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FR 30.09.2011 Stars der Zukunft 20 UHR | LAEISZHALLE | GROSSER SAAL 05.09.11 09:4109:4 R IE V KLA OMPETE R

T Mihkel Kütson FLÖTE MIHKEL KÜTSON igent r i LOÏC SCHNEIDER NAREH ARGHAMANYAN NDR NDR SINFONIEORCHESTER d TINE THING HELSETH

GEORGES BIZET (1838 – 1875) Mihkel Kütson, der seit der Spielzeit 2007/ „L’ARLESIENNE“-SUITE NR. 1 (1866) 2008 das Amt des Generalmusikdirektors

Prélude. Allegro deciso – Minuetto. Allegro giocoso – am Landestheater Schleswig-Holstein inne igent r Adagietto – Carillon. Allegro moderato hat, gehört zu den interessantesten Diri­ i d gentenpersönlichkeiten seiner Generation. JACQUES IBERT (1890 – 1962) Als Gast arbeitet er regelmäßig mit renom- KONZERT FÜR FLÖTE UND ORCHESTER (1934) mierten Orchestern wie dem SWR Sinfonie­ Allegretto – Andante – Finale. Allegro scherzando orches­ter Stuttgart, dem Rundfunk-Sinfonie- orchester , dem NDR Sinfonieorches­ — Pause — ter, dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin, der Sächsischen Staatskapelle Dres-

JOHANN NEPOMUK HUMMEL (1778 – 1837) den, den Düsseldorfer Symphonikern, der KütsonMihkel TROMPETENKONZERT ES-DUR (1803) NDR Radiophilharmonie Hannover, den Allegro con spirito – Andante – Rondo Nürn­berger und Stuttgarter Philharmonikern, der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, (1811 – 1886) Philharmonia Taiwan, dem National Sympho- Klavierkonzert NR. 2 A-DUR (1839, rev. 1849, ny Orchestra of Ireland und dem Est­nischen 1858, 1861) Nationalorchester. 2011 debütiert Kütson Adagio sostenuto assai bei den Warschauer Philharmonikern und an der Komischen Oper Berlin, 2012 steht sein Debüt beim WDR Rundfunkorchester an.

1971 in Estland geboren, studierte Mihkel Kütson zunächst in seiner Heimatstadt Tallinn und wurde 1992 als Stipendiat des DAAD in die Dirigierklasse von Prof. Klauspeter Seibel Das Konzert wird live auf NDR Kultur gesendet. 1 an der Hochschule für Musik und Theater NAREH ARGHAMANYAN

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Hamburg aufgenommen. 1998 wurde er zum ersten Gastdiri- Nareh Arghamanyan, Gewinnerin der Mont­ r

genten, 1999 bis 2004 zum Generalmusikdirektor des Thea- real International Music Competition 2008, ie v

ters „Vanemuine“ und des Vanemuine Sümfooniaorkester im gehört mit ihren 21 Jahren zu den bedeu- a

estländischen Tartu berufen. Dort leitete er u. a. Carl Nielsens tendsten Nachwuchspianistinnen unserer KL „Maskarade“, Prokofjews „Cinderella“, Tschaikowskys „Eugen Zeit. In der vergangenen Saison war sie Onegin“, Puccinis „Tosca“ und „La Bohéme“, Verdis „Un ballo beim Vancouver Symphony Orchestra, dem in maschera“ sowie zahlreiche Sinfoniekonzerte. 2002 wurde Orchestre Métropolitain du Grand Montréal Kütson ins Förderprogramm „Dirigentenforum“ des Deut- und den Wiener Symphonikern zu Gast. schen Musikrates aufgenommen. Vier Jahre später hat er als Weitere Höhepunkte waren ihr Solodebüt erster Dirigent den Deutschen Dirigentenpreis erhalten. bei den Portland International Series sowie Konzerte beim Singapore Internatio- Kütson wirkte an der Niedersächsischen Staatsoper Hannover nal Piano Festival, beim Klavierolymp in Bad zunächst als Gast­dirigent und von 2002 bis 2006 als Erster Kissingen, in Wien und bei der Mozartiade Kapellmeister. Gastverträge führten ihn u. a. an die Estnische Augsburg. Nationaloper, die Deutsche Oper am Rhein, die Staatstheater Kassel und Darmstadt und an das Landestheater Innsbruck. In der Spielzeit 2009/2010 debütierte Nareh

Im August 2004 leitete er das Gastspiel der Staatsoper Arghamanyan erfolgreich in der New Yorker Nareh Arghamanyan Hannover mit Verdis „Il trovatore“ beim renommierten Edin- Frick Collection und bei den San Francisco burgh International Festival. 2010 de­bütierte er an der Performances. Sie gab Rezitale in Miami, Semperoper Dresden – eine erfolgreiche Zusammenarbeit, ­Detroit und Minneapolis und konzertierte die in der Saison 2011/12 mit der Wiederaufnahme von u. a. mit dem Winnipeg Symphony Orchestra, Mozarts „Don Giovanni“ weitergeführt wird. mit I Musici de Montreal sowie mit dem McGill Chamber Orchestra. Auf Einladung von Mitsuko Uchida nahm Nareh Argha­ manyan 2009 am renommierten Marlboro Festival teil und wurde umgehend für 2011 wiedereingeladen. Zudem trat sie beim TINE THING HELSETH

­ Domaine Forget Festival in Quebec auf, beim Festival Interna- Tine Thing Helseth zählt bereits heute zu tional de Lanaudière sowie bei den Festspielen Mecklenburg- den führenden Vir­tuosen ihres Fachs. Die Vorpommern. Ihre kürzlich erschienene Debüt-CD mit Liszts 1987 geborene Norwegerin spielt seit ihrem

h-Moll-Sonate und der 2. Sonate von Sergej Rachmaninow siebten Lebensjahr Trompete und studierte ompete

wurde von den Kritikern mit Begeisterung aufgenommen. am Barratt Due Musikkinstitutt in Oslo. Im Tr Mai 2006 gewann sie den zweiten Preis beim Eurovision Young Musician Contest in 1989 in Armenien geboren, begann Nareh Arghamanyan Wien, was sie – verbunden mit einem welt- im Alter von fünf Jahren Klavier zu spielen. Drei Jahre später weit im Fernsehen übertragenen Konzert wurde sie am Tschaikowsky-Konservatorium in Eriwan auf­ mit den Wiener Symphonikern – schlagartig genommen, 2004 zog sie nach Wien und wurde hier als international bekannt machte. Zu den Höhe- jüngste Studentin an der Universität für Musik und Darstellen- punkten der vergangenen Spielzeiten zählen de Kunst zugelassen. Sie besucht die Klavierklasse von ihr US-Rezital-Debüt in Washington, Auf­ Heinz Medjimorec und wird ab Oktober 2010 ihre Studien führungen mit dem Ulster sowie dem Norr- bei Arie Vardi in Hannover fortsetzen. Die Pianistin erhielt koping Symphony Orchestra und eine Eng- Tine Thing Helseth unter anderem Preise beim Piano Campus International land-Tournee mit den Trondheim Soloists. Competition in Pontoise und beim Jose Roca International In jüngster Vergangenheit gab Tine Thing Competition in . 2006 wurde sie mit einem Stipen­ Helseth Rezital-Debüts in Berlin, Brüssel, dium der Herbert-von-Karajan-Stiftung ausgezeichnet, ein Luxemburg und in der New Yorker Carnegie Jahr zuvor gewann sie den Josef-Dichler-Klavierwettbewerb Hall. Zudem trat sie mit führenden Orches­ in Wien. Das erste Mal machte sie international auf sich auf- tern auf, u. a. mit dem Orchestre de Lille, merksam, als sie sich beim Gina Bachauer International dem Dänischen und Schwedischen Radio­ Junior Piano Competition in Salt Lake City 2000 im Alter von sinfonieorchester, dem BBC Scottish Sym- 11 Jahren den 2. Preis erspielte. phony, Gävle Symphony und Swedish Cham- ber Orchestra, der NDR Radiophilharmonie und mit den Trondheim Soloists. LOÏC SCHNEIDER

