind. ¾ Auch das Landesprogramm „städ- Die Allgemein- und die sog. Schatten- tebauliche Sanierungsmassnah- kosten (durch Neuerschließungen) stel- men“ (mit insgesamt 444 teilneh- len in der aktuellen Finanzsituation die menden Gemeinden) wird für die In-

50 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

Wertsetzung von Brachflächen ge- In Mittelthüringen ist es vor allem Erfurt nutzt. und im Rahmen des MORO Projektes auch Gotha, die mit einem Baulücken- ¾ Die Landesentwicklungsgesellschaft und Brachflächenkataster begonnen (LEG), als Projektsteuerer, ist im haben. Städtedreieck am Saalebogen, auf ehem. militärischen Liegenschaften Diese Aktivitäten belegen, dass einige und im Kyffhäuserkreis tätig. Kommunen, Kreise und die Regionalen Planungsgemeinschaften die Reichwei- ¾ Das novellierte Thüringer Natur- te und Bedeutung des Themas bereits schutzgesetz eröffnet die Möglich- erkannt haben. Auch zeigen erste Ge- keit zur Bildung von Flächen- und spräche mit dem Gemeinde- und Städ- Maßnahmenpools zur Bündelung tebund Thüringen und dem Thüringi- von Ausgleichs- und Ersatzmaßnah- schen Landkreistag, dass man bei den men. kommunalen Spitzenverbänden aufge- schlossen für dieses Thema ist. ¾ Die Lenkung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und die Bildung Dringender Handlungsbedarf besteht von lokalen Ökokonten werden zu- auch für ungenutzte und heute unansehn- künftig eine stärkere Rolle spielen. lich gewordene ehemalige LPG-Anlagen, Zurzeit werden gezielt Flächenpools also Brachen im ländlichen Raum. Die- für die Lenkung von A/E Maßnah- se sind in vielen Dörfern ein Ärgernis. men erfasst und bei der TLUG in Sie belegen wertvolle Flächen und ver- LINFOS zusammengestellt. Die Er- schandeln das Ortsbild. Deshalb werden gänzung und Verschneidung dieser jetzt mit Mitteln der Landentwicklung, (Naturschutz)fachlich ermittelten anhand einiger vorhandener guter Bei- Flächen mit erfassten Brachflächen spiele Lösungswege aufgezeigt. Haupt- wird angegangen. hindernis für schnelle Lösungen ist oftmals das noch getrennte Boden- und ¾ Auch werden informelle Instrumen- Gebäudeeigentum, ehemalige LPGen in te wie ILEK oder REK und Regio- Liquidation, aber auch die anfallenden nalmanagements genutzt. hohen Abriss- und Entsorgungskosten. Hierzu wird die Thüringer Landgesell- Ein weiteres Beispiel für die praktische schaft einen Handlungsleitfaden erarbei- Umsetzung ist der Kommunale Leitfa- ten. den für ein intelligentes Brachflächen- management für den Landkreis Nordhau- Neben den vorhandenen Förderpro- sen, der sich auch am BBR Projekt grammen sollen zukünftig auch mit ei- „Fläche im Kreis“ beteiligt. nem speziellen Förderprogramm den Kommunen bei derartigen Vorhaben Daneben gibt es in Thüringen noch eine Anreize gegeben werden, sich stärker Vielzahl von Aktivität im Rahmen der als bisher um die Entwicklung und die Brachenrevitalisierung. In Südwestthü- In-Wertsetzung ihrer Brachflächen zu ringen bemüht man sich jetzt, Brachflä- kümmern. Damit soll eine Anschubfinan- chen von insgesamt 130 ha, vor allem zierung für Abriss- und Entsorgungskos- ehemalige Kasernen, zu renaturieren. ten gegeben werden.

51 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Es wird angestrebt ein solches Pro- gramm in den EU-Strukturfonds EFRE und evtl. auch ELER zu platzieren. Vor- stellbar ist auch die Integrierung in ei- nen Bodenfond bei der Thüringer Land- gesellschaft.

Bereits jetzt sind nachahmenswerte Beispiele aus Thüringen in der Studie der FH Nordhausen zu „best-pratice-Bei- spielen in suburbanen Räumen“ im Auf- trag des BBR erfasst.

Fazit

Zentrales Instrument zum nachhaltigen Umgang mit der Ressource Boden ist die landesweite Brachflächendatei. Die- se muss jedoch noch effektiv gestaltet und nutzbar gemacht werden und im Anschluss gepflegt und aktualisiert wer- den.

Beim Bündnis zum Flächensparen, was langfristig angestrebt wird, sind Landkrei- se und Kommunen die Hauptakteure und sollen damit in die Lage versetzt werden, potentiellen Investoren schnell Entscheidungsgrundlagen liefern zu kön- nen, damit aber auch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen gezielt zu lenken.

„Wir benötigen kein Programm Stadtum- bau Ost, sondern ein vielschichtigeres Programm des Bundes zum Flächenum- bau. Dabei muss die Entscheidungsbe- fugnis über die finanziellen Mittel auf Länderebene verankert werden.“

52 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

2.1.3 Flächenmanagement in Baden-Württemberg und das Aktionsbündnis „Flächen gewinnen“

Stefan Gloger

Daten und Trends ten an, die Inanspruchnahme bislang unbebauter Flächen für Siedlungs- und 13,6 % der Landesfläche werden derzeit Verkehrszwecke (derzeit 4.000 ha/Jahr) in Baden-Württemberg für Siedlung und bis 2010 deutlich zurückzuführen“. Verkehr genutzt. 2004 sind die Sied- lungs- und Verkehrsflächen um 0,8 % Der Landesentwicklungsplan 2002 und angestiegen. Täglich werden derzeit 8,8 das novellierte Landesplanungsgesetz ha - vorwiegend landwirtschaftliche - 2005 verankern diese Ziele auch recht- Freiflächen neu in Anspruch genom- men. 2001 waren es noch 11,8 ha/d. In den letzten 50 Jah- ren haben sich im Land die Flächen für Siedlung und Ver- kehr verdoppelt. Ba- den-Württemberg hatte seit dem Zwei- ten Weltkrieg den stärksten Bevölke- rungszuwachs aller Bundesländer (64 %) und wird bis etwa 2025 weiteren Bevölkerungszu- wachs verzeichnen. lich verbindlich. Zwei Kabinettsentschei- Abbildung 1: Bodenfläche 2005 dungen 2004 sowie die Regierungserklä- rung von Ministerpräsident Günter Umweltpolitische Beschlusslage Oettinger im April 2005 unterstreichen Baden-Württemberg verfolgt schon seit den Willen der Landesregierung zu ei- längerem das Ziel einer nachhaltigen ner Reduzierung der Flächeninanspruch- Flächennutzung. Der Umweltplan, der nahme und formulieren eine ressortüber- im Jahr 2000 vom Kabinett beschlossen greifende Strategie. Die Fördermittel des wurde, enthält nicht nur Ziele, sondern Landes werden vorrangig zu Gunsten der auch konkrete Maßnahmen und betont Innenentwicklung eingesetzt. Damit hat die Rolle der Umweltforschung. Kern- die Landesregierung ein wichtiges Sig- satz: „Das Land strebt zur langfristigen nal gesetzt. Sicherung von Entwicklungsmöglichkei-

53 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Erfolgsfaktoren und Eckpunkte der schungs- und Entwicklungsvorhaben mit Strategie in Baden-Württemberg Planungspraktikern konkrete Instrumen- ten für die Praxis entwickelt. Für eine wirksame Eindämmung des nach wie vor zu hohen Flä- chenverbrauchs sind praxistaugli- che Instrumente für Planer, Betei- ligung der Kommunen, Wissens- transfer, Bewusstsein der Ent- scheidungsträger über Potenziale und Kosten und bessere interkom- munale und regionale Kooperation.

Nur mit den Kommunen gemeinsam – und nicht gegen sie – ist das Ziel einer deutlichen Re- duzierung des Flächenverbrauchs zu erreichen. Das Umweltministe- rium zielte daher nicht auf eine Re- striktions- oder Konfliktstrategie, sondern Überzeugungsarbeit und Konzentration auf das Umsetzba- re: Abbildung 2: Kommunales Flächenmanagement ¾ Modellprojekte mit Partnern aus Die Landesanstalt für Umweltschutz hat Kommunen und Ingenieurbüros in den Gemeinden Bruchsal und Wild- ¾ Erarbeitung einer ressortübergrei- bad die Methoden des kommunalen fenden Strategie Flächenmanagements entwickelt und erprobt. Der Bericht ist veröffentlicht, ¾ Einbeziehung der kommunalen ein Teil („Strategie und Umsetzung“) rich- Landesverbände tet sich an Entscheider, der zweite Teil („Arbeitshilfe“) an Planer in Ingenieurbü- ¾ Fortbildungsveranstaltungen ros und Behörden. Mit diesem grundle- genden Vorhaben, an dem 7 Ingenieur- ¾ Initiative zum Aktionsbündnis, büros und im Rahmen der Steuerung intensive Absprachen mit den auch die Kommunalverbände mitgearbei- Verbänden tet haben, konnte ein Werkzeugkasten zum kommunalen Flächenmanagement ¾ eine landesweite Öffentlichkeits entwickelt und erprobt werden, der für kampagne. die Praktiker Erfahrungen aufarbeitet. Bayern hat das Verfahren übernommen. Kurzdarstellung ausgesuchter Pro- jekte Kommunales Flächenmanagement ver- folgt quantitative und qualitative Ziele. Es Da „Flächensparen“ bei Kommunen und geht einerseits um die quantitative Re- Wirtschaft lange als kontraproduktiv an- duzierung des Flächenverbrauchs durch gesehen wurde, hat das UM in For- Baulandmobilisierung, Schließung von

54 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

Baulücken, Optimieren des Nutzwerts, Wiedernut- zung von Brachflächen und den Umgang mit Altlasten. Zum anderen zählt auch die qualitative Seite: der Schutz und die Entwick- lung von Freiflächen, der Schutz leistungsfähiger Böden, die Minimierung des Versiegelungsgrads und ein guter Umgang mit Bodenmaterial. Die wich- tigsten Ergebnisse des Pi- lotprojekts „Umweltpoliti- scher Schwerpunkt – kom- munales Flächenmanage- ment“ sind: Durch Einbe- ziehung von Brachen und Baulücken liegen in den Pi- lotgemeinden die Entwick- lungspotenziale im Innen- bereich immerhin bei 10 – 18 % der Sied- Abbildung 3: Innenentwicklungskonzept lungsfläche (ohne die Verkehrsfläche). Mobilisierung von Flächenpotenzialen im Innenentwicklung vor Außenent- Innenbereich wurden anschaulich ge- wicklung ist die zentrale Strategie der macht. Stadtplanung zur Reduzierung der Damit liegen den Kommunen praxis- Flächen(neu-)inanspruchnahme. Mit ei- taugliche Werkzeuge vor, die wesentli- nem Planungsbüro, das auf dem Gebiet che Problemstellungen und Erfahrungen der Innenentwicklung und Stadterneue- abdecken. rung viel Erfahrung besitzt, wurde das grundsätzliche Vorgehen herausgearbei- Gemeinsam mit der Landeshauptstadt tet. Es ging dabei vor allem um das städ- Stuttgart hat das UVM Methoden zum tebauliche Projektmanagement. Alle nachhaltigen Bauflächenmanage- 1110 baden-württembergischen Kommu- ment entwickelt und erprobt (Beiträge nen haben den Bericht „Innenentwick- zur Stadtentwicklung Nr. 34, hrsg.: Lan- lung planen und realisieren“ erhalten, deshauptstadt Stuttgart). Zunächst hat ebenso die Dokumentation des Fach- das Stadtplanungsamt in Kooperation kongresses 15./16. Mai 2003 in mit Partnern aus Wissenschaft und Kom- Karlsruhe „Innenentwicklung vor Außen- munalentwicklung die Datengrundlagen entwicklung“ mit Strategien, Konzepten und eine Informationsplattform geschaf- und Instrumenten zur Innenentwicklung fen, um Flächen zu entwickeln. Es wur- und zum kommunalen Flächenmanage- den fast fünfhundert (meist kleinere) Ent- ment. Ökologische und kommunalwirt- wicklungsflächen identifiziert. U.a. wur- schaftliche Probleme der Siedlungsex- den Gebietspässe erarbeitet, mit denen pansion, aber auch die Chancen einer auch die Wirtschaftsförderung arbeiten

55 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen kann. Das Projekt wird als Daueraufga- Böden beurteilen können. Die Stadt be weitergeführt werden. In Stuttgart Stuttgart hat mit Förderung des UM ein beträgt das Verhältnis Innenentwicklung einfach handhabbares Verfahren zur zu Außenentwicklung derzeit 4:1. Beurteilung der unterschiedlichen Bo- denqualitäten für die Stadtplanung im Eine weitere planerische Strategie zur Modellvorhaben „Bodenschutzkonzept Reduzierung des Flächenverbrauchs ist Stuttgart (BOKS)“ entwickelt. Dabei die Verbesserung der interkommuna- wird die beanspruchte Fläche in wirksa- len und regionalen Kooperation. Ein me Bodenqualität von 0 (gering) bis 5 Beispiel dafür ist der „Regionale Ge- (sehr hoch) erfasst und grafisch darge- werbeflächenpool Neckar-Alb“. Dort stellt. geht es für 22 Gemeinden darum, ob man Gewerbeflächen gemeinsam bewirt- Weitere Projekte, z.B. zur nachhaltigen schaften kann. Das Ausgangsproblem Entwicklung von Nachkriegssiedlungen bildet die Konkurrenz zwischen den Ge- sowie auf trinationaler Ebene zum nach- meinden um Gewerbeansiedlung, die oft haltigen Planen und Bauen am Ober- unter dem Primat der „Eigenentwicklung rhein, laufen. um jeden Preis“ steht. Trotz dieser Aus- gangsgrundlage kann eine Win – win - Das Aktionsbündnis „Flächen gewin- Situation geschaffen werden, sowohl in nen“ vom 19.10 2004 ökonomischer wie ökologischer Hin- sicht. Der Gewerbeflächenpool wird ei- gibt einen zusätzlichen Impuls an die nen höheren Qualitätsstandard als Stadt- und Gemeinderäte und an die kleinere kommunale Einzelgewerbege- Wirtschaft. Es dokumentiert den politi- biete bieten und „Verlierer“ bei der Um- schen Willen der Landesregierung zum siedlung von Betrieben vermeiden hel- sparsamen Umgang mit Grund und Bo- fen. Arbeitsplätze bleiben in erreichba- den. Mit einer gemeinsamen Aktion der rer Nähe. Die einzelne Gemeinde unter- wesentlichen Verantwortlichen – Kom- liegt einem geringeren Druck zu einem munen, Landes- und Regionalplanung, eigenen Gewerbegebiet und kann so den Umwelt- und Naturschutz, Wirtschaft – Flächenverbrauch einschränken. wird unterstrichen, dass Ressourcen- schutz, Siedlungsentwicklung sowie In diesem Projekt waren eine Reihe von Nutzung der Flächen und Böden nicht schwierigen Problemen zu klären, wie allein von der Landesregierung bestimmt Flächenpool und kommunale Selbstver- werden. Vielmehr ist ein breiter gesell- waltung, wie die Frage der Flächenbe- schaftlicher Konsens nötig, um den Be- wertung und die Mitwirkung von Gemein- wusstseinswandel zu erreichen und die den ohne eigene Beteiligungsflächen, die Akzeptanz für konkrete Maßnahmen zu Frage der Aufteilung der Kosten und Er- fördern. löse. Ein Bericht wurde im Juni 2004 ver- öffentlicht. Ein Zweckverband wird vor- Partner des vom Umweltministerium in- bereitet, der den Ausgleich leistet. Wei- itiierten Bündnisses sind bisher: Städ- tere offene Fragen des Projekts sind tetag, Gemeindetag, Landkreistag, Gegenstand der Forschung. BUND, NABU, Landesnaturschutzver- band, Industrie- und Handelskammertag, Die planerischen Instrumente müssen Handwerkstag, Architektenkammer, die auch die Qualität der beanspruchten Baden-Württembergischen Bausparkas-

56 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement sen, Landesverband der Industrie, Indus- UM seit Ende 2004 eine Öffentlichkeits- trieverband Steine – Erden und die Re- kampagne begleitend zum Aktionsbünd- gionalverbände, künftig auch die Bahn nis durch. Der Schwerpunkt liegt auf Be- und das Altlastenforum. wusstseinsbildung und Freiwillig- keit. Adressaten sind vor allem Gemein- Das Bündnis zielt darauf ab, auf freiwil- de- und Ortschaftsräte sowie die Bür- liger Basis und ohne dirigistische Ein- germeister. Eine zentrale Veranstaltung griffe den politischen Konsens für eine mit den Bündnispartnern im Dezember verstärkte Innenentwicklung und für 2004 in Ludwigsburg als Auftakt, eine mehr Flächeneffizienz zu verbreitern, die Broschüre mit praktischen Beispielen, Rahmenbedingungen zu verbessern und 4 Veranstaltungen der Regierungspräsi- in der kommunalen Praxis die möglichen denten und weitere 12 dezentrale Ver- Maßnahmen umzusetzen. Doch es wird anstaltungen zum Themenkreis „Flächen auch zukünftig Außenentwicklung ge- gewinnen“ über das Jahr 2005 wurden ben. Als ultima ratio, nicht als erste genutzt, um die Vorteile der Innenent- Option. wicklung und einer effizienten Flächen- nutzung, insbesondere die kommunal- Nachdem die Erweiterung der Sied- wirtschaftlichen Vorteile anschaulich lungsflächen über Jahrhunderte kontinu- darzustellen und konkrete Beispiele zum ierlich zugenommen hat, fällt eine Über- „Flächen gewinnen“ zu geben. Referen- windung damit verbundener Denkmus- ten kamen auch aus dem Kreis der Ar- ter nicht leicht, vor allem in einem Land, chitekten, Bausparkassen und Natur- das weiterhin wirtschaftliche Dynamik schutzverbände. Die Kampagne bot und Zuzug aufweist. Hinzu kommt, dass zugleich gute Möglichkeiten, die zahl- die Aufgaben der Innenentwicklung reichen bestehenden Initiativen und Er- oftmals schwieriger zu lösen sind als die folge für eine zukunftsfähige Stadt- und der Außenentwicklung. Mehr Konflikte, Gemeindeentwicklung und eine zu er- einzuhaltende Rahmenbedingungen, haltende Kulturlandschaft öffentlichkeits- mehr Beteiligte, teilweise auch kompli- wirksam zu präsentieren und die Viel- ziertere Verfahren und Unsicherheiten falt sowie das Engagement von Kommu- werfen neue operative Fragen auf. Doch nen, Regionen, Verbänden und Einzel- die demografische Entwicklung und die nen zu würdigen. wirtschaftlichen Chancen einer „Erneu- erung von innen“ legen es für eine zu- Die Reaktion auf die Öffentlichkeitskam- kunftsorientierte Strukturpolitik nahe, für pagne ist positiv, wie das Interesse der den Vorrang der Innenentwicklung ein- Zielgruppe, die Mitwirkungsbereitschaft zutreten. Dies soll das Aktionsbündnis und neue Beitritte sowie Interessens- sichtbar machen und die Partner akti- bekundungen zum Aktionsbündnis zeig- vieren. ten. Auch die Berichterstattung in Pres- se, Rundfunk und Fernsehen greift das Eine breite Öffentlichkeitskampagne Thema gern auf. Inzwischen kann ein „Flächen gewinnen“ Stimmungswandel in den Kommunen und bei den Entscheidungsträgern beo- Um bei den kommunalen und regiona- bachtet werden. Dennoch ist der len Mandatsträgern, aber auch bei Bau- Wachstumsgedanke, vor allem bei Ge- herren, mehr Bereitschaft für Flächen- meinden im ländlichen Raum, nach wie management, Innenentwicklung und vor ausgeprägt. Umweltministerin Tanja Freiraumschutz zu schaffen, führt das

57 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Gönner hat ein Monitoring der Flächen- Link-Liste zum Flächen gewinnen inanspruchnahme sowie in 1 ½ Jahren in Baden-Württemberg eine Bilan-zierung der Bemühungen an- gekündigt. http://www.um.baden- wuerttemberg.de/servlet/is/8373/: Fazit Aktionsbündnis „Flächen gewinnen in Baden-Württemberg“: Erklärung, ¾ Ökologische, ökonomische und so- Eckpunkte, Broschüre ziale Gründe sprechen für Flächen- effizienz. http://www.um.baden- wuerttemberg.de/servlet/is/8376/: ¾ Flächenmanagement ist mehr als Interministerieller Arbeitskreis eine Planungs- und Verwaltungsauf- „Reduzierung der gabe. Notwendig ist über rechtliche Flächeninanspruchnahme“ und fachliche Vorgaben hinaus vor allem Überzeugungsarbeit bei den http://www.xfaweb.baden- politischen Mandatsträgern. wuerttemberg.de/bofaweb/berichte/ ¾ Baden-Württemberg strebt keine bs08/bs08.html: Arbeitshilfe Restriktionsstrategie an. Im Vorder- Kommunales Flächenmanagement grund stehen taugliche Werkzeuge für die Praxis und eine Bewusst- http://www.melap-bw.de/ seinsbildung auf der maßgeblichen index.html:“Modellprojekt zur kommunalen und regionalen Ebene. Eindämmung des Landschaftsverbrauchs durch ¾ Die rückläufige Baukonjunktur und Aktivierung innerörtlicher Potenziale“ erste Erfolge beim Flächenmanage- (MELAP) ment bewirken derzeit einen ersten Rückgang der hohen Flächeninan- http://www.oesge-bw.de/index.html: spruchnahme. das Portal zur ökologischen Stadt- und Gemeindeentwicklung in Baden- ¾ Doch weitere Anstrengungen und Württemberg Monitoring bleiben notwendig. http://www.stuttgart-bauflaechen.de/: Böden und Freiflächen bleiben unter Nachhaltiges Bauflächenmanagement Druck. Wir sollten weiter „Boden gut ma- Stuttgart chen“ und ein Management-Denken hin zu einer effizienten Flächennutzung ent- http://www.um.baden- wickeln. wuerttemberg.de/servlet/is/6878/ : Regionaler Gewerbeflächenpool Neckar-Alb

http://www.um.baden- wuerttemberg.de/servlet/is/3183/ PUR_Innenentwicklung.pdf : Innenentwicklung Planen und Realisieren - Konzept für kleine und mittlere Gemeinden

58 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

2.1.4 Das Leistungsbuch Altlasten und Flächenentwicklung 2004/2005 – eine Arbeitshilfe zur Leistungsbeschreibung und Kostenschätzung

Rolf Bracke, Christina Klümpen, Michael Odensaß, Stefan Schroers

Zielsetzung Das „Leistungsbuch Altlasten & Flächen- entwicklung 2004/2005“ des Landesum- Infrastruktur- und Flächenentwicklungs- weltamtes Nordrhein-Westfalen (LUA maßnahmen unterliegen dem Anspruch NRW) [1] soll dazu beitragen, diese Lü- auf nachhaltigen Umgang mit Grund und cke zu schließen. Das Leistungsbuch Boden. Einen Schwerpunkt stellt dabei wurde durch die ECOS Umwelt GmbH zunehmend die Reaktivierung brachlie- unter fachlicher Beteiligung der Fach- gender Flächen in urbanen Ballungsräu- hochschule Bochum im Auftrag des Lan- men dar. Auf solchen Standorten finden desumweltamtes Nordrhein-Westfalen sich in der Regel bauliche Anlagen aus erarbeitet und in der Schriftenreihe des der gewerblichen, industriellen oder mi- Landesumweltamtes Nordrhein-Westfa- litärischen Vornutzung, häufig verbunden len „Materialien zur Altlastensanierung mit Kontaminationen des Bodens, des und zum Bodenschutz“ als Band 20 ver- Grundwassers oder der Bausubstanz. öffentlicht. Es kann als handhabungs- Voraussetzung für die Rückführung von freundlicher Ringordner mit eingelegter Industrie-, Gewerbe- und Verkehrsbra- CD-ROM über den Schriftenvertrieb des chen sowie freiwerdender militärischer LUA NRW bezogen werden. Im Winter Liegenschaften mit Belastungsverdacht 2005/2006 wird zudem eine DV-Version aus der früheren Nutzung in den „Flä- des Leistungsbuches im GAEB-Format chennutzungs-Kreislauf“ sind die syste- für gängige AVA-Programme verfügbar matische Erfassung von altlastverdäch- sein. Diese CD-ROM ist über die ECOS tigen Flächen/Altlasten und Verdachts- Umwelt GmbH zu beziehen (s. Anschrift flächen schädlicher Bodenveränderun- der Autoren). gen/schädliche Bodenveränderungen, die Vervollständigung entsprechender Die Erstausgabe eines Leistungsbuches Kataster, Untersuchungen zur Aufklä- zu diesem Arbeitsgebiet veröffentlichte rung der Bodenbelastung sowie das LUA NRW bereits im Jahre 1998 gegebenenfalls an die Nachfolgenutzung [2]. Diese Arbeitshilfe fand bundesweit angepasste Sanierungsmaßnahmen. insbesondere bei Behörden und Gutach- Für Infrastruktur- und Flächenentwick- tern breite Resonanz. Zwischenzeitlich lungsmaßnahmen bestehen häufig pla- haben sich Änderungen hinsichtlich der nungstechnische Unsicherheiten bei Verfahrenstechnik sowie der rechtlichen Rückbau, Sanierung und Baureif- und regeltechnischen Rahmenbedingun- machung. Auf Investorenseite besteht gen ergeben. Daneben hatten Verände- dementsprechend die Forderung nach rungen auf dem Altlastenmarkt und dem größtmöglicher Kostensicherheit für die Bausektor auch Änderungen des Preis- Inwertsetzung. gefüges zur Folge. Daher nahm das Lan- desumweltamt Nordrhein-Westfalen die erforderliche Aktualisierung, Überarbei-

59 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen tung und Erweiterung des Leistungsbu- darzustellen (DIN 276 [3]). Dabei sind ches vor. Das Leistungsbuch Altlasten Art, Umfang und Genauigkeit der Kos- & Flächenentwicklung ist ein Hilfsmittel tenermittlungen abhängig vom jeweiligen bei der Planung von Infrastrukturmaß- Stand der Planung, von den verfügbaren nahmen beim Flächenmanagement und Angaben und Erfahrungswerten sowie - zur Sanierung von Altlasten. Es ermög- im Falle der Kostenfeststellung - von den licht Abrechnungsunterlagen abhängig. a) die Systematisierung und Be- Die DIN 276 [3] beschreibt neben allge- schreibung von Leistungen und meinen Kostenbegriffen und Kostenbe- standteilen die Anforderungen an Kos- b) die Durchführung von Kostener- tenermittlungen für den Hochbau. Da das mittlungen und Kostenvergleichs- Prinzip der Kostengliederung über ver- rechnungen sowie eine Unterstüt- schiedene Detaillierungsstufen jedoch zung bei der Durchführung von auf alle übrigen Bauvorhaben der Infra- Nutzen- Kostenuntersuchungen / strukturentwicklung übertragen werden Kostenwirksamkeitsbetrachtun- kann (z.B. unter Anwendung der Kos- gen bei der Auswahl von Sanie- tenelementemethode), lässt sich die rungsmaßnahmen. normativ geforderte Mehrstufigkeit und Durchgängigkeit in der Systematik auch Grundsätze der Kostenstrukturierung bei der Kostenplanung von Flächenent- und Kostenvergleichsrechnung wicklungsmaßnahmen einhalten.

Das Leistungsbuch Altlasten & Flächen- Bei der Kostenermittlung im Rahmen der entwicklung folgt in Struktur und Aufbau Flächenentwicklung können daher fol- der Methodik der Kostenermittlung im gende Kostenarten unterschieden wer- Bauprojektmanagement. Die Informati- den: onen sollen für eine Verbesserung der Kostentransparenz sorgen und das Kos- 1. der zulässige Kostenrahmen zur tenbewusstsein (Kosten-Nutzen-Überle- Formulierung der Investitionsziele gungen) fördern. Damit wird den inhaltli- einer Flächenentwicklung chen Anforderungen an eine DIN-gemä- ße Kostenermittlung entsprochen. Über 2. die Kostenschätzung am Ende verschiedene Detaillierungsgrade wer- des Vorentwurfs den Planungsgrundlagen und Informati- onen zu altlastenrelevanten Leistungen 3. die Kostenberechnung am Ende und Marktpreisen geboten. der Entwurfsplanung

In der Baukalkulation haben DIN-gemä- 4. der Kostenanschlag im Rahmen ße Kostenermittlungen den Zweck, die der Entscheidungen zur Vergabe zu erwartenden Kosten einer Baumaß- nahme als Grundlage für Planungs-, 5. die Kostenfeststellung nach Ausführungs- und Investitionsentschei- Fertigstellung des Bauvorhabens dungen möglichst zutreffend vorauszu- berechnen bzw. entstandene Kosten in 6. die Nutzungs- bzw. Betriebskos- tatsächlicher Höhe festzustellen. Kos- ten nach Inbetriebnahme. tenermittlungen sind nach einer Kosten- gliederungs-Systematik zu ordnen und

60 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

Der Kostenanschlag und die Kostenfest- sches Verfahren, bei dem die zeitlich stellung sind Gewerke orientiert aufge- unterschiedlich anfallenden Kosten baut. durch Auf- und Abzinsung berücksich- tigt werden. Im Vorfeld einer Kostenver- Bei Planungsbeginn sind die Kosten gleichsrechnung sind die Ziele der be- nach (Bau-)Elementen geordnet, mit der vorstehenden Sanierungs- oder Entwick- Ausführungsvorbereitung ist nur die an lungsmaßnahme und die zur Verfügung Gewerken und Teilleistungen ausgerich- stehenden Verfahrensalternativen zur tete Ordnung sinnvoll. Damit wird deut- Zielerreichung auszuarbeiten (z.B. lich, dass Kosten der Gewerke in Ele- Pump-and-Treat vs. Reaktives System). mentekosten und Kosten der Bauele- Maßnahmenvarianten mit unterschied- mente in Kosten für Leistungen der Ge- lichem Nutzen sind nicht nur hinsicht- werke umzuwandeln sind. lich der Kosten zu vergleichen, sondern auch hinsichtlich des unterschiedlichen Neben der Kostenermittlung während der Nutzens zu bewerten. unterschiedlichen Planungsphasen für einzelne Sanierungsszenarien bzw. Maßnahmenvarianten lassen sich mit dem Leistungsbuch Altlasten & Flä- chenentwicklung auch Kostenver- gleichsrechnungen durchführen (z.B. Si- cherungs- vs. Dekontaminationsverfah- ren). Eine Kostenvergleichsrechnung stellt die einfachste Methode der analy- tischen Bewertungsverfahren dar. Der Kostenvergleich dient dazu, aus einer Reihe Alternativen mit gleichem Nutzen die kostenmäßig optimale Lösung zu er- mitteln. Damit können bereits im Vor- feld der Sanierungsentscheidung - d.h. vor der Vergabe und möglichst noch vor der Ausschreibung – Systemvergleiche durchgeführt werden, um eine weitge- hend objektive Rangfolge der zur Verfü- gung stehenden Varianten sicherzustel- len. Eine umfassende Darstellung der Kostenvergleichsrechnung geben die „Leitlinien zur Durchführung dynamischer Kostenvergleichsrechnungen (KVR-Leit- linien)“ der Bund/Länderarbeitsgemein- schaft Wasser [4].

Die KVR-Leitlinien zeigen die benötig- ten Rechentechniken sowie die wesent- lichen Kalkulationsgrundlagen auf und schematisieren den Berechnungsablauf. Es handelt sich dabei um ein dynami-

61 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Aufgabenstellung Anwendungsmöglichkeiten Beispiele für die praktische Anwendung

In frühen Planungsphasen für: ¾ Darstellung der Grundlagen einer ¾ Erstellung einer detaillierten Kostenschätzung Kostenschätzung für ¾ Systematisierung und Beschreibung von Sanierungsszenarien im Rahmen der ¾ Kostenschätzungen raum- und flächenbezogenen Sanierungsuntersuchung nach ¾ Wertermittlungen Kostenkennzahlen in Verbindung mit BBodSchV ¾ Investitionsentscheidungen objekteigenen Merkmalen (analog DIN 276) ¾ Prüfung der Kostenschätzungen durch ¾ Zusammenfassung von Kostengruppen die Behörde ¾ Schlussfolgerungen zu Grundlagen und ¾ Grundlage zur Ermittlung des Honorars Ergebnissen der Kostenschätzung von Planungsleistungen nach HOAI ¾ Finanzplanung der Haushaltsmittel für Maßnahmen der Behörden ¾ Ordnungsbehördliche Tätigkeiten, u.a. ¾ Aufwandsermittlung ¾ Prüfung der Verhältnismäßigkeit ¾ Festsetzung von Zwangsmitteln ¾ Anmeldung zur Förderung von Landesmitteln durch die Behörde

In fortgeschrittenen ¾ Klassifizierung und Zuordnung von ¾ Erstellung einer Kostenberechnung im Planungsphasen für die: Leistungen mittels: Rahmen der Sanierungsplanung bzw. ¾ Unterscheidung nach Art, Zweck, und des Sanierungsplanes nach BBodSchV Ort der Leistung ¾ Prüfung der Kostenberechnungen durch ¾ Aufstellung der ¾ Haupt-, Hilfs- und sonstige Leistungen die Behörde Leistungsbeschreibung mit ¾ Eigenständigkeit von Leistungen ¾ Grundlage zur Ermittlung des Honorars Leistungsverzeichnis oder ¾ Leistungsverflechtungen von Planungsleistungen nach HOAI Leistungsprogramm ¾ Leistungszuordnung ¾ Ausschreibung von Leistungen für ¾ Kostenberechnung ¾ Darlegung der Methodik der Flächenentwicklungen / ¾ Kostenverursachung Kostenberechnung Altlastensanierungen ¾ Kostenbeeinflussung ¾ Beschreibung der Ursache-Wirkungsbereiche ¾ Kostensteuerung in der in den Kosten mittels Kostenanalyse in Maßnahmenplanung mehreren Planungsebenen ¾ Darlegung der Kostenverursachung und Kostenbeeinflussung ¾ Vergleichende Kostenberechnung zur Kostensteuerung ¾ Ermittlung des Einflusses des Bauentwurfs auf die Baukosten

¾ Kostencontrollings ¾ Beschreibung von Kosten und Leistungen ¾ Kostenanschlag und auf dem Weg zum Kostenanschlag mittels Kostenfeststellung in Leistungsbegriff und Leistungsbeschreibung Bauvorbereitung und nach VOB (Leistungsverzeichnis, Bauausführung Leistungsprogramm) ¾ Kostencontrolling in der Bauausführung / Bauüberwachung (Einfluss der Ausschreibung sowie der Preis- und Vertragsart bei öffentlichen und privaten Auftraggebern auf das Budget) ¾ Kostenfeststellung und Dokumentation der Baukosten mittels: ¾ Feststellung der Maßnahmenkosten (je nach geltender Vertragsform) ¾ Kostenfeststellung nach Kostengruppen ¾ Kostenkennwerten Liquiditätsplanung

¾ Kostenvergleichsrechnung ¾ Systematisierung der bewertungsrelevanten ¾ Kostenvergleichsrechnung im Rahmen Kosten der Sanierungsuntersuchung nach ¾ Ermittlung der Kostenbarwerte und BBodSchV Jahreskosten für mehrjährige Sanierungsvorhaben ¾ Kostengegenüberstellung ¾ Unterstützung der Sensitivitäts-analyse

¾ Kostenwirksamkeitsanalyse ¾ Hinweise zur Nutzenermittlung ¾ Kostenwirksamkeitsanalyse und Nutzen- und Nutzen-Kosten- ¾ Indikatoren Kosten-Untersuchung im Rahmen der Untersuchung ¾ Kostenbarwerte Sanierungsuntersuchung nach ¾ Nutzen-Kostenvergleich BBodSchV

Tabelle 1: Generelle Aufgabenstellungen im Zusammenhang mit Altlasten und Flächenentwick- lungsmaßnahmen, damit verbundene Anwendungsmöglichkeiten und Beispiele für die praktische Anwendung des Leistungsbuchs Altlasten & Flächenentwicklung

62 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

Informations- und Datenermittlung Aufbau und Benutzungshinweise im Rahmen der Erstellung des Leis- tungsbuchs Das Leistungsbuch Altlasten & Flächen- entwicklung strebt in seiner Systematik Um die Projektkalkulationen mit Markt- eine möglichst hohe Konformität zur preisen zu hinterlegen, wurden Leis- VOB an und orientiert sich - soweit mög- tungsverzeichnisse abgeschlossener lich - inhaltlich und fachlich an den Stan- und laufender Baumaßnahmen, Aus- dardleistungsbüchern (StLB) für das künfte und Angebote von Sanierungsan- Bauwesen1. Da ein Großteil sanierungs- bietern sowie die Kostenfeststellungen relevanter Leistungen Bauleistungen her- aus abgeschlossenen Sanierungsfällen kömmlicher Art und die StLBer Aus- bundesweit recherchiert. Für die Einzel- schreibungshilfen der öffentlichen Bau- gewerke wurden Kostenansätze mit ih- verwaltung sind, wurde hier Wert auf ren wichtigsten Kosteneinflussfaktoren größtmögliche Übereinstimmung gelegt. zusammengefasst. Mit der Erarbeitung einer DV-Version im GAEB-Format wird das Leistungsbuch Zur fachlichen Beratung und zur Unter- nun auch als Kalkulations- und Aus- stützung der erforderlichen Informations- schreibungshilfe für gängige AVA-Pro- und Datenrecherche wurde ein länder- gramme zur Verfügung stehen. übergreifender, projektbegleitender Ar- beitskreis eingerichtet. Beteiligt waren Die Beschreibung der Leistungsbereiche Vertreter von Bundes- und Landesbehör- erfolgt im Wesentlichen dreigeteilt. den, Kommunen, Sanierungs- und Ent- a) Technische und rechtliche Kurz- wicklungsgesellschaften sowie privaten beschreibung Unternehmen. Mitglied des Arbeitskrei- ses war auch die Oberfinanzdirektion Im Eingangskapitel werden die Inhalte Hannover als Leitstelle des Bundes für und Planungsgrundlagen jedes Leis- Boden- und Grundwasserschutz. Im tungsbereiches mit Hinweis auf relevan- Rahmen der Recherche von abgeschlos- te Regelwerke und Gesetzestexte zu- senen Altlasten- und Flächenentwick- sammenfassend dargestellt. lungsmaßnahmen wurden 961 Behör- den, Verbände, Unternehmen und Inge- b) Leistungsbeschreibung mit Kos- nieurbüros kontaktiert. Seitens der an- tenansatz gefragten Institutionen wurden 568 ab- geschlossene Baumaßnahmen der Jah- Zur anschließenden orientierenden Kos- re 2001 bis 2004 mit insgesamt 1770 tenschätzung wurden für ausgewählte einzelnen Bietern zur Auswertung zur Leistungsbereiche Kostenmodule abge- Verfügung gestellt. Dabei wurden allein leitet. Das Kostenmodul stellt einen seitens des projektbegleitenden Arbeits- Modellansatz zur überschlägigen Kos- kreises und der über die OFD Hannover tenermittlung auf der Grundlage weniger beteiligten staatlichen Bauverwaltungen Kenngrößen dar. Mit Hilfe der Kosten- 419 altlastenrelevante Fälle mit 1254 module ist eine Kostenschätzung auch Bietern beigebracht. Die Auswertung der für Anwendungsfälle möglich, für die die Leistungsverzeichnisse erfolgte in notwendigen Detailangaben zu Massen anonymisierter Form, d.h. ohne Regist- / Mengen / Stoffinventar o.ä. zur Kalku- rierung von Auftraggeber und Bieter. lation von Einzelpositionen nicht vorlie- gen. Durch Zusammenführen der Kos-

63 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen tenermittlungen mittels der Module kön- ben. Bei der Anwendung der Leistungs- nen die Kosten der Gesamtmaßnahme register ist zu beachten, dass die als größenordnungsmäßig kalkuliert wer- „alte“ Preise markierten Daten aufgrund den. Für einige Leistungsbereiche sind der Marktentwicklung zumeist überhöh- Module aufgrund der spezifischen Kos- te Kostenansätze darstellen. Für Leis- tenstruktur nicht ableitbar. tungsbereiche, die derzeit noch nicht Eine detaillierte Kostenschätzung wird dem Stand der Sanierungstechnik ent- mit Hilfe der Leistungsregister durchge- sprechen (wie z. B. Elektrokinetik, Re- führt. Ein Leistungsregister enthält die aktive Systeme) und für die keine aus- wichtigsten Positionen des jeweiligen wertbaren Kostenangaben vorlagen, Leistungsbereiches mit Einzelpreisanga- wurden keine Leistungsregister erstellt. ben. Das Leistungsregister dient der Leistungsbeschreibungen erfolgen durch Vorkalkulation einzelner Gewerke. Die einen 6-ziffrigen Code. Die ersten 4 Zif- Anwendung der Register erfordert detail- fern besitzen systematischen Charak- lierte Standortkenntnisse. Leistungsre- ter: Mit den ersten 2 Ziffern wird der Leis- gister sind analog zu den Standardleis- tungsbereich gekennzeichnet; die 3. und tungsbüchern für das Bauwesen (StLB) 4. Ziffer dienen der weitergehenden Glie- strukturiert. Da die meisten sanierungs- derung des Leistungsregisters in Titel. und flächenentwicklungsrelevanten Leis- Die letzten beiden Ziffern beschreiben die tungen Bauleistungen herkömmlicher Art eigentliche Leistung (Abb. 1). darstellen, wurde hier eine größtmögli- Die angegebenen Einheitspreise verste- che Konformität mit den Kalkulations- hen sich als fertige Leistungen ein- bedürfnissen des konventionellen schließlich der Kosten für Lohn und Bauwesens angestrebt. Die Leistungs- Material exklusive der Mehrwertsteuer. register des Leistungsbuches Altlasten Die Preise stammen im Wesentlichen & Flächenentwicklung 2004 / 2005 [1] aus Baumaßnahmen der Jahre 2001 bis wurden entsprechend der vorhandenen 2004. Alle Preise wurden gründlich re- Datengrundlage aktualisiert und erwei- cherchiert; allerdings muss dem Anwen- tert. Für einzelne Positionen, für die der bewusst sein, dass eine Reihe keine aktuellen Kosten recherchiert wer- standortspezifischer Rahmenbedingun- den konnten, wurden die Einzelpreise gen die Kostenansätze nach oben oder des Leistungsbuches Altlasten & Flä- unten verändern können. Unterschiedli- chenentwicklung 1997 / 1998 [2] über- che Kosteneinflussparameter können im nommen. Diese „alten“ Preise sind durch Einzelfall stark variierend wirken. Kleindruck und „*“ optisch hervorgeho-

Leistungsbuch Altlasten & Flächenentwicklung Bodenaushub, Erdarbeiten, Separierung Verzeichnis-Nr. 30-00-00

Leistungsbereich: Titel: Leistung: 30- 02- 01 Bodenaushub, Erdarbeiten, Separierung Oberbodenarbeiten Oberboden (DIN 18 300) abtragen; im Baustellenbereich in Mieten aufsetzen

Abbildung 1: Beispiel für die Beschreibung von Leistungen

64 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

Für einzelne Leistungspositionen wer- Beispiel: LB-Pos. 30-02-01 „Boden lö- den Kostenspannen (von - bis) und ein sen, laden und seitlich lagern“ (Kap.6.3): Durchschnittspreis (∅) angegeben.

KostenLB30-02-01 = Grundpreis ⊗ f[Baugrubenbedingungen] ⊗ f[Aushubvolumen] ⊗ f[Aushubtiefe] ⊗ f[Bodenklasse] ⊗ ggf. f[gesonderte Separierung]

Dabei geben die Durchschnittspreise Literatur nicht das arithmetische Mittel aus Höchst- und Niedrigstpreis, sondern ei- [1] LUA NRW (2005): Leistungsbuch nen gestützten Mittelwert der Datenbank Altlasten und Flächenentwicklung 2004/ (unter Ausblendung der Höchst- und 2005.-Materialien zur Altlastensanierung Niedrigstpreise) über die Summe aller und zum Bodenschutz (MALBO), Band jeweils recherchierten Preise für eine 20, Landesumweltamt NRW, Essen. Leistung wieder. Zur Abschätzung der [2] LUA NRW (1998): Leistungsbuch Datenqualität wird die Anzahl der Altlastensanierung und Flächenentwick- zugrunde liegenden Leistungspositionen lung 1997/1998 - Materialien zur Altlas- vergleichbarer Maßnahmen dem Kosten- tensanierung und zum Bodenschutz ansatz nachgestellt. (MALBO), Band 5, Landesumweltamt Sollten einige Kosteneinflussparameter NRW, Essen. für das zu kalkulierende Bauprojekt [3] Deutsches Institut für Normung e. besonders wirksam sein, so sind die V.: DIN 276, Kosten im Hochbau, Aus- Durchschnittspreise - entsprechend dem gabe 1993-06. Gewicht und der Anzahl der in Betracht zu ziehenden Einflussparameter - für [4] LAWA (2005): KVR-Leitlinien, 7. den kalkulatorischen Ansatz nach oben überarbeitete Auflage, Berlin 2005. oder nach unten zu verändern. Bei eini- gen Leistungspositionen gibt das Leis- tungsbuch Altlasten & Flächenentwick- lung bereits einen oder mehrere Preis e verändernde Einflussparameter vor.

Die Kosteneinflussgrößen sind den kal- kulatorischen Durchschnittspreisen in Kursivschrift nachgestellt. Sie fungieren als Faktor, der einer prozentualen Ver- änderung des Grundpreises nach oben oder unten entspricht. Bei der Kalkula- tion der jeweiligen Positionen sind sie als Multiplikator auf den Durchschnitts- preis anzuwenden. Sofern die Kosten einer Leistung durch mehrere Einfluss- größen bestimmt werden, so sind die maßgeblichen Faktoren der jeweiligen Einflussgrößen nacheinander mit dem Grundpreis zu multiplizieren.

65 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

2.1.5 Kommunales Flächenmanagement und das „Bündnis zum Flächensparen“ die Strategie zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme in Bayern

Claus Hensold

Einleitung aller am Planen und Bauen Beteiligten - der kommunalen Spitzenverbände, Kir- Die Reduzierung der Flächeninanspruch- chen, Universitäten sowie von Architek- nahme ist ein umweltpolitischer Schwer- ten-, Planer- und Umweltverbänden - er- punkt der Bayerischen Staatsregierung. möglicht eine Sensibilisierung, Bewusst- Eine abgestimmte Strategie zwischen seinsbildung und Umsetzung auf breiter den für Umwelt, Bauen, Raumordnung Basis. und Ländliche Entwicklung zuständigen Ministerien ermöglicht eine umfassen- Rahmenbedingungen de Integration des Flächensparens in die einzelnen Fachbereiche. Bayern weist als Flächenstaat und größ- tes Bundesland eine Flächeninanspruch- Aufgrund seiner Größe ist Bayern ein nahme von 15,2 ha/Tag (2004) auf. Der siedlungs- und wirtschaftsstrukturell Anteil der Siedlungs- und Verkehrsflä- heterogenes Land. Die Bemühungen zur che an der Landesfläche ist mit 10,7 % Reduzierung der Flächeninanspruchnah- (2003) im Bundesvergleich (12,6 %) eher me treffen deshalb auf unterschiedlichste niedrig. Rechnet man die Flächeninan- Rahmenbedingungen. Einen Königsweg spruchnahme auf die Bevölkerung um, zum Flächensparen kann es daher nicht so befindet sich Bayern etwas oberhalb geben. Der Anfang wurde in Bayern mit des Bundesdurchschnitts im Mittelfeld. dem Kommunalen Flächenressourcen- Management gemacht, mit dem eine Die Entwicklung der Siedlungs- und Ver- erprobte Handlungshilfe für die Umset- kehrsfläche wird von mehreren Rahmen- zung einer flächensparenden Siedlungs- bedingungen beeinflusst. Bestimmende entwicklung den Kommunen an die Einflussfaktoren sind zum einen die Hand gegeben wurde. Das Kommunale Wanderungsbewegungen und die wirt- Flächenressourcen-Management be- schaftliche Entwicklung. Bayern ist rücksichtigt unterschiedliche Ausgangs- weiterhin ein attraktiver Zuwanderungs- bedingungen und stellt eine einheitliche raum, der in den Jahren 2000 bis 2003 Basis für die Umsetzung der flächenspa- durchschnittlich einen Wanderungsge- renden Siedlungsentwicklung, unter an- winn von rund 70.000 Einwohnern erfuhr. derem auch im Rahmen der Städtebau- Zum anderen wird die Flächeninan- förderung und der Ländlichen Entwick- spruchnahme von der Entwicklung der lung, dar. Haushaltsgrößen und dem individuellen Wohnflächenbedarf beeinflusst. So stieg Das 2003 gegründete „Bündnis zum Flä- in Bayern die Zahl der Privathaushalte chensparen“ bietet eine Plattform zur von 1970 bis 2003 um 154 % an, die Vernetzung der bayerischen Aktivitäten Zahl der Einpersonenhaushalte entwi- zum Flächensparen. Die Einbindung ckelte sich im gleichen Zeitraum über- durchschnittlich um 224 %. Hierdurch

66 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement sank die durchschnittliche Haushalts- den vor allem die Bedürfnisse kleiner und größe von 2,83 auf 2,21 Personen1 und mittelgroßer Kommunen berücksichtigt. die Wohnfläche pro Einwohner stieg auf Auf der Basis einer Bestandserhebung 42,9 m². innerörtlicher Entwicklungspotenziale werden die Handlungsfelder Flächenre- Auch Handel und Gewerbe tragen durch cycling, Baulückenaktivierung, Nachver- eine Ansiedlung vorzugsweise auf der dichtung, flächensparendes Bauen und grünen Wiese, durch Eingeschossigkeit Begrenzung der Versiegelung sowie und zunehmenden Raumbedarf pro Ar- Entsiegelung thematisiert und mit Bei- beitsplatz zur Flächeninanspruchnahme spielen, Handlungshilfen, Checklisten bei. So hat in den Jahren 1997 bis 2000 und Musterschreiben versehen. Die die Gebäude- und Freifläche in Bayern Handlungsfelder werden dabei als inte- um 7,8 % zugenommen. Handel und grierte Bestandteile einer nachhaltigen Dienstleistungen hatten dabei zusam- Siedlungsentwicklung angesehen. Die men mit Gewerbe und Industrie prozen- Arbeitshilfe, deren Erstellung durch Wis- tual mit +27,8 % ein deutlich stärkeres senschaftler, Planer, Architekten und die Wachstum als Wohnen (+10,5 %) und kommunalen Spitzenverbände begleitet Verkehr (+9,3 %) zusammen2. wurde, liegt mittlerweile in der zweiten Auflage vor und findet großen Anklang. Ein direkter Zusammenhang zwischen Sie wurde allen bayerischen Kommunen den geschilderten Einflussfaktoren und zugesandt und auf Veranstaltungen in der Flächeninanspruchnahme besteht allen Regierungsbezirken von den jedoch nicht, da auch in wachstums- und Staatsministerien für Umwelt und Land- strukturschwachen Gebieten eine deut- wirtschaft und der Obersten Baubehör- liche Zunahme der Siedlungs- und Ver- de im Staatsministerium des Innern den kehrsfläche stattfindet. Weitere, schwer Bürgermeistern vorgestellt und mit die- quantifizierbare Einflussfaktoren, wie sen diskutiert. z.B. die lokale Ansiedlungspolitik und die interkommunale Konkurrenz müssen Die Erprobung des Kommunalen Flä- deshalb berücksichtigt werden. chenressourcen-Managements in vier unterschiedlich strukturieren Modell- Ein positiver Nebeneffekt der momenta- kommunen zeigte, dass mit vertretba- nen Schwäche der Baukonjunktur ist die rem Aufwand qualitativ hochwertige Da- raumordnerisch gewünschte Lenkung ten für ein Baulücken- und Brachflächen- der Bautätigkeiten im Wohnungsbau auf kataster gewonnen werden können. Die die zentralen Orte. Während die Anzahl Bestandserhebungen ergaben, dass der Baugenehmigungen in Bayern 2005 zwischen 14 und 36 % der Gebäude- um rund 20 % zurückgegangen ist, ver- und Freiflächen in den Modellkommunen zeichneten die kreisfreien Städte eine innerörtliches Entwicklungspotenzial 3 Zunahme in gleicher Größenordnung . besitzen. Diese Daten zeigen nicht nur die Qualität der örtlichen Siedlungspla- Kommunales Flächenressourcen- nung, sie tragen damit in hohem Maße Management zur Steigerung des Problembewusst- Das Kommunale Flächenressourcen- seins in den örtlichen Entscheidungs- Management gibt den Kommunen eine gremien bei. Eigeninitiativen und weite- erprobte Arbeitshilfe4 für eine vorrangige re kommunale Aktivitäten zur Innenentwicklung zur Hand. Dabei wer-

67 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Aktivierung der Baulandpotenziale wer- sollen dadurch in die Lage versetzt und den in diesem Umfeld erleichtert. animiert werden, selbst innerörtlich vor- handene Potenziale aufzuspüren, zu Bündnis zum Flächensparen erfassen und Vorschläge für deren Nut- zung zu entwickeln. Billigung und Un- Das am 29. Juli 2003 auf Initiative des terstützung durch den Bürgermeister bayerischen Städtetags gegründete und die örtliche Verwaltung helfen die „Bündnis zum Flächensparen“ vereinigt Ergebnisse in die kommunalen Pla- unter der Federführung des bayerischen nungsprozesse einzuspeisen. Umweltministeriums derzeit 30 Bündnis- Mit mehreren Aktivitäten trägt die städ- partner, darunter die kommunalen Spit- tebauliche Sanierung und Entwicklung zenverbände, Kirchen, Universitäten, zum Aktionsprogramm bei. Innerhalb der Architekten-, Planer- und Umweltverbän- Stadterneuerung und der Städtebauför- de - mit steigender Tendenz. Die Bünd- derung in Bayern hat sich die Brachflä- nispartner verpflichten sich in einer so- chenkonversion zu einem Schwerpunkt genannten „Gemeinsamen Erklärung“ entwickelt. Die Brachflächenkonversion zum sparsamen Umgang mit Böden und ist dabei Teil einer umfassenden struk- zur Förderung des Bewusstseins für das turellen Erneuerungsstrategie in den Flächensparen in ihrem Einflussbereich. bayerischen Städten und Gemeinden. Ziel des Bündnisses ist die Entwicklung Mit Hilfe der Städtebauförderung haben und Umsetzung konkreter Maßnahmen sich von 1990 bis 2000 beispielsweise zum Flächensparen auf Landesebene. 27 Städte und Gemeinden in Bayern auf So wurde Anfang 2005 ein Aktionspro- 35 militärischen Liegenschaften mit ei- 5 gramm mit ca. 40 Aktivitäten und ner Fläche von über 1.300 ha mit der insgesamt rund 80 Maßnahmen veröf- zivilen Nachfolgenutzung befasst. In die- fentlicht. Die Maßnahmen befinden sich sem Zeitraum konnten die Kommunen derzeit in der Umsetzung oder sind mit staatlichen Finanzhilfen von bereits abgeschlossen. Durch ein inter- insgesamt 19,6 Mio. Euro unmittelbare nes Controlling wird der Stand der Um- städtebauliche Investitionen in Höhe von setzung der Maßnahmen laufend doku- 29 Mio. Euro tätigen8. mentiert. Auch im Rahmen der Dorferneuerung Für die Aktivitäten beispielhaft zu nen- und ländlichen Entwicklung sollen Flä- nen ist die Einrichtung einer Best- chenmanagement und Innenentwicklung Practice-Datensammlung im Internet6, in ein noch stärkeres Gewicht erfahren. der nach Themenfeld und Regierungs- Hierzu wird im Jahr 2006 vom bezirk gute Beispiele einer nachhaltigen bayerischen Landwirtschaftsministerium und flächenschonenden Entwicklung aus das Aktionsprogramm „Dorf v i t a l“ ge- bayerischen Kommunen vorgestellt wer- startet. Im Mittelpunkt stehen dabei die den. Ein weiteres Beispiel aus dem Ak- gemeindebezogene Bestandsanalyse, tionsprogramm ist die Einbeziehung von die bauliche und soziale Entwicklung in kommunalen Agenda-Gruppen. Hierfür Dörfern und Dorfkernen, das Bodenma- wurde ein Agenda-Baustein7 veröffent- nagement in Dorf und Flur, die Qualifi- licht, in dem die Vorgehensweise bei der zierung und aktive Bürgermitwirkung Ermittlung innerörtlicher Potenziale, die sowie die Erarbeitung gemeindeübergrei- vorab in Modellgemeinden getestet wur- fender Problemlösungen. de, aufbereitet und dargestellt ist. Die Um das Flächenrecycling bei Altlasten Agenda-Gruppen in kleinen Gemeinden und schädlichen Bodenveränderungen

68 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement verstärkt zu unterstützen, ist die Erstel- von Infrastrukturen aufweisen, Leerstän- lung eines Praxisratgebers „Flächenre- de und disperse Entwicklungen jedoch cycling“ geplant. Weiter ist als Ergän- die kommunalen Finanzen belasten. zung der bestehenden Förderprogramme im Rahmen des „Umweltpakts Bayern“ Gleichzeitig birgt die demographische geplant, auch die Erkundung und Sanie- Entwicklung erheblichen Sprengstoff, der rung kommunaler Altlasten (alte Müllkip- noch lange nicht von allen Kommunen pen) zu fördern. erkannt wurde. Neben Stagnation und Unter dem Bündnis-Schwerpunkt „Be- teilweisem Bevölkerungsrückgang for- wusstseinsbildung“ werden laufend Vor- dert vor allem der Wandel in der Alter- tragsveranstaltungen und Tagungen zum struktur eine Anpassung der Siedlungs- Thema Flächensparen durchgeführt. und Infrastrukturen. Derzeit wird ein weiteres Maßnahmen- paket gemeinsam mit den Bündnispart- Als Fazit langjähriger Befassung mit nern entwickelt. Wesentliche Aktivitäten dem Thema bleibt die Erkenntnis, dass dabei werden eine Wanderausstellung die Bewusstseinsbildung in der Öffent- zum Flächensparen und eine regelmä- lichkeit weiter eine der wichtigsten Auf- ßige Veranstaltung zum Thema Flächen- gaben der staatlichen Bemühungen zum sparen bei der Akademie für Naturschutz Flächensparen bleibt. Nur wenn es ge- und Landschaftspflege in Laufen sein. lingt, die allgemein anerkannten Vortei- le der Innenentwicklung für jeden Ein- Ausblick zelnen und die Kommunen auch in akti- ve Entscheidungen umzusetzen, wer- Der anhaltende Rückgang der Flächen- den wir nachhaltigen Erfolg haben. inanspruchnahme unterstützt die vielfäl- tigen Bemühungen zum Flächensparen. Ob die auf Grund verschiedener Studi- Vom Höchststand in den Jahren 1997- en9 derzeit in den Medien publizierte 2000 mit 28,4 ha/Tag in Bayern ist die „Renaissance der Innenstädte“ einen Flächeninanspruchnahme um annä- dauerhaften Trend darstellt, kann heute hernd 50 % auf 15,2 ha/Tag im Jahr 2004 noch nicht gesagt werden. Eine gute zurückgegangen. Auch wenn die Bemü- Versorgung mit Gütern und Dienstleis- hungen zur Reduzierung der Flächenin- tungen, kurze Wege und ein vielfältiges anspruchnahme auf zunehmende Reso- Kulturangebot sind jedoch Attraktivitäts- nanz in der Öffentlichkeit, in der Politik merkmale, auf die in der Bevölkerung und bei den kommunalen Entschei- nicht zuletzt wegen der Explosion der dungsträgern stoßen, so ist derzeit noch Mobilitätskosten zunehmend Wert ge- die Konjunktur die Haupttriebfeder die- legt wird. ser Entwicklung. Deshalb gilt es, die- sen Trend weiter zu verstetigen und zu einem Element nachhaltiger Sied- lungs-, Wirtschafts-, Sozial- und Um- weltpolitik zu machen.

Aktuelle Studien aus Deutschland, Ös- terreich und der Schweiz zeigen, dass kompakte, auf Innenentwicklung gerich- tete Siedlungsstrukturen deutliche finan- zielle Vorteile bei Aufbau und Unterhalt

69 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Literatur 8 Oberste Baubehörde im Bayerischen 1 Staatsministerium des Innern (2004): Bayerisches Landesamt für Statistik und Flächenmanagement und Brachflächen- Datenverarbeitung, Statistik kommunal konversion 2003; Stat. Jahrbuch 2004 – Möglichkeiten der Städtebauförderung 2 www.staedtebaufoerderung.bayern.de Statistisches Bundesamt, Bodenfläche 9 nach Art der tatsächlichen Nutzung, DIFU-Berichte 1/2 2005, Berlin; BAT Frei- 2001 zeit-Forschungsinstitut, Forschung ak- 3 tuell 188 Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, Pressemeldung 135 vom 15.11.2005 4 Bayerisches Staatsministerium für Um- welt, Gesundheit und Verbraucher- schutz, Oberste Baubehörde im Bayer- ischen Staatsministerium des Innern (2003): Arbeitshilfe Kommunales Flä- chenressourcen-Management, 2. Aufla- ge, kostenloser Bezug beim Bayer. Lan- desamt für Umwelt 5 Bayerisches Staatsministerium für Um- welt, Gesundheit und Verbraucher- schutz, Oberste Baubehörde im Bayer- ischen Staatsministerium des Innern (2005): Bündnis zum Flächensparen – Aktionsprogramm 2005, München 6 www.boden.bayern.de 7 Bayerisches Landesamt für Umwelt (2005): Flächensparen und kommunale Agenda 21 - Baustein Nr. 11 KOMMA 21, Augsburg.

70 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

2.2 Kommunales Flächenmanagement

2.2.1 Nachhaltiges Bauflächenma- ¾ Schließen von Baulücken und nagement Stuttgart (NBS) Mobilisieren von innerörtlichen Baulandpotenzialen (Baulücken, 2.2.2 Bretten - Mit dem Flächenka- untergenutzte Flächen) russell zum erfolgreichen Stadtumbau ¾ Optimieren des Nutzwertes von Flächen 2.2.3 Kommunales Flächenmanage- ment in Freiberg ¾ Wiedernutzung von Brachflächen und der Umgang mit Altlasten 2.2.4 Görlitzer Strategie zur Zukunft der Stadt ¾ Erhalt und Wiederherstellung der Funktionen von Böden und Freiflä- Für Kommunen wird es zunehmend chen wichtiger, ein kommunales Flächenma- nagement zu realisieren. Faktoren sind ¾ guter Umgang mit Bodenmaterial dabei u.a. ihre limitierten Entwicklungs- bei Baumaßnahmen möglichkeiten nach außen, da z. B. naturräumliche Grenzen keine weitere ¾ Minimierung des Expansion zulassen (Täler, Land- Versiegelungsgrades schaftsschutzgebiete, Wälder) oder auch die durch ein Brachfallen von in- ¾ Schutz leistungsfähiger Böden nerörtlichen Grundstücken verursachten ¾ Schutz und Entwicklung von Imagebeeinträchtigungen, die zu einer Freiflächen. Verminderung der Lebensqualität für die Einwohner führen. Neben diesen Arbeitshilfen zum haus- hälterischen und sparsamen Umgang Unabhängig von den Erfahrungen einzel- mit Boden und Fläche, gibt es bereits ner Kommunen mit einem Flächenma- seit Jahren Städte und Gemeinden, die nagement, wurden auf Länderebene erst- ein eigenes Flächenmanagement - z. T. malig zunächst in Baden-Württemberg in Kooperation mit Gemeinden aus der und Bayern umfassende Arbeitshilfen Stadtregion - etabliert haben und hier zum kommunalen Flächenmanagement praktische Ergebnisse vorweisen kön- erarbeitet, weitere Bundesländer folgten. nen. Die nachfolgenden Beispiele spie- Hierzu werden folgende Themenbereiche geln einige Erfahrungen wider. gezählt:

71 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

2.2.1 Nachhaltiges Bauflächenmanagement Stuttgart (NBS)

Nils Krieger, Matthias Schmid

Die Ausgangslage Stuttgarts Grenze des Siedlungsflächenwachs- tums nahezu erreicht. Stuttgart ist Kernstadt einer Region mit 2,6 Mio. Einwohnern. Der Raum gehört Der im Jahr 2000 genehmigte Flächen- zu den wachsenden Regionen Deutsch- nutzungsplan 2010 der Landeshaupt- lands mit anhaltendem Siedlungsdruck. stadt Stuttgart räumt - unter dem Leit- Dabei richtet sich die Nachfrage vor al- bild: „Stuttgart 2010 – kompakt, urban, lem auf zusätzliche Wohnbauflächen. grün“ - der Innenentwicklung einen deut- lichen Vorrang vor der Inanspruchnah- Die Einwohnerzahl ist in Stuttgart mit me von Neubauflächen ein. Er geht davon 590.000 Einwohnern in den letzten Jah- aus, dass der Flächenbedarf für Woh- ren nahezu konstant geblieben. Die ak- nen und Arbeiten weitgehend durch Bau- tuelle Einwohnerprognose geht von ei- flächenpotenziale im Bestand gedeckt ner geringen Einwohnerabnahme von mi- werden kann. nus 15 000 Einwohnern bis 2015 aus. Städtebauliches und wohnungspoliti- Projekt „Nachhaltiges Bauflächen- sches Ziel ist es, die vorhandenen Ein- management Stuttgart (NBS)“ wohnerzahl zu halten. Das Prinzip „Vorrang der Innenent- Mit ca. 50 % besiedelter Fläche ist in wicklung“ erfordert deutlich größere Stuttgart in seiner besonderen, stark Anstrengungen aller Beteiligten bei der gegliederten topographischen Lage die Mobilisierung der möglichen Nachver- dichtungs-, Umnutzungs- und Wiedernutzungspotenziale in 6 5,5 5,2 Bedarf den bereits bebauten Gebie- 5 Fläche im Bestand ten. Mit dem Projekt „Nach- Neubauflächen haltiges Bauflächenmanage- 4 3 3,2 ment Stuttgart (NBS)“ konn- 3 2,5 ten – im Rahmen des For- 2 schungsprogramms BW- 2 Mio.qm GF Mio.qm 1,3 Plus des Landes Baden- 0,8 1 0,5 Württemberg – in den Jahren 2001 – 2003 neue Wege und 0 Strategien zur Stärkung der Gesamt Wohnen Arbeiten Innenentwicklung erforscht und angewandt wer- den. Abbildung 1: Bauflächenpotenziale FNP 2010 Die systematische Erfassung der beste- henden Potenziale, der Aufbau einer In- formationsplattform sowie die Erarbei- tung von Handlungsstrategien für die

72 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

Stadt sind die wesentlichen Bausteine nagement in Stuttgart abgeleitet und diese Projektes. vom Gemeinderat beschlossen.

Über 350 Areale mit Bauflächenpoten- Handlungskonzept für ein nachhal- zialen (Mindestgröße 2 000 m² mögliche tiges Bauflächenmanagement Geschossfläche) wurden erfasst. Die Gesamtkapazität dieser Standorte be- Die Schwerpunkte dabei liegen zunächst trägt ca. 500 ha Grundstücksfläche bzw. bei der Stärkung der operativen Basis. 5,5 Mio. m² Geschossfläche. Die Poten- In der ressortübergreifenden Arbeits- ziale reichen rechnerisch aus, um den gruppe NBS werden alle Aktivitäten der Erweiterungsbedarf der nächsten 10 bis Stadt zur Förderung der Innenentwick- 15 Jahre zu decken. Die Übersicht zeigt, lung koordiniert. In Zusammenarbeit mit dass in Stuttgart nur wenige größere, der Wirtschaftsförderung, dem Amt für zusammenhängende Areale zur Verfü- Stadtplanung und Stadterneuerung, dem gung stehen. Der überwiegende Anteil Amt für Umweltschutz und dem Amt für der Flächen ist kleiner als 5 ha. Liegenschaften und Wohnen wird die NBS-Informationsplattform regelmäßig Für alle erfassten Standorte sind die aktualisiert. Alle 2 Jahre wird ein Lage- wichtigsten Daten und Informationen, bericht zum erreichten Stand der Innen- mit Luftbild und Lageplan in einer entwicklung erstellt. internetbasierten, passwortgeschütz- ten Informationsplattform eingearbei- Die Aktivitäten der Stadt werden konzen- tet. Das Internet zeigt sich hier für die triert auf räumliche Schwerpunkte. Verwaltung und Pflege der Informationen Dies sind, wie in der Übersicht erkenn- sowie deren interne und externe Nutzung bar, als ideale Plattform. Auf der Grundlage dieser NBS-Informationsplattform wurde ¾ die Entwicklungsachse vom die öffentliche Web-Seite www.stuttgart- Neckartal über die „City Prag“ zu den bauflaechen.de generiert und damit ein Industriestandorten Feuerbach und Beitrag zur Förderung der Flächenver- Zuffenhausen marktung geleistet. ¾ die Gebiete des Städtebauprojektes Nach der ca. 2-jährigen Testphase der Stuttgart 21 Informationsplattform wurden die Daten ¾ die Industriegebiete Weilimdorf im in das stadteigene GIS-System inte- Norden und Vaihingen/Möhringen im griert. Sie sind damit noch komfortabler Süden für alle Akteure in der Verwaltung nutz- bar. ¾ als besondere Schwerpunkte der Innenentwicklung die Umfelder von Im Rahmen des NBS-Forschungsprojek- fünf S- und U-Bahnhöfen. tes wurden mit so genannten Testpla- nungen, bzw. Vorstudien für 10 ausge- wählte Standorte die wesentlichen Hemmnisse erkundet, die eine Flächenaktivierung erschweren. Auf die- ser Grundlage wurde ein Handlungskon- zept für ein nachhaltiges Bauflächenma-

73 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Neben diesen konzeptionellen Ansätzen ist die gezielte Förde- rung von einzelnen Modellprojek- ten für die Innenentwicklung vor- gesehen.

Ausblick

Trotz der vergleichsweise güns- tigen wirtschaftlichen Voraus- setzungen in Stuttgart wird auch hier die Innenentwicklung in Zukunft kein „Selbstläufer“ sein. Abbildung 2: Güterbahnhof Bad Cannstatt (Mas- terplan Olympia, Büro Auer+Weber) Für die Umsetzung des Leitbildes des Flächennutzungsplans: Stuttgart 2010 – Die Bereitstellung zusätzlicher Haus- kompakt, urban, grün – sind eine Reihe haltsmittel könnte die Innenentwick- großer Projekte in Arbeit. Die Projekte lung deutlich stärken. Stuttgart 21 (Abb. 2), Güterbahnhof Davon profitieren sollten insbesondere Bad Cannstatt, City Prag und Alte folgende Handlungsfelder: Messe Killesberg zeigen modellhaft auch die Qualitätsstandards, die im ¾ die städtische Liegenschaftspolitik Rahmen einer nachhaltigen Innenent- durch die Einrichtung eines revolvie- wicklung umgesetzt werden sollen: renden Grundstücksfonds für die Innenentwicklung (bisher in ¾ die Sicherung einer gesunden Mi- Stuttgart nicht umgesetzt) schung von Wohnen und Arbeiten

¾ der städtische Altlastenfonds ¾ die Stärkung zentraler Standorte und des Umfeldes von S- und U- ¾ ein städtisches Programm zur För- Bahnhöfen derung der Wiedernutzung von städ- tebaulich bedeutsamen Gewerbe- ¾ behutsamer Umgang mit bestehen- brachen, das nach dem Vorbild des der Bausubstanz Verbandes Region Stuttgart aufge- ¾ optimale städtebauliche Dichte, legt werden soll. Dabei sollen die Aufwendungen für die planerische ¾ Sicherung der notwendigen Grünver- Vorbereitung und die Altlastener- sorgung kundung zu 50 % von der Stadt über- nommen werden. Mit Hilfe von Pla- ¾ eine hohe Qualität der Gestaltung nungsworkshops und Testplanun- öffentlicher Räume. gen, an denen neben den Grund- stückseigentümern auch Investoren Damit soll nach dem Prinzip der dop- beteiligt sind, werden Impulse für die pelten Innenentwicklung neben der bau- Revitalisierung der Altstandorte er- lichen Verdichtung im Bestand die Qua- wartet. lifizierung des städtebaulichen Umfel-

74 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement des, insbesondere der Freiräume sicher- können, die heute noch nicht denkbar gestellt werden. erscheinen.

Neben der intensiven Vorbereitung die- Deutlich wurde in der Gesamtbilanz auch ser Großprojekte dient das Projekt NBS der hohe Anteil von Potenzialen für ge- der Stadt als ein zusätzliches Instru- werbliche Nutzungen. Dagegen zeichnet ment, um im Rahmen eines aktiven Bau- sich ein Engpass bei den Potenzialen flächenmanagements auch in Zeiten für den Wohnungsbau ab. nachlassender Wirtschaftskraft die Aktivierung der vielen kleinen Entwick- Die Bemühungen der Stadt zur konse- lungspotenziale im Bestand zu unter- quenten Förderung der Innenentwick- stützen. lung werden gestärkt durch das neue Projekt des Verbandes Region Stuttgart, Im NBS-Lagebericht 2005 wurde der bei dem innerhalb des Forschungspro- erreichte Stand der Innenentwicklung für jektes „MORO“ - Modellprojekte der den Zeitraum 2003 - 2005 bilanziert. Raumordnung - unter dem Arbeitstitel Dabei hat sich gezeigt, dass der Um- „Nachhaltiges regionales Siedlungs- fang der Bauflächenpotenziale nahezu flächenmanagement“ eine dem Pro- konstant geblieben ist. Ursache dafür jekt NBS ähnliche systematische Un- sind die durch den Strukturwandel im Ge- tersuchung der Bauflächenpotenziale der werbe, aber auch durch veränderte Pla- insgesamt 179 Gemeinden in der Regi- nungsziele „nachwachsenden“ Potenzi- on Stuttgart durchgeführt wurde (s. ale. Das Stadtentwicklungskonzept geht Schriftenreihe des Verbandes Region davon aus, dass längerfristig, z. B. im Stuttgart November 05/Nummer 23). Neckartal, weitere Entwicklungspoten- ziale für die Innenentwicklung entstehen

Areale nach Darstellung im FNP 2010 (Stand 1. Quartal 2005)

220

200 Planung 5,4 180 Bestand

160

140 53,0 120 9,5 100

Summe (ha) Summe 186,9 80

60 86,6 104,1 40

20 39,1 44,9

0 W-Fläche 2005 M-Fläche 2005 MV-Fläche 2005 G-Fläche 2005 Sonstige 2005

Abbildung 3: Brachflächenpotenziale entsprechend NBS-Lagebericht 2005

75 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

2.2.2 Bretten - Mit dem Flächenkarussell zum erfolgreichen Stadtumbau

Paul Metzger

Die Ausgangslage war schwierig. Anfang beherbergt knapp 28.000 Einwohner ver- der 80er Jahre kam es zum Niedergang teilt auf die Kernstadt und 9 weitere der monostrukturierten Weißwarenin- Stadtteile. dustrie. Die Arbeitslosigkeit schnellte auf 20 %. Die Hälfte davon wohnt in der Kernstadt und ein weiteres Viertel in drei mit der Die Stadt Bretten hat sich diesem Pro- Kernstadt räumlich verknüpften Stadttei- blem gestellt und in den letzten 20 Jah- len. ren viel Erfahrung im kommunalen Flä- chenmanagement gewonnen und setzt Die Stadt ist Mittelzentrum für einen dieses Instrumentarium auf den ver- Bereich von zusammen 60.000 Einwoh- schiedensten Feldern der Stadtentwick- nern. Bezogen auf ihr Schul-, Einkaufs- lung ein. und Arbeitsplatzangebote erfasst sie kreis- und regionalübergreifend einen Damit und in enger Verbindung mit der Bereich von rund 80.000 Einwohnern. Bauleitplanung ist es der Stadt möglich: Das Angebot an sozialversicherungs- ¾ vorhandene Flächenpotenziale opti- pflichtigen Arbeitsplätzen lag im Jahre mal zu nutzen 2004 bei gut 10.500, was einer Arbeits- losenquote von ca. 6 % entsprach. ¾ Flächenneuausweisungen auf ein Knapp 50 % sind im produzierenden Ge- überschaubares Maß zu begrenz- werbe beschäftigt, verteilt auf eine Viel- en zahl an mittelständischen und kleinen Betrieben. Das größte Unternehmen, die ¾ vorhandene Infrastrukturen optimal Firma Neff, bekannt durch ihren Herd- auszulasten bau, beschäftigt heute knapp 1.300 Ar- beitnehmer. ¾ stadtstrukturelle und stadtqualitati- ve Verbesserungen herbeizuführen Die Firma Neff war es auch, die in der 2. Hälfte der 80er Jahre den Einstieg in ein ¾ ökologische Verbesserungen zu er- so genanntes Industriekarussell auslös- reichen te, einem gewerblichen Sanierungs- und ¾ die gesamtwirtschaftlichen Rahmen- Entwicklungskonzept, das bis heute bedingungen zu verbessern aktuell ist und mittlerweile rund 40 Fir- men einbezogen hat. ¾ wettbewerbsfähig zu bleiben Um den Standort Neff gegenüber ande- ¾ Grundstücke optimal zu verwerten. ren Standorten des Bosch-Siemens- Konzerns konkurrenzfähig zu machen, Die Stadt selbst liegt im Landkreis stand die Brettener Verwaltung damals Karlsruhe in Baden-Württemberg. Sie vor der Aufgabe, dem Betrieb am vor-

76 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement handenen Standort räumliche Entwick- gerung der gewerblich industriellen Pro- lungsmöglichkeiten zum weiteren duktion wurden dort gezielt dafür ge- Werksaufbau aufzuzeigen. nutzt, die altstadtnahen Flächen zur Erweiterung der Innenstadt heranzuzie- In diesem Zusammenhang wurden die hen. Feuerwache, die Stadtwerke, ein Gas- speicher und ein Holzbaufachmarkt ver- Wurden im Umfeld der Firma Neff ge- lagert, eine das Werksgelände trennen- zielt der Betriebserweiterung im Wege de Straße eingezogen und dafür zwi- stehende Strukturen und Gebäude be- schen dem Betriebsgelände und einem seitigt, stand im Falle der Innenstadter- Landschaftsschutzgebiet eine neue weiterung eine weitgehende Flächensa- Kreisstraße mit Anbindung an eine Bun- nierung an. Nach und nach wurden die desstraße gebaut. Darüber hinaus wur- aufgekauften Firmen mit ihrer großteils den die neu gewonnenen Bauflächen von schlechten Bausubstanz abgetragen Leitungstrassen geräumt, Altlasten be- und eine städtebauliche Neuausrichtung seitigt und der Bebauungsplan in zwei vollzogen. Nach Abzug der Flächen für Stufen den neuen Gegebenheiten so den notwendigen Ausbau der Verkehrs- angepasst, dass das Werk seine Erwar- infrastruktur entstanden und entstehen tungen auf dem größer gewordenen völlig neue Grundstückszuschnitte zur Gelände auch erfüllten konnte. Aufnahme von Einzelhandels- und sons- tigen Dienstleistungseinrichtungen. Die Erwartungen der Stadt an den Be- Teilweise wurden auch Flächen zur Un- trieb gingen in Erfüllung. Das Werk wur- terbringung von Wohnraum geschaffen. de neu strukturiert und mit einer weite- ren Fertigung erweitert. Der Standort Es vollzog sich ein Wandel von einer konnte so gesichert und die Arbeits- gewerblich industriellen Nutzung hin zu platzzahl stabilisiert werden. Die Firma Dienstleistungs- und Einzelhandelsnut- Neff ist bis heute der größte Arbeitge- zungen, der auch bauleitplanerisch ab- ber in Bretten geblieben. Der Betrieb gesichert wurde. Entstanden sind an- zeigt sich heute auch nach Außen als stelle von Gewerbegebieten Kerngebie- ein von seiner Struktur und seiner Ge- te, Sondergebiete für großflächigen Ein- staltung wohl geordnetes Ganzes. Auf zelhandel bis hin zu Mischgebieten. einer Gesamtfläche von rd. 11 ha wur- den 1.300 Arbeitsplätze nachhaltig ge- Gewandelt hat sich auch das Stadtbild. sichert. War dies früher durch dicht bebautes Gewerbe mit hoher Flächenversiegelung Während die Ansätze des Flächenma- und meist ohne Grünbestand geprägt, nagements im Falle der Firma Neff in sind mittlerweile die ersten Neubauten aller erster Linie darauf ausgerichtet entstanden, deren Umfeld sich meist waren, den Betriebsstandort des größ- grün darstellt. ten Brettener Arbeitgebers nachhaltig abzusichern, standen im Falle eines Der Eingang in die Innenstadt aus Rich- zweiten Schwerpunkts des Flächenma- tung Pforzheim hat sein Bild geändert. nagements im Umfeld der Kraichgau- Die Verkehrsführung wurde geändert und bahn völlig andere Ziele im Vordergrund die Stadtbahnlinien S 4 und S 9 haben stadtentwicklungsplanerischer Überle- zwei neue Innenstadthalte bekommen. gungen. Der Niedergang und die Verla-

77 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Soweit die ehemaligen Firmen und Ein- weile räumliche Grenzen innerhalb die- richtungen in diesem Bereich nicht un- ses Areals auf und fordert die Stadt zu tergegangen sind, wurden diese in das neuem Handeln auf. zentrale städtische Industriegebiet Gölshausen verlagert. Aufgrund der dort Insgesamt betrachtet wurden durch die- besseren Rahmenbedingungen für die ses Flächenmanagement im gewerbli- Produktion wurden damit auch in diesem chen Bereich insgesamt drei räumlich Falle viele Arbeitsplätze nachhaltig ab- zusammenhängende Stadtbereiche mit gesichert und gleichzeitig am bisherigen einem Flächengehalt von zusammen Standort ohne neue Flächeninanspruch- rund 41,5 ha erfasst. Die städtebauliche nahme neue Dienstleistungsarbeitsplät- Neuordnung erlaubte es der Firma Neff ze geschaffen. ihr Werksareal auf gut 11 ha auszudeh- nen. Die Aktivitäten zur Innenstadterwei- Neben dem Bereich der Firma Neff und terung umfassen gut 16 ha und im der Innenstadterweiterung, in Ergänzung Rinklinger Tal geht es einschließlich des zur historischen Altstadt, gab und gibt Areals des ehemaligen Güterbahnhofs es einen dritten Schwerpunkt des ge- um eine Gesamtfläche von ca.11,5 ha, werblich geprägten Flächenmanage- die von der Um- und Neustrukturierung ments auf der Salzach-Saalbach-Ach- betroffen ist. Für die Verbesserung der se. Um drei im Rinklinger Tal angesie- Infrastruktur für Straßen und ÖPNV wur- delten Betrieben Entwicklungsperspek- den 3 ha benötigt. tiven geben zu können, wurden der Baubetriebshof und vier weitere Betriebe an neue Standorte verla- gert. Die Verlagerung eines fünf- ten Betriebs befindet sich in Vor- bereitung.

