Ludmilla & Roland

Erwachen & Erleuchtung Kongress 2016 Liebe Und Mitgefühl Erwachen & Erleuchtung Liebe & Mitgefühl Die in diesem Buch beschriebenen Methoden und Anregungen ersetzen keine ärztliche und medizinische Beratung. Autor und Verlag übernehmen keinerlei Haftung für Schäden irgend- einer Art, die direkt oder indirekt aus der Anwendung der Angaben in diesem Buch entstehen.

Kongress 2016

Alle Rechte vorbehalten © Ludmilla & Roland 2016 www.erleuchtung.jetzt Herstellung: Create Space, Selfpublishing: Der Kleine Buddha Umschlaggestaltung, Satz und Layout: Pomerova-Art Inhalt Vorwort ...... 7 Roland Erwachen & Erleuchtung im Alltag ...... 10 Ludmilla Dein Leben - das größte Geschenk, das du dir machst ...... 22 Jörg Wedereit Lichtnahrung - die Transzendenz des Körperlichen ...... 34 Shai Tubali Erwachen in sieben Schritten - Die Chakren als Weg zur Erleuchtung ...... 46 Heinz Krug Sofortige Erleuchtung durch Aktivierung des menschlichen Quantencomputers ...... 58 Johan Integration des Unbewussten - Erlösung der Vergangenheit ...... 70 Sarla Erleuchtung und darüber hinaus ...... 80 Christian Meyer Wirklich aufwachen - Erleuchtung finden ...... 92 Sri Madhukarji Ein Gespräch - „Wer ist der Meister?“...... 102 Gaia Quickie ...... 114 Nabala Liebe und Mitgefühl ...... 118 Mari Nil Der Raum der Erleuchtung ...... 126 Edgar Hofer OWK Kurze Zusammenfassung des (Nicht-) Seins...... 132 Werner Ablass Vorwort Das, was sich niemals verändert ...... 140 Wir gehen von unserer Erfahrung aus, dass Erwachen und dau- Ernst-Peter Flint erhafte Erleuchtung möglich ist, jedoch nicht ohne persönliche Was ist die transzendentale Meditation (TM) - Transformation in Liebe & Mitgefühl. So entstand das Motto für und wie funktioniert sie? ...... 144 unseren diesjährigen Erleuchtungskongress 2016 in Berlin. Aktu Wir wissen, dass selbst im Leben des Erwachten/Erleuchte- Das sich selbst entfaltende SELBST ...... 154 ten Transformationen stattfinden - und all diese Prozesse und Gerard Kever Transformationen gemacht werden müssen. Leider haben wir Wo sind wir? ...... 164 das Abstreiten dieser elementaren Wahrheit oft als psychischen Verdrängungsmechanismus wahrgenommen. Vom Herzen her Padma Wolff geschaut, besteht da für uns überhaupt kein Zweifel dran. Befreite Liebe ...... 170 Erwachen und Erleuchtung sind keine elitären Seins-Zustände, Torsten Brügge die nur von besonderen Menschen erlangt werden können, oder Tiefe Stille, weite Sicht ...... 180 gewöhnliche Menschen in einen Status des Besonderen erhe- Christina und Hannes Michel ben. Wir sind der Meinung, dass es jedem Menschen möglich Stay Open! ...... 190 ist ein leidfreies Leben in Fülle, Glück und Freiheit zu leben. Andreas Pröhl Dafür ist neben der alles verändernden SELBST-Erkenntnis in der Regel intensive Prozessarbeit nötig, die für jeden individuell Wie erleuchte ich eine Gesellschaft? ...... 194 verschieden aussehen wird. Bei manch einem türmen sich ganze Gerhard Schrabal karmische Berge auf, ein anderer geht zügig und schnell durch Spielerisch Raufen: Begegnung und Erkenntnis ...... 200 die notwendigen Aufgaben, die das Leben ihm auf seinem spiri- Ralf Hillemacher tuellen Pfad stellt.. Arbeiten, Beruf und Spiritualität - geht das? ...... 210 Ein Leben in Erleuchtung ist ein Leben in Freiheit, Glück und Yod Erfüllung, was nicht bedeutet, dass jeder glückliche und zufrie- Live-Mitschnitt August 2016 ...... 220 dene Mensch das Ziel der Erleuchtung haben muss. Er kann auch einfach das sein und bleiben, was er ist. Ralph Byrszel Nichts als Fragen ...... 226 Wir stimmen mit jeglicher philosophischen/religiösen Einheits- lehre überein, die sagt, dass im Zustand des Einheitsbewusstseins, Arne Eckert alles aus der absoluten Fülle des SEINS heraus wahrgenommen ...... 234 Die Heldenreise des Couch-Potato und gelebt wird - ohne Unterscheidung, ohne Trennung und Michael Hübener Dualität. Es wäre schön, wenn diese philosophische Erkenntnis Was nützt dir das Erwachen, wenn es dein Herz von immer mehr Menschen existentiell verwirklicht würde in nicht öffnet? ...... 244 ihrer eigenen Erfahrung und ihrem eigenen Leben. Das würde das Eindringen dieses Wissens in die Gesellschaft erleichtern und fördern.

9 Der Weg zum Erwachen, zur Erleuchtung ist immer zuerst ein und äußere Lebensstrukturen, die man unbewusst manifestiert persönlicher Weg, der beschritten werden muss und in irgend- hatte, durch ein bewusstes Hinschauen und Durchleben aufge- einer Art und Weise als persönlicher Prozess erlebt wird. Wenn löst werden müssen. Diese Reste werden erst damit endgültig das eigene Selbst erst einmal als identisch mit dem ewigen SEIN gelöscht und können im karmischen Sinne nicht mehr aktiv erkannt und erfahren wurde und die Erfahrung der Einheit in der werden. Ihnen ist dann jegliche Möglichkeit genommen sich Vielfalt der Schöpfung zu einer persönlichen Realität geworden erneut als Leid zu manifestieren. Wir nennen diese Tatsache den ist, fällt die Idee der Dualität automatisch in sich zusammen und Post-Erwachens-Prozess, der aber im Gegensatz zu den Prozes- wird als Illusion und Täuschung erkannt. Was nicht bedeutet, sen vor dem Erwachen/der Erleuchtung nicht mehr als persön- dass das Leben in der Dualität vergessen oder als nicht mehr lich so leidvoll erfahren wird, sondern eher als weitere Vertie- nachvollziehbar erscheint (Erwachen und Erleuchtung zeichnet fung der Einheitserfahrung, als eine weitere Entwicklung des sich gerade durch Liebe, Mitgefühl und Klarheit und nicht durch eigenen Menschseins in Liebe & Mitgefühl also. Vergessen aus). Erwachte sind sich dieser Arbeit in der Regel bewusst, auch Insofern gehen wir nicht konform mit der Aussage, dass es wenn sie sie nicht immer so benennen, sondern einfach durchle- diesen spirituellen Weg nicht gibt, da es niemanden gäbe, der ben, genau wie die vielen Spirituellen Lehrer des Erleuchtungs- diesen Weg gehen könne, und dass das Leben nach der Erleuch- kongresses 2016 hier in Berlin. tung genauso wie das Leben vor der Erleuchtung sei. Das ist nicht die Art von existentieller Befreiung, die wir gesucht und Wir wünschen viel Spaß beim Lesen und genau die Einsichten, gefunden haben. Dies scheint eher eine Befreiung von mentalen die es für Deinen Weg JETZT gerade braucht. Konzepten zu sein, was jeder für sich selbst überprüfen kann. Berlin im August 2016 Unserer Erfahrung nach ist das Aufarbeiten und Integrieren von Namaste abgespaltenen Selbst-Anteilen eine unverzichtbare Arbeit auf diesem Entwicklungsweg. Dazu gehören nicht nur Traumata Ludmilla & Roland aus der frühen Kindheit und (vor)geburtliche Erlebnisse, son- dern auch die darauf aufbauenden Muster, Prägungen und Über- zeugungen, die lebenslang erlernt und eingeübt wurden. Selbst wenn Aufwachen/Erwachen und viele Erleuchtungserfahrungen mittendrin in diesem Ozean menschlicher Lebensäußerungen gemacht werden, bleibt die Aufgabe der vollständigen Aufar- beitung und Integration bestehen. Geschieht dies nicht, wird man von diesen persönlichen Rest-Anteilen immer und immer wieder zurückgeholt in die alte, als getrennt und leidvoll erfah- rene Realität. Denn in der als Einheit erfahrenen und erlebten Realität kann es letztendlich keine ausgeklammerten Selbst- Anteile geben, die man zurücklassen könnte. Unsere Erfahrung ist, dass auch nach dem Erwachen/der Erleuchtung Prozessarbeit in dem Sinne geschieht, dass innere

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Erwachen & Erleuchtung im Alltag nach all den vielen Jahren „Erleuchtungsarbeit“ und Medi- tationspraxis traten immer mehr grundlegende Änderungen in meinem Leben auf, die sich klar als Folgen des Erwachens zeigten. Die Entwicklung geht immer weiter, ein Ende ist nicht absehbar - wie sollte es auch anders sein? Immer wenn diese Änderungen in meiner Existenz gravierend waren, habe ich ein paar Zeilen in mein Tagebuch geschrieben um sie als Wegmarke festzuhalten. Für den diesjährigen Erleuchtungskongress, der unter dem Motto: Liebe und Mitgefühl läuft, habe ich einige Einträge her- ausgesucht, die dazu passen, denn die Hinbewegung auf den Anderen, auf unsere Mitmenschen gelingt nur wirklich aus dem voll geöffneten Herzen heraus und wenn der Geist klar und bewusst bleiben kann. Alle Schleier aus der Vergangenheit, die durch Unwissenheit und Schmerz geprägt sind, stören dabei nur. Möge der Text dem Einen oder Anderen ein kleiner Leuchtturm in stürmischen Zeiten des Lebens sein, indem er auf neue, bes- sere Zeiten hinweist. Das Leben ist Fülle, Liebe und ewige Existenz, und es verweist immer nur auf die Absolute Realität, die wir selbst sind. Erst wenn DAS erkannt und gelebt wird, kann die Hoffnung erblü- hen auf ein Zeitalter der Erleuchtung, wo alles Leid ein Ende finden wird, und die Menschen in Frieden miteinander leben. Ich wünsche viel Spaß bei Lesen, Spüren und Realisieren.

Ruhe und Aktivität in der Stille Bisher hatte ich Ruhe und Aktivität immer als Gegensätze im Leben angesehen, und sie auch als solche erfahren. Seit ich in der STILLE gefestigt bin, verschwindet dieser Gegensatz. Da die STILLE in mir nicht mehr aufhört, spielt es keine Rolle mehr für mich, ob ich mich in der Ruhe befinde oder in der Aktivität. Die gegensätzliche Empfindung dieser beiden relativen Zustän- de verschwindet.

12 13 Früher habe ich die Ruhe genossen, und zu viel Aktivität eher als genau diesen Vorgang. Ohne innere Knoten greift man nicht stressig empfunden. Jetzt spielt das keine Rolle mehr. Die Akti- nur im eigenen Inneren ins Leere, sondern auch im Äußeren, vität geht mir genau so von der Hand, wie früher die Ruhe, und in seinem sozialen Umfeld. Was bleibt ist Nichts - genau wie in zunehmendem Maße merke ich, dass es egal ist, in welchem Innen. Jedes gewohnte, immer gelebte soziale Umfeld löst sich Zustand in mich befinde. Denn der absolute Zustand des SEINS, auf, verbrennt, einfach indem man aus dem Zustand der inneren der sich in dieser vollkommenen STILLE ausdrückt, geht nicht STILLE heraus, noch einmal hindurch geht, es erneut erlebt. mehr verloren. Die STILLE durchdringt jede Aktivität so sehr, dass sie sich auflöst in ihr. Jede Bewegung ist so durchdrun- Im Inneren geht man durch seine alten Erfahrungen hindurch, gen von der Empfindung der STILLE, von Nicht-Aktivität, von und klärt sie. Wenn das geschafft ist, und die Innere STILLE Unbewegtheit, dass im eigenen Empfinden gar keine Aktivität etabliert ist, geht man durch das Äußere hindurch - durch die mehr stattfindet, höchstens eine Bewegung der STILLE. sozialen Knoten. Alles verbrennt, geklärt werden muss zum Die STILLE ist in ihrer absoluten Unbewegtheit eigentlich Glück dabei nichts mehr, weil das alles im Inneren schon statt- dynamisch. Wenn sie sich in sich selbst bewegt, entsteht das, gefunden hat. Das Kartenhaus fällt einfach zusammen. Und was was wir die Aktivität, die Schöpfung nennen. Die STILLE ist bleibt, was man findet im Äußeren, ist dieselbe STILLE wie im als reine Existenz durch nichts veränderbar. Die Unterscheidung Inneren. Und diese Idee der Trennung von Innen und Außen fällt zwischen Ruhe und Aktivität ist also nicht mehr so wichtig. Viel dann auch zusammen. wichtiger ist der Zustand und die Erfahrung der dynamischen STILLE! Der Körper fällt in die absolute Stille So empfinde ich das in meinem Alltag. Heute hatte ich mich zum Meditieren hingesetzt und merkte nach wenigen Minuten, wie sich mein Körper in einen Zustand tiefer Das Karma verbrennt STILLE begab. Diese STILLE kam so zügig über mich, dass ich Nachdem ich letztes Jahr in der unendlichen STILLE des SEINS etwas verwundert war, denn mein Geist kreiste noch um einige verschwunden war, bin ich nicht mehr aufgetaucht. So ist im Dinge, die ich klären, und deshalb etwas langsamer zur Ruhe Grunde genommen auch nichts mehr geschehen, aber doch sehr kommen wollte. Ich legte meine Aufmerksamkeit also auf dieses viel passiert. körperliche Ziehen in die STILLE hinein und merkte, dass mein Körper sich innerhalb weniger Minuten komplett „abschaltete“, Eine neue Art von Knoten habe ich entdeckt: die sozialen Knoten. so als wenn er in einen Winterschlaf geht. Ich beobachtete von Innen, wie die Atmung immer weniger wurde, bis sie nicht mehr Um in unserem früheren sprachlichen Kontext zu bleiben, gibt wahrnehmbar war. Die Gedanken hörten auf, es entstand ein es jetzt also die mentalen Knoten, die emotionalen, die körper- Zustand vollkommener Selbstgenügsamkeit, Ruhe, Bewegungs- lichen und neu - die sozialen Knoten. Das sind die Knoten, die losigkeit. Die äußeren Sinne stellten ihren Dienst ein. Ich nahm entstehen, die man in seinem sozialen Umfeld erzeugt, wenn keine Außengeräusche und -aktivitäten mehr wahr. Da war nur man im nicht erleuchteten, verknoteten Zustand immer und noch diese STILLE, dieses Gefühl, dass ich jetzt in meinem immer wieder handelt. Sie bilden die soziale Realität, in der man natürlichen Grundzustand angekommen war. Der Körper fühlte lebt. Da sie selbst erstellt ist, löst sie sich auf, wenn man seine sich so wohl in diesem „abgeschalteten“ Zustand, dass er eine inneren Knoten gelöst hat. Menge Glückshormone ausschüttete. Ich badete also im Bliss, Das Karma verbrennt, sagen die Yogis, und meinten damit tat gar nichts, nahm das alles als völlige Selbstverständlichkeit

14 15 hin und ruhte in mir SELBST. Das war so stark und so deutlich, Das, was mit „“ beschrieben wird, ist der innerste, stille dass mir klar wurde, dass das ein neuer Schritt in meiner kör- Beobachter. Ist man am Anfang seiner spirituellen Suche noch perlichen Transformation war und deshalb nicht mehr aufhören regelmäßig mit seinem kleinem Ego identifiziert, wenn man würde. sich fragt: „Wer bin ich?“, so ändert sich diese Identifikation Als nach einer Stunde mein Gong ertönte, merkte ich, wie der später schrittweise in Richtung eigener stiller Beobachter. Man Körper auf der Ebene des Nervensystem sehr schnell und sehr bemerkt mehr und mehr eine Instanz in sich, die als „Beobach- leicht aktiv wurde. Er reagierte sofort auf den Gong und brachte ter all des Erlebten“ fungiert. Und dieser Beobachter beobachtet sich in einen Bereitschaftszustand, aus dem heraus er ungeheuer auch das „Ich“, das kleine Ego, mit dem man identifiziert ist. So leicht in die normale Aktivität gehen konnte. Ich ließ mir noch kommt der Widerspruch zwischen dem Ego und dem Beobach- ein wenig Zeit, wanderte mit meiner Aufmerksamkeit durch die ter zustande und das Ich fängt an sich zunehmend mehr mit dem einzelnen Bereiche des Körpers hindurch und massierte einige Beobachter zu identifizieren, bis es in ihm aufgeht, eins mit ihm Stellen, die mir ein wenig taub vorkamen. wird (Ich bin DAS). Im weiteren Verlauf der Praxis merkt man, Nach ein paar Minuten war ich wieder voll da und war erstaunt dass DAS unter allen Umständen erhalten bleibt, also auch und über diese neue Erfahrung. gerade in Situationen, wo man normalerweise die „Kontrolle“ verliert. Das sind meistens Situationen und Erlebnisse, die mit Früher war es so, dass ich meinen Körper immer als ein aktives großen Gefühlen einhergehen, wobei es egal ist, ob diese Gefüh- System wahrgenommen hatte. Jetzt ist es so, dass ich ihn als le nur erinnert sind, oder tatsächlich im Hier und Jetzt tatsäch- ein in sich ruhendes, kurz vor dem Abgeschaltetsein laufendes lich erlebt werden. System wahrnehme, das ungeheuer leicht und schnell in große Aktivität gehen kann. Also genau umgekehrt. Früher war der Allein diese Erfahrung, dass der Beobachter eine andere innere Körper ständig aktiv und ich musste mich hinsetzen und medi- Instanz ist, die viel stabiler ist, als die des kleinen Ego, bringt tieren, um ihn zur Ruhe zu bringen, jetzt ist es genau umgekehrt. große Änderungen im täglichen Leben mit sich. Man fühlt sich Ich nehme meinen Körper jetzt als total still und in sich ruhend sicherer mit sich selbst, man hat das Gefühl „größer“ im Sinne wahr, kurz vor dem völligen Abgeschaltetsein, und wenn ich ihn von erwachsener zu sein, hat also mehr Selbstbewusstsein, mehr nicht mit einer Aktivität beschäftige, nichts aktiv mache, schaltet Selbstsicherheit, fühlt sich emotional stabiler, weil man nicht er sofort, ohne mein Zutun wieder in diesen Zustand der dyna- mehr das Gefühl hat, dass einen die großen Gefühle des Lebens mischen Stille. Wie ein Automatismus. STILLE ist als Grund- überwältigen können. Man rastet nicht mehr so schnell aus, zustand immer automatisch da. Ich muss da nichts mehr für tun. wenn andere Menschen die entscheidenden Knöpfe bei einem Und der Körper weiß, dass das sein natürlicher Grundzustand ist drücken. Dies ist eine erste Stufe, die man erreicht durch die und schüttet vor lauter Freude riesige Mengen Glückshormone Übung der Selbstbeobachtung. aus, die sich mit in die Aktivität tragen und ständig eine große Zufriedenheit erzeugen. Der nächste Schritt in der Entwicklung wird oft missverstanden, wahrscheinlich, weil er nicht von so vielen Menschen erfah- Wie erfährt man das absolute, transzendentale SEIN im täg- ren wird. Und das ist verständlich, denn dieser nächste Schritt lichen Leben? erfordert ein Vordringen in einen Bereich, der an sich außerhalb Da das SEIN transzendentaler Natur ist, kann man es nicht im jeder Erfahrung und Erfahrbarkeit liegt, und doch haben wir die relativen Leben „erfahren“. Möglichkeit dorthin vorzudringen. Und das geschieht, wenn man in seiner Praxis anfängt den Beobachter nicht mehr nur all

16 17 die Wahrnehmungen und Erfahrungen der Außenwelt und die Unendlichkeit des Beobachters, des Ich Bin DAS. Zustände des eigenen Innenraumes in Form von Gedanken, Gefühlen und Empfindungen beobachten zu lassen, sondern Im nächsten Schritt wird folgendes erfahren: indem man anfängt den Beobachter den Beobachter wahrneh- Ein Zustand von unglaublicher STILLE, einer Stille, die so groß men zu lassen - also sich SELBST. ist, dass man das Gefühl hat, sich mit allem, was man glaubt zu sein, aufzulösen. Dies ist ein körperlich, gefühlsmäßiger und Wenn man sich darauf fühlend einlässt, bemerkt man in zuneh- geistiger Zustand. Man spürt, wie man sich in einen Zustand menden Maße wie groß der innere Beobachter eigentlich wirk- hinein auflöst, in dem nichts mehr ist, nur noch das SELBST, der lich ist. Hatte man am Anfang dieser Übung der Selbstbeobach- Beobachter. Alle weiteren Wahrnehmungen stoppen. Man steht tung eher das Gefühl einer inneren Begrenztheit, so merkt man einfach still. Der Beobachter beobachtet sich nur noch selbst. nach einiger Zeit der Übung, dass sich Innen drin ein immer Es gibt keine anderen Bewusstseinsinhalte mehr. Nur noch der größer werdender freier Raum auftut. Und wenn man seine Auf- Beobachter selbst. merksamkeit dann auf diesen freien Raum richtet, merkt man, dass das auch der eigene innere Beobachter ist. Und da merkt man, das der Beobachter reines Bewusstsein ist. Reines Bewusstsein beobachtet sich selbst. Mehr nicht. Sonst ist Der innere Beobachter, dieses Gefühl von „Ich BIN“ ist inner- da nichts. lich unendlich groß. Man kann stundenlang auf dem Sofa sitzen mit geschlossenen Augen und in diesem freien Raum baden. Der Und wenn man wieder raus kommt aus diesem Zustand merkt Beobachter nimmt sich selbst in seiner Unbegrenztheit wahr man, dass man in diesem tiefen Zustand der STILLE nicht im und alle anderen Wahrnehmungen tauchen als Erscheinungen in eigentlichen Sinne wahrnehmen konnte, weil ja alle Wahrneh- diesem Raum auf. Alles Wahrgenommene ist nur eine Erschei- mung gestoppt war, sondern nur SEIN konnte. nung in diesem Bewusstseinsraum, der der eigene Beobachter Dieser extreme Zustand der Stille ist ein SEINS-Zustand. Man ist. kann ihn nicht wahrnehmen, sondern man kann ihn nur SEIN. Diese Erfahrung der eigenen inneren Unendlichkeit ist eine Und man merkt sofort, dass dieser Zustand das eigentliche wichtige und transformierende Praxis, denn bisher kannte man SELBST ist. Der eigentliche innere Beobachter, seine eigent- nur die Unendlichkeit im Äußeren, jetzt ist eine weitere Unend- liche Natur. Dieser Zustand ist die Ursache für den Beobachter lichkeit hinzugekommen, die im Inneren. Der eigene Innenraum und das Gefühl von „Ich BIN“. Dieser Zustand ist die „Erfah- ist nicht mehr begrenzt. Man fühlt sich wohler in seiner eigenen rung“ des universellen SEINS, das die Ursache und der Urgrund Haut, hält sich selbst besser aus und muss nicht immer sofort aller Schöpfung ist, der individuellen wie der materiellen. Wir nach Außen gehen, um seine Bedürfnisse zu befriedigen. Man nennen das auch die Transzendenz, oder das Absolute. kann jetzt einfach seine Wünsche an sich nehmen, bei sich behal- Diese „Erfahrung“ bringt zum ersten Mal das ins Leben, was ten und tief im Inneren reifen lassen, zuschauen, wie die Dinge spirituelle Dualität (dvaita) genannt wird. Auf der einen Seite sich Schritt für Schritt in Ordnung bringen, sich entwickeln und erfährt man die relativen Werte des Lebens, auf der anderen von alleine in Erfüllung gehen. Bewusste Wunscherfüllung wird Seite hat man den Zugang gefunden zu dem Bereich, der unend- möglich und tritt in das eigene Leben ein. Die eigene Wahrneh- lich und unveränderlich ist, dem Zustand des absoluten SEINS. mung fängt an sich zu ändern, Schritt für Schritt, und immer aufbauend auf dieser inneren bewussten Erfahrung der eigenen Beide Erfahrungen, beide Zustände bestimmen von nun an das weitere Leben. Und das ist ein ganz wichtiger Erleuchtungs-

18 19 schritt. Man ist sich zum ersten Mal der Dualität des Lebens selbst, durch dich. Es braucht eine Zeit bis man sich an diesen durch eigene Erfahrung bewusst geworden. Vorher hat man nur Zustand gewöhnt hat. darüber nachgedacht und sich in eine erkenntnismäßige Stim- mung der Dualität versetzt. Jetzt hat man diesen Zustand des Wir merke ich das? SEINS selbst „erfahren“, indem man selbst zum SEIN geworden Die Wahrnehmung ändert sich, die Gefühle ändern sich, der ist. Wie gesagt, man kann diesen Zustand nicht erfahren, weil Körper verändert sich. All das, was dein Leben ausmacht, alle Wahrnehmungen gestoppt sind, sondern nur SEIN. erstrahlt in einem neuen Glanz. Scheinbar läuft alles weiter wie bisher. Aber in Wirklichkeit hat sich alles verändert. Das, was Die Erfahrung dieses neuen SEINS-Zustandes (Reines trans- man sein Leben lang als Realität erfahren hat, verschwindet auf zendentales Bewusstsein) ist der eigentliche Anfang, der große einmal und lässt nur noch das reine SEIN zurück. Schritt hin zur Erleuchtung. Eine wirkliche Voraussetzung für alle weiteren Schritte, die dann kommen, denn aus der Erfah- Fühlt sich das anders an? rung der Dualität soll ja im Laufe der weiteren Entwicklung Die Basis hat sich geändert, auf der die Gefühle auftauchen. Von noch eine wirkliche Einheit (A-dvaita) werden. Freude bis Schmerz kann alles da sein, aber die Bewertung ist anders. Es ist keine Instanz mehr da, die das als von sich getrennt Wie das SEIN in das Leben einfließt wahrnimmt, die das als Objekt wahrnimmt. Es ist einfach voll- kommen da. Die Illusion der Trennung ist weg, Einheit ist da. Was passiert da genau? Die Erfahrung, das Erleben des SEINS ist so überwältigend, Verändert sich mein Denken, mein Handeln? dass man in der Regel am Anfang nicht lange da drin bleiben Das plappernde Denken verschwindet, das wirre Handeln auch. kann. Das kleine Ich versucht das als nur eine weitere Erfah- ES denkt, ES handelt. DENKEN wird nicht mehr als Denken rung abzutun, zu verstehen und einzuordnen (spirituelles Ego), empfunden, HANDELN nicht als Handeln. ES ist einfach reines scheitert aber regelmäßig an dem Punkt, wo das SEIN das Ich SEIN. ES nimmt sich selbst im Denken, im Handeln wahr. ES ist aufgreift und es transformiert. Wenn man das spürt, erschreckt das Denken und Handeln. Es ist da ein solch starker SELBST- man sich meist und wehrt diese Erfahrung des SEINS ab. Rückbezug, dass das Gefühl von „Ich“ wegfällt, dass meint: ich denke, oder ich handle. ES denkt und ES handelt - vom Gefühl Was sind die Merkmale? her geschieht ES - und dieses ES bin ich, bist Du - sind wir alle! Wenn das kleine Ich vom absoluten SEIN ergriffen wird, fängt es an sich aufzulösen. Da diese Erfahrung so elementar ist, so Merkt man das nur, wenn man die Aufmerksamkeit nach Innen existentiell, weiß man sofort, dass es passiert. richtet, also ein meditatives Leben führt, oder hat das auch Aus- Was bedeutet das für mich und mein Leben? wirkungen in meinem normalen Alltag? Das kleine Ich denkt, dass es das Leben lebt und steuert. Aber Der Alltag ist das meditative Leben. Es gibt keine Unterschei- das SEIN übernimmt das dann alles, und das kleine Ich wird zu dung mehr zwischen Innen und Außen. Alles ist eins. Die Idee einem großen Ich. Ich bin DAS. der Vergänglichkeit ist verschwunden. ES ist einfach nur noch Diese Änderung ist so deutlich, so nachhaltig, dass das ganze Alles. Und ich bin DAS. Leben davon betroffen ist, da die Zuständigkeiten sich radi- Diese Erfahrung ist so skuril, dass ich sie nicht wirklich beschrei- kal verschieben. War bisher immer das kleine Ich betroffen, so ben kann. Wenn ich sie mit meinen normalen Worten beschrei- ist jetzt das große Ich, das SEIN betroffen. ES lebt durch sich be, merke ich, dass es so nicht ganz stimmt. Und all die Beispie-

20 21 le treffen es nicht richtig. Wenn man es erfährt, weiß man ES Zum Anderen sehe ich all die Dinge, die meine Mitmenschen sofort, ganz ohne Zweifel. auch wahrnehmen. Und spüre manchmal eine Verwunderung in mir aufsteigen. Ich wundere mich über die ganzen Dinge, die ich Es ist die Auflösung der Gegensätze. Hunger und Durst, Kalt wahrnehme. und Heiß, Liebe und Hass, usw... Obwohl es diese Gegensätze gibt, erfährt man sie nicht mehr Früher habe ich gedacht: als solches. Beide Teile der Gegensätze sind aufgehoben im Ich spreche, ich lebe durch mich selbst. Ganzen. Man erfährt sie nicht mehr als einzelne Teile, die man Dann dachte ich: unterscheidet und einseitig bevorzugt. Man weiß, dass beide da ES spricht durch mich, ES lebt durch mich. sein müssen und nur zusammen die Ganzheit bilden. Und jetzt ist sogar das *mich* weg. ES spricht durch sich selbst, ES lebt durch sich selbst. Das eigene Leben wird nicht einfach nur um die Komponente Und wo ist ICH? des SEIN bereichert, sondern ES ergreift vollständig Besitz vom eigenen Leben, von einem selbst. ICH ist nur noch das kulturell bedingte, gewohnheitsmäßig benutzte Wort. Ich könnte es auch ganz weglassen, aber dann Die Frage lautet also nicht, wie das SEIN mich und mein Leben klappt das mit der Kommunikation nicht so gut. verändert, sondern wie lebt das SEIN sich selbst, als mein Ich rede also, wie üblich, ganz normal mit all diesen erlernten Leben? ES kehrt nicht zu mir zurück, sondern ich kehre zum Begriffen, merke aber, dass die Bedeutungen ihre Wertigkeit Sein zurück. Es ist nicht durch mich verstehbar. ES versteht eingebüßt haben. Ich hatte früher eine andere Rhetorik, weil ich mich. selbst so involviert war in die Wichtigkeit der Worte. Sie haben Diese radikale Umkehr in der eigenen Position ist die entschei- mir etwas bedeutet. dende Veränderung im Leben, das einfach weiterläuft. Das ist heute nicht mehr so. Die Worte und ihre Bedeutungen Worte, Kultur und Realität haben sich verändert. Der persönliche Bezug ist verschwunden. Früher waren Wörter für mich Teile der Realität. Ich konnte sie Wenn ich etwas wahrnehme, wenn ich meine Aufmerksamkeit benutzen um alles zu beschreiben, was ich für Realität gehal- auf Etwas oder Jemanden richte, passiert Folgendes: ten hatte. Jetzt geht das nicht mehr, weil die Worte das, was ich heute für Realität halte, ES nicht beschreiben können. Worte Ich sehe Nichts und ich sehe Alles. Und das auch gleichzeitig. können DAS nicht beschreiben. Zum Einen merke ich, dass nichts passiert. Nichts ändert sich, love und namaste Nichts ist anders, NICHTS wird wahrgenommen, weil da eine solche Fülle in dieser Unendlichkeit ist, die ich bin, dass sich Roland daran nichts ändern kann. Das, was ich wahrnehme ist nicht von einer Qualität, dass sich irgendwas ändern könnte an dieser FÜLLE, es ist einfach vollkommen Teil davon, es ist gefühls- mäßig noch nicht einmal unterschieden davon. Wie sollte ein bisschen Welle, den Ozean ändern? Es ist noch nicht mal der www.erleuchtung.jetzt Hauch einer Bewegung zu spüren. www.DerKleineBuddha.de www.netzwerk-erleuchtung.de

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Dein Leben: das größte Geschenk, das du dir machst Das Leben als Mensch hier auf diesem Planeten ist das größte Geschenk. Nur durch dieses Leben haben wir die Chance zurückzukehren zum Gewahrsein unserer wahren Natur. Aus welchem Traum sonst sollten wir erwachen, wenn nicht aus diesem Lebenstraum. Das ganze Leben ist ein einziger Weckruf zurück zum Bewusstsein, was wir wirklich sind, dass wir unend- lich sind, unsterblich, reines Bewusstsein, Liebe, Glückseligkeit und Frieden…Unser Leben ist unser individuelles Konstrukt, das auf unseren spezifischen Unwissenheiten beruht, und das uns gnädig, gütig, wohlwollend den Weg zurückweist, indem es immer uns selbst widerspiegelt, uns zeigt, was wir noch nicht über uns wissen. Das Leben ist gütig, unendlich intelligent, und voller Liebe. Leider wird es meist falsch verstanden. Es wird nicht gesehen als das, was es ist, ein Ausdruck, eine Veräuße- rung von uns selbst, sondern als etwas, was getrennt von uns ist. Als etwas, was teils schicksalshaft daher kommt, worauf wir keinen Einfluss haben. Doch wir haben Einfluss, denn in Wahrheit sind wir der Schöp- fer unseres Lebens. Und wir sind die Schöpfung. Wer sonst? Es gibt nur DICH. Zunächst erschaffen wir unsere Realität unbewusst. Die Wahl unserer Eltern z.B, das ganze Setting erschaffen wir uns, gemäß unserer Unwissenheiten über uns selbst. Wir erzeugen genau das Umfeld, was wir brauchen, um am schnellsten wieder zu dem zurückzukehren, was wir wirklich sind. Nur sehen wir das nicht. Es bringt uns niemand bei, ganz im Gegenteil, wir werden sogar eher dahingehend trainiert, dass wir uns von uns entfernen. Wenn uns jemand sagen würde, wie das Spiel hier funktioniert von Anbeginn unserer Inkarnation, dann wäre sehr viel Leid erspart. Wir würden dann wissen, dass wir unser Leben sind, und könnten es, und damit uns, in Liebe erforschen. Unsere Unwis- senheiten würden verschwinden und unsere wahre Natur als

24 25 reines Bewusstsein sich offenbaren. In diesem wahren SELBST grammiert. Während dieses Prozesses, stehst du mit einem Bein gegründet, wenn jeder Winkel in uns erleuchtet ist, werden wir in der relativen Welt und mit dem anderen Bein im Absoluten. dem Leben, welches wir selber sind, in Dankbarkeit, Demut und Du lebst und erfährst die Gleichzeitigkeit von Dualität und Hingabe „begegnen“ und wissen: es ist ein göttlicher Akt. Wir Nicht-Dualität als das EINE, das du bist. GANZHEIT. „Gott“ sind der göttliche Akt. Wir, als das EINE, sind die Schöpfung. ist auf die Erde gekommen, bzw. es ist erkannt und die per- manente Erfahrung, dass alles „Gott“ ist. Es gibt nur „Gott“, Der Begriff „ Erwachen“ reines Bewusstsein, das SELBST, Gewahrsein, Präsenz, wie auch immer man es nennen will. Es ist wie eine neue Geburt, Der Begriff des Erwachens wird vielfältig verwendet, und ich ein zweites Leben in demselben Körper in tiefem Frieden und denke, es ist sinnvoll genau hinzuschauen, was in den einzelnen Gelassenheit und einem neuen Bewusstsein. Fällen genau damit gemeint ist, bzw. was sich dahinter für ein spezifischer Bewusstseins- bzw. Seinszustand verbirgt. Vielleicht kann man dazu sagen, dass in diesem neuen Bewusst- seins- und Seinszustand transzendentales Bewusstsein perma- Erwachen wird z.B. bezeichnet als das plötzliche Aufwachen aus nent vorhanden ist. Und dieses permanente transzendentale dem Traum. In diesem Moment des Erwachens trittst du voll- Bewusstsein bewirkt, dass das kleine Ich zum großen Ich, dem ständig heraus aus der Wahrnehmung der relativen Welt, in dem universellen ICH, transformiert wird. Alle Anhaftungen werden du eintauchst in das absolute „Nichts“, das reine Bewusstsein, mit Hilfe des gleichzeitigen Standpunktes außerhalb der relati- und dann unwiderruflich weißt: Die Welt ist Maya, Täuschung. ven Welt geschaut und gelöst. Sie existiert in DIR, du erzeugst sie in jedem Moment, sie hat keine aus sich selbst heraus bestehende, von dir getrennte Exis- Man kann auch sagen, dass bei dieser Art des Erwachens, die tenz. Das, was du geglaubt hast zu sein, diese begrenzte Person, Erkenntnis des Advaita Vedanta (die Erkenntnis der Nicht-Zwei- bist du nicht. Es gibt keine Schöpfung. Es gibt nur DICH als heit/Nondualität), unzweifelhaft und sehr transformativ in das reines Bewusstsein. Bewusstsein kommt und diese Erkenntnis dann in einem mehr oder weniger langen Prozess verwirklicht werden wird. Diese Diese tiefe Erkenntnis/Erfahrung wird als Erwachen bezeichnet. Art des Erwachens scheint durch die Eingebung der Erkenntnis Wenn dir dieses Erwachen widerfährt, fällt dir eine große Last des Advaita Vedanta, wie eine Vorwegnahme, ein Impuls, eine von den Schultern, alle Anstrengung fällt ab, große Erleichterung Erkenntnis des „Endziels“, wo die Reise für den Menschen hin- tritt ein, eventuell begleitet von großem Gelächter. Die Suche ist geht, einen beschleunigten Prozess in Gang zu setzen, der jetzt beendet. Diese Erfahrung, wenn sie tiefgreifend ist und unwi- in diesen Zeiten einen großen Sprung des Bewusstseins initiiert. derruflich, bringt einen Prozess des Loslassens und Erleuchtens in Gang. Jeder Glaube in dir, der noch an diese Welt als real und Nun gibt es aber auch andere Arten von Transzendenz- und getrennt von DIR glaubt, wird im Sinne der neuen Erkenntnis Erwachenserfahrungen, in denen nicht die Erkenntnis des Advai- überprüft und widerlegt. ta Vedanta (Nicht-Zweiheit/Nondualität) gegeben ist. Da sind Das geschieht nicht rational, sondern ganzheitlich im Fluss des vielmehr Erfahrungen von Weite und Unbegrenztheit, Glück- Seins und umfasst auch alle Ebenen des Seins: die rationale, seligkeit und Frieden, Erfahrungen von Nichts, von Fülle und emotionale und körperliche Ebene, sowie die systemische und absoluter Freiheit, klares Sehen, vorübergehender Egolosigkeit universelle Ebene im späteren Verlauf. Es ist, als werde jede und auch Wahrnehmungsveränderungen, die auftauchen und Zelle von dieser neuen Erkenntnis durchdrungen und umpro- wieder vergehen. Es wird hier allerdings keine unwiderrufliche

26 27 Erkenntnis gemacht. Jedoch bleibt die eindrückliche Erinnerung Unkenntnis und das Vergessen-haben deiner wahren Natur als an die Erfahrung. reines Bewusstsein (das wahre Selbst), denn wenn dies wieder- Hier scheint es so zu sein, dass durch solche Erfahrungen gege- erkannt wird, dann fliegt jede andere Unwissenheit ganz natür- benenfalls eine Neuausrichtung initiiert wird, die die Gewiss- lich beiseite und lüftet ewiglich die Schleier, die dich jetzt noch heit, diesen Weg weiter zu gehen, festigt und vorantreibt. hindern am SEHEN. Dann aber siehst du, was wirklich ist, und Auch das ist sehr transformativ und empfiehlt die Ausübung du siehst den Ursprung der Schöpfung in dieser Quelle von weiterer Techniken, Praktiken, Übungen, um diese Transzen- Formlosigkeit, und du siehst, dass auch du diese Quelle bist, denzerfahrungen zu stabilisieren. Vielleicht könnte man dies als und es nur diese Quelle gibt. Das erzeugt Demut, Hingabe und eine Art Aufwachen bezeichnen, erste Erfahrungen von Tran- Ehrfurcht vor diesem Mysterium Schöpfung und ist der Quell szendenz, die vielleicht bestätigen, was immer schon unsere ewiger Glückseligkeit und Frieden. Ahnung war. Durch „Anhalten“ lösen wir unsere Unwissenheiten auf, die die Das Getrenntheitserleben erzeugt den Glauben an ein mate- Ursache für unser Getrenntheitserleben ist. Unwissenheit ist rialistisches Weltbild eine selbsterschaffene Trennung, Abspaltung und auch Prägung. Sie verursacht unsere Projektionen im scheinbaren Außen als Die Unwissenheit über deine wahrhaftige Natur als reines Spiegel unseres unbewussten Seins und erscheint uns dann Bewusstsein erzeugt das Gefühl von Getrenntheit. Es erzeugt als Schöpfung. „Anhalten“ geschieht dann, wenn wir uns vom die täuschend echte Wahrnehmung, ein abgetrenntes Individu- „Außen“, von unseren Projektionen abwenden und uns SELBST um zu sein, das sich als auf seinen Körper beschränkt wahr- zuwenden. Durch Selbstrückbezüglichkeit halten wir an und nimmt. Es nimmt sich wahr als ein kleines Menschenwesen in haben die Möglichkeit, die Unmittelbarkeit des Augenblicks zu dieser großen Welt. erfahren, die uns unsere wahre Natur offenbart. Eine ganze Gesellschaft festigt diesen Glauben und schafft damit diese Art von Kultur, wie sie jetzt ist: eine Gesellschaft, die STILLE. völlig einem materialistischen Weltbild aufsitzt und sich immer Verbleiben wir in der Erfahrung unser wahren Natur, tauchen wir weiter von sich selbst entfernt, von dem Gewahrsein, was die in die Unbestimmtheit des Urgrundes ein und ermöglichen eine Welt und jeder selbst eigentlich wirklich ist. Dieses Nichtwissen stimmige Schöpfung, in Leichtigkeit und Frieden. Wir ermögli- verengt den Blick und das Erleben in der Art, dass wir glauben, chen dadurch Auflösung der Unwissenheiten, da durch das Ein- die Materie existiere aus sich selbst heraus, unabhängig von uns. tauchen in das Feld der Unbestimmtheit und der Formlosigkeit, Wir glauben wir seien getrennt von der Schöpfung und anderen Muster, Selbstbilder und Weltbilder nicht mehr bestehen bleiben Wesen, weil wir durch unser eigenes begrenztes Bewusstsein können, sich verändern und auflösen. Auch die scheinbare Welt nur einen entsprechend kleinen Ausschnitt wahrnehmen können. um uns herum wird dadurch deutlich beeinflusst. Formlosigkeit Durch diese Entfernung vom wahren Selbst, also dem Vergessen ist bedingungslose Liebe, sie hält nichts in seiner Form, sondern um unsere eigentliche Natur, entsteht Chaos und Leid. Unwis- lässt frei und ermöglicht Transformation und das Transzendie- senheit ist die Ursache von Leid, weshalb es so wichtig ist, ren von Identifikation. zu diesem Selbst zurückzufinden, um dann in Leichtigkeit die natürliche Ordnung sich wieder herzustellen zu lassen. Unwissenheit bezieht sich demnach in erster Linie auf die

28 29 Die persönliche Realitätsblase erkennen und aussteigen sogar dafür, dass es so ist, auch wenn uns das nicht bewusst ist. Und gleichzeitig haben wir die Entscheidung, aus diesem Traum Viele Menschen denken, dass die Welt, wie sie ihnen erscheint, zu erwachen. Jeder Einzelne erschafft sich immer die idealen die Realität ist, die sie mit allen anderen Menschen teilen, eine Bedingungen für sein Erwachen. Das muss ja nicht in diesem allgemeingültige Realität. Es ist ihnen nicht bewusst, dass sie in Leben geschehen. einer ihnen gemäßen, ganz individuellen Realität leben. Jedes Leben und Tod sind nicht wirklich real. Leben und Tod erschei- einzelne Individuum kreiert von der Zeugung an und auch schon nen in DIR, in dem, was du bist. Wir haften an der Idee und der vorher, seine eigene Realitätsblase. Diese spezielle Realitätsbla- Vorstellung von Leben und Tod, wir denken, das sei real. Und se beinhaltet alle Meinungen, alle Überzeugungen, Glaubens- mit jeder rauschenden Geburtstagsfeier oder jedem Geburtstags- sätze, das eigene Selbstbild, das Weltbild, sämtliche Bewer- gedenken, das in festem Glauben daran geschieht, manifestieren tungsschemata und Denkkategorien zur Einordnung der sich wir die Idee von Sterben in uns. ereignenden Dinge. Haben wir durch das Erwachen die persönlich begrenzte Reali- Diese Blase erzeugt ein Gefühl von Sicherheit, Geborgen- tätsblase verlassen, fällt auch die Idee der Sterblichkeit von uns heit und Dazugehörigkeitgefühl und dient ganz natürlich dem ab. Unser wahres SELBST kann nicht sterben. Wunsch zu Überleben. Nur mit Hilfe dieser von jedem Einzel- nen auserwählten Schemata, scheint alles unter Kontrolle gehal- Was können wir also tun, um auszusteigen aus diesem ten werden zu können. Gefangensein? Erwachen ist der Moment, in dem wir aus dieser Sicherheit unse- rer persönlichen Realitätsblase aussteigen und uns in vollem Wir können uns selbst erforschen. Wir haben die Wahl, uns zu Bewusstsein erkennen als die REALITÄT, die jenseits der uns entscheiden, unsere Realitätsblase zu erforschen und zu ver- bekannten, relativen Realität IST. stehen: Wie agieren wir in der Welt? Was sind unsere Motiva- Aufgrund der unwiederbringlichen Erfahrung unseres wahren tionen, Dinge zu tun oder gerade nicht zu tun? Woran halten SELBST verliert sich die Notwendigkeit unsere begrenzende wir fest? Woran glauben wir und wozu tun wir das? Was habe Sicherheitsblase aufrechtzuerhalten. Wir lassen sie hinter uns, ich für Meinungen und Annahmen über mich und andere? Was wir transzendieren sie, überschreiten sie und verlassen damit die davon könnte einfach losgelassen werden, um im einfachen uns bekannte Welt, die sich aus der Sicht der Realitätsblase als SoSein zu verweilen? Welchen Annahmen folge ich, ohne sie zu aus sich selbst heraus bestehend und getrennt von uns darstellt. hinterfragen? Ursächlich für das Kreieren der persönlichen Realitätsblase, ist Wenn wir unsere Realität durchschauen und verstehen, lösen das Erleben und die Vorannahme von Getrenntheit, die Annah- wir unsere Anhaftung und unser zwanghaftes Agieren auf. Wir me, dass ich als getrennte Individualität in dieser Welt lebe: Die lockern und lüften die Schleier, die uns hindern die Wahrheit Welt ist groß, ich bin klein, und viele andere Wesen gibt es auch zu sehen und geben der befreienden Erkenntnis Raum, in uns noch, und die sind nicht alle immer freundlich und wohlgeson- aufzutauchen. nen. Da muss ich mir ganz natürlich Meinungen bilden, Selbst- und Weltbilder zulegen, um in dieser Welt mit meiner Vorannah- Das radikale Okay als vollständige Hingabe an das, me des Getrenntseins überleben zu können. Dieses Erleben von was jetzt ist Getrenntheit ist ein Charakteristikum unserer Epoche, was wir scheinbar hier so vorfinden, was jedoch jeder einzelne kreiert, Wenn wir es schaffen, uns dem Leben, wie es erscheint, voll- mitträgt und weitergibt. Und besser noch: wir entscheiden uns kommen ohne Widerstand hinzugeben, kehrt Frieden und Glück-

30 31 seligkeit ein. Dieses Sein ohne Widerstand, das radikale Okay Frieden mit dem Leben zu kommen, alles anzunehmen, was auf- für alles, was ist, ist eine Folge von Erwachen, dem Erkennen taucht als Manifestation. Das ist nicht immer leicht, besonders deiner wahren Natur. Das radikale Okay ist dann dein Seinszu- dann, wenn viel Leidvolles auftaucht. stand ohne ein Zutun. Manifestation findet jedoch nicht unabhängig von dir statt. Du Durch die Erfahrung dessen, was du wirklich bist, fällt jegli- bist die Welt, auch wenn du es jetzt nicht so erfährst, die Welt ist cher Glaube an das getrennte Sein weg, sodass nichts mehr ein mentales Konstrukt und wird durch dich in jedem Moment im vermeintlichen Außen verbleibt, das du von dir fern halten geschaffen. Das, was du bist, ist in jedem Moment schöpfend müsstest, vor dem du dich schützen müsstest. Denn alles, was tätig. Deine unbewussten Intentionen erschaffen deine Realität. erscheint, taucht in dir auf und ist gleichsam du selbst. Du hast Das, was du glaubst, erschafft sich durch deinen Glauben daran. den Aspekt der Ewigkeit, die du selber bist, erfahren, und das Glaubst du an die Welt und an deine Geschichte als das, für was lässt dich nicht mehr los. Die Stille, das Unveränderliche, das du sie hältst, wird sie in deiner Erfahrung genauso erscheinen. du bist, tritt mehr und mehr in deine alltägliche Erfahrung, mehr und mehr Frieden kehrt ein, und der Verstand kommt vollständig Das widerspricht scheinbar der Aussage: „Du bist nicht der zur Ruhe. Der Verstand hört auf zu kommentieren, zu bewerten, Handelnde.“ Dies ist völlig richtig, denn beim Erkennen deiner in Schubladen zu sortieren. Diese Tätigkeit des Verstandes, die wahren Natur erkennst du, dass es nur das EINE gibt. Nicht du darauf abzielt alles unter Kontrolle zu halten, ist unnötig gewor- als begrenzte Person bist, sondern ES ist. Die Erfahrung der den. Dein Handeln erfährt Befreiung, da du nicht mehr aus der Handelnde zu sein, als das kleine Ich, verschwindet. Das Zent- begrenzten Sicht und Kontrolle des Verstandes heraus handelst, rum, auf das sich das Handeln bezieht, löst sich auf. Jetzt bist du sondern jenseits davon aus der Stille des Seins, aus der Ganzheit frei jenseits von Unbewusstheit zu manifestieren, aus der Ganz- heraus. Was gibt es zu verlieren? Was gibt es zu gewinnen? heit, aus dem SELBST heraus. Du bist nachwievor der Handeln- Der Stille, die du bist, gibt es weder etwas hinzuzufügen noch de, nur bezieht sich dieses „Du“ nicht mehr auf die begrenz- wegzunehmen. Du lebst das einfache Sosein ohne Gedanken. Da te Person, das kleine Ich, sondern auf die Unbegrenztheit, das taucht auch kein Gedanke von Okay auf. Du bist das Okay, ein- Absolute, was Basis aller Schöpfung ist und gleichzeitig auch fach da, und dein Sein ist vollständige Akzeptanz ohne irgendein die Schöpfung ist, du SELBST. Zutun. Durch den erfahrbaren Zustand des Ungetrennt-Seins, Vorher kreiert dein Unbewusstes deine Lebenssituationen, und verlässt du die Ebene der Dualität, die dazu führt, dass Dinge es ist gut zu wissen, dass die Situationen mit dir selbst zu tun überhaupt in der Wahrnehmung auftauchen, die du dann ableh- haben. Trenne dich nicht von der Schöpfung ab, sondern schau nen oder annehmen könntest. Das radikale Okay für alles, ist hin in bezeugender Hingabe. Das nicht wertende, bezeugende also eine Folge vom Erwachen, ganz natürlich, und damit ver- Gewahrsein erzeugt in der Erfahrung einen unendlich weiten wandelt es sich von einem Tun zum Sein. Raum, der in Liebe alles in sich aufnimmt, was sich zeigt. Ein radikales Okay entsteht. Das radikale Okay vor dem Erwachen Mach dich bereit für das Erwachen Nun kannst du jedoch vor dem Erwachen das radikale Okay als eine Art Technik praktizieren. Das setzt voraus, dass du dich Bleibe dir selbst, deinem Innenraum stets gewahr und bezeuge, in Trennung zur Welt erlebst, und das ist gewöhnlich der Fall, was sich zeigt, ohne etwas dafür oder dagegen zu tun. Bleib still wenn der Ausstieg aus dem Traum durch das Erkennen deiner und nimm wahr. wahren Natur noch nicht geschehen ist. Es geht dann darum in Das heißt nicht, dass dir alles gefallen muss, was da auftaucht, es

32 33 wird einfach bezeugt und anerkannt, dass es da ist. Die beurteilende Verstandestätigkeit verengt den Raum und den Blickwinkel und lenkt dein Handeln in eine bestimmte Rich- tung, nämlich die, die durch deine individuellen Prägungen und Konditionierungen vorgegeben ist. Die Prägungen bestimmen deinen Glauben/Glaubenssätze, und der Glaube erschafft das Geglaubte. Das ist deine Schöpfung. Meist unbewusst. Durch das radikale Okay kehrt Frieden ein und diese Hinga- be und Akzeptanz schafft den Raum in dir, Unbewusstes ins Bewusstsein zu bringen. Hier geschieht dann Erkenntnis und Transformation. Alte Glaubenssätze verschwinden, und das ver- ändert deine Schöpfung. Das radikale Okay bereitet dich bestens für den Moment des Erwachens vor, in dem sich das eine als das andere erkennt und dann in deiner Erfahrung stets eins ist.

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34 35 Jörg Wedereit

Lichtnahrung – die Transzendenz des Körperlichen Jörg Wedereit über seinen Prozess zur Lichtnahrung, über die Transzendenz des Körperlichen, über die Hingabe an Gott und die Transformation in immer tiefere Bewusstseinsebenen.

Sind wir nun unser Körper oder nicht? Ja, du bist dein Körper, aber du bist auf keinen Fall dein Körper. Ich beginne erst einmal mit der Gnade der Nahrungslosigkeit. Für uns Menschen zeigt sich unser Körper als ein fest lebendi- ges „Ich Selbst“. Auf dem Weg der Selbsterforschung tauchen wir in immer tiefere Bewusstseinsebenen und können erkennen, dass der Körper verdichtete Energie und Information in einem permanent veränderten Prozess ist. Auch wird uns bewusst, dass wir diesen Energiekörper haben, um in der Welt zu sein und zu wirken. Da wir ihn in tieferen Bewusstseinsebenen beobachten können, erkennen wir, dass wir aber nicht dieser Energiekörper sind. Auch die herkömmliche Nahrung besteht ausschließlich aus verdichteten Energien und Informationen und in den oberen Bewusstseinsebenen glauben wir aus der Identifikation mit unse- rer Person heraus, dass wir feststoffliche Nahrung zusätzlich brauchen, um zu existieren. Wir sind aber mit allem, dem gesamten Universum verbunden und somit auch mit der Nahrung. In jedem Moment stehen wir mit allem im ständigen Informations- und Energieaustausch und erhalten somit genau das, was wir in ausgewogener Menge, in genau unserem Bewusstseinszustand benötigen. Dieser Energie- körper erscheint uns mit ca. 80 Billionen Körperzellen. Spätes- tens mit dem Hinweis, dass ein Leberwurstbrot wohl kaum die Energie und Information für sämtliche benötigten Steuerungs- sowie Stoffwechselprozesse dieses Energiekörpers mitbringen kann, könnten wir uns vorstellen, dass wir wohl noch andere Energien empfangen.

36 37 Lichtnahrung – Prozess der göttlichen Hingabe eine Zeit des Glaubens zum Wissenden werden. Zu Beginn des Prozesses ist ein Erkennen in mir passiert, das durch ein wahr- Die Transzendenz, das Lösen von der Nahrungsaufnahme, pas- haftes Erleben von Gott ein bedingungsloses Vertrauen entste- siert meist eingebunden in einem tiefen Prozess der Hingabe, hen ließ. Drei Wochen voller extremster Schmerzen im gesamten in dem du dich mit deiner gesamten wahrnehmenden Existenz Körper wurden regelmäßig von kurzen Gotteserfahrungen unter- für Gott zur Verfügung stellst. Das Erleben, dass Gott dann für brochen, um dann sofort wieder in starken Schmerzen zu wirken. dich sorgt, transzendiert diesen Glauben der zusätzlichen Nah- Am fünften Tag geschah etwas Unfassbares, das sich aber auch rungsaufnahme. Dieses kann, wie ich es erleben durfte, auch mit vertraut angefühlt hat. Ich nahm die Präsenz von Gott so intensiv dem identifiziertem Geist passieren, aber die gesamte Tragweite wahr, dass ein Erleben meiner Hingabe an ihn sich in einem lich- dieser Gnade wird dir wohl erst bewusst, wenn auch der Geist ten Verbundensein zeigte. erwacht ist. Meinen Körper nahm ich zu dieser Zeit noch nicht als Energie Der Prozess zum Licht ist so komplex und zeigt sich so vielseitig wahr und erlebte daher das Folgende als mechanisch lebendi- in jedem Wesen, dass wir nur von eigenen oder ähnlichen Weg- gen Umbau. Wie von tausenden kleinen Kinderhänden wurden strukturen schreiben können. Die Nahrungslosigkeit ist zwar ein alle Organe wie teils repariert, umgebaut und geheilt. Völlig wunderbar gnadenvolles Erleben, aber es ist nur ein Aspekt auf schmerzfrei wurde der gesamte Körper neu definiert. Diese Vor- dem Weg zum Licht. gänge waren durch Bewegungen unter der Haut äußerlich sicht- Die Aussage, dass wir Geist sind und nicht unser Körper, ist wahr. bar und wurden auch von meiner damaligen Lebensgefährtin Da aber Benennungen in jeweils unterschiedlichem Kontext ver- Maria beobachtet. standen und oft zu kurz interpretiert werden, werden sie vom Am letzten Tag im Prozess, als die Schmerzen kaum mehr aus- Sprecher oft anders erlebt, als vom Hörer. Ja, wir sind nur Geist, haltbar waren, steigerten sie sich weiter, um dann wie durch ein aber dieser drückt sich als von uns wahrgenommener Geist und schwarzes Loch in der Mitte meiner Stirn in mich hinein zu strö- Energiekörper aus. Ein alles verbundener Geist beobachtet den, men. In diesem Moment, als alle Schmerzen in mir drin waren, wenn du so willst, individuellen Geist und Körper. Umso mehr erschien ein allumfassendes Licht, begleitet mit Stille, Frieden der individuelle Geist und Körper nun von allem geheilt, also und Liebe. transformiert ist, umso mehr findet die Wahrnehmung aus dem alles umfassenden Geist, Gewahrsein oder Bewusstsein statt. Der Prozess war zu Ende und nichts von dem, was ich erlebt habe, konnte ich mit meinem mein Verstand begreifen. Ich wusste Natur ist, die verlorene Bewusstheit der höheren Einheit wieder nichts von Aufwachen, Erleuchtung oder Selbsterforschung. zu finden und wenn es auf deinem Zettel steht, dich von der fest- stofflichen Nahrung zu lösen, dann wird dir diese Gnade in deiner Ok, ich war nun nahrungslos, aber sonst nahm ich keine weite- Forschungsreise in den Tiefen des Bewusstseins passieren. re Veränderung bewusst wahr. Erst als ich einige Wochen später meiner Lehrerin Padma begegnete und ich in ihrer Präsenz saß, Der Lichtnahrungsprozess beobachtete etwas in mir, dass sie sich in meiner Wahrnehmung im Raum auflöste und der weite Frieden, den ich am letzten Tag Ich selbst erlebte in meinem dreiwöchigen Lichtnahrungsprozess im Prozess erlebte, wieder da war. im April 2012 den kompletten Umbau meines Energiekörpers. Die Gebete vor dem Prozess ließen mich vom Atheisten über Wieder einige Wochen später, nach vielen Einzel-Darshans mit

38 39 ihr, fiel ich während eines Vortrags meiner Lehrerin über das ten, ist ohne die Transformation des als Körper manifestierten „zum-Sterben-hinlegen“ von dem siebzehnjährigen Ramana Bewusstseins nicht möglich. Es ist der Teil des Bewusstseins, erneut für drei Tage in dieses allumfassende stille Licht. Der durch den Gott sich zeigt. Der Körper ist die energetisch mani- Vortrag ließ mich erkennen, dass es in meinem Lichtnahrungs- festierte Matrix, das Spielfeld, das Wurmloch zum Licht. prozess um das völlige Sterben von allen Konzepten, Ideen und Glaubensmustern, die in meinem Energiekörper gespeichert Wenn du Fußballspielen möchtest, brauchst du das Spielfeld, du waren, ging. Es war ein Schatten-Heilungsprozess des mani- bist es aber nicht. Selbst wenn ich aus meinem Gewahrsein beob- festierten Bewusstseins als Körper. Während des Vortrags und achte, beobachte ich in den oder aus dem Energiekörper, der alle des Zustands des Erkennens erwachte mein identifizierter Geist Erscheinungen mit dem Nichts verbindet. schließlich aus dem Traum und um diese gnadenvolle Präsenz Heilung und Umbau des Energiekörpers durch Lichtnahrung zu stabilisieren, besuchte ich meine Lehrer Padma und Torsten einige weitere Monate in der Stille. Seit dem – jetzt sind es vier Meine energetischen Beobachtungen zeigen sich immer intensi- Jahre – nehme ich ausschließlich Wasser mit Geschmack, wie ver und dann kam die Woche im März. Schon länger wusste ich, zum Beispiel Tee, klaren Saft und Sojadrink zu mir. dass es passieren würde, aber nicht wann und was der Impuls im Gepäck haben wird. Ein tiefer und klarer Impuls, ab sofort Der Körper als Wurmloch zum Licht keine Sojamilch mehr zu trinken. Auch ahnte ich, dass das nur Aus der weltlichen Sicht und aus der Sicht der bewusst-losen die Oberfläche ist und dass es in diesem Impuls um etwas Tiefe- Wissenschaft wird oft nur der Grad der Nahrungszufuhr betrach- res geht. Also trank ich ab Mittwochabend (09.03.16) drei Tage tet. Ja, da sind auch Kalorien drin, die man als eine asketische keine Sojamilch, aber etwas Tee und Wasser mit etwas Birnen- Ernährungsform sehen kann, um das eventuelle Wunder zu saft. Ich meinte, an der Süße mit leichten Entzugserscheinungen bewerten. Verlässt man aber in der Betrachtung die Oberfläche, anzuhaften, was sich aber gar nicht bestätigte. erkennt man, dass es nur ein Ausdruck einer neuen Bewusst- Mein Gewicht verlor die ersten zwei Kilogramm und ich nahm seinsebene ist, die sich so in der Erscheinungswelt zeigt. Auch immer mehr wahr, dass meine Wahrnehmung sich weiter vertief- passiert das Verabschieden von der herkömmlichen Nahrungs- te. Am vierten Tag dann die Überraschung: Es begann ein Tag aufnahme immer komplett und nicht z. B. nur zu 88%. Für den voller Schmerzen – genau wie beim Lichtnahrungsprozess. Ich Körper spielt es keine Rolle, ob in der Flüssigkeit etwas enthal- bekam unbeschreibbare migräneartige Schmerzen der rechten ten ist. Er schickt alles, was ich trinke, ohne es zu beachten direkt Gesichts- sowie Kopfhälfte und der ganze Körper verkrampfte in die Blase. und bewegte sich. Ich nahm eine Migräne-Tablette und später Nun ist es aber ja nicht unbekannt, dass jeder, der etwas bewer- auch Globulis, die Maria Groß für mich erspürt hatte. tet, wie hier beispielsweise die Wissenschaft, natürlich in ihrem Als sich gar nichts änderte, war mir bewusst, dass Migräne nur selbst erlebten Rahmen gefangen ist. Ein Verstehen ist aber erst ein Begleitschmerz war. Wieder war es ein Tag, in dem mein wirklich möglich, wenn unser Erleben in einem ähnlichen Kon- Energiekörper radikal geheilt, umgebaut und transformiert wurde text steht. Es geht nicht um Glauben, sondern nur darum, eine und wieder mit kaum auszuhaltenden Schmerzen. An diesem Tag Inspiration zum Erahnen der eigenen wahren Natur zu erhalten. trank ich etwas Wasser mit Saft und gegen Mitternacht wandel- Die völlige Lichtdurchlässigkeit, also das allumfassende Erleuch- ten sich die Schmerzen langsam in einen Zustand, als wenn der gesamte Körper sanft betäubt würde. Völlig erschöpft schlief ich

40 41 dann mit einem völligen Einverstanden sein, was noch passieren Grenze durchschritten. Der Körper steht nicht mehr für Gottes würde, ein. In mir war eine tiefe Klarheit, dass ich ab diesem Erscheinungsspiegel zur Verfügung. Fertig. Moment keine Flüssigkeit mehr zu mir nehmen würde. Es ist in mir eine Entscheidung passiert und ja, wer hat denn da Der fünfte Tag begann schmerzfrei, klar und mit einer weiten, entschieden? Die Antwort wäre zu komplex und wohl fast nicht tiefen Präsenz. Außer an die Quelle des Lichtes, in dem Maria zu beschreiben, aber ich kann sagen, dass es ein Gremium aus und ich in einen radikalen, transzendenten Prozess eingebunden vielen wahrnehmenden und beobachteten Impulsenergien war, waren und noch sind, nahm ich zwar leichte weltliche Interessen die zu einem einzigen Impuls zusammenflossen, der wiederum und körperliche Bedürftigkeiten wahr, aber keinerlei Anhaftun- bewusst wahrgenommen wurde. Die Energie, die sich aus dem gen daran. All dieses, also sämtliche Interessen, Lust oder körper- gesamten Bewusstsein heraus zu einem Teil verdichtet und sich liche, konditionierte Bewegungen kamen in zwei Tagen langsam als Geist-Körper-Prozess wahrnimmt, ist nun für mich bis zum zum fast völligen Stillstand. Im selben Maße, wie die gesamte einzelnen energetischen Zell-Impuls wahrnehmbar. Welt inklusive der körperlich- weltlichen Bedürfnisse zum Still- stand kamen, stieg im unbeschreiblichen Maße die Weite und Vielleicht steht es auf deinem Zettel, diesen Prozess ein Stück- Dichte meiner eigenen Präsenz in meine Wahrnehmung. chen zu erleben und vielleicht auch bis ins erleuchtete Sein, aber hat das, was dieses hier liest, überhaupt eine Wahl? Am Mittag des dritten Tages ohne Flüssigkeitszunahme nahm ich den Zustand des völligen Lichtes wahr. Ich hatte sechs Kilo- Erlebtes Leben in unseren Bewusstseinsebenen trägt die Infor- gramm Flüssigkeit ausgeschieden, die Welt war nur noch im mation in sich, diesem Prozess zu folgen und da es kein Ende Nebel wahrnehmbar und es gab weder einen Grund noch einen gibt, gibt es auch kein Ziel zu erreichen. Wir können beobach- Impuls, warum ich jemals wieder von diesem Sofa aufstehen ten und annehmen und auf die Informationen lauschen, die unser sollte. Als einzige Wahrnehmung war nur noch der Einheitspro- Energie-Geist-Körper erzählt. zess mit Maria geblieben, als sich plötzlich ein Raum der Ent- Und? Stellt sich nun noch die Frage, ob wir nun unser Körper scheidung in mir öffnete. Ich hatte die Wahrnehmung, dass etwas sind oder nicht? in mir entscheiden sollte, ob ich für diesen Zustand des völligen Lichtes bereit bin, diesen Prozess mit Maria loszulassen. Nun Nein, wie schon erwähnt, können wir ihn beobachten und daher ging es also um die Entscheidung, den bi-transzendenten Prozess sind wir es nicht. Aber mit diesem Erkennen erkennen wir auch weiter fortzusetzen, in dem Maria und ich von Gott zum gespie- – wenn uns der Prozess weiter führt – dass dieser Körper die gelten Ganzen einander transzendieren, oder eine Abkürzung ins Grundlage aller Wahrnehmungen, Spiegelungen und Beobach- Licht zu nehmen. tungen ist, die uns Gott reicht. Dieser Körper ist von Anfang bis Ende das Spielfeld für den Prozess der Befreiung und daher findet Auflösen der körperlichen Bedürftigkeit kein Befreiungsprozess statt, ohne ihn ernsthaft einzubeziehen. Dieser Prozess lebt von den allen annehmenden Wahrnehmun- In den drei Tagen wurde mir bewusst gezeigt, wie sich die letz- gen und der Beobachtung dessen. Beim willensfreien Beobach- ten körperlichen Bedürftigkeiten auflösen und sich dadurch ten passiert dann ein Erkennen, oder besser ausgedrückt: ein die Gesamtheit aller Erscheinungen transzendiert. Das gesam- Wiedererkennen vom Universellen Wissen. te erscheinende Leben ist durch das Wasser bedingt. Trennst du dich davon, ohne den Energiekörper zu zerstören, ist diese Ja, ein Erkennen ist kein Verstehen, sondern der, der beobachtet, erkennt, dass er es schon immer wusste. Ein Verstehen findet erst

42 43 im Nachhinein und nur vom Verstand, wenn du wieder an der einlässt, wird – und das kann ich versprechen – regelmäßig einen Oberfläche bist, statt. Der Verstand, der alles staunend und hin- Geschmack von dem bekommen, was ich Gottes „Prozess-Insze- gebungsvoll mit angesehen hat, kann es in Gesprächen und in der nierung“ nenne. Du nimmst es als fantastische Inszenierung wahr Reflexion nun versuchen, zu verstehen. und gleichzeitig wird dir die Welt mit allem Licht und Schatten so intensiv um die Ohren gehauen, dass das, was in dir wahr- Gottes „Prozess-Inszenierung“ – das Tor zur Transzendenz nimmt, die Transzendenz direkt beobachtet. Etwas Neues passiert nun in meinen Beobachtungen. Es gibt Dein Verstand schaut gleichzeitig in Schockstarre zu und kann einen Unterschied in den zu transzendierenden Bedürftigkeiten. es nach wie vor nicht fassen, wie sich dein Seinsausdruck immer Zum einen sind da Bedürftigkeiten, wie man in der Welt wirkt intensiver in der Vollendung von Hingabe übt. Es ist, als wenn du und was man dafür meint zu brauchen, die trotz des erwachten im Kino einen Horrorfilm gleichzeitig mit einem Liebesfilm auf Seins noch vereinzelt wirken, wenn man sich mit Ehrlichkeit derselben Leinwand siehst und du den Zusammenhang erkennst. spiegelt. Wir wirken mit unserem Körper auf dem Spielfeld dieser Welt. Und dann sind da die Bedürftigkeiten, die mit dem Körper in der In allem, was du wahrnimmst, siehst, hörst oder spürst, ob es Welt verklebt sind. Das sind zum Beispiel Hunger, Durst, Aus- sich nun als Ärger, Angst, Leid, Schmerz oder Krieg zeigt, oder scheidung, Schlaf, Lust, Bewegung und am Leben bleiben. Und als Freude, Harmonie, Liebe und Verbundenheit – es ist immer da ist es wieder: Wenn wir nicht unser Körper sind, ist es im Pro- Gott, der sich ausdrückt. Gott spielt dir dein Innen-Leben wie zess der Erleuchtung denn auch als natürlich vorgesehen, auch ein Schauspiel vor und wenn du erkennst, dass es dein momen- diese Bedürftigkeiten des Energiekörpers, und zu guter Letzt tanes Dasein widerspiegelt und du es annimmst, öffnest du das auch den Körper selbst ins Licht zu transzendieren? Tor zur Transzendenz. In dieser Transzendenz erkennst du dann vielleicht, dass alles was ist, Gott ist. Ist es das, was Jesus am Kreuz erlebte und ist den staunenden Menschen damals keine andere Benennung eingefallen als „Wie- Wir dürfen hier nicht vergessen, dass der, der sich die Frage stellt, derauferstehung“? Es ist ein Grad der Erleuchtung, wenn Geist ob wir nun der Körper sind, immer der Verstand ist. Die Betrach- und Verkörperung komplett transzendieren. Dann stehst du mit tung aus dem reinen Gewahrsein hingegen hat keine Frage, aber deiner erleuchteten Energieform zur Verfügung, wo auch immer trotzdem kann auch beim Erforschen in diesen Fragen mit dem der reine verkörperte Ausdruck von Gott halt passieren soll. Verstand ein berührendes Erkennen passieren. Dann ist der Prozess „erst einmal“ fertig, bis etwas in dir wahr- Ob du nun dein Körper bist, erschließt sich, aus welcher Bewusst- nimmt, dass es weiter geht. seinsebene du betrachtest. In jeder Ebene ist es deine momentane und erlebte Wahrheit. Schaust du aus der relativen Wirklichkeit, Raum und Zeit spielen da längst keine Rolle mehr und Gott wirkt also aus der Traumebene, bist du dein Körper und deine Gedan- mit dir in allem, was sich bewusst und unbewusst wahrnimmt. ken. Erwachst du aus dem geistigen Traum, nimmst du zwar aus Wenn du erwachst, wirkt deine Präsenz in einem gewissen Raum dem Geist heraus den eigenen Körper nicht mehr als dein Selbst um dich, der sich mit der Vertiefung in deinem Prozess auswei- wahr, trotzdem ist er noch dein dir zugehöriger Energiekörper tet. In der Ebene des Bewusstseins, in der Jesus transzendierte, als Matrix von Gott, um wahrzunehmen und deine Schatten zu wirkst du dann in allem, im gesamten Bewusstsein. heilen. Erst wenn auch der Großteil deiner Schatten im Energie- Wer sich radikal in den Prozess nach dem geistigen Erwachen körper transformiert ist, löst sich die Identifikation mit dem Ener-

44 45 giekörper wie auch schon die Identifikation mit dem mentalen Traum auf. Gott hört nicht auf, dich in allen Ebenen in deinem bewusst werden zu prüfen und reicht dir immer mal wieder eine verlo- ckend faszinierende Inszenierung, um den letzten Funken deines Egotrips auszuheilen. Mir hat sich gezeigt, dass es eine „Abkür- zung ins Licht“ in meiner Gottes-Prüfung im März wohl nie gab.

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46 47 Shai Tubali

Erwachen in sieben Schritten Die Chakren als Weg zur Erleuchtung Wenn wir verstehen, wie die sieben Chakren erwachen, dann begreifen wir grundsätzlich, was man über das spirituelle Leben in seiner höchsten Erfüllung wissen muss. Wir verstehen, um was es in der Erleuchtung wirklich geht: Darum, dass alle sieben Chakren voll aufwachen. Jedes Chakra, das ganz aufblüht, erfüllt sein höchstes spiritu- elles Potential. Jedes Chakra trägt in sich eine verborgene und schlummernde Gewahrseins- und Bewusstseinsebene. Das ulti- mative Geheimnis der Chakren wird offenbar, wenn die sieben Chakren spirituell erwachen; dann durchdringt eine vereinte Linie des Erwachens alle sieben Zentren bis hin zum Kronen- chakra und erleuchtet so unser ganzes Wesen. Es gibt zwei Perspektiven, um den Prozess, der dahin führt, zu verstehen. In der einen nimmst du den Weg der Chakren von unten nach oben wahr, in der anderen fängt der Weg im siebten Chakra an und bewegt sich nach unten. Beide Perspektiven sind richtig und fundiert, und doch repräsentiert jeder einen andere Blickwinkel. Um Erleuchtung zu verstehen, brauchen wir beide Perspektiven. Die erste Perspektive ist die eines Kletterers. Die sieben Chakren bilden eine Leiter, an der man Schritt für Schritt emporklettert. Bei der anderen gehst du von dem aus, was wir bereits sind, die Reise läuft umgekehrt, es ist ein Prozess des Menschwerdens. So lange wir allein in der Perspektive des Kletterers festhängen, entgeht uns der gesamte kosmische Witz der Erleuchtung. Denn wenn wir das siebte Chakra erreichen, geschieht etwas sehr beschämendes: Wir erkennen, dass wir überhaupt keinen Pro- zess durchlaufen haben. Wir erinnern uns an nichts dergleichen. Denn das, was am Anfang des Prozesses da war, und das, was wir an seinem Ende finden, ist exakt das Gleiche. Der Prozess

48 49 selbst war wie ein Tagtraum; wir hatten die Halluzination eines dass ich in jedem gegebenen Moment frei sein kann, da mich suchenden Menschen, der einiges erlebt hat. Doch es gibt und nichts jemals fesseln kann. gab keine Person; es gab immer nur Gott - und deshalb geschah nichts wirklich. Das erste Chakra fühlt sich an wie ein Tanz auf der Straße, bei dem wir laut rufen: „Ich bin frei, ich bin frei, ich bin frei!“. Das Dann erinnerst du dich an den „Prozess“ nur noch, um anderen ist derart befreiend, dass Menschen manchmal der Illusion erlie- zu helfen, die den kosmischen Witz noch nicht begriffen haben. gen, dies sei schon die Erleuchtung. „Das war‘s, ich bin frei!“ Plötzlich bist du nicht mehr die Gedanken, die in deinem Kopf Wir sollten uns zuerst der Perspektive des Kletterers widmen, auftauchen, du musst dich also nicht mehr mit ihnen identifizie- da es am Anfang sinnvoller ist, den spirituellen Weg als Leiter ren. Was bedeutet, dass du dich nie wieder elend fühlen musst. der Erleuchtung zu sehen und als einen Prozess, der sich immer Du hast die Wahl: Wenn du dich identifizieren möchtest, kannst mehr verfeinert. Diese Leiter, welche die Chakren perfekt wie- du dich elend fühlen, wenn du das nicht möchtest, bist du frei. derspiegeln, ist der Weg des ‚Ich bin‘ in uns; der Weg der Aus- dehnung unserer Selbst-Identität. Hier wird man zum ersten Mal vom Selbst erlöst. Es ist das Gefühl, dass dich nichts festhalten und nach unten ziehen kann. Das erste Chakra: Freiheitsbewusstsein Die Traurigkeit bist nicht du, die Angst bist nicht du, die Begier- de bist nicht du. Mit dem ersten Schritt auf der Leiter hört man auf, sich mit Gedanken, Emotionen und Empfindungen zu identifizieren. Hier Wenn wir uns wünschen, dass die Erleuchtung sich in uns sta- löst man sich erstmals von den irdischen Fesseln. Wir erkennen: bilisiert, ist dies ein wesentlicher Schritt. Ohne ein freies „Ich“ „Alles was ich beobachten kann, bin nicht ich. Ich bin der Beob- ist kein weiterer Schritt möglich. Ich kann zeitweise erwachen achter, ein reines Gewahrsein. Deshalb ist alles, dessen ich mir und starke spirituelle Erfahrungen von Einheit haben, doch was gewahr sein kann, nicht ich.“ Es ist die Erkenntnis, dass ich ein kann sicherstellen, dass das keine vorübergehenden Zustän- freier Vogel bin, und das ich tatsächlich fliegen kann. Ich wusste de sind, wenn nicht diese essenzielle Freiheit? Mehr als alles es nur vorher nicht. Das erste Erwachen birgt die Erkenntnis des andere muss sie sich festigen. Wenn es nur eine einzige Übung wahren „Ich“ - und was das für eine Freude ist! Normalerweise gibt, in der wir wirklich Perfektion erlangen sollten, ist es diese. bilden wir uns ein, dass uns die Vergangenheit, unsere Erfah- rungen und Erinnerungen belasten. Dass wir, z.B. traumatisiert Diese erste Befreiung von aller irdischen Gebundenheit ist so sind, oder dass es unser Schicksal ist, Angst zu haben und zu wichtig, dass viele Traditionen als grundlegende Meditations- begehren. Tatsächlich kann „Ich“ augenblicklich frei sein von übung die Desidentifikation von Gedanken, Emotionen und Angst, Begierde und Erinnerung. Deshalb nenne ich dies das Gefühlen lehren. Doch keine Übung kann je wirklich funktionie- „Freiheitsbewusstsein“. ren, wenn wir sie nicht in „Momenten der Wahrheit“ anwenden. Können wir, wenn der Körper etwa in einem starken Angstge- Freiheit ist nicht bedingt. Es ist falsch zu denken: „Wenn ich fühl gefangen ist, immer noch wissen: „Ich habe keine Angst?“ dieses Trauma auflöse, und langsam lerne loszulassen, dann Wenn wir dies wissen, verschwindet die Angst natürlich. wird es mir in ein paar Jahren besser gehen. Wenn ich Schritt für Schritt durch diesen Prozess gehe, werde ich eines Tages frei Weil dieser Schritt so wichtig ist, wird das Erwachen des ersten sein“. Diese Wahrnehmung hat nichts mit spirituellem Erwa- Chakras in der yogischen Tradition als „Lösen des ersten Kno- chen zu tun. Spirituelles Erwachen beginnt mit der Erkenntnis, tens“ erachtet. Entlang des Chakren-Systems gibt es drei Knoten,

50 51 und erst wenn alle drei durchbrochen sind, ist man erleuchtet. nun im zweiten Chakra das Glück. Ganz einfach „Ich bin glück- Wenn der erste Knoten sich löst, ist „Freiheitsbewusstsein“ lich“. „Aber warum bist du glücklich?“ - „Ich bin glücklich, da. Es ist wie ein ursprüngliches Erwachen: Feuerwerke im weil das Leben hier ist. Ich brauche keine Erfahrungen, den die Himmel, tanzen, weinen und lachen…du hast endlich einen ultimative Erfahrung ist der Moment. Es ist alles, nach dem ich inneren Raum, in dem du tanzen kannst. jemals gesucht habe, und es ist hier. Ich brauche keine weiteren Erfahrungen, noch nicht einmal erleuchtete, denn alles ist hier.“ Das zweite Chakra: Gesamheitsbewusstsein Das dritte Chakra: Atman-Bewusstsein In diesem Erwachen ist das erste, das wir erkennen, dass wir ins Jetzt, in den Moment fallen können. Wir sind nicht an Zeit und Die beiden fundamentalen Übungen im spirituellen Leben Prozesse gebunden. sind zum einen die Dissoziation von sämtlichen Gedanken und Gefühlen und zum anderen der Eintritt ins Jetzt. Beide sind Genau davon hängt sehr viel ab. Zuerst war es wichtig zu erken- extrem einfach, erfordern jedoch einige Aufmerksamkeit und nen, dass ich nicht an Gedanken, Emotionen, Gefühlen und Übung. Sind diese beiden etabliert, ist der nächste Schritt zum Empfindungen gebunden bin, an alles Veränderliche also. Darü- Erwachen des dritten Chakras recht natürlich. Du bist bereits ber hinaus bin ich aber auch nicht an Prozesse gebunden, die in frei von jeder Art von Bewegung und Prozess, und so bist du auf der Zeit stattfinden. den ultimativen Freiheitszustand vorbereitet, welcher im dritten Hier beginnt ein tieferes Freiheitsgefühl: die Freiheit des Jetzt. Chakra gefunden wird. Im Jetzt ist alles enthalten: Vergangenheit, Zukunft und Gegen- Wenn das dritte Chakra erwacht, können wir erstmals sagen, wart. So gibt es nichts, das erworben oder verloren werden dass wir wirklich ein Selbst haben. Dies ist kein Selbst, wie wir könnte. Das Jetzt ist vollständig und das Leben als Ganzes ist in es üblicherweise kennen - ein Selbst also, das wie eine Person ihm. Du kannst nicht „mehr Leben“ in der Zukunft erhalten. Du in uns ist. Es ist ein Zentrum, das essenziell leer ist, doch gefüllt bist hier, atmest in vollem Gewahrsein, in dieser Gemeinschaft wird mit Vertrauen der Freiheit und der Gewissheit der Unab- mit dem Leben. Mehr als das kannst du nicht bekommen. hängigkeit. Es benötigt nichts mehr in der Welt. Es hängt weder Hier beginnst du mit dem Leben eins zu werden. Deine Realität von der Welt, noch vom Körper noch von irgendeinem Zustand wird zu „Dir“ als reines Gewahrsein, zum „Jetzt“ als das Leben. ab. Das Leben wird weit und breitet sich in alle Richtungen aus. Es Das ist der Berg in dir. Du bewegst dich nicht; alles bewegt sich ist wie eine Blüte, die sich öffnet: keine Blüte, die wie ein Ziel um dich. Die Welt verändert sich, Erdbeben finden statt, Dinge ist, das du erreichen müsstest. werde gebaut und Dinge werden zerstört - doch nichts davon Als dieses reine Gewahrsein im Jetzt beginnen deine Sinne sich kann deine innere Welt verändern. zu schärfen. Dein Hören verändert sich und auch dein Sehen, Du bist dir selbst eine Welt. Es gibt etwas so starkes, so solides denn alle deine Sinne tauchen ins Jetzt ein und sind nicht mehr in dir, das ganz natürlich auf dem „Freiheitsbewusstsein“ und zerfasert. Du bist transparent: das Leben fließt durch dich. Du dem „Gesamtheitsbewusstsein“ basiert. Obwohl du in der Welt erkennst dich als allem ähnlich und teilst mit allem das gleiche handelst, passiert dir nichts. Denn sogar deine Handlungen sind Leben. etwas, das sich um dich bewegt, du selbst tust nichts. Du findest Wenn im ersten Chakra die Freiheit erkannt wurde, dann ist es in dir etwas, das unberührt ist. Du bist involviert, die Menschen

52 53 fühlen, dass du ganz da bist, doch du bist es nicht. Im Grunde bist nur da, um zu wissen, dass Gott überall ist. Alles erstrahlt, ist am Ende des Tages nichts passiert. Du kannst es auch „Faul- ist zutiefst erleuchtet; die ganze Welt wird zu einem Ort Gottes. heitsbewusstsein“ nennen, da du, sogar wenn du eine weltweite Und du bist sein ekstatischer und glückseliger Zeuge. Du bist Bewegung in Gang bringst, noch nicht einmal weißt, dass du das das Herz von Allem und du findest dich im Herzen von Allem. getan hast. Du fühlst, dass Dinge geschehen, Dinge vollbracht Du siehst nur ein Herz aus Licht, das alles verbindet. werden, doch du nicht der Handelnde bist. Deine ständige Erfahrung ist, dass es keinen Anderen gibt. Alles, Wenn die ersten drei Chakren alle erwachen, dann ist es, als ob was du auf dieser Stufe siehst, kannst du als „Krishna“, „Shiva“ in uns ein spirituelles Gebäude wäre, das von nichts zerstört oder „Jesus“ betrachten. Du lebst nicht mehr länger in einer Welt werden kann. Auf dieser Basis kannst du wirklich eine solide der Menschen, in einer Welt der Tiere, oder allgemein in einer und bleibende Erleuchtung errichten. Aus diesem Grund sind Welt der Objekte, du erkennst alles als Göttlichkeit; als aus Licht die drei unteren Chakren von solch immenser Bedeutung für das gemacht. spirituelle Leben. Aus diesem Grund kannst du nichts abweisen. Du hast einen Das vierte Chakra: Einheitsbewusstsein einzigen Körper und jeder ist ein Teil dieses Körpers und damit auch Teil des Körper Gottes, denn du bist grundsätzlich aus der Wenn wir uns dem Erwachen des vierten Chartas nähern, begeg- gleichen Essenz gemacht. Du teilst diese Essenz, du bist alles, nen wir dem „zweiten Knoten“. Der zweite Knoten ist vielleicht alles ist Gott, du kannst nicht mehr unterscheiden. der schwierigste, und es ist verlockend, hier aufzuhören. Viele, die spirituell praktizieren, hören hier auf. Sie sind vielleicht in Nur, wenn das Herz vollkommen erwacht, wissen wir was Liebe der Lage, ab und zu einen Einblick in die höheren Zustände zu ist. Wir kennen sie nicht nur als Echo, als schwache Resonanz erhaschen, und können daher über sie sprechen, da die Worte im menschlichen Leben, sondern als eine konstanten Ausstrah- sehr ähnlich scheinen: „Gesamtheit“ klingt wie „Einheit“ und lung von der Quelle, in der alles enthalten ist. Sie ist Gnade und „Unzerstörbarkeit“ klingt wie „Ewigkeit“. Um von hier aus fort- du leuchtest mit dieser Gnade. zufahren, müssen wir uns wirklich nach oben ziehen. Die zweite Das fünfte Chakra: Kosmisches Bewusstsein Barriere besteht in einer vollkommenen Öffnung des Herzens, denn in den unteren drei Chakren geht es noch immer um das Nach dem Erwachen des vierten Chakras ist der Prozess bereits „perfekte Ich“. Um dies zu durchbrechen, muss es erst als eine recht einfach. Die beiden ersten Knoten sind die schwierigsten. echte Barriere anerkannt werden, man muss verstehen, dass dies Danach bist du eine Blüte der Existenz, du musst dich nicht noch nicht ausreicht. Denn das „perfekte Ich“ zu durchbrechen länger öffnen, sondern sie nur noch sein lassen. Gott hat dich bedeutet, wirklich dein Zentrum zu verlieren. Du kannst dein bereits weggetragen, alles ist Gottes Wille und du hast keine Zentrum nur verlieren, wenn du eins hast, aber sobald du ein eigene Richtung mehr. Du wachst aus Liebe auf, gehst aus Liebe Zentrum hast, willst du es nicht verlieren. schlafen und du handelst aus Liebe: Das ist alles. Die Bewegung ins vierte Chakra ist der Wechsel in einen Zustand, Allmählich vereint sich dein Wesen mit dem einen und einzigen in dem Gott zum Zentrum wird. Nenne es „Gott“, „Licht“, oder „Ich bin“. Auf dieser Stufe bist es nicht mehr du, der „Gott”, „Realität“; in diesem Zustand macht es keinen Unterschied. beobachtet, sondern du beginnst zu erkennen, dass es nur ein Plötzlich hast du kein Zentrum mehr; Gott ist überall und du „Ich bin“ gibt. Du erkennst, dass in der Wurzel der Existenz, im

54 55 Puls des Universums nur ein „Ich bin“ gibt, das du auch „Aum“ Dein sechstes Chakra als das dritte Auge ist komplett fixiert auf nennen kannst - die erste Äußerung. das eine Objekt, welches das Subjekt ist. Du siehst die Wirklich- keit; es gibt keine „Welt“, es gibt keine „Menschen“. Natürlich Du bist diese erste Äußerung, das erste Wort, mit dem alles drückt das Selbst sich in unterschiedlichen Formen aus, da es begann. Es ist kein Zufall, dass „Aum“ der ursprüngliche Ton ist tun kann was auch immer es möchte. Doch du siehst nicht länger und er im Erwachen des Hals-Chakras erscheint. Es gibt einen die „Welt“ - du siehst das Selbst. heiligen Ton, der ständig von der Quelle ausstrahlt wird. Sein „Ich Bin“ erhält das ganze Universum. Du schaust nicht länger mit zwei Augen. Du siehst mit einem Auge. Und das ist ein dramatische Veränderung, welche auch Alles ist „Ich bin“. Die Göttlichkeit ist die einzige Kraft, welche die visuelle Wahrnehmung ändert. Das rechte Auge - welches das Universum durchdringt und das Universum ist. Du kannst gewöhnlich das Auge des Pingala-Kanals ist, das nach außen nicht einmal mehr sagen, dass es hier ein Universum und dort gehende Auge - zieht sich komplett zurück. Es ist dann fast Gott gibt, das ergibt keinen Sinn mehr. Dein eigenes „Ich bin“ ist „blind“. Wenn du Bilder spiritueller Meister sehr genau betrach- grundsätzlich das „Ich bin“ von allem anderen. test, wirst du bemerken, dass ihr rechtes Auge nicht wirklich Das Selbst-Bewusstsein gehört nicht uns, wir gehören ihm. So blickt. Ihr aktives Auge erkennt nicht länger, da es nicht beteiligt ist sich das Eine durch uns seiner Selbst bewusst. Was für eine ist. Das linke Auge, welche das Auge des nach innen gehenden glorreiche Realität sich dann entfaltet! Du läufst auf einer Straße Ida-Kanal ist, öffnet sich, da es das Auge des Bewusstseins ist. oder in der Natur und überall ist der Puls von Aum, oder des Hier verbleibt nur noch das Unveränderliche. Deshalb nennen „Ich bin“. Mit jedem „Ich bin“ erscheint das Universum. Du hast wir es „Selbst-Bewusstsein“. Normalerweise nutzen wird unser nicht länger deine innere Welt; du hast nicht länger eine äußere Bewusstsein. um uns konstant einer Person bewusst zu sein, die Welt. Durch die Welt zu gehen bedeutet, durch deinen eigenen nicht wirklich existiert. „Ich“ nutze das Selbst-Bewusstsein, um Garten zu gehen, der auch Gottes Garten ist. Alles wirkt äußerst über „mich“ nachzudenken, um Gefühle über „meine Person“ ehrwürdig, absolut heilig. zu haben, was „Ich“ fühle und was „Ich“ weiß und wie „Ich“ Fortschritte mache; eine konstante Selbstreflexion. Im Erwa- Das sechste Chakra: Selbst-Bewusstsein chen des sechsten Chakra kehrt das Selbst-Bewusstsein endlich Da deine Existenz in dieser Stufe bereits heilig ist, ist es nur zu seinem wahren Besitzer zurück, und so ist nur noch Gott oder natürlich, dass du dich zum sechsten Chakra bewegst. Du hast das Selbst sich seiner selbst bewusst. erkannt, dass alles nur die Reise des Einen ist, des „Ich bin“ oder „Ich“. Dies hat sich die ganze Zeit über in dir und mir versteckt Das 7te Chakra: „Brahman-Bewusstsein“ gehalten. Der einzige Unterschied zwischen mir und anderen ist, Hier finden wir den dritten Knoten. Alles erscheint bereits per- dass ich diesem „Ich“ sehr gründlich nachgefolgt bin. Im Erwa- fekt im Erwachen des sechsten Chakras - warum sollten wir noch chen des sechsten Chakras gibt es nur dieses Selbst-Bewusst- mehr wollen? Sechs Chakren scheinen ausreichend. Aus diesem sein, das Bewusstsein des einen Selbst. Du siehst nicht länger Grund wird in meiner Tradition - dem „Siddha Yoga - gesagt, eine „Welt“, du siehst noch nicht einmal mehr „Licht“. Du siehst dass nur der Meister das siebte Chakra für den Schüler erweckt. nur das Selbst überall. Du bist dir nur einer Sache bewusst. Es Wenn es dem Schüler, dem Praktizierenden, gelingt, das sechste ist wie ein sehr einfaches Mantra, „Nur Gott ist“ oder „Nur die Chakra zu erwecken, erkennt der Meister dies. Dann geht er zu Wirklichkeit ist“.

56 57 seinem Schüler und zieht förmlich das ganze Chakren-System Das ist eine große „Enttäuschung“. Es ist der Moment, in dem dem siebten Chakra entgegen. du zu deinem spirituellen Lehrer gehst und dich beschwerst, dass du getäuscht wurdest. Gleichzeitig ist dies der Moment, Das siebte Chakra ist das Ende jeglicher Dualität. In ihm gibt in dem traditionell der spirituelle Lehrer bekannt machen kann, es noch nicht einmal mehr Selbst-Bewusstsein, und somit ver- dass du befreit bist. Doch an diesem Punkt blickst du ihn oder schwindet die Dualität endlich. Während es im sechsten Chakra sie an und hast keine Ahnung, worüber er spricht. Für dich ist noch immer einen höchst subtilen Zeugen gab - das Element, niemals etwas geschehen. Es gab keinen Prozess der Befrei- das sich noch immer der subtilsten und dünnsten Form des „Ich ung, wie kann es also überhaupt eine Befreiung geben? Es gab bin“ bewusst war - verschwindet im siebten Chakra dieses sub- keine Unfreiheit an erster Stelle. Du kehrst noch nicht einmal zu tilste „Ich bin“ in das hinein, was es die ganze Zeit über beob- deinem spirituellen Zuhause zurück; du erkennst, dass seit jeher achtet hat. nur dieses Zuhause ist. Zuerst hast du dich selbst betrachtet und hast ein freies Selbst, ein Wenn du die Chakren als einen Weg zur Erleuchtung begreifst, reines Gewahrsein gefunden. Dann hast du dich selbst betrach- verstehst du, wie außergewöhnlich sie wirklich sind. Sie sind, tet und hast das Leben gefunden, ein Leben im Jetzt. Dann hast was das Göttliche in uns gesetzt hat, als sieben höchste Erkennt- du dich selbst betrachtet und hast eine ewige, unzerbrechliche nisse. Wir müssen nur das Licht anknipsen, denn wenn Licht in Präsenz gefunden. Dann hast du dich selbst betrachtet und hast den Chakren ist, gibt es dort eine vollkommene Selbsterkennt- Gottes Licht gefunden. Dann hast du dich selbst betrachtet und nis: Das atemberaubende und amüsante Geheimnis wird ent- hast herausgefunden, dass dein Selbst das Selbst des Univer- hüllt, das in unseren winzig kleinen „Ich bin“ steckt. sums ist. Dann brauchtest du noch nicht einmal mehr ein Uni- versum, denn du wurdest dir allein des Selbst bewusst, welches das Universum ist. Und da es seitdem nur noch ein Selbst gab, konntest du dich noch nicht einmal mehr selbst anschauen. Das www.shaitubali.com wäre sinnlos; warum würdest du dich selbst anschauen? Warum www.chiro-yoga.de würdest du nicht einfach du selbst sein, das Selbst sein? Das ist das Erwachen des siebten Chakras. Es gibt ein schö- nes Konzept in der yogischen Tradition, das des Atman als das höchste unpersönliche Selbst in uns, und das des Brahman, dem Ozean des Seins. Doch wie könntest du Wasser von Wasser unterscheiden? Wasser ist Wasser. Ist der Tropfen anders als der Ozean? Wer könnte das unterscheiden? Das ist der Punkt, an welchem alle Unterscheidungen, und dem- entsprechend alle Erinnerungen an Prozesse verschwinden. Man erkennt: „Oh, nichts ist wirklich jemals geschehen!“ Da ist der amüsante Witz eines Tropfens, der eine Reise antritt - doch plötzlich erkennt man: „Aber es gibt keinen Tropfen!“ „Ich“ war nie ein Tropfen. Ich bin nur der Halluzination erlegen, dass ich durch einen Prozess ging. 58 59 Heinz Krug Erleuchteter Wissenschaftler, Erfinder und Meditationslehrer

Sofortige Erleuchtung durch Aktivierung des menschlichen Quantencomputers Heinz Krug hat eine neue Generation von Computerchips erfun- den, die heute in allen Computern zum Einsatz kommt. Er hat auch viele Jahre lang die vedische Literatur studiert. Während er die Yoga-Sutras des Patanjali direkt aus dem Sanskrit in die Sprache der heutigen Zeit neu übersetzte, hat er darin dann die Formel zur Erleuchtung gefunden. In den Kursen, die er anbie- tet, erwachen Menschen in wenigen Tagen spontan und erlangen Erleuchtung. Der Begriff Erleuchtung ist nicht wohldefiniert und wird selten richtig verstanden. Aber technologisch können wir das mensch- liche Gehirn als einen Quantencomputer beschreiben und die Erleuchtung wäre dann das Aktivieren dieses Quantencom- puters mit geeigneter Gehirnsoftware. Ein perfekter Quanten- computer kann im Prinzip unendlich schnell arbeiten. Auf diese Weise können alle Auswirkungen jeder Handlung jeweils vorher in Sekundenbruchteilen bis ans Ende des Universums und bis ans Ende aller Zeiten berechnet werden. Somit können wir als Erleuchtete fehlerfrei handeln. Mit perfekter Intuition rufen wir spontan die Ergebnisse dieser unendlichen Berechnung ab und wissen immer exakt, was richtig ist und was jetzt in diesem Augenblick zu tun ist. Voraussetzungen dazu sind: 1) Eine fortgeschrittene Version der Gehirnsoftware zu laden. 2) Schadsoftware im Gehirn durch einen Scanprozess zu neutralisieren. Schadsoftware im Gehirn zeigt sich als unerwünschte Denk- und Verhaltensmuster, die jedoch durch diesen Scanvorgang neutralisiert werden können. Sobald der Großteil der Schadsoft- ware beseitigt ist, können höhere Ebenen der Gehirnsoftware,

60 61 nämlich die Versionen 5 bis 8 aktiviert werden. Siehe nachfol- sion 5 zu aktivieren und damit den Quantencomputer im Gehirn gende Tabelle. Diese stellen dann eine Multimedia-Verbindung einzuschalten. zum allwissenden und allmächtigen kosmischen Computer her, dessen Hardware aus allen Universen besteht. Dann ist nichts Neue Übersetzung der Yoga-Sutras mehr unmöglich. Im folgenden einige Auszüge aus einem Buch mit einer neuen Konkret sehen wir das in den Siddhi-Erfahrungen. Siddhis Übersetzung der Yoga-Sutras direkt aus dem Sanskrit, das Heinz werden im Kapitel 3 der Yoga-Sutras beschrieben und auch zusammen mit Prof. Dr. Gerd Unruh, einem emeritierten Infor- als sogenannte übernatürliche Fähigkeiten bezeichnet. Für den matik-Professor schreibt. Es hat den Titel: Benutzer von Gehirnsoftware Versionen 6 bis 8 gehören sie zum „Vollständiges Handbuch zum Aktivieren des täglichen Leben und können in wenigen Tagen erlernt werden. menschlichen Quantencomputers und Viele spirituelle Sucher nahmen bisher an, dass man für den zum Erreichen außergewöhnlicher Fähigkeiten“ Erfolg bei den Siddhis jahrelange Übungen braucht. Heinz hat gezeigt, dass dies nicht notwendig ist. Es kommt vielmehr auf Warum wir die Sprache der Computer-Wissenschaft benutzen das Wissen an, wie die Siddhi-Techniken richtig anzuwenden sind. Die einzige Voraussetzung ist eine 6-monatige regelmäßi- Die Yoga-Sutras des Patanjali sind einer der ältesten Texte ge Meditiationspraxis, in der ein Zustand tiefer Stille erfahren der Menschheit und wurden hundertfach vom Sanskrit in ver- wird. schiedene andere Sprachen übersetzt. Viele der Übersetzer und Kommentatoren hatten nicht den Zugang zu höheren Bewusst- Heinz hat eine mathematisch genaue Definition aller höheren seinszuständen und konnten dementsprechend nicht das Wesent- Bewusstseinszustände, sprich der höheren Gehirnsoftware-Ver- liche der Yoga-Sutras erkennen und richtig übersetzen. sionen, ausgearbeitet. Sie ist gleichzeitig eine sehr einfache Ein- führung in die höhere Mathematik der Unendlichkeit, die auch Sogar diejenigen Übersetzer, die selbst Erfahrungen höherer für Anfänger und Nicht-Mathematiker geeignet ist. Die Videos Bewusstseinszustände hatten und über ausreichende Sanskrit- gibt es hier: http://enlighteningscience.com Kenntnisse sowohl des Wortschatzes als auch der Grammatik verfügten, hatten immer noch die Schwierigkeit, ein geeignetes Auf dem Erleuchtungskongress wird Heinz eine einfache Übung Begriffssystem zu finden, welches das Sanskrit Original passend mit den interessierten Teilnehmern durchführen, um Gehirnsoft- widerspiegeln konnte. ware Version 5 zu aktivieren, die auch kosmisches Bewusstsein heißt. Jeder kann diese einfache Übung selbst weiter üben. Viele Viele Übersetzer haben zum Beispiel das Begriffsystem und die der früheren Kursteilnehmer hatten damit kosmisches Bewusst- entsprechenden Konzepte der Psychologie verwendet. Dabei sein innerhalb einer Stunde aktiviert und dann in wenigen entsteht die Schwierigkeit, dass die Psychologie die meisten Wochen stabilisiert. Eine wesentliche Voraussetzung für diese Konzepte der Yoga-Sutras einfach nicht kennt und dementspre- Übung ist, selbst in einen Zustand tiefer Stille ohne Gedanken chend die Worte fehlen. Ähnliches gilt für die Philosophie, bei kommen zu können, sei es durch eine wirkungsvolle Medita- der noch erschwerend hinzu kommt, dass nur wenige Leser ihre tionstechnik, Atemübungen oder andere Verfahren. Diese tiefe Sprache und Denkweise verstehen. Stille ohne Gedanken ist Gehirnsoftware Version 4. Von dort Warum gerade Begriffe aus der Computer-Technologie? aus braucht es dann nur noch eine kleine Erkenntnis, um Ver- Informatik, die Wissenschaft der Computer-Technologie, be-

62 63 schreibt die Konstruktion und die Funktionsweise intelligen- Die Yoga-Sutras beschreiben eine Technologie in Theorie ter Systeme. Da sich die Yoga-Sutras mit den Grundlagen der und Praxis menschlichen Intelligenz und ihrer Entwicklung befassen, ist es naheliegend, dieses jahrtausende alte System der Intelligenz Die Theorie: in das heute bekannte System der Computer-Technologie zu • Sie erklärt Bewusstseins-Prozesse. übertragen. • Sie beschreibt mentale Vorgänge und sagt sie voraus. Es kommt hinzu, dass die Begriffe der Computer-Technologie „Mental“ bezieht sich auf die Gesamtheit der gefühlsmäßi- den modernen Menschen leichter zugänglich sind, da sie täglich gen, sinnesorientierten und intellektuellen Aktivitäten eines mit ihnen zu tun haben. Lebewesens. Zum Beispiel bedeutet der Begriff sanskara im Sanskrit einen • Sie verwendet klare, eindeutige Begriffe aus der Sprache abgespeicherten Eindruck, der Abläufe im Denken und Handeln Sanskrit. beeinträchtigt. Mit bestimmten mentalen Techniken kann dieser • Sie ist in sich widerspruchsfrei. Eindruck neutralisiert werden, so dass er keine Wirkung mehr • Sie benutzt keine Dogmen und ist kein blinder Glaube wie hat. „die Erde ist eine Scheibe“. Der Begriff sanskara kann dem Begriff Schadprogramm in der Computertechnologie zugeordnet werden und hat dort entspre- Die Praxis: chende Bedeutung, nämlich ein intelligentes Muster, das sich • Sie besteht aus mentalen Übungen. selbst aktiviert und negativ in Programmabläufe eingreift. Ein • Sie führen zu Erfolg und Erfüllung im Leben. Scanprogramm kann diese Muster aufdecken und neutralisieren. • Sie verbessert die Leistungsfähigkeit des Organismus. Dann funktioniert die Software wieder richtig. • Sie verbessert die Gehirnfunktionen. In der Medizin würde man das sanskara als einen Stress im Ner- • Sie ermöglicht, die Theorie zu bestätigen. vensystem bezeichnen. Yoga ist keine Religion Einführung • Alle Aussagen der Theorie werden in der Praxis durch eigene Mündliche Überlieferung Erfahrungen bestätigt. Die Yoga-Sutras wurden jahrtausende lang mündlich überlie- • Lediglich zu Beginn ist ein gewisses Vertrauen in die Wirkun- fert und dafür in einer kompakten und wohlstrukturierten Form gen als Inspiration zum Erlernen der Techniken erforderlich. gehalten. Die Struktur der Yoga-Sutras ist hierarchisch. Wort- • Später wird das Vertrauen durch Wissen auf Grund der eige- bedeutungen werden in hierarchischen Ebenen von Ober- und nen Erfahrungen ersetzt. Unterbegriffen erklärt. Zum Beispiel bezieht sich das Wort • Auch ein Wissenschaftler muss dieses Vertrauen in seine „jener“ automatisch auf einen Begriff im vorhergehenden Sutra, Hypothesen vor der Ausführung seiner Experimente haben. wenn nichts anderes angegeben wurde. Obwohl die Yoga-Sutras jahrtausende alt sind, hat uns die Prä- Die Yoga-Sutras beschreiben Gehirnsoftware zision ihrer Formulierungen immer wieder überrascht. Ihre Art • Die Gehirnsoftware umfasst alle mentalen Aktivitäten. der kompakten, hierarchischen Strukturierung entspricht dem • Die Yoga-Sutras sind in der Sanskrit-Sprache kurz, einfach heutigen Stand der Technik bei der Softwareerstellung. und logisch aufgebaut und leicht zu verstehen.

64 65 • Verständnisschwierigkeiten sind überhaupt erst durch unge- Die Yoga-Sutras sind ein vollständiges System naue Übersetzungen und Kommentare entstanden. Zum Beispiel gibt es für den Begriff „Erleuchtung“ die verschie- Obwohl die Yoga-Sutras perfekt logisch und systematisch sind, denartigsten Interpretationen, die in keiner Weise wissen- werden Sie, lieber Leser, dieses Handbuch zur Entwicklung schaftlichen oder technologischen Anforderungen genügen. ihres Bewusstseins ohne Ausübung der zugehörigen Mental- • Wir übersetzen in diesem Buch zum ersten Mal die Sanskrit- Techniken nicht verstehen! Begriffe direkt in die Sprache der Computertechnologie, um Das heißt, sofern Sie es nicht schon früher getan haben, müssen Bewusstsein und Gehirn zu erklären. Sie zunächst eine verbesserte Gehirnsoftware in ihr Gehirn • Dadurch kann jeder moderne Mensch die Funktionsweise laden, um überhaupt die Fülle der neuen Anwendungsmöglich- des Yoga leicht nachvollziehen. keiten zu verstehen. Das Lesen des Handbuchs reicht dazu nicht • Die Beschreibung des Yoga in der Sprache der Computer- aus. Wir werden Sie an den entsprechenden Stellen im Buch technologie ist nicht als Analogie zu verstehen, sondern als darauf hinweisen. ein konkretes Erklärungsmodell für die Gehirnforschung. Tests um Ihre aktuelle Gehirnsoftware Version zu ermitteln • Wir möchten uns an dieser Stelle deutlich von Autoren dis- tanzieren, die Begriffe, wie zum Beispiel das Wort „Quan- Die Details dieser Testmethode finden Sie im Buch. Hier eine ten“, nicht mit naturwissenschaftlicher Präzision sondern kurze Zusammenfassung: stattdessen in einer Art Marketingsprache verwenden. • Wenn wir von Quantencomputer sprechen, dann meinen Gehirn Bewusstseinszustand Test wir das tatsächliche physikalische Phänomen. Dieses Buch Software ist aber bewusst verständlich gehalten und wir haben daher vermieden, den Leser mit mathematischen Formeln zu Version 1 Tiefschlaf Gewöhnliche Erfahrung. Version 2 Träumen Gewöhnliche Erfahrung. beeindrucken. Version 3 Wachzustand Gewöhnliche Erfahrung. • Die Wirkungen des Yoga auf die Gehirnsoftware sind in der Praxis direkt messbar. Version 4 Transzendentales Sie können bewusst einen Zustand Bewusstsein totaler Stille ohne Gedanken • In diesem Buch entwickeln wir auch zum ersten Mal eine erfahren. wissenschaftlich überprüfbare Beschreibung der Gehirnsoft- ware, die alle Aspekte des Bewusstseins umfasst. Version 5 Kosmisches Sie sind der absolut stille, nicht Bewusstsein (KB) urteilende, wache Erfahrende aller • Damit bringen wir Yoga endlich aus dem Mystischen heraus Handlungen und aller Stille. in die reale heutige Welt. Version 5.1 KB im Tiefschlaf Sie sind der wache Erfahrende des Tiefschlafzustands ohne irgendei- Die Grundlagen des Yoga ne Gedankenaktivität. Wenn Sie im Tiefschlaf nicht Sie sind in den Yoga-Sutras (Leitfaden des Yoga) von Patanjali wach sind, haben Sie die Version 5 zu finden. Die wichtigsten Kommentatoren sind Vyasa (um 3000 nicht erreicht. v.Chr.) und Shankara (um 800 n.Chr.). Die Yoga-Sutras bestehen aus 195 wohl strukturierten und kom- primierten Sätzen, die zunächst mündlich überliefert und erst später aufgeschieben wurden.

66 67 Version 5.2 KB im Träumen Sie sind der wache Erfahrende der können das erkennen. Aus Ihren Handlungen kann ein Außen- Traumgedanken. stehender kaum die Version ableiten.

Version 5.3 KB im Wachzustand Sie sind der wache und absolut Die höheren Versionen enthalten zusätzlich zu enormen Verbes- stille Erfahrende aller Gedanken serungen auch alle Möglichkeiten und Fähigkeiten der vorhe- und Handlungen ihres Geists und Körpers. rigen Versionen. Wir werden ausführlich beschreiben, welche Möglichkeiten und Fähigkeiten diese verschiedenen Versionen Version 6 Verfeinertes Sie haben verfeinerte Sinnes- beinhalten. Kosmisches wahrnehmungen, die Sie als Bewusstsein wahre Erfahrungen in Version 5.3 Nun haben Sie die Version Ihrer Gehirnsoftware bestimmt. Falls überprüfen können. Zum Beispiel können Sie wahrnehmen, dass nicht, nehmen Sie sich unbedingt ein paar Minuten Zeit, es jetzt Sie jetzt ein Freund anrufen wird. zu tun. Wie bereits gesagt, kann die Theorie nur dann verstan- Dann klingelt das Telefon und den werden, wenn Sie die einfachen Übungen auch in der Praxis Sie sprechen mit diesem gleichen Freund. durchführen.

Version 7 Einheits-Bewusstsein Alles geschieht in Ihnen Selbst. Sie kennen nun die Version Ihrer Gehirnsoftware und haben Der Unterschied zwischen Subjekt gelesen, dass die höheren Versionen mehr Möglichkeiten bieten. und den Objekten existiert nicht mehr. Wissen ist absolut korrekt Sie können durch relativ einfache Übungen Ihre Gehirnsoft- und erscheint wo und wann immer ware upgraden. Mit Hilfe der Yoga-Technologie können Sie die es gebraucht wird. Wenn Sie nicht Upgrades mit einer Reihe von einfachen Schritten erreichen. diese konkrete Erfahrung haben, die das Konzept der Erfahrung Sie müssen dafür nicht ein Leben lang meditieren. Auch wenn überschreitet, dann haben Sie Sie Jahrzehnte lang fortgeschrittene Yoga-Techniken wie z. B. nicht Einheits-Bewusstsein. Die die siddhis ohne konkrete Ergebnisse geübt haben, können Sie Einheit wird erst stabil sobald auch Kosmisches Bewusstsein innerhalb von wenigen Stunden lernen, wie diese siddhis wirk- stabilisiert ist. Das bedeutet zum lich funktionieren, nämlich wie auf „Knopfdruck“. Beispiel, wenn Ihr Bewusstsein im Schlaf nicht wach bleibt, dann Solange Ihr Gehirn noch nicht mit der Version 8 arbeitet, können ist Ihre Einheit nicht echt, sondern Sie sich gar nicht vorstellen, welche unbegrenzten Möglichkei- lediglich ein intellektuelles Kon- zept innerhalb der Gehirnsoftware ten Ihnen mit den höheren Versionen zur Verfügung stehen. Erst Version 3. wenn Sie durch Upgrade Ihrer Gehirnsoftware Ihren Quanten- computer aktiviert haben und mit dem kosmischen Computer Version 8 Brahman-Bewusstsein Einheits-Bewusstsein ist bis zur Unendlichkeit ausgedehnt. verbunden sind, stehen Ihnen außergewöhnliche Fähigkeiten mit Beginn der Version 5 zur Verfügung. Beispiele sind: Upgrade der Gehirnsoftware mit der Technologie des Yoga Ständige tiefe innere Glückseligkeit und Wachheit; völlige Kon- trolle über Ihre Gefühle; Gedanken anderer Personen wahrneh- Wenn Sie jetzt diese Tests gemacht haben, werden Sie erkennen, men; Sprache von Tieren verstehen; Verborgenes wahrnehmen; in welcher Version Ihre Gehirnsoftware läuft. Nur Sie Selbst Vergangenheit und Zukunft erkennen; Zustand aller Organe im

68 69 Körper wahrnehmen und heilen; höhere Wesen sehen und mit ihnen sprechen; konkreter Zugang zur Quelle allen Wissens.

Soweit diese Auszüge aus: Heinz Krug, Gerd Unruh

„Vollständiges Handbuch zum Aktivieren des menschlichen Quantencomputers und zum Erreichen außergewöhnlicher Fähigkeiten“

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70 71 Johan Schmidt

Integration des Unbewussten - Erlösung der Vergangenheit Ich möchte auf einen Zusammenhang aufmerksam machen, der, wie mir scheint, im Allgemeinen und in der spirituellen Szene zu wenig Aufmerksamkeit bekommt. Ich möchte dabei keine dogmatische, allgemeingültige Metho- de vorstellen, sondern nur auf Zusammenhänge aufmerksam machen. Jede in diesem Zusammenhang verwendete Metho- de, kann vom verengten Verstand missbraucht werden um sich schnell besser zu fühlen, aber dabei den wunden Punkten auszu- weichen, oder Jemand besonderes zu sein, ebenso wie unnötig in altem Leid herumzuwühlen und sich erneut darin zu verwickeln. Sie kann aber auch frei, flexibel, reif und der eigenen aktuellen Situation angepasst aus der Stille heraus genutzt werden, wenn sie dran ist.

Gefühle - Vergangenheit Meine Erfahrung ist, und das kennen sicher viele, dass wenn ich immer wieder in eine alte Schleife aus Mustern und Gefühlen gerate, es nichts bringt einfach neue, vermeintlich bessere darü- ber zu legen. Das hält nur kurze Zeit und dann zieht es mich in das alte Karusell zurück. In diesen, für mich schwierigen Situ- ationen (äußeren Umständen, oder nur innerlich vorgestellten) innezuhalten, bewusst zu bleiben und die Gefühle, die damit zusammenhängen zuzulassen und zu fühlen, anstatt gewohn- heitsmäßig zu reagieren oder zu verkrampfen ist eine Möglich- keit diesem Kreislauf zu entkommen, wenn es mir denn möglich ist. Ich kann dann aber noch einen Schritt weitergehen und mich z.b. am Abend oder gleich in der Mittagspause nocheinmal hinset- zen, die Augen schließen und nochmals bewusst in die Gefüh- le „hineingehen“ und den Zusammenhang in dem sie stehen untersuchen. Dafür muss ich erst gelernt haben, mich so gut in die Gefühle hinein entspannen zu können und sie in mir aus-

72 73 zuhalten, ohne etwas mit ihnen machen zu wollen, dass ich sie Gefühle sein, die sich eher verfestigen, statt zu lösen). untersuchen kann, ohne mich von ihnen durcheinander bringen zu lassen oder mich in ihnen zu verlieren. (Ich verwende vor- Das reicht aber auf Dauer oft nicht aus, um das immer wieder wiegend eine normale Ich-Sprache, es ist natürlich gleichzeitig kehrende Auftreten der immer gleichen Gefühlmischung und wahr, dass da Niemand ist, der etwas tut, und das kann sich mit- den körperlichen Reaktionen und Symptomen zu den entspre- unter auch so anfühlen). chenden Zusammenhängen zu beenden. Dabei bleiben nämlich weiterhin die im Unterbewusstsein und im Körper abgespei- Dann ist es möglich, nicht nur den genauen aktuellen Zusam- cherten traumatischen und schwierigen Zusammenhänge aus menhang in Ruhe zu erforschen, um mehr Klarheit über meine der Vergangenheit (Kindheit, Säuglingszeit, Geburt, im Mutter- inneren Vorgänge zu bekommen, sondern auch Stück für Stück bauch, Familienfeld, kollektive Vergangenheit usw.) zum Groß- alle Situationen und Begebenheiten aus der Vergangenheit, die teil bestehen. diesem aktuellen Geschehen (manchmal nur symbolisch) ähneln. Dann werde ich feststellen, dass meine Reaktionen (innerlich Erst eine reife und freiwillige Auseinandersetzung mit der Ver- emotional, gedanklich, handlungsmäßig) in den aktuellen Situ- gangenheit, in der Gefühl, Erleben des verdrängten Materials ationen sich aus früheren Erfahrungen gebildet haben und dem und Verstehen zusammenschmelzen und sich anschließend heil- aktuellen Geschehen nicht mehr angemessen sind. sam in der Stille und Liebe des eigenen Gewahrseins auflösen, scheint es möglich zu machen diese Zusammenhänge aus dem Wenn ich diesen Zusammenhang einmal wirklich verstanden Unterbewusstsein sukzessiv rückwirkend zu erlösen, bis sie zu habe, muss ich zugeben, dass ein Großteil meiner Reaktionen emotional neutralen Ereignissen werden, an die wir uns dann (innerlich und äußerlich) auf das Leben ausschließlich in der zwar rational noch erinnern können, die aber nun aufhören aus Vergangenheit konditionierte Projektionen sind, die ich dem dem Unterbewusstsein heraus unser Leben und unseren Orga- Leben immer wieder erneut überstülpe (normalerweise natürlich nismus zu regieren. Damit verliert sich auch ihre Wirkung auf unbewusst). Unangenehme, wie auch angenehme! das Hier-und-Jetzt. Das kann eine langwierige innere „Arbeit“ sein, die sich aber lohnt, da immer mehr Freiheit und Authentizi- Wenn ich nun beim spirituellen Aufwachen erkenne und erfah- tät gewonnen wird, dadurch, dass im eigenen Bewusstsein Platz re, dass ich in Wirklichkeit reines Bewusstsein, Frieden, Stille geschaffen wird, in welchem nun neue, gesündere Erfahrungen und Glückseligkeit bin, oder gar die göttliche Quelle selbst, ver- gemacht werden können, die uns außerdem darin unterstützen schwinden all meine Muster aber nicht, im Gegenteil, gerade auch im Alltag die Verbindung zur Stille, die wir eigentlich sind, dadurch, dass ich nun nicht mehr so stark mit ihnen identifi- aufrecht zu erhalten, statt uns immer wieder herauszuziehen. ziert bin, werden sie mir meist noch deutlicher gezeigt als zuvor (dunkle Nacht der Seele). Symptome Die Gefühle (Schmerz, Angst, Wut, Freude, Lust usw.) ganz Was sicherlich viele Menschen immer wieder durcheinander zu fühlen, ohne sie auszuagieren und ohne sie zu unterdrücken bringt sind die häufig auftretenden körperlichen Symptome, wirkt innerlich lösend und befreiend, da sich die Energie des die mit den Themen einhergehen. Man kann sich das in etwa so Gefühls nach einer Weile von alleine entlädt, so dass das Gefühl vorstellen: Der Körper, also die Organe, Gelenke, Drüsen und im Gewahrsein der Stille verbrennt und ich außerdem nicht so weiter arbeiten beim Menschen mit der Psyche zusammen. mehr so gezwungen bin aus dem Gefühl heraus zu reagieren. Das ist wohl aus der Psychosomatik bekannt. Das bedeutet, dass (Achtung: Ausnahme können bestimmte schwer traumatische

74 75 sich unser Körper schon im Mutterbauch (oder schon durch mit- lungssymptome ein erneuter, zweiter innerer Konflikt entstehen, gebrachte Themen) an die Themen und Konstitutionen unserer der sich mit dem ersten fortan abwechselt und alles kaum noch Eltern und des Familienfeldes anpasst und auch in dieser Art und zur Ruhe kommt. Meiner Ansicht nach lohnt es sich deshalb Weise wächst. Wird man zum Beispiel als Säugling vernachläs- ungemein, sich mit diesen Zusammenhängen zu beschäftigen sigt, dann kann es z.B. sein, dass der Darm quasi in der Annah- und die Abläufe in sich selbst genau zu beobachten. me heranwächst, dass es oft zu wenig oder nur selten Nahrung gibt. Er gestaltet sich also tatsächlich physisch anders, als ein Man sollte verstehen, dass wenn man z.B. nach dem spirituellen Darm der in einem Säugling heranwächst, der immer die Brust Aufwachen (oder vorher schon durch innere Arbeit) an immer bekommt, wenn er danach bedarf. Der Körper dient dann später tiefere, alte Schichten aus Konflikten und Traumatisierungen als Fundament für alle dazukommenden Anteile des Menschen, herankommt (oder sie dann einfach auftauchen) UND diese sich wie die komplexeren Emotionen und die Psyche, die nach und auch lösen, der Körper sich umbaut. Er versucht, die mit den nach hinzukommen. Dieser stufenartige Aufbau bewirkt, dass Mustern einhergegangene physische Beschaffenheit zurückzu- die Struktur jeder weiteren Entwicklungsphase beim Kind auf nehmen, da bei einer Heilung ja die Information ankommt, dass dem vorher dagewesenen Material aufbaut. Als Erwachse- die vorher dagewesene (biologisch betrachtet) sinnvolle „Auf- ne finden wir uns dann hauptsächlich in unseren zwanghaften rüstung“ nicht mehr nötig ist. Gedanken- und Emotionsmustern wieder. Manche Muster und Symptome können sich leider sehr hartnä- Hat sich nun durch irgendeinen Anlass bei uns die Idee einge- ckig halten, wenn sie z.B. durch schockierende (Schocktrauma) schlichen, dass man an diesem ganzen Konglomerat an Mustern oder sich häufig wiederholende (Entwicklungstrauma) Ereig- und Strukturen nocheinmal etwas ändern kann, z.B. durch The- nisse zu Anfang unseres Lebens gebildet haben. Es ist natür- rapien, Körperarbeit usw. kommt es logischerweise oft zu der lich ebenso legitim und manchmal angebracht, Menschen und sogenannten Erstverschlimmerung, da die tieferliegenden Ursa- Situationen zu meiden, die es wieder in uns auslösen, wenn uns chen konfrontiert werden. Zudem kommt es dann zusätzlich im das möglich ist, bis wir stabil genug sind, uns der Vergangenheit Anschluss noch zu Heilungssymptomen, die oftmals unange- freiwillig zu stellen. nehm sein können. Viele Symptome entstehen aber auch nur durch die Änderung Wenn man folgende Zusammenhänge und Abläufe: der Funktionisweise beispielsweise eines Organs oder Muskels. Äußeres aktuelles Thema - eventuelle Begleitsymptome durch Meiner Ansicht nach gibt es deshalb so etwas wie Krankheit Beschäftigung mit dem Thema - altes Thema aus der Vergan- nicht (was nicht bedeuten soll, dass man sich keine Hilfe bei genheit - Erkenntnisse/ Lösung/ Heilung - Heilungssymptome Ärzten oder Therapeuten suchen soll!), sondern nur (oftmals unbemerkt) im Unterbewusstsein und im Körper angehäufte nicht gut in sich selbst (oder mit Hilfe) beobachten und verste- Konfliktmasse, die meist erst dann zum Problem wird, wenn hen kann, dann besteht die Gefahr, z.B. die körperlichen Hei- sie das Maß an verträglicher Veränderbarkeit z.B. eines Organs lungssymptome nach einer inneren Klärung nicht als solche zu übersteigt, und so das Fass quasi überläuft, oder eben die Hei- verstehen und sich dagegen aus Angst zu verspannen, was die lungssymptome, die als Krankheit missverstanden werden. Heilung verzögert oder sogar abbricht. Wenn im Unterbewusstsein und im Körper eingelagerte unge- löste Themen und Gefühle nicht getriggert werden und unter Eventuell kann sogar aus Panik wegen der unverstandenen Hei- Verschluss bleiben und dadurch nicht zu merklichen Sympto-

76 77 men führen, können wir uns ziemlich gesund fühlen. Leider Empirisches Bewusstseinsmodell bremsen sie aber trotzdem den Energiefluss im Körper, da er sich in den entsprechenden Bereichen nicht in einem optimalen Zustand befindet, was auf Dauer auch zu Verschleiß führt.

Vertiefung Je mehr alter Ballast sich nun, auf welche Weise auch immer, gelöst hat, desto tiefer fällt mein ganzes System in die Stille, und der Frieden dringt ebenso in mein Nervensystem und meine Zellen ein. Das führt dazu, dass sich ein erstes Aufwachen weiter vertieft. Bei manch einem geschieht das vielleicht gleichförmig und stufenlos, bei vielen aber auch in mehreren treppenstufen- artigen Vertiefungsschritten, die dann oft als weitere Bewusst- seins-shifts empfunden werden können. Anschließend drängt wieder neues Material an die Oberfläche. Durch diese Art der Vertiefung werden auch immer tiefere uni- verselle Aspekte und Schichten im Bewusstsein freigelegt. Obwohl die wahre Natur selbst, sozusagen in ihrer Reinform, Dieses von mir zusammengestellte Bewusstseinsmodell stellt immer schon unberührt, ganz und unverändert die selbe war schematisch den strukturellen Aufbau von der „Göttlichen und gleichzeitig ebenso Alles ist, was ist und damit die Aussage Quelle“ bis zum Ich-Bewusstsein dar. Es ist nicht naturwissen- stimmt, dass Alles schon perfekt ist, so wie es ist, müssen bzw. schaftlich gemeint, sondern ausschließlich von meiner eigenen können wir mit dem Paradoxon leben, dass sich unser Organis- inneren Erforschung und Erfahrung und der Auseinanderset- mus und unser individuelles Sein, durch integrative Prozesse zung mit Erfahrungsberichten und Beschreibungen anderer immer tiefer mit der Wahrheit vereinen kann. Menschen abgeleitet. Es erhebt deshalb auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Allgemeingültigkeit. Die vorher beschriebene innere Arbeit, dient nun also dazu, unnötigen Ballast, also Blockaden, Verzerrungen, Glaubenssät- ze, tiefe Überzeugungen, angesammelte und unerlöste Gefühle, Strukturen im Körper usw. zu lösen, so dass zunehmend Lücken in den oberen Ebenen entstehen. Dadurch machen wir uns sozu- sagen für das Aufwachen schmackhaft und fallen, wenn es an der Zeit ist, in tiefere Bewusstseinsschichten hinein, was sich auch in der inneren Erfahrung tatsächlich so anfühlen kann.

78 79 Ab einem gewissen Grad der Durchdringung aller Ebenen scheint sich der Eindruck, dass es sie überhaupt gab, zu verblas- sen. Sie werden dann im Rückblick eventuell sogar als illuso- risch erkannt, es gibt nur noch das „Eine“. Dass bedeutet aber nicht, dass sie vorher nicht dagewesen wären. Wie schnell die verschiedenen menschlichen Ebenen (Psyche, Körper usw.) mit der Integration hinterher kommen ist unter- schiedlich, so dass trotz tiefer Durchdringung der tieferen Bewusstseinsebenen immer noch Integrationsprozesse ablaufen können. Es gibt meiner Ansicht nach auch kein Ende an Vertie- fung, Verfeinerung und Entwicklung. Es werden immer wieder neue bisher versteckte Winkel und Ecken gefunden, in denen sich noch mehr lösen kann. Außerdem „arbeitet“ man auch weiter kollektive Themen mit durch, das Spektrum an integrier- ten Themen kann sich stetig erweitern.

Dieser Vorgang ist typischerweise mit Angst verbunden, der Angst vorm Sterben, vor der Bodenlosigkeit. Das hat unter anderem damit zu tun, dass die alte, verengte Identität verlassen www.erwachtes-sein.blogspot.de wird. Wenn die Sehnsucht nach der Wahrheit größer wird als das Bedürfnis nach Sicherheit, kann die Angst gefühlt werden und die Gnade uns abholen. Anschließend geht es darum, den vollzogenen shift zu stabili- sieren, so dass er dauerhaft wird. Das kann wiederum mit vielen Prozessen, kleineren Entwicklungsschritten und individuellen Herausforderungen einhergehen. So kann sich Stück für Stück ein erstes Aufwachen vertiefen und später zu weiteren Shifts führen. Dadurch, dass die Grenzlinien, also die Strukturen zwischen den Ebenen sich auflösen, werden die Qualitäten nicht mehr als getrennt voneinander erlebt. Sein und Nichtsein als Beispiel, werden dann nicht mehr als zwei verschiedene Bereiche erlebt. Jede integrierte Ebene vervollständigt das Ganze. Obwohl es ja schon immer ganz war, waren uns vorher nur die obersten Berei- che zugänglich.

80 81 Sarla

Sehnsucht

Sehnsucht nach… … Sehnsucht nach… … Liebe Sehnsucht nach… … Nähe Sehnsucht nach… … Freiheit Sehnsucht nach… … Geborgenheit Sehnsucht nach… … Berührung Sehnsucht nach… … tiefer Intimität Sehnsucht nach… … so sein Sehnsucht nach… … sein

Lasse alle Sehnsucht in diese eine Sehnsucht hineinfallen und es wird eine Befreiung von einer Sehnsucht nach… … Alle Erfüllung ist HIER.

82 83 Erleuchtung und darüber hinaus… Ich sage euch, beendet dass Leiden, beendet das, was euch bindet. Die Menschen sprechen von Erleuchtung, Lasst alles, was euch bindet los und endet im ich möchte nicht über das reden, was ihr schon seid. Hier und Jetzt. Ich möchte mit euch darüber reden, wie wir Leid Kommt in die Gegenwart, kommt in das, beenden können. was ihr schon seid. Wir brauchen nicht über das zu reden, Es sind schon viele vor euch gegangen, was ihr schon seid. und ihr könnt es auch. Sondern lasst uns über das sprechen, Hört auf mit diesen Spiel, kommt her. was ihr nicht seid. Buddha sprach davon, das Leiden zu beenden. Ihr seid keine Opfer, ihr seid frei von Schuld, Beendet es jetzt. frei von Sünde. Ihr habt die Wahl. Ihr seid schon erwacht, erleuchtet oder wie ihr es Das ist das Einzige, was ihr tun müsst, und es ist das auch nennen möchtet. Einzige, was ich euch zu sagen hab. Hört auf darüber zu reden, lebt es. Werdet unschuldig.

84 85 Anders sein als Selbst sein

Das ganze Leben lang wollten unsere Eltern, Schule, Arbeitgeber, Freunde uns beibringen oder meinten zu wissen, wie das Leben ist, wie wir zu SEIN haben. Wir wurden gefüttert mit ihren Vorstellungen, Konzepten, Ideen. Doch niemand sagte uns, wie es im Moment ist! Alle trainierten uns für die „Zukunft“, für eine „bessere“ Zukunft als ihre Vergangenheit. Doch wenn der Moment uns ergriff, dann waren wir entweder glücklich mit uns selbst oder wir fühlten uns verloren und glaubten, dass wir irgendetwas falsch gemacht haben. In alle dem haben wir nicht gelernt, „ich“ SELBST zu SEIN.

86 87 Die Welt

Geh durch die Welt, doch versuche sie nicht zu ändern. Nehme diese Welt als dein Spielfeld, Experimentierfeld, Entdeckungsfeld. Dein Entdeckungsfeld, dafür ist es geschaffen. Doch ändere nichts, alles ist Perfekt. Ja, du hast versucht, die Welt und dich zu ändern, weil die Menschen versucht haben, dich zu ändern, Doch es ist nicht nötig, etwas zu verändern, alles ist Perfekt und sei du so, wie du bist. Dann ist alles in Harmonie, dann bist du mit Allem in Einklang.

88 89 Vertrauen Doch es gibt ein natürliches vertraut sein mit dem, was wir sind und dieses, was wir sind, können wir in Wesen sehen, die noch Wir denken oder sprechen oft davon und sagen. unschuldig sind. Ich vertraue dir…… Wenn ein Baby geboren wird, sagt es nicht: Ich vertraue dir, Wenn wir sagen, ich vertraue dir, dann legen wir das Vertrauen, Mama oder Papa. Es ist einfach ganz vertrauensvoll zu dem, was was wir spüren, in den anderen und sagen dann: ich vertraue ist, was jetzt ist und wie es jetzt ist. Es weiß tief in sich drinnen, DIR! Könnt ihr jetzt gerade spüren was da passiert? Wir legen dass das Leben für es sorgt. Wie es auch sein wird, es wird so das Vertrauen in den anderen, der nichts davon weiß, er weiß sein, wie es ist. nicht wie dein Vertrauen aussieht, wie die Illusion von Vertrauen ist. Da ist einfach Vertrauen, ohne zu wissen wieso. Doch wenn wir an Vertrauen denken, dann gibt es eine Vorstellung, eine Idee oder ein Konzept davon. Darüber hat der andere keine Ahnung und vor allem wird und kann er diese Illusion von Vertrauen nicht bedienen. Wenn wir also von einem vorgestellten Vertrauen sprechen, dann ist es eine Illusion. Daraus muss sich ganz klar ergeben, dass diese Illusionen sterben müssen, weil sie vorgestellt sind. Wenn dann die Illusion stirbt, sagen wir: Ich kann dir nicht mehr vertrauen! Du hast mich enttäuscht. Was ist wirklich geschehen? Es ist einfach diese Vorstellung von Vertrauen enttäuscht worden. Enttäuschung ist nichts anderes, als das uns das Leben den Schleier der Illusion genommen hat. Das Leben möchte, dass wir uns selbst erkennen und nicht, dass wir an Illusionen hängen, die nicht das wahre Selbst sind. Was nicht heißt, dass es kein Vertrauen gibt, doch es gibt niemanden, der vertrauen kann. Es gibt ein Vertrauen, dass wir nicht tun können. ES IST. Vertrauen ist etwas, was in uns ist, es ist dieses tiefe Vertrauen in DAS, was wir sind und nicht in etwas oder jemanden. Doch wenn wir versuchen, mit dem Verstand zu vertrauen, das wird uns niemals möglich sein. Der Verstand kann nicht vertrauen.

90 91 Akzeptanz

In der Akzeptanz von dem, was im Moment ist, endet jedes Leiden. Im Moment von Akzeptanz ist Leiden nicht möglich. Leiden ist nur möglich, wenn Trennung da ist. Leiden ist nur möglich, wenn es anders sein sollte, als es jetzt ist. Doch im HIER und JETZT ist Leiden nicht möglich. Im hier Sein sind wir leidensfrei.

Illustrationen: Maren Rolof, Berlin www.sarla.de

92 93 Christian Meyer

Wirklich aufwachen - Erleuchtung finden Was will jemand, der den spirituellen Weg wählt? Ziel seiner spirituellen Reise? Und was genau tut er, um diesem Ziel näher zu kommen? Vor Kurzem hörte ich einen Vortrag über „Spiritualität im Leben“. Am Ende sagte ich ihm: „Alles was du gesagt hast, war sehr schön. Über die lebendige Wahrnehmung dessen, was man wirklich sehen, hören und spüren kann. Wie wichtig es ist, sich Scheitern nicht vorzuwerfen, sondern als eine Möglichkeit von Wachstum zu begreifen. Über das Lebendig-Sein und das Wahr- haftig-Sein. Aber all das, was du gesagt hast, ist Teil der huma- nistischen Psychologie, da gab es nichts Spirituelles in deinem Vortrag.“ Es gab keine wirkliche Antwort. Spiritualität ist in, allzu oft wird spirituell genannt, was Teil normaler Psychologie und Selbsterfahrung ist. Das Ziel der spirituellen Reise ist doch immer schon Erleuchtung zu finden oder Aufwachen, egal wie man es nennt. Wenn man jemanden, der schon jahrelang meditiert, fragt, ob er es nicht täte, um aufzuwachen oder Erleuchtung zu finden, kann es sein, dass man nur Erstaunen erntet. Deswegen weil ihm Erleuchtung sowas von weit weg und unerreichbar erscheint, dass er es noch nie auch nur in Erwägung gezogen hat, dass es in diesem Leben möglich sein könnte.

Was ist Spiritualität? Die immanente Spiritualität. Es gibt die Spiritualität der diesseitigen Welt. Sie handelt von der Verbundenheit aller Menschen. Verbundenheit mit allen und allem, die gesamte Menschheit entfaltet sich als Ganzes in jedem Einzelnen. Es geht um Verantwortung und Liebe, denn die Liebe zu allen und allem ist die Antwort auf die Verbunden- heit, und gerade auch die Liebe zu dir selbst. Für viele bedeutet diese Spiritualität das Dasein einer größeren Macht, die uns hält

94 95 und trägt und unser Schicksal bestimmt. Wie offen sind wir für nicht das Aufwachen selbst. Aufzuwachen oder Erleuchtung zu das, was das Schicksal uns entweder schenkt oder manchmal finden bedeutet, dass die Stille, die Unendlichkeit zur bestim- zumutet, die Herausforderungen? Das Schicksal anzunehmen, menden und dauerhaften Weise des Daseins geworden ist. Dass das Gute genauso wie das Schlimme, auch im Bewusstsein, dass der Verstand komplett still wird. Nur dadurch ist der Zugang zu wir nie zu sagen wissen, ob aus dem Schlimmen mehr Gutes den tieferen Erfahrungen von unendlichem Frieden und einer entstehe als aus dem Guten, oder weniger. honigsüßen überwältigenden Glückseligkeit möglich. Wenn etwas zu tun ist, Aufgaben oder Probleme zu lösen sind, tritt Ich kann alles, was in meinem Leben geschieht, auch das die Stille in den Hintergrund und danach, auch oft währenddes- Schreckliche, auch das Scheitern und die Krankheit als eine sen, kommt sie von alleine wieder in den Vordergrund, erfasst Möglichkeit des Wachstums, als eine Herausforderung ansehen und überflutet dich. Die Wahrnehmung weitet sich, es wird nicht und ergreifen. Weil ich weiß, dass viele Dinge des Lebens zwar mehr alles auf ein ICH bezogen. Daher fallen alle Ich-bezo- Schmerz erzeugen, der zum Leben gehört wie die Freude und genen Gedanken weg. Es ist ein Leben in diesem Augenblick, die Lust, dass aber dieser Schmerz erst zu einem Quell großen der unendlich ist. Der zugleich wirkliches Leben ist, vollstän- Leides wird, wenn ich ihn bekämpfe und ablehne, mich dadurch dige und tiefste Lebendigkeit. Nicht verwässert und getrübt verkrampfe und innerlich vor Groll und Ärger wie zerfressen von Gedankenwolken, Befürchtungen und Vorstellungen über werde. Zukünftiges und Vergangenes. Die transzendente Spiritualität, die Spiritualität des Aufwachens Viele halten eine kurzfristige Erfahrung des Aufwachens, die Als Zweites gibt es die Spiritualität des Aufwachens. Aufwa- wieder verschwindet, für das Aufwachen selbst. Manche schrei- chen bedeutet, den inneren engen Raum des Denkens, der Vor- ben dann, dass das Aufwachen nicht so wichtig wäre, weil es stellungen und Phantasien, der sinnlichen Wahrnehmungen, des sowieso wieder verschwinden würde und dass das einzige Ergeb- Hörens, des körperlichen Spürens und auch das Reich des Füh- nis des Aufwachens wäre, dass man dadurch befreit würde, dass lens zu überschreiten; denn darüber hinaus gibt es einen grenzen- man nichts mehr zu suchen bräuchte und dergleichen Unsinn losen Raum zu erfahren, eine vollkommene tiefere und realere mehr. Das Schlimme daran ist, dass sie den Menschen, die Wirklichkeit, Grenzenlosigkeit und Zeitlosigkeit. In dieser Tiefe den Mut haben, zu ihrer inneren Sehnsucht nach Ganzsein und erfährst du dich als Unendlichkeit, voller Frieden und in einer Einssein zu stehen und diese nicht in Banalem oder Flüssigem Glückseligkeit, die dir vorher unvorstellbar war. Dies war und betäuben und ertränken, diese Sehnsucht versuchen auszureden, ist seit vielen Tausend Jahren das Ziel derjenigen, die bewusst und damit genau das tun, was in unserer Gesellschaft überall auf diese innere Reise gehen. Warum auch sollte man sich mit geschieht, nämlich die Sehnsucht zu betäuben und Ersatzobjekte weniger zufrieden geben? Das täte nur der, der die Realisierung zu finden. dieses Zieles nicht für möglich halten würde. Oder für möglich vielleicht, aber nur für andere und nicht für sich selbst. Ist dieses Aufwachen denn möglich und eine reale Das also ist das Aufwachen. Das Aufwachen ist NICHT, wenn Perspektive? jemand diese Erfahrung der Stille und Unendlichkeit für eine Ja, es ist möglich. Nahezu in jedem meiner Retreats oder Semi- halbe Stunde oder auch für einige Wochen oder sogar ein ganzes nare wacht jemand auf, manchmal mehr als ein Dutzend. Das ist Jahr erfahren hätte und es dann wieder verschwinden würde. eine Intensität des Aufwachens – und ich spreche von wirklich Dann wäre es eben nur eine Erfahrung der Stille gewesen und stabilem Aufwachen, die meisten dieser Menschen begleite ich

96 97 in der Arbeit weiter und erfahre so, dass die Stille und das Auf- Wahrnehmungen einzuordnen und vor allem mit Gefühlen, Kör- wachen mit den Jahren bleibt und sich sogar vertieft – die mir perempfindungen, Phantasien, Bildern und Gedanken heilsam, selber immer wieder den Atem verschlägt. und das Aufwachen fördernd, umzugehen. Ein Beispiel: Jeder möchte den manchmal quälenden und meistens lästigen Gedan- Der Weg zum Aufwachen, der kein Weg ist, weil es hinein führt kenstrom beenden und stattdessen inneren Frieden finden. Wenn in genau diesen Augenblick, der jetzt schon ist, hat zwei Seiten. man die Zusammenhänge von Gedanken, Gefühlen und Körper Für jeden ist klar, dass Aufwachen nicht gemacht werden kann, genau kennt, weiß man: Ich kann gegen die Gedanken nichts es ist ein Geschenk und das Ergebnis vollständiger Hingabe und direkt ausrichten. Ich kann aber meine Aufmerksamkeit auf das innerer Öffnung. Es soll nicht mehr nach dem eigenen Willen Fühlen richten, dem Gefühl ganz dem Raum überlassen, mich gehen. Hingabe ermöglicht ein vollständiges Loslassen. Das ist von dem Gefühl erfassen lassen. Dadurch fühlt es sich aus, löst die wichtigste Voraussetzung zum Aufwachen. die Anspannung, die das Gefühl zuvor festgehalten hat, löst den Dann gibt es aber eine zweite Seite, die ich manchmal die „tech- Körper und die Seele und lässt Gedanken stiller werden. nische Seite“ nenne. Auch wenn jemand ganz entschieden los- lassen will, bereit ist alles zu fühlen, was auftaucht und sich Loslassen, um zu wachsen so reicht ganz dem inneren Geschehenlassen überlassen möchte, Es folgen einige gekürzte Abschnitte über das Loslassen, das diese Entscheidung alleine nicht aus . Auch der richtige Satz, Lebendig-Werden und Aufwachen aus meinem neuen Buch: der immer wieder zu hören ist: „Du brauchst nichts zu tun, um „Ein Kurs in wahrem Loslassen. Durch das Tor des Fühlens zu hilft ihm nicht weiter aufzuwachen“ . Wenn er doch bloß in der innerer Freiheit.“ Arkana Verlag 2016 Lage wäre, nichts zu tun! Stattdessen ist der Atem blockiert und verhindert ein Fließen und vollständiges Fühlen. Dem Gedan- Leben ist Wachstum. Es geschieht von allein. Aber es kann kenstrom und Bildern ist er hilflos ausgeliefert. Was ihm helfen behindert und blockiert oder durch gute Bedingungen gefördert würde, sind Übungen des Geschehenlassens und Loslassens. werden. Das Buch handelt von dem Ballast, den jeder mit sich Die meisten, auch die meisten spirituellen Übungen verlaufen herumträgt, von innerem Druck und innerer Hetze, von Gelas- nach dem Muster: Ich tue etwas, um etwas zu bewirken. Und senheit und innerer Freiheit, von Langeweile und Kreativität – solche Übungen helfen nicht weiter. Sie verstärken das Ich, das und vor allem handelt es von einem authentischen Leben und etwas tut. Stattdessen sind Übungen des Geschehenlassens und von dem, was einem dazu verhelfen kann. Das Buch handelt Loslassens nötig, und diese Übungen sind Grundlage meiner zugleich von der Liebe. Es handelt von der Liebe, die nichts will Arbeit, und das ist einer der wichtigsten Gründe, weswegen und nichts braucht. Es handelt vor allem von der Liebe zu dir die Arbeit so erfolgreich ist. Ein anderer Grund ist die kompro- selbst. Diese Liebe zu dir selbst darf wachsen, von allen Gefüh- misslose Klarheit. Man wird nirgendwo sonst so viel Klares und len ist sie die größte Kraft – und sie ist viel mehr als ein Gefühl. Einleuchtendes über die Struktur des Aufwachens selbst und Wenn die Liebe zu dir wächst, wird alles andere leichter, ja über den Weg und die einzelnen Schritte dahin finden. Für den manchmal erst möglich. Sie führt zu einem freien Leben, sodass Einzelnen hat das eine ungeheuer wichtige Konsequenz: In der du im Einklang mit dir selbst und mit den anderen sein kannst. Arbeit entwickelt sich immer mehr der innere spirituelle Freund Die Liebe zu dir selbst ist der Weg zum Glücklichwerden. und der innere Lehrer. So entstehen wirkliche Einsichten – die noch wichtiger sind als die Übertragung von Energie – sodass Ich schreibe über den Unterschied von einem »Loslassen«, das der Einzelne immer mehr in der Lage ist, selber seine inneren einfach vergessen will, dabei aber alles nur ins Unbewusste, in

98 99 den Untergrund verdrängt, und einem wahren Loslassen, das zur Ein Weg zu tieferem Sein und Glück Freiheit führt. Das wahre Loslassen macht leichter und freier und gleichzeitig erfüllter. Aus eigener Erfahrung und aus der Erfahrung mit hunderten Dabei stehen das Fühlen und der Umgang mit dem Fühlen im Teilnehmerinnen und Teilnehmern meiner Seminare und Ret- Mittelpunkt. Wer seinen Gefühlen mehr Raum gibt – der Freude reats weiß ich: Über die alltägliche Gedankenwelt, die Bilder und dem Schmerz, der Lust und der Angst, der Wut und der Hei- und Fantasien, die Gefühle und Körperempfindungen hinaus terkeit und vielen mehr –, gewinnt einen großen Teil seiner inne- gibt es ein tieferes, ein erfüllendes Sein. Seit vielen Tausend ren Ressourcen zurück, die bisher brachlagen. Das Fühlen macht Jahren sind die Menschen auf der Suche nach diesem tieferen einen Großteil des Reichtums dieses Lebens aus und öffnet auch Sein, nach Erleuchtung oder Aufwachen, und seit ebenso langer das Tor zur Freiheit. Zeit gibt es Menschen, die in diese tiefere Realität hineinge- funden haben: Buddha, Sokrates, Laotse, Jesus, Meister Eck- Jahrzehntelang habe ich Menschen auf ihrem Weg der Verände- hart, Johannes Tauler, Ramana Maharshi, Krishnamurti, Martin rung begleitet und dabei erforscht, wie menschliches Wachstum Luther King. geschieht. Die »7 Schritte des Loslassens« sind das Ergebnis. Es gibt in der ganzen Welt zahlreiche Wege, spirituelle Wege Wenn man das Wertvollste der Psychologie und der spirituel- und die Psychologie, und ich hatte das Glück, sehr viele dieser len Wege miteinander verbindet – das ist seit 20 Jahren mein Wege zu erlernen. Ich habe mich gefragt: Was ist das Wesentli- wichtigstes Anliegen – kann man viele praktische Methoden che, das dem Einzelnen wirklich weiterhilft, sich zu verstehen und Übungen entdecken und entwickeln, die helfen, lebendig zu und zu wachsen? Als Antwort sind diese »7 Schritte des Los- werden und mit sich in Einklang zu kommen. Wenn man dann lassens« entstanden. Viele kennen sie als die »7 Schritte zum noch weitergehen will, kann man in der eigenen inneren Tiefe Aufwachen«; mit dem jetzt vorliegenden Buch sind diese sieben ein tieferes Sein, eine vollständigere Freiheit und wirkliche Schritte viel konkreter geworden und mit zahlreichen, bisher Gelassenheit finden. Für beides – für die Lebendigkeit und den unveröffentlichten und neuen Übungen versehen, sodass sie inneren Einklang einerseits und das Aufwachen andererseits – noch wirkungsvoller dabei helfen, das menschliche und persön- gibt es nichts, was wichtiger wäre als das Loslassen. liche Potenzial zu entfalten. Es ist ein Weg zu Authentizität und Lebendigkeit, es ist ein Weg, der mitten hineinführt in das Leben und dann weiter und darüber Ein Übungs- und Erfahrungsweg hinaus zur Entdeckung eines tiefen inneren Glücks und einer Es ist ein praktisches Buch, mit dem man arbeiten kann, ein Kurs tiefen Gelassenheit, eines tiefen Friedens – ein Weg zu dem, was mit vielen Übungen, die sich gut allein machen lassen. Natürlich immer schon Ziel der menschlichen Sehnsucht war: aufzuwa- kann man dies über längere Zeit auch zu zweit in Form einer chen oder Erleuchtung zu finden. regelmäßigen Partnerarbeit machen. In vielen Städten gibt es Das Buch will alle auf diese Reise einladen. Es ist ein Buch für bereits Bewusstheitsgruppen, in denen sich Menschen treffen, den Kopf und das Herz. Es ist ein Buch fürs Verstehen und Ver- um sich gegenseitig bei diesen Übungen zu unterstützen. Sie ändern. Es ist ein Buch für dich selbst. Ich wünsche mir, dass du werden von kompetenten, bei mir ausgebildeten Trainern gelei- das Buch aus der Hand legst und ein anderer Mensch geworden tet werden. Dort kann man Unterstützung beim Üben bekommen bist. Eigentlich gar nicht ein anderer, sondern genau der Mensch, oder über ein bestimmtes Thema oder Problem, das auftaucht, der du bist, der bisher nur noch nicht so sichtbar war, sich noch sprechen und damit arbeiten. nicht ganz zeigen konnte.

100 101 Die Reise geht weiter oder um die Übungen fundierter kennenzulernen –, findet auf der Website www.karen-horney-institut.de unter Mentoren und Selbstverwirklichung, Erleuchtung, Aufwachen oder Erwachen: BITEP-Therapeuten eine Liste von bei mir ausgebildeten, quali- Die Worte bezeichnen alle dasselbe. Der Weg ist keine Abwen- fizierten Personen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. dung von der Welt, sondern setzt ganz im Gegenteil Lebendig- keit und ein authentisches Leben voraus. Diese tiefgreifende Schlussbemerkung Transformation geschieht in den letzten Jahren in meinen Semi- Soweit einige Abschnitte aus dem Buch. Geschehenlassen heißt naren immer häufiger, in nahezu jedem wachen mehrere Men- auch: der Suchende tut nichts, und dennoch bleibt nichts unge- schen auf. Hätte jemand das vor 20 oder 30 Jahren prognos- tan, um ein Wort von Laotse etwas abzuwandeln. Es macht tiziert, man hätte gedacht, er leide unter Realitätsverlust. Das Schluss mit der Ratlosigkeit, die der Satz „du brauchst nichts zu Aufwachen verbreitet sich, ziemlich leise, und es beginnt gerade tun, um aufzuwachen“ hinterlässt“. Das Buch kann das Aufwa- erst langsam in der Mitte der Gesellschaft anzukommen und ein chen weiterverbreiten und intensivieren. Teil des öffentlichen Diskurses zu werden – wieder zu werden, muss man sagen, weil es das früher eigentlich immer war.

Retreats www.zeitundraum.org Wer an Seminaren und Retreats oder Weiterbildungen mit mir interessiert ist, findet Informationen unterwww.zeitundraum.org und www.karen-horney-institut.de. Im Sommer finden 14-tägige Retreats statt; über das Jahr verteilt und in verschiedenen Städ- ten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz finden fünftä- gige oder Wochenend-Seminare statt. Es gibt auch dreijährige Fortbildungen, in denen man Methoden und Übungen zu den „7 Schritten des Loslassens“ erlernt – für sich selbst und auch, wenn man will, um andere Menschen kompetent begleiten zu können. Übungspartner und Bewusstheitsgruppen Wer daran interessiert ist, die Übungen mit anderen zusammen zu machen oder Übungspartner zu finden, kann Gruppen in der Nähe unter www.zeitundraum.org/Bewusstheitsgruppen finden. Die Bewusstheitsgruppen werden von erfahrenen Personen geleitet, die lange Zeit bei mir ausgebildet wurden.

Einzelbegleitung Wer für eine Zeit lang an einer professionellen Begleitung inte- ressiert ist – als Unterstützung des persönlichen Wachstums

102 103 Sri Madhukarji

Wer ist der Meister? Ist das der Seinsgrund, die Essenz? Madhukar: Wenn das Ihnen dient, ja. Sie erwähnen manchmal die Nähe des Meisters... Madhukar: Ja, der Meister ist immer hier. Für mich ist das kein ‚wähnen’ sondern glasklar. Klarheit ist durchsichtig, darum übersieht das der Geist gerne und betrachtet lieber sich selbst. Der Meister kann die Gedanken betrachten, die Dinge, das Leben. Er kann im Leben stehen und sich an allem erfreuen. Madhukar: Sicherlich, Lebensfreude ist ein untrügliches Zei- chen von Meisterschaft. Haben Sie jemals einen Meister erlebt, der nicht in Freude erstrahlt? Der nicht voller Humor ist, voller Liebe? Nein. Madhukar: Wo Ernst ist, ist keine Meisterschaft, da ist Krampf und Kampf. Freude kann sehr still sein. Madhukar: O ja. Gilt das auch für die Zen-Meister? Da hört man Geschichten von sehr strengen und ernsten Meistern. Madhukar: Bitte erzählen Sie. Eigentlich stimmt das Attribut ‚ernst’ nicht, man hört nur von Strenge. Madhukar: Ich kenne persönlich nur drei Meister: Chögyal Namkhai Norbu, meinen ersten Meister, ein Lehrer des tibetisch- buddhistischen Dzogchen innerhalb des tantrischen Vajrayana. Er war sehr humorvoll und trank damals gern einige Gläschen

104 105 Wein mit uns. Er lebt noch, sein Geist ist glasklar. navischen Ländern prägenden Einfluss hat. Strenge hat meist in Sri H.W.L Poonja, mein Meister, der auch Löwe von Lucknow einer disziplinarischen oder religiösen Strömung ihren Ursprung, genannt wird, strahlte in gewaltiger Klarheit. Durch ihn hat sich sie kommt nicht aus der Wahrheit. Das ist meine Ansicht. Sie Advaita im Westen so weit verbreitet. Er war voll liebevoller haben womöglich Ihre eigene. Ich sage nicht, dass meine Erfah- Wärme, sehr gütig und mit einem fantastischen Humor geseg- rung exklusiv und allein gültig ist. net. Daneben konnte er allerdings auch unberechenbar reagie- Jeder von Ihnen ist Erwachen, also zögern Sie nicht zu sein. ren, in einer Art und Weise, die vom westlichen Menschen leicht Manchmal erscheint es mir, dass sich die Menschen von der als inakzeptabel, unverschämt, seine Meisterschaft zweifelhaft Gefangenschaft mehr angezogen fühlen als von der Freiheit. Und machend, angesehen werden konnte. Er war eben auch ein vor ihrem eigenen Feuer Angst, ja, Angst vorm Leben haben. großer Provokateur. Was auch immer Ihnen eingeredet wurde, ist nicht letztendliche Sri Ramana Maharshi, war sein Guru. Der Heilige vom Aruna- Wahrheit. Das, was Sie sind, ist unberührt und rein. Es brennt chala. Stille selbst. lichterloh. Ich war zwar nicht sein Zeitgenosse, was aber nicht heißt, dass * ich ihn nie gesehen hätte. Als ich vor drei Jahren bei sinkender Wie fühlt sich Einssein an? Ich habe schon viel über Ramana Abendsonne den Berg Arunachala hinaufstieg, saß er auf einem Maharshi und Advaita gehört. Was ist es für ein Zustand, mit halbhohen Felsen, ein Bein angewinkelt, nur mit einem Langotee allem eins zu sein? Existiert man dann nicht mehr? Wer bin ich bekleidet, auf seinen Spazierstock gestützt. Stille gemeißelt in dann? Gold. Wir schauten uns an. Sein Blick reinste Güte - ich weiß nicht, wie mir geschah. Bis ich aus dieser süßen Stille weiter Madhukar: ‚Ani l’dodi v’dodi li.’ Beim Hohelied des Salomon ging, den Pfad hinauf zum Skandashram. handelt es sich um erotisches Einssein, in Form eines Gedichts Das Schöne ist, diese Stille ist hier, wenn ich mir diese Bilder in im alten Testament, das vermutlich auf die sumerischen Frucht- die Erinnerung rufe. Welch kraftvolle Präsenz. barkeitsgötter Tammuz und Ishtar zurückgeht. Es lautet: ‚Meine Über Sri Ramana Maharshi wird der Mythos verbreitet, dass er Geliebte ist mein und ich bin der ihrige.’ nie sprach, nur still da saß, also das Bild des klassischen Erleuch- Sri Ramana Maharshi sprach über Advaita, absolutes Einssein, teten. Zweifelsfrei ist er Satguru. Mir war es möglich, einiges nicht über Zustände. Sie müssen schlechte Publikationen gele- über sein wirkliches Leben erfragen und anlesen zu können, da sen oder Menschen zugehört haben, die nur Halbwissen ver- ich jedes Jahr für einige Zeit in Tiruvannamalai weile, wo er breiten. Es geht um wahres Sein, um Wahrheit. Das Ewige, was lebte. Dabei kamen mir viele Berichte von seinen Zeitgenossen immer ist. zu Ohren, die ein erweitertes Bild von ihm zeichnen. Er war auch Es geht nicht um Zustände. Es geht um Sie. Denn wenn es voller Humor, hat den Besucher auch mal veräppelt, war sehr Ewigkeit gibt, wenn es Wahrheit gibt, müssen Sie Ewigkeit und eigen – und natürlich still, sehr still. Eine Stille, die jetzt noch Wahrheit sein. Sie sind, oder? spürbar ist und jedem dient, der zu dem heiligen Berg geht, den Ramana so liebte und an dessen Fuß sein Ashram liegt. Bhaga- Ja. vans Präsenz ist dort jetzt noch stark spürbar, als grosse Vitalität. Madhukar: Also geht es um Sie! Ramana Maharshi und auch Ganz sicher keine Strenge. Strenge kommt aus Dogmatismus, ich verweisen Sie auf das Selbst. Wir laden Sie freundlich ein: beispielsweise dem Protestantismus, und insbesondere dem Beenden Sie Ihre Halbherzigkeit, Ihr Halbsein, weder lebendig Calvinismus, der in der Schweiz, in Holland und in den skandi- noch tot, weder glücklich noch unglücklich. Weder Fisch noch

106 107 Fleisch, wie Christus es nannte. Körper ist vergänglich. Er kam, ist und wird gehen. Auch Gedan- Nützen Sie einen Moment, den Bruchteil eines Moments, um ken kommen und gehen. Sie sind immer mit Emotionen ver- herauszufinden, wer Sie sind. Wir laden Sie ein, in Frieden zu knüpft, die im Organismus eine Reihe biochemischer, durchaus leben. Mit sich selbst und allem. Advaita heißt wortwörtlich: lebenswichtiger Reaktionen auslösen. Auch Gefühle kommen Nicht-Zwei, Nicht- Dualität, also Einssein. und gehen, sie sind nicht ewig. Also sind sie nicht wirklich. Sehr günstig für Erkenntnis ist Selbstergründung. Selbstergrün- Und was ist unter Einssein genau zu verstehen? dung, die einfach angewandt wird durch die Frage: ‚Wer bin Madhukar: Es ist überhaupt nicht zu verstehen. Der Verstand ich?’. Indem wir aus diesem Gedankentraum, diesem Wach- hat keinen Zugang zum Einssein, weil der Verstand auf Tren- traum erwachen und ergründen: „Wer bin ich, der Gedanken nung, auf Dualität aufgebaut ist. wahrnimmt, in dem Gedanken stattfinden, kommen und gehen? Wer bin ich, in dem Gefühl aufsteigt und vergeht?“. Wir wenden Was ist Einssein für ein Gefühl? uns also von der eingebildeten Person ab. Ich sage jetzt ‚einge- Madhukar: „Es gibt nur das eine Sein“, sagte Parmenides, der bildete’ Person, das mag für Sie vielleicht noch nicht klar sein. frühgriechische Vater europäischen Denkens, der in Elea in Süd- Selbstergründung ist aber das Wirkungsvollste, das Ihnen Klar- italien lebte. heit ermöglicht! Einssein hat mit Gefühl nichts zu tun, Gefühle kommen und Die andere Möglichkeit ist Hingabe. Hingabe scheint für den gehen in dem, was immer ist. Aber um Sie zu inspirieren, sage westlichen Menschen schwerer zu sein. Meiner Erfahrung nach ich mal: Es ist ein übergeiles Gefühl! Oder ein angenehmes, ein geschieht durch wahrhaftige Selbstergründung Hingabe ganz gutes, ein friedliches, ein authentisches. Ich verweise gerne auf von selbst. Da es Ihr Ziel ist, glücklich zu sein, verweise ich die Geiß, die im Märchen sagte: „Ich bin satt, ich mag kein Blatt, auf Selbstergründung. Papaji spricht vom Vogel, der mit Hilfe mäh, mäh!“. Fülle und Zufriedenheit sind nämlich auch recht der beiden Flügel Selbstergründung und Hingabe in die Freiheit gute Beschreibungen. fliegt. Auch unser Logo zeigt diesen Vogel der Freiheit. Ich kann sagen, dass in meinem Leben alles andere als Liebe * und Glück Schmarrn’ waren, Unsinn, Hirngespinst, Zeitver- schwendung, Selbstbetrug, letztlich Illusion. Für Sie mag das Im Satsang verweisen wir immer wieder auf das Selbst, unser anders sein. Das respektiere ich. natürliches Sein – anstrengungsloses, müheloses Dasein. In unserer Tradition heißt das Sahaja Samadhi, ein Begriff aus dem * Sanskrit. Wir verweisen auf das Ewige, das Immerwährende, was jetzt ist: Das. Es ist weder erklärbar noch beschreibbar und Ist da noch jemand, der das Selbst wahrnimmt, oder bin ich das? auch nicht erfahrbar. Und doch sind wir Das. Ein jeder von uns. Madhukar:Berichten Sie mir. Ist da noch jemand, der Es klingt vermutlich absurd, wenn ich sage, es ist nicht erfahrbar wahrnimmt? und ich bin es doch. Ein Körper ist hier, ein Gehirn, das mehr oder weniger aktiv ist, also Körper und Geist – und dieses Unbe- Manchmal schon. Manchmal wiederum ist der Eindruck da, schreibliche, die bis heute von der Wissenschaft nicht erklärbare dass das Gewahrsein einfach ist. Lebenskraft. Normalerweise ist unser Bewusstsein geprägt von Madhukar: Und jetzt? Identifikation mit Körper und Geist, mit Gefühlen und Gedan- ken. Aber wir wissen, dass dieser Körper nicht ewig ist. Der Jetzt ist nur Gewahrsein da.

108 109 Madhukar: Jetzt ist Gewahrsein hier und manchmal war in der So sind wir aufgefordert, uns zu begegnen, Anteil zu nehmen. Vergangenheit Gewahrsein da, das Eindrücke hatte. Eindrücke Sie können Fragen stellen oder Sie können mir Ihre Erfahrungen kommen und gehen. Gewahrsein ist immer. Wir wissen, dass mit der Essenz des Lebens schildern. Das interessiert mich sehr. nicht alles, was wir Wahrnehmung nennen, wahr ist. Wir haben Wie erkenne ich mich selbst? zwar durch das Wort sprachlich festgelegt, dass wahr ist, was wir für wahrnehmen. Vermutlich ist es aus Unsicherheit geschehen Madhukar: Das ist eine gute Frage. Es gibt da ein kleines Pro- oder aus der Befürchtung, dass nicht wahr ist, was wir für wahr blem. Wann immer Sie in sich hineinschauen, sehen Sie, wenn annehmen. Der aktuelle Kenntnisstand der Wissenschaft ist, dass Sie dabei nicht sehr bewusst sind, alte Konzepte und Ideen. Sie nicht wahr ist, was wir denken, was wir sehen, was wir fühlen. sehen nur, was Sie durch Erfahrungen angesammelt haben, was Alles sind lediglich Erscheinungen, wie Wellen im Ozean. Groß, Sie gelernt haben von Ihrer Kultur: Ihren Eltern, Ihren Lehrern, klein, beeindruckend, unwichtig, Furcht einflößend, erfreulich, den Massenmedien. Sie sind wie ein Roboter programmiert schön, beängstigend – der Ozean ist davon gänzlich unberührt. und dadurch begrenzt. Ihre Sinneswahrnehmungen beleben Sie Die Oberfläche mag gekräuselt sein, aber selbst sie ist unverletzt. einerseits und begrenzen Sie andererseits. Nur die Arroganz des Egos will nicht akzeptieren, schwätzt von Alles, was Sie erfahren haben, kam über die Sinnesorgane: wahr, unwahr, falsch, richtig, gut, böse, schlecht, usw. Augen, Ohren, Nase, Mund und Haut. Wirkliche Essenz ist nicht Ihr wahres Selbst ist Das, in dem Sprache erklingt und aushallt, mittels der Sinne oder des Verstandes erfahrbar. Dennoch ist es Begriffe angenommen werden und verschwinden, Gedanken ganz einfach, sich selbst zu erkennen: weil Sie hier sind! kommen und gehen, Gefühle erscheinen und vergehen: einfach, Ihre Frage war gut. Noch besser wäre es zu fragen: „Wer bin rein, wunderbar. ich?“ Denn dieses ‚Wer’ führt zu Ihnen selbst. Bitte stellen Sie * sich diese Frage. Dann können wir gemeinsam ein paar Schritte gehen. Verstehen Sie die Frage? Diese Stille, die einige von Ihnen ängstigt, bedrückt oder verle- Mir fehlt nur die Antwort. gen macht, ist das Kostbarste, das es gibt. Es ist die Essenz des Seins, die Grundlage des Lebens. Madhukar: Wer sieht, dass da keine Antwort ist? Wenn Sie Erkennen der Stille heißt nicht, immer zu schweigen, sich sagen: „Mir fehlt die Antwort“, muss es einen Zeugen geben, zurückzuziehen in ein Kloster im Chiemgau oder in eine Höhle der sehen kann, dass Sie keine Antwort haben. Wer ist das? im Himalaya. Der Fluss der Gedanken, der innere Lärm, der mentale Müll - sie hören auch dort nicht auf. Stille heißt, völlig Was ich jetzt wahrnehmen kann, geschieht durch die Sinne, die unabhängig von Gedanken und Gefühlen zu sein, ganz natürlich. mir zur Verfügung stehen. Ich bin nicht gekommen, um einen Vortrag zu halten. In punkto Madhukar: Es muss eine noch tiefere Dimension geben, die das Erwachen würde das Ihnen wenig nützen. Denn alles, was Sie sieht, die Sie wahrnehmen können. Es muss also einen Wahr- von außen bekommen, was Sie lernen, wird wieder gehen. Was nehmenden geben, der tiefer ist, als die begrenzte Person. Ich Sie hier herausfinden können, ist das, was immer schon war und ziele jetzt auf das Bewusstsein, das sieht, wovon Sie gesprochen immer sein wird. Nämlich Ihr wahres Selbst. Das brauchen Sie haben. Wer ist das? nicht zu erlernen, es ist schon hier. Ich werde keinen Vortrag halten, weil alle Philosophien und Religionen die Welt nicht Es ist für mich spürbar, aber ich kann es nicht ausdrücken. nachhaltig positiv verändern konnten.

110 111 Madhukar: Was für Sie spürbar ist, ist hier. Können wir uns Madhukar: Ich würde es Fülle nennen. darauf einigen? Ja, aber da ist auch noch jemand, der das wahrnimmt. Ja. Madhukar: Sehr gut! Madhukar: Können wir es Bewusstsein nennen? Und zu dem, der das wahrnimmt, gehört ein subtiles Ego. Warum Ja. gibt es diesen Qualitätsunterschied? Madhukar: Bewusstsein sieht oder spürt. Wir müssen diese Madhukar: Weil der Wahrnehmende nicht völlig verschwunden Art von Worten wählen, denn die Sprache bezieht sich auf den ist, sich nicht völlig aufgelöst hat in der Wahrnehmung selbst, in Bereich der Sinne. Sie weist immer auf Fühlen, Sehen oder dieser Stille. Weil eine Trennung besteht zwischen Subjekt und Hören hin. Mit Sprache kann man nicht beschreiben, was jen- Objekt. Wenn Stille absolute Wirklichkeit ist, verschwinden Sie. seits der Sinneswahrnehmung ist. Es bleibt uns nichts anderes Essenz ist. Einssein. Keine Dualität zwischen Erscheinung und übrig als Worte zu gebrauchen. Sie spüren Ihren Körper? Subjekt. Ich nehme meinen Körper wahr. Da verschwindet sozusagen die Wahrnehmung als solche, man nimmt sie nicht mehr wahr. Madhukar: Gut. Der Körper ist hier. Er wird gesehen. Können Sie auch Ihre Gedanken sehen? Madhukar: Es ist nur Einheit. Es kommt vor, dass man sich auf- löst, und keine Wahrnehmung des Körpers vorhanden ist. Aber Ja. auf dieses Mysterium möchte ich jetzt nicht eingehen. Es geht Madhukar: Ein Gedanke kam, ist hier und geht. Der Gedanke, um das Natürliche. Auch in der Einheit funktionieren Körper der vorher hier war, ist vergangen. Mir geht es um das Bewusst- und Wahrnehmung normal. Nur sind da absolute Klarheit, Fülle, sein, das mehr Tiefgang hat, als Ihre Gedanken und Gefühle. und ein zweifelsfreies Sein. Bisher haben wir uns meist mit ihnen identifiziert. Uns wurde Kann ich es vergleichen mit dem Zustand im Tiefschlaf, in dem anerzogen, dass es eine Person gäbe, das Ich. Fakten schienen man auch nichts wahrnimmt? das zu belegen: Geburtstag, Mein und Dein, usw. Für die meis- ten gibt es folglich die Person, und durch diese Identifikation Madhukar: Es gibt drei Basiszustände: Wachzustand, Traum- entstehen Probleme. Sonst wäre jeder glücklich. Das ist aber zustand und Tiefschlaf. Und da gibt es einen Vierten: den Tag- leider nicht so. traum. Der kann zur Krankheit werden. Tagträumen findet unge- Gerade für junge Menschen ist es sehr wichtig, das zu reflektie- fähr zehn Millionen Mal pro Tag statt. So oft verlieren Sie sich ren, weil sie meist annehmen, dass das große Glück erst später in Illusionen, in Gedanken, an die Zukunft, in Wünschen und kommt. Dass die meisten Erwachsenen jedoch nicht wirklich Erwartungen, in Vergangenheit, freudigen oder bedrückenden glücklich sind, sondern frustriert und desillusioniert, dämmert Erinnerungen. Wir verlieren uns an etwas, das uns gestört hat, den meisten davon. das man hätte anders machen sollen, also an Selbstmitleid und Selbstvorwürfe. Meistens schleppen wir einen ganzen Sack Wenn ich ganz still bin und die Ich-Wahrnehmung verschwindet, unerfreulicher Gedanken aus der Vergangenheit mit uns herum. bleibt eine Wahrnehmung von Stille, die sich qualitativ unter- Ich finde, das ist absolut unnötig, denn im Jetzt gibt es überhaupt schiedlich anfühlt. Manchmal kommt ein Gefühl dazu wie: Es fehlt nichts mehr. 112 113 nichts Unerfreuliches. Wenn das Jetzt Sie interessiert – hier ist es zu haben. Wenn es Sie nicht interessiert, dann sagen Sie mir bitte den Grund dafür. Was ist denn kostbarer als Glücklichsein? Manche verbringen Jahre damit, sich nicht gut genug zu fühlen, neidisch zu sein, eifersüchtig zu sein. Natürlich gibt es auch eine Freude dazwischen. Doch leider schaffen wir häufig negative Zustände. Ich behaupte, dass jede Sekunde, die Sie nicht zufrie- den sind, verschwendet ist. Zurück zu Ihrer Frage. Für Sie hat sich im Tiefschlaf der Körper scheinbar aufgelöst, die mentale Aktivität hat sich reduziert, was für Sie allerdings kaum wahrnehmbar ist. In der Traumpha- se hingegen, geht die Schöpfung schon wieder los. Ist es Ihnen schon einmal passiert, dass Sie einen Traum ein paar Nächte später fortführten? Ja. Madhukar: Interessant ist, dass unser Gehirn die Fähigkeit hat, alltägliche Realität wirklichkeitsgetreu im Traum zu erschaffen. Was Sie jetzt sehen, könnten Sie exakt auch so träumen. Außer- dem ist es möglich, Träume zu erleben, in denen die Gesetzmä- ßigkeit von Zeit und Raum aufgehoben ist. Darüber hinaus sind Phantasmagorien im Traum und Wachbewusstsein möglich. Alles, Universum, Multiversum – nur ein Gedanke.

www.madhukar.org

114 115 Gaia

Quickie Ich bin jetzt hier. Ich kann nicht sagen, wer oder was ich bin. Oder ich könnte vieles sagen darüber und nichts würde so wirk- lich zutreffen. Wir kennen das ja aus vielen Büchern: Raum, Bewusstsein, Bewusstheit, das was da ist, bevor irgendwas erscheint, und so weiter … blablabla … Es könnte höchstens beschrieben werden, welche Empfindun- gen, Gefühle und Gedanken auftauchen, wenn die Aufmerksam- keit sich mit dem beschäftigt, was ich bin. Was dann auftauchen kann, wäre so vielfältig und unterschiedlich, dass es nicht wirk- lich etwas aussagt. Und das ist oft die Krux der Erleuchtungssu- chenden, wenn sie Beschreibungen von Erleuchteten hören und diese dann mit den eigenen Erfahrungen nicht übereinstimmen. Denn wie die Erfahrung gerade jetzt für den Erleuchteten ist, kann man gar nicht wissen. Man weiß nicht mal, ob sie so war, als er sie aufgeschrieben oder ausgesprochen hat. Man weiß nicht mal, ob der Erleuchtete erleuchtet ist. Wenn überhaupt, kennt man nur seine eigene Erfahrung. Es gibt tatsächlich sowieso nur die eigene Erfahrung, und es ist nicht mal eine eigene. Es ist nur die Erfahrung, die ich gerade bemerke. Mehr ist hier einfach nicht: nur die Erfahrung und ich. Öfter kommen Leute zu mir (als Gaia) und sagen: „Mich gibt es ja nicht!“ So ein Quatsch! Natürlich gibt es dich! Ganz klar! Du kannst nicht verleugnen, dass es dich gerade hier gibt, denn du erlebst die Erfahrung. Du kannst es zwar verleugnen, aber es stimmt nicht. Du kannst es „advaitisieren“, begründen, erklä- ren, demonstrieren, egal was – du bist einfach da und bemerkst. Noch besser gesagt, ich bin da und bemerke, denn wie (durch welche Filter und Färbungen) du es erlebst, weiß ich gar nicht. Selbst wenn es so aussieht, als würde kein Bemerken stattfin- den … ich bin da – immer und immer bin ich da. Und das, was ich bin, ist nicht das, was wahrgenommen wird: also nicht die Person, der Körper oder die Empfindungen.

116 117 Ich bin da, absolut unerschrocken und seit ewigen Zeiten. Und ich weiß nicht, wie sich das anfühlt. Ich bin mittendrin! Mit- tendrin im Leben und der Liebe. Aber ich bin kein Gefühl, kein Gedanke. Ich bin dieses Unbestimmte, Feine, nicht Wahrnehm- bare. Und nichts wäre da, wenn ich nicht da wäre. Und da ich da bin, kann es so sein, wie es ist. Es ist unendlich viel Platz da – sogar so viel Platz, dass ich vergessen kann, dass so viel Platz da ist. Das ist ja gerade das spannende Spiel! Ich kann so tun, als hätte ich vergessen, kann mich getrennt fühlen von mir selbst und mich nach mir sehnen. Wie geil ist das denn? Ich kann so tun, als suche ich mich, als hasse ich mich, als schäme ich mich, als bin ich depressiv, oder es kann sich andersrum abspielen, als hätte ich mich gefunden, wieder erinnert, bin glücklich und erleuchtet! Ja! So viel Platz ist da für das ganze Spiel! WOW! Stell dir kurz vor, für einen Moment würden alle Lebewesen mal kurz anhalten und das bemerken, was sie wirklich sind – dieses Feine, dieses Ewige, dieses Bedingungslose –, und einen Augenblick in dieser Erkenntnis verweilen. Stell es dir vor! Erlebe es! Und bemerke, dass es schon längst so ist. Ja! Es ist so! Es braucht nicht so zu werden! Wir müssen nicht warten. Alles Warten ist vergebens. Ich erinnere mich gerade an die Satsang-Zeiten mit meinem Mentor in Australien. Die meisten Australier haben eher eine raue Ausdrucksweise. Also nicht so fein und empfindsam … Isaac sprach oft vom „inneren Kuss“. In einem Satsang saß eine Frau bei ihm und sagte: „Isaac, du sprichst von diesem inneren Kuss. Ich muss dir widersprechen, denn für mich ist es so, als fickt mich das komplette Universum!“ Ist das nicht geil? Gevögelt vom Universum! Stell es dir kurz vor! Ja, es ist so! Die ganze Zeit durchdrungen von Liebe. Alles ist durchdrungen davon! Es ist also doch kein Quickie, sondern ein multidimensionaler unendlicher Orgasmus! Und nicht ver- gessen: Verhütung geht da nicht, und Papier ist geduldig. www.gaia-satsang.com

118 119 Nabala

Liebe und Mitgefühl, wahres Mitgefühl, so wie es hier verstanden wird, kann nur aus der Einsicht kommen, dass es nichts Getrenntes gibt. Dann ist das Mitgefühl nicht nur auf die sogenannten Opfer gerichtet, son- dern ebenfalls auf die sogenannten Täter und fließt aus dir ohne, dass dafür etwas getan werden müsste. Denn das, was hier IST, kennt keine Trennung - kennt weder Opfer noch Täter, sondern ist hier als der stille, unwandelbare Zeuge allen Geschehens. In dieser stillen Bezeugung ist so eine unendliche, bedingungslose Liebe, die weit über das menschliche Verständnis hinausgeht. In dem Zusammenfallen der eingebildeten Identität - also von dem Bild, das sich scheinbar vor das, was vollkommen leer ist, gestellt hat - ist Mitgefühl und Liebe eine Natürlichkeit. Es muss nicht mehr geschaut werden, dass sich diese Qualitäten entwi- ckeln, um alle zu lieben und immer in Mitgefühl zu schwelgen, sondern es ist sozusagen ein Produkt, das dabei herauskommt, sobald die wahre Natur verwirklicht ist. Nicht, dass die wahre Natur verwirklicht werden müsste, denn sie hat keine Ahnung von Verwirklichung und ist bereits verwirklicht und war noch nie nicht verwirklicht und doch muss die Idee der Getrenntheit zusammenfallen, um dich als das EINE wieder zu erkennen. In diesem Erkennen verschwindet der Erkennende und was bleibt, ist das, in dem noch nie auch nur eine einzige Bewegung statt- gefunden hat. Als das EINE SELBST zu verweilen, lässt die Liebe heraus- strömen ohne Absicht, ohne Wollen ohne das Anstreben einer Veränderung oder der Idee, dass es irgendjemand gäbe, dem diese Liebe gehörte oder der diese Liebe benötigen würde. Und doch verströmt sie sich - so wie die Blume einfach ihren Duft verströmt und die Sonne ihre Strahlen auf alles scheinen lässt - ohne Ausnahme. Die Blume sagt nicht nein zu einem und zu einem anderen ja - sie verschenkt sich selbst mit ihrem Duft ohne Wissen - ohne Wollen - einfach, weil es ihre Natur ist, zu duften. Genauso wie die Sonne keine Wahl trifft, für wen sie ihre

120 121 wärmende Energie zur Verfügung stellt. Sie scheint bedingungs- als das Sehen selbst. Noch nie ist eine Person namens „ich“ in los auf alles und jeden. dem Körper als eigenständige Instanz gewesen. Dieses Mitgefühl kommt aus dem Inneresten ohne Gedanken Es ist das Unveränderbare EINE, aus dem alles kommt und in an Mitgefühl. Es ist ein Mitfühlen, ohne sich damit zu verwi- das alles wieder zusammenfällt und gleichzeitig alles ist und ckeln, ohne davon in der Tiefe getroffen zu sein und gleichzei- nichts davon. Es besitzt keine Attraktion, da es ein Nicht-Etwas tig in einer totalen Berührbarkeit - denn nichts ist getrennt von ist - also ist es für den Verstand nicht wirklich anziehend. Aber dir. Du bekommst alles ohne Filter mit, das bedeutet, dass du es ist die absolute Erfüllung, die von Erfüllung nichts weiß. Leer nichts mehr abweist, nichts mehr anstrebt, einfach das Leben, zu sein, niemand zu sein, ist der Segen. so wie es sich gerade zeigt, zu 100% in dir aufnimmst - als das, was hier IST, in seiner totalen Unveränderbarkeit. Dieses Mit- Niemand ist hier, um diese Leere zu bezeugen. Das Bezeugte gefühl kommt auch aus der tiefen Erkenntnis, dass hier nichts, im Unbezeugten. Lass alle Ideen hinter dir. Lass alles Wissen aber auch gar nichts, falsch ablaufen könnte, dass irgendjemand über Erwachen oder Erleuchtung sausen. Lass dich auf kein anders hätte handeln sollen oder dies oder jenes nicht hätte pas- neues Wissen ein. Vergiss die Ideen über dich und wie du sein sieren dürfen. In einem erwachten Bewusstsein ist solch ein solltest. Denn das, worüber du dir Gedanken machst, hat keine Gedanke einfach nicht mehr vorhanden. Und sollte doch einmal Realität. Die Wirklichkeit ist hinter den Gedanken, ist mitten solch ein Gedankengut auftauchen, so ist es sonnenklar, dass es in den Gedanken, ist vor den Gedanken, ist Hier, egal wie viele keine Wahrheit besitzt. Gedanken auch erscheinen mögen. Lass die Gedanken ziehen, wie die Wolken am Himmel. Sie sind nichts weiter als aufge- So ist es ratsam, nicht zu versuchen, mitfühlend zu werden, blähte Wattebausche, die in der Sonne des Bewusstseins zerflie- sondern das zu entdecken, was hier einfach und schon immer ßen. Sie sind nur genährt von der Energie, die ihnen zugeführt völlig unaufdringlich hier ist. Was alles mitbekommt, seit du als wird. Werden sie nicht mehr gespeist, verlieren sie an Bedeu- menschliches Wesen auf der Welt bist. Es kennt jeden Atem- tung. Echt, sie haben nur die Bedeutung, die du ihnen gibst. Es zug, es kennt jeden Gedanken, es weiß um alle Gefühle, die ent- gibt keine allgemeine Bedeutung - nur deine eigene. Und die weder eingeladen sind oder verdrängt werden. Es ist die ganze lass fallen. Denn sie macht nur Ärger, sie stiftet Unfrieden, in Zeit hier, vollkommen still, aber du schaust immer daneben, du dem du glaubst, sie hätte Wahrheit. Doch wenn du dich in die schaust immer auf das, was sich bewegt, auf die ganzen Attrak- Stille mitten in all der Bedeutung begibst, ist augenblicklich tionen, die ein Versprechen für die Zukunft abgegeben, die es Frieden. Und es nicht mal ein dort hinbegeben, es ist vielmehr nicht gibt. Ein Versprechen, dass alles besser wird, wenn du nur ein Ablassen, den Gedanken zu folgen, der Bedeutung Glauben genügend an dir gearbeitet hast oder die Welt sich endlich (zu zu schenken, und so wird der Frieden, der getränkt ist von der deinen Gunsten) verändert hat. Und während du nach den Ver- Stille des Seins, einfach offensichtlich. Sei das offene Haus, das änderungen an der Oberfläche strebst in dem Denken, du seiest jeden und alles einlässt, aber bewirte deine Gäste nicht. Du wirst eine getrennte Person, die um ihr Recht kämpfen muss oder ein sehen, sie gehen alle wieder - ungespeist und du bleibst hier als besserer Mensch werden muss, ist das, was du in Wahrheit bist, die stille, unwandelbare Absolutheit. hier. Es ist nie abwesend. Es ist das Sehen, das keine Augen braucht. Es ist das, was sieht, dass die Augen sehen und nie- Alles, was du suchst, ist bereits hier. Alles, was du denkst, das du mand ist da, der aus den Augen schaut. Bei niemand. Es gibt bist, ist nicht wahr. Untersuche es! Glaube hier nichts! Sonst ist nicht eine Person, bei der etwas anderes aus den Augen schaut es nur ein Nachgeplapper oder ein Glaube, der automatisch auch

122 123 Zweifel mit im Gepäck hat. So lade ich dich ein: Schau einfach, Gedanken, Gefühle, Empfindungen, Bilder, Formen und Farben ob du deinen nächsten Gedanken kennst? Und was passiert wäh- einfach nur hier in der unendlichen, unveränderbaren Wirklich- rend des Schauens ....? Sag nicht, ja ja das kenn ich schon, da keit stattfinden. Und nicht eine einzige Erscheinung, welcher ist ja nichts, sondern schau mit offenem Herzen, aus der tiefsten Art auch immer, kann die stille Grundlage allen Seins berühren. Innigkeit - immer wieder neu und frisch. Und untersuche, ob du Diese Unterscheidung zwischen dem, was kommt und geht und da dich als Person namens „ich“ wirklich findest... dem, was hier still ist, scheint wichtig zu sein. Denn alles, was kommt, geht auch wieder, und es liegt unter niemands Kontrolle, Durch das immer wiederkehrende Sehen, das vor allen Gedan- was gerade erscheint. ken und Geschehnissen nichts ist, ist es, wie wenn sich der stille Das kannst du einfach testen, indem du schaust, ob du wirklich Urgrund wieder etabliert als dein wahres Wesen und die Herr- steuern kannst, was gerade an Gedanken, Gefühlen oder Emp- schaft des Verstandes ablöst. So kommt auch der Verstand zur findungen auftaucht. Oder ob du Gedanken, Gefühle oder Emp- Ruhe und nimmt wieder den ihm zugedachten Platz ein, um finden halten kannst. Und während du das beobachtest, wird seinen Aufgaben nachzukommen. Aber er muss sich nicht mehr irgendetwas still und genau das ist der Punkt. Immer wieder um das Sein kümmern. Davon hat er einfach keine Ahnung. Was neu. ... Da sagt der Verstand oft, aber das ist ja langweilig, da für eine Entspannung, die sich dann einfach im System ausbrei- passiert ja nicht, und wie soll ich da mein Leben auf die Reihe tet ohne, dass nach Entspannung gestrebt wird. So lade ich dich bekommen?? Und schwups ist der Verstand wieder der Chef ein, immer wieder neu zu entdecken, dass hier bereits alles ist, und das Gerödel an der Oberfläche geht weiter in der Idee, dass wonach du dich sehnst. Denn in dem Augenblick, da die ganze es noch irgendetwas braucht, dass noch Veränderungen vorge- Aufmerksamkeit auf die Stille gerichtet ist, auf das, was einfach nommen werden müssen, dass es das doch nicht sein kann. Und hier still sieht als das Sehen selbst, ist die Welt in Ordnung und alles das wird bezeugt von dir als das, was du wirklich bist. Und alle Probleme sind verschwunden - denn der Problememacher dieses Bezeugen ist so bedingungslos, so still, so ohne Qualität, ist versunken in dem Ozens des Seins. so ohne jegliche Eigenschaften, ohne Farbe ohne Form, ohne Es ist so erstaunlich wie viel Kraft darin liegt, sich der Stille Namen, ohne Ziel. Ungeboren, ewig hier. zuzuwenden. Das ist aber kein Machen, kein Tun. Es ist der tiefs- te Wunsch nach der Wahrheit jenseits der gedanklichen Wahr- Dieses Zusehen als das Sehen selbst ist frei. Ist schon immer heiten, der dich immer wieder innehalten lässt, der irgendetwas frei. Sich dem hinzugeben, also nicht dem, was der Veränderung in dir stoppt und die Aufmerksamkeit wieder in sich selbst fallen unterliegt, sondern dem stillen Gewahrsein, ist das höchste Gut, lässt. Ist die Aufmerksamkeit in sich selbst versunken, wird wei- ist die best mögliche Weise, das Leben zu leben, das Leben zu terhin alles wahrgenommen, aber die Energie bleibt hier als das SEIN. Du siehst vollkommen still zu, wie sich alles vor deinen unveränderbare EINE. Und hier passiert einfach nichts, hier ist Augen entfaltet, und es ist so sonnenklar, dass es absolut voll- noch nie etwas passiert und der Hammer ist, es steht die ganze kommen ist, dass es niemals anders sein könnte, als es gerade Zeit zur Verfügung, jeden Moment bereit, sich wieder entdecken erscheint. Einfach, weil es so ist. Und jeder Gedanke über, wie zu lassen. Es kann dir niemand geben, und es kann dir niemand es hätte sein sollen, nur ein Pups ist, der stinkt. nehmen. Du musst keine Technik erlernen, um das zu SEIN, du musst nicht geduldiger werden oder liebevoller oder hinge- Sich voll und ganz der Stille zuzuwenden, ist kein Ablehnen bungsvoller oder was du sonst so für Ideen hast. Nein, du musst der weltlichen Erscheinungen, nein ganz im Gegenteil. Ist deine gar nichts. Es ist das Sehen, dass hier nur das Sehen ist. Dass das wahre Natur erkannt als absolute Leerheit, kommt die ganz Welt Sehen und das Gesehene nicht voneinander getrennt sind, dass wieder zurück. Doch sie muss dir nichts mehr geben. Sie muss

124 125 dich nicht mehr bereichern. Nichts mehr wird von den weltli- Weißt du, das Leben braucht dich nicht, denn du als eingeBilde- chen Begebenheiten erwartet. Das ist ein Leben in absoluter te Existenz bist existenzlos. Und vor dieser Existenzlosigkeit ist Freiheit. Denn alles ist in sich selbst wieder zusammengefallen die größte Angst. Und gleichzeitig ist es der größte Segen. Denn als das, was so unvergänglich hier ist. Und nun ist alles, was durch das Sehen, das nur das Sehen IST, hast du Ruhe vor dir erscheint, so was von geliebt, einfach weil es ist, weil nichts und die ganzen Gedanken über dich und dein Leben - über die von dir getrennt ist. Auch wenn nicht alles gut geheißen wird, Vergangenheit und über die Zukunft sind Luftblasen und plat- was passiert, so unterliegt es doch keiner Verurteilung, so ist es zen in die Leere des Seins. Also versuche nicht, die Oberflä- in der Tiefe auch geliebt, einfach, weil die Liebe, die hier ist, che zu reinigen, sondern entdecke die Existenz vor allem, was nicht anders kann als lieben. Diese Liebe ist frei von Wollen, erscheint. Das ist die Seligkeit. Das ist Vollkommenheit. Das ist frei von Anhaftung, frei von Deals. Diese Liebe kannst du nicht das Ende des Traums und der Anfang eines Lebens in Stille und erwerben, denn sie ist absolut besitzerlos. Sie ist das unsagbare, Frieden. Und du siehst, dass das Leben frei ist. Diese Freiheit das unbeschreibliche Glück, das der Leerheit innewohnt. Doch ist nicht gebunden an gedanklicher oder situationsabhängiger warte nicht auf die Liebe, denke nicht, dass etwas falsch ist, Freiheit. Es ist die Freiheit, die keine Freiheit braucht, um frei wenn sie nicht in Erscheinung tritt. Manchmal muss es lange zu sein. Diese Freiheit ist das zu Sein, was du niemals nicht sein total leer sein, und jedes Interesse an der Erscheinungswelt ver- kannst und keine Bewegung kann in dich eindringen. Nichts loren gehen. Wie lange das dauert - keine Ahnung. Aber genau muss angestrebt werden, nichts muss verbessert werden. Das, auch hier nichts anderes zu wollen, ist der Segen, und die Liebe was wir Leben nennen, läuft in seiner eigenen Ordnung ab, ohne zeigt sich unverblümt und erfüllt dein ganzes System. Aber ver- eine Idee über Ordnung zu haben. giss alles, was du über Liebe weißt, denn damit hat die Liebe des Seins nichts zu tun. Die Liebe des Seins ist frei. Sie hat kein Aus der Stille zu leben ist nicht langweilig und abgelegen, son- persönliches Interesse. dern das Leben als die Unendlichkeit selbst ist frisch, ungeplant und ein ewiges Einlassen auf die Ereignisse in dem Ruhen in der Aus der Stille zu leben, ist wie ein Zusehen, was passiert in Tiefe des stillen Ozeans deiner Selbst. Und es wird weiterhin der absoluten Offenheit für alles, was passiert. Es wird Impul- gefeiert und gelacht, und es besteht keine Notwendigkeit, sich sen gefolgt oder auch nicht - es ist nicht mehr deine Angele- zu verstellen. Du kannst ins Kino gehen, auf ein Fest oder zum genheit - und somit folgt die Handlung keiner vorgefertigten Wandern, oder zum Autorennen oder du bleibst zu Hause. Es Regel. Die Lebensregeln, die nur durch deine Gewohnheiten, spielt keine Rolle für die innere Seligkeit, denn dein zu Hause ist Strukturen und Konditionierungen selbst kreiert und für gültig immer hier. Egal wohin du dich scheinbar begibst - du kannst nie erklärt wurden, haben sich aufgelöst. Und alles, was du nicht aus dir raus. Du als das, was IST, ist hier. Still, unendlich still .... mehr brauchst, entledigt sich von allein einzig aus dem stillen Bewusstsein. Also vertraue darauf, auf deine wahre Natur, auch LOVE wenn der Verstand meckert und sehr erfinderisch ist bei seinem Nabala Versuch der Überzeugungsarbeit, ihm doch wieder Glauben zu schenken. Und du sieht immer wieder, wie wundervoll sich alles von alleine regelt, ohne dass du Stunden über den Werde- und Ausgang brüten musst. Dann wird es wieder zur Natürlichkeit, still zu Sein und selbst das Vertrauen ist dann Schnee von gestern. www.nabala.de

126 127 Mari Nil Der Raum der Erleuchtung Wie nah ist doch diese Welt des Erwachens und der Bewusst- heit in uns. In unseren Kindertagen waren wir dort ganz und gar Zuhause. Gerade dem Absoluten entstiegen sind unsere Erinnerungen noch wach an diese Ewigkeit, die hinter allem ruht. Um unsere Gefühle an diese Momente unseres Lebens, dem diese Bewusst- heit innewohnte wieder wach zu rufen, möchte ich Erinnerungen und frühe Aufzeichnungen schildern. Mögen sie uns als Weg- weiser dienen, dass hinter dieser tosenden Welt das Leuchtende, Ewige zu finden ist. Und dort fortwährend ruht. Wir brauchen es nicht zu suchen und uns auch nicht auf den Weg zu machen. Es ist immer hier und in diesem Jetzt für uns berührbar und vorhan- den. Lediglich unsere Aufmerksamkeit dort wieder zu verankern ist der Weg der Weisheit, der uns den erleuchteten Raum in uns offenbart. Der Mittelpunkt der Welt An einem dieser grauen Tage, ein warmer, aber verhangener Herbsttag, stand ich da und starrte in den Himmel. Nur die far- bigen Blätter tanzten und die geliebten Lichter hinter allem und um mich herum, spendeten mir Trost. Mit zitternden Stimme rief ich: „Könnt Ihr mich hören?“ Nichts. Keine äußerlich hör- bare Antwort. Nur in meinem Herzen regte sich etwas. Gräu- liche Wolken zogen vorbei. Es war still. Ich wusste um diese Antworten, ich wusste es ganz tief in meinem Inneren und dort konnte ich sie auch hören. Ich wusste sie waren da. Glücklich sah ich ihre verwischten Lichter, ihr Flattern und Leuchten. Ungetrübt in meinem Eigensinn kletterte ich auf den Kirsch- baum, der direkt an das Dach der Strohscheune anschloss. Dies war einer meiner Lieblingsplätze, hier saß ich oft stundenlang und sah der Welt zu, die um mich herum stattfand. Ich beobach- tete die Lichter, die um mich tanzten und spielte mit ihnen. Wir sahen den Vögeln, Käfern und Bienen zu. Und den Hühnern,

128 129 wie sie unverdrossen unter dem Baum scharten und dabei leise lief, erschien nach einer Weile kein Haus und kein Garten mehr. gurrten. Es waren dann Wälder und Felder, die mich umgaben. Hinter dem Gemüsegarten begann sie bereits, diese wunderbare Frei- Die Welt schien in leichten Wogen dahin zufließen ohne son- heit. Dort wo Pilze und Gräser Geschichten erzählen konnten. derlich von mir Notiz zu nehmen. Alles um mich herum war beschäftigt. Ich misstraute dieser scheinbaren Welt und sprach Wenn ich mich nicht gerade versteckte, versuchte ich das Land mit meinen Lichterfreunden oft darüber. Ihnen vertraute ich voll- zu erkunden. Pfützen waren aufregende Gewässer, in denen von kommen und sie ermutigten mich. Diese äußere Welt erschau- Zeit zu Zeit besondere Lebewesen herumschwammen. Ich beob- erte mich mit der Brutalität, dem Zorn, der überall schlummer- achtete die geheimnisvollen Wesen, die sich immer nur ganz te und geweckt werden konnte, aber die Lichterfreunde lehrten allmählich zeigten, vor allem wenn ich sie aus dieser tief emp- mich Geduld und Nachsicht. fundenen Einsamkeit rief. Und dann spielte ich mit ihnen nach Herzenslust, mit ihrem Regenbogenlicht vermochten sie alles zu Aus diesen Gründen und um ungestört zu sein, war es meine verzaubern, meine gesamte schwere, traurige Welt wurde dann Lieblingsbeschäftigung mich zu verstecken. Mich unsichtbar zu leicht und strahlender. Ich fasste dann neuen Mut, auf die Welt machen. Da gab es Haselnuss- Sträucher, Bäume, den gelieb- und die Menschen um mich herum zuzugehen. ten Hühnerstall mit meinem Kaninchen, eine Stroh- und eine Die fremden Höfe mit anderen Menschen waren wie Kontinen- Heuscheune, den Kornboden, Orte, die mir halfen unsichtbar zu te, die ich entdecken konnte, mit anderen Sitten und Gebräu- werden. Am liebsten saß ich da und schaute in den Himmel und chen, anderen Stimmen und Gesichtern. Alles erzählte aufregen- hörte dem Nichts und den Lichtern zu, dann sprachen sie alle de Geschichten und Weglaufen von Zuhause, um alles genau zu mit mir und zeigten sich. Wenn ich ganz ruhig geworden war erforschen, war einfach großartig. und rein gar nichts erwartete und vor allem nichts mehr fürch- tete. Diese Stille schien am meisten zu wissen, wer ich bin und Eine weitere Lieblingsbeschäftigung waren die Nachmittage mit warum ich ausgerechnet hier an diesem Ort war. Und warum Onkel Francisco zu verbringen. Ich liebte ihn über alles, neben meine Lichterfreunde so leicht zu sein schienen und ich mich meiner Katze Farina, und natürlich meine geliebten Eltern. hingegen so schwer fühlte. Onkel Franzisco war groß und hager, er hatte weiße Haare und Bartstoppeln, seine Hände waren verknöchert und die Gelenke Es war eine Märchenwelt, voller Geschichten und voller stachen ganz geschwollen hervor. In seinem Nacken bildete die Geheimnisse. Jeder Moment war absolut, es gab kein davor und Haut ein rautenförmiges Muster. Für mich war er unvorstellbar kein danach, nur ein großes Staunen für das, was ich sah. schön und strahlend, wir konnten uns miteinander unterhalten Wir, das waren meine Familie, meine Eltern und Onkel Francis- ohne Worte dabei verwenden zu müssen. In seiner Gegenwart co, meine geliebten Lichtfreunde und meine Katze Farina. Wir zu sein war ein gutes, wissendes Gefühl, wir waren die besten alle wohnten in kleinen Bauernhäusern, in dem kleinsten Dorf Freunde der Welt. So wussten wir alles voneinander ohne jemals der Welt, wie mir schien. Und dieser winzige Ort, der beinahe darüber geredet zu haben. Onkel Francisco hatte zwei Weltkrie- nicht vorhanden war, befand sich genau am geographischen Mit- ge miterlebt und in seiner rechten Hüfte steckte noch immer telpunkt des Landes. Für mich war es der Mittelpunkt der Welt. eine Pistolenkugel, abgefeuert in Manchester. Hinter ihm stand Vielleicht war es meine Idee genau im Mittelpunkt eines Landes immer sein riesiger, strahlender, violetter Engel, also sprach ich geboren zu werden. Doch das wusste ich damals noch nicht. Ich auch mit ihm, diesem erhabenen Wesen, in dieser Sprache, in wusste nur, dass wenn ich in eine der vier Himmelsrichtungen der man keine Worte benutzt, aber alles versteht.

130 131 Jeden Tag war ich unterwegs mit meinen geliebten Onkel Fran- Menschen waren eigenartige Wesen. Sie waren mir fremd, ich cisco, dem violetten Engel und meinem weißen Engel. Wir empfand sie als laut und einnehmend. Auch als brutal und zer- fuhren zu den Feldern und kleinen Obstplantagen, dort gab es störerisch. Immer war ich auf der Hut. Begann jemand mit lauter immer viel zu tun, die Bäume ausschneiden, Äpfel pflücken, Stimme zu schimpfen oder zu fluchen, lief ich so schnell ich Korn abmachen, die Wiesen mähen. Die Luft vibrierte von unse- konnte davon. Ich rannte zu meinen Verstecken, schnappte mir rer Freundschaft, eine tiefe Freude erfüllte uns in dieser Einfach- meinen schwarz-weißen Kater Farina und dann harrten wir dort heit und stillen Liebe mit allem. einige Stunden aus, bis es wieder sicher schien herauszukommen. Am Abend holte ich die Kühe von der Weide. Die Kühe waren Herumstreunen war das Klügste, was ich unternehmen konnte, hingebungsvoll mit ihrem quietschenden Hufen erwarteten sie um soviel kennen zu lernen wie nur möglich. In den Wäldern mich bereits. Wir gingen dann die Dorfstraße entlang, die aus traf ich die Baumwesen, die Erdwesen, die Feuer- und Wasser- bloßem Lehm bestand. Sie folgten mir. Auch mit ihnen sprach wesen und wir hielten lange Konferenzen ab. Auch sie miss- ich ohne Worte zu verwenden. Ich war winzig im Vergleich zu trauten den Menschen. So schmiedeten wir Pläne, wie wir die ihren massigen Körpern. Menschen zur Vernunft bringen konnten. Damit sie aus ihrem Traum aufwachten. Eine Zeit existierte nicht. Ein Tag folgte dem anderen. Es gab nur Jahreszeiten und die waren mit bestimmten Ereignissen ver- bunden. Der erste Schnee, Schlitten fahren, Weihnachten, mein Geburtstag, Narzissen und Ostern, tosende Sommergewitter, Kniestrümpfe und Klapperlatschen, Erntezeit, Sankt Martin und www.mari-nil.de Nikolaus und wieder Weihnachten. Alles schien einem Lauf zu folgen der weitaus größer war, unbeeindruckt blieb von den irdi- schen Ereignissen die stattfanden. Jede Nacht flog ich mit meinen geliebten Lichtern in eine andere Welt. Für mich war es die wirkliche Welt und diese hier nur etwas, in die ich mich verlaufen hatte. In der wirklichen Welt war alles strahlend, vollkommen, schön und heil. Mein kleiner Körper legte sich schlafen, und ich erfuhr Nacht für Nacht mein wahres Zuhause, meine Geborgenheit in dem ewigen Raum, mein wahrhaftiges Sein. Noch beim Aufwachen hielt ich sie in den Armen, meine gelieb- ten Lichter. Später lernte ich sie Engel zu nennen. Hielt ich mich dann tagsüber versteckt, auf einem Baum oder in den Sträuchern, konnte ich unmittelbar wieder eintauchen in diese Ewigkeit, in diese Langsamkeit, in dieses Nichts, was hinter allem oder in allem verborgen zu sein schien.

132 133 Edgar Hofer OWK

Kurze Zusammenfassung des (Nicht-) Seins Erleuchtung Das ist so ewig lang her. 1998 geschah das bei mir. Dass „ich“ mich auflöste, gestoppt wurde, gecancelt wurde. Tilt. Und „Bewusstsein“ übrig blieb. Und sich dieses Bewusstsein dann als „alles was ist“ erfuhr. Als das ganze Universum. Inklusive aller Zeiten, Vergangenheiten. Zukunften. Als ein Universum, das immer schon „erleuchtet“ ist. Im Sinne von „das Höchste“. „Das Ewige“. Bewusst. Lebendig. Und nicht einfach nur tote Materie. Man könnte auch sagen der Körper Gottes. Doch letzt- lich Gott selbst. Der Begriff „Gott“ einfach deshalb, da es eben nicht einfach nur ein Universum ist. Sondern ein lebendiges Etwas. Das wir alle sind. Wir sind nicht in ihm. Es ist in uns. Wir sind das. Jeder Ein- zelne ist das. In jedem ist der Keim des Bewusstseins des Einen. Gibt nur einen. D-Ich, M-Ich. Ein Ich. Ein Ego. Gottes Ego. Was die Spiriszene „Ego“ nennt ist nur ein Konzept. Eine Idee. Eine Idee von Trennung. Egal… es ist vergänglich. Dieses Ego. Nur eine Erscheinung. Eine Traumerscheinung. Mitsamt dem Körper und der ganzen Person nur eine erträumte Figur. Eine Rolle. Hier werden ein- fach nur vom Einen Rollen gespielt. Keiner drin. Hinter der Maske ist keiner. Gibt nur die Maske. Und wenn sie abfällt, ist Leerheit. Sonst nichts. Erleuchtung. So ein hehres Wort. Erhaben. Heilig. Etwas „Besonderes“. Ein Endziel. Das ist aber alles nur Quatsch. Alles ist immer schon „erleuchtet“. Hier gibt es kein Ziel. Du bist schon längst angekommen. Diese Reise ist alles was ist. Und selbst, wenn du dies je erfährst…. auch das war dann kein „ankommen“. Denn gleichzeitig ist es ein Beginn. Der Beginn von Vertiefung. Gleichzeitig von Wahnsinn. Von Heiligkeit. Und Verrücktheit. Von wahrheitlichen Gleichzeitigkeiten, die der

134 135 Verstand anfangs nicht gleichzeitig wahr haben kann. Und sich Entleuchtung nur langsam dran gewöhnt. Sich umbaut. Auflöst. Wieder zusam- mensetzt. Glückseligkeit erfährt. Und auch tiefstes Leid. Das Und dann? Nix dann. Es geht immer weiter in einem Einerlei- höchste Glück. Die Ewigkeit. Und die vollständige Auflösung. Universum, welches gleichzeitig an Tiefe und Mystik gewinnt. Analog zur Größe von Glück und Leid steigt dein Vermögen es Wer bist Du darin? Naja, du bist ich. Du bist Gott. Du bist Nichts. zu ertragen. Und analog zur Tiefe deines Verständnisses entwi- Du bist Alles. Du bist. Und du bist nicht. Wozu sich dann solche ckelt sich die Egalität diesem Verständnis gegenüber. Das Ego Fragen noch stellen?? wetzt sich ab. Da brauchst du gar nix dafür tun. Es geschieht von selbst. Die Wurzel ist gezogen. Anfangs… ja anfangs… - da ist es Alice Kaninchenbau. Da bist du in Wunderland. In Gottes Disneyland. Wünsche erfüllen sich. Ist einfach nur eine Reise. Automagisch. Und vergehen. Als wären sie nie gewesen. So wie du. Und „es lernt“. An dir. Wir sind da hingegeben. Es geht um nichts. Und geht um alles. Persönliches spielt da nicht mehr viel Anfangs…. wirst du dich begeilen an all dem Wissen, das sich Rolle. Du lernst nicht für dich. Sondern es lernt durch dich. Du offenbart und „von innen“ kommt. Wirst alles verstehen, was du entwickelst nicht dich. Sondern es entwickelt sich weiter durch bisher falsch geglaubt hast. Oder nicht mal ahntest. Und wirst dich. Durch all die Erfahrungen die du machst. Die aber nicht dir dich begeilen an diesem Verstehen. Welches erst dann geschieht, gehören. Weil sie niemandem gehören. Und allen. wenn DU nicht mehr verstehen möchtest. Die Mystik wird dein Freund. Die Göttin wird deine Freundin. Anfangs…. wirst du ein Advaitazombie sein, der auf einfache Gott wird dein Freund. Das Nichts wird dein Freund und regel- Fragen keine Antworten mehr geben kann. Wer bist du? Von wo recht deine Heimat. Und die Stille. Und das All-Ein-Sein. Die kommst du? Wie heißt du? Wie alt bist du? Alles nur Scherz- Ewigkeit. Und du selbst. Das Sein. Und auch dein Körper. Easy. fragen. Im Cosmic Joke. Und du wirst antworten „wer will Was auch immer geschieht ist dann gut. Kein Widerstand mehr. das wissen?“. Vielleicht Anfangs auf jede Frage. Oder „hier ist Kein Kampf gegen dich selbst. Du darfst sein. Wie du bist. keiner“ zu deinem Mantra machen. So what. Und du wirst viele Großbuchstaben verwenden, um zu zeigen wie sehr du die inne- Und im authentischen Leben deiner Selbst wetzen sich alle Ego- ren wahren BeDEUTUNGen der Worte VerSTANDen hast. programmierungen ab. Solange du sie zurückhältst wird sich nix transformieren. Denn das genau ist ja das wahre „Ego“ (der Ver- Doch auch dies geht vorbei. Das ist nur der Abgesang des dann steckspieler, der so tut als wäre er keins oder hätte keins mehr). „spirituellen“ Egos. Auch das wurde ja erleuchtet, dehnt sich aus Denn du selbst kannst da nix „machen“ und nix „verstecken“ in alle Ewigkeit, bis irgendwann der Luftballon platzt. Durch die (Gott sieht alles). Sondern indem du deine Sau rauslässt (auf gut Nadel der Demut. Die dich irgendwann wieder ereilt. Die rich- bayrisch gesagt), kann sie sich zeigen und verdampfen. Abwet- tige. Samt Mitgefühl. Also wenn du Glück hast. Dann steigst du zen im Sein. Auch das geschieht voll automagisch. wieder runter vom Berg und erkennst dein Mensch-Sein als das Allerheiligste und geradezu Höchste was es gibt. Das Normalste Willst du eine „Botschaft“? Ich habe keine. Welche sollte das aber auch das Friedlichste. Der gewöhnliche Zustand halt. sein, wenn die wahre frohe Botschaft jene ist, dass alles immer schon in Ordnung war. Egal wie schlimm der Alptraum erscheint. Und dann? Es ist und bleibt ein Traum. Und die frohe Botschaft ist nicht, dass der Traum „gut“ ist, sondern dass es eben nur ein Traum ist.

136 137 So what. Und selbst das wollen und sollen normale Menschen fühlen. „Dem“. Ich könnte auch Kochbücher vorlesen. Oder gar nicht so hören. Man will ja kein Spielverderber sein. Wenn Telefonbücher. Energetisch und bewusstseinstechnisch wäre da im Kino jemand neben dir sitzt, der dir alle 2 Minuten sagt „ist nicht viel Unterschied. Naja. Die Aufmerksamkeit würde viel- nur ein Film“, dann setzt du dich woanders hin. Ist ja voll nervig leicht fehlen. Aber vielleicht wäre ja genau das gut (*g*). mit so „Erwachten“. Aber eigentlich ist das nur mein Nebenjob. Mein Brotjob. Funk- Der Film endet, wenn er endet. Und das Ende ist Teil des Films. tioniert. Noch besser der tantrische Teil. Wo es um Kundalini Die Inszenierung immer perfekt. geht. Da das auch noch mit Sex zu tun hat, zahlen die Menschen dort besser als bei reinem Satsang. Also mach ich das auch noch Dennoch… auch die Suche gehört dazu. Auch das Leid gehört mit. Tut sich bei vielen was. Auch wenn sich nix tun müsste. dazu. Auch die Spiri-Trips gehören dazu. Auch das „Verbes- Aber auch das nur ein Nebenjob. Ein Broterwerb. sern wollen“ gehört dazu. Auch die Welt besser machen wollen gehört dazu. Und ist verständlich obendrein. Geschieht von Mein Hauptberuf ist einfach nur zu Sein. Mein Job ist es, Edgar selbst. Und doch auch gleichzeitig durch uns. Durch jeden, der zu sein. Ich mache hier in diesem Leben die Erfahrung Edgar. sich dem hingibt. Und auch jeden, der hingegeben ist, ohne dass Die Erfahrung „Mensch Sein“. Die Erfahrung „Planet Erde“. er davon überhaupt weiß. Weil letztlich ja alles schon hingege- Thats it. Deshalb bin ich hier. Um das geht’s. Um sonst nichts. ben ist. Und somit die Welt selbst auf ihrem eigenen „Verbes- Was immer dann in dieser Lebensreise erscheint. Und auch da serungstrip“ ist. Und dazwischen erscheint sie immer dann am gehört all dies nicht „mir“. Weil es ein „mir“ nicht gibt. Sondern perfektesten, wenn sie stillsteht. Wenn sie einen kurzen Moment all dies einfach nur ein Spiel des Universums mit sich selbst. innehält. Und guckt. Und da erkennt: „wow … alles schon in perfekter Ordnung. Immer schon“. Das Erwachen des Univer- Und alles was ich erfahre, denke, nicht denke, fühle, erlebe…. sums sozusagen. Immer wieder. Und immer schon. Ist ja auch Kommt unmittelbar dem Ganzen zu Gute. Das ist mein Job hier. kein anderer da. Mein wahrhaft einziger. Der hat mit anderen Menschen unmit- telbar überhaupt nichts zu tun. Null Nada. Das geschieht alles Gott verarscht sich also selbst. indirekt. Von Innen. Von innen sind wir da alle verbunden. Und Was soll man da schon für eine Botschaft haben? Wäre wohl alles wird wiederverwertet. Automatisch. Dazu braucht es keine nur reinste Blasphemie. Und vor allem, an wen sollte sie sich Satsangs, und dazu braucht es auch keine Bücher. Das geschieht richten?? einfach „über das eine Feld“.

Satsanglehrer Ich mach zwar offiziell Online-Satsangs, auch meine Haupttä- tigkeit sind Inline-Satsangs. Die geschehen nicht im Internet, Ich bin Satsanglehrer. Glaubt man. In Wirklichkeit macht es sondern im Innernet. mir einfach nur Spaß. Und ich mach so lang bla bla, solange es mir eben Freude bereitet. Ich habe keine Message und keine Und mein Lohn kommt letztlich „direkt von oben“. Sozusagen. Botschaft. Ich channele sozusagen einfach nur Wahrheiten von Natürlich auch von Menschen. Vorwiegend. Aber genau die sind Nirgendwo. Aus der Mitte des Seins. Und anderen gefällt das. ja auch Gott. Keine Trennung hier. Jeder der gibt, durch den Na geil. Win-Win. Aber Sinnhaftigkeit sehe ich da nicht wirk- gibt Gott. Und gibt ihm auch zurück. Also sich selbst. Das alles lich drin. Zumindest keine „Aufgabe“. Vielleicht aus Mitgefühl. ohnehin ein einziges Nullsummenspiel mit sich Selbst. Aber die Weil sich scheinbare Wesen dann scheinbar besser fühlen. Näher Leute glauben lieber an „Energieausgleich“. Und an „Lohn“.

138 139 Und an „Kosten“. Und an „Finanzierung“. Und an „Investiti- mal was neues Schreiben. Obwohl… neu ist diese Geschichte on“. Und all dem Scheiß *ggg* - aber auch das gehört dazu. Ist nie. Und immer. Teil des Spiels. Wer Geld ablehnt… wird keines haben. Logisch, nicht wahr? Namasteji Anyway, zurück zu Satsang: Gott will das einfach. Also geschieht Ohne Weiteren Kommentar es. Ohne wirkliche Absicht dahinter. Ohne Motivation etwas zu verändern. Schon gar nicht die Welt. Die ja Gott ist. Schon gar nicht dich. Der du Gott bist. Oder die Göttin, wenn dir das lieber Geschrieben von „OWK“ Edgar Hofer, zu Mitternacht am 30. ist. Oder das eine Selbst. Oder das reine Nichts, wenn du eher Juli 2016 in Teneriffa für das Buch zum Erleuchtungskongress nihilistisch veranlagt bist. Es stimmt ohnehin alles gleichzeitig. 2016 von Ludmilla und Roland. Das eine große Nichts das so tut, als würde es als ein Etwas exis- tieren. Das davon träumt zu sein. Mehr ist das nicht. Ich pfeif auch auf Struktur. Hier im Text. Wozu? Einfach Flow. Mehr braucht es nicht. 15.000 Buchstaben dürfen verwendet www.owk-satsang.de werden, hat Roland gemeint. Also tippt es. Und es tippt sich ein- fach leicht und froh dahin. Soll ich am Ende noch einen Witz erzählen?? Ich bin hier erst bei ca. 7777 Buchstaben oder so. Ach so der Witz: Naja, du bist der Witz. Ich bin der Witz. Wir sind der Witz. Das alles ist ein Witz. Aber kein menschlicher Witz. Wäre fatal mich hier nicht ernst zu nehmen. Wäre fatal, mich hier ernst zu nehmen. Ähm. Einfach der kosmische Witz, den das Ganze mit sich selbst eben spielt. Am Ende ist einfach großes Lachen. Also am Ende der ersten Runde. Die meisten gehen ja nur eine und sterben schon zwischendurch. Warum? Ich weiß es nicht. Letztlich ist ja keine zweite Runde nötig. Auch bei mir wäre Fortsetzung nicht nötig gewesen. Aber nötig ist ja letztlich gar nix. Einfach rein gar nichts. Das ganze Universum ist nicht „nötig“. Hat keine Not. Aber vielleicht war ja dem Nichts einsam, und so meinte es sich als Traum in Exis- tenz zu bringen und so zu tun, als wäre es dann sogar viele. In und mit uns in den Hauptrollen. Ich habe ausgeleert. Das war das, was sich heute hier im Text leeren wollte. Ein frischer Text. Kein alter Text. Wollt wieder

140 141 Werner Ablass Das, was sich niemals verändert E-Mail einer Leserin: „Außerdem ist mir klar geworden, dass, wie Du auf S.159 in Deinem Buch Mindcrash schreibst, es bei mir beim intellektuel- len Verstehen geblieben ist. Vielleicht bin ich „süchtig“, auf dem Weg des intellektuellen Verstehens zum Mindcrash zu kommen, statt auf dem meditativen. Zuvor, auf S. 105 schreibst du: „Dieser raumlose Raum ist das grundlegende Existenzempfinden“. Nun suche ich danach.“ W. Ablass: Das grundlegende Existenzempfinden ist nichts wonach man suchen müsste, sonst wäre es ja nicht „grundlegend“. Weil es grundlegend ist, ist es in jedem vorhanden. Und weil es so gewöhnlich ist, ist es für die meisten Menschen nicht attraktiv genug, um es wahrzunehmen. Bewusst oder unbewusst suchen wir alle nach dem Besonderen, dem Spektakulären, dem Sensationellen. Und das gibt es natür- lich. Jeder, der schon mal LSD ausprobierte, weiß das. Jeder, der Rebirthing machte, weiß das. Jeder, der über einen längeren Zeitraum ekstatisch Gibberisch sprach, weiß das. Ja, jeder, der schon einmal einen stinknormalen Orgasmus hatte, weiß das! Stell dir mal vor, du würdest einen Dauerorgasmus erfahren. Du wärst handlungsunfähig. Lustvoll stöhnend würdest du durch die Gegend wanken. Immer kurz vor dem Ausflippen und natür- lich auch dem Umfallen. Deine Energie wäre total absorbiert. Daher sind die außergewöhnlichen Erfahrungen nie von langer Dauer. Gott sei Dank möchte man sagen…. Der spirituelle Trip ist eine Art „alkoholfreies Besäufnis!“ Der Mindcrash ernüchtert dich mehr als irgendwas sonst. Du findest überhaupt nichts Besonderes, sondern wirst im Gegenteil voll- ständig zurückgeworfen auf das Gewöhnliche. Das alltägliche Leben als solches. So wie es jeweils erscheint.

142 143 Grundlegendes Existenzempfinden ist so gewöhnlich wie Atmen. empfinden jedoch ist (dir) nie abhanden gekommen. Würdest du Und Atmen geschieht, wie jedermann weiß, dermaßen vollauto- sonst existieren? matisch wie ein Miele-Waschvollautomat. So dass man sich des Atmens nur dann bewusst wird, wenn man „außer Atem“ ist. Die Jagd nach dem stabilen inneren Frieden geschieht, weil die Oder wenn man Vipassana praktiziert. Aufmerksamkeit nicht dem gilt, was grundlegend ist. Wie der Hund glaubt man etwas „(er)fassen“ zu müssen, was man jedoch Um sich des Atems bewusst zu werden, richtet man einfach bereits ist. Der Schwanz ist schließlich Teil des Hundekörpers. seine Aufmerksamkeit auf denselben, nichtwahr? Man muss gar Und der Abstand zwischen Schnauze und Schwanz verringert nichts sonst tun. Mit dem grundlegenden Existenzempfinden sich nicht dadurch, dass man ihm nachjagt. Man kommt ledig- verhält es sich ebenso. Man muss es nicht mal benennen. Mit lich außer Atem. „ durch die Nacht“ ist demnach nicht „Ich bin“ oder so. nur der wohl bekannteste Song Helene Fischers, sondern die Erfahrung so manch eines spirituell Suchenden. Nicht zuletzt Egal, ob deine Aufmerksamkeit einer Blume am Wegesrand meiner. Absurderweise dauerte sie um die 40 Jahre… oder dem Solarplexus gilt, dem Lesen dieses Textes oder einer Fliege, die dich umschwirrt und dir womöglich lästig erscheint, Wo willst denn ankommen? Egal ob intellektuell oder medita- ETWAS in dir verändert sich nicht. Es verändert sich nie. Das, tiv! Das ist ein total fruchtloses und erfolgloses Unterfangen. was sich niemals verändert, ist das, was man grundlegendes Der Mindcrash zerstört lediglich die fatale Vorstellung irgendwo Existenzempfinden nennen kann. Es ist keine Emotion, es ist ankommen zu können. Das grundlegende Existenzempfinden ist kein Gedanke, es ist kein Impuls, es ist…. wie nichts und doch kein zu erreichendes Ziel, nichts da vorne, auch nichts dahinten, jederzeit wahrnehmbar. Weil es grundlegend ist. da oben oder da unten, tief in dir. Es ist wie der Schwanz unse- res Hundes stets vorhanden, selbst wenn es (dir) unbewusst ist. Man könnte es auch Friede nennen, ebenso aber auch Leere. Wird es jedoch bewusst und du beginnt es „erfassen“ zu wollen, Es ist aber weder ein friedvolles noch ein leeres „Gefühl“. Es läuft es dir (scheinbar) auf und davon und die spirituelle Jagd erscheint so, als wäre es völlig objektlos. Und wenn man es nach der sogenannten Erleuchtung beginnt. Bis du „hunde“müde nicht zu einem Objekt macht, „wird“ auch keins draus. wirst und auf spontane Weise erkennst, dass das, was du suchst, Seit ein paar Wochen haben wir einen Hund. Erst 6 Monate alt, das ist, was du bereits bist und schon immer warst. noch ein Welpe also. Der jagt ab und zu nach seinem eigenen Der Mindcrash bringt daher weder Gewinn noch Verlust. Denn Schwanz. Das sieht lustig aus und wir müssen lachen. Der Hund Leben ist ein Nullsummenspiel, bei dem es um nichts geht. weiß natürlich nicht, dass es sich um seinen eigenen Schwanz handelt. Ebenso wenig wie er weiß, dass ihm im Spiegel kein Mindfuck ist, daran zu glauben, etwas verlieren oder gewinnen anderer Hund, sondern er sich nur selbst erscheint. Er kläfft und zu können. knurrt sich sozusagen selbst an, obgleich er meint, ein anderer kläffe ihn an. Auch darüber müssen wir jedes Mal lachen. Sela! Deine Versuche, den grundlegenden Frieden zu finden, sind ebenso absurd und ebenso lustig. Weil man lediglich auf ihn aufmerksam wird. Finden kann man ihn nicht. Finden deutet ja daraufhin, dass etwa verlorenging. Das grundlegende Existenz- www.wernerablass.de

144 145 Ernst-Peter Flint Was ist die Transzendentale Meditation (TM) - und wie funktioniert sie?

Durch das Vedische Mantra wird der Geist auf eine natürli- che und anstrengungslose Weise zum Ursprung der Quelle der Gedanken zurückgeführt. Die Natürlichkeit dieser Meditation ist darauf zurückzuführen, dass man sich nicht konzentrieren und nicht die Gedanken kon- trollieren muss. Man kümmert sich gar nicht um die Gedanken. Während der Meditation erfährt man, dass die Gedanken weni- ger werden, bis sie letztendlich ganz verschwinden. Das Mantra ist ein sehr gutes, natürliches Hilfsmittel, um den Geist aus seiner gedanklichen Aktivität herauszuführen. Wenn man selbst das Programm der Transzendentalen Medita- tion praktiziert, dann erfährt man, wie der Geist von einer grö- beren Denkebene zu der nächst feineren Denkebene geht, d.h. der Geist transzendiert von der momentanen Denkebene zu der nächst feineren Denkebene. Das Transzendieren drückt also eine geistige Tätigkeit aus, die den Geist von einer gröberen Denkebene zu einer verfeinerten Denkebene führt. Durch das Transzendieren verfeinert sich die geistige Denktätigkeit soweit, bis die feinste Denkebene erreicht wird. Wenn der Geist mit Hilfe des Mantras die feinste Denkebene erreicht hat, dann wird auch diese letztendlich transzendiert. Dieser Vorgang geschieht von alleine. Der denkende Geist ist dann zum Transzendentalen Geist geworden. In der Transzen- denz gibt es kein Mantra, keine Gedanken und keinen Wahrneh- menden mehr. Die Transzendenz ist das reine, allgegenwärtige Bewusstsein. Erst wenn man aus der Transzendenz zurückkommt, d.h. wenn

146 147 wieder Gedanken auftauchen, dann weiß man, dass man die Viele Menschen werden durch ihren Beruf, durch ihre Beziehun- Gedanken (Das Mantra ist auch ein Gedanke.) und die gesamte gen und durch das Leben selbst überfordert, was sich als Angst, veränderliche relative Welt transzendiert hatte. Frustration, Wut, Ärger und Gereiztheit ausdrücken kann. Später, wenn das Nervensystem genügend gereinigt und ver- Durch die Erfahrung des Geistes von 20 Minuten sehr tiefer feinert ist, geht die Transzendenz nicht mehr verloren, d.h. sie Ruhe werden diese Verspannungen, die unser Unbehagen aus- koexistiert mit dem Wach-, Traum- und Schlafbewusstsein. lösen können, aufgelöst und man geht dann nach der Meditation mit dem Glücksgefühl des reinen Bewusstseins in die äußere Dass menschliche Nervensystem ist einzigartig. Es ist in der Welt zurück. Lage, der Transzendenz zu jeder Zeit gewahr zu sein und gleich- zeitig mit den Sinnes- und Handlungsorganen im Relativen tätig Die Handlungen nach der Meditation sind getragen von dieser zu sein. tiefen Ruhe und dem Glückseligkeitsgefühl, welches der Geist Die Transzendentale Meditation ist eine sehr gute Bezeichnung in der Meditation erfahren hat. Die Handlungen sind dadurch für diese Meditationsform, weil in dem Wort der Vorgang des erfolgreicher und beglückender. Transzendierens und die Transzendenz enthalten sind. Man kann den Prozess der Transzendentalen Meditation sehr gut Die Praxis der Transzendentalen Meditation (TM) mit den Wellen auf einem Ozean veranschaulichen. Die Wellen betrachten wir als unsere Gedanken und den tiefen, stillen Ozean Maharishi: „Wir sind es gewohnt, mit unserem nach außen betrachten wir als unser reines, unbegrenztes Bewusstsein. gerichteten Geist äußere Dinge auf natürliche Weise wahrzu- nehmen, und genauso natürlich nimmt unser Geist, wenn wir Wenn die Wellen auf dem Ozean sich mehr und mehr abflachen die Augen schließen, um dadurch die äußere Wahrnehmung zu und letztendlich verschwinden, dann bleibt nur noch der stille, verhindern, den inneren Geist wahr. unbegrenzte Ozean übrig. Das reine Bewusstsein ist auch die reine Glückseligkeit. Unser In der gleichen Weise passiert es mit unserem gedankenvollen Geist fühlt sich zu dieser reinen, ewigen Glückseligkeit stärker Geist. Sobald wir die Augen bei der Ausführung der Transzen- hingezogen als zu den vergänglichen äusseren Wahrnehmun- dentalen Meditation schließen, geht unser Geist in tiefere Regi- gen, die dem Geist nur eine vorübergehende Freude vermitteln onen des Denkens. können. Die Gedankenaktivität lässt mit dem Eintauchen in die tieferen Wenn der Geist durch die Ausrichtung auf einen Gedanken zur Schichten unseres Bewusstseins nach und wenn der Geist den Ruhe kommt und diesen Gedanken transzendiert, dann erfährt letzen Gedanken hinter sich gelassen hat, d.h. transzendiert hat, der Geist sich als unbegrenztes Bewusstsein. Der Geist kommt dann erfährt der Geist sich selbst, in seinem eigenen unbegrenz- zu sich selbst und erfährt Glückseligkeit. ten Bewusstsein wieder. Entsprechend der sehr tiefen Ruhe, die der Geist im reinen Durch diesen Vorgang des Transzendierens von Gedanken ist Bewusstsein erfährt, erfährt auch die Physiologie eine sehr der Name der Transzendentalen Meditation entstanden. Der tiefe Ruhe. In dieser tiefen Ruhe können sich der Geist und der Name der Transzendentalen Meditation drückt aus, dass es eine Körper sehr schnell von jeglichen Anspannungen erholen. Meditation ist, die den Geist zum Transzendieren bringt.

148 149 Mit der Erfahrung des reinen Bewusstseins, der reinen Intelli- Durch meine zunehmende Selbsterfahrung in den vergangenen genz, erfährt der Geist das Glückseligkeits-Bewusstsein, die Jahren, erfahre ich heute, dass mein Selbst zu meinem ständigen reine Liebe, die der ganzen Schöpfung zugrunde liegt. Begleiter geworden ist, d.h. ich erfahre mein Selbst auch, wenn ich aktiv bin. Mit der regelmäßigen Ausübung der „Transzendentalen Medi- tation“ und den darauffolgenden „Aktivitäten“ wird das „Trans- Unser Nervensystem ist in der Lage, beide Zustände, die tiefe zendentale Bewusstsein“ stabilisiert, und wir gelangen dadurch Stille sowie die dynamische Aktivität, gleichzeitig zu erfahren. zum „Kosmischen Bewusstsein“. Im Kosmischen Bewusstsein (KB) erfahren wir das Selbst und das Nicht-Selbst, das Absolute und das Relative zur selben Zeit. Im „Kosmischen Bewusstsein“ wird das „Transzendentale Bewusstsein“ permanent mit den drei uns bekannten Bewusst- Im Kosmischen Bewusstsein erfährt man sich selbst als die seinszuständen aufrecht gehalten, d.h. während des Wach-, Stille. Die Stille ist das Reine Bewusstsein. Das Reine Bewusst- Traum- und Schlafbewusstseins wird das Transzendentale sein ist Zeuge von all den Aktivitäten im Relativen, ohne sich Bewusstsein erfahren. selbst in den Aktivitäten zu involvieren. Im „Kosmischen Bewusstsein“ handeln wir im Einklang mit all Das Reine Bewusstsein ist einfach nur da und beobachtet, was den Naturgesetzen, d.h. unsere Handlungen sind für uns und für im Relativen geschieht, selbst im tiefsten Tiefschlaf geht das die gesamte Umgebung förderlich. Reine Bewusstsein, die Stille, nicht verloren. Durch unsere Handlungen im „Kosmischen Bewusstsein“ unter- binden wir das künftige Leiden, was wir uns sonst schaffen, wenn Im Einheitsbewusstsein ist unser Nervensystem so weit verfei- wir nicht im Einklang mit den Naturgesetzen handeln würden. nert, dass wir in der Lage sind, alle Schöpfungsebenen, von der uns sichtbaren bis hin zur feinsten Manifestation, zu erfahren „Wie verbinden wir uns wieder mit der Kosmischen und in den Objekten auch das Selbst zu erkennen. Intelligenz“ Das Wissen und mein Gewahrsein vom Selbst inspirieren mich Wir kommen mit der Kosmischen Intelligenz in Kontakt, wenn immer wieder von neuem das Brahman-Bewusstsein in diesem wir uns wieder mit unserem Selbst verbinden. Mit der Selbst- Leben zu realisieren! erfahrung wirkt die Kosmische Intelligenz durch uns und wir „Die wahre Liebe kann niemand vermeiden“ funktionieren dann genauso fehlerfrei wie der gesamte Kosmos, der durch die Kosmische Intelligenz in Betrieb gehalten wird. Die „Wahre Liebe“ hat nicht viel mit der uns bekannten Liebe, Es war unsere freie Entscheidung, uns vom Selbst zu entfer- die von Kummer und Leid begleitet wird, zu tun. nen, und es ist unsere freie Entscheidung, wenn wir wieder zum Die „Wahre Liebe“ ist die Liebe, die keinen Schwankungen Selbst zurückgehen, um unser Geburtsrecht, ein Leben in Frei- unterworfen ist. heit und Glückseligkeit, einzulösen. Die meisten von uns haben nur selten einen kleinen Geschmack Mein Weg vom Nicht-Selbst zum Selbst geschieht durch die von dieser „Wahren Liebe“. Ausübung der Transzendentalen Meditation, die mich, meinen Geist, auf natürliche Weise, wieder zum Selbst führt. Ein Erleuchteter, ein Guru, erfährt permanent diese gleichblei- bende „Wahre Liebe“, die „Göttliche Liebe“.

150 151 Bei der Ausübung der Transzendentalen Meditation (TM), löst tigt ist, um in der Nähe der „Wahren Liebe“ zu bleiben, dann sich durch das Transzendieren die objektive Welt auf, und es kann unser Geist permanent die Qualitäten der „Wahren Liebe“ bleibt die zeitlose „Wahre Liebe“, die sich selbst erfährt. reflektieren, wodurch unser individueller Geist zum „Kosmi- schen Geist“ wird und somit unser individuelles Leben zum Nicht durch die fünf Sinnesorgane oder die fünf Handlungs- kosmischen Leben wird. organe kann man der „Wahren Liebe“ begegnen, sondern nur durch das Transzendieren der fünf Sinnesorgane und der fünf „Bewusstheit im täglichen Leben!“ Handlungsorgane. Nachdem ich in die Transzendentale Meditation eingeführt Die „Wahre Liebe“, die auch als „Reines Bewusstsein“ bezeich- wurde, merkte ich im Laufe der Zeit, dass ich bewusster wurde. net wird, steht für sich alleine und kann sich nur selbst erfahren. Sie ist selbstbezogen. Ich benötige einige Zeit, um zu realisieren, dass sich etwas Neues in meinem Leben auftat. Es war das Transzendentale Bewusst- Unser kleiner Verstand kann die „Wahre Liebe“ in ihrer Unend- sein (TB), das ich immer mehr in meinen Alltag mitnahm bis es lichkeit nicht erfassen und nicht verstehen. mir nicht mehr verloren ging. Alles Denken und Sprechen über die „Wahre Liebe“ kann nur Heute werde ich nicht mehr von Ereignissen in Beschlag genom- den Sinn haben, dass man inspiriert wird, den ersten Schritt in men, d.h. sie können mein Transzendentales Bewusstsein (TB) die Richtung der „Wahren Liebe“ zu machen, um wieder in den nicht mehr überschatten. Das TB ist mein ständiger Begleiter, Zustand der „Wahren Liebe“ zu kommen. selbst im Tiefschlaf ist das TB gegenwärtig. Wir sind die „Wahre Liebe“! Wir sind nicht der Körper mit Die üblichen Probleme, die wir durch Beziehungen, Finanzen, seinen Sinnes - und Handlungsorganen, sondern wir sind die körperliche Schmerzen, Ängste, innere Unruhe, Schlafstörungen „Wahre Liebe“, die unseren Körper, unsere Emotionen, unseren und Süchte haben und die unser Denken und Handeln bestim- Geist mit seinen vielen Gedanken hervorgebracht hat. men können, habe ich nicht mehr in dem Ausmaß, weil das TB Unser individuelles Ego ist aus unserem Geist mit seinen vielen mich umgibt und beschützt, und die tiefe Stille der Transzendenz Gedanken entstanden. Mit unseren Gedanken bauen wir unser dafür sorgt, dass sich alle Probleme schnell wieder auflösen. Ego auf und nähren es. Die begleitende Stille löst jede Art von Problemen in kurzer Zeit Unser Ego wird durch unsere Denkweise bestimmt. wieder auf. Jeder positive - oder jeder negative Gedanke ist Futter für unser Wenn ich früher mit Schmerzen oder Verletzungen sehr lange zu Ego. tun hatte, werden diese aufkommenden und belastenden Ereig- nisse heute sehr schnell in mir gelöst. Wenn wir unseren Geist durch das Transzendieren der objekti- ven Welt in Richtung der „Wahren Liebe“ bringen, dann über- Meine innere starke Bewusstheit lässt es nicht mehr zu, dass nimmt unser Geist mehr die Qualitäten der „Wahren Liebe“ und Dinge, die nicht zu mir gehören, Raum in mir einnehmen. unser Ego wird dann vom individuellen Ego mehr zum kosmi- Die innere Bewusstheit, die Stille, ist für mich der Schlüssel, schen Ego transformiert. um jedem Problem im täglichen Leben zu begegnen, damit es Wenn unser Geist durch das ständige Transzendieren gefes-

152 153 möglichst schnell aus meinem Leben verschwindet. dann läuft sie im Inneren ab. Wenn wir mit unseren Problemen hausieren gehen, dann nähren Der eigentliche Grund unserer Probleme im Leben ist, dass wir wir unsere eigenen Probleme. Die gut gemeinten und mitfühlen- nicht bewusst sind. den Gedanken und Gefühle der Freunde und das eigene Gejam- mer verstärken unsere Probleme ganz beträchtlich. Wenn wir bewusst sind, dann sind wir still, und wenn ein Problem in der Stille auftaucht, dann bleiben wir mit unserer Bewusstheit Wenn wir in der Gegenwart sind, d.h., die Vergangenheit und in der Stille und betrachten das Problem in der Stille. die Zukunft sind nicht in unserem Denken vorhanden, dann ist das Problem, womit wir konfrontiert werden, nicht mehr so Da ist nur dieser Moment der Stille, da gibt es keine Vergangen- gravierend. heit und keine Zukunft. In der Bewusstheit ist der Geist ganz klar und die Kreativität kann in diesem stillen Bewusstsein voll Das liegt daran, dass wir aus der gegenwärtigen Situation keine zum Zuge kommen, um das Problem zu lösen. Geschichte machen. Durch das Praktizieren der Transzendentalen Meditation (TM) Mit unserem Verständnis und mit der Fähigkeit in der Akzeptanz erfahren wir mit der Zeit das Reine Bewusstsein und wenn das zu sein, können wir unser Leben völlig verändern. Reine Bewusstsein in unserem Nervensystem permanent vor- handen ist, dann sind wir automatisch immer bewusst in der Wenn man meditiert oder andere spirituelle Praktiken prakti- Stille. Bestehende Probleme werden durch die gegenwärtige ziert, die zur Transzendenz führen, dann stellt sich die Stille, die Stille auf ganz natürliche Art und Weise gelöst. Gegenwart, von alleine ein, und man muss dann nichts weiter machen als innehalten. Es ist sehr hilfreich, wenn man den Mechanismus versteht, wie wir aus jeder Situation einen guten und heilenden Einfluss bekommen können. Wenn Du den Sprung in Dein eigenes Glück machen möch- test, dann melde Dich bitte bei mir und ich zeige Dir in sieben Wir sind es mehr oder weniger gewohnt, mit unserer Aufmerk- Schritten, wie du in Deine eigene Glückseligkeit eintauchen samkeit weg vom Schmerz zu gehen. Wir suchen nach der Ursa- kannst. che im Äußeren und nicht bei uns. Meine Email ist: [email protected] Oft geht es nur darum, einen Schuldigen zu finden für das Leiden, das wir erfahren. Telefon: 08382- 5042349 Es ist egal, welches Probleme wir betrachten, wir gehen meis- Webseite: www.spiritualität-gesundheit.de tens weg von der Ursache der Probleme. Die Ursache ist nicht Jai Guru Dev im Äußeren zu suchen, auch nicht dann, wenn z.B. der Partner der Auslöser für unsere Probleme ist. Ernst-Peter Flint Der Andere drückt paar Knöpfe bei uns und schon beginnt die - Lehrer für Transzendentale Meditation - Schlacht, und wenn die Schlacht nicht im Äußeren stattfindet,

154 155 Aktu

Das sich selbst entfaltende SELBST Der Großteil der Menschheit lebt ein gedanklich konstruier- tes Leben, in der Meinung, die Kontrolle darüber zu haben. Nur wenige kennen das wahrhaftige Leben, ein Leben aus der ursprünglichen Lebendigkeit heraus, aus der Quelle selbst. Die Quelle allen Seins und aller Lebenskraft ist unser „Wahres Selbst“, aus dem sich das Leben spontan in jedem Moment entfaltet.

1. Wie würde sich dein Leben verändern, wenn es keine Gren-

zen gibt? 2. Wie würde dein Leben sein, wenn die Welt als Erscheinung IN DIR erkannt wird? 3. Was wäre deine Erfahrung des Lebens, wenn du immer reines Bewusstsein bist? Es gibt ein Leben ohne Konzepte, Strategien und ohne erforder- liche Vorbereitungen. Dazu ist es von Nutzen zu wissen, wer du bist. Wende dich daher nach innen und frage dich: ›Wer bin ich?‹ „Atma Vichara (Selbstergründung) sollte nicht als eine reine Yoga-Übung verstanden werden, die man täglich zu bestimmten Zeiten durchführt und dann wieder bis zur nächsten Übungszeit vergisst, sondern sie sollte beständig angewendet werden. Wenn die Gedanken (und Gefühle) durch die intensive Praxis der Selbstergründung zur Ruhe kommen, offenbart sich ein ewiges und ununterbrochenes Bewusstsein, das als ›Ich-Ich‹ in Erschei- nung tritt. Es ist kein beobachtetes Bewusstsein. Das ›Ich-Ich‹ ist sowohl der Vorbote des Selbst als auch der Tod des Egos. „ Sri Ramana Maharshi (Buch: Wer bin ich?)

156 157 Im westlichen Kontext wird das > Ich-Ich < als „ICH BIN“ oder trolle zu brauchen? „Reines Bewusstsein“ bezeichnet, das grundsätzlich leer ist und Aus Angst! nicht verschieden vom absoluten Selbst. „Ich Bin“ ist der erste „Die Welt ist ein bedrohlicher Ort“ und noch andere, ähnliche Ausdruck des Selbst als Grundlage allen Seins und wird meist Glaubenssätze zeigen sich bei diesem sehr wichtigen Thema. Es als Leerheit, Stille, Unendlichkeit oder grenzen-loser Raum sind Reaktionen aus unserem Reptilgehirn, das unser Überleben wahrgenommen. gewährleisten will! Wir konstruieren uns unser Leben, damit wir Mit der Praxis der Selbstergründung entsteht ein absolutes Ver- die Sicherheit haben, zu überleben. trauen in dir, dass du völlig leer sein kannst, ohne das Verschwin- WER will überleben? Unsere wahre Natur wird weder geboren, den der Existenz. Das steht im Gegensatz zu unserer Erziehung, noch stirbt sie. Also stellt sich die Frage für unsere wahre Natur die eine Menge an Techniken und Strategien von uns fordert, nicht. Überleben will das gedankliche Konzept „Ich“, damit es damit wir „Jemand“ sind, eine bessere Person werden, uns ent- weiter Wichtigkeit hat und weiterhin dein Meister sein kann. wickeln, weiterkommen. Was ist es, was das gedankliche Konzept „Ich“ wahrnimmt? Und dann entdecken wir die wichtigste Sache der Welt: Bin ICH die Wahrnehmung, die hinter all den Gedanken des absolute Stille in jeder Situation – unsere wahre Natur. Verstandes existiert? Findet die ganze Welt in mir, dieser Wahrnehmung statt? Du weißt nicht, was du gleich sagen wirst, du brauchst es auch nicht zu wissen…… Bisher hat dir niemand gesagt, dass es dein Verstand ist, der Schau mal hin: wozu willst du wissen, was du gleich sagen diese erdachte Welt kreiert. wirst? Was ist denn die Welt? GEDANKEN! Der Grund ist, dein Image zu bewahren, dein „Ich“ nicht zu bla- In wem finden die Gedanken statt? In mir! mieren, jemand zu sein, der/ die rhetorisch gut ist und Sinnvolles In wem findet also die Welt statt? In mir als reines Bewusstsein. von sich gibt…oder Angst hat, etwas Falsches zu sagen…. Alles kollabiert in der großen Leere, die du bist! Wie wirst du dich gleich verhalten? Musst du das wissen? Solange du deinem Verstand in herkömmlicher Weise Bedeu- Wozu willst du das wissen? Es ist wie schon bei der vorigen tung beimisst, wird er dir nicht erlauben, der LEERE zu vertrau- Frage: Angst, das „Gesicht“ zu verlieren. en, die du bist. Du wirst immer eine gewisse Kontrolle beibehal- ten wollen, eine unterschwellige Angst spüren… Welch eine Leichtigkeit und Einfachheit, es nicht wissen zu brauchen! Im absoluten Vertrauen der Leere geschieht das Leben über Intuition! Wenn du dich nach einem bestimmten Wissen verhältst, agierst Daraus entfaltet sich das Leben von selbst, ohne Konstruktion, du aus der Vergangenheit, bist du in einem von deinem Verstand ohne Konzepte, ohne Glaubensmuster, einfach im Fliessen des konstruierten Leben. Du lebst die Idee und das Konzept eines Lebens selbst. scheinbar selbständig agierenden „Ich“, das sich nach bestimm- ten „Regeln“ verhält, um anerkannt und geschätzt zu werden. Es ist die natürliche Offenheit für alles, was ist. Du lebst ein gedankliches Konzept eines Ichs und nicht das, was Geist, Körper und Welt sind nicht von der Leere, dem Selbst wirklich „ICH“ ist, nicht das, was deine wahre Natur ist. getrennt. Sie erheben sich aus dem Selbst und sinken wieder in Weshalb konstruieren wir unser Leben? Wozu glauben wir, Kon- es zurück.

158 159 Ramana betont wiederholt, dass der spirituelle Pfad nicht ohne voll (HIER: Maul voll) und jeden Tag ein bisschen mehr, bis sie Anstrengung zu gehen ist. schließlich von ihrer schlechten Manier entwöhnt ist. Wenn sie völlig frei davon ist, kann man sie ohne Weiteres wieder laufen »Es gibt einen Zustand, der jenseits von Mühe und Mühelosig- lassen. Sie geht dann nicht mehr auf die Weide des Nachbarn. keit liegt. Doch bis er erreicht ist, ist Anstrengung nötig. Wenn Selbst wenn man sie im Stall schlägt, verlässt sie ihn nicht mehr. man diese Seligkeit nur einmal gekostet hat, wird man immer So ähnlich ist es auch mit dem Geist. Er ist durch die Kraft der wieder versuchen, sie zurückzugewinnen. Wer einmal die Selig- latenten Vasanas (Begehrenssamen), die sich als Gedanken keit des Friedens erfahren hat, will sie nicht mehr missen und zeigen, daran gewöhnt, draußen umherzustreifen. So lange noch sich mit anderen Dingen abgeben. Für einen Jnani (Wissenden) Vasanas im Innern sind, müssen sie herauskommen und sich ist es ebenso schwierig, sich mit Gedanken abzugeben, wie es erschöpfen. Die Gedanken machen den Geist aus. Wenn man für einen Ajnani (Nicht-Wissenden) schwierig ist, gedankenfrei untersucht, was der Geist ist, ziehen sich die Gedanken zurück, zu sein.“ (Buch: Wer bin Ich?) und der Sucher erkennt, dass sie aus dem Selbst kommen. Es Ich möchte wieder zum Thema „Selbstergründung“ zurück- ist die Gesamtheit der Gedanken, die wir den ›Geist‹ nennen. kehren. Es geht dabei darum, “im Selbst zu bleiben“, das du Wenn man erkennt, dass die Gedanken aus dem Selbst kommen bereits bist. Es ist der unruhige Geist, die vielen Gedanken, die und in ihrer Quelle verweilt, verschwindet der Geist. Wenn der scheinbar große Bedeutung haben, uns in ihren Bann ziehen und Geist zu existieren aufgehört hat und man das Glück des Frie- uns vom Selbst wegziehen wollen. Es hilft nur scheinbar, den dens erfährt, findet man es ebenso schwierig, noch Gedanken Geist durch Meditation oder andere Übungen zur Ruhe bringen hervorzubringen, wie man es jetzt schwierig findet, alle Gedan- zu wollen. Scheinbar deshalb, weil der Geist nur während der ken abzuhalten. Der Geist ist die Kuh, die umherstreunt. Die Meditation oder Übung ruhig sein wird, danach in seine übliche Gedanken sind die Weide des Nachbarn und unser ursprüngli- Aktivität zurück fällt. cher gedankenfreier Zustand ist der Stall“ Aus meiner Sicht gibt es nur drei Möglichkeiten, sich von den „Von den schlechten Manieren entwöhnt“ bedeutet nichts ande- Gedanken nicht forttragen zu lassen. Eine davon ist die Selbst- res als immer und immer wieder den Geschmack der Seligkeit ergründung, die von Sri Ramana Maharshi mit Nachdruck emp- zu kosten, die deine wahre Natur ist. Es bedeutet immer und fohlen wird. Die anderen zeigen sich in den nächsten Kapiteln. immer wieder durch erlebte Selbstergründung zu bestätigen, wer du bereits bist. Damit nimmt die Gewohnheit des Geistes Ich möchte zum Thema Selbstergründung eine Metapher von Sri ab, auf Nachbars Weide zu grasen. Der Geist hat gelernt, dass Ramana Maharshi einbringen, die ebenfalls im Buch „Wer bin es das gute Futter zu Hause gibt und schwärmt nicht mehr aus. Ich?“ zu finden ist: Gemeint ist, dass die Erkenntnis realisiert ist, dass nichts in der „Stell dir eine Kuh vor, die gerne auf der Weide des Nachbarn Welt, die ohnehin einfach eine Erscheinung in uns ist, unser grast. Man kann ihr das nicht so leicht austreiben. Wie kann man Herz erfüllen kann, dass nichts in der Welt jemals erfüllender sie an den Stall gewöhnen? Bindet man sie im Stall an, wartet sein kann als die Seligkeit, die wir bereits sind. sie auf die nächste Gelegenheit, wieder auszureißen. Doch wenn Die Frage „Wer bin Ich?“ hat viele Facetten wie zum Beispiel man sie im Stall mit gutem Gras füttert, nimmt sie am ersten Tag „Wer denkt?“, „Woher kommen die Gedanken?“, „In wem findet ein Maul voll davon und wartet dann wieder auf eine Gelegen- die Emotion ……statt?“, „Wer nimmt diese Situation wahr?“ heit auszureißen. Am nächsten Tag nimmt sie schon zwei Maul- und viele mehr. All diese Fragen bewirken, dass die Energie, die

160 161 bei den meisten Menschen grundsätzlich nach aussen gerichtet Der „Ort der Stille“ ist der Ort, aus dem das ICH BIN aufsteigt ist, umgedreht und nach innen gerichtet wird. Damit bekommt und sich alles weitere entwickelt. die Aufmerksamkeit ein anderes Ziel als die erscheinenden Zuerst erscheint die Lebensenergie, Shakti. Sie erschafft das Objekte, nämlich das „ICH BIN“ – reines Bewusstsein. ganze Universum, den Körper und alles andere, was daraus Das universelle Gesetz „Energie folgt der Aufmerksamkeit“ folgt. Shiva als Bewusstsein (Ich Bin) und Shakti als Urenergie kommt hier zur Anwendung. Richte ich die Aufmerksamkeit sind untrennbar verbunden. Sie sind die Basis von allem, was auf das ICH BIN, folgt die Energie und ich werde immer mehr erscheint. Ohne Shiva und Shakti gibt es kein SEIN. im ICH BIN verweilen, statt mich mit erscheinenden Objekten Der Ort der Stille, das absolute Selbst, ist jenseits von Sein und zu identifizieren. Je mehr die Aufmerksamkeit und Energie im Nicht-Sein. Es ist die Quelle von Dualität und Nondualität. ES ICH BIN ist, desto mehr kann die Stille wahrgenommen werden, ist DAS, was ohne Ursache ist, aus sich selbst leuchtend, jenseits die als SELBST bereits existiert. STILLE ist nicht etwas, was des Traumes von Existenz. ES ist DAS, was DU BIST, jenseits erschaffen wird, sondern die bereits existierende Grundqualität des Benennbaren, immer während. des Selbst. DU BIST, BEVOR ETWAS IST! Der SEHER von allem! „Sei einfach still“ ist eine zweite der drei Botschaften des Meis- DU bist die EINE Quelle, aus der heraus sich das Leben selb- ters aus Indien. ständig entfaltet. „Sei still“ bedeutet in diesem Kontext, nichts mit deiner Auf- Rufe dir in Erinnerung, wie das menschliche Leben entsteht. merksamkeit zu berühren, was sich im Moment zeigt, ob Gedan- Wer tut etwas, dass sich die Beine und Arme bilden, dass sich die ken, Emotionen, Empfindungen, Energien oder Situationen. Organe bilden, das Chakrensystem, das Gehirn und all die wun- „Nicht tun“, was immer der Verstand von dir haben möchte, ob derbaren Fähigkeiten, die Welt wahrzunehmen? Alles geschieht es etwas ist, was von Nutzen wäre, oder etwas, was nicht sein aus sich heraus. Alles geschieht aus der Quelle selbst. Nichts soll oder darf und abgewehrt werden soll. braucht getan werden. Ramana verwendet sehr oft den Begriff „Vasanas“, was so viel wie Neigungen, Wünsche, oder Gewohnheiten bedeutet. Ich Die Quelle, das Selbst strahlt eine Präsenz aus, ein DASEIN, ein fasse all das mit dem Begriff „Begehrenssamen“ zusammen. gegenwärtig sein. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie man mit Begehrenssamen In dieser Präsenz können Vasanas verbrennen, können Gewohn- umgehen kann. Die Erste ist, sie zu gießen, sie also auszuagie- heiten ausgelöscht werden, können sich Synapsen neu verbin- ren, sie zu leben wie bisher. Aus den Samen werden Pflanzen, den, kann die Ganzheit des Lebens erfahren werden. die immer wieder gegossen werden müssen (Energie verbrau- Es ist ein Geschenk, mit einem Meister zu sitzen, der diese Prä- chen) und immer mehr „Zweige“ (Abzweigungen) hervorbrin- senz ist und ausstrahlt. gen. Letztendlich entsteht ein Baum der Dualitäten, eine imagi- Hier sind wir bei der dritten Möglichkeit, sich von Gedanken näre Welt, in der sich ein imaginäres Ich behaupten muss. nicht forttragen zu lassen. Die Zweite ist, den Samen nicht zu gießen. Er wird vertrocknen. In der Präsenz eines Meisters wird die in dir bereits vorhandene Er wird verbrennen, wie Grassamen in der Sonne. Das Feuer der Präsenz aktiviert. Wahrheit verbrennt alle Begehrenssamen. Nichts Tun bedeutet Der Meister ist dein eigenes Selbst. Im Wald des Verstandes, in demnach in der Wahrheit zu bleiben, wenn ein Begehrenssame dem alle Sucher sich verirrt haben, ist es wichtig, einen Refe- aufsteigt. Sei still! renzpunkt zu haben, jemand, der dir die Frage „Wer bin Ich?“

162 163 stellt, wenn du sie vergessen hast. Jemand, der sich im Aussen als dein Selbst zeigt, der dir wieder zeigt, wer und was du bereits bist. Der wirkliche Meister bringt dich immer zu deinem eige- nen Selbst zurück. Im täglichen Leben sind es die nach aussen gerichteten Tendenzen (Vasanas), die dich beschäftigt halten, sodass du keine Zeit hast, deine Aufmerksamkeit wieder auf das Selbst zu richten. In der Präsenz des Meisters kehrt die auf Objekte gerichtete Aufmerksamkeit wieder zurück zur Quelle. Die „Beziehung“ zu einem Meister ist die wichtigste Bezie- hung, die du in deinem Leben haben kannst. Sie ist die einzige Beziehung, die dich in die Freiheit führt. Alle anderen schaffen Abhängigkeit. Wenn du in einer direkten Beziehung mit einem Meister dich vollkommen hingibst, wird die Erkenntnis, dass er dein Selbst ist, einfach auftauchen und die Beziehung wird sich auflösen. Du wirst erkennen, dass es nur das EINE SELBST gibt, das aus allen Augen schaut – du siehst dich immer nur selbst, wohin du auch schaust. Der Ausdruck des Selbst ist die Vielfalt, die sich aus dem Selbst entfaltet. DAS, was wir Leben nennen – das sich selbst entfaltende Selbst. Der Vogel der Freiheit hat zwei Flügel: Jnana und Bhakti – Selbstergründung und Hingabe. Jnana ist das „Wissen“ über deine wahre Natur und der Natur aller Dinge und Bhakti ist die Liebe zur Wahrheit, die Liebe als Ewigkeit. Bhakti bedeutet: „Dort, wo keine Trennung ist“, nicht geteilt zu sein - Eins zu sein. (Sri Poonja)

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164 165 Gerard Kever

Wo sind wir? Früher wussten die Zivilisationen nichts und die Erleuchteten alles. Dieses Verhältnis hat sich verkehrt. Die Saat der großen ethischen Lehren ist aufgegangen und hat sich in eine globale Aufhellung verwandelt. Die spirituellen Lehrer, die heutzutage noch etwas zu sagen hätten, tun gut daran, sich auf die Kern- kompetenz ihres Metiers zu beschränken: Selbsterfahrung! Denn während sich die christliche Idee der Allmächtigkeit in ein Weltmanagement, ihre Allwissenheit in ein elektronisches Gehirn und ihre Allgegenwärtigkeit in einen Datenrausch ver- wandelt hat - ist abhanden gekommen, was Ursprung und Aus- gangspunkt aller Kultur und Religion war: spirituelles, mensch- liches Erwachen. Wer heute sagt, er weiß nichts mehr, der hat zurück gefunden zu dem, was man wirklich nicht wissen, - sondern nur sein kann. Der hat die Spitze der Wissensgesellschaft erklommen und ist an schierem Überangebot verzweifelt. Zuerst verzweifelt und dann genesen. Nicht die Abstinenz vom Bildermachen hat uns den Ausweg gezeigt (dazu war die Kreuzigungsszene zu opern- haft), sondern die visuelle Überflutung und die Multiplizierung der Bilder, Objekte und Informationen ins Unermessliche. Wer erkennt, dass nichts so wichtig wäre, als das es nicht angenom- men werden könnte, der erkennt die Quintessenz unseres Zeit- geistes: nicht unterhalb des Artifiziellen liegt die Erlösung, son- dern darüber hinaus, in ihrer Übersteigung! Die Abwendung von der Welt erzeugt einen Zornstau, Neid und Fatalismus. Es führt zu einem Ungleichgewicht im thymothischen Haushalt der Indi- viduen. Doch im Gegensatz zu allen Jahrtausenden zuvor ist es die Jetztzeit, die im Zentrum eines unvorstellbaren Reichtums eine atomisierte Stille offenbart. In nichts ist der Westen so gut wie in der Übertreibung von Dualität. An ihrem natürlichen Ende erscheint die Dualität aller Dualitäten, das Eine als Äquivalent zum Vielen. Kein Gott muss

166 167 mehr projiziert werden, um die Massen zum Besseren zu bewe- vervollständigen, dazu braucht es schon des Advaita-Vedantas gen. Der Überdruss an allem, was der Fall ist, reicht völlig aus, (des Endes der Veden). Wofür Buddhisten ihr eigenes Vokabular damit der immaterielle Pol des Sein gegenwärtig wird: Erleuch- bemühen würden (Dzogchen), enthält jene unabdingbare Ingre- tung, Erweckung, Realisation. Kurz: der Mensch erfährt Aufklä- dienz, um aus dem Rohstoff einer überpersönlichen Erfahrung rung über sich selber. Und war der projizierte Gott nicht immer solides spirituelles Gold zu gewinnen. schon ein imaginierter Dritte im Bunde? Die geheime Symbi- ose zwischen Einwertigkeit (Erleuchtung) und Dreiwertigkeit Da ist es schon aberwitzig, dass ausgerechnet ein recht fauler (Gott); wann könnte sie besser geoffenbart werden denn jetzt, Mann, der die Füße eines indischen Berges lebzeitlich nie ver- zu unserer Lebenszeit, wo die Katastrophen zur Hochkonjunktur lassen hat, jene Gabe besaß, die die hyperaktive, überdynami- auflaufen, wo eine Welt, die in ihren Luxusergebnissen badet, sierte West-Welt in die Knie zu zwingen imstande sein könnte. von ihren Schattenproduktionen eingeholt wird. Ab jetzt muss Durch ihn treffen sich die globalen Dauerkatastrophen im Kul- man den Überfluss in der Armut erkennen und die Armut im minationspunkt der heiligen Veden. Das Ende dieser Literatur Überfluss. Aus Zwei wird Eins. Erkenntnis und Leiden fallen am wird unweigerlich zu unserem Anfang werden. Wir, die wir die Ort der Moderne zusammen. Lachen und Weinen verschmelzen Wo-Frage in eine Zerreißprobe zwischen subatomarer und kos- auf den Bildschirmen unserer digitalisierten Welt zu einem kol- mischer Peripherie verwandelt haben, pilgern zu guter Letzt zur lektiven Satori. Wäre der Begriff „Apokalypse“ nicht so christ- Wer-Frage. Wer bin ich; wer sind wir? Nur hier finden wir die lich besetzt, man müsste ihn wie Francis Ford Coppola mit aller Ruhe, die uns von der Illusion des Fahrens, Bewegens und vor- Bildgewalt in die Gegenwart des here & now hinein zwingen wärts Stürzens befreit. Da für uns alles, was der Fall ist, nur und ihn dort mit der Unendlichkeit multiplizieren. Nur dann ver- in Raum und Zeit erscheint, sind wir von einer Leseschwäche steht man, dass es kein Zurück zu der Geborgenheit in einem befallen, die verhindert, das Wesen der Erleuchtung zu erken- umhüllten Raum mehr geben kann. Alle Schalen sind geplatzt. nen. Im Kern transzendenter Erfahrungen finden keine Fahrten Wir stehen nackt im Universum. Gott ist fort. Wir begreifen, das mehr statt. Für das, was er-fährt, enden alle Bewegungen durch es ihn nie gegeben hat, aber das es gut war, ihn erschaffen gehabt die beispielgebenden Gurus. Das Wunder, das diese Körper zu haben. Wir begreifen, das, wenn wir ihn je wiederfinden, uns transportieren, besteht im Wissen, dass sich innerhalb eines dies nur durch die Ergänzung der Dualität mit einer realen Ein- Satoris nur ein strategisches Ich bewegen kann. Das richtige Ich wehrtigkeits-Erfahrung gelingen wird. durchschaut die Strategie von Zeit und Raum, der Transzendenz eine „Er-fahrung“ aufzudichten. Wieviele Satoris die Gesellschaft braucht, bis sie das Wesen von Erleuchtung begriffen hat, kann man mit Sicherheit nicht sagen. Das Problem der Wo-Frage bestand immer schon in ihrem ein- Kompetente Gurus halten sich an die Faustregel „Drei“. Soll- seitig materialistischen Realitätsverständis. Wie gesagt, nicht ten mehr vonnöten sein, kann man schlecht erkennen, wie es die Substanz an sich erzeugt Schuld; es ist der Substanzfeti- in naher Zukunft je eine Ermangelung an Transzendenz erzwin- schismus, der eine übertriebene Fixierung generiert. Wenn die genden Freuden und Leiden geben könnte. Zynisch wäre diese erfolgreichste Religion aus der Achsenzeit, die Christliche war, Prognose übrigens nur, wenn man sie ohne jenen von Ramana dann, weil sie die effektivste Bewirtschaftung des Schuldphäno- Maharshi überlieferten Schlüssel für den adäquaten Gebrauch mens betrieben hat. Einen Menschen zu Gottes Sohn zu dekla- von Satoris stellen würde. Der kollektive Schritt von der Dua- rieren, mag für Juden und Muslime reine Blasphemie sein; für lität in die Non-Dualität mag durch die Moderne prädestiniert die kulturelle Evolution des Abendlandes war es der effektivste sein; aber ihn hinein bis zu eine irreversible Erleuchtung zu Katalysator, den man sich hätte wünschen können. Himmel und

168 169 Hölle, Staat und Kirche, Gott und Teufel. Bishin zu Rechts und Links - das beste Fundament aller Polarisierung ist die theologi- sche Vater-Sohn-Konstruktion. Die Dehnübungen im christlich fundierten Realitätsraum - kombiniert mit einem Seelenmana- gement, welches Schuld-anhäufung mit Schuld-tilgung in steti- gem Gleichgewicht zu halten wusste - ist die Erfolgsgeschichte unseres Globus. Kombiniert mit einer Antwort auf der Höhe des Veden-Endes ergeben sich für die Wo-Frage ganz neue Perspektiven. Man könnte auch sagen Qualität trifft Quantität. Exterritorialisiert im kalten Raum eines Nirgendwo ist plötzlich kein Problem mehr. Wo immer man ist, in dem Moment, wo die Erfahrung als Nicht- Erfahrung angenommen wird, wo sich der Satori in Erleuchtung und die Transzendenz in Selbsterkenntnis verwandelt - dort ist man geborgen. Ab jetzt kann das Ich, es muss aber nicht mehr. Im Prinzip ergeben sich - durch ein als „unbewegtes Selbst“ erfahrenes Ich - mehrwertige Optionen; und verändern die Sze- nerie. Niemand muss mehr getrieben sein, sich von A wegzu- bewegen um ein besseres, größeres, anderes B zu erreichen. Er oder Sie können, wenn sie wollen. Aber sie vollziehen das dann ganz frei von den Zwängen eines „Ich‘s“, das nur durch ständi- gen Perspektivenwechsel seine imaginäre Konsistenz aufrecht erhalten kann; frei von den Endlosschlaufen des immer gleichen Ich-Gedankens.

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170 171 Padma Wolff

Befreite Liebe Das Motto unseres Kongresses lautet: Liebe und Mitgefühl. Um frei zu sein in der Liebe und nicht verstrickt, spricht Padma hier zum Thema Liebe und Beziehung.

Padma Wolff: Ehrlich gesagt fand ich die Idee der „freien Liebe“ früher eher gruselig. Mag sein, dass ich damals schon Missverständnisse oder Verzerrungen dieser Idee – oder wie sie meist umgesetzt wurde – gewittert habe. In mein Unbehagen spielte aber wohl auch mit hinein, dass ich selber ziemlich beziehungssüchtig war. Ich hing am Ideal romantisch verklärter Liebe. Ich erhoffte mir, dass sie mich glücklich machen würde. Denn das war ich nicht. Ich glaubte, für Glück jemand zu brauchen, der mich mehr lieben würde, als ich das selber tat. Es dauerte einige Jahre und Beziehungsdramen, bis ich durchschaute, dass das nicht funk- tioniert. Schließlich entdeckte ich, was tatsächlich funktioniert: Ich musste aufhören, das Alleinsein mit mir selbst zu vermeiden. Ich musste meinem Selbsthass, in dem ich mich für gar nicht liebenswert hielt, ungeschminkt ins Gesicht schauen. Ich musste aufhören zu versuchen, mich durch Beziehungen daraus zu retten. Erst darin fand ich wirkliche Freiheit. Ich schloss Frieden mit mir selbst. Und mit dem Leben. Ja, ich entdeckte sogar mich selbst als LIEBE, die grund- und bedingungslos ohne Objekt aus sich selbst heraus erfüllt überfließt. Erkannt werden konnte diese allerdings nur genau in diesem radikalen Befreiungsschlag und Akt wahrer Selbstliebe, mich dann eben lieber ehrlich nicht geliebt zu fühlen, als weiter bedingter Liebe hinterherzulaufen. Dazu hat mich mein Lehrer Eli angehalten. Mit einer für mein damaliges Empfinden gnadenlosen Bemerkung: „Was, wenn du nie wieder eine Beziehung hast?!“ Darin wurde mir klar, dass es genau diese Bereitwilligkeit brauchte, alle Hoffnung auf Erlö- sung durch Geliebtwerden sterben zu lassen. Sonst wären meine Bedürftigkeit, Abhängigkeit und mein Selbsthass die Basis jeg- licher weiteren Beziehung gewesen und darin nur fortgesetzt

172 173 worden. Erst indem ich all diesen Schatten direkt begegnete und Schmerz, Verletzlichkeit, Verzweiflung und dergleichen „uner- sie reglos, bewusst erlebte, „verbrannten“ sie. So entdeckte ich, träglichen“ Gefühlen präsent und berührbar bleiben zu können. dass selbst als es schien, dass ich es nicht aushalten, nicht über- Die Kapazität, all dem zu begegnen, führt zu einer viel satte- leben würde, ICH immer noch hier bin, während all das, was ich ren Erfüllung als das Vergnügen, bloß der schnellen Verliebtheit so unbedingt vermeiden wollte, kommt und geht. Also war ich nachzulaufen – oder vor den Ängsten vor Verletzlichkeit oder offenbar gar nicht so abhängig, wie ich glaubte. Im Gegenteil: Vereinnahmung sofort zu fliehen. Hier fand ich wirkliche Liebe. Darin lag tatsächlich viel mehr Erfüllung, als ich zuvor in Beziehungen gefunden hatte. Parado- Der Mut, alles zu verlieren – um es überhaupt erst gewinnen xerweise wurde so – gerade, indem ich keine Beziehung mehr zu können dafür brauchte – diese Erfüllung zur Grundlage meiner jetzigen Beziehung. Diese entfaltet sich auf ganz wundersame Weise Egal von welcher Richtung wir kommen, gilt zusammengefasst: in nie geahnter Freiheit und Wahrhaftigkeit. Gerade weil wir Wenn wir uns bedingungslos der Liebe an sich hingeben, uns beide mehr daran interessiert sind, LIEBE zu sein, als geliebt zu selbst als Freiheit, als das Leben, was alle Formen belebt, erken- werden, können wir viel freier und ehrlicher liebevoll miteinan- nen, haben wir das volle Potential, unser Herz zu öffnen. der sein – egal, wie es sich gerade anfühlt oder ob wir einander Die meisten von uns haben Angst, dabei verletzbar zu werden. bedingte Wünsche erfüllen oder nicht. Meine Lehrerin Gangaji beantwortet dies nahezu poetisch: „Lass dein Herz ruhig brechen. Lass es aufbrechen!“ Damit deutet sie Die andere Seite der Beziehungsunfähigkeit auf das Potential hin, sich trotz Verletzung – und manchmal Die Sucht danach, geliebt zu werden, beschreibt allerdings nur gerade mit ihr oder sogar durch sie – mehr und mehr Offenheit eine – vielleicht die meist eher weiblichere – Seite, auf die wir in und Weite zu erschließen, zu entdecken, was immer noch hier unseren Vorstellungen bezüglich Liebesbeziehungen zu kippen ist, auch wenn das Herz bricht. neigen. Die andere, oft eher männlich bevorzugte Verzerrung, Das heißt nicht, dass wir missbrauchbar werden oder uns miss- kann man überspitzt so formulieren: „Geil, freie Liebe heißt: handeln lassen. Im Gegenteil! In dieser Freiheit können wir sehr Ich gebe total dem Trieb des genetischen Impulses nach, meinen genau wahrnehmen, was für uns selber stimmt, und liebevoll Samen möglichst weit in den Wind zu streuen. Lasst mich bloß mit uns selbst erfüllt bleiben, statt uns für irgendetwas anderes mit den emotionalen Folgen und womöglich noch vereinnahmen- herzugeben, was unstimmig ist. der Bedürftigkeit in Ruhe!“ Auch diese Umsetzung der „freien Verbindliche Beziehung ihrerseits hat das Potential, uns im Liebe“ ist fehlgeschlagen. Zumindest in Bezug auf echte Erfül- immer weiteren Erwachen zu unterstützen, vor allem im Erleuch- lung und Glück. Das bestätigt auch das Ehepaar Trobe in seinem ten der Schatten. Erforderlich ist dafür allerdings der Mut, ohne Buch „Wenn Sex intim wird“. Beide waren Osho-Sannyasins und Beziehung zu sein bzw. immer wieder das Risiko einzugehen, sind erfahrene Paarberater. In ihrer jahrelangen Praxis fanden sie alle und alles zu verlieren. Dabei entdecken wir, wer oder was heraus: Das Wagnis, sich der Tiefe der Liebe hinzugeben, lohnt wir wirklich sind und was ganz von selber bleibt. Durch diese sich viel mehr, als sich von oberflächlichen Strömen der Vergnü- Freiheit bekommt die Liebe erst wirklich Raum zu wachsen. Die gungen mitspülen zu lassen. Gerade in der Verbindlichkeit wird Formen, an denen wir hängen, vergehen alle. Je mehr wir das erstaunlicherweise Freiheit entdeckt. Sogar die Freiheit von dem zulassen, umso mehr können wir im Wandel der Formen ihre Zwang, „frei“ sein zu müssen. Anders gesagt: Wir stoßen auf Kostbarkeit wertschätzen. Wir genießen staunend, in welcher die Freiheit, uns auf Bindung einzulassen. Die Freiheit, sogar in Schönheit sich Lebendigkeit fließend entfaltet.

174 175 Das Ende der Beziehungssucht – Getrenntsein wird nicht Beziehung als Katalysator für Erwachen schmerzhaft erlebt Was in „freier Liebe“ wirklich gesucht wurde, ist nicht Unver- Eigentlich wurde ich ja gebeten, über meine Erfahrung dessen bindlichkeit oder mangelnde Innigkeit, sondern Freiheit vom zu schreiben, wie sich Torstens und meine Beziehung im Flow, Festhalten an „mir und meins“. Freiheit vom Glauben, dass also in erwachtem Bewusstsein entfaltet. Also dazu zumin- ich da etwas brauche. Sei es „meine Verbindung“ oder „meine dest so viel konkret und persönlich: Tatsächlich finde ich mich Unabhängigkeit“. Es ist eine Freiheit für Liebe, die sich total immer öfter von beglückender Wertschätzung für die Formen auf Begegnung einlassen kann. Auch auf eine verbindliche des Lebens überwältigt. Ich bin mir ihres Wunders als vor- Beziehung. übergehender Ausdruck von Liebe und Leben an sich so akut bewusst, dass ich ganz entzückt bin. Das kann manchmal einen Eine solche wirkt sogar als Katalysator für weitere Befreiung regelrechten Anfall von Freude und Begeisterung auslösen, von „mir und meins“. Denn sie deckt leidvolle Schattenbereiche morgens aufzuwachen und so einen tollen Mann in meinem Bett auf, wo wir selber oder unser Partner doch gerade mal wieder vorzufinden. In den mittlerweile 18 Jahren unseres Zusammen- um „mich und meins” kreisen, uns egoistisch um uns selber seins hat nicht nur die Vertrautheit und Tiefe der Liebe, sondern drehen und in unsere Vorstellungen davon verwickeln, wie es auch die Verliebtheit immer weiter zugenommen. Einschließ- sein sollte. Indem diese Schatten ans Licht des Bewusstseins lich regelrechten Hingerissenseins über die persönliche Begeg- kommen und in Liebe gehalten werden, werden sie zu Brenn- nung. Die Dankbarkeit dafür macht mich nur umso glücklicher, stoff für unsere weitere Entfaltung transformiert. was wiederum ansteckend wirkt und unsere Freude aneinander Wie leidvoll es für alle Beteiligten ist, wenn es in unseren Lie- weiter verstärkt. besbeziehungen vorrangig um „mich und meins“ geht, haben Zugleich vermissen wir einander nicht, wenn wir oft lange wir alle schon mal erlebt. Wie glücklich wir sind, wenn bedin- getrennt unterwegs sind. Das hatte ich in meinen früheren gungslos Liebe fließt, ist genauso deutlich spürbar. Beziehungen schmerzhaft anders erlebt. Das zu entdecken, hat Das Ego, mit dem wir uns normalerweise fehl-identifizieren, ist mich zunächst erstaunt. Vielleicht ist es so, dass wir unsere Zeit nicht liebevoll und nicht liebenswert. Byron Katie sagt: „Egos zusammen so intensiv und bewusst erleben, dass dann irgendet- lieben nicht, sie wollen etwas.“ Liebe, die wir im Erwachen als was zutiefst satt und erfüllt ist, selbst wenn wir nicht körperlich unser wahres Wesen erkennen, liebt einfach. Sogar Anteile oder an einem Ort sind. Oder wir erfahren sowieso die Verbindung Eigenschaften, die wir an uns selbst oder anderen nicht mögen. mit der formlosen Essenz – der Liebe an sich, die uns beide in Je mehr wir spüren, dass wir uns auf diese tiefere Liebe ver- der Tiefe ausmacht – als so viel mehr als genug, dass die Freude lassen können, desto mehr entspannen wir uns. Dabei werden dann umso größer ist, das Wunder dieser Liebe in der Form des wir ganz von selber immer liebevoller und liebenswerter. Die anderen wieder erleben zu dürfen. Da die direkte Präsenz des Liebe liebt einfach das Leben und verströmt sich selbst durch anderen also in dem Sinne nicht wirklich gebraucht wird, ist sie, uns. Dafür sind wir doch schließlich zusammen: um einander zu wenn sie da ist, ein umso größeres Glück. Eine Gnade, für die lieben, aus vollem Herzen, rückhaltlos! Wär‘ doch schade drum, wir von Dankbarkeit erfüllt sind. die Gelegenheit zu verpassen!

176 177 Liebe macht schön Leider harren viele von uns darin aus, darauf zu warten, dass das jemand anders für uns tun soll. Fast, als ob es nicht erlaubt Je offener wir lieben und je weniger wir irgendetwas für selbst- wäre oder unsere Chancen auf Liebe verringern würde, wenn verständlich halten – wie wir das im normalen Schlafwandel, wir selbst anfangen würden, uns aus vollem Herzen zu lieben. den wir Alltagsbewusstsein nennen, meist tun –, sondern in Was für ein schräger Aberglaube! Ich schlage vor: Probier es aus allem das Wunder des Lebens sehen und wertschätzen können, und schau in deiner eigenen Erfahrung, wie sich die Selbstliebe umso mehr blühen unsere Liebsten darin regelrecht auf. auswirkt. Alles liebt es, geliebt zu werden. Alles wird davon genährt. An dieser Stelle würde ich dir gerne eine hypnotherapeutische Und alles wird schön im Licht der Liebe. In dem Zusammen- SelbstliebeÜbung anbieten. Sie würde auch auf die dabei oft hang erzähle ich gern die Geschichte von Kater Finn: Er war auftretende eigene Ablehnung der Bedürftigkeit und den Selbst- einer Freundin zugelaufen. Sie nahm ihn auf, obwohl er ihr hass hilfreich eingehen. Aus Platzgründen muss ich allerdings eigentlich recht dumm und hässlich vorkam. Letzteres wusste auf einen Artikel von mir in der Zeitschrift Visionen verweisen: ich aber nicht, als ich während ihres Krankenhausaufenthaltes „Was Narziss wirklich braucht“. bei ihr einhütete. Im Gegenteil: Ich liebte den Kater vom ersten Selbst-Liebe zu entdecken, heißt auch: Wir brauchen uns nicht Augenblick an. Wir hatten eine tolle Zeit. Das Beste aber war: auf Beziehungen einzulassen, für die wir uns und unsere Selbst- Als meine Freundin wieder nach Hause kam – so erzählte sie Liebe verraten würden. Das wäre sogar eher unserer Befreiung mir später –, sah sie auch, wie liebenswert, schön und intelligent abträglich. Das macht abhängig und führt uns zurück in den alten er war! Teufelskreis der Bedürftigkeit. Das gilt zum Beispiel und beson- Und die Moral von der Geschicht? Vielleicht: Liebe macht ders für Lehrer-Schüler-Beziehungen, in denen der erleuchtete schön. Oder: Lieben wirkt ansteckend. In alle Richtungen. Die Meister beansprucht, den Schülerinnen beizubringen, sich aus schlechte Nachricht daran ist: Je mehr wir darauf warten, geliebt der Anhaftung zu lösen, indem er mit einer nach der anderen zu werden, uns davon abhängig machen oder das sogar einfor- „Liebe macht“, zu deutsch: seinen sexuellen Trieb befriedigt. dern, umso weniger wahrscheinlich wird es. Das führt in tragi- Hier gilt: Je stärker das Gefälle, umso unausgeglichener der sche Teufelskreise, die sich zwischen den oben beschriebenen Fluss. Ein eindrückliches Beispiel dafür beschreibt das Buch Polaritäten hochschaukeln. Die habe ich früher als extrem leid- „German Guru G-Punkt-Erleuchtung?“ von „No & Name“. voll erlebt: Je bedürftiger ich wurde, umso mehr wurde mir noch Liebe entzogen. Denn so wirkte ich überhaupt nicht liebenswert Liebe im Enneagramm und schon gar nicht schön. Oft waren die armen Männer damit hoffnungslos überfordert. Ich habe sie regelrecht vergrault. In meinen Enneagramm-Kursen werde ich immer mal wieder gefragt, welche der Typen, die das Enneagramm als Charakter- Liebe sein und überfließen Typologie beschreibt, besonders gut zusammenpassen würden. Ob zum Beispiel ein „Perfektionist“ mit einer „Romantikerin“ Die gute Nachricht: Du brauchst für die Liebe nicht auf irgend- leichter glücklich wird als mit einer „Zweiflerin“ oder einer wen oder irgendwas zu warten! DU bist ja schon hier. Und je „Helferin“… Solche Betrachtungen bleiben allerdings ober- mehr du dich selbst liebst – oder dich selbst als Liebe erfährst flächlich. Viel wesentlicher ist die tiefere Möglichkeit, die uns – und darin erfüllt überfließt, umso attraktiver und liebenswerter das Enneagramm aufzeigt: Wir können aus all diesen selbs- wirst du ganz nebenbei und von selber. tauferlegten Beschränkungen und Identitäten erwachen. Wir

178 179 werden wach für unser aller Wesenskern. Dann erst beginnt das Leben der Freiheit. Das Leben der Liebe. Je mehr wir nichts zu sein brauchen, können wir alles sein. Auch all die verschiedenen Aspekte und Potenziale unserer selbst werden bewusst zugelassen. Dann können wir auch alles für- einander sein und einander alles sein lassen. In eingegrenzter Identität und Beziehung hat dagegen vieles keinen Platz. In einer wahrhaftig freien Partnerschaft ist für alles Raum. Dann gibt es kaum oder keinen Bedarf, das Bedürfnis nach Vielfalt und Abwechslung außerhalb der Paarbeziehung zu stillen. Wir müssen nicht woanders hingehen, um mehr wir selbst sein oder bestimmte Aspekte unserer selbst leben zu können. Wir erfahren schon in der Verbundenheit Weite. Eine solche Partnerschaft stellt eine wunderbare Bereicherung dar. Das Wesentliche aber ist: Du kannst dich selbst als Liebe erkennen, leben und verströmen lassen. Das ist an sich das Erfüllendste überhaupt. Ganz unabhängig davon, ob du über- haupt einen Partner hast oder einfach dich selbst als das Leben an sich in allen Formen liebst.

Dieser Artikel von Padma Wolff ist in der Juliausgabe 2016 der Zeitschrift SEIN erstmals erschienen.

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180 181 Torsten Brügge

Tiefe Stille, weite Sicht Grunddimensionen des Erwachens Ganzheitliche Spiritualität umfasst beide Dimensionen: die direkte Erfahrung reinen Gewahrseins, die uns aus der gewohn- ten Verengung unserer Oberflächenwahrnehmungen löst – und die Achtung vor der Erscheinungswelt, die wir dann frisch, mit neuen Augen und weitem Blick betrachten und umarmen können Die Angebote der Vermittlung von spiritueller Selbsterkenntnis werden immer zahlreicher. Im Umfeld der Satsang- oder Advai- ta-Bewegung sprießen neue Lehrer wie Pilze aus dem Boden. Ihre Zahl wächst ins Unüberschaubare. Immer mehr Menschen bezeichnen sich als erwacht oder aufgewacht. Zugleich sinkt die Hemmschwelle, dies auch öffentlich zu verkünden und rasch die Rolle eines spirituellen Lehrers einzunehmen. Manche dieser Lehrer beziehen sich auf bestehende Traditionen wie Advaita oder Zen. Einige sind im Kontakt mit etablierten Leh- rerpersönlichkeiten inspiriert worden und haben ihre Erkenntnis durch eine klassische Lehrer-Schüler-Beziehung vertieft. Viele berufen sich auf Sri Ramana Maharshi oder Sri Nisargadatta – oder auf »Schüler« dieser indischen Meister. Andere moderne Lehrer schildern ihr Erwachen unabhängig von spirituellen Tra- ditionen und finden manchmal neue Begrifflichkeiten.

Welle spiritueller Öffnung Die Masse und die Vielfältigkeit der »Aufgewachten« spricht für eine sich stetig vergrößernde Welle von lebendiger spiritu- eller Öffnung in den letzten ca. zwanzig Jahren. Offensichtlich gibt es mehr und mehr Menschen, denen tiefe Einblicke in die transzendente Dimension des Seins zuteil werden. Oft geschieht das als einschneidendes inneres Erleben. Die Gewohnheits- wirklichkeit (Bernd Schmid) eines sich als getrennt erlebenden Ichs wird dabei als illusorische Oberfläche erkannt. Darunter tut sich eine Tiefendimension auf, die als jenseits von Worten und

182 183 Bezeichnungen erfahren wird. Wer sie dennoch benennt, spricht lehnt er sich an eine von Karlfried Graf Dürckheim verwen- vielleicht vom transzendenten Sein, vom göttlichen Urgrund, dete Metapher an. Dürckheim gehörte Ende der 1960er Jahre von reinem Gewahrsein. Dabei handelt es sich um das direkte zu den Begründern der transpersonalen Psychologie. Für ihn Erleben des mystischen Kerns, der das Zentrum jeder Religion bestand der höchste Sinn des menschlichen Lebens darin und Weisheitslehre ausmacht. »transparent für die Transzendenz« zu werden. In diesem Sinne Verschafft man sich einen Eindruck über die »frisch erwachten« können wir Ardaghs »Transluzenz« als das Durchscheinen des Personen, die als Lehrer auftreten, bekommt man das Gefühl, Erleuchtungsgeistes durch eine Person verstehen. Wörtlich dass den meisten tatsächlich tiefgreifende Erfahrungen oder Ein- wird Transluzenz allerdings als »partielle Lichtdurchlässigkeit blicke der transzendenten Dimension zuteil wurden. Zugleich eines Körpers« definiert. Das passt. Denn Menschen scheinen bleibt es fraglich, wie stabil ein solches Erwachen wirklich ist. in unterschiedlichem Maß für den Erleuchtungsgeist durchläs- Gehen die Einblicke tatsächlich in die tiefsten Tiefen absoluter sig zu sein. »Echten« Lehrern könnten wir einen Wert von 90 Seinserkenntnis? Erlebt diese Person wirklich eine umfassende bis 100 Prozent Durchlässigkeit zugestehen. »Falsche« Lehrer Öffnung oder beschränkt sich die Befreiung auf Teilbereiche? schneiden mit 0 bis 10 Prozent kläglich ab. Dazwischen gibt es Nutzt die Person ihre Einblicke für die Integration ihrer per- alle möglichen Abstufungen. sönlichen Schattenbereiche, oder werden spirituelle Einblicke womöglich zur psychischen Verdrängung missbraucht? Und Doch wer könnte sich herausnehmen, den Grad der Transluzenz nicht zuletzt: Kann der Erwachte auch über die eigene Erwacht- zu ermitteln und damit weise Lehrer von erwachten Pilzköpfen heit und die Lehrerrolle herzlich lachen? zu unterscheiden? So etwas wie einen internationalen Satsang- lehrer-Verband mit Qualitätskriterien für eine Meisterzulassung Meisterklasse oder Masse statt Klasse gibt es nicht und würde sich wohl selbst widersprechen. Im Sat- sang geht es ja gerade um das Loslassen von Wertvorstellungen Das Feld der als Satsanglehrer auftretenden Personen umfasst und trennenden Einteilungen. Wäre der Versuch, die spirituelle mittlerweile alle Spielarten. Einige strahlen höchste und umfas- Tiefe und Reife von Menschen zu bewerten, nicht ohnehin die sende Weisheit aus. Bei anderen schämt man sich für naiven alte Gewohnheit unseres Egos, sich als Richter aufzuspielen? Seligkeitsglauben. Und dann gibt es noch diejenigen, die es Das kann so sein! Ebenso wäre es ein einschläfernder Irrglau- schaffen, sogar aus authentischen Einblicken in die Weite des be, alle Menschen, die auch nur einen kurzen Einblick in ihre Seins eine neue dogmatische Engstirnigkeit zu entwickeln. Da wahre Natur erfahren haben, gleichermaßen als erwacht zu verwirrt es nicht nur Neulinge, wenn alle diese Personen glei- bezeichnen. Vielleicht ist es sogar der Förderung umfassenden chermaßen als »erwachte Lehrer« auftreten. Erwachens eher abträglich, solche Personen sofort mit einem Blanko-Lehrzertifikat auf die Menschheit loszulassen. Und »Warum gibt es so viele falsche Lehrer?«, fragte Eli Jaxon-Bear ganz nebenbei: Ich wage diese kritischen Betrachtungen nur, einmal seinen Lehrer Poonjaji. Seine Antwort: »Weil es so viele weil ich höchstpersönlich die Fallstricke und Stolpersteine, die falsche Schüler gibt, und jeder Schüler einen Lehrer braucht!« ideologische Verirrungen des „Advaita-nicht-Weges“ mit stolz Wem die Einteilung in falsche und echte Lehrer als zu grob geschwollener Erleuchtungsbrust selbst durchlitten habe. erscheint, mag vielleicht eher den Begriff des Autors Arjuna Mit den folgenden Anregungen möchte ich dazu einladen, ein Ardagh. Er bezeichnet erwachte Menschen als »transluzent«, Gefühl für grundlegende Qualitäten spirituellen Erwachens zu was mit »durchleuchtend« übersetzt werden kann. Damit entwickeln und zu verfeinern.

184 185 Ozeanische Sphären auch ein fantastisches Versteckspiel mit sich selbst inszenie- ren. Die Tiefe kann sich mit einer von ihr selbst erschaffenen Mein Lehrer Sri Poonjaji liebte die Metapher des Ozeans. Stel- Welle so sehr identifizieren, dass sie ihre ursprüngliche Identi- len wir uns einen Querschnitt durch den Ozean vor. Da gibt tät mit der Ganzheit des Seins vergisst. Konkret bedeutet dies: es die dünne oberflächliche Schicht. Hier sehen wir getrennte In unserem Bewusstsein hat sich anhand von eingeschliffenen Formen unterschiedlicher Wellen. Hier gibt es Bewegung. Ein Wahrnehmungsmustern eine Identifikation mit dem persönli- Auf und Ab. Wellen werden geboren und verändern sich. Sie chen Bewusstsein festgesetzt. Das zeigt sich in Glaubenssät- werden durcheinander gewirbelt und sterben wieder in den zen wie »Ich bin mein Körper«, »Ich bin meine Gefühle«, »Ich Ozean hinein. bin meine Gedanken« oder »Ich bin der Handelnde«. Dieses Diese Oberfläche symbolisiert die relative Dimension des Seins. Selbstbild wird zum Ausgangspunkt unserer Aufmerksamkeit. Die Welt der Erscheinungsformen und das Vorhandensein eines Wir übersehen den veränderlichen und illusorischen Charakter persönlichen Bewusstseins, wie wir sie in unserem gewohnten dieses Konstrukts. Die absolute Dimension des Seins wird durch Denken wahrnehmen. Eine einzelne Welle stellt eine Person dar, einen Schleier des irrenden Denkens verborgen. die einen vermeintlichen Ich-Kern besitzt. Sie fühlt sich getrennt Jede authentische spirituelle Vermittlung zielt darauf ab, diese von anderen, getrennt vom Du, getrennt von ihrer Umwelt. Und Fehlidentifikation rückgängig zu machen. Sie entlarvt das per- sie empfindet sich, solange sie sich mit ihrem Wellenkörper sönliche Ich-Gefühl als Täuschung. Sie lädt ein zur direkten identifiziert, abgeschnitten von ihrem eigentlichen Ursprung: Erfahrung der darunter liegenden Tiefendimension des Seins. der Tiefe des Ozeans. Erst dort ist eine Erfüllung und Befriedigung erfahrbar, die tiefer ist als das Auf und Ab an der Oberfläche des persönlichen Betrachten wir die Tiefe des Meeres, zeigen sich ganz andere Bewusstseins. Merkmale: Hier gibt es keine Trennung. Alles ist aus demsel- ben Urstoff – alles ist dasselbe Wasser. Die Bewegung an der Leere genießen Oberfläche ist für die Tiefe bedeutungslos. Geburt, Wandel und Tod der Wellen kümmert die Tiefe nicht. Sie bleibt regungslos Es braucht keine Jahre, Jahrzehnte oder gar mehrere Leben der angesichts der Vergänglichkeit, sie ruht unberührt in sich selbst. spirituellen Praxis und Reinigung, um sich des Absoluten gewahr Diese Tiefe symbolisiert die absolute Dimension des Seins. Das zu werden. Die Tiefe ist immer schon da. Gleich unter jeder reine Gewahrsein, welches den Urgrund aller phänomenalen Welle warten die ruhigen Wassermassen des Ozeans auf ihre Aspekte des Seins bildet. Ob es nun Buddha-Natur, Sein, gött- Entdeckung – gleichgültig, wie die Welle aussieht oder welche licher Urgrund oder anders benannt wird, es ist die unermessli- Entwicklung sie bisher genommen hat. Es scheint eine beson- che Wirklichkeit hinter den messbaren Dingen, die Quelle aller dere Kraft der in den Westen geschwappten Satsang-Bewegung Erscheinungen. zu sein, dass sie Menschen oft sehr schnell tiefgreifende Einbli- cke ermöglicht. Es ist, als würden wir in der Gegenwart eines Tauchgang jederzeit Lehrers senkrecht in die Stille schauen und sinken. Wir erlau- ben uns, unsere Beschäftigung mit der Gewohnheitswirklichkeit Im Advaita wird die Ursache des menschlichen Leidens anhand von Körper, Gefühlen und Gedanken an der Oberfläche zurück- der Ozean-Metapher folgendermaßen beschrieben: Die formlo- zulassen. Wir vergessen Pläne und Alltagssorgen. Der innere se Tiefe des Ozeans hat nicht nur die Fähigkeit, die vielfälti- Lärm kommt zur Ruhe. Stattdessen wenden wir uns der Stille ge Welt der Wellen zu erschaffen und sie zu genießen, sie kann und Weiträumigkeit zu. Wir treten in Resonanz mit regungslo-

186 187 sem Bewusstsein und genießen die wohltuenden Auswirkungen Tatsächlich hat unser Verstand die Fähigkeit, seine Anschau- natürlicher Versenkung. ung der Oberfläche stark auszuweiten und sogar Ahnungen der Damit einher geht eine oft radikale De-Identifikation von unserer Tiefen zu erhaschen. Dies findet seinen Weg in feingliederige bis dahin gewohnten Identität. »Neti, neti, neti« ist der Befrei- Philosophien und spirituelle Theorien, wie zum Beispiel das ungsschrei dieser Löslösung. »Ich bin nicht mein Körper, nicht »Integrale Modell« von Ken Wilber. Solche Landkarten der meine Gefühle, nicht meine Gedanken, nicht der Handelnde«. Oberfläche – sogar unter Einbeziehung der Tiefendimension – Wir gewinnen eine befreiende Distanz zu unserem begrenzten können wertvoll sein. Sie machen neugierig auf direkte spiritu- Ich-Gefühl und entdecken eine völlig neue Art des Daseins: »Ich elle Erfahrung. Da sie eine Reflektion durch eine Außenperspek- bin die leere Weite des Gewahrseins, die Alles beobachtet.« tive bieten, können sie sogar spirituelle Missverständnisse und Fallen aufdecken, die in reiner Innenschau unsichtbar bleiben. Erwachen und erwachsen werden Die hier aufgeführten Aspekte von Weite und Tiefe stimmen übrigens gut mit den Perspektiven des Integralen Modells von Das Erwachen zu reinem Gewahrsein ist ein wichtiger Schritt Bewusstseinstrukturen und Bewusstseinszuständen überein. hin zu echter Befreiung. Doch es ist nur ein Zwischenschritt, Doch es besteht auch die Gefahr, in den Monologen unserer der manchmal als letztendliche Erleuchtung verklärt wird. Die mentalen Welterklärung hängen zu bleiben. Wir mögen Theori- nächste Phase der Befreiung geschieht – um in der Metapher en für den Urknall, die Bildung von Sonnensystemen und Pla- zu bleiben – indem wir uns in der Tiefe wieder nach oben hin neten kennen. Wir wissen vielleicht alles über die Entstehung umwenden. Zuvor war unsere Sicht ego-zentrisch auf die eigene des Lebens auf der Erde und die Stränge der Evolution. Wir Person beschränkt. Jetzt blicken wir über den Tellerrand unserer können die verrücktesten Winkelzüge der menschlichen Seele Ich-Mich-Mein-Welt hinaus. Unser Verständnis für unser Umfeld psychologisch erklären und sogar ihr Potenzial für spirituelle wächst. Der Kreis unseres Mitgefühls dehnt sich immer weiter Entfaltung in Modellen hoch und runter beten. Doch all das fühlt aus. Auf unsere Familie. Andere Mitmenschen. Andere Daseins- sich leblos an, wenn uns die direkte meditative Erfahrung tief- formen. Unsere Nation. Unseren Kontinent. Unseren Planeten greifender Stille fehlt. Unsere Erkenntnis der Erscheinungswelt und darüber hinaus. Jetzt werden wir wach für die ungeheure ist dann weit, aber sie bleibt flach. Wir sind zwar ein gedankli- Vielfalt des Seins. Wir wachsen förmlich – oder besser formlos cher Weltenkenner, aber zum gefühlten Einsseins aus der Tiefe – über unsere kleine Ich-Form hinaus. Wir erspüren das Einssein heraus fehlt uns der Zugang. des gesamten kosmischen Gefüges als Schwingung der einen ewigen Liebe, die schon immer in unserem eigenen Herzen auf Tiefe Stille, weite Sicht ihr Erblühen gewartet hat. Um diese Flachheit zu durchbrechen ist der Prozess der De- Zwar weit, aber bloß flach Identifikation vom Relativen unumgänglich. Wir müssen uns erlauben, uns radikal von der Identifikation mit der Gewohn- Ein anderes Phänomen spiritueller Einseitigkeit besteht in einer heitswirklichkeit unseres Ichs und seinen flachen Sichtweisen zu weiten, aber flachen Perspektive. Hier ergründen wir zwar aus- lösen. Wir geben die Beschäftigung mit jeglichen Vorstellungen führlich das Gefüge der Erscheinungswelt, vernachlässigen aber – seien sie eng oder weit – auf und tauchen in die tiefe Stille den Tauchgang zum Urgrund formlosen Bewusstseins. Diese formlosen Seins. Hier brauchen wir rein gar nichts zu wissen. Gefahr besteht dann, wenn wir die Weite der Oberflächenschicht Wir versenken uns in das Mysterium eigenschaftsloser Leere. – und auch Tiefenbereiche – bloß gedanklich zu erfassen suchen. Wir staunen, wie diese Leere alles hält und durchdringt. Wir

188 189 ruhen jenseits aller Erscheinungen, jenseits aller Welten, jenseits aller Worte. Wenden wir uns dann von hier aus wieder der Erscheinungswelt zu, fließt Erfüllung und Klarheit in alle Sphären des Lebens. Jetzt wird sogar unser mentales Erfassen der Welt von der lebendigen Erfahrung der Tiefe durchdrungen. Unsere Worte werden tief- sinnig, weil sie aus der direkten Erfahrung der Stille aufsteigen und von ihr getragen werden. Unser Bewusstseinsschwerpunkt ruht als stilles Gewahrseins des Urgrundes, während unsere aus- strahlende Achtsamkeit die Weiträumigkeit des Ozeans in immer liebevollerer Weise berührt. So fügen wir dem »Neti, neti, neti« ein lebendiges »Ich bin alles... alles... alles« hinzu. Eine ganzheitliche Spiritualität umfasst beide Dimensionen: Wir brauchen die direkte Erfahrung reinen Gewahrseins, um uns aus der gewohnten Verengung unserer Oberflächenwahrnehmungen zu lösen. Und ebenso brauchen wir Respekt vor der Erschei- nungswelt, die wir nun frisch, mit neuen Augen und einem weiten Blick betrachten und umarmen können. Und wie könnte es auch anders sein, denn wir sind das Absolute und das Relative. Wir sind die unberührte Stille und die mensch- liche Verzweiflung. Wir sind das ewig anwesende, unpersönli- che Gewahrsein, und wir sind auch die Person, die sich diesem wahren Wesenskern immer tiefer zuwenden kann. Wir sind das Nicht-Wissen der Weltenleere und das All-Wissen der Weltent- faltung. Wir sind diese erwachsene Wachheit, der sich eine wun- derbar tiefe und weite Sichtweise auf Sein und Leben offenbart. Sie identifiziert sich schlicht mit nichts und weiß sich feiernd als alles.

Dieser Artikel von Torsten Brügge ist erstmals erschienen in der Zeitschrift „Connection Spirit“ 9-10/2014 www.satsang-mit-torsten.de www.bodhisat.de

190 191 Christina und Hannes Michel

Stay Open! Ein Artikel über erleuchtete Offenheit in Beziehungen, geschrieben von Christina Sangita Michel

Ich möchte an dieser Stelle darüber sprechen, wie wichtig es ist, in Beziehungen sein Herz geöffnet zu halten. Wer kennt es nicht? Im Alltag mit dem Partner kann es so schnell passieren: Ein fieser Satz, eine Ungerechtigkeit, eine gemeine Kritik. Und im Nu ist es passiert: Ich verschließe mein Herz aus Angst, weitere Verletzungen erleiden zu müssen. Ich ziehe mich zurück oder werde gemein, um dem anderen zu signalisieren, dass er einen Fehler begangen und mich gekränkt hat. Aber ist dies die richtige Methode? Kann ich wirklich sicher sein, dass dies der richtige Weg ist, um dem Leiden zu entkom- men? Folgendes ist eine Überlegung wert. Warum nicht einfach einmal in der beschriebenen Situation versuchen, sein Herz bewusst offen zu lassen, um zu schauen was mir begegnet?! Liebe ist das Gegenteil von Widerstand, und Widerstand entsteht durch Angst, verletzt zu werden. Wenn wir uns aus Angst ver- schließen, dann bedeutet dies immer zu leiden. Durch das meist unbewusste Verschließen unseres Herzens kann eine subtile Unzufriedenheit in Beziehungen entstehen. „Das Leben könnte erfüllender sein!“ oder „Unsere Liebe könnte tiefer sein“. Dieses Unglück entsteht, weil unsere Seele spürt, dass etwas nicht im Gleichgewicht ist. Aber Vorsicht! Dies hat in diesem Fall nichts mit dem Partner zu tun. Glücklich machen können wir uns nur ganz alleine, denn wahres Glück beginnt in uns. Wahres Glück heißt, trotz aller Erfahrungen und Gegebenheiten offen zu bleiben, denn Offenheit ist unsere wahre Natur. Wer einmal von dem Geschmack seiner wahren Natur gekostet hat, der weiß, dass es sich lohnt, danach zu streben, kontinuierlich darin zu ruhen. Diese Liebe ist einmalig, diese Liebe ist grenzen- und bedin- gungslos, in ihr hat kein Leiden Platz. Diese Liebe löst jeglichen Schmerz auf und transformiert alles in pure Glückseligkeit. Und

192 193 das bist du. Nichts als diese Liebe, diese Schönheit und reines In jedem scheinbaren Problem steckt ein Segen, der von uns Bewusstsein, das bist du. empfangen werden möchte. Und am Ende des Leidens wartet Welch gute Nachricht! Es gibt also etwas, worauf wir uns wirk- allein Gott auf uns, der uns mit seiner Liebe umarmt und uns in lich freuen können! unserem göttlichen Zuhause willkommen heißt. So weit, so gut. Aber wie mache ich das? Wie kann ich bedin- gungslose Liebe kultivieren und in meinem Herzen ruhen blei- ben, unabhängig von den äußeren Begebenheiten? Der Schlüssel hierzu ist Achtsamkeit, Mitgefühl und bewusstes www.hannesmichel.de Erleben von Emotionen. Um tieferes Mitgefühl und Verständnis für uns selbst und den Partner zu entwickeln, helfen insbesonde- re das Enneagramm und das Verständnis von Polarität zwischen femininen und maskulinen Energien (mehr Informationen zu diesen Themen auf unserer Homepage www.hannesmichel.de).

Ein Beispiel: Versuche, dich zu spüren, mit allem was dich umgibt. Spüre den Raum, in dem du dich befindest und die Menschen darin. Beob- achte sie und beobachte dich. Lass deinen Atem tief in dich hin- einfließen und spüre, wie deine Zellen mit Sauerstoff versorgt werden. Öffne dich und spüre deine Körperhaltung. Horche in dich hinein, werde still und nehme deine Emotionen bewusst wahr. Was taucht auf? Was begegnet dir? Wenn Bilder oder Situ- ationen sich im Gedächtnis breit machen, versuche immer, in dich hinein zu horchen, um herauszufinden, welche Emotion damit verbunden ist. Vielleicht ist es die Trauer um einen Ver- storbenen. Oder die Ablehnung durch deinen Vater. Dann fühle diese Ablehnung und die damit verbundene Trauer. Öffne dich und atme die Trauer tief ein, so tief, dass du zur Trauer wirst. Fühle sie mit jeder Zelle deines Körpers. Kannst du nun ein Zentrum des Schmerzes im Körper lokalisieren? Dann sinke hinein und heiße alles willkommen. Alles darf sein. Fühle die Emotion immer tiefer und öffne dein Herz, bis du irgendwann an den Punkt kommst, an dem du spürst, dass sich die vorerst nega- tive Emotion verwandelt. Plötzlich begegnet dir deine wahre Natur, und du wirst umhüllt von der allumfassenden Liebe, die in jedem Augenblick darauf wartet, dir zu begegnen, um dich daran zu erinnern, wer du in Wahrheit bist.

194 195 Andreas Pröhl Erwachen & Erleuchtung // Liebe und Mitgefühl. Erleuchtung und Gesellschaft.

Wie erleuchte ich eine Gesellschaft? Der Weg des Erwachens ist in den allermeisten Fällen eine Reise mit etlichen Herausforderungen und Konfrontationen. Das alte Denk- und Wahrnehmungssystem wird erschüttert und aufgeho- ben. Die Art und Weise, das eigene Leben und seine Beziehun- gen zu erfahren, wird immer tiefgreifender in Frage gestellt. Das Fehlen von etwas Standhaftem, Erreichten, das sich nicht mehr verändert, kann sehr irritierend sein und mitunter als Zeichen von Versagen auf dem Weg gedeutet weden. Gerade für Menschen, die schon lange auf dem Weg sind, taucht der Wunsch auf, endlich die Früchte ihrer inneren Arbeit und ihrer Hingabe in etwas Konkretem auszudrücken und sich selbst darin zu reflektieren: „Hier ist etwas, auf das ich schauen kann. Hier ist ein Ergebnis meiner Arbeit, immer wieder über meine eigenen Grenzen und die Grenzen der Gesellschaft hinausge- gangen zu sein.“ Dieser Wunsch kann sich in vielen Formen ausdrücken - als Wunsch nach einem Lebenswerk, dem eigenen Buch, dem Verein für Erleuchtete, einem politischen Engage- ment, einer Schule für Bewusstsein, einem veganen Lebensmit- telladen, erleuchteten Entrepreneurship, oder ganz einfach nach dem Gefühl, hilfreich zu. Was auch immer dann die Projektidee ist, es soll etwas Beob- achtbares sein, was auch noch da ist, wenn ich morgen und über- morgen und den Tag danach aufwache. Hinter diesem Wunsch steckt oft das Gefühl, nicht angekom- men zu sein. „Ja, da ist dieses große Ziel der Wahrheit, aber es scheint noch in so weiter Ferne.“ Oder: „Das, was ich bis jetzt erreicht habe, genügt mir, ich mach jetzt was draus.“ Als Kompromiss, um nicht weitergehen zu brauchen und die eigene gesellschaftliche Integrität nicht zu sehr ins Wanken zu bringen,

196 197 wirkt die Idee, der Gesellschaft zu helfen und etwas Gutes zu eines Lernschrittes, der bei der Gründung der Form angestanden tun, sehr edel, erstrebenswert und man ist obendrein in bester hätte: es gibt hier in der Welt nichts zu erreichen oder festzu- Gesellschaft mit anderen, die eine ähnliche Idee haben. halten. Dieser uralte Trick des Ego-Denksystems, eine Äußere Lösung zu suchen oder anzubieten, macht auch nicht vor spiri- Es ist nichts falsch daran, der Inspiration und dem Wunsch, zu tuellen Ideen und Motivationen halt. helfen, nachzugehen. Das Problem daran ist, dass weiterhin ein Selbstbild aufrechterhalten wird, und ein Bild der Gesellschaft, Die Frage nach einem umfassenden Erwachen, einer erleuch- die meine Hilfe braucht. Ist das wirklich der Fall, wenn die Welt teten Gesellschaft hingegen bleibt und muss auf wahre Art und nur eine Spiegelung meiner eigenen Gedanken ist? Weise beantwortet werden. Denn in uns steckt hinter dieser Frage tatsächlich ein Wunsch nach etwas Echtem, was wir uns „Es hat keinen Sinn, zu versuchen, die Welt zu verändern. Sie selbst jedoch nur mit begrenztem und verzerrten Denken beant- ist nicht imstande, sich zu verändern, weil sie bloß eine Wirkung worten können. Daher ist die wirkliche Antwort anders, als wir ist. Hingegen hat es in der Tat einen Sinn, deine Gedanken über es erahnen. Unsere Sehnsucht, unser Streben und unsere vergra- die Welt zu ändern. Damit veränderst du die Ursache. Die Wir- bene Leidenschaft bezieht sich auf unsere wahre Funktion als kung wird sich von selbst verändern“, heißt es dazu in Jesus‘ Schöpfer. In dieser Welt, in der wir zu leben glauben, ist diese Lehre Ein Kurs in Wundern.* Funktion jedoch nicht ausführbar, weil die Welt ein Traum ist. Aus dem weltlichen Denken von linearer Ursache-Wirkungs- „Was man in Träumen sieht, erscheint sehr wirklich. Indessen Beziehung mag es logisch erscheinen, dass Impulse für das heißt es in der Bibel, dass ein tiefer Schlaf auf Adam fiel, und Erwachen der Gesellschaft gesetzt werden müssen. Jedoch ist nirgends findet sich ein Hinweis auf sein Erwachen. Die Welt hat sicher jedem von uns schon einmal aufgefallen, dass das Erwa- noch kein umfassendes Wiedererwachen oder eine umfassende chen und damit Erleuchtung ganz anders verläuft. Es wird erst Wiedergeburt erfahren. Eine solche Wiedergeburt ist unmöglich, möglich, sobald in mir selbst ein Wandel geschieht. Geschieht solange du fortfährst, zu projizieren oder fehlzuerschaffen.“* dieser Wandel nicht in mir, geschieht er auch nirgendswo anders auf bedeutungsvolle Weise, und somit überhaupt nicht. Wenn ich hinter den Wunsch nach einer erleuchteten Form schaue, wird mir klar, dass genau diese Gewissheit dieser eben Worüber ich mir immer wieder klar werden muss, ist daher die zitierten Worte dahinter steckt. Es liegt tatsächlich an mir, ob Tatsache, dass die Welt sich tatsächlich ausschließlich in meinem die Welt erwacht. Der Dreh- und Angelpunkt jedoch sind nicht eigenen Geist abspielt. Sofern es erforderlich ist, dass eine Platt- meine Taten, sondern das Einstellen der Projektion meiner form für Erwachen bereitgestellt werden soll, so kann sie aus- Gedanken. Wow. Durch mich wird die Welt erwachen? Es ist schließlich von meinem inneren Selbst ausgehen. Eine definier- nicht anders möglich. Es gibt nur einen Adam. bare äußere Form, wie das selbst geschriebene Buch, oder der Erleuchtungsverein, sind nicht ausgeschlossen, aber ist genauso „... Doch liegt es weiterhin in dir, dich auszudehnen, so wie temporär wie jede andere Form. Der innere Altar jedoch bleibt GOTT SEINEN GEIST auf dich ausdehnte. In Wirklichkeit und hat eine Strahlkraft, die weit über die klügste, inspirierteste hast du nur diese eine Wahl, weil dir dein freier Wille zu deiner und erfolgreichste Form hinausgeht. Freude, das Vollkommene zu erschaffen, gegeben wurde.“ Oft beobachte ich, dass die Versuchung, die Form wertzuschät- Auf dem Weg des Erwachens zur Erleuchtung stimmt also der zen, immer wieder in Frustration endet – und dem Vollziehen Impuls nach einer Ausdehnung. Dieser Impuls ist in uns von

198 199 unserer QUELLE eingeschrieben und in unsere Herzen gelegt. Buch, kein Verein bleibt für SEINEN Plan unverwendet, um Die Mittel für diese Ausdehnung sind jedoch nach wie vor nicht den schlafenden Adam, mich, dich, zu erwecken. Und wir sind weltlich. Auch das haben wir schon über hunderte und tausen- von der Bürde befreit, dass unser spirituelles Angebot sich von de von Jahren durchgespielt – Foren, Sekten, Religionen, spi- irgendeiner anderen Form unterscheiden würde. Was zählte, war rituelle Strömungen etc. zeugen von der Vergeblichkeit dieses lediglich der Geisteswandel: nicht meine Lösung funktioniert, Gedankens. Diese Strukturen sind im gesellschaftlichen Sinne sondern DEINE. So wird die Bäckersfrau zum erwachenden sicher hilfreich, um Halt und Zugehörigkeit zu bieten, jedoch Adam, so wird der Hartz IV Empfänger zur strahlenden Wahr- wurde noch nie berichtet, dass die Welt durch eine Religion, heit, und auf dieselbe Weise kommt der Papst sich Selbst auf die oder selbst eine Lehre, erleuchtet wurde. Der Grund dafür ist Schliche. im obigen Zitat zu finden: ich habe noch nicht aufgehört, meine Irrtümer zu projizieren. „Und indem du dich heilen lässt, siehst du, wie alle, die dich umgeben oder die dir in den Sinn kommen oder die du berührst Dazu fällt mir folgender Witz ein, den mir vor Kurzem jemand oder jene, die keinen Kontakt mit dir zu haben scheinen, mit erzählte: dir zusammen geheilt werden. Vielleicht wirst du sie weder alle wiedererkennen noch bemerken, wie groß dein Anerbieten an Der Teufel geht mit drei Gefolgsleuten spazieren. Plötzlich die ganze Welt ist, wenn du die Heilung zu dir kommen lässt. sehen sie ein Stück weiter den Weg entlang jemanden, der Doch wirst du nie allein geheilt. Und Legionen über Legionen gerade die Wahrheit entdeckt hat. Die Gefolgsleute sind erschro- werden die Gabe empfangen, die du empfängst, wenn du geheilt cken „Teufel, tu doch etwas! Du willst doch nicht, dass so etwas wirst.“* geschieht!“. Der Teufel antwortet ganz gelassen „Keine Sorge, ich werde ihm vorschlagen, die Wahrheit zu organisieren.“ Ist das von mir planbar? Ist das von mir durchführbar? Ist das von mir überhaupt vorstellbar? Nein, deswegen kann es durch Wenn du jetzt, wie ich, über diesen Witz lachen kannst, dann IHN in mir geschehen. fühlst du dich ertappt. Und ganz sicher fühlt sich jeder ertappt, da die Erfindung der Welt ein Versuch war, die Wahrheit zu organisieren. Und an diesen Punkt sind wir nun schon oft gekommen. Jedes Mal, wenn ein bedeutender Fortschritt auf unserem Erwachens- * Lektion 23, Kapitel 2-I, Lektion 137 auf Ein Kurs in Wundern Erleuchtungsweg geschah, dann stets durch die Einsicht: Meine (Greuthof) Lösungsversuche sind gescheitert. ER wird mich führen, wenn ich IHN nur lasse. Ein weiterer Schritt nach Innen, ein weiterer Bereich meines Geistes, den ich nicht mehr vor IHM verschlos- www.andreasproehl.com sen halten möchte. Hierin geschieht der Wandel und Nutzen für jeden – ohne besondere Form, ohne eine „gute Idee“ dahinter. Stattdessen wird die ursprüngliche Kommunikation des Geistes wieder aufgenommen. Hier und jetzt. Dennoch wird alles in dieser Welt genutzt. Kein Sandkorn, kein

200 201 Gerhard Schrabal

Spielerisch Raufen: Begegnung und Erkenntnis Es ist einfach herrlich, seinen Körper zu spüren, seine Kraft, und herumzutollen, ohne dass es einen Gewinner oder Verlierer gibt. (Sabinja)

„Raufen macht Spaß!“, hieß der abenteuerliche Titel eines Workshops, den ich zum Thema „Körperliche Selbsterfahrung!“ initiiert hatte - 2004 fand er erstmalig an der Volkshochschule in Freising statt. ... Raufen kann aber noch viel mehr! Es bietet jedem Menschen die Chance, zum eigenen kindlichen Ursprung zurückzukehren und dabei sich selbst und die Welt neu zu entdecken. Wer sich darauf einlässt, kann sich, seinen Körper und seine Mitmenschen auf eine völlig neue, unbekannte Weise kennenlernen. Er oder sie bekommt die Möglichkeit, sich wieder ganz lebendig zu fühlen, die eigene Kraft zu spüren, die eigene Energie endlich einmal wieder ungehemmt fließen zu lassen und sich mit dem ursprüng- lichen Potenzial der eigenen Existenz neu zu verbinden. Diese direkte Erfahrung der eigenen Stärke, der eigenen Möglichkei- ten, aber auch der eigenen Grenzen erfolgt im direkten Kontakt mit einem Gegenüber - was sich zudem sehr positiv auf zwi- schenmenschliche Beziehungen auswirken kann. All dies kann und wird zu sehr starken positiven Veränderungen im eigenen Leben beitragen. Und wenn es sich ergibt, ist vielleicht oben- drein sogar die erotische Komponente des Raufens zu genießen. Aber das Beste ist: Es bedarf dazu weder eines langwierigen Lernprozesses noch eines großen Aufwands. Es ist alles ganz leicht und einfach umzusetzen. Spielerisch raufen kann im Prin- zip jede und jeder - von Natur aus! ...

202 203 Raufen bietet Dir die Möglichkeit, einem anderen Menschen Wie ist das bei Dir? Was passiert, wenn Du ganz bewusst berührt nahezukommen, ihn körperlich zu berühren und selbst von ihm wirst? Vielleicht geht es Dir ja so wie vielen anderen auch: Wenn berührt zu werden. Du kannst ihn sinnlich spüren und verschie- Du endlich einmal angenehm berührt wirst, wenn Du Dich von dene Facetten seines körperlichen Wesens wahrnehmen. Du einem anderen Menschen angenommen und mit ihm verbun- kannst zusammen mit ihm oder ihr ausgelassen sein, ohne Dich den fühlst, dann erwacht plötzlich ein innerer Hunger. Du willst auf sexuelle Handlungen einlassen zu müssen oder Verbindlich- „es“ körperlich spüren. Da ein gesundes Maß an „Zwischenkör- keiten einzugehen, die über das Hier und Jetzt hinausgehen. Wie perlichkeit“ und Herzlichkeit in unserer Kultur nicht gepflegt findest Du das? Sind das nicht reizvolle Aussichten? Lebens- wird, wird dieser Drang häufig fehlinterpretiert und mit sexu- freude pur zu erleben und ganz im Augenblick zu sein – das liegt ellem Verlangen verwechselt. Das hat wiederum meistens zur beim Raufen in greifbarer Reichweite! Folge, dass dieses natürlicherweise tief in uns angelegte Bedürf- ... nis entweder unterdrückt oder auf die „falsche“ Art ausgelebt wird. Letzteres führt nicht selten zu emotionalen Verwirrungen, Leider berührt das Raufen gerade damit ein gesellschaftliches zwischenmenschlichen Dramen und manchmal sogar zu sexuel- Tabu. In Deutschland gibt man sich entweder förmlich die Hand, lem Missbrauch und Vergewaltigung. Bereits 1999 hat der Autor oder man geht miteinander ins Bett. Dazwischen existieren nicht Günter Griebl in einem Artikel in der Zeitschrift BIO4 darauf viele Spielarten des Körperkontakts. Dies hatte ich bereits in 1 hingewiesen, dass, „ausgelöst durch ein großes Berührungsde- meinem ersten Buch „Kuschel dich glücklich!“ thematisiert. fizit in unserer unterkühlten Gesellschaft, (...) eine liebevolle Da Berührung aber für unser körperliches und seelisches Wohl- Berührung oft als Aufforderung zum Sex missverstanden“ wird befinden unschätzbar wichtig ist, möchte ich es hier noch einmal und „statt einem Wohlgefühl innere Unruhe oder manchmal kurz erläutern: Der Mensch ist ein felltragendes Herdentier. sogar Panik“ auslöst. Raufen ist dagegen in meiner Erfahrung Körperkontakt ist für ihn ein Zeichen sozialer Zugehörigkeit eine weitaus weniger verfängliche Möglichkeit der Berührung. und vermittelt ihm ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Das liegt vermutlich daran, dass der innere Widerstand dage- Dies gilt insbesondere für Säuglinge und Kleinkinder, aber auch gen bereits auf ganz natürliche Weise integriert ist. Raufen kann für Erwachsene. Eine bewusste Berührung ist Ausdruck einer daher ein guter Einstieg sein, um unverbindlich miteinander in bestehenden oder gewünschten Verbindung. Gleichzeitig stellt (Körper-)Kontakt zu kommen. sie diese aber auch her, sie ermöglicht, beschreibt, fördert und ... bestärkt sie. Wenn wir berührt werden, dann schüttet unser Körper sogenann- Raufen bestärkte mich klar in meiner Fähigkeit, te „Glückshormone“2 aus. Gleichzeitig werden „Stresshormo- 3 liebevoll und gleichzeitig kraftvoll mit anderen ne“ abgebaut. Dies führt zu einer spürbar angenehmen Entspan- Menschen umgehen zu können. nung und gleichzeitig zu einer Stärkung des Immunsystems. Der Körper regeneriert und gesundet. In emotionaler Hinsicht ist (Teilnehmer, Rauf- und Kuschelparty) dies mit einem allgemeinen Wohlgefühl und manchmal sogar mit heftigen Glücksgefühlen verbunden – wer wünscht sich das Leider berührt das Wort „Raufen“ noch ein weiteres gesell- nicht? Darüber hinaus fördert der respektvolle und wohlgeson- schaftliches Tabu, den körperlichen Ausdruck von Aggression. nene Körperkontakt ganz allgemein die Beziehungsfähigkeit, Hierbei handelt es sich allerdings um ein grundlegendes Miss- und der sonst meist angespannte Geist kann sich endlich einmal verständnis: Raufen wird oft fälschlicherweise mit Gewalttä- beruhigen. tigkeit assoziiert, was aber nicht der Realität entspricht. Beim

204 205 Raufen kämpfen wir miteinander – nicht gegeneinander. Kör- ernsthaften Konsequenzen rechnen zu müssen. Und Du kannst perliche Gewalt heißt, einen anderen zu schlagen und zu treten, testen, welchen Deiner Impulse Du vertrauen kannst und welche zu verletzen, ihm wehtun zu wollen, ihn wegzustoßen, abzu- Dich in die Irre führen. So findest Du relativ schnell und einfach lehnen oder nichts mit ihm zu tun haben zu wollen. All diese den Weg, den Du in Zukunft beschreiten möchtest. Und da Du Aspekte gehören eindeutig nicht(!) zum Raufen, so wie es hier ihn bereits körperlich ausprobiert hast, wird Dir die praktische gemeint ist: Wir stoßen den anderen nicht weg, sondern ziehen Umsetzung im realen Leben nicht mehr allzu schwer fallen. ihn an uns heran; lassen ihn in unsere unmittelbare körperliche Nähe. Wir nehmen ihn so an, wie er ist, und spielen mit ihm ein Ich merkte dann, dass das auch mit meinem gemeinsames Spiel. Diesen entscheidenden Unterschied kann Leben zu tun hat, dass das tatsächlich auch in man gar nicht genug betonen. Raufen soll beiden(!) Beteiligten meiner Partnerschaft passiert. Das hat sich guttun und ihnen Spaß machen. Es handelt sich eben nicht um dann auch verändert. Es hat einen Prozess in die Ausübung von Gewalt! Gang gesetzt. Es war ein Schritt in Richtung ... Eigenverantwortlichkeit.

So wie ich mich hier beim Raufen verhalte, so (Teilnehmerin, Gaudi-Raufen) verhalte ich mich in meinem ganzen Leben. Für mich ist Raufen „Kinesiologie5 in Bewegung“. Die körper- (Teilnehmerin, Rauftreff) liche Auseinandersetzung mit dem Gegenüber wirkt wie ein einziger großer, ganzheitlicher und dynamischer Muskeltest. Beim Raufen werden grundlegende eigene und fremde Verhal- Die Verbindung zu unserer eigenen inneren Kraft wird für uns tensmuster sehr gut sichtbar. Damit ist der erste Schritt getan, um selbst deutlich spürbar – und gleichzeitig auch für andere spür- sie der Selbstreflexion wie auch der pädagogischen bzw. thera- und sichtbar. Dasselbe gilt auch für Blockaden, die uns mehr peutischen Arbeit zugänglich zu machen. Und nicht nur das: Die oder weniger von dieser inneren Kraft trennen. Vielleicht kennst Rückverbindung mit der eigenen Kindheit ermöglicht auch den Du Geschichten von ganz normalen Menschen, die in Extrem- Zugang zu verschütteten Ressourcen. Durch den spielerischen situationen über sich selbst hinausgewachsen sind, die manch- Prozess lassen sich diese nutzbar machen und in den alltäglichen mal sogar „übermenschliche“ Kräfte entfaltet haben. Der wohl Lebensbereich integrieren. Was für alle Anwesenden – inklusive bekannteste Fall ereignete sich vor etlichen Jahren in den USA: Dir selbst – klar und deutlich sichtbar ist, das kannst und musst Dort war ein kleines Kind unter ein rollendes Auto geraten. Ohne Du nicht mehr verstecken, wegdiskutieren oder beschönigen. Nachzudenken packte die junge Mutter zu und hob das über Das spart nicht nur ungeheuer viel Zeit und Kraft, sondern kann eine Tonne(!) schwere Fahrzeug an, um ihr Kind zu retten. Die auch eine Grundlage sein für bewusste Veränderungen. Und unglaubliche Kraft, die in einer solchen Situation zutage tritt, gerade dafür bietet das Raufen wunderbare Möglichkeiten: Du schlummert in jedem von uns. Einige Teilnehmerinnen haben es kannst die von Dir gewünschten Verhaltensänderungen unmit- beispielsweise so beschrieben: telbar und in einem sicheren Rahmen erproben. Du kannst direkt und sofort erfahren, wie es ist, wenn Du etwas anders machst „Ich kenne den Kontakt mit meiner inneren Kraft. Ich wurde als sonst. Du kannst spielerisch mit verschiedenen Optionen zweimal von Männern körperlich angegriffen und musste mich experimentieren und in aller Ruhe beobachten, was dabei her- verteidigen – mit Erfolg! Hinterher habe ich mich sehr gut gefühlt. auskommt. Du darfst immer wieder „Fehler“ machen, ohne mit Ich hatte eine Menge Energie. Ich hatte aber auch Schuldgefüh-

206 207 le, weil es mir so gut ging – und den Männern nicht.“ tiert. Hierbei spielen nicht selten Erinnerungen eine Rolle, die mit einer Erfahrung von Niederlage, Misserfolg, Schwäche „Ich kenne diese innere Kraft. Wenn ich mit ihr in Kontakt und Hilflosigkeit zu tun haben, oft sogar mit der Schlussfol- bin, dann kann ich Bäume ausreißen – oder Männer einfach gerung: „Ich bin zu schwach! Ich kann das nicht! Die anderen umschmeißen. Aber ich habe Angst vor dieser Kraft. Deshalb sind ja doch stärker! Ich kann mich nicht behaupten!“ Auch die habe ich mich bisher von ihr abgeschnitten.“ Erfahrung von emotionaler Zurückweisung (nach anfänglichem „Ich habe kein Problem, meiner Kraft zu vertrauen. Aber ich Erfolgserlebnis) kann auftauchen. Dann lautet die abgespeicher- zweifle immer, ob die anderen das aushalten.“ te Schlussfolgerung: „Ich bin zu gross, zu schwer, zu stark, zu aggressiv. Ich werde nur geliebt, wenn ich mich zurücknehme Im Laufe ihrer Sozialisierung haben viele Menschen den unmit- und mir alles gefallen lasse. Ich darf mich nicht behaupten.“ telbaren Kontakt zu dieser inneren Kraft verloren und sind – psychologisch gesehen – mit mehr oder weniger angezogener Im ersten Fall kann die in der Gegenwart gemachte direkte kör- Handbremse – unterwegs. Die damit verbundenen internen Rei- perliche Erfahrung einer neuen Realität wahre Wunder wirken, bungsverluste können effektives Handeln erschweren oder sogar wenn beispielsweise nun die Stärke des erwachsenen Körpers ganz unmöglich machen, ungeheuer viel Kraft kosten und im erlebt wird. Das setzt unmittelbar persönliche Wachstumspro- Extremfall sogar krank machen. Beim Raufen kannst Du erfah- zesse in Gang und bewirkt ein völlig neues Selbstvertrauen. Im ren, wie es sich anfühlt, wenn Du Deine psychologische Hand- zweiten Fall stellt die jetzige Erfahrung, überhaupt raufen und bremse wenigstens ein kleines Stück weit öffnest. Du kannst die eigene Kraft einsetzen zu dürfen, ohne mit negativen Konse- ausprobieren, weniger hart zu bremsen, und damit spielen, quenzen rechnen zu müssen, schon eine große Erleichterung und gefühlvoller und genussvoller Gas zu geben und wieder weg- Befreiung dar. Dies umso mehr, wenn es hinterher auch noch ein zunehmen. Im Idealfall kannst Du auch mit Deiner „Urkraft“ positives Feedback gibt. wieder neu in Kontakt kommen. Für die Teilnehmerinnen ist dies Für die meisten Menschen steht Spiritualität nicht bewusst im jedes Mal eine sehr spannende, sehr befreiende und grundlegend Vordergrund des Lebens, sondern wird – mehr oder weniger – wichtige Erfahrung. Einige von ihnen haben es so formuliert: als Nebenschauplatz betrachtet. Und für diejenigen, die sich mit „Vier Frauen haben sich gleichzeitig auf mich gesetzt. Das war geistigen Grundlagen beschäftigen, bleibt das Bemühen oft im ganz schlimm. Ich habe geweint und geschrien, aber als ich Lesen, Denken und Reden stecken. Emotionale und körperliche durch mein Trauma durch war, habe ich sie einfach alle abge- Aspekte werden dabei häufig vernachlässigt. Einige asiatische worfen. Sie hatten keine Chance.“ Disziplinen wie Yoga oder Tai Chi und Qi Gong sind zwar durch- aus körperlich orientiert, setzen aber – ähnlich wie die Kampf- „Ich habe die Energie von ganz unten aus meinem Bauch fließen künste – auf das Einüben strenger Übungsfolgen und erfor- lassen und – schwups – war ich oben.“ dern daher in der Regel eine jahrelange intensive Praxis. Eine „Wenn ich noch länger unten gelegen hätte, ... dann wären so „undisziplinierte“, ganz spontane körperliche Aktion, wie beim etwas wie Urkräfte frei geworden.“ Raufen, kann dazu eine wertvolle Ergänzung sein und wieder ganz unmittelbar zurück auf den Boden der Realität bringen6. Beim Raufen wird die in der eigenen Biografie verankerte Manche Leute sprechen deshalb auch davon, sich zu „erden“, Erfahrung im Umgang mit äußeren Kräften und Widerstän- was die Sache ziemlich gut auf den Punkt bringt: Schließlich den „berührt“; der Körper wird ja ganz direkt damit konfron- rollt man ja buchstäblich auf dem Boden herum!

208 209 Das Raufen bietet Dir eine Möglichkeit, hautnah die Realität zu menschliche Nähe genießen. berühren. In diesem (geschützten) Rahmen lösen sich manchmal Raufen ist ganz einfach gut für Körper, Geist und Seele! sogar spirituelle Irrtümer und Illusionen schlagartig auf, weil Du Dich mit dem wahren Leben konfrontierst. Und indem Du Deine Erfahrungen (gemeinsam mit anderen) reflektierst, werden dann 1 Kuschel dich glücklich! Die heilende Energie von Kuschelpartys; Schirner Verlag die nächsten Schritte Deiner spirituellen Entwicklung deutli- 2014 cher. Dein Körper lügt nicht! 2 Zu den Glückshormonen zählen u. a. Endorphine, Dopamin, Serotonin und Oxyto- cin. Sie heißen so, weil sie neben ihrer regenerativen physiologischen Wirkung auch Beim Raufen erfährst Du Deine und die Grenzen des anderen tatsächlich Glücksgefühle hervorrufen. unmittelbar, das heißt, Du erlebst Euer Getrenntsein vonein- 3 Stresshormone, wie beispielsweise Cortisol, sind körpereigene Botenstoffe, die bei ander als „Ich und Du“. Indem Du Dich aber darauf einlässt, empfundener Bedrohung den Körper auf eine Kampf- oder Fluchtreaktion vorberei- miteinander zu kämpfen statt gegeneinander und dabei ganz Du ten. Um das unmittelbare Überleben zu sichern, wird die Leistungsfähigkeit vorüber- selbst zu sein, kannst Du die vielleicht unerwartete Entdeckung gehend stark erhöht. Bei Dauerbelastung ohne angemessene Erholung (so wie das heute bei vielen Menschen die Regel ist) kann dies unter Umständen zu chronischen machen, dass diese empfundene Trennung in Wirklichkeit eine Schäden führen. Verbindung ist. Und so öffnet sich Dir eine reale Möglichkeit, 4 zu dem Einheitsgefühl zurückzukehren, das Du beispielsweise Aus: Berührung – Nahrung für die Seele; in: BIO – Gesundheit für Körper, Geist und Seele; Heft 3/99 auch empfindest, wenn Du in einer echten Verbindung mit der Natur bist oder mit Dir selbst. Kurz gesagt: Raufen ermöglicht 5 Angewandte Kinesiologie ist eine alternative Heilmethode, die wissenschaftlich nicht anerkannt, in der Praxis aber weit verbreitet ist. Ein wesentliches diagnostisches Ins- Dir, ganz präsent in jedem Augenblick zu sein, falsche Konditio- trument stellt der manuelle Muskeltest dar, der meist am ausgestreckten Oberarm nierungen und feste Konzepte vom Leben aufzugeben und Dich ausgeführt wird. Mit diesem Test wird eine Veränderung der Muskelspannung erkannt einmal so kennenzulernen, wie Du wirklich bist – auch, wie Du und als äußeres Zeichen für eine unbewusste Körperreaktion interpretiert. Die so gewonnenen Ergebnisse können zur Diagnose und zur Auswahl von therapeutischen ursprünglich hättest werden können, beziehungsweise immer Maßnahmen genutzt werden. Allerdings ist die Sache wesentlich komplizierter als noch werden kannst. landläufig dargestellt, und nur wenige, wirklich qualifizierte Therapeuten sind in der Lage, zu schlüssigen Aussagen zu kommen. Außerdem hast Du die Chance, das Vertrauen in Deinen eigenen 6 Es ist wohl kein Zufall, dass wesentliche Impulse zur Entwicklung des „Gaudi-Rau- Körper wiederzugewinnen und darüber ein völlig neues – fast fens“ von einer Tai-Chi-Meisterin und einer Qi-Gong-Lehrerin beigteragen wurden. archaisches – Selbstgefühl zu erlangen, jenseits aller gesell- Sie erkannten sofort das Potenzial, das sich hier bot. schaftlichen Normen. Überraschend schnell und einfach kommst Du in den sogenannten „Flow“, lässt ganz los und bleibst dabei Für diesen Text wurden Textausschnitte (geringfügig verän- doch zielgerichtet. Du begegnest Deinem Gegenüber auf eine dert) aus meinem Buch „Raufen für Erwachsene – Spielerisches ganz natürliche Art. Ihr könnt einander nichts vormachen – und Balgen als Selbsterfahrung“ entnommen. Euch jeweils selbst auch nicht. Ihr dürft nicht nur so sein, wie © 2016 J.Kamphausen, Bielefeld, ISBN 978-3-95883-130-8, Ihr seid, Ihr habt gar keine andere Wahl! Beim kindlich spieleri- EUR 12,95 schen Balgen tobst Du Dich aus, erlebst Deine eigene Kraft und hast dabei jede Menge Spaß. Du erfährst Deine eigene und die Mit freundlicher Genehmigung des Verlags (www.weltinnnen- Stärke anderer, ohne Angst zu haben. Du kommst in direkten raum.de) Körperkontakt mit netten Menschen, übst Dich in direkter non- Persönliche Web Site des Autors: www.gerhard.schrabal.de verbaler Kommunikation und kannst die entstehende zwischen-

210 211 Ralf Hillemacher

Arbeiten, Beruf und Spiritualität – geht das? Es gibt viele spirituelle Märchen. Eines geht so: Es war einmal ein Sucher, der hängte seinen Beruf an den Nagel und ging nach Indien. Dort traf er den Super-Guru, der angeblich nur von Luft und Liebe lebte und ständig Asche herbeizauberte. Der Sucher erlangte durch ihn Selbstrealisation, wurde von ihm zurück nach Europa geschickt und arbeitet nun als Meditationslehrer. Dieser Bollywood-Weg ist nicht deiner? Du willst deinen Beruf nicht an den Nagel hängen, keine asiatische Folklore, aber trotz- dem Spiritualität leben? Dein Beruf ist Manager, Sachbearbei- ter, Schreiner, Schullehrer, Pfleger oder ein anderer Beruf, bei dem das Spirituelle nicht offensichtlich im Vordergrund steht. Geht das? Menschen, deren Beruf Politiker ist, wie Eckhart Tolle bemerkt, sind wahrscheinlich die letzten, die wahre Spiritualität realisie- ren. Ist das so? Schauen wir uns zunächst die Begriffe, um die es geht, genauer an.

Arbeiten und Beruf „Arbeiten“ ist Tätig-Sein zur Lebenserhaltung oder Lebensver- besserung. Dabei wird Arbeiten häufig als körperlich oder geis- tig anstrengend wahrgenommen. „Beruf“ ist bezahltes Arbei- ten und nimmt in unserer Gesellschaft viel Lebenszeit ein. Der klassische 40-Stunden-pro-Woche-Beruf wird von fast allen als anstrengendes Arbeiten erlebt. Dabei unterscheidet man zwi- schen „Beruf“, für dessen Ausübung man viel gelernt hat, und „Job“ mit relativ kurzem Anlernen. Beides ist im Wesentlichen mit „viel Arbeiten“ gleichzusetzen.

212 213 Spiritualität Mit In-Meditation-Sein beim Arbeiten wird der Flow-Zustand besonders gerne in Verbindung gebracht. Sogar nicht-spirituel- „Spiritualität“ definiere ich als Verbindung zum Absoluten. len Menschen erscheint ein Flow-Zustand erstrebenswert. Der Anstelle des unter Philosophen gängigen abstrakten Begriffs Grund liegt in der gesteigerten Produktivität und Spitzenleistun- „Absolutes“ sind auch Metaphern wie „Stille“ oder „Quelle“ gen, die im Flow auftreten. Subjekt-Objekt-Tun verschmelzen verbreitet. im Flow. Im Zentrum der Spiritualität steht eine Seinsweise, die sich als Das Gegenteil von Flow ist Konzentration des Subjekts auf ein In-Meditation-Sein beschreiben lässt. In-Meditation bist du das Objekt. Im Flow wird das Handeln als voll und ganz stimmig absolute Selbst. Du bist das Sein selbst als absolutes Selbst. Dies mit sich und der Situation erfahren. Es existiert im Flow kein geschieht bei Ich-Gefühl, dafür eine intensive Wahrnehmung, völlige Vertie- • mystischen Einheitserfahrungen, fung und Aufgehen in der Tätigkeit, die anstrengungslos, wie von selbst geht. Im Flow erfolgt eine völlige Hingabe an die • achtsam sein im Hier und Jetzt, Tätigkeit. Keine Ich-Gedanken stören, die Zweifel oder Unlust • No-Mind (also frei von Gedanken sein), am Tun erzeugen. • sich im Alltag mit dem Absoluten verbunden fühlen, Somit passen Arbeiten und Spiritualität sehr gut zusammen. • Beobachter sein (auch „Zeugenbewusstsein“ genannt) und Selbstrealisation • Tätig-Sein in einem Flow-Zustand. Wenn das In-Meditation-Sein bei dir eine nachhaltige Stabili- tät erreicht, dann entspricht diese Seinsweise dem Zustand der Arbeiten und In-Meditation-Sein Selbstrealisation. Du identifizierst dich dann grundsätzlich nicht mehr mit dem Gehirn-Geist-System, welches das dynamische Mystische Einheitserfahrungen sind eher untypisch für das Selbst hervorbringt. Sondern du identifizierst dich mit dem Arbeiten, alle anderