Die KPÖ in Der Konzentrationsregierung 1945–1947: Energieminister Karl Altmann WINFRIED R
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12. Jg. / Nr. 3 ALFRED KLAHR GESELLSCHAFT September 2005 MITTEILUNGEN Preis: 1,1– Euro Die KPÖ in der Konzentrationsregierung 1945–1947: Energieminister Karl Altmann WINFRIED R. GARSCHA er im „Österreich-Lexikon“ war – und hier ist den Autoren der Par- Das, was über die Kenntnis einer bis- nach Karl Altmann sucht, fin- teigeschichte zuzustimmen – der Ab- lang unbekannten Facette der öster- Wdet einen dreieinhalbzeilige schluss einer Entwicklung, die bereits reichischen Nachkriegsgeschichte hinaus Eintrag mit den Geburts- und Sterbeda- mit der Ersetzung der kommunistischen am Wirken Altmanns als Energiemini- ten, dem Berufstitel (Obersenatsrat der durch ehemalige Nazi-Polizisten ab dem ster von Interesse ist, bezieht sich vor al- Gemeinde Wien) und der Mitteilung, Frühjahr 1947 in größerem Umfang be- lem auf die Bedingungen, unter denen er dass der KPÖ-Politiker 1945–47 Bun- gonnen hatte und ihren Höhepunkt mit kommunistische Politik betrieb: In einer desminister für Elektrifizierung und En- der Abberufung des kommunistischen absoluten Minderheitsposition als einzi- ergiewirtschaft gewesen sei.1 Leiters des staatspolizeilichen Büros der ger Minister seiner Partei in einer Regie- Auf den immerhin fast 600 Seiten der Bundespolizeidirektion Wien, Heinrich rung, deren übrige Mitglieder in ihm eine KPÖ-Geschichte2 wird Karl Altmann Dürmayer, im September 1947 erreicht Art Agenten der sowjetischen Besat- ganze zwei Mal kurz erwähnt. Einmal im hatte. Der internationale Bezug war der zungsmacht erblickten (was mit ihrem Zusammenhang mit seiner Entsendung 1947 voll ausbrechende Kalte Krieg, in eigenen Selbstverständnis als bedin- in die Bundesregierung als KPÖ-Mini- ganz Nord-, West- und Südeuropa wur- gungslose Parteigänger des „Westens“ ster, der der Partei eine „Kontrollmög- den kommunistische Minister aus den korrelierte), mit einem Beamtenapparat, lichkeit über die Regierungspolitik“ si- Regierungen gedrängt (übrigens viele der – von ganz wenigen, durch ihn selbst chern sollte (S. 349), und ein zweites Monate vor der kommunistischen eingesetzten Spitzenbeamten abgesehen Mal im Zusammenhang mit dem 13. Par- Machtübernahme in Prag, die allerdings – in ihm einen politischen Gegner sah, teitag im April 1946, auf dem Altmann selten in diesen Kontext gestellt wird). und das alles unter den Bedingungen der den Bericht über den organisatorischen Während also das Ausscheiden des vierfachen Besetzung des Landes und Zustand der Partei erstattete (S. 351). letzten kommunistischen Ministers aus seiner Abschottung gegenüber den Thema der Schilderung der Tätigkeit der der österreichischen Regierung schon Nachbarstaaten, auf deren Kohle man KPÖ in der Konzentrationsregierung bisher Thema der Geschichtsschreibung angewiesen war und an die Strom zu lie- sind das Spannungsverhältnis zwischen war, ist seine Tätigkeit als Minister selbst fern war. Was mich beim Studium der Regierungsbeteiligung und Massenaktio- bisher weitestgehend unbekannt, auch Akten beeindruckte, war die Phantasie nen, die von der Parteiführung teilweise innerhalb der KPÖ selbst. Mein Beitrag und Flexibilität, mit der es Altmann ge- gebremst wurden, und das Hinausdrän- verfolgt den Zweck, an Hand einiger we- lang, Schwierigkeiten zu überwinden, gen der KommunistInnen aus der staatli- niger Beispiele zu zeigen, dass es hoch Bündnisse zu schließen, und sich durch chen Verwaltung, vor allem in der Poli- an der Zeit wäre, das politische Wirken Engagement und Fleiß, vor allem aber zei, durch Innenminister Helmer. dieses kommunistischen Juristen und durch die von ihm – mit Hilfe seines Ex- Das Ausscheiden des letzten kommuni- Verwaltungsexperten zu untersuchen, pertenteams – erworbenen fachlichen stischen Ministers aus der Bundesregie- zumal hierfür ein reichhaltiger Aktenbe- Qualifikationen, Ansehen sowohl im ei- rung als Reaktion auf das Währungs- stand im Archiv der KPÖ existiert und genen Haus als auch bei den Minister- schutzgesetz im November 1947 wird nur außerdem die Ministerratsprotokolle der kollegen zu verschaffen. Diese kleine – im Zusammenhang mit der Darstellung Regierung Figl I derzeit der Öffentlich- Gruppe kommunistischer Experten, die der Änderung der Parteilinie im Zuge des keit zugänglich gemacht werden.3 ihm zuarbeitete, hat Durchschriften aller beginnenden Kalten Krieges – in einem Karl Altmann wurde am 8. Jänner 1904 Schriftstücke, die über den Schreibtisch Halbsatz erwähnt. Dass der kommunisti- in Wien geboren und ist hier wenige Tage des Ministers gingen, erhalten, ausge- sche Minister innerhalb der Konzentrati- vor seinem 56. Geburtstag, nämlich am wertet und darauf aufbauend ihre Emp- onsregierung irgendetwas geleistet haben 29. Dezember 1960, gestorben. Er gehör- fehlungen an