­ Tine Thing Helseths 2007 veröffentlichte Debüt-CD mit Trom- Von der Presse hochgelobt, wurde Loïc petenkonzerten von Haydn und Hummel wurde von der nor- Schneider mit zahl­reichen renommierten löte

wegischen Zeitung „Aftenposten“ zur „Classical Recording of Preisen ausgezeichnet. Er ist Preis­träger F the Year“ gekürt. Ihr von der Presse ebenfalls gefeiertes zwei- der Jean-Pierre Rampal Flute Competition tes Album „My Heart is Ever Present“ mit Weihnachts­liedern und der Kobe International Flute Competi­ und -hymnen erschien im November 2009. tion (2005 und 2009) und gewann erste Preise bei der Beijing international Music Tine Thing Helseths war bei renommierten europäischen sowie bei Nicolet Flute Competition in Nizza. Festivals zu Gast wie dem Schleswig-Holstein Musik Festival Zudem gewann er beim ARD Musikwett­ und dem Bergen International Fes­tival. Im Rahmen des Kissin- bewerb 2010 in München den Ersten Preis ger Sommers 2007 wurde ihr der Luitpoldpreis verliehen. und wurde vom Publikum für sein immenses Neben weiteren Preisen gewann Tine Thing Helseths den Bor- technisches Können sowie für die Qualität Loïc Schneider Loïc Schneider letti-Buitoni Trust Fellowship 2009, den zweiten Preis bei der seiner Interpreta­tion mit dem Publikums- Euro­vision Young Musicians Competition sowie den renom- preis geehrt. Seit diesem Erfolg ist Loïc mierten „Prince Eugen’s Culture Prize“ in Stockholm. Zudem Schneider als Solist wie in Kammeren- wurde sie 2007 bei den norwegischen Grammy Awards als sembles in seinem Heimatland Frankreich erste Klassik-Künstlerin zum „Newcomer of the Year“ gekürt. (Menton Festival, Radio-France) ebenso gefragt wie in Europa (Italien, Schweiz und Deutschland) und Asien (Taiwan, China, Japan). Sein Repertoire reicht von Stücken aus dem Barockzeitalter bis zur zeitgenös­ sischen Musik.

Loïc Schneider wurde 1981 in Straßburg geboren. Hier begann er an der regionalen Musikschule (CNR) bei Christine Turellier, Philippe Jolivet und Sandrine François Flöte NDR SINFONIEORCHESTER

­ zu studieren. Das NDR Sinfonieorchester, zukünftiges Später vervollständigte er sein Flötenspiel bei Claude Lefèbre Orchestra in Residence der Elbphilharmonie, in Paris, bevor er am Conservatoire National Supérieur de wurde 1945 gegründet. Über ein Vierteljahrhun- Musique de Paris in die Flötenklasse von Sophie Cherrier dert lang prägte Hans Schmidt-Isserstedt, aufgenommen wurde. Noch vor seinem Studienabschluss der erste Chefdirigent, das künstlerische Profil gewann er zahlreiche erste Preise und wurde Erster Solo­ des Orchesters; während seiner Ära waren flötist im Orchestre national de Lorraine in Metz, wo er von Dirigenten wie Wilhelm Furtwängler, Hans 2004 bis 2009 tätig war. Anschließend wurde er von dem Knappertsbusch, Erich Kleiber, Otto Klemperer, Dirigenten Marek Janowski zum ersten Soloflötisten des Ferenc Fricsay und Karl Böhm am Pult des NDR Orchestre de la Suisse Romande nach Genf berufen. Sinfonieorchesters zu Gast.

Neben seinem großen Interesse am Orches­terrepertoire ist Neben der Pflege des klassisch-romantischen Loïc Schneider ein begeisterter Kammermusiker. 2006 Repertoires lag ein wichtiger Schwerpunkt gründete er mit Philippe Villafranca und Philippe Baudry, der Arbeit stets auch auf der Präsentation zeit- zwei Kollegen aus dem Orchestre National de Lorraine, das genössischer Werke. Dirigenten wie Bruno Kammerensemble „Salon de Musique“, das durch eine flexible Maderna, Hans Rosbaud, Pierre Boulez, Michael Besetzung auch Randbereiche des gängigen Repertoires Gielen und Krzysztof Penderecki, dem Orchester erkunden kann. ab 1988 langjährig als ständiger Gastdirigent

verbunden, leiteten wichtige Uraufführungen in NDR Sinfonieorchester Hamburg. Nach den Chefdirigenten der siebziger Jahre, Moshe Atzmon und Klaus Tennstedt, erreichte die 20-jährige intensive Zusammen­ arbeit des Orchesters mit Günter Wand eine ähnliche Bedeutung wie die Ära Schmidt-Isser- stedt. Wand, seit 1982 Chefdirigent und 1987 schon zum Ehrendirigenten auf Lebenszeit ernannt, hat bis zu seinem Tode im Jahre 2002 „ … halb taumelnd und bewußtlos …“ VIRTUOSE MUSIK VON BIZET, IBERT, HUMMEL UND LISZT

­ die künstlerische Arbeit des NDR Sinfonieorchesters geprägt, die ihren Höhepunkt in weltweit beachteten gemeinsamen Bruckner-Interpretationen fand.

Die Reihe der Chefdirigenten wurde in den neunziger Jahren zunächst mit John Eliot Gardiner und Herbert Blomstedt fort- gesetzt. 1998 wurde Christoph Eschenbach in diese Position berufen. In seiner fünfjährigen Amtszeit führte er mit dem Orchester in großen Werkzyklen u. a. die Sinfonien von Mahler und Schostakowitsch auf und widmete sich intensiv der zeit- genössischen Musik. Mit Beginn der Saison 2004/2005 setzte Christoph von Dohnányi die Tradition bedeutender Diri­gen­ tenpersönlich­keiten in der Chefposition des NDR Sinfonie­ orchesters fort. Neben ihm nimmt Alan Gilbert seit 2004 die Position des Ersten Gastdirigenten ein. Zur Saison 2011/2012 übernahm dann Thomas Hengelbrock die Position des Chef­ dirigenten.

Das NDR Sinfonieorchester unterhält eigene Konzertreihen in Hamburg, Lübeck, Kiel und Bremen. Gastspielreisen führen das Orchester regelmäßig zu den wichtigsten europäischen Festivals und auf die bedeutendsten Konzertpodien. Auch bei seinen Tourneen nach Japan, China, Südamerika und in die USA erwarb sich das NDR Sinfonieorchester großes Ansehen. BIZET: MISSERFOLG UND TRIUMPH während dieser Premiere die Tränen in die Augen trieb. Es gibt viele Beispiele von bedeutenden Dichtern, Malern Hippolyte de Villemessant, der Herausgeber der Zeitschrift und Komponisten, die man zu ihren Lebzeiten kaum beachtet „Le Figaro“, verließ während der Vorstellung türenknallend hat, um sie nach ihrem oft viel zu frühen Tod als Genies zu seine Loge: „Wie grässlich langweilig!“ Erst dreizehn Jahre feiern. Zu ihnen gehört Georges Bizet, Schöpfer der wohl später, bei der Wiederaufnahme des Stücks, sollte sich diese meistgespielten Oper der Welt, der an den Folgen einer rezi­ Niederlage in einen Triumph wandeln. Davon abgesehen diven Tonsillitis fast im gleichen Alter wie Mozart 36 Jahre hatte allerdings der Dirigent Jules Pasdeloup bereits 1872 jung verstarb: „Schwere Mandelentzündung. […] Stellen Sie Bizet dazu ermutigt, aus seiner Bühnenmusik eine Suite sich einen doppelten Orgelpunkt As-Es vor, der Ihnen vom zusammenzustellen. Diese war seit der am 11. November linken zum rechten Ohr durch den Kopf fährt.“ Sein heute 1872 von Pasdeloup geleiteten Uraufführung ein so großer unumstrittenes Meisterwerk „Carmen“, laut Gustav Mahler Publikumserfolg, dass Bizets Verleger Choudens eine zweite eine „wundervolle Partitur“, hatte bei der Uraufführung am Suite in Auftrag gab. 3. März 1875 in der Pariser Opéra Comique keinen Erfolg – nicht zuletzt, weil die realistische Handlung den Erwartungen IBERT: VIRTUOSE NEOKLASSIK der Zeitgenossen nicht entsprach: „Carmen“, so der Librettist Jacques Ibert gehörte zu seinen Lebzeiten zu den angese- Ludovic Halévy, „hatte ein Fiasko erlebt.“ Die Rezensenten hensten Komponisten Frankreichs, obwohl er auf seine Zeit- schrieben, der angeblich „überladenen Musik“ fehle es an genossen keinen nennenswerten Einfluss ausüben konnte. „Ordnung, Plan und Klarheit“, wobei man Bizet in erster Linie 1890 in Paris geboren, begann er – nachdem er eine Schau- „zügellosen Wagnerismus“ vorwarf. „Herr Bizet“, so Paul de spielausbildung und verschiedene Studien abgebrochen Saint-Victeur in der Zeitung „Moniteur universel“, „gehört hatte – ein Theorie- und Kompositionsstudium am Pariser jener neuen Sekte an, deren Lehre darin besteht, die musika- Conservatoire, u. a. bei Gabriel Fauré. Nach dem Ersten Welt- lischen Gedanken verdunsten zu lassen, statt sie in bestimm- krieg setzte er seine Studien in der Kompositionsklasse von te Konturen zu bannen. Für diese Schule ist Herr Wagner das Paul Vidal fort. Noch im selben Jahr bewarb er sich auf Anra- Orakel: Das Motiv ist außer Mode, die Melodie antiquiert […].“ ten von Nadia Boulanger und Roger Ducasse um den berühm- Nachdem Bizet drei Monate später verstorben war, fand am ten Rom-Preis, den er mit seiner Kantate „La poète et la Fée“ Abend seiner Beerdigung am 5. Juni 1875 eine Sondervorstel- auch gewann (Premier Grand Prix). Den mit der Auszeichnung lung von „Carmen“ statt, die laut zeitgenössischen Berichten verbundenen dreijährigen Aufenthalt in der Villa Medici in das Publikum zu Tränen rührte. Dieselben Zeitungen, die die Rom 1920 bis 1923 trat er entgegen den offiziellen Vorschrif- Oper noch ein Vierteljahr zuvor verrissen hatten, feierten sie ten gemeinsam mit seiner Frau Marie-Rose Veber an. Mit nun einhellig als Jahrhundertwerk. Rückblickend bemerkte Werken wie der „Ballade de la Geôle la Reading“ nach Oscar Camille Saint-Saëns, der sich frühzeitig für das Schaffen sei- Wilde und seinem 1924 in Paris uraufgeführtem Orchester- nes drei Jahre jüngeren Komponistenkollegen eingesetzt werk „Escales“ begründete Ibert seine Popularität, die auf hatte, man müsse sich wirklich fragen, „warum dieser bezau- dem derzeit allseits verbreiteten neoklassizistischem Klang­ bernde Musiker, dieser liebenswürdige und fröhliche Bursche idiom basierte. Nach dem Rom-Aufenthalt lebte er in Paris, auf seinem Weg so vielen Hindernissen begegnet“ sei – eine bis er als Inbegriff des kultivierten und leise ironischen fran- Frage, die auch aus heutiger Sicht schwer zu beantworten ist. zösischen Komponisten zum Direktor der Académie Française Eine vergleichbar wechselvolle Rezeptionsgeschichte hatte in Rom ernannt wurde. Nach dem zweiten Weltkrieg über- auch Bizets vor „Carmen“ komponierte Schauspielmusik zu nahm er dann leitende Funktionen an der Pariser Oper und Alphonse Daudets Theaterstück „L’Arlésienne“, das am 30. seit 1955 als Administrateur Général de la Réunion des September 1872 im Pariser Théâtre du Vaudeville erstmals in Thésâtres Lyriques Nationaux die Verwaltungsdirektion beider Szene ging. Noch fünfzig Jahre später erinnerte sich Madame Pariser Oprnhäuser. Daudet, wie ihr das Gelächter und der Lärm des Publikums Iberts Flötenkonzert entstand 1933 und wurde im Folgejahr dann ein weiteres Konzert für Weidingers vollchromatische unter dem Dirigat von Philippe Gabert mit Marcel Moyse Klappentrompete: das Trompetenkonzert von Johann Nepo- als Solisten uraufgeführt. Beide waren Schüler Claude Paul muk Hummel, das laut dem Manuskript am „8. Dezember Taffanels, der als Begründer der französischen Flötenschule 1803“ vollendet und am Neujahrstag 1804 im Schloss Eszter- in die Musikgeschichte einging. „In meinen Konzerten“, háza erstmals aufgeführt wurde. Dieses Werk gilt als erstes schrieb Ibert im Programmheft der Uraufführung, „habe ich Beispiel eines „modernen“ Trompetenkonzertes, in dem sys- den verschiedenen Instrumenten Themen von der Art gege- tematisch auf die neuen technischen Errungenschaften der ben, die ihren besonderen Tonqualitäten entsprechen und Klappentrompete zurückgegriffen wird. Aufgrund der chro- ihren Ausdrucksmöglichkeiten gemäß sind.