Zu Hilfe kam der Stadt in diesem Falle auch die Aufgabe des Gü- terbahnhofs durch die Deutsche Bahn. Das aufgelassene Bahnge- lände konnte von der Stadt kom- plett erworben und für Betriebserweite- Abbildung 1: Im Umfeld der Stadtbahnhaltestelle rungen genutzt werden. Dadurch konn- Stadtmitte wird auf ehemaligen Industriegelände te die gewerbliche Ausrichtung des die Innenstadterweiterung vollzogen Standorts stabilisiert werden und konn- Diesen Aktivitäten in der Bestandspfle- ten drei wichtigen Betrieben bei Erhal- ge und im Stadtumbau standen im glei- tung und Schaffung einer hohen Arbeits- chen Zeitraum ca. 70 ha an Flächenneu- platzdichte Entwicklungsperspektiven ausweisungen in Form von Industrie-, eingeräumt werden. Gewerbe- und Sondergebietsflächen für großflächigen Einzelhandel gegenüber. Parallel dazu wurde die Verkehrsinfra- Dieser Vergleich verdeutlicht den hohen struktur auch hier verbessert und tlw. Stellenwert der Bestandspflege in der gelang auch die Aufwertung des Stadt- Stadt. Insbesondere in der Absicherung bildes. Das dynamische Wachstum ei- von Standorten arbeitsplatzintensiver nes Betriebes zeigt allerdings mittler- Betriebe wurde damit ein wichtiger Bei-

78 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement trag zur Vermeidung von Flächenneuaus- Jahr 2003 auf über 13 Mio. EUR an. weisungen in wesentlich höherer Grö- ßenordnung geleistet. Die Bereinigung stadtstruktureller Pro- bleme, die Durchführung städtebaulicher Das Beispiel Bretten zeigt, dass sich Neuordnungen, die Verbesserung der das Engagement der Stadt in der ge- verkehrlichen Verhältnisse, die Erneue- werblichen Bestandspflege durchaus rung bzw. der Ausbau der sonstigen In- gelohnt hat. Bisherigen Aufwendungen frastrukturen in diesen Bereichen sowie für Grunderwerb, Neuordnung und Alt- stadtbildverbessernde Maßnahmen, lastenbeseitigung in Höhe von rund Entsiegelungen und Begrünungen spre- 40 Mio. EUR stehen rund 22 Mio. EUR chen für diese in Angriff genommenen Einnahmen aus der Sanierungsförderung Projekte. und aus Grundstückverkäufen gegenü- ber. Weitere Einnahmen werden durch weitere Grundstücksverkäufe erwartet. Gleichzeitig gelang es allerdings, die Zahl der versicherungspflichtigen Arbeits- plätze in diesem Zeitraum um rund 3.000 zu steigern und die Einnahmen der Stadt aus der Gewerbe- steuer deutlich zu erhöhen. Waren dies z.B. im Jahre 1986 rund 2 Mio. EUR stie- gen diese Einnahmen im

Abbildung 2: Gewerbeflächenmanagement

79 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

2.2.3 Kommunales Flächenmanagement in Freiberg

Rainer Bruha, Anita Torchala

Veranlassung und aktuelle Situation Wohngebiete wurden aufgewertet, aber es entstanden auch ein Sondergebiet für Stadtumbau, Flächenmanagement, Flä- den großflächigen Einzelhandel auf der chenrecycling sind nur einige Schlagwör- grünen Wiese und Gewerbegebiete. Die ter, die mitunter für Modetrends in der Entwicklung der Gewerbegebiete ist Stadtentwicklung stehen. Dabei charak- dabei durchaus unterschiedlich zu be- terisieren diese Begriffe die Notwendig- werten. Während das Gewerbegebiet keit, auf aktuelle Randbedingungen zu Süd, inzwischen längst voll belegt, auf reagieren und stellen eigentlich nichts einer bereits vor 1990 geplanten Gewer- anderes als die Grundanliegen jeglicher be- und Industriefläche entwickelt wur- Stadtplanungen dar. Stadtumbau ist de, waren weitere Gewerbegebiete auf quasi eine Daueraufgabe in jeder Kom- bis dahin nicht bebauter Fläche vorge- mune und wirkt ihrerseits auch auf Um- sehen. Das Gewerbegebiet Nord-West, land und Region; ohne Flächenmanage- das zwar mit den Großvorhaben Molke- ment ist eine geordnete Stadtentwick- rei und Brauerei durch Schwerpunktvor- lung undenkbar und das Flächenrecyc- haben von Industrie und Gewerbe ge- ling schließlich ist gerade in Zeiten, in prägt wird, weist dennoch einen deutli- denen viele Kommunen sich eher mit der chen Anteil nicht belegter Flächen auf. Schrumpfung als mit Expansion ausein- Von der ursprünglich geplanten Entwick- andersetzen müssen, eine unbedingte lung von Gewerbegebieten an der Frau- Notwendigkeit. Und dies nicht nur, um ensteiner Straße und an der Halsbrücker auch künftig dem Prinzip der kompak- Straße wurde abgesehen, zumal an der ten Stadt weiterhin folgen zu können, Frauensteiner Straße durch das Gelän- sondern auch aus rein praktischen Er- de der PAMA eine große Fläche für wei- wägungen, die zum Beispiel darin be- tere Ansiedlungen bereits zur Verfügung stehen, dass Infrastruktur nur im notwen- stand, für die Genehmigungen nach digen Maße erhalten werden kann oder § 34 Baugesetzbuch (BauGB) erteilt auf ein künftig notwendiges Maß be- werden konnten. An Stelle des Gewer- schränkt werden muss. begebietes an der Halsbrücker Straße entstand das Gewerbegebiet Schwarze Nach den Jahrzehnten der Planwirt- Kiefern, in dessen Zweckverband die schaft, in denen kommunale Stadtpla- Gemeinde Halsbrücke und die Stadt Frei- nung im Wesentlichen durch zentrale berg gemeinsam wirken. Eine ähnliche Vorgaben aus den Bezirken oder der gemeinsame Entwicklung erfolgte mit staatlichen Plankommission ersetzt den Gemeinden Bobritzsch und Hilbers- worden war, gab es ab 1990 auch in Frei- dorf im Gewerbegebiet Ost, das berg mit der Übernahme des Baupla- einerseits nicht einfach zu vermarkten nungsrechtes der Bundesrepublik eine ist, andererseits wurde auf diese Weise vielschichtige Entwicklung. Die Sanie- die weit uneffektivere Ausweisung von rung nach dem Baugesetzbuch wurde Gewerbegebieten in allen Mitgliedsge- für die Innenstadt begonnen. Die großen

80 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement meinden dieses Gewerbegebietszweck- allem ging es dabei um den städtebauli- verbandes vermieden. chen Rahmenplan für die Freiberger Alt- stadt, deren Status als Kernstadt durch Mit der Eingemeindung der Gemeinde umfangreiche Maßnahmen der Stadtsa- Zug im Jahr 1994 kam das Gewerbege- nierung auch künftig erhalten werden biet Rotvorwerk, zwischen Freiberg und sollte. In Folge entstanden Rahmenplä- Brand-Erbisdorf gelegen, zur Stadt Frei- ne für die großen Wohngebiete Wasser- berg, das inzwischen ebenfalls weitest- berg und Friedeburg sowie für das Ge- gehend besiedelt ist. Es grenzt unmit- biet der erweiterten Bahnhofsvorstadt telbar an das schon vor 1990 bestehen- und im Rahmen der Dorfentwicklung für de NARVA-Gelände, das zur Stadt den Stadtteil Kleinwaltersdorf. Brand-Erbisdorf gehört und als Industrie- gebiet Nord nach 1990 weiterentwickelt Durch den vorhandenen Flächennut- wurde. zungsplan bestand für alle Teilkonzepte eine verbindliche Grundlage, gleichwohl Während bei Gewerbe und Handel Ent- war es wichtig, dass die Stadt ein inte- wicklungen auch auf der grünen Wiese griertes Stadtentwicklungskonzept erar- erfolgten, hat es die Stadt Freiberg ver- beitete. Bei solchen Stadtentwicklungs- mieden, Geschosswohnungsbau im konzeptionen ist es unerlässlich, dass Rahmen von Bebauungsplänen auf sie kontinuierlich fortgeschrieben und bisher nicht baulich genutzten Flächen angepasst werden, um Schrumpfung zu entwickeln. Priorität hatte dafür der und den notwendigen Rückbau im Ge- Geschosswohnungsbau als Lückenbe- samtzusammenhang und als Chance bauung im innerstädtischen Bereich. begreifen zu können. Bedarfsgerechte Damit ergaben sich mehrere Vorteile: Wiederbebauung in Abbruchgebieten an Zum einen war hierfür die Erteilung von Stelle von Wohnbaulandbrachen muss Baugenehmigungen im unbeplanten dabei ebenso möglich sein, wie es not- Innenbereich meist problemlos möglich, wendig sein wird, auf überkommene und des Weiteren waren keine unverhältnis- nicht mehr notwendige Bebauungs- und mäßig großen Aufwendungen für priva- Stadtstrukturen zu verzichten. te Erschließungsanlagen erforderlich, und schließlich war durch diese Ergän- Lösungsansätze in Freiberg zungsbauten modernes Bauen und Er- gänzung bzw. Reparatur der Stadtstruk- Die Stadt Freiberg begrüßt ausdrücklich tur in diesen Bereichen möglich. das Vorhaben zum Flächenmanage- ment des Freistaates Sachsen und ist Bereits frühzeitig nach 1990 wurde die dankbar dafür, dass sie als eine der Pi- Erarbeitung des Flächennutzungsplanes lotkommunen in diesem Vorhaben mit- durch die Fachämter in der Stadtverwal- wirken darf. Dabei muss es in diesem tung begonnen und zur Bestätigung ge- Projekt nicht nur um Datenerfassung, führt. Freiberg gehörte zu den ersten Verwaltung und Fortschreibung gehen, Städten in der Region, die einen verbind- mit dem Ziel der besseren Vermarktung lichen Flächennutzungsplan besaßen. und Wiedernutzung von Flächen in den Parallel dazu bzw. auf der Grundlage des Kommunen. Vielmehr geht es nach un- Flächennutzungsplanes wurden inner- serer Auffassung darum, dass aus bei- städtische Konzepte für entwicklungs- spielhaften Lösungen die Grundlagen ge- relevante Stadtgebiete erarbeitet. Vor schaffen werden für Verallgemeinerun-

81 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen gen und vor allem für eine Vereinfachung die Beseitigung von Altlasten in Gren- des Umgangs mit Brachen. Zurzeit sind zen zu halten und eine auf den konkre- die rechtlichen Rahmenbedingungen, die ten Nutzer bezogene, das heißt, bedarfs- in vielerlei Hinsicht bestehen, die we- gerechte Sanierung der Flächen zu er- sentlichsten Hindernisse bei der schnel- möglichen, wurde die Bearbeitung des len Wiedernutzung von Brachen. Bebauungsplanes nach Erreichung ei- ner entsprechenden Planreife ausge- Obwohl in den zuständigen Fachämtern setzt. Damit waren sämtliche relevan- einer relativ kleinen Verwaltung sehr viel ten Fragen im Baugenehmigungsverfah- sofort abrufbares Wissen über einzelne ren zu lösen, und es wurden die Auf- Grundstücke und somit auch über ein- wendungen zur Altlastensanierung auf zelne Brachflächen besteht, ist die das unbedingt notwendige Maß redu- Erarbeitung eines Baulücken- und Bra- ziert. Die Realisierung des Gesamtvor- chenkatasters, wie es derzeit im Rah- habens war insbesondere möglich durch men dieses Pilotprojektes erfolgt, uner- eine umfangreiche Förderung der Neu- lässlich. Dabei wird dieses Kataster eine erschließung aus dem Programm zur möglichst umfassende Beurteilung des Verbesserung der regionalen Infrastruk- Standortes aufweisen in Bezug auf Er- tur und durch Eigenmittel des Grund- schließung, Topographie, Größe, even- stückseigentümers, der Saxonia Stand- tuell mögliche oder tatsächlich vorhan- ortentwicklungs- und -verwaltungs- dene Kontaminationen aus früheren gesellschaft mbH, die dieser zweckge- Grundstücksnutzungen und vor allem auf bunden und pauschaliert zur Verfügung die planungsrechtliche Situation. Auf gestellt wurden. diese Weise können schon frühzeitig Aussagen über die Möglichkeit der An der Entwicklung bzw. Wiedernutzung Wiedernutzung des Standortes getrof- weiterer ehemaliger Brachen wie an der fen werden. Olbernhauer Straße, auf dem Gelände des Institutes für NE-Metalle oder auf Ein wesentlicher Erfolg und ein verall- dem Gelände der Dachdeckergenossen- gemeinerungsfähiges Beispiel für das schaft, ebenfalls an der Olbernhauer Recycling von kontaminierten Industrie- Straße, hat die Stadt Freiberg vor allem flächen stellt das Industrie- und Gewer- durch eine konstruktive und offensive begebiet Saxonia an der Frauensteiner Begleitung im planungsrechtlichen und Straße dar. Nachdem die Treuhandge- im Baugenehmigungsverfahren fördernd sellschaft ursprünglich die Absicht er- mitgewirkt. Ebenso wurde bei der An- klärte, dieser Fläche durch Beseitigung siedlung von Unternehmen auf dem Ge- von Altlasten und Kontaminationen „den lände der PAMA GmbH an der Frauen- Charme der grünen Wiese zurückzuge- steiner Straße verfahren: Eine große In- ben“, stellte sich bald heraus, dass eine dustriefläche, die bisher nur zum Teil solche Vorgehensweise nicht bezahlbar bebaut und genutzt war, wurde sein würde. Die Stadt Freiberg hat die insgesamt als ein Grundstück im Aufstellung eines Bebauungsplanes für unbeplanten Innenbereich behandelt, dieses Gebiet mit dem Ziel beschlos- sodass auch hier Baugenehmigungen sen, durch die Erneuerung der Erschlie- nach § 34 BauGB erteilt werden konn- ßungsanlagen eine wesentliche Voraus- ten. setzung für die Wiedernutzung der Flä- chen zu schaffen. Um den Aufwand für

82 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

Problemstellungen und Hindernisse Prioritäten dar. Beispielhaft seien hier für Flächenrecycling die Industriebrache an der Wasserturm- straße/Aschegasse/Kesselgasse ge- Hindernisse, brachgefallene Grundstü- nannt (Abb.1), die ursprünglich von der cke einer neuen Nutzung zuzuführen, Stadterworben werden sollte mit dem ergeben sich in vielen Fällen aus den Ziel, dort ein städtisches Parkhaus zu Eigentumsverhältnissen. Führend bei der errichten. Nichtrealisierung solcher Vorhaben stellt sich nicht nur in Freiberg immer wieder die Deutsche Bahn AG mit ih- rer Vielzahl von Unternehmen und Be- teiligungen dar, welche sich noch dazu offenbar in einem ständigen Umstruk- turierungsprozess befinden, was Ver- handlungen mit ständig wechselnden Partnern nicht einfacher macht. Durch mangelnde Einsicht in stadtpla- nerische wie auch sogar in verkehrs- politische Zusammenhänge ist es der Deutschen Bahn gelungen, in Frei- berg die geplante Errichtung eines neuen Abbildung 2: Brachfläche Wasserturmstra- Busbahnhofes auf einer Brachfläche am ße/Aschegasse/Kesselgasse (Quelle: Hauptbahnhof und damit die Errichtung Stadtverwaltung Freiberg, Antje Ciecior) einer Verknüpfungsstelle zwischen beiden Verkehrsarten zu verhindern. Des Weiteren muss in diesem Zusam- menhang auf die Industriebrache Cam- Insbesondere in der Vergangenheit stell- pingtex (Abb.2), zwischen Rotem Weg te die Grundstückspolitik der Treuhand- und Dörnerzaunstraße, verwiesen wer- gesellschaft und später der Treuhand- den. Die Stadt Freiberg beabsichtigte liegenschaftsgesellschaft ein Hindernis den Erwerb dieser Fläche, unter ande- für die Umsetzung stadtplanerischer rem, um die notwendige Großturnhalle für den in der Nähe befindlichen Schul- komplex zu errichten. Dabei wäre der vorhandene Sportplatz erhalten geblie- ben. Leider wurde die Brachfläche Campingtex an einen „potenziellen In- vestor“ verkauft, der nach unserem Kenntnisstand den Kaufpreis nie be- zahlt, die Fläche nicht entwickelt und seine Zukunft in einer schnell einge- tretenen Insolvenz hatte. Erst heute hat sich ein Bauherr gefunden, der die Brachfläche beseitigen und mit dem Bau eines physiotherapeutischen Zen- trums umgestalten wird. Abbildung 1: Brachfläche Wasserturmstra- ße/Aschegasse/Kesselgasse (Quelle: Stadtverwaltung Freiberg, Antje Ciecior)

83 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Während die Entwicklung des Saxonia- dieses Wettbewerbs investierte, hat es Areals, wie oben beschrieben, eine Er- keine nachhaltige Lösung für diesen folgsgeschichte darstellt, gibt es ähnlich Standort gegeben. Und das, obwohl die gelagerte Standorte im Gewerbegebiet Zusage zur Förderung der Brachflächen- Himmelfahrtsgasse / Davidschacht, für sanierung in einem geschätzten Ge- die bis jetzt noch keine schlüssige und samtumfang in Höhe von 1,6 Mio. EUR vor allem finanzierbare Lösung gefunden zu 75 % durch die Europäische Union wurde. Das durch die Stadt beauftragte bereits zugesagt war. Der Stadtrat hat und durch die SAXONIA GmbH erarbei- mehrheitlich leider das Risiko gescheut, tete Entwicklungskonzept Davidschacht dass die Stadt mit einem Anteil an Ei- orientiert zwar sowohl auf gewerbliche genmitteln, der eventuell nicht in vollem Weiternutzung als auch auf touristische Umfang refinanziert werden würde, das Erschließung dieses Gebietes, das Projekt unterstützt. Damit wurde leider durch Industrieansiedlungen aber auch an dieser Stelle eine Chance für die durch touristisch interessante histori- Stadtentwicklung vergeben. sche Bergbauanlagen geprägt wird. Infolge seiner Weitläufigkeit stellt sich Denkmalschutz wird in vielen Fällen als hier jedoch insbesondere die Herstellung Hinderungsgrund für die Revitalisierung gesicherter Erschließung derzeit als eines Standortes angegeben. Dass nicht finanzierbar dar. auch weitestgehende Zugeständnisse der Denkmalpflege nicht zu einer Entwicklung beitragen, wenn seitens des Eigentü- mers diese Bereitschaft nicht besteht, soll hier noch kurz er- läutert werden. An der Frau- ensteiner Straße befindet sich hinter den Grundstücken des Landratsamtes das Gebäude der alten Porzellanfabrik, das bis 1990 von verschiedenen Firmen genutzt wurde und danach brachgefallen ist. Es handelt sich um einen inter- Abbildung 3: Brachfläche Campingtex (Quelle: essanten Industriebau vornehmlich aus Stadtverwaltung Freiberg, Antje Ciecior) der Zeit um etwa 1890 und aus einer gro- ßen Lagerhalle aus der Zeit um 1970. Dass kommunales Flächenmanage- Seit der Übernahme durch einen priva- ment mitunter auch Mut zum Risiko er- ten Eigentümer hat es keinerlei Entwick- fordert, zeigt die Brache des alten lungen am Standort gegeben. Obwohl Schlachthofes in Freiberg. Obwohl die die Denkmalpflege inzwischen erklärt Erarbeitung von Konzepten in Form ei- hat, dass bei einer künftigen Entwick- nes zweistufigen Architektenwettbe- lung auf einen erheblichen Teil der his- werbs großzügig durch den Freistaat torischen Bebauung verzichtet werden Sachsen gefördert wurde und die Stadt- könnte und einer neuen Nutzung nichts verwaltung erheblichen personellen Auf- im Wege stünde, gibt es weiterhin kei- wand in die Vorbereitung und Begleitung nerlei Zukunft für diesen Standort.

84 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

Fazit

Die Wiedernutzung von Altstandorten durch Flächenrecycling bzw. durch Ein- bringen in einen Flächennutzungskreis- lauf ist ein unbedingtes Erfordernis für die Stadtentwicklung, vor allem in schrumpfenden Regionen. Notwendig sind dabei das Engagement der Eigen- tümer und das Bemühen der Kommu- nalverwaltungen um Ausschöpfung der ihnen zur Verfügung stehenden Hand- lungsspielräume. Gleichzeitig ist es je- doch erforderlich, dass diese Spielräu- me erweitert werden vor allem dadurch, dass die rechtlichen Rahmenbedingun- gen neu gefasst und Verfahrenswege vereinfacht werden. Die Wiedernutzung innerstädtischer Brachen ist allerdings auch davon abhängig, dass ein aktuali- siertes Baurecht die Ansiedlung von Gewerbe in vertretbarem Maße möglich macht, ohne Nachbarschaftskonflikte zu produzieren. Das heißt, die Ausweisung gemischt nutzbarer Bauflächen ist künftig in weit stärkerem Maße notwendig, als es der bisherige baurechtliche Rahmen erlaubt. Schließlich ist die stärkere Kon- zentration von Fördermöglichkeiten auf die Revitalisierung von Brachen erforder- lich, ebenso wie der Mut von Stadträten und Gemeindevertretungen, diese Ent- wicklungen zu begleiten.

85 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

2.2.4 Görlitzer Strategie zur Zukunft der Stadt

Hartmut Wilke

Stadtsanierung zur konsequenten keinen Bogen. Wie stellt sich die Stadt Aufwertung der Innenstadt dieser Herausforderung? Görlitz hat ei- nen Beitrag zum Wettbewerb Stadtum- Die über 900-jährige Görlitzer Geschich- bau Ost eingereicht und ein integriertes te lässt sich nachlesen, eindrucksvoller Stadtentwicklungskonzept erstellt. Zwar jedoch in der Stadt nachempfinden. Als zeigen diese Unterlagen auch, wie sich Folge des Spektrums zwischen wirt- die Baugebiete der 70er/80er Jahre des schaftlicher Blüte und verheerenden 20. Jahrhunderts künftig entwickeln wer- Stadtbränden wurde im Verlauf der Jahr- den, gleichwohl als wichtigstes Ziel, die hunderte kontinuierlich in und an der Aufwertung der Innenstadt konsequent Stadt gebaut. Für dieses Bauen bildete weiterzuführen. der ursprüngliche Stadt- grundriss immer die Basis; möglich wurde das Nach- empfinden indes, weil Görlitz die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts unzerstört und dessen zweite Hälfte beinahe unberührt überleb- te.

Mit dem gesellschaftlichen Wandel ab 1990 eröffnete sich die Chance, die vorab bereits dringend notwendi- ge Sanierung der Histori- schen Stadtteile zu begin- nen, um deren Verfall ab- zuwenden. Heute präsen- tieren sich Historische Altstadt und Abbildung 1: Stadtzentrum Görlitz Nikolaivorstadt vorbildlich saniert und als bevorzugte Wohngebiete. Kontinuierli- Paradox hierbei ist: die Zahl nutzbarer cher Zuzug und der jüngste Altersdurch- Wohnungen wurde zunächst nicht plan- schnitt der Bewohner im Vergleich aller mäßig verringert, sondern durch Sanie- Stadtteile sind hierfür kennzeichnend. rung vielleicht vergrößert. Dahinter ver- birgt sich die konsequente Anwendung Entwicklung von außen nach innen des sinnvollen Prinzips der Entwicklung von außen nach innen. Mit der Aufwer- Der deutschlandweite Trend zur älter tung der Innenstadt wird attraktives und werdenden und sich gleichzeitig verrin- zukunftsorientiertes Wohnen in der gernden Bevölkerung macht um Görlitz Stadt angeboten. Die Stadtteile mit in-

86 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement dustriell errichteten Wohnungen sind potentieller Nutzer und der Vertreter öf- damit nicht verzichtbar, aber auf sie sind fentlicher Institutionen. So zeigt die Ent- die städtischen Aktivitäten zunächst wicklung der Brachen des ehemaligen nicht fokussiert – weder mit detaillierter VEB Volltuch die Bandbreite möglicher Planung des Gebäudeabbruches noch Perspektiven. Die Entstehung dieses mit der Folgegestaltung freiwerdender produzierenden Unternehmens lässt Flächen. Jeder Interessierte kann seine sich auf die Tradition von Görlitz als Wohnung somit aus einem großen An- Tuchmacherstadt zurückführen, seine gebot wählen, gleichwohl erfährt er Betriebsteile bildeten eine Kette am rasch, dass Stadträte und Stadtverwal- Rand von Nikolaivorstadt und Histori- tung eine positive Perspektive für die scher Altstadt. Innenstadt aufzeigen. Umfeld eines bedeutenden Gebäude- Erhaltungssatzungsgebiete: Agieren – und Landschaftsdenkmals reagieren - reglementieren Ein Produktionsgebäude stand in unmit- Folgerichtig gelten für die gesamte In- telbarer Nähe zum Heiligen Grab, einem nenstadt Erhaltungssatzungen. Wenn weit über die Görlitzer Grenzen hinaus hier Gebäudebestände gegenwärtig bekannten Kulturdenkmal. Dieses be- scheinbar nicht benötigt werden, sollen steht nicht nur aus der markanten klei- sie nicht beseitigt, sondern für die Zu- nen Gebäudegruppe, sondern schließt kunft bereitgehalten werden. Erstge- die umgebenden Parkflächen und Land- nanntes würde das Engagement der schaftsbereiche als Sinnbild für den zurückliegenden 15 Jahre konterkarie- Ölberggarten ein. Das Fabrikgebäude ren, Zweitgenanntes ist dessen schlüs- wirkte hier als Fremdkörper. Folglich sige Fortsetzung. Aktuelle Erhebungen sollte es innerhalb eines Sanierungsver- stützen dieses Vorgehen: Neuzuziehen- fahrens beseitigt und das Areal anschlie- de wählen fast immer erhaltenswerte ßend als Ergänzung zum Ölberggarten Stadtteile als ihren Wohnsitz in Görlitz gestaltet werden. Nach mehrjährigen und die Einwohnerzahlen der Innenstadt Bemühungen, denen zwischenzeitlich stabilisieren sich. konkrete Aktivitäten gegenüberstanden, das Areal umzunutzen und die Bausub- Alternativen für innerstädtische Fa- stanz umzubauen, wird dieses Projekt brikareale jetzt verwirklicht.

Betriebsteile des VEB Volltuch Öffentliches Bürogebäude

Eine weitere stadtplanerische Frage ist, Für die städtebaulich prägnanteste Ge- welche Chancen Bausubstanz für ge- bäudegruppe am ehemaligen westlichen werbliche Zwecke bietet, die nun Zugang in die Nikolaivorstadt wurde über ebenfalls überflüssig geworden ist. Nahe viele Jahre nach einer sinnvollen Nutzung liegt die Beseitigung der Altlasten, doch gesucht. Varianten für Freizeitnutzungen in einigen Fällen würden materieller und erschienen nahe liegend und angesichts ideeller Wert der erhaltenen Substanz der im Wesentlichen durch Stützenrei- deutlich unterschätzt werden. hen gegliederten großen Innenräume funktionell auch umsetzbar. Realisiert Der richtige Weg ergibt sich aus gemein- wurde gleichwohl vor kurzer Zeit ein Bü- samen Überlegungen des Eigentümers,

87 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen rogebäude, das die Agentur für Arbeit nutzt. Erwähnenswert hierbei ist: die genannte Institution konnte als Mieter gewonnen werden, obwohl dort wegen präziser wirtschaftlicher Erwägungen die Regel galt, für Neuanmietungen aus- schließlich Neubauten in Betracht zu ziehen. Bei Umsetzung dieser Regel wäre unmittelbar zwischen Heiligem Grab und wertvoller Industriebrache ein vermutlich äußerst einfach gehaltenes Bürogebäude in gründerzeitlichem Um- feld entstanden und die Brache des prä- gnanten Industriebaus bestünde weiterhin als solche.

Abbildung 3: Agentur für Arbeit (gegenwärtig)

Bauten wurden abgebrochen. Unvermit- telt endeten die Aktivitäten, als sich ab- zeichnete, dass aufgrund des Beitrittes Polens zur EU deutlich weniger Grenz- schützer in Görlitz stationiert sein müss- ten.

Ein privater Investor verknüpft jetzt die gegebenen städtebaulichen Standortvor- teile mit dem sehr guten Image, das der Stadtteil inzwischen als Wohngebiet genießt und entwickelt hier ein neues Wohneigentumsareal, das einerseits die Wiederherstellung wertvoller Bausub- stanz und andererseits Neubauten in zeitgemäßer Form in sich vereint.

Abbildung 2: VEB Volltuch (ursprünglich) Hochschulcampus

Neues Wohnen im historischen Umfeld Unmittelbar neben dem Grenzübergang Stadtbrücke und der hier ansässigen Eine weiterer Betriebsteil befand sich am Fachhochschule lag ein weiterer Be- östlich Ausgang der Nikolaivorstadt in triebsteil des VEB Volltuch. Parallel zu einem Quartierinnenbereich. Die Über- dessen Schließung plante die Bildungs- legungen, hier Wohnungen für Mitarbei- einrichtung eine deutliche Erweiterung ter des Bundesgrenzschutzes zu etab- ihres fachlichen Spektrums, die sich mit lieren, verliefen anfangs erfolgverspre- ebenso erweitertem Raumbedarf ver- chend und die nicht mehr benötigten band. Schlüssig aus der Sicht der Hoch-

88 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement schule wurde eine baulich interessante eine gewisse Ruhe einzog. Dagegen Produktionshalle durch einen gelunge- wirft es die Frage auf, wohin die Ange- nen Neubau eines Seminargebäudes botsverringerung führt, aus der wiederum ersetzt. Abzuwarten ist, ob die gegen- verringerte Fahrgastzahlen resultieren. wärtige Ergänzung mit einer Mensa zum Es ist vorstellbar, dass sich ab einer be- gewünschten hochwertigen Campus füh- stimmbaren Fahrgastzahl Schienenbus- ren wird. se von Omnibussen lediglich durch ihre Fahrbahn unterscheiden. Dies könnte den Schluss nahe legen, auf Schienen- fahrzeuge zu verzichten, denn Straßen- fahrzeuge sind flexibel und ein engma- schiges Straßennetz vorhanden.

Gleistrasse – bisher Gleise, künftig Einzelhandel und Straße?

Abbildung 4: „BlueBox“ - neues Seminargebäu- de im Campus der Hochschule Zittau/Görlitz

Gleise 3 und 4 im Bahnhof Görlitz

Ab in die Mitte!

„Ab in die Mitte“ heißt der sachsenwei- te Wettbewerb, bei welchem innovative Vorschläge für eine nachhaltige Bele- bung der Innenstädte gebündelt werden. 2004 zählte Görlitz zu den glücklichen Preisträgern mit einer Idee, die bald alle Arten des Busverkehrs in Görlitz bün- deln sowie mit der Eisenbahn verknüp- fen wird, indem sich alle Linien im um- Abbildung 5: Gleisbrachen auf dem Bahnhofs- gelände gebauten Görlitzer Bahnhof treffen. Hier steht ein überdachter Bahnsteig für al- ternative Nutzungen bereit, weil er für Bedeutet dies, dass weitere Flächen der den Eisenbahnverkehr langfristig nicht Eisenbahn von dieser bald nicht mehr mehr benötigt wird. benötigt werden? Wie könnte Görlitz mit dem neuen Flächenpotential umgehen, Dieses Projekt ist nachahmenswert, weil wo doch allen denkbaren Nutzungsan- es neben der Verknüpfung der Verkehrs- forderungen ausreichende Angebote in arten die Görlitzer Innenstadt an einem bestehender Bausubstanz und auf vor- Ort beleben wird, wo nach der Kürzung handenen Flächen gegenüberstehen? des Reiseangebotes der Eisenbahnen

89 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Wie wird es sich auf die Innenstadt aus- wirken, wenn nicht mehr eisenbahnnot- wendige Flächen aus wirtschaftlichen Gründen so entwickelt werden, dass sie dem Verkäufer einen finanziellen Gewinn ermöglichen? Diese Fragen hat Görlitz im Blick, eine schlüssige Antwort ge- genwärtig leider noch nicht.

Fazit aus Görlitzer Sicht

Positive und fragliche Beispiele des Flä- chenrecyclings sowie offene Fragen werden einander gegenübergestellt. Demzufolge existiert ein lediglich abzu- arbeitendes Erfolgsrezept nicht. Viel- mehr erfordert die beabsichtigte Neunut- zung brachliegender Flächen und Bau- ten die Kooperations- und Toleranzbe- reitschaft der Eigentümer und Nutzer, der Stadt sowie potentieller Geldgeber. Keiner dieser Beteiligten allein wird aufgrund jeweils individueller Probleme deren Lösung vorherbestimmen können. Der Stadt kommt die Aufgabe zu, die individuelle Situation im gesamtstädti- schen Kontext einzuschätzen und hierbei besonders darauf zu achten, dass das Flächenrecycling sich nicht zu einer Gefahr für mühsam erarbeitete Er- folge an anderer Stelle entwickelt. Un- ter Umständen sind dabei vorerst lediglich ruhende Flächen und Bauten zu akzeptieren.

90 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

2.3 Planerische Aspekte beim Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

2.3.1 Strategisches Flächenma- In der Stadtentwicklungsplanung spie- nagement – Wachstum nach len die vorhandenen Brachflächen eine Innen maßgebliche Rolle. Unter stadtplane- rischen Aspekten führen Brachflächen 2.3.2 Theorie und Praxis - Flächen vor allem zum Verlust der funktionellen recycling in den Städten und und baulichen Dichte sowie zur Verrin- Gemeinden - Beispiel Dresden gerung der Vielfalt der Nutzungen. Im Mittelpunkt der Stadtplanung der Stadt 2.3.3 Was kommt nach der Abriss- Dresden steht das politische Bekennt- birne? - Stadtumbau und nis zur traditionellen Stadt „Europäischer Flächenrecycling in Schrump- Prägung“. fungsregionen Eine nachhaltige Stadtentwicklung erfor- Die Maßnahmen des Stadtumbaus er- dert zunächst die sachgerechte Erfas- folgen zur Stärkung der Funktionsfähig- sung der Brachflächen mit dem Ziel, die- keit der Städte und gehen mit Nutzungs- se im Planungsprozess frühzeitig be- änderungen in qualitativer sowie quanti- rücksichtigen zu können. Die Ersterfas- tativer Hinsicht einher. Entsprechend sung der Brachen nach verschiedenen einem Positionspapier des Deutschen Vornutzungskategorien wird am Beispiel Städtetages vom Juni 2002 zum strate- der Stadt Dresden vorgestellt. Dabei gischen Flächenmanagement und Bo- wurde eine erweiterte Brachflächendefi- denwirtschaft sind die planungs- und nition zu Grunde gelegt, um dem Pro- steuerrechtlichen Rahmenbedingungen zesscharakter des Phänomens Brach- für eine aktive, umsetzungsorientierte fläche gerecht zu werden. An Hand der Steuerung von Flächennutzung und Bau- Merkmale Entwicklungsrichtung, Ent- landbereitstellung noch in vielen Punk- wicklungsausrichtung und Handlungs- ten unzureichend. druck werden verschiedene Strategiety- pen unterschieden. Ein Instrument des strategischen Flä- chenmanagement ist der Stadtentwick- Im abschließenden Beitrag dieses Ka- lungsplan. Am Beispiel der Stadt Leipzig pitels werden die Rahmenbedingungen werden die Potenziale der unter Nach- für den Stadtumbau, insbesondere in nutzungsgesichtspunkten verschiede- Schrumpfungsregionen, aufgezeigt. nen Stadtentwicklungspläne aufgezeigt. Dabei werden die Auswirkungen der Zur Gewährleistung einer neuen Quali- Lage der Städte/Gemeinden und des tät für ein nachhaltiges Flächenmanage- Grundstücksmarktes, der wirtschaftli- ment bedarf es außerdem der Verknüp- chen Entwicklung sowie Aspekte der fung von einzelnen Instrumenten der Stadtentwicklung verdeutlicht. Daneben Stadtentwicklung. Aus Sicht einer Groß- werden infrastrukturelle Fragen und stadt werden die entscheidenden Fak- kostenseitige Gesichtspunkte angespro- toren vorgestellt. chen.

91 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

2.3.1 Strategisches Flächenmanagement – Wachstum nach Innen

Dr. Oliver Weigel

These auch potentielle neue Gewerbestandor- te identifiziert, die allerdings nur für die Die Entwicklung erfolgreicher Konzepte Neuansiedlung von Unternehmen mit he- des Stadtumbaus ist ohne Einbettung rausragender strategischer Bedeutung in eine Gesamtstrategie der Stadtent- genutzt werden. wicklung nicht möglich. Diese muss den Status-Quo erfassen, Entwicklungs- Im Mittelpunkt des STEP stehen die trends bewerten, den Instrumentenein- Ansprüche, welche die potentiellen satz koordinieren und neue Instrumente Nachfrager aus unterschiedlichen Bran- entwickeln. Die Konzepte der Stadtent- chen an Gewerbeflächen stellen. Hierfür wicklung und des Stadtumbaus müssen führt der STEP ein System des Ver- sehr stark auf lokale Bedingungen aus- gleichs von Gebietseignungen und Nach- gerichtet werden, v.a. bei der Entwick- frage ein und bewertet die Flächen hin- lung neuer Instrumente. sichtlich ihrer Nutzbarkeit (und identifi- ziert dabei auch, welche Flächen für Für eine Stadt in Transformation ist die zukünftige gewerbliche Nutzungen nicht zukünftige Veränderung der Stadtstruk- geeignet sind). tur zentrales stadtentwicklungspoliti- sches Anliegen. Dabei haben Brachen - Der STEP benennt neben dieser Flä- schon existierende oder im Rahmen der cheneignung auch für jedes Gebiet die Umbaukonzeptionen neu entstehende – notwendigen Maßnahmen für eine mög- eine zentrale Bedeutung. Brachen wer- liche Revitalisierung und identifiziert bei den zumeist als Problem wahrgenom- Flächenneuinanspruchnahme die not- men, sie sind aber auch ein Potential wendigen Maßnahmen für die Erschlie- der Stadtentwicklung, wie ich verdeutli- ßung der Standorte. chen will. Während der STEP bei der Neuauswei- Wachstum nach innen – Beispiel sung von Gebieten sehr gut funktionier- Leipzig te und der Stadt im Wettbewerb mit an- deren Standorten einen (zeitlichen) Vor- Gewerbe - Wachstum nach innen funk- teil sicherte (z.B. BMW), ist in den meis- tioniert nur eingeschränkt! ten gewerblichen Altgebieten der Anteil ungenutzter Flächen gleich geblieben Im fast schon klassischen Sinn wird der bzw. weiter gestiegen. Wichtiger Aspekt Begriff „Brache“ mit Gewerbealtflächen ist dabei, dass nur zwei Gebiete in oder Konversionsbereichen assoziiert. Förderkulissen liegen und gleichzeitig Leipzig hat mit Stadtentwicklungsplan 2/3 aller Brachflächen privat sind. und Gewerblichem Bauflächen (STEP) ein strategisches Konzept entwickelt, welches sowohl das Ziel der bevorzug- ten Nutzung von Altflächen benennt als

92 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

Schon in diesem gesamt- städtischen Konzept, wel- ches durch Stadtentwick- lungsplaner, Sozialplaner, Grünplaner und zahlreiche weitere Akteure erarbeitet wurde, wurde den „alten“ und „neuen“, also zukünf- tig entstehenden Brachen zwei Funktionen zuerkannt: als Aufwertungspotential für umliegende Quartiere und als Neubaustandorte in der Stadt. Abbildung 1: Luftbild - Bestandsgebiet

Auf der anderen Seite muss man - unter Um die Ziele des STEP erfolgreich um- den jetzigen Bedingungen - akzeptieren, zusetzen gibt es gewisse Voraussetzun- dass Anforderungen größerer Unterneh- gen. Zu nennen sind u.a. men i.d.R. nicht mit innerstädtischen a) Anpassung städtischer Woh- Bedingungen vereinbar sind (Nutzungs- nungsbaupolitik an die Schrumpfungs- konflikte, Flächenbedarf, Bodenpreise). bedingungen, Entwicklung entsprechen- In Leipzig waren und sind hier die Erfah- der STEP´s und umsetzungsorientierter rungen bei der BMW- und Porsche-An- Stadtteilkonzepte. Nicht das eine wol- siedlung sowie bei Logistikunternehmen len und das andere tun (Neubaugebie- im Zuge der DHL-Ansiedlung prägend. te). Es sind neue Ideen gefragt, um die Flä- b) Stadtteilkonzepte als lokale chenverwertung der Brachflächen so zu informelle Konzepte müssen in breitem organisieren, dass aus dem vermeintli- Konsens erarbeitet, verschiedene Ak- chen Problem das Potential dieser teure des Wohnungsmarktes (Bürger, zumeist wertvollen Flächen gehoben Wohnungsunternehmen, Entwickler, wird. Dafür gibt es in Leipzig in anderen Stadt) in deren Erarbeitung einbezogen Sektoren der Stadtentwicklung erfolgrei- werden, um so zu ermitteln, wo die che Beispiele. größten Potentiale liegen. Wohnen - Wachstum nach innen funk- c) Der Konzeptentwicklung muss tioniert! sichtbar die Umsetzung folgen. Beispiel Wohnungsneubau fand in Leipzig - wie Leipziger Osten: Die Potentiale des überall - v.a. auf neuen randstädtischen Stadtumbaus führen zu einer Attraktivi- Flächen statt. Von Beginn an war es das tätssteigerung des Quartiers. Die Um- Ziel der Stadt, die innerstädtischen Quar- setzung der Konzepte in „reale“ Projek- tiere attraktiver als die Standorte im te“ muss alle Beteiligten sichtbar sein Umland zu machen. Das Grundkonzept und verlässlich auf die Konzeptentwick- hierfür lieferte der Stadtentwicklungsplan lung folgen. Nur so lässt sich ein hohes Wohnungsbau und Stadterneuerung Niveau der Beteiligung verschiedenster (STEP W+S).

93 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Akteure an den Umbaukonzeptionen Feststellung: Die Nutzungsansprüche an dauerhaft erhalten. Flächen und die dazugehörigen Informa- tionen müssen in bisher nicht gekann- d) Neben der Attraktivitätssteige- ter Art und Weise überblickt und rung des Quartiers müssen neue Instru- miteinander abgestimmt werden. mente für eine „echte“ Nutzung der Flä- chen gefunden werden. Ein Beispiel: Das Nachfragebelebung und nachhaltiges Leipziger Stadthäuserprogramm. Flächenmanagement

Diese neue Qualität des Flächenma- nagements bedarf aus unserer Sicht der Verknüpfung von:

1. Integriertem Flächenmonitoring:

Verknüpfung relevanter Informationen über Ämter- und Verwaltungsgrenzen mit privaten Informationen – hierbei vorran- gig Rückgriff auf die vorhandenen Infor- mationen und Strukturen und kein zehn- tes neues Informationssystem! Nicht nur Abbildung 2: Flächenumgestaltung einer die klassischen Informationen, wie z.B. ehemals bebauten Fläche Größe, Altlasten etc. sind zu berück- sichtigen, sondern auch weitere Informa- e) Auch für nicht dauerhaft ge- tionen, die Eigentümer, Nachfrager und nutzte Flächen müssen intelligente Kapitalgeber interessieren, z.B. die Kos- Wege gefunden werden, sie für die At- ten der In-Wertsetzung und für Infra- traktivitätssteigerung zu nutzen – Zwi- struktursysteme sowie qualitative Infor- schennutzungen, StadtHalten, Vermitt- mationen (Expertenpanel). lungsagentur Brache. 2. Flächenbewertung im Stadtent- f) Wesentliche Aktivitäten müs- wicklungskontext: sen auch darauf gerichtet sein, die Ent- stehung weiterer Brachen zu verhindern. Ziel ist Herunterbrechen der Interessen Zu nennen ist hier z.B. das Leipziger relevanter Akteure auf die einzelne Flä- Selbstnutzerprogramm. che, um mit den Informationen der Raumbeobachtung eine „optimale“ und g) Für schwierige Gebiete müs- zugleich „realisierbare“ Flächenentwick- sen auch ganz neue Ansätze gefunden lung zu gewährleisten. Erfahrungen be- werden, die einen Bewusstseinswandel stehen z.B. durch die nachfragebezoge- erfordern, z.B. das Projekt Haushalten. ne Bewertung für Gewerbegebiete des STEP Gewerbliche Bauflächen. Dass solche Konzepte erfolgreich sein können, zeigt der über zehnprozentige 3. Marktanalyse-/beeinflussung: Bevölkerungszuwachs in der Gründer- zeitkulisse Leipzigs seit 1998. In diesem Ziel ist Entwicklung innovativer Ideen und Bereich leben heute 60 % der Leipziger Vorstellungen, um unter den Bedingun- Einwohner. gen des Flächenüberflusses Brachflä-

94 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement chen (zwischen-)zu nutzen, Nachfrage beobachtbare „Wachstum im Inne- zu beleben. Ansätze bieten die Leipziger ren“ initiiert. Instrumente Stadthäuser (vgl. Selbst- nutzer.de), Gestattungsverein-barung, ¾ Es muss eine verbindliche Veran- privatrechtliche Freiflächenvermittlung, kerung im Verwaltungshandeln der HausHalten e.V. Kommune erfolgen. Hierfür müssen Stadtentwicklungskonzepte poli- 4. Fortlaufende Einbindung der tisch beschlossen werden. relevanten Akteure von der Daten- erhebung und -bewertung bis zur ¾ Auch Flächenmanagementsysteme Umsetzung: müssen nachhaltig sein.

Die Einbindung verschiedenster Akteu- ¾ Neben der Einbindung der relevan- re ist die Voraussetzung, um Chancen ten Akteure ist eine intensive Öffent- einer Umsetzung zu erhöhen. Stichwor- lichkeitsarbeit und die Anregung pri- te: Vermittlung der Kostenwahrheit, Ver- vaten Engagements notwendig. änderung der Brachen-Images bei Kapi- talgebern

Abbildung 3: Plan „Grünes Rietschkeband“ ¾ Die Schwerpunktsetzung des Bun- Entscheidend aus Sicht einer Groß- des auf Flächenreduzierung sollte stadt: sich auch in veränderter Förder- politik niederschlagen, d. h. eine För- ¾ Die Etwicklungskonzepte der Kom- derung, die Aktivitäten auf privatem munen müssen an den Schrump- Eigentum erleichtert und preisliche fungsprozess angepasst werden, Nachteile der innerstädtischen Be- um so die Potenziale, die in diesem reiche gegenüber dem Umland ver- Prozess liegen, zu nutzen. Interes- mindert, nicht verstärkt. santerweise haben in Leipzig gera- de die strategisch ausgerichteten Konzepte zum Umgang mit dem Stadtumbau das heute

95 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

2.3.2 Theorie und Praxis – Flächenrecycling in den Städten und Gemeinden - Beispiel Dresden

Peter Emmrich

Brachflächen in der Stadtentwick- Interesse. Eine gesamtstädtische Bra- lungsplanung chenerfassung wurde unumgänglich. Diese erfolgte in den Jahren 1998/99. Dresden hat sich seit Ende der 90er Jahre intensiv mit seinen Brachflächen Bei der inhaltlichen Auseinandersetzung beschäftigt. Es war die Zeit, als sicht- mit dem Brachenthema und während der bar wurde, dass mit den Umbrüchen nach Vorbereitung auf die stadtweite Erfas- der Wende weitaus mehr bisher genutz- sung wurde klar, dass unsere bisheri- ter Flächen freigesetzt worden waren, als gen Vorstellungen vom Begriff der Brach- der Bauboom in der Stadt wieder in An- flächen den Kern der Sache noch nicht spruch genommen hatte. treffen. Auf die üblichen Industriebra- chen, Verkehrsbrachen und Militärbra- Durch die Brachen entwickeln sich in chen ließ sich das Phänomen nicht be- den traditionellen innerstädtischen Sied- schränken. lungsgebieten für jeden offensichtlich immer neue Schandflecken. Stadtpla- Die Brachendefinition musste also um- nerisch gesehen geht der Stadt aber vor fassend sein. Und sie musste den Pro- allem funktionelle und bauliche Dichte zesscharakter des Phänomens erfas- sowie Vielfalt verloren. Nach dem Ver- sen. Brachflächen sind keine eigenstän- lust des Dresdner barocken Stadtkerns dige Flächenkategorie, sondern ein Zu- am Ende des 2. Weltkrieges ist es stand, in den jede Baufläche in der Stadt besonders schmerzlich, wenn im Pro- unter bestimmten Voraussetzungen ge- zess des Brachfallens nun auch die ver- raten kann. Dieser Zustand beginnt mit bliebenen Baustrukturen in den Innen- dem Brachfallen, d.h. dem Wegfall der stadtrandgebieten und manche denk- bisherigen Nutzung, und endet mit dem malgeschützten Einzelbauten in ihrem Fußfassen einer neuen, dauerhaften Bestand gefährdet werden. Da steht Nutzung. auch eine Menge kultureller Werte auf dem Spiel, von denen Dresden beson- Nach der Brachendefinition des Stadt- ders lebt. planungsamtes Dresden sind Brachflä- chen demnach: Das Brachenthema war also für die Dresdner Stadtplaner von Anfang an ¾ ungenutzte oder stark minderge- nicht nur eine Frage der Standortanaly- nutzte Flächen se und Aufbereitung einzelner Flächen. Das Thema in seiner Gesamtheit berühr- ¾ verschiedener Vornutzungskatego- te grundsätzliche Fragen der Stadtent- rien wicklung. Deshalb war das ganze Aus- ¾ in einem passiven Verharrungszu- maß und Spektrum des Phänomens der stand Brachflächen und deren räumliche Ver- teilung in der Stadt von fundamentalem

96 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

¾ der durch den Wegfall ihrer bisheri- zungen innerhalb der Stadtverwaltung gen Nutzung ausgelöst wurde und im Stadtrat um die Ansiedlungspo- litik einbezogen. Mit Hilfe des Materials ¾ und erst mit der Ansiedlung einer wurde die verstärkte Hinwendung zum neuen, dauerhaften und standortge- Bauen im Bestand vor allem im Integrier- rechten Nutzung endet. ten Stadtentwicklungskonzept (INSEK 2002) und im konkreten Ansiedlungsge- Die Ersterfassung der Brachen in Dres- schehen eingeleitet. den erfolgte in den Jahren 1998/99 nach folgenden Vornutzungskategorien: 2. Aus dem Erfassungsmaterial wurde eine Brachen-Datenbank erstellt. ¾ Industrie- und Gewerbebrachen Die Brachflächen wurden zu Brachen- Standorten zusammengefasst und mit ¾ Wohnbrachen Standortinformationen angereichert. So- ¾ Brachen der Landwirtschaft und des mit entstand ein Fundus an Flächen, der Gartenbaus über gezielte Filterungen für die Stand- ortsuche für Investitionsvorhaben gute ¾ Verkehrsbrachen Dienste geleistet hat und gleichzeitig weitere detaillierte Auswertungen für die ¾ Brachen stadttechnischer Anlagen Auseinandersetzungen um die Baustra- tegie ermöglichte. ¾ Brachen des Gemeinbedarfs 3. Eine ämterübergreifende Ar- ¾ Militärbrachen beitsgruppe erarbeitete für den umfang- reichen Brachflächenbestand eine Sys- ¾ Brachen sonstiger Sonderbauflä- tematik, um einen gezielten Umgang mit chen, bes. wissenschaftlicher Ein- den Flächen zu ermöglichen. Die Bra- richtungen chen wurden nach Entwicklungsrichtun- gen, Entwicklungsaussichten und Hand- Für die Erfassung der als Standort vor- lungsdruck vorsortiert und einem Stra- bereiteten aber schließlich nicht in An- tegietyp zugeordnet. Bei der Standort- spruch genommenen Flächen beson- suche für neue Kommunale Gewerbe- ders auf der grünen Wiese wurde später gebiete und für Großinvestitionen der noch die Kategorie der „Investitionsbra- Stadt und städtischer Betriebe, beim chen“ eingeführt. gezielten Einsatz von Förderprogram- Mit dieser Erfassung wurden 1.336 ha men der verschiedensten Art sowie Aus- Brachflächen ermittelt, was ca. 15 % der gleichs- und Ersatzmaßnahmen konn- Bauflächen der Stadt entsprach. ten dadurch wichtige Weichen gestellt werden. Die Auswertung und Nutzung des Erfas- sungsmaterials erfolgte vorwiegend auf Der Wert eines solchen umfangreichen drei Ebenen: Datenbestandes sinkt in dem Maße, wie er an Aktualität verliert. Trotz zuneh- 1. Das Material wurde in Karten- mend besserer Voraussetzungen für die darstellungen und tabellarischen Über- Laufendhaltung über die Baustatistik und sichten ausgewertet und als Argumen- Luftbildauswertungen wird eine Wieder- tationsmaterial in die Auseinanderset- holung der stadtweiten Erfassung von

97 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Zeit zu Zeit kaum vermeidbar. Mit Hilfe wiesen werden, woraus die Forderung von intensiv vorbereiteten TU-Studenten in diesem Leitbild nach gezielter Bau- wurde die zweite stadtweite Erfassung flächenreduzierung entstand. Anstelle Ende 2003/ Anfang 2004 durchgeführt. einer zufälligen Perforierung des Stadt- organismus durch dauerhaftes Brachfal- Mit dieser erneuten stadtweiten Bra- len und Verwahrlosung bisher genutzter chenerfassung, die für das mit den Ein- Flächen inmitten des gewachsenen gemeindungen erweiterte Stadtgebiet Stadtgefüges soll mit Hilfe gezielter Bau- erfolgte, war erstmals ein Vergleich mög- flächenrücknahme auf Brachflächen in lich, der über Veränderungen und Ent- den Randbereichen der Stadt und wicklungen Aufschluss gab. Dieser Ver- entlang der Nebentäler und Altarme der gleich konnte mit Hilfe einer rückwirken- Elbe, der Wasserläufe und Frischluftbah- den Ermittlung über die Bautätigkeit nen eine Renaturierung brachengefalle- (Baustatistik) auf ehemals genutzten ner Flächen im Flächennutzungsplan und bebauten Flächen für den Zeitraum gezielt gegen Ausuferungen des Stadt- zwischen 1990 und 1997 ergänzt wer- körpers und zur inneren Strukturierung den. Somit liegt uns heute eine grobe mit Grünzäsuren eingesetzt werden. Gesamtübersicht über den Brachflä- chenbestand in Dresden und dessen In diesem Leitbild und deren Leitlinien Entwicklung seit dem Jahre 1990 vor, künftiger Stadtentwicklung bekennen die sehr aufschlussreich ist. Bei Wei- sich die Stadtverwaltung und der Aus- terführung der so entstandenen Entwick- schuss für Stadtentwicklung und Bau lungskurve wird deutlich, dass sich der zur traditionellen Stadt Europäischer Prä- Brachenbestand in Dresden unter den gung und stellen sich den Herausforde- gegebenen Rahmenbedingungen auf lan- rungen der veränderten Rahmenbedin- ge Sicht auf einem stabil hohen Niveau gungen städtischer Entwicklung. Auf der von ca. 1.400 ha bis 1.500 ha Brachflä- Grundlage einer fundierten Analyse chen im nach den Eingemeindungen spielt der Umgang mit den Brachen in erweiterten Stadtgebiet einpegeln wird. diesem Konzept eine Schlüsselrolle. Diese Erkenntnis war für die gesamt- städtische Planung von grundlegender In städtebaulichen Rahmenkonzepten für Bedeutung. teilräumliche Schwerpunkte der Stadt- entwicklung werden gegenwärtig die Im Vorfeld der Aufstellung des neuen planerischen Umsetzungsmöglichkeiten Flächennutzungsplanes der Landes- des Räumlichen Leitbildes und der Leit- hauptstadt Dresden hat das Stadtpla- linien für den neuen Flächennutzungs- nungsamt deshalb ein Räumliches Leit- plan getestet und die Ziele planerisch bild mit thesenhaften Leitlinien für die vertieft. Dabei erhält jedes dieser Rah- langfristige Stadtentwicklung unter den menkonzepte ein eigenes inhaltliches veränderten Entwicklungsbedingungen Profil, je nach besonderen Standortge- und unter besonderer Berücksichtigung gebenheiten. Da spielen solche Themen der Brachflächensituation erarbeitet. wie der verbesserte Hochwasserschutz, vor allem aber auch das Brachenthema Ein erheblicher Bauflächenüberschuss in verschiedenen Varianten eine beson- bei allen stadtbildenden Nutzungen dere Rolle. konnte mit Hilfe des Brachenbestandes und der Leerstandsstatistiken nachge-

98 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

In den traditionellen Industriegebieten nen Wiese an der Autobahn gebaut, entlang der Eisenbahnstrecken sollen sondern in den brachliegenden denkmal- mit den teilräumlichen Rahmenkonzep- geschützten ehemaligen Schlachthof ten in Verbindung mit gegenwärtig lau- eingeordnet. Das Kongresszentrum ent- fenden Gesprächen mit Eigentümern stand auf dem alten Kohlehafen, das großer Gewerbebrachen, auch unter Be- Kongresshotel entsteht daneben im rücksichtigung der durch die neue Au- denkmalgeschützten ehemaligen städ- tobahn A 17 verbesserten großräumigen tischen Speicher. Auch große Ansied- Verkehrsanbindung, Ansatzpunkte für lungen privater Investoren wie Siemens, die Revitalisierung solcher Flächen für Volkswagen, das „World-Trade-Center“, mittlere und größere Gewerbeansiedlun- Karstadt, ECE und Kaufland erfolgten gen gefunden werden. auf Brachflächen.

Für ein Bauflächenkataster aus dem Es ist ein vordringliches Anliegen des Brachenbestand haben wir in einem ers- Stadtplanungsamtes Dresden, das Flä- ten Test eine Aufbereitung des als Kar- chenrecycling nicht als Aktionismus, te dargestellten Brachenmaterials mit sondern als Bestandteil gesamtstädti- bereits vorliegenden gesamtstädtischen scher Planung und als Methode im täg- Plänen überlagert und nur die wirklich lichen Ringen um die Umsetzung ihrer gesicherten Bauflächen herausgefiltert. Ziele zu verstehen. Zur Überlagerung mit der Brachenkarte gelangten dabei Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine geordnete und nachhaltige ge- ¾ das Räumliche Leitbild samtstädtische Entwicklungsplanung sind uns dabei genauso wichtig wie ¾ der Bauflächenrücknahmeplan Fördermittel für die Umsetzung von Vor- haben der Brachflächenrevitalisierung ¾ die Kartierung der Schutzgebiete und -renaturierung. ¾ die Kartierung der Kaltluftbahnen

¾ der gültige Flächennutzungsplan.

Alle zu einer Grünnutzung tendierenden Flächen wurden dabei als „Grünver- dachtsflächen“ markiert. Die Methode erscheint vielversprechend. Sie ist je- doch noch weiter zu präzisieren und eine praktikable Lösung zu finden, wie mit den Grenzfällen umzugehen ist, wie de- ren Abwägung erfolgen soll.

Wir können heute mit Befriedigung fest- stellen, dass in Dresden alle kommuna- len Gewerbegebiete und Gründerzentren auf Brachflächen entwickelt wurden und werden. Die neue Messe wurde entge- gen anderer Ansichten nicht auf der grü-

99 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

2.3.3 Was kommt nach dem Abriss? - Stadtumbau und Flächenrecycling in Schrumpfungsregionen

Jürgen Leindecker

Worum geht es gerade auch im industriellen Nieder- gang. Wer über Leerstand und Flächenrecyc- ling redet, muss sich mit der Typik, den ¾ industriellen Rückbau: Betriebs- Ursachen und der realistischen Lage auf schließungen, Umstrukturierungen dem Immobilienmarkt insbesondere in und viele andere Gründe für den in- Ostdeutschland befassen. Gleichzeitig dustriellen Rückbau bestimmen zu sollte der Betrachter das Programm einem Zeitpunkt den Markt der Bra- „Stadtumbau“ des Bundes näher be- chen, in dem es keinen tatsächli- leuchten. Die Lage der Kommunen, chen Bedarf an den vorhandenen Grundstücksmarkt und die wirtschaftli- Flächen gibt. Viele Flächen kom- che Entwicklung prägen die Stadtent- men einfach zu spät auf den Markt. wicklung und sind wichtige Faktoren bei der Nutzung von Altbrachen. Besonde- ¾ Restrukturierungen bei Bahn, Post, re Bedeutung kommt den Kosten der In- Telekom, Bundeswehr und ehema- frastruktur und ihrer Adaption zu, die ligen Besatzungsarmeen schaffen auch bei Nachnutzungskonzepten zu neue Brachen. Der Bund drängt mit beachten sind. Für die ostdeutschen Bundesbesitz, u.a. von BVVG, TLG, Städte muss es eine „Priorität Innen- auf den Markt. stadt“ geben, um zu kompakten und fi- nanzierbaren Städten zurückzukom- Rückgabe vor Entschädigung/Restituti- men. Das hat Folgen für die Nutzung vor on kann bei der Betrachtung des ost- allem innerstädtischer Brachen, deutschen Grundstücksmarkts nicht insbesondere auch für die nachindustri- außer Acht bleiben. Heute prägen Ver- elle Nutzung. zichte und immer noch offene Rechte die Lage dem Markt, vor allem in den „Leerstand“ Typik, Ursachen und Innenstädten. Schließlich gibt es viele Lage örtliche Gegebenheiten, die den Grund- stücksmarkt bestimmen. U.a. Auswir- Wer über Nachnutzung redet, muss wis- kungen von Altlasten und Industriebau- sen, wie die Lage ist! Die Nachnutzung ten, von Bergbau und Bergbaufolgeland- ist ein Markt mit vielen Akteuren, die – schaften. selbst wenn sie auch aus dem Bereich der öffentlichen Hand stammen – höchst Programm „Stadtumbau“ unterschiedliche Interessen verfolgen. Die Innenstädte perforieren aus vielen Die Rahmenbedingungen für Nachnut- Gründen: zung werden maßgeblich durch die Förderkulisse bestimmt und diese ¾ Wohnungsleerstand: zurückzufüh- wiederum durch die wirtschaftliche und ren auf die Bevölkerungsentwick- finanzielle Lage der Akteure. Bei „Stadt- lung, aber die hat ihre Ursachen umbau – Abriss“ gibt es 100% Förde-

100 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement rung durch Land und Bund, was es den Organismus „Stadt“ hat, ist Wohnungsunternehmen und Kommunen bisher nur in Ansätzen erkannt. leicht macht, sich dem Programm an- zunehmen. Bei „Stadtumbau – Aufwer- ¾ Konsumtive Ausgaben: Den Städ- tung“ ist Kondition eine Drittelfinanzie- ten und Gemeinden in Ostdeutsch- rung von Bund – Land – Gemeinde und land wird vorgeworfen, sie hätten insbesondere Letztere können immer einen Überbesatz an Kultur- und So- weniger mitfinanzieren. Deshalb stockt zialeinrichtungen. das Programm und viele Gemeinden können vorhandene Geldmittel nicht ¾ Investitionsquote: In den letzten Jah- mehr abrufen. Auch bei den Nachnut- ren sind die Investitionen stark rück- zungskonzepten, die zu Förderkon- läufig. Den Kommunen fehlt die wirt- ditionen werden, muss über realistische schaftliche Basis für die Absiche- Alternativen nachgedacht werden. Nach- rung der notwendigen Investitionen. nutzung „Null“ als Förderkondition! Städ- ¾ Finanzlage: Das zeigt auch die all- tebauförderung, städtebaulicher Denk- gemeine Finanzlage der Städte und malschutz und Stadtumbau leiden an Gemeinden in Ostdeutschland, de- einer „Überbürokratisierung“, deren ren Steuerquote bei 40 bis 50 % des grundsätzliche Überarbeitung auch ein Westniveaus stagniert und seit der Schlüssel zur besseren Nutzung vorhan- Steuerreform 1999/2000 sich noch dener Programme sein kann. einmal deutlich verschlechtert hat. Lage der Gemeinden Da ein großer Teil der Unternehmen nur Tochterfirmen anderer Unterneh- ¾ Infrastruktur: Nach wie vor besteht men sind, kommt es häufig zu steu- ein erheblicher Investitionsrückstau ertechnischen Verrechnungen, die bei Straßen, Kanälen, Schulen und auch die Gewerbesteuer zu einer vielen anderen öffentlichen Einrich- unberechenbaren Einnahmengröße tungen. werden lassen.

¾ Restrukturierung der Verwaltung: Grundstücksmarkt Vor allem die ostdeutschen Kom- munen sind gezeichnet von deutli- Gab es zunächst einen stark verengten chem Personalabbau bei gleichzei- Grundstücksmarkt durch die Restituti- tigem Aufwuchs von neuen Aufga- onsansprüche – Rückgabe vor Entschä- ben. Verunsicherung beim Personal digung –, hat sich dieses Bild heute to- sind die Folge und das beeinträch- tal verändert. Allerdings wirkt der „ver- tigt ebenso wie andauernde Orga- engte Markt“ noch nach. So etwa durch nisationsänderungen bei Land und zu hohe Grundstückskosten, entstan- Kommunen die Leistungsfähigkeit den nach 1990 in der Zeitspanne bis etwa der Verwaltungen. 1996, als sich Angebot und Nachfrage einzupegeln begannen. Zu den hohen ¾ Bevölkerungsentwicklung: Viele Grundstückskosten trugen auch Kom- Städte weisen zwischen 20 und 30 munen bei, die mangels eigener Mög- Prozent Bevölkerungsverlust seit lichkeiten Wohngebiete statt über Er- 1990 auf. Welche Folgen dies für schließungsträger durch Bauträger und V+E-Pläne entwickeln ließen.

101 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Heute gibt es ein breites Angebot, das Wirtschaftliche Entwicklung in den unterschiedlichsten Lagen der Städte sowohl für Gewerbe, wie für Natürlich wird die Marktfähigkeit von Wohngebiete zur Verfügung steht. In den Grundstücken wesentlich von der wirt- „Boom-Regionen“ der Thüringen-Schie- schaftlichen Lage bestimmt. Im großen ne und den Großräumen Leipzig und und Ganzen sieht das wie folgt aus: Dresden mag es dabei schon Engpäs- se für Wohnbaugrundstücke geben. Eigenheimbau: Dort, wo es Perspekti- Nach wie vor besteht ein großes Inter- ven auf dem lokalen und regionalen Ar- esse an Einfamilienhäusern, dagegen beitsmarkt gibt, boomt die Nachfrage an steht eine große Menge Geschosswoh- Eigenheimen. Bedauerlich sind die Rah- nungsbau – auch aus der Gründerzeit – menbedingungen, die den Häusle-Bau- leer. herren gesetzt werden. Nicht selten monotone, eng aufeinander sitzende Die grüne Wiese hat vor allem wegen Wohnsiedlungen in einer Gegend, die kostengünstiger Angebote dabei immer „grüne Lungen“ auch in Wohngebieten noch ein Stück die Nase vorne, zumal gut verkraften würden. Fragwürdige Ge- sie bei Gewerbeansiedlungen auch GA- staltungssatzungen, die sich eigentlich gefördert wurde und die Städte und Ge- nicht aus Landschaft, Umgebung oder meinden heute noch, wegen der Zweck- Baurecht begründen, sind ein Stolper- bindungen in den Förderverträgen oder stein. Dagegen steht, dass es kaum -bescheiden, gezwungen sind dort an- Nachfragen an Geschosswohnungsbau zusiedeln. gibt. Im Gegenteil, große Mengen gründerzeitlichen Geschosswohnungs- Innerstädtische Grundstücke kamen erst baus stehen leer. Trotz hochwertiger nach und nach, sind jetzt aber zuneh- Bausubstanz scheuen Investoren die mend mehr auf dem Markt. Makel ist Renovierung der Gebäude, wohl auch häufig die verkehrstechnische Erschlie- wegen mangelnder Rendite. Die Zukunft ßung oder aber der „Lärm“ der Innenstäd- der Eigenheim-Zulage oder deren Um- te. gestaltung wird den Markt entscheidend verändern. Die Frage ist, ob es gelingt, Industriebrachen tragen ihren Teil zur diese zielgerichtet in die Innenstadt Perforierung der Städte bei. Durch die umzuleiten. Die Bewertung von Grund- fehlende Entmischung der Wohn- und stücken und Altimmobilien im Innen- Industriequartiere nach dem Zweiten stadtbereich muss überdacht werden. Weltkrieg stoßen heute Wohngebiete an Die kompakte Stadt kann nicht erhalten große Industriealbrachen. werden, wenn im Innenstadtbereich Tei- le der Bausubstanz regelrecht „verfau- Öffentliche Grundstücksanbieter, wie len“. Bahn, Bund, Militär, Post und auch die Länder, werfen große Mengen von Stadtentwicklung Grundstücken auf den Markt, die die Marktfähigkeit der auf dem Grund- Integiertes Denken und Handeln sind die stücksmarkt zur Verfügung stehenden Herausforderung an die Stadtentwick- Objekte gegenseitig negativ beeinflus- lung der Zukunft, auch wenn nicht mehr sen. vom integrierten Stadtentwicklungskon- zept beim Stadtumbau gesprochen wird.

102 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

Bauen - Verkehr - Umwelt - leitungsge- tung von Bahnen und Bussen ge- bundene Infrastruktur, sie alle müssen fährdet das Angebot. zu einer Symbiose der Stadtentwicklung verschmolzen werden. Dazu kommen ¾ Schulen, Kindergärten, soziale Ein- eine ausgewogene soziale Infrastruktur richtungen: Auch hier bereits erfolgte und die berühmten weichen Standortfak- Adaption. Die Folgen sind toren (Freizeit, Kultur, aber auch Urba- Schließungen fast jeder zweiten nität). Eine marode Urbanität wirkt „ab- Einrichtung bei Schulen und Kinder- schreckend“ auf Investoren, wie Wohn- gärten. bevölkerung. Daraus folgt, dass beim Rückbau Schwerpunkte gesetzt und vor Im ländlichen Raum muss auch über eine allem die Folgen für die Infrastruktur Verminderung der technischen Stan- beachten werden müssen. Die „Betriebs- dards für die Infrastruktur nachgedacht kosten einer Stadt“ geben Maß und Rah- werden. Die Gefahr, dass das ländliche men für den Stadtumbau vor und bestim- Idyll nicht mehr mit öffentlicher Daseins- men die weitere Stadtentwicklung! vorsorge zu sichern sein wird, ist akut.

Infrastruktur und Kosten Priorität Innenstadt

Der Wasserverbrauch sinkt durch die ¾ Verdichtung ohne Neubebau- Abnahme der Bevölkerung, aber auch, ung: Viele Innenstädte weisen weil pro Person weniger Wasser ver- bereits heute erhebliche Lücken in braucht wird. Zu wenig Verbrauch, zu der Bebauung auf. Durch Nutzung große Rohre führen zu einer zu langen vorhandener Bausubstanz oder be- Verweildauer, was zur Verkeimung füh- stehender Baulücken kann ein gro- ren kann, jedenfalls die Betriebskosten ßer Teil der Nachfrage bedient wer- durch häufigeres Spülen verteuert. den, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. ¾ Abwasser: Ähnliche Entwicklungen wie beim Wasser, hier jedoch mit ¾ Sanierung vorhandener Bausub- dem Nebeneffekt, dass zu wenig stanz: Hier dürfte der Schlüssel für Durchfluss zur Methangas-Entwick- die neuen Rahmenbedingungen der lung führen kann. Problemverschär- Stadtentwicklung liegen. Die städ- fung kann es bei Trennwasser-Ka- tebauliche Förderkulisse muss sich nalisation geben. dieser annehmen. Der Denkmal- schutz muss Wege zur wirtschaftli- ¾ Fernwärme: Ein besonders proble- chen Nutzung von Denkmalen – matischer Bereich, da hohe Verlus- gerade im Bereich des Wohnungs- te wegen fehlender Abnahme aber baus und bei Prophanbauten– stär- hoher Investitionen durch Sanie- ker in sein Blickfeld richten. rungslasten nach 1990 entstanden sind, die kumulieren. ¾ Baulücken ausfüllen, um Urbani- tät zu sichern. Zentrale Frage für die ¾ ÖPNV: Adaption ist durch adminis- dauerhafte Finanzierbarkeit der trative Maßnahmen möglich, aber Innenstädte. Wie gelingt es, Lücken der verbleibende Betrieb wird stän- zu schließen? „Hohle Zähne“ in ei- dig teurer. Eine zu geringe Auslas- ner Stadt „vergiften“ das urbane Umfeld und gefährden die Innenstäd-

103 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

te. Unsicherheit, Gefahrenherde, Beprobung muss unabhängig von u.a. der Sanierung stattfinden. Die Situ- ation der Altbrachen wird heute ge- ¾ Wirtschaftlichere Nutzung der prägt vom Zustand: „Aus Angst vor Infrastuktur: Zentrale Aufgabe von dem Leben Selbstmord“ – jedenfalls Steuer- und Abgabenrecht, von regungslose Erstarrung. Das belas- Stadtentwicklung und Stadtplanung. tet die betroffenen Städte. Mit vorhandener Infrastruktur viele Menschen erreichen. Nur so kann ¾ Innerstädtische Verkehrser- eine Stadt dauerhaft gesichert wer- schließung: Lösungen dieses Pro- den. Das gilt übrigens auch für den blems sind vor allem bei großen Flä- ländlichen und dörflichen Bereich, chen (z.B. SKET-Magdeburg) drin- wo kleine Städte und Dörfer vor ähn- gend nötig, um Flächen für Gewer- lichen Herausforderungen stehen. be und Industrie nutzen zu können.

¾ Problemzonen Verkehrsach- ¾ Gewerbeparks: Bitterfeld/Wolfen sen:– Einerseits fehlt es an Ver- und Leuna sind in Sachsen-Anhalt kehrsverbindungen, die die Innen- Beispiele für die Wiedernutzung al- stadt adäquat erreichbar machen, ter Industriegebiete. insbesondere wenn es große Alt- brachen gibt. Andererseits ist Nutz- Interkommunale Zusammenarbeit kann barkeit der Wohnbebauung an Ver- helfen, große Flächen nutzbar zu ma- kehrsachsen durch Immissionen chen. stark eingeschränkt. Wenn es nicht gelingt, Lärm- und Feinstaubent- Fazit wicklung an den Verkehrsachsen zu Es gibt kein Patentrezept für eine Nach- vermindern, drohen vielen Städten – nutzung. Der überwiegende Teil der Flä- vor allem auch in Westdeutschland chen wird zunächst nicht mehr genutzt - weitere Brachen. werden können. An diese Erkenntnisse Nachindustrielle Nutzung sind die Förderprogramme so anzupas- sen, dass Zwischensituationen auch ¾ Bodenbevorratung durch Aufbe- ohne eventuelle Nachnutzungen nicht reitung: Es erscheint sinnvoll, mehr mehr förderschädlich sind. Das Steuer- als bisher Altbrachen – vor allem im recht muss Innenstädte attraktiver wer- innerstädtischen Bereich – durch den lassen, ein heilsamer Druck muss Aufbereitung in einen Zustand der Grundstückspreise in Innenstadtlagen Bodenbevorratung zu bringen. Das regulieren – vermindern – helfen und bedeutet insbesondere: Aufberei- auch Altimmobilien marktgängiger ma- tung der Boden, Prüfung, ob Wohn- chen. Die Planer haben diese Lage zu bebauung möglich ist, Analyse der beachten und sollten den örtlichen Poli- eventuellen Altlasten auch ohne die tikern keine Luftschlösser verkaufen. Verpflichtung der sofortigen Besei- Mann muss sich der Tatsache stellen, tigung. dass eine Stadt mit weniger Menschen, weniger Verwaltung, weniger Einrichtun- ¾ Altlastenregelung: Für Innenbe- gen gleichwohl hohe Anforderungen an reichsflächen sollte ein zusätzlicher Administration und Lebensqualität erfül- Fonds zur Verfügung stehen. Die len kann.