Altmann formuliert. Der könnte, das über die erwähnte Kontroll- te schon der provisorischen Regierung dabei entstandene Aktenbestand bildet funktion hinausgegangen wäre, ist der Renner an, wo er das Amt des kommuni- die wichtigste Quelle dieses Beitrags.4 Parteigeschichte nicht zu entnehmen; stischen Unterstaatssekretärs für Justiz man hat eher den Eindruck, als wäre die bekleidete; zwischen 20. Dezember 1945 KPÖ und nationale Regierungsbeteiligung etwas, auf das und 20. November 1947 leitete er als ein- Frage 1946/47 man nicht gerade stolz sein kann. ziger kommunistischer Minister in der Eines der zentralen Politikfelder der Das Ausscheiden aus der Regierung Dreiparteienregierung das neu geschaffe- KPÖ in der unmittelbaren Nachkriegs- hatte nichts mit der Tätigkeit des kom- ne Bundesministerium für Elektrifizie- zeit war, entsprechend ihrem seit Mitte munistischen Ministers zu tun, sondern rung und Energiewirtschaft. der dreißiger Jahre entwickelten Selbst- 2 Beiträge verständnis als Bannerträgerin des natio- tionen unterstützt, an deren Organisie- Um seinen Vorschlag einer Gebietsfor- nalen Freiheitskampfes, die nationale rung die KPÖ übrigens einen führenden derung an Deutschland in die Formulie- Frage. Es ist hier nicht der Platz, um über Anteil hatte. Erst mit dem so genannten rung der österreichischen Verhandlungs- die verschiedenen Aspekte der nationa- Gruber-De-Gasperi-Abkommen (5. Sep- position in London einzubringen, wählte len Politik der KPÖ in der unmittelbaren tember 1946) verzichtete Österreich end- Altmann übrigens den Umweg einer In- Nachkriegszeit zu räsonieren. Um Alt- gültig auf die Wiedervereinigung Tirols, tervention bei Bundespräsident Karl manns Wirken auf diesem Politikfeld was auch die österreichische Position ge- Renner, der sich damals aktiv in die Vor- einschätzen zu können (und als Mitglied genüber den damals noch von der So- bereitung der Staatsvertragsverhandlun- der Bundesregierung stand er diesbezüg- wjetunion unterstützten Ansprüchen Ju- gen einschaltete. lich auf einer besonders exponierten Po- goslawiens auf Teile Südkärntens stärkte. Bei der Ausarbeitung der Position ge- sition), ist es aber notwendig, die natio- Interessant ist nun, wie sich der einzige genüber Italien ein Jahr zuvor hatte Alt- nale Politik der KPÖ jener Jahre wenig- kommunistische Minister in dieser Frage mann anders agiert. Drei der sechs Punk- stens kurz zu charakterisieren, zumal positionierte: Forderungen an Deutsch- te einer Note der Bundesregierung an über diese erst jüngst wieder – gestützt land, Entgegenkommen gegenüber Italien. den Alliierten Rat, die am 14. Jänner auf einen Dokumentenfund in einem Obwohl sich im Laufe des Jahres 1946 1946 im Ministerrat behandelt wurde, Moskauer Archiv5 – Auffassungen in das Prinzip der Unantastbarkeit der betrafen Energiefragen, wobei Altmann Umlauf gesetzt wurden, die mit der hi- Grenzen als Regierungslinie durchge- für besonders weitgehende Konzessio- storischen Realität nur wenig zu tun ha- setzt hatte, formulierten Altmanns Be- nen plädierte – sein Ressort beteiligte ben. Obwohl sich diese Politik nach wie amten noch im Vorfeld der Londoner sich an Überlegungen, was Italien alles vor mit den unter maßgeblicher Mitwir- Staatsvertragsverhandlungen im Jänner angeboten werden könnte, um die Über- kung Alfred Klahrs erarbeiteten theoreti- 1947 Grenzberichtigungswünsche ge- gabe Südtirols an Österreich verkraftbar schen Erkenntnissen der Jahre 1936– genüber Deutschland – zwei Grenzstrei- zu machen: Beibehaltung des italieni- 1938 begründet wurde, unterschied sie fen von knapp 20 km² im Achenwald, schen Eigentums an den bestehenden sich im politischen Alltag oft nur gradu- nördlich des Tiroler Achensees. In einem Gesellschaften auch im Falle der geplan- ell vom bürgerlichen Nationalismus der umfangreichen Memorandum7 begrün- ten Verstaatlichung der österreichischen ÖVP. Auch in den KPÖ-Zeitungen und dete der Energieminister die angestrebte Energiewirtschaft und Rücksichtnahmen -Zeitschriften fand sich immer wieder ei- Grenzrevision mit Ausbauplänen für das auf italienische Interessen bei der Er- ne unkritische Überhöhung alles Öster- Achenseewerk bei Jenbach: „Sofern schließung der Wasserkräfte im Raum reichischen im Gegensatz zum Deut- nicht im Gebiet um den Aachenwald aus Kärnten-Salzburg-Tirol. schen, wurde der Faschismus oft als eine anderen Gründen Grenzkorrekturen zu Eine ähnliche Herangehensweise ver- „deutsche“ Angelegenheit und der öster- Gunsten Österreichs vorgenommen wer- folgte das Energieministerium übrigens reichische Nationalsozialismus als etwas den, ist das [...] Gebiet beim Aachenpaß8 auch beim Ausbau des Verbundnetzes „Un-Österreichisches“ hingestellt. und das Aachental nebst dem Zufluß des 1946/47, als italienische Hilfe in An- So verständlich diese Haltung ange- Walchen in die Isar von Deutschland an spruch genommen