Adam Stegerwald – Politik in sozialer Verantwortung

Leben und Vermäachtnis des Gewerkschafters und Politikers aus Unterfranken

Bernhard Forster

Archiv für Christlich-Soziale Politik Archiv für Christlich-Soziale Politik

Stegerwald_U1U4.indd 1-2 16.10.2008 22:16:13 Adam Stegerwald – Politik in sozialer Verantwortung

Leben und Vermäachtnis des Gewerkschafters und Politikers aus Unterfranken

Bernhard Forster

Inhalt

Vorwort 3 1. Vom Schreinergesellen zum Reichsminister – Stegerwalds Leben im Überblick 4 1.1 Arbeiterführer im Kaiserreich 5 1.2 Gewerkschafter und Parlamentarier in der Weimarer Republik 6 1.3 Arbeitsminister in der Zeit der Weltwirtschaftskrise 8 1.4 Erzwungener Rückzug im Nationalsozialismus 8 1.5 Rückkehr auf die politische Bühne in der „Stunde Null“ 10 2. Das Wirken Stegerwalds – ein Beitrag zum sozialen Rechtsstaat der Bundesrepublik 12 2.1 Stegerwald – Verfechter starker, unabhängiger Gewerkschaften 12 2.2 Stegerwald – Vordenker der Sozialen Marktwirtschaft 16 2.3 Stegerwald – Gründervater von CSU und CDU 20 3. Biographische Zeittafel 26 4. Wichtige Veröffentlichungen Stegerwalds 38 5. Ausgewählte Literatur zu Leben und Werk Adam Stegerwalds 39

Arc

Stegerwald_Broschuere_01.indd 1 20.10.2008 16:59:32 Vorwort

Adam Stegerwald wurde am 14. Dezember 1874 in für die sozial Schwachen, für ihre Gleichberechtigung­ Greußenheim bei Würzburg geboren. Aus bescheiden­ in der Gesellschaft und für ihre rechtlich garantierten sten Verhältnissen stammend stieg er in der Kaiserzeit Chancen für einen sozialen Aufstieg durch Bildung weit und der Weimarer Republik zum christlichen Gewerk­ über die Grenzen seiner Zeit und weit über nationale schaftsführer und Spitzenpolitiker auf. Sein politisches Grenzen hinaus. Heute, in einer Zeit der gesellschaft­­ Wirken ist untrennbar mit der Entwicklung der christ­ lichen Umbrüche, gekennzeichnet durch Wertewan­ lichen Gewerkschaften verbunden, die unter seiner del, Globalisierung, neue technische Entwicklungen Führung zur zweitstärksten Arbeiterorganisation im und den demographischen Wandel, stellen sich diese Reich avancierten. Er galt als Garant des Sozialstaates, Fragen auf internationaler Ebene drängender denn je. wobei er den Vorrang des Gemeinwohls vor Stan­ Um das Gefälle und Ungleichgewicht der Weltwirt­ desinteressen betonte und den Ausgleich zwischen schaft zu verringern, sind wirtschaftliche und soziale Arbeitgebern und Arbeitnehmern anstrebte. Bereits Gerechtigkeit, Einhaltung sozialer Mindeststandards während des Ersten Weltkriegs setzte sich Stegerwald, und eine Kultur für weltweite Solidarität erforderlich. allerdings vergeblich, für die interkonfessionelle Öff­ Seine Vision für die Gleichstellung der Arbeiter in nung des Zentrums ein. Auch sein berühmter Aufruf Kirche, Staat und Gesellschaft im nationalen Bereich zur Gründung einer interkonfessionellen, demokrati­ kann heute Ansporn sein für eine Vision für Menschen­ schen, christlichen und sozialen Volkspartei in Essen rechte und soziale Gerechtigkeit auf europäischer und 1920 wurde während der Weimarer Republik nicht internationaler Ebene. umgesetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Zeit jedoch reif für dieses Gedankengut, das nun in den Ich danke Herrn Dr. Bernhard Forster, Biograph Gründungen von CDU und CSU verwirklicht wurde. Adam Stegerwalds, für die Erstellung dieser Broschü­ Adam Stegerwald war neben Josef Müller der maß­ re, für die Herausarbeitung der aktuellen Bezüge und gebliche Vertreter des Unionsgedankens in Bayern derjenigen zentralen Politikfelder, die von der Epoche und mit diesem der Gründer der Christlich-Sozialen Stegerwalds mitten in die Gegenwart aktueller Politik Union. Bis zu seinem Tod im Dezember 1945 wirkte er reichen. Herr Peter Keller, langjähriger Vorsitzen­ für wenige Monate als unterfränkischer Regierungs­ der der Arbeitnehmer-Union der CSU (CSA), gab die präsident am staatlichen Wiederaufbau Bayerns mit. Anregung für diese Veröffentlichung. Ihm als Vorsit­ zendem des Adam-Stegerwald-Kreises, Frau Monika Mit dieser Broschüre erinnert die Hanns-Seidel- Möller-Stegerwald, der Enkelin von Adam Stegerwald, Stiftung an einen Politiker, dessen Name in weiten sowie dem Archiv für Christlich-Demokratische Poli­ Kreisen zu verblassen droht. Tief in der katholischen tik der Konrad-Adenauer-Stiftung danke ich für die Soziallehre verwurzelt, kämpfte Adam Stegerwald großzügige Bereitstellung von Materialien, Fotos und für ein Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell, das Dokumenten, die in dieser Broschüre veröffentlicht weit­gehend dem der Sozialen Marktwirtschaft ent­ werden. spricht, das nach seinem Tod verwirklicht werden konnte. Neben diesem Ideal vom Ausgleich zwischen Kapitalismus und Sozialismus, neben seinem Einsatz Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair für Interkonfessionalismus und für die Gründung der Staatsminister a.D., Senator E.h. Unionsparteien reicht vor allem auch sein Eintreten Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung

2 3

Stegerwald_Broschuere_01.indd 2-3 20.10.2008 16:59:35 Vorwort

Adam Stegerwald wurde am 14. Dezember 1874 in für die sozial Schwachen, für ihre Gleichberechtigung­ Greußenheim bei Würzburg geboren. Aus bescheiden­ in der Gesellschaft und für ihre rechtlich garantierten sten Verhältnissen stammend stieg er in der Kaiserzeit Chancen für einen sozialen Aufstieg durch Bildung weit und der Weimarer Republik zum christlichen Gewerk­ über die Grenzen seiner Zeit und weit über nationale schaftsführer und Spitzenpolitiker auf. Sein politisches Grenzen hinaus. Heute, in einer Zeit der gesellschaft­­ Wirken ist untrennbar mit der Entwicklung der christ­ lichen Umbrüche, gekennzeichnet durch Wertewan­ lichen Gewerkschaften verbunden, die unter seiner del, Globalisierung, neue technische Entwicklungen Führung zur zweitstärksten Arbeiterorganisation im und den demographischen Wandel, stellen sich diese Reich avancierten. Er galt als Garant des Sozialstaates, Fragen auf internationaler Ebene drängender denn je. wobei er den Vorrang des Gemeinwohls vor Stan­ Um das Gefälle und Ungleichgewicht der Weltwirt­ desinteressen betonte und den Ausgleich zwischen schaft zu verringern, sind wirtschaftliche und soziale Arbeitgebern und Arbeitnehmern anstrebte. Bereits Gerechtigkeit, Einhaltung sozialer Mindeststandards während des Ersten Weltkriegs setzte sich Stegerwald, und eine Kultur für weltweite Solidarität erforderlich. allerdings vergeblich, für die interkonfessionelle Öff­ Seine Vision für die Gleichstellung der Arbeiter in nung des Zentrums ein. Auch sein berühmter Aufruf Kirche, Staat und Gesellschaft im nationalen Bereich zur Gründung einer interkonfessionellen, demokrati­ kann heute Ansporn sein für eine Vision für Menschen­ schen, christlichen und sozialen Volkspartei in Essen rechte und soziale Gerechtigkeit auf europäischer und 1920 wurde während der Weimarer Republik nicht internationaler Ebene. umgesetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Zeit jedoch reif für dieses Gedankengut, das nun in den Ich danke Herrn Dr. Bernhard Forster, Biograph Gründungen von CDU und CSU verwirklicht wurde. Adam Stegerwalds, für die Erstellung dieser Broschü­ Adam Stegerwald war neben Josef Müller der maß­ re, für die Herausarbeitung der aktuellen Bezüge und gebliche Vertreter des Unionsgedankens in Bayern derjenigen zentralen Politikfelder, die von der Epoche und mit diesem der Gründer der Christlich-Sozialen Stegerwalds mitten in die Gegenwart aktueller Politik Union. Bis zu seinem Tod im Dezember 1945 wirkte er reichen. Herr Peter Keller, langjähriger Vorsitzen­ für wenige Monate als unterfränkischer Regierungs­ der der Arbeitnehmer-Union der CSU (CSA), gab die präsident am staatlichen Wiederaufbau Bayerns mit. Anregung für diese Veröffentlichung. Ihm als Vorsit­ zendem des Adam-Stegerwald-Kreises, Frau Monika Mit dieser Broschüre erinnert die Hanns-Seidel- Möller-Stegerwald, der Enkelin von Adam Stegerwald, Stiftung an einen Politiker, dessen Name in weiten sowie dem Archiv für Christlich-Demokratische Poli­ Kreisen zu verblassen droht. Tief in der katholischen tik der Konrad-Adenauer-Stiftung danke ich für die Soziallehre verwurzelt, kämpfte Adam Stegerwald großzügige Bereitstellung von Materialien, Fotos und für ein Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell, das Dokumenten, die in dieser Broschüre veröffentlicht weit­gehend dem der Sozialen Marktwirtschaft ent­ werden. spricht, das nach seinem Tod verwirklicht werden konnte. Neben diesem Ideal vom Ausgleich zwischen Kapitalismus und Sozialismus, neben seinem Einsatz Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair für Interkonfessionalismus und für die Gründung der Staatsminister a.D., Senator E.h. Unionsparteien reicht vor allem auch sein Eintreten Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung

2 3

Stegerwald_Broschuere_01.indd 2-3 20.10.2008 16:59:35 1.1 Arbeiterführer im Kaiserreich

Dass Stegerwald einmal zur deutschen Führungs­ elite zählen würde, war ihm nicht in die Wiege ge­ legt. Zur Welt kam er am 14. Dezember 1874 in dem Flecken Greußenheim bei Würzburg, wo seine Eltern Martin und Franziska eine kleine Landwirtschaft besaßen. Nach der Volksschule arbeitete er für zwei Jahre auf dem elterlichen Hof, bevor er mit 15 Jahren eine Schreiner­lehre begann. Anschließend machte er sich auf die „Walz“ durch das Rheinland, die Schweiz, Württemberg und Baden. Halt fand er im katholischen Gesellen­verein, dem er 1893 in Günzburg beitrat und der auch Stegerwalds erste Anlaufstelle war, als er sich 1894 in München niederließ. Der erste, der er­ kannte, welches Potenzial in Stegerwald steckte, war der „rote Kaplan“ Lorenz Huber (1862-1910), der Prä­ ses des Münchner Katholischen Arbeitervereins. Auf seine Vermittlung hin schloss sich Stegerwald dem „Arbeiter­wahl­verein“ der Bayerischen Zentrums­partei und dem Verein „Arbeiterschutz“ an, einer frühen Anlässlich des 25. Gründungsjubiläums der Christlichen Gewerk­ Inter­essenvertretung christlicher Arbeiter. schaften 1924 verfasste Stegerwald eine kurze Autobiographie – noch heute eine wichtige Quelle zu seinem Leben. Stegerwald war von München aus eine der trei­ Foto: Forster benden Kräfte bei der Sammlung seiner Kollegen in eigenen nichtsozialistischen, interkonfessionellen 1. Vom Schreinergesellen zum Reichsminister – Stegerwalds Leben im Überblick Inter­essen­organisationen. 1899 war er maßgeblich Der Gewerkschaftsführer Stegerwald während des Kaiserreiches. Foto: Archiv Möller-Stegerwald an der Gründung der Christlichen Gewerkschaften Als eine der „erstaunlichsten politischen Karrieren der kaiserlichen und der Weimarer Zeit“ hat im Deutschen Reich beteiligt, im selben Jahr wurde zweitgrößten Arbeiter­organisation im Reich nach den der Publizist Theodor Eschenburg einmal das Leben Adam Stegerwalds bezeichnet. Er meinte er zum Vor­sitzenden des Christlichen Holzarbeiter­ eng mit der SPD verbundenen „Freien­­ Gewerkschaften“ damit die Biographie eines Mannes, der aus kleinen Verhältnissen Unterfrankens stammte, zwi­ verbands gewählt. Obwohl dessen Sitz zunächst in ausbaute. Gleichzeitig rief er die „christlich-nationale schen 1900 und 1933 als Gewerkschafter und Politiker an vorderster Stelle Verantwortung trug, im München lag, verlagerte sich der Schwerpunkt der Arbeiterbewegung“ ins Leben, einen lockeren Zusam­ Nationalsozialismus von jeder öffentlichen Betätigung ausgeschlossen war und in seinem letzten Arbeit Stegerwalds ins Rheinland und in das Ruhr­ menschluss zahlreicher nicht­sozialistischer Arbeiter­ Lebensjahr 1945 an den Weichenstellungen für ein demokratisches und soziales Gemeinwesen gebiet, also in die industriellen Ballungszentren des organisationen. Im „Gewerkschaftsstreit“ innerhalb in Deutschland mitwirkte. Stegerwalds Lebensweg rang schon seinen Zeitgenossen Respekt ab, Reiches. Hier kam er mit dem Mönchengladbacher des deutschen Katholizismus, der bis 1912 dauerte, ge­ heute allerdings ist er weitgehend vergessen – und das, obwohl vieles von dem, was er angestoßen „Volksverein für das katholische Deutschland“ in lang es ihm, die inter­konfessionellen Gewerkschaften und verwirklicht hat, auch heute noch, im Zeichen der Globalisierung, von Bedeutung ist. Kontakt, wo er wie viele andere christliche Arbeiter vor Vereinnahmungs­versuchen einzelner katholischer aus einfachen Verhältnissen das intellektuelle Rüst­ Bischöfe zu bewahren, die sie nur allzu gerne ihrer zeug für Leitungsaufgaben in der Arbeiterbewegung Ober­aufsicht unterstellt hätten. erwarb. 1903 ging er nach Köln als Generalsekretär des „Gesamtverbands der Christlichen Gewerkschaften Deutschlands“, den er innerhalb kürzester Zeit zur

4 5

Stegerwald_Broschuere_01.indd 4-5 20.10.2008 16:59:39 1.1 Arbeiterführer im Kaiserreich

Dass Stegerwald einmal zur deutschen Führungs­ elite zählen würde, war ihm nicht in die Wiege ge­ legt. Zur Welt kam er am 14. Dezember 1874 in dem Flecken Greußenheim bei Würzburg, wo seine Eltern Martin und Franziska eine kleine Landwirtschaft besaßen. Nach der Volksschule arbeitete er für zwei Jahre auf dem elterlichen Hof, bevor er mit 15 Jahren eine Schreiner­lehre begann. Anschließend machte er sich auf die „Walz“ durch das Rheinland, die Schweiz, Württemberg und Baden. Halt fand er im katholischen Gesellen­verein, dem er 1893 in Günzburg beitrat und der auch Stegerwalds erste Anlaufstelle war, als er sich 1894 in München niederließ. Der erste, der er­ kannte, welches Potenzial in Stegerwald steckte, war der „rote Kaplan“ Lorenz Huber (1862-1910), der Prä­ ses des Münchner Katholischen Arbeitervereins. Auf seine Vermittlung hin schloss sich Stegerwald dem „Arbeiter­wahl­verein“ der Bayerischen Zentrums­partei und dem Verein „Arbeiterschutz“ an, einer frühen Anlässlich des 25. Gründungsjubiläums der Christlichen Gewerk­ Inter­essenvertretung christlicher Arbeiter. schaften 1924 verfasste Stegerwald eine kurze Autobiographie – noch heute eine wichtige Quelle zu seinem Leben. Stegerwald war von München aus eine der trei­ Foto: Forster benden Kräfte bei der Sammlung seiner Kollegen in eigenen nichtsozialistischen, interkonfessionellen 1. Vom Schreinergesellen zum Reichsminister – Stegerwalds Leben im Überblick Inter­essen­organisationen. 1899 war er maßgeblich Der Gewerkschaftsführer Stegerwald während des Kaiserreiches. Foto: Archiv Möller-Stegerwald an der Gründung der Christlichen Gewerkschaften Als eine der „erstaunlichsten politischen Karrieren der kaiserlichen und der Weimarer Zeit“ hat im Deutschen Reich beteiligt, im selben Jahr wurde zweitgrößten Arbeiter­organisation im Reich nach den der Publizist Theodor Eschenburg einmal das Leben Adam Stegerwalds bezeichnet. Er meinte er zum Vor­sitzenden des Christlichen Holzarbeiter­ eng mit der SPD verbundenen „Freien­­ Gewerkschaften“ damit die Biographie eines Mannes, der aus kleinen Verhältnissen Unterfrankens stammte, zwi­ verbands gewählt. Obwohl dessen Sitz zunächst in ausbaute. Gleichzeitig rief er die „christlich-nationale schen 1900 und 1933 als Gewerkschafter und Politiker an vorderster Stelle Verantwortung trug, im München lag, verlagerte sich der Schwerpunkt der Arbeiterbewegung“ ins Leben, einen lockeren Zusam­ Nationalsozialismus von jeder öffentlichen Betätigung ausgeschlossen war und in seinem letzten Arbeit Stegerwalds ins Rheinland und in das Ruhr­ menschluss zahlreicher nicht­sozialistischer Arbeiter­ Lebensjahr 1945 an den Weichenstellungen für ein demokratisches und soziales Gemeinwesen gebiet, also in die industriellen Ballungszentren des organisationen. Im „Gewerkschaftsstreit“ innerhalb in Deutschland mitwirkte. Stegerwalds Lebensweg rang schon seinen Zeitgenossen Respekt ab, Reiches. Hier kam er mit dem Mönchengladbacher des deutschen Katholizismus, der bis 1912 dauerte, ge­ heute allerdings ist er weitgehend vergessen – und das, obwohl vieles von dem, was er angestoßen „Volksverein für das katholische Deutschland“ in lang es ihm, die inter­konfessionellen Gewerkschaften und verwirklicht hat, auch heute noch, im Zeichen der Globalisierung, von Bedeutung ist. Kontakt, wo er wie viele andere christliche Arbeiter vor Vereinnahmungs­versuchen einzelner katholischer aus einfachen Verhältnissen das intellektuelle Rüst­ Bischöfe zu bewahren, die sie nur allzu gerne ihrer zeug für Leitungsaufgaben in der Arbeiterbewegung Ober­aufsicht unterstellt hätten. erwarb. 1903 ging er nach Köln als Generalsekretär des „Gesamtverbands der Christlichen Gewerkschaften Deutschlands“, den er innerhalb kürzester Zeit zur

4 5

Stegerwald_Broschuere_01.indd 4-5 20.10.2008 16:59:39 Im Ersten Weltkrieg unterstützte Stegerwald die waren und weil es mit der SPD fernab von weltan­ kaiserliche Außen- und Kriegszielpolitik innerhalb des schaulichen Prinzipienfragen immer wieder sozialpo­ nationalen „Burgfriedens“ und er nahm deswegen litische Berührungspunkte gab. In gängige Schemen auch zum Teil massive Einschnitte für die Arbeiter im ließ sich Stegerwald daher nur schwerlich einordnen: Rahmen der Kriegswirtschaft in Kauf. Dafür konnte In sozialer Hinsicht zählte er zum linken Zentrums­ er gemeinsam mit den Freien Gewerkschaften weg­ flügel, während er in Fragen wie der Außenpolitik oft weisende rechtliche Verbesserungen für die Arbeiter an der Seite der rechts stehenden Parteien DVP und durchsetzen – vor allem Ansätze zu einer gesetzlich DNVP zu finden war. Eine Belastung für die Partei garantierten Mitbestimmung. In dieser Zeit übernahm waren seine heftigen Auseinandersetzungen­ mit dem Stegerwald erste staatliche Ämter: 1916 wurde er Vor­ republikanischen Parteiflügel, vor allem mit Matthias standsmitglied im „Kriegsernährungsamt“, 1917 wurde Erzberger (1875-1921) und (1879-1956). er, der Arbeiter, Bayer und Katholik, von Wilhelm II. in Dennoch war Stegerwald mit den Gewerkschaften und das Preußische Herrenhaus berufen, die erste Kammer dem DGB als Hausmacht im Rücken die graue Eminenz des Preußischen Landtages. im Zentrum, zumal die christlichen Arbeiter in der Reichs­tags­fraktion die größte Einzelgruppe stellten. 1.2 Gewerkschafter und Parlamentarier Ohne sein Placet war kaum eine Entscheidung in den in der Weimarer Republik Partei­gremien möglich – nicht nur in der Sozial­politik, die sein Haupt­betätigungsfeld war. Zwischen 1919 und „Wir bleiben Monarchisten auch in der Zukunft“, so 1933 gab es zudem kaum eine Regierungsbildung, bei schrieb Stegerwald noch im Oktober 1918, und dennoch der er nicht für ein wichtiges Amt genannt wurde. fand er sich nach der Revolution im November 1918 Dass Stegerwald meistens doch nicht zum Zug kam, mit der Republik als Staatsform ab. Aber nicht nur Die Sorge für Kinder aus sozial schwachen Familien – bereits für hatte mehrere Gründe. Zum einen konnte er sich mit Stegerwald eine Kernaufgabe jeder Sozialpolitik, wie er 1920 in das: Bis zur Macht­ergreifung Hitlers 1933 ver­teidigte dieser Schrift leidenschaftlich darlegte. seinem eminenten Gestaltungswillen nicht entschei­ der „Ver­nunft­republikaner“ die Demokratie resolut Foto: Forster den, ob er mehr in der Politik daheim sein wollte gegen radikale Umsturzbestrebungen, egal von in der Weimarer Nationalversammlung, anschließend oder in den Gewerkschaften. So beklagte man sich welcher Seite. Gemeinsam mit den Freien Gewerk­ im Reichstag, bis 1921 auch in der preußischen Landes­ im Zentrum, dass er die Partei für gewerkschaftliche schaften wirkte Stegerwald 1918/19 am „Stinnes- versammlung, 1919 bis 1921 hatte er das neu geschaf­ Ziele missbrauchen wolle, während sich die Gewerk­ Legien-Ab­kommen“ zwischen den Gewerkschaften fene Amt des preußischen Volks­wohlfahrts­ministers schafter beschwerten, dass er die Arbeiterbewegung­ und den Wirt­schafts­­verbänden mit, was während inne, 1921 war er für mehrere Monate preußischer Mi­ für die Partei­politik instrumentalisiere. Zum anderen der Re­volution erheblich zur Ent­spannung der innen­ nisterpräsident. Zudem gehörte er dem Vorstand der warf man ihm seine Verbindungen zur DVP und DNVP politischen Lage beitrug. Gleichzeitig­ gründete er Zentrumspartei und einer ganzen Reihe von Führungs­ vor. Diese Konflikte waren mit ein Grund, warum den christlich-nationalen „Deutsch-Demo­kratischen gremien verschiedener Gesellschaften und politischer das „Essener Programm“ von 1920 scheiterte, in dem Ge­werkschafts­­­bund“ (DDGB; ­ab 1919 „Deutscher Ge­ Zirkel wie dem „Volksverein“ und der „Gesellschaft für Stegerwald aus dem DGB heraus die Gründung einer werk­schafts­­bund“ DGB). In ihm waren neben den soziale Reform“ an – all das zusätzlich zu seinen Funkti­ inter­konfessionellen christlich-sozialen Volkspartei Christ­lichen Gewerkschaften zahl­reiche An­gestellten- onen in den Christlichen Gewerkschaften und im DGB. forderte, um die Zersplitterung des Weimarer Parteien­ und Beamten­orga­nisa­tionen ver­treten, darunter Diese Vernetzung, um nicht zu sagen Ämterhäufung, systems zu überwinden. auch solche von zweifelhafter demo­kratischer führte dazu, dass Stegerwald zu einem der wichtigs­ Zum Eklat führten die Rollenkonflikte Stegerwalds im Gesinnung wie der „Deutsch­nationale Handlungs­ ten Politiker der Weimarer Republik überhaupt wur­ Zu­sammen­hang mit der Beamten­besoldungs­reform

gehilfenverband“. de. In sämtliche politische Lager hinein unterhielt er 1927, als das vom Zentrumsvorsitzenden Wilhelm Eines von mehreren offiziellen Porträts aus der Zeit der Weimarer Republik. Auf staatstragendes Auftreten legte Nach der Revolution 1918 übernahm Stegerwald Beziehungen, weil die christlichen Gewerkschafter in Marx (1863-1946) geführte Kabinett den Staats­dienern Stegerwald zeitlebens Wert. wichtige politische Ämter. So war er 1919/20 Mitglied den verschiedenen bürgerlichen Parteien beheimatet eine groß­zügige Gehaltserhöhung zugestand, die die Foto: Archiv Möller-Stegerwald

6 7

Stegerwald_Broschuere_01.indd 6-7 20.10.2008 16:59:43 Im Ersten Weltkrieg unterstützte Stegerwald die waren und weil es mit der SPD fernab von weltan­ kaiserliche Außen- und Kriegszielpolitik innerhalb des schaulichen Prinzipienfragen immer wieder sozialpo­ nationalen „Burgfriedens“ und er nahm deswegen litische Berührungspunkte gab. In gängige Schemen auch zum Teil massive Einschnitte für die Arbeiter im ließ sich Stegerwald daher nur schwerlich einordnen: Rahmen der Kriegswirtschaft in Kauf. Dafür konnte In sozialer Hinsicht zählte er zum linken Zentrums­ er gemeinsam mit den Freien Gewerkschaften weg­ flügel, während er in Fragen wie der Außenpolitik oft weisende rechtliche Verbesserungen für die Arbeiter an der Seite der rechts stehenden Parteien DVP und durchsetzen – vor allem Ansätze zu einer gesetzlich DNVP zu finden war. Eine Belastung für die Partei garantierten Mitbestimmung. In dieser Zeit übernahm waren seine heftigen Auseinandersetzungen­ mit dem Stegerwald erste staatliche Ämter: 1916 wurde er Vor­ republikanischen Parteiflügel, vor allem mit Matthias standsmitglied im „Kriegsernährungsamt“, 1917 wurde Erzberger (1875-1921) und Joseph Wirth (1879-1956). er, der Arbeiter, Bayer und Katholik, von Wilhelm II. in Dennoch war Stegerwald mit den Gewerkschaften und das Preußische Herrenhaus berufen, die erste Kammer dem DGB als Hausmacht im Rücken die graue Eminenz des Preußischen Landtages. im Zentrum, zumal die christlichen Arbeiter in der Reichs­tags­fraktion die größte Einzelgruppe stellten. 1.2 Gewerkschafter und Parlamentarier Ohne sein Placet war kaum eine Entscheidung in den in der Weimarer Republik Partei­gremien möglich – nicht nur in der Sozial­politik, die sein Haupt­betätigungsfeld war. Zwischen 1919 und „Wir bleiben Monarchisten auch in der Zukunft“, so 1933 gab es zudem kaum eine Regierungsbildung, bei schrieb Stegerwald noch im Oktober 1918, und dennoch der er nicht für ein wichtiges Amt genannt wurde. fand er sich nach der Revolution im November 1918 Dass Stegerwald meistens doch nicht zum Zug kam, mit der Republik als Staatsform ab. Aber nicht nur Die Sorge für Kinder aus sozial schwachen Familien – bereits für hatte mehrere Gründe. Zum einen konnte er sich mit Stegerwald eine Kernaufgabe jeder Sozialpolitik, wie er 1920 in das: Bis zur Macht­ergreifung Hitlers 1933 ver­teidigte dieser Schrift leidenschaftlich darlegte. seinem eminenten Gestaltungswillen nicht entschei­ der „Ver­nunft­republikaner“ die Demokratie resolut Foto: Forster den, ob er mehr in der Politik daheim sein wollte gegen radikale Umsturzbestrebungen, egal von in der Weimarer Nationalversammlung, anschließend oder in den Gewerkschaften. So beklagte man sich welcher Seite. Gemeinsam mit den Freien Gewerk­ im Reichstag, bis 1921 auch in der preußischen Landes­ im Zentrum, dass er die Partei für gewerkschaftliche schaften wirkte Stegerwald 1918/19 am „Stinnes- versammlung, 1919 bis 1921 hatte er das neu geschaf­ Ziele missbrauchen wolle, während sich die Gewerk­ Legien-Ab­kommen“ zwischen den Gewerkschaften fene Amt des preußischen Volks­wohlfahrts­ministers schafter beschwerten, dass er die Arbeiterbewegung­ und den Wirt­schafts­­verbänden mit, was während inne, 1921 war er für mehrere Monate preußischer Mi­ für die Partei­politik instrumentalisiere. Zum anderen der Re­volution erheblich zur Ent­spannung der innen­ nisterpräsident. Zudem gehörte er dem Vorstand der warf man ihm seine Verbindungen zur DVP und DNVP politischen Lage beitrug. Gleichzeitig­ gründete er Zentrumspartei und einer ganzen Reihe von Führungs­ vor. Diese Konflikte waren mit ein Grund, warum den christlich-nationalen „Deutsch-Demo­kratischen gremien verschiedener Gesellschaften und politischer das „Essener Programm“ von 1920 scheiterte, in dem Ge­werkschafts­­­bund“ (DDGB; ­ab 1919 „Deutscher Ge­ Zirkel wie dem „Volksverein“ und der „Gesellschaft für Stegerwald aus dem DGB heraus die Gründung einer werk­schafts­­bund“ DGB). In ihm waren neben den soziale Reform“ an – all das zusätzlich zu seinen Funkti­ inter­konfessionellen christlich-sozialen Volkspartei Christ­lichen Gewerkschaften zahl­reiche An­gestellten- onen in den Christlichen Gewerkschaften und im DGB. forderte, um die Zersplitterung des Weimarer Parteien­ und Beamten­orga­nisa­tionen ver­treten, darunter Diese Vernetzung, um nicht zu sagen Ämterhäufung, systems zu überwinden. auch solche von zweifelhafter demo­kratischer führte dazu, dass Stegerwald zu einem der wichtigs­ Zum Eklat führten die Rollenkonflikte Stegerwalds im Gesinnung wie der „Deutsch­nationale Handlungs­ ten Politiker der Weimarer Republik überhaupt wur­ Zu­sammen­hang mit der Beamten­besoldungs­reform

gehilfenverband“. de. In sämtliche politische Lager hinein unterhielt er 1927, als das vom Zentrumsvorsitzenden Wilhelm Eines von mehreren offiziellen Porträts aus der Zeit der Weimarer Republik. Auf staatstragendes Auftreten legte Nach der Revolution 1918 übernahm Stegerwald Beziehungen, weil die christlichen Gewerkschafter in Marx (1863-1946) geführte Kabinett den Staats­dienern Stegerwald zeitlebens Wert. wichtige politische Ämter. So war er 1919/20 Mitglied den verschiedenen bürgerlichen Parteien beheimatet eine groß­zügige Gehaltserhöhung zugestand, die die Foto: Archiv Möller-Stegerwald