104 Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

2.4 Fazit Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

Die Komplexität der Thematik „Vom verursachergerechte Zuordnung der Flächenverbrauch zum Flächenmana- Kosten kann zur Reduzierung des gement“ resultiert aus der Vielzahl der Flächenverbrauchs beitragen. Die zu beteiligenden Akteure und deren einzelnen Bundesländer verfolgen oft unterschiedlichen Interessenlagen. Im sehr unterschiedliche Ansätze zur Ergebnis der ausgeführten Beiträge Wiedernutzung von Brachflächen. Im bleibt zunächst festzuhalten, dass Focus aller Aktivitäten steht jedoch Grundvoraussetzung für eine erfolg- immer die Fläche zurück in den Wirt- reiche Herangehensweise das integrative schaftskreislauf zu bringen. Bei allen Zusammenwirken zwischen den vorgestellten Konzepten der „Flächen- Akteuren der verschiedenen Ebenen der vermarktung“ tritt die öffentliche Hand als öffentlichen Hand einerseits und die Ein- Vermarkter auf, um mit Hilfe von öffent- beziehung der privaten Akteure anderer- lichen Mitteln die Flächen zu veräußern. seits ist. Aber genau diese Art der Finanzierung ist vollkommen unterschiedlich. Wäh- Die Reduzierung des Flächenverbrauchs rend einzelne Bundesländer ihre Flächen und ein qulitativ hochwertiges mit Hilfe von Bundes- bzw. EU- Mitteln Flächenangebot stehen im Mittelpunkt an den Markt bringen, werden in anderen aller einzuleitenden Maßnahmen und Bundesländern Flächen im Sinne eines Aktivitäten im Rahmen einer nachhal- Managements bereits aktiv vermarktet. tigen Stadtentwicklung. Dabei sind zunächst die Ursachen des spezifischen Zur Ermittlung der vorhandenen Poten- Flächenverbrauchs zu analysieren. Der ziale der bestehenden Brachflächen Ausbau der infrastrukturellen Anlagen müssen diese in einem ersten Schritt spielt insbesondere in den fünf neuen zunächst erfasst werden. In Thüringen, Bundesländern dabei eine maßgebliche als erstem Bundesland, erfolgte eine Rolle. Unter planerischen Gesichts- landesweite Erfassung aller Brachen in punkten ist die derzeitige Praxis der einem „Brachflächenkataster“. Somit ist vorsorglichen Ausweisung von Wohn- ein Pool von Flächeninformationen bauflächen und Gewerbeflächen kritisch vorhanden, auf den Interessenten bei zu hinterfragen. Der Flächenverbrauch vorhandenem Flächen-bedarf zugreifen wird von der aktuellen Nachfragesi- können. tuation in der jeweiligen Region unmittel- bar beeinflusst. Eine Verknappung des Da es sich bei Brachflächen oft um Flächenangebots kann sich regulierend altlastenverdächtige Flächen handelt, auf die Neuinanspruchnahme von bildet der Ansatz Nordrhein-Westfalens Flächen auswirken. Ein weiterer Aspekt bezüglich einer Verknüpfung der Altlas- im Hinblick auf die nachhaltige Flächen- tenbearbeitung mit der Flächenpro- bewirtschaftung sind die damit blematik eine alternative Variante zum verbundenen Kosten für die Erschlie- herkömmlichen Flächenrecycling bzw. ßung und deren Unterhaltung. Eine stellt eine positive Ergänzung zum

105 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen bekannten Verfahren dar. Altlasten nahme auf die Fahnen geschrieben und werden bereits seit Jahren in Altlasten- ein Vorhaben zum kommunalen Flä- katastern erfasst, jedoch meist unter chenmanagement aufgelegt, mit dem ein dem Gesichtspunkt der Kontamination übertragbares, auf die sächsischen einer Fläche, jedoch nicht unter dem Rahmenbedingungen zugeschnittenes Aspekt der Wiedervermarktung. Mit Hilfe Modell kommunalen Flächenma- des Leistungshandbuches für Altlasten nagements für sächsische Kommunen und Flächenentwicklung findet dabei entwickelt und in den Pilotkommunen eine gezielte Bewertung der Flächen Chemnitz, Freiberg und Brand-Erbisdorf statt, und es werden die Potenziale erprobt wird. Perspektivisches Ziel ist es, aufgezeigt. kommunales Flächenmanagement als Daueraufgabe, die für die Kommunen Der Wille zum sparsamen Umgang mit einen Mehrwert hat, durchzusetzen. Grund und Boden wird im Bundesland Baden-Württemberg u.a. im Rahmen Die unterschiedlichen Konzepte der des Aktionsbündnisses „Flächen einzelnen Bundesländer finden ihren gewinnen“ verdeutlicht. Auf freiwilliger Niederschlag bei der praktischen An- Basis wird dabei auf eine verstärkte wendung in den betroffenen Kommunen. Innenentwicklung in den Kommunen Alle vorgestellten kommunalen Ansätze hingearbeitet. Durch eine breite Öffent- bestätigen, dass die Nutzung vormals lichkeitsarbeit erfolgt die angestrebte genutzter Flächen zielführend ist und zu Bewusstseinsbildung bei den jeweiligen einer Aufwertung der Innenstädte führt. Gemeinde- und Ortschaftsräten. Aber auch hier wird die unterschiedliche Herangehensweise der Kommunen Der Freistaat Bayern verfolgt mit dem sichtbar. Kommunalen Flächenmanagement und dem „Bündnis zum Flächensparen“ eine Ebenfalls unterschiedlich ist der Bedarf Strategie zur Reduzierung der Flächen- an Fläche und somit am Flächen- inanspruchnahme. In den beteiligten recycling. Problematisch werden dabei Modellkommunen werden qualitativ von den Kommunen die Eigen- hochwertige Daten für ein Baulücken- tumsverhältnisse an den vorhandenen und Brachflächenkataster mit vertret- Brachflächen und deren Entwick- barem Aufwand erhoben. Ziel ist hier lungspotenzial gesehen. wiederum in den Entscheidungsgremien das Problembewusstsein zu erhöhen. Ziel des Bündnisses ist die Entwicklung und Umsetzung konkreter Maßnahmen zum Flächensparen auf Landesebene.

Die Flächensituation in weiten Teilen Sachsens ist gekennzeichnet durch einen hohen Bestand an Planungs- brachen und baulich vorgenutzten Brachflächen. Vor diesem Problem- hintergrund hat das Sächsische Landes- amt für Umwelt und Geologie sich die Reduzierung der Flächeninanspruch-

106 3 Instrumente der In-Wertsetzung von brachliegenden Grundstücken

3.1 Handlungsempfehlungen zum Flächenrecycling 3.2 Ansätze zur Beschleunigung der Brachflächenreaktivierung 3.3 Fazit

Vorhandene innerörtliche Flächenpotenziale (Brachflächen, Baulücken, unterge- nutzte Grundstücke) sind eine Ressource, die bei einem sinnvollen Stadtumbau genutzt und damit „In-Wert“ gesetzt werden müssen. Hierzu ist es in einem Initial- schritt häufig notwendig, durch bestimmte Maßnahmen Investoren für ein Engage- ment auf diesen Flächen zu gewinnen.

Grundsätzlich geht es bei der In-Wertsetzung von Flächen auch um die Frage, welche Vorteile eine Revitalisierung von Brachflächen der Gesellschaft bringen und wie die Kosten bzw. der Gewinn für die Gesellschaft bei der Wiedernutzung von Brachflächen im Vergleich zur Neuinanspruchnahme von grüner Wiese aussieht. Um die vorhandenen Flächen „In-Wert“ zu setzen, sind auch spezielle Instrumente erforderlich, um die Grundstücke auf dem Markt optimal darstellen zu können. Ein untersuchter Ansatz sind dabei Flächenpässe mit allen wichtigen Informationen zu einer Fläche, die dem Interessenten und potenziellen Käufer eines Grundstücks gesicherte Informationen bieten können. Auch für die Darstellung der Wiedernut- zungsidee für eine Brachfläche gegenüber Banken, Investoren oder politischen Entscheidungsträgern gibt es einen Vorschlag – den so genannten Start-Up-Plan- Brachfläche.

Im folgenden Kapitel werden einige dieser Instrumente vorgestellt. Einen grund- sätzlichen Überblick zu vorhandenen Arbeiten in Deutschland gibt eine Datenbank (www.flaecheninfo.de), in der ein Großteil der aktuell verfügbaren Literatur zum Flächenmanagement zu finden ist.

Thesen:

¾ Die Anwendung der Instrumente zur Reduzierung der Flächeninanspruchnah- me wird maßgeblich von den handelnden Akteuren beeinflusst und wird fast ausschließlich von deren unterschiedlichen wirtschaftspolitischen Interessen- lagen geprägt.

¾ Mit Hilfe verschiedener Leitfäden wird eine systematische Herangehensweise zum Flächenrecycling aufgezeigt. Die Umsetzung erfordert das Vorhanden- sein von Netzwerken zwischen den handelnden Akteuren.

¾ Informationsdefizite stellen ein entscheidendes Hemmnis für die In-Wertsetzung brachliegender Grundstücke dar. Einheitliche Erfassungsinstrumente für Grund- stücksdaten und deren Akzeptanz auf breiter Ebene können hier weiterhelfen.

107 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

3.1. Handlungsempfehlungen zum Flächenrecycling

3.1.1. Im Dschungel der Empfeh- der Bezahlbarkeit von Infrastruktur wird lungen zum Flächenrecycling diese Thematik an Bedeutung gewin- nen. 3.1.2. Der Start-up Plan – zielgrup- penspezifisches Werkzeug Die Erstellung eines Start-Up-Plans für zur Unterstützung von Flächen- eine konkrete Brachfläche kann den recyclingprojekten konkreten Wiedernutzungsprozess einer Fläche initiieren. Mit dem Plan wird die 3.1.3. Grüne Wiese entwickeln oder Wiedernutzungsidee für eine Brachflä- Brache revitalisieren? – Die che, abgestimmt auf eine Zielgruppe, Boden-Wert-Bilanz dargestellt und die kommenden Schrit- te bei der Revitalisierung festgelegt. In einem ersten Schritt zum Flächenma- Hierdurch kann der Kommunikationspro- nagement sollten die vorhandenen inner- zess und das Projektmanagement er- örtlichen Flächenpotenziale umfassend leichtert werden. dargestellt werden. Eine Form zur Charakterisierung der Eigenschaften von Grundsätzlich gibt es zur In-Wertsetzung Flächen stellt der so genannte Flächen- von Grundstücken durch Flächenrecyc- pass dar. Mit diesen Flächenpässen ling bereits eine große Anzahl an Veröf- können in einer Kommune die Flächen- fentlichungen und publizierten Praxisbei- potenziale vergleichbar dargestellt und spielen. Es empfiehlt sich hier durch die alle für einen Investor wichtigen Informa- frühzeitige Recherche auf Erfahrungen tionen präsentiert werden. bei abgeschlossenen Projekten zurück- zugreifen und basierend auf vorhande- Wichtig ist der von Politik und Verwal- nen Empfehlungen ein Projekt erfolgreich tung getragene Beschluss einer Kom- zu initiieren. Zu allen Themenbereichen mune, ein konsequentes Flächenma- des Flächenmanagements bzw. des Flä- nagement - mit einer Wiedernutzung chenrecyclings sind Untersuchungen, vorhandener Brachflächen – zu realisie- Empfehlungen und Praxisbeispiele in ren. Eine Möglichkeit, die Vorteile der einer Datenbank erfasst. Revitalisierung von Brachflächen darzu- stellen, ist das Instrument der Boden- Wert-Bilanz. Das Durchrechnen von kon- kreten Standorten bezüglich der Wieder- nutzung einer Brachfläche oder der Neu- ausweisung einer Baufläche auf der grü- nen Wiese kann einen Beschluss zum Flächenmanagement argumentativ mit Zahlen hinterlegen. Vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden demographi- schen Entwicklung und der Frage nach

108 Instrumente zur In-Wertsetzung von brachliegenden Grundstücken

3.1.1 Im Dschungel der Empfehlungen zum Flächenrecycling

Volker Schrenk, Jantje Samtleben

Einleitung Vorgehensweise

In den letzten Jahren wurden zahlreiche Mit einer breit angelegten Recherche Forschungsprojekte und Initiativen auf wurde unter dem Stichwort „Flächenma- Landes- und Bundesebene zum Thema nagement“ sowie weiteren Begriffen, Flächenrecycling/Flächenmanagement welche diesem Thema zuzuordnen sind gestartet um die Wiedernutzung von (z. B. Flächenrecycling, Bodenmanage- brachgefallenen Flächen zu verbessern. ment und Gebäuderückbau), in Biblio- Als Ergebnis dieser Aktivitäten ist eine thekskatalogen und dem Internet die große Anzahl an Publikationen und verfügbare Literatur zusammengetragen. Handlungshilfen zum breit gefächerten Ausgeklammert wurde bei den Untersu- Themenbereich des Flächenmanage- chungen das Thema der Altlastenbear- ments entstanden. Diese sind häufig als beitung, die einen wichtigen Bestandteil Handreichungen verschiedener Behörden des Flächenmanagements darstellt, aber in Umlauf gebracht oder im Internet pu- seit langem über diverse Expertensys- bliziert worden. teme recherchierbar ist (z.B. Alfaweb).

Aufgrund der großen Zahl an Veröffent- Die recherchierte Literatur wurde im Ori- lichungen ist es mittlerweile schwierig, ginal bzw. als Kopie beschafft und mit- den Überblick zu behalten und die aktu- tels eines Kennblattes erfasst. Primä- ellen Entwicklungen zu verfolgen. Folg- res Ziel war dabei die Zusammenfassung lich kommen viele dieser Publikationen der Inhalte der jeweiligen Publikationen in der Verwaltungspraxis nicht zur prak- auf ca. zwei Seiten mit der Herausar- tischen Anwendung, sinnvolle Synergie- beitung der wesentlichen Empfehlungen effekte bleiben ungenutzt oder „Doppel- der entsprechenden Veröffentlichung für entwicklungen“ bei einigen Themen sind eine nutzungsorientierte Umsetzung in aufgetreten. der Praxis. Zusätzlich wurden die Pu- blikationen mit Schlagworten näher be- Eine umfassende Zusammenstellung schrieben und dadurch charakterisiert. der existierenden Materialien fehlte Neben den allgemeinen Informationen bisher. Daher wurde bei VEGAS ein wie Seitenzahl, Verlag, Herausgabeda- Forschungsprojekt im Auftrag des Bun- tum sind auch Einschränkungen zum Ein- desministeriums für Bildung und For- satzbereich der Veröffentlichung ge- schung durchgeführt, bei dem Literatur nannt. In Abbildung 1 sind die Inhalte zum Flächenmanagement und Flächen- des Kennblatts dargestellt (weitere De- recycling recherchiert und ausgewertet tails zum Kennblatt finden sich bei wurde. Die Ergebnisse des Vorhabens SCHRENK 2004). sind in einer Datenbank unter der Adres- se http://www.flaecheninfo.de verfügbar.

109 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Themenbereich Art der Publikation fehlungen“ und Titel Verfasser „Motivationsbro- Erscheinungsjahr Seitenanzahl schüren“ unterteilt Verlag/Stadt Herausgeber werden. Die so be- Reihe Behandelte Themenbereiche zeichneten „Moti- Schlagworte Zielgruppe vationsbroschüren“ Einschränkungen Zusammenfassungen führen im Wesent- Wesentliche Empfehlungen Bezugsquelle lichen Fachfremde in das Thema ein und wollen Akteu- Abbildung 1: Charakterisierungspunkte der Pu- blikationen re bzw. Entscheidungsträger für das Thema des Flächenmanagements /Flä- Parallel zur Auswertung der Literatur chenrecyclings interessieren. Bei den erfolgte die Programmierung einer den „Berichten“ zuzuordnenden Publika- internetlauffähigen Datenbank, in die die tionen handelt es sich u. a. oftmals um Ergebnisse der Untersuchungen imple- die Dokumentation von Forschungsvor- mentiert wurden. Die Datenbank ermög- haben. Diese stellen meist in einer gro- licht eine rasche Recherche von Publi- ßen inhaltlichen Breite eine bestimmte kationen anhand von vorgegebenen Fragestellung dar. Empfehlungen zur Suchbegriffen. Die Anwendung ist in Umsetzung der neu erhaltenen Ergeb- Abstimmung mit Praktikern vom Design nisse in die Praxis sind teilweise nicht her möglichst einfach gehalten und steht gegeben. Die am besten geeigneten Ver- im Internet unter der Adresse http:// öffentlichungen für eine Umsetzung in www.flaecheninfo.de zur Verfügung. der Praxis stellen die der Kategorie „Handlungsempfehlungen“ dar. Ergebnisse des Vorhabens Datenbankanwendung Überblick Die Datenbankanwendung wurde in Ab- Insgesamt wurden mehr als 130 ver- stimmung mit Fachleuten aus verschie- schiedene Publikationen recherchiert. denen Bereichen des Flächenmanage- Davon beschäftigen sich mehr als 40 Ver- ments entwickelt. Hierbei ist über die öffentlichungen direkt mit dem Thema Option „Suche“ durch die Eingabe von Flächenrecycling. Die Zusammenstel- Begriffen eine Recherche von Literatur lung der Veröffentlichungen hat gezeigt, möglich. Eine erweiterte Suchfunktion dass zahlreiche Publikationen nur direkt steht für die spezifische Suche nach Ver- über den Herausgeber bzw. den Auftrag- öffentlichungen zur Verfügung. Mit der geber der entsprechenden Studien zu dabei erscheinenden Suchmaske lässt beziehen sind. Häufig ist die Literatur sich gezielt über Charakterisie- zum Flächenmanagement nicht in Bibli- rungsmerkmale, die einer Publikation othekskatalogen geführt und als soge- zugeordnet wurden, nach Veröffentli- nannte „graue Literatur“ zu bezeichnen. chungen suchen. Vereinfacht wird die- Daneben ist eine große Anzahl an Ver- se Suche zusätzlich durch eine große öffentlichungen im Internet publiziert. Auswahl an bereits aufgeführten The- men/Begriffen in den jeweiligen Suchka- Die Veröffentlichungen können grund- tegorien. Für eine Schnellsuche - ohne sätzlich in „Berichte“, „Handlungsemp- genaue Vorstellung einer bestimmten

110 Instrumente zur In-Wertsetzung von brachliegenden Grundstücken

Veröffentlichung - nur unter Einschrän- Umgang mit Boden, Bodenschutz und kung eines speziellen Themengebietes Landschaftsverbrauch haben. BBR und (z. B. Gebäuderückbau, Brachflächen- BMVBS beschäftigen sich mit der Stadt- kataster), bietet der Menüpunkt „The- und Verkehrsentwicklung bzw. -planung, menbereiche“ die beste Lösung. Unter zudem mit dem kontrollierten Gebäude- dieser Rubrik sind alle Publikationen rückbau, der Vermeidung, der Verwer- hinsichtlich ihrer relevanten Themen zu- tung und dem Recycling von Bauabfäl- geordnet. Die dort aufgeführten Oberbe- len. Die kommunalen Zusammenhänge griffe unterteilen sich wie in der folgen- im nachhaltigen Umgang mit der Res- den Abbildung 2 dargestellt. source Fläche wurden ausführlich auf der Ebene der Bundesländer, insbesondere von Bayern und Baden-Württemberg, be- Flächenmanagement/Flächenmanagement/ arbeitet. FlächenrecyclingFlächenrecycling Viele praxisbezogene und exemplari- AllgemeinAllgemein sche Fallbeispiele zum Flächenrecyc- ling aus verschiedenen Bundesländern, PlanungPlanung welche unter unterschiedlichen Rah- menbedingungen durchgeführt wurden, DurchführungDurchführung sind ebenfalls in der Datenbank doku- FinanzierungFinanzierung mentiert. Diese sind häufig sachdienlich bei der Vorbereitung eines neuen Pro- Rechtliche Fragen Rechtliche Fragen jektes und enthalten nicht selten eine BeschreibungBeschreibung konkreterkonkreter ProjekteProjekte Vielzahl an Hinweisen für Verbesserun- gen in Planung, Vorgehensweise und Management Management Durchführung ähnlicher Vorhaben. In SicherheitSicherheit zahlreichen Fällen sind auch Ansprechpartner in diesen Publikationen genannt. Abbildung 2: Untergliederung der Themenbe- reiche Die Vielzahl an Empfehlungen, die aus Die Auswertung der Veröffentlichungen allen in der Datenbank aufgeführten Pu- hat gezeigt, dass inzwischen zu allen blikationen hervorgehen, lässt sich durch Themen in unterschiedlicher Ausführ- die weite Themenbreite nicht kurz zu- lichkeit Empfehlungen, Berichte und sammenfassen. Stetig wieder auftreten- Fallbeispiele publiziert sind. Die bekann- de und allgemeine Hinweise im Hinblick teren sind hierbei auf Bundesebene die auf Flächenrecycling sind jedoch eine Arbeiten des Bundesamtes für Bauwe- flexible und frühzeitige Planung, die un- sen und Raumordnung (BBR), des Bun- bedingte Beachtung rechtlicher Vorga- desministeriums für Verkehr, Bau- und ben sowie eine zeitige und intensive Stadtentwicklung (BMVBS) sowie des Zusammenarbeit zwischen allen betei- Umweltbundesamtes (UBA). Beim UBA ligten Akteuren. finden sich insbesondere Veröffentli- chungen im Themenbereich Flächenma- nagement, welche einen speziellen Fo- kus auf den Boden, ökonomische An- reize zum sparsamen und schonenden

111 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Defizite gewährleisten. Insbesondere die im Rah- men des REFINA-Forschungsschwer- Defizite an Publikationen bestehen bei punktes zu erwartenden zahlreichen speziellen Fragestellungen zum Flä- Publikationen sollten in die Datenbank chenrecycling/Flächenmanagement. eingepflegt werden. Die technischen Hierzu zählen z. B. der Themenbereich Vorraussetzungen auch einer externen der Finanzierung/Kostenrechnung. Dies Eingabe von Literatur sind geschaffen, ist aber vor allem auf die nicht zu stan- so dass über die entsprechende Gestal- dardisierenden, stark variierenden Vor- tung von Forschungsvereinbarungen eine aussetzungen der individuellen Projek- weitere Dateneingabe gewährleistet wer- te und Vorhaben zu begründen (Stand- den könnte. ort, Altlasten, Nachnutzungsvorhaben etc.). Zwar sind einige übergreifende Literaturverzeichnis Werke hierzu veröffentlicht (z. B. die Arbeitshilfe des ITVA (2003) Kosten- ITVA (2003): Kostenstrukturen im Flä- strukturen im Flächenrecycling, Finan- chenrecycling. Arbeitshilfe - C 5-2. Juli zierungsmöglichkeiten beim Flächenre- 2003. - Berlin. cycling (SÜßKRAUT et al. 2000)), aber die praktische Nutzung/Anwendung ist SCHRENK, V. (2004): Flächenrecycling nicht selten von der theoretischen Vor- - Kenntnisstand und Erfahrungen in lage abweichend. Deutschland. S. 136 - 143. In: BARCZEWSKI, B., KOSCHITZKY, H.- Unzureichend ist bisher die Verfüg- P., WEBER, K. & R. WEGE (Hrsg.): barkeit von praxisorientiert aufbereiteten VEGAS - Statuskolloquium 2004 - Mit- Ergebnissen/Erkenntnissen, die umge- teilungen des Institutes für Wasserbau, setzt werden können. So ist ein Groß- Heft 131, Eigenverlag Stuttgart. teil der Publikationen ohne einen wirkli- chen Ergebnisteil, ein Fazit oder eine SÜßKRAUT, G., VISSER, W., A. & Zusammenstellung der aus den Unter- BURGERS, W. (2000): Ökonomische suchungen hervorgehenden wesentli- Aspekte der Altlastensanierung. Leitfa- chen Empfehlungen verfasst. Grund- den über Finanzierungsmöglichkeiten sätzlich sollte bei der zukünftigen För- und -hilfen in der Altlastenbearbeitung derung von Forschungsvorhaben ein grö- und im Brachflächenrecycling. - Vorha- ßerer Schwerpunkt auf die Ergebnisver- ben im Rahmen des Umweltforschungs- breitung und damit verbunden der Form planes des BMU FKZ: 298 77 750, UBA- der Veröffentlichung gelegt werden. Texte 04/01, Berlin.

Ausblick http://www.umweltbundesamt.de/altlast/ web1/berichte/finanz/finanz_t.htm Mit Abschluss des Projektes liegt erstmals eine Übersicht zum Stand der Alfaweb, http://www.lubw.baden- Publikationen im Themenbereich Flä- wuerttemberg.de chenmanagement in der Bundesrepub- lik vor. Es ist erforderlich, dass diese Datenbank auch zukünftig weiter ge- pflegt wird, um einen aktuellen Stand zu

112 Instrumente zur In-Wertsetzung von brachliegenden Grundstücken

3.1.2 Der START-UP-Plan - zielgruppenspezifisches Werkzeug zur Unterstützung von Flächenrecyclingprojekten

Uwe Ferber, Volker Schrenk, Jürgen Braun, Jantje Samtleben, Baldur Barczewski, Kai Steffens

Einleitung sich drei Personengruppen unterschei- den: Seit 1990 besteht im Bereich des Um- weltschutzes eine deutsch- ¾ Personen, die ein überwiegendes amerikanische Kooperation zwischen Interesse an finanziellen und wirt- dem Bundesministerium für Bildung und schaftlichen Aspekten bei der Forschung (BMBF) und der Environ- Brachflächenrevitalisierung besitzen mental Protection Agency (EPA). Im (Flächeneigentümer, Investoren, Rahmen der Arbeiten zu diesem Projekt Banken, Entwickler) wurden die Arbeitshilfe zur Erstellung von Start-Up-Plänen für Brachflächen erstellt ¾ Personen mit einem Interesse an (FERBER et al. 2005) sowie gemeinsa- Sicherheitsaspekten (Verwaltungen, me Workshops in den USA und in Anwohner und Nachbarschaften) Deutschland durchgeführt. Innerhalb der Workshops erfolgte ein intensiver Mei- ¾ Personen mit einem Interesse an nungsaustausch zu den Sichtweisen Aspekten der Lebens- und Umfeld- und Lösungsansätzen für ein erfolgrei- qualität (z. B. Bürgerinitiativen und ches Flächenrecycling in den Vereinig- Anwohner). ten Staaten und in Deutschland. Die Um insbesondere Investoren und Träger ausführlichen Dokumentationen der von Projekten der Brachflächenrevitali- Workshops sind in der Schriftenreihe sierung zu überzeugen, ist es notwen- des Deutschen Instituts für Urbanistik dig, deren jeweilige spezifische Interes- in Berlin erschienen (http://www.difu.de/ sen und Anforderungen zu berücksich- publikationen). tigen und dabei die Risiken und Chan- Die Arbeitshilfe zur Erstellung eines cen eines vorgesehenen Flächenrecyc- Start-Up-Plans „Brachfläche“ lingprojektes in einem überschaubaren Umfang transparent und kalkulierbar Grundsätzlich ist die Wiedernutzung von aufzuzeigen. Dies soll durch die im Rah- brachliegenden Grundstücken ein kom- men der deutsch-amerikanischen Zu- plexer Vorgang, der zahlreiche Fachdis- sammenarbeit von deutscher Seite er- ziplinen und Themen umfasst. Hierzu stellte Arbeitshilfe zur Anfertigung von zählen stadtplanerische Fragestellungen „Start-Up-Plänen“ ermöglicht werden. und Umweltfragen, ebenso wie wirt- Mit dieser Arbeitshilfe sollen Initiatoren schaftliche und soziale Aspekte. Diese von Flächenrecyclingprojekten unter- Themen sind für die an Flächenrecyc- stützt werden, ihre Projekte für eine be- lingprojekten beteiligten Personen von stimmte Zielgruppe umfassend und ver- unterschiedlicher Bedeutung, da jeder ständlich in Form eines Start-Up-Plans- Akteur seine eigene Perspektive besitzt. Brachfläche darzustellen. Dadurch soll Als Zielgruppen der Arbeitshilfe lassen eine Stimulierung von Flächenrecycling

113 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen durch die neue Art der Aufbereitung von Die Arbeitshilfe benennt Kernthemen der wichtigen Informationen für Entschei- Brachflächenrevitalisierung, welche in dungsträger erreicht werden. Planung und Umsetzung zu berücksich- tigen sind und beschreibt verschiedene Auf der Grundlage einer standardisier- Vorgehensweisen. Darüber hinaus ent- ten und vereinfachten Gesamtbetrach- hält die Arbeitshilfe einige Praxisbeispie- tung in einer möglichst kompakten Form le, bei denen es sich um die im For- soll ein Start-Up-Plan vor allem schnel- schungsvorhaben involvierten Modell- le Impulse für eine Brachflächenrevitali- standorte handelt. Diese Fallbeispiele sierung geben. Der Start-Up-Plan soll bieten praxisorientierte Impulse, welche dabei in einer frühen Projektphase zum bei der Bearbeitung von künftigen Brach- Einsatz kommen (Abbildung 1). flächenprojekten relevant sein können.

Mit der zusammenfassenden Darstel- lung planerischer, ökologischer, wirt- schaftlicher und sozialer Aspekte von

Start-Up-Arbeitshilfe

Entwicklungsvision Wirts chaftliche Aspekte

Baureifmachung Kulturelle und soziale Aspekte Projektidee Frühzeitige Abstimmung mit Projektbeteiligten

Bestandsaufnahme

Potenzial- und Restriktionsanalyse

Finanzierung Integriertes Nutzungs- Flächen-

Projektvorbereitung und Sanierungskonzept aufbereitung

Realisierung

Bürgerbeteiligung Städtebau / Genehmigungen Verträge Gestaltung

Technische Projektsteuerung

Monitoring Controlling Projektdurchführung

Marketing

Abbildung 1: Mit dem Start-Up-Plan zum erfolg- reichen Flächenrecyclingprojekt Flächenrecyclingprojekten sollen Anre- gungen gewonnen werden, wie verschie- dene Zielgruppen mit entsprechend zu- geschnittenen Projektdarstellungen -

114 Instrumente zur In-Wertsetzung von brachliegenden Grundstücken den Start-Up-Plänen - angesprochen den insofern angesprochen, als dass die werden können. hierzu erforderlichen wesentlichen Kern- aussagen in einem Start-Up-Plan zu- Die erstellte Arbeitshilfe soll grundsätz- sammenfassend dargestellt werden sol- lich dazu dienen: len.

¾ Projektentwickler bei der Erstellung Das Kapitel „Umweltaspekte“ beschäf- von Wirtschaftlichkeits- und Finanz- tigt sich mit der Grundstücksaufberei- plänen zu unterstützen tung bei Flächenrecyclingvorhaben. Es wird hierzu insbesondere darauf hinge- ¾ eine interdisziplinäre Betrachtung wiesen, dass die im Zusammenhang mit der Wechselwirkungen zwischen der Baureifmachung von Grundstücken planerischen, sozialen und ökono- möglichen Probleme durch bestehende mischen Aspekten sowie Umwelt- Kontaminationen beherrschbar sind. gesichtspunkten zu gewährleisten, Neben den Projekten, bei denen eine die häufig durch eine einseitige Altlastensanierung im Sinne des Sichtweise nicht erfolgt BBodSchG notwendig wird, werden auch die bei zahlreichen Projekten erforderli- ¾ eine intensive Zusammenarbeit zwi- chen Schritte des Gebäuderückbaus und schen den verschiedenen Projekt- der Verbesserung des Baugrundes ge- beteiligten (Öffentlichkeit, Investor, nannt. Des Weiteren können auf über Grundstückseigentümer etc.) lange Zeiträume nicht genutzten Flächen bereits in einer frühen Projektphase naturschutzrechtliche Aspekte relevant zu fördern und Projektstrukturen werden, z. B. durch das Vorkommen von festzulegen geschützten Tier- und Pflanzenarten. ¾ Ideen zu unterstützen, die sich auf Wichtig ist im Zusammenhang mit der Potenziale der Kostenreduktion, Berücksichtigung von Umweltaspekten Planungstechniken, Projektnutzen in einem Start-Up-Plan eine erste Ab- und Finanzierungsmöglichkeiten schätzung der entstehenden Kosten bei beziehen. der Baureifmachung.

Der Aufbau der Arbeitshilfe Im Kapitel „Wirtschaftliche Aspekte“ wird u. a. die Analyse der Gesamtwirt- Im einleitenden Kapitel der Arbeitshilfe schaftlichkeit bei einem Flächenrecyc- werden das Ziel und die Vorgehenswei- lingprojekt, die Erstellung von Markta- se bei der Nutzung der Arbeitshilfe er- nalysen und nachfrageorientierten Ver- läutert. Hieran schließen sich Hinweise marktungskonzepten angesprochen. an, wie der Start-Up-Plan unter Verwen- Wichtig für ein erfolgreiches Flächenre- dung der Arbeitshilfe zu erstellen und wie cyclingprojekt ist ein marktorientiertes die anvisierte Zielgruppe zu analysieren Nutzungskonzept. In diesem Zusam- ist. menhang wird auf die Notwendigkeit ei- ner durchdachten Vermarktungsstrate- Das Kapitel „Entwicklungsvision“ befasst gie hingewiesen, die, bei der Überwin- sich schwerpunktmäßig mit der häufig dung eines schlechten Flächenimages für die Projekte ausschlaggebenden des zu entwickelnden Standortes, oft Entwicklung von Leitbildern und deren dringend erforderlich ist. Dieses Kapitel Vermittlung. Planerische Aspekte wer- der Arbeitshilfe gibt zudem auch Hinwei-

115 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen se zur Flächenbewertung. Erforderlich es wichtig, ein möglichst schlankes Do- sind hierzu die Ermittlung der voraus- kument zu erstellen, das nur so ausführ- sichtlichen Projektkosten und der zu lich und detailliert ist, wie es für die Ent- erwartenden Erträge, die Bewertung von scheidungen der jeweiligen Zielgruppe Finanzierungsmöglichkeiten sowie eine erforderlich ist. Entsprechend dieser Risikoanalyse. Forderung sollten die in einem Plan ent- haltenen Informationen möglichst voll- Im Kapitel „Kulturelle und Soziale As- ständig, verständlich und zielgruppenge- pekte“ wird aufgezeigt, welche Bedeu- recht aufbereitet sein. Dies hat zur Kon- tung die Denkmalpflege, die soziale sequenz, dass ein Start-Up-Plan für eine Stadterneuerung und berufliche Qualifi- Bank anders aussieht als der Plan für zierungsmaßnahmen im Zusammen- eine Kommune. Der Plan sollte einen hang mit Flächenrecyclingvorhaben ha- Umfang von 10 Seiten nicht übersteigen. ben. In diesem Kontext wird auch auf Mit dem Start-Up-Plan soll es gelingen, die Bedeutung der Identität eines Alt- alle bei einem Projekt betroffenen An- standortes hingewiesen, die z. B. durch spruchsgruppen einzubinden. Aufgrund den Verbleib und die Nutzung von alter der Heterogenität der verschiedenen Bausubstanz erhalten werden kann. Akteure kann dies sehr schwierig sein. Hierdurch ist in vielen Fällen die Steige- rung der Akzeptanz eines Projektes für Bei der Nutzung der Arbeitshilfe zur Er- die Anwohner möglich. Es gibt zahlrei- stellung eines Start-Up-Plans wird fol- che Projektbeispiele, bei denen die Ein- gende Vorgehensweise empfohlen: beziehung der Bevölkerung in eine Flä- chenrecyclingmaßnahme besonders ¾ Festlegung und konkrete Abgren- wichtig ist. Hierzu ist es erforderlich, die zung des Standortes entsprechenden relevanten Personen- gruppen zu identifizieren und die Mög- ¾ Analyse der Schlüsselelemente der lichkeiten einer aktiven Beteiligung zu Projektidee eruieren. ¾ Analyse der für das Projekt bedeu- Die Arbeitshilfe ist keine weitere Publi- tenden Zielgruppen kation, wie Flächenrecyclingprojekte ¾ Identifikation der Schlüsselinforma- abgewickelt werden sollen. Derartige tionen, die der Zielgruppe vermittelt Veröffentlichungen in Form u. a. von Be- werden sollen richten und Arbeitshilfen sind in großer Anzahl erfolgt. Diese Publikationen wur- ¾ Konzentration und Beschränkung den in einem quasi in Ergänzung ste- auf diese Schlüsselinformation henden Projekt zusammengetragen (vgl. Kapitel 3.1.1 i. d. B). ¾ Informationsbeschaffung

Der auf Basis der Arbeitshilfe zu erstel- ¾ ggf. Durchführung eines Besichti- lende Start-Up-Plan soll als Dokument gungstermins in einem bestimmten Format die wichti- gen Akteure bei ihrer Arbeit einer erfolg- ¾ Entwurf des Plans, Berücksichti- reichen Flächenrevitalisierung unterstüt- gung der Präsentationsmöglichkeit zen. Ein Start-Up-Plan soll jeweils ziel- gruppenorientiert verfasst sein. Dabei ist

116 Instrumente zur In-Wertsetzung von brachliegenden Grundstücken

¾ Beginn mit Stichpunkten zum Infor- und die attraktive Lebensraumgestaltung mationsbedarf/Schlüsselinformatio- auf Altflächen. nen Literatur ¾ Erstellung der Projektbeschreibung. FERBER, U., BARCZEWSKI, B., Auf deutscher Seite wurden im Rahmen PREUß, T., SCHRENK, V., STEFFENS, des Forschungsvorhabens bisher für zwei K. & WEBER, K. (Hrsg.)(2005): Start- Standorte Start-Up-Pläne mit der vorlie- Up-Brachfläche. Arbeitshilfe zur genden Arbeitshilfe erstellt. Hierbei Erarbeitung von Projektplänen. - VEGAS konnte gezeigt werden, dass die erstell- - Institut für Wasserbau, Universität ten Pläne für die am Projekt beteiligten Stuttgart. Personen einen großen Nutzen hatten.

Ausblick

Es ist vorgesehen, dass die Arbeitshilfe zur Erstellung von Start-Up-Plänen nun an zahlreichen Standorten zum Einsatz kommen soll und so einem umfassen- den Praxistest unterzogen wird. Die dadurch gewonnenen Erfahrungen sol- len in eine Verbesserung der Arbeitshil- fe einfließen, diese überarbeitet und mit einem professionellen Layout versehen auf den Markt gebracht werden. Die ak- tuelle Arbeitshilfe ist über VEGAS, Uni- versität Stuttgart, erhältlich.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die amerikanische Um- weltbehörde EPA wollen ihre Zusam- menarbeit im nachhaltigen Flächenma- nagement auch weiterhin fortsetzen. Die bilaterale Kooperation soll auf deutscher Seite an das nationale „Förderprogramm zur Reduzierung der Flächeninanspruch- nahme und für ein nachhaltiges Flächen- management (REFINA)“ angebunden werden. Interessante Themenbereiche auf deutscher und amerikanischer Sei- te sind dabei unter anderem das flexib- le Projektmanagement beim Flächenre- cycling, das sich an verändernde Rah- menbedingungen und Zielsetzungen an- passt, das Flächenrecycling im Rahmen eines regionalen Flächenmanagements

117 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

3.1.3 Grüne Wiese entwickeln oder Brache revitalisieren? - Die Boden-Wert-Bilanz

Peter Doetsch, Anke Rüpke, Harald Burmeier

Der Flächenverbrauch hält sich auf ho- Bewertungsansatz entwickelt, der für hem Niveau. 115 ha Siedlungs- und Ver- eine gewerbliche Nutzung den finanziel- kehrsfläche sind 2001-2004 jeden Tag len Vergleich zwischen den Flächenal- auf Kosten der freien Landschaft neu ent- ternativen „Naturfläche“ und „Brachflä- standen. Die damit verbundenen Beein- che“ eröffnet. Der Bewertungsrahmen trächtigungen haben zahlreiche bundes- umfasst neben den unmittelbaren Opti- politische Initiativen in Gang gesetzt. onen für die Nutzer (Bebaubarkeit, Ver- Dem Ziel, die Flächeninanspruchnahme kehrsanbindung, technische Infrastruk- auf 30 ha pro Tag bis zum Jahr 2020 zu tur, Planungsrecht, Nutzungseinschrän- reduzieren, ist das Land in den letzten kungen udg.) auch die ökologischen, Jahren trotzdem kaum näher gekom- städtebaulichen und raumstrukturellen men. Den Trend konnten bisher auch die Konsequenzen der Flächeninanspruch- aufgegebenen Bestandsflächen nicht nahme und bringt die Qualitäten und Be- umkehren. Dem Bedarf an Bauflächen lastungen als finanzielle Größen zum stehen bundesweit rund 128.000 ha ge- Ausdruck. genüber, die auf eine Folgenutzung war- ten. Ihre Revitalisierung könnte den Flä- Die Grundlogik der Boden - Wert - Bi- chenverzehr drosseln und den Anspruch lanz besteht darin, das komplexe Ent- an eine nachhaltige Siedlungsentwick- scheidungsfeld der Flächeninanspruch- lung erfüllen. Der beste Schutz natürli- nahmen durch quantifizierbare Kriterien cher Ressourcen liegt darin, sie nicht zu operationalisieren, die das Kommu- zu beanspruchen. nalinteresse (Standortpotenzial), das In- vestoreninteresse (Nutzungspotenzial) Der ökologische Nutzen der Revitalisie- sowie übergeordnete, ökologische und rung von Brachflächen steht außer Fra- stadt- und raumstrukturelle Gesichts- ge, aber die Flächennutzung wird durch punkte (Standortwertigkeit) abbilden Marktpreise dominiert, die dem tatsäch- (vgl. Abbildung 1). Da bei derartigen Ent- lichen Wert eines Grundstücks häufig scheidungen bisher die ökonomischen nicht entsprechen. Die mit der Reakti- Merkmale überwiegen, während die ge- vierung eines Geländes verbundenen sellschaftlichen Determinanten eher als positiven Effekte für die lokale und marginal betrachtet werden, kommt im womöglich regionale Situation werden vorliegenden Ansatz der Bewertung der weitgehend vernachlässigt, weil sie sich ökologischen, stadt- und raumstruktu- nicht in der Preisbildung niederschlagen. rellen Kriterien eine hohe Relevanz zu, Ebenso wenig quantifiziert werden die um die Entscheidung über Neuansied- verzehrten Ressourcen bei der Bebau- lungen auf der grünen Wiese bzw. die ung von Standorten auf der grünen Wie- Alternative auf Brachflächen vor allem se. auch davon abhängig zu machen, inwie- weit dem Schutzbedürfnis der nicht Im Auftrag des Umweltbundesamtes erneuerbaren und begrenzten Ressour- wurde mit der Boden - Wert - Bilanz ein ce „Boden“ im Sinne der zu fordernden

118 Instrumente zur In-Wertsetzung von brachliegenden Grundstücken

„Kostenwahrheit“ Rechnung getragen und Folgeleistungen messen, sowie Kri- wird. terien, die die Vermarktungswahrschein- lichkeit quantifizieren. Vor diesem Hin- Das Ziel der Bewertung über die drei ma- tergrund profilieren die sechs Kriterien teriellen Bewertungsblöcke „Standortpo- „Flächengröße, Bebaubarkeit, zeitliche tenzial“, „Nutzungspotenzial“ und „Stand- Verfügbarkeit, Einbindung in das Ver- ortwertigkeit“ liegt darin, von den vorhan- und Entsorgungsnetz, Einbindung in das denen Flächenalternativen (Naturfläche Straßenverkehrsnetz, Anbindung an den resp. Brachfläche / Altlast) diejenige als ÖPNV“ eine Fläche für die gewerbliche prioritär für gewerbliche Nutzungen zu Nutzung (vgl. Abbildung 2). charakterisieren, die bezogen auf die Kommunalinteressen, die Investorenan- Das „Nutzungspotenzial“ spiegelt sprüche sowie das ökologische, stadt- vornehmlich die Investorenansprüche an und raumstrukturelle Entscheidungsprofil den Standort wider; deshalb fließen die und unter Berücksichtigung der Flächen- Merkmale in die Bewertung ein, die aus aufbereitungskosten, der Sanierungs- Investorensicht eine optimale Nutzbar- kosten sowie der Verkaufserlöse den keit gewährleisten. Bewertungsrelevant höchsten, integralen Nutzen gewährleis- ist das vom Standort eröffnete Nutzungs- tet. potenzial u. U. nach der Durchführung resp. Einleitung der notwendigen Aufbe- reitungsmaßnahmen, die bei Brach- flächen eventuelle Sanierungsnot- wendigkeiten einschließen.

Allgemeine Anforderungsprofile aus Industrie und Gewerbe belegen, dass optimale Verkehrsanbindung, gute Lagequalität und restriktionsfreie Nutzbarkeit zu den zentralen Ansprü- chen der Investoren zählen. Daneben steht die Diskussion über eventuelle Kontaminationen die Frage der Haf- tungssicherheit, auch vor dem Hin- tergrund der erforderlichen Versiche- rungen sowie der notwendigen Kre- dite, im Vordergrund der Investoren- ansprüche. Planungs- und genehmi- gungsrechtliche Auflagen sowie das Abbildung 1: Beurteilungsraster der Boden – Wert – Bilanz Standortimage runden die Investorenan- forderungen an das Nutzungspotenzial Das „Standortpotenzial“ quantifiziert den ab. kommunalen Wert einer Fläche für die gewerbliche Nutzung durch die Abbil- Die „Standortwertigkeit“ beinhaltet Be- dung der grundlegenden Nutzungs- / In- wertungen der ökologischen sowie der Wertsetzungseignung. Den Maßstab stadt- und raumstrukturellen Flächen- bilden vor allem Merkmale, die die even- funktionen und bildet damit den umwelt- tuell erforderlichen kommunalen Vor- politisch / gesellschaftlichen Kontext der Flächeninanspruchnahme ab. Bewertet

119 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen werden sollen der „Ohne - Fall“ (Aus- und „Lebensräume“ als Merkmale be- gangssituation ohne Neu- resp. Erstnut- rücksichtigt und zu quantifizierungsfä- zungsmaßnahme) als auch der „Mit - higen Kriterien weiter differenziert. Un- Fall“ (Zielsituation mit Neu- resp. Erst- ter dem Gesichtspunkt des Merkmals nutzungsmaßnahme). „Boden“ wird die natürliche Funktions- fähigkeit des Bodens durch die Kriteri- Da die ökologischen Flächenfunktionen en „Bodenstruktur“, „Topographie / Reli- gegenüber den stadt- und raumstruktu- ef“ und „Bodenqualität“ abgebildet. Der rellen Merkmalen in den Bewertungsblö- Funktionsbereich „Wasser“ spiegelt sich cken „Standortpotenzial“ und „Nutzungs- in den Kriterien „Grundwasserneubil- potenzial“ in Entsprechung zum abge- dungsrate“ und „Grundwasserqualität“ bildeten Interessengefüge deutlich unter- wider, wobei als Bewertungsmaßstab repräsentiert sind, werden im Sinne der jeweils der Natürlichkeitsgrad benutzt angestrebten Intersubjektivierung, bei wird. Für den Funktionsbereich „Luft / der „Standortwertigkeit“ die ökologischen Klima“ im Sinne des klimaregulierenden Belange durch acht Kriterien, die stadt- Ausgleichspotenzials werden die Krite- strukturellen Gesichtspunkte durch vier rien „Wertigkeit der Fläche für den Luft- Kriterien sowie die raumfunktionalen austausch“ und „Wertigkeit der Fläche Zusammenhänge durch zwei Kriterien als Frisch- und Kaltluftentstehungsge- abgebildet. biet“ herangezogen. Die Biotopqualität (Funktionsbereich „Lebensräume“) der Für die Quantifizierung der ökologischen Standorte wird durch den Natürlichkeits- Wertigkeit werden die Funktionsberei- grad der vorliegenden Biotoptypen und che „Boden“, „Wasser“, „Luft / Klima“ ihre Flächenanteile abgebildet.

Abbildung 2: Das Kriterienspektrum Boden – Wert – Bilanz

120 Instrumente zur In-Wertsetzung von brachliegenden Grundstücken

Zur Quantifizierung der städtebaulichen zu identifizieren, mussten alternative und raumstrukturellen Wertigkeit der Größen herangezogen werden. Weil es Standorte werden die Kriterien „Stadt- weder für die betroffenen Naturgüter, strukturelle Funktionsfähigkeit des noch für die städtebauliche und raum- Standortes“, „Funktionsfähigkeit der Ver- strukturelle Qualitäten Marktpreise gibt, flechtungsbeziehungen“, „Stadtstruktu- ist der Versuch unternommen worden, relle und -funktionale Zusatzeffekte“, marktanaloge monetäre Äquivalente zu „Stadt- und Landschaftsbild“, „Funkti- ermitteln (vgl. Abbildung 3). Dazu gehö- onsfähigkeit des Standortes im räumli- ren z. B. die Aufwendungen, die erfor- chen Verflechtungsgefüge“ und „Homo- derlich sind, um den Nutzen auf eine genität der Siedlungsstruktur“ herange- andere Weise zu realisieren, wie Aus- zogen. weichkosten oder Kompensationskos- ten, die Kosten für Ersatzleistungen oder Die jedem Kriterium innerhalb der Erfül- die Kosten der zu erwartenden Folge- lungsspanne zugeordneten fünf bzw. drei schäden. Als Indiz für den monetären Wertstufen beruhen auf einem im Vor- Wert eines öffentlichen Gutes kann auch feld entwickelten einheitlichen Maßsys- die Wertschätzung seiner Konsumen- tem, das die Kriterien über funktionale ten zugrunde gelegt werden, die durch Parameter (Natürlichkeit, Flächenantei- die Zahlungsbereitschaft zum Ausdruck le, Strukturvielfalt) definiert. Die dabei kommt. gewonnenen Wertziffern sind über me- thodische Hilfsansätze in eine monetä- Die Kostenermittlung ist im Wesentli- re Dimension überführt worden, um die chen über eine plausible Abschätzung Wertgewinne und Wertverluste durch der Vermeidungs- oder Beseitigungskos- eine gewerbliche Flächeninanspruch- ten vorgenommen worden. Dabei sind die nahme in • pro Quadratmeter für Natur- Beseitigungskosten auch so quantifiziert flächen und Altstandorte direkt gegenü- worden, dass jeweils die Herstellkosten berzustellen. Die monetäre Bewertung für die durch das Kriterium beschriebe- von Qualitäten, Einschränkungen und ne wünschenswerte Situation in Ansatz Effekten ermöglicht die direkte Verrech- gebracht wurden. Ausgangspunkt der nung mit den Kosten und Erlösen von Sa- nierung, Erschlie- ßung und Verkauf.

Insbesondere die ökonomische Analy- se ökologischer Leis- tungen warf bei der Entwicklung der Bo- den - Wert - Bilanz beträchtliche metho- dische Probleme auf. War der physische Zustand bzw. die Be- einträchtigung nicht Abbildung 3: Monetärer Flächenwert der Frischluftentstehung

121 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Monetarisierung der in dieser Form er- Bereichen zur Ermittlung der Kosten ge- fassbaren Kriterien sind somit Marktprei- neralisierende Analogieschlüsse gezo- se der betrachteten Umweltgüter selbst gen werden. oder die Preise alternativer Güter. Mit den in monetären Größen über das Als Beispiel der ökologischen Wertig- Kriterienraster abbildbaren Flächenqua- keit und hier der Wertigkeit als Kalt- und litäten werden, unter Anwendung diffe- Frischluftentstehungsgebiet soll die Ab- renzierter Messvorschriften, die für eine leitung des monetären Flächenwertes in gewerbliche Nutzung verfügbaren Flä- Abb. 3 dienen. chenalternativen Brachfläche oder Natur- fläche bezüglich des vorliegenden Stand- Darüber hinausgehend gibt es jedoch ortpotenzials (SP), des die Nutzeranfor- auch Kriterien, für die keine monetäre derungen widerspiegelnden Nutzungspo- Bewertung über Marktpreise (Opportu- tenzials (NP) sowie der aus der gewerb- nitätskosten, Kosten von Alternativen, lichen Nutzung resultierenden Standort- Kosten von Ausgleichsmaßnahmen) wertigkeitsveränderung (SWÄ) beurteilt durchgeführt werden kann. Hier sind (vgl. Abbildung 4). insbesondere die ästhetisch-visuellen Kriterien sowie die städtebaulichen und Über die direkte Verrechnung mit den raumstrukturellen Merkmale des Bewer- Sanierungskosten (SK), Aufbereitungs- tungsansatzes zu nennen. Da im Rah- kosten (AK) und Verkaufserlösen (VE) men des Verfahrens keine spezielle Be- errechnet sich der Resultierende Mone- fragung durchgeführt werden konnte, um täre Wert (RMW) einer zur baulichen Nut- die Nachfrage nach immateriellen Gü- zung vorgesehenen Fläche zu.

RMW = (∑∑SP + NP) + ∑SW∆ − (AK + SK) + VE []€ / m 2

tern sowie die dafür anzusetzenden Wer- Die Berechnung kann für jedes beliebi- te zu quantifizieren, mussten in diesen ge Standortpaar anhand eines entspre- chenden Datenblatts durchgeführt wer- den. Das Bewertungsergebnis verdeut-

Abbildung 4: Der Bewertungsalgorithmus der Boden – Wert – Bilanz

122 Instrumente zur In-Wertsetzung von brachliegenden Grundstücken licht nicht nur, welche In-Wert-setzungs- Mit der Zielsetzung einer „nachhaltig zu- alternative zu präferieren ist; neben dem kunftsverträglichen Entwicklung“ muss höchsten, Resultierenden Monetären in vielen Bereichen der industriellen und Wert (RMW) stellt die Bewertung auch gewerblichen Produktionen die Forde- präzise die Wertdifferenzen zwischen rung nach „ökologisch ehrlicheren Prei- der gewerblichen Inanspruchnahme ei- sen“ erhoben werden. Angesichts der ner Naturfläche und einer Brachfläche Notwendigkeit den Flächenverbrauch fest. Die bisherigen Praxisanwendungen deutlich zu reduzieren sollte auch die der Boden - Wert - Bilanz in Lübeck, Frage der „ökologisch ehrlicheren Stand- Dresden, Langelsheim, Goslar und Bad orte“ diskutiert werden. Harzburg bestätigen, dass die Revitali- Die Boden - Wert - Bilanz kann für die sierung von Brachflächen gegenüber der Umsetzung des Ziels, auch den Umgang Nutzung von Naturflächen in der Regel mit Flächen an ihrem Kreislauf auszu- die eindeutig bessere Alternative ist. richten, einen wichtigen Beitrag leisten. Dabei sind, bei vergleichbaren Werten für das Standort- und Nutzungspotenzi- al, die hohen positiven RMW für die Brachflächen im Wesentlichen dadurch bedingt, dass die Ausgangssituation der Standortwertigkeit (ökologische, städte- bauliche und raumstrukturelle Kriterien) in der Regel eindeutig negativ zu bewer- ten ist und durch die Revitalisierung zahl- reiche bedeutsame positive Effekte er- zielt werden. Für die Naturflächen ergibt sich demgegenüber mit ihrer hohen Standortwertigkeit in der Ausgangssitu- ation, dass hier unter Annahme einer ge- werblichen Nutzung mit erheblichen Ver- schlechterungen zu rechnen ist. Die Boden – Wert – Bilanz bildet die Realität, die allerdings so nicht wahrge- nommen wird, richtig ab.

Bei Naturflächen wird ein hoher ökologi- scher sowie stadt- und raumstrukturel- ler Wert durch die gewerbliche Inan- spruchnahme im Wesentlichen vernich- tet, während bei ehemals genutzten Flä- chen ein brachliegender gesellschaftli- cher Nutzen, der sich in einer negativen Ausgangssituation darstellt, derartig positiv aktiviert werden kann, dass, trotz Einrechnung der Sanierungskosten, ein sehr hoher Resultierender Monetärer Wert abgeschätzt werden kann.

123 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

3.2 Ansätze zur Beschleunigung der Brachflächenreaktivierung

3.2.1. Passierschein für die Wieder- Investor liegt einerseits in der zeitlichen nutzung – Der Flächenpass Einsparung bei der Informationsbeschaf- fung und andererseits in der Vergleich- 3.2.2. Randbedingungen zur barkeit unterschiedlicher Standorte. Wiedernutzung von Brachflä- chen Im Weiteren werden hier zwei Beiträge zur Beschleunigung der In-Wertsetzung 3.2.3 Beschleunigungsansätze für von Brachflächen vorgestellt, welche auf das Flächenrecycling jahrelangen praktischen Erfahrungen beruhen. Hierbei handelt es sich mit Ein entscheidendes Hemmnis der In- Beiträgen der Landesentwicklungsge- Wertsetzung von brachliegenden Grund- sellschaft (LEG) und dem Altlastensa- stücken gegenüber der Inanspruchnah- nierungs- und Altlastenaufbereitungsver- me der grünen Wiese ist deren fehlende band (AAV) um Beispiele aus dem Bun- sofortige Verfügbarkeit und das Vorhan- desland Nordrhein-Westfalen. Dabei wird densein von zusätzlichen Risiken der zunächst auf vorhandene Hemmnisse Entwicklung für den Investor. Neben der Brachflächenentwicklung eingegan- kostenseitigen Mehrbelastungen, wel- gen, bevor anschließend Ansätze zur che durch Gewährung von Fördermitteln Beschleunigung aufgezeigt werden. Die zum Teil ausgeglichen werden können, Typisierung von Brachflächen und deren gewinnt der zeitliche Aspekt weiter an Flächenverfügbarkeit steht dabei ebenso Bedeutung. Die bisherige Praxis der im Mittelpunkt der Betrachtungen, wie Bevorratung von baureifen Flächen durch die organisatorischen Fragestellungen. die öffentliche Hand ist aus finanziellen Gründen nur noch sehr eingeschränkt Als Beschleunigungsansätze werden die möglich. Aus gleichem Grund musste Erstellung von kommunalen Brachflä- von der Methodik der 100-prozentigen chenkatastern, alternative Finanzie- Sanierung von Grundstücken ohne vor- rungsmöglichkeiten, ein professionelles herige Kenntnis der Nachnutzung Ab- Projektmanagement, die aktive Mitwir- stand genommen werden. Es stellt sich kung der Behörden, die Absicherung von somit die Frage, welche Maßnahmen Flächenrecyclingprojekten durch Versi- und Instrumente sind notwendig, um die cherungsverträge und ein vorbeugendes Brachflächen einer Nachnutzung zuzu- Flächenrecycling bei laufenden Betrie- führen. ben erörtert.

Im Rahmen eines Forschungsvorhabens des Umweltbundesamtes wurde mit dem Flächenpass ein Instrument zur kompri- mierten und einheitlichen Erfassung der investitionsrelevanten Daten entwickelt. Der Vorteil des Flächenpasses für den

124 Instrumente zur In-Wertsetzung von brachliegenden Grundstücken

3.2.1 Passierschein für die Wiedernutzung – Der Flächenpass

Michael Hanke, Herbert Klapperich

Ausgangslage und Instrumente zum Abbau des jewei- ligen Hemmnisses aufzuzeigen. Vor dem Hintergrund der Verkürzung der Nutzungszyklen von Grundstücken in Jede Investitionsentscheidung ist natur- Folge der gestiegenen Mobilität der Un- gemäß mit Chancen und Risiken verbun- ternehmen und der Bevölkerung sind In- den. Die obigen Kostenrisiken können strumente erforderlich, mit deren Hilfe durch geeignete Maßnahmen (Verträge) das Potenzial der jeweiligen Flächen auf ein vertretbares Maß reduziert wer- zeitnah erfasst und fortgeschrieben wer- den. Die Inanspruchnahmerisiken auf den kann. Dies ist eine Grundvorausset- Grund von Haftung für Schäden aus der zung zur Vermeidung des langfristigen Vornutzung sind insbesondere in den Brachfallens von Flächen und betrifft neuen Bundesländern mit dem Instru- sowohl die gewerbliche Nutzung als ment der Altlastenfreistellung bei indus- auch die wohnungswirtschaftliche Nut- triellen Großstandorten abgesichert. Die zung. verbleibenden Restrisiken werden durch den Abschluss entsprechender Versiche- Der Wiedernutzung von Brachflächen rungen, Bürgschaften und Garantien stehen eine Vielzahl von Hemmnissen unter unternehmerischen Gesichtspunk- gegenüber. In der nachfolgenden Tabel- ten kalkulierbar. le wurde der Versuch unternommen, ausgewählte Hemmnisse zur Revitalisie- Eine Grundvoraussetzung für die In- rung von Brachflächen den einzelnen Wertsetzung von brachliegenden Grund- Risikoarten einer Investition zuzuordnen stücken ist die kurzfristige Bereitstellung

Risikoart Hemmnisse Instrumente zum Abbau Entwicklungs- Kooperationsmodelle (PPP) /Genehmigungszeitraum Kostenrisiken Erkundung / Untersuchung Altlastenverdacht Öffentlich-rechtlicher Vertrag Sanierungserfordernis

Haftung für Schäden aus der Freistellung, Versicherung Inanspruchnahmerisiken Vornutzung Bürgschaft, Garantien Insolvenz des Eigentümers

Keine Ausweisung zusätzlicher Konkurrierende Unternehmerische Flächen, Flächenangebote Risiken Nutzungsbeschränkungen Finanzielle Mehrbelastungen Förderung der Sanierung

125 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen und Verfügbarkeit der benötigten In- formationen. Für deren Erfassung wurde im Rahmen eines UBA-For- schungsvorhabens mit dem Flächen- pass ein Instrument zur komprimier- ten Darstellung der für Investitionen bzw. Nachnutzungen wesentlichen Daten entwickelt. Auf Grund des Vor- handenseins zusätzlicher Informatio- nen zu einem frühen Zeitpunkt der Entscheidungsfindung können vor- handene Hemmnisse abgebaut wer- den.

Inhalt des Flächenpasses

Deckblatt

Das Deckblatt des Flächenpasses be- Abbildung 2: Lage der Gewerbegebiete in Frei- inhaltet die allgemeinen Daten zur Flä- berg (Quelle SAXONIA) che, die Angabe von Kontaktadressen Der Flächenpass umfasst 5 Rubriken, sowie grafische bzw. fotografische Dar- welche nachfolgend auszugsweise und stellungen der Fläche. beispielhaft vorgestellt werden.

Grundstücksdaten

Lage

Verkehrsanbindung

Umfeld

Vornutzung

Vorhandene Bebauung

Denkmalschutz

Verfügbarkeit

Entscheidungsrelevant für oder Abbildung 1: Nachnutzung einer Brachfläche gegen eine Investition sind neben der in Freiberg - ehem. Kühlerbau (Quelle SAXONIA) Lage insbesondere die Verkehrsanbin- dung. Die vorhandenen Potenziale bzw. Risiken lassen sich beispielsweise aus der Vornutzung, dem Umfeld und der vor- handenen Bebauung ableiten. Daneben spielt die zeitliche Verfügbarkeit der Flä-

126 Instrumente zur In-Wertsetzung von brachliegenden Grundstücken

che eine entscheidende Rolle für deren Infrastruktur Nachnutzbarkeit. Unter der Rubrik „Angaben zum Wirt- Soweit Gebäude bzw. Grundstückstei- schaftsstandort“ erfolgen Informationen le unter Denkmalschutz stehen, kann zu den wirtschaftlichen Rahmenbedin- dies zur Einschränkung in der Nutzung gungen für ein Investment. Dies beinhal- führen oder zu Mehraufwändungen in tet Daten zur Einwohnerstruktur, den Form von Auflagen. Eine entsprechen- angesiedelten Wirtschaftsbereichen, de Angabe im Flächenpass ist daher er- dem Kaufkraftindex, den Hebesätzen für forderlich. die Grund- und Gewerbesteuer sowie zur Infrastruktur. Diese Randbedingungen Bewertung/Finanzierung haben unmittelbare Auswirkungen auf die Beschaffung, die Produktionskosten Verkehrswert bzw. auf den Absatz von Produkten oder Dienstleistungen. Bewertungskennziffern Baurechtliche Rahmenbedingungen Kosten der Sanierung Städtebaurechtlich Förderfähigkeit Bauordnungsrechtlich Die Wirtschaftlichkeit einer Investition wird maßgeblich von deren Kosten be- Baulasten einflusst. Aus der Angabe des Verkehrs- wertes und entsprechender Bewertungs- Grundbuch kennziffern lassen sich erste Rück- schlüsse auf die Rentabilität einer Inves- Infrastruktur tition ableiten. Die Zulässigkeit von Bauvorhaben bzw. Insbesondere die Kosten für eine erfor- Investitionen ist abhängig von den städ- derliche Sanierung sind zusätzliche Auf- tebaulichen und bauordnungsrechtlichen wendungen, welche mit erheblichen Rahmenbedingungen. Daneben spielen Mehraufwendungen verbunden sein kön- eingetragene Baulasten und grund- nen. Durch die Inanspruchnahme von buchliche Belastungen eine maßgebli- vorhandenen Fördermitteln für Sanie- che Rolle für die Realisierbarkeit von rungsaufwendungen oder in Form von Baumaßnahmen. Investitionszuschüssen kann die ge- plante Investition rentabel bzw. erst re- Baugrunddaten alisierbar werden. Erschließung Angaben zum Wirtschaftsstandort Baugrunderkundung Einwohnerstruktur Altlastenverdacht Wirtschaftsbereiche Altlastenerkundung Kaufkraftindex Sanierungserfordernis Hebesätze

127 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Altlastensanierung mierten Umgang mit den verfügbaren Flächen ist. Gleichzeitig wird das Ziel Die vorhandene Erschließung bildet die der Reduzierung der Flächeninanspruch- Grundvoraussetzung für die technische nahme in Form der nachhaltigen Boden- Ver- und Entsorgung der geplanten In- nutzung insofern unterstützt, dass vestition. Die standsicherheitstechni- Brachflächen wieder ins Gespräch kom- schen Randbedingungen sind Gegen- men und bei vorhandenem Potenzial dem stand der Baugrunderkundung. Flächenkreislauf wieder zugeführt wer- den. Bei der Nachnutzung vorgenutzter Grundstücke stellt sich insbesondere die Literatur Frage des Vorhandenseins von Altlas- ten bzw. Kontaminationen. Angaben zur Schlussbericht zum UBA-Forschungs- Altlastenerkundung/-sanierung, dem vorhaben „Anforderungen an die Flächen- Sanierungserfordernis und zum Sanie- qualität nach Abschluss einer Brachflä- rungsstand sind daher wesentlicher Be- chenaufbereitung und Monitoring- standteil des Flächenpasses. konzepte für deren Folgenutzung auf vormals altlastenrelevanten Standorten“ Der Beschaffungsaufwand der im Flä- chenpass enthaltenen Daten wurde im Rahmen einer Befragung, der am For- schungsvorhaben beteiligten Akteure, ermittelt. Lediglich die Informationsbe- schaffung zur Baugrunderkundung wur- de dabei als hoch eingeschätzt.

Fazit

Mit Hilfe des Flächenpasses erhalten die beteiligten Akteure kurzfristig erste grundlegende Informationen zu einer Flä- che bzw. zu einem Grundstück. Dies ist sowohl im Rahmen von Investitionsent- scheidungen, als auch bei der Planung der weiteren Flächennutzung von Bedeu- tung. Im Rahmen des kommunalen Flä- chenmanagements kann durch die Hin- zuziehung vorhandener Flächenpässe der betroffenen Grundstücke der Zeit- raum der Informationsbeschaffung erheb- lich verkürzt werden, und eine Vergleich- barkeit der verschiedenen Grundstücke kann bei Variantenentscheidungen ver- bessert werden.

Der Flächenpass stellt somit ein Instru- ment des Flächenrecyclings dar, des- sen Anwendung ein Beitrag zum opti-

128 Instrumente zur In-Wertsetzung von brachliegenden Grundstücken

3.2.2 Randbedingungen zur Wiedernutzung von Brachflächen

Rolf Heyer

Die erneute Nutzung bereits einmal ge- Vergleich zwischen dem Grundstücks- nutzter, d.h. bebauter, ausgebeuteter fonds im Ruhrgebiet und Projekten in oder auf der Oberfläche z.B. durch La- Nord-Ost England, zeigen keine großen gerung genutzter Flächen gewinnt im zeitlichen Unterschiede. Die Entwick- Rahmen des Stadtumbauprozesses lung von Brachflächen vom Erwerb durch immer mehr an Bedeutung. einen Entwickler bis zum Abschluss des Projektes dauert zwischen 7 und 15 Jah- Dabei haben viele Beobachter den Ein- ren. Dabei entfällt auf die Zeit zwischen druck, dass sich die Zeit zwischen Nut- Verfügbarkeit der Fläche für den Ent- zungsbeginn und Nutzungsaufgabe ver- wickler und Vermarktbarkeit ein Zeit- kürzt, die Zeit zwischen Brachfallen der raum von 4 bis 7 Jahren. Fläche und neuer Nutzung hingegen ver- längert. Auch werden die „Quellen“ für brachfal- lende Flächen umfangreicher. Waren es Wie lange dauert Flächenrecycling ei- in der Vergangenheit fast ausschließ- gentlich? Die Antwort auf diese einfache lich gewerblich genutzte Flächen, so Frage ist schwierig zu geben. Denn die kommen seit der Mitte der 80er Jahre Gegenfrage muss lauten: Von welchem Militärflächen (wie zuletzt im 19. Jahr- Ereignis ab soll gerechnet werden? Von hundert mit der Entfestigung unserer der Entscheidung des Nutzers, die Flä- Städte), Verkehrsflächen, vor allem der chen nicht mehr zu nutzen, den Betrieb Bahn, Wohnbaubrachen und neuerdings stillzulegen? Von der Entscheidung des Handelsbrachen hinzu. Eigentümers an, eine Nachfolgenutzung anzustreben? Von der Entscheidung des Dransfeld hat die Brachflächen nach ih- Gemeinderates an, grundsätzlich neues rer Verwendbarkeit typisiert: (2005, er- Planungsrecht für die Fläche anzustre- gänzt und verändert) ben? Im Vergleich mit Flächen auf der grünen Wiese müsste man immer von Typ I Gute Verwendbarkeit, kaum der Entscheidung des Gemeinderates für Handlungsbedarf der öffentlichen Hand, neues Planungsrecht ausgehen. In der z. B. innenstadtnahe, sofort bebaubare öffentlichen Wahrnehmung aber wird Flächen mit Nachfragedruck, rentier- immer von der Entscheidung des Nut- liche Entwicklung möglich zers/Eigentümers, die Nutzung zu beenden, ausgegangen. Und zwischen Typ II Fläche mittlerer Verwendbarkeit, diesem Zeitpunkt und der Entscheidung Planungsbedarf durch Nutzungsände- des Gemeinderates können Jahre lie- rung, Nachnutzung durch ungewisse pla- gen. nungsrechtliche Situation schwierig, rentierliche Entwicklung möglich Internationale Vergleiche, z. B. zuletzt in einer Diplomarbeit (Janietz 2005) an der Ruhr-Universität Bochum mit einem

129 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Typ III Fläche mäßiger Verwertbarkeit, LEG managed seit 1980 diesen Fonds, nur unrentierliche Entwicklung möglich, der zunächst für das Ruhrgebiet aufge- Förderbedarf gegeben, aber möglich legt worden war, seit 1984 für ganz NRW. Der Grundstücksfonds sollte Typ IVFlächen mäßiger Verwertbarkeit, nach dem Willen seiner Schöpfer vor Planungsrecht besteht, nur unrentier- allem die Verwertungs- und Entwick- liche Entwicklung möglich, Kostenauf- lungshindernisse der Brachflächen der wand für Planungs- und Ordnungsmaß- Industrie und des Verkehrs beseitigen nahmen zu hoch helfen. Dazu zählten vor allem die Flä- chenverfüg-barkeit und die Beseitigung Typ V Problemflächen, keine Hand- störender Nutzungen und Gebäude. lungsmöglichkeiten, kein Planungs- recht, kein Nutzungsdruck, hohe unren- Die Flächenverfügbarkeit oder aber un- tierliche Kosten, Förderung ungeklärt realistische Vorstellungen der Alteigen- und nicht absehbar. tümer über den Wert der Grundstücke der Brachflächen hindert bereits zu An- Um die Flächen des Typs I kümmert sich fang häufig die Entwicklung. So hat die der Markt, die des Typs II sind planungs- LEG Grundstücke entwickelt, die vor rechtlich in den Griff zu bekommen und dem Ankauf durch die LEG bereits über werden dann auch durch den Markt ge- 20 Jahre brachlagen. Ein großer Teil der regelt. Die Flächen der Typen III bis V Unzufriedenheit mit den Brachflächen sind die Flächen, um deren Entwicklung der Bahn oder des Millitärs liegt daran, sich die öffentliche Hand oder der Altei- dass die Flächen nicht schnell genug gentümer intensiv kümmern muss und nach dem tatsächlichen Brachfallen für die die Probleme bereiten. neue Planungen und Nutzungen frei ge- geben werden. Auch die Eigen- tümer haben von diesem „Reife- prozess“ nichts. Denn häufig wer- den die Flächen dann durch an- dere „überholt“. So gab es für ein Militärgelände in einer Großstadt am Rande des Ruhrgebietes ein kommunales Verwertungskon- zept für Wohnungsbau. Da die Fläche aber über Jahre nicht ver- fügbar gemacht werden konnte, wurde die Nachfrage in der Zwi- schenzeit auf konkurrierenden Abbildung: Gewerbe-, Dienstleistungs- und Flächen, die einfach schneller an den Landschaftspark Erin in Castrop-Rauxel (Quelle Hans Blossey) Markt gekommen sind, befriedigt. Heu- te gibt es für diese Art Wohnungsbau- In Nordrhein-Westfalen geschieht die- flächen in dieser Großstadt keine Nach- ses „Kümmern“ vor allem um die städ- frage mehr. tebaulich und strukturpolitisch wichtigen Anfang der 90er Jahre hat die LEG der Brachflächen seit 25 Jahren u.a. über Eigentümerschaft eines Textilgeländes den Grundstücksfonds des Landes. Die mit einem aufstehenden Großdenkmal

130 Instrumente zur In-Wertsetzung von brachliegenden Grundstücken ein Angebot für die Übernahme in den die Zeiten und Verfahren für die Kampf- Grundstücksfonds machen können. Der mittelerkundung und deren Räumung bis damals gebotene Preis reichte den Ei- heute oft nicht planbar. gentümern nicht aus. Aber es gab ein finanziertes und strukturpolitisch sinn- Oft liegen auf den Brachflächen mehre- volles Konzept: Umbau des Denkmals re Gebäude- und Nutzungsgenerationen zu einer Schule, ergänzender Woh- über-, neben- und ineinander verschach- nungsbau und Arrondierung eines Parks. telt. Kenntnisse oder Dokumente über Fast 10 Jahre später wurde die LEG er- diese Bauten und Anlagen fehlen oder neut von den Eigentümern angespro- können in den Archiven nur schwer ge- chen. Der Kaufpreis, der jetzt geboten funden werden. Die Erkundungen durch werden konnte (Arrondierung des Parks, Bohrungen und Schürfe sind aufwändig Wohnungsbau, untergeordnet gewerbli- und oft wenig aussagefähig oder unge- che Nutzung, keine konkrete Nutzung nau. Die daraus zu erarbeitenden Leis- für das Denkmal), lag unter der Hälfte tungsverzeichnisse für die Verbesserung des 10 Jahre früher gebotenen Preises. des Baugrundes sind daher oft ebenso Auch jetzt kam es nicht zu einem Ab- ungenau. Dies führt in der Baupraxis schluss. immer wieder zu Verzögerungen, Kos- tensteigerungen, ja rechtlichen Ausein- In der Umsetzungsrealität zeigte sich andersetzungen mit Gutachtern, Plan- dann Anfang der 80er Jahre schnell, ern, Baufirmen. dass auch und gerade die Altlasten zu einem Entwicklungshindernis wurden. Konsequentes Projektmanagement, Die Entwicklung von Standards für die stringente Projektorganisation ist heute Sanierung, Unsicherheiten bei Behörden Standard in vielen Bereichen. Dies gilt und Beteiligten haben teilweise zu er- auch für die öffentliche Verwaltung. Wo heblichen Verzögerungen in der Entwick- dies vielleicht nicht so geübt ist, bietet lung der Flächen geführt. Aber gerade der Markt aber entsprechende Steue- mit den Projekten des Grundstücks- rungskompetenzen an. Die Organisati- fonds konnten diese Standards und Ver- on der Projekte dürfte daher heute kein fahren weiterentwickelt werden. Mit dem Hindernis mehr sein. Allerdings gibt es Bundesbodenschutzgesetz ist nun Tendenzen in die andere Richtung. Rechtssicherheit vorhanden, und die für Besonders Großprojekte oder sehr kom- die Sanierung erforderlichen Verfahren plexe Projekte neigen dazu, überorga- und Zeiten sind bekannt und werden von nisiert zu werden. Zuständigkeiten müs- allen Beteiligten sicher angewandt. sen einfach und nachvollziehbar geregelt sein, Doppelungen sind zu vermeiden. Heute bilden Unsicherheiten zu den Kampfmitteln und zum Baugrund häufig Bei den gesetzlichen Regelungen und erheblich schwieriger zu lösende Proble- Verfahren gibt es immer wieder neue me. Seit der Mitte der 90er Jahre verfü- Überraschungen. Da gibt es dann eine gen die Kampfmittelräumdienste über neue Störfallverordnung für Betriebe, die neues, umfassenderes Bildmaterial der mit Gasen umgehen, deren Auswirkun- Alliierten. Auf der anderen Seite sind die gen auf den gerade im Verfahren befind- Räumdienste nicht materiell und perso- lichen Bebauungsplan noch nicht abseh- nell besser ausgestattet worden, eher bar sind. Da gibt es ein neues Urteil, das Gegenteil ist der Fall. Daher sind dass das Vergabeverfahren schwieriger

131 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen macht. Da gibt es eine neue Verordnung nicht nur von Brachflächen dauert in der der EU, die die Beantragung der Regel mehr als drei Jahre. Es ist dann Fördermittel komplizierter macht etc. immer sehr schwierig, einerseits inhalt- Dies sind aber im Grunde keine Vor- liche, andererseits räumliche Bauab- schriften und Regelungen, die sich nur schnitte zu bilden. Inhaltlich kann man auf das Flächenrecycling beziehen. Aber zwischen Erkundung der Grundlagen – häufig sind diese Regelungen und Vor- Planung – Vorbereitung der Umsetzung schriften bei der erneuten Überplanung – Umsetzung – Vermarktung – Abrech- von ja meist im städtebaulichen Zusam- nung unterscheiden. Räumlich aber ge- menhang liegenden Brachflächen hen oft Altlastensanierung, Baugrundver- besonders schwierig anzuwenden. besserung, Erschließung und Neuan- siedlung Hand in Hand oder laufen auf Entgegen mancher Thesen hat die LEG den Baustellen getaktet ab. mit dem Bergrecht wegen seiner Bündelungswirkung durchaus gute Er- Literaturverzeichnis: fahrungen gemacht. Das Bergrecht hat einfache Verfahren, die Bergämter sind Janietz, Holger (2005): Vergleich des an die Koordination von Behörden ge- Brachflächenrecyclings in NRW und wöhnt, sie kennen die Interessen der Großbritannien - Ansätze einer Evalua- Unternehmen und Eigentümer, aber tion anhand von Fallstudien im Ruhrge- leider gibt es keine Fristenregelungen. biet und der Region North-East of Eng- Vielleicht kann das Bergrecht für die Ent- land. Bochum 2005. wicklung von Beschleunigungsansätzen ein Vorbild sein. Warum soll es nicht Dansfeld, Egbert (2005): Randbedingun- einen besonderen Teil im Baugesetz- gen und Perspektiven des Brachflächen- buch geben, das die Neunutzung von recyclings in NRW und der Bundesre- brachgefallenen Flächen regelt und dabei publik Deutschland. Dortmund 2005. die Vorteile des Bergrechtes (einfaches Verfahren, eine Behörde als Bünde- lungsinstanz mit Entscheidungskompe- tenz) mit einer zumutbaren Fristenrege- lung verbindet?