“ Obgleich der ron- matischen und tonalen Flexibilität des neuen Instrumentes doartige Finalsatz des Werkes umgehend vom Pariser Con­ war es dem Komponisten im groß angelegten ersten Satz servatoire als Prüfungsstück aufgegriffen wurde, konnte sich nicht nur möglich, in entfernte Tonarten zu modulieren, er das gesamte Werk aufgrund seiner exorbitanten technischen konnte der Trompete auch in tiefer Lage ohne Einschränkun- Anforderungen an den Solisten lange Zeit nicht durchsetzen. gen melodische Auf­gaben übertragen. Im folgenden Andante Noch heute gilt es als Gradmesser für Flötisten, da es beson- werden mit fließenden Läufen und Trillern die neuen spiel- dere Virtuosität und musikalische Sensibilität verlangt. technischen Möglichkeiten ebenso ausgenutzt wie im Finale, in dem das Vermögen des Solisten mit zahlreichen Trillern HUMMEL: DAS ERSTE „MODERNE“ TROMPETENKONZERT und Fanfaren in meh­reren Tonarten ein weiteres Mal auf die Während seines ersten Englandaufenthaltes bemerkte Probe gestellt wird. Joseph Haydn bei einigen englischen Trompetern neuartige „Slide Trumpets“, durch deren Züge im Vergleich zur barocken LISZT: „ZAUBER, DER AN’S FABELHAFTE GRENZT“ Naturtrompete nicht nur die Intonation erheblich verbessert Franz Liszt absolvierte eine kometenhafte Solistenkarriere. werden konnte, sondern sich auch die beschränkte Tonan- Als Schöpfer einer modernen Klaviertechnik konnte er Dinge zahl der Naturtonreihe verdoppelte. Man wird davon ausge- „auf dem Klavier hervorzubringen“, die „man allgemein für hen können, dass der Komponist nach seiner Rückkehr nach unmöglich gehalten hat und die bisher tatsächlich unerreich- Wien seinen Freund, den Trompeter Anton Weidinger, von der bar waren“, so Hector Berlioz. Die Zeitgenossen bewunderten technischen Neuerung in Kenntnis setzte. Und obgleich allerdings nicht nur Liszts brillante Technik – „wir haben alle schon aus früherer Zeit experimentelle Instrumente dieser nur ein paar Finger von seinen beiden Händen“ (Johannes Art aus Weimar und Dresden bekannt waren, war es wohl Brahms). Sie ließen sich auch von seiner einzigartigen Aura diese funk­tionsfähige Londoner Erfindung, die Weidinger gefangen nehmen, die es ihm erlaubte, das Publikum im dazu veranlasste, zwischen 1793 und 1796 eine „organisirte „Durcheinanderstürmen der Effekte […] halb taumelnd und Trompete mit Klappen“ zu entwickeln, „mittels derer sich in bewußtlos“ fortzureißen (Ludwig Rellstab) – übten seine Kon- allen Lagen alle chromatischen Töne erzeugen lassen“ – ein zerte laut Heinrich Heine doch „einen Zauber [aus], der an’s Instrument, dessen Klang sich von der heutigen Ventiltrom- Fabelhafte grenzt.“ Kein Wunder also, dass sich die adligen pete durch eine besondere Weichheit des Tons unterscheidet Damen schon mal um die weißen Handschuhe prügelten, die und von den Zeitgenossen mit dem sonoren Klang der Oboe der Superstar wie zufällig auf dem Flügel liegenließ. Hans oder der Kla­rinette verglichen wurde. Um seine neue Erfin- Christian Andersen, der Liszt in Hamburg erlebt hatte, berich- dung der Öffentlichkeit zu präsentieren, hatte Weidinger bei tete von diesem Ereignis: „Gleich einem elektrischen Schlage mehreren Komponisten Trompetenkonzerte in Auftrag gege- durchzuckte es den Saal, als Liszt hereintrat.“ Und Robert ben und am 28. März 1800 eine „große öffentliche Akademie“ Schumann schrieb, nachdem er Liszt 1839 in Dresden gehört angekündigt. Eine der Kompositionen, die bei dieser Akade- hatte, dass dieser „das Ganze hob und schob, wie er eben mie zum ersten Mal erklangen, war das berühmte Trompeten- wollte. Diese Kraft ein Publicum sich zu unterjochen, es zu konzert in Es-Dur von Joseph Haydn. Drei Jahre später folgte heben, tragen und fallen zu lassen, mag wohl bei keinem Künstler, Paganini ausgenommen, in so hohem Grade anzu- VORSCHAU treffen sein.“ Saxophones Bestand für Schumann an Liszts pianistischer Souveränität FR 25.11.2011 | 20 Uhr | Rolf-Liebermann-Studio kein Zweifel, erschienen ihm dessen Kompositionen als zu experimentell – eine Einschätzung, die von vielen Zeitgenos- NDR Bigband sen geteilt wurde. Tatsächlich ermöglichten es Liszt erst der LEITUNG JÖRG ACHIM KELLER Abschied vom Virtuosenleben, die oft skizzenhaft und impro- AMSTEL QUARTET visatorisch unausgeglichene Gestalt seiner früheren Werke Remco Jak Sopransaxophon abzurunden. Typisches Dokument dieses langwierigen Kom- Olivier Sliepen Altsaxophon positionsprozesses ist das zweite Klavierkonzert A-Dur, das Bas Apswoude Tenorsaxophon 1839 in einer ersten Fassung vorlag, die Liszt nicht weniger Ties Mellema Baritonsaxophon als vier Mal revidiert hat. Erst 1861, vier Jahre nach der Wei- marer Uraufführung am 7. Januar 1857, erhielt das Werk seine Auszug aus dem Programm: endgültige Gestalt. JOHANN SEBASTIAN BACH NUN KOMM, DER HEIDEN HEILAND BWV 659 Die lange Entstehungsgeschichte mag auch mit der unge- MAURICE RAVEL wöhnlichen Formanlage in Zusammenhang stehen, die Schu- PAVANE POUR UNE INFANTE DEFUNTE mann als ein „Mittelding zwischen Sinfonie, Konzert und gro- MICHAEL NYMAN ßer Sonate“ beschrieben hat: Das Stück mit dem THE PIANO SINGS ursprünglichen Titel „Concert symphonique“ in dem sich die Konzertform im Sinne einer freien Rhapsodie erweitert, glie- Die NDR Bigband präsentiert die dert sich in sechs ineinander übergehende Abschnitte, Preisträger DES ARRANGEURWETTBEWERBS 2011 in denen träumerisch-verhaltene und energische Charaktere abwechseln. Dabei sind die kontrastierenden Binnenteile thematisch eng miteinander verzahnt, was für Einheit in der Mannigfaltigkeit der Motiv- und Bewegungscharaktere sorgt, deren Bandbreite von romantisch dahintreibender Chromatik bis hin zu harten Staccatotönen in drängendem Rhythmus reicht. Liszt hat in dem Konzert auf die große Solokadenz zugunsten von fünf kleineren Kadenzen verzichtet; neben der hochvirtuosen Präsentation solistischen Könnens überneh- men diese eine formgliederne Funktion, wodurch einmal mehr Liszts zwischen Phantastik und Konstruktion changierendes Denken deutlich wird.

Harald Hodeige IMPRESSUM

Herausgegeben vom Norddeutschen Rundfunk Programmdirektion Hörfunk Bereich Orchester und Chor Rothenbaumchaussee 132 20149 Hamburg E-Mail: [email protected]

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Leitung: Rolf Beck Redaktion NDR Podium der Jungen: Angela Piront Redaktionsassistenz: Annette Martiny Redaktion des Programmheftes: Dr. Harald Hodeige

Der Einführungstext von Dr. Harald Hodeige ist ein Originalbeitrag für den NDR.

Fotos: Tom Merten | OJO | plainpicture (Umschlag) Mario Borggreve (S. 5); Observertoriet (S. 7); Rémi Villagi (S. 9); Marcus Krüger | NDR (S. 11)

NDR Markendesign Gestaltung: Klasse 3b, Hamburg Litho: Otterbach Medien GmbH & Co. Druck: Nehr & Co. GmbH

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des NDR gestattet.

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