6 7

Stegerwald_Broschuere_01.indd 6-7 20.10.2008 16:59:43 Lohnzuwächse der Arbeiter bei weitem überstieg. Der von Hindenburg auf die Entlassung des als „Gewerk­ Illusion hingab, man könne in begrenztem Umfang Leben, sein Sohn Heinrich fiel im Oktober 1943, seine als aufbrausend berüchtigte Stegerwald holte nun zu schafter“ und als „Bolschewist“ verschrienen Steger­ im „neuen Staat“ mitarbeiten, um Schlimmeres Söhne Paul und Wilhelm wurden an der Front schwer einer öffentlichen Abrechnung mit seiner Partei aus, wald hinzuwirken. Als Brüning im Mai 1932 gestürzt zu verhindern. Überhaupt war seine Haltung zum verletzt. 1944 wurden zudem seine beiden Häuser in über deren Heftigkeit auch der politische Gegner nur wurde, lag das auch daran, dass man Stegerwald aus National­sozialismus von nun an zweideutig. So setzte Berlin ausgebombt. Im März 1944 kehrte er mit seiner staunen konnte. Die Quittung dafür bekam er wenige dem Amt jagen wollte. er sich gegen die warnenden Stimmen seines eben­ Frau Kreszenz nach Greußenheim zurück, wo er seit Monate später, als er im Dezember 1928 als zunächst falls aus Unterfranken stammenden Zöglings in Partei über 50 Jahren nicht mehr gelebt hatte. Obwohl er aussichtsreichster Kandidat für den Parteivorsitz auf und Gewerkschaft, Jakob Kaiser (1888-1961), für die nicht in das Attentat vom 20. Juli 1944 verwickelt war, dem Parteitag in Köln in einer Kampfabstimmung Zustimmung seiner Fraktion zum Ermächtigungs­ wurde er am 24. August verhaftet und in Würzburg ge­ gegen den Prälaten (1881-1952) mit Pau­ gesetz vom 23. März 1933 ein, mit dem Hitler die fangen gesetzt. Nach seiner Freilassung am 19. Oktober ken und Trompeten durchfiel – bis dahin seine größte Machtergreifung besiegelte. Wie sehr sich Stegerwald 1944 verbrachte Stegerwald die letzten Kriegsmonate Niederlage. Stegerwald gab nun seine Ämter in den in Hitler täuschte, bekam er bald zu spüren: Im Mai in Greußenheim. Christlichen Gewerkschaften und im DGB auf und wurden die Christlichen Gewerkschaften zwangsweise übernahm kurzzeitig den Fraktionsvorsitz im Reichs­ der „Deutschen Arbeitsfront“ unterstellt, im Juli löste tag, bevor er im April 1929 als Verkehrsminister in das sich die Zentrumspartei auf, ihre Mandate fielen an Kabinett der Großen Koalition unter Hermann Müller die NSDAP. Innerhalb eines halben Jahres war damit (1876-1931, SPD) eintrat. Seine Stimme hatte in den das Lebenswerk Stegerwalds zerstört, ihm selbst jede Gremien der Christlichen Gewerkschaften aber weiter Möglichkeit für eine weitere öffentliche Betätigung Gewicht, und er konnte weiterhin auf den Rückhalt bei genommen. seinen Kollegen zählen. Als „Systempolitiker“ wurde Stegerwald in den kom­ menden Jahren von den Machthabern schikaniert und 1.3 Arbeitsminister in der Zeit der überwacht. 1934 entkam er seiner wahrscheinlichen Weltwirtschaftskrise Ermordung während des „Röhm-Putsches“ nur, weil er rechtzeitig davor gewarnt worden war. Für kurze Dies war von entscheidender Bedeutung, als Steger­ Zeit tauchte er unter, stritt sich dann mit der Reichs­ wald 1930 zum Arbeitsminister im Kabinett seines regierung erfolgreich um seine Altersversorgung früheren persönlichen Referenten Heinrich Brüning und fand sich schließlich mit dem Leben eines un­ Ein Plakat der Zentrumspartei zu den Reichstagswahlen von 1930, (1885-1970) berufen wurde, ein Amt, für das er in der die im Zeichen des rasanten Aufstiegs von Nationalsozialismus und politischen Ruhe­ständlers in Berlin ab, wo er seit 1921 Kommunismus standen. Das Zentrum empfahl sich den Wählern Zeit der Weltwirtschaftskrise geradezu prädestiniert ganz im Sinne Stegerwalds als Partei der politischen Mitte und wohnte. Von weiteren Drangsalierungen unbehelligt, schien, angesichts der immensen Haushaltslöcher, Brücke zwischen den Extremen des politischen Spektrums. begann er nun, sich in Briefen und Exposés mit der Fra­ Foto: Archiv für Christlich-Demokratische Politik der schier unlösbaren Finanzierungsprobleme in der ge zu beschäftigen, ob die katholische Kirche sich nicht Sozial­versicherung, der Massenarbeitslosigkeit und der mit Hitler arrangieren müsse, um das Überleben des fast bürgerkriegsähnlichen Radikalisierung mit dem 1.4 Erzwungener Rückzug im Katholi­zismus im Dritten Reich zu sichern, eine Frage, 1932, während der Weltwirtschaftskrise, entstand diese Porträt­ skizze des bekannten Pressezeichners Emil Stumpp. rasanten Anwachsen von NSDAP und KPD. Stegerwald Nationalsozialismus die Stegerwald rundweg bejahte. Dass Hitler lange Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik unterstützte in den Grundlinien die Deflationspolitik­ an der Macht bleiben würde, war der Ausgangs­punkt Brünings. Als aber die Industrieverbände immer schär­ Schon in seiner Zeit als Arbeitsminister war seiner Über­legungen. Der Widerstandskreis um Jakob fere einseitige Einschnitte auf Kosten der Arbeiter und Stegerwald ein entschiedener Gegner des National­ Kaiser strich ihn daraufhin wieder von den Kabinetts­ Arbeits­losen zur Sanierung der Wirtschaft verlangten, sozialismus. Bei einem Wahlkampfauftritt am 21. listen, die für die Zeit nach einem geglückten Attentat ging er auf Distanz zum Kanzler. Gleichzeitig machte Februar 1933 in wurde er deswegen sogar von auf Hitler bereits fertig in der Schublade lagen. er sich für staatliche Arbeitsbeschaffungsprogramme einem SA-Trupp niedergeschlagen. Umso er­staun­ Die Grausamkeiten des Krieges bekam Stegerwald stark, vor allem für Siedlungsprojekte. Das wiederum licher war es daher, dass er sich nach dem Sieg Adolf in aller Härte zu spüren: Einer seiner Brüder kam bei bestärkte seine Gegner, beim Reichspräsidenten Paul Hitlers bei den Reichstagswahlen vom 5. März 1933 der einem Bombenangriff auf Frankfurt am Main ums

8 9

Stegerwald_Broschuere_01.indd 8-9 20.10.2008 16:59:44 Lohnzuwächse der Arbeiter bei weitem überstieg. Der von Hindenburg auf die Entlassung des als „Gewerk­ Illusion hingab, man könne in begrenztem Umfang Leben, sein Sohn Heinrich fiel im Oktober 1943, seine als aufbrausend berüchtigte Stegerwald holte nun zu schafter“ und als „Bolschewist“ verschrienen Steger­ im „neuen Staat“ mitarbeiten, um Schlimmeres Söhne Paul und Wilhelm wurden an der Front schwer einer öffentlichen Abrechnung mit seiner Partei aus, wald hinzuwirken. Als Brüning im Mai 1932 gestürzt zu verhindern. Überhaupt war seine Haltung zum verletzt. 1944 wurden zudem seine beiden Häuser in über deren Heftigkeit auch der politische Gegner nur wurde, lag das auch daran, dass man Stegerwald aus National­sozialismus von nun an zweideutig. So setzte Berlin ausgebombt. Im März 1944 kehrte er mit seiner staunen konnte. Die Quittung dafür bekam er wenige dem Amt jagen wollte. er sich gegen die warnenden Stimmen seines eben­ Frau Kreszenz nach Greußenheim zurück, wo er seit Monate später, als er im Dezember 1928 als zunächst falls aus Unterfranken stammenden Zöglings in Partei über 50 Jahren nicht mehr gelebt hatte. Obwohl er aussichtsreichster Kandidat für den Parteivorsitz auf und Gewerkschaft, Jakob Kaiser (1888-1961), für die nicht in das Attentat vom 20. Juli 1944 verwickelt war, dem Parteitag in Köln in einer Kampfabstimmung Zustimmung seiner Fraktion zum Ermächtigungs­ wurde er am 24. August verhaftet und in Würzburg ge­ gegen den Prälaten Ludwig Kaas (1881-1952) mit Pau­ gesetz vom 23. März 1933 ein, mit dem Hitler die fangen gesetzt. Nach seiner Freilassung am 19. Oktober ken und Trompeten durchfiel – bis dahin seine größte Machtergreifung besiegelte. Wie sehr sich Stegerwald 1944 verbrachte Stegerwald die letzten Kriegsmonate Niederlage. Stegerwald gab nun seine Ämter in den in Hitler täuschte, bekam er bald zu spüren: Im Mai in Greußenheim. Christlichen Gewerkschaften und im DGB auf und wurden die Christlichen Gewerkschaften zwangsweise übernahm kurzzeitig den Fraktionsvorsitz im Reichs­ der „Deutschen Arbeitsfront“ unterstellt, im Juli löste tag, bevor er im April 1929 als Verkehrsminister in das sich die Zentrumspartei auf, ihre Mandate fielen an Kabinett der Großen Koalition unter Hermann Müller die NSDAP. Innerhalb eines halben Jahres war damit (1876-1931, SPD) eintrat. Seine Stimme hatte in den das Lebenswerk Stegerwalds zerstört, ihm selbst jede Gremien der Christlichen Gewerkschaften aber weiter Möglichkeit für eine weitere öffentliche Betätigung Gewicht, und er konnte weiterhin auf den Rückhalt bei genommen. seinen Kollegen zählen. Als „Systempolitiker“ wurde Stegerwald in den kom­ menden Jahren von den Machthabern schikaniert und 1.3 Arbeitsminister in der Zeit der überwacht. 1934 entkam er seiner wahrscheinlichen Weltwirtschaftskrise Ermordung während des „Röhm-Putsches“ nur, weil er rechtzeitig davor gewarnt worden war. Für kurze Dies war von entscheidender Bedeutung, als Steger­ Zeit tauchte er unter, stritt sich dann mit der Reichs­ wald 1930 zum Arbeitsminister im Kabinett seines regierung erfolgreich um seine Altersversorgung früheren persönlichen Referenten Heinrich Brüning und fand sich schließlich mit dem Leben eines un­ Ein Plakat der Zentrumspartei zu den Reichstagswahlen von 1930, (1885-1970) berufen wurde, ein Amt, für das er in der die im Zeichen des rasanten Aufstiegs von Nationalsozialismus und politischen Ruhe­ständlers in Berlin ab, wo er seit 1921 Kommunismus standen. Das Zentrum empfahl sich den Wählern Zeit der Weltwirtschaftskrise geradezu prädestiniert ganz im Sinne Stegerwalds als Partei der politischen Mitte und wohnte. Von weiteren Drangsalierungen unbehelligt, schien, angesichts der immensen Haushaltslöcher, Brücke zwischen den Extremen des politischen Spektrums. begann er nun, sich in Briefen und Exposés mit der Fra­ Foto: Archiv für Christlich-Demokratische Politik der schier unlösbaren Finanzierungsprobleme in der ge zu beschäftigen, ob die katholische Kirche sich nicht Sozial­versicherung, der Massenarbeitslosigkeit und der mit Hitler arrangieren müsse, um das Überleben des fast bürgerkriegsähnlichen Radikalisierung mit dem 1.4 Erzwungener Rückzug im Katholi­zismus im Dritten Reich zu sichern, eine Frage, 1932, während der Weltwirtschaftskrise, entstand diese Porträt­ skizze des bekannten Pressezeichners Emil Stumpp. rasanten Anwachsen von NSDAP und KPD. Stegerwald Nationalsozialismus die Stegerwald rundweg bejahte. Dass Hitler lange Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik unterstützte in den Grundlinien die Deflationspolitik­ an der Macht bleiben würde, war der Ausgangs­punkt Brünings. Als aber die Industrieverbände immer schär­ Schon in seiner Zeit als Arbeitsminister war seiner Über­legungen. Der Widerstandskreis um Jakob fere einseitige Einschnitte auf Kosten der Arbeiter und Stegerwald ein entschiedener Gegner des National­ Kaiser strich ihn daraufhin wieder von den Kabinetts­ Arbeits­losen zur Sanierung der Wirtschaft verlangten, sozialismus. Bei einem Wahlkampfauftritt am 21. listen, die für die Zeit nach einem geglückten Attentat ging er auf Distanz zum Kanzler. Gleichzeitig machte Februar 1933 in Krefeld wurde er deswegen sogar von auf Hitler bereits fertig in der Schublade lagen. er sich für staatliche Arbeitsbeschaffungsprogramme einem SA-Trupp niedergeschlagen. Umso er­staun­ Die Grausamkeiten des Krieges bekam Stegerwald stark, vor allem für Siedlungsprojekte. Das wiederum licher war es daher, dass er sich nach dem Sieg Adolf in aller Härte zu spüren: Einer seiner Brüder kam bei bestärkte seine Gegner, beim Reichspräsidenten Paul Hitlers bei den Reichstagswahlen vom 5. März 1933 der einem Bombenangriff auf Frankfurt am Main ums

8 9

Stegerwald_Broschuere_01.indd 8-9 20.10.2008 16:59:44 1.5 Rückkehr auf die politische Bühne in der „Stunde Null“

Mit der Kapitulation des Deutschen Reiches am Entlassung Schäffers als Minister­präsident am 28. Sep­ 8. Mai 1945 war Stegerwald das vergönnt, was er tember 1945 durch die US-Administration seine Hände seit 1933 insgeheim gehofft hatte: Die Rückkehr auf im Spiel hatte, war in den Anfangsjahren­ der CSU, ne­ die politische Bühne. Für ihn als „nationalbewußten ben grundlegenden Differenzen über ihre inhaltliche Deutschen“, wie er sich selbst nannte, war es aber Ausrichtung, ein heikler Punkt bei den Flügel­­kämpfen klar, dass er sich erst nach vollzogener Kapitulation innerhalb der Partei. bereit erklärte, Regierungspräsident von Mainfranken Bei allem Engagement für Mainfranken widmete zu werden. Dieses Amt hatten ihm die US-Truppen sich Stegerwald in erster Linie der Verwirklichung auf Empfehlung des im amerikanischen Exil lebenden jener interkonfessionellen, schichtenübergreifenden Heinrich Brüning bei ihrem Einmarsch in Greußen­ christlich-sozialen und demokratischen Volkspartei, heim am 22. April angeboten. Stegerwald konnte zwar die er 1920 mit dem „Essener Programm“ vergeblich zeitlebens seinen fränkischen Dialekt nicht verleug­ erstrebt hatte. Während Stegerwald an der Gründung nen, wie auf den wenigen von ihm erhaltenen Ton­ der CSU in Würzburg am 13. Oktober noch direkt be­ dokumenten zu hören ist. Aber als ausgesprochenen teiligt war, durfte er die Gründung von CSU und CDU Franken sah er sich nie. Das änderte freilich nichts dar­ als über­regionale Parteien nicht mehr miterleben. an, dass er als Regierungspräsident alles daran setzte, Ende November 1945 erkrankte er an Grippe und die Lebensbedingungen der Menschen in und um das Bronchitis, am Morgen des 3. Dezember schloss er in schwer zerstörte Würzburg so schnell wie möglich zu Würzburg für immer die Augen. Nicht gerade zu seiner verbessern. Tatsächlich gelang es ihm innerhalb weni­ Genesung trug ein Artikel der „Frankfurter Rundschau“ ger Monate durch geschicktes Lavieren zwischen der vom 30. November bei, in dem er teilweise zutreffend, bayerischen Regierung unter Ministerpräsident Fritz größtenteils aber bloß verleumderisch mit seinen Ge­ Schäffer (1888-1967, CSU), den Militärbehörden sowie dankenspielen während der NS-Zeit konfrontiert wur­ den Landräten und Bürgermeistern, Mainfranken zu de. Stegerwald soll dem Pamphlet kaum Bedeutung einem „Musterbezirk“ zu machen, wie die Würzburger zugemessen haben, in Würzburg allerdings wurde es „Main-Post“ im Dezember 1945 schrieb. viel diskutiert. Bei der Beisetzung auf dem dortigen

Stegerwalds Ambitionen gingen weit über Franken Hauptfriedhof waren sich alle Redner einig, dass mit In seiner letzten Publikation entwarf Stegerwald ein umfangreiches hinaus. So rechnete er im Herbst 1945 damit, von den Stegerwald ein Mann abgetreten war, der sich wie Konzept für den staatlichen Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie erschien posthum 1946. US-Behörden zum Nachfolger Schäffers in München kaum ein zweiter um das deutsche Gemeinwesen Foto: Forster berufen zu werden, ja er sah sich schon als Mitglied verdient gemacht hatte und dessen Erfahrungen beim einer späteren deutschen Zentralregierung, wenn Wiederaufbau Deutschlands von großem Nutzen ge­ nicht sogar als erster deutscher Nachkriegskanzler. Bei wesen wären. den Amerikanern genoss er höchsten Respekt, ganz anders als bei vielen seiner Landsleute in Altbayern, bei denen er als „verpreußter Bayer“ und als Autokrat verschrien war – letzteres nicht ganz zu Unrecht. Bei der Staatsregierung in München zum Beispiel war er wegen der Alleingänge in seinem „Herzogtum Unter­ franken“ berüchtigt. Die Frage, ob Stegerwald bei der

10 11

Stegerwald_Broschuere_01.indd 10-11 20.10.2008 16:59:47 1.5 Rückkehr auf die politische Bühne in der „Stunde Null“

Mit der Kapitulation des Deutschen Reiches am Entlassung Schäffers als Minister­präsident am 28. Sep­ 8. Mai 1945 war Stegerwald das vergönnt, was er tember 1945 durch die US-Administration seine Hände seit 1933 insgeheim gehofft hatte: Die Rückkehr auf im Spiel hatte, war in den Anfangsjahren­ der CSU, ne­ die politische Bühne. Für ihn als „nationalbewußten ben grundlegenden Differenzen über ihre inhaltliche Deutschen“, wie er sich selbst nannte, war es aber Ausrichtung, ein heikler Punkt bei den Flügel­­kämpfen klar, dass er sich erst nach vollzogener Kapitulation innerhalb der Partei. bereit erklärte, Regierungspräsident von Mainfranken Bei allem Engagement für Mainfranken widmete zu werden. Dieses Amt hatten ihm die US-Truppen sich Stegerwald in erster Linie der Verwirklichung auf Empfehlung des im amerikanischen Exil lebenden jener interkonfessionellen, schichtenübergreifenden Heinrich Brüning bei ihrem Einmarsch in Greußen­ christlich-sozialen und demokratischen Volkspartei, heim am 22. April angeboten. Stegerwald konnte zwar die er 1920 mit dem „Essener Programm“ vergeblich zeitlebens seinen fränkischen Dialekt nicht verleug­ erstrebt hatte. Während Stegerwald an der Gründung nen, wie auf den wenigen von ihm erhaltenen Ton­ der CSU in Würzburg am 13. Oktober noch direkt be­ dokumenten zu hören ist. Aber als ausgesprochenen teiligt war, durfte er die Gründung von CSU und CDU Franken sah er sich nie. Das änderte freilich nichts dar­ als über­regionale Parteien nicht mehr miterleben. an, dass er als Regierungspräsident alles daran setzte, Ende November 1945 erkrankte er an Grippe und die Lebensbedingungen der Menschen in und um das Bronchitis, am Morgen des 3. Dezember schloss er in schwer zerstörte Würzburg so schnell wie möglich zu Würzburg für immer die Augen. Nicht gerade zu seiner verbessern. Tatsächlich gelang es ihm innerhalb weni­ Genesung trug ein Artikel der „Frankfurter Rundschau“ ger Monate durch geschicktes Lavieren zwischen der vom 30. November bei, in dem er teilweise zutreffend, bayerischen Regierung unter Ministerpräsident Fritz größtenteils aber bloß verleumderisch mit seinen Ge­ Schäffer (1888-1967, CSU), den Militärbehörden sowie dankenspielen während der NS-Zeit konfrontiert wur­ den Landräten und Bürgermeistern, Mainfranken zu de. Stegerwald soll dem Pamphlet kaum Bedeutung einem „Musterbezirk“ zu machen, wie die Würzburger zugemessen haben, in Würzburg allerdings wurde es „Main-Post“ im Dezember 1945 schrieb. viel diskutiert. Bei der Beisetzung auf dem dortigen

Stegerwalds Ambitionen gingen weit über Franken Hauptfriedhof waren sich alle Redner einig, dass mit In seiner letzten Publikation entwarf Stegerwald ein umfangreiches hinaus. So rechnete er im Herbst 1945 damit, von den Stegerwald ein Mann abgetreten war, der sich wie Konzept für den staatlichen Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie erschien posthum 1946. US-Behörden zum Nachfolger Schäffers in München kaum ein zweiter um das deutsche Gemeinwesen Foto: Forster berufen zu werden, ja er sah sich schon als Mitglied verdient gemacht hatte und dessen Erfahrungen beim einer späteren deutschen Zentralregierung, wenn Wiederaufbau Deutschlands von großem Nutzen ge­ nicht sogar als erster deutscher Nachkriegskanzler. Bei wesen wären. den Amerikanern genoss er höchsten Respekt, ganz anders als bei vielen seiner Landsleute in Altbayern, bei denen er als „verpreußter Bayer“ und als Autokrat verschrien war – letzteres nicht ganz zu Unrecht. Bei der Staatsregierung in München zum Beispiel war er wegen der Alleingänge in seinem „Herzogtum Unter­ franken“ berüchtigt. Die Frage, ob Stegerwald bei der

10 11

Stegerwald_Broschuere_01.indd 10-11 20.10.2008 16:59:47 2. Das Wirken Stegerwalds – ein Beitrag zum ischen Gesellschafts­verständnis und schließlich Uneinigkeit eine schwere Hypothek für den DGB wa­ sozialen Rechtsstaat der Bundesr epublik mit ihrer Ablehnung der Monarchie für Stegerwald ren, besaß er doch erhebliches Gewicht im Weimarer keine Option waren. 1893 wandte er sich daher Wirtschafts- und Sozialsystem. Für Stegerwald war der Als Stegerwald 1945 starb, war an den staatlichen bewusst der christlichen Arbeiter­bewegung zu. In DGB die wichtigste Plattform, von der aus er seinen Wiederaufbau Deutschlands noch gar nicht zu den­ seiner Münchner Zeit ab 1894 war er einer der Wort­ politischen Einfluss bis 1933 geltend machen konnte. ken, geschweige denn daran, dass deutsche Politiker führer bei der Sammlung der christlichen Arbeiter, Als Generalsekretär musste Stegerwald vor dem dabei überhaupt ein Wort mitzureden gehabt hätten. 1899 wirkte er an der Gründung der Christlichen Ersten Weltkrieg den Bestand der Christlichen Gewerk­ Und dennoch ist Stegerwalds Erbe noch über 60 Jahre Ge­werkschaften in Mainz mit. Als Vorsitzender des schaften nicht nur gegen die Freien Gewerkschaften nach seinem Tod lebendig im „sozialen Rechtsstaat“, Christlichen Holzarbeiterverbands Deutschlands gab verteidigen, sondern auch gegen Anfeindungen aus der 1949 mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik er mit seinem Eintreten für zentralisierte, strikt dem eigenen Lager, als einzelne Bischöfe den katho­ etabliert wurde. Wie der Historiker Rudolf Morsey inter­­konfessionelle und parteipolitisch neutrale Ver­ lischen Arbeitern untersagen wollten, sich mit ihren festgestellt hat, bilden Leben und Werk Stegerwalds bände der jungen Bewegung die Richtung vor. Seine protestantischen Kollegen zur Durchsetzung ihrer rein ein „geschlossenes Programm“, das im Kern bereits Wahl zum Generalsekretär des Gesamtverbands der wirtschaftlichen Interessen zusammenzuschließen. um die Jahrhundertwende entwickelt war, das er Christlichen Gewerkschaften im Jahr 1903 war von Im „Gewerkschaftsstreit“, der zwischen 1900 und 1912 dann in unterschiedlichen Nuancen im Kaiserreich daher nur folgerichtig. innerhalb des deutschen Katholizismus ausgefochten und in der Weimarer Republik fortschrieb und an das Unter Stegerwald entwickelten sich die Christlichen wurde, standen zwei Fraktionen einander unver­ er 1945 bei seinen Überlegungen zum Wiederaufbau Gewerkschaften zu einer Organisation, die im Wirt­ söhnlich gegenüber: Auf der einen Seite die „Köln- nahtlos anknüpfen konnte. Nach einer Definition schafts- und Sozialgefüge des Kaiserreichs, später Gladbacher“ Richtung um den Erzbischof von Köln, des Sozial­wissen­schaftlers Lothar Roos machen drei der Weimarer Republik, fest etabliert war. Bei seinem die Rheinische Zentrumspartei und den „Volksverein“, Elemente den sozialen Rechtsstaat aus: Der Gedanke Amts­­antritt 1903 umfasste der Gesamtverband gut die den Interkonfessionalismus in den Gewerkschaf­ der Einheits­gewerkschaft, das Konzept der Sozialen 91.000 Arbeiter, 1912 waren es 350.000 in insgesamt ten vorbehaltlos bejahten. Auf der anderen Seite die Marktwirtschaft und schließlich die Existenz einer 24 Branchenverbänden, 1920 über 1,1 Millionen, 1931 Stegerwalds erste Veröffentlichung von 1900 über die Not­wendig­ „Berlin-Trierer“ Richtung um die Berliner katholischen keit der Christlichen Gewerkschaften. In dieser Zeit gab er als Beruf christlich-sozialen bzw. demokratischen Volkspartei in als Folge der Weltwirtschaftskrise immerhin noch Arbeitervereine und die Bischöfe von Breslau und „Redakteur“ an. Abkehr von den Klassen- und Interessenparteien der 578.000. Regionale Schwerpunkte waren das Rhein­ Foto: Stadtbibliothek Mönchengladbach Trier, die rein katholische Gewerkschaften unter der Weimarer Republik. All diese drei Erfolgsfaktoren der land und das Ruhrgebiet, Bayern und Schlesien. Durch­ Aufsicht eines geistlichen Präses forderten. Nach ihrer Bundesrepublik hat Stegerwald wesentlich mit vorbe­ gehend rund 12 Prozent der gesamten organisierten bewegung“, einem Zusammenschluss der Christlichen Ansicht sollten die Gewerkschaften keine tarifpoliti­ reitet. Arbeiter in Deutschland gehörten den Christlichen Gewerkschaften, der konfessionellen Arbeitervereine­ sche Entscheidung ohne vorheriges Placet des Präses Gewerkschaften an. Seit 1909, als der organisatorische und einer Reihe von Angestellten- und Beamten­ fällen. 2.1 Stegerwald – Verfechter starker, Aufbau des Gesamtverbandes abgeschlossen war, organisationen, der aber keine feste Organisation Stegerwald lehnte die Forderungen der Berlin-Trierer unabhängiger Gewerkschaften war Stegerwald die bestimmende Führungsfigur der hatte. 1918 ging daraus der „Deutsch-Demokratische Richtung rundweg ab, auch wenn die Protestanten Christlichen Gewerkschaften. Auch im Ausland war Gewerkschaftsbund“ DDGB hervor, der ab 1919 „Deut­ in den Christlichen Gewerkschaften permanent eine Grundlage für Stegerwalds Wirken war sein er anerkannt: 1908 wurde er zum Generalsekretär der scher Gewerkschaftsbund“ DGB hieß. Ab 1920 war Minderheit blieben. Was ihn, abgesehen von Zweck­ Rückhalt in der christlichen Gewerkschaftsbewegung. Christlichen Gewerkschaftsinternationale gewählt, Stegerwald gleichzeitig Vorsitzender der Christlichen mäßigkeitsfragen, am meisten empörte, war, dass die Warum setzte sich Stegerwald überhaupt für die ein Amt, das er allerdings nur bis zum Ausbruch des Gewerkschaften und des DGB mit seinen damals 1,7 Berlin-Trierer es den Arbeitern nicht zutrauten, ihre ur­ Gründung eigener Christlicher Gewerkschaften ein, Ersten Weltkriegs ausübte. Millionen Mitgliedern. Der DGB ruhte auf drei Säulen: eigenen Interessen selbst zu vertreten, ohne geistliche also für eine Konkurrenzorganisation zu den Freien Weil die Dominanz der Freien Gewerkschaften­ 1. dem Gesamtverband der Christlichen Gewerkschaf­ Bevormundung. Und das, obwohl kein Oberhirte auf Gewerkschaften und den zahlenmäßig weit weniger bis 1933 erdrückend war, suchte Stegerwald den ten als stärkster Einzelorganisation, 2. dem Gesamt­ die Idee gekommen wäre, ein ähnliches Sonderrecht wichtigen liberalen „Hirsch-Dunckerschen Gewerk­ Schulter­schluss mit anderen nicht­sozialistischen verband deutscher Angestelltengewerk­schaften und von den Arbeitgeberverbänden zu verlangen. Und vereinen“? Den Ausschlag gab die enge Ver­zahnung Arbeiter­­­organisationen. Seit 1903 war er gleichzeitig­ 3. mehreren Beamtengewerkschaften. Auch wenn nicht zuletzt befürchtete Stegerwald – persönlich ein der Freien Gewerkschaften mit der SPD, die mit ihrem General­sekretär der im „Deutschen Arbeiterkongress“ die unterschiedliche Interessenlage der einzelnen treuer, praktizierender Katholik –, dass eine „ultra­ weitgehenden Atheismus, ihrem klassenkämp­ ­fer­ zusammengefassten „Christlich-nationalen Arbeiter­ Mitgliedsverbände und vor allem deren politische montane“ Einmischung Roms in eine rein deutsche