Die meiste Arbeit machen heute, neben den Ausschreibungsverfahren, Finanzie- rungsfragen. Die Projekte der LEG wer- den mit Fördermitteln der EU, des Bun- des und des Landes aus den unter- schiedlichsten Förderkulissen von der Umwelt-, über die Wirtschaftsförderung bis hin zu Städtebau- und Denkmalför- derung abgewickelt. In nahezu jedem Programm gibt es unterschiedliche Tat- bestände und Regeln. Dies ist nicht das Problem. Vielmehr sind die Förder- zeiträume (meist nur 1 Jahr, oft 3 Jahre) das Problem. Denn die Entwicklung

132 Instrumente zur In-Wertsetzung von brachliegenden Grundstücken

3.2.3 Beschleunigungsansätze für das Flächenrecycling

Gerhard Kmoch

Einleitung städtische Umland zu stoppen und er- laubt die Bereitstellung neuer Gewerbe- Bevor nachstehend Vorschläge für Be- flächen im Stadtgebiet. schleunigungsansätze beim Flächenre- cycling von Brachflächen diskutiert wer- Auch die Wiedernutzung von Brachflä- den, soll zunächst kurz auf die Notwen- chen als innerstädtische Freiraumflä- digkeit des Flächenrecyclings eingegan- chen (Grünflächen) leistet einen wesent- gen werden. lichen Beitrag zur Stadtentwicklung. Letztendlich trägt Flächenrecycling we- Trotz zu erwartender rückläufiger Bevöl- sentlich zu einem nachhaltigen Umgang kerungszahl in Deutschland und trotz mit der Ressource Boden bei, da neben abnehmenden Bedarfs an Gewerbeflä- der Quantität auch die Qualität des Flä- chen wegen Produktionsverlagerung ins chenverbrauchs von Bedeutung ist Ausland oder Flächen sparender Kon- (IBoMa-AKOPLAN 2002). zentration von Produktionseinrichtungen in Gewerbe- oder Industrieparks (Bei- Vorschläge für Beschleunigungsan- spiel „Chemie“), steigt der Verbrauch an sätze Naturflächen in einer Größenordnung von 100 ha/Tag weiter an. Erstellung von kommunalen Brachflä- chenkatastern Demgegenüber gibt es in Deutschland mehr als 100.000 Hektar Brachflächen, Die Anfrage von potenziellen Investoren im Wesentlichen bestehend aus Gewer- nach Brachflächen, die für eine Objekt- bebrachen, Brachflächen mit ungenutz- entwicklung besonders geeignet sind, ten gewerblichen Immobilien, Verkehrs- kann in der Regel überregional auf Län- flächen und Konversionsflächen. derebene nicht beantwortet werden. Zwar führen alle Gebietskörperschaften in Für die zukünftige Entwicklung der Städ- Deutschland Kataster über Altlastenver- te wird der Umgang mit Brachflächen dachtsflächen, in denen Hinweise über eine ganz besondere Bedeutung haben. die mögliche Schadstoffbelastung von Brachen und ihre Folgenutzungen kön- Boden oder Grundwasser aufgeführt nen das Bild der Städte und Gemein- sind. Vielfach existieren Gewerbeflä- den nachteilig, aber auch vorteilhaft be- chenkataster, die Auskunft über Lage, stimmen. Sie wirken sich auf die Lebens- Größe, Infrastruktur und planungsrecht- qualität der Einwohner aus und beein- liche Nutzung von Brachflächen geben. flussen die Attraktivität eines Wirt- Notwendig wäre aber ein integriertes schaftsstandortes. Brachflächenkataster, in dem sowohl die für eine wirtschaftliche Nutzung bedeut- Die Aufbereitung von Brachflächen für die samen Kenngrößen als auch Angaben bauliche Nutzung trägt dazu bei, die über mögliche Altlastenprobleme und Abwanderung von Einwohnern in das deren Sanierungsaufwendungen enthal-

133 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen ten sind. Erstellt werden müssten diese Finanzierungsmöglichkeiten Kataster auf kommunaler Ebene, im Zu- sammenwirken von Wirtschaftsförderern Bei einer altlastenbehafteten Brachflä- und Umweltbehörden. Anschließend che benötigt ein potenzieller Investor vor sollten diese kommunalen Brachflä- einer Kaufentscheidung möglichst de- chenkataster auf Länderebene zusam- taillierte Angaben über die vorliegenden mengeführt werden, um potenziellen In- Schadstoffbelastungen und die erforder- vestoren die optimale und objektive lichen Sanierungskosten. Solche Anga- Standortauswahl, bezogen auf das ge- ben sind in der Regel nur durch eine plante Investitionsvorhaben, zu ermögli- sachgemäße Sanierungsuntersuchung chen. zu gewinnen, die der Grundstückseigen- tümer in der Regel aus Kostengründen Möglicherweise würden solche Brachflä- noch nicht hat durchführen lassen. chenkataster auch den Politikverant- wortlichen in den Kommunen die eige- Hier wäre es sinnvoll, z. B. aus öffentli- nen Entwicklungspotenziale aufzeigen chen Mitteln die Kosten für eine Sanie- und zu städtischen Projektentwicklun- rungsuntersuchung vorzufinanzieren und gen auf Brachflächen animieren. vertraglich die Refinanzierung bei erfolg- reichem Grundstücksverkauf sicherzu- Dazu ergänzend ist zu überlegen, ob es stellen. für eine Vorauswahl von Flächennut- zungsmöglichkeiten denkbar ist, eine Weiterhin sind Kreditfinanzierungen von allgemein gültige Klassifizierung von Sanierungsmaßnahmen mit Absiche- Brachflächen, insbesondere unter Be- rung des Kredites durch das später sa- rücksichtigung von Altlasten, zu entwi- nierte Grundstück heute in der Regel ckeln. Beispielgebend hierfür ist die noch nicht möglich, weil das Risiko von Klassifizierung der Stoffeigenschaften nicht erreichten Sanierungszielen, Über- von mineralischen Abfällen nach der schreitung der Sanierungskosten oder LAGA-Mitteilung M 20. Allein die Anga- verbleibenden Restbelastungen von den be eines Zuordnungswertes, wie z. B. Banken als zu hoch eingeschätzt wird. Z 1.2, legt fest, wel- Auch hier könnte die öffentliche Hand che Schadstoffkonzentrationen in dem nach Vorlage einer qualifizierten Sanie- mineralischen Abfall enthalten sein dür- rungsuntersuchung eine Bürgschaft für fen (Feststoff, Eluat) und welche Form einen Sanierungskredit übernehmen, da der Verwertung oder Beseitigung für die- sie durch ihre Fachbehörden das Rest- sen Abfall zulässig ist. risiko einer Sanierungsmaßnahme bes- ser beurteilen kann als die meisten Kre- Eine vergleichbare Klassifizierung, ditinstitute. Sinngemäß wäre es auch insbesondere bei Brachflächen mit Alt- wünschenswert, wenn die öffentliche lastenproblemen würde es auch Nicht- Hand das Restrisiko bei lang laufenden fachleuten erlauben, eine erste Einschät- Grundwassersanierungsmaßnahmen zung über die zu erwartenden Flächen- durch Bürgschaften absichern könnte. probleme zu gewinnen und würde ver- hindern, dass allein bei dem Hinweis auf Wesentlich für die Revitalisierung von Altlasten der Investor von einer Grund- Altlastenflächen, bei denen die Sanie- stücksentwicklung Abstand nimmt. rungs- und Aufbereitungskosten den Grundstückswert übersteigen, ist die

134 Instrumente zur In-Wertsetzung von brachliegenden Grundstücken

Bereitstellung von Fördermitteln. Hierbei ist zu bedenken, dass auch eine zunächst unwirtschaftliche Flächenrecy- clingmaßnahme, die mit Fördermitteln realisiert werden kann, durch spätere Gewerbesteuereinnahmen oder erhöh- tes Einkommensteueraufkommen durch neu hinzugezogene Einwohner bei Wohnbaugebieten langfristig für die je- weilige Standortgemeinde einen wirt- schaftlichen Vorteil erbringen kann.

Bedenkenswert wäre in diesem Zusam- menhang auch die Gewährung von Steu- ervorteilen, wie z. B. eine Ermäßigung der Grunderwerbssteuer beim Erwerb von Brachflächen oder der zeitweilige Erlass der Gewerbesteuer, wenn der In- vestor dafür die Sanierungsmaßnahmen auf eigene Kosten vorfinanziert. Abbildung: Abbruch ehem. Technikum Bayer Projektmanagement Chemiepark Leverkusen (Quelle Bayer Industry Services) Bei der Realisierung von Investitionsvor- haben auf Brachflächen sind von den Mitwirkung der Behörden verschiedenen Akteuren im Rahmen der Projektentwicklung, der städtebaulichen Ein ganz wesentlicher Beitrag zum Er- Planung und beim eigentlichen Flächen- folg und zur Beschleunigung von Flä- management vielfältige Aufgaben wahr- chenrecyclingmaßnahmen muss von zunehmen, um eine erfolgreiche Projekt- den zuständigen Behörden geleistet realisierung zu erzielen. Hierzu ist werden. Das beginnt bei der kooperati- insbesondere für die Gesamtkoordi- ven Gestaltung von notwendigen Bau- nierung ein professionelles Projektma- und Sanierungsgenehmigungen und en- nagement vorzusehen, wobei die Pro- det mit der Bereitschaft für ein nach dem jektkoordination möglichst von einer Stand der Technik saniertes Grundstück fachkompetenten, unparteilich agieren- eine Freistellungserklärung im Hinblick den Stelle wahrgenommen werden soll- auf zukünftige Sanierungserfordernisse te. Beispielhaft ist hier für NRW die Lan- zu geben. Natürlich kann sich diese Frei- desentwicklungsgesellschaft (LEG) zu stellungserklärung nur auf die bis zu die- nennen, aber projektbezogen sind auch sem Zeitpunkt bekannte Sach- und andere Akteure, wie z. B. qualifizierte Rechtslage beziehen und zukünftige Planungsbüros, denkbar. Entwicklungen nicht pauschal vorweg- nehmen. Mit einer solchen Freistel- lungserklärung, die zukünftigen Investo- ren in Aussicht gestellt werden sollte, lassen sich sanierte Grundstücke we- sentlich leichter vermarkten als wenn der

135 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Investor das Restrisiko völlig allein über- schaften oder Kredite eine Standortsa- nehmen muss. nierung ermöglicht werden, ohne dass dadurch die wirtschaftliche Betätigung Absicherung von Flächenrecyclingpro- des Unternehmens unzulässig einge- jekten durch Versicherungsverträge schränkt wird. Bei erfolgreicher Stand- ortsanierung ist die neue Flächennut- Obwohl auf dem deutschen Markt seit zung die alte! langem verschiedene Versicherungsmo- delle für die Absicherung von Risiken bei Literaturverzeichnis der Altlastensanierung oder auch für die Absicherung der verbleibenden Risiken IBoMa-AKOPLAN (2002): Aktivierung nach erfolgreicher Sanierung angeboten von Brachflächen als Nutzungspotential werden, haben sich solche Versiche- für eine aktive Bauland- und Freiflächen- rungsmodelle bisher nicht in größerem politik. Expertise für die Enquetekom- Umfang durchgesetzt. Da solche Risi- mission „Zukunft der Städte“ des Land- ken für Versicherungen nur bei einer be- tags Nordrhein-Westfalen. Erstellt durch stimmten Mindestanzahl von Versiche- die Arbeitsgemeinschaft IBoMa - rungsnehmern wirtschaftlich abdeckbar AKOPLAN sind, müsste die Einbeziehung von Ver- sicherungslösungen, z. B. bei Flächen- recyclingmaßnahmen mit öffentlichen Fördermitteln oder bei kreditfinanzierten Sanierungsmaßnahmen, zur Bedingung gemacht werden.

Vorbeugendes Flächenrecycling bei lau- fenden Betrieben

Viele Betriebsstandorte laufender Betrie- be sind ähnlich schadstoffbelastet wie Brachflächen mit ehemaliger industriel- ler oder gewerblicher Nutzung. Manchmal führen dann plötzliche Um- weltschutzauflagen der Behörden oder behördliche Forderungen nach Sicher- heitsleistungen, z. B. beim Betrieb von Werksdeponien, zu einer wirtschaftli- chen Schieflage oder letztendlich zur Insolvenz und damit zur Entstehung von Altlasten auf dem ehemaligen Betriebs- gelände. Um solche „Umweltinsolvenzen“ zu vermeiden, sollten Betriebsstandor- te von den Unternehmen möglichst frei- willig auf schädliche Bodenveränderun- gen und Grundwasserschäden unter- sucht werden. Bei Vorliegen von Schä- den sollte z. B. durch staatliche Bürg-

136 Instrumente zur In-Wertsetzung von brachliegenden Grundstücken

3.3 Fazit Vom Flächenverbrauch zum Flächenmanagement

In den letzten Jahren wurde deutlich, handenen Informationen zu Altlasten, dass zur Reduktion der hohen Flächen- u. a. auch Informationen zu stadtpla- inanspruchnahme ein umfassendes Flä- nerischen Randbedingungen und ökono- chenmanagement erforderlich ist, bei mischen Fragestellungen finden sollten. dem ein wesentlicher Baustein das Flä- Dadurch können sich Investoren ein chenrecycling darstellt. Hierzu ist es umfassendes Bild von verschiedenen häufig noch notwendig, Entscheidungs- Brachenstandorten machen. Um Inves- träger stärker von den Vorteilen der Re- toren die Auswahl von Brachflächen wei- vitalisierung von Brachflächen und einem ter zu erleichtern, wird der Vorschlag Flächenmanagement zu überzeugen. gemacht, eine Einteilung von Brachflä- Insbesondere muss erkannt werden, chen in verschiedene Klassen entspre- dass die Inanspruchnahme von Flächen chend der Art und des Ausmaßes von auf der grünen Wiese nur einen schein- Schadstoffkontaminationen vorzuneh- baren finanziellen Vorteil für einen Inves- men. Dadurch könnte auch der Nicht- tor bringt und besonders die Nachteile fachmann schnell eine Vorstellung be- für die Gesellschaft durch die Naturzer- kommen, mit welchem finanziellen Auf- störung und die damit verbundenen Kos- wand eine Revitalisierung möglich ist. ten überwiegen. Eine Möglichkeit für eine solche Bewertung wurde in der Bei Flächenrecyclingvorhaben sind Alt- Boden-Wert-Bilanz geschaffen. Die lasten eines von vielen zu berücksichti- dabei bisher betrachteten Beispiele zwi- genden Themen, die mit unter als eines schen der Revitalisierung von Industrie- der größten Probleme bei der Revitali- brachen und der Inanspruchnahme von sierung von Brachflächen angesehen Fläche auf der grünen Wiese haben ge- werden. Dabei steht das Thema Altlas- zeigt, dass die Wiedernutzung von ten aus technischer Sicht meist nicht Brachflächen deutliche Vorteile auf- mehr im Mittelpunkt. Auch die Themen weist, die sich auch monetär ausdrücken Kampfmittelbeseitigung und Verbesse- lassen. rung des Baugrundes für die Nachfolge- bebauung stehen an. Voraussetzung für ein erfolgreiches Flä- chenmanagement ist das Vorhandens- Des Weiteren machen die zahlreichen ein von Informationen zu innerörtlichen verschiedenen Beteiligten bei Flächen- Flächenpotenzialen. Grundlage dafür ist recyclingvorhaben zielgerichtetes Pro- eine umfassende Informationsbasis zu jektmanagement erforderlich. Für eine Brachflächen. Die Idee des Flächenpas- rasche In-Wertsetzung von Brachflächen ses stellt dabei eine Möglichkeit dar, die wird eine stärkere Ausrichtung der zu- für eine Nachfolgenutzung relevanten In- ständigen Verwaltung auf das Ziel einer formationen zu präsentieren. Eine andere raschen Flächenwiedernutzung gefor- Möglichkeit ist die Einrichtung von dert. Dies kann durch einfache und nach- Brachflächeninformationssystemen, in vollziehbare Verwaltungsstrukturen er- denen sich neben den schon meist vor- möglicht werden. Zur Überwindung sol-

137 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen cher Probleme ist zu einem frühen Zeit- kontaminationen vorhanden sind, die aus punkt die Festlegung von Kommunikati- verschiedenen Gründen weder erkundet onsstrukturen zielführend. Ein Instru- noch saniert sind. Um den Wert der ment ist der Start-Up-Plan, der auch für Betriebsfläche zu erhalten, wird empfoh- eine zielgruppenorientierte Darstellung len, in Zusammenarbeit mit den Behör- der Wiedernutzungsmöglichkeiten einer den zur Erhaltung des Grundstückswer- Fläche eingesetzt werden kann. Somit tes eine Erkundung und ggf. weitere er- können zu einem möglichst frühen Zeit- forderliche Maßnahmen umzusetzen. punkt Entscheidungsträger oder Geld- geber von einem Vorhaben überzeugt Die Eigentümer von Flächen sollten werden. grundsätzlich bereit sein, den Markt über den Wert ihrer Flächen entscheiden zu Die Einbindung und Mitwirkung von Be- lassen. Dadurch würden die oft vorhan- hörden bei Flächenrecyclingvorhaben ist denen Blockaden durch überzogene von großer Relevanz. Möglichkeiten er- Preisvorstellungen der Eigentümer ver- geben sich in einer kooperativen Gestal- mieden werden. tung von Bau- und Sanierungsgenehmi- gungen und einer zukünftigen Freistel- Unproblematisch erweisen sich in der lung für Grundstücke, die nach dem Regel Flächenrecyclingprojekte in guter Stand der Technik saniert sind. Lage. Für Flächen in schlechten Lagen Hierdurch wird die Vermarktung der Flä- oder bei denen nur mit einem erhebli- chen im Vergleich zu Grundstücken ver- chen finanziellen Kostenaufwand eine bessert, bei denen der Investor allein das Baureifmachung möglich ist, erfordert Restrisiko tragen muss. das Engagement eines Investors häufig Fördermittel zur Ko-Finanzierung. Die Zwischenzeitlich sind in einer großen Vergabe von Fördermitteln wird von der Anzahl Hilfestellungen in Form von Pu- öffentlichen Hand häufig als kritisch be- blikationen und konkreten Arbeitshilfen trachtet. Es sollte hier stärker berück- mit Empfehlungen vorhanden, wie bei sichtigt werden, dass es durch die Um- Flächenrecyclingvorhaben auftretende setzung eines Flächenrecyclingvorha- Probleme gelöst werden können. Auf- bens z. B. zur Schaffung neuer Arbeits- grund der Fülle an Material ist es schwie- plätze und den Zuzug neuer Einwohner rig, dabei den Überblick zu behalten. in einer Kommune kommen kann. Dies Darüber hinaus existieren zahlreiche kann wiederum zu einer Steigerung der publizierte Fallbeispiele. Die neue Pro- Einnahmen in einer Kommune führen. jektdatenbank „Flaecheninfo.de“ schafft Es sollten daher zukünftig Flächenrecy- hier Abhilfe. clingvorhaben vermehrt im Rahmen von ökonomischen Gesamtbilanzierungen Den Wert einer Fläche zu erhalten ist betrachtet werden. ein grundlegender Ansatz, der im Zu- sammenhang mit Flächenmanagement diskutiert werden muss. Dies mündet in einem verstärkten vorbeugenden Flä- chenmanagement, das bereits bei noch laufender Produktion eines Betriebes ansetzt: Es ist davon auszugehen, dass bei zahlreichen Betrieben Untergrund-

138 4 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

4.1 Stand der Forschung 4.2 Strategieansätze zum Flächenrecycling aus Sicht der Immobilien- und Grundstückswirtschaft 4.3 Finanzierungsmodelle zum Flächenrecycling 4.4 Fazit

Die Verknüpfung von Flächenrecyclingaktivitäten mit Stadtumbauvorhaben stellt eine neue Form integrativer Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren der öffentlichen Hand und privater Institutionen dar. In der Vergangenheit wurden die Forschungsvorhaben und -maßnahmen aus zwei unterschiedlichen Richtungen initiiert. Dies war zum einen die Thematik der Beseitigung von Altlasten und zum anderen die Fragestellungen hinsichtlich der Regional- und Stadtentwicklung. In den nachfolgenden Beiträgen werden ausgewählte, aktuelle Forschungsvorhaben vorgestellt. Der Stand der Forschung für die beiden Bereiche Flächenrecycling und Stadtumbau wird vorab stichpunktartig aufgezeigt.

Im zweiten Teil des Kapitels werden die Sichtweisen der Immobilien- und Grundstückswirtschaft beim Umgang mit Brachflächen sowie verschiedene Finanzierungsmodelle dargelegt. Die Finanzierung erfolgte dabei auch unter Einbeziehung von Fördermitteln der Europäischen Union aus dem jeweiligen Rahmenprogramm.

Thesen:

¾ Der Schwerpunkt zukünftiger Forschungsarbeiten wird sich weiter zur Entwick- lung von Umsetzungsstrategien der gewonnenen Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung hin verschieben.

¾ Auf Grund der zusätzlich vorhandenen Risiken von Altstandorten sind diese unter immobilienwirtschaftlichen Gesichtspunkten schwieriger zu vermarkten. Hier sind integrative Ansätze zur Verbesserung der Chancen für eine Nachnutzung und ein Umdenken bei den Banken erforderlich.

¾ Die öffentliche Hand ist derzeit wichtigster Geldgeber für die Projekte des Stadtumbaus und der Altlastensanierung. Neue Finanzierungsformen mit verstärkten Anreizen für eine private Beteiligung müssen entwickelt werden.

139 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

4.1 Stand der Forschung

4.1.1 Stadtumbau und Flächenrecy- Ein internetgestütztes System zur Ent- cling - eine europaweite Auf- scheidungsunterstützung bei Vorhaben gabe in Strukturkrisestädten zum Flächenrecycling – SMARTe –, welches nachfolgend vorgestellt wird, 4.1.2 CABERNET: A Vision of wurde in Zusammenarbeit zwischen der Economic Regeneration and U.S. EPA (Environmental Protection Sustainable Land Use Agency) und dem BMBF entwickelt.

4.1.3 NORISC: Risk assessment Die umwelttechnischen Belange beim of Contaminated Sites Flächenrecycling sowie insbesondere der Umgang mit den vorhandenen Schad- 4.1.4 Integra Sites: Strategy for stoffen stehen im Mittelpunkt des jährli- site recycling and site mana- chen Umweltforschungsplanes UFO- gement in urban areas PLAN des Bundesumweltministeriums (BMU). 4.1.5 Nachhaltiges Flächenma- nagement in den USA Das Programm FONA des Bundesmi- nisteriums für Bildung und Forschung 4.1.6 RESCUE - Das europäische (BMBF) beinhaltet die Forschung für Best-Practice-Handbuch Nachhaltigkeit. Der hierzu zählende 4.1.7 Künftige Forschungsschwer Förderschwerpunkt KORA umfasst punkte dabei den kontrollierten natürlichen Rückhalt und Abbau von Schadstoffen bei der Sanierung von kontaminiertem Grundwasser und Boden. Flächenrecycling – Stand der Forschung Die zukünftigen Forschungsschwerpunk- te sind Gegenstand des abschlie- Die Vielzahl der vorhandenen Program- ssenden Beitrags dieses Kapitels. me lässt sich bereits aus der nachfol- genden Auswahl ablesen. Die hier ge- Stadtumbau – Stand der Forschung nannten Programme CABERNET, NORISC und RESCUE haben den Er- Insbesondere vor dem Hintergrund der fahrungsaustausch sowie die Entwick- demographischen Entwicklung sind un- lung gemeinsamer Konzepte und Model- terschiedliche Modelle für den Stadtum- le zum Flächenrecycling innerhalb der bau in Wachstums- und Schrumpfungs- Europäischen Union zum Gegenstand. regionen erforderlich. Dies erfolgt durch die Initiierung entspre- chender Netzwerke. Im Mittelpunkt der Gemeinschaftsinitia- tive INTERREG III der europäischen Uni- on stehen die Förderung transnationa-

140 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben ler Projekte (Ausrichtung B), was die ¾ MORO – Modellvorhaben der Ausarbeitung gemeinsamer Raument- Raumordnung wicklungsstrategien beinhaltet, und die interregionale Zusammenarbeit zwi- ¾ Innovative Projekte der schen Regionen in mehreren europäi- Regionalentwicklung schen Staaten (Ausrichtung C). Letzte- res umfasst gemeinsame regionale Vor- ¾ ExWoSt – Experimenteller haben zur planerischen, wirtschaftlichen Wohnungs- und Städtebau und sozialen Entwicklung. ¾ Städte der Zukunft ¾ INTERREG III B – Kooperati- ¾ Stadtquartiere im Um- onsraum CADSES bruch

¾ SURE – Renaturierung ¾ Fläche im Kreis von brachliegenden Indus- trieflächen ¾ Stadtumbau West

¾ INTERREG III C ¾ Begleitforschung der Städte- bauförderung ¾ INTEGRA-SITES – Strategy for site recycling ¾ Soziale Stadt and site management in urban areas ¾ Stadtumbau Ost

Darüber hinaus sind Projekte des Flä- ¾ Projektplanung Aufbau Ost chenrecyclings auch bei den EU-Ge- meinschaftsinitiativen zur städtischen ¾ Zwischennutzungen und und ländlichen Entwicklung von Rele- Freie Flächen vanz. ¾ Flächenrecycling in sub- ¾ LEADER urbanen Räumen Ost- deutschlands ¾ URBAN ¾ Ressortforschung, u.a. In verschiedenen Programmen der ein- zelnen Bundesministerien werden die ¾ Aktivierungsstrategie zur Problemstellungen des Stadtumbaus In-Wertsetzung von Brach- bzw. der Stadtentwicklung in Deutsch- flächen land aufgegriffen: Im Auftrag des BMBF wurde beispielsweise ein Ideenwettbe- ¾ „Nachhaltigkeitsbaro- werb zum Thema – Stadt 2030 – ausge- meter Fläche“ lobt. Innerhalb der Ressortforschung des Die oben aufgeführten Programme bzw. Bundesministeriums für Verkehr, Bau Projekte stellen, wie bereits erwähnt, nur und Stadtentwicklung (BMVBS) wurden eine, wenn auch repräsentative, Auswahl bzw. werden die nachfolgenden Projek- dar. te realisiert:

141 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

4.1.1 Stadtumbau und Flächenrecycling – eine europaweite Aufgabe in Strukturkrisestädten

Evi Goderbauer

Deindustrialisierung und flächenhafte umbildung“ und in Schweden von „Um- Wohnungsüberhänge in Ostdeutschland stellungsarbeit“ gesprochen. Insofern sowie punktuelle nicht immer vergleich- sind die einzelnen Bezeichnungen nicht bare Krisenerscheinungen in einzelnen immer vergleichbar mit dem Begriff westdeutschen Städten haben in letz- „Stadtumbau“. Bewältigungsstrategien ter Zeit die städtebauliche Diskussion städtischer Schrumpfungsprozesse, die dafür sensibilisiert, dass Stadtentwick- maßgeblich durch den krisenhaften Nie- lung in Zukunft nicht nur räumliche Ver- dergang einer wirtschaftlichen Mono- teilung von Wachstum sein wird. Eine struktur verursacht wurden, stehen je- zunehmend wichtigere Aufgabe wird die doch im Mittelpunkt der in der Studie Gestaltung von Stabilisierungs- und betrachteten Städte Whitehaven, Rückentwicklungsprozessen, welche die Middlesbrough, Sheffield, St. Helens, deutsche Debatte aktuell mit dem Be- Herning, Karlskoga, Taranto, Barakaldo, griff „Stadtumbau“ fasst und ein stärker Romans und St. Etienne. bestandsorientiertes Gebäude- und Flä- chenmanagement prägt. Wirtschafts- In diesen europäischen Strukturkrise- struktureller und demographischer Wan- städten ist auf den Niedergang der wirt- del als Ursache der in vielen Städten zu schaftlichen Leitbranche zumeist folgen- beobachtenden Umbauprozesse ist de Wirkungskette festzustellen: Eine nicht auf Deutschland begrenzt, sondern schlechte Arbeitsmarktperspektive führt betrifft unterschiedlich ausgeprägt viele zu überregionalen Abwanderungen. hoch industrialisierte Länder. Eine im Gleichzeitige Suburbanisierungspro- Auftrag des Bundesamtes für Bauwesen zesse haben zusammen mit Fernwan- und Raumordnung erstellte Studie derungen anhaltend hohe Bevölkerungs- „Stadtumbau in europäischen Städten verluste zur Folge. Die Wanderungspro- mit Strukturkrise“, in der koordiniert zesse sind sozial und altersstrukturell durch FORUM GmbH fünf Bearbeiter- selektiv, mit der Konsequenz, dass in teams zehn unterschiedliche Struktur- den Städten vorwiegend ältere Men- krisestädte aus sechs Ländern in schen sowie diejenigen verbleiben, die Europa untersuchten, belegt dies an- über geringere Qualifikationen und Ein- schaulich (siehe Anmerkung). kommen verfügen. Diese Entwicklung wiederum begründet weitere Kaufkraft- Das europäische Ausland verwendet verluste. Die städtebaulichen Folgen unterschiedliche Begrifflichkeiten für die sind Industriebrachen sowie Leerstän- Beschreibung städtischer Entwicklung de von Einzelhandels- und Wohnimmo- als Reaktion auf Schrumpfungsprozes- bilien. Für das Ausmaß der städtebauli- se bzw. wirtschaftliche Strukturkrisen. chen Missstände scheinen die Form der Während z. B. in England und Frank- Flächennutzung und die Flächeninten- reich die Begriffe „städtische Regene- sität der zugrunde liegenden Wirtschafts- rierung“ oder „Stadterneuerung“ verwen- branche entscheidend zu sein. Bergbau, det werden, wird in Dänemark von „Stadt- Stahlindustrie, Hafenwirtschaft und Mi-

142 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben litär hinterlassen in Städten großflächi- der industriellen Epoche neue Stadtqua- ge Brachen, die bei Niedergang der In- litäten formuliert werden können. dustrie oder Abzug des Militärs nicht nur die Funktionalität des Stadtgefüges in Frage stellen, sondern z. B. aufgrund von Größe und besonderen Vorbelastun- gen in den Gebäuden selbst kaum, nur schwer oder in Teilen Nachnutzungs- möglichkeiten eröffnen. Demgegenüber beeinträchtigen aufgegebene Standorte z. B. der Textil- und Schuhindustrie oder Keramik-, Porzellan- und Glasindustrie aufgrund der vergleichsweise geringeren Flächenintensität und räumlichen Ver- teilung der Produktionsstätten im Stadt- gebiet das Stadtbild weniger und ermög- lichen eher Nachnutzungsoptionen. Abbildung 1: Taranto und die Industriefläche Zur Bewältigung der Krisenerscheinun- des Stahlwerks (Quelle: bueroschneidermeyer) gen konzentrieren die Städte ihre Akti- vitäten unterschiedlich stark auf Revita- Middlesbrough: Die stadtgeschichtli- lisierung und Diversifizierung der Mono- che Entwicklung der nordenglischen struktur oder strukturellen Neuanfang. Stadt begann südlich des Flusses Tees Vornehmlich liegt ein Aufgabenverständ- mit Docks, in denen einst Schiffe für nis von städtischer Regenerierung als Kohle- und Stahltransporte gebaut und wirtschaftlichem Belebungsprozess gebraucht wurden und die heute völlig zugrunde. Städtebauliche, bodenord- untergenutzt den Zugang zum Wasser nerische und Flächen aufbereitende versperren. Das Hauptprojekt des Maßnahmen sind in diese Ansätze in- Regenerierungsprozesses der Stadt – tegriert. Für einen strukturellen Neuan- das Projekt Middlehaven – zielt auf eine fang, weg von der Abhängigkeit indus- Neuordnung der flussnahen Areale und trieller Monostrukturen kann z. B. die ehe- die Entwicklung eines nutzungsge- malige Bergbau- und Glasindustriestadt mischten Quartiers. St. Helens mit ihrer Strategie, die „Wind- schattenlage“ zu Liverpool und Man- Barakaldo: Die Stahlindustrieanlagen chester als Wohn- und Tourismusstand- bildeten im spanischen Barakaldo bis ort zu nutzen, stehen. Ähnliches gilt für vor kurzem quasi noch eine „Stadtmau- die ehemalige Stahl- und Hafenstadt er“. Sie trennte die Kernstadt von den Taranto in Süditalien, die ihre Touris- Flüssen Galindo und Nervion. Mit Auf- muspotenziale aufgrund der Lage zwi- gabe industrieller Nutzungen befreit sich schen zwei Meeren erst erschließen die Stadt aus der Umklammerung, ver- kann, seit sie ihre Entwicklung ohne netzt zerschnittene Siedlungskörper und Stahlindustrie und mit verändertem Ha- erschließt neue Landschaftsräume im fenstandort denkt (siehe Abb. 1). Wei- regionalen Verbund mit Bilbao (siehe tere Beispiele zeigen, wie durch Über- Abb. 2) windung der Stadtentwicklungszwänge

143 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Für die Strukturkrisestädte stand zu- nächst eine Phase des „Aufräumens“ an: Insbesondere in den britischen Städten wurden zunächst die Industrieanlagen auf den großflächigen Brachen, welche die Schwerindustrie hinterlassen hatte, abgeräumt und technische Infrastruktur – z. B. Verkehrs-, Ver- und Entsorgungs- anlagen – an die Bedürfnisse der ver- bliebenen Stadtstrukturen angepasst. In einer weiteren Phase wurden dann Stadtentwicklungsprojekte definiert und umgesetzt. Neben Industriebrachen sind Innenstädte im Fokus des Stadtum- baus. Die Dimension umfasst städte- Abbildung 2: Stadtumbau-Gebiete in Barakaldo (Quelle: Stadt Barakaldo, bearbeitet durch bauliche Großprojekte wie z. B. den bueroschneidermeyer) Neubau von nutzungsgemischten Quar- tieren in Barakaldo, Middlesbrough, Karlskoga: Rüstungsindustrie ließ die Sheffield und St. Etienne, Handels- (Ro- schwedische Stadt wachsen. Nicht nur mans-sur-Isère) und Freizeitinfrastruktu- die räumliche Trennung von Wohnen und ren (Whitehaven, St. Helens) oder Inves- Arbeiten, sondern die aus Sicherheits- titionen in Bildungsinfrastruktur (Karls- gründen notwendige Absperrung großer koga). Insbesondere die italienische Areale beeinflusste die Entwicklung in Hafenstadt Taranto hat sich – bezogen der jüngsten Vergangenheit negativ. Die auf die Altstadtrevitalisierung – auch vie- Vision für 2010 zeigt die Öffnung des ehe- ler kleiner und bestandsorientierter Ein- maligen Rüstungsindustriegeländes zu zelmaßnahmen verschrieben. In einem öffentlichen Bildungs- und For- Taranto, aber auch in anderen Städten, schungs-Campus, der über eine Uferpro- wird der Erhaltung des bauhistorischen menade entlang eines Sees an das Erbes hohe Bedeutung beigemessen. Stadtzentrum und weitere Wohnstand- Dies gilt insbesondere für die Industrie- orte angebunden wird. baukultur, die – wenn sie wie in der ehe- maligen Bergarbeiter- und Glasstadt St. St. Etienne: Die Nutzungsaufgabe in- Helens bezüglich der Bergbauepoche nerstädtischer Industriestandorte hat erst einmal zerstört ist – im Nachhinein das Zentrum der französischen Kohle- als Potenzial für identitätsstiftende Leit- Eisen-Stahl-Stadt und ihre innenstadt- projekte vermisst wird. nahen Wohnquartiere geschwächt. Eine das Zentrum stärkende Strategie sieht In den europäischen Beispielen be- vor, zwei große innerstädtische Indus- schränken sich der Stadtumbau und das triebrachen mit nutzungsgemischten Flächenrecycling nicht auf das Beseiti- Quartieren neu zu bebauen, sowie die gen von Altlasten. Die Herrichtung der Schaffung einer Straßenbahnlinie und Flächen ist verbunden mit städtebauli- die vollständige Erneuerung einer Platz- cher Reparatur und Entwicklung neuer folge. urbaner und regionaler Qualitäten, wel- che durch die industrielle Nutzungsauf- gabe erst möglich wurden.

144 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

So liegen den Stadtumbau-Konzepten systeme zwischen Bund und Ländern, in den betrachteten Städten mehrheit- Ländern und Kommunen sowie den Ebe- lich regionale Abstimmungsprozesse nen untereinander hatten derartige Steu- zugrunde, nicht zuletzt aufgrund natio- ererleichterungszonen aber kaum Rea- nalstaatlicher Bestrebungen: In Frank- lisierungschancen. reich ist die interkommunale Zusammen- arbeit gesetzlich verankert. In Großbri- Die Konstruktion der Förderprogramme tannien und Schweden ist die Förderung spiegelt die für jedes Land spezifische häufig an eine solche geknüpft. Weit Form der Zusammenarbeit der National- geht die regionale Kooperation in regierung mit der regionalen und loka- Barakaldo, welches nur ein Element in len Ebene bezogen auf Stadtumbau und der Revitalisierung der Städtelandschaft Flächenrecycling wider. So ist z. B. das um Bilbao einnimmt. „Bilbao Ria 2000“ Fördersystem in Großbritannien, das ist eine regional aufgestellte neue Steu- sich in diesem Kontext in vielfältige Ein- erungsorganisation, die wohl die Effek- zelprogramme differenziert, von starker tivität und Effizienz des Stadtumbaus Steuerung durch die Nationalregierung befördert. Neu geschaffene Organisati- geprägt. Auch in Frankreich übt der Na- onen, die Stadtumbau als halböffentli- tionalstaat einen starken Einfluss auf die che oder auch öffentliche Einrichtungen Kommunen aus, wenngleich in den letz- mit Budgetverantwortung und zeitlich ten Jahren die regionale und kommuna- begrenzter Aufgabenübertragung steu- le Ebene an Bedeutung gewonnen hat. ern, sind bei vielen der europäischen Im Rahmen der sog. „Politique de la ville“ Beispiele anzutreffen. In England sind schließen die Kommunen mit dem Na- diese teils Fördervoraussetzung und dort tionalstaat einen sog. Stadtvertrag über werden öffentlich-private Partnerschaften bestimmte stadträumliche Projekte; mit nicht nur bei der Umsetzung, sondern den Regionen wiederum werden vertrag- schon bei der Strategiebildung gefördert. liche Regelungen über besonders „gro- In Frankreich werden größere Wieder- ße städtebauliche Maßnahmen“ nutzungsprojekte von brach gefallenen (Grands projekts de ville) geschlossen. Flächen oft in Form des Entwicklungs- Das schwedische Modell ergänzt finan- instruments „Zone d’Aménagement zielle Förderung durch fachliche Beglei- Concerté“ (ZAC) durchgeführt, in der pri- tung des sog. Umstellungsprozesses, vate Erschließungs- und Bauträger mit in dem Beratungsressourcen eines Ins- öffentlichen Stellen kooperieren. Fiska- tituts des Wirtschaftsministeriums vor lisch wird die Zusammenarbeit von pri- Ort zur Verfügung gestellt werden. Die vaten Akteuren und der Kommune in Beispiele verdeutlichen, dass eine nati- Frankreich mit Hilfe einzelner weiterer onalstaatliche Steuerung in anderen Län- Zonierungsinstrumente gestärkt. So be- dern i. d. R. ausgeprägter ist als im deut- inhalten die Ausweisung von speziellen schen föderalen System. So sind die Förderzonen in benachteiligten bzw. zur staatlichen Vorgaben für die kommuna- Aufwertung vorgesehenen Stadtquartie- le Stadtentwicklung in manchen Län- ren neben Fördermitteln auch abgestuf- dern auch stringenter an eine bestands- te Steuererleichterungen für kleinere Un- orientierte Innenentwicklung ausgerich- ternehmen. Derartige Finanzierungsin- tet. Während z. B. Frankreich mit dem strumente sind auch in Deutschland aktuellen Städtebaugesetz eine Politik schon diskutiert worden, aufgrund außer- der Abkehr von einer Zersiedelung hin ordentlich komplexer Finanzausgleichs- zu einer stärkeren Verdichtung einleite-

145 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen te, greift in England bereits eine staatli- ber einer Neuinterpretation von Stadt- che Politik der Eindämmung des Flä- quartieren und Leitbildern, welche teils chenverbrauchs. Der Erhalt von Grünzü- radikale, in Deutschland oft nicht so gen und die Umnutzung von Brachen leicht vorstellbare, Lösungen ermöglich- unter dem Leitbild „brownfield develop- te. ment before greenfield development“ fol- gen nationalen Bestimmungen. Gemäß Anmerkung: staatlicher Vorgaben dürfen z. B. neue Wohneinheiten nur in einem Verhältnis Der Beitrag fußt auf der Studie „Stadt- von 40 % zu 60 % auf Greenfield- und umbau in europäischen Städten mit Brown-field-Gebieten gebaut werden. Strukturkrise“, die mit Mitteln des Bun- Der hohe Stellenwert, den England dem desprogramms ExWoSt im For- Flächenrecycling einräumt, drückt sich schungsfeld „Stadtumbau West“ erstellt auch in der Erfassung von Gebäudeleer- und 2005 als BBR-Werkstatt: Praxis- stand und Brachflächen in einer seit Heft 37 veröffentlicht wurde. 1999 im Aufbau befindlichen Landesflä- chenstatistik aus.

Aufgrund nicht unerheblicher staatlicher Finanzierungs- und Steuerungsunterstüt- zung bei Umbau und Flächenwiederauf- bereitung gelingt einigen der europäi- schen Strukturkrisenstädte die Transfor- mation einer Industriestadt zu einer Stadt mit postindustriellen Qualitäten. Unter diesem Eindruck lässt sich für deutsche Städte in Strukturkrise, trotz eingeschränkter Übertragbarkeit, verein- facht dieser Prozess empfehlen:

¾ nach realistischer Positionsbe- stimmung eine städtebauliche Vision formulieren

¾ „Aufräumen“ mit Erhalt historischer und unter Herstellung landschaftli- cher Ankerpunkte

¾ neue städtebauliche Impulse teilräumlich setzen

Auf die langjährige Stadtumbaupraxis im europäischen Ausland blickend, reift die Einsicht in die Langwierigkeit des Stadt- umbaus, die den Akteuren eine beson- dere Ausdauer abverlangt. Bemerkens- wert ist an den europäischen Beispie- len, die beobachtete Offenheit gegenü-

146 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

4.1.2 CABERNET: A vision of economic regeneration and sustainable land use

Uwe Ferber, Detlef Grimski, Kate Millar, Paul Nathanail

Introduction opportunities at numerous levels by improving urban quality of life, enhancing CABERNET (Concerted Action on local competitiveness, and reducing Brownfield and Economic Regeneration urban sprawl. Furthermore, at a time Network) is a European network that is when policy-makers at a European level approaching issues that are raised by are also attempting to reduce the brownfield regeneration and land use European ecological footprint, particu- aspects from a multi-stakeholder pers- larly in terms of transportation and the pective. It aims to enhance the reha- consumption of non-renewable bilitation of brownfield sites within the resources, the multiplicity and multi- context of sustainable development of functionality of land use will become European cities, by sharing experiences increasingly important. In common from across Europe, providing new usage brownfields refer to previously management strategies, innovative developed land, encompassing a range tools, and a framework for coordinated of sites in terms of size and location. research activities. The network was Specifically, these sites have been established in 2002. It was funded by defined by CABERNET as sites: ‘that the European Commission as a have been affected by the former uses Concerted Action within the 5th frame- of the site and surrounding land; are work research program until July 2005 derelict and underused; may have real and continues the multi-stakeholder or perceived contamination problems; dialogue in a self-funded form. are mainly in developed urban areas; and CABERNET is jointly coordinated by the require intervention to bring them back University of Nottingham, United to beneficial use’. Kingdom and the Federal Environmental Agency, Germany. The need for multi-stakeholder dialogue Brownfields: a Trans-European land use problem. When examining land use Due to the complexity of the brownfield issues within Europe a number of problem, sophisticated multifaceted common issues emerge, one of the most approaches are required to tackle this significant trans-European problems is pan-European issue. One of the key the distribution and persistence of aspects of the problem is the diversity brownfield sites and their effective of stakeholders involved in the process. regeneration. Previous cases of poor and Problem-oriented solutions for brown- unsustainable land management fields need to focus on multi-stakeholder practices, in particular in relation to approaches that respect the range of brownfield regeneration, have contributed perspectives as well as the diversity of to urban decay, deprivation and social stakeholder values. conflicts within our cities. In contrast regenerating brownfields can facilitate

147 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

CABERNET consists of stakeholders ¾ Disseminating good practice throug- from various groups such as landowners, hout Europe and between stake- municipalities, researchers, developers, holder groups national regulators, representatives of community groups, consultants and ¾ By refining existing and introducing professional advisors. These groups better defined new financial instru- meet to discuss and exchange practi- ments that ensure an ‘investment ces, experiences and aspirations rather than expenditure’ approach to relating to brownfields and wider issues economic appraisal of urban regeneration. The establish- ment of the network has successfully Key Messages created the opportunity to find and exchange practical sustainable solutions Conceptual thinking and conceptual to both strategic and site specific urban models brownfield problems. As the network focused on strategic approaches, Cabernet proposed a number of CABERNET’s work programme has conceptual models to facilitate a greater focused on exploring solutions for a multi-stakeholder understanding of the number of the key social, economic and key aspects of brownfields, particularly environmental issues that impact on the dynamic of brownfield regeneration/ brownfield regeneration and has creation and the characterization of the identified tools and highlighted new problem by different stakeholders. The research needs that should be addres- bath model for instance (see fig. 1) sed in future EC research programmes. demonstrates that as long as the brownfield bath continues to ‘refill’ due As a result of the network’s activities, to the creation of brownfield sites, cities CABERNET has proposed a number of will always have a potential brownfield options for tackling the brownfield problem. In some regions more sites problem, including: become derelict than are regenerated and therefore the overall area of ¾ Developing policy instruments such brownfields will increase. More as regional or national regeneration importantly a number of types of sites strategies that emphasise and remain on the bottom of the bathtub for facilitate brownfield regeneration a considerable amount of time, the so- called persistent or hardcore sites. ¾ Adopting mechanisms that facilitate These are often sites of low economic effective participation of all relevant value that have remained derelict for a stakeholders, in particular local number of years. communities, in the decisionmaking process

¾ Developing a group of brownfield process managers with the broad range of skills needed to facilitate multi-stakeholder consensus

148 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

¾ C sites – these projects represent mainly public sector or brownfield 66,000 ha creation municipality pro-jects driven by public funding or specific legislative 17.000 ha of instruments (e.g. tax brownfield hardcore sites Regeneration incentives). 21 % over 3 years

Figure 1: Bath mode

Different types of brownfield regeneration Key Positions from a multi stakeholder projects, in relation to their economic perspective status and funding, are illustrated by As mentioned above, the CABERNET another model, called the A-B-C Model approach to the browfields problem was (see fig. 2). multi stakeholder based. The network worked on a number of

land value broader key issues that are (after reclamation) essential for the success or the failure of the

self-development potential develop- process. As a result of sites ment sites overarching discussions a Public-private Public-driven partnership projects series of key messages and positions have been A-sites B-sites developed and agreed. They are focussing on

reserve sites Public-driven projects C-sites reclamation costs

Figure 2: ABC model ¾ Citizen Participation and Decision-making Depending on the cost of regeneration and the value of the land, sites can be ¾ Policy and Regulatory classified as: ¾ Professional Skills ¾ A sites – these represent development projects that are driven ¾ Environmental Issues by private funding ¾ Social and Cultural Issues ¾ B sites – these projects are charac- terised as being on the borderline of ¾ Economic Issues profitability. These projects tend to The network particularly promotes the be funded through public-private co- awareness and use of rather weak tools operation or partnerships.

149 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen for the brownfield regeneration process, regulatory approach may even hinder especially the broader discussion and regeneration. Environmental aspects are dissemination of tools and good practice not always given a balanced for citizen participation. Effective citizen consideration e.g. contamination issues participation in decision-making enhan- can be over emphasised in brownfield ces the sustainability of brownfield regeneration. CABERNET believes that regeneration projects. The knowledge environmental issues can catalyse base concerning citizen participation is brownfield regeneration raising available but it is commonly undervalued environmental, social and economic or misunderstood. Also, more attention benefits when targeted at sustainability needs to be paid to achieving social and in a balanced and integrated approach. cultural benefits as a result of brownfield redevelopment. CABERNET believes Another focus of CABERNET was the that when regenerating brownfield sites, role of policy approaches and regulatory a set of key social and cultural objectives instruments in brownfield regeneration. should be considered. The Group has The Group has collected information on identified key tools that facilitate the regulatory approaches, as well as inclusion of social and cultural characterising European legal components in regeneration projects as constraints and policy drivers. The role well as social and cultural objectives that of municipalities and Regional should be considered when regenerating Development Agencies (RDAs) in driving brownfield sites. brownfield regeneration has been analysed. The activities of Municipalities As a matter of course, complex impact on the manner and pace at which problems need complex and multi- brownfield land is brought back into use. disciplinary solutions to be coordinated The actions of Municipalities to address by individuals with complex and brownfield land issues make a direct multidisciplinary skills. CABERNET contribution to their wider strategic focused on the issues that relate to the responsibilities and objectives, i.e. the availability and development of technical achievement of sustainable development and other multidisciplinary skills linked leading to competitive cities. to brownfield regeneration in a CABERNET believes there is a need for sustainable urban context. The network a brownfield specific strategic approach identified a need for a new professional for regeneration at the local government to develop and deliver opportunity plans level if the objective of competitive urban for the sustainable regeneration of environments is to be achieved. One of brownfield sites and ensure these the major obstacles in brownfield contribute to the comprehensive regene- redevelopment is the complexity and the ration of a wider area by delivering multitude of factors that are influencing environmental protection, local economic the decision-making process. Planning and social benefit. The type of skills base and permission procedures result in a that is currently needed is represented time consuming and complex process. by a Brownfield Process Manager. It is essential to streamline this decision- making process in order to make Brownfield issues are often discussed brownfield redevelopment competitive within the context of environmental pro- with greenfield development. According tection. However, a simplistic sectorial to experiences in some European

150 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben regions dedicated agencies can regeneration of many marginally non- potentially offer a range of benefits in viable brownfield sites, should be delivering sustainable solutions to the exempt from EU competition policy. brownfields problem. It is important to critically evaluate the role of dedicated Research Recommendations and agencies to better understand their Priorities potential impact. As a European wide network CABERNET has also put some When considering the research priority work on the European dimension in areas for delivering Sustainable Land context with European policies in terms Management and also advancing Europe of structural funding and European global as a world leader in research and competitiveness. CABERNET believes practice in this area, CABERNET have that incorporating a specific brownfield identified a number of research priorities land dimension in emerging EC thematic for brownfield regeneration and wider strate-gies and other policy initiatives aspects of urban land management, e.g. would enhan-ce sustainability and ¾ Management approaches, decision- therefore enhance Eu-ropean competiti- making frameworks and models for veness. regional agglomerations and Finally, the economic component: A management models for the rural- significant proportion of brownfield land urban fringe is not commercially viable in the ¾ Assessing and developing corporate foreseeable future (C sites). Such social responsibility (CSR) codes persistently unused brownfields often that relate to urban land mana- have adverse effects on the sustai- gement to assist private and public nability including the competitiveness of sector organisations manage their European regions and cities. EU and land in a way that is compatible with Member State funding is necessary for, current sustainability indicators and and should be used, to return non-viable good practice guidelines. sites to beneficial use (e.g. permanent or transitional low-intensity activities. ¾ Methods and technologies that Concerning many marginally commer- facilitate temporary land uses that cially non-viable brownfield sites (B do not impair or limit future use. This sites) the cost: value gap prevents the links to the need to improve the development and regeneration in Europe. understanding of land use within EU competition policy has the cities through better data mana- unintended effect of restricting the ability gement of member states to develop public- private partnerships to facilitate the ¾ The development of models that can regeneration of commercially non-viable improve the predictability of social, sites, other than where the private sector environmental and economic partner is an SME, and / or the site is impacts from land use changes located in an assisted region. within a local, regional and national CABERNET believes effective public- setting private partnerships, that have been designed to bridge the cost-value gap ¾ The role of economic models and that often prevents the commercial financial instruments. In particular,

151 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

the application of urban and regional mination after redevelopment. incentives to promote technologies Improve financial management uptake instruments for investors that deal with these issues. ¾ The critical evaluation of existing and development of new funding models ¾ Methodologies for assessing the for urban and regional development, policy impacts of new land use Public Private Partnership (PPP) models on cultural identities, on Models, and the use of gap funding breaking down old identities and at a regional level. In particular the creating new ones. Evaluation use of novel regulatory and eco- methods to assess the preservation nomic models for European cities of European cultural histories within with special regard to the new EU an urban context that negates Member States conflict or discrimination. In parti- cular examining implications for ¾ Tools for the characterisation and social cohesion and security at a predictability of land use related national, trans-national and local liabilities, including new insurance level models for residual risks Conclusions and Outcomes ¾ Develop tools and decision-making support systems for the minimi- CABERNET has focused on bringing sation of financial risks that relate together ideas and information, as well to real or perceived residual conta- as stimulating the development of new

Figure 3: CABERNET 2005 delegates in Belfast

152 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben initiatives. The challenge of achieving Acknowledgements: This research value-driven sustainable brownfield project is supported by the European regeneration can never be under- Commission under the Fifth Framework estimated, but in order to ensure a Programme and is contributing to the cohesive urban society this challenge implementation of the Key Action „The must be met. City of Tomorrow and Cultural Heritage“ within the Energy, Environment and There is an important role for Stakeholder Sustainable Development Thematic Networks, such as CABERNET, to Programme facilitate the develop-ment of brownfield solutions that are acceptable to a multi- (http://www.cordis.lu/eesd/). stakeholder community of decision- makers and affected parties. The For further information contact: Network can also act as a valuable information resource and as a ‘tool’ in www.cabernet.org.uk itself for stimulating topic debate and highlighting the importance of this issue for our collective European future. As a result, CABERNET 2005: The International Conference on Urban Land Management (held on 13-15 April 2005 at the Belfast Waterfront Hall) is the first conference of a series. The 2nd International Confe-rence will be held in 2007 in Stuttgart. One of the main goals of the conference series is to establish the benefits of and continued need for multi-stakeholder dialogue and engagement if truly lasting and sustainable urban regeneration is to be our legacy to future generations.

153 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

4.1.3 NORISC: Risk assessment of contaminated sites

Barbara Möhlendick, Till Scheu, Michael Kremer

Abstract costs unlikely to accumulate without warning. NORISC is dealing with assessing the risks of contaminated sites. NORISC compiled information on pollutants associated with different land NORISC, or Network Oriented Risk uses, the methods available for assessment by In-situ Screening of measuring them and geophysical, Contaminated Sites, was a three year biological and hydrological methods of project completed in 2005. It involved the characterising sites. They charted the city authorities of Cologne and Stock- cost and reliability of each method, along holm, the regional planning authority of with any drawbacks. Some methods, for Thessaloniki, Greece, seven academic example, are interfered with by metal groups and two environmental enginee- pipes, overhead pylons or wells, and are ring companies. not applicable everywhere. All this, totally more than 100 methods, is With current techniques, assessment of packaged into a piece of software known pollution on a contaminated site is often as a Decision Support System (DSS). not thorough enough to make an accu- rate assessment of the risk. Soil is The system has been successfully usually sampled from boreholes dug at tested on four sites in European cities, intervals across the site. There may be each of which had already been surveyed no information about what happens conventionally. In comparison to the between the boreholes. Patches of results achieved with the traditional pollution could be missed, or turn up later methods the results proved to be more when the site is under development. The accurate, the costs of the investigation NORISC partners have devised an could be reduced by 50 %, and the time integrated approach to assessment that it took by 80%. gathers as much information as possible from the outset, employing all available NORISC’s software also does a risk disciplines. This approach improves the assessment for human health, drawing efficiency of surveying. The depths at on legislative guidelines for different which soil samples should be taken, for pollutants. Risk assessment takes into example, or the places groundwater account the pathways pollutants must must be sampled, depend on the site’s travel to affect people. There may be geology and the lie of the land. Under- toxic metals in the soil, but they pose ground surveys can detect buried no risk if they are locked deep under- features such as tanks that could be ground and cannot reach humans. pollution sources, or areas of rock that However, if metals come in contact with change the way water flows. With this flowing groundwater, or if the site is to information, soil samples can be placed be used as a kindergarten where young appropriately in the first place, making

154 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben children could dig holes and eat soil, the and commercial activities and ultimately risk is substantial. creating new jobs. However, there are several obstacles that can have an NORISC EU-Project impact on the decision-making of banks and potential investors, with one of the main con- cerns being inves- tors’ certainty. In- deed, certainty is considered to be vi- tal from the early stages of business development but is not always provided due to risk factors such as potential soil contamination, which can result in figure 1: concept of NORISC unforeseeable costs. This is why investors frequently prefer „greenfield“ NORISC is a technology development sites to sites in fully developed inner- project funded by the EU Commission city areas. Apart from the excessive use under the 5th Framework programme, of unspoiled land along with the Key Action City of Tomorrow, launched corresponding ecological impacts this in 2001 for a three-year period and also poses the risk of slowly but steadily completed with the International NORISC losing what makes up the ‘soul’ of a city. Final Conference held in Cologne in No- vember 2003. The aim of the project was Risk assessment is essential to prepare a new investigation strategy for the revitalisation of brownfield sites. Thus, comprehensive site characteri- The interdisciplinary approach was sation and efficient, reliable risk assess- developed within a network of cities, ment are crucial for the revitalisation of environmental engineering companies, derelict land. However, traditional inves- research institutes and universities from tigation techniques can be considered Germany, Greece, Hungary, Italy, insufficient in several respects. On the Poland, Sweden and the USA. one hand, for instance, these techniques have proven cost and time consuming, Brownfield Revitalisation as the various investigation steps have been carried out independently and Brownfield revitalisation has become a successively by the different scientific major issue for most European cities as disciplines involved. In addition, in the many formerly industrial sites have been absence of standard guidelines, risk abandoned due to structural changes in assessment has been made on a case- the economy. Redeveloping such sites by-case basis in a very heterogenous can give new impulse to the regeneration way. of a city, helping to attract new industries

155 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

On the other hand, investors have usually methodology for site investigation and had to face a residual risk of soil conta- assessment. In particular, the system mination deemed not acceptable by provides support in determining the many of them. In this matter, traditional contaminant occurrence in soil and investigation techniques can be thought groundwater as well as the human health of as incomplete as samples have only risks involved and the potential site been taken from isolated measuring reuse. The software, which is integrated points. Moreover, the integration of the with a three dimensional geographic various stakeholders, i.e. city planners, information system (3D GIS), is a user- investors, landowners etc., with very dif- friendly, multifunctional tool for the ferent interests can be difficult and compilation and exchange of data therefore constitute another obstacle among different communicators (city when it comes to the realisation of planners, decision-makers, landowners, investment projects on brownfield sites. investors and stakeholders).

Innovative site assessment Common Interface for NORISC modules technologies In addition to the DSS software a site In order to provide strategies to address investigation strategy (SIS) has been these issues, the NORISC approach designed, which enables a flexible and integrates existing and innovative site dynamic on-site investigation approach. investigation techniques from Other valuable tools developed within the geophysics, geochemistry, geology and project include a data processing mo- hydrogeology and includes data dule, which, by means of georeferen- processing with GIS. Using a combi- cing methods, records all the measuring nation of modern on-site procedures points, analytical and geological data means that simultaneous field work is and visualises the information on topic- possible and periods of inactivity and related maps and three-dimensional delays can be reduced considerably. The charts, thus enhan-cing visual application of geophysical and representation of geospatial information. geosensory methods allows any anoma- lies to be detected and verified by Human Health Risk assessement subsequent drilling, reducing the residual risk to a minimum. The scope of the NORISC project has been extended to include a risk Decision support system assessment module, providing information on the level and distribution A guideline for site investigation has been of human health risk at a contaminated established in the form of a decision site (HRA). It was adjusted to site- support software (DSS: decision support specific circumstances, including diffe- system). An electronic decision matrix, rent land use scenarios and different supported by historical, geological, types of contaminants. The HRA module chemical and site-specific data sets, can also be used as a basis for selecting ensures that the optimum mix of the appropriate remediation option and methods is employed. Indeed, the DSS for designing and conducting revitali- represents the core of the NORISC sation of contaminated sites. project, as it to a coherent

156 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

Revitalisation Module The result has fully confirmed that the new integrated investigation approach Furthermore NORISC has developed a can be applied to different types of revitalisation module providing a set of polluted sites. The requirements in terms „targeted levels of clean-up“ and the of time, accuracy, minimisation of resi- „methods capable to achieve this level dual risk, good visualisation and of clean-up“, referred to as a remediation satisfactory reduction in costs have option. Usually, several options are open been met. The new approach can indeed for each site. The revitalisation module’s decisively contribute to the efficient, goal is to select the optimal „site-option“ sustainable revitalisation of derelict sites. from a set of sites and a set of options. The selection is based on the social benefits (avoided risks) and the financial benefits (change in land value).

Last but not least the expert in charge (site or investigation manager) agreed upon by the project partners plays a decisive role in terms of efficient time management and the integration of all stakeholders and investigation disci- plines. He is in charge of managing the individual survey steps in such a way that as many experts as possible can conduct their field investigation at the same time, and that a large number of chemical and other tests can be carried out on the site simultaneously. This time management is supported by the digital processing and visualisation of the acquired data, which, ideally, has accompanied the investigation process from the very beginning.

As for project evaluation, individual methods have been tested against quantifiable and quality criteria established in the evaluation plan, and all modules have been tested on several pilot sites. A verification and evaluation methodology including criteria for tech- nical and economical evaluation has been defined for the purpose of providing a quality control of the NORISC metho- dology.

157 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Comparison of the Conventional Approach against the NORISC Approach Contaminated Site

Time Conventional Approach NORISC Approach Time Historical Investigation Historical Investigation

Oriented Investigation

Detailed Investigation

Risk Assessment One Interdisciplinary and all- Planning of Remediation Actions embracing Investigation Step

Remediation Saves 80%

Revitalisation

Investment

Project results on four test sites

Location Cologne Stockholm Massa Balassag Quality Pipeline Soil Improved quality Improved quality Contamination Time Without 5 Years 85 days 74 days 266 days With 35 days 35 days 18 days 50 days Norisc Cost Euro Without 40.000 69.823 226.725 101.092 With 32.000 25.886 82.858 77.529 Norisc

Acknowledgement

This work is supported by the European Commission under the Fifth Framework Programme and is contributing to the implementation of the Key Action „The City of Tomorrow and Cultural Heritage“ within the Energy, Environment and Sustainable Development Thematic Pro- gramme (http://www.cordis.lu/eesd/).

For further information on NORISC please visit: www.norisc.com

158 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

4.1.4 Integra Sites: Strategy for site recycling and site management in urban areas

Barbara Möhlendick, Michael Kremer

Introduction complex. A lot of different criteria must be considered by the investors and In September 2004 the City of Cologne consequently by the cities which want started the Sub project INTEGRA-SITES to convince them to choose brownfields. within the „Triangle of Weimar“ Project in the Interreg IIIC programme of the EU. Such as the demographic development, the geographic situation with all the Overall project goal information about infrastructure, the determination and localisation of present The project intents to develop a strategy pollutants among others. for site recycling and site management in urban areas. European networking

Partnership For some of these questions useful tools already exists. For the last mentioned Integra Sites project is performed by the for example the „NORISC“-software offers twin cities of Katowice, Lille and a reliable risk assessment. Apart from Cologne, within the „Triangle of Weimar“, that the results of NORISC and other EU- Cologne being the leading partner. projects such as „Rescue“ or „Cabernet“ should be taken into consideration. To The motivation to carry out the Integra find the adequate tools to facilitate site Sites project is the common objective recycling is one of the difficulties to overcome the reluctant disposition of investors have. investors to settle on former industrial sites. This tendency is being increased The Integra sites project wants to by the Basel II agreement on the facilitate this process by providing a financial market. Although these sites guideline on how to proceed and by are often well placed for local transport making the first step for the creation of and services, investors prefer to build up architecture for a software tool, which new industrial complexes in greenfield provides the necessary information to all areas. Thus a lot of space and infrastruc- stakeholders. ture in the city centres is wasted while more and more sites in the green belts The planned final products of the of the cities are sealed, in Germany for project: example 115 hectares daily. This process, leading to deterioration of in- ¾ User Requirements for an Urban ner city districts and to dissipation of strategy for Site recycling ecologically valuable land, has to be stopped. ¾ Guideline for an urban strategy for Site recycling (feasibility study) However the process of selecting the right plot of land for investors is very

159 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

¾ Architecture of a software module information for investors and other (Data model) to support decisions stakeholders. of choice of optimum site for an investor ¾ The target group consists in „Out- side the administration“ (investors, ¾ Demonstration and tests with the insurance , bank, Private sector) and guideline and software architecture „inside the administration“.

¾ Multistakeholder conferences at General Clauses: local and EU level Land recycling describes fundamentally ¾ Broad dissemination activities the recycling of all unproductive land back into the economic cycle. But in particular Guidelines for Land Recycling: contaminated land and unused areas are preferentially included in this symmetry. ¾ The guideline and the planned decision support software for land A number of groups concerned is involved recycling are the core parts of in the framework of this recycling: (In- INTEGRA SITES development. They vestors or private customers) and are briefly described: authorities (represented by a big quantity of offices) who try to find out - through ¾ The content of the guideline is „What an adjustment of the different needs, steps to take, if an investor is inte- points of view and legal conditions - a rested to invest in a municipality“. suitable plot of land and to determine the degree of its redevelopment ability. ¾ The vision of the guideline is to offer In particular the preparation of plots to an internet platform with all relevant investment purposes plays a decisive

160 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben role in land recycling, because the by must be bundled up by means of far biggest part of the land transactions interdisciplinary work. The arising takes place in this domain. synergy effects to the acceleration of the process and guarantees for the The course of this process has to be legally verified results. The time factor summarised in a guideline and to be is influenced positively and the presented in a clear way. programmability of the budgets is more reliable. The following aims result from this: 5. In doing so, the system must 1. The up to now serial handling be holistic in the consideration of plot of administrative assignments (land objects and so universal, that it is features) must be paralleled and put into possible to optimise major temporary the preliminary stage of an inquiry with goals, as for example, the handling with a time dimension, that means, that the city owned land for purchase and sale complex of the data investigation is the also, or to enable appropriations for basis for a timely reply of queries. housebuilding. The major needs should be met flexibly. The planning compe- 2. The available data base - data tence of the city will be strengthened by from the individual departments of the means of B-plans. administration - is to be structured in such a way, that any land-relevant 6. Basic Data have to be fed into information can be asked for from any and linked within an electronic decision place or system intersection point, either matrix (see decision matrix model from a specialised team on Intranet in a project NORISC, see chapter 4.1.3) so first step or, later on, by using specific that within the shortest time possible a routines on the internet (on the city web very detailed answer is ready. site). 7. Involvement of the political The individual administration units sector, in order to achieve the general remain responsible for the data, so that conditions for the implementation of their quality remains constant and the structural changes, but also with the aim data can go on being processed in a of improving the holistic and sustainable reliable manner, according to the legal planning requirements. assignments. Description of the performers: 3. With the aid of a so-called „land record“ (see chapter 3.3.1) all signi- Investors: Investors look for plots with ficant findings of a plot can be the goal of having buildings constructed represented methodically (from the size and, for example, selling them of the plot to the environment-related afterwards to make profit. With these facts, from infrastructure to price and considerations, the height of the needed possible use). This land record should funds for the preparation of the plot plays be put to our disposal in a digital mode, an important role next to the time factor to serve later on as interrogation axioms. until its opening for use.

4. The knowledge available in the The faster an investor may buy land and different departments at personal level simultaneously with a very limited risk,

161 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen the more quickly he will be able to decide accessibility, catchment area for labour, for the purchase. housing environment for employees, social housing, distance to the neigh- bouring development, expansion areas and a lot of things more).

2. With this ideal profile the investor addresses the commune. He gets a standardisation catalogue from Internet (a question pattern, into which he can enter his demands, the basis are the characterisation data of the „land record“).

3. He sends this catalogue to the central headquarters of the adminis- figure 2: revitalised site from industry to service tration or fills it out on the net. The sector answer will follow then either by mail or directly on the net through a list of offers. The work together with the administra- On this schedule (also in the land tion must be characterised accordingly record) he finds all the plots which by a fast, comprehensive and legally correspond to his catalogue and which verified information about every plot. meet all the legal conditions on the part of the administration for a direct, that is, Authorities: Authorities can be defined rapid use. as having a big collection of data related to plots, a great knowledge on legal 4. The investor selects the plot of requirements and a not inferior land, confirms the purchase and can professional competence. apply for the building licence on the basis of the legally binding offer regulations of All these factors are, however, only good the city. The plot’s technical conditions as long as the applicants and/or those have already been clarified legally in a asking questions can be satisfied soon previous stage when allocating the data enough and be bundled up with legally to the plot. binding answers. Focal point on the part of the Program of land recycling: administration Focal point on the part of the questioners 1. Within the administration there is 1. An investor (acting for all the a great number of consensus inquiring partners in a city) he looks for steps to be taken for the prepa- a plot, in order to build a new business ration of plots. house. The designers/city planners have 2. In the individual departments devised an ideal profile for this search of legally verified files or estate a plot (Size, situation in terms of big registers have to be processed traffic routes, transportation by railroad which subsume all data on a for high amounts of goods, channel

162 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

specific subject and are kept rea- dy for use.

3. These data are supported by the characteristics of every plot of land as summarised in the „land record“.

4. A conjunction of the existing findings with the plot profile of the inquiry is produced on a matrix.

5. Within the administration the data of plot development are processed and blended on the basis of legal regulations, goals of urban evolution and political general conditions.

References

Regional Triangle Newsletter, N#1- ZENIT, Regional Triangle of Weimar www.trireg.net

Acknowledgement

This work is supported by the INTERREG IIIC programme (http:// www.interreg3c.net).

For further information on INTEGRA Sites please visit: Regional Triangle of Weimar www.trireg.net or directly: www.um.katowice.pl/ strong/integrasites

163 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

4.1.5 Nachhaltiges Flächenmanagement in den USA

Kai Steffens

Einleitung wesentlichen mit diesem Themenfeld befasste (vgl. Kapitel 3.1.2 i. d. B.). Das Leitbild der nachhaltigen Entwick- lung gewinnt auch im politischen Raum In dem Zusammenhang werden dann in den USA stärkeres Gewicht. Die zwei Themen aufgegriffen, die für die dadurch induzierte Wahrnehmung der Weiterentwicklung des Themas Flä- ganzheitlichen Aspekte der zahllosen chenrecycling in Richtung auf die Nach- politischen Programme und Fördermaß- haltige Entwicklung stehen, die „Smart nahmen der Regierung führt inzwischen Growth“ Idee und die „ER3 Initiative“. zu ersten Tendenzen der Bündelung solcher Ansätze unter der Überschrift Das Brownfields-Programm „nachhaltig“. Dies geschieht unter ande- rem vor dem Hintergrund von Bestrebun- Die gesetzliche Grundlage des Pro- gen zur Erarbeitung einer nationalen gramms ist das zuletzt am 11. Januar Nachhaltigkeitsstrategie, die gegenwär- 2002 unterzeichnete „Small Business tig mit der Entwicklung einer nationalen Liability Relief and Brownfields Revita- Forschungsstrategie vorbereitet wird. lization Act (H.R. 2869)“. Das Gesetz stellt für fünf Jahre 150 Millionen US$ In deutschen Fachkreisen des Flächen- jährlich für die Erfassung, Untersuchung, recyclings ist das einschlägige U.S. Beurteilung und Sanierung von brach lie- Programm zur Bearbeitung von genden Flächen zur Verfügung. Im Zuge „Brownfields“ bekannt, dessen Stellen- der Wiedernutzung dieser Flächen soll wert für die Wiedereingliederung von Alt- ein adäquater Umgang mit Gesundheits- standorten in den Wirtschaftskreislauf und Umweltrisiken einerseits und nicht hoch genug eingeschätzt werden andererseits eine Steigerung von Steu- kann. Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit ereinnahmen, Schaffung von Arbeits- sind jedoch die durch eine Kopplung mit plätzen und ein verbesserter Schutz von anderen Ansätzen erschließbaren Po- Freiräumen erreicht werden. Die Revisi- tenziale für die Siedlungsentwicklung on bisher gültiger Haftungsregeln erleich- noch bedeutsamer als der inzwischen tert unschuldigen Eigentümern, Nach- schon als historisch zu bezeichnende barn und potentiellen Erwerbern den Um- ursprüngliche reine Flächensanierungs- gang mit diesen Flächen. Programme und neuentwicklungsansatz. der Bundesstaaten werden mit 50 Milli- onen US$ jährlich gefördert. Flankiert In diesem Beitrag wird deshalb das wird diese Förderung mit dem einzelfall- Brownfields-Programm einleitend nur bezogenen Verzicht der Bundesregie- kurz aufgegriffen. Danach wird in knap- rung auf den Vollzug der strengen Haf- per Form auf die Ziele und den Gegen- tungsregeln des Superfund-Gesetzes, stand der Zusammenarbeit des BMBF dessen konfrontativer Ansatz damit auf- mit der U.S. EPA in den vergangenen gebrochen wird. vier Jahren eingegangen, die sich im

164 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

Als Effekt verspricht sich die U.S. Re- ¾ Stetes Bemühen, das Problem, den gierung von diesem Programm zu einer Nutzen von Lösungen und die Ziel- Wiederbelebung verödeter Innenstädte erreichung in (wirtschaftliche) Zah- ebenso beizutragen wie den Druck zur len zu fassen. Neuversiegelung in Freiräumen zu redu- zieren. ¾ Standorte mit Schlüsselfunktion für das Umfeld werden identifiziert und Die Zuständigkeit für die Problemflächen gezielt gefördert. wurde von der Bundes- auf die kommu- nale Ebene zurückverlagert, flankiert ¾ Betonung von Kommunikation und durch die Unterstützung der Kommunen Ausbildung mit stetem Praxisbe- durch Zuschüsse und erfahrenes Perso- zug. nal (Brownfields-Coordinators), das aus dem Bundesbereich an die Kommunen Die Bilaterale Zusammenarbeit des „ausgeliehen“ wurde. BMBF mit der U.S. EPA

Schwerpunkte des Programms lassen Die Zusammenarbeit des BMBF (Bun- sich wie folgt zusammenfassen: desministerium für Bildung und For- schung) mit der U.S. EPA ¾ Die Kräfte der Wirtschaft sollen im (Environmental Protection Agency) be- Dienste der Umwelt genutzt werden. gann 1990 auf dem Gebiet der Altlas- Das auf dem Gesetz basierende tensanierung mit der Bearbeitung von Brownfields-Programm ist konse- rein technisch angelegten Arbeitspake- quenterweise kein „Umweltpro- ten. Sie waren ausgerichtet auf die Er- gramm“ sondern erklärtermaßen ein probung von Sanierungstechniken. Ziel Wirtschaftsförderungsprogramm. war es, ein Instrumentarium und Daten- sätze zu schaffen, die die Beurteilung ¾ Bezuschussung von Erstuntersu- der Leistungsfähigkeit von Sanierungs- chungen um die Bewertung von Ri- technologien unter konsequenter Be- siken zu ermöglichen („removal of rücksichtigung eines stringenten Quali- the unknown“). tätsmanagements erlauben.

¾ Die politische und gesellschaftliche In der dritten Phase der Zusammenar- Sichtbarkeit des Themas Brachflä- beit (2001 – 2005, www.bilateral-wg.org) chen wird erhöht. fand eine thematische Aufweitung der Kooperation auf das Themenfeld der ¾ Lösung vom Gefahrenbegriff; das nachhaltigen Flächenrevitalisierung Programm fordert und fördert die Un- statt. Ein wesentlicher Gesichtspunkt tersuchung und Wiedernutzung von hierbei war, dass die bilaterale Zusam- Flächen, gleichgültig ob eine Kon- menarbeit einem ganzheitlichen, über tamination tatsächlich vorhanden ist die Aspekte der Sanierung einzelner Alt- oder nur vermutet wird. Die Bedeu- lastflächen hinausgehenden Ansatz folg- tung dieses Unterschieds bezüglich te und dabei die wesentlichen öffentli- einer Behinderung der Wiedernut- chen und privaten Akteure zung wird als lediglich graduell an- (stakeholders) integrierte. erkannt. Die Flächenwirtschaft steht im Mittelpunkt, nicht die Sanierung Das Arbeitsprogramm umfasste: von Altlasten.

165 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

¾ Diskussion und gemeinsame Ent- heit oder der Umwelt in Kauf zu nehmen. wicklung von Modellen und Forma- Aufgrund seines Netzwerkes von mehr ten zur Erstellung standortspezifi- als 6000 Mitgliedern aus allen Umwelt- scher „Flächenrecycling-Pläne“ un- fachgebieten, die sich sowohl aus dem ter Auswertung von Beispielprojek- öffentlichen Sektor als auch aus der Pri- ten. vatwirtschaft rekrutieren, fungiert das ITRC als Katalysator für den Dialog zwi- ¾ Durchführung von Workshops mit schen den Ordnungsbehörden und der Praktikern zu Themen aus der Bila- Fachöffentlichkeit. teralen Kooperation oder anderen Themen. Das ITRC Brownfields Team unterstütz- te die Arbeit der Bilateral Working ¾ Gemeinsame Beteiligung an Fach- Group, indem es Kontakte zu den U.S. konferenzen mit Themen und Betei- amerikanischen Modell-Standorten her- ligten aus der Bilateralen Koopera- stellte und Informationsmaterialien zur tion. Verfügung stellte.

Den Vertretern von Modellstandorten ITRC soll hier als ein Beispiel genannt kam in dieser Zusammenarbeit eine we- werden, das für eine größere Gruppe von sentliche Rolle zu. Die Modellstandorte Aktivitäten steht, in denen Vertreter der auf US Seite wurden vom Brownfields öffentlichen Verwaltung erfolgreich in Team des ITRC beigesteuert. Dieser gemeinsamen Arbeitsgruppen mit der „Interstate Technology and Regulatory privaten Wirtschaft kooperieren und so Council“ (www.ITRCweb.org) ist eine von dazu beitragen, verschiedene Sichten den U.S. Bundesstaaten geführte Ver- auf Probleme und Lösungen gleichbe- einigung von Ordnungsbehörden, Indus- rechtigt zu diskutieren. trievertretern, Anspruchsgruppen (stakeholders), Forschungseinrichtun- Der SMART-e Ansatz der U.S. EPA gen, Bundesbehörden und Vertretern der Ureinwohner. Die Arbeit des ITRC dient Im Rahmen der Bilateralen Kooperation dem vertieften Verständnis der Vorteile des BMBF mit der U.S. EPA wurde auf und Risiken innovativer Umweltschutz- US-Seite die Basis gelegt für ein Werk- oder Sanierungstechnologien und setzt zeug namens „Sustainable Management diese Informationen in Leitfäden und Ar- Approaches and Revitalization Tools – beitshilfen für Genehmigungsverfahren electronic (SMARTe)“. SMARTe ist ein um. Generelles Ziel ist die Verbesse- Internet-gestütztes System zur Ent- rung der Akzeptanz neuer Verfahren scheidungsunterstützung, das die Ak- durch Sammlung und Verdichtung von teure des Flächenrecyclings bei der Ent- Informationen sowie durch Erfahrungs- wicklung und Bewertung von alternati- austausch, der durch die Vertreter der ven Entwicklungsoptionen einer ggf. ver- Genehmigungsbehörden selbst getragen unreinigten Fläche unterstützen soll. wird. Ferner soll die Entscheidungs- Das System soll dazu beitragen, die im findung im Rahmen von Projekten zu Rahmen der Bilateralen Kooperationen innovativen Umweltschutz- und identifizierten Hemmnisse für die Flä- Sanierungstechnologien beschleunigt chenwiedernutzung zu überwinden. werden, ohne Abstriche oder Risiken Dazu zählen: beim Schutz der menschlichen Gesund-

166 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

¾ unvollständige Bewertungen von Auf- Expertensystem und die Werkzeuge zur wand und Nutzen (häufig werden nur Datenanalyse zugeschnitten sein. monetär bewertbare Kosten und Erlöse von Neuentwicklungsoptio- Die Erstellung von SMARTe wird gerau- nen bewertet, während die nicht me Zeit in Anspruch nehmen und in über- marktbezogenen Verluste und Ge- lappenden Phasen erfolgen. Die erste, winne nicht betrachtet werden) bereits abgearbeitete Phase umfasste die Informationssammlung, in der zwei- ¾ Probleme bei der Identifizierung pri- ten Phase werden gegenwärtig die in- vatwirtschaftlicher und öffentlicher teraktiven Werkzeuge entwickelt, die in Finanzierungsmöglichkeiten der dritten Phase zu Expertensystemen und Datenanalysekomponenten inte- ¾ Probleme mit bundesland- oder bun- griert werden. Insgesamt wird die Ent- desstaatspezifischen Informationen wicklung bis ca. 2010 dauern. und Anforderungen Die Website http://www.smarte.org ent- ¾ Schwierigkeiten bei der Findung und hält den gegenwärtigen Entwicklungs- Bewertung von Untersuchungs-, Sa- stand von SMARTe und weitere Informa- nierungs- und Überwachungstech- tionen zur Zielsetzung und zu den Pers- nologien für kontaminierte Standor- pektiven. te Smart Growth ¾ Defizite in der Kommunikation mit anderen Akteuren. Eine der Aktivitäten zur Bündelung der Vielzahl von Programmen mit ähnlicher Zusätzlich zu den Informationen und Zielsetzung ist der sog. „Smarth Growth“ Hilfsmitteln zur Überwindung der Ansatz, der das „vernünftige“ Wachs- Schwierigkeiten wird SMARTe Werk- tum, also eine Verhinderung des ausu- zeuge zur Analyse und Strukturierung fernden Wucherns von Siedlungsräumen von Entscheidungsprozessen enthalten, zum Ziel hat. Die Ansätze werden ge- die von Akteuren zur Bewertung alter- tragen von Verwaltungen der Bundes- nativer Flächennutzungsoptionen heran- staaten, Kommunen und NGOs und ver- gezogen werden können. folgen die auch in Deutschland gut be- kannten Ziele: SMARTe zielt auf alle Akteure, gleich welcher Ausbildung und Erfahrungshin- ¾ Lebensqualität in Stadtteilen und tergründe. So werden Nutzer, die sich Quartieren, also gleichermaßen Si- erst kurz mit dem Thema befasst ha- cherheit, Bequemlichkeit, Attrakti- ben, Informationen, Hinweise und Ideen vität und Bezahlbarkeit, und nicht nur zu einer Fülle von Aspekten der Flächen- einen oder zwei dieser Aspekte. wiedernutzung erhalten können (Strate- gien, Umweltrisiken, Wirtschaftlichkeit, ¾ Bessere Erreichbarkeit bei weniger soziale Akzeptanz etc). Modellformate, Individualverkehr, also sinnvolle Kom- Datenbanken und Berechnungssche- bination von Wohnen und Arbeiten mata werden erfahreneren Nutzern eher in Verbindung mit bedarfsgerechten technische oder quantitative Informatio- ÖPNV-Angeboten. nen liefern. Für Experten werden das

167 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

¾ vitale Städte und Dörfer, also För- ¾ Vielfalt von Wohn- und Lebensfor- derung bestehender Siedlungsräu- men zulassen und fördern me durch Investitionen in öffentliche Verkehrsinfrastruktur, Schulen, Bi- ¾ Quartiere mit fußläufig erreichbaren bliotheken und erhaltenswerte Ge- Zentren bäude, Baudenkmale und ge- schichtlich bedeutsame Lokationen ¾ Quartiere mit eigenem Charakter etc. und eigener Identität

¾ Gemeinnutzen und aktive Bürgerge- ¾ aktiver Schutz von Freiräumen sellschaft durch Sicherung und ge- ¾ Vielfalt von ÖPNV Angeboten för- rechten Zugang zu den wesentli- dern chen Grundlagen wie Beschäfti- gung, Ausbildung, Gesundheitswe- ¾ faire, transparente, berechenbare sen und kosteneffiziente Genehmi- gungsverfahren ¾ Kostensenkung und Steuereinnah- men, also Dämpfung und Verteilung ¾ Förderung des bürgerlichen Enga- von Infrastrukturkosten auf eine hin- gements und Kreativität in Pla- reichend große Zahl von Nutzern, nungsentscheidungen Senkung von Lebenshaltungskos- ten durch Vermeidung von Wegen Der Smart Growth Ansatz greift also der Berufspendler deutlich weiter als die meist auf Einzelt- hemen fokussierten staatlichen Einzel- ¾ Schutz naturnaher Freiräume und programme wie z.B. das Brownfields- der natürlichen Ressourcen Wasser Programm, dessen Ziele und Mechanis- und Luft. men lokal in ganzheitliche Betrachtun- gen einzutakten sind. Auch in den USA sind die Wege zur Erreichung dieser Ziele meist stark ein- Weitere Informationen zum Smart zelfallgeprägt. Dem Schrifttum sind je- Growth Ansatz sind z.B. zu finden un- doch einige Ansätze zu entnehmen, die ter http://smartgrowthamerica.org/. von Kommunen mit Erfolg angewendet werden und landesweite Akzeptanz Die ER3 Initiative insbesondere in den Verwaltungen der Bundesstaaten erfahren, also dort auch Die „Environmentally Responsible der Gestaltung von Förderprogrammen Redevelopment and Reuse (ER3) Initia- zugrunde gelegt werden: tive“ zielt darauf ab, die Vollzugsbefug- nisse der U.S. EPA und ihre ¾ „organisch“ strukturierte Flächen- Förderprogramme zu nutzen, um nach- nutzung (Wohnen, Arbeiten, Ein- haltiges Flächenrecycling zu unterstüt- kaufen, Freizeit) zen.

¾ Nutzung, Ausbau und Ertüchtigung Dabei kooperieren die mit den Themen der bereits vorhandenen Infrastruk- Flächenrecycling und nachhaltige Ent- tur wicklung befassten Dienststellen der U.S. EPA mit externen Programmen und deren Akteuren aus anderen Bun-

168 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben deseinrichtungen, aus den Bundesstaa- cyclings veranlassen können, den As- ten und der privaten Wirtschaft, die Bei- pekten der Nachhaltigkeit stärkeres träge zu nachhaltigen Projekten des Flä- Gewicht in ihren Projekten einzuräu- chenrecyclings liefern können. men.

Eines der Hauptanliegen des federfüh- Daraus ergeben sich also diese Kom- renden U.S. EPA Office of Site ponenten der ER3 Initiative: Remediation Enforcement (OSRE) ist, die Förderprogramme anderer Ressorts ¾ Identifizierung und Weiterentwick- (z. B. Department of Energy, High Per- lung von Vollzugsregeln und Förde- formance Building Initiative) mit den rungen, die Akteure Anreize zur EPA-eigenen Ansätzen im Sinne nach- nachhaltigen Flächenneuentwick- haltiger Projektplanung und –realisierung lung geben können zu bündeln. Zu den privaten Partnern gehören z.B. der U.S. Green Building ¾ Aufbau von Partnerschaften mit Bun- Council und der Wildlife Habitat Council. des-, Bundesstaaten- und anderen Die Reihe der Partner soll stetig erwei- öffentlichen Einrichtungen sowie der tert werden, um Entwicklern und Flä- privaten Wirtschaft zum Aufbau ei- cheneigentümern bessere Unterstützung nes Experten-Netzwerkes für Fragen bei der Projektplanung und –realisierung der nachhaltigen Entwicklung zur Verfügung zu stellen. ¾ Förderung des nachhaltigen Flä- Die ER3 Initiative resultierte aus der Ein- chenrecyclings von kontaminierten sicht, dass Flächenrecyclingprojekte Standorten durch Ausbildungsange- durch die Beseitigung von Verunreinigun- bote und Öffentlichkeitsarbeit. gen zwar einen positiven Nutzen für die Weitere Informationen zur ER3 Initiative Umwelt mit sich bringen, andererseits sind zu erhalten unter: http:// jedoch die aktuellen Lösungen in der www.epa.gov/compliance/cleanup/ Praxis negative Auswirkungen zeigen, redevelop/er3/. weil über Gebühr z.B. Lebensräume be- einträchtigt werden, die Grundwasser- EPA’s Office of Research and Develop- neubildung reduziert wird und Ressour- ment (ORD), also die Forschungs- und cen verbraucht werden. Von der Berück- Entwicklungsabteilung der U.S. EPA, sichtigung des Nachhaltigkeitsge- bearbeitet Querschnittsthemen mit dem dankens verspricht man sich nun eine Ziel der Erforschung von Risikofaktoren Minimierung von Umweltauswirkungen, und zur Entwicklung von eher nachhalti- ohne dass die Rentabilität der Projekte gen Prozessen, z.B. im Zusammenhang geopfert werden muss. Vielmehr wird mit mit „green chemistry“, „green buildings“ dem Gedanken ER3 verbunden, dass etc. Diese Arbeit wird häufig als For- eine neue Generation von Umwelt- schung im Auftrag extern abgewickelt schutzmaßnahmen aktiv Umweltbeein- und ist auch verstärkt Gegenstand in- trächtigungen vermeiden soll. ternational besetzter Workshops der U.S. EPA z.B. mit Themen wie „Mee- ER3 wird sich deshalb zunächst damit ting the Future: A Research Agenda for befassen, bestehende staatliche Anrei- Sustainability.“ Diese als Beispiel ge- ze zu identifizieren, die Projektentwick- nannte Veranstaltung zielte auf erprob- ler und andere Akteure des Flächenre- te Werkzeuge, Methoden und politische

169 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Programme für nachhaltige Entschei- dungen („sustainable decision-making“). Beabsichtigt war, Fallstudien, Modelle und Methoden zu diskutieren, mit de- nen Nachhaltigkeit in der Praxis imple- mentiert werden kann. Ferner sollte der FuE-Bedarf identifiziert werden.

Aus der deutschen Perspektive er- scheint erwähnenswert, dass die poli- tisch-programmatischen und die techno- logischen Fortschritte in Europa in den vergangenen zehn Jahren mit Interesse seitens der U.S. Dienststellen betrach- tet werden. Der Zuschnitt der Diskussi- on in den USA deutet jedoch darauf hin, dass eine Annäherung an die Nach- haltigkeit dort zum weit überwiegenden Teil durch technologischen Fortschritt gesucht wird. Eine Verhaltensänderung beim Umgang mit Ressourcen im Zuge einer Veränderung der Lebensgewohn- heiten steht selten im Blickfeld (positi- ves Beispiel: einige Elemente des „Smart Growth“, s.o.).

Informationen über die Sicht der U.S.EPA zum Thema Nachhaltigkeit enthält die web-site der U.S.EPA: www.usepa.gov/sustainability/.

170 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

4.1.6 RESCUE - Das europäische best practice Handbuch

Jürgen Brüggemann

Die Ergebnisse des Forschungsvorha- tisch erfolgen, dass bei der Bewertung bens RESCUE sind nur sehr schwer des ersten RESCUE-Antrags festge- kurz zusammenfassbar. 2.500 Seiten stellt wurde, RESCUE sei zu pragma- Einzelergebnisse aus neun Work- tisch. packages, ein Manual, ein Virtual Trai- ning Center, ein Sustainability Assess- Die Ergebnisse jedoch zeigen, dass die- ment Tool sind die Ergebnisse, die auf ser Weg richtig war. Die Auswertung der der internationalen Abschlusskonferenz Förderprogramme weist dies im im Mai 2005 in Herne dargestellt wur- Nachhinein nach. Von 185 Förderpro- den. Schon dabei musste Mut zur Lü- grammen in den 4 beteiligten Ländern, cke gezeigt werden. Polen, Frankreich, Großbritannien und Deutschland, konnten nur 18 Program- Es soll an dieser Stelle mit dem Ziel me identifiziert werden, die entsprechen- neugierig gemacht werden, dass man de Aspekte und Indikatoren zur sich mit RESCUE intensiv beschäftigt Nachhaltigkeit enthalten. und die Best Practice anwendet. Die Philosophie von RESCUE baut auf Die Europäische Union unterstützt je- die unterschiedlichen Verhältnisse in doch nicht nur RESCUE, sondern seit den Ländern der Europäischen Union auf. Jahren Projekte des Flächenrecyclings. Es wird akzeptiert, dass es politische, Regionale, ökonomische, soziale und rechtliche, soziale und ökonomische kulturelle Maßnahmen wurden durch Unterschiede gibt. Es wird akzeptiert, unterschiedliche Förderprogramme mög- dass Projekte in einem regionalen Um- lich. 173 Mrd. EUR konnten deshalb in feld realisiert werden. Somit war der Projekten von 2000 – 2006 umgesetzt Rahmen gegeben, in dem das Projekt werden, rd. 43 Mrd. EUR förderte die sich zu bewegen hatte. Zum einen hat Kommissionen in diese Projekte. die Top-down-Betrachtung zu erfolgen, die die nationalen und regionalen Beson- Nachhaltigkeit war in vielen Fällen im derheiten in den mitwirkenden Nationen Fokus. In den ersten Perioden der euro- analysiert und bewertet, zum anderen päischen Raumordnungspolitk war die Bottem-up-Betrachtung über die die Nachhaltigkeit ein Ziel, welches aber ausgewählten Projekte, welche die praktisch nicht umgesetzt werden konn- planerischen und technischen Realitä- te. Erfahrungen in vorlaufenden For- ten widerspiegeln sollen. Dementspre- schungsvorhaben zeigten, dass sie auf chend sind die 9 Workpackages aufge- operativer Ebene nicht verifizierbar wa- baut, wie z.B. das Workpackages1 mit ren. In RESCUE musste deshalb die Entwicklung eines analytischen Nachhaltigkeit für Projekte des Flächen- Nachhaltigkeits-rahmens, dass den Top- recyclings in der Europäischen Union auf down-Aspekt berücksichtigt, dem- ent- internationaler Ebene vergleichbar ge- sprechend sind die Workpackages drei macht werden. Das sollte so pragma- „Management bestehender Gebäude und

171 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Infrastrukturen“ und fünf „Nachhaltige Pla- Mit dem Sustainability Assessment Tool nungsprozesse und Methoden für Bür- werden abschließend die Verkehrsregeln gerbeteiligung“ Bottom-up-Betrachtun- im Straßenverkehr festgelegt. Da es in gen. der Europäischen Union keine einheitli- chen Gesetze und Regeln gibt, sind für Das RESCUE-Projekt wurde unter Fe- jedes Projekt, welches Nachhaltigkeit derführung der Montan-Grundstücksge- erzielen will, regionale, kommunale Re- sellschaft mbH (MGG) mit engagierten geln auszuarbeiten, die sich an vorge- Partnern erfolgreich umgesetzt und ab- gebenen Parametern orientieren müs- geschlossen. sen. Damit soll Nachhaltigkeit in euro- päischen Projekten national und regio- ¾ Aus Frankreich:BRGM, Orléans; nal anzupassen sein. Mission Bassin Minier, Region Nord Pas de Calais; Université Die internationale Schlusskonferenz im Lille, Centre National de La Mai 2005 stellte das komplexe Recherché Scientifique. RESCUE-Ergebnis im Detail vor und dis- kutierte es mit 200 nationalen und inter- ¾ Aus Großbritannien:Exsite, nationalen Experten. Tagungsort war die Leeds; The University of Akademie des Innenministers in Herne. Nottingham; The University of Sie ist auf der Fläche der ehemaligen Wales Schachtanlage Mont-Cenis entstanden und ein Projekt der Internationalen Bau- ¾ Aus Polen: Central Insti- ausstellung IBA. Das innovative Bauwerk tute, Katowice; Stadt Bytom; hat internationale Beachtung gefunden Stadt Sosnowiec und ist mit seinem energetischen Kon- ¾ Aus Deutschland: Umweltbun- zept sicherlich als nachhaltig zu be- desamt, Dessau; Universität zeichnen. Bochum, ZEFIR; Projektgruppe Aus der Vielfalt der vorgestellten The- Stadt + Entwicklung, Leipzig men sind vier ausgewählt worden, die Was sind nun die Ergebnisse von im Auszug dargestellt werden. RESCUE? Um dies zu erläutern, ist ein ¾ Definition von Nachhaltigkeitskri- Bild aus dem Straßenverkehr gewählt terien worden, der ebenso komplex ist, wie das Flächenrecycling in Europa. Das Manu- ¾ Empfehlungen für Politik, Verwal- al von RESCUE beschreibt die Funkti- tung und Öffentlichkeit on eines Autos, zeigt wie man mit Hand- werkern zusammenarbeitet und erklärt, ¾ Empfehlungen für Eigentümer, Ent- wie man die Regeln im Straßenverkehr wickler und Planer beachtet. Es ist damit ein umfassendes Nachschlagewerk für den Autofahrer oder ¾ Empfehlungen für Planer, Gutach- besser für den Beteiligten im Flächen- ter und Ausführungen. recycling. Aber ohne Fahrschule geht es nicht. Die Fahrschule ist das Virtual Trai- Die grundsätzliche Frage war, wie defi- ning Center, das die wesentlichen Inhalte niert man Nachhaltigkeit im Flächenre- web-unterstütz vermittelt und überprüft. cycling in Europa. Serageldin, Vizeprä- sident der Weltbank seit 2000, definier-

172 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben te 1995, dass sich Nachhaltigkeit in ¾ Wie ist das Projektmanagement zu Ökonomie, Soziales und Umwelt glie- sichern bei den unterschiedlichen dert, die in den institutionellen und pro- Stakeholder-Interessen? zessualen Dimensionen des jeweiligen Landes eingebunden sind. ¾ Welche Struktur sichert eine robuste Organisation und ein sozial gut Die Ökonomie soll ein nachhaltiges balanciertes Verfahren? Wachstum mit dem effizienten Einsatz des Kapitals gewährleisten. Der soziale ¾ Wie können Entscheidungsprozes- Aspekt soll gleiche Lebensbedingungen se transparent und verständlich ge- mit sozialer Mobilität, Mitwirkung und macht werden? Stärkung der bürgerlichen Rechte er- möglichen. In dem Manual sind all diese Fragen mit entsprechende Antworten versehen. An Die Umwelt ist durch ein integriertes dieser Stelle wird beispielhaft ein Teiler- Ökosystem, Sicherung der natürlichen gebnis vom Punkt Transparenz und Ver- Ressourcen, Artenvielfalt und Belastbar- ständlichkeit dargestellt. keit zu definieren. Diese allgemeinen Ziele auf nationaler Projektebene herun- Das Kommunikationsbudget ist in man- terzubrechen, war die Aufgabe, die dem chen Projekten nur mit geringen finan- Forschungsvorhaben gestellt wurde. ziellen Mitteln ausgestattet. Auch hier muss die Möglichkeit geschaffen wer- Wie weit Nachhaltigkeit gesehen wer- den, den Anforderungen gerecht zu wer- den kann, zeigt ein Beispiel aus den den. Dabei können Informationstische Ergebnissen. In der Projektorganisation auf Wochenmärkten, Websites, Veröf- birgt die Hardware mit Zielen, Maßnah- fentlichungen von Protokollen, men und Konzepten nur einen geringen Erarbeitung von Booklets und Veröffent- Teil des Projekterfolges, sie sind die lichungen von CD-Roms Möglichkeiten Spitze des Projekteisberges. Die sozi- sein, die mit geringem Aufwand anzu- alen und organisatorischen Faktoren, die wenden sind. Die neuen Medien unter- mit Soft- und Orgware beschrieben sind, stützen dies sehr gut, denn schon sind wesentliche Elemente, um die Schüler lernen damit umzugehen. Nachhaltigkeit sichern zu können. Kom- pensationsverfahren, Konfliktlösungs- Bisher ist die Projektebene betrachtet strategien sind notwendig, um die wider- worden, so dass im Folgenden der Bo- strebenden Ziele des Projektes abzuwä- gen von RESCUE größer zu spannen gen. Darüber hinaus ermöglichen Kon- ist. Die Empfehlungen für Eigentümer, sensverfahren, Kooperation, Partizipati- Entwickler und Planer gehen somit ei- on und Netzwerkarbeit eine ausgewoge- nen Schritt weiter. Die Reaktivierung von ne Struktur zwischen allen Projektbe- Flächen muss auf regionaler Ebene ab- teiligten zu bilden. gesichert werden, eine Methode könnte das strategische Flächenmanagement Die Einbindung der anderen Beteiligten auf kommunaler und regionaler Ebene aus Öffentlichkeit, Politik und Verwal- sein. In diesem Zusammenhang sind die tung trägt zum Gelingen eines Projek- räumlichen Entwicklungsziele abzustim- tes bei. Dazu konnten in RESCUE Ant- men, was nur mit Hilfe einer institutio- worten gefunden werden. nalisierten Regionalplanung möglich ist. Darüber hinaus sind zwischen den Pro-

173 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen jekten Umsetzungsstrategien abzustim- Struktur zu rechnen hat. Er hat mit der men, Verfahrensgänge müssen syn- alten und neuen Bausubstanz zu arbei- chronisiert werden. Die Analyse von ten, der Energieverbrauch ist zu mini- RESCUE zeigt, dass ohne diese Abstim- mieren und erneuerbare Energie einzu- mung Greenfield-Projekte bevorzugt setzen. Er hat Verantwortung für den werden. Wertewandel und den kulturellen Verän- derungen, die durch seine Planung ent- Ein weiteres Beispiel ist die notwendi- stehen, damit hat er eine nachhaltige ge Abstimmung von technischer und Visionen zu entwickeln. städtebaulicher Planung. Der dargestell- te iterative Prozess zwischen städte- Für Gutachter, die nachhaltig arbeiten baulicher Planung und Sanierung wird sollen, eröffnen sich Chancen, die Le- in vielen Projekten angewandt, sollte bensqualität und die Umwelt zu verbes- aber für alle standardisiert und nachvoll- sern. Hierzu sind ethische und Verhal- ziehbar gestaltet sein. Darüber hinaus tensregeln miteinander zu verabreden. müssen die Ergebnisse die notwendige Dies ist in der täglichen Arbeit durch Wis- Flexibilität haben, um auf die internen senschaft und Forschung zu unterstüt- Prozesse und auf den Markt reagieren zen, so dass die Praktiker die Projekte zu können. langfristig mit Visionen und ethischen Zielen versehen können. Der Krupp-Gürtel am westlichen Rande der Essener City ist so organisiert wor- Wenn der Auftraggeber sich zur einer den. 230 ha sind in einem Masterplan nachhaltigen Entwicklung bekannt hat, gefasst, der langfristig einen Mix von so können die Ausführenden ihre Kennt- Einzelhandel, Service, Verwaltung, Frei- nisse in Material, Ausrüstung und Per- zeit und Wohnen vorsieht. Die notwen- sonal optimal einsetzen. Unter diesen dige öffentliche Infrastruktur wird dabei Voraussetzungen sind leistungsabhän- schrittweise erstellt. Der Entwicklungs- gige Verträge möglich, in denen Ge- zeitraum für dieses Projekt beträgt 15 – samtziele vereinbart werden, die eine 20 Jahre. Dieses Konzept gewährleis- hohe Flexibilität aller Beteiligten ermög- tet eine stetige Anpassung entspre- lichen. Es steigt somit die Qualität, chend der Markt- und der Sozialstruk- wobei Bauzeit und Kosten gesenkt wer- tur. den können. Wer so handelt, versteht den Satz „There is no „I“ in team“. Bisher wurde von den direkten Projekt- verantwortlichen und deren Rahmenbe- Mit diesem Überblick konnten nur weni- dingungen gesprochen. Die Ingenieure, ge Fragen und Ergebnisse von RESCUE Stadtplaner, Gutachter und ausführen- vorgestellt werden. Das Ziel, die weite- de Firmen müssen diese Ziele jedoch ren Ergebnisse zu erfragen, ist umsetzen. Auf den nächsten Abbildun- hoffentlich erreicht worden. Die Ergeb- gen sind einige Empfehlungen für diese nisse des Forschungsvorhabens mit al- Gruppe dargestellt. len Details stehen im Internet zur Verfü- gung. Dem Stadtplaner muss verdeutlicht wer- den, dass er mit veränderten Rahmen- bedingungen bei der räumlichen, sozia- len, wirtschaftlichen und ökologischen

174 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

Zusammengefasst ist alles im „Best Practice Guidance for Sustainable Brownfield Regeneration“. Er wurde im Mai 2005 im Rahmen der Abschlusskon- ferenz veröffentlicht.

Die Ergebnisse von RESCUE können unter www.rescue-europe.com nachge- lesen werden.

175 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

4.1.7 Künftige Forschungsschwerpunkte

Uwe Wittmann, Reiner Enders

Kurzcharakteristik des demografi- Bevölkerungswachstum ist bei anhalten- sche Wandels dem Geburtenrückgang überwiegend nur noch über Wanderungsgewinne möglich. Der anhaltende demografische Wandel Die traditionellen westdeutschen Wachs- einer zunehmenden Alterung der Gesell- tumsregionen gehen über in Wachs- schaft ist ein Prozess, der von den Be- tumsinseln. Niedrige Geburtenraten und völkerungswissenschaftlern in Deutsch- hohe Lebenserwartung führen zu einer land seit Beginn der großflächigen In- alternden Gesellschaft, die bedingt dustrialisierung um 1850 kontinuierlich durch Wanderungsbewegungen die länd- analysiert wird /1/. lichen Regionen stärker ausprägen wird als die Wachstumsregionen. Nunmehr dringen die möglichen Folgen des demografischen Wandels für Wirt- Probleme und Herausforderungen beste- schaft und Gesellschaft zunehmend in hen in allen gesellschaftlichen Berei- das öffentliche Bewusstsein. Bereits die chen. Das betrifft sowohl die Erhaltung im April 2002 verabschiedete Nationale der Wirtschaftskraft angesiedelter Unter- Nachhaltigkeitstrategie der Bundesre- nehmen als auch die Sicherung des In- gierung /2/ greift die Thematik auf und frastrukturangebotes (Verkehr, Wohnen, formuliert hierzu als Arbeitsziele Gene- Kommunikation, Handel, Wasser, En- rationengerechtigkeit, Lebensqualität, ergie, Bildung, Krankenversorgung, Mo- sozialer Zusammenhalt und internatio- bilität) auf einem veränderten Niveau. nale Verantwortung. Chancen für Wachstum und Beschäfti- In der regionalen Bevölkerungsprogno- gung bestehen dann, wenn es gelingt, se 2020 des Bundesamtes für Bauwe- sich an die gesellschaftliche Entwick- sen und Raumordnung (BBR) werden die lung anzupassen und die sich ändern- räumlichen Besonderheiten des demo- den Bedürfnisse der Menschen zu be- grafischen Wandels dargelegt rücksichtigen. Dieses sind die abseh- /3/.Danach geht das Bevölkerungs- baren Veränderungen in der Wohn- und wachstum nicht gleichmäßig in Deutsch- Lebensqualität (altersgerechtes Wohnen land zurück. Es tritt mit unterschiedli- und Arbeiten) aber auch solche im Wan- cher Intensität und Ausrichtung sowie del befindlichen Bereiche, wie Gesun- zeitversetzt auf. Der demografische derhaltung, Freizeitgestaltung, Touris- Wandel beinhaltet ein Nebeneinander mus, Bildung und Kultur. von Wachstum und Schrumpfung. Ein breiter Korridor der Bevölkerungsabnah- me wird vom Ruhrgebiet bis zur Oder entstehen und große Bereiche Ost- deutschlands umfassen.

176 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

Aktuelle Förderschwerpunkte mit In dem MORO-Programmschwerpunkt Bezug zum demografischen Wandel „Nachhaltige Regionalentwicklung durch regionale Kooperation“ wurden Von den Bundesministerien wurde in 44 Modellvorhaben mit weit über 300 bereits eine Vielzahl von Einzelprojek- Projekten u. a. praxisorientierte Manage- ten gefördert, die mit dem Thema de- mentansätze für eine ressourcenscho- mografischer Wandel direkt oder indirekt nende Flächennutzung auf regionaler verknüpft sind. Ebene entwickelt, bundesweit konkreti- siert und erprobt. Die Forschungsarbei- So hat das BMBF im April 2000 den ten zielten darauf ab, durch praktische Ideenwettbewerb „Stadt 2030“ initiiert, Beispiele kommunale und regionale Ak- mit dem die deutschen Kommunen mit teure bei der Entwicklung der Regionen mehr als 20.000 Einwohnern eingeladen zu unterstützen, Chancen einer koope- wurden, Zukunftskonzeptionen und Leit- rativen Politikverflechtung auf regionaler bilder für ihre Stadt und Region zu for- Ebene zu prüfen und praktikable Ansät- mulieren, deren Perspektive über drei ze der Entscheidungsfindung und Pla- Jahrzehnte reicht und somit auch As- nung zu veranschaulichen. Zu nennen pekte des demografischen Wandels sind aber auch das Programm Aufbau berücksichtigen. Die Verbünde erprob- Ost und das BMVBW Forschungspro- ten prognostische Verfahren (Delphi, gramm Stadtverkehr (FOPS), dessen Szenariotechniken, demografische Pro- anwendungsorientierte wissenschaftli- gnosen) aber auch hoch differenzierte che und praktische Erkenntnisse für die Formen der Bevölkerungsbeteiligung Entscheidungsträger im Bereich Stadt- (weitere Informationen über den 2004 ab- und Regionalverkehr erarbeitet und zur geschlossenen Förderschwerpunkt un- Verfügung gestellt werden (weitere ter www.stadt2030.de ). Informationenwww.bbr.bund.de, www. bmvbs.de). Mit dem seit 2002 laufenden Förderschwerpunkt „KORA- Kontrol- Das BMU hat in vertiefenden Fallstudi- lierter natürlicher Rückhalt und Ab- en wirtschaftliche und planungsrechtli- bau von Schadstoffen bei der Reini- che Alternativen sowie steuerliche An- gung kontaminierter Grundwässer reizsysteme zum sparsamen Umgang und Böden“ soll das „Selbstreinigungs- mit Bodenflächen untersuchen lassen. potential“ der Natur für verschiedene Die hierzu realisierten Forschungspro- Schadstoffarten und Schadstofftypen jekte haben die Machbarkeit neuer Steu- erkundet werden. Dieses ist notwendig erungssysteme grundsätzlich nachge- und unverzichtbar, um z.B. die Frage zu wiesen. (Weitere Informationen unter beantworten, wie weit Sanierungsmaß- www.uba.de.) Eine gemeinsame Er- nahmen gehen müssen und welchen kenntnis auf allen Handlungsebenen der zuverlässig prognostizierbaren Anteil Kommunen, Länder und des Bundes ist Naturprozesse, wie z.B. mikrobiologi- es, dass eine effektive Planung und Re- scher Abbau oder chemisch-physikali- alisierung des mit dem demografischen sche Einbindung von Schadstoffen über- Wandel ggf. notwendigen Um- und Rück- nehmen können. (Weitere Informationen baus der Infrastruktur sowie der Umnut- unter www.natural-attenuation.de) zung von Siedlungs- und Verkehrsflä- chen nur möglich ist, wenn alle betroffe- nen gesellschaftlichen Bereiche noch

177 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen wirksamer bei der Auflösung unvermeid- Nachhaltigkeitsstrategie aufzeigen (wei- barer Konflikte zusammenarbeiten. Die tere Informationen www.flaeche-im- Lebensqualitäten sollen mit finanzierba- kreis.de). ren Aufwendungen erhalten und ein Zer- fasern der gewachsenen Strukturen ver- Künftige Forschungsschwerpunkte hindert werden. Einen ersten Beitrag mit Bezug zum Flächenmanage- hierzu leistet der vom BMBF im Okto- ment, Raumplanung und demogra- ber 2004 initiierte Förderschwerpunkt fischen Wandel „Forschung für eine Reduzierung der Flächeninanspruchnahme und Mit dem demografischen Wandel wird ein nachhaltiges Flächenmanage- bis zum Jahr 2020 eine gleich bleiben- ment (REFINA)“. In dessen Rahmen de Bevölkerungszahl und darüber hinaus werden in mehr als 15 Regionen beispiel- ein spürbarer Bevölkerungsrückgang in hafte fachdisziplinenübergreifende Pla- Deutschland prognostiziert. Trotzdem nungs- bzw. Managementkonzepte so- ist ein diesem Trend adäquater Rück- wie innovative Konzepte für die Vermin- gang der Flächeninanspruchnahme für derung der Flächeninanspruchnahme Siedlung und Verkehr noch nicht zu ver- und ein nachhaltiges Flächenmanage- zeichnen. ment entwickelt und erprobt. Mit den For- Die Ursachen hierfür sind vielfältig und schungsvorhaben wird zugleich eine liegen auch in den kurzfristigen Einzel- Weichenstellung einer vorrangigen interessen von Gemeinden begründet, Wiedernutzbarmachung von innerstäd- wirtschaftliche Vorteile zu erzielen und tischen und stadtnahen Brachflächen den Folgen für den demografischen zugunsten der Umwelterhaltung und - Wandel in ihrem eigenem Bereich ent- schonung in ländlichen Räumen vorbe- gegenzuwirken. reitet. Diese ist notwendig, um das Ziel der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie Andererseits stellt die Fortsetzung der für eine Reduzierung der Flächeninan- bisherigen Flächeninanspruchnahme spruchnahme von 129 ha/d im Jahr 2000 und Raumplanung neben der möglichen auf 30 ha/d im Jahr 2020 zu erreichen Umweltschädigung auch immer mehr (weitere Informationen: www.fona.de). ein finanzielles Risiko dar. Beispiels- weise müssen die Fixkosten für die In- Weiterhin ist das Förderprogramm des frastruktur - wie Energieversorgung, Ab- BMVBW „Experimenteller Wohnungs- fall, Wasserver- und -entsorgung, Ver- und Städtebau (ExWoSt)“ mit der im kehr und Transport - in schrumpfenden Dezember 2004 begonnenen Initiative Regionen über zwangsläufig steigende „Fläche im Kreis“ zu nennen, in der in Gebühren von immer weniger Menschen 5 Regionen Planspiele durchgeführt wer- bezahlt werden. Hiervon zeugen die Er- den, um aufzuzeigen, wie verschiedene fahrungen in den neuen Bundesländern Akteure aus dem öffentlichen und priva- /6, 8, 11, 14/. Eine Umkehr in der tradi- ten Sektor zu gemeinsamen Strategien tionellen Flächeninanspruchnahme und einer Flächenkreislaufwirtschaft kom- im Siedlungsverhalten ist bei anhalten- men können. Die Ergebnisse der Plan- dem Trend im demografischen Wandel spiele sollen Bund, Ländern und Kom- unausweichlich. munen Reformansätze für eine Flächen- kreislaufwirtschaft zur Erreichung der flä- chenpolitischen Ziele der Nationalen

178 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

Der Hauptschwerpunkt von REFINA ist ten 10 Jahren im Bereich der Wasser- auf die Vorbereitung und Erprobung ver- und -entsorgung rund 100 Mrd. EUR neuer Konzepte der Flächeninanspruch- für die Schaffung einer neuen Infrastruk- nahme gerichtet. Nicht berücksichtigt tur investiert werden /11, 12/. sind organisatorische und technische Maßnahmen für die Beherrschung der Eine begrenzte Dezentralität in den In- Folgen des demografischen Wandels frastrukturanlagen könnte eine Alterna- aber auch der teilräumlich differenzier- tive sein, um die Kosten zu reduzieren ten Stadtentwicklung, insbesondere auf und hierauf basierend flexibler auf tech- Stadtquartiersebene /9, 10, 16/. nische Innovationen und geänderten Verbrauch reagieren zu können. Solche Hierzu zählen: Systeme könnten auch für andere Ein- richtungen der Infrastruktur sinnvoll sein, ¾ die Entwicklung von Instrumenten wie in einem vom BMBF geförderten zur Beeinflussung und Steuerung Projekt „Integrierte Mikrosysteme der der Stadtteilentwicklung im Zusam- Versorgung“ (weitere Informationen menhang mit Schrumpfungs- aber www.sozial-ökologische–forschung.org/ auch Verdichtungsprozessen de407.php) nachgewiesen wurde /15/.

¾ die Ermittlung und Begründung sinn- Der demografische Wandel wirft ebenso voller und notwendiger Rück- und Fragen nach geeigneten Modellen für Umbaumaßnahmen gewachsener eine Regional- und Bundesländergren- Siedlungs- und Infrastruktur und zur zen überschreitende Zusammenarbeit Beherrschung ökologischer und z.B. zur Organisation notwendiger Infra- technischer Risiken, wie Wirkungs- strukturanpassung und Erhaltung von gradverluste, Korrosion, Faulung, Ver- und Entsorgungssystemen auf. sowie ökonomischer Risiken der Bereitstellung von wirksamen Finan- Aber auch Fragen der gesellschaftlichen zierungsmodellen Integration, wie z.B. der Erhaltung des gesellschaftlichen Gemeinsinns und ¾ die Ableitung und Erprobung hierfür Solidarität, der Integration von Bürgern geeignete Rück- und Umbau-Metho- mit Migrationshintergrund sind zu be- den, Verfahren und Technologien für rücksichtigen. Spannungsfelder sind Wohn- und Infrastruktur. z.B. die Arbeitsmarktentwicklung und gefährdete Existenzsicherung, das Auf- Dies schließt die neue Bewertung des einandertreffen einander fremder Religi- Anlagevermögens und der vorhandenen onen und Kulturen in den Wohnquartie- Flächen vor dem Hintergrund einer al- ren, aber auch Mobilitätsfragen und Ver- ternden Gesellschaft mit unterschiedli- kehrssicherheit. Darüber hinaus spielen cher räumlicher Verteilung ein. die Aufrechterhaltung der Lebensquali- tät, z.B. auch der Ordnung und Sicher- Darüber hinaus werden neue Konzepte heit im Umbruch befindlicher Regionen für eine den demografischen Umbrüchen eine erhebliche Rolle/4/. angepasste, variable und ggf. weniger zentrale Auslegung von Infrastrukturan- lagen benötigt. Zentrale Infrastrukturan- lagen sind aufwändig. Beispielsweise wird eingeschätzt, dass in den nächs-

179 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Abschließend sei an dieser Stelle dar- /7/ Netzgebundene Ver- und Ent- auf verwiesen, dass wir uns erst am sorgungssysteme zwischen Liberalisie- Beginn einer tiefer gehenden Diskussi- rung und Nachhaltigkeit“ BMBF – Kon- on über den Einfluss des demografi- ferenz „Wege zur Nachhaltigkeit“ 5. April schen Wandels befinden. Viele Fragen 2005, Dr. U. Scheele Arbeitsgruppe für sind noch offen. Notwendig ist es, die- regionale Struktur- und Umweltforschung se in ihren unterschiedlichen und kom- Oldenburg plexen Facetten wissenschaftlich sys- tematisch auszuleuchten, damit den /8/ Wie kann eine nachhaltige Planern und Anwendern das notwendi- Umgestaltung netzgebundener Infra- ge Rüstzeug für die erforderlichen Über- struktursysteme gelingen? BMBF – gangslösungen zeitnah zur Verfügung Konferenz „Wege zur Nachhaltigkeit“ 5. gestellt werden kann. April 2005, H. Hiessl, Fraunhofer Insti- tut für System- und Innovationsforschung Literaturquellen: ISI, Karlsruhe

/1/ Bevölkerung – Fakten, Trends, /9/ Forschungs- und Aufgabenpro- Ursachen, Erwartungen die wichtigsten gramm 2005/2006, Institut für Landes- Fragen. Bundesinstitut für Bevölke- und Stadtentwicklungsforschung und rungsforschung, Sonderheft der Schrif- Bauwesen des Landes Nordrhein-West- tenreihe 2004 falen, Materialien 1/05

/2/ Perspektiven für Deutschland /10/ Wissenschaftliches Kolloqui- – Unsere Strategie für eine nachhaltige um „Zukunftsfähigkeit städtischer Infra- Entwicklung - Die Bundesregierung, struktur“ -ARL, BBR, DASL 14./ April 2002 15.4.2005 Darmstadt, www.arl-net.de/ veranst. resum05.html /3/ „Öffentliche Daseinsvorsorge und demografischer Wandel –Erprobung /11/ „Kommunales Transformati- von Anpassungs- und Entwicklungsstra- onsmanagement für eine nachhaltige tegien in Modellvorhaben der Raumord- Wasserwirtschaft“ - Vortrag PD Dr. Th. nung“, BMVBS, BBR Berlin, Bonn 2005 Kluge für den Verbund „netWorks“ Difu, ISOE, IRS, ARSU, BTU Cottbus, 5. April /4/ „Forschung für die Nachhaltig- 2005 keit – Rahmenprogramm des BMBF für eine zukunftsfähige Gesellschaft“ - /12/ „Die Bedeutung des demogra- BMBF, Berlin 2004 phischen Wandels für die Wasserversor- gung“ - Dr. D. Hummel, A.Lux, Nach- /5/ Modellhafte Altlastensanierung wuchsgruppe BMBF-Projekt „Die Ver- – Fachübergreifende Auswertung - Ab- sorgung der Bevölkerung“ www.demons- schlussbericht, BMBF, 2000 project.de/

/6/ „Nachhaltig neu denken – Die /13/ „Infrastrukturanpassung bei Beziehungen von Natur und Gesellschaft Schrumpfungsprozessen“, Prof.Dr. im Umbruch“ - BTU Cottbus, Lehrstuhl Raimund K. Herz, 1. VES-Kolloquium Stadttechnik, Vortrag Prof. Dr.-Ing. Dortmund 25.9.2003 Matthias Koziol, Cottbus 2004

180 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

/14/ „Regionale Differenzierung der demographischen Entwicklung in den neuen Ländern 2001 - 2003“, Dr. Günter Herfert, Leibniz-Institut für Länderkunde

/15/ „Nachhaltigkeitsziele für den zukünftigen Versorgungssektor – Inte- grierte - Mikrosysteme der Versorgung“ Verbundprojekt im BMBF-Förder- schwerpunkt „Sozial-ökologische For- schung“, Dr. B. Truffer, C. Karger

/16/ „Demografie und ihre Auswir- kungen auf die Wohnungs- und Immobi- lienwirtschaft“ - Beitrag Prof. Dr. P. Klemmer, Deutscher Verband für Woh- nungswesen, Städtebau und Raumord- nung e.V., 2/2005

/17/ „Nachhaltiges Bauen und nach- haltige Flächenutzung“ Dr. M. Scharp, Institut für Zukunftsstudien und Techno- logiebewertung IZT, Berlin 2005, Arb.Br. 13/2005

181 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

4.2 Strategieansätze zum Flächenrecycling aus Sicht der Immobilien- und Grundstückswirtschaft

4.2.1 Das Flächenrecycling in kommen bei dieser Herangehensweise Stadtumbauregionen unter nicht oder ungenügend zur Geltung. Finanzierungsaspekten Die Chancen der Nachnutzung von 4.2.2 Marktwirtschaftliche Bedeu- Brachflächen werden maßgeblich vom tung der Revitalisierung von regionalen Grundstücksmarkt beein- Brachflächen flusst. Neben der Nachfrage spielt hierbei die Angebotsseite eine entschei- Die In-Wertsetzung von brachliegenden dende Rolle. Das Vorhandensein alter- Grundstücken in Form einer gewerbli- nativer Investitionsstandorte in der jewei- chen bzw. immobilienwirtschaftlichen ligen Region führt regelmäßig unter Nachnutzung wird von den vorhandenen Wettbewerbs- und zeitlichen Gründen Standortfaktoren geprägt. Unter stand- zur Investition auf der grünen Wiese. Auf ortspezifischen Fragestellungen liegt die die entsprechenden planerischen Belan- Besonderheit der Wiedernutzung von ge wurde bereits zuvor eingegangen. Ein Brachflächen in Stadtumbaugebieten Instrument zur Steuerung von Investitio- gegenüber der Inanspruchnahme der nen kann neben fiskalischen Anreizen Grünen Wiese in deren Lage und den die Verknappung des Flächenangebots umwelttechnischen Aspekten. Insbe- sein. sondere letzterer Punkt stellt im Zusam- menhang möglicher Sanierungsanforde- Die Besicherung von Investitionen ge- rungen sowie des ggf. negativen Images werblicher Art durch die finanzierenden der Fläche (merkantiler Minderwert) ein Banken erfolgt häufig durch die Belas- zusätzliches Risiko für den Investor dar. tung des Grundstückes mit Grundschul- den oder Hypotheken. Die Sichtweise Die „aktuellen“ Bodenwerte derartiger eines Finanzinstitutes für den Umgang Grundstücke berücksichtigen in der mit Brachflächen kommt in dem nach- Regel nicht in ausreichendem Maß die folgenden Beitrag zum Ausdruck. Im den Grundstücksmarkt beeinflussenden darauf folgenden Beitrag werden strate- Gegebenheiten der vorgenutzten Flä- gische Ansätze zum Flächenrecycling chen. Hinzu kommen teilweise überzo- aus Sicht der Immobilien- und Grund- gene Vorstellungen der Grundbesitzer stückswirtschaft aufgezeigt. Dabei wird hinsichtlich der Höhe des erzielbaren die marktwirtschaftliche Situation der Verkaufspreises. Diese Nachteile der Nachnutzung von Brachflächen beleuch- Brachflächen beeinflussen selbst bei tet. einer vorhandenen Flächennachfrage die Marktfähigkeit dieser Flächen entschei- dend negativ. Die durchaus vorhandenen Potenziale der Flächen unter investiven als auch stadtplanerischen Aspekten

182 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

4.2.1 Das Flächenrecycling in Stadtumbauregionen unter Finanzierungsaspekten

Stefan Weber

Durch Stadtumbaumaßnahmen ge- Keller, Versorgungseinrichtungen usw. schaffene Freiflächen, d. h. Grund und müssen entsorgt werden. Boden der durch den Abriss von Wohn- gebäuden von einer wirtschaftlichen Soweit es sich um einmalige Flächen in Nutzung befreit wurde, sind nichts einmaligen Lagen handelt, können die anderes als totes Kapital. So beräumte Kosten vom Investor auf die Marktteil- Grundstücke sind aus kreditwirtschaft- nehmer übergeleitet werden. Allerdings licher Sicht nicht anders zu betrachten, wird dies in den wenigsten Fällen der als Flächen, die durch den Wegfall Fall sein. Brachen entstehen nicht unbe- gewerblicher Nutzung wirtschaftlich dingt in den so genannten 1-A-Lagen der überflüssig geworden sind und die großen Metropolen. Diskussion über das Flächenrecycling in den letzten Jahren bestimmt haben. Die Suche nach einer Finanzierung trägt Betriebswirtschaftlich sind sie auch als für gewöhnlich rituelle Züge. Die an einer kontaminiert anzusehen, da häufig mit neuen Nutzung brachliegender Flächen dem Abriss des aufstehenden Gebäudes interessierten Städte und Gemeinden verbleibende Keller oder Versorgungs- versuchen, Investoren mit öffentlichen einrichtungen eine Nachnutzung er- Subventionen zu locken. Da die öffent- schweren, einengen oder verteuern. lichen Mittel auf europäischer, national- staatlicher und regionaler Ebene zuneh- Der Unterschied zwischen ehemaligen mend begrenzt sind, gestaltet sich diese Industrieflächen und ehemaligen Wohn- Suche immer schwieriger. flächen wird regelmäßig vor allem im Grad der Kontamination und damit der Als nächster Ausweg richtet sich der Kostennachteile gegenüber sozusagen Blick auf einen hoch boniblen Investor jungfräulichen Flächen liegen. mit Visionen, d. h. mit einem nur einge- schränkten Blick auf die betriebswirt- Für gewöhnlich folgt die Frage der Finan- schaftlichen Realitäten. Da der Markt zierung bei Brachen der Frage nach der einen unrentablen Einsatz von Eigen- Nutzung von Flächen. Losgelöst von kapital in der Regel bestraft, nimmt die Nutzungs- und Vermarktungsgesichts- Zahl solcher phantasievollen Investoren punkten reduziert sich das Thema in der tendenziell ab. Regel auf den Ruf nach Geld, mit dem ein vermuteter Kostennachteil bei der Der letzte Ausweg ist der Ruf nach einer Verwertung belasteter Brachflächen Bank mit Risikobereitschaft. Dahinter ausgeglichen werden kann. Ein solcher steht die Erwartung, die Banken mögen Kostennachteil liegt regelmäßig auch endlich ihre Profite für das öffentliche tatsächlich vor. Durch Vornutzung konta- Interesse einsetzen. Aber auch die Zahl minierte Böden müssen gereinigt oder der Bankiers, die einen fragwürdigen ausgetauscht, vorhandene Gebäudeteile, öffentlichen Ruhm vor die Risikotrag- fähigkeit ihrer Institute setzen, nimmt -

183 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen nicht zuletzt dank Basel II - zunehmend entscheidung respektive Nachnutzungs- ab. entscheidung dürften allerdings die erwartbaren Erträge von größerer Bedeu- Diese Darstellungen stimmen nicht tung sein. Diesem Zusammenhang gerade optimistisch. Allerdings bleibt es scheinen Stadtplaner und -entwickler eine Tatsache, dass Investitionen in mancherorts noch nicht die nötige belastete Flächen aufgrund der in der Beachtung zu schenken. Regel anfallenden spezifischen Kosten einfach unrentabler sind, als Inves- Die Beschäftigung mit dem Zusammen- titionen in unbelastete Flächen. Die oben hang zwischen Kosten und Erträgen wird dargestellte ökonomische Sicht der aber dort obsolet, wo es keine Nachfrage Dinge erscheint vor dem Hintergrund der gibt, jedenfalls keine Nachfrage mit zahlreichen, kreativen und sinnvollen Profiterwartung. Die öffentliche Nachnut- Nutzungsvorschläge zu den techni- zung ist sicherlich immer eine Möglich- schen, architektonischen, städtebau- keit, dabei sollte aber der Eigentümer - lichen und öffentlichen Belangen fast und die aus dem Stadtumbau entstande- schon primitiv. Aber es ist nicht zu nen Wohnbrachen haben regelmäßig ändern, dass sich Investoren in einer lebendige Eigentümer - nicht außer Marktwirtschaft am erwarteten Profit Betracht gelassen werden. orientieren. Und Profit wird bestimmt über das Verhältnis von Kosten und Theoretisch zulässig, wenn auch prak- Erträgen. tisch von geringer Relevanz, ist der Blick auf die Verbesserung der Gewinnaus- Zunächst zu den Kosten. Soweit es sich sichten für potenzielle Investoren. Gene- um „normale“ Investitionskosten für eine rell gilt, je besser das Investitionsklima Nachnutzung handelt, werden diese aus ist und je stabiler die ökonomischen den Erträgen der Nutzung gedeckt Rahmenbedingungen sind, umso werden müssen und können. Für die aus einfacher sind Investoren für eine neue einer vorherigen Wohnbaunutzung quasi wirtschaftliche Nutzung von Brach- nachträglich entstehenden Deinvesti- flächen zu finden. Zu den wirtschaft- tionskosten funktioniert dieses Prinzip lichen Rahmenbedingungen gehören regelmäßig nicht mehr. Da die Erträge neben klassischen Faktoren wie z. B. von Investitionen in der Regel nicht über Steuerrecht und Währungsstabilität dem Marktniveau liegen können, können auch das Bodenrecht. Eine marktunübliche Zusatzkosten auch Beschränkung der Nutzung auf vorhan- nicht rentierlich abgedeckt werden. Aus dene Siedlungsflächen verknappt das planerischer Sicht ist deshalb sinn- Wirtschaftsgut Boden und macht die vollerweise darauf zu achten, wie weit vorhandenen nutzbaren Flächen diese unrentierlichen Kosten minimiert tendenziell teurer. In Gegenden, in werden können, da sonst kein Investor denen lediglich belastete Flächen für zu finden sein wird. Auch die Ansprüche eine künftige Nutzung zur Verfügung der Gemeinden an die technische stehen, spielen Recyclingkosten eine Dekontamination sollten daher auf ein immer geringere Rolle, weil sie im Minimum begrenzt werden. Dieser Bodenpreis mangels Alternative Zusammenhang darf auch bei gestal- weitergegeben werden können. Mit einer terischen Ansprüchen nicht außer Acht solchen restriktiven Bodenpolitik könnte gelassen werden. Für eine Investitions- im Übrigen einer weiteren Zersiedlung begegnet werden.

184 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

Die eingangs behauptete Gleichsetzung Die Absicherung von Baurechten bei von Industrie- und Wohnbrachen lässt Rückbauvorhaben ist für die Eigentümer sich jedoch nicht vollständig durch- der Grundstücke von erheblicher halten. Ein wesentlicher Unterschied wirtschaftlicher Bedeutung. Sollte durch besteht in der Regel darin, dass bei den die Gemeinde z. B. eine Grünfläche vom Stadtumbau geschaffenen Wohn- planungsrechtlich festgeschrieben brachen zwar das ehemalige Wirtschaft- werden oder entfällt das Baurecht durch sgut vernichtet wurde, deren Eigentümer den Rückbau, muss der bisherige Eigen- - bislang meist kommunale oder genos- tümer zwingend seine Bilanzansätze senschaftliche Wohnungsunternehmen korrigieren. Für die Wohnungswirtschaft - aber nach wie vor am Wirtschaftsleben im Osten - und für die Kreditwirtschaft teilnehmen. Bei Industriebrachen hat der im Übrigen auch - hätte dies nachhaltige Eigentümer oft das Schicksal der Werks- Konsequenzen. hallen geteilt. Dies ist nicht nur ein erfreu- licher Unterschied. Die nach wie vor am Kommunen mit geordneten wirtschaft- Markt tätigen Wohnungsunternehmen lichen Verhältnissen könnten die durch haben auch nach wie vor eine Bilanz. den Stadtumbau entstandenen Wohn- Zwar hatten diese während der Zeit des brachen erwerben. Die Preisfindung Leerstandes - und deutlich vor dem würden dann auch den bilanziellen Mög- Abriss des Gebäudes - dessen Wert auf lichkeiten der Alteigentümer Rechnung einen Euro abgeschrieben. Der Wert des tragen können. Richtig realistisch Grund und Bodens wurde in der Regel scheint dieser Vorschlag aber nicht zu aber nicht angetastet. Dies hätten die sein. Deshalb ist es meist am ökono- Bilanzen der Wohnungsunternehmen im misch sinnvollsten, die Wohnbrache bau- Osten auch nicht verkraftet. Der Wert, und planungsrechtlich genauso zu mit dem der Grund und Boden in der belassen wie sie ist und den Glauben Bilanz geführt wird, ist weiterhin der Wert an eine mögliche spätere wirtschaftliche von Bauland. Wenn bauplanungs- Nutzung nicht so zu erschüttern, dass rechtlich oder auf andere Weise z. B. der Wirtschaftsprüfer gezwungen ist, subventionsrechtlich, eine wirtschaft- eine Abwertung des Grund und Bodens liche Nutzung dauerhaft ausgeschlossen von den Wohnungsunternehmen zu würde, müssten die Wohnungs- verlangen. unternehmen ihre Bodenwertansätze in der Bilanz ebenfalls unverzüglich nach Die letztendliche Beurteilung der Ent- unten korrigieren. Ob der verbleibende wicklungsmöglichkeiten einer Brach- Grundstückwert dann letztendlich fläche sollte im unveränderten bau- und Acker-land oder ähnliches ist, ist noch planungsrechtlichen Rahmen dem nicht relevant geworden. Eigentümer vorbehalten sein. Bei langfristig schrumpfender Nachfrage Die z.B. im Freistaat Sachsen subven- werden Grundstückseigentümer dann tionsrechtlich verbotene wohnungswirt- auch die zu erwartenden sukzessiven schaftliche Nachnutzung für 10 Jahre Bodenwertverluste verkraften können. erfüllt noch nicht das Kriterium der Für zusätzliche künstlich und nicht vom dauerhaften Entwertung als Bauland. Markt auferlegte Nutzungsbeschrän- Problematischer als die subventions- kungen wird der Eigentümer eine Gegen- rechtliche könnte allerdings die bau- leistung verlangen können. oder bauplanungsrechtliche Seite sein.

185 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

4.2.2 Markstwirtschaftliche bedeutung der Revitalisierung von Brachflächen

Ingo Weber

Die Immobilienmärkte stehen vor neuen, Kosten, insbesondere Bewirtschaf- vollkommen veränderten Herausforderun- tungskosten. gen. Heute sind es nicht mehr die Flä- chenreserven bzw. –potenziale, die Neben der zunehmenden Freisetzung knapp sind, sondern rar sind vielmehr nicht mehr betriebsnotwendiger Flächen die Flächennachfrager bzw. Nutzer. So von Unternehmen hat sich auch der hat sich allein im Zeitraum 1992 bis 2004 Umfang militärischer Konversionsflächen der in Deutschland registrierte Flächen- in den letzten Jahren in Folge der verän- umsatz von unbebauten Liegenschaften derten geopolitischen Lage sprunghaft um etwa drei Viertel verringert. Dement- erhöht. Öffentliche Hand bzw. gemein- sprechend liegt das in den letzten Jah- nützige Träger waren und sind (nicht ren spürbar erhöhte Angebotspotenzial zuletzt aufgrund finanzieller Engpässe) an freigesetzten oder freisetzbaren Flä- bemüht, die ihnen gehörenden großen chen in vielen Teilmärkten weit über dem Liegenschaftsbestände schnell zu ver- Nachfragevolumen. werten, sprich zu vermarkten.

Die umfangreiche Freisetzung nicht mehr Im Gegensatz zum insgesamt weiterhin (betriebs-) notweniger Flächen resultiert hohen Angebotssockel an Nachnut- u.a. aus dem Umdenken großer Be- zungsarealen ist ein weiterer Rückgang standshalter hinsichtlich der Verwertung der Flächennachfrage mittel- bis lang- ihrer Immobilien. So ist die Quote der fristig nicht auszuschließen, bestenfalls im Eigentum befindlichen, selbst ge- ist mit einem Verharren auf vergleichs- nutzten Unternehmensimmobilien in weise niedrigem Nachfrageniveau zu Deutschland (noch) überdurchschnittlich rechnen. hoch. Nach Schätzungen beläuft sie sich auf über 60% aller gewerblich ge- Als Gründe hierfür sind hauptsächlich nutzten Flächen. Die damit verbundenen spürbar veränderte wirtschaftliche und Standortbindungen werden zunehmend demographische Rahmenbedingungen als Hemmnis der Unternehmensentwick- zu sehen. Stadtschrumpfung statt Aus- lung betrachtet. Aufgrund von dehnung, Bestandserhaltung/Aufwer- Unternehmensumstrukturierungen und tung statt Neubau, Auflockerung statt Standortkonzentrationen werden große Verdichtung stehen als Synonyme ei- Liegenschaften zum Teil nicht mehr be- nes weitreichenden Paradigmenwech- nötigt. Auch werden alte Standorte des- sels. halb aufgegeben, weil sie den steigen- Der Nachfragefokus von Investoren zielt den Wettbewerbsanforderungen von Un- aktuell vor allem auf folgende Bereiche: ternehmen nicht mehr genügen. Unge- nutzte Brachflächen tragen aber nicht ¾ Bestandsimmobilien mit hohen Ren- zur Verbesserung der Ertragssituation dite- bzw. Wertentwicklungspoten- bei, sondern verursachen erhebliche

186 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

zialen (u.a. große Wohnungsbe- größe), überhöhten Grundstückspreisen stände in guten und mittleren Lagen) und der mangelnden Finanzierbarkeit (v.a. infolge Basel II). ¾ Shoppingcenter in innerstädtischen, zentralen Lagen (auch in mittelgro- Der Wettbewerbsdruck zwischen Flä- ßen Städten) chen bzw. Standorten hat sich zudem durch den bereits erwähnten Angebots- ¾ Discount- und Fachmärkte überhang in den meisten Regionen bereits erheblich verschärft. Nicht ¾ Logistikzentren an (Verkehrs-) Kno- zwangsläufig werden integrierte (Innen- tenpunkten stadt-) Standorte per se als beste Ent- wicklungsalternativen gewählt, sondern ¾ nutzergebundene Büroprojekte der Wettbewerb zwischen den Flächen- ¾ preisgünstiges Bauland für Wohn- angeboten in innerstädtischen, Stadt- bauprojekte in integrierten Stadtla- rand-, Umland- und ländlichen Lagen gen. sowie Brach- und neu erschlossenen Flächen wird nicht zuletzt über die be- Die vorhandenen Flächenpotenziale bzw. stehenden großen Grundstückspreisdif- Brachflächen sind aus Nutzersicht je- ferenzen entschieden. Oftmals führen die doch oftmals nur eingeschränkt entwick- vollkommen überzogenen Kaufpreisfor- lungs- bzw. marktfähig und korrespon- derungen der Eigentümer innerstädti- dieren nur bedingt mit den Nachfrage- scher Brachflächen zur Verzögerung präferenzen. Wesentliche Vermark- oder gar gänzlichen Verhinderung einer tungsnachteile existieren insbesondere marktgerechten Verwertung von Ent- durch: wicklungsarealen. Denn die erforderli- chen hohen Investitionskosten sind ¾ Risiken von Kontaminierungen (Alt- durch die nachhaltig erzielbaren Erträ- lastenproblematik) ge nicht amortisierbar.

¾ Rechts- und Haftungsunsicherhei- Die Verbesserung der Markt- bzw. Wett- ten bewerbsfähigkeit von Brachflächen be- darf - insbesondere aus Developersicht ¾ negatives Standortimage - einer Reihe von (Push-) Maßnahmen. Dazu gehört zum Beispiel ein sehr fle- ¾ hohen infrastrukturellem Neuer- xibles, sich auf schnell verändernde schließungsaufwand Marktanforderungen einstellendes Pla- nungsinstrumentarium. Die Verkürzung ¾ Auflagen durch Bau- und Boden- der Nutzungs- bzw. Lebenszyklen von denkmale Immobilien hat zur Folge, dass sich Ver- ¾ infolge des häufig nur vage kalkulier- tragslaufzeiten verringern und Standor- baren zeitlichen Aufwandes für die te bzw. Flächen häufiger gewechselt vollständige Revitalisierung der Lie- werden. Dies bedingt gleichzeitig kürze- genschaft. re Investitionsvorlaufzeiten und die aus- reichende Verfügbarkeit ausreichender Weitere Vermarktungsnachteile von nachfrageadäquater Baulandreserven Brachflächen resultieren in der Regel (z.B. für Logistikflächen). Parallel dazu aus der Dimension der Projekte (Über- werden die Grenzen zwischen verschie-

187 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen denen Nutzungsformen immer fließen- Bewirtschaftungskosten sowie den zu der, die strikte Nutzungssegmentierung erwartenden Wiederverkaufswert be- in Büro-, Service-, Einzelhandels-, stimmt. Für den Wiederverkaufswert Wohnflächen etc. zunehmend diffuser. spielt vor allem die Drittverwendungsfä- higkeit der Immobilien eine ganz ent- Neben einer flexiblen, marktkonformen scheidende Rolle. Flächen- bzw. Entwicklungsplanung sind sicher auch Förderbedingungen notwen- Um Investitionsmaßnahmen – ungeach- dig, die Alteigentümer motivieren, ihre tet der bestehenden Bewertungs- und Flächen zügig aufzubereiten und zu Preisdiskrepanzen bzw. meist überzo- nachfragegerechten Preisen einer neuen genen Verkaufspreisvorstellungen von Nutzung zuzuführen. Das schließt auch Alteigentümern – dennoch zu forcieren, die Notwendigkeit ein, Brachflächen zeit- sollte über die Bereitstellung von Förder- weilig oder auch völlig vom Markt zu mitteln für die Brachflächenrevitalisie- nehmen, um zur Gesundung von Ange- rung nachgedacht werden. Ein Argument bots-Nachfrage-Relationen beizutragen. hierfür ist, dass die langfristigen Kosten Dabei ist zu berücksichtigen, dass hohe für das Gemeinwesen bei Abwertung von Kosten für einen strukturellen, längerfris- Immobilienbeständen und einer gleich- tigen Flächenleerstand nicht nur erheb- zeitig anhaltenden Suburbanisierung liche negative Effekte für Alteigentümer höher sind als die Kosten für eine be- oder Investoren haben, sondern sich schleunigte Aufwertung innerstädtischer letztlich daraus auch generell ungünsti- Brachen. Ein Gegenargument ist, dass ge Markteffekte ergeben. Das sind zum durch derartige Subventionierungen die Beispiel Verschlechterungen des ge- Alteigentümer von Brachflächen direkte samten Marktimages sowie eine Entwer- oder indirekte Wettbewerbsvorteile er- tung aller sonstigen Immobilienbestän- halten. Eine Stimulierung zum beschleu- de im Marktbereich. nigten Handeln der Alteigentümer wür- de auch erreicht, indem ständige Kos- Zu den wichtigsten Aspekten für die ten („Steuern“) für das Liegenlassen von Wettbewerbsfähigkeit von Brachflächen Brachflächen auflaufen würden. Das und damit für die erfolgreiche Entwick- wäre eine bei den Alteigentümern extrem lung und Realisierung marktfähiger Nut- unpopuläre, aber wahrscheinlich wirksa- zungskonzepte gehören zweifellos die me Maßnahme, zügiger einer marktge- Boden- bzw. Grundstückspreise. Die rechten (Neu-)Nutzung oder auch Rena- Preisvorstellungen von Eigentümern turierung von Teilflächen zuzustimmen. (Verkäufern) und Investoren (Käufern) differieren allerdings meist stark, was Die Entwicklungsfähigkeit von Bestands- u.a. darin begründet liegt, dass die Nut- flächen ist jedoch nicht ausschließlich zungsmöglichkeiten der Bestandsbau- unter dem Preisaspekt zu sehen. Eine ten (alte Gebäudesubstanz) bzw. Sanie- wichtige Rolle spielen auch die Fakto- rungsbedarfe (v.a. Kosten zur Altlasten- ren Realisierungstempo und Investitions- beseitigung) sehr unterschiedlich einge- sicherheit. Besonderes Augenmerk gilt schätzt werden. Aus Investorensicht hierbei der Altlastenproblematik. Die wird der Wert der Immobilie (Grund- Praxis- bzw. Markterkenntnisse zeigen, stück, Gebäude etc.) maßgeblich durch dass die Verunsicherungen auf Seiten die innerhalb der Nutzungsdauer nach- potenzieller Investoren in Bezug auf Aus- haltig erzielbaren Erträge, die Höhe der maß und Folgewirkungen von Schad-

188 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben stoffbelastungen/Altlasten - selbst unab- und abhängig von lokalspezifischen hängig von vorliegenden Boden- bzw. Gegebenheiten Gebäudegutachten - sehr hoch sind. Negativ und verunsichernd wirken ¾ Vermarktungsrisiken für Wohnbau- insbesondere die mit eventuellen Altlas- vorhaben auf Konversionsflächen in ten im Zusammenhang stehenden, peripheren Lagen nehmen tenden- teilweise schwer abschätzbaren zeitli- ziell zu, d.h. die Nachfrage konzen- chen Verzögerungen von Investitionen triert sich vorrangig auf integrierte sowie das (wenn auch mitunter unbe- Lagen in Stadt- bzw. Wachstums- gründete) Risiko mittel- und längerfris- regionen. tig zusätzlicher finanzieller Belastungen. Zudem stellt sich der erforderliche Pla- nungsvorlauf für Projektrealisierungen auf Altstandorten meist erheblich länger als bei neu erschlossenen Arealen.

Um eine nachhaltige Entwertung von Anlagevermögen in Immobilien zu ver- hindern, ist eine nachfragegerechte, rich- tig „dosierte“ Entwicklung, Wieder-, Neu- und Umnutzung von Bestandsflä- chen eine entscheidende Vorausset- zung. Als Beispiele stehen hierfür u.a. zahlreiche erfolgreiche Projekte zur Ver- wertung von Konversionsflächen für Wohnnutzungen. Charakteristische De- terminanten entsprechender Brachflä- chenentwicklungen sind:

¾ Gewährleistung von preiswertem Bauland – Anschubfinanzierung für Erschließung/ Beräumung

¾ Erhöhung der Standortattraktivität durch Grünanlagen/ Renaturierung

¾ frühzeitige Bindung/ Einbeziehung von Bau-/ Kaufinteressenten in Pla- nung und Entwicklung neuer (Eigen- heim-) Siedlungen: Individualisie- rung, nachfragekonforme Realisie- rung

¾ Umwandlung von Bestandsgebäu- den in Eigentums- oder in Mietwoh- nungen sind z. T. nur bedingt er- folgsträchtig (hoher Investitionsauf- wand bei geringer Marktakzeptanz)

189 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

4.3 Finanzierungsmodelle zum Flächenrecycling

4.3.1 Ziele und Programme der Stadtumbaus und der Altlastensa- Städtebauförderung nierung.Für die Zukunft stellt man sich aber die Frage, ob auch noch in 15 oder 4.3.2 Das Programm Stadtumbau 20 Jahren öffentliche Mittel für derartige Ost Aufgaben zur Verfügung stehen. Angesichts der angespannten Lage der 4.3.3 Die freistellungsfinanzierte öffentlichen Haushalte und der unklaren Altlastensanierung zukünftigen Finanzierung des Renten- und Gesundheitswesens wird man neue Die Finanzierungsfrage steht immer am Wege für die Finanzierung von Flächen Anfang jedes Projektes, und in der Regel und Gebäuden mit erheblichen wird meist zuerst nach passenden För- Nutzungsmängeln finden müssen. Ein dertöpfen gesucht, um die Realisierung erster Vorgeschmack darauf war der von Umbau, Neubau oder Abriss auf Beschluss der Bundesregierung, die Brachland mit Altlastenverdacht über- Eigenheimzulage abzuschaffen und haupt in Erwägung zu ziehen. Um dem private Bauvorhaben nicht mehr im Bedarf nach Fördermitteln gerecht zu bisherigen Umfang zu subventionieren. werden, wurden sowohl auf euro- päischer Ebene als auch auf Bundes- Wo lassen sich neue Mittel langfristig ebene spezielle Programme ins Leben sichern, wo finden sich neue Geldgeber? gerufen, um zielgerichtet Gelder für Auf welche Weise lässt sich privates Modernisierung, Sanierung und Wieder- Kapital in Sanierungsprojekte ein- nutzung bereitstellen zu können. In den bringen? folgenden Abschnitten werden zwei Förderprogramme stellvertretend einge- Nur wenn es gelingt, Interesse für die hender dargestellt, die insbesondere die Brachflächen zu wecken, zusätzliche finanzielle Unterstützung von Baupro- private Finanzströme hinzulenken und jekten auf innerstädtischen Brachen adäquate Nutzungsstrategien zu zum Ziel haben. Die Programmbereiche entwickeln, wird der Umgang mit diesen der Städtebauförderung und die freistel- ungeliebten Flächen normaler und lungsfinanzierte Altlastensanierung selbstverständlicher. sollen dazu beitragen, die Qualität der Städte zu heben, indem Industrie-, Gewerbe- oder Wohnbrachen aufgewer- tet und wieder nutzbar gemacht werden, damit das Erscheinungsbild und die Funktionsfähigkeit der Stadtstruktur nicht nachhaltig gefährdet wird.

Die öffentliche Hand ist derzeit wichtig- ster Geldgeber für die Projekte des

190 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

4.3.1 Ziele und Programme der Städtebauförderung

János Brenner

Einleitung Programmbereiche

Die Städtebauförderung begann in den Zur Verwirklichung dieser Förderziele alten Ländern im Jahr 1971, in den neuen stellt der Bund Finanzhilfen für folgende Ländern 1990/1991. Zu den wesentli- Programmbereiche bereit: chen Zielen der Städtebauförderung ge- hören zum einen die Stärkung von Innen- a) Städtebauliche Sanierungs- und Ent- städten und Ortszentren in ihrer städte- wicklungsmaßnahmen baulichen Funktion, auch unter Berück- sichtigung von Denkmalschutz, zum Dabei handelt es sich um das vielseiti- anderen die Herstellung nachhaltiger ge Grundprogramm der Städtebauförde- städtebaulicher Strukturen in Gebieten, rung. Fördergegenstand sind vor allem die von erheblichen städtebaulichen städtebauliche Sanierungsmaßnahmen. Funktionsverlusten betroffenen sind. Das sind Maßnahmen, durch die ein Kennzeichen für solche Funktionsverlus- Gebiet zur Behebung städtebaulicher te ist vor allem ein dauerhaftes Überan- Missstände wesentlich verbessert oder gebot an baulichen Anlagen, wie z.B. umgestaltet wird. Fördergegenstand Wohnungsleerstand oder Brachflächen können aber auch städtebauliche Ent- in Innenstädten, insbesondere von Indus- wicklungsmaßnahmen sein; das sind trie-, Konversions- und Bahnflächen. Die Maßnahmen, mit denen Ortsteile oder Städtebauförderung setzt sich des Wei- andere Teile des Gemeindegebietes teren zum Ziel, durch städtebauliche erstmalig entwickelt oder im Rahmen Maßnahmen zur Behebung sozialer einer städtebaulichen Neuordnung einer Missstände beizutragen. neuen Entwicklung zugeführt werden.

Die Förderung ist gebietsbezogen, d.h. Zu den Zielen der „klassischen“ Städte- es werden von den Gemeinden festge- bauförderung (Sanierungs- und Entwick- legte Gebiete gefördert. Förderfähig sind lungsmaßnahmen) gehört auch ein Bei- dabei die vorbereitenden Planungen, die trag zur Begrenzung der Flächeninan- Sicherung, Sanierung, Modernisierung spruchnahme. Die Bundesfinanzhilfen und die Wiedernutzung von Gebäuden zur Städtebauförderung sind u. a. aus- sowie Sozialpläne bei notwendigen drücklich für die Wiedernutzung von Umzügen, Verlegung von störenden Be- Brachflächen im Rahmen städtebauli- trieben, Umgestaltung von Straßen und cher Erneuerung und Entwicklung vor- Plätzen, Ordnungsmaßnahmen, wie gesehen. Abriss, und die Verbesserung der sozi- Die Bundesfinanzhilfen für diesen Pro- alen Infrastruktur wie z. B. der Bau von grammbereich betragen im Programm- Jugendzentren. jahr 2005:

191 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

¾ für die neuen Länder 96,414 Mio. Die Höhe der Bundesfinanzhilfen im Pro- Euro grammjahr 2005 beträgt 71,418 Mio. Euro. ¾ für die alten Länder 85,702 Mio. Euro. d) Stadtumbau Ost b) Städtebaulicher Denkmalschutz (in Das Programm „Stadtumbau Ost“ leis- den neuen Ländern) tet einen wesentlichen Beitrag zur Lö- sung der wohnungswirtschaftlichen und Ziel des Programms ist es, die histori- städtebaulichen Probleme, die mit den schen Stadtkerne in den neuen Ländern hohen Wohnungsleerständen in den zu erhalten. Fördergegenstand sind Vor- neuen Ländern verbunden sind. Kern- haben, die in ihrer Struktur und Funkti- punkte des Programms sind: on bedrohte historische Stadtkerne mit denkmalwerter Bausubstanz auf breiter ¾ Rückbau leer stehender, langfristig Grundlage sichern und erhalten. Die nicht mehr benötigter Wohngebäu- Fördermittel werden in Gebieten mit de städtebaulicher Erhaltungssatzung (ge- mäß § 172 BauGB) eingesetzt. ¾ Maßnahmen zur Aufwertung von Stadtquartieren Die Höhe der Bundesfinanzhilfen im Pro- grammjahr 2005 beträgt 91,950 Mio. ¾ Förderung integrierter Stadtentwick- Euro. lungskonzepte, der Grundlage aller Maßnahmen des Stadtumbaus, c) Stadtteile mit besonderem Entwick- durch einen Wettbewerb im Jahr lungsbedarf – die soziale Stadt 2002.

Das im Jahr 1999 aufgelegte Programm Die Höhe der Bundesfinanzhilfen im Pro- soll Städten, Orts- und Stadtteilen hel- grammjahr 2005 beträgt 136,715 Mio. fen, in denen sich soziale, wirtschaftli- Euro. che und städtebauliche Probleme ver- schärfen. Diese Stadtteile sind durch Ohne steuernde Eingriffe würden die hohe Arbeitslosigkeit, wirtschaftliche Städte Gefahr laufen, in Fragmente aus Probleme des mittelständischen Gewer- sanierten Kernbereichen, Plattenbau- bes, Defizite bei der Integration auslän- siedlungen mit hohem Leerstand und discher Mitbürger, Vernachlässigung von neuen Einfamiliensiedlungen am Stadt- Gebäuden und der öffentlichen Räume, rand auseinander zu brechen. Deshalb Vandalismus und ähnliche Erscheinun- stehen die Kommunen vor der schwieri- gen belastet. Ziel des Programms ist, gen Aufgabe, den Schrumpfungsprozess durch integrierte Ansätze unter Beteili- so zu steuern, dass die Städte vor Fehl- gung aller gesellschaftlichen Gruppen entwicklungen bewahrt werden. soziale Missstände zu beheben und die Lebensqualität zu verbessern. Das soll insbesondere dadurch erreicht werden, dass die für investive Vorhaben be- stimmten Mittel des Programms mit anderen Fördermitteln für soziale Maß- nahmen gebündelt werden.

192 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben e) Stadtumbau West führen ein entspannter Wohnungsmarkt und veränderte Wohnwünsche zu hohem Wirtschaftlicher Strukturwandel, rück- Leerstand in Wohngebäuden und zu so- läufige Bevölkerungszahlen, Wohnungs- zialen Problemen. leerstände, hohe Arbeitslosenquoten und veränderte Zusammensetzungen der Im Jahr 2004 wurde ein neues Programm Bevölkerung verursachen auch in den Stadtumbau West mit Bundesfinanzhil- alten Ländern zunehmend städtebauli- fen in Höhe von 40 Mio. Euro gestartet; che Verhältnisse, die erhebliche Anpas- die Höhe der Bundesfinanzhilfen bleibt sungen zur Herstellung nachhaltiger 2005 unverändert. Insbesondere in den städtebaulicher Strukturen („Stadtum- Städten mit Schwerpunkt im wirt- bau“) auf der Grundlage von Stadtent- schaftlichen Strukturwandel leistet wicklungskonzepten verlangen. Mit dem das Programm einen erheblichen Programm will der Bund die Städte in Beitrag zur Wiedernutzung und da- den alten Ländern veranlassen, sich früh- mit zur Begrenzung der Flächenin- zeitig auf die notwendigen Anpassungs- anspruchnahme. prozesse einzustellen. Das Programm Stadtumbau West soll auch vorbeugend Umsetzung eingesetzt werden um zu vermeiden, dass künftig Wohnungen im Westen Das wichtigste Instrument zur Umset- Deutschlands wegen Leerstands in glei- zung der Ziele der Städtebauförderung chem Umfang zurückgebaut werden ist die jährlich zwischen Bund und Län- müssen, wie das heute in den neuen dern auf der Grundlage der im jeweili- Ländern notwendig ist. gen Bundeshaushaltsplan bereitgestell- ten Mittel abgeschlossene Verwaltungs- Um den Stadtumbau-Bedarf in den al- vereinbarung (VV) Städtebauförderung. ten Ländern zu ermitteln, hat die Bun- Die VV Städtebauförderung 2005 ist am desregierung in den Jahren 2002 und 5. April 2005 in Kraft getreten. 2003 insgesamt 30 Mio. Euro für Pilot- projekte bereitgestellt. Dabei kristallisier- Zur städtebaulichen Leitbilddiskus- ten sich zwei Profile des Stadtum- sion baus heraus: Städte, deren themati- Bei Diskussionen über den Stadtumbau, scher Schwerpunkt im (wirtschaftlichen) insbesondere den Stadtumbau Ost, Strukturwandel mit seinen städtebauli- schwingen offen oder unterschwellig Fra- chen Folgen liegt, und Städte, die sich gen der städtebaulichen Leitbilddiskus- mit Fragestellungen des „Wohnens im sion mit. Manche Stadtplaner sprechen Wandel“ auseinandersetzen. Die Städ- in diesem Zusammenhang von der te mit Schwerpunkt im Strukturwan- „schlanken Stadt“ – in Analogie zum del widerspiegeln eine Vielzahl unter- „schlanken Staat“ – der „aufgelockerten“ schiedlicher altindustrieller Kerne im oder der „perforierten Stadt“. Letztere ist Bergbau sowie in der Stahl-, Porzel- als Zustandsbeschreibung sicherlich lan-, Textil-, Schuh-, Hafen- und Schiff- häufig zutreffend, dürfte aber kaum als bauindustrie. „Wohnen im Wandel“ ist Leitbild einer nachhaltigen Stadtentwick- bei den Pilotstädten, insbesondere in lung geeignet sein. Das Leitbild der den Wohnquartieren mit verdichtetem „kompakten Stadt“ hat dagegen für Wohnungsbau aus den 1960er und den Stadtumbau Ost eine hohe 1970er Jahren, zu beobachten. Hier Plausibilität.

193 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

„Kompakt“ heißt nicht, dass eine Stadt barung (VV) Städtebauförderung 2005 – überspitzt gesagt – aus einer straßen- folgende Maßnahmen zur Stärkung parallelen drei- bis fünfgeschossigen von Erhaltung und Aufwertung ent- Blockrandbebauung mit durchgehender halten: Blockstruktur bestehen muss; es wäre auch naiv anzunehmen, dass alle vom ¾ Bis 1914 errichtete Gebäude dürfen Zentrum zur Peripherie gewanderten nur noch mit Zustimmung des Lan- zentralen Funktionen – wie z.B. groß- des abgerissen werden. flächiger Einzelhandel – wieder in die Stadt zurückgeholt werden oder gar die ¾ Einfache Sicherungsmaßnahmen Suburbanisierung zurückgedreht werden sind ohne kommunalen Eigenanteil könnte - auch hier bietet sich übrigens möglich. Damit wird „Waffengleich- ein Schlagwort an: die „Zwischenstadt“, heit“ zwischen Rückbau und Siche- aber nicht als Leitbild, sondern als Dia- rung hergestellt. gnose gemeint. Kompakte Stadt heißt ¾ Die Länder dürfen künftig nur noch aber sehr wohl, dass der Suburbani- dann mehr als 50 % der Stadtum- sierung nicht wissentlich Vorschub ge- baumittel für den Rückbau einset- leistet wird, und dass man sich darüber zen, wenn das erforderlich ist, um klar wird: die Stadtkerne und der an- ein Drittel der Wohnungen abzurei- schließende gründerzeitliche Gürtel prä- ßen. gen die Identität der meisten Städte. Würden die häufig stark unter Leer- Die Länder und Städte sind aufgerufen, standsdruck stehenden Gründerzeit- von diesen Möglichkeiten Gebrauch zu Viertel wegbrechen, droht auch den machen. Stadtkernen und letztlich der gesamten Stadt Gefahr. Denn langfristig wird kaum noch jemand in einer Stadt wohnen wol- len, die nur noch „Zwischenstadt“ ist. Deshalb geht es bei dem Ringen um die richtige Umbaustrategie nicht so sehr um einen Gegensatz zwischen städte- baulichen und wohnungswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Es stoßen vielmehr kurzfristige und langfristige Interessen aufeinander. Ziel muss es sein, die Stadt, die Wohnungen und das Wohn- umfeld so zu gestalten, dass auch künf- tige Generationen dort wohnen wollen. Deshalb darf nicht nur das maßgeblich sein, was sich kurzfristig rechnet. Stadt- entwicklungspolitik braucht einen langen Atem. Um den Kommunen die Chance zu geben, der Versuchung des Rückbaus von städtebaulich wertvoller Altbausubstanz zu widerstehen und dergestalt Fehlentscheidungen zu ver- meiden, sind in der Verwaltungsverein-

194 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

4.3.2 Das Programm Stadtumbau Ost

Heike Liebmann, Dagmar Tille

Vorbemerkung Städte und des Wohnungsmarktes in den neuen Ländern gezielt zu stärken. Unter dem Begriff „Recycling“ versteht Dabei steht nicht allein die Bekämpfung man die Aufbereitung und Wieder- des Wohnungsleerstandes im Mittel- verwendung bereits genutzter Rohstoffe, punkt. Ziel ist: auch die „In-Wertsetzung“ von etwas Verbrauchtem für neue Zwecke. ¾ Stabilisierung von durch physi- schen Verfall und soziale Erosion In den 1990er Jahren standen in erster bedrohten Stadtteilen sowie Linie Militärstandorte, Industrie- und Gewerbebrachen wie auch ehemalige ¾ Aufwertung von aus städte- Bahnflächen unter dem Begriff der baulicher Sicht besonders wertvollen Konversion im Mittelpunkt des Flächen- innerstädtischen Altbau-beständen recyclings. Mit dem angelaufenen mit z.T. überdurch-schnittlichen Stadtumbauprozess in Ostdeutschland Leerstandsquoten. geht es aber in zunehmendem Maße auch um bisherige Wohnstandorte. Der Die Maßnahmen sollen die Revita- vorliegende Beitrag widmet sich daher lisierung der Innenstädte unter- speziell den Fragen der Aufbereitung, stützen. Sie sollen gleichfalls der Zersie- bestenfalls Wiederverwendung (oder dlung im Umland entgegenwirken und die auch Nachnutzung) von Flächen, die im Identifikation der Bürger mit ihrer Stadt Rahmen des Stadtumbaus im Zuge von stärken. Abrissmaßnahmen in bestehenden Wohngebieten frei werden. Die Mittel des Programms Stadtumbau Ost können im Einzelnen eingesetzt Das Programm Stadtumbau Ost werden für:

Das Programm Stadtumbau Ost ist mit den Rückbau leer stehender, dauerhaft einer von Bund, Ländern und Kommunen nicht mehr benötigter Wohngebäude bereitgestellten Finanzausstattung in oder Wohngebäu-deteile, dazu gehören: Höhe von 2,5 Mrd. EUR für den Zeitraum 2002 bis 2009 das derzeit wichtigste ¾ Aufwendungen für die stadtentwicklungs- und wohnungs- Freimachung von Wohnungen marktrelevante Förderprogramm in ¾ die unmittelbaren Abrisskosten Ostdeutschland. ¾ Aufwendungen für eine einfache Ziel ist es, den durch wirtschaftlichen Herrichtung des Grundstücks. und demographischen Wandel verur- sachten städtebaulichen Funktions- verlusten der Städte umfassend zu begegnen und die Zukunftsfähigkeit der

195 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen die Aufwertung von Stadtquartieren. in dem avisierten räumlichen Sinn. Die Gefördert werden können hierbei: entstehenden Flächen sind daher recht sporadisch im Stadtgebiet verteilt und ¾ die Erarbeitung (Fortschreibung) mitunter auch sehr klein. von städtebaulichen Entwicklungskonzepten Flächenrecycling im Stadtumbau Ost

¾ die Anpassung der städtischen Zunehmend stoßen disperse Rückbau- Infrastruktur maßnahmen allerdings an Grenzen. Städtebauliche Zusammenhänge drohen ¾ die Wieder- und Zwischennutzung durch stetig wachsende „Löcher“ ausein- der freigelegten Flächen und die ander zu brechen. Auch die Sicherung Verbesserung des Wohnumfeldes einer funktionsfähigen und bezahlbaren (sozialen und technischen) Infrastruktur ¾ die Aufwertung des vorhandenen wird zunehmend zum Argument für einen Gebäudebestandes stärker flächenhaft angelegten Stadt- rückbau. Erste Beispiele für flächenhafte ¾ sonstige Bau- und Ordnungs- Abrisse gibt es u.a. in Zwickau-Echers- maßnahmen, die für den bach, Halle-Silberhöhe, Halberstadt- Stadtumbau erforderlich sind Nord, Guben WK IV, Schwedt Obere ¾ Leistungen von Beauftragten. Talsandterrasse, Leinefelde und Wolfen- Nord. Sie verdeutlichen die Problematik Das Programm Stadtumbau Ost bietet der Nach- oder Zwischennutzung der damit Finanzierungsinstrumente für den Flächen. Umgang mit Abrissflächen in Stadtumbaugebieten an. Bisher sind in Diese gestaltet sich in vielen Fällen Ostdeutschland ca. 100.000 Wohnung- schwierig, da eine bauliche Nachnutzung en sowie zusätzlich Einrichtungen der oder eine sonstige wirtschaftliche sozialen Infrastruktur (Kindertages- Verwertung der frei werdenden Flächen stätten, Schulen etc.) abgerissen in den meisten Fällen nicht nachgefragt worden. Die Zahl beinhaltet auch Abris- ist. Bauliche Nachnutzungen kommen se, die über vergleichbare Landespro- in Abhängigkeit vom konkreten Standort gramme finanziert wurden. nur in Einzelfällen (bspw. für altenge- rechte oder individuelle Wohnformen) in Bisher erfolgten Abriss bzw. Rückbau Betracht. Zu berücksichtigen ist dabei, in vielen Städten eher im Sinne einer dass sich der Wohnungsabriss oft in den Ausdünnung von Baustrukturen durch weniger attraktiven Lagen innerhalb der Herausnahme einzelner Baukörper. Stadt vollzieht. Dabei entstanden überschaubare neue Freiflächen, die zumeist nach einer Gleichzeitig können sich weder die einfachen Begrünung den schon Kommunen noch die Wohnungseigen- vorhandenen Freiflächen zugeschlagen tümer weitere öffentliche bzw. private wurden. Die bestehenden baulich- Grün- und Freiflächen leisten. Diese räumlichen Strukturen blieben dabei bedürfen neben der Ausgangsinvestition meist nachvollziehbar erhalten. Der regelmäßiger Pflege und Instandhaltung, Rückbau von Stadtstrukturen von was kaum noch leistbar ist. Eine „außen“ nach „innen“ gelingt noch nicht Erweiterung des Stellplatzangebotes

196 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben oder der Erschließungsflächen ist ange- Finanzierung von Flächennachnut- sichts der geringer werdenden Bewoh- zungen im Zusammenhang mit dem nerzahlen in der Regel ebenso wenig Stadtumbau Ost nötig. D.h., es fehlt in den meisten Fällen des flächenhaften Abrisses jeglicher Wie bereits dargestellt, ist über das Nutzungsdruck. Programm Stadtumbau Ost im Rahmen des Programmteils Rückbau die einfa- che Herrichtung der Abrissflächen förder- fähig. Diese Kosten werden im Rahmen der Abrissförderung ausschließlich von Bund und jeweiligem Bundesland getra- gen (ein kommunaler Eigenanteil entfällt hier). In der Regel stellen die Länder Abrisspauschalen in Höhe von ca. 60 EUR je qm Wohnfläche zur Verfügung, die für die Freimachung der Wohnungen, den Abriss der Gebäude und die einfache Herrichtung der Fläche eingesetzt werden können. Abbildung 1: Großsiedlung Zwickau- Eckersbach - Renaturierung nach flächenhaften Für eine aufwändigere Gestaltung der Abriss Freiflächen kommen Mittel aus dem Programmteil Aufwertung in Frage. Die Verwertung von Flächen durch Nach- Allerdings sind hier ein Drittel der und auch Zwischennutzungen ist damit benötigten Mittel als kommunaler in der Regel mit Kosten verbunden, Eigenanteil aufzubringen. Dies führt sowohl in Bezug auf die einmaligen dazu, dass aufgrund fehlender Kosten für Planung und Herstellung, als kommunaler Eigenmittel Gestaltungs- auch (oftmals das größere Problem) für ansprüche vielfach auf ein Minimum die nachfolgende regelmäßige Pflege und reduziert werden. Unterhaltung. Veränderung von Bodenwerten als Bei bisher realisierten flächenhaften Problem Abrissmaßnahmen muss daher eher von Ein Hemmnis für eine dauerhafte einer „Nichtnutzung“ der Flächen Renaturierung von Abrissflächen stellt gesprochen werden, die dann mit dem allerdings auch die Ermittlung bzw. Begriff „Renaturierung“ positiv umschrie- Veränderung der Bodenwerte dar, wenn ben wird. Hierbei fehlt es teilweise noch ehemalige Bauflächen „geringer werti- an kreativen und fantasiereichen gen“ Nachnutzungen weichen sollen. Ansätzen für einen neuen Umgang mit frei werdenden Flächen (bspw. extensive Ein Beispiel: Im bisherigen Plattenbau- Freiraumnutzungen, agrarische Nutzu- gebiet Halle-Silberhöhe ist die Umwand- ngen, Aufforstungen). Das Gleiche gilt lung von Abrissflächen (ehemalige Bau- für deren Finanzierung und Unterhaltung flächen) in Forstflächen mit Laubwald (Sponsoring, ehrenamtliches Engage- vorgesehen. Die Stadt bietet den Eigen- ment, Eigenleistungen, Gestattungs- vereinbarungen).

197 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen tümern für die Flächen derzeit 0,10 EUR/ Beispiele für Flächenrecycling im qm. Dieser Wert liegt weit unter dem Zusammenhang mit dem Stadtum- aktuellen Bodenrichtwert. Eine wert- bau Ost mäßige „Rückstufung“ der Grundstücke von Bau- zu Forstflächen ergäbe die Abschließend einige Beispiele zur Notwendigkeit der Bilanzberichtigung in Illustration des bisherigen Standes: Form von Sonderabschreibungen. Daran sind die Wohnungsunternehmen i.d.R. Im randstädtischen Bereich: kaum interessiert. Die Folge ist, dass ¾ Magdeburg-Olvenstedt, Flächen die durch flächenhaften Abriss flächenhafter Abriss von 4.500 im Rahmen des Stadtumbaus entste- Wohnungen bis 2009, Teilbereich hen, weiter als Bauflächen ausgewiesen Rennebogen werden. Als Begründung werden oft illusorische Konzepte einer Neubebau- ¾ Zwickau, flächenhafter Abriss von ung mit eigentumsorientierten Wohnfor- ca. 3.500 Wohnungen im men entwickelt, anstatt eine dauerhafte Wohngebiet Eckersbach mit Nachnutzung durch Renaturierung zu anschließender Renaturierung ermöglichen. (2002 - 2006)

Kompensations- und Ausgleichs- ¾ Halle-Silberhöhe, flächenhafter maßnahmen als ergänzende Abriss von ca. 1.000 Wohnungen Finanzierungsquelle und anschließende Aufforstung der Flächen (in Umsetzung). Eine Möglichkeit, zusätzliche Mittel für die Umsetzung anspruchsvollerer Im innerstädtischen Bereich: Gestaltungsmaßnahmen einzusetzen, besteht in Einzelfällen möglicherweise ¾ Thüringen, Unterstützung der darin, Kompensations- oder Ausgleichs- Entwicklung innerstädtischer maßnahmen auf die Rückbauflächen zu Brachflächen durch ein lenken. Probleme können allerdings Landesprogramm „Genial zentral – auch hier darin liegen, dass eine Dauer- unser Haus in der Stadt“ haftigkeit der Maßnahmen sichergestellt werden muss. Dies könnte mit dem in ¾ Leipzig, provisorische der Regel weiter bestehenden Baurecht Zwischennutzungen von frei nach § 34 BauGB kollidieren, wenn die gewordenen Innenstadtliegen- Eigentümer der Flächen eine spätere schaften durch Gestattungs- bauliche Verwertung der Flächen nicht vereinbarungen ausschließen wollen. Zum anderen wird mit dem flächenhaften Abriss von ¾ Halberstadt – Nordring, Wohngebäuden nicht immer auch die flächenhafter Abriss von 881 unterirdische technische Infrastruktur Wohnungen (im Jahr 2003) zurückgebaut. Vielmehr verbleibt diese aus Kostengründen teilweise auf der ¾ Aschersleben, künstlerische Fläche. Eine Umsetzung von Aus- Gestaltung von innerstädtischen gleichsmaßnahmen auf diesen Flächen Lücken, um Aufmerksamkeit zu wäre dann zwangsläufig mit höheren erzeugen und Interesse zu Kosten verbunden. wecken.

198 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

4.3.3 Die Freistellungsfinanzierte Altlastensanierung

Martin Keil

Investoren werden, wenn nicht aus Grün- Inhalt und Reichweite von den einer bestimmten Lage oder wegen Freistellungen Flächenverknappung besondere Bedin- gungen bestehen, die Ansiedlung auf Die freistellungsfinanzierte Altlastensa- einer Industriebrache in der Regel nur nierung stützt sich auf das noch vor der dann in Betracht ziehen, wenn die erfor- Wiedervereinigung von der DDR erlas- derlichen finanziellen Aufwendungen für sene Umweltrahmengesetz und die dort ihr Investment die Aufwendungen für eine vorgesehene Freistellungsmöglichkeit. Ansiedlung auf der grünen Wiese nicht Danach kann ein Investor, wenn er be- übersteigen. Revitalisierungskosten, d. reit ist, auf einem Altstandort zu inves- h., die Kosten für Altlastenbeseitigung tieren und Arbeitsplätze zu schaffen, von und gegebenenfalls Beräumung einer den Altlastenrisiken freigestellt werden. Fläche, zu tragen wird der Investor kaum bereit sein. Zur Finanzierung der Revi- Die Freistellung hat zum Inhalt, dass die talisierung steht maximal der Kaufpreis Kosten für notwendige Altlastensanie- zur Verfügung, der für eine unbelastete, rungsmaßnahmen ganz oder zum über- bebaubare Fläche in vergleichbarer Lage wiegenden Teil von der öffentlichen Hand zu zahlen wäre. getragen werden. Die Freistellungen sind je nach den Bedingungen des Einzel- In den meisten Fällen brachgefallener falls inhaltlich unterschiedlich ausgestal- Industriestandorte wird ein so bemesse- tet. Im Regelfall trägt der Investor bis zu ner Kaufpreis nicht ausreichen, um die einem bestimmten Sockelbetrag die Revitalisierungskosten zu decken. Es Kosten der Altlastenbeseitigung selbst. müssen also andere Finanzquellen er- Für darüber hinausgehende Aufwendun- schlossen werden. In den neuen Län- gen hat er bis zu einem festgelegten dern, in denen wegen einem den Bedarf Deckel 10 % der Kosten zu tragen. Ober- bei weitem übersteigenden Angebot von halb des Deckels obliegen ihm allein die Ansiedlungsflächen in neu angelegten Kosten. Gewerbegebieten Revitalisierungspro- jekte einen ganz besonderen Konkur- Von diesem Schema der Freistellungs- renzdruck ausgesetzt sind, steht mit der regelung kann abgewichen werden. freistellungsfinanzierten Altlastensanie- Insbesondere bei den sog. ökologischen rung ein wichtiges Hilfsmittel zur Verfü- Großprojekten gibt es überwiegend kei- gung, um Chancengleichheit zwischen ne Deckel und auch keine Eigenbeteili- Altstandort und grüner Wiese herzustel- gung. Hier werden 100 % der Kosten len. übernommen. Ökologische Großprojek- te haben die Sanierung industrieller Großstandorte mit besonders schwer- wiegender Kontamination von Böden und Grundwasser zum Gegenstand. Aber auch bei kleineren Standorten ist eine

199 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Abweichung von der 90/10-Regel denk- und sodann die einzelnen Schritte des bar, insbesondere dann, wenn ansonsten Sanierungsprozesses, wie Erkundung, eine Revitalisierung infrage gestellt ist. Sanierungsuntersuchung, Ausschrei- bung und Durchführung der Sanierung, Eine solcherart situationsangemessene im Einzelnen mit der Freistellungsbehör- Handhabung der Freistellung eröffnet die de abstimmt und durchführt. Die Kos- Möglichkeit, dass die Kosten der Altlas- ten werden dem Investor auf der Grund- tenbeseitigung als Kostenfaktor einer lage der Altlastenfreistellung erstattet. Revitalisierung ganz oder zum überwie- genden Teil außer Acht gelassen wer- Dritter als Projektträger den können. Erfordert die Revitalisierung vornehmlich die Beseitigung von Altlas- Möglich ist auch, dass, wenn der Inves- ten, können so für den Investor – wirt- tor selber nicht Träger des Sanierungs- schaftlich gesehen – im vollen Umfang prozesses sein will oder kann, zum Bei- oder nahezu grüne Wiese-Bedingungen spiel weil er sich insoweit als fachlich geschaffen werden. überfordert betrachtet, eine Liegenschaft einem Dritten sozusagen als Zwischen- Notwendigkeit zusätzlicher Finanz- wirt übertragen wird und dieser als Pro- quellen jektträger die Sanierung durchführt. Nach Abschluss der Sanierung geht die Ist neben der Altlastensanierung noch Liegenschaft dann auf den Investor über, weiterer Aufwand zur Wiedernutzbar- der eine Freistellung für verbleibende machung des Grundstücks erforderlich, Restrisiken erhält. zum Beispiel eine umfassende Beräu- mung, wird es notwendig sein, zusätzli- Pauschalierungsmodell che Mittel zu erschließen, d. h., es müssen andere Fördertöpfe in Anspruch Ferner kann eine Ausführung der Sanie- genommen werden. Dies bedeutet, dass rung in der alleinigen Verantwortung des eine enge Zusammenarbeit mit anderen Freigestellten in Betracht kommen. Die- Einrichtungen der Wirtschaftsförderung ser Ansatz wird insbesondere dann in erforderlich ist, in Sachsen-Anhalt zum Erwägung zu ziehen sein, wenn Sanie- Beispiel mit der WiSA, der Wirtschafts- rungsmaßnahmen im unmittelbaren Zu- förderungsgesellschaft des Landes sammenhang mit einer Investitionsmaß- Sachsen-Anhalt oder der Investitions- nahme durchgeführt werden, wenn die bank. Abläufe des Baugeschehens eine Tren- nung von Sanierung und Investition, d. Vorgehensmodelle h. eine Aufeinanderfolge von Sanierung und sich daran anschließender Investi- Um gezielt und unter Berücksichtigung tion nicht zulassen. Bei engster Verzah- der Anforderungen des Einzelfalls eine nung von Sanierung und Investition ist freistellungsfinanzierte Sanierung durch- ein Ablauf der Sanierungsmaßnahme in führen zu können, sind unterschiedliche der Stufenfolge Maßnahmevorschlag, Vorgehensmodelle möglich. Maßnahmezustimmung, Erarbeitung des Leistungsverzeichnisses usw. nicht Klassischer Fall möglich. Die Sanierung muss in solchen Fällen unmittelbar mit den Investitions- Der klassische Fall ist, dass der Inves- maßnahmen einhergehen. Es bietet tor die zu revitalisierende Fläche erwirbt

200 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben sich an, dann mit dem Freigestellten rischer Voraussetzungen. Die Freistel- eine Pauschalierungsvereinbarung zu lungsbehörde muss einen möglichst schließen, die ihn in die Lage versetzt, weiten Kompetenzbereich haben, der ihr die Sanierungsarbeiten in sein Investiti- ein ganzheitliches Vorgehen ermöglicht. onsvorhaben zu integrieren und so den Hier bietet die Einrichtung LAF, die in Ablauf der Baumaßnahme zeitlich opti- dieser Form nur beim Land Sachsen- mal zu gestalten. Dem Freigestellten Anhalt vorhanden ist, gute Vorausset- wird ein Pauschalbetrag zur Verfügung zungen. Der LAF sind neben der Frei- gestellt, mit dem er auskommen muss, stellung auch die Entwicklung der Sa- um die Sanierung erfolgreich durchzu- nierungskonzepte, die Begleitung der führen. Sanierungen, das Controlling und die Refinanzierung nebst der übergreifenden Kombination von Modellen Finanzplanung übertragen. Darüber hin- aus ist sie für die ökologischen Groß- Schließlich können die einzelnen Mo- projekte die zuständige Bodenschutzbe- delle miteinander kombiniert werden, wie hörde. Außerdem hat sie die Aufgabe dies im Zuge der Durchführung eines der Koordinierung aller von der jeweili- Industriepark-Projektes in Ilsenburg ge- gen Sanierung berührten Behörden des schehen ist. Nicht mehr benötigte, Landes. Dem Investor kann damit eine teilweise erheblich kontaminierte Flä- Dienstleistung sozusagen „aus einer chen, auf denen sich abbruchreife Ge- Hand“ geboten werden. Über die Zustän- bäude und Anlagen befanden, sind von digkeit als Bodenschutzbehörde ist es einem Industrieunternehmen an eine Ent- möglich Rechtssicherheit zu schaffen, wicklungsgesellschaft mit mehrheitlich dass mit der durchgeführten Sanierung kommunaler Beteiligung übertragen wor- das bodenschutzrechtlich Gebotene den. Für die Beräumung wurden und getan worden ist. Seinen Niederschlag werden Fördermittel von Bund, Land und kann dies in einer Sanierungsanordnung, EU eingesetzt. Teile der altlastenseitig einer Sanierungsvereinbarung oder einen notwendigen Maßnahmen sind im Ein- für verbindlich erklärten Sanierungsplan zelnen festgelegt, von der Entwicklungs- finden. gesellschaft realisiert und auf Kosten- nachweis aus Altlastenmitteln finanziert Finanzierungsverantwortung worden. Weitere Maßnahmen werden nunmehr, nachdem ein Investor die Flä- Sehr hilfreich ist, dass das Land Sach- che erworben und eine Planung für ein sen-Anhalt mittlerweile die Alleinverant- konkretes Investitionsvorhaben vorgelegt wortung für die Finanzierung der auf Frei- hat, in einem Zuge mit den investiven stellungen gegründeten Altlastensanie- Baumaßnahmen durchgeführt und auf rung trägt. Die Finanzierungsverantwor- der Grundlage einer Pauschalierung fi- tung lag ursprünglich gemeinsam bei nanziert. Bund und Land. Die aus dieser gemein- samen Verantwortung resultierende Institutionell organisatorische Vor- Schnittstelle zwischen Bund und Land aussetzungen ist durch den Abschluss eines General- vertrages zwischen dem Land Sachsen- Um, wie vorstehend dargestellt, ange- Anhalt und dem Bund entfallen. Dem messen reagieren zu können, bedarf es Land ist vom Bund ein Pauschalbetrag entsprechender institutionell organisato- von 1 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt

201 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen worden. Nunmehr entscheidet das Land samtheit der von der LAF zu betreuen- allein über alle mit freistellungsfinanzier- den Projekte zusammengeführt worden ten Altlastensanierungen zusammen- und hinsichtlich der Sanierungsszenari- hängenden Fragen. Abstimmungen mit en, insbesondere auch des zeitlichen den zuständigen Stellen des Bundes Ablaufs der Projekte, nach Volumen und über die Art und Weise einer Sanierung Zeit so optimiert worden, dass unter Be- sind entbehrlich. rücksichtigung der insgesamt vorhande- nen Mittel und ihrer Verzinsung die Er- Steuerung des Mitteleinsatzes ledigung der Gesamtaufgabe der Altlas- tensanierung gewährleistet ist. Dem Land obliegt nun die Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass mit den erhalte- Fazit nen Geldern und der vom Land zu leis- tenden Kofinanzierung die Altlastensa- Mit der Altlastenfreistellung bestehen in nierungsaufgaben abschließend erledigt den neuen Bundesländern gute Aus- werden können. Dies erfordert eine sorg- gangsbedingungen für die Revitalisierung fältige Steuerung des Mitteleinsatzes. industrieller und gewerblicher Brachflä- chen, möglicherweise sogar bessere als Bei der Vereinbarung der Pauschalie- in den alten Ländern. Damit ist die Chan- rungssumme wurde von geschätzten ce eröffnet, im Wettbewerb mit der grü- Kosten für alle im Land Sachsen-Anhalt nen Wiese zu bestehen und den Flä- notwendigen Sanierungen ausgegangen. chenverbrauch entsprechend der auch Ferner wurde die voraussichtliche Dau- von der Bundesregierung verfolgten er der Sanierungsmaßnahmen und da- Nachhaltigkeitsstrategie zu reduzieren. mit die zeitliche Verteilung der Veraus- gabung der Mittel in die Kalkulation ein- bezogen. Das geschah dergestalt, dass je nach zeitlichem Ablauf der Sanie- rungsmaßnahmen unterschiedliche Abzinsungszeiträume in die Rechnung eingestellt wurden.

Die Abzinsung verlangt, dass bei der Bewirtschaftung der erhaltenen Pau- schalzahlungen für die Aufzinsung noch nicht benötigter Gelder Sorge getragen wird. Dem hat das Land dadurch Rech- nung getragen, dass es ein Sonderver- mögen eingerichtet hat, in das die Gel- der des Bundes eingezahlt worden sind. Noch nicht für Sanierungsmaßnahmen benötigte Mittel werden verzinslich am Kapitalmarkt angelegt.

Um die Ausgabenseite im Griff zu hal- ten, musste für jedes Projekt ein lang- fristiger Kosten- und Terminplan erarbei- tet werden. Diese Pläne sind für die Ge-

202 Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

4.4 Fazit Herausforderungen, Strategien und die Finanzierung von Flächenrecyclingvorhaben

Der Schwerpunkt zukünftiger Forschun- Die Städtebauförderung leistet ihren gen wird einerseits im Bereich der Um- Beitrag durch eine gezielte Sanierung setzung und Anwendung der Ergebnis- und Entwicklung des Lebensraumes se aus den vielfältigen internationalen Stadt. Dazu gehört untrennbar auch die und nationalen Forschungsvorhaben und Wiedernutzung brachgefallener Häuser andererseits in der Konzentration auf und Flächen. Eine ständige Erneuerung fach- bzw. ressortübergreifende For- und Weiterentwicklung unserer Städte schungen liegen. Der aktuelle Förder- ist unvermeidbar und auch erwünscht. schwerpunkt REFINA ist bereits Aus- Daneben trägt die Erhaltung historisch druck dieser Entwicklung. Nur durch wertvoller Bausubstanz zur Identität der eine interdisziplinäre Herangehenswei- Stadt und ihrer Bürger bei und gibt ih- se sind die komplexen Problemstellun- nen Vergangenheit, Erbe und Erinne- gen für den nachhaltigen Umgang mit rung. Die Städtebauförderung muss in der Ressource Boden zu lösen. ihrem finanziellen Rahmen aber auch ausgleichend wirken und ein soziales Unter immobilienwirtschaftlichen Ge- Gefälle zwischen den Stadtteilen und sichtpunkten stellt, mit Ausnahme der den Bevölkerungsschichten ausbalan- zusätzlichen Risiken in Form von Alt- cieren. Als Ursachen für den derzeit an- lasten und merkantilen Minderwerten, stehenden Stadtumbau in Deutschland die Entwicklung von Brachflächen keine werden der wirtschaftliche Strukturwan- Besonderheit dar. Die Baureifmachung del sowie das Streben nach ist Bestandteil jeder Baumaßnahme, höherwertigen Formen des Wohnens wobei der dafür benötigte Zeitraum auf angesehen. Grund höherer Erkundungsmaßnahmen und von öffentlich angeordneten Sanie- Das Programm „Stadtumbau Ost“ trägt rungen sich wesentlich verlängern und der besonderen Situation in den NBL sich somit das gesamte Vorhaben un- Rechnung. Um Bedingungen herzustel- rentabel gestalten kann. Unter Finanzie- len, die eine moderne Wirtschaftsstruk- rungsaspekten sind neben dem Problem tur in Europa bieten muss, sind Unter- der Haftung die Mehraufwendungen für nehmergeist und der Ausbau der Infra- die Sanierungsarbeiten und die Auswir- struktur gefragt. Der flächenhafte Ab- kungen der flächenspezifischen Merk- riss der ehemaligen „Neubaugebiete“, male auf die Bereitstellung von Fremd- welcher durch den zunehmenden Woh- kapital (Kreditbewilligungen) von Bedeu- nungsleerstand in Folge von Abwande- tung. Auf die Notwendigkeit des Umden- rungen erforderlich wurde, wirft jedoch kens bei den finanzierenden Banken und neue Probleme auf. Die frei werdenden die Findung von innovativen Finanzie- Flächen finden keine entsprechende rungsinstrumenten wurde bereits hinge- Nachfrage. wiesen.

203 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Entsprechend dem Bundesboden- willig unternehmerisch tätig, der eine schutzgesetz (BBodSchG) vom März nüchterne und sinnvolle Geschäftsgrund- 1998 sind der Verursacher, dessen lage darin sieht, die sich für ihn auch Rechtnachfolger, der Grundstückseigen- rechnet. Die Altlastenbeseitigung und tümer und der Inhaber der tatsächlichen Brachenrevitalisierung als Selbstzweck Gewalt über ein Grundstück verpflichtet, ist für kein Privatunternehmen hinrei- eine schädliche Bodenverunreinigung chender Grund für die Investition von oder Altlast zu sanieren, soweit davon Kapital. Wie kann man dennoch ein Gefahren ausgehen. Zum Zeitpunkt der Engagement auf freiwilliger Basis errei- Vereinbarung über die Altlastenfreistel- chen und privatwirtschaftliche Gelder auf lung in den neuen Bundesländern exis- diese problembehafteten Flächen len- tierte noch keine einheitliche bundeswei- ken? te Regelung zum Umgang mit den Alt- lasten. Die Schaffung der entsprechenden or- ganisatorischen Voraussetzungen für Kein Einzelner und auch kein Unterneh- eine interdisziplinäre Herangehenswei- men ist als Investor bereit, freiwillig fi- se an das Flächenrecycling in Stadtum- nanzielle Risiken für Altlasten einzuge- bauregionen und die Initiierung innovati- hen, solange sich Alternativen für Bau- ver Finanzierungsmodelle sind Baustei- vorhaben auf unbelasteten Flächen fin- ne zum erfolgreichen Umgang mit den lassen. Im Rahmen der freistellungs- Brachflächen. Ein diesbezügliches In- finanzierten Altlastensanierung werden strument sind die so genannten Public vorhandene Altlasten „ganz“ oder zum Private Partnership (PPP) – Modelle, Teil durch öffentliche Gelder beseitigt, deren Anwendung in den vergangenen kontaminierte Standorte können unab- Jahren in Deutschland beim Bau und der hängig vom Verursacher einer Folgenut- Unterhaltung von Schulen und Gefäng- zung zugeführt werden. nissen sowie beim Ausbau und der Un- terhaltung von Straßen zugenommen Der Grundstücksmarkt in West- und hat. Die Anwendbarkeit derartiger PPP- Ostdeutschland muss immer noch dif- Modelle für den Bereich Flächenrecyc- ferenziert gesehen werden. Die gegebe- ling in Stadtumbauregionen zu erfor- nen Bedingungen, als auch die Zukunfts- schen, ist eine Herausforderung für zu- perspektiven sind unterschiedlich. Was künftige wissenschaftliche Arbeiten. aber beiden gemein ist, ist die Tatsa- che, dass öffentliche Fördergelder zur Die genannten Finanzierungsmodelle für Beseitigung von Altlasten, für die Ent- den Stadtumbau, das Flächenrecycling wicklung von Brachen und für den Stadt- und die Beseitigung von Altlasten wer- umbau angesichts der Lage der öffentli- den aus öffentlichen Geldern gespeist. chen Haushalte knapper werden. Unter Die Aufgabe, die der Bund, die Länder dem Stichwort „Umweltallianz“ wird auf und Kommunen hierbei übernehmen, Länderebene für eine Zusammenarbeit kann derzeit durch keine andere Form von Wirtschaft und Regierung geworben, der Finanzierung in diesem Umfang be- mit dem Ziel, die regionale Wirtschaft wältigt werden. zu stärken und die Umwelt zu entlas- ten. Dabei wird mehr Eigenverantwortung der Unternehmer gefordert. Auf Brachen und Altstandorten wird aber nur der frei-

204 5 Ressource Fläche zwischen Aufbau und Rückbau

5.1 Neue Wege beim Flächenrecycling 5.2 Best Practice von Flächenrecycling als Bestandteil der Stadt- und Standortentwicklung 5.3 Fazit

Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Voraussetzungen der einzelnen Regio- nen, hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung als auch der wirtschaftlichen Ent- wicklung, sind unter Berücksichtigung der jeweiligen Rahmenbedingungen verschie- dene Strategien für einen nachhaltigen Stadtumbau anzuwenden.

Es ist davon auszugehen, dass es zukünftig zu einem verstärkten Brachfallen von Flächen und Wohnungsleerstand in bestimmten Regionen in Deutschland kommt. Dies ist ursächlich begründet durch die Abnahme der Bevölkerung, in Folge der sinkenden Geburtenrate und die Abwanderung von Unternehmen und Einwohnern. Parallel dazu ist mit Bevölkerungszuwächsen an wenigen Standorten (inselartig) in den Schrumpfungsregionen zu rechnen.

Die vorhandene Infrastruktur wird nicht mehr ausgelastet, Schulen und Kranken- häuser werden überdimensioniert sein und Wohnungsleerstände nehmen zu. Im Ergebnis sinken die Immobilienpreise, so dass sich Neuinvestitionen nicht mehr rechnen, womit der Trend der Schrumpfung weiter verstärkt wird. Damit verbunden wird der Bestand an Brachflächen weiter steigen.

Unter diesen Randbedingungen muss davon ausgegangen werden, dass mittel- bis langfristig nicht mehr alle Brachflächen einer Wiedernutzung zugeführt werden kön- nen. Dabei besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Lage der Brach- fläche und dem Potenzial für eine Nachnutzung. Speziell Brachflächen, die durch eine ungünstige Lage, verbunden mit einem niedrigen Bodenwert, und durch hohe Aufbereitungskosten gekennzeichnet sind, verfügen nur über ein geringes Nach- nutzungspotenzial.

Thesen:

¾ Die Entscheidung zum Umgang mit der Ressource Fläche ist von den regiona- len Rahmenbedingungen abhängig und ist stets einzelfallbezogen.

¾ In Schrumpfungsregionen ist ein nachhaltiger Stadtumbau im Vergleich zu Wachstumsregionen mit besonderen Herausforderungen an alle Beteiligten verbunden.

¾ Ein intelligentes Flächenmanagement, welches vorgenutzte Flächen bei ge- planten Bauaktivitäten berücksichtigt, bildet die Grundvoraussetzung für eine nachhaltige Regional- und Stadtentwicklung.

205 Ressource Fläche zwischen Aufbau und Rückbau

5.1.1 Das Machbare anpacken - Zwischennutzungen und neue Freiflächen

Stephan Westermann

Einleitung Untersuchung nicht im engeren natur- schutzfachlichen Sinn verwandt. Im Un- Rückläufige Einwohnerzahlen lassen terschied zur Zwischennutzung wird erwarten, dass die vorhandene Bausub- davon ausgegangen, dass bisherige Bau- stanz in unseren Städten nicht länger und Verkehrsflächen dauerhaft in Grün- im vollen Umfang benötigt wird. Brach- und Freiflächen umgewandelt werden gefallene ehemalige Bauflächen werfen und das Baurecht aufgegeben wird. die Frage nach ihrer zukünftigen Nutzung auf. Sie können für zukünftiges Bauen Die nachfolgenden zusammenfassenden vorgehalten oder aber dauerhaft zu Grün- Schlussfolgerungen ergeben sich aus und Freiflächen umgewidmet werden. Untersuchungen von 43 Vorhaben aus Angesichts rückläufiger Nachfrage in den Städten der neuen Länder sowie vier von Einwohnerverlusten betroffenen ausländischen Beispielen, welche im Städten in den neuen Ländern treten sie Rahmen des Programms „Aufbau Ost“ in einer bisher kaum bekannten Dimen- durchgeführt wurden. sion auf. Zwischennutzungen und neue Frei- Recherchiert wurden aus der Praxis des flächen eröffnen Chancen für neue Stadtumbauprozesses möglichst vielfäl- städtische Qualitäten tige und verallgemeinerbare Beispiele der dauerhaften bzw. befristeten Umnut- Stadtumbau wird langfristig nur als Qua- zung zurückgebauter Wohn- und Infra- litätsgewinn der Städte und ihrer Räu- strukturflächen zu Freiflächen und sons- me erfolgreich zu vermitteln sein. Dabei tigen temporären Nachnutzungen. spielen neue Freiräume sowie die For- men ihrer Gestaltung und Nutzung eine Als „Zwischennutzungen“ werden erhebliche Rolle. Sie bieten insbeson- neue Formen der Gestaltung und Nut- dere in dichten Stadtquartieren die Chan- zung auf brachgefallenen Flächen be- ce einer nachbessernden Freiraumver- zeichnet, die ohne Wechsel des Eigen- sorgung. Ein Mehr an unterschiedlichen tümers und Änderung des Planungs- Freiräumen kann insgesamt zur Steige- rechts Optionen für eine künftige Bebau- rung der Lebensqualität im Stadtteil und ung offen lassen und bis dahin für mehr Quartier beitragen. Das gelingt dort, wo oder weniger lange Zeit einen städtebau- die Stadtbewohner die neuen Räume lichen Missstand dämpfen bzw. neue nicht als gestalterische Notlösung für Qualitäten bewirken. fehlende Gebäude, sondern als tatsäch- liche Verbesserung mit neuen Nutzungs- Der Begriff „Renaturierung“ beschreibt möglichkeiten oder Gestaltqualitäten Stadtumbauprojekte, die in ihrer Grund- erleben. konzeption auf eine dauerhafte Umwand- lung von Bauland zu Grün- und Freiflä- Der großflächige Rückbau am Stadtrand chen angelegt sind. Er wird in dieser zugunsten dauerhafter neuer Freiräume,

207 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen wie er vor allem in den Großsiedlungen Im Interesse raschen Handelns und der erfolgt, eröffnet die Chance, neue Frei- Mitwirkungsbereitschaft der Flächenei- raumtypen in enger Verzahnung mit der gentümer bewährt es sich, vertragliche umgebenden Landschaft zu etablieren. Regelungen aufgrund informeller Planun- Hier entstehen neue randstädtische Er- gen zu treffen und das Planungsrecht holungsqualitäten, perspektivisch viellei- zunächst unberührt zu lassen. Die Um- cht auch produktive Freiräume für die widmung von Bau- in Freiflächen würde Energie- und Lebensmittelversorgung, für viele Unternehmen, die durch Leer- wenn es gelingt, diese konsequent zu stände ohnehin in einer schwierigen wirt- entwickeln. schaftlichen Lage stecken, erhebliche bilanzielle und schwer zu verkraftende Renaturierung ist der konsequentes- Wertverluste mit sich bringen. te Weg zur schlanken Stadt. Der Tausch der Renaturierungsflächen Angesichts rückläufiger Einwohnerzah- mit anderen kommunalen Flächen, für len geht es an Standorten ohne Nach- die Interesse seitens der Wohnungsun- nutzungsperspektive um die dauerhafte ternehmen besteht, kann ein weiteres Umnutzung des freigeräumten Baulan- Mittel sein, um Renaturierungsvorhaben des zu renaturierten Freiflächen. Die zu realisieren. Dabei kommt es darauf untersuchten Beispiele zeigen, dass die- an, dass die Kommunen sich nicht an ser Prozess erst am Anfang steht und unrealistischen Verkehrswerten und dar- viele Fragen noch offen sind. auf fußenden Ertragserwartungen orien- tieren. Im Zuge der Renaturierung entstehen neben Grünflächen und Parks auch Zwischennutzung ist dort zweckmä- neue städtische Freiraumtypen wie ßig, wo perspektivisch ein Baube- Wald und Flächen, die weitgehend der darf erwartet werden kann und dies freien Naturentwicklung vorbehalten blei- städtebaulich auch erwünscht ist. ben. Gefragt sind auf brachgefallenen Flä- Die spezifischen Eigentumsverhältnisse chen in städtebaulich attraktiver Lage und Grundstückszuschnitte in den Groß- kostengünstige und ansprechende Zwi- siedlungen erleichtern hier den dauerhaf- schennutzungen, die ohne Wechsel des ten Umwidmungsprozess. Hier zeigen Eigentümers und Änderung des Pla- sich aber auch konkrete Hemmnisse. nungsrechts Optionen für eine künftige Sie reichen von den ungleichen Voraus- Bebauung offen lassen. Bis dahin kön- setzungen der Eigentümer bei der Alt- nen sie einen städtebaulichen Missstand schuldenentlastung bis hin zu noch of- dämpfen bzw. neue Qualitäten durch fenen Fragen der Neubewertung der neue Formen der Nutzung oder Gestal- Bodenwerte. Rechtliche und ökonomi- tung bewirken. sche Bindungen auf den Flächen sind ebenso zu beachten wie die Frage, wie Die größte Bandbreite unterschiedlicher bei konsequenter Renaturierung der Zwischennutzungen findet sich überwie- Rückbau der ober- und unterirdischen In- gend in innerstädtischen Quartieren auf frastruktur unter den derzeitigen Parzellen, deren bauliche Nachnutzung Förderbedingungen erreicht werden aufgrund fehlender Nachfrage nicht be- kann. stimmbar ist, jedoch im Interesse der

208 Ressource Fläche zwischen Aufbau und Rückbau

Stadt liegt und damit baurechtlich ver- wändig ist, sondern kaum reversible Kon- ankert bleibt. Motive der Zwischennut- sequenzen für die betroffenen Eigentü- zung solcher Brachen sind entweder ihre mer hat. städtebauliche Bedeutung oder ein ak- tuelles Nutzungsinteresse. Zwischen- Erforderlich sind neue Partnerschaf- nutzung findet auch in Großsiedlungen ten für Zwischennutzung und Rena- statt. So erfolgt die Erweiterung von turierung. Siedlungsfreiflächen nach erfolgtem Ab- riss bislang i.d.R. ohne die bauleit- Der kreative Umgang mit brachgefalle- planerische Anpassung an die geringe- nen Flächen kommt dort gut voran, wo ren städtebaulichen Dichten. Sie stellt öffentliche und private Akteure koopera- also eine Art Zwischennutzung durch die tiv zusammenarbeiten. Dazu müssen die Eigentümer dar. Rahmenbedingungen sowohl für die Flä- cheneigentümer als auch für die Träger In der Regel erfolgt die Organisation von der Nachnutzung - egal, ob es sich um Zwischennutzungen durch die Stadtver- die öffentliche Hand oder um Initiativgrup- waltung oder durch von ihr Beauftragte, pen handelt - stimmen. wie z.B. Quartiersmanager und Sanie- rungsträger. Die öffentliche Hand fungiert Zum einen haben die großen Wohnungs- als „Makler“ zwischen Interessenten und unternehmen als wichtige Partner der Eigentümern. Die Nutzung wird mit den Städte beim Stadtumbau ein existenzi- Eigentümern vertraglich geregelt, wobei elles Interesse sowohl an der Marktbe- die Vorteile auf beiden Seiten liegen reinigung durch Rückbau als auch an der müssen: so erhält die Stadt bzw. von Stabilisierung der Nachbarschaften in ihr gewünschte Initiativen, Nutzungs- den verbleibenden und aufzuwertenden und Gestaltungsrechte, während die Ei- Wohnquartieren. Besonders relevant für gentümer z.B. von der Verkehrssiche- ihr unternehmerisches Handeln sind die rungspflicht entbunden werden. Entlastung von Altschulden sowie Ver- lässlichkeit und Sicherheit getroffener Je nach Situation finden sich langfristi- Vereinbarungen zur Förderung, zum ge Zwischennutzungen, die über Jahr- Baurecht, zur Zwischennutzung durch zehnte funktionieren würden und kurz- Gestattung etc. fristige Lösungen, die durch die Ausfor- mung der Nutzungsverträge, Nutzungs- Uneinheitlicher ist das Mitwirkungsinte- formen und Gestaltelemente nahezu resse von Einzeleigentümern in inner- jederzeit reversibel sind. Diese Tatsache städtischen Altbauquartieren: sie kön- verweist darauf, dass der Übergang von nen durch die Übernahme von Rückbau- einer Zwischennutzung zu einer dauer- maßnahmen und der Verkehrssiche- haften Umnutzung fließend und gegen- rungspflicht durch die Kommune, Erlass wärtig an vielen Standorten nicht ein- bzw. Reduzierung der Grundsteuer etc. schätzbar ist. Vielfach wird aber für Zwischennutzungsvorhaben gewon- zunächst der Weg einer Zwischennut- nen werden. Privatrechtliche Vereinba- zung beschritten, um sowohl kurzfristig rungen zwischen Eigentümern und Nutz- handlungsfähig zu sein als auch Optio- ergruppen könnten einen größeren Rah- nen für zukünftige Entwicklungen offen men einnehmen und die öffentliche Hand zu halten, da eine bodenordnende Um- entlasten, wenn die Programmstruktu- widmung nicht nur zeit- und kostenauf- ren auch die Förderung von privaten Nut-

209 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen zungen ermöglichten. Gegenwärtig sind in seine Gestaltung einzubinden. Über die Förderungen fast ausschließlich auf eine künstlerische Annäherung an Bra- die Errichtung öffentlicher Grünflächen chen in der Stadt kann eine öffentliche ausgerichtet. Diskussion angeregt werden, die zu ei- ner Abkehr von einer ausschließlich pro- blematisierenden Sichtweise führt und neue Perspektiven im Umgang mit dem neu verfügbaren Flächenpotenzial schafft.

Abbildung 1: Eisenhüttenstadt (Quelle Stadtpla- nungsamt Eisenhüttenstadt)

Neue Freiflächen werden zu Lebens- räumen der Zukunft mit bürger- schaftlichem Engagement und be- hutsamen Vorgehen. Abbildung 2: Eisenhüttenstadt (Quelle Stadtpla- nungsamt Eisenhüttenstadt) Vor allem die Bürger selbst müssen als Mitgestalter der größer gewordenen Frei- Die Gestaltung und Nutzung neuer räume gewonnen werden. Mit dem „tech- Freiflächen erfordert die Bündelung nischen“ Neugestalten und Benutzen unterschiedlicher Formen der Förde- neu entstandener Flächen ist es nicht rung und Finanzierung. getan. Das Abschiednehmen von selbst erlebter Geschichte, das Einüben eines Für die Finanzierung von Zwischennut- neuen Blicks auf die sich wandelnde zungs- und Renaturierungsvorhaben gibt Stadtumwelt, das gemeinschaftliche In- es kein Patentrezept. Einerseits sind szenieren und Erleben des Auftakts die- die Synergieeffekte durch Bündelung ver- ses Wandels sind für die Bewohner von schiedener Förderprogramme in vielen großer emotionaler Bedeutung. Es be- der untersuchten Beispiele augen- währt sich, die Neugestaltung und An- scheinlich: Durch das Zusammenwirken eignung freigewordener Flächen durch der Programme Stadtumbau und Sozi- Kunstprojekte, Feste, gemeinsame Ge- ale Stadt mit der klassischen Städte- staltungs- und Pflegeaktionen etc. zu bauförderung und mit Programmen der begleiten und damit gebührend zu wür- Arbeitsmarktförderung ist die Nachnut- digen und öffentlich zu kommunizieren. zung von Rückbauflächen finanziell ge- staltbar. Förderfähig ist die Das wird erleichtert, wenn der Prozess Nutzbarmachung der Flächen (Abriss, des Wandels durch ein sensibles Quar- Beräumung), wenn das Areal in einer tiersmanagement vorbereitet und beglei- Gebietskulisse der Städtebauförderung tet wird und wenn es gelingt, Künstler liegt. Bei langfristigen Zwischennutzun-

210 Ressource Fläche zwischen Aufbau und Rückbau gen werden mitunter Fördermittel für die flächenplanung sind naheliegend. Die Neugestaltung genutzt und die Option Stadtverwaltung übernimmt über ihre einer evtl. Rückzahlung der Fördermittel hoheitlichen Aufgaben hinaus eine neue in Kauf genommen. Rolle als Moderator und Vermittler zwi- schen Nutzungsinteressen. Die klassi- Andererseits erlangt privates Engage- sche Angebotsplanung über die Bauleit- ment zunehmende Bedeutung. Außer- planung reicht bei entspannter Nachfra- halb von Programmgebieten der Städte- ge nicht mehr aus, die Verwaltung wird bauförderung werden Zwischennutzun- zunehmend zum Aquisiteur, Initiator und gen durch Sponsoren, ehrenamtliches Manager zwischen Eigentümern und Engagement und Eigenleistungen der bürgerschaftlichen Initiativen. Nutzer mitunter komplett und zum Teil ohne Geldfluss realisiert. Die dokumen- Das erfordert querschnittsorientiertes tierten Vorhaben machen jedoch auch Arbeiten mit auf die neuen Aufgaben die Grenzen freiwilligen unbezahlten ausgerichteten Kompetenzen sowie Handelns deutlich: Qualität ist in der Netzwerken innerhalb der Verwaltung Regel nicht ohne Geld und Zeitaufwand und die Öffnung nach außen. Für den erzielbar. Erfolg eines Vorhabens ist es oft ent- scheidend, dass die Suche nach neuen Im Hinblick auf nachhaltige Nachnut- Partnern und Trägern frühzeitig einsetzt. zungsperspektiven erweist es sich bei Schon in der Planungsphase werden der dauerhaften Renaturierung als pro- jetzt vermehrt neue Trägerkonstellatio- blematisch, dass der Rückbau der tech- nen mitgedacht und Partner hierfür ein- nischen und sozialen Infrastruktur nicht gebunden. in gleicher Weise ausfinanziert ist wie der Wohnungsrückbau. Die Finanzie- Neue Freiflächen und Zwischennut- rung von Renaturierungsmaßnahmen zungen in der Stadt sind ein Beitrag wird dadurch erleichtert, wenn die be- zur Reduzierung der Flächeninan- treffenden Flächen in einem Flächenpool spruchnahme. für Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen berücksichtigt werden. Renaturierung und Zwischennutzung brachfallender Flächen sind Teil der Auf- Die Chance für neue Freiflächen sind wertungsstrategie für schrumpfende bestimmt durch eingeschränkte fi- Städte. Diese neuen Aufgaben leiten nanzielle und personelle Spielräu- eine neue Phase des Stadtumbaus ein me der öffentlichen Hand. und entsprechen der bundesweit geteil- ten Zielsetzung, die Siedlungsstruktur Die gefundenen Lösungen müssen dau- als grundlegenden Faktor für eine öko- erhaft bezahlbar und bewirtschaftbar blei- nomisch, sozial und ökologisch nach- ben. Die dokumentierten Beispiele zei- haltige gesellschaftliche Entwicklung zu gen, dass neue Nutzungsformen und behandeln. weniger pflegeaufwändige Freiflächenty- pen möglich sind. Ausstattungs- und Neue Freiflächen innerhalb der Städte Pflegestandards müssen überprüft wer- sind ein Potenzial nachhaltiger Sied- den. Rückschlüsse für die organisatori- lungsentwicklung, quasi als positiver sche, rechtliche und finanzielle „Gegenläufer“ des immer noch voran- Restrukturierung der kommunalen Frei- schreitenden Verbrauchs von Land-

211 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen schaft. Ihre In-Wertsetzung ist ein ge- sche Instrumente der Stadtplanung er- sellschaftliches Interesse und muss weisen sich für die Belange des Stadt- gefördert werden. umbaus oft als zu starr und haben zu Reformstau geführt. Deshalb war es Zwischennutzung und neue Freiflä- wichtig, den Stadtumbau im novellierten chen in der Stadt sind als neue The- Baugesetzbuch zu verankern und zwar men des Stadtumbaus von bundes- mit einem Instrumentarium, das konsen- weitem und europäischem Interes- suale Entscheidungen, vertragliche Re- se. gelungen und informelle Planungen na- helegt, die an die Stelle der klassischen Der Prozess des Stadtumbaus hat in Bauleitplanung und administrativer kurzer Zeit eine große Bandbreite neuer Festlegungen treten können und sollen. Freiflächennutzungen und -formen in Viele Formen der Zwischennutzungen, ganz unterschiedlichen Akteurskonstel- vor allem jene, die auf bürgerschaftlichem lationen hervorgebracht. Neue Formen Engagement fußen und keinen kommer- der Zwischennutzung und Renaturierung ziellen Hintergrund haben, greifen auf sind noch im Entstehen, da das Flä- das flexible Instrument angepasster ver- chenpotenzial mit zunehmendem Stadt- traglicher Regelungen zurück. umbaugeschehen erst sichtbar gewor- den ist und in vielen Städten in den Für die gesamtstädtische Plausibilität nächsten Jahren weiter zunehmen wird. von Renaturierungs- und Zwischennut- Dieser Prozess ist sehr dynamisch und zungsmaßnahmen ist es förderlich, dass selbstlernend, er entwickelt sich rasch der Gesetzgeber städtebauliche Ent- weiter. Die vorliegende Studie hat ihn als wicklungskonzepte verlangt, die Stadt- Momentaufnahme dokumentiert. umbauvorhaben aus der Perspektive der Bedarfsentwicklung in der Stadt als Gan- Der Stadtumbau West ist 2004 als neuer zes begründen. In nächster Zeit wird es Baustein der Städtebauförderung gestar- darum gehen, rechtliche und organisa- tet. Die Erfahrungen ostdeutscher Städte torische Spielräume bei der Gestaltung mit Renaturierung und Zwischennutzung von Zwischennutzungen und Renaturie- sind deshalb ein Thema, bei dem der rungsvorhaben weiter auszuschöpfen. Westen vom Osten lernen kann. Mit dem Darüber hinaus muss den Fragen der Stadtumbau vor dem Hintergrund rück- Bodenordnung und -bewertung, wie sie läufiger Nachfrage in nahezu allen Flä- in leergefallenen Stadtarealen schrump- chenarten beschreitet Deutschland neue fender Städte in neuer ökonomischer und Wege der Stadtentwicklung, die in der politischer Dimension anstehen, in der europäischen Diskussion von Interesse aktuellen planungsrechtlichen Diskussi- sind. Die Ergebnisse der Forschung on ein hoher Stellenwert eingeräumt sollten in die europäische Debatte zur werden. Stadtentwicklung eingebracht werden. Download der Studie unter: Die neuen Regelungen im Städte- baurecht unterstützen den flexiblen www.bbr.bund.de/aufbau-ost/ Stadtumbauprozess. standortentwicklung/06_projekt.html

Um die Dynamik von Zwischennutzungs- initiativen zu nutzen, ist eine schnelle Handlungsfähigkeit unablässig. Klassi-

212 Ressource Fläche zwischen Aufbau und Rückbau

5.1.2 Liegenlassen und Renaturieren von Brachflächen - Good-Practice-Fallstudien

Ariane Ruff, Christine Wittemann

Hintergrund Recherche in der Praxis

Spezifisches Merkmal der Wiederverei- Um Erfahrungen aus der Praxis zu sam- nigung Deutschlands ist der schlagarti- meln, Auskunft sowie einen systemati- ge Strukturbruch in den neuen Bundes- schen Überblick über die bisherigen ländern, begleitet von Entndustrialisie- Methoden und erreichbaren Ziele zur rung, Bevölkerungsrückgang, wirtschaft- Standortentwicklungsoption Rückbau licher und sozialer Destabilisie-rung und und Renaturierung im Rand- und Außen- einem umfassenden Freisetzen von bereich der Siedlungen zu erhalten, hat nicht mehr benötigten Flächen und Ge- die Fachhochschule Nordhausen und die bäuden. Insbesondere im suburbanen Bauhaus-Universität Weimar im Auftrag Raum wird die Dimension, Bedeutung des Bundesamtes für Bauwesen und und Tragweite der Problemlage beson- Raumordnung Flächenrecyclingprojekte ders deutlich. Nach Thüringer Ergebnis- untersucht und Good-Practice-Fallstudi- sen liegen über 90 % der Brachflächen en dokumentiert. im Rand- und Außenbereich der Städte und Ortschaften. In Planung und Ent- Projektaufruf zur Sammlung von Good- wicklung sieht man sich angesichts der Practice-Beispielen Nutzungsregression mit der Frage kon- frontiert, wie man auf diese immensen Dazu sind über einen Projektaufruf Flächenüberschüsse reagieren kann, knapp 500 Adressaten auf kommunaler, zumal davon ausgegangen werden regionaler und landesweiter Ebene inner- muss, dass sich die bestehenden Flä- halb der fünf neuen Bundesländer und chen- und Gebäudepotenziale nicht auf Berlin aufgefordert worden, sich mit ei- die herkömmliche Weise im Sinne ei- nem Beitrag zu beteiligen. Aus 102 ein- ner renditeorientierten Standortentwick- gegangenen Projektmeldungen sind 13 lung vermarkten und kurzfristig entwi- geeignete Good-Practice-Fallstudien ckeln lassen. und 5 interessante Good-Practice-Steck- briefe dokumentiert worden. Es zeigt sich, dass bei über 30% der gemelde- Ein Ansatzpunkt, der unter den gege- ten Projekte die Renaturierungsmaßnah- benen Rahmenbedingungen besondere men komplett oder zumindest auf gro- Beachtung verdient, ist die bisher eher ßen Teilflächen erfolgte. Und obwohl die stiefmütterlich behandelte Auseinander- Aufgabe äußerst vielfältig im Rahmen setzung um die Bedeutung des Flächen- der Stadt-/Raum- und [Um]Landent- recyclings und der Brachflächenentwick- wicklungen ist, herrscht ein hoher Pro- lung unter dem Aspekt der möglichen blemdruck im ländlichen Raum und ist Renaturierungspotenziale. in der Praxis gewissen Informationsde- fiziten bzgl. der Brachflächenbestände, aber insbesondere auch Vollzugsdefizi- ten in der Anwendung der vorhandenen Planungsinstrumentarien, unterlegen.

213 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Rückbau und Renaturierung als Ordnungs- und Regelungsmaß- nahme (Wiedereingliederung der Brachflächen in den räumlichen Kontext durch Neuordnung im Rah- men des Flächen- und Landma- nagements)

Ergebnisse der Recherche [Auswahl]

Entwicklungsmaßnahmen als wirksame Brachflächenentwicklungsoptionen

Nach verschiedenen Studien liegen ge- rade im suburbanen Raum eine Vielzahl von Flächen brach, für die langfristig keine bauliche Nachnutzung zu erwar- Abbildung: Randständige Brachfläche ten ist. Für diese Flächenressourcen Typisierung der Flächenprojekte bieten sich reine freiräumliche Entwick- lungs- oder Renaturierungsmaßnahmen Die Vielzahl der gemeldeten Projekte als interessante Umwandlungsoptionen lassen sich im Bezug auf ihre Entwick- an. Dazu zählen u.a. die Wiederherstel- lungsoption und ihren Handlungsbedarf lung von Naturräumen im Rahmen der in vier Gruppen einteilen: Eingriffs- und Ausgleichsregelung, Re- naturierungsmaßnahmen im Kontext Rückbau und Renaturierung als von städtebaulichen Sanierungs- oder Entwicklungsmaßnahme (reine Stadtumbaumaßnahmen, aber auch in- freiräumliche Standortentwicklung teressante Alternativnutzungsformen wie im Sinne einer vollflächigen Rena- z.B. Aufforstung oder regenerative En- turierung) ergienutzungen. Dabei lässt sich fest- stellen: Rückbau und Renaturierung als Kombinationsmaßnahme (Auftei- Rückbau und Renaturierung ist lung der Brachfläche für eine städ- ein aufwändiger und langwieri- tebauliche und freiräumliche Flä- ger Prozess. Nicht nur im visuellen chennutzung im Sinne einer Revita- Ergebnis, sondern besonders im lisierung in Kombination mit einer Verfahren selbst. Renaturierung) Rückbau und Renaturierung er- Rückbau und Renaturierung als folgt nur vereinzelt als qualifi- Konservierungsmaßnahme (Sa- zierte Freiraumgestaltungsmaß- nierung und Sicherung von stark nahme. Selten findet Rückbau und kontaminierten Brachflächen als Renaturierung im Sinne einer frei- kosmetische Gestaltungsmaßnah- räumlichen Qualifizierung als gestal- me) tete Grün- oder Freifläche statt. Die Umwandlung brachliegender Flä- chen am Rand und im Außenbe- reich erfolgt meistens in Sukzessi-

214 Ressource Fläche zwischen Aufbau und Rückbau

onsflächen, insbesondere im Rah- men erfordern stets eine hohe men von Kompensationsmaßnah- Förderquote, um In-Wertsetzungs- men. Entscheidender Faktor für die- potenziale auszulösen. Ein bisher se Nachnutzungsform ist der gerin- ungelöstes Problem für die meisten ge Pflege- und Unterhaltungsauf- Kommunen bilden Zwischenfinan- wand - finanziell und personell. Im zierungen sowie Unterhaltungs- und Außenbereich werden bisher noch Pflegekosten, die nach der Fertig- zu wenige Flächenpotenziale [z.B. stellung von Renaturierungsmaß- militärische Liegenschaften] aufge- nahmen entstehen. forstet und die Brachflächenproble- matik unter dem Aspekt der Wald- Konservierungsmaßnahmen zur Gefah- mehrung entlastet. rensicherung

Kombinationsmaßnahmen für großflä- Renaturierungsmaßnahmen im Sinne chige Areale von Sicherung, Sanierung und Wieder- eingliederung großflächiger, stark Eine Vielzahl der brachliegenden, meist kontaminierter Industriealtstandorte er- gut erschlossenen Standorte im Rand- fordern einen gewaltigen technischen und Außenbereich, insbesondere ehe- und finanziellen Aufwand. Diese Groß- malige Kasernen-, Militäranlagen und projekte dienen in erster Linie dem auch Industrieareale werden im Rahmen Schutz der Umwelt vor schädlichen Ein- städtebaulicher oder gewerblicher Ent- flüssen. Gestaltungsaspekte und mög- wicklungsmaßnahmen hergerichtet und liche Folgenutzungen stehen nicht im vermarktet. Die Konzeptionen sehen Vordergrund. Dabei lässt sich feststel- wegen der meist großflächigen Areale, len: der städtebaulichen Lage direkt zum Landschaftsraum, der geringen Ver- Rückbau und Renaturierung ist marktungschancen für reine bauliche bisher primär Aufgabe der öffent- Nachnutzungen und der notwendigen lichen Hand. Die Ergebnisse aus Eingriffs- und Ausgleichregelung nicht der Recherche zeigen, dass die nur eine bauliche Nachnutzung, sondern Maßnahmen zum Rückbau und zur meist großflächige Renaturierungsmaß- Renaturierung in der Regel durch die nahmen vor. Dabei lässt sich feststel- öffentliche Hand oder halböffentliche len: Entwicklungsgesellschaften erfol- gen. Auf privatwirtschaftlicher Seite Rückbau und Renaturierung sind hemmen die Vergabekriterien der Subventionsprojekte. Renaturie- Fördermittel eine Umwandlung der rungsprojekte sind aufwendig und die Brach- in Grün- oder Freiflächen. Finanzierung bei Problem- und Zudem besteht für private Eigentü- Großflächen ohne Nutzung von star- mer keine Restitutions- oder Wieder- ken Fördertöpfen [Altlastenfond, nutzbarmachungspflicht von brach- Konversionsfond, GA-Mittel] sowie liegenden Grundstücken. Und in ers- der Kopplung mit arbeitsmarktpoli- ter Linie wird mit der Umwandlung tischen Instrumenten nicht umsetz- von Bauland in Grün- oder Naturflä- bar. Insbesondere Rückbau- und chen der Verlust des Bodenwertes Entwicklungsmaßnahmen auf verbunden. Brachflächen in suburbanen Räu-

215 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Ordnungs- und Regelungsmaßnahmen Fazit der Untersuchung [Auswahl] im Kontext von Stadt-Umland-Verflech- tungen Die Good-Practice-Recherche zeigt, dass Brachflächen am Rand und im Die Thematik Flächenrecycling in sub- Außenbereich der Siedlungen ein räum- urbanen Räumen gehört im Rahmen der liches und funktionales Renaturierungs- Raumentwicklung zur Aufgabe des kom- potenzial besitzen. Die Fallstudien do- munalen und regionalen Flächenma- kumentieren nicht nur gelungene einzel- nagements und unterstützt die Ziele der standörtliche Entwicklungsmaßnahmen, nachhaltigen Flächenhaushaltspolitik. sondern auch praxisbewährte Werkzeu- Zur Erreichung der Ziele werden bereits ge im Rahmen des kommunalen und eine Reihe von Ordnungsinstrumenten regionalen Flächenmanagements. Zu- genutzt, die eine Wiedereingliederung sammenfassend lässt sich feststellen: von Brachflächen in den räumlichen Kon- text und eine nachhaltige Stadt- und Die Chancen des Wandels müs- Landentwicklung ermöglichen. Ange- sen erkannt und die freiräumli- sichts der stattfindenden Schrumpfungs- chen Entwicklungspotenziale im und Transformationsprozesse mit ihren Umbauprozess genutzt werden. großräumigen Auswirkungen, gewinnt Der Wandel, der sich auf die Stadt- eine interkommunale und regionale Aus- und Landschaftsgestalt auswirkt, richtung der Instrumente an Bedeutung. wird enorm sein. Bisher werden die Dabei lässt sich feststellen: damit verbundenen Prozesse als negative oder bedrohliche Folgen Rückbau und Renaturierung ist wahrgenommen, da niemand das auf dem Weg zur Standardver- Ausmaß so richtig abschätzen fahrensweise in der Praxis. Re- kann. Ein wesentliches Ziel der Pla- naturierungsprojekte als Umwid- nung und Politik muss es sein, spe- mung der bisherigen baulichen Nut- zifische Merkmale und Qualitäten zung in Grün- und Freiräume sind der neuen Stadt-Landschaften als im Rahmen der wohnbaulichen Entwicklungspotenziale zu begrei- Stadtumbauprozesse insbesondere fen, zu nutzen und daraus gezielt für die Randbereiche, eine aktuelle zu steuern, damit der Umbau Aufgabe. Ebenso liefert die Um- insbesondere freiräumliche Pers- wandlung für alternative Freiflächen- pektiven im suburbanen Raum er- nutzungen [Aufforstung, Regenera- schließen kann. tive Energien, u.a.] bei räumlich ge- prüften Standorten neue Entwick- Unterschiedlichste Fachdiszipli- lungsoptionen. Dagegen sind nen haben ein Interesse an Rück- Brachflächen im Außenbereich bau und Renaturierung in sub- bereits seit Jahren in Prozesse der urbanen Räumen. Daraus erge- Landentwicklung und Flurneuord- ben sich Konflikte, aber auch nung, der ländlichen touristischen Chancen. Die Good-Practice-Re- Entwicklung zur Aufwertung von cherche und die Gespräche mit den Landschaftsräumen oder im Rah- Experten vor Ort, vom Bürgermeis- men der Eingriffs- und Ausgleichs- ter und Landtagsabgeordneten zum verfahren eingegliedert. Flächenentwickler oder engagierten Stadt- und Landschaftsplaner sowie

216 Ressource Fläche zwischen Aufbau und Rückbau den Akteuren aus der ländlichen der ostdeutschen Städte und Regi- Entwicklung zeigen, dass viele onen nutzen zu wollen, hängt der Fachdisziplinen ein gleichrangiges Erfolg zukünftig wesentlich von Interesse bei der Umwandlung der raumspezifischen und raumdifferie- baulichen in freiräumliche Flächen- renden Instrumentenpaketen ab. potenziale haben. So kann Rückbau und Renaturierung innerhalb städte- Rückbau und Renaturierung, insbeson- baulicher oder freiräumlicher Um- dere in den suburbanen Räumen Ost- baustrategien liegen, genauso wie deutschlands, können einen Beitrag im in forst-, landwirtschaftliche oder na- Rahmen der Umbau- und Regenerations- turschutzfachliche Entwicklungen prozesse für Stadt und Region leisten. eingegliedert sein. Die Grenzlage Das Renaturierungspotenzial wird dazu zwischen der räumlichen Zugehörig- bisher jedoch unzureichend als Wert- keit und den unterschiedlichen In- schöpfungspotenzial erkannt und einge- strumenten ist vermutlich bisher das setzt. größte Manko. Aber genau hier bie- tet die Verknüpfung von Stadt- mit Download der Studie unter Landentwicklungsinstrumenten ein www.bbr.bund.de/aufbau-ost/stand- interessantes Entwicklungs- ortentwicklung/08_projekt.html potenzial.

Die ostdeutschen Regionen brau- chen eine struktur- und sozial- räumliche Regenerierungs-/Sta- bilisierungspolitik und –planung. Theorie, Politik und Instrumente der Stadt- und Raumplanung waren bisher immer auf Wachstum ausge- richtet. Unübersehbar ist, dass die mit dem Strukturwandel verbunde- nen Umbauprozesse eine grundle- gende funktionale Reorganisation der Raumnutzungs- und Steue- rungsstrukturen notwendig machen. Flächenrecycling in suburbanen Räumen kann nur dann einen zen- tralen Beitrag im Umbauprozess der Städte und Regionen leisten, wenn die heute bereits zur Verfügung ste- henden Instrumente aufeinander ab- gestimmt eingesetzt und auf einen struktur- und sozialräumlichen Regenerierungseffekt hin ausgerich- tet werden, evtl. im Sinne eines “sich gesund Schrumpfens“. Neben dem politischen Willen, den Wandel zur Regenerierung und Stabilisierung

217 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

5.1.3 Regionalökonomische Rahmenbedingungen beim Flächenrecycling in suburbia

Ute Lohse

Die wirtschaftlichen Rahmenbedin- der Universität Dortmund und der FH gungen determinieren wesentlich die Nordhausen/ Bauhaus-Universität Wei- Entwicklung der Flächennachfrage, mar zu einer umfassenden Darstellung damit die Zahl und Größe von Brach- der Problematik bei. Mit den vorliegenden flächen einer Region sowie die Chancen Forschungsberichten werden Kommu- für deren bauliche Wiedernutzung und nen und Investoren in die Lage versetzt, die Verfügbarkeit privater und öffentlicher diese wissenschaftlichen Erkenntnisse Mittel für Flächenrecycling einer Region. in künftigen Flächenrecyclingprojekten Aus diesem Grunde beauftragte das anzuwenden. Im Folgenden werden Bundesamt für Bauwesen und Raumord- einige wesentliche Ergebnisse des nung (BBR) im Jahre 2004 das Kompe- Forschungsprojektes kurz dargestellt. tenzzentrum interdisziplinäres Flächen- recycling e.V. (CiF e.V.) mit der Unter- In Ostdeutschland entstanden und ent- suchung der „Ökonomische Rahmen- stehen durch den politischen und struk- bedingungen und Finanzierungsmöglich- turellen Wandel seit 1990 zahlreiche keiten von Flächenrecycling in suburba- Brachflächen sowohl in den Städten als nen Räumen (Ost)“. In diesem Projekt auch in suburbanen Räumen. Die Zahl wurden neben einer ausführlichen und die Größe der betroffenen Flächen Analyse der ökonomischen Rahmenbe- sind derzeit nur schwer abzuschätzen, dingungen in suburbanen Räumen übersteigen jedoch die Ausmaße der Ostdeutschlands auch die aktuellen Brachflächenproblematik in den westli- Fördermöglichkeiten für Flächenrecyc- chen Bundesländern erheblich. Eine lingprojekte aufgelistet und bewertet. wachsende Zahl an freien Flächen, Anhand einiger Fallstudien wurden die Brachflächen, aber auch erschlossenen üblichen Finanzierungsmodelle im oder zumindest als Bauland ausgewie- Flächenrecycling exemplarisch untersu- senen Flächen auf der grünen Wiese (oft cht. Im Ergebnis der Forschungsarbeiten Planungsbrachen genannt) repräsentiert wurden die Notwendigkeit der Entwick- das wachsende Angebot am ostdeut- lung innovativer Finanzierungskonzepte schen Flächenmarkt. und erste Denkansätze zur Schaffung Auf Grund der ökonomischen und solcher Konzepte diskutiert. Gleichzeitig besonders auch wegen der demografi- wurde der Untersuchungsgegenstand schen Entwicklung ist die Nachfrage „Flächenrecycling in Suburbia (Ost)“ nach Flächen für bauliche Nutzungen, noch in zwei weiteren parallel durch- insbesondere für Wohnen und Gewerbe, geführten Forschungsprojekten des BBR in Ostdeutschland nur gering. Nur weni- untersucht. Mit der Entwicklung ge Wachstumskerne, dies sind die Ag- akteursorientierter Handlungsstrategien glomerationskerne im Sachsendreieck und Arbeitshilfen und der Untersuchung mit den Städten Dresden, Leipzig und guter Beispiele für Flächenrecycling in Chemnitz und der Raum Potsdam, kön- suburbanen Räumen trugen die Forscher nen künftig stabile Bevölkerungszahlen

218 Ressource Fläche zwischen Aufbau und Rückbau

denn eine eigenwirtschaftliche Revita- Abbildung 1: Immobilienkreislauf modifiziert für lisierung bedarf der zahlungsfähigen suburbane Räume Ostdeutschlands Flächennachfrage und Fördermittel der erwarten. Die meisten ostdeutschen Re- öffentlichen Hand sind knapp. Die gionen werden jedoch von durch Gebur- Lösung dieses Problems kann nur im tenrückgang und Abwanderung verur- Rahmen eines interdisziplinären Flä- sachten Schrumpfungsphänomenen be- chenmanagements in einer Kommune troffen sein. Die Auswertung von Indika- oder Region in Angriff genommen toren zur wirtschaftlichen Entwicklung, werden. Der in Abbildung 1 dargestellte des Bruttoinlandsproduktes und der Ar- Immobilienkreislauf weist diesem beitslosenzahlen ergaben darüber hin- Flächenmanagement u.a. die Erfassung aus, dass die Wirtschaftskraft Ost- und Bewertung von Brachflächen, die deutschlands noch immer hinter der des Entwicklung von Nutzungsszenarien, die restlichen Bundesgebietes liegt. Brach- Suche nach Finanzierungsmöglich- flächen, insbesondere ehemalige Indus- keiten und letztlich die Entscheidung trie-, Bergbau- oder Militärstandorte ste- über eine bauliche Folgenutzung oder hen darüber hinaus in Konkurrenz zu das temporäre oder endgültige Aus- Flächen auf der grünen Wiesen oder zu scheiden der Fläche aus dem relativ unbelasteten Planungsbrachen. Immobilienkreislauf zu.

Aus diesem Grunde werden viele Brach- Hierbei ist unter anderem die Anwendung flächen für lange Zeit oder für immer von PPP zur Beschaffung zusätzlichen ohne bauliche Folgenutzung bleiben, privaten Kapitals zu überdenken. Insbe-

219 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen sondere aber sollten wirtschaftliche Aus- Der Einbezug des volkswirtschaftlichen wahlentscheidungen über den Einsatz Zusatznutzens durch Beseitigung städ- knapper öffentlicher Mittel für die Revita- tebaulicher Missstände und ökologi- lisierung von Brachflächen zum üblichen scher Gefährdungen in diese Wirtschaft- Standard werden. Notwendig ist es lichkeitsbetrachtung, einen Ansatz hier- hierbei, nicht nur zwischen verschiede- zu stellt die Boden-Wert-Bilanz (vgl. nen Flächen sondern auch zwischen Kapitel 3.1.3 i. d. B.) dar, versetzt ein verschiedenen Nutzungsszenarien zu kommunales oder regionales Flächen- wählen. Neben möglichen baulichen management in die Lage, auch mit Folgenutzungen sind immer auch die knappen finanziellen Mitteln weitgehend Renaturierung als Form des endgültigen die nachhaltige Nutzung von Flächen der Ausscheidens der Fläche aus dem Kommune oder Region zu erreichen. Immobilenkreislauf oder eine Konservie- Flächen für die eine Nachfrage besteht, rung für spätere bauliche Nutzungen in werden wieder bebaut und die Flächen die Auswahlentscheidung einzubeziehen.

Abbildung 2: Mehrstufiger Wirtschaftlichkeitsvergleich – fiktives Beispiel

Das Schema in Abbildung 2 veranschau- für die eine bauliche Folgenutzung illuso- licht die Anforderungen an ein, mit dem risch ist werden unter Maximierung des Fortschritt des Planungsprozesses de- volkswirtschaftlichen Gesamtnutzens, taillierter und aussagekräftiger werden- der immer auch städtebauliche und des ökonomisches Auswahlverfahren für ökologische Aspekte sowie Fragen der 4 Projektvarianten. Da sich Flächen- Regionalentwicklung beinhaltet, aus recyclingprojekte durch langjährige dem Immobilienkreislauf herausgelöst. Projektlaufzeiten und langfristige perio- dische Einzahlungen und Auszahlungen Die Berücksichtigung der Prinzipien der wie Mieten, Pachten, Betriebs- und ökonomischen Effizienz bei politischen Pflegeaufwendungen auszeichnen, ist Entscheidungen zur Flächennutzung in eine dynamische Wirtschaftlichkeits- Deutschland, z.B. bei der Ausgestaltung betrachtung vor der endgültigen Ent- von neuen Förderprogrammen für die scheidung über die Projektrealisierung Entwicklung von Brachflächen, erscheint unbedingt erforderlich. deshalb ein geeignetes Instrument zur

220 Ressource Fläche zwischen Aufbau und Rückbau

Durchsetzung des Ziels „30-ha“ der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundes- regierung.

Quellen

Lohse, Hanke, Otparlik: Regional ökonomische Rahmenbedingungen und Finanzierungsmöglichkeiten von Flächenrecycling in suburbanen Räumen Ostdeutschlands, Endbericht des Forschungsprojektes für das BBR, Berlin 2005, http://www.bbr.bund.de/ aufbau-ost/standortentwicklung/ standort_index.html

Babendererde et. al. (2001): Babendererde, Baumann, Friebertshäuser: Konversionsprojekte in Deutschland – Projektbeispiel, in: Azzam, Heinrich, Klapperich (Hrsg.): Veröffentlichungen des Instituts für Geotechnik der TU Bergakademie Freiberg, KOMPETENZZENTRUM für interdisziplinäres Flächenrecycling – CiF e.V., Freiberg, - zur Gründung, Freiberg, 2001

Benthaus et. al. (2001): Benthaus, Gatzweiler, Thie: Die Gestaltung von Bergbaufolgelandschaften in Revieren des Braunkohle- und Uranerzbergbaus Ostdeutschlands, in: Azzam, Heinrich, Klapperich (Hrsg.): Veröffentlichungen des Instituts für Geotechnik der TU Bergakademie Freiberg, KOMPETENZZENTRUM für interdisziplinäres Flächenrecycling CiF e.V., Freiberg, - zur Gründung, Freiberg, 2001

221 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

5.1.4 Ein Kommunikationskonzept für das Flächenrecycling in suburbanen Räumen

Johannes Flacke

Einleitung Brachflächen im suburbanen Raum in Ostdeutschland Leitfäden zur Reaktivierung von Brach- flächen in Deutschland gibt es wie Sand Als suburbaner Raum wird im Allgemei- am Meer. Im Rahmen einer Auswertung nen das Gebiet der in den Prozess der von FuE-Ergebnissen zu Flächenma- Suburbanisierung einbezogenen Rand- nagement und Flächenrecycling gemeinden innerhalb von Stadtregionen (www.flaecheninfo.de) zählen Schrenk verstanden. Kennzeichen des suburba- und Samtleben allein 130 Veröffentli- nen Raums sind eine hohe Bevölke- chungen zum Thema Flächenmanage- rungs- und Arbeitsstättenzahl sowie ver- ment generell, davon ca. 40 Veröffentli- dichtete Siedlungsstrukturen. Brachflä- chungen zum Thema Flächenrecycling chen in suburbanen Räumen werden (www.bbr.bund.de/aufbau-ost/standort- definiert als Flächen, die außerhalb der entwicklung/standort_index.html). Viele Kernstadt liegen, aber einen funktiona- dieser Dokumente liegen in Form eines len Zusammenhang zur Stadtregion auf- Leitfadens oder einer Arbeitshilfe vor. weisen. Hierbei ist die absolute Größe der Umlandgemeinde und der Kernstadt Ziel des Forschungsprojektes „Flächen- weniger wichtig als deren funktionaler recycling in suburbanen Räumen - Ak- Bezug, da regionale wirtschaftliche Ver- teursorientierte Handlungsstrategien und flechtungen, Wanderungsbewegungen Arbeitshilfen“ am Fachgebiet Stadt- und und Pendlerströme die Reaktivierungs- Regionalplanung (SRP) der Fakultät chancen für Brachflächen im suburba- Raumplanung, Universität Dortmund im nen Raum erheblich beeinflussen. Auftrag des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR) war die Ent- Die Baulandumfrage des BBR ergab für wicklung von Handlungsstrategien für das Jahr 2000 ein baureifes Potenzial das Flächenrecycling in Ostdeutschland an Brachflächen bundesweit von ca. sowie deren Popularisierung mit Hilfe 44.000 ha (BBR (Hrsg., 2004). Der letz- eines geeigneten Kommunikationskon- te aktuelle Bauland- und Immobilien- zeptes. Damit sollte weniger dem Be- märkte-Bericht des BBR (ebenda) weist stand an Leitfäden ein weiterer hinzu- für mehr als 70 % aller Gemeinden gefügt werden, sondern vielmehr Fragen Wiedernutzungspotenziale in einem der geeigneten Vermittlung des The- Umfang von 6.522 ha aus. Zwei Drittel mas nachgegangen werden. Im Zentrum dieser Flächen bieten sich für eine ge- der Bearbeitung standen daher die drei werbliche Wiedernutzung, ca. ein Drit- Aspekte Brachflächen in suburbanen tel für Wohnbauzwecke oder aber Re- Raum, Akteure beim Flächenrecyc- naturierung an. ling und Kommunikationskonzept, welche im Folgenden dargestellt werden sollen.

222 Ressource Fläche zwischen Aufbau und Rückbau

Regional differenzierte Aussagen über http://www.bbr.bund.de/aufbau-ost/pdf- vorhandene Brachflächenpotenziale, mit files/gewerbeflaechenpotenzial _kurzf. denen der Anteil der Brachflächen im pdf). Hinzu kommen zahlreiche brach- suburbanen Raum ermittelt werden liegende Flächen der Tier- und Pflanzen könnte, liegen so gut wie nicht vor, da produktion (LPG). hierzu keine einheitliche Erfassung statt- findet und die vorhandenen Brachflä- Akteure beim Flächenrecycling chenkataster aufgrund von un- terschiedlichen Erhebungsme- thoden in ihrer Zusammen- schau nicht aussagekräftig sind. In Sachsen entfallen ca. 7.000 ha des Gesamtbestands an Brachflächen von 18.000 ha auf innerstädtische Lagen, was im Umkehrschluss heißt, dass weit mehr als die Hälfte, näm- lich 11.000 ha auf suburbane Räume und ländliche Gebiete verteilt sind (Landkreis Chemnitzer Land o.J.).

Der Bestand an Brachflächen in Ostdeutschland beinhaltet ne- ben Konversionsflächen und al- ten Industrie- und Gewerbeflä- chen aus DDR-Zeit auch neuere, nach 1989 entstande- ne Gewerbegebiete, die zum Teil nicht voll ausgelastet sind und somit als potenzielle Brach- flächen von morgen angesehen werden können. Gerade über die nach 1989 entstandenen Gewerbe- Abb. 1 Akteursgruppen und Akteure beim Flä- gebiete existieren wenige Informationen. chenrecycling Einer Erhebung des DIW zufolge waren Der Erfolg eines Flächenrecyclingprojek- im Jahre 2000 die Gewerbeflächen ost- tes hängt in entscheidendem Maße von deutscher Großstädte zu 79 % und mitt- dem Engagement und dem Zusammen- lerer Städte zu 64 % belegt (Blume spiel der beteiligten Akteure ab. Diese 2001). Eine aktuelle Studie im Auftrag bringen ganz unterschiedliche Interes- des Bundesamtes für Bauwesen und se und Ausgangsvoraussetzungen mit Raumordnung zeigt, dass die höchsten und übernehmen verschieden Funktio- Auslastungsgrade in Ostdeutschland mit nen und Rollen in dem Projekt. Es ist über 75 % im Raum Südwest-Thüringen daher notwendig in einem Leitfaden zum vorliegen, während im Mittel der Flächenrecycling die einzelnen Akteure Auslastungsgrad der Gewerbegebiete zu unterscheiden und gezielt anzuspre- zwischen 25 % und 75 % liegt (siehe chen.

223 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Der pragmatische Kompromiss zwi- ma in einer graphisch anspruchsvollen schen der genauen Ausdifferenzierung und leicht verständlichen Form darstellt. von Akteuren und der übersichtlichen Kern der Image-Broschüre sind Hand- Darstellung von Handlungsempfehlungen lungsstrategien, die den leitenden Ge- führt zu einer Identifizierung der Akteurs- danken der In-Wertsetzung einer Brach- gruppen Marktteilnehmer, Planer, fläche widerspiegeln und deren Umset- Projektentwickler und Kulturschaf- zung anhand von Best- Practice-Beispie- fende nach der ihnen eigenen Hand- len illustriert wird. Zusätzlich wurden ak- lungslogik. Eine weitere Unterscheidung teursorientierte Arbeitshilfen als Ein- von Akteuren innerhalb der Gruppen er- legeblätter für die Broschüre konzipiert, folgt nach ihrer jeweiligen Funktion (z.B. die konkrete Handlungsempfehlungen für der Marktteilnehmer in seiner Funktion die beteiligten Akteure orientiert an den als Nutzer und in seiner Funktion als Phasen eines Flächenrecyclingprojek- Investor (s. Abb. 1)). tes aussprechen.

Die Handlungslogik der Marktteilnehmer Ziel der Image-Broschüre (http:// zielt in erster Linie auf eine ökonomisch www.bbr.bund.de/aufbau-ost/standort- orientierte Nutzung von Brachflächen ab, entwicklung/standort_index.html) ist es, während die Planer vor allem dem Ge- über Brachflächen und deren Reaktivie- meinwohl verpflichtet sind. Der Projekt- rung zu informieren, den Wert von Brach- entwickler, dem eine besondere Rolle in flächen für die Stadtentwicklung zu ver- jedem Flächenrecyclingprojekt zu- deutlichen und damit das Image von kommt, da er die zentrale Schaltstelle Brachflächen zu verbessern. Sie richtet (Kümmerer) bzw. der Motor des Projek- sich somit nicht primär an die Fachöf- tes ist, ist in erster Linie an der erfolg- fentlichkeit sondern soll den in der Fach- reichen Durchführung des Projektes in- öffentlichkeit bestehenden Konsens über teressiert. Die Gruppe der Kulturschaf- die Notwendigkeit von Flächenrecycling fenden, zu der Künstler ebenso wie Kul- in die allgemeine Öffentlichkeit tragen. tur- und Eventmanager sowie Bildungs- Sie sollte auf den Schreibtischen der Bür- träger und soziale Einrichtungen zählen, germeister und Bürgermeisterinnen der bildet eine zusätzliche Akteursgruppe, Städte und Gemeinden in Ostdeutsch- die bislang eher selten betrachtet wur- land liegen und zur argumentativen Qua- de. Sie können interessante Partner bei lifizierung der Kommunalpolitik beitragen der Suche nach Wiedernutzungen sein, sowie an interessierte Bürger und Bür- da sie ein kreatives Potenzial darstel- gerinnen weiter gegeben werden. Darüber len, das individuelle temporäre wie auch hinaus soll mit der Image-Broschüre dauerhafte Nutzungen auf Brachflächen auch bei privaten Projektentwicklern und initiieren kann. Investoren für das Thema Flächenrecy- cling geworben werden. Kommunikationskonzept

Das Kommunikationskonzept zur Popu- larisierung des Themas Flächenrecyc- ling in suburbanen Räumen besteht im Wesentlichen aus drei aufeinander auf- bauenden Elementen: Basis ist die 20- seitige Image-Broschüre, die das The-

224 Ressource Fläche zwischen Aufbau und Rückbau

sprache der jewei- ligen Akteure die- se stärker in Pro- jekte des Flächen- recyclings einzu- binden. Gegliedert in die einzelnen Phasen eines Flä- chenrecyclingpro- jektes benennen die Arbeitshilfen für jeden einzelnen Akteur notwendige Arbeitsschritte und beispielhafte Vorge- Abb. 2 Haupt- und Nebenstrategien des Flä- chenrecyclings hensweisen, die zum Erfolg eines Pro- jektes beitragen können. Diese Hand- Die Handlungsstrategien des Flächen- lungsempfehlungen sollen interessierte recyclings in suburbanen Räumen (s. Akteure informieren und Anregungen für Abb. 2) sind akteursorientiert und reprä- die eigene Tätigkeit geben. Die Arbeits- sentieren das grundsätzliche Vorgehen hilfen sind so aufgebaut, dass sie die zur In-Wertsetzung einer Brachfläche (s. jeweiligen Interessenlagen, Einfluss- Oswalt et al. 2003). Die Entscheidung, möglichkeiten und Handlungsspielräume welche Strategie auf einer Brachfläche der Akteure berücksichtigen. verfolgt werden kann, wird in erster Li- nie von den wirtschaftlichen Rahmenbe- Literatur dingungen sowie von ihrer groß- und kleinräumigen Lage bestimmt. BBR - Bundesamt für Bauwesen und Aktivierungs-strategien zur baulich-ge- Raumordnung (2004): Bauland- und werblichen Wiedernutzung von Flächen Immobilienmärkte. Ausgabe 2004. sind vor allem in denjenigen Regionen Berichte Band 19, Bonn umsetzbar, die Entwicklungsimpulse Blume, L. (2001): Erfolgsfaktoren und Wachstumstendenzen aufweisen. kommunaler Wirtschaftspolitik in Konservierungsstrategien sichern Flä- Ostdeutschland, Berlin chen und Infrastruktur für zukünftige Optionen. In Regionen mit geringer Flä- chennachfrage von außen bietet hinge- Landkreis Chemnitzer Land (Hrsg.) gen die Renaturierung von Brachflächen (o.J.): Leitfaden und Checkliste. vielfältige Möglichkeiten, um sowohl Brachflächenrevitalisierung im inner- Umwelt- als auch Lebensverhältnisse städtischen Bereich. Chemnitz nachhaltig aufzuwerten. Fachgebiet Stadt- und Regionalpla- Die akteursorientierten Arbeitshilfen nung , Universität Dortmund (2004): Flächenrecycling geben den beteiligten Flächenrecycling in suburbanen Akteuren (s.o.) Hilfestellungen, die ih- Räumen. Forschungsdokumentation. nen eine Mitwirkung an einem Brachflä- Dortmund (http://www.bbr.bund.de/ chenrecyclingprojekt erleichtern sollen. aufbau-ost/standortentwicklung/ Ziel ist es, durch eine unmittelbare An- standort_index.html)

225 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Fachgebiet Stadt- und Regionalpla- nung , Universität Dortmund (2005): Flächenrecycling in suburbanen Räumen. Akteursorientierte Hand- lungsstrategien und arbeitshilfen(Image-Broschüre). Dort- mund (http://www.bbr.bund.de/aufbau- ost/standortentwicklung/ standort_index.html)

Oswalt, P.; Overmeyer, K.; Prigge, W. (2003): Experiment und Utopie im Stadtumbau Ostdeutschlands. In: Müller, H. et al. (Hrsg.): Stadtentwick- lung rückwärts! Brache als Chance?. Aufgaben, Strategien, Projekte. AGB- PT-Projektbericht. Bd. 52. Aachen. S. 118 - 126

Internetquellen

Projekt „Flächenrecycling in suburba- nen Räumen: Akteursorientierte Handlungsstrategien und Arbeitshilfen“ http://www.bbr.bund.de/aufbau-ost/ standortentwicklung/ standort_index.html

Workshop „Flächenrecycling in Stadt- umbau-Regionen“ dort der Beitrag von Schrenk: Auswertung und Zusammen- stellung von FuE-Ergebnissen http://www.bbr.bund.de/aufbau-ost/ standortentwicklung/ standort_index.html http://www.flaecheninfo.de/: Website Datenbank Flächenmanagement

Gewerbeflächenmonitoring. Ein Ansatz zur Steigerung der Wettbewerbsfähig- keit des regionalen Gewerbeflächenpo- tenzials in Ostdeutschland. BBR Online-Publikation http://www.bbr.bund.de/aufbau-ost/pdf- files/ gewerbeflaechenpotenzial_kurzf.pdf

226 Ressource Fläche zwischen Aufbau und Rückbau

5.2 Best Practice von Flächenrecycling als Bestandteil der Stadt- und Standortentwicklung

5.2.1 Strukturwandel aus Industrie- ¾ die Form der Stadt wandelt sich kultur - Integrierte Standort- nutzung ¾ Modellprojekte profilieren den Um- bau 5.2.2 Standortentwicklung Saxonia- Areal in Freiberg ¾ jede Stadt hat ihren eigenen Ent- wicklungspfad 5.2.3 Flächenentwicklung in der Metropolregion Ruhr ¾ im Umbau entstehen Freiräume

Der Part Flächenrecycling spielte beim ¾ Zeiten des Umbruchs sind dyna- Stadtumbau in der Vergangenheit misch bisher nur eine untergeordnete Rolle im Rahmen der Projektentwicklung bzw. ¾ Stadtumbau erschließt vielfältige Baureifmachung von Grundstücken für Finanzierungsquellen geplante Investitionen, insbesondere in ¾ Medien und Kommunikationen be- den Innenstädten. Ein entsprechendes stimmen das Bild der Stadt Beispiel ist die Entwicklung der Innen- stadt von Chemnitz (siehe Coverfotos). ¾ schrumpfende Städte sind ein in- Im Vordergrund standen hierbei stets ternationales Phänomen stadtplanerische Fragestellungen und weniger die Betrachtung nach Ressour- Die Auswahl der hier vorgestellten Bei- cen und Nachhaltigkeitsaspekten. spiele erfolgte unter der Prämisse einer erfolgreichen Projektrealisierung, wobei Die aktuelle Entwicklung am Immobili- es sich weniger um Flächen in Stadt- enmarkt unter Berücksichtigung der re- umbauregionen handelt. Bedingt durch gionalen Besonderheiten erfordert die die bergbau- bzw. hüttenseitige Vornut- Findung von einzelfallbezogenen Lö- zung befinden sich die Grundstücke in sungen. Die Internationale Bauausstel- Stadtrandlagen oder anders ausge- lung (IBA) Sachsen-Anhalt 2010 wid- drückt im suburbanen Raum. Die unter- met sich dieser Thematik, wobei die schiedliche Herangehensweise an die nachfolgenden Grundsätze Beachtung Bewältigung der Aufgaben beim Flä- finden: chenrecycling sind auch für Flächen in Stadtumbauregionen von Bedeutung. ¾ Stadtumbau geht alle an

¾ Strukturwandel ist eine Chance der Stadtgestaltung

227 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

5.2.1 Strukturwandel aus Industriekultur - Integrierte Standortnutzung

Karl Kleineberg

Strukturwandel ist Wandel der Struktu- schrieben. Damit verbunden ist ren und nicht Strukturbruch; der Pro- gleichsam der Weg in neue gesamtge- zess, die Entwicklung, die Evolution ist sellschaftliche Strukturen. das Instrument, nicht der ein Vakuum schaffende Bruch. Wandel bedeutet, Permanente Neugier, der Wille zu Qua- aus den herausragenden Eigenschaf- lität und Leistung und der positive Glau- ten des Vergangenen das Neue entwi- be an Veränderung und Weiterentwick- ckeln. Nicht wegwerfen, sondern aufhe- lung wird notwendig sein. Dies zu errei- ben und einbauen ist die Devise. Neue chen ist eine allumfassende Aufgabe, Sichten auf alte Gewohnheiten, Neues die aber in besonderer Weise an den aus der Qualität des Alten gestalten. Orten sichtbar werden muss, die zu Zu- kunftsorten des Strukturwandels entwi- Soll der Strukturwandel die betroffenen ckelt werden sollen. Menschen einbeziehen, muss er zwangsläufig dort stattfinden, wo die al- Eine solche Entwicklung einzuleiten ten Strukturen ihre Kraft verloren haben. und umzusetzen – das ist das Ziel des Die verlassenen Orte der Industrie sind von der saarländischen Landesregie- neu zu beleben, damit sie wieder Zu- rung 2001 begründeten Projektes kunft werden. Dies ist ein umfassender „Indus-trieKultur Saar“. Zum Projekt ge- Prozess, in den, die sich wandelnde hören die jeweils rund 130 ha großen Gesellschaft einzubeziehen ist. Areale zweier ehemaliger Steinkohle- bergwerke. Es sind dies die Bergwerke Von den Veränderungen sind in beson- Reden und Göttelborn. derer Weise die traditionellen Montan- regionen erfasst, wie das Saarland. Beide Areale haben imposante, wenn- Hier brechen die monostrukturierten, gleich unterschiedliche Bauten und großindustriellen Komplexe nach und Zeugnisse der Industriekultur. nach weg. Ein Prozess der schon Jahr- zehnte andauert und heute in seiner Der Zukunftsbezug der Industriekultur zweiten oder dritten aber wahrschein- ist von zentraler Bedeutung. Die Zu- lich letzten Phase befindet. kunft wird damit nicht auf den Trüm- mern der Vergangenheit gebaut, son- Selbst die Wiedernutzungen in der Ver- dern aus deren Qualitäten. Flächen- gangenheit durch vergleichbar struktu- und Gebäuderecycling, kleinteiligere rierte Komplexe der Automobilindus- Wirtschaftsformen und notwendige ge- trie, siehe Opel in Bochum, sind wieder sellschaftliche Anpassungen müssen gefährdet. dazu in einem integrativen Ansatz zu- sammen gefügt werden. Die Zukunft wird oft mit den Begriffen „mittelständisch“, „wissensbasiert“, „in- Die Konversion des ehemaligen Stein- novativ“, „kleinteilig“ und „flexibel“ be- kohlenbergwerks Göttelborn zur „Cité

228 Ressource Fläche zwischen Aufbau und Rückbau der Industriekultur“ steht im Vorder- Unter der Annahme, dass die Zukunft grund dieses Beitrages. eher kleinteilige, mittelständische Wirt- schaftsformen und integrative und kommunikative, also urbane Standorte bevorzugt, liegt hier der Ansatz für einen Zukunftsort.

Die Cité der Industriekultur ist keine Stadt, hat aber urbane Qualitäten. Die Gebäudedimen- sionen und unterschiedlichen Ar- chitekturen, die Strassen- und Wegeverbindungen, aber vor al- lem die Plätze, geben dem En- semble ein urbanes Flair. Die um- gebende Landschaft ist ein Ge- Göttelborn liegt in der nördlichen Land- menge aus ursprünglicher und anthro- schaft vor den Toren Saarbrückens, die pogener, industriell geformter Natur. vom Charakter irgendwie zwischen Neben diesen städtebaulichen Akzen- Stadt und Land anzusiedeln ist und ten sind vor allem die Standortnutzun- sich ländlicher darstellt als die Zwi- gen die prägenden Elemente der Cité schenstadt von Tom Sieverts. Die Be- der Industriekultur. völkerung ist so etwas wie eine ländli- che Industriearbeiterschaft. Der Ort Die Arbeitsplätze der zukünftigen Wis- Göttelborn hat gerade 2.300 Einwoh- sensgesellschaft werden sehr viel fle- ner, 17 Vereine, aber in den vielen klei- xibler und anregender sein müssen. nen Orten im Umkreis von 15 km leben rund 150.000 Menschen. Dies gilt für die Orte, an denen die Ar- beit geleistet wird, als auch für die For- Die Stilllegung des Bergwerks hat den men, in denen Arbeit stattfindet, als Ort hart getroffen und neue Perspekti- auch für das Verhältnis des Einzelnen ven sind gefragt. Zwei sich kreuzende zu seiner Arbeit. Autobahnen, A1 und A8 mit zwei Auf- und Abfahrten und ein ehemaliger La- Veränderung darf nicht mehr für Angst gerplatz von ca. 10 ha sprechen für die vor dem Neuen stehen, sondern für die Nachnutzung als Logistikzentrum, mit Neugier auf das Unbekannte. Nicht gutem Erlös für den Grundstückseig- Gleichartigkeit, sondern Verschieden- ner. heit ist das strategische Ziel. Unterneh- men aus verschiedenen Bereichen, Neben den rd. 10 ha ehemaliger Lager- Menschen mit unterschiedlichen Vor- fläche hat der Standort noch weitere 30 stellungen und Absichten sollen zu- ha Fläche mit einem Mix aus alten und sammen- geführt werden. Die Cité, als neuen Gebäuden, allerdings in einer integrierendes Element das Ideenreich- Terrassenlage, aber mit unverkennbar, tum und Innovationen fördert, ein Ort quasi urbanen Raumsituationen. der Integrationskultur, in der die Ver- schiedenartigkeit, die andere Sicht auf die Dinge, das Fach- und Systemüber-

229 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen greifende nicht trennend, sondern neu- damit ein Stück Identität, die dann wei- gierig macht, motivierend und inspirie- ter entwickelt werden kann. rend wirkt und damit erfolgreicher ist. Identität, die wichtig ist in einer Zeit, in Dazu sind moderne Infrastrukturen, at- der die moderne Technik immer stärker traktive Angebote für vielfältige Nutzun- gesellschaftliche und betriebliche Orga- gen notwendig und eine Atmosphäre in nisations- und Lebensformen beein- der sich moderne Unternehmen und flusst. die Menschen die sie tragen, wohlfüh- len. Unabhängigkeit, Mobilität, unbe- schränkter Informationszugang und Die verlassenen Räume der Industrie- Flexibilität sind die Eigenschaften der kultur scheinen vor diesem Ansatz vor- modernen Welt. Aber auch Abhängig- dergründig eher schwierig zu sein. Auf keit, Scheinwelten und soziale Einsam- der grünen Wiese ein Innovationszen- keit können wir in ihr erkennen. trum frei zu konzipieren, liegt doch ei- gentlich viel näher. Wie wichtig ist für den zukünftigen Ein- wohner der Cité, der von seinem Ar- Am Reißbrett ein perfektes Raumgefü- beitsplatz, der geprägt ist von compu- ge aus Strassen, Plätzen und Bauflä- tergestützten, virtuellen Situationen in chen zu erdenken, ist doch viel konse- den Stadtpark der Cité geht, dieses quenter, als in vorhandene, mit Ge- Freiraumangebot? Eine ehemalige schichte aufgeladene Situationen, aus Schachthalle, in der ein Jahrhundert mehr oder weniger altem Bestand, mit lang laut tönend das Arbeitsergebnis in aller Regel nicht mehr zeitgemäßer der real und körperlich hart und gefähr- Ausstattung, eine neue Welt entstehen lich arbeitenden Bergleute zu Tage zu lassen. kam, die in Zukunft durch eine Mi- schung aus Industrieambiente, Archi- Doch warum sind diese Projekte auf der tektur und Landschaft, zu einem Raum grünen Wiese eher kühl und am Abend der Erholung und des modernen leer und Projekte in solchen Konversi- Arbeitens wird? Er könnte ihn wohltu- onsprojekten häufig voller Leben und end in die Welt zurückholen und verhin- mit Atmosphäre. Ich glaube, es liegt an dern, dass er in einer Pseudowelt ver- der eigenartigen Spannung, die diese sinkt. aufgegeben Orte aufbauen. Erhalten und verändern gleichzeitig sind die ers- Das Verhältnis von Arbeit und Wohnen, ten Gedanken derjenigen, die mit die- oder „privatem“ und „betrieblichem“ wird sen Orten konfrontiert werden. Eine sehr viel fließender sein. Der Arbeits- seltsame Kreativität in der geistigen platz wird sehr viel häufiger der Wohn- und später realen Inbesitznahme macht und Lebensplatz sein. Eine moderne sich breit. Standortentwicklung muss dieses be- rücksichtigen und entsprechende An- Vielfach muss sehr differenziert, ganz gebote machen. Projekte wie die fran- unterschiedliche Sachverhalte beach- zösische Kaserne in Tübingen zeigen tend, also integrativ gehandelt werden. dies sehr eindrucksvoll. Wir haben als Ein höchst moderner Ansatz. Es gibt ersten Neubau auf dem Grubengelände eine Bindung an die Geschichte und ein modernes Gästehaus mit der be-

230 Ressource Fläche zwischen Aufbau und Rückbau sonderen Ausstattung für das Arbeiten dards für Gewerbegebiete entspricht, in den Appartements errichtet. aber der Lebensqualität der zukünftigen Bewohner entgegenkommt. Das Ab- Auf dem Standort sind nach nur vier wassersystem wird zu einem zeitge- Jahren bereits 11 Unternehmen mit mäßen Trennsystem ausgebaut, bei über 200 Mitarbeitern angesiedelt wor- dem der alte Strang die Oberflächen- den. Unternehmen aus dem Elektro- wässer aufnimmt. Aus der Elektrowerk- und Maschinenbau, der Nano- und Me- statt wird ein modernes Büro- und Kom- dizintechnologie, der Informationstech- munikationsgebäude und die ehemali- nologie und dem Ingenieurwesen. ge Schachthalle wird zum innenliegen- den Stadtpark. Einige Vereine der Region haben dort ihr Domizil und vertragen sich hervorra- Für das Projekt werden wahrscheinli- gend mit den internationalen Künstlern che weitere 5 bis 10 Jahre benötigt, bis aus der interaktiven Medienszene, oder ein Zustand erreicht ist, nachdem die den jungen Eroberern unserer saarlän- Cité der Industriekultur sich eigenstän- dischen Hochschule der bildenden dig weiter entwickeln wird. Bis dahin Kunst. Kultur ist ein ständiger Begleiter wird der Standort aus einer Hand, aber des Projektes. Der Standort wird so mit den neuen Einwohnern geplant und Zug um Zug entwickelt. entwickelt. Die Veräußerung von Teilflä- chen wird die große Ausnahme sein. Hier wird nicht planlos abgerissen und Für das Projekt werden ca. 35 Mio. dann neu geplant, sondern das „gute EUR aus staatlichen Quellen zum Um- Alte“ weiter genutzt und dort ergänzt und Aufbau der Infrastruktur, sowie dem oder erneuert wo es gebraucht wird. Anschieben der Prozesse notwendig Das hat unter Anderem dazu geführt, sein. Der größte Feind unserer Bemü- dass eine parallele Abwicklung des hungen ist diese eigenartige Mischung Bergbaus und des planungsrechtlichen aus Ungeduld und Beharrlichkeit. und tatsächlichen Umbaus umgesetzt Strukturwandel braucht Zeit und Mut werden konnte. Und dies in einer re- und den Willen zur Veränderung und kordverdächtigen Zeit. Was sonst 10 neuen integrativen Ansätzen. Jahre braucht, ist hier nach weniger als 5 Jahren gelungen. Auch dies war ein inte- griertes Projekt und deshalb erfolgreich.

Der Bebauungsplan ist der weiterentwickelte Bauplan der ehemali- gen Grube, nur mit völ- lig neuen Zuordnungen. Die Strassen der Ver- gangenheit sind die Strassen der Zukunft, auch wenn ihre Breite zwar nicht den Stan-

231 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

5.2.2 Standortentwicklung Saxonia-Areal Freiberg

Erich Fritz, Alexander Eisenblätter

Seit der Entdeckung der Silbervor- beitung zinkhaltiger Abprodukte (1964), kommen im Jahre 1168 wurde in der Frei- einer Zinnhütte (1976) und verschiede- berger Region Erz abgebaut und verhüt- nen Nebenbetrieben wie Werkstätten, tet. Die Hüttenbetriebe befanden sich bis Anschlussbahn, Wasseraufbereitung 1945 im Eigentum des Freistaates Sach- und Neutralisationsanlage. sen. 1961 erfolgte die Gründung des ehe- maligen Bergbau- und Hüttenunter- Der Standort weist eine Fläche von ca. nehmens, dem größten Arbeitgeber der 50 ha auf, wovon ca. 30 ha die Industrie- Region. Auf Grund nicht mehr gegebe- fläche im engeren Sinne darstellten, das ner Effektivität wurde die Produktion der heißt, sie war mit industriellen Anlagen Freiberger Gruben 1969 eingestellt. bebaut oder stellte produktionswichtige Nach der Öffnung des Marktes und der Nebenflächen dar, z.B. für Umschlag, Umwandlung des Unternehmens in eine Transport oder Lagerung. 20 ha dienten Kapitalgesellschaft 1990, wurden der Ablagerung von Produktionsrests- Produktionsbereiche entflochten und toffen, dazu gehörten das Absetz- teilweise privatisiert bzw. verkauft. Auf- becken, die Haldenkomplexe und grund mangelnder Marktfähigkeit und Nebenflä-chen.Im Jahre 1991 wurde der Wirtschaftlichkeit kam es zu Schließu- Hüttenbetrieb eingestellt. Die weitere Pro- ngen von Produktionseinheiten. Die Zu- duktion von Schwefelsäure, Zink und Zinn kunft der Standorte wurde somit abhän- waren wirtschaftlich nicht mehr zu reali- gig von der Ansiedlung neuer Industrie- sieren und die vorhandenen Produktions- und Gewerbeunternehmen. Vorausset- anlagen zu erheblichen Teilen verschlis- zung hierfür waren einerseits die Nach- sen. Eine Nachnutzung der vorhandene nutzung vorhandener Produktionsan- Gebäude und Anlagen war aufgrund ih- lagen und Gebäude, andererseits aber rer Spezifik, ihrer Größe und des techni- auch die Umwandlung der Industrie- schen Zustandes nicht oder nur zu ei- brachen. nem geringen Teil möglich. Um den Standort wieder ansiedlungsfähig zu Exemplarisch für diese Entwicklung machen, wurden folgende Schritte erfor- kann die ehemalige Hütte Freiberg, das derlich: heutige Saxonia-Areal, betrachtet wer- den. Sie entstand Anfang der 50er Jahre ¾ Abriss der Altanlagen im Zuge der Entwicklung und Kom- ¾ Sicherung der Altlasten bzw. plettierung einer Schwerindustrie und Beseitigung oder wurde bis 1990 schrittweise auf- und aus- Einschränkung ökologischer gebaut. Die Hütte Freiberg bestand aus Schäden aus der einer Schwefelsäurefabrik (1959), einer Hüttenindustrie naßmetallurgischen Zinkproduktion ¾ Neuerschließung des (1960), einem Heizkraftwerk (1959), ei- Standortes ner Rückständeanlage für die Aufar- ¾ Ansiedlung von Investoren.

232 Ressource Fläche zwischen Aufbau und Rückbau

Abbildung 1: Saxonia-Areal 1989

Abbildung 2: Saxonia-Areal 2005

Diese Aufgaben waren nacheinander, Abriss der Altanlagen bzw. miteinander zu bearbeiten. Ein neuer, industriell genutzter Standort wur- Um für nachfolgende Industrien nutzba- de entwickelt. Die Gestaltung des re Flächen zur Verfügung stellen zu kön- Saxonia-Areals hat ca. 30 Mio. EUR ge- nen, wurden diese von ihrer alten Bebau- kostet, wobei ca. jeweils ein Drittel auf ung befreit, da die Mehrzahl der Gebäu- den Abriss, die Sicherung der Altlasten de und Anlagen nicht nachgenutzt wer- und die Erschließung entfallen. den konnten. Dieser Prozess begann 1992 und wurde 1995 abgeschlossen.

Die Sanierungsarbeiten erfolgten über zwei Beschäftigungsprojekte. Der Pro- zess wurde hauptsächlich unter Nutzung

233 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen der ehemaligen Mitarbeiter durchgeführt. Auf den Grundlagen der Erkundung und Zeitweise wurden in den Maßnahmen bis der historischen Nutzung wurden einzel- zu 750 Arbeitnehmer beschäftigt. ne Altlastenbereiche ausgwiesen. Dabei gibt es Teilflächen, die als nicht gefähr- Aus der alten Industrieanlage konnte al- lich einzuschätzen sind und solche, bei lein durch Abriss ein dem unberührten denen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr Boden gleicher Standort nicht hergestellt erfolgen mussten bzw. noch müssen. werden. Der Altstandort war einer noch nicht genutzten Fläche in einigen Fra- Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass gen unterlegen, nämlich was die Belas- Altlasten, wie sie in der Dimension ei- tung mit Schadstoffen oder das verblei- nes alten Hüttenstandortes auftreten, ben von Bauresten im Boden anbelangt. nicht wirklich saniert, sondern nur gesi- Bei der Nachnutzung selbst mussten chert werden können. Sanieren würde zwischen Flächenaufarbeitung und bedeuten, dass der Schadstoff vom Ort Flächennutzung Kompromisse gefunden völlig entfernt werden würde. Das ist bei werden. Maßnahmen kleinerer Dimension durch- aus möglich. Der Haldenkomplex im Altlastensicherung Saxonia-Areal hat aber beispielsweise ein Volumen von ca. 550.000 m³, das Altlasten sind Alt-Standorte oder Alt-Ab- man nicht entfernen kann. Unter Beach- lagerungen aus der vergangenen (indus- tung der Verhältnismäßigkeit der aufzu- triellen) Nutzung eines Standortes, von wendenden Kosten kann man diese Alt- denen aufgrund der Schadstoffanrei- lasten nur sichern, dass heißt, das der cherung eine Gefahr für die Schutzgüter Schadstoff nicht aus dem Boden entfernt, ausgeht. Für die Ansiedlung von Unter- sondern nur verhindert wird, dass er sich nehmen sind klare Aussagen über die ausbreitet. vorhandene Altlasten und die von ihnen Um dieses Ziel zu erreichen, genügt es, ausgehenden Gefahren von enormer wenn der Boden versiegelt wird. Bei Alt- Wichtigkeit. ablagerungen, die im Normalfall für In- vestoren nicht zu nutzen sind, wird nach Auf dem Saxonia-Areal gab es beide der der Gefährlichkeit und der aus der Alt- genannten Typen Altlasten, so das Ab- ablagerung ausgetragenen Schadstoff- setzbecken und die Halden als Altab- fracht gestaffelt eine Abdeckung bzw. lagerungen und die durch Abriss der In- Abdichtung gewählt. dustrieanlagen entsiegelten Standorte. Bei Altlasten höherer Gefährlichkeitsstufe sind entsprechend vollkommenere Sys- In einem ersten Schritt galt es, die Alt- teme zu wählen, so z.B. eine Abdichtung lasten zu erkunden, um Aussagen über mit einer Kunststoffdichtungsbahn. Das ihre Gefährlichkeit machen zu können. ist in der Hütte Freiberg mit dem Absetz- becken für Neutralisationsschlämme und Das ist bereits 1992/93 für das Saxonia- bei hochbelasteten Schlämmen aus ei- Areal allgemein getan und an speziellen nem Speicherbecken für industrielle Ab- Objekten in den folgenden Jahren fort- wässer praktiziert worden. gesetzt worden. Auf dieser Fläche wur- Ein besonderes Problem stellen Alt- den über 400 Rammkernsondierungen standorte dar, die wieder besiedelt wer- abgeteuft und über 1.300 Analysen zu den sollen. Eine vollständige Sanierung Bodenproben angefertigt. der Altstandorte würde eine komplette

234 Ressource Fläche zwischen Aufbau und Rückbau

Tiefenenttrümmerung bedeuten und ei- Besiedlung und Perspektiven nen damit verbundenen Austausch der belasteten gegen nicht belastete Böden. Erfolgreiches und nachhaltiges Flächen- Das sind Maßnahmen, die kaum zu rea- recycling im Sinne der Wiedernutz- lisieren sind. Den gleichen Effekt erzielt barkeit verbrauchter Industrieflächen man auch mit einer Bebauung der Flä- lässt sich sehr deutlich am Beispiel che. Durch den Bau von Hallen und Ge- Saxonia-Areal nachvollziehen. Hier wur- bäuden, durch die Anlage von Straßen den auf den sanierten Flächen seit 1990 und Parkplätzen erfolgt eine Versiegelung Gesamtinvestitionen in Höhe von der Bodenoberfläche und eine Unterbre- 175 Mio. EUR verwirklicht, weitere chung der Schadstoffausbreitung. Die Si- 93 Mio. EUR sind in Planung. Neue in- cherung der Altlast besteht dann in der novative Produkte und Dienstleistungen Bebauung und der Nutzung einer Fläche. lösten die nicht wettbewerbsfähigen und umweltbelastenden ab. Die Herstellung Neuerschließung von syntetischen Kraftstoffen aus Bio- masse gehört heute ebenso zum Pro- Wesentliche Voraussetzung für die er- dukt-Portfolio des Industriestandortes, neute Nutzung eines alten Standortes ist wie recy-celte Stahlwerksstäube und dessen Neuerschließung. Das Saxonia- Photovol-taikmodule. Mehr als 300 Ar- Areal hatte seine eigene Infrastruktur, beitsplätze wurden geschaffen bzw. er- Anbindungen an alle Versorgungs- und halten, weitere 235 sollen folgen. Entsorgungsnetze, eigene Straßen und eine Betriebsbahnanlage. Alle diese Net- Der aus der alten „Hütte Freiberg“ neu ze waren auf die ehemalige Produktion entstandenen Industriestandort „Saxonia zugeschnitten. Jetzt war es nötig, das -Areal“ wurde erfolgreich vermarktet. Um- gesamte Territorium in mehrere kleinere fangreiche Vorarbeiten sind dazu geleis- Flächen aufzuteilen, die für sich vollstän- tet worden. Grundlagen wurden geschaf- dig nutzbar sein müssen. Eine Erschlie- fen, dass der Verbauch neuer Flächen ßung ist immer standortindividuell, kann zu Gunsten der Revitalisierung alter aber vorhandene Elemente der alten Er- Standorte vermindert wird. schließung nutzen.

Der Beginn der Neuerschließung des Saxonia-Areals erfolgte mit dem Auftrag zur Erarbeitung eines Bebauungsplanes durch die Stadt Freiberg im Jahre 1994. Parallel dazu begannen die Arbeiten an der Erschließungsplanung. 1998 began- nen die Erschließungsarbeiten. In den Jahren bis 2001 wurden neue Straßen gebaut und sämtliche Medien neu ver- legt. Alle Baufelder konnten an die öf- fentlichen Netze angeschlossen werden und sind somit einzeln nutzbar. Einge- schlossen in die Baumaßnahmen wur- de auch die äußere infrastrukturelle An- bindung des Industriegebietes.

235 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

5.2.3 Flächenentwicklung in der Metropolregion Ruhr

Jürgen Brüggemann

Die Entwicklung ehemaliger Industrie- einige zu nennen, bildeten bald eine in- standorte in ihren Chancen- und Risiko- dustrielle Agglomeration, und aus der betrachtungen ist abhängig von den ge- bis dahin ländlichen Region wurde das sellschaftlichen und wirtschaftlichen größte Industriegebiet Deutschlands. Rahmenbedingungen der Region und Das „schwarze Gold“, die Steinkohle, von deren historischer Entwicklung. Re- war damit die Basis für Wohlstand und gionale Planung und regionale Wirt- Wachstum, nicht nur an der Ruhr, son- schaftspolitik sind ebenso einzubinden, dern in ganz Deutschland. So gab es wie die Beplanung und Entwicklung des 1960 im Ruhrgebiet 146 Bergwerke, auf einzelnen Standortes. denen 600.000 Menschen beschäftigt waren. 45 Jahre später verringerte sich Die Metropolregion Ruhr verortet sich die Anzahl der Bergwerke auf noch 7 im Westen Deutschlands, ist dessen Verbundbergwerke. Durch die Stillle- größter Verdichtungsraum und, nach gung der vielen Bergwerke sanken al- Paris und London, der drittgrößte inner- lein im Ruhrgebiet die Beschäftigten- halb der Europäischen Union. Diese zahlen im Steinkohlenbergbau im Zeit- Region erstreckt sich über eine Fläche raum 1957 bis 2005 von 600.000 auf von 4.500 Quadratkilometern. Die größ- 35.000. te Ausdehnung beträgt von Osten nach Westen ca. 100 km und von Norden Allein diesen Stellenabbau so sozial- nach Süden ca. 45 km. Insgesamt lie- verträglich zu gestalten, dass keine so- gen im Ruhrgebiet 53 selbstständige zialen Unruhen hervorgerufen, keine ge- Gemeinden und es leben dort etwa 5,5 sellschaftlichen Brüche erzeugt wur- Mio. Einwohner. den, dafür war eine konzertierte Kraft- anstrengung von Politik, Gesellschaft Zu Beginn der Industrialisierung 1840 und dem Bergbaubetreiber, der RAG war die Region ländlich geprägt, mit AG, notwendig. In verschiedenen Ruhr- dörflichem Charakter und kleineren gebietskonferenzen haben sich Politik, Städten wie Essen und Dortmund. Die Gewerkschaften, die Europäische Uni- damals rund 500.000 Bewohner lebten on, die damalige BRD, das Land NRW, von der Land- und Forstwirtschaft und die Kommunen und die RAG AG den vom Handel. Lediglich am Südrand, im Herausforderungen gestellt und ge- Flusstal der Ruhr, wo die Steinkohle meinsam Lösungswege entwickelt. unter der Tagesoberfläche liegt, gab es Spezielle Förderprogramme der Betei- seit dem Mittelalter im kleineren Um- ligten wurden bereitgestellt, so dass fang Steinkohlebergbau. Mit der Indus- der Strukturwandel, der nicht nur die trialisierung und der Entwicklung des Entwicklung der Region, sondern auch Bergbaus wuchs die Bevölkerung auf zahlreiche Umschulungs- und Qualifi- ca. 6 Mio. Einwohner. Die schnell zierungsmaßnahmen von Bergleuten in wachsenden Städte wie Duisburg, andere Berufe umfasste, erfolgreich Oberhausen, Castrop-Rauxel, um nur durchgeführt werden konnte.

236 Ressource Fläche zwischen Aufbau und Rückbau

Der eingeleitete Strukturwandel war nur bergrechtlichen Festsetzungen des mit einem hohen Maß an Innovation Bundesberggesetzes, die die Sicher- umzusetzen. So war es konsequent, stellung der Wiedernutzung fordern und dass das Land NRW in einer gezielten den Schutz vor Gefahren für Leben und Aktion im Ruhrgebiet neue Universitä- Gesundheit nach Einstellung des Be- ten und Technologiezentren gründete triebes verlangen, geben den rechtli- bzw. initiierte. Mit der Ruhruniversität chen Rahmen dazu. Die Normierungen Bochum, die 1964 gebaut wurde, be- des Bundesbaugesetzes liefern den gann für die Bundesrepublik Deutsch- bauplanungsrechtlichen Rahmen. land ein einmaliger Gründungsboom. Heute gibt es im Ruhrgebiet insgesamt Die Umsetzung erfolgt durch die Mon- 6 Universitäten und 8 Fachhochschulen tan-Grundstücksgesellschaft mbH mit insgesamt 170.000 Studierenden. (MGG), einem Unternehmen im Ver- Außerdem wurden 30 Technologie- und bund der RAG Immobilien AG. Von Gründerzentren eingerichtet, zum Teil 1969 bis heute hat die MGG rund 9.000 auf ehemaligen Bergbaustandorten und ha ehemalige Bergbauflächen einer mit Unterstützung der RAG AG. Nachfolgenutzung zur Verfügung ge- stellt. Aktuell befinden sich 2.400 ha Die erste große Betriebsansiedlung au- ehemalige Industrieflächen in der Ent- ßerhalb des Bergbaus und der Stahlin- wicklung, die von Gewerbe- und Hand- dustrie im Ruhrgebiet leistete das Au- werksgebieten zu Logistikzentren über tomobilunternehmen Opel in Bochum. Wohngebiete bis hin zu integrierter Auf den ehemaligen Zechen Stadtteilentwicklungen geht. Damit er- Dannenbaum und Bruchstraße wurden möglichte das Unternehmen vielfältige die Werke I und II von 1960 – 1962 er- Nutzungen auf den reaktivierten Flä- baut. Heute beschäftigt Opel etwa chen. Ein Beispiel für die erfolgreiche 8.000 Mitarbeiter in den Werken I – III. Arbeit der MGG in enger Partnerschaft Sie liegen auf einer Gesamtfläche von mit der Thyssen Krupp Real Estate ist 120 ha im Innenstadtbereich von im Bereich der Logistik die Ansiedlung Bochum. Ein weiteres, auch internatio- von IKEA auf dem GVZ Ellinghausen in nal bekanntes Projekt, war das CentrO Dortmund. Auf einer ehemaligen Lager- Oberhausen mit der angegliederten fläche für Kokskohle der Dortmunder Landesgartenschau. Auf einem ehema- Zechen mit einer Größe von 200 ha ent- ligen Stahlwerksgelände wurden auf ei- stand seit 2001 das erste Distributions- ner Grundstücksfläche von 143 ha hier zentrum des Möbelriesen für den nord- 70.000 m² Verkaufsfläche entwickelt. In europäischen Raum. Des Weiteren er- dieser nach neuesten Gesichtspunkten richtete die MGG im Jahr 1993 auf dem erstellten Mall konnten 160 Geschäfte Gelände der ehemaligen Schachtanla- eröffnet werden, die aktuell 4.000 Ar- ge Rheinpreussen in Moers das Tech- beitsplätze sichern. nologie- und Gründerzentrum Eurotec in einer Größenordnung von 3.450 m² Die RAG AG selbst unterstützt den Nutzfläche. Dort bieten kleine und mit- Strukturwandel im Ruhrgebiet bis heute telständische Betriebe ihre Dienstleis- durch eine aktive Flächenentwicklungs- tungen in einem historischen Gebäude politik. Mit der Aufgabe eines Bergwer- mit modernem Ambiente an. kes wird unmittelbar die Reaktivierung des Standortes angegangen. Die

237 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Kraft und Dynamik der Regi- on. Diese Projekte erfordern ein Unternehmen, das sich der Verpflichtung des Struk- turwandels bewusst ist. Dies bedeutet letztendlich, dass es den Anforderungen der Projekte durch kontinu- ierliche Methoden und Pro- zesse gerecht wird.

Von einer Liegenschaftsver- waltungsgesellschaft hat sich die MGG zu einem mo- dernen projekt- und prozess- orientierten Unternehmen entwickelt. Die veränderten Abbildung 1: Stadtteilzentrum Mont-Cenis mit gesellschaftlichen Rahmen- Fortbildungsakademie in Herne bedingungen mit kürzeren Immobilien- zyklen, kurzfristigen technologisch Die Entwicklung eines integrierten Veränderungen und einer Globalisie- Stadtteils gelang auf der Fläche der rung der Märkte erfordern ein schnel- ehemaligen Schachtanlage Mont-Cenis les, marktorientiertes Handeln und ein in Herne. Dieses Bergwerk wurde von Unternehmen, das sich den veränder- 1871 bis 1976 betrieben und nach der ten Prozessen schnell anpassen kann. Stilllegung vollständig abgerissen. Auf Es stellte sich als notwendig heraus, der 50 ha großen Fläche konnte ein völ- die Sanierungsverfahren und Flächen- lig neuer Stadtteil entstehen, der infra- entwicklungen zu bündeln, um aufein- strukturell durch ein Einkaufszentrum, ander abgestimmt Projekte erfolgreich einen Kindergarten, ein Altersheim und zu realisieren. Die Projektidee, die am durch die Ausbildungsakademie des In- Anfang jeder Entwicklung steht, wird nenministeriums NRW versorgt wird. systematisch in der Produktentwick- Mit der exzellenten Architektur ist die lung erarbeitet und mit den Kenntnis- Akademie die herausragende Nutzung sen einer ersten Bewertung der Sanie- am Standort, die dem belasteten Stadt- rungsvoraussetzung abgeglichen. Nut- teil neue Symbolkraft gibt. Ein dachin- zungskonzepte werden mit der Gefähr- tegriertes Solarkraftwerk mit einer Leis- dungsabschätzung abgestimmt. Das tung von 1,2 Mio. Megawatt sowie ein notwendige Bauplanungsrecht wird in Metangaskraftwerk bilden ein innovati- Einklang mit dem Sanierungsplan ge- ves Energieverbundkonzept für den bracht. Mit der Zusammenführung der Standort. Mietwohnungen und Häuser unternehmerischen Teilbereiche Bau- für familienfreundliches Wohnen runden grundsanierung, Grundstücksaufberei- den Nutzungsmix auf dem ehemaligen tung und Erschließung in die inhaltliche Bergbaustandort ab. Organisationsstruktur der MGG war der letzte erforderliche Schritt zu einem in- So sind diese gelungenen Strukturwan- tegrierten Vorgehen in der Flächenent- delprojekte schöne Beispiele für die wicklung getan. Das Marketing des

238 Ressource Fläche zwischen Aufbau und Rückbau

Unternehmens erarbeitet darüber hin- aus strategische Entwicklungskonzep- te, die in die Produktentwicklung einflie- ßen und dem eigenen Vertrieb die Si- cherheit für die Marktakzeptanz geben.

Dieses Vorgehen unterstützt eine Un- ternehmensstruktur, die in Center-Off- Kompetenz, Zukunfts-, Portfolio- und Ingenieurwerkstatt die Rahmenbedin- gungen schafft, um erfolgreiche Flä- chenentwicklung durchführen zu kön- nen. Da der Markt eine regionale Prä- senz erfordert, ist die MGG konsequent den Weg der Regionalisierung gegan- gen. Im Jahr 2006 hat das Unterneh- men 5 Regionalbüros von Westfalen über das Rheinland bis nach Saarbrü- cken eingerichtet, in denen das Know- how der Werkstätten durch entspre- chendes Projektmanagement vor Ort gebündelt wird. Durch diese Form wer- den nicht nur die planerischen Kompe- Abbildung 2: Hammerkopfturm mit integrier- tenzen zusammengefasst, sondern tem Bürogebäude auf Minster Stein, Dortmund auch das Know-how fokussiert, um Projekte zielorientiert durchzuführen. Der kontinuierliche Strukturwandel Das Unternehmen MGG kommt damit schafft sinnbildlich „Leuchttürme“, die den Forderungen verschiedener interna- durch die ehemaligen Fördertürme der tionaler Untersuchungen nach, eine op- Bergwerke symbolisiert werden. Be- timale Organisation bei Projekten der sondere Ikonen sind daher die Förder- Flächenentwicklung und beim Rede- türme der Schachtanlage Zollverein in velopment von Brownfields zu gewähr- Essen (die zum Weltkulturerbe Zollver- leisten. Das vielfältige fachliche Know- ein gehören), der zu Büros umgebaute how bringt die MGG durch ihre markt- Förderturm Minister Achenbach in orientiere Organisation strukturiert und Lünen und der sog. Hammerkopfturm zielgerichtet in die Projekte ein. Dem Minister Stein in Dortmund mit einem strategischen Portfoliomanagement innovativen Bürokomplex über den Dä- schließlich kommt die Aufgabe zu, ei- chern von Dortmund. nen Rahmen zu schaffen, in dem ein Grundbesitz von 14.000 ha erfolgreich zu managen ist.

239 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

240 6 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen – akteursspezifische Handlungsempfehlungen

6.1 Brauchen wir eine Bundesstrategie zur Wiedernutzung gebrauchter Flächen?

6.2 Ansätze und akteursspezifische Handlungsempfehlungen zum Umgang mit brachliegenden Flächen

6.3 Zusammenfassende Thesen und Ausblick

Im nachfolgenden Kapitel werden für die verschiedenen Akteure der öffentlichen Hand im Prozess des Flächenrecyclings in Stadtumbauregionen Handlungsem- pfehlungen für den nachhaltigen Umgang mit der Ressource Boden unterbreitet. Diese erheben dabei nicht den Anspruch der Vollständigkeit, sondern sollen als Denkanstöße zur Umsetzung des angestrebten Ziels der Reduzierung der Flächen- inanspruchnahme beitragen.

Die wesentlichen Inhalte der vorangestellten Beiträge des Fachbuches zeigen, dass es im Hinblick auf Herangehensweisen zum Flächenrecycling bzw. Flächenma- nagement eine große Anzahl von Erfahrungen gibt, welche für die kommunale Praxis im Rahmen des Stadtumbaus von Bedeutung sein können. Auf Grund der jeweils regional- und projektspezifischen Rahmenbedingungen sind die nachfolgenden Empfehlungen nur in den seltensten Fällen direkt übertragbar. Sie müssen an die konkrete Standortsituation bzw. die vorhandenen Randbedingungen angepasst werden.

Gegenstand des abschließenden Ausblickes ist das Aufzeigen der zukünftigen Forschungsfelder sowie alternativer Strategien für nachhaltige Flächenentwicklungen.

241 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

6.1 Brauchen wir eine Bundesstrategie zur Wiedernutzung gebrauchter Flächen? Michael Hanke

Das Brachfallen von Standorten und de- Nachteilen in angrenzenden Bereichen ren mittel- und langfristige Mindernut- verbunden. zung steht unter volkswirtschaftlichen Gesichtpunkten kostenseitig im direk- Beispielsweise steht die Entfernungs- ten Zusammenhang mit der Inan- pauschale im direkten Zusammenhang spruchnahme der „Grünen Wiese“ und mit der räumlichen Flexibilität der Be- den damit einhergehenden zusätzli- schäftigten, welche nicht selten ge- chen Erschließungsaufwendungen so- zwungen sind zur Erhaltung des Ar- wie Versiegelungen. Diese Mehrkosten beitsplatzes längere Anfahrtswege in werden in nicht unerheblichem Maße Kauf zu nehmen. von der Allgemeinheit getragen. Die Verringerung bzw. Vermeidung dieses Inwieweit sich die jetzt beschlossene finanziellen Schadens erfordert die In- Abschaffung der Eigenheimzulage auf tensivierung der Revitalisierung vorhan- den Flächenverbrauch auswirkt bleibt dener Brachen. Mit Hilfe der Boden- abzuwarten. Vor dem Hintergrund der Wert-Bilanz können die diesbezügli- Altersvorsorge, welche gegenwärtig von chen ökonomischen Effekte am jeweili- Immobilienvermögen geprägt wird, ist gen konkreten Beispiel verdeutlicht die Entwicklung alternativer Finanzie- werden (vgl. Kapitel 3.1.3 i. d. B.). Frag- rungsformen notwendig und deren Ef- lich ist, welche Instrumente und Strate- fekte auf die Schaffung von Immobilien- gien seitens des Bundes zur Reduzie- eigentum zu untersuchen. rung der Flächeninanspruchnahme und Instrumente zur flächenbezogenen zur In-Wertsetzung von Brachflächen Steuerung von Investitionen beitragen können. Durch die Gewährung von Fördermitteln Instrumente zur Reduzierung der für Investitionen sowie für den Ausbau Flächeninanspruchnahme der Infrastruktur werden finanzielle An- In den vergangenen Jahren standen reize geschaffen, welche hinsichtlich insbesondere finanzielle Anreize zur der Standortentscheidungen potenziel- Reduzierung der Flächeninanspruch- ler Investoren eine Lenkungsfunktion nahme im Mittelpunkt der Diskussion. ausüben sollen. Auf Grund der knapper Neben der Eigenheimzulage und der werdenden Mittel und wegen der fehlen- Entfernungspauschale hat die Grund- den Flächennachfrage müssen die vor- steuer als fiskalischer Faktor unmittel- handenen Förderprogramme auf deren baren Einfluss auf Investitionsentschei- Wirksamkeit hin überprüft und ange- dungen. Die Auswirkungen der Ab- passt werden. schaffung von Zulagen bzw. die Erhö- Von Seiten der Kommunen wird an den hung oder Anpassung von diversen Bund die Forderung erhoben, dass Steuern, mit dem Ziel des Flächen- durch eine veränderte Förderpolitik die sparens, sind komplexer Natur und mit

242 Akteursspezifische Handlungsempfehlungen

Aktivitäten für privates Eigentum er- Aktivitäten zum Flächenmanagement leichtert und preisliche Nachteile der in- unterstützen. nerstädtischen Bereiche gegenüber dem Umland vermindert werden. Das Die Umsetzung des kommunalen Flä- Steuerrecht muss Innenstädte attrakti- chenmanagements unter Berücksichti- ver werden lassen und ein heilsamer gung von Flächenrecyclingvorhaben Druck sollte Grundstückspreise in In- kann unter Nutzung der Instrumente der nenstadtlagen regulieren bzw. vermin- Städtebauförderung und der entspre- dern helfen, so dass dadurch Altimmo- chenden Programme durchgeführt wer- bilien marktgängiger werden. den. Für Schrumpfungsprozesse ist eine Anpassung und Neuentwicklung Zusätzlich vorhandene Risiken aus der der Instrumente der Regional- und Vornutzung von Grundstücken stellen Stadtentwicklung erforderlich. ein Haupthemmnis zu deren Wieder- nutzung dar. Die Einrichtung eines Ga- Bundesstrategie zur Wiedernut- rantiefonds zur finanziellen Absiche- zung gebrauchter Flächen rung von Restrisiken für Investoren kann deren Engagement auf Brachflä- In zahlreichen Forschungsprojekten chen verstärken. Ein solcher Garantie- wurden die umwelt- und städtebauli- fonds könnte durch eine Abgabe auf die chen Aspekte von Flächenrecyclingpro- Neuinanspruchnahme von grüner Wie- zessen untersucht. Als deren Ergebnis se refinanziert werden. existieren diverse Instrumente, Informa- tionen und Erfahrungsberichte, welche Instrumente für ein nachhaltiges durch die handelnden Akteure in der Flächenmanagement Praxis Anwendung finden bzw. zukünf- tig von Bedeutung sein können. Der Die Handlungs- bzw. Einflussmöglich- nachhaltige Umgang mit der Ressource keiten des Bundes bestehen in der Boden und die damit verbundene Ziel- Schaffung der Grundlagen, dass ein stellung der Reduzierung des Flächen- Wettbewerb beim Flächenmanagement verbrauchs auf 30 ha pro Tag erfordert zwischen den Gemeinden nach allge- eine interdisziplinäre, zuständigkeits- meingültigen Maßstäben erfolgen und ressortübergreifende Zusammenar- kann. Es ist hierfür notwendig für eine beit aller Beteiligten am Prozess vom bundeseinheitlich enge Auslegung der Flächenrecycling zum Flächenma- bestehenden rechtlichen Bestimmun- nagement. gen zu sorgen, wobei angeregt wird, die zahlreichen relevanten rechtlichen Be- Dem Bund kommt hierbei die Rolle der stimmungen bei Flächenrecyclingvor- Setzung von Rahmenbedingungen in haben zu vereinfachen, um dadurch Form von gesetzlichen Grundlagen so- eine Beschleunigung von Flächenrecy- wie die Initiierung von Förderpro- clingmaßnahmen zu erreichen. grammen für Forschung und Entwick- lung, Verbesserung der Infrastruktur Grundsätzlich kann der Bund bei der und Investitionen zu. Für Ent- Realisierung von eigenen Bau-Projek- scheidungsfindungen ist das Vorhan- ten eine Vorreiterrolle übernehmen und densein einer verlässlichen Daten- mit Modell- und Forschungsvorhaben grundlage entscheidend. Die zielgerich- tete Zusammenführung und Aufberei-

243 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen tung der Informationen aus den ver- Schwerpunkt der wissenschaftlichen schiedenen Quellen im Rahmen von Untersuchungen im Rahmen von Forschungstätigkeiten stellt eine koor- REFINA. dinierende Aufgabe des Bundes dar. Im Mittelpunkt der zukünftigen For- Vor dem Hintergrund der regionalen schungsaktivitäten im Bereich der Verantwortlichkeit für den planerischen nachhaltigen Entwicklung der Städte Umgang mit der Fläche ergeben sich und ländlichen Räume sollten die nach- für den Bund die bereits oben genann- folgenden Schwerpunkte stehen: ten nachfolgenden Handlungsfelder: ¾ Eruierung von Instrumenten zur ¾ Stärkung der interkommunalen und Steuerung und Förderung von regionalen Kooperationen Stadtteilentwicklungen - Stadtum- bauregionen ¾ Ausbau des Flächenmonitorings ¾ Ermittlung und Begründung von ¾ Bündelung in einem regionalen Flä- sinnvollen Rückbau- und Umbau- chenmanagement. maßnahmen bei Flächenrecycling- vorhaben - Bewertungskriterien Mit dem bereits vorgestellten Förderprogramm „Forschung für die Re- ¾ Strategien zur Beherrschung der duzierung der Flächeninanspruchnah- ökologischen und technischen Ri- me und ein nachhaltiges Flächenma- siken beim Flächenrecycling und nagement“ (REFINA), welches auf eine Stadtumbau - Risikomanagement interministerielle Initiative zurückzufüh- ren ist, wird die interdisziplinäre Heran- ¾ flexible Konzepte für die Ausrich- gehensweise von Seiten des Bundes tung der Infrastruktur an der demo- verdeutlicht. Gegenstand des umfas- grafischen Entwicklung - Kostenre- senden Förderprogramms sind: duzierung

¾ beispielhafte Modellkonzepte eines ¾ Erhaltung des gesellschaftlichen innovativen Flächenmanagements Gemeinsinns im Zusammenhang für ausgewählte Regionen unter un- mit den Bestrebungen zur Ansied- terschiedlichen Entwicklungsbe- lung von Unternehmen - Nutzenop- dingungen timierung

¾ Analysen, Methoden und Bewer- ¾ Kriterien zur Beurteilung von inves- tungsansätze für ein nachhaltiges tiven Förderungen unter Berück- Flächenmanagement und Flächen- sichtigung volkswirtschaftlicher As- recycling pekte - Gesamtwirtschaftlichkeit

¾ Entwicklung neuer Informations- ¾ Chancen und Risiken von PPP-Mo- und Kommunikationsstrukturen dellen bei Stadtumbau- und Flä- chenrecyclingvorhaben – Prozess- Neben Konzepten zur Revitalisierung organisation und Finanzierung. von Baulücken und brachliegenden Flä- chen ist der städtebauliche Umgang Im Rahmen der Podiumsdiskussion mit Brachflächen der Zukunft ein des im Anhang dokumentierten Work-

244 Akteursspezifische Handlungsempfehlungen shops wurde die Notwendigkeit einer Bundesstrategie zur Wiedernutzung gebrauchter Flächen interministeriell und mit Praktikern erörtert. Im Ergebnis kann zusammenfassend festgehalten werden, dass zur Erreichung des ange- strebten Zieles zur nachhaltigen Redu- zierung des Flächenverbrauchs eine Bundesstrategie notwendig ist. Dabei steht die Schaffung der entsprechen- den Rahmenbedingungen bei Vermei- dung von Überregulierungen im Mittel- punkt. Die Komplexität der Aufgaben- stellungen bedingt eine frühzeitige Be- teiligung aller handelnden Akteure.

Der Prozess des Flächenrecyclings in Stadtumbauregionen erfordert eine mit- tel- und langfristige Betrachtungsweise zur Lösung der anstehenden Aufgaben. Die Umsetzung bzw. Realisierung der Maßnahmen benötigt entsprechend viel Zeit, oder mit anderen Worten „einen langen Atem“.

245 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

6.2 Ansätze und akteursspezifische Handlungsempfehlungen zum Umgang mit brachliegenden Flächen

Volker Schrenk

Die zentrale Frage beim Flächenrecyc- Landesspezifische Ansätze ling in Stadtumbauregionen ist die Verknüpfung von städtebaulichen In- Auf Landesebene haben die Erfahrun- strumenten und Mechanismen des Flä- gen in einigen Bundesländern gezeigt, chenrecyclings mit dem Ziel der Ver- dass es hilfreich ist, verbindliche Ziele besserung der Marktfähigkeit der be- zum Flächensparen festzulegen. Ein troffenen Flächen. In Abhängigkeit von Beispiel hierfür ist dabei das Land Thü- den Nachnutzungspotenzialen, welche ringen mit der Verankerung der Gebote maßgeblich von der aktuellen Nachfra- des Flächensparens und der Nachnut- gesituation, den lagespezifischen Fak- zung von Brachflächen im Landesent- toren und der Vornutzung beeinflusst wicklungsplan 2004. Baden-Württem- werden, kommen drei Strategien zum berg hat in seinem Umweltplan die Ver- Umgang mit brachliegenden Flächen in minderung der Flächeninanspruchnah- Betracht: me als ein Ziel formuliert.

¾ Entwicklung (Zwischennutzung) Um das Thema des Flächensparens auf Länderebene zu transportieren, hat ¾ Renaturierung sich die Einrichtung von speziell ge- schaffenen Förderprogrammen (z. B. in ¾ Liegen lassen. Thüringen das Innenstadtförderpro- gramm „Genial zentral“) und Wettbe- In den kommenden Jahrzehnten wird werben bewährt, die die Wiedernutzung die Notwendigkeit des nachhaltigen von Brachflächen unterstützen sollen. Stadtumbaus infolge der sich abzeich- Darüber hinaus kommt der Durchfüh- nenden demographischen Entwicklung rung von Modellprojekten eine wichtige mit einem Rückgang der Bevölkerung Bedeutung zu, um damit die Möglich- an Bedeutung gewinnen. Dabei werden keiten und Chancen der Innenentwick- auch Regionen betroffen sein, die lung aufzuzeigen und Entscheidungs- bisher noch nicht mit den Problemen träger für das Flächenrecycling zu ge- eines großflächigen Brachfallens von winnen. Flächen zu tun hatten. Es ist daher wichtig, frühzeitig die in den bisherigen Beispiele für wichtige Modellvorhaben Problemregionen gewonnenen Erfah- auf Länderebene sind die Projekte rungen zu nutzen, diese durch beglei- „Kommunales Flächenmanagement“ in tende Forschungsvorhaben zu optimie- Baden-Württemberg bzw. „Kommuna- ren, um dadurch den zukünftigen Her- les Flächenressourcenmanagement“ in ausforderungen gewachsen zu sein. Bayern, bei denen die entwickelten Strategien modellhaft in ausgewählten Kommunen angewendet wurden. Die im Rahmen dieser Vorhaben entstan- denen Arbeitshilfen geben den Kommu-

246 Akteursspezifische Handlungsempfehlungen nen konkrete Hinweise und Hilfestellun- Verwaltungsaufgabe ist. Wichtig ist die gen, wie sie einen haushälterischen Überzeugung der politischen Mandats- und sparsamen Umgang mit Flächen träger und der Öffentlichkeit. Dies wird realisieren können. Dabei werden u. a. als eine der wichtigsten Aufgaben der Themen der Einrichtung von Brachflä- nächsten Jahre betrachtet. In vielen chenkatastern, der Wiedernutzung von Fällen ist bei der Bevölkerung noch Brachen und Baulücken sowie der Bo- kein Problembewusstsein ausgebildet. denentsiegelung angesprochen. Die Mit einer verstärkten Aufklärungsarbeit Hinweise in diesen Arbeitshilfen sind sollte es gelingen, den Bürgern, aber auch ohne Probleme in anderen Bun- auch den Kommunen, die Vorteile einer desländern anwendbar. In Bayern wer- verstärkten Innenentwicklung aufzuzei- den mittlerweile „Best Practice“-Bei- gen. Beispiele für eine Öffentlichkeits- spiele zum Flächenressourcenma- arbeit mit breiter Wirkung stellen die nagement gesammelt, aufbereitet und Aktionsbündnisse zum „Flächen gewin- im Internet auf der Seite http:// nen“ in Baden-Württemberg oder „Flä- www.boden.bayern.de präsentiert. chensparen“ in Bayern dar. In den Akti- onsbündnissen sind zahlreiche gesell- Zukünftig können auch die Möglichkei- schaftlich relevante Gruppen in diesen ten der Nutzung des Naturschutzrechts Bundesländern involviert, und dadurch bei der Brachflächenrevitalisierung eine erfährt das Thema eine entsprechende verstärkte Rolle spielen. Ein Beispiel Aufmerksamkeit. hierfür ist die Bildung von Flächen- und Maßnahmenpools zur Bündelung von Kommunale Herangehensweisen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und dabei die Bildung von lokalen Öko- Auf kommunaler Ebene ist Flächenma- konten, bei denen Brachflächen be- nagement ein Thema, dass zahlreiche rücksichtigt werden. Dies geschieht verschiedene Ämter betrifft. Eine bereits in Thüringen. Grundvoraussetzung für entsprechende Maßnahmen ist daher ein Beschluss Die Förderung einer Zusammenarbeit des Gemeinderats zur Realisierung von zwischen Nachbar-Kommunen, z. B. Flächenmanagementmaßnahmen, so bei der Ausweisung von interkommuna- dass auf dieser Grundlage die Arbeiten len Gewerbegebieten, stellt einen zu- aller zu beteiligenden Institutionen und nehmend wichtiger werdenden Ansatz Ämter zielorientiert in diese Richtung dar, der von Seiten der Länder unter- führen. Erfahrungen haben dabei ge- stützt werden kann. zeigt, dass neben der Einbindung der relevanten Akteure (Eigentümer, Nach- Auf Landesebene hat sich gezeigt, frager, Kapitalgeber, Versorgungsunter- dass ein Überblick zu vorhandenen nehmen) eine intensive Öffentlichkeits- Brachflächenpotenzialen ein zentrales arbeit und die Anregung privaten Enga- Instrument und damit wichtige Grundla- gements erforderlich und nützlich sind. ge für ein konsequentes Flächenma- nagement darstellt. Die im Zusammenhang mit einem Flä- chenmanagement zu realisierenden Die Erfahrungen der letzten Jahre ma- Entwicklungskonzepte der Kommunen chen deutlich, dass Flächenmanage- müssen in Stadtumbauregionen an den ment mehr als eine reine Planungs- und Schrumpfungsprozess angepasst wer-

247 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen den, um so die sich ergebenden Poten- Einbeziehung der Anwohner, erarbeitet ziale nutzen zu können. Es muss dabei und realisiert werden müssen. auch vermittelt werden, dass eine Stadt mit weniger Menschen, weniger Ver- Für ein Flächenmanagement ist das waltung, weniger Einrichtungen gleich- Wissen um die vorhandenen Flächen- wohl hohe Anforderungen an Administ- potenziale eine wichtige Vorausset- ration und Lebensqualität erfüllen kann. zung. Hierzu zählen u. a. innerörtliche Brachflächen, Baulücken und unterge- Für ein kommunales Flächenmanage- nutzte Grundstücke. Für diese Flächen ment, das mehr als das alleinige Flä- ist es wichtig, möglichst umfassend - chenrecycling ist, sollten nach einer re- insbesondere auch im Hinblick auf alistischen Positionsbestimmung städ- Nachnutzungsmöglichkeiten - die rele- tebauliche Visionen formuliert werden, vanten Daten zu erheben. Die zu erhe- die z. B. den Erhalt historischer Gebäu- benden Informationen gehen dabei über de und die Herstellung landschaftlicher die reinen altlastenbezogenen Flächen- Ankerpunkte beinhalten können. Hierzu informationen weit hinaus und sollten gehört auch, dass neue städtebauliche auch bauplanungsrechtliche Daten um- Impulse teilräumlich gesetzt werden. fassen. Dies sollte auch vor dem Hinter- Die zahlreichen aufgeführten Beispiele grund geschehen, dass dadurch für po- zeigen, dass durch ein Flächenma- tenzielle Investoren wichtige Angaben nagement auch Qualitätsstandards für verfügbar sind, so dass deren Engage- eine nachhaltige Innenentwicklung rea- ment erleichtert wird. Die Informationen lisiert werden können. Hierzu gehören sollten in Form eines Brachflächenka- z. B. die Mischung von Wohnen und Ar- tasters oder in der Form von Flächen- beiten, die Stärkung zentraler Standor- pässen anwendungsorientiert aufberei- te und des Umfeldes von S- und tet sein. Auch eine Präsentation im U-Bahnhöfen, eine optimale städtebau- Internet kann die Vermarktung der erho- liche Dichte, eine starke Durchgrünung benen Bauflächenpotenziale unterstüt- und eine hohe Qualität der Gestaltung zen. Eine Grundvoraussetzung für ein öffentlicher Räume. gutes Datenmanagement ist die Aktua- lität der Daten. Hier müssen Wege ge- Beispiele für realisierte Flächenrecyc- funden werden, solche Erhebungen mit lingvorhaben haben gezeigt, dass sich einem vertretbaren Zeit- und Kostenauf- im Innenbereich auf entsprechenden wand durchzuführen. Brachflächen die Nutzungsform „Woh- nen“ gut realisieren lässt, während sich Einer Kommune kann bei Flächenrecy- für eine Gewerbeansiedlung die Stand- clingvorhaben unterschiedliche Rollen orteigenschaften im Innenbereich meist zukommen, z. B. die eines Vermittlers: als problematisch erweisen. Neben Sie muss zwischen den verschiedenen Wohnen lässt sich auch die Nutzung Interessen von Grundstückseigentü- von Brachflächen und Baulücken als mern und Investoren vermitteln. Grünflächen gut realisieren. Allerdings Andererseits können durch kommuna- geraten Kommunen zunehmend in fi- les Engagement auch Revitalisierungs- nanzielle Schwierigkeiten bei der Pfle- projekte initiiert werden, insbesondere ge dieser Flächen, so dass hier neue auf Standorten, die aufgrund ihrer Lage Unterhaltungskonzepte, z. B. unter für einen Investor nicht direkt interes- sant sind. Für diese Flächen sind z. B.

248 Akteursspezifische Handlungsempfehlungen

PPP-Modelle denkbar. Für solche Vor- jektes gefunden werden. Dabei muss haben, aber auch generell für die Zu- das Projekt selbst und das Umfeld be- sammenarbeit mit privaten Investoren, rücksichtigt werden. ist es hilfreich, dass diesen ein großes Maß an Planungssicherheit angeboten Es wird infolge fehlender bzw. zurück- werden kann und Entscheidungswege gehender Nachfrage bei vielen nicht und –zeiten kurz gehalten werden. Bei- mehr marktgängigen Brachflächen er- spiele haben auch gezeigt, dass sich forderlich, diese zu renaturieren oder ein finanzielles Engagement einer einer Grünflächennutzung zuzuführen. Kommune durch die Schaffung neuer Wie solche Grünordnungskonzepte, Arbeitsplätze, einer besseren Auslas- z. T. unter Einbeziehung der Anwohner, tung von Infrastruktur und einem höhe- realisiert werden können, ist in einigen ren Steueraufkommen unter gesamt- Vorhaben dokumentiert. Mit solchen wirtschaftlichen Aspekten auszahlen Maßnahmen kann es zu einer Aufwer- kann. tung von städtischen Quartieren, einer Verbesserung des Images und Lebens- Ein anderes Instrument um die Wieder- qualität, bei niedrigen entstehenden nutzung einer Brachfläche zu initiieren Kosten kommen. stellt ein Start-Up-Plan Brachfläche dar, mit dem in kurzer und kompakter Die sich im Rahmen des Stadtumbaus Form z. B. eine Idee für die Wiedernut- ergebenden Freiflächenpotenziale müs- zung einer Brachfläche dargestellt wer- sen zukünftig stärker als Chance er- den kann, um mögliche Investoren zu kannt werden. Der Wandel, der sich auf gewinnen. die Stadt- und Landschaftsgestalt aus- wirkt, wird enorm sein. So kann Rück- Auch eine verstärkte Innenentwicklung bau und Renaturierung innerhalb städ- macht stellenweise eine Neuauswei- tebaulicher oder freiräumlicher Um- sung von Flächen auf der grünen Wiese baustrategien liegen, genauso wie in erforderlich. Allerdings sollte im Vorfeld forst-, landwirtschaftliche oder natur- geprüft werden, welche Kosten dabei schutzfachliche Entwicklungen einge- wirklich entstehen (sogenannte „Kos- gliedert sein. Das Renaturierungspo- tenwahrheit“). Bei der Alternative der tenzial sollte als Wertschöpfungspo- Entwicklung einer Brachfläche kann mit tenzial erkannt und eingesetzt werden. der Boden-Wert-Bilanz ein monetärer Vergleich zwischen der Entwicklung Handlungsempfehlungen der grünen Wiese und der Revitalisie- rung einer Brachfläche gezogen wer- ¾ Die sozialen und ökonomischen den. Komponenten des Flächenver- brauchs müssen verstärkt unter- Um die Nachhaltigkeit von Maßnahmen sucht und publiziert werden – Stär- zum Flächenrecycling bewerten zu kung der Bewusstseinsbildung. können, gibt es zwischenzeitlich auch ein entsprechendes Instrument. Für ¾ Regionale Planungsverbände beru- dieses gelten allerdings keine standort- hen heute ausschließlich auf dem unabhängigen Indikatoren, sondern es Grundsatz der Freiwilligkeit. Hier müssen die Indikatoren im jeweiligen sind alternative Organisationsfor- Kontext des zu untersuchenden Pro- men unter Berücksichtigung der je-

249 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

weiligen Interessenlagen notwen- dig.

¾ Eine kritische Analyse des realen Bedarfs an der Ausweisung von Wohnbauflächen und Gewerbeflä- chen ist zwingend unter regionalen Aspekten erforderlich.

¾ Die Gewährleistung der Finanzie- rung der vorbereitenden Maßnah- men zur Brachflächenentwicklung muss langfristig sichergestellt wer- den.

¾ Der Abriss von leer stehenden Ge- bäuden führt zwar zur Perforierung der Städte. „Landschaft in die Stadt holen“ ist andererseits aber ein po- sitiver Ansatz zu ihrem Erhalt durch Aufwertung des städtischen Umfeldes.

¾ Zur Belebung der Innenstädte muss die öffentliche Hand auch als Investor tätig werden. Dies ist bei der gegenwärtigen Haushaltslage in vielen Kommunen kaum reali- sierbar.

250 Akteursspezifische Handlungsempfehlungen

6.3 Zusammenfassende Thesen und Ausblick

In den einzelnen Fachbeiträgen wurde ¾ Entwicklung von Umsetzungsstra- der aktuelle Stand der Forschung und tegien als zukünftiger Forschungs- die Anwendung von Instrumenten zum schwerpunkt Flächenrecycling sowie des Stadtum- baus aufgezeigt. ¾ geringere Vermarktungschancen durch zusätzliche Risiken der Die den einzelnen Kapiteln vorstehen- Brachflächen den Thesen werden nachfolgend nochmals stichpunktartig aufgelistet. ¾ Revitalisierung ohne öffentliche Förderung kaum möglich Thesen – Flächenrecycling in Stadt- umbauregionen: ¾ Regional- und einzelfallspezifischer Umgang mit der Ressource Fläche ¾ Setzung des politischen Rahmen von Bund und Ländern notwendig ¾ Schrumpfungsprozesse als beson- dere Herausforderung an den ¾ Sicherung der Finanzierbarkeit der Stadtumbau In-Wertsetzung erforderlich ¾ intelligentes Flächenmanagement ¾ Erfordernis der Interdisziplinarität als Bestandteil der nachhaltigen zur Erlangung einer Flächeneffizi- Entwicklung verstehen. enz Die Komplexität der Aufgabenstellun- ¾ Stadtbild als Standortvorteil nutzen gen beim Flächenrecycling in Stadtum- bauregionen resultiert letztlich aus den ¾ Konzentration der Förderung auf verschiedenen Interessenlagen der be- Wachstumskerne teiligten Akteure. Zu nennen sind hier die Grundstückseigentümer, die Stand- ¾ kommunales Flächenmanagement ortentwickler, die Investoren, die öffent- als Voraussetzung für eine nach- liche Hand sowie die Anwohner (Bürger haltige Flächennutzung bzw. Bürgerinnen).

¾ Anwendung der vorhandenen In- Es zeigt sich, dass das Thema der Flä- strumente von Interessenlage der cheninanspruchnahme und die sich einzelnen Akteure abhängig daraus ergebenden Konsequenzen in Fachkreisen unumstritten sind, aber ¾ Bildung von Netzwerke für syste- bei Bürgern und den politischen Ent- matische Herangehensweise erfor- scheidungsträgern noch nicht mit der derlich dem Thema angemessene Bedeutung ¾ Informationsdefizite sind Hemmnis wahrgenommen wird. Hier wird zukünf- zum Flächenrecycling tig eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit zur Schaffung eines besseren Problem-

251 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen bewusstseins dringend erforderlich ¾ Verknüpfung der stadtplanerischen sein. Belange mit Fragen der Entwick- lung von Brachflächen mit Hilfe von Zukünftige Handlungsfelder für ein Brachflächenkatastern und/oder nachhaltiges Flächenrecycling in Flächenpässen. Stadtumbauregionen Das Vorhandensein einer regionalen Die Erhaltung bzw. Stärkung der Wirtschaftspolitik ist Voraussetzung Funktionalität der Städte und Gemein- für ein regionales Flächenmanagement. den bildet die Basis zur langfristigen Für die praktische Umsetzung müssen Sicherung der Daseinsvorsorge. Zur einfache Lösungen im partnerschaft- Gewährleistung der Finanzierbarkeit lichen Dialog gefunden werden. Dabei der damit verbundenen Aufgaben, wie geht es um „Weniger Planung und mehr der Bereitstellung der benötigten Infra- Beteiligung“, was einem Paradigmen- struktur, müssen die knapper werden- wechsel in der Stadtentwicklung gleich den Mittel effektiver eingesetzt werden. kommt. Die vorhandene Infrastruktur muss bes- ser ausgelastet und an die neuen Ge- Städtebauliche Lösungsansätze: gebenheiten angepasst werden. ¾ Einführung einer Flächenkreislauf- Vor dem Hintergrund der vorhandenen wirtschaft zusätzlichen Risiken bei der Entwick- lung von Brachflächen steht die Herstel- ¾ Regionale Flächenpoollösungen – lung der Chancengleichheit mit der grü- Ausgleich der Eingriffe über Öko- nen Wiese im Zentrum der Bestrebun- konten gen. Der dafür erforderliche Entwick- lungsvorlauf benötigt eine langfristig ¾ zentrale Vermarktung der Flächen ausgerichtete Finanzierung. Die Schaf- über Vermittlungsagenturen. fung der entsprechenden Organisati- Durch die Struktur bedingte Entstehung ons- und Finanzierungsmodelle ist neuer Brachflächen wird sich der Hand- insbesondere im Zusammenhang mit lungsdruck für eine nachhaltige Stadt- der fehlenden Flächennachfrage eine entwicklung weiter erhöhen. Es sind zukunftsweisende Aufgabe. daher Strategien zur Vermeidung des Neben den in diesem Fachbuch vorge- Brachfallens zu entwickeln. Durch die stellten Instrumenten kommen für das Inanspruchnahme von Rückstellungen Flächenrecycling in Stadtumbauregio- könnte die Finanzierung der Anpas- nen die nachfolgenden Lösungsansät- sung der Flächen für Nachnutzungen ze in Betracht: sichergestellt werden.

Planungsseitige Lösungsansätze: Nachnutzungsbezogene Lösungs- ansätze: ¾ Initiierung von regionalen Planungs- verbünden durch fiskalische Anrei- ¾ Landschaft in die Stadt holen ze ¾ Gründung von Stadtteilgenossen- schaften

¾ „Mietfabriken“

252 Akteursspezifische Handlungsempfehlungen

Die Bewusstseinsbildung bei den betei- Es bleibt allerdings festzustellen, dass ligten Akteuren zum effizienten Um- es kein Patentrezept bzw. keine Ideal- gang mit der Ressource Fläche kann lösung für alle Anwendungsfälle geben durch das Aufzeigen der vorhandenen kann, sondern stets eine einzelfallbe- Aufwertungspotenziale gestärkt wer- zogene Lösung von den handelnden den. Die dafür erforderliche Informati- Akteuren partnerschaftlich anzustreben onsbeschaffung und Bereitstellung ist. muss bezüglich der verschiedenen Inte- ressenlagen zielgerichtet erfolgen. Auf Gegenstand der Beiträge des Fachbu- Eigeninitiative beruhende Zwischennut- ches waren die planerischen und um- zungen sind ein viel versprechender weltspezifischen Fragestellungen des Beitrag zur Aufwertung der betroffenen Flächenrecyclings in Stadtumbauregio- Stadtteile. nen. Es bleibt weiteren Untersuchun- gen und Publikationen vorbehalten Unter fiskalischen Gesichtpunkten be- insbesondere die investorenseitigen darf es differenzierter Förderstrategien bzw. wirtschaftlichen Aspekte sowie in Abhängigkeit von lagespezifischen die Wechselwirkungen der unterschied- Faktoren und möglicher Nachnutzungs- lichen Instrumente hinsichtlich der Er- szenarien. Durch das Instrument einer reichung der angestrebten Ziele zu be- so genannten Brachflächenabgabe bei trachten. der Inanspruchnahme von grüner Wiese könnte ein Anreiz zur Wiedernutzung von Brachen geschaffen werden. Die Wirksamkeit eines derartigen Instru- mentes sollte vor deren Einführung modellhaft geprüft werden.

Die Festsetzung der Sanierungsziele muss sich zukünftig weiter an der Nachnutzung und der Bezahlbarkeit des Umweltschutzes orientieren. Ein hilfreiches Instrument ist diesbezüglich die Altlastenfreistellung, wodurch eine finanzielle Entlastung der Investitionen und eine langfristige Planungssicher- heit gewährleistet werden kann.

Unter volkswirtschaftlichen Gesichts- punkten muss der Prozess des Flä- chenrecyclings in Stadtumbauregionen einer gesamtwirtschaftlichen Betrach- tungsweise unterzogen werden. Ziel ist die Findung von Lösungen, welche eine verursachungsgerechte Kostenvertei- lung und einen entsprechenden Risiko- transfer ermöglichen.

253 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

254 Anhang

Dokumentation Workshop – MehrWert für Mensch und Stadt: Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

1 Kurzbericht Workshop

2 Einbettung

3 Grußworte

4 Workshopprogramm

5 Ergebnisdokumentation

6 Teilnehmerverzeichnis

Autorenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

255 256 Anhang

Kurzericht Workshop

Gina Siegel, János Brenner

In der kreativen Atmosphäre der zur punkt REFINA insbesondere auf regio- Technischen Universität entwickelten nale und innerstädtische Konzepte, und durch umwelttechnologische Inno- Flächenrecycling und Konversion, Bo- vationen bekannten Bergakademie denfunktion, ökologische Konzepte Freiberg fand im September 2005 ein und die Flächeninanspruchnahme in Workshop zum Thema „Flächenrecyc- schrumpfenden Regionen. ling in Stadtumbauregionen“ statt. Der Die Brachflächenproblematik hat in den Workshop wurde vom BMVBS, BMU, neuen Ländern beträchtliche Dimensio- BMBFsowie dem BBR und dem UBA in nen: nach den Worten von Staatssekre- Zusammenarbeit mit dem CiF e.V. ver- tär Albrecht Buttolo (Sächsisches anstaltet. Das Thema ist nach wie vor Staatsministerium des Innern) gibt es aktuell: zwar ist die tägliche Inan- in Sachsen ca. 18.000 ha Brachflä- spruchnahme von Flächen für Sied- chen, hiervon ca. 7.000 ha innerstäd- lungs- und Verkehrszwecke von 131 ha tisch; allein die frühere Textilindustrie im Jahr 2000 auf 115 ha (2001 - 2004) habe 59 % (!) der Gewerbebrachen hin- zurückgegangen, dies dürfte jedoch nur terlassen. Ziel sei die Nutzung von 40 zum Teil den Anstrengungen um eine % der gewerblichen Innenstadtbrachen nachhaltige Entwicklung zuzuschrei- für Grünflächen, der Rest soll überwie- ben sein und ist zudem immer noch gend für Industrie und Gewerbe wieder meilenweit entfernt vom „30-ha-Ziel“ der genutzt werden. Staatssekretär Bundesregierung. Der Workshop diente Christian Juckenack (Umweltministeri- dem Ziel, Methoden und Praxisbeispie- um Thüringen) berichtete, für etwa die le aufzuzeigen, die helfen, diesem Ziel Hälfte der rd. 12.000 ha Brachflächen in näher zu kommen. Thüringen sei keine intensive Neunut- zung vorgesehen, da sie überwiegend Eckhard Bergmann vom BBR wies dar- am Siedlungsrand gelegen und auf hin, dass die Kreislaufwirtschaft im insbesondere für Ausgleichsmaßnah- Umgang mit Werkstoffen bei der Indus- men geeignet seien. trie längst etabliert sei und stellte die Die Vertreter des BMVBS legten dar, (eher rhetorische) Frage, warum dies dass der Strukturwandel in den neuen denn beim Umgang mit der Fläche Ländern nicht nur zum Wohnungsleer- nicht möglich sei. Ziel sei bei der Flä- stand geführt, sondern auch Grundstü- cheninanspruchnahme ein Verhältnis cke freigesetzt habe, die vorher für in- von Innen- zu Außenentwicklung von dustrielle, verkehrliche, militärische 3 : 1. Uwe Taeger vom BMU plädierte Zwecke oder für die soziale Infrastruk- für Preissignale an die Kommunen, um tur (Kindergärten, Schulen) genutzt das 30-ha-Ziel zu erreichen, z.B. über wurden. In Zukunft ginge es daher auch den kommunalen Finanzausgleich. um die Nutzung dieser Brachen. Die Nach dem Bericht von Karl Wollin kon- Bundesregierung habe im Jahr 2001 zentriert sich der BMBF-Förderschwer- mit ihrem Beschluss zum Programm

257 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Stadtumbau Ost die Problemlösung of- von Indikatoren vorgestellt, die potenti- fensiv angepackt. Kernpunkte des Pro- ellen Investoren einen schnellen Über- gramms seien die Erarbeitung von inte- blick über die Chancen ermöglichen grierten städtebaulichen Entwicklungs- sollten, welche die jewilige Fläche bie- konzepten, Maßnahmen zum Rückbau tet. leer stehender Wohngebäude sowie Grob vereinfacht kann als allgemeine Maßnahmen zur Aufwertung von Stadt- Erkenntnis gelten, dass bei der Wieder- quartieren, jeweils auf der Grundlage einführung von insbesondere früher ge- der städtebaulichen Entwicklungskon- werblich genutzten Brachflächen in den zepte. Für den Zeitraum 2002 bis 2009 Flächenkreislauf weniger Fragen der stünden insgesamt rd. 2,5 Mrd. EUR technischen Aufbereitung der Flächen zur Verfügung (Bund, Länder und Ge- (z.B. Altlastenbeseitigung), sondern meinden), von denen allein die Bundes- Fragen des zunehmend schwierigeren regierung rd. 1,02 Mrd. EUR bereitstel- Umgangs mit den immer wenigeren und le. Aus der bisherigen Umsetzung des anspruchsvolleren Investoren die Programms ergebe sich die Erkennt- Hauptrolle spielen. Dass bei einem nis, dass das Leitbild der kompakten schlüssigen Konzept und hinreichen- Stadt auch und gerade für den Stadt- dem finanziellen „Polster“ in der Anlauf- umbau Ost eine hohe Plausibilität phase durchaus die erfolgreiche An- habe. Die Stadt, die von innen nach siedlung innovativer Betriebe möglich außen gewachsen sei, vollziehe wieder ist, wurde gerade am Beispiel des eine Kontraktion nach innen. Dies sei Saxonia-Geländes in Freiberg und Mul- nicht nur unter dem Aspekt des Flä- dental demonstriert. Gelegentlich chenrecycling und der Begrenzung kommt auch die öffentliche Hand als der Suburbanisierung wünschenswert, Folgenutzer von Brachflächen in Be- auch der Zwang zum wirtschaftlichen tracht. Chancen bieten sich anderer- Betrieb kommunaler Infrastruktur übe seits bei der städtebaulich sinnvollen erheblichen Druck auf alle Beteiligten in Arrondierung von Grünflächen unter Richtung einer kompakten Stadtent- Einbeziehung von Brachgrundstücken wicklung aus. (so z.B. eine in Dresden verfolgte Stra- tegie). Der Workshop hat erneut ver- Die Raumentwicklung gestaltet das deutlicht, wie wichtig es ist, dass sich bereits genannte 30-ha-Ziel aktiv mit. die Kommunen über integrierte städte- Ein besonderes Anliegen ist es, den bauliche Entwicklungskonzepte ein aktuellen Informationsaustausch mit Leitbild ihrer Zukunft verschaffen, das den unterschiedlichen Beteiligten und ihnen auch ein strategisch sinnvolles Akteuren zu fördern. Weitere Work- Flächenmanagement ermöglicht. Der shops sind für 2006 und 2007 in Pla- gemeinsame Informationsaustausch nung, sie sollen sich mit unterschiedli- auf dem Workshop hat gezeigt, mit wel- chen Themenschwerpunkten befassen cher Komplexität das Flächennut- wie z. B. mit den „Kosten der Flächen- zungsthema weiter entwickelt werden nutzung vor dem Hintergrund der demo- muss. grafischen Entwicklung in Deutsch- land“. Auf der instrumentellen Ebene wurden Ansätze wie ein „Start-up-Plan“ und ein Flächenpass mit jeweils einem Satz

258 Anhang

Einbettung Workshop

Herbert Klapperich

Das Konferenzthema „MehrWert für gen wie beispielsweise die demographi- Stadt & Mensch“ zielt auf Prioritäten- sche Entwicklung und der gesellschaft- setzung von Stadtumbau unter Ein- liche Wandel mit der Veränderung sozi- schluss der Potentiale von Brachen - aler Strukturen damit wird unterstrichen und betont: Brachenentwicklung im städtebauli- Förderung dieser Entwicklung mit poli- chen Kontext heißt immer: Chancen tischer Zielvorgabe der Reduktion des ergreifen und nutzen mit offenen Raum- Grünlandverbrauchs durch den Rat für definitionen und angebotsorientierter nachhaltige Entwicklung, Bundesregie- Struktur. rung, Länderebene alles mit dem Ziel: Sensibilisierung und Umsetzung von Neue Wege in Partnerschaften wie und durch Kommunen mit ihrer Pla- Bauherrenverbund im für das Projekt nungshoheit. vorteilhaftem Miteinander mit der Stadt oder beispielsweise abgestufte Einbe- Neues Wohnen in den Städten, Bauen ziehung von Investoren bis hin zu im Bestand, Industrieansiedlung und inzwischen „klassischen“ PPP-Model- Mischformen mit vielen positiven Bei- len - wie in Infrastrukturprojekten auch spielen der Umwandlung von Industrie- bei uns in Deutschland etabliert. arealen und Konversionsflächen geben den Rahmen für erfolgreiches Flächen- Das Thema der Konferenz setzt sich recycling vor. zunehmend in der Praxis durch - inter- national, aber eben auch in Deutsch- Spannende Fragestellungen sind auch land mit Beispielen in Gemeinden, Krei- in der Kopplung von Anforderungsprofi- sen und Städten mit unterschiedlichs- len zu sehen wie ten Vorzeichen:

¾ zukunftsweisende Wohnformen ¾ hier: schrumpfende Stadt/Region (z. B. Lausitz) ¾ Gestaltung des Alltages in urba- nem Wohnen ¾ dort: Großstadt mit Wachstumspo- tential (z. B. Köln). ¾ Ökologie & Nachhaltigkeit. Natürlich ist es auch Gegenstand von Entwickelte Instrumente von Planung, Forschungsaktivitäten wie beispiels- Sanierung, Projektorganisation wie weise in unserem CiF e. V. (Freiberg, z. B. mit Entwicklungsgesellschaften Berlin & Aachen). bis hin zu Finanzierungsmodellen und vielen mehr werden in den Vorträgen Beides wird durch zahlreiche Initiativen und Workshop-Arbeiten präsentiert re- der Veranstalter stark gefördert. spektive diskutiert unter Einschluss re- levanter Rand- und Rahmenbedingun-

259 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Das Thema ist komplex und immer mehr „Fachfamilien“ und Berufsverbän- de befassen sich hiermit.

Daher haben wir gerne als Organisati- onsteam die Durchführung der Konfe- renz „MehrWert für Mensch und Stadt: Flächenrecycling in Stadtumbauregio- nen - Strategien, innovative Instrumente und Perspektiven für das Flächenrecyc- ling und die städtebauliche Erneuerung“ hier in Freiberg/Sachsen übernommen:

CiF e. V. Freiberg im Umfeld unserer TU Bergakademie Freiberg tätig - in Forschung und Dienstleistung

SAXONIA GmbH Beteiligungsgesellschaft der Stadt und des Landkreises Freiberg - selbst Standortentwickler mit breitem Aktivi- tätsspektrum reconsite-TTI GmbH eine Ausgründung aus der Versuchs- einrichtung zur Grundwasser- und Alt- lastensanierung - VEGAS, Universität Stuttgart

260 Anhang

Grußwort

Prof. Dr. Carsten Drebenstadt Prorektor für Forschung der TU Bergakademie Freiberg

Mit der Entscheidung, den Workshop Schließung von Industrieanlagen sowie „MehrWert für Mensch und Stadt: Flä- der Auslagerung von neuen Wohnge- chenrecycling in Stadtumbauregioen“ bieten an den Stadtrand, sodass ein in Freiberg durchzuführen, haben die Wohnraumüberschuss existiert und die Veranstalter eine kluge Entscheidung Innenstadt verwaist. Auf der anderen getroffen. Zum einen, weil der Standort Seite gibt es große Anstrengungen, selbst ein gutes Beispiel für die Anfor- Wirtschaft am Standort zu halten und derungen und Ergebnisse der Nachnut- neu anzusiedeln. Als Beispiel für den zung insbesondere industrieller Bra- recht erfolgreichen Strukturwandel sein chen ist und zum anderen, weil am die Entwicklung Freibergs zum führen- Standort Freiberg eine hohe Fachkom- den Halbleiterstandorts Europas er- petenz für die damit verbundenen Pro- wähnt. Die neuen Investitionen befinden zesse existiert. sich auf alten Industriebrachen. Somit ist die Ausgangslage für den Workshop Zum Standort: Freiberg ist als Berg- an Problemkreisen in Freiberg umfas- und Hüttenstandort seit mehr als 800 send präsent. Jahren bekannt. Bergbau und Hütten- wesen sind Industriezweige, die einen Zur Kompetenz: Bereits 1713 machte großen Flächenbedarf haben, nicht nur sich der Freiberger Berghauptmann für Anlagen und Gebäude, sondern Carl von Carlowitz (höchster Beamter auch für Abraum- und Rückstandshal- des Berg- und Hüttenwesens in Sach- den, die zig Millionen m³ ausmachen. sen) über die Auswirkungen seiner In- Des Weiteren sind mit dem Berg- und dustrie Gedanken. Um weiterhin dafür Hüttenwesen Kontaminationen über zu Sorgen, dass auch künftig Geld in den Luft-, Wasser- und Bodenpfad ver- die Staatskassen gespült wird, und das bunden. Zunächst aus Unkenntnis der war sein Hauptmandat, formulierte er Ursachen und Wirkungen überhaupt als erster den Gedanken der sowie der fehlenden technischen Lö- Nachhaltigkeit, bezogen auf den Roh- sungen, später aus wirtschaftlichen stoff Holz, der zum Ausbau unter Tage, Zwängen heraus. Neben Flächenbedarf als Konstruktionsmaterial für Maschi- und Umweltproblemen zogen Bergbau nen und als Energiebasis für die und Hütten aber auch Arbeitskräfte an Schmelzöfen benötigt wurde. In seinem und machten Wohnungsbau und Stadt- Buch „Über die Ökonomie des Waldes“ entwicklung notwendig. Einst außer- formuliert er den bis heute gültigen halb der Stadt gelegene Industrieanla- Nachhaltigkeitsgedanken, im Sinne der gen liegen nun mitten drin. Um den his- Nutzung heute unter Beachtung der torischen Altstadtkern entstanden Neu- Auswirkungen auf Morgen. Als weiterer bausiedlungen und weitere Industriean- Beweis einer frühzeitigen Beschäfti- lagen. Auch Freiberg unterliegt heute gung mit den Umweltauswirkungen einer hohen Arbeitslosigkeit und der sein Prof. Winkler genannt, der nicht Abwanderung von Menschen durch nur das Element Germanium in

261 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Freiberger Erzen entdeckte, sondern dem das Thema Revitalisierung von vor über 120 Jahren auch die erste Brachen als Arbeitsgruppe mit Vertre- Rauchgasentschwefelungsanlage kon- tern aus Behörden, Unternehmen und zipierte und einsetzte. In dieser Traditi- Hochschule ebenfalls vertreten ist und on ist die Verbindung von Industrie und das länderübergreifende Unesco Welt- Umweltschutz als integraler Bestand- erbe Projekt „Montanregion Erzgebir- teil in Ausbildung und Forschung in ge“. In Letzterem spielen Fragen der Freiberg besonders ausgeprägt. Ein Parallelität von erhalten und entwickeln weiteres, daraus erkennbares Merkmal von Lebens-, Natur- und Wirtschafts- für Freiberg ist die enge Verbindung raum eine große Rolle. zwischen Wirtschaft, Hochschule, Stadt und Verwaltungen. Für die Teilnehmer des Workshops wird es Gelegenheit geben, sich mit der Si- Traditionell forscht und lehrt die Techni- tuation, den Ergebnisse und den noch sche Universität Freiberg auf den Ge- offenen Fragen des Brachflächenrecyc- bieten der Geowissenschaften/Geoin- lings in Freiberg durch Befahrungen ver- genieurwesen und der daraus entsprin- traut zu machen. Ich wünsche den Teil- genden Energie bzw. dem Material. nehmern für den Workshop viele neue Dies geschieht auf der Grundlage einer Ideen, Eindrücke und Kontakte. Die TU mathematisch-naturwissenschaftlichen Bergakademie Freiberg ist gerne Ihr Durchdringung, der Kompetenz bei Pro- Gastgeber und würde sich über weiter- zessen und Maschinen sowie unter der führende Projekte sehr freuen. Nutzen Beachtung ökonomischer und ökologi- Sie unsere Kompetenz. scher Gesichtspunkte.

Bezogen auf das Thema Brachflächen- recycling wurde auf Grund der vorge- Glück auf! nannten Standortbedingungen an der Universität ein Kompetenzzentrum ein- Prof. Dr. Carsten Drebenstedt gerichtet, dass sich mit den techni- Prorektor Forschung schen, rechtlichen und wirtschaftlichen Technische Universität Bergakademie Aspekten der Sanierung und Nachnut- Freiberg zung von Brachflächen beschäftigt. Au- ßeruniversitär besteht dieses Kompe- tenzzentrum als CiF e.V. unter Hinzu- ziehung der regionalen Kompetenz, u.a. der SAXONIA Standortentwick- lungs- und -verwaltungsgesellschaft mbH. Beide genannten Institutionen ha- ben sich um die Austragung des Work- shops in Freiberg erfolgreich beworben und diesen vorbereitet.

Zu den übergeordneten Rahmen in Frei- berg für das Thema des Workshops sind vor allem der Geokompetenz- zentrum Freiberg e.V. zu nennen, in

262 Anhang

Grußwort

Dr. Uta Rensch Oberbürgermeisterin der Universitätsstadt Freiberg

Hoch erfreut möchte ich zu Beginn fest- chenrecycling beschäftigen. Die Stadt stellen, dass es den Organisatoren vom Freiberg verfolgt dieses Prinzip seit vie- Kompetenzzentrum für Interdisziplinä- len Jahren und hat sich aus diesem res Flächenrecycling e.V. gemeinsam Grund auch in jüngster Zeit für die Be- mit der SAXONIA Standortentwick- teiligung am Pilotprojekt „Flächenma- lungsgesellschaft gelungen ist, vier nagement“ beworben. Gemeinsam mit Bundesministerien nach Freiberg zu den sächsischen Städten Chemnitz holen und mit deren Experten und wei- und Brand-Erbisdorf wurde Freiberg teren Spezialisten aus Theorie und Pra- ausgewählt, dieses kommunale Flä- xis ein Symposium zu veranstalten un- chenmanagement als Pilotprojekt zu ter dem Titel „Mehr Wert für Mensch bearbeiten. und Stadt – Flächenrecycling in Stadt- umbauregionen“. Ich darf Sie alle in un- Meine sehr geehrten Damen und Her- serer Universitäts- und Bergstadt Frei- ren, Freiberg kann im kommenden Jahr berg auf das Herzlichste willkommen auf eine 820-jährige Stadtgeschichte heißen und Sie zur Wahl dieses Ta- zurückblicken. gungsortes beglückwünschen, denn viele Gründe sprechen für den Standort Noch viel länger ist es her, dass auf un- Freiberg in Verbindung mit dem Ta- serem Territorium nach Erz geschürft gungsmotto. Ein ganz schlagkräftiges wurde, denn unsere Stadt entstand aus ist der Mitausrichter, die SAXONIA dem ehemaligen Christiansdorf, einer GmbH: Denn diese Gesellschaft wurde Siedlung von Bergleuten, die dem gro- gemeinsam vom Landkreis und der ßen „Berggeschrey“ gefolgt waren. Stadt Freiberg gegründet zur Revitali- Konnten die ersten Silbererzadern nahe sierung und Altlastenbeseitigung einer der Oberfläche gefunden werden, so Industriebrache, d. h. eines ehemaligen musste später immer tiefer in den Berg Hüttenstandortes. eingedrungen werden, und der Erzanteil wurde mit der Zeit geringer. Im Verlauf Dass und in welcher Qualität dieses der Jahrhunderte wurden ebenso Bleier- Projekt erfolgreich abgeschlossen wer- ze und Zinnerze abgebaut. Parallel den konnte, werden Sie im weiteren dazu entwickelte sich eine Hüttenin- Verlauf selbst beurteilen können. dustrie, die logischerweise nahe den Schächten ihre Produktionsstätten Noch immer werden in Deutschland pro baute, um Transportwege zu minimie- Tag Flächen von der Größe mehrerer ren. Und so wurden seit Jahrhunderten Fußballfelder bebaut und dabei handelt durch die bei der Verhüttung anfallen- es sich um Flächen, die landläufig als den flüchtigen Gase und Stäube die grüne Wiese bezeichnet werden. Aus Böden in und um Freiberg sehr stark diesem Grund halte ich es für dringend mit Arsen, Antimon und Cadmium kon- geboten, dass sich die Fachleute mit taminiert, wobei diese Aufzählung nicht dem Thema Flächenverbrauch und Flä- abschließend ist. Dass unter diesen

263 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Bedingungen ein Flächenrecycling kann ich positive Beispiele vermelden. nicht einfach ist, das werden Sie als Auf private Initiative der Geschäftslei- Fachleute verstehen, dafür haben die tung wurde auf dem ursprünglichen Fa- deutschen Gesetze die Latte sehr hoch brikgelände einer Gerberei, einer Leder- gelegt. verarbeitung und einer Wäscherei die so genannte „Gerberpassage“ geschaf- Dass unter diesen schwierigen Bedin- fen, ein Areal, das sich gut in die gungen ein Flächenrecycling möglich kleinteilige Bebauung der Altstadt ein- ist, hat die SAXONIA Standortentwick- passt und nun zum Kaufen und Bum- lungsgesellschaft, die ich bereits ein- meln und zum Gaststättenbesuch ein- gangs erwähnte, bewiesen. Ein ehema- lädt. Unwei davon ist es gelungen, den liger Hüttenstandort, an dem sowohl Schönberg’schen Hof, der früher von ei- eine Zinkhütte, eine Zinnhütte und eine nem volkseigenen Betrieb als Produkti- Schwefelsäurefabrikation über mehrere onsstätte für Lederbekleidung und Le- Jahrzehnte produzierten, wurde revitali- derhandschuhe genutzt wurde, wieder siert und inzwischen durch neue Pro- der eigentlichen, sprich: der Wohnnut- duktionsstätten so gut ausgelastet, zung in Form von Studentenapparte- dass nur noch ein Baufeld zu vergeben ments zuzuführen. Zusätzlich entstan- ist. Aber ich denke, dass Ihnen der Ge- den Räume für eine Buchhandlung und schäftsführer Herr Fritz das gesamte eine Gaststätte und das gesamte Dom- Vorhaben noch näher erläutern wird. viertel konnte damit aufgewertet wer- den. Nicht minder stolz kann die Stadt Frei- berg auf die Entwicklung des Gewerbe- Lassen Sie mich noch auf die größte gebietes Süd sein. Auf dem Gelände gegenwärtig laufende Revitalisierungs- eines ursprünglich als Reserve- und Er- maßnahme eingehen, die Sanierung weiterungsfläche des VEB Spurenme- des Schlosses Freudenstein, welches talle gedachten Areals - einer so ge- damit für die spätere Nutzung durch die nannten Großbaustelle des Sozialis- Bergakademie Freiberg für eine bedeu- mus - konnte durch die Stadt Freiberg tende Mineralogische Sammlung und die komplette Erschließung realisiert als neuer Sitz des Sächsischen Berg- werden. Unmittelbar danach wurde das archivs vorbereitet wird. Gewerbegebiet für die Ansiedlung neuer innovativ tätiger Firmen genutzt. Das Schloss Freudenstein wurde über Heute sind in diesem Gebiet die Jahrhunderte weniger für repräsentative Siltronic AG, die Freiberger Compound Zwecke, sondern als Speicher und Ma- Materials GmbH und die Deutsche So- gazin genutzt. Für den dringend not- lar AG mit Tochterunternehmen tätig – wendigen Ersatzbau für das Sächsi- um nur einige Firmen zu nennen. sche Bergarchiv war bereits ein Baufeld auf der Freiberger Schülerwiese vorge- Es war besonders wichtig, unmittelbar sehen und die Vorplanung in vollem nach 1990 solche brachliegenden Flä- Gange. Dann gelang es unter Mitwir- chen zu nutzen und für Investoren be- kung dreier sächsischer Ministerien, reit zu stellen. der Stadt Freiberg und den beiden spä- teren Nutzern (TU Bergakademie und Aber auch unmittelbar im Zentrum der Sächsisches Bergarchiv) das gemein- Stadt, in unserem Altstadtbereich, same Projekt Schloss Freudenstein auf

264 Anhang den Weg zu bringen, und auch hier Grundstücke zu kommen, die entweder kann man getrost von einer Revitalisie- noch der TLG gehören oder inzwischen rung sprechen. Wir freuen uns alle auf in Privathand abgegeben wurden. das Jahr 2008, wenn nach Fertigstel- lung der Arbeiten die neuen Nutzer ein- Dort wünschte ich mir günstige, d. h. ziehen, und erwarten dadurch einen Vorzugskaufbedingungen für die Kom- großen Aufschwung für die Freiberger munen, denn die Realität beweist, dass Innenstadt. Bereits jetzt werden mit andernfalls die Entwicklung über viele EFRE-Fördermitteln Begleitprojekte in Jahre blockiert und das Erscheinungs- der Altstadt realisiert. bild der Stadt dadurch auf keinen Fall aufgewertet wird. Der Freiberger Stadtrat, die Verwaltung und die Städtische Wohnungsgesell- Meine sehr geehrten Damen und Her- schaft beschäftigen sich seit Monaten ren, ich wünsche dem Symposium ei- intensiv mit dem Projekt Stadtumbau nen erfolgreichen Verlauf und grüße Sie Ost. Es ist dabei vorgesehen, 1.000 alle Wohnungen vom Markt zu nehmen, d. h. abzureißen, was ebenfalls mit mit einem herzlichen Glück auf! Fördermitteln unterstützt werden soll. Die dabei frei werdenden Flächen sollen in der überwiegenden Zahl der Fälle für Dr. Uta Rensch eine kleinteilige Bebauung vorgesehen Oberbürgermeisterin werden. Je nach dem Charakter des je- Universitätsstadt Freiberg weiligen Stadtgebietes können dies Stadtvillen, Siedlungshäuschen oder Reihenhäuser sein. So wird auch durch diese Maßnahme eine Bevorratung mit Baugrundstücken für bauwillige Bürger geschaffen und der Neubau auf der grü- nen Wiese verhindert.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe versucht, Ihnen einige Beispiele zu schildern, welche Anstrengungen die Stadt Freiberg unternimmt, um Flä- chenrecycling und Revitalisierung durchzuführen, damit die so genannte grüne Wiese auch grün bleiben kann. Dabei soll nicht unbemerkt bleiben, dass es in der Stadt Freiberg weitere Brachen gäbe – größtenteils handelt es sich dabei um Standorte ehemaliger volkseigener Betriebe – solche Brachen hätten durchaus zwischenzeitlich von der Stadt Freiberg entwickelt werden können, wenn es nicht so ungeheuer schwierig wäre, in den Besitz dieser

265 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

266 Anhang

Grußwort

Volker Uhlig Landrat des Kreises Freiberg

Sehr geehrte Damen und Herren, prozesssteuernden und -koordinieren- den Institution. Zu diesem Zweck über- ich begrüße Sie recht im Landkreis nahmen der Landkreis und die große Freiberg und beglückwünsche die Or- Kreisstadt Freiberg 1997 die Gesell- ganisatoren zur Wahl des Standortes. schaft SAXONIA mit der Zielstellung, Denn erfolgreiches und nachhaltiges das Altlastenprojekt fortzuführen, die Flächenrecycling im Sinne der Wieder- Entwicklung der Industrieflächen voran- nutzbarkeit verbrauchter Industrieflä- zutreiben und somit Wirtschaftsförde- chen lässt sich insbesondere am Bei- rung für die Region zu leisten. spiel der SAXONIA nachvollziehen. Heute lässt sich konstatieren: dass Vor welchem Problem stand man sich die Methoden der Beteiligungsge- 1990? sellschaft bewährten:

Das Areal, auf dem wir uns hier befin- ¾ der Verkauf von Bestandsflächen den, war gekennzeichnet sowohl vom und -anlagen an Investoren und Altbergbau als auch von einer äußerst Übertragung aller das Grundstück intensiven Bewirtschaftung in der DDR, betreffenden Erfordernisse an den bei der Umweltschutz nur eine unterge- Investor ordnete Rolle spielte. ¾ der Verkauf nach teilweiser Ent- Die aus dem Bergbau- und Hüttenkom- flechtung und Entkernung: Investor binat 1990 ausgegründete Saxonia übernimmt die weitere Entwicklung übernahm Anfang der 90er Jahre einen der Immobilie Flächenbestand von 320 ha, von dem ca. 40 % industriell genutzt war und der ¾ der Verkauf vollständig baureifer durch die Ablagerung von Produktions- Flächen mit vorlaufender Flächen- reststoffen teilweise erheblich kontami- sanierung. niert war. Insgesamt wurden bisher Revitalisie- Der Sanierungsbedarf war enorm, und rungs- und infrastrukturelle Maßnah- es war und ist eine Herausforderung, men im Umfang von ca. 60 Mio. EUR die auf diesem Gebiet bestehenden Alt- auf den Grundstücken der SAXONIA lasten zu sanieren und die Flächen durchgeführt. Nach Abschluss des Alt- schließlich als Industrieflächen der lastenprojektes SAXONIA werden wei- Stadt zurückzugeben. tere 19 Mio. EUR in die Flächensanie- rung investiert sein. Die komplexen Erfordernisse eines Flä- chenrecyclings für die SAXONIA-Flä- Auf dem Saxonia-Areal wurden seit chen und weitere Problemstandorte 1990 Gesamtinvestitionen in Höhe von des Landkreises bedurften dabei einer 175 Mio. EUR verwirklicht, weitere

267 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

93 Mio. EUR sind in Planung. Neue in- Leistungsfähigkeit der Kommunen, novative Produkte und Dienstleistungen eine konstante wirtschaftliche Entwick- lösten die größtenteils nicht wettbe- lung und Lebensqualität nachhaltig zu werbsfähigen und umweltbelastenden garantieren. Diese zu entwickeln und ab. Die Herstellung von synthetischen fortzuführen, wird eine vordringliche Auf- Kraftstoffen aus Biomasse (CHOREN) gabe der Städte und Kommunen in den gehört heute ebenso zum Produkt-Port- nächsten Jahren sein, die der Land- folio des Industriestandortes wie kreis als übergeordnete Behörde be- recycelte Stahlwerksstäube (B.U.S) gleiten wird. Allerdings werden die und Photovoltaikmodule (Deutsche So- Kommunen dabei auch auf finanzielle lar). Mehr als 300 Arbeitsplätze wurden Unterstützung des Landes und des hier am Standort geschaffen bzw. erhal- Bundes angewiesen sein. ten, weitere 235 sollen folgen. Ich bin überzeugt, dass dieser Work- Diese Zahlen verdeutlichen, dass kon- shop dazu beitragen wird, neue Sicht- sequentes Flächenrecycling natürlich weisen, Instrumente und Leitlinien zu nicht zum Nulltarif zu haben ist, jedoch vermitteln und praktische Erfahrungen langfristig für die Städte und Kommu- zu diskutieren. nen kein Weg daran vorbei führen wird. Denn die Ressource Fläche ist endlich, In diesem Sinne wünsche ich der Ta- und der ist gut beraten, der damit um- gung einen guten Verlauf. zugehen weiß. Auch im Landkreis Frei- berg sprechen dabei die Zahlen eine Glück auf! eindeutige Sprache: Obwohl die Bevöl- Volker Uhlig kerung sinkt, hat sich die Siedlungs- Landrat und Verkehrsfläche lt. Stat. Landesamt Landkreis Freiberg von 7.589 ha im Jahre 1996 auf 8.151 ha im Jahre 2003 erhöht. Auf den Nen- ner gebracht bedeutet das: Immer weni- ger Menschen verbrauchen immer mehr Fläche. Denn inzwischen zählt unser Landkreis von ehemals rund 156.091 Einwohnern im Jahr 1994 nur noch 147.747. Doch jede Fläche kostet in ih- rer Unterhaltung und Betreibung Geld und künftig müssen diese Kosten von immer weniger Menschen getragen werden. Auch unter ökologischen Ge- sichtspunkten betrachtet ist eine Erhö- hung der Siedlungs- und Verkehrsflä- che am Gesamtflächenanteil problema- tisch.

Neue Strategien beim Thema Stadtum- bau und Flächenmanagements sind also gefragt, um diese gegenläufige Entwicklung zu stoppen und um die

268 Anhang

Programm

Workshop

MehrWert für Mensch und Stadt: Flächenrecycling in Stadtumbauregionen Strategien, innovative Instrumente und Perspektiven für das Flächenrecycling und die städtebauliche Erneuerung

Alte Mensa der Technischen Universität Bergakademie Freiberg

20. - 21. September 2005

Eine Veranstaltung im Auftrag der Bundesministerien für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung und Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie Bildung und Forschung im Rahmen der Interministeriellen Arbeitsgruppe "Verminderung der Flächeninanspruchnahme" gefördert vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung und durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung

Federführung und fachliche Konzeption: Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Bonn in Zusammenarbeit mit dem Umweltbundesamt, Dessau und dem Projektträger Jülich des BMBF, Berlin

Tagungsorganisation: Kompetenzzentrum für interdisziplinäres Flächenrecycling e.V. (CiF e.V.) in Kooperation mit: Universitätsstadt Freiberg, SAXONIA Standortentwicklungs- und -verwaltungsgesellschaft mbH, reconsite -TTI GmbH

269 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Dienstag 20. September 2005

9.00 - 9.30 Anmeldung und Registrierung

9.30 - 11.30 Block 1: Flächenrecycling ist nachhaltig - das Engagement des Bundes Moderation: Gina Siegel, Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung, Berlin Assistenz: Ute Lohse, CiF e.V.

9.35 - 10.00 Grußworte: Prof. Carsten Drebenstedt (Prorektor der TU Bergakademie Freiberg) OB Dr. Uta Rensch (Oberbürgermeisterin der Universitätsstadt Freiberg) Landrat Volker Uhlig (Landkreis Freiberg) 10.00 - 10.15 Flächenrecycling im Rahmen der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie, WD Eckhard Bergmann, Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung 10.15 - 10.30 Handlungsinstrumente zum Flächensparen aus der Sicht des BMU, ORR Uwe Taeger, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Berlin 10.30 - 10.45 Der BMBF Förderschwerpunkt REFINA - Stand und weiteres Vorgehen, RD Karl Wollin, Bundes- ministerium für Bildung und Forschung, Bonn 10.45 - 11.10 Diskussion

11.10 - 11.20 Thematische Einbettung CiF e. V. / SAXONIA GmbH / reconsite - TTI GmbH Prof. Herbert Klapperich, CiF e.V.

11.20 - 12.00 Kaffeepause - Imbiss / Pressekonferenz

12.00 - 13.35 Block 2: Hürdenlauf ins Ziel? - Ansätze in Ländern und Gemeinden Moderation: BauDir. Andreas Bieber, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Berlin Assistenz: René Otparlik, CiF e.V.

12.05 - 12.20 Strategie für Flächenrecycling in Stadtumbau Regionen - Erste Erfahrungen, StS Dr. Albrecht Buttolo, Staatssekretär für Landesentwicklung, Städtebau und Wohnungswesen, Dresden 12.20 - 12.35 Flächenrecycling in den neuen Bundesländern am Beispiel Thüringen: Fläche als Standortvorteil, StS Prof. Christian Juckenack, Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt

270 Anhang

12.35 - 12.50 Flächenmanagement in Baden Württemberg und das Aktionsbündnis "Fläche gewinnen", MR Stefan Gloger, Umweltministerium, Baden-Württemberg 12.50 - 13.05 Theorie und Praxis - Flächenrecycling in den Städten und Gemeinden, Stadtvertreter, Dr. Peter Emmrich, Stadt Dresden 13.05 - 13.20 Diskussion

13.20 - 14.20 Mittagspause

14.20 - 16.10 Block 3: Starthilfe oder Bremse? - Leitfäden für die Praxis Moderation: Prof. Volker Franzius, Umweltbundesamt, Dessau Assistenz: Beate Trost, CiF e.V. 14.25 - 14.40 Der Start-up Plan - zielgruppenspezifisches Werkzeug zur Unterstützung von Flächenrecyclingprojekten in Deutschland, Dr. Uwe Ferber, Projektgruppe Stadt + Entwicklung / Kai Steffens, PROBIOTEC GmbH 14.40 - 14.55 Strategisches Flächenmanagement - Wachstum nach Innen, Dr. Oliver Weigel, Stadtentwicklungsamt Leipzig für den Deutscher Städtetag 14.55 - 15.10 Im Dschungel der Empfehlungen - Leitfäden zum Flächenrecycling in Deutschland, Dr. Volker Schrenk, VEGAS - Institut für Wasserbau, Universität Stuttgart 15.10 - 15.25 Nachhaltiges Flächenrecycling - Das Europäische Best-Practice-Handbuch RESCUE, Jürgen Brüggemann, MGG, Essen 15.25 - 15.40 Der Flächenpass - Passierschein für die Wiedernutzung, Prof. Herbert Klapperich / Michael Hanke, CiF e.V., Anita Torchala, Stadt Freiberg 15.55 - 16.10 Diskussion

16.10 - 16.40 Kaffeepause

16.40 - 18.00 Block 4: Ressource Fläche zwischen Aufbau und Rückbau. Neue Wege beim Flächenrecycling Moderation: Detlef Grimski, Umweltbundesamt, Dessau / Dr. Fabian Dosch,Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Bonn Assistenz: Michael Hanke, CiF e.V. 16.45 - 17.00 Grüne Wiese entwickeln oder Brache revitalisieren? - Die Boden-Wert-Bilanz, Prof. Peter Doetsch, RWTH Aachen/ Prof. Harald Burmeier, Burmeier Ingenieurgesellschaft

271 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

17.00 - 17.15 Liegenlassen und Renaturieren von Brachflächen - ein nachhaltiger Handlungsansatz? Ariane Ruff, FH Nordhausen / Christine Wittemann, Universität Weimar und Prof. Dieter Jacob / Ute Lohse CiF e.V. 17.15 - 17.30 Das Machbare anpacken! - Zwischennutzungen und neue Freiflächen - städtische Lebensräume. Stephan Westermann, Stadt und Landschaftsplaner, Berlin 17.30 - 17.45 Integrierte Standortnutzung. Karl Kleineberg, IKS-Saar 17.45 - 18.00 Diskussion

18.45 Bustransfer ab Obermarkt ab 19.00 Kleine Fachexkursion zur "Alte Elisabeth" und "Reiche Zeche" in Freiberg

Besichtigung der Reichen Zeche / Alten Elisabeth, Lehr - und Besucherbergwerk der TU Bergakademie Freiberg,

ab 20.00 Stadtrundgang - Stadtumbauobjekte in der Altstadt Rainer Bruha, Dezernent für Stadtentwicklung, Stadt Freiberg

Anschließend: Empfang in der Konzert- und Tagungshalle "St Nikolai" Tischrede: Prof. Reinhard Schmidt (Präsident des Sächs. Oberbergamtes) dazu "Kultur & Bergbier"

ca. 23.00 Ende des 1. Tagungstages

Mittwoch 21. September 2005

9.00 - 10.05 Block 5: Immer mehr Fläche für immer weniger Nutzer - Demographie und Innenentwicklung Moderation: Dr. Barbara Möhlendick, Stadt Köln Assistenz: Alexander Eisenblätter, SAXONIA, Freiberg 09.05 - 09.20 Was kommt nach der Abrissbirne? - Stadtumbau und Flächenrecycling in Schrumpfungsregionen, Jürgen Leindecker, Erster Beigeordneter Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt, Magdeburg, für den DStGB 09.20 - 09.35 Der Beitrag der Städtebauförderung zur Begrenzung der Flächeninanspruchnahme, BauDir. Dr. Jànos Brenner, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Berlin 09.35 - 09.50 Künftige Forschungsschwerpunkte und demographischer Wandel, Uwe Wittmann / Dr. Reiner Enders, Projektträger Jülich (PTJ) - Bereich Umwelt 09.50 - 10.05 Diskussion

272 Anhang

10. 05 - 10.20 Einführung in die Workshops Prof. Herbert Klapperich, CiF e.V. / Dr. Volker Schrenk, reconsite-TTI GmbH

10.20 - 10.50 Kaffeepause - Imbiss

10.50 - 12.20 Workshops "Rahmenbedingungen für Praxis und Verwaltung - bundesweite Aspekte beim Flächenrecycling?"

Praxisworkshop 1:Beschleunigungsansätze für das Flächenrecycling Moderation: Erich Fritz, SAXONIA, Freiberg Assistenz: Alexander Eisenblätter, SAXONIA, Freiberg Impulsvorträge: Dr. Rolf Heyer, LEG Grundstücksfonds NRW, Gerhard Kmoch AAV, NRW

Praxisworkshop 2: Alte und neue Finanzierungsmodelle beim Flächenrecycling Moderation: Prof. Harald Burmeier, Burmeier Ingenieurgesellschaft Assistenz: Beate Trost, CiF e.V. Impulsvorträge: Detlef Grimski, Umweltbundesamt, Dessau, Dr. Dagmar Tille, Bundestransferstelle Stadtumbau Ost, Martin Keil, Landesanstalt für Altlastenfreistellung, Sachsen Anhalt

Akteursworkshop 1: Strategieansätze zum Flächenrecycling aus Sicht der Verwaltung Moderation: Rainer Bruha, Dezernent für Stadtentwicklung, Stadt Freiberg Assistenz: Michael Hanke, CiF e.V. Impulsvorträge: Hartmut Wilke, Stadt Görlitz, BM Petra Wesseler, Stadt Chemnitz

Akteursworkshop 2: Strategieansätze zum Flächenrecycling aus Sicht der Immobilien- und Grundstückswirtschaft Moderation: Prof. Dieter Jacob, CiF e.V. Assistenz: Ute Lohse, CiF e.V. Impulsvorträge: Stefan Weber, Sächsische Aufbaubank, Gerhard Dunstheimer, ECE Projektmanagement GmbH, Ingo Weber, AENGEVELT Immobilien

273 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

12.20 - 13.20 Mittagspause

13.20 - 14.05 Ergebnisse der Workshops / Diskussion Moderation: Gina Siegel, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Berlin / Christian Nels, Umweltbundesamt, Dessau -Kurzberichte der Workshopleiter-

14.05 - 15.05 Podiumsdiskussion: Brauchen wir eine Bundesstrategie zur Wiedernutzung gebrauchter Flächen? Moderation: Peter Slama, MDR-Info

Teilnehmer der Podiumsdiskussion u.a.: Dr. Janós Brenner, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Berlin / Eike Münke, Regierungspräsidium Chemnitz / Gerhard Kmoch, Geschäftsführer AAV / Prof. Volker Franzius, Umweltbundesamt / Jürgen Brüggemann, MGG, Essen / Dr. Dieter Genske, FH Nordhausen / Jürgen Leindecker, Deutscher Städte- und Gemeindebund

15.05 - 15.10 Einführung in das Exkursionsobjekt; Erich Fritz, SAXONIA, Freiberg

15.10 - 15.30 Kaffeepause

15.30 - 17.00 Exkursion / Best practice SAXONIA-Areal und Muldenhütten in Freiberg Erich Fritz und Alexander Eisenblätter, SAXONIA, Freiberg

17.00 Ende der Veranstaltung

274 Anhang

Ergebnisdokumentation des Workshops

René Otparlik

Der Workshop "MehrWert für Mensch sterin der Universitätsstadt Freiberg, Frau und Stadt - Flächenrecycling in Stadt- Dr. Rensch und der Landrat des Land- umbauregionen", - 20. und 21. Septem- kreises Freiberg, Herr Uhlig die jeweili- ber an der TU Bergakademie Freiberg - gen Aktivitäten, welche im Rahmen des bildete den Auftakt einer Reihe von Ver- Stadtumbaus im Kreis Freiberg umge- anstaltungen zur Weiterentwicklung der setzt werden, beispielhaft und vermittel- nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Das ten ihre Freude über den gewählten Ta- Kompetenzzentrum für Interdisziplinäres gungsort, der zum Thema passt. Im An- Flächenrecycling (CiF e.V.) an der TU schluss daran wurden die Aktivitäten des Bergakademie Freiberg organisierte den Bundes, im Rahmen der nationalen Workshop in Kooperation mit der Uni- Nachhaltigkeitsstrategie zur Senkung versitätsstadt Freiberg, der SAXONIA des Siedlungs- und Verkehresflächen- Standortentwicklungs- und -verwaltungs- verbrauchs von 115 ha/d (Zeitraum 2001 gesellschaft mbH und der reconsite-TTI - 2004) auf 30 ha/d im Jahre 2020, dar- GmbH, Stuttgart im Auftrag der Bundes- gestellt. ministerien für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung, für Umwelt, Naturschutz Prof. Klapperich begrüßte im Namen der und Reaktorsicherheit sowie für Bildung Organisatoren und gab eine Einbettung und Forschung, des Umweltbundes- respektive Erläuterung zur Struktur der amtes, des Projektträgers Jülich und fe- Tagungs- und Plenarvorträge und den an- derführend des Bundesamtes für Bauwe- schließenden Workshops. Der 2. Block sen und Raumordnung mit Herrn Dr. beschäftigte sich mit Ansätzen aus Sicht Dosch. der Länder und Kommunen. Exempla- risch wurden der Umgang mit dem "Gut" Ca. 170 Teilnehmer mit Vertretern aus Fläche in den Bundesländern Baden- Kommunen, Projektentwicklern, Immo- Württemberg im Rahmen des "Aktions- biliengesellschaften, Wirtschaftsförder- bündnisses Fläche gewinnen", in Sach- ern, Consultants, Behörden- und Wis- sen als Strategien zum ganzheitlichen senschaftsvertretern aus ganz Deutsch- Ansatz beim Flächenrecycling mit dem land kamen zu dieser Veranstaltung, um Ziel der Stärkung von ganzen Quartieren über Instrumente, Leitfäden und Ent- und Stadtgebieten, in Thüringen mit dem scheidungshilfen zum Flächenrecycling "intelligenten Flächenmanagement" und für Verantwortliche in Verwaltung und in Dresden mit dem kommunalen Flä- Praxis zu diskutieren. Den Auftakt des chenmanagement dargestellt. Workshops bildete der Block "Flächen- Vortragende waren in diesem Block MR recycling ist nachhaltig - Das Engage- Gloger (Umweltministerium BW), StMin ment des Bundes". Nach den Grußwor- Dr. Buttolo (SMI Dresden), StS Prof. ten durch den Prorektor für Forschung Juckenack (TMUL Erfurt) und Dr. der TU Bergakademie Freiberg, Prof. Emmrich (Stadt Dresden). Alle Vortra- Drebenstedt zeigten die Oberbürgermei- genden zeigten aber neben "Paradebei- spielen" auch die Problemfelder auf.

275 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

diese Richtung zielt ebenso der von CiF e.V. in Kooperation mit MGG und ECOSOIL für das Umweltbundesamt entwickelte Flächenpass, der als Vermarktungsinstrument dient.

Dieser Vortragsblock legte die Basis für den Block 4 mit dem Titel "Res- source Fläche zwischen Aufbau und Rückbau - Neue Wege zum Flächen- recycling". Den Auftakt bildet die Vor- stellung der bereits 1997 publizierten "Boden-Wert-Bilanz", die einen Abbildung 1: Blick in den Tagungsraum „Alte Mensa“ Bewertungsansatz zum finanziellen Ver- gleich von Natur- und Brachfläche unter Im anschließenden Block "Starthilfe oder ökologischen und planerischen Gesicht- Bremse? - Leitfäden für die Praxis" wur- punkten bildet. Im Anschluss daran stand den Instrumente und Untersuchungen die Entwicklungsalternative Renaturie- beim Umgang mit Flächenrecycling der rung im Mittelpunkt der Diskussion. letzten Jahre vorgestellt. Dieser Teil be- Wann ist Renaturieren aus Sicht ökono- gann mit der Vorstellung des durch die mischer Effizienz die sinnvollste aller deutsch-amerikanischen Kooperation Folgenutzungen für eine Fläche? Good entwickelten "Start-up-Plans", welcher parctice Fallbeispiele untermauerten die als Arbeitshilfe und Kommunikations- Aussagen dieses Vortrages. Der erste grundlage für alle Beteiligten an Brach- Tagungstag wurde mit Beispielen für flächenrevitalisierungsprojekten dient. Zwischennutzung und Renaturierung Das strategische Flächenmanagement sowie für eine integrierte Standortnutzung der Stadt Leipzig, welches gute Erfah- eines ehemaligen Zechengeländes ab- rungen mit einem integrierten Flächen- gerundet. monitoring und der nachfrageorientierten Vermarktung gemacht hat, wurde an- Nach einem sehr anspruchvollen Tagu- schließend vorgestellt. Dass das Finden ngstag ging es dann zur kleinen "Sight- der richtigen Instrumente bzw. der richti- seeing" Exkursion zu den Lehr- und gen Herangehensweise oft schwierig ist, machte der Vortrag "im Dschungel der Empfehlun- gen deutlich". Kompetente Hilfe bietet hierbei die Web-Seite www.flaecheninfo.de. Ebenfalls Hilfestellung bei der richtigen Herangehensweise an Flächen- recyclingprojekte verspricht das europäische best practice Hand- buch RESCUE, das an Hand von Fallbeispielen und Indikatoren eine Vermarktung der brachlie- genden Flächen fördern soll. In Abbildung 2: Blick auf die „Reiche Zeche“

276 Anhang

Forschungsbergwerken der TU Bergaka- gegenzuwirken. Abgerundet wurde die- demie Freiberg "Reiche Zeche" und "Alte ser Block durch die Vorstellung künfti- Elisabeth". Hier konnten die Teilnehmer ger Forschungsprojekte, die die Auswir- neben der Aussicht über Freiberg in der kungen des demographischen Wandels Abenddämmerung auch noch einen klei fokussieren. nen Einblick in die weltgrößte Mineralien- sammlung erlangen und interessante Im Anschluss an die Blöcke der Fach- Details über den vormals täglichen Ar- vorträge fanden 4 Workshops statt: beitsablauf der Freiberger Bergleute er- fahren. Der daran anschließende Stadt- Praxisworkshop 1 - "Beschleuni- rundgang wurde durch einen Empfang in gungsansätze für das Flächenrecycling" der Tagungshalle St. Nicolai, wo Mitglie- beschäftigte sich mit dem Thema der der Freiberger Bergparade zum Berg- Wiedernutzung von Brachflächen unter bier deftige Freiberger Bergmannskost dem Gesichtspunkt der Altlasten- servierten, abgerundet. sanierung und zum anderen mit den Ver- zögerungen aufgrund aller beachtenden Der zweite Tagungstag begann mit dem Maßnahmen und einzuhaltenden Richt- Block "Demographie und Innenent- linien hin zur meist unsicheren Finanzie- wicklung", indem die typischen Proble- rung. me der Städte und Gemeinden beim Umgang mit Brachen jeglicher Art auf- Der Praxisworkshop 2 - "Alte und neue gezeigt wurden. BauDir. Dr. Brenner stell- Finanzierungsmodelle beim Flächen- te mögliche Gegenmaßnahmen gegen recycling" befasste sich mit bereits be- zunehmenden Flächenverbrauch und das kannten und erforschten Finanzie- rungsmodellen auf nationaler und eu- ropäischer Ebene. Dargelegt wurde die vorteilhafte Situation, die Brachen in Ost-deutschland aufgrund der so genannten Altlastenfreistellung haben. Von einer Chancengleichheit mit der grünen Wiese kann jedoch trotzdem nicht die Rede sein. Die Sanierung von Brachflächen kann aber nicht mehr nur Aufgabe der öffentlichen Hand sein. Anreize für Investoren zur Entwicklung von Brachen zu schaffen, bleibt auch für die Zukunft ein wertvoller Ansatz. Abbildung 1: Abendveranstaltung in St. Nicolai Neben den beiden Praxisworkshops gab Brachfallen innerstädtischer Grundstü- es auch 2 Akteursworkshops, wobei sich cke dar, indem er die Maßnahmen der der erste mit "Strategieansätze zum Städtebauförderung zur Begrenzung der Flächenrecycling aus Sicht der Verwal- Flächeninanspruchnahme erläuterte. tung" beschäftigte. Anhand der Städte Vom Leitbild der kompakten Stadt bis hin Görlitz und Chemnitz wurden die jeweili- zu integrierten städtebaulichen Entwick- gen Herangehensweisen und Ziele bei der lungskonzepten zeigte er Möglichkeiten Revitalisierung von Brachflächen erläu- auf, dem städtischen Bracheproblem ent- tert und diskutiert.

277 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Der Akteursworkshop 2 - "Strategiean- gang mit Brachen vorgeben sollte. sätze zum Flächenrecycling aus Sicht der Immobilien- und Grundstückswirt- Den Abschluss des Workshops bildetet schaft" setzte sich mit den Aktivitäten die Fachexkursion zum SAXONIA -Are- von Investoren und Geldgebern bei al und zum Standort Muldenhütten, beide Brachenprojekten auseinander. Disku- in Freiberg. An diesen Flächen konnte tiert wurde dabei unter anderem, dass ein best practice Beispiel bei der Revita- der Abriss von Wohngebäuden sich lisierung von Industriebrachen, aber auch meist nur auf den oberirdischen Teil be- die nicht unbedingt kontroversen Ziele von schränkt, wodurch eine Vermarktung Denkmalschutz und moderner industri- nicht unbedingt vereinfacht wird. Die eller Nachnutzung aufgezeigt werden. Immobilienwirtschaft zielt aber eher auf Bestandsimmobilien mit hohen Renditen Die positive Resonanz auf Seiten der und Wertentwicklungspotenzialen ab. Als Veranstalter und Teilnehmer unterstrich Vermarktungsnachteil wurde dabei aber den gelungenen Auftakt zu der bundes- deutlich, dass die Preisvorstellungen von weit geplanten Veranstaltungsreihe mit Verkäufern belasteter Grundstücke oft weiteren Folge-Workshops. überhöht sind.

Die Ergebnisse der einzelnen Workshops wurden im Anschluss im Plenum vorge- stellt und diskutiert. Die anschließende Diskussion führte dann zur Podiumsdis- kussion "Brauchen wir eine Bundes- strategie zur Wiedernutzung gebrauch- ter Flächen". Das Podium setzte sich aus Vertretern von Politik, Verbänden, Wirtschaft, Behörden und Wissenschaft zusammen. Es wurde ersichtlich, dass sehr oft noch psychologische Barrieren beim Umgang mit Brachen vorhanden sind. Es muss weiter ein Umdenken vom "reinen Flächenrecycling" hin zum Flächenmanagement stattfinden, um so nicht einzelne Flächen ohne Bezug zum Umland und zur Region zu revitalisieren. Eine weitere Forderung ist, Anreize zur Wiedernutzung von Flächen zu schaffen. Ein wichtiges Thema stellt die Schaffung von Rechtsicherheit dar, welches bereits mit der unterschiedlichen Definition des Begriffes "Brache" beginnt. Ein Ergeb- nis des Workshops ist, dass, obwohl es bereits eine Vielzahl von wirksamen Techniken und hervorragenden Umset- zungsbeispielen gibt, der Bund dennoch einen einheitlichen Rahmen beim Um-

278 Anhang

Teilnehmerliste

Name, Vorname Firma/Behörde

Abo-Rady, Mustafa LFUG, Freiberg

Ackermann, Kerstin Thüringer Ministerium für Bau- und Verkehr Erfurt

Arnold, Heike Gemeinde Niederwiesa

Baer, Silvana G.M.U. mbH Dresden

Baumgärtner, Sönke PHÖNIX Brachflächenentwicklung Berlin

Bayer, Frank, Beigeordneter Landkreis Mansfelder Land Lutherstadt

Becker, Udo G.E.O.S. Freiberg

Bekasinski, Horst, RD Bundesanstalt für Immobilienaufgaben Erfurt

Berger, Thomas, Dipl.-Ing. Stadtverwaltung Zschopau

Bergmann, Alexander, Dr. Bauhaus-Universität Weimar, Institut für Europäische Urbanistik, Cottbus

Bergmann, Eckhard Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung Bonn

Bieber, Andreas Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Bonn

Bleier, Thomas, Regionalleiter STEG Stadtentwicklung Südwest gGmbH Dresden

Blossey, Sabine Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz, Potsdam

Bock, Matthias, Dipl.-Ing. Steuerungs- und Budgetausschuss für die Braunkohlesanierung Berlin

Brandl, Anja, Dipl.-Ing. Universität Leipzig

Brenner, Jànos, Dr. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung Bonn

279 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Brüggemann, Jürgen Montan-Grundstücksgesellschaft mbH Essen

Bruha, Rainer Stadtverwaltung Freiberg

Buchheim, Dorothes, Dipl.-Ing. Stadtentwicklungsamt Freiberg

Burmeier, Harald, Prof. Prof. Burmeier Ingenieurgesellschaft/ Universität Lüneburg

Busch, Roland, Dipl.-Ing. Universität Dortmund

Buttolo, Albrecht, StMin Dr. Sächsisches Staatsministerium des Innern Dresden

Clausnitzer, Dieter Stadtverwaltung Freiberg

Dalke, Beate Stadtverwaltung Mittweida

Dierichs, Dieter, Dr. Dierichs & Hagedorn Consulting GmbH Freiberg

Doetsch, Peter, Prof. RWTH-Aachen, Lehr- und Forschungsgebiet Abfallwirtschaft

Dönmez, Mustafa Hessisches Ministerium für Umwelt Wiesbaden

Dören, Béla, Prof. Modernes Köln

Dosch, Fabian, Dr. Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung Bonn

Drebenstedt, Carsten, Prof. TU Bergakademie Freiberg - Prorektor für Forschung

Dunstheimer, Gerhard ECE Projektmanagement G.m.b.H. & Co.KG Hamburg

Eisenblätter, Alexander SAXONIA Standortentwicklungs- und -verwaltungsgesellschaft mbH Freiberg

Emmrich, Peter, Dr. Landeshauptstadt Dresden - Stadtplanungsamt

Enders, Reiner, Dr. Projektträger Jülich - Bereich Umwelt, Außenstelle Berlin

Erfurt, Ronny Erfurt-Ingenieurbüro Freiberg

280 Anhang

Escher, Petra Landratsamt Freiberg

Ferber, Uwe, Dr. Projektgruppe Stadt + Entwicklung Leipzig

Fischer, Jens-Uwe, Prof. Dr. DB AG Sanierungsmanagement, Berlin

Franzius, Volker, Prof. Umweltbundesamt Dessau

Friedrich, Birgit Stadtverwaltung Riesa

Friedrich, Claudia Ministerium für Bau u. Verkehr d. Landes Sachsen-Anhalt Magdeburg

Friedrich, René, Dipl.-Ing.(BA) BIB Bolduan Ingenieurbüro Riesa

Fritz, Erich SAXONIA Standortentwicklungs- und -verwaltungsgesellschaft mbH Freiberg

Fucikova, Jana INstrategy Praha

Gawron, Thomas Umweltforschungszentrum Leipzig

Geißler, Detlev Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt Erfurt

Genske, Dieter, Dr. FH Nordhausen

Gerkens, Karsten Stadt Leipzig - Amt für Stadterneuerung und Wohnbauförderung

Gloger, Stefan Umweltministerium Baden-Württemberg Stuttgart

Gottschalk, Rene IBA Fürst-Pückler-Land, Großräschen

Grimski, Detlef Umweltbundesamt Dessau

Hanke, Michael Kompetenzzentrum für interdisziplinäres Flächenrecycling e.V. (CiF e.V.) Freiberg

Härtl, Antje Stadtverwaltung Plauen

Haupt, Thomas FHH, BSU Altlastensanierung Hamburg

Heppner, Alexandra, Dipl.-Ing. PROKON GmbH Messel

Heptner, Ingrid Landeshauptstadt Magdeburg

281 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Heyer, Rolf, Dr. LEG - Stadtentwicklung GmbH & Co.KG Hattingen

Hilbers, Jürgen, Dipl.-Ing. Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt Hamburg

Hohm, Dietmar, Bürgermeister Gemeinde Niederwiesa

Hübner, Joachim, Dipl.-Ing. C & E. Consulting und Engineering GmbH Chemnitz

Huseyn, Ibrahim, Dr. Dr.-Ing. Heinrich GmbH Freiberg

Huwe, Alfons LESG Gesellschaft der Stadt Leipzig zur Erschließung, Entw. und Sanierung von Baugebieten mbH Leipzig

Jacob, Dieter, Prof. Kompetenzzentrum für interdisziplinäres Flächenrecycling e.V. (CiF e.V.) Freiberg

Juckenack, Christian, StS Prof. Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt Erfurt

Junghans, Ines TU Bergakademie Freiberg

Katzenbach, Rolf, Prof. Dr. TU Darmstadt

Keil, Martin Landesanstalt für Altlastenfreistellung des Landes Sachsen-Anhalt Halle

Kessler, Jürgen, Dr. BIUG GmbH Freiberg

Kießling, Steffen, Dr.-Ing. ICL Ingenieur Consult, Dr.-Ing. A. Kolbmüller GmbH Chemnitz

Klapperich, Herbert, Prof. Kompetenzzentrum für interdisziplinäres Flächenrecycling e.V. (CiF e.V.) Freiberg

Kleineberg, Karl Industriekultur Saar GmbH

Kmoch, Gerhard Altlastensanierungs- und Altlastenaufbereitungsverband NRW (AAV) Hattingen

Knecht, Matthias Iproplan Planungsgesellschaft mbH Chemnitz

Knüpfer, Holger, Dr. Stadtverwaltung Zittau

König, Dagmar Große Kreisstadt Annaberg-Buchholz

282 Anhang

Koning, Eberhard Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung Stuttgart

Kramp, Sabine, Dipl.-Ing. TLG Immobilien GmbH Dresden

Kretzer, Johannes, Dr. Kreisrat, Geschäftsführer Freiberg

Kretzer-Braun, Ruth, Dr. Stadträtin Freiberg

Kriese, Ulrich NABU Berlin

Krutz, Hildegard, Dr. Institut für Bodensanierung, Wasser- und Luftanalytik GmbH Iserlohn

Kummer, Olaf Stadt Halle, FB Stadtentwicklung und – planung

Kummer, Ruedi, Dipl.-Ing. Städtische Werke Winterthur

Kylau, Volker Sächs. Immobilien- und Baumanagement Dresden

Leindecker, Jürgen Städte- und Gemeindebund Sachsen- Anhalt Magdeburg

Lennartz, Gottfried, Dr. Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und –bewertung e.V. Aachen

Liebmann, Heike, Dr. Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung e.V. - Bundestransferstelle Stadtumbau Ost Magdeburg

Lisiecki, Georg, Dipl.-Ing. Stadt Oldenburg

Löffler, Thomas, Dr.-Ing. Institut IREGIA e. V. Chemnitz

Lohse, Ute Kompetenzzentrum für interdisziplinäres Flächenrecycling e.V. (CiF e.V.) Freiberg

Mathey, Juliane, Dr. Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e.V. Dresden

Milew Michael Konzeptstudio ar 01 Freiberg

Möbius, Hans-Ulrich, Dipl.-Ing. DMU Diederichs + Möbius Goßwitz

Möhlendick, Barbara, Dr. Stadt Köln

Mörk, Matthias, Dipl.-Geograph Bodensee-Stiftung, Radolfzell

283 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Müller, Birgit Stadtverwaltung Riesa

Münke, Eike Regierungspräsidium Chemnitz - Abteilung Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen Chemnitz

Nadler, Claudia, Dipl.-Ing. Landkreis Wernigerode

Nels, Christian Umweltbundesamt Dessau

Neubert, Heinz Ingenieurbüro Neubert & Co. GmbH Freiberg

Nowack, Katja, Dipl.-Ing. BTU Cottbus

Oelschläger, Klaus Landkreis Elbe-Elster Herzberg

Ohrem, Gerhard Amt für Stadtentwicklung und Statistik Augsburg

Otparlik, René Kompetenzzentrum für interdisziplinäres Flächenrecycling e.V. (CiF e.V.) Freiberg

Paulinus, Rainer Regionale Planungsstelle Chemnitz

Pech, Christian Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung Berlin

Peupelmann, Bernd, Dipl.-Ing. AGO Aufbaugesellschaft Ostthüringen mbH Gera

Pfefferkorn, Helmut, Dipl.-Ing. Stadtverwaltung Zwickau

Raatz, Simone, Dr. Mitglied des Sächs. Landtages Freiberg

Rensch, Uta, OB Dr. Stadt Freiberg

Rogge, Peter, Dipl.-Ing. Projektgruppe Stadt+Entwicklung Leipzig

Rucks, Johannes, Dipl.-Ing. WK Consult, NL Dresden

Ruff, Ariane FH Nordhausen

Runge, Tom-Hendrik SWG Freiberg

Sattler, Sabine TU Bergakademie Freiberg

Schädlich, Uwe Stadtentwicklungsgesellschaft Pirna mbH

Schäfer, Berthold, Dr. Dt. Beton- und Bautechnikverein Berlin

284 Anhang

Schaufel, Gabriele Stadtverwaltung Plauen

Schellhorn, Uta Stadtverwaltung Radeberg

Scherer, Volker G.E.O.S. Freiberg

Schmidt, Matthias Landges. Sachsen-Anhalt mbH Magdeburg

Schmidt, Reinhard, Prof. Sächsisches Oberbergamt Freiberg

Schmidt, Udo-Michael, RD Sächs. Staatsministerium des Innern, Dresden

Schneider, Hurbert Gemeins. Landesplanungsabteilung Cottbus

Schock, Gabi Stadtwerke Düsseldorf AG

Scholz, Brigitte IBA Fürst-Pückler-Land Großräschen

Schrenk, Volker, Dr. VEGAS - Institut für Wasserbau Universität Stuttgart reconsite-TTI GmbH

Schreyer, Andrea, Dipl.-Ing. Stadtverwaltung Zschopau

Schultz, Heiko, Dipl.-Geogr. FIRU GmbH Berlin

Schwarzrock, Eric Landratsamt Meißen

Siegel, Gina Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung Bonn

Slama, Peter Journalistenbüro Leipzig /MDR-Info

Stahl, Volker

Steffens, Kai PROBIOTEC GmbH Düren

Stübner, Juliane G.E.O.S. Freiberg

Taeger Uwe, ORR Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Berlin

Thiele, Bärbel Stadtverwaltung Brand-Erbisdorf

Tille, Dagmar, Dr. Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung e.V. - Bundestransferstelle Stadtumbau Ost Magdeburg

285 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

Torchala, Anita Stadt Freiberg

Trost, Beate Kompetenzzentrum für interdisziplinäres Flächenrecycling e.V. (CiF e.V.) Freiberg

Unland, Georg, Prof. TU Bergakademie Freiberg - Rektor

Vogel, Ute Stadtverwaltung Radeberg

Uhlig, Volker, LR Landratsamt Freiberg

Vorwerk, Ute, Dipl.-Ing. Stadtverwaltung Zwickau

Votocek, Jan DBU Praktikant bei UBA Dessau

Weber, Ingo Aengevelt - Immobilien GmbH & Co KG Berlin

Weber, Stefan Sächsische Aufbaubank-Förderbank Dresden

Weigel, Oliver, Dr. Stadt Leipzig - Dez. Stadtentwicklung und Bau

Wesseler, Petra, BM Stadt Chemnitz - Bürgermeisterin Dezernat 6

Westermann, Stephan Stadt- und Landschaftsplanung (i.A. StadtBüro Hunger) Berlin

Wildenauer, Uwe Wüstenrot Haus- und Städtebau GmbH Dresden

Wilhelm, Torsten PHÖNIX Brachflächenentwicklung Berlin

Wilke, Hartmut Stadt Görlitz - Stadtplanungs- und Bauordnungsamt

Winter, Christoph, Dr. Kompetenzzentrum für interdisziplinäres Flächenrecycling e.V. (CiF e.V.) Freiberg

Wittemann, Christine Bauhaus-Universität Weimar, Professur Raumplanung & Raumforschung

Wittmann, Max STEWOG Marktredwitz

Wittmann, Uwe Projektträger Jülich - Bereich Umwelt, Außenstelle Berlin

Wolf, Friedemann, Dipl.-Ing. Ing.-Büro Möschke + Werner Freital

286 Anhang

Wolf, Joachim, Dipl.-Ing. C & E. Consulting und Engineering GmbH Chemnitz

Wollin, Karl, RD Bundesministerium für Bildung und Forschung Berlin

Zacharias, Grit, Dr. Deutsche Bahn AG Leipzig

Zimmermann, Kerstin Stadtverwaltung Landeshauptstadt Dresden

287 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

288 Autorenverzeichnis

Autorenverzeichnis

289 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

290 Autorenverzeichnis

291 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

292 Autorenverzeichnis

293 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

294 Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

a.a.O am angeführten (angegebenen) Ort A/E Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen AVA-Programme Ausschreibung und Vergabe Abbrechnung BAT Unternehmensname BBodSchV Bundes Bodenschutz Verordnung BBR Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung BfN Bundesamt für Naturschutz BIP Bruttoinlandsprodukt BK Bundeskanzleramt BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung BMELV Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz BMF Bundesministerium für Finanzen BMU Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit BMVBS Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung BMVg Bundesministerium für Verteidigung BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie BOKS Bodenschutzkonzept Stuttgart BUND Bund für Umwelt- und Naturschutz in Deutschland BVVG Bundesverwertungs- und Verwaltungs GmbH CABERNET Concerted Action on Brownfield and Economic Regeneration Network CiF e.V. Kompetenzzentrum für interdisziplinäres Flächenrecycling difu Deutsches Institut für Urbanistik ECE Unternehmensname EFRE Europäische Fonds für regionale Entwicklung Einw. Einwohner ELER Verordnung über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums EPA Environmental Protection Agency (US-Umweltbehörde) et al. et alteri (und andere) ExWoSt Forschungsvorhaben des Experimentellen Wohnungs- und Städtebaus F&E-Vorhaben Forschungs- und Entwicklungsvorhaben FH Fachhochschule

295 Flächenrecycling in Stadtumbauregionen

FONA Forschung für die Nachhaltigkeit FoPS Forschungsprogramms Stadtverkehr GA Gutachterausschuss GAEB-Format Gemeinsamer Ausschuss für Elektronik im Bauwesen - Format GFF Gebäude- und Freifläche GIS Geoinformationssystem i.d.B. in diesem Buch IBA Internationale Bauausstellung ILEK Integriertes ländliches Entwicklungskonzept INSEK Integriertes Stadtentwicklungskonzept INTERREG Gemeinschaftsinitiative für transeuropäische Zusammenarbeit ITVA Ingenieur Technischer Verband Altlasten e.V. KommA 21 Kommunaler Agenda 21 Prozess KONVER Gemeinschaftsinitiative für die Rüstungs- und Standortkonversion KORA Kontrollierter natürlicher Rückhalt und Abbau von Schadstoffen bei der Sanierung kontaminierter Grundwässer und Böden KVR Kostenvergleichsrechnung LAF Landesanstalt für Altlastenfreistellung des Landes Sachsen-Anhalt LAGA Bund/Länderarbeitsgemeinschaft Abfall LAWA Bund/Länderarbeitsgemeinschaft Wasser LB-POS Leistungsbeschreibung-Postition LEG Landesentwicklungsgesellschaft LINFOS Landschaftsinformationssystem LPG Landwirtschaftliche Produktionsgesellschaft LUA Landesumweltamt MALBO Materialien zur Altlastensanierung und zum Bodenschutz MORO Modellvorhaben der Raumordnung NABU Naturschutz Bund NARVA Unternehmensname NBL Neue Bundesländer NBS Nachhaltiges Bauflächenmanagement Stuttgart NRW Nordrhein-Westfalen OFD Oberfinanzdirektion ÖPNV Öffentlicher Personen und Nahverkehr PPP Public-Private-Partnership RECHAR Gemeinschaftsinitiative für die wirtschaftliche Umstellung von Kohlerevieren REFINA Forschung für die Reduzierung der Flächen- inanspruchnahme und ein nachhaltiges Flächenmanagement REK Regionales Entwicklungskonzept

296 Abkürzungsverzeichnis

RESIDER Gemeinschaftsinitiative für die wirtschaftliche Umstellung von Stahlrevieren RETEX Gemeinschaftsinitiative für die wirtschaftliche Umstellung von Regionen mit Textilindustrie SME Small and Medium (sizes) Enterprises STEP Stadtentwicklungsplan Gewerbliche Bauflächen StLB Standardleistungsbücher für das Bauwesen SuV Siedlungs- und Verkehrsfläche TLG Treuhand Liegenschaftsgesellschaft TLUG Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt UBA Umweltbundsamt udg. und der Gleichen UM Umweltministerium UVM Ministerium für Umwelt und Verkehr VEB Volkseigener Betrieb VEGAS Versuchseinrichtung zur Grundwasser- und Altlastensanierung VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen VwV Verwaltungsvorschrift WIREG Wirtschaftsförderung- und Regionalentwicklungsgesellschaft ZAC Zone d'Aménagement Concerté

297 Impressum

Verlag: SAXONIA Standortentwicklungs- und -verwaltungsgesellschaft mbH verantwortlich: Dipl.-Verwaltungswirt (FH) Erich Fritz D-09599 Freiberg, Alfred-Lange-Straße 15 Telefon: 03731-395010 / Telefax: 03731-395042 E-mail: [email protected] Internet: http://www.saxonia-freiberg.de

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1. Auflage 2006 Redaktion / PC-Satz: M. Hanke, R. Otparlik, A. Eisenblätter Umschlag: S. Müller, A. Eisenblätter Umschlagbilder: Stadtzentrum Chemnitz im Sommer 1997 (R. Bartel) Halle-Silberhöhe - Auf dem Weg zur Waldstadt (H.-J. Grimmenstein) Chemnitz - Die Rathaus-Passage (U. Dahl)

Druck: druckspecht offsetdruck & service gmbH

Printed in Germany

ISBN 3-934409-29-6

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