12 13

Stegerwald_Broschuere_01.indd 12-13 20.10.2008 16:59:47 2. Das Wirken Stegerwalds – ein Beitrag zum ischen Gesellschafts­verständnis und schließlich Uneinigkeit eine schwere Hypothek für den DGB wa­ sozialen Rechtsstaat der Bundesrepublik­ mit ihrer Ablehnung der Monarchie für Stegerwald ren, besaß er doch erhebliches Gewicht im Weimarer keine Option waren. 1893 wandte er sich daher Wirtschafts- und Sozialsystem. Für Stegerwald war der Als Stegerwald 1945 starb, war an den staatlichen bewusst der christlichen Arbeiter­bewegung zu. In DGB die wichtigste Plattform, von der aus er seinen Wiederaufbau Deutschlands noch gar nicht zu den­ seiner Münchner Zeit ab 1894 war er einer der Wort­ politischen Einfluss bis 1933 geltend machen konnte. ken, geschweige denn daran, dass deutsche Politiker führer bei der Sammlung der christlichen Arbeiter, Als Generalsekretär musste Stegerwald vor dem dabei überhaupt ein Wort mitzureden gehabt hätten. 1899 wirkte er an der Gründung der Christlichen Ersten Weltkrieg den Bestand der Christlichen Gewerk­ Und dennoch ist Stegerwalds Erbe noch über 60 Jahre Ge­werkschaften in Mainz mit. Als Vorsitzender des schaften nicht nur gegen die Freien Gewerkschaften nach seinem Tod lebendig im „sozialen Rechtsstaat“, Christlichen Holzarbeiterverbands Deutschlands gab verteidigen, sondern auch gegen Anfeindungen aus der 1949 mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik er mit seinem Eintreten für zentralisierte, strikt dem eigenen Lager, als einzelne Bischöfe den katho­ etabliert wurde. Wie der Historiker Rudolf Morsey inter­­konfessionelle und parteipolitisch neutrale Ver­ lischen Arbeitern untersagen wollten, sich mit ihren festgestellt hat, bilden Leben und Werk Stegerwalds bände der jungen Bewegung die Richtung vor. Seine protestantischen Kollegen zur Durchsetzung ihrer rein ein „geschlossenes Programm“, das im Kern bereits Wahl zum Generalsekretär des Gesamtverbands der wirtschaftlichen Interessen zusammenzuschließen. um die Jahrhundertwende entwickelt war, das er Christlichen Gewerkschaften im Jahr 1903 war von Im „Gewerkschaftsstreit“, der zwischen 1900 und 1912 dann in unterschiedlichen Nuancen im Kaiserreich daher nur folgerichtig. innerhalb des deutschen Katholizismus ausgefochten und in der Weimarer Republik fortschrieb und an das Unter Stegerwald entwickelten sich die Christlichen wurde, standen zwei Fraktionen einander unver­ er 1945 bei seinen Überlegungen zum Wiederaufbau Gewerkschaften zu einer Organisation, die im Wirt­ söhnlich gegenüber: Auf der einen Seite die „Köln- nahtlos anknüpfen konnte. Nach einer Definition schafts- und Sozialgefüge des Kaiserreichs, später Gladbacher“ Richtung um den Erzbischof von Köln, des Sozial­wissen­schaftlers Lothar Roos machen drei der Weimarer Republik, fest etabliert war. Bei seinem die Rheinische Zentrumspartei und den „Volksverein“, Elemente den sozialen Rechtsstaat aus: Der Gedanke Amts­­antritt 1903 umfasste der Gesamtverband gut die den Interkonfessionalismus in den Gewerkschaf­ der Einheits­gewerkschaft, das Konzept der Sozialen 91.000 Arbeiter, 1912 waren es 350.000 in insgesamt ten vorbehaltlos bejahten. Auf der anderen Seite die Marktwirtschaft und schließlich die Existenz einer 24 Branchenverbänden, 1920 über 1,1 Millionen, 1931 Stegerwalds erste Veröffentlichung von 1900 über die Not­wendig­ „Berlin-Trierer“ Richtung um die Berliner katholischen keit der Christlichen Gewerkschaften. In dieser Zeit gab er als Beruf christlich-sozialen bzw. demokratischen Volkspartei in als Folge der Weltwirtschaftskrise immerhin noch Arbeitervereine und die Bischöfe von Breslau und „Redakteur“ an. Abkehr von den Klassen- und Interessenparteien der 578.000. Regionale Schwerpunkte waren das Rhein­ Foto: Stadtbibliothek Mönchengladbach Trier, die rein katholische Gewerkschaften unter der Weimarer Republik. All diese drei Erfolgsfaktoren der land und das Ruhrgebiet, Bayern und Schlesien. Durch­ Aufsicht eines geistlichen Präses forderten. Nach ihrer Bundesrepublik hat Stegerwald wesentlich mit vorbe­ gehend rund 12 Prozent der gesamten organisierten bewegung“, einem Zusammenschluss der Christlichen Ansicht sollten die Gewerkschaften keine tarifpoliti­ reitet. Arbeiter in Deutschland gehörten den Christlichen Gewerkschaften, der konfessionellen Arbeitervereine­ sche Entscheidung ohne vorheriges Placet des Präses Gewerkschaften an. Seit 1909, als der organisatorische und einer Reihe von Angestellten- und Beamten­ fällen. 2.1 Stegerwald – Verfechter starker, Aufbau des Gesamtverbandes abgeschlossen war, organisationen, der aber keine feste Organisation Stegerwald lehnte die Forderungen der Berlin-Trierer unabhängiger Gewerkschaften war Stegerwald die bestimmende Führungsfigur der hatte. 1918 ging daraus der „Deutsch-Demokratische Richtung rundweg ab, auch wenn die Protestanten Christlichen Gewerkschaften. Auch im Ausland war Gewerkschaftsbund“ DDGB hervor, der ab 1919 „Deut­ in den Christlichen Gewerkschaften permanent eine Grundlage für Stegerwalds Wirken war sein er anerkannt: 1908 wurde er zum Generalsekretär der scher Gewerkschaftsbund“ DGB hieß. Ab 1920 war Minderheit blieben. Was ihn, abgesehen von Zweck­ Rückhalt in der christlichen Gewerkschaftsbewegung. Christlichen Gewerkschaftsinternationale gewählt, Stegerwald gleichzeitig Vorsitzender der Christlichen mäßigkeitsfragen, am meisten empörte, war, dass die Warum setzte sich Stegerwald überhaupt für die ein Amt, das er allerdings nur bis zum Ausbruch des Gewerkschaften und des DGB mit seinen damals 1,7 Berlin-Trierer es den Arbeitern nicht zutrauten, ihre ur­ Gründung eigener Christlicher Gewerkschaften ein, Ersten Weltkriegs ausübte. Millionen Mitgliedern. Der DGB ruhte auf drei Säulen: eigenen Interessen selbst zu vertreten, ohne geistliche also für eine Konkurrenzorganisation zu den Freien Weil die Dominanz der Freien Gewerkschaften­ 1. dem Gesamtverband der Christlichen Gewerkschaf­ Bevormundung. Und das, obwohl kein Oberhirte auf Gewerkschaften und den zahlenmäßig weit weniger bis 1933 erdrückend war, suchte Stegerwald den ten als stärkster Einzelorganisation, 2. dem Gesamt­ die Idee gekommen wäre, ein ähnliches Sonderrecht wichtigen liberalen „Hirsch-Dunckerschen Gewerk­ Schulter­schluss mit anderen nicht­sozialistischen verband deutscher Angestelltengewerk­schaften und von den Arbeitgeberverbänden zu verlangen. Und vereinen“? Den Ausschlag gab die enge Ver­zahnung Arbeiter­­­organisationen. Seit 1903 war er gleichzeitig­ 3. mehreren Beamtengewerkschaften. Auch wenn nicht zuletzt befürchtete Stegerwald – persönlich ein der Freien Gewerkschaften mit der SPD, die mit ihrem General­sekretär der im „Deutschen Arbeiterkongress“ die unterschiedliche Interessenlage der einzelnen treuer, praktizierender Katholik –, dass eine „ultra­ weitgehenden Atheismus, ihrem klassenkämp­ ­fer­ zusammengefassten „Christlich-nationalen Arbeiter­ Mitgliedsverbände und vor allem deren politische montane“ Einmischung Roms in eine rein deutsche

12 13

Stegerwald_Broschuere_01.indd 12-13 20.10.2008 16:59:47 Angelegenheit wie die Tarifbeziehungen die Stellung Staat ging. Kürzere Arbeitszeiten, eine angemessene verhindern. Aber er bildete eine Messlatte, hinter des Katholizismus im mehrheitlich protestantischen Entlohnung, die den Unterhalt einer Familie und die die die meisten Gewerkschafter nach dem Ende der Kaiserreich nur schwächen konnte. Letztlich konnte Ausbildung der Kinder ermöglicht, oder etwa die be­ Hitler-Diktatur im Mai 1945 nicht mehr zurückgehen der Streit nur durch Papst Pius X. selbst entschieden triebliche Mitbestimmung forderten die Freien und die wollten. Auch für Stegerwald stand die Gründung der werden, der 1912 in seiner Enzyklika „Singulari qua­ Christlichen Gewerkschaften meistens unisono, ledi­ Einheitsgewerkschaft, wie sie dann auch von den Be­ dam“ allerdings nur eine Duldung der interkonfessi­ glich in Nuancen unterschieden. Auch im konkreten satzungsbehörden verlangt wurde, außer Frage. Das onellen Gewerkschaften aussprach, keine Billigung. Streikverhalten gab es kaum Unterschiede zwischen kommt zum Beispiel in einem Exposé vom Herbst 1945 Ein Ergebnis, das Stegerwald nur schweren Herzens Freien und Christlichen Gewerkschaften, deren Spit­ zum Ausdruck, in dem er sich für einen „einheitlichen hinnahm. Nur durch das mäßigende Einwirken des zenverbände vor allem in den Krisenjahren zwischen Block“ der Gewerkschaften aussprach, bevor es heißt: Bischofs von Paderborn, Karl Joseph Schulte (1871-1941), 1900 und 1933, also während des Ersten Weltkriegs, „Den Gewerkschaften soll, ähnlich wie der Industrie- konnte er davon abgebracht werden, öffentlich gegen während der Revolution 1918/19, in den Anfangsjah­ und Handelskammer, Handwerkskammer und der den Vatikan Stellung zu beziehen und die Christlichen ren der Weimarer Republik bis 1923 und dann wieder Landwirtschaftskammer, der Charakter von Körper­ in „Nationale“ Gewerkschaften umzubenennen. während der Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1933 schaften des öffentlichen Rechtes verliehen werden, Der Gewerkschaftsstreit war für Stegerwald eine immer wieder zu gemeinsamen Initiativen zusam­ weil sonst zu befürchten steht, daß die deutschen prägende Erfahrung. Nun war er auch endgültig als menfanden. Gewerkschaften im Hinblick auf ihre Vergangenheit die bestimmende Persönlichkeit der Christlichen Ge­ Konkrete, das heißt strukturell-organisatorische wieder zu Tummelplätzen politischer und weltan­ werkschaften etabliert. Die Arbeiter brachten das mit Formen nahm der Gedanke der Einheitsgewerkschaft schaulicher Fragen gebraucht werden.“ dem Spruch zum Ausdruck: „Trotz Singulari quadam, aber erst unter dem Druck der Machtergreifung Hitlers Eine unabdingbare Voraussetzung für ihn war dabei wir stehen treu zu Adam“. Gleichzeitig hatte er im Ver­ am 30. Januar 1933 an, weil sich in den Freien und den allerdings, dass die Minderheitenrechte der christli­ lauf des Streits gelernt, sich ohne Scheuklappen mit Christlichen Gewerkschaften sowie den Hirsch-Dun­ chen Arbeiter durch entsprechende Statuten strikt höchsten staatlichen und kirchlichen Würdenträgern ckerschen Gewerkvereinen die Einsicht durchgesetzt gewahrt bleiben mussten. Da dies der „christlich- auseinanderzusetzen. Schließlich war er von nun an hatte, dass die Arbeiterbewegung nur dann Erfolg ha­ sozialen Kollegenschaft“ im 1949 gegründeten DGB gegen jegliche kirchliche Einflussnahme sensibilisiert, ben konnte, wenn sie einig war. Stegerwald kam dabei der Bundesrepublik mit seiner häufigen Parteinahme eine Eigenschaft, die der Aschaffenburger Prälat Max eine eher symbolische, aber dennoch wichtige Rolle für Positionen der SPD nicht durchweg gelang, ist die Rössler (1911-1992), ein Weggefährte Stegerwalds bei zu. Am 1. April wurde er von Anton Erkelenz (1878-1945, Schaffung einer politisch wirklich neutralen Einheits­ der Gründung der CSU, prägnant als „Anti-Prälaten­ Hirsch-Dunckersche) aufgefordert, bei seinen Kolle­ gewerkschaft eine bleibende Forderung Stegerwalds affekt“ umschrieben hat. gen die Initiative zur Gründung der Einheitsgewerk­ bis in die Gegenwart hinein. Die Christlichen Gewerkschaften und der DGB defi­ schaft zu ergreifen, da er der letzte noch politisch nierten sich in erster Linie über ihre Gegnerschaft zur aktive Christliche Gewerkschafter der ersten Stunde SPD und zu den Freien Gewerkschaften. Und dennoch: war. Große Überzeugungsarbeit musste Erkelenz bei Dass es prinzipiell richtig gewesen wäre, alle Arbeiter Stegerwald nicht mehr leisten. Denn Stegerwald war in einer Einheitsgewerkschaft zusammenzufassen, überzeugt, dass die deutsche Geschichte nach 1918 stand für Stegerwald von jeher außer Frage, nur sah er eine andere Wendung genommen hätte, wären die dazu keine realistische Möglichkeit, solange die Freien Arbeiter nur von Anfang an in einer einzigen Organi­ Gewerkschaften nicht parteipolitisch neutral, son­ sation zusammengefasst gewesen. Am 28. April 1933 dern eng mit der SPD verbunden waren. In der Praxis gehörte Stegerwald daher zu den Unterzeichnern der jedoch arbeiteten die Freien und die Christlichen Ge­ Vereinbarung über die Bildung eines „Führerkreises werkschaften immer wieder zusammen, vor allem der vereinigten Gewerkschaften“, die u.a. auch die wenn es nicht um Weltanschauung, sondern die kon­ Unterschrift von Jakob Kaiser trug. krete Verbesserung der materiellen Lebens­umstände Zwar konnte der „Führerkreis“ das Verbot der der Arbeiter und ihre rechtliche Gleichstellung im Gewerkschaften kurz darauf durch Hitler nicht

14 15

Stegerwald_Broschuere_01.indd 14-15 20.10.2008 16:59:50 Angelegenheit wie die Tarifbeziehungen die Stellung Staat ging. Kürzere Arbeitszeiten, eine angemessene verhindern. Aber er bildete eine Messlatte, hinter des Katholizismus im mehrheitlich protestantischen Entlohnung, die den Unterhalt einer Familie und die die die meisten Gewerkschafter nach dem Ende der Kaiserreich nur schwächen konnte. Letztlich konnte Ausbildung der Kinder ermöglicht, oder etwa die be­ Hitler-Diktatur im Mai 1945 nicht mehr zurückgehen der Streit nur durch Papst Pius X. selbst entschieden triebliche Mitbestimmung forderten die Freien und die wollten. Auch für Stegerwald stand die Gründung der werden, der 1912 in seiner Enzyklika „Singulari qua­ Christlichen Gewerkschaften meistens unisono, ledi­ Einheitsgewerkschaft, wie sie dann auch von den Be­ dam“ allerdings nur eine Duldung der interkonfessi­ glich in Nuancen unterschieden. Auch im konkreten satzungsbehörden verlangt wurde, außer Frage. Das onellen Gewerkschaften aussprach, keine Billigung. Streikverhalten gab es kaum Unterschiede zwischen kommt zum Beispiel in einem Exposé vom Herbst 1945 Ein Ergebnis, das Stegerwald nur schweren Herzens Freien und Christlichen Gewerkschaften, deren Spit­ zum Ausdruck, in dem er sich für einen „einheitlichen hinnahm. Nur durch das mäßigende Einwirken des zenverbände vor allem in den Krisenjahren zwischen Block“ der Gewerkschaften aussprach, bevor es heißt: Bischofs von Paderborn, Karl Joseph Schulte (1871-1941), 1900 und 1933, also während des Ersten Weltkriegs, „Den Gewerkschaften soll, ähnlich wie der Industrie- konnte er davon abgebracht werden, öffentlich gegen während der Revolution 1918/19, in den Anfangsjah­ und Handelskammer, Handwerkskammer und der den Vatikan Stellung zu beziehen und die Christlichen ren der Weimarer Republik bis 1923 und dann wieder Landwirtschaftskammer, der Charakter von Körper­ in „Nationale“ Gewerkschaften umzubenennen. während der Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1933 schaften des öffentlichen Rechtes verliehen werden, Der Gewerkschaftsstreit war für Stegerwald eine immer wieder zu gemeinsamen Initiativen zusam­ weil sonst zu befürchten steht, daß die deutschen prägende Erfahrung. Nun war er auch endgültig als menfanden. Gewerkschaften im Hinblick auf ihre Vergangenheit die bestimmende Persönlichkeit der Christlichen Ge­ Konkrete, das heißt strukturell-organisatorische wieder zu Tummelplätzen politischer und weltan­ werkschaften etabliert. Die Arbeiter brachten das mit Formen nahm der Gedanke der Einheitsgewerkschaft schaulicher Fragen gebraucht werden.“ dem Spruch zum Ausdruck: „Trotz Singulari quadam, aber erst unter dem Druck der Machtergreifung Hitlers Eine unabdingbare Voraussetzung für ihn war dabei wir stehen treu zu Adam“. Gleichzeitig hatte er im Ver­ am 30. Januar 1933 an, weil sich in den Freien und den allerdings, dass die Minderheitenrechte der christli­ lauf des Streits gelernt, sich ohne Scheuklappen mit Christlichen Gewerkschaften sowie den Hirsch-Dun­ chen Arbeiter durch entsprechende Statuten strikt höchsten staatlichen und kirchlichen Würdenträgern ckerschen Gewerkvereinen die Einsicht durchgesetzt gewahrt bleiben mussten. Da dies der „christlich- auseinanderzusetzen. Schließlich war er von nun an hatte, dass die Arbeiterbewegung nur dann Erfolg ha­ sozialen Kollegenschaft“ im 1949 gegründeten DGB gegen jegliche kirchliche Einflussnahme sensibilisiert, ben konnte, wenn sie einig war. Stegerwald kam dabei der Bundesrepublik mit seiner häufigen Parteinahme eine Eigenschaft, die der Aschaffenburger Prälat Max eine eher symbolische, aber dennoch wichtige Rolle für Positionen der SPD nicht durchweg gelang, ist die Rössler (1911-1992), ein Weggefährte Stegerwalds bei zu. Am 1. April wurde er von Anton Erkelenz (1878-1945, Schaffung einer politisch wirklich neutralen Einheits­ der Gründung der CSU, prägnant als „Anti-Prälaten­ Hirsch-Dunckersche) aufgefordert, bei seinen Kolle­ gewerkschaft eine bleibende Forderung Stegerwalds affekt“ umschrieben hat. gen die Initiative zur Gründung der Einheitsgewerk­ bis in die Gegenwart hinein. Die Christlichen Gewerkschaften und der DGB defi­ schaft zu ergreifen, da er der letzte noch politisch nierten sich in erster Linie über ihre Gegnerschaft zur aktive Christliche Gewerkschafter der ersten Stunde SPD und zu den Freien Gewerkschaften. Und dennoch: war. Große Überzeugungsarbeit musste Erkelenz bei Dass es prinzipiell richtig gewesen wäre, alle Arbeiter Stegerwald nicht mehr leisten. Denn Stegerwald war in einer Einheitsgewerkschaft zusammenzufassen, überzeugt, dass die deutsche Geschichte nach 1918 stand für Stegerwald von jeher außer Frage, nur sah er eine andere Wendung genommen hätte, wären die dazu keine realistische Möglichkeit, solange die Freien Arbeiter nur von Anfang an in einer einzigen Organi­ Gewerkschaften nicht parteipolitisch neutral, son­ sation zusammengefasst gewesen. Am 28. April 1933 dern eng mit der SPD verbunden waren. In der Praxis gehörte Stegerwald daher zu den Unterzeichnern der jedoch arbeiteten die Freien und die Christlichen Ge­ Vereinbarung über die Bildung eines „Führerkreises werkschaften immer wieder zusammen, vor allem der vereinigten Gewerkschaften“, die u.a. auch die wenn es nicht um Weltanschauung, sondern die kon­ Unterschrift von Jakob Kaiser trug. krete Verbesserung der materiellen Lebens­umstände Zwar konnte der „Führerkreis“ das Verbot der der Arbeiter und ihre rechtliche Gleichstellung im Gewerkschaften kurz darauf durch Hitler nicht

14 15

Stegerwald_Broschuere_01.indd 14-15 20.10.2008 16:59:50 2.2 Stegerwald – präsident Franz Josef Strauß, 1948 als Mitglied des Parteien und den verschiedenen gesellschaftlichen Sinne hätte Stegerwald den populären Leitsatz „Wohl­ Vordenker der Sozialen Marktwirtschaft Frankfurter Wirtschaftsrates selbst an der Einführung Gruppierungen, also auf betrieblicher Ebene über den stand für alle“, mit dem Ludwig Erhard für die Soziale der Sozialen Marktwirtschaft beteiligt, brachte dies im auf Gleichberechtigung gegründeten Tarifvertrag, Marktwirtschaft warb, sicherlich voll und ganz gutge­ Jahr 1985 bei einer Gedenkveranstaltung zu Steger­ auf gesamtwirtschaftlicher Ebene über eine institu­ heißen. walds 40. Todes­tag in Würzburg mit den Worten auf tionalisierte Sozialpartnerschaft. Demokratie in der Jeder Mensch sollte nach den Vorstellungen Steger­ den Punkt: „Für Stegerwald, der schon 1919 bei der Politik und gesetzlich garantierte Mitbestimmung der walds die Option auf gesellschaftlichen Aufstieg ha­ Erarbeitung der Weimarer Verfassung mit aller Kraft Arbeiter und Gewerkschaften in den Betrieben waren ben. Ihm schwebte dabei das vor, was man später mit eine sozialistische Wirtschaftsordnung verhindern für Stegerwald untrennbar miteinander verbunden, dem Begriff der „Mittelstandsgesellschaft“ mit einer wollte, wäre es ohne Zweifel die Erfüllung eines in sei­ spätestens seit der Revolution 1918/19. 1926 schrieb er breiten Einkommens- und Vermögensstreuung um­ nem ganzen Leben verfolgten politischen Ziels gewe­ darüber: „Es ist nicht angängig, im Staat sich mit der schrieb, die über Jahre hinweg zu den Erfolgsfaktoren sen, wenn er die Entscheidung zugunsten der Sozialen Demokratie abfinden, in der Wirtschaft aber sie den der Bundesrepublik Deutschland gehörte. Bereits am Marktwirtschaft noch hätte erleben können.“ Arbeitnehmern vorenthalten zu wollen. Der deutsche 5. Februar 1927, als allmählich die „Goldenen Zwanzi­ Stegerwalds sozialpolitisches Weltbild wurzelte in Arbeitnehmer will gleichberechtigter Staats- und ger“ mit ihrer wirtschaftlichen Scheinblüte zu verblas­ der katholischen Soziallehre in der Tradition von Adolf Industrie­bürger werden.“ Genauso waren für Steger­ sen begannen, sagte er bei den Haushaltsberatungen Kolping, Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler und wald Wirtschafts- und Sozialpolitik niemals zu tren­ im Reichstag in einer weit über seine Zeit hinauswei­ Papst Leo XIII., wie er sie im Katholischen Gesellen- nen. Denn er war überzeugt, dass zunächst einmal das senden Rede namens der Zentrumsfraktion: „Meine und im Arbeiterverein kennen gelernt hatte, vor allem erwirtschaftet werden musste, was nachher über die politischen Freunde wollen keinen gesellschafts­ aber im Volksverein für das katholische Deutschland. Sozialpolitik verteilt werden sollte – eine integrative politischen Zustand wie in England und Amerika, in Prägend war für ihn die Begegnung mit den Gründern Betrachtung von Wirtschafts- und Sozialpolitik, wie denen es nur Großwirtschaft und Proletariat gibt, wir des Volksvereins, dem Mönchengladbacher Unterneh­ sie auch in der Sozialen Marktwirtschaft zu finden ist. wünschen vielmehr einen Zustand, der es ermöglicht, mer Franz Brandts und dem sozialen Wortführer des Dabei betonte er immer wieder die positive Nachfra­ daß möglichst viele von unten in die Mittelschicht Zentrums im Kaiserreich und in der frühen Weimarer gewirkung der durch den Sozialstaat umverteilten hineinwachsen können. Wir streben auf eine Ent­ Republik, dem Geistlichen Franz Hitze, der zu einem Gelder, die so letztlich wieder in den Wirtschaftskreis­ proletarisierung der Arbeiter hin und können daher „Wohlstand für alle“ – das Erfolgsrezept der Sozialen Marktwirt­ seiner größten Förderer wurde. lauf zurückflossen. keine Proletarisierung des Mittelstandes wollen.“ schaft und der Bundesrepublik nach 1949. Vieles von dem, was in der Sozialen Marktwirtschaft verwirklicht und in erster Linie Stegerwalds wirtschafts- und sozialpolitisches Ideal Stegerwalds Grundverständnis der Wirtschafts- und Als eine wesentliche Voraussetzung dafür erkannte mit dem Namen Ludwig Erhard verbunden ist, hat Stegerwald war zeitlebens der Ausgleich von Kapitalismus und Sozialpolitik zielte letztlich darauf ab, die Arbeiter­ Stegerwald, und dabei war er erstaunlich modern, die gedanklich mit vorbereitet. Foto: Archiv für Christlich-Demokratische Politik Sozialismus. Beide lehnte er in ihrer Reinform ab: schaft, heute würde man sagen, die sozial Schwachen, Bildung. Auch dies war eine Erfahrung aus seinem Den Sozialismus, weil er das Individuum zum bloßen als eine in vielfältiger Weise deklassierte Schicht des eigenen Leben, hatte er ja selbst seinen Aufstieg nur Stegerwalds Erbe ist noch heute lebendig in der Angehörigen einer ansonsten anonymen Masse de­ Kaiserreichs in die bestehende Gesellschaft zu inte­ machen können, weil er permanent an sich weiter­ Sozialen Marktwirtschaft, die 1948 mit der Währungs­ gradierte und darüber hinaus für ihn wirtschaftlich grieren, sie als die „Klassenfeinde“ der Bismarck-Ära arbeitete, in den Kursen des katholischen Arbeiterver­ reform auf den Weg gebracht und ein Jahr später ineffizient war; den Kapitalismus, weil in ihm die mit dem Staat auszusöhnen und an den Staat her­ eins in München, in den Schulungen des Volksvereins im Grundgesetz festgeschrieben wurde als eine auf Schwachen auf der Strecke blieben. Kapitalismus und anzuführen. Ein angemessenes Lohnniveau und die für das katholische Deutschland, als Gasthörer an den Freiheit, Eigenverantwortung und Privat­eigentum Sozialismus waren für ihn ohne Unterschied letztlich materiellen Leistungen des Sozialstaates waren also Hochschulen in München und in Köln. Bildungs­chancen gegründete, aber durch die staatliche Sozial­politik rein materialistische Weltanschauungen, die im End­ für Stegerwald kein Wert an sich, sondern die Voraus­ der Kinder sah er als die entscheidende Voraussetzung modifizierte Wirtschaftsverfassung. Das Konzept ist effekt zu Monopolen und damit wirtschaftlicher und setzung, um allen Bürgern politisch-gesellschaftliche für ihren Aufstieg und für die Möglichkeit, gesell­ natürlich in erster Linie mit Ludwig Erhard und Kon­ politischer Machtkonzentration führen mussten. Weil Gestaltungsspielräume zu eröffnen. Wirtschaftliche schaftliche Handlungsspielräume wahrzunehmen. rad Adenauer verbunden, mit Alfred Müller-Armack, Stegerwald sowohl Kapitalismus als auch Sozialismus und politische Teilhabe breiter Schichten gingen in Das durfte in seinen Augen niemals vom Geldbeutel Walter Eucken und Franz Böhm. In seinen Grundzügen­ ablehnte, lag nahe, dass er sich für einen Kompromiss der Ideenwelt Stegerwalds Hand in Hand. Stegerwalds der Eltern abhängig sein. Deshalb war es für ihn auch wurde es aber schon lange vor Gründung der Bun­ zwischen beiden Positionen einsetzte, im Idealfall Überzeugung dabei: Nur wer über eine gewisse wirt­ das Ideal, dass die Eltern soviel verdienen mussten, desrepublik auch von Stegerwald propagiert, wenn durch den einvernehmlichen Ausgleich zwischen schaftliche Unabhängigkeit verfügt, kann auch ein um ihren Kindern eine solide Ausbildung finanzieren auch unter anderem Namen. Der bayerische Minister­ Arbeitgebern und Arbeitnehmern, den politischen politisch selbstbestimmtes Leben führen. In diesem zu können. Staatliche Stipendien, wie es sie bereits

16 17

Stegerwald_Broschuere_01.indd 16-17 20.10.2008 16:59:51 2.2 Stegerwald – präsident Franz Josef Strauß, 1948 als Mitglied des Parteien und den verschiedenen gesellschaftlichen Sinne hätte Stegerwald den populären Leitsatz „Wohl­ Vordenker der Sozialen Marktwirtschaft Frankfurter Wirtschaftsrates selbst an der Einführung Gruppierungen, also auf betrieblicher Ebene über den stand für alle“, mit dem Ludwig Erhard für die Soziale der Sozialen Marktwirtschaft beteiligt, brachte dies im auf Gleichberechtigung gegründeten Tarifvertrag, Marktwirtschaft warb, sicherlich voll und ganz gutge­ Jahr 1985 bei einer Gedenkveranstaltung zu Steger­ auf gesamtwirtschaftlicher Ebene über eine institu­ heißen. walds 40. Todes­tag in Würzburg mit den Worten auf tionalisierte Sozialpartnerschaft. Demokratie in der Jeder Mensch sollte nach den Vorstellungen Steger­ den Punkt: „Für Stegerwald, der schon 1919 bei der Politik und gesetzlich garantierte Mitbestimmung der walds die Option auf gesellschaftlichen Aufstieg ha­ Erarbeitung der Weimarer Verfassung mit aller Kraft Arbeiter und Gewerkschaften in den Betrieben waren ben. Ihm schwebte dabei das vor, was man später mit eine sozialistische Wirtschaftsordnung verhindern für Stegerwald untrennbar miteinander verbunden, dem Begriff der „Mittelstandsgesellschaft“ mit einer wollte, wäre es ohne Zweifel die Erfüllung eines in sei­ spätestens seit der Revolution 1918/19. 1926 schrieb er breiten Einkommens- und Vermögensstreuung um­ nem ganzen Leben verfolgten politischen Ziels gewe­ darüber: „Es ist nicht angängig, im Staat sich mit der schrieb, die über Jahre hinweg zu den Erfolgsfaktoren sen, wenn er die Entscheidung zugunsten der Sozialen Demokratie abfinden, in der Wirtschaft aber sie den der Bundesrepublik Deutschland gehörte. Bereits am Marktwirtschaft noch hätte erleben können.“ Arbeitnehmern vorenthalten zu wollen. Der deutsche 5. Februar 1927, als allmählich die „Goldenen Zwanzi­ Stegerwalds sozialpolitisches Weltbild wurzelte in Arbeitnehmer will gleichberechtigter Staats- und ger“ mit ihrer wirtschaftlichen Scheinblüte zu verblas­ der katholischen Soziallehre in der Tradition von Adolf Industrie­bürger werden.“ Genauso waren für Steger­ sen begannen, sagte er bei den Haushaltsberatungen Kolping, Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler und wald Wirtschafts- und Sozialpolitik niemals zu tren­ im Reichstag in einer weit über seine Zeit hinauswei­ Papst Leo XIII., wie er sie im Katholischen Gesellen- nen. Denn er war überzeugt, dass zunächst einmal das senden Rede namens der Zentrumsfraktion: „Meine und im Arbeiterverein kennen gelernt hatte, vor allem erwirtschaftet werden musste, was nachher über die politischen Freunde wollen keinen gesellschafts­ aber im Volksverein für das katholische Deutschland. Sozialpolitik verteilt werden sollte – eine integrative politischen Zustand wie in England und Amerika, in Prägend war für ihn die Begegnung mit den Gründern Betrachtung von Wirtschafts- und Sozialpolitik, wie denen es nur Großwirtschaft und Proletariat gibt, wir des Volksvereins, dem Mönchengladbacher Unterneh­ sie auch in der Sozialen Marktwirtschaft zu finden ist. wünschen vielmehr einen Zustand, der es ermöglicht, mer Franz Brandts und dem sozialen Wortführer des Dabei betonte er immer wieder die positive Nachfra­ daß möglichst viele von unten in die Mittelschicht Zentrums im Kaiserreich und in der frühen Weimarer gewirkung der durch den Sozialstaat umverteilten hineinwachsen können. Wir streben auf eine Ent­ Republik, dem Geistlichen Franz Hitze, der zu einem Gelder, die so letztlich wieder in den Wirtschaftskreis­ proletarisierung der Arbeiter hin und können daher „Wohlstand für alle“ – das Erfolgsrezept der Sozialen Marktwirt­ seiner größten Förderer wurde. lauf zurückflossen. keine Proletarisierung des Mittelstandes wollen.“ schaft und der Bundesrepublik nach 1949. Vieles von dem, was in der Sozialen Marktwirtschaft verwirklicht und in erster Linie Stegerwalds wirtschafts- und sozialpolitisches Ideal Stegerwalds Grundverständnis der Wirtschafts- und Als eine wesentliche Voraussetzung dafür erkannte mit dem Namen Ludwig Erhard verbunden ist, hat Stegerwald war zeitlebens der Ausgleich von Kapitalismus und Sozialpolitik zielte letztlich darauf ab, die Arbeiter­ Stegerwald, und dabei war er erstaunlich modern, die gedanklich mit vorbereitet. Foto: Archiv für Christlich-Demokratische Politik Sozialismus. Beide lehnte er in ihrer Reinform ab: schaft, heute würde man sagen, die sozial Schwachen, Bildung. Auch dies war eine Erfahrung aus seinem Den Sozialismus, weil er das Individuum zum bloßen als eine in vielfältiger Weise deklassierte Schicht des eigenen Leben, hatte er ja selbst seinen Aufstieg nur Stegerwalds Erbe ist noch heute lebendig in der Angehörigen einer ansonsten anonymen Masse de­ Kaiserreichs in die bestehende Gesellschaft zu inte­ machen können, weil er permanent an sich weiter­ Sozialen Marktwirtschaft, die 1948 mit der Währungs­ gradierte und darüber hinaus für ihn wirtschaftlich grieren, sie als die „Klassenfeinde“ der Bismarck-Ära arbeitete, in den Kursen des katholischen Arbeiterver­ reform auf den Weg gebracht und ein Jahr später ineffizient war; den Kapitalismus, weil in ihm die mit dem Staat auszusöhnen und an den Staat her­ eins in München, in den Schulungen des Volksvereins im Grundgesetz festgeschrieben wurde als eine auf Schwachen auf der Strecke blieben. Kapitalismus und anzuführen. Ein angemessenes Lohnniveau und die für das katholische Deutschland, als Gasthörer an den Freiheit, Eigenverantwortung und Privat­eigentum Sozialismus waren für ihn ohne Unterschied letztlich materiellen Leistungen des Sozialstaates waren also Hochschulen in München und in Köln. Bildungs­chancen gegründete, aber durch die staatliche Sozial­politik rein materialistische Weltanschauungen, die im End­ für Stegerwald kein Wert an sich, sondern die Voraus­ der Kinder sah er als die entscheidende Voraussetzung modifizierte Wirtschaftsverfassung. Das Konzept ist effekt zu Monopolen und damit wirtschaftlicher und setzung, um allen Bürgern politisch-gesellschaftliche für ihren Aufstieg und für die Möglichkeit, gesell­ natürlich in erster Linie mit Ludwig Erhard und Kon­ politischer Machtkonzentration führen mussten. Weil Gestaltungsspielräume zu eröffnen. Wirtschaftliche schaftliche Handlungsspielräume wahrzunehmen. rad Adenauer verbunden, mit Alfred Müller-Armack, Stegerwald sowohl Kapitalismus als auch Sozialismus und politische Teilhabe breiter Schichten gingen in Das durfte in seinen Augen niemals vom Geldbeutel Walter Eucken und Franz Böhm. In seinen Grundzügen­ ablehnte, lag nahe, dass er sich für einen Kompromiss der Ideenwelt Stegerwalds Hand in Hand. Stegerwalds der Eltern abhängig sein. Deshalb war es für ihn auch wurde es aber schon lange vor Gründung der Bun­ zwischen beiden Positionen einsetzte, im Idealfall Überzeugung dabei: Nur wer über eine gewisse wirt­ das Ideal, dass die Eltern soviel verdienen mussten, desrepublik auch von Stegerwald propagiert, wenn durch den einvernehmlichen Ausgleich zwischen schaftliche Unabhängigkeit verfügt, kann auch ein um ihren Kindern eine solide Ausbildung finanzieren auch unter anderem Namen. Der bayerische Minister­ Arbeitgebern und Arbeitnehmern, den politischen politisch selbstbestimmtes Leben führen. In diesem zu können. Staatliche Stipendien, wie es sie bereits

16 17

Stegerwald_Broschuere_01.indd 16-17 20.10.2008 16:59:51 in den zwanziger Jahren gab, waren für ihn nur die Weltkrieges in Bewegung, so zum Beispiel die Einfüh­ aber sollten diese unter öffentliche Kontrolle gestellt zweitbeste Lösung. rung der Mitbestimmung in den Großbetrieben durch werden, „um das Staatsleben vor illegitimen Ein­ Die Entscheidung über die Höhe von Löhnen wies das „Gesetz über den Vaterländischen Hilfsdienst“ von mischungen und vor Missbrauch wirtschaftlicher Stegerwald klar den Tarifparteien zu. Der Staat sollte 1916, an dem Stegerwald entscheidend mitarbeitete, Machtzusammenballung“ zu schützen – Gedanken, nicht alles bis ins letzte Detail regeln. Ein Überstaat war und die Abschaffung des Preußischen Dreiklassen­ die letztlich auch auf das machtverteilende Prinzip der nicht das, was Stegerwald wollte. Vielmehr sollte der wahlrechts kurz vor der Revolution. Vieles wurde mit Sozialen Marktwirtschaft verweisen. Der „christliche Staat im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip der ka­ dem „Stinnes-Legien-Abkommen“ vom November Sozialismus“ des Köln-Walberberger Kreises der CDU tholischen Soziallehre erst dann eingreifen, wenn ein 1918 erreicht, das ebenfalls Stegerwalds Handschrift jedoch, der deutliche Züge einer staatlichen Planwirt­ Ausgleich zwischen den Tarifparteien nicht möglich trug: Vor allem die Anerkennung der Gewerkschaf­ schaft beinhaltete, ging ihm entschieden zu weit. war, dann aber resolut. Denn ein Nacht­wächterstaat, ten als legitime Vertreter der Arbeiter durch die Ar­ Stegerwald befand sich viel näher an den Positionen der sich lediglich um die innere Sicherheit und das beitgeber und die Einführung des Achtstundentags. Konrad Adenauers, der ganz im Sinne der Sozialen Schulwesen kümmerte, war auch nicht das, was sich Weitere Reformen, die die Handschrift Stegerwalds Marktwirtschaft und der späteren „Düsseldorfer Leit­ Stegerwald unter einem Gemein­wesen vorstellte. Ihm trugen, waren die Garantie eines sozial gebundenen sätze“ der CDU von 1949 den freiheitlichen Gedanken ging es darum, Machtkonzentrationen­ zu verhindern, Privat­eigentums in der Weimarer Reichsverfassung in der Wirtschaftsordnung akzentuierte. Nicht von egal auf welcher Seite, z.B. durch seinen Einsatz für von 1919, das Betriebsrätegesetz von 1920, der wei­ ungefähr hatte Stegerwald schon in den Zwanziger­ starke Gewerkschaften als Gegenge­­ ­wicht zu den über­ tere Ausbau der Sozialversicherung, vor allem die jahren, als zum ersten Mal im deutschen Katholizis­ mächtigen Arbeitgeber­verbänden, oder aber durch die Arbeits­losenversicherung von 1927, und nicht zuletzt mus über einen „christlichen Sozialismus“ gestritten Möglichkeit des Staates, über das Schlichtungswesen der soziale Wohnungs­bau, um den sich Stegerwald in wurde, heftig protestiert. in festgefahrene Tarifstreitigkeiten einzugreifen. seiner Zeit als Wohlfahrtsminister in Preußen verdient Wesentlich wichtiger, als die Arbeiter über Soziali­ Überhaupt sah Stegerwald den Staat immer da in der machte. Dass es Stegerwald als Arbeitsminister im sierungen an der Wirtschaft zu beteiligen, war es für Pflicht, wo der Einzelne nicht aus eigener Kraft in der Kabinett Brüning während der Weltwirtschaftskrise ihn, die Mitbestimmung der Arbeiter in den Betrieben Lage war, sich um seine ureigenen Dinge zu kümmern, 1930 bis 1932 nicht gelang, den Abbau vieler sozialer zu stärken und damit eine „Wirtschaftsdemokratie“ etwa um den eigenen Lebensunterhalt. Dies war in Errungenschaften, um die er selbst gekämpft hatte, zu begründen, eine Forderung, die 1951 in die Montan­ seinen Augen die wichtigste Begründung für die staat­ zu verhindern, war für ihn ein Trauma. Aber nicht mitbestimmung und 1952 in das Betriebsverfassungs­ liche Sozialversicherung. Auch sie sollte sich aber nicht verhandel­bar war für ihn in dieser Zeit der Kern des gesetz mündete. Unerfüllt auf breiter Ebene freilich auf eine bloße materielle Existenzsicherung beschrän­ Sozial­staates: Die durch Beiträge erworbenen Ansprü­ blieb sein Gedanke – auch dies ein Erbe der christlich- ken, sondern abermals die gesellschaftliche Teilhabe che der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung und sozialen Schule bis hinunter zu Bischof Ketteler –, im „sozialen Volksstaat“ garantieren. Von ihr durfte die Rechte der Gewerkschaften. Die Last der Sanierung die Partizipation der Arbeiter über Mitarbeiteraktien nach Stegerwalds Vorstellung auch der Arbeitslose, der Wirtschaft und der Sozialsysteme einseitig den zu verwirklichen, was er schon weit vor dem Ersten der Kranke oder der Invalide nicht ausgeschlossen Arbeitern und den Arbeitslosen aufzubürden, war für Weltkrieg gefordert hatte. Eine bloße Gewinnbeteili­ sein. Stegerwald ausgeschlossen. gung der Arbeiter, wie sie heute zumeist als variable Stegerwald gelang es wie kaum einem anderen, der Als Stegerwald 1945 Regierungspräsident von Main­ Einkommenskomponente propagiert wird, ging für Sozialpolitik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts franken wurde, äußerte er sich dazu, wie er sich den Stegerwald nicht weit genug. seinen Stempel aufzudrücken. Zwar blieben vor 1914 sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbau vor­ noch viele seiner Forderungen unerfüllt – etwa die stellte. Auch zum Sozialismus nahm er Stellung, der Aufhebung jener Bestimmungen der Reichsgewerbe­ unmittelbar nach dem Zusammenbruch im Mai 1945 ordnung, die die Arbeit der Gewerkschaften massiv be­ heiß diskutiert wurde. Sozialisierungen von Grund­ schränkten, oder die Einführung paritätischer Arbeits­ stoffindustrien, Banken, Versicherungen und privat­ kammern, in denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wirtschaftlichen Monopolunternehmen sowie die Stegerwalds Ernennungsurkunde zum Arbeitsminister verbindlich über die Ausgestaltung des Sozial­wesens Enteignung der Großgrundbesitzer als „Hort der poli­ Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik bestimmen sollten. Manches kam während des Ersten tischen Reaktion“ waren für ihn kein Tabu. Zumindest

18

Stegerwald_Broschuere_01.indd 18-19 20.10.2008 16:59:51 in den zwanziger Jahren gab, waren für ihn nur die Weltkrieges in Bewegung, so zum Beispiel die Einfüh­ aber sollten diese unter öffentliche Kontrolle gestellt zweitbeste Lösung. rung der Mitbestimmung in den Großbetrieben durch werden, „um das Staatsleben vor illegitimen Ein­ Die Entscheidung über die Höhe von Löhnen wies das „Gesetz über den Vaterländischen Hilfsdienst“ von mischungen und vor Missbrauch wirtschaftlicher Stegerwald klar den Tarifparteien zu. Der Staat sollte 1916, an dem Stegerwald entscheidend mitarbeitete, Machtzusammenballung“ zu schützen – Gedanken, nicht alles bis ins letzte Detail regeln. Ein Überstaat war und die Abschaffung des Preußischen Dreiklassen­ die letztlich auch auf das machtverteilende Prinzip der nicht das, was Stegerwald wollte. Vielmehr sollte der wahlrechts kurz vor der Revolution. Vieles wurde mit Sozialen Marktwirtschaft verweisen. Der „christliche Staat im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip der ka­ dem „Stinnes-Legien-Abkommen“ vom November Sozialismus“ des Köln-Walberberger Kreises der CDU tholischen Soziallehre erst dann eingreifen, wenn ein 1918 erreicht, das ebenfalls Stegerwalds Handschrift jedoch, der deutliche Züge einer staatlichen Planwirt­ Ausgleich zwischen den Tarifparteien nicht möglich trug: Vor allem die Anerkennung der Gewerkschaf­ schaft beinhaltete, ging ihm entschieden zu weit. war, dann aber resolut. Denn ein Nacht­wächterstaat, ten als legitime Vertreter der Arbeiter durch die Ar­ Stegerwald befand sich viel näher an den Positionen der sich lediglich um die innere Sicherheit und das beitgeber und die Einführung des Achtstundentags. Konrad Adenauers, der ganz im Sinne der Sozialen Schulwesen kümmerte, war auch nicht das, was sich Weitere Reformen, die die Handschrift Stegerwalds Marktwirtschaft und der späteren „Düsseldorfer Leit­ Stegerwald unter einem Gemein­wesen vorstellte. Ihm trugen, waren die Garantie eines sozial gebundenen sätze“ der CDU von 1949 den freiheitlichen Gedanken ging es darum, Machtkonzentrationen­ zu verhindern, Privat­eigentums in der Weimarer Reichsverfassung in der Wirtschaftsordnung akzentuierte. Nicht von egal auf welcher Seite, z.B. durch seinen Einsatz für von 1919, das Betriebsrätegesetz von 1920, der wei­ ungefähr hatte Stegerwald schon in den Zwanziger­ starke Gewerkschaften als Gegenge­­ ­wicht zu den über­ tere Ausbau der Sozialversicherung, vor allem die jahren, als zum ersten Mal im deutschen Katholizis­ mächtigen Arbeitgeber­verbänden, oder aber durch die Arbeits­losenversicherung von 1927, und nicht zuletzt mus über einen „christlichen Sozialismus“ gestritten Möglichkeit des Staates, über das Schlichtungswesen der soziale Wohnungs­bau, um den sich Stegerwald in wurde, heftig protestiert. in festgefahrene Tarifstreitigkeiten einzugreifen. seiner Zeit als Wohlfahrtsminister in Preußen verdient Wesentlich wichtiger, als die Arbeiter über Soziali­ Überhaupt sah Stegerwald den Staat immer da in der machte. Dass es Stegerwald als Arbeitsminister im sierungen an der Wirtschaft zu beteiligen, war es für Pflicht, wo der Einzelne nicht aus eigener Kraft in der Kabinett Brüning während der Weltwirtschaftskrise ihn, die Mitbestimmung der Arbeiter in den Betrieben Lage war, sich um seine ureigenen Dinge zu kümmern, 1930 bis 1932 nicht gelang, den Abbau vieler sozialer zu stärken und damit eine „Wirtschaftsdemokratie“ etwa um den eigenen Lebensunterhalt. Dies war in Errungenschaften, um die er selbst gekämpft hatte, zu begründen, eine Forderung, die 1951 in die Montan­ seinen Augen die wichtigste Begründung für die staat­ zu verhindern, war für ihn ein Trauma. Aber nicht mitbestimmung und 1952 in das Betriebsverfassungs­ liche Sozialversicherung. Auch sie sollte sich aber nicht verhandel­bar war für ihn in dieser Zeit der Kern des gesetz mündete. Unerfüllt auf breiter Ebene freilich auf eine bloße materielle Existenzsicherung beschrän­ Sozial­staates: Die durch Beiträge erworbenen Ansprü­ blieb sein Gedanke – auch dies ein Erbe der christlich- ken, sondern abermals die gesellschaftliche Teilhabe che der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung und sozialen Schule bis hinunter zu Bischof Ketteler –, im „sozialen Volksstaat“ garantieren. Von ihr durfte die Rechte der Gewerkschaften. Die Last der Sanierung die Partizipation der Arbeiter über Mitarbeiteraktien nach Stegerwalds Vorstellung auch der Arbeitslose, der Wirtschaft und der Sozialsysteme einseitig den zu verwirklichen, was er schon weit vor dem Ersten der Kranke oder der Invalide nicht ausgeschlossen Arbeitern und den Arbeitslosen aufzubürden, war für Weltkrieg gefordert hatte. Eine bloße Gewinnbeteili­ sein. Stegerwald ausgeschlossen. gung der Arbeiter, wie sie heute zumeist als variable Stegerwald gelang es wie kaum einem anderen, der Als Stegerwald 1945 Regierungspräsident von Main­ Einkommenskomponente propagiert wird, ging für Sozialpolitik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts franken wurde, äußerte er sich dazu, wie er sich den Stegerwald nicht weit genug. seinen Stempel aufzudrücken. Zwar blieben vor 1914 sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbau vor­ noch viele seiner Forderungen unerfüllt – etwa die stellte. Auch zum Sozialismus nahm er Stellung, der Aufhebung jener Bestimmungen der Reichsgewerbe­ unmittelbar nach dem Zusammenbruch im Mai 1945 ordnung, die die Arbeit der Gewerkschaften massiv be­ heiß diskutiert wurde. Sozialisierungen von Grund­ schränkten, oder die Einführung paritätischer Arbeits­ stoffindustrien, Banken, Versicherungen und privat­ kammern, in denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wirtschaftlichen Monopolunternehmen sowie die Stegerwalds Ernennungsurkunde zum Arbeitsminister verbindlich über die Ausgestaltung des Sozial­wesens Enteignung der Großgrundbesitzer als „Hort der poli­ Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik bestimmen sollten. Manches kam während des Ersten tischen Reaktion“ waren für ihn kein Tabu. Zumindest

18

Stegerwald_Broschuere_01.indd 18-19 20.10.2008 16:59:51 2.3 Stegerwald – Gründervater von CSU und CDU Naumann (1860-1919), Walther Rathenau (1867-1922) nicht definitiv für den Wechsel in die Politik entschei­ und (1878-1929), die er ebenso we­ den mochte. nig von seinem Konzept überzeugen konnte wie die Die von ihm erstrebten stabilen Mehrheitsverhält­ etablierten Honoratioren an der Spitze der vom Kultur­ nisse versuchte Stegerwald nunmehr, über möglichst kampf und damit von einer prinzipiellen Reserve ge­ breite Koalitionen herzustellen. Sein Ideal war die gen den Protestantismus geprägten Zentrumspartei. „Große Koalition“ von SPD, Zentrum, BVP, DDP und Einen neuerlichen Anlauf unternahm Stegerwald nach DVP mit ihrer Rückbindung bei den Richtungsgewerk­ dem Kapp-Putsch vom 12./13. März 1920, der deutlich schaften und den Industrieverbänden, wenn schon machte, wie brüchig die junge Weimarer Republik nicht die Koalition der „Volksgemeinschaft“ von der war. Schützenhilfe bekam er von seinem persönlichen SPD bis hin zur DNVP – ein Bündnis, das mit dem Referenten Heinrich Brüning, der entscheidend an der national­sozialistischen, rassisch begründeten Begriff Rede mitwirkte, in der Stegerwald seine Pläne publik der Volksgemeinschaft wohlgemerkt nur den Namen machen wollte. gemein hatte. Als ausgleichender Pol dieser Koalitio­ Was Stegerwald den Delegierten auf dem ersten nen sollte das Zentrum als die wichtigste Kraft der po­ Nachkriegskongress der Christlichen Gewerkschaften litischen Mitte fungieren. Dafür sollte sich die Partei in am 21. November 1920 zu sagen hatte, war nichts we­ den Augen Stegerwalds nicht mehr in erster Linie über niger als eine Anleitung, wie die instabile Weimarer Re­ die Kulturpolitik, als Vertretung des Katholizismus publik in christlich-sozialem Geist erneuert und damit im mehrheitlich protestantischen Reich, definieren, zukunftsfähig gemacht werden könnte. Die Revision sondern wesentlich stärker über die Wirtschafts- und

Stegerwald veröffentlichte das „Essener Programm“ von 1920 unter dem Titel „Deutsche Lebensfragen“. Dessen Grundgedanken des Versailler Vertrags kam darin genauso vor wie Aus­ Sozialpolitik. Die ungezählten Regierungskrisen und besaßen für ihn bleibende Gültigkeit, so auch in seinem Vortrag „Zusammenbruch und Wiederaufbau“ von 1922. führungen zur Vereinfachung des Staatsaufbaus und Kabinettswechsel zwischen 1920 und 1933 jedoch be­ Fotos: Forster der Verwaltung, vor allem aber eine Fülle von sozial­ stätigten Stegerwald in seiner Über­zeugung von der politischen Forderungen. Als Voraussetzung dafür Richtigkeit des „Essener Programms“. In den unter­ Wenn heute der Name „Stegerwald“ fällt, dann Protestantismus eher in den liberalen Parteien. Auch nannte Stegerwald zweierlei: Eine rigorose Straffung schiedlichsten Situationen griff er darauf als Bezugs­ meistens in einem Atemzug mit dem „Essener Pro­ die christlichen Arbeiter waren politisch entsprechend des DGB, der bei dieser Staatsreform die Führungsrolle punkt zurück, vor allem in den Krisenjahren 1922/23 gramm“ von 1920, in dem er die Gründung einer zersplittert. Die Ernte dieser Zersplitterung, davon war übernehmen sollte, und die Schaffung jener viel zitier­ und während der Staats- und Wirtschaftskrise von interkonfessionellen christlich-sozialen und demokra­ Stegerwald überzeugt, fuhr niemand anderer ein als ten interkonfessionellen, alle Schichten umfassenden 1930 bis 1933. Noch Mitte März 1933, als Hitler bereits tischen Volkspartei forderte, wie sie nach 1945 in CSU die SPD. Volkspartei unter der Losung: „deutsch, christlich, als Reichskanzler fest im Sattel saß, hatte es in seinen und CDU verwirklicht wurde. Zu Recht gilt daher das Erste Forderungen Stegerwalds, alle christlichen demokratisch, sozial“. Sie sollte ein Sammelbecken­ für Augen als Modell für den Umbau des Staates Gültig­ Jahr 1920 als wichtige Etappe auf dem Weg hin zu den Kräfte in einer gemeinsamen sozial orientierten Partei die bisher parteipolitisch gespaltenen Mitglieder des keit. Dass Hitler ganz andere Vorstellungen darüber modernen Unionsparteien. Ihre Wurzeln indes reichen zusammenzufassen, gehen auf die Zeit um 1900 zu­ DGB sein, aber auch den anderen Berufsgruppen offen hatte, war bald klar. viel weiter zurück und sie haben viel mit dem inter­ rück. Und wahrscheinlich verdankt sich auch der viel stehen. Das „Essener Programm“ hatte bald einen le­ Stegerwald war überzeugt, dass die deutsche konfessionellen Selbstverständnis der Christlichen zitierte Artikel „Wir müssen aus dem Turm heraus“, in gendären Ruf. Und doch gelang es Stegerwald nicht, Geschichte anders verlaufen wäre, wenn sich das Gewerkschaften zu tun. Für Stegerwald war klar, dass dem der Kölner Publizist Julius Bachem (1845-1918) im es in die Tat umzusetzen. Dafür war die politische Lage „Essener Programm“ 1920 hätte verwirklichen lassen. das, was in der Gewerkschaftsbewegung realisiert Jahr 1906 eine Öffnung des Zentrums gegenüber den viel zu instabil, dafür waren die Beharrungstendenzen Als er im Mai 1945 von den US-Truppen zum Regie­ war, nämlich die Zusammenarbeit von Katholiken und Protestanten forderte, einer Anregung Stegerwalds, in den Parteien zu groß, vor allem im Zentrum, und rungspräsidenten von Mainfranken ernannt wurde, Protestanten, auch in der Politik möglich sein musste. der zur selben Zeit im Mittelpunkt des Gewerkschafts­ dafür waren auch die Widerstände in den Christlichen sah er seine wichtigste Aufgabe darin, endlich das Dies schien ihm schon aus praktischen Erwägungen streits stand. Konkrete, aber vergebliche Initiativen Gewerkschaften zu heftig, die sich durch Stegerwald „Essener Programm“ umzusetzen. Dabei ging es sinnvoll. Denn während die SPD ein ideologisch gefes­ in dieser Richtung startete Stegerwald 1915/1916 und nicht noch mehr in politische Auseinandersetzungen ihm um die Realisierung des interkonfessionellen tigter Block war, waren die politischen Kräfte, die sich dann wieder unmittelbar nach der Revolution vom verstricken lassen wollten. Und nicht zuletzt war auch Prinzips ebenso wie um die Schaffung einer echten zum Christentum bekannten, in verschiedenen Lagern November 1918. In Kontakt stand er dabei mit pro­ Stegerwald selbst dafür verantwortlich, weil er sich Volkspartei „mit starker sozialer Grundhaltung“, wie beheimatet: Der Katholizismus eher im Zentrum, der minenten Vertretern des Liberalismus wie Friedrich

20 21

Stegerwald_Broschuere_01.indd 20-21 20.10.2008 16:59:53 2.3 Stegerwald – Gründervater von CSU und CDU Naumann (1860-1919), Walther Rathenau (1867-1922) nicht definitiv für den Wechsel in die Politik entschei­ und Gustav Stresemann (1878-1929), die er ebenso we­ den mochte. nig von seinem Konzept überzeugen konnte wie die Die von ihm erstrebten stabilen Mehrheitsverhält­ etablierten Honoratioren an der Spitze der vom Kultur­ nisse versuchte Stegerwald nunmehr, über möglichst kampf und damit von einer prinzipiellen Reserve ge­ breite Koalitionen herzustellen. Sein Ideal war die gen den Protestantismus geprägten Zentrumspartei. „Große Koalition“ von SPD, Zentrum, BVP, DDP und Einen neuerlichen Anlauf unternahm Stegerwald nach DVP mit ihrer Rückbindung bei den Richtungsgewerk­ dem Kapp-Putsch vom 12./13. März 1920, der deutlich schaften und den Industrieverbänden, wenn schon machte, wie brüchig die junge Weimarer Republik nicht die Koalition der „Volksgemeinschaft“ von der war. Schützenhilfe bekam er von seinem persönlichen SPD bis hin zur DNVP – ein Bündnis, das mit dem Referenten Heinrich Brüning, der entscheidend an der national­sozialistischen, rassisch begründeten Begriff Rede mitwirkte, in der Stegerwald seine Pläne publik der Volksgemeinschaft wohlgemerkt nur den Namen machen wollte. gemein hatte. Als ausgleichender Pol dieser Koalitio­ Was Stegerwald den Delegierten auf dem ersten nen sollte das Zentrum als die wichtigste Kraft der po­ Nachkriegskongress der Christlichen Gewerkschaften litischen Mitte fungieren. Dafür sollte sich die Partei in am 21. November 1920 zu sagen hatte, war nichts we­ den Augen Stegerwalds nicht mehr in erster Linie über niger als eine Anleitung, wie die instabile Weimarer Re­ die Kulturpolitik, als Vertretung des Katholizismus publik in christlich-sozialem Geist erneuert und damit im mehrheitlich protestantischen Reich, definieren, zukunftsfähig gemacht werden könnte. Die Revision sondern wesentlich stärker über die Wirtschafts- und

Stegerwald veröffentlichte das „Essener Programm“ von 1920 unter dem Titel „Deutsche Lebensfragen“. Dessen Grundgedanken des Versailler Vertrags kam darin genauso vor wie Aus­ Sozialpolitik. Die ungezählten Regierungskrisen und besaßen für ihn bleibende Gültigkeit, so auch in seinem Vortrag „Zusammenbruch und Wiederaufbau“ von 1922. führungen zur Vereinfachung des Staatsaufbaus und Kabinettswechsel zwischen 1920 und 1933 jedoch be­ Fotos: Forster der Verwaltung, vor allem aber eine Fülle von sozial­ stätigten Stegerwald in seiner Über­zeugung von der politischen Forderungen. Als Voraussetzung dafür Richtigkeit des „Essener Programms“. In den unter­ Wenn heute der Name „Stegerwald“ fällt, dann Protestantismus eher in den liberalen Parteien. Auch nannte Stegerwald zweierlei: Eine rigorose Straffung schiedlichsten Situationen griff er darauf als Bezugs­ meistens in einem Atemzug mit dem „Essener Pro­ die christlichen Arbeiter waren politisch entsprechend des DGB, der bei dieser Staatsreform die Führungsrolle punkt zurück, vor allem in den Krisenjahren 1922/23 gramm“ von 1920, in dem er die Gründung einer zersplittert. Die Ernte dieser Zersplitterung, davon war übernehmen sollte, und die Schaffung jener viel zitier­ und während der Staats- und Wirtschaftskrise von interkonfessionellen christlich-sozialen und demokra­ Stegerwald überzeugt, fuhr niemand anderer ein als ten interkonfessionellen, alle Schichten umfassenden 1930 bis 1933. Noch Mitte März 1933, als Hitler bereits tischen Volkspartei forderte, wie sie nach 1945 in CSU die SPD. Volkspartei unter der Losung: „deutsch, christlich, als Reichskanzler fest im Sattel saß, hatte es in seinen und CDU verwirklicht wurde. Zu Recht gilt daher das Erste Forderungen Stegerwalds, alle christlichen demokratisch, sozial“. Sie sollte ein Sammelbecken­ für Augen als Modell für den Umbau des Staates Gültig­ Jahr 1920 als wichtige Etappe auf dem Weg hin zu den Kräfte in einer gemeinsamen sozial orientierten Partei die bisher parteipolitisch gespaltenen Mitglieder des keit. Dass Hitler ganz andere Vorstellungen darüber modernen Unionsparteien. Ihre Wurzeln indes reichen zusammenzufassen, gehen auf die Zeit um 1900 zu­ DGB sein, aber auch den anderen Berufsgruppen offen hatte, war bald klar. viel weiter zurück und sie haben viel mit dem inter­ rück. Und wahrscheinlich verdankt sich auch der viel stehen. Das „Essener Programm“ hatte bald einen le­ Stegerwald war überzeugt, dass die deutsche konfessionellen Selbstverständnis der Christlichen zitierte Artikel „Wir müssen aus dem Turm heraus“, in gendären Ruf. Und doch gelang es Stegerwald nicht, Geschichte anders verlaufen wäre, wenn sich das Gewerkschaften zu tun. Für Stegerwald war klar, dass dem der Kölner Publizist Julius Bachem (1845-1918) im es in die Tat umzusetzen. Dafür war die politische Lage „Essener Programm“ 1920 hätte verwirklichen lassen. das, was in der Gewerkschaftsbewegung realisiert Jahr 1906 eine Öffnung des Zentrums gegenüber den viel zu instabil, dafür waren die Beharrungstendenzen Als er im Mai 1945 von den US-Truppen zum Regie­ war, nämlich die Zusammenarbeit von Katholiken und Protestanten forderte, einer Anregung Stegerwalds, in den Parteien zu groß, vor allem im Zentrum, und rungspräsidenten von Mainfranken ernannt wurde, Protestanten, auch in der Politik möglich sein musste. der zur selben Zeit im Mittelpunkt des Gewerkschafts­ dafür waren auch die Widerstände in den Christlichen sah er seine wichtigste Aufgabe darin, endlich das Dies schien ihm schon aus praktischen Erwägungen streits stand. Konkrete, aber vergebliche Initiativen Gewerkschaften zu heftig, die sich durch Stegerwald „Essener Programm“ umzusetzen. Dabei ging es sinnvoll. Denn während die SPD ein ideologisch gefes­ in dieser Richtung startete Stegerwald 1915/1916 und nicht noch mehr in politische Auseinandersetzungen ihm um die Realisierung des interkonfessionellen tigter Block war, waren die politischen Kräfte, die sich dann wieder unmittelbar nach der Revolution vom verstricken lassen wollten. Und nicht zuletzt war auch Prinzips ebenso wie um die Schaffung einer echten zum Christentum bekannten, in verschiedenen Lagern November 1918. In Kontakt stand er dabei mit pro­ Stegerwald selbst dafür verantwortlich, weil er sich Volkspartei „mit starker sozialer Grundhaltung“, wie beheimatet: Der Katholizismus eher im Zentrum, der minenten Vertretern des Liberalismus wie Friedrich

20 21

Stegerwald_Broschuere_01.indd 20-21 20.10.2008 16:59:53 er gegenüber seinem früheren Mitarbeiter Johan­ Fritz Schäffer und Alois Hundhammer (1900-1974) in Den CSU-Vorsitz in Würzburg übernahm Stegerwald Dominikanerpatres Laurentius Siemer (1888-1956) und nes Albers (1890-1963) in Köln im Sommer 1945 sein München favorisiert wurde, kam für Stegerwald und jedoch nicht selber. Er sah seine Aufgabe darin, die Eberhard Welty (1902-1965) die Weichen für die Grün­ Vorhaben umriss. Gerade die früheren christlichen Müller nicht in Frage. Rasch geklärt war auch, wie die Voraussetzungen für eine spätere Fusion der örtlichen dung der CDU im Rheinland stellten. Ein Treffen mit Gewerkschafter sahen Stegerwald nun in der Pflicht. Gründung der Partei vonstatten gehen sollte: Müller und regionalen Gruppierungen in ganz Deutschland (1876-1967), den er noch aus seinen Albers schrieb ihm am 15. August 1945: „Der Geist und übernahm es, in Altbayern das Feld dafür zu berei­ zu schaffen. Einen bayerischen Sonderweg, wie es ihn Kölner Jahren gut kannte und den er ebenfalls für die der Sinn von Essen müssen in unserem Volke erhalten ten, während Stegerwald sich um die Verhältnisse in in der Weimarer Republik in Form der BVP gab, wollte Parteigründung begeistern wollte, ließ sich jedoch bleiben und lebendig gemacht werden. Was soll ich Franken kümmern und Kontakte in die übrigen Besat­ er möglichst vermeiden. Noch zu gut waren ihm die nicht arrangieren. Auf der Rückfahrt von Köln nach Dir nun zum Schluss noch wünschen? Nichts anderes, zungszonen herstellen sollte. heftigen Auseinandersetzungen zwischen Zentrum Würzburg fand zudem am 23. Oktober in Mingolsheim was all unsere Freunde im Westen und unsere alten Bis zur Gründung der CSU in Würzburg dauerte es und BVP in Erinnerung, die letztlich den Einfluss bei­ bei Heidelberg eine erste überzonale Konferenz von Mitkämpfer Dir persönlich jetzt sagen würden: Wir nicht lange: Am 21. August sprach Stegerwald im Stadt­ der Parteien erheblich geschmälert hatten. Bei allen Vertretern der verschiedenen Gründerzirkel statt, die warten auf Dich.“ haus erstmals über die neue Partei, vier Tage später Widrig­keiten der unmittelbaren Nachkriegszeit such­ Stegerwald einberufen hatte. Dem folgten am 27. konstituierte sich in seiner Wohnung ein Arbeitsaus­ te Stegerwald daher Kontakte mit den verschiedenen und 28. Oktober in Würzburg weitere Besprechungen schuss, am 11. September ging bei der Militärregierung Gründerkreisen der Union in den Besatzungszonen, vor über die Parteigründung in ganz Deutschland. Die der Antrag auf Zulassung der „Christian Social Union“ allem über die ehemaligen christlichen Gewerkschaf­ nächsten Schritte zur Gründung der Union erlebte ein, die im Volksmund schon als „Stegerwald-Partei“ ter Johannes Albers in Köln, Jakob Kaiser in Berlin, Josef Stegerwald freilich nicht mehr, da er am 3. Dezember bekannt war. Am 13. Oktober wurde im Elisabethen­ Ersing (1882-1956) in Württemberg und Anton Gilsing 1945 in Würzburg starb. So fehlte Stegerwald beim heim schließlich die CSU für Würzburg Stadt und Land (1875-1946) in Bochum, die die treibende Kraft bei der ersten „Reichstreffen“ der entstehenden CDU vom 14. aus der Taufe gehoben. Gleichzeitig sorgte Stegerwald Gründung der CDU waren. Ja er wandte sich sogar an bis 16. Dezember 1945 in Bad Godesberg bei Bonn, wo dafür, dass auch außerhalb Würzburgs Orts- und Heinrich Brüning in dessen Exil in den USA, um ihn zur er dringend erwartet wurde. Auch die konstituierende Kreisverbände der CSU ins Leben gerufen wurden. In Mitarbeit an der neuen Partei zu gewinnen. Sitzung der CSU als Landesorganisation in München Aschaffenburg kümmerten sich darum u.a. der frühe­ Besonders intensiv war Stegerwalds Austausch mit am 8. Januar 1946 musste ohne ihn stattfinden. Ob es re Gewerkschaftssekretär Karl Greib, der Prälat Max dem Gründerkreis in Köln. Um den 20. Oktober 1945 Stegerwald gelungen wäre, die beiden Unionsparteien Rössler, der spätere Bundestagsabgeordnete Hugo herum gelang es ihm, selbst dorthin zu fahren, um in einer gemeinsamen Organisation zusammenzufas­ Karpf (1895-1994) und schließlich der von Stegerwald über seine parteipolitischen Vorstellungen und über sen, wie es sein Ideal gewesen war, muss offen blei­ eingesetzte Landrat und spätere bayerische Minister­ die Neugestaltung Deutschlands zu sprechen. Einen ben. Wahrscheinlich ist es jedoch nicht.

Der „Ochsensepp“: Dr. Josef Müller im Jahr 1945. präsident Hanns Seidel (1901-1961). Besuch stattete er auch dem Kloster Walberberg ab, Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik wo Johannes Albers, Leo Schwering (1883-1971) und die Einen wichtigen Gesinnungsgenossen hatte Ste­ gerwald am 8. Juli 1945 in Rothenburg ob der Tauber kennen gelernt: Den Münchner Rechtsanwalt Josef Müller (1898-1979), den „Ochsensepp“. Über die Grund­prinzipien der neuen Partei waren sie sich rasch einig: Sie sollte auf christlichem Fundament stehen, aber konfessionell-religiös ungebunden und frei von klerikaler Einflussnahme sein. Genauso wichtig war ihnen, dass sie als echte Volkspartei allen Schichten gleichermaßen offenstehen sollte, dem Landwirt ge­ nauso wie dem Akademiker, dem Arbeiter genauso Der Aschaffenburger Landrat Hanns Seidel. wie dem Industriellen. Eine Neuauflage des alten, Stegerwald berief ihn 1945 auf den Katholizismus beschränkten Zentrums oder in dieses Amt. Foto: Archiv für Christlich- Politiker aus dem Umfeld der christlichen Arbeiterbewegung, die Stegerwalds Vermächtnis in der Bundesrepublik fortführten (v.l.): der Bayerischen Volkspartei BVP, wie sie etwa von Soziale Politik Heinrich Krehle und Hugo Karpf in der CSU sowie Jakob Kaiser und Johannes Albers in der CDU. Fotos: Bayerischer Landtag / Archiv für Christlich-Soziale Politik

22 23

Stegerwald_Broschuere_01.indd 22-23 20.10.2008 16:59:55 er gegenüber seinem früheren Mitarbeiter Johan­ Fritz Schäffer und Alois Hundhammer (1900-1974) in Den CSU-Vorsitz in Würzburg übernahm Stegerwald Dominikanerpatres Laurentius Siemer (1888-1956) und nes Albers (1890-1963) in Köln im Sommer 1945 sein München favorisiert wurde, kam für Stegerwald und jedoch nicht selber. Er sah seine Aufgabe darin, die Eberhard Welty (1902-1965) die Weichen für die Grün­ Vorhaben umriss. Gerade die früheren christlichen Müller nicht in Frage. Rasch geklärt war auch, wie die Voraussetzungen für eine spätere Fusion der örtlichen dung der CDU im Rheinland stellten. Ein Treffen mit Gewerkschafter sahen Stegerwald nun in der Pflicht. Gründung der Partei vonstatten gehen sollte: Müller und regionalen Gruppierungen in ganz Deutschland Konrad Adenauer (1876-1967), den er noch aus seinen Albers schrieb ihm am 15. August 1945: „Der Geist und übernahm es, in Altbayern das Feld dafür zu berei­ zu schaffen. Einen bayerischen Sonderweg, wie es ihn Kölner Jahren gut kannte und den er ebenfalls für die der Sinn von Essen müssen in unserem Volke erhalten ten, während Stegerwald sich um die Verhältnisse in in der Weimarer Republik in Form der BVP gab, wollte Parteigründung begeistern wollte, ließ sich jedoch bleiben und lebendig gemacht werden. Was soll ich Franken kümmern und Kontakte in die übrigen Besat­ er möglichst vermeiden. Noch zu gut waren ihm die nicht arrangieren. Auf der Rückfahrt von Köln nach Dir nun zum Schluss noch wünschen? Nichts anderes, zungszonen herstellen sollte. heftigen Auseinandersetzungen zwischen Zentrum Würzburg fand zudem am 23. Oktober in Mingolsheim was all unsere Freunde im Westen und unsere alten Bis zur Gründung der CSU in Würzburg dauerte es und BVP in Erinnerung, die letztlich den Einfluss bei­ bei Heidelberg eine erste überzonale Konferenz von Mitkämpfer Dir persönlich jetzt sagen würden: Wir nicht lange: Am 21. August sprach Stegerwald im Stadt­ der Parteien erheblich geschmälert hatten. Bei allen Vertretern der verschiedenen Gründerzirkel statt, die warten auf Dich.“ haus erstmals über die neue Partei, vier Tage später Widrig­keiten der unmittelbaren Nachkriegszeit such­ Stegerwald einberufen hatte. Dem folgten am 27. konstituierte sich in seiner Wohnung ein Arbeitsaus­ te Stegerwald daher Kontakte mit den verschiedenen und 28. Oktober in Würzburg weitere Besprechungen schuss, am 11. September ging bei der Militärregierung Gründerkreisen der Union in den Besatzungszonen, vor über die Parteigründung in ganz Deutschland. Die der Antrag auf Zulassung der „Christian Social Union“ allem über die ehemaligen christlichen Gewerkschaf­ nächsten Schritte zur Gründung der Union erlebte ein, die im Volksmund schon als „Stegerwald-Partei“ ter Johannes Albers in Köln, Jakob Kaiser in Berlin, Josef Stegerwald freilich nicht mehr, da er am 3. Dezember bekannt war. Am 13. Oktober wurde im Elisabethen­ Ersing (1882-1956) in Württemberg und Anton Gilsing 1945 in Würzburg starb. So fehlte Stegerwald beim heim schließlich die CSU für Würzburg Stadt und Land (1875-1946) in Bochum, die die treibende Kraft bei der ersten „Reichstreffen“ der entstehenden CDU vom 14. aus der Taufe gehoben. Gleichzeitig sorgte Stegerwald Gründung der CDU waren. Ja er wandte sich sogar an bis 16. Dezember 1945 in Bad Godesberg bei Bonn, wo dafür, dass auch außerhalb Würzburgs Orts- und Heinrich Brüning in dessen Exil in den USA, um ihn zur er dringend erwartet wurde. Auch die konstituierende Kreisverbände der CSU ins Leben gerufen wurden. In Mitarbeit an der neuen Partei zu gewinnen. Sitzung der CSU als Landesorganisation in München Aschaffenburg kümmerten sich darum u.a. der frühe­ Besonders intensiv war Stegerwalds Austausch mit am 8. Januar 1946 musste ohne ihn stattfinden. Ob es re Gewerkschaftssekretär Karl Greib, der Prälat Max dem Gründerkreis in Köln. Um den 20. Oktober 1945 Stegerwald gelungen wäre, die beiden Unionsparteien Rössler, der spätere Bundestagsabgeordnete Hugo herum gelang es ihm, selbst dorthin zu fahren, um in einer gemeinsamen Organisation zusammenzufas­ Karpf (1895-1994) und schließlich der von Stegerwald über seine parteipolitischen Vorstellungen und über sen, wie es sein Ideal gewesen war, muss offen blei­ eingesetzte Landrat und spätere bayerische Minister­ die Neugestaltung Deutschlands zu sprechen. Einen ben. Wahrscheinlich ist es jedoch nicht.

Der „Ochsensepp“: Dr. Josef Müller im Jahr 1945. präsident Hanns Seidel (1901-1961). Besuch stattete er auch dem Kloster Walberberg ab, Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik wo Johannes Albers, Leo Schwering (1883-1971) und die Einen wichtigen Gesinnungsgenossen hatte Ste­ gerwald am 8. Juli 1945 in Rothenburg ob der Tauber kennen gelernt: Den Münchner Rechtsanwalt Josef Müller (1898-1979), den „Ochsensepp“. Über die Grund­prinzipien der neuen Partei waren sie sich rasch einig: Sie sollte auf christlichem Fundament stehen, aber konfessionell-religiös ungebunden und frei von klerikaler Einflussnahme sein. Genauso wichtig war ihnen, dass sie als echte Volkspartei allen Schichten gleichermaßen offenstehen sollte, dem Landwirt ge­ nauso wie dem Akademiker, dem Arbeiter genauso Der Aschaffenburger Landrat Hanns Seidel. wie dem Industriellen. Eine Neuauflage des alten, Stegerwald berief ihn 1945 auf den Katholizismus beschränkten Zentrums oder in dieses Amt. Foto: Archiv für Christlich- Politiker aus dem Umfeld der christlichen Arbeiterbewegung, die Stegerwalds Vermächtnis in der Bundesrepublik fortführten (v.l.): der Bayerischen Volkspartei BVP, wie sie etwa von Soziale Politik Heinrich Krehle und Hugo Karpf in der CSU sowie Jakob Kaiser und Johannes Albers in der CDU. Fotos: Bayerischer Landtag / Archiv für Christlich-Demokratische Politik

22 23

Stegerwald_Broschuere_01.indd 22-23 20.10.2008 16:59:55

Archiv für Christlich-Demokratische Politik Archiv für Christlich-Demokratische Politik

Zahlreiche Unionspolitiker fühlten sich verpflichtet, Denn zum Vermächtnis Stegerwalds gehört, dass die Erfahrungen Stegerwalds bei der Gründung und Wirtschaft und Politik niemals Selbstzweck sind. Sie Ausgestaltung der jungen Bundesrepublik wirksam müssen sich daran messen lassen, inwieweit sie es werden zu lassen. 1985 brachte dies der damalige dem Menschen ermöglichen, ein selbstbestimmtes Bundeskanzler Helmut Kohl bei einer Gedenkfeier aus Leben in sozialer Verantwortung zu führen. Von daher Anlass des 40. Todestags Stegerwalds in Würzburg hätte Stegerwald zweifellos die Kernaussage des zum Ausdruck, indem er sagte: „Stegerwalds Ver­ Grund­programms der CDA von 2001 unterschrieben: dienste um die Idee der christlichen Demokratie sind „Erst der Mensch, dann der Markt“. Und genauso hätte sein Vermächtnis an unsere Generation. Er zählt zu er sicher auch dem Leitbild der CSA sein Plazet gege­ den Initiatoren eines tiefgreifenden Wandels im Par­ ben: „Der Mensch ist das Maß der Dinge“. teiensystem, dem wir die Stabilität unseres Gemein­ wesens Jahrzehnte hindurch verdanken, ja das uns in­ zwischen schon zur Selbstverständlichkeit geworden ist.“ Und er wies dabei auf die Leistungen des gerade in den Anfangsjahren der Bundesrepublik einfluss­ reichen Arbeitnehmerflügels der Union hin, der sich ganz besonders bemühte, Stegerwalds Vermächtnis fortzuführen: In der CSU vor allem Rudolf Schwarzer (1879-1964), Hugo Karpf (1895-1994) und Heinrich Krehle (1892-1969), in der CDU in erster Linie Johannes Albers, Jakob Kaiser, Karl Arnold (1901-1958) und Theo­ dor Blank (1905-1972) – allesamt Persönlichkeiten, die selbst noch aus dem Umfeld Stegerwalds stammten. Auf Stegerwald beriefen sich vor allem die Ende 1945 von Albers gegründeten Sozialausschüsse der CDU, aus denen 1946/47 die „Christlich-Demokratische Arbeit­nehmerschaft“ CDA hervorging. Ihr Pendant auf Seiten der CSU ist die 1947 in Eichstätt gegründete „Christlich-Soziale Arbeitnehmerschaft“ CSA, zu deren erstem Vorsitzenden Heinrich Krehle gewählt wurde. CDA und CSA haben einen gemeinsamen Vorläufer in dem 1928/29 von Stegerwald mitbegründeten „Reichs­ arbeiterbeirat“ der Zentrumspartei, und beide stehen in der Tradition Stegerwalds, wenn sie sich noch heute dezidiert als Anwalt der Arbeitnehmerinteressen in der Union und darüber hinaus als Für­sprecher der sozial Schwachen bei der Fortentwicklung der Wirtschafts- und Sozialordnung der Bundesrepublik unter den Rahmenbedingungen der Globalisierung und nach Maßgabe der Sozialen Marktwirtschaft in christlich- sozialer Tradition verstehen.

24 25

Stegerwald_Broschuere_01.indd 24-25 20.10.2008 16:59:58 Zahlreiche Unionspolitiker fühlten sich verpflichtet, Denn zum Vermächtnis Stegerwalds gehört, dass die Erfahrungen Stegerwalds bei der Gründung und Wirtschaft und Politik niemals Selbstzweck sind. Sie Ausgestaltung der jungen Bundesrepublik wirksam müssen sich daran messen lassen, inwieweit sie es werden zu lassen. 1985 brachte dies der damalige dem Menschen ermöglichen, ein selbstbestimmtes Bundeskanzler Helmut Kohl bei einer Gedenkfeier aus Leben in sozialer Verantwortung zu führen. Von daher Anlass des 40. Todestags Stegerwalds in Würzburg hätte Stegerwald zweifellos die Kernaussage des zum Ausdruck, indem er sagte: „Stegerwalds Ver­ Grund­programms der CDA von 2001 unterschrieben: dienste um die Idee der christlichen Demokratie sind „Erst der Mensch, dann der Markt“. Und genauso hätte sein Vermächtnis an unsere Generation. Er zählt zu er sicher auch dem Leitbild der CSA sein Plazet gege­ den Initiatoren eines tiefgreifenden Wandels im Par­ ben: „Der Mensch ist das Maß der Dinge“. teiensystem, dem wir die Stabilität unseres Gemein­ wesens Jahrzehnte hindurch verdanken, ja das uns in­ zwischen schon zur Selbstverständlichkeit geworden ist.“ Und er wies dabei auf die Leistungen des gerade in den Anfangsjahren der Bundesrepublik einfluss­ reichen Arbeitnehmerflügels der Union hin, der sich ganz besonders bemühte, Stegerwalds Vermächtnis fortzuführen: In der CSU vor allem Rudolf Schwarzer (1879-1964), Hugo Karpf (1895-1994) und Heinrich Krehle (1892-1969), in der CDU in erster Linie Johannes Albers, Jakob Kaiser, Karl Arnold (1901-1958) und Theo­ dor Blank (1905-1972) – allesamt Persönlichkeiten, die selbst noch aus dem Umfeld Stegerwalds stammten. Auf Stegerwald beriefen sich vor allem die Ende 1945 von Albers gegründeten Sozialausschüsse der CDU, aus denen 1946/47 die „Christlich-Demokratische Arbeit­nehmerschaft“ CDA hervorging. Ihr Pendant auf Seiten der CSU ist die 1947 in Eichstätt gegründete „Christlich-Soziale Arbeitnehmerschaft“ CSA, zu deren erstem Vorsitzenden Heinrich Krehle gewählt wurde. CDA und CSA haben einen gemeinsamen Vorläufer in dem 1928/29 von Stegerwald mitbegründeten „Reichs­ arbeiterbeirat“ der Zentrumspartei, und beide stehen in der Tradition Stegerwalds, wenn sie sich noch heute dezidiert als Anwalt der Arbeitnehmerinteressen in der Union und darüber hinaus als Für­sprecher der sozial Schwachen bei der Fortentwicklung der Wirtschafts- und Sozialordnung der Bundesrepublik unter den Rahmenbedingungen der Globalisierung und nach Maßgabe der Sozialen Marktwirtschaft in christlich- sozialer Tradition verstehen.

24 25

Stegerwald_Broschuere_01.indd 24-25 20.10.2008 16:59:58 3. Biographische Zeittafel 1894-1899 1905 Stegerwald lässt sich 1894 in München nieder und schließt Wahl in den Provinzialausschuss der Rheinischen sich dem Kreis um den Arbeiterpriester Lorenz Huber Zentrumspartei. 1874 an. Beitritt zum „Arbeiterwahlverein der Bayerischen Zentrumspartei“ und zum „Verein Arbeiterschutz“. Erste Geburt des Sohnes Heinrich Stegerwald (gest. 1943). Erfahrungen im Arbeitskampf. Wegen seines Eintretens für Gewerkschaften wird Stegerwald mehrfach entlassen. 1906 1899 Bei einer Studienreise durch England lernt Stegerwald das 20./21. Mai dortige Tarifvertrags- und Schlichtungswesen sowie die Gründungskongress der Christlichen Gewerkschaften in parteipolitisch neutralen „Trade Unions“ kennen. Mainz. Stegerwald vertritt als Delegierter die Münchner Holzarbeiter. Im Oktober schließt Stegerwald mit den konfessionellen Arbeitervereinen eine Vereinbarung, wonach die Arbeiter­ Der Taufeintrag Stegerwalds in den Matrikeln der Pfarrei 1. Juli vereine sich um die sozialpolitische und religiöse Schulung Greußenheim. Vorsitzender des „Christlichen Holzarbeiter­verbands der Arbeiter kümmern, die Gewerkschaften dagegen um die Foto: Diözesanarchiv Würzburg Deutschlands“; Sitz ist München. Vertretung ihrer wirtschaftlichen Interessen.

Adam Andreas Stegerwald wird in Greußenheim bei 1900-1902 Würzburg geboren. Seine Eltern Martin und Franziska Im „Fuldaer Pastorale“ vom 21./22. August 1900 stellen bewirtschaften einen kleinen Hof. Stegerwald hat sieben die preußischen Bischöfe das Recht der katholischen Geschwister. Arbeiter in Frage, sich mit ihren protestantischen Kollegen in Gewerkschaften zusammenzuschließen: Beginn des „Gewerkschaftsstreits“.

Stegerwald ist ab 1900 Gasthörer an der Universität München u.a. bei ; Teilnahme an Kursen des „Volksvereins für das katholische Deutschland“, Agitationsreisen durch ganz Deutschland; 1902 Beitritt zur „Gesellschaft für Soziale Reform“.

Am Geburtshaus Stegerwalds in Greußenheim (im Bild links) Kreszenz und Adam Stegerwald um 1912 in Köln. erinnert eine Gedenktafel an den berühmten Sohn der unterfrän­ Foto: Archiv Möller-Stegerwald kischen Gemeinde. 1903 Foto: Albert Vogel 1. April Amtsantritt als Generalsekretär in Köln. Der Arbeiterführer im bürgerlichen Ambiente: Das Ehepaar Stegerwald mit den Kindern (v.l.) Barbara, 1880-1889 Gasthörer an der Handelsschule Köln (bis 1905). Alois und Heinrich um 1906. Stegerwald besucht die siebenjährige Volksschule in seinem Foto: Archiv Möller-Stegerwald Heimatort und ist dort Klassenprimus. Anschließend 25./26. Oktober arbeitet er noch zwei Jahre auf dem Bauernhof seiner „Deutscher Arbeiterkongress“ in Frankfurt am Main: 1907 Eltern. Gründung der „christlich-nationalen Arbeiter­bewegung“; 20.-22. Oktober Wahl Stegerwalds zum Generalsekretär des Arbeiter­ Zweiter Deutscher Arbeiterkongress in Berlin; Stegerwald kongresses. fordert die volle Koalitionsfreiheit und die Abschaffung des 1889-1894 Dreiklassenwahlrechts in Preußen, außerdem lehnt er die Als 15-Jähriger beginnt Stegerwald eine Schreinerlehre in 13. Dezember Gründung einer eigenen christlichen Arbeiterpartei ab. Hochberg bei Würzburg, die er als Geselle in Zell beendet. Empfang bei Reichskanzler Bernhard von Bülow in Berlin. Anschließend begibt er sich auf die „Walz“. In Günzburg tritt er 1893 dem Katholischen Gesellenverein bei. Geburt der Tochter Barbara Stegerwald (gest. 1957). 1908 2.-5. August Mit der Verleihung des Heimatrechts der Hauptstadt des Internationaler Christlicher Gewerkschaftskongress Königreichs Bayern am 21. Juni 1902 wurde Stegerwald zum 1904 in Zürich; Stegerwald wird zum Internationalen Münchner. September/Oktober Gewerkschaftssekretär gewählt. Auf dem Kongress spricht Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik Agitationsreise durch Ostdeutschland, besonders Schlesien. Stegerwald den katholischen Bischöfen das Recht ab, den Arbeitern in Tariffragen Vorschriften zu machen. Anfang Juli 1902 wird Stegerwald zum ersten General­ Geburt des Sohnes Alois Stegerwald (gest. 1963). sekretär des Gesamtverbands der Christlichen Gewerk­ schaften in Köln gewählt. 31. Dezember Der 18-jährige Schreinergeselle Stegerwald fordert gegenüber Julius Bachem, bei künftigen Stegerwald. Am 16. Juli heiratet er die aus Gaimersheim bei Ingolstadt Wahlen christliche Arbeiter als Kandidaten für das Zentrum Aus: Josef Deutz: stammende Kreszenz Humpel (1879-1951). Zum Jahresende aufzustellen. Adam Stegerwald. Köln 1952 Umzug nach Köln.

26 27

Stegerwald_Broschuere_01.indd 26-27 20.10.2008 17:00:03 3. Biographische Zeittafel 1894-1899 1905 Stegerwald lässt sich 1894 in München nieder und schließt Wahl in den Provinzialausschuss der Rheinischen sich dem Kreis um den Arbeiterpriester Lorenz Huber Zentrumspartei. 1874 an. Beitritt zum „Arbeiterwahlverein der Bayerischen Zentrumspartei“ und zum „Verein Arbeiterschutz“. Erste Geburt des Sohnes Heinrich Stegerwald (gest. 1943). Erfahrungen im Arbeitskampf. Wegen seines Eintretens für Gewerkschaften wird Stegerwald mehrfach entlassen. 1906 1899 Bei einer Studienreise durch England lernt Stegerwald das 20./21. Mai dortige Tarifvertrags- und Schlichtungswesen sowie die Gründungskongress der Christlichen Gewerkschaften in parteipolitisch neutralen „Trade Unions“ kennen. Mainz. Stegerwald vertritt als Delegierter die Münchner Holzarbeiter. Im Oktober schließt Stegerwald mit den konfessionellen Arbeitervereinen eine Vereinbarung, wonach die Arbeiter­ Der Taufeintrag Stegerwalds in den Matrikeln der Pfarrei 1. Juli vereine sich um die sozialpolitische und religiöse Schulung Greußenheim. Vorsitzender des „Christlichen Holzarbeiter­verbands der Arbeiter kümmern, die Gewerkschaften dagegen um die Foto: Diözesanarchiv Würzburg Deutschlands“; Sitz ist München. Vertretung ihrer wirtschaftlichen Interessen.

Adam Andreas Stegerwald wird in Greußenheim bei 1900-1902 Würzburg geboren. Seine Eltern Martin und Franziska Im „Fuldaer Pastorale“ vom 21./22. August 1900 stellen bewirtschaften einen kleinen Hof. Stegerwald hat sieben die preußischen Bischöfe das Recht der katholischen Geschwister. Arbeiter in Frage, sich mit ihren protestantischen Kollegen in Gewerkschaften zusammenzuschließen: Beginn des „Gewerkschaftsstreits“.

Stegerwald ist ab 1900 Gasthörer an der Universität München u.a. bei Lujo Brentano; Teilnahme an Kursen des „Volksvereins für das katholische Deutschland“, Agitationsreisen durch ganz Deutschland; 1902 Beitritt zur „Gesellschaft für Soziale Reform“.

Am Geburtshaus Stegerwalds in Greußenheim (im Bild links) Kreszenz und Adam Stegerwald um 1912 in Köln. erinnert eine Gedenktafel an den berühmten Sohn der unterfrän­ Foto: Archiv Möller-Stegerwald kischen Gemeinde. 1903 Foto: Albert Vogel 1. April Amtsantritt als Generalsekretär in Köln. Der Arbeiterführer im bürgerlichen Ambiente: Das Ehepaar Stegerwald mit den Kindern (v.l.) Barbara, 1880-1889 Gasthörer an der Handelsschule Köln (bis 1905). Alois und Heinrich um 1906. Stegerwald besucht die siebenjährige Volksschule in seinem Foto: Archiv Möller-Stegerwald Heimatort und ist dort Klassenprimus. Anschließend 25./26. Oktober arbeitet er noch zwei Jahre auf dem Bauernhof seiner „Deutscher Arbeiterkongress“ in Frankfurt am Main: 1907 Eltern. Gründung der „christlich-nationalen Arbeiter­bewegung“; 20.-22. Oktober Wahl Stegerwalds zum Generalsekretär des Arbeiter­ Zweiter Deutscher Arbeiterkongress in Berlin; Stegerwald kongresses. fordert die volle Koalitionsfreiheit und die Abschaffung des 1889-1894 Dreiklassenwahlrechts in Preußen, außerdem lehnt er die Als 15-Jähriger beginnt Stegerwald eine Schreinerlehre in 13. Dezember Gründung einer eigenen christlichen Arbeiterpartei ab. Hochberg bei Würzburg, die er als Geselle in Zell beendet. Empfang bei Reichskanzler Bernhard von Bülow in Berlin. Anschließend begibt er sich auf die „Walz“. In Günzburg tritt er 1893 dem Katholischen Gesellenverein bei. Geburt der Tochter Barbara Stegerwald (gest. 1957). 1908 2.-5. August Mit der Verleihung des Heimatrechts der Hauptstadt des Internationaler Christlicher Gewerkschaftskongress Königreichs Bayern am 21. Juni 1902 wurde Stegerwald zum 1904 in Zürich; Stegerwald wird zum Internationalen Münchner. September/Oktober Gewerkschaftssekretär gewählt. Auf dem Kongress spricht Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik Agitationsreise durch Ostdeutschland, besonders Schlesien. Stegerwald den katholischen Bischöfen das Recht ab, den Arbeitern in Tariffragen Vorschriften zu machen. Anfang Juli 1902 wird Stegerwald zum ersten General­ Geburt des Sohnes Alois Stegerwald (gest. 1963). sekretär des Gesamtverbands der Christlichen Gewerk­ schaften in Köln gewählt. 31. Dezember Der 18-jährige Schreinergeselle Stegerwald fordert gegenüber Julius Bachem, bei künftigen Stegerwald. Am 16. Juli heiratet er die aus Gaimersheim bei Ingolstadt Wahlen christliche Arbeiter als Kandidaten für das Zentrum Aus: Josef Deutz: stammende Kreszenz Humpel (1879-1951). Zum Jahresende aufzustellen. Adam Stegerwald. Köln 1952 Umzug nach Köln.

26 27

Stegerwald_Broschuere_01.indd 26-27 20.10.2008 17:00:03 30. November 1909 Dritter Deutscher Arbeiterkongress in Berlin; Stegerwald 19. September bekennt sich zum „sozialen Volkskaisertum“, fordert aber Bei einer Rede in Aachen über „Reichsfinanzreform und weitere Sozialreformen als Antwort auf die Zuwächse der christliche Arbeiterschaft“ billigt Stegerwald die deutsche SPD. Kolonialpolitik als Voraussetzung für wirtschaftliche Prosperität. 18. bis 22. Dezember Beim „Kölner Gewerkschaftsprozess“ wird die Un­ab­hängig­ Geburt des Sohnes Franz Stegerwald (gest. 1991). keit der Christlichen Gewerkschaften von Weisungen der kirchlichen Hierarchie gerichtlich bestätigt. 1911 Anlässlich der Zweiten Marokko-Krise (Mai 1911) spricht sich 1914 Stegerwald in einem Aufruf an die Arbeiter gegen politische Wahl in den „Beirat der rheinischen Zentrumspartei“. Streiks aus, wie sie die SPD für den Fall eines Kolonialkriegs ankündigte. 1. August Nach dem Ausbruch des 1. Weltkriegs ordnen sich die Christ­ Mit dieser Urkunde berief Wilhelm II. Stegerwald als ersten und 1918/19 beriet Stegerwald die deutsche Waffenstillstandskom­ Geburt des Sohnes Paul Stegerwald (gest. 1966). lichen Gewerkschaften in den „Nationalen Burgfrieden“ einzigen Vertreter der Arbeiterschaft in das von Adeligen und mission in Wirtschafts- und Sozialfragen. Hier eine von Matthias ein. Großgrundbesitzern geprägte Preußische Herrenhaus. Erzberger ausgestellte Legitimationskarte. Foto: Archiv Möller-Stegerwald Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik 1912 1915 1917 12. Januar Dezember Gründung der Zeitschrift „Deutsche Arbeit“ als Organ der 28. Oktober Die SPD wird stärkste Kraft im Reichstag. Wirtschaftssachverständiger bei den Waffenstill­ ­stands­ „christlich-nationalen Arbeiterbewegung“. Berufung in das Preußische Herrenhaus. verhandlungen in Spa (Belgien). Gemeinsam mit den Geistlichen und 28.-30. Oktober August Pieper vom „Volksverein für das Katholische Vierter „Deutscher Arbeiterkongress“ in Berlin: Stegerwald 1919 Deutsch­land“ sowie mit dem Straßburger Historiker Martin lehnt weitere Friedensinitiativen des Reiches wie die 19. Januar Spahn setzt sich Stegerwald bis 1918 vergeblich für die Friedensresolution des Reichstags vom 17. Juli 1917 ab. Auf ihrem Kongress 1912 in Wahl in die Weimarer Nationalversammlung. interkonfessionelle Öffnung des Zentrums und für eine Dresden verteidigte Stegerwald Stärkung ihres Arbeiterflügels ein. 4. Dezember resolut die Zusammenarbeit von Gründung des „Volksbunds für Freiheit und Vaterland“, der Katholiken und Protestanten in sich für innen- und sozialpolitische Reformen innerhalb der den Christlichen Gewerkschaf­ 1916 Monarchie einsetzt, unter Mitwirkung Stegerwalds. ten. Der Vortrag wurde kurz darauf veröffentlicht und erregte großes Aufsehen, auch bei den 1918 deutschen Bischöfen. Übernahme weiterer staatlicher Ämter: Mitglied im Er­ Foto: Forster nährungs­beirat des Reichstags und des Finanzbeirats beim Reichsschatzamt. 24. September Der Abgeordnete zur Weimarer Papst Pius X. spricht in der Enzyklika „Singulari quadam“ 30. Juni Nationalversammlung. lediglich eine „Duldung“ der Christlichen Gewerkschaften Wahl in den „Reichsausschuss der Deutschen Zentrums­ Foto: Archiv Möller-Stegerwald aus. partei“. 26. Januar 26. November Wahl in die verfassunggebende Preußische Landes­ver­ 10. Juli sammlung. Auf einem außerordentlichen Gewerkschaftskongress in Rede im Preußischen Herrenhaus über das gleiche Wahlrecht Essen inter­pretiert Stegerwald die Enzyklika als Bestätigung in Preußen. 5. Februar für die Christlichen Gewerkschaften. Die Familie Stegerwald um 1926, stehend die Kinder Alois (v.l.), Mitglied im erweiterten Vorstand der Zentrumsfraktion in Franz, Barbara, Heinrich, Wilhelm und Paul. 9. November der Nationalversammlung. Stegerwald lehnt das Angebot des bayerischen Minister­ Foto: Archiv Möller-Stegerwald Abdankung Kaiser Wilhelms II. Stegerwald plädiert für die präsidenten ab, in den Staatsdienst momentane Anerkennung der Rätebewegung, fordert aber 21. Februar des Königreichs zu wechseln. Bereits zuvor hatte er sich 22. Mai die Einberufung einer Nationalversammlung. Rede in der Weimarer Nationalversammlung: Stegerwald geweigert, Mandate in der Kölner Stadtverordneten­ Berufung in den Vorstand des „Kriegsernährungsamtes“ in spricht sich gleichermaßen gegen ein planwirtschaftliches versammlung, im Reichstag oder im preußischen Landtag Berlin. 13. November anzunehmen. wie ein rein marktliberales Wirtschaftssystem aus. Er ist Gründung des „Deutsch-Demokratischen Gewerkschafts­ zeitweiliges Mitglied im Verfassungsausschuss. 5. Dezember bundes“ (DDGB) in Berlin, Stegerwald wird zum General­ Wahl in das „Politische Komitee der Arbeitervereine Gesetz über den „Vaterländischen Hilfsdienst“. sekretär gewählt. Gleichzeitig ergreift er die Initiative zur Westdeutschlands“. 19. März Gründung einer interkonfessionellen Volkspartei, die jedoch Umbenennung des „DDGB“ in „Deutscher Gewerkschafts­ Stegerwald entwirft gemeinsam mit Martin Spahn ein scheitert. bund“ (DGB). Programm der „Christlich-nationalen Arbeiterbewegung“ 1913 auf der Grundlage der katholischen Soziallehre. 15. November 16. Juni 25. März „Zentralarbeitsgemeinschaft“ von Arbeitgebern und Ge­ Ernennung zum preußischen Volkswohlfahrts­ ­minister Empfang durch Kaiser Wilhelm II. in Berlin. Geburt des Sohnes Wilhelm Stegerwald (gest. 1982; nach werk­schaften. im Kabinett aus SPD, Zentrum und DDP unter 1945 Landrat in Neumarkt/Opf., CSU). (SPD).

28 29

Stegerwald_Broschuere_01.indd 28-29 20.10.2008 17:00:13 30. November 1909 Dritter Deutscher Arbeiterkongress in Berlin; Stegerwald 19. September bekennt sich zum „sozialen Volkskaisertum“, fordert aber Bei einer Rede in Aachen über „Reichsfinanzreform und weitere Sozialreformen als Antwort auf die Zuwächse der christliche Arbeiterschaft“ billigt Stegerwald die deutsche SPD. Kolonialpolitik als Voraussetzung für wirtschaftliche Prosperität. 18. bis 22. Dezember Beim „Kölner Gewerkschaftsprozess“ wird die Un­ab­hängig­ Geburt des Sohnes Franz Stegerwald (gest. 1991). keit der Christlichen Gewerkschaften von Weisungen der kirchlichen Hierarchie gerichtlich bestätigt. 1911 Anlässlich der Zweiten Marokko-Krise (Mai 1911) spricht sich 1914 Stegerwald in einem Aufruf an die Arbeiter gegen politische Wahl in den „Beirat der rheinischen Zentrumspartei“. Streiks aus, wie sie die SPD für den Fall eines Kolonialkriegs ankündigte. 1. August Nach dem Ausbruch des 1. Weltkriegs ordnen sich die Christ­ Mit dieser Urkunde berief Wilhelm II. Stegerwald als ersten und 1918/19 beriet Stegerwald die deutsche Waffenstillstandskom­ Geburt des Sohnes Paul Stegerwald (gest. 1966). lichen Gewerkschaften in den „Nationalen Burgfrieden“ einzigen Vertreter der Arbeiterschaft in das von Adeligen und mission in Wirtschafts- und Sozialfragen. Hier eine von Matthias ein. Großgrundbesitzern geprägte Preußische Herrenhaus. Erzberger ausgestellte Legitimationskarte. Foto: Archiv Möller-Stegerwald Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik 1912 1915 1917 12. Januar Dezember Gründung der Zeitschrift „Deutsche Arbeit“ als Organ der 28. Oktober Die SPD wird stärkste Kraft im Reichstag. Wirtschaftssachverständiger bei den Waffenstill­ ­stands­ „christlich-nationalen Arbeiterbewegung“. Berufung in das Preußische Herrenhaus. verhandlungen in Spa (Belgien). Gemeinsam mit den Geistlichen Heinrich Brauns und 28.-30. Oktober August Pieper vom „Volksverein für das Katholische Vierter „Deutscher Arbeiterkongress“ in Berlin: Stegerwald 1919 Deutsch­land“ sowie mit dem Straßburger Historiker Martin lehnt weitere Friedensinitiativen des Reiches wie die 19. Januar Spahn setzt sich Stegerwald bis 1918 vergeblich für die Friedensresolution des Reichstags vom 17. Juli 1917 ab. Auf ihrem Kongress 1912 in Wahl in die Weimarer Nationalversammlung. interkonfessionelle Öffnung des Zentrums und für eine Dresden verteidigte Stegerwald Stärkung ihres Arbeiterflügels ein. 4. Dezember resolut die Zusammenarbeit von Gründung des „Volksbunds für Freiheit und Vaterland“, der Katholiken und Protestanten in sich für innen- und sozialpolitische Reformen innerhalb der den Christlichen Gewerkschaf­ 1916 Monarchie einsetzt, unter Mitwirkung Stegerwalds. ten. Der Vortrag wurde kurz darauf veröffentlicht und erregte großes Aufsehen, auch bei den 1918 deutschen Bischöfen. Übernahme weiterer staatlicher Ämter: Mitglied im Er­ Foto: Forster nährungs­beirat des Reichstags und des Finanzbeirats beim Reichsschatzamt. 24. September Der Abgeordnete zur Weimarer Papst Pius X. spricht in der Enzyklika „Singulari quadam“ 30. Juni Nationalversammlung. lediglich eine „Duldung“ der Christlichen Gewerkschaften Wahl in den „Reichsausschuss der Deutschen Zentrums­ Foto: Archiv Möller-Stegerwald aus. partei“. 26. Januar 26. November Wahl in die verfassunggebende Preußische Landes­ver­ 10. Juli sammlung. Auf einem außerordentlichen Gewerkschaftskongress in Rede im Preußischen Herrenhaus über das gleiche Wahlrecht Essen inter­pretiert Stegerwald die Enzyklika als Bestätigung in Preußen. 5. Februar für die Christlichen Gewerkschaften. Die Familie Stegerwald um 1926, stehend die Kinder Alois (v.l.), Mitglied im erweiterten Vorstand der Zentrumsfraktion in Franz, Barbara, Heinrich, Wilhelm und Paul. 9. November der Nationalversammlung. Stegerwald lehnt das Angebot des bayerischen Minister­ Foto: Archiv Möller-Stegerwald Abdankung Kaiser Wilhelms II. Stegerwald plädiert für die präsidenten Georg von Hertling ab, in den Staatsdienst momentane Anerkennung der Rätebewegung, fordert aber 21. Februar des Königreichs zu wechseln. Bereits zuvor hatte er sich 22. Mai die Einberufung einer Nationalversammlung. Rede in der Weimarer Nationalversammlung: Stegerwald geweigert, Mandate in der Kölner Stadtverordneten­ Berufung in den Vorstand des „Kriegsernährungsamtes“ in spricht sich gleichermaßen gegen ein planwirtschaftliches versammlung, im Reichstag oder im preußischen Landtag Berlin. 13. November anzunehmen. wie ein rein marktliberales Wirtschaftssystem aus. Er ist Gründung des „Deutsch-Demokratischen Gewerkschafts­ zeitweiliges Mitglied im Verfassungsausschuss. 5. Dezember bundes“ (DDGB) in Berlin, Stegerwald wird zum General­ Wahl in das „Politische Komitee der Arbeitervereine Gesetz über den „Vaterländischen Hilfsdienst“. sekretär gewählt. Gleichzeitig ergreift er die Initiative zur Westdeutschlands“. 19. März Gründung einer interkonfessionellen Volkspartei, die jedoch Umbenennung des „DDGB“ in „Deutscher Gewerkschafts­ Stegerwald entwirft gemeinsam mit Martin Spahn ein scheitert. bund“ (DGB). Programm der „Christlich-nationalen Arbeiterbewegung“ 1913 auf der Grundlage der katholischen Soziallehre. 15. November 16. Juni 25. März „Zentralarbeitsgemeinschaft“ von Arbeitgebern und Ge­ Ernennung zum preußischen Volkswohlfahrts­ ­minister Empfang durch Kaiser Wilhelm II. in Berlin. Geburt des Sohnes Wilhelm Stegerwald (gest. 1982; nach werk­schaften. im Kabinett aus SPD, Zentrum und DDP unter Paul Hirsch 1945 Landrat in Neumarkt/Opf., CSU). (SPD).

28 29

Stegerwald_Broschuere_01.indd 28-29 20.10.2008 17:00:13 21. April Nochmalige Wahl Stegerwalds zum Minister­präsidenten, 1923 diesmal mit den Stimmen von Zentrum, DDP, DVP und DNVP. Trotz der unterschiedlichen 9. Mai Parteizugehörigkeit versuchte Stegerwald schlägt den Kölner Oberbürgermeister Konrad Stegerwald, den DVP- Adenauer als Reichskanzler vor. Seine Sondierungen bleiben Vorsitzenden und späteren aber ergebnislos. Reichsaußenminister Gustav Stresemann für seine Ziele zu 26. August gewinnen – meistens vergebens. Ermordung des Reichsfinanzministers Matthias Erzberger Hier die beiden Politiker 1921 auf durch rechtsradikale Attentäter. dem Weg in den Reichstag. Foto: Archiv für Christlich- Angesichts der innen- und außenpolitischen Eskalation Demokratische Politik nach dem „Londoner Ultimatum“ der Alliierten, der Ober­ Nach der Besetzung des Ruhrgebiets durch alliierte Stegerwald in seiner Zeit als preußischer Mit Spannung wurde 1920 im christlich-sozialen Lager erwartet, schlesienkrise und der Ermordung Erzbergers startet Truppen (11. Januar, „Ruhrkampf“), dem Scheitern der Volkswohlfahrts­minister. was Stegerwald auf dem Essener Gewerkschaftskongress über Stegerwald einen neuerlichen Versuch zur Bildung einer Großen Koalition im Reich unter Gustav Stresemann (DVP) Foto: Archiv Möller-Stegerwald den staatlichen Wiederaufbau nach Weltkrieg und Revolution zu Großen Koalition in Preußen. sagen hatte. und angesichts der galoppierenden Inflation plädiert 9. Dezember 1919 Foto: Archiv für Christlich-Demokratische Politik Steger­wald im Herbst 1923 für eine zeitweilige „legale Erlass der „Preußischen Höchstmietenverordnung“ in Ver­ Diktatur“ eines parteiunabhängigen Kabinetts, dem der antwortung Stegerwalds. Reichstag über ein Ermächtigungsgesetz weit reichende 1921 Kompetenzen zusprechen sollte. Stegerwald erhält am 28. 20. Februar November selbst den Auftrag zur Regierungsbildung im 1920 Stegerwald tritt bei den Wahlen zum ersten Preußischen Reich, seine Bemühungen um ein bürgerliches Kabinett 19. bis 22. Januar Landtag nicht mehr an, bleibt aber als Volkswohl­fahrts­ scheitern jedoch. Reichsparteitag des Zentrums in Berlin: Wahl zum stell­ minister im Amt. vertretenden Parteivorsitzenden. 24. Februar 1924 12./13. März Gründung der „Vereinsbank für deutsche Arbeit AG“ als 3. März Kapp-Putsch. Finanzinstitut des DGB. Stegerwald übernimmt den Vorsitz Letzte Tagung der „Zentralarbeitsgemeinschaft“ in Berlin. im Aufsichtsrat. Gespräche zwischen Stegerwald und dem Arbeitgeber- 26. März Vorsitzendem Ernst von Borsig verlaufen im Sande. Rücktritt der Preußischen Regierung unter Paul Hirsch; im 1. April Nach­folgekabinett unter (1872-1955, SPD) behält Erste Ausgabe der Tageszeitung des DGB „Der Deutsche“. 4. Mai Steger­wald das Volkswohlfahrtsministerium. Der Arbeiter, Katholik und Bayer Stegerwald als Preußischer Bei den Reichstagswahlen erlangt die DNVP starke Zu­ 9. April wächse. Stegerwald plädiert für eine Koalition des Zentrums Ministerpräsident – über diese Karriere wunderten sich schon Stegerwald wird mit einer breiten Mehrheit im Preußischen mit der DNVP, um die Schwerindustrie in die Verant­wortung April seine Zeitgenossen. Land­tag zum Ministerpräsidenten gewählt. Es gelingt ihm einzubinden. Wahl zum Vorsitzenden des Gesamtverbands der Foto: Archiv für Christlich-Demokratische Politik Christlichen Gewerkschaften und des DGB; Nachfolger als nicht, die Große Koalition aus Zentrum, SPD, DDP und DVP zu schmieden. General­sekretär wird Heinrich Brüning. 5. November 6. Juni Nach dem Zustandekommen der Großen Koalition in Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden der Zentrums­ 5. Mai Preußen tritt Stegerwald vom Amt des Minister­präsidenten fraktion im Reichstag. Gesetz über den „Ruhrsiedlungsverband“ in Verantwortung zurück und legt sein Amt als Volkswohlfahrtsminister­ Stegerwalds. Das Gesetz ist die Grundlage für eine plan­ nieder. Sein Mandat im Reichstag behält er, widmet sich mäßige städtebauliche Entwicklung im Ruhrgebiet. aber wieder verstärkt der Arbeit in den Gewerkschaften und im DGB. 6. Juni Wahl in den Deutschen Reichstag. 1922 Umzug nach Berlin. 15. bis 17. Januar Der Zentrumsparteitag in Berlin beschließt die maß­geblich 20. bis 23. November von Stegerwald beeinflussten „Richtlinien“ der Partei, die Erster Nachkriegskongress der Christlichen Gewerkschaften: bis 1933 gültig bleiben. Stegerwald legt unter dem Titel „Deutsche Lebensfragen“ das „Essener Programm“ zur Schaffung einer christlich- 24. Juni Ermordung des Reichsaußenministers Walther Rathenau. sozialen und demokratischen Volkspartei vor. Das Kabinett Stegerwald, das von April bis November 1921 in Stegerwald betreibt anschließend die Bildung der „Arbeits­ Preußen regierte. gemeinschaft der verfassungstreuen Mitte“ von Zentrum, Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik DDP und DVP als Antwort auf den Zusammenschluss von Der Vorstand der Deutschen Zentrumspartei im Jahr 1924. Vor SPD und USPD im Reichstag. Steger­wald sitzend der Parteivorsitzende und Reichs­kanzler . Foto: Archiv für Christlich-Demokratische Politik

30 31

Stegerwald_Broschuere_01.indd 30-31 20.10.2008 17:00:19 21. April Nochmalige Wahl Stegerwalds zum Minister­präsidenten, 1923 diesmal mit den Stimmen von Zentrum, DDP, DVP und DNVP. Trotz der unterschiedlichen 9. Mai Parteizugehörigkeit versuchte Stegerwald schlägt den Kölner Oberbürgermeister Konrad Stegerwald, den DVP- Adenauer als Reichskanzler vor. Seine Sondierungen bleiben Vorsitzenden und späteren aber ergebnislos. Reichsaußenminister Gustav Stresemann für seine Ziele zu 26. August gewinnen – meistens vergebens. Ermordung des Reichsfinanzministers Matthias Erzberger Hier die beiden Politiker 1921 auf durch rechtsradikale Attentäter. dem Weg in den Reichstag. Foto: Archiv für Christlich- Angesichts der innen- und außenpolitischen Eskalation Demokratische Politik nach dem „Londoner Ultimatum“ der Alliierten, der Ober­ Nach der Besetzung des Ruhrgebiets durch alliierte Stegerwald in seiner Zeit als preußischer Mit Spannung wurde 1920 im christlich-sozialen Lager erwartet, schlesienkrise und der Ermordung Erzbergers startet Truppen (11. Januar, „Ruhrkampf“), dem Scheitern der Volkswohlfahrts­minister. was Stegerwald auf dem Essener Gewerkschaftskongress über Stegerwald einen neuerlichen Versuch zur Bildung einer Großen Koalition im Reich unter Gustav Stresemann (DVP) Foto: Archiv Möller-Stegerwald den staatlichen Wiederaufbau nach Weltkrieg und Revolution zu Großen Koalition in Preußen. sagen hatte. und angesichts der galoppierenden Inflation plädiert 9. Dezember 1919 Foto: Archiv für Christlich-Demokratische Politik Steger­wald im Herbst 1923 für eine zeitweilige „legale Erlass der „Preußischen Höchstmietenverordnung“ in Ver­ Diktatur“ eines parteiunabhängigen Kabinetts, dem der antwortung Stegerwalds. Reichstag über ein Ermächtigungsgesetz weit reichende 1921 Kompetenzen zusprechen sollte. Stegerwald erhält am 28. 20. Februar November selbst den Auftrag zur Regierungsbildung im 1920 Stegerwald tritt bei den Wahlen zum ersten Preußischen Reich, seine Bemühungen um ein bürgerliches Kabinett 19. bis 22. Januar Landtag nicht mehr an, bleibt aber als Volkswohl­fahrts­ scheitern jedoch. Reichsparteitag des Zentrums in Berlin: Wahl zum stell­ minister im Amt. vertretenden Parteivorsitzenden. 24. Februar 1924 12./13. März Gründung der „Vereinsbank für deutsche Arbeit AG“ als 3. März Kapp-Putsch. Finanzinstitut des DGB. Stegerwald übernimmt den Vorsitz Letzte Tagung der „Zentralarbeitsgemeinschaft“ in Berlin. im Aufsichtsrat. Gespräche zwischen Stegerwald und dem Arbeitgeber- 26. März Vorsitzendem Ernst von Borsig verlaufen im Sande. Rücktritt der Preußischen Regierung unter Paul Hirsch; im 1. April Nach­folgekabinett unter Otto Braun (1872-1955, SPD) behält Erste Ausgabe der Tageszeitung des DGB „Der Deutsche“. 4. Mai Steger­wald das Volkswohlfahrtsministerium. Der Arbeiter, Katholik und Bayer Stegerwald als Preußischer Bei den Reichstagswahlen erlangt die DNVP starke Zu­ 9. April wächse. Stegerwald plädiert für eine Koalition des Zentrums Ministerpräsident – über diese Karriere wunderten sich schon Stegerwald wird mit einer breiten Mehrheit im Preußischen mit der DNVP, um die Schwerindustrie in die Verant­wortung April seine Zeitgenossen. Land­tag zum Ministerpräsidenten gewählt. Es gelingt ihm einzubinden. Wahl zum Vorsitzenden des Gesamtverbands der Foto: Archiv für Christlich-Demokratische Politik Christlichen Gewerkschaften und des DGB; Nachfolger als nicht, die Große Koalition aus Zentrum, SPD, DDP und DVP zu schmieden. General­sekretär wird Heinrich Brüning. 5. November 6. Juni Nach dem Zustandekommen der Großen Koalition in Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden der Zentrums­ 5. Mai Preußen tritt Stegerwald vom Amt des Minister­präsidenten fraktion im Reichstag. Gesetz über den „Ruhrsiedlungsverband“ in Verantwortung zurück und legt sein Amt als Volkswohlfahrtsminister­ Stegerwalds. Das Gesetz ist die Grundlage für eine plan­ nieder. Sein Mandat im Reichstag behält er, widmet sich mäßige städtebauliche Entwicklung im Ruhrgebiet. aber wieder verstärkt der Arbeit in den Gewerkschaften und im DGB. 6. Juni Wahl in den Deutschen Reichstag. 1922 Umzug nach Berlin. 15. bis 17. Januar Der Zentrumsparteitag in Berlin beschließt die maß­geblich 20. bis 23. November von Stegerwald beeinflussten „Richtlinien“ der Partei, die Erster Nachkriegskongress der Christlichen Gewerkschaften: bis 1933 gültig bleiben. Stegerwald legt unter dem Titel „Deutsche Lebensfragen“ das „Essener Programm“ zur Schaffung einer christlich- 24. Juni Ermordung des Reichsaußenministers Walther Rathenau. sozialen und demokratischen Volkspartei vor. Das Kabinett Stegerwald, das von April bis November 1921 in Stegerwald betreibt anschließend die Bildung der „Arbeits­ Preußen regierte. gemeinschaft der verfassungstreuen Mitte“ von Zentrum, Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik DDP und DVP als Antwort auf den Zusammenschluss von Der Vorstand der Deutschen Zentrumspartei im Jahr 1924. Vor SPD und USPD im Reichstag. Steger­wald sitzend der Parteivorsitzende und Reichs­kanzler Wilhelm Marx. Foto: Archiv für Christlich-Demokratische Politik

30 31

Stegerwald_Broschuere_01.indd 30-31 20.10.2008 17:00:19 11. bis 13. Oktober 12. Mai 8./9. Dezember Kongress der Christlichen Gewerkschaften in Köln aus Nach dem Rücktritt des Kabinetts Hans Luther schlägt Zentrumsparteitag in Köln: Stegerwald unterliegt bei den Anlass des 25. Gründungsjubiläums: Stegerwald wird wegen Stegerwald den Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer Wahlen zum Parteivorsitzenden dem Prälaten Ludwig Kaas. seiner Kontakte zur DNVP und wegen seines politischen als Reichskanzler vor. Dessen Sondierungen scheitern jedoch. Engagements vom Vorsitzenden des Bergarbeiter­verbands Reichskanzler wird der Zentrumsvorsitzende Wilhelm 16. Dezember Heinrich Imbusch mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Marx. Protestkundgebung der „Arbeiterzentrumswähler“ in Essen: Die Delegierten um Stegerwald und Jakob Kaiser fordern die Gründung eines „Reichsarbeiterbeirats“ der Partei. 1925 1927 28. Februar 29. Januar Stegerwalds Ernennungsurkunde Tod des Reichspräsidenten (SPD). Stegerwald Viertes Kabinett Wilhelm Marx (Zentrum, BVP, DVP, DNVP): 1929 zum Arbeitsminister. wird von der DNVP als Nachfolger ins Gespräch gebracht, Grundlage sind u.a. sozialpolitische „Richtlinien“, an denen 25. Januar Foto: Archiv für Christlich-Soziale findet dafür aber keinen Rückhalt im Zentrum. Stegerwald maßgeblich mitgearbeitet hat. Wahl Stegerwalds zum Vorsitzenden der Reichstagsfraktion Politik des Zentrums; Rückzug aus der Gewerkschaftsspitze; Nach­ 20. Juni 7. Juli folger wird Bernhard Otte. 18. Juli Promotion zum Dr. rer. pol. h.c. der Universität Bonn. Gesetz über Arbeitslosenvermittlung und Arbeits­losen­ Der Reichstag lehnt das Regierungsprogramm Brünings versicherung. 13. April ab; Reichstagsauflösung durch Reichspräsident Paul von Reichsverkehrsminister im Kabinett der Großen Koalition Hindenburg. unter Hermann Müller (SPD). 27. Juli „Notverordnung des Reichspräsidenten zur Behebung 1930 finanzieller, wirtschaftlicher und sozialer Notstände“ mit Seit seiner Ehrenpromotion im Jahr 1925 unterschrieb Stegerwald Im Kabinett Müller setzt sich Stegerwald angesichts der massiven Belastungen für die Arbeiter und Arbeitslosen. selbstbewusst als „Dr.“ steigenden Arbeitslosigkeit und der Wirtschaftskrise Foto: Archiv für Christlich-Demokratische Politik nach dem „Schwarzen Freitag“ (25. Oktober 1929) für die 14. September Sanierung der Arbeitslosenversicherung durch einen Aus­ „Katastrophenwahlen“: NSDAP und KPD erringen rund ein 16./17. November gleich zwischen der SPD und der DVP ein. Die beiden Flügel­ Drittel der Mandate im Reichstag, eine parlamentarische Zentrumsparteitag in Kassel: Joseph Wirth fordert Steger­ parteien der Großen Koalition können sich jedoch nicht Mehrheit ist ausgeschlossen. Brüning regiert von nun wald auf, sich aus der Gewerkschaftsarbeit zurück­zu­ziehen einigen. an ohne feste parlamentarische Mehrheit mit der und sich ganz in den Dienst der Politik zu stellen. Rückendeckung des Reichspräsidenten.

1. Dezember 1926 „Notverordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von 18. Februar Den Katholikentag 1927 in Essen leitete Stegerwald als Präsident. Wirtschaft und Finanzen“. Bei der Haushaltsdebatte im Reichstag fordert Stegerwald die gesetzliche Arbeitslosen­versicherung, eine nachfrage­ ­ Höchster kirchlicher Repräsentant war dabei der päpstliche Nunti­ orientierte Steuerpolitik und öffentlich finanzierte Bau­ us Eugenio Pacelli (vorne 3.v.l.), der spätere Papst Pius XII., höchster 1931 programme, außerdem eine Verwaltungsvereinfachung auf staatlicher Gast war Reichskanzler Wilhelm Marx (vorne 5.v.l.). 5. Juni allen Ebenen des Staates. Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik „Zweite Notverordnung des Reichspräsidenten zur Siche­- ­­­r­ung von Wirtschaft und Finanzen“: 17. bis 20. April 3. bis 6. September Stegerwald erklärt sich mit staatlich verordneten Lohn­ Gewerkschaftskongress in Dortmund: Stegerwald und Katholikentag in Dortmund, den Stegerwald als Präsident kürzungen in bestimmten Branchen einverstanden. Seine Heinrich Im­busch legen ihren Streit über die Politisierung leitet. Forderung nach einer Reichs- und Verwaltungsreform bleibt der Gewerkschaften bei. unerfüllt. 19./20. November „Regensburger Erklärung“ von Zentrum und BVP über eine engere Zusammenarbeit der Parteien mit dem Ziel einer späteren Wiedervereinigung. Stegerwald hat die Ver­ handlungen vorangetrieben, zur Fusion kommt es jedoch nicht. Das erste Kabinett Brüning, in dem Stegerwald das Amt des 14. Dezember Reichs­arbeitsministers übernahm. Heinrich Brüning (vorne M.) Der Reichstag beschließt die „Beamtenbesoldungs­reform“ war von 1919 bis 1921 Stegerwalds persönlicher Referent. gegen heftige Proteste des Zentrums-Arbeiterflügels um Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik Stegerwald. Die Partei steht am Rand einer Spaltung. 30. März Berufung Brünings zum Reichskanzler, Stegerwald wird Arbeitsminister Stegerwald mit den Spitzen der deutschen Reichsverkehrsminister Stegerwald mit dem Kölner Oberbürger­ 1928 Arbeitsminister. Gewerkschaften 1931/32. meister Konrad Adenauer (l.), städtischem Beigeordneten August 20. Mai Foto: Archiv für Christlich-Demokratische Politik Haas (SPD, 3.v.l.) und Oberbaurat Max Woltmann (4.v.l.) bei der Bei den Reichstagswahlen verliert das Zentrum 10 Prozent Ein­weihung der Köln-Mühlheimer Brücke am 13. Oktober 1929. der Stimmen, SPD und KPD verbuchen klare Gewinne. In Adenauer setzte Stegerwald große Hoffnungen: Mehrfach Stegerwald bereitet als Reaktion eine grund­legende schlug er ihn als Reichskanzler vor, 1945 suchte er den Kontakt zu strukturelle und inhaltliche Parteireform vor. ihm bei der Gründung von CSU und CDU. Foto: Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus

32 33

Stegerwald_Broschuere_01.indd 32-33 20.10.2008 17:00:21 11. bis 13. Oktober 12. Mai 8./9. Dezember Kongress der Christlichen Gewerkschaften in Köln aus Nach dem Rücktritt des Kabinetts Hans Luther schlägt Zentrumsparteitag in Köln: Stegerwald unterliegt bei den Anlass des 25. Gründungsjubiläums: Stegerwald wird wegen Stegerwald den Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer Wahlen zum Parteivorsitzenden dem Prälaten Ludwig Kaas. seiner Kontakte zur DNVP und wegen seines politischen als Reichskanzler vor. Dessen Sondierungen scheitern jedoch. Engagements vom Vorsitzenden des Bergarbeiter­verbands Reichskanzler wird der Zentrumsvorsitzende Wilhelm 16. Dezember Heinrich Imbusch mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Marx. Protestkundgebung der „Arbeiterzentrumswähler“ in Essen: Die Delegierten um Stegerwald und Jakob Kaiser fordern die Gründung eines „Reichsarbeiterbeirats“ der Partei. 1925 1927 28. Februar 29. Januar Stegerwalds Ernennungsurkunde Tod des Reichspräsidenten Friedrich Ebert (SPD). Stegerwald Viertes Kabinett Wilhelm Marx (Zentrum, BVP, DVP, DNVP): 1929 zum Arbeitsminister. wird von der DNVP als Nachfolger ins Gespräch gebracht, Grundlage sind u.a. sozialpolitische „Richtlinien“, an denen 25. Januar Foto: Archiv für Christlich-Soziale findet dafür aber keinen Rückhalt im Zentrum. Stegerwald maßgeblich mitgearbeitet hat. Wahl Stegerwalds zum Vorsitzenden der Reichstagsfraktion Politik des Zentrums; Rückzug aus der Gewerkschaftsspitze; Nach­ 20. Juni 7. Juli folger wird Bernhard Otte. 18. Juli Promotion zum Dr. rer. pol. h.c. der Universität Bonn. Gesetz über Arbeitslosenvermittlung und Arbeits­losen­ Der Reichstag lehnt das Regierungsprogramm Brünings versicherung. 13. April ab; Reichstagsauflösung durch Reichspräsident Paul von Reichsverkehrsminister im Kabinett der Großen Koalition Hindenburg. unter Hermann Müller (SPD). 27. Juli „Notverordnung des Reichspräsidenten zur Behebung 1930 finanzieller, wirtschaftlicher und sozialer Notstände“ mit Seit seiner Ehrenpromotion im Jahr 1925 unterschrieb Stegerwald Im Kabinett Müller setzt sich Stegerwald angesichts der massiven Belastungen für die Arbeiter und Arbeitslosen. selbstbewusst als „Dr.“ steigenden Arbeitslosigkeit und der Wirtschaftskrise Foto: Archiv für Christlich-Demokratische Politik nach dem „Schwarzen Freitag“ (25. Oktober 1929) für die 14. September Sanierung der Arbeitslosenversicherung durch einen Aus­ „Katastrophenwahlen“: NSDAP und KPD erringen rund ein 16./17. November gleich zwischen der SPD und der DVP ein. Die beiden Flügel­ Drittel der Mandate im Reichstag, eine parlamentarische Zentrumsparteitag in Kassel: Joseph Wirth fordert Steger­ parteien der Großen Koalition können sich jedoch nicht Mehrheit ist ausgeschlossen. Brüning regiert von nun wald auf, sich aus der Gewerkschaftsarbeit zurück­zu­ziehen einigen. an ohne feste parlamentarische Mehrheit mit der und sich ganz in den Dienst der Politik zu stellen. Rückendeckung des Reichspräsidenten.

1. Dezember 1926 „Notverordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von 18. Februar Den Katholikentag 1927 in Essen leitete Stegerwald als Präsident. Wirtschaft und Finanzen“. Bei der Haushaltsdebatte im Reichstag fordert Stegerwald die gesetzliche Arbeitslosen­versicherung, eine nachfrage­ ­ Höchster kirchlicher Repräsentant war dabei der päpstliche Nunti­ orientierte Steuerpolitik und öffentlich finanzierte Bau­ us Eugenio Pacelli (vorne 3.v.l.), der spätere Papst Pius XII., höchster 1931 programme, außerdem eine Verwaltungsvereinfachung auf staatlicher Gast war Reichskanzler Wilhelm Marx (vorne 5.v.l.). 5. Juni allen Ebenen des Staates. Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik „Zweite Notverordnung des Reichspräsidenten zur Siche­- ­­­r­ung von Wirtschaft und Finanzen“: 17. bis 20. April 3. bis 6. September Stegerwald erklärt sich mit staatlich verordneten Lohn­ Gewerkschaftskongress in Dortmund: Stegerwald und Katholikentag in Dortmund, den Stegerwald als Präsident kürzungen in bestimmten Branchen einverstanden. Seine Heinrich Im­busch legen ihren Streit über die Politisierung leitet. Forderung nach einer Reichs- und Verwaltungsreform bleibt der Gewerkschaften bei. unerfüllt. 19./20. November „Regensburger Erklärung“ von Zentrum und BVP über eine engere Zusammenarbeit der Parteien mit dem Ziel einer späteren Wiedervereinigung. Stegerwald hat die Ver­ handlungen vorangetrieben, zur Fusion kommt es jedoch nicht. Das erste Kabinett Brüning, in dem Stegerwald das Amt des 14. Dezember Reichs­arbeitsministers übernahm. Heinrich Brüning (vorne M.) Der Reichstag beschließt die „Beamtenbesoldungs­reform“ war von 1919 bis 1921 Stegerwalds persönlicher Referent. gegen heftige Proteste des Zentrums-Arbeiterflügels um Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik Stegerwald. Die Partei steht am Rand einer Spaltung. 30. März Berufung Brünings zum Reichskanzler, Stegerwald wird Arbeitsminister Stegerwald mit den Spitzen der deutschen Reichsverkehrsminister Stegerwald mit dem Kölner Oberbürger­ 1928 Arbeitsminister. Gewerkschaften 1931/32. meister Konrad Adenauer (l.), städtischem Beigeordneten August 20. Mai Foto: Archiv für Christlich-Demokratische Politik Haas (SPD, 3.v.l.) und Oberbaurat Max Woltmann (4.v.l.) bei der Bei den Reichstagswahlen verliert das Zentrum 10 Prozent Ein­weihung der Köln-Mühlheimer Brücke am 13. Oktober 1929. der Stimmen, SPD und KPD verbuchen klare Gewinne. In Adenauer setzte Stegerwald große Hoffnungen: Mehrfach Stegerwald bereitet als Reaktion eine grund­legende schlug er ihn als Reichskanzler vor, 1945 suchte er den Kontakt zu strukturelle und inhaltliche Parteireform vor. ihm bei der Gründung von CSU und CDU. Foto: Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus

32 33

Stegerwald_Broschuere_01.indd 32-33 20.10.2008 17:00:21 29. September NSDAP ein, um die Nationalsozialisten zu domestizieren. 19. September 2. August „Erklärung deutscher Wirtschaftsverbände“ gegen das Die Verhandlungen enden ergebnislos. Auf dem letzten Kongress der Christlichen Gewerkschaften Stegerwald wird von der DAF wegen „staatsfeindlichen Kabinett Brüning. in Düsseldorf fordert Stegerwald eine Wiederbelebung des Verhaltens“ gekündigt. „Essener Programms“. Leitlinie der Sozialpolitik solle die 7. Oktober Sozialenzyklika „Quadragesimo anno“ von Papst Pius X. „Dritte Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung (1931) sein. von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen“: Rücktritt Brünings und 3. Dezember neuerliche Beauftragung durch Hindenburg. Stegerwald Ernennung Kurt von Schleichers zum Reichskanzler. wird als Arbeitsminister bestätigt. Schleicher bemüht sich erfolglos um die Unterstützung der Gewerkschaften („Querfront“) und Stegerwalds. 8. Dezember „Vierte Notverordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutze des inneren 1933 Friedens“: Rückführung des Lohnniveaus auf den Stand von 30. Januar 1927. „Machtergreifung“ Hitlers.

1. Februar 1932 Reichstagsauflösung. Im Wahlkampf zieht Stegerwald Stegerwald beharrt auf staatlichen Arbeits­beschaf­f­ungs­ scharf gegen Hitler zu Felde. maßnahmen, findet aber kaum Widerhall bei Brüning. Wegen der von Stegerwald initiierten „Siedlungs­ver­ 21. Februar ordnung“, die die Enteignung von über­schuldeten groß­ Stegerwald wird bei einer Wahlkundgebung in Krefeld von agrarischen Gütern im Osten und die Verteilung des Landes der SA niedergeschlagen. an Arbeits­­lose vorsieht, gerät das Kabinett in Misskredit­­ beim Reichspräsidenten. 5. März Bei den Reichstagswahlen verfehlt die NSDP die absolute Mehrheit.

Mitte März In neuen, von Stegerwald mitkonzipierten „Richtlinien“ bekräftigen die Christlichen Gewerkschaften ihre Bereitschaft, an einer Neugestaltung des Staates mitzuwirken. Gleichzeitig verhandelt Stegerwald als Mitglied Im Reichspräsidentenwahlkampf 1932 trat Stegerwald für Hinden­ eines Dreier-Kollegiums seiner Fraktion mit Hitler über die burg ein, um eine Wahl Hitlers zu verhindern. Dafür wurde er Im Mai 1933 wurden die Christlichen Gewerkschaften zwangs­ Zustimmung des Zentrums zum „Ermächtigungsgesetz“. öffentlich von den Nationalsozialisten diffamiert. weise in die „Deutsche Arbeitsfront“ integriert, von der Steger­ Foto: Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung wald am 2. August 1933 zu seiner Empörung fristlos gekündigt 23. März wurde, obwohl er seit 1929 nicht mehr in den Gewerkschaften Der Reichstag beschließt mit den Stimmen des Zentrums Auch der „Völkische Beobachter“ nahm Stegerwald ins Visier, angestellt war. das „Ermächtigungsgesetz“. hier in der Ausgabe vom 6. August 1932. Foto: Archiv für Christlich-Demokratische Politik Foto: Archiv für Christlich-Demokratische Politik 28. April 30. Oktober Vereinbarung über den „Führerkreis der vereinigten Anklage gegen Stegerwald im „Großen Volksvereinsprozess“ Gewerkschaften“ (eingestellt 1935). Am 29. Mai 1932 berichtete „Der Deutsche“, die Tageszeitung des 2. Mai DGB, über Intrigen gegen Steger­ Zerschlagung der Freien Gewerkschaften. wald. Drei Tage später, am 1. Juni, 1934-1938 unterzeichneten Reichspräsident 3. Mai Im Zusammenhang mit dem „Röhm-Putsch“ 1934 taucht Paul von Hindenburg und der neue Reichskanzler Franz von Zwangsweise Einordnung der Christlichen Gewerkschaften Stegerwald vorübergehend unter, ab 1935 lebt er unbe­ Papen seine Entlassungsurkunde. in das „Aktionskomitee zum Schutz der Deutschen helligt als Privatmann in Berlin. Fotos: Forster / Archiv Möller-Stegerwald Arbeit“, aus dem am 10. Mai die „Deutsche Arbeitsfront“ hervorgeht. 1938-1943 30. Mai Nach dem „Anschluss“ Österreichs tritt Stegerwald in 24. Juni Rücktritt des Kabinetts Brüning. Briefen an ehemalige Kollegen und an einzelne Bischöfe für Auflösung der Christlichen Gewerkschaften. eine Annäherung der katholischen Kirche an den Staat ein, 1. Juni um das Überleben der Kirche im Nationalsozialismus zu 5. Juli wird Reichskanzler. ermöglichen. Er erhält ab 1939 eine von der Reichsregierung Selbstauflösung der Deutschen Zentrumspartei. Stegerwald bewilligte Rente. Davon unterstützt er frühere Kollegen. 29. Juni legt kurz darauf sein Reichstagsmandat nieder. Bei einer Kundgebung des Reichsarbeiterbeirats des Zent­ rums in Essen warnt Stegerwald vor einer späteren Über­ nahme der Regierung durch . Nach den Reichs­ tagswahlen vom 31. Juli willigt er in Verhandlungen mit der

34 35

Stegerwald_Broschuere_01.indd 34-35 20.10.2008 17:00:26 29. September NSDAP ein, um die Nationalsozialisten zu domestizieren. 19. September 2. August „Erklärung deutscher Wirtschaftsverbände“ gegen das Die Verhandlungen enden ergebnislos. Auf dem letzten Kongress der Christlichen Gewerkschaften Stegerwald wird von der DAF wegen „staatsfeindlichen Kabinett Brüning. in Düsseldorf fordert Stegerwald eine Wiederbelebung des Verhaltens“ gekündigt. „Essener Programms“. Leitlinie der Sozialpolitik solle die 7. Oktober Sozialenzyklika „Quadragesimo anno“ von Papst Pius X. „Dritte Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung (1931) sein. von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen“: Rücktritt Brünings und 3. Dezember neuerliche Beauftragung durch Hindenburg. Stegerwald Ernennung Kurt von Schleichers zum Reichskanzler. wird als Arbeitsminister bestätigt. Schleicher bemüht sich erfolglos um die Unterstützung der Gewerkschaften („Querfront“) und Stegerwalds. 8. Dezember „Vierte Notverordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutze des inneren 1933 Friedens“: Rückführung des Lohnniveaus auf den Stand von 30. Januar 1927. „Machtergreifung“ Hitlers.

1. Februar 1932 Reichstagsauflösung. Im Wahlkampf zieht Stegerwald Stegerwald beharrt auf staatlichen Arbeits­beschaf­f­ungs­ scharf gegen Hitler zu Felde. maßnahmen, findet aber kaum Widerhall bei Brüning. Wegen der von Stegerwald initiierten „Siedlungs­ver­ 21. Februar ordnung“, die die Enteignung von über­schuldeten groß­ Stegerwald wird bei einer Wahlkundgebung in Krefeld von agrarischen Gütern im Osten und die Verteilung des Landes der SA niedergeschlagen. an Arbeits­­lose vorsieht, gerät das Kabinett in Misskredit­­ beim Reichspräsidenten. 5. März Bei den Reichstagswahlen verfehlt die NSDP die absolute Mehrheit.

Mitte März In neuen, von Stegerwald mitkonzipierten „Richtlinien“ bekräftigen die Christlichen Gewerkschaften ihre Bereitschaft, an einer Neugestaltung des Staates mitzuwirken. Gleichzeitig verhandelt Stegerwald als Mitglied Im Reichspräsidentenwahlkampf 1932 trat Stegerwald für Hinden­ eines Dreier-Kollegiums seiner Fraktion mit Hitler über die burg ein, um eine Wahl Hitlers zu verhindern. Dafür wurde er Im Mai 1933 wurden die Christlichen Gewerkschaften zwangs­ Zustimmung des Zentrums zum „Ermächtigungsgesetz“. öffentlich von den Nationalsozialisten diffamiert. weise in die „Deutsche Arbeitsfront“ integriert, von der Steger­ Foto: Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung wald am 2. August 1933 zu seiner Empörung fristlos gekündigt 23. März wurde, obwohl er seit 1929 nicht mehr in den Gewerkschaften Der Reichstag beschließt mit den Stimmen des Zentrums Auch der „Völkische Beobachter“ nahm Stegerwald ins Visier, angestellt war. das „Ermächtigungsgesetz“. hier in der Ausgabe vom 6. August 1932. Foto: Archiv für Christlich-Demokratische Politik Foto: Archiv für Christlich-Demokratische Politik 28. April 30. Oktober Vereinbarung über den „Führerkreis der vereinigten Anklage gegen Stegerwald im „Großen Volksvereinsprozess“ Gewerkschaften“ (eingestellt 1935). Am 29. Mai 1932 berichtete „Der Deutsche“, die Tageszeitung des 2. Mai DGB, über Intrigen gegen Steger­ Zerschlagung der Freien Gewerkschaften. wald. Drei Tage später, am 1. Juni, 1934-1938 unterzeichneten Reichspräsident 3. Mai Im Zusammenhang mit dem „Röhm-Putsch“ 1934 taucht Paul von Hindenburg und der neue Reichskanzler Franz von Zwangsweise Einordnung der Christlichen Gewerkschaften Stegerwald vorübergehend unter, ab 1935 lebt er unbe­ Papen seine Entlassungsurkunde. in das „Aktionskomitee zum Schutz der Deutschen helligt als Privatmann in Berlin. Fotos: Forster / Archiv Möller-Stegerwald Arbeit“, aus dem am 10. Mai die „Deutsche Arbeitsfront“ hervorgeht. 1938-1943 30. Mai Nach dem „Anschluss“ Österreichs tritt Stegerwald in 24. Juni Rücktritt des Kabinetts Brüning. Briefen an ehemalige Kollegen und an einzelne Bischöfe für Auflösung der Christlichen Gewerkschaften. eine Annäherung der katholischen Kirche an den Staat ein, 1. Juni um das Überleben der Kirche im Nationalsozialismus zu 5. Juli Franz von Papen wird Reichskanzler. ermöglichen. Er erhält ab 1939 eine von der Reichsregierung Selbstauflösung der Deutschen Zentrumspartei. Stegerwald bewilligte Rente. Davon unterstützt er frühere Kollegen. 29. Juni legt kurz darauf sein Reichstagsmandat nieder. Bei einer Kundgebung des Reichsarbeiterbeirats des Zent­ rums in Essen warnt Stegerwald vor einer späteren Über­ nahme der Regierung durch Adolf Hitler. Nach den Reichs­ tagswahlen vom 31. Juli willigt er in Verhandlungen mit der

34 35

Stegerwald_Broschuere_01.indd 34-35 20.10.2008 17:00:26 21. August 20. bis 22. Oktober 1944 Vortrag „Wo stehen wir?“ im Stadthaus Würzburg: Besuch beim Gründerkreis der „Christlich-Demokratischen 1985 4. März Stegerwald skizziert erstmals öffentlich die Grundzüge für Partei“ in Köln. Nach der Zerstörung seiner beiden Mietshäuser in Berlin eine „Christlich-soziale Union“. 1. Dezember zieht Stegerwald mit seiner Frau in seinen Geburtsort 23. Oktober Gedenkfeier aus Anlass des 40. Todestages Stegerwalds in Greußenheim um. 29. August Stegerwald organisiert ein erstes überzonales Treffen Würzburg. Ehrengäste sind Bundeskanzler Helmut Kohl Besprechungen bei der Militärregierung in Frankfurt am von Vertretern verschiedener Gründerzirkel der Union in (CDU), dessen Vater aus Greußenheim stammte, und der 24. August Main über den staatlichen Wiederaufbau und Stegerwalds Mingolsheim bei Heidelberg. Bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß (CSU). Festnahme im Rahmen der „Aktion Gewitter“ nach dem politische Zukunft. gescheiterten Hitler-Attentat vom 20. Juli, Inhaftierung in 27./28. November Würzburg. Neuerliches Treffen von Unionsgründern aus ganz Deutschland bei Stegerwald in Würzburg. 19. Oktober Entlassung aus der Haft, Rückkehr nach Greußenheim. 30. November Hetzartikel gegen Stegerwald in der „Frankfurter Rund­ 1945 schau“ mit weitgehend haltlosen Behauptungen über sein Verhältnis zum Nationalsozialismus.

3. Dezember Stegerwald stirbt in Würzburg. Er wird auf dem dortigen Hauptfriedhof beigesetzt. Gedenkveranstaltung zum 40. Todes­tag Stegerwalds. Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik Stegerwald heute

Das Erbe Stegerwalds in die aktuelle Politik hineinzutragen, sieht besonders der 1966 aus der unterfränkischen CSU und der dortigen christlich-sozialen Arbeiter­bewegung heraus gegründete „Adam-Stegerwald-Kreis“ als seine Auf­gabe an, dem der CSA-Ehrenvorsitzende und langjährige CSU- Im Nachlass Josef Müllers findet sich dieses Konzept Stegerwalds Bundes­tagsabgeordnete Peter Keller aus Zellingen vorsteht. über den Wiederaufbau nach 1945. Dasselbe Ziel verfolgt der „Stegerwald-Bund“ innerhalb der CDA, ein Zusammenschluss früherer christlich-sozialer Das bei einem britischen Bombenangriff am 16. März 1945 Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik Ge­werkschafts­funktionäre des DGB und ehemaliger nahezu völlig zerstörte Würzburg. Sozial­sekretäre, der immer wieder auch durch politische Foto: Stadtarchiv Würzburg 30. August bis 3. September Das Grab Stegerwalds auf dem Würzburger Hauptfriedhof. Ähnliche Unterredungen mit den US-Behörden in Initiativen auf sich aufmerksam macht. Foto: Albert Vogel In 30 Städten der Bundesrepublik sind heute Straßen nach 22. April München. Adam Stegerwald benannt, vor allem in Unter­franken und in US-Truppen tragen Stegerwald das Amt des Regierungs­ 1966 Nordrhein-Westfalen. Gedenktafeln für Stegerwald finden präsidenten von Mainfranken an. 13. Oktober 15. November Gründung der CSU Würzburg Stadt und Land im Elisa­ sich an seinem Geburtshaus in Greußenheim und an seinem In Würzburg wird der Adam-Stegerwald-Kreis ins Leben Wohn­haus in der Zoppoter Straße 62 in Berlin-Wilmersdorf. 11. Mai bethen­heim Würzburg. Stegerwald hält das Haupt­referat gerufen. Erster Vorsitzender ist Ludwig Altenhöfer MdL Im Kölner Stadtteil Mühlheim trägt eine ganze Siedlung Berufung zum Regierungspräsidenten in Würzburg. „Wohin gehen wir?“. (CSU), seit 2004 der frühere Bundestagsabgeordnete Peter seinen Namen, die nach 1951 als erstes großes Projekt Keller (CSU). des sozialen Wohnungsbaus in der Domstadt errichtet wurde. Bauträger war die von Stegerwalds Sohn, Prälat Alois Stegerwald, 1950 gegründete „Deutsche Wohnungs­ gesellschaft mbH (DEWOG)“. In Königswinter bei Bonn befindet sich das „Adam-Stegerwald-Haus“, ein Tagungs- und Bildungszentrum, das im früheren Erholungsheim Stegerwalds erster Aufruf an die der Christlichen Gewerkschaften und des DGB (vor 1933) Bevölkerung Mainfrankens vom untergebracht ist und zur Jakob-Kaiser-Stiftung gehört. Mai/Juni 1945 Eine beliebte Anlaufstelle für junge Studenten in Würzburg Foto: Archiv für Christlich-Soziale ist heute das dortige „Adam-Stegerwald-Wohnheim“. Politik An Stegerwald erinnert die 1969 errichtete Kölner 8. Juli „Stegerwald-Stiftung“, die sich im Bereich der Familien­ Erste Begegnung mit dem „Ochsensepp“ Dr. Josef Müller in förderung, in der Altenpflege und für Menschen mit einer Rothenburg o. d. T.; Einigung über die Gründung der CSU. Die Gründungsversammlung des Adam-Stegerwald-Kreises psychischen Erkrankung oder einer Behinderung engagiert. am 15. November 1966: In der Mitte sitzend (mit Buch) der In Würzburg existiert zudem eine „Adam-Stegerwald- 16. August Zwei Wahlplakate der CSU von 1946. Die starke Betonung der Gründungs­vorsitzende Ludwig Altenhöfer MdL. Stiftung“. Gründung der Lehrerbildungsanstalt in Würzburg durch Sozialpolitik gehörte von Anfang an für die CSU zum Kern ihres Und schließlich: Die Internetsuchmaschine „Google“ ver­ Stegerwald. Selbstverständnisses – auch dies ein Erbe Stegerwalds. Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik zeichnete am 6. September 2008 unter dem Begriff „adam Fotos: Archiv Christlich Sozialer Politik stegerwald“ rund 36.200 Einträge.

36 37

Stegerwald_Broschuere_01.indd 36-37 20.10.2008 17:00:34 21. August 20. bis 22. Oktober 1944 Vortrag „Wo stehen wir?“ im Stadthaus Würzburg: Besuch beim Gründerkreis der „Christlich-Demokratischen 1985 4. März Stegerwald skizziert erstmals öffentlich die Grundzüge für Partei“ in Köln. Nach der Zerstörung seiner beiden Mietshäuser in Berlin eine „Christlich-soziale Union“. 1. Dezember zieht Stegerwald mit seiner Frau in seinen Geburtsort 23. Oktober Gedenkfeier aus Anlass des 40. Todestages Stegerwalds in Greußenheim um. 29. August Stegerwald organisiert ein erstes überzonales Treffen Würzburg. Ehrengäste sind Bundeskanzler Helmut Kohl Besprechungen bei der Militärregierung in Frankfurt am von Vertretern verschiedener Gründerzirkel der Union in (CDU), dessen Vater aus Greußenheim stammte, und der 24. August Main über den staatlichen Wiederaufbau und Stegerwalds Mingolsheim bei Heidelberg. Bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß (CSU). Festnahme im Rahmen der „Aktion Gewitter“ nach dem politische Zukunft. gescheiterten Hitler-Attentat vom 20. Juli, Inhaftierung in 27./28. November Würzburg. Neuerliches Treffen von Unionsgründern aus ganz Deutschland bei Stegerwald in Würzburg. 19. Oktober Entlassung aus der Haft, Rückkehr nach Greußenheim. 30. November Hetzartikel gegen Stegerwald in der „Frankfurter Rund­ 1945 schau“ mit weitgehend haltlosen Behauptungen über sein Verhältnis zum Nationalsozialismus.

3. Dezember Stegerwald stirbt in Würzburg. Er wird auf dem dortigen Hauptfriedhof beigesetzt. Gedenkveranstaltung zum 40. Todes­tag Stegerwalds. Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik Stegerwald heute

Das Erbe Stegerwalds in die aktuelle Politik hineinzutragen, sieht besonders der 1966 aus der unterfränkischen CSU und der dortigen christlich-sozialen Arbeiter­bewegung heraus gegründete „Adam-Stegerwald-Kreis“ als seine Auf­gabe an, dem der CSA-Ehrenvorsitzende und langjährige CSU- Im Nachlass Josef Müllers findet sich dieses Konzept Stegerwalds Bundes­tagsabgeordnete Peter Keller aus Zellingen vorsteht. über den Wiederaufbau nach 1945. Dasselbe Ziel verfolgt der „Stegerwald-Bund“ innerhalb der CDA, ein Zusammenschluss früherer christlich-sozialer Das bei einem britischen Bombenangriff am 16. März 1945 Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik Ge­werkschafts­funktionäre des DGB und ehemaliger nahezu völlig zerstörte Würzburg. Sozial­sekretäre, der immer wieder auch durch politische Foto: Stadtarchiv Würzburg 30. August bis 3. September Das Grab Stegerwalds auf dem Würzburger Hauptfriedhof. Ähnliche Unterredungen mit den US-Behörden in Initiativen auf sich aufmerksam macht. Foto: Albert Vogel In 30 Städten der Bundesrepublik sind heute Straßen nach 22. April München. Adam Stegerwald benannt, vor allem in Unter­franken und in US-Truppen tragen Stegerwald das Amt des Regierungs­ 1966 Nordrhein-Westfalen. Gedenktafeln für Stegerwald finden präsidenten von Mainfranken an. 13. Oktober 15. November Gründung der CSU Würzburg Stadt und Land im Elisa­ sich an seinem Geburtshaus in Greußenheim und an seinem In Würzburg wird der Adam-Stegerwald-Kreis ins Leben Wohn­haus in der Zoppoter Straße 62 in Berlin-Wilmersdorf. 11. Mai bethen­heim Würzburg. Stegerwald hält das Haupt­referat gerufen. Erster Vorsitzender ist Ludwig Altenhöfer MdL Im Kölner Stadtteil Mühlheim trägt eine ganze Siedlung Berufung zum Regierungspräsidenten in Würzburg. „Wohin gehen wir?“. (CSU), seit 2004 der frühere Bundestagsabgeordnete Peter seinen Namen, die nach 1951 als erstes großes Projekt Keller (CSU). des sozialen Wohnungsbaus in der Domstadt errichtet wurde. Bauträger war die von Stegerwalds Sohn, Prälat Alois Stegerwald, 1950 gegründete „Deutsche Wohnungs­ gesellschaft mbH (DEWOG)“. In Königswinter bei Bonn befindet sich das „Adam-Stegerwald-Haus“, ein Tagungs- und Bildungszentrum, das im früheren Erholungsheim Stegerwalds erster Aufruf an die der Christlichen Gewerkschaften und des DGB (vor 1933) Bevölkerung Mainfrankens vom untergebracht ist und zur Jakob-Kaiser-Stiftung gehört. Mai/Juni 1945 Eine beliebte Anlaufstelle für junge Studenten in Würzburg Foto: Archiv für Christlich-Soziale ist heute das dortige „Adam-Stegerwald-Wohnheim“. Politik An Stegerwald erinnert die 1969 errichtete Kölner 8. Juli „Stegerwald-Stiftung“, die sich im Bereich der Familien­ Erste Begegnung mit dem „Ochsensepp“ Dr. Josef Müller in förderung, in der Altenpflege und für Menschen mit einer Rothenburg o. d. T.; Einigung über die Gründung der CSU. Die Gründungsversammlung des Adam-Stegerwald-Kreises psychischen Erkrankung oder einer Behinderung engagiert. am 15. November 1966: In der Mitte sitzend (mit Buch) der In Würzburg existiert zudem eine „Adam-Stegerwald- 16. August Zwei Wahlplakate der CSU von 1946. Die starke Betonung der Gründungs­vorsitzende Ludwig Altenhöfer MdL. Stiftung“. Gründung der Lehrerbildungsanstalt in Würzburg durch Sozialpolitik gehörte von Anfang an für die CSU zum Kern ihres Und schließlich: Die Internetsuchmaschine „Google“ ver­ Stegerwald. Selbstverständnisses – auch dies ein Erbe Stegerwalds. Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik zeichnete am 6. September 2008 unter dem Begriff „adam Fotos: Archiv Christlich Sozialer Politik stegerwald“ rund 36.200 Einträge.

36 37

Stegerwald_Broschuere_01.indd 36-37 20.10.2008 17:00:34 Der deutsche Arbeiter und der deutsche Staat. In: Schreiber, 4. Wichtige Veröffentlichungen Stegerwalds Georg (Hrsg.): Politisches Jahrbuch. 2. Jahrgang 1926, S. 5. Ausgewählte Literatur zu Leben und Neugebauer, Hans (Hrsg.): Adam Stegerwald – Leben, Werk 233-243. und Erbe. Würzburg 1995. Der Nachlass Stegerwalds befindet sich im Archiv für Werk Adam Stegerwalds Christlich-Demokratische Politik der Konrad-Adenauer- Zentrumspartei, Arbeiterschaft, Volk und Staat. Berlin 1928. Becker, Winfried: Gründung und Wurzeln der Christlich- Patch, William L. jr.: Christian Trade Unions in the Weimar Stiftung, St. Augustin. Sozialen Union. In: Hanns-Seidel-Stiftung. (Hrsg.): Geschichte Republic 1918-1933. The Failure of „Corporate Pluralism“. Sicherung der Sozialpolitik. Zum Kampf um die Behauptung einer Volkspartei. 50 Jahre CSU 1945-1995. Grünwald 1995, S. New Haven 1985. ihrer Grundlagen und ihrer Ausgestaltung. Gesammelte 69-107. Ein Beitrag zu der Frage: Sind die Gewerkvereine not­ Reden. Berlin [1930]. Ruppert, Karsten: Im Dienst am Staat von Weimar. Das wendig und Warum sollen sich die christlichen Arbeiter den Ders. u.a. (Hrsg.): Lexikon der Christlichen Demokratie in Zentrum als regierende Partei in der Weimarer Republik christlichen Gewerkschaften anschließen. Hrsg. vom Vor­ Die Notverordnung vom 5. Juni 1931. Ihr Hintergund, Wesen Deutschland. Paderborn 2002. 1923-1930. Düsseldorf 1982. stand des christlichen Holz­arbeiter-Verbands Deutschlands. und Inhalt. Berlin [1931]. München 1900. Brose, Eric Dorn: Christian Labor and the Politics of Schneider, Michael: Die Christlichen Gewerkschaften Wo stehen wir? Würzburg 1945. Frustration in Imperial . Washington D.C. 1985. 1894-1933. Bonn 1982. Die Aufgaben der christlichen Gewerkschaften im öffentlichen und sozialen Leben. Köln 1908. Wohin gehen wir? Würzburg 1946. Cary, Noel D.: The Path to Christian Democracy. German Uertz, Rudolf: Christentum und Sozialismus in der frühen Catholics and the Party System from Windthorst to CDU. Grundlagen und Wirkungen der christlich-sozialen Im Kampf um die Grundsätze der christlichen Adenauer. Cambridge 1996. Ideen in der Union 1945-1949. Stuttgart 1981. Gewerkschaften. Vortrag von Generalsekretär A. Stegerwald nebst Stellungnahme des christlichen Gewerkschafts­ Deutz, Josef : Adam Stegerwald, Gewerkschafter – Politiker Walker, Thomas: Die Arbeitnehmer-Union in der CSU. kongresses in Dresden zum Gewerkschaftsstreit. Köln 1912. – Minister. Köln 1952. Geschichte und Strukturen der CSA von 1953 bis 1990. München 2000. Die christlich-nationale Arbeiterbewegung im Lichte der Forster, Bernhard: Adam Stegerwald (1874-1945). Christlich- Kriegserfahrungen. In: Deutsche Arbeit. 1. Jahrgang 1916, S. nationaler Gewerkschafter, Zentrums­politiker, Mit­ 5-11. begründer der Unionsparteien. Düsseldorf 2003 (mit einem ausführlichen Schriftenverzeichnis Stegerwalds und Arbeiter-Interesse und Friedensziele. Vortrag gehalten detaillierten Literaturangaben). von Generalsekretär Stegerwald auf der Konferenz der Vertrauensleute der christlich-nationalen Arbeiter­be­ Ders.: Ein christlich-nationaler Politiker zwischen Sammlung wegung am 6. Mai in Essen. Köln 1917. und Ab­grenzung: Adam Stegerwald und die große Koalition in den Anfangsjahren der Weimarer Republik. In: Historisch- Zum Verfassungskampf in Preußen. Rede des General­ Politische Mit­teilungen. Archiv für Christlich-Demokratische sekretärs Stegerwald im Preußischen Herrenhaus zur Ver­ Politik. 10. Jahrgang 2003, S. 43-73. fassungs­reform in Preußen, gehalten am 10. Juli 1918. Köln 1918. Heitzer, Horstwalter: Die CDU in der britischen Zone 1945-1949. Gründung, Organisation, Programm und Politik. Arbeiterwähler und Zentrumspartei. Vortrag von General­ Düsseldorf 1988. sekretär A. Stegerwald/M.d.H. auf einer Versammlung von Kölner Arbeiter-Zentrumswählern. Krefeld 1918. Henzler, Christoph: Fritz Schäffer 1945-1967. Eine bio­ graphische Studie zum ersten bayerischen Nachkriegs- Der soziale Wiederaufbau Deutschlands. Rede, gehalten Ministerpräsidenten und ersten Finanzminister der in der 13. Sitzung der Verfassunggebenden Deutschen Bundes­republik Deutschland. München 1994. Nationalversammlung zu Weimar vom 21. Februar 1919. Berlin 1919. Ders.: Die Christlich-Soziale Union in den ersten Nach­ kriegsjahren. In: Hanns-Seidel-Stiftung. (Hrsg.): Geschichte Sittliche Kraft oder rohe Gewalt? Mahnruf der christlich- einer Volkspartei. 50 Jahre CSU 1945-1995. Grünwald 1995, S. nationalen Arbeiterschaft an das deutsche Volk. Köln 1920. 109-161. Deutsche Lebensfragen. Vortrag gehalten auf dem X. Herde, Peter: Die Unionsparteien zwischen Tradition Kongreß der christlichen Gewerkschaften Deutschlands am und Neubeginn: Adam Stegerwald. In: Becker, Winfried 21. November 1920 in Essen. Berlin 1921. (Hrsg.): Die Kapitulation von 1945 und der Neubeginn in Deutschland. Köln 1987, S. 245-295. Zusammenbruch und Wiederaufbau. Berlin 1922. Loth, Wilfried: Katholiken im Kaiserreich. Der politische Aus meinem Leben. Köln 1924. Katholizismus in der Krise des wilhelminischen Deutsch­ lands. Düsseldorf 1984. Christliche Gewerkschaften und Politik. In: Deutsche Arbeit. 9. Jahrgang 1924, S. 397-407. Morsey, Rudolf: Die Deutsche Zentrumspartei 1917-1923. Düsseldorf 1966. 25 Jahre Christliche Gewerkschaftsbewegung. Köln 1924. Ders.: Der Untergang des politischen Katholizismus. Die Nicht Klassen, sondern Stände! Stuttgart 1925. Zentrumspartei zwischen christlichem Selbstverständnis und „Nationaler Erhebung“ 1932/33. Stuttgart 1977. Von deutscher Zukunft. Würzburg 1946.

38 39

Stegerwald_Broschuere_01.indd 38-39 20.10.2008 17:00:34 Der deutsche Arbeiter und der deutsche Staat. In: Schreiber, 4. Wichtige Veröffentlichungen Stegerwalds Georg (Hrsg.): Politisches Jahrbuch. 2. Jahrgang 1926, S. 5. Ausgewählte Literatur zu Leben und Neugebauer, Hans (Hrsg.): Adam Stegerwald – Leben, Werk 233-243. und Erbe. Würzburg 1995. Der Nachlass Stegerwalds befindet sich im Archiv für Werk Adam Stegerwalds Christlich-Demokratische Politik der Konrad-Adenauer- Zentrumspartei, Arbeiterschaft, Volk und Staat. Berlin 1928. Becker, Winfried: Gründung und Wurzeln der Christlich- Patch, William L. jr.: Christian Trade Unions in the Weimar Stiftung, St. Augustin. Sozialen Union. In: Hanns-Seidel-Stiftung. (Hrsg.): Geschichte Republic 1918-1933. The Failure of „Corporate Pluralism“. Sicherung der Sozialpolitik. Zum Kampf um die Behauptung einer Volkspartei. 50 Jahre CSU 1945-1995. Grünwald 1995, S. New Haven 1985. ihrer Grundlagen und ihrer Ausgestaltung. Gesammelte 69-107. Ein Beitrag zu der Frage: Sind die Gewerkvereine not­ Reden. Berlin [1930]. Ruppert, Karsten: Im Dienst am Staat von Weimar. Das wendig und Warum sollen sich die christlichen Arbeiter den Ders. u.a. (Hrsg.): Lexikon der Christlichen Demokratie in Zentrum als regierende Partei in der Weimarer Republik christlichen Gewerkschaften anschließen. Hrsg. vom Vor­ Die Notverordnung vom 5. Juni 1931. Ihr Hintergund, Wesen Deutschland. Paderborn 2002. 1923-1930. Düsseldorf 1982. stand des christlichen Holz­arbeiter-Verbands Deutschlands. und Inhalt. Berlin [1931]. München 1900. Brose, Eric Dorn: Christian Labor and the Politics of Schneider, Michael: Die Christlichen Gewerkschaften Wo stehen wir? Würzburg 1945. Frustration in Imperial Germany. Washington D.C. 1985. 1894-1933. Bonn 1982. Die Aufgaben der christlichen Gewerkschaften im öffentlichen und sozialen Leben. Köln 1908. Wohin gehen wir? Würzburg 1946. Cary, Noel D.: The Path to Christian Democracy. German Uertz, Rudolf: Christentum und Sozialismus in der frühen Catholics and the Party System from Windthorst to CDU. Grundlagen und Wirkungen der christlich-sozialen Im Kampf um die Grundsätze der christlichen Adenauer. Cambridge 1996. Ideen in der Union 1945-1949. Stuttgart 1981. Gewerkschaften. Vortrag von Generalsekretär A. Stegerwald nebst Stellungnahme des christlichen Gewerkschafts­ Deutz, Josef : Adam Stegerwald, Gewerkschafter – Politiker Walker, Thomas: Die Arbeitnehmer-Union in der CSU. kongresses in Dresden zum Gewerkschaftsstreit. Köln 1912. – Minister. Köln 1952. Geschichte und Strukturen der CSA von 1953 bis 1990. München 2000. Die christlich-nationale Arbeiterbewegung im Lichte der Forster, Bernhard: Adam Stegerwald (1874-1945). Christlich- Kriegserfahrungen. In: Deutsche Arbeit. 1. Jahrgang 1916, S. nationaler Gewerkschafter, Zentrums­politiker, Mit­ 5-11. begründer der Unionsparteien. Düsseldorf 2003 (mit einem ausführlichen Schriftenverzeichnis Stegerwalds und Arbeiter-Interesse und Friedensziele. Vortrag gehalten detaillierten Literaturangaben). von Generalsekretär Stegerwald auf der Konferenz der Vertrauensleute der christlich-nationalen Arbeiter­be­ Ders.: Ein christlich-nationaler Politiker zwischen Sammlung wegung am 6. Mai in Essen. Köln 1917. und Ab­grenzung: Adam Stegerwald und die große Koalition in den Anfangsjahren der Weimarer Republik. In: Historisch- Zum Verfassungskampf in Preußen. Rede des General­ Politische Mit­teilungen. Archiv für Christlich-Demokratische sekretärs Stegerwald im Preußischen Herrenhaus zur Ver­ Politik. 10. Jahrgang 2003, S. 43-73. fassungs­reform in Preußen, gehalten am 10. Juli 1918. Köln 1918. Heitzer, Horstwalter: Die CDU in der britischen Zone 1945-1949. Gründung, Organisation, Programm und Politik. Arbeiterwähler und Zentrumspartei. Vortrag von General­ Düsseldorf 1988. sekretär A. Stegerwald/M.d.H. auf einer Versammlung von Kölner Arbeiter-Zentrumswählern. Krefeld 1918. Henzler, Christoph: Fritz Schäffer 1945-1967. Eine bio­ graphische Studie zum ersten bayerischen Nachkriegs- Der soziale Wiederaufbau Deutschlands. Rede, gehalten Ministerpräsidenten und ersten Finanzminister der in der 13. Sitzung der Verfassunggebenden Deutschen Bundes­republik Deutschland. München 1994. Nationalversammlung zu Weimar vom 21. Februar 1919. Berlin 1919. Ders.: Die Christlich-Soziale Union in den ersten Nach­ kriegsjahren. In: Hanns-Seidel-Stiftung. (Hrsg.): Geschichte Sittliche Kraft oder rohe Gewalt? Mahnruf der christlich- einer Volkspartei. 50 Jahre CSU 1945-1995. Grünwald 1995, S. nationalen Arbeiterschaft an das deutsche Volk. Köln 1920. 109-161. Deutsche Lebensfragen. Vortrag gehalten auf dem X. Herde, Peter: Die Unionsparteien zwischen Tradition Kongreß der christlichen Gewerkschaften Deutschlands am und Neubeginn: Adam Stegerwald. In: Becker, Winfried 21. November 1920 in Essen. Berlin 1921. (Hrsg.): Die Kapitulation von 1945 und der Neubeginn in Deutschland. Köln 1987, S. 245-295. Zusammenbruch und Wiederaufbau. Berlin 1922. Loth, Wilfried: Katholiken im Kaiserreich. Der politische Aus meinem Leben. Köln 1924. Katholizismus in der Krise des wilhelminischen Deutsch­ lands. Düsseldorf 1984. Christliche Gewerkschaften und Politik. In: Deutsche Arbeit. 9. Jahrgang 1924, S. 397-407. Morsey, Rudolf: Die Deutsche Zentrumspartei 1917-1923. Düsseldorf 1966. 25 Jahre Christliche Gewerkschaftsbewegung. Köln 1924. Ders.: Der Untergang des politischen Katholizismus. Die Nicht Klassen, sondern Stände! Stuttgart 1925. Zentrumspartei zwischen christlichem Selbstverständnis und „Nationaler Erhebung“ 1932/33. Stuttgart 1977. Von deutscher Zukunft. Würzburg 1946.

38 39

Stegerwald_Broschuere_01.indd 38-39 20.10.2008 17:00:34 Impressum

Bernhard Forster

Adam Stegerwald – Politik in sozialer Verantwortung Leben und Vermächtnis des Gewerkschafters und Politikers aus Unterfranken

Redaktion Dr. Renate Höpfinger

Gestaltung Gestaltung+ Fabian Hofmann

Druck Ludwig Auer GmbH Donauwörth

Bildnachweis Der Bildnachweis wurde bei den einzelnen Abbildungen vermerkt. Titelfoto: Adam Stegerwald Ende der 1920er Jahre (Archiv Möller-Stegerwald) Rückseite: Plakat zur Kommunalwahl 1948 in Würzburg (Stadtarchiv Würzburg)

ISBN 978–3–88795–339–3

© Hanns-Seidel-Stiftung e.V., München 2008

Vorsitzender: Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair, Staatsminister a.D., Senator E.h. Hauptgeschäftsführer: Dr. Peter Witterauf Verantwortlich für Publikationen, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Hubertus Klingsbögl Internet: www.hss.de

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

40

Stegerwald_Broschuere_01.indd 40 20.10.2008 17:00:34 Adam Stegerwald – Politik in sozialer Verantwortung

Leben und Vermäachtnis des Gewerkschafters und Politikers aus Unterfranken

Bernhard Forster

Archiv für Christlich-Soziale Politik Archiv für Christlich-Soziale Politik

Stegerwald_U1U4.indd 1-2 16.10.2008 22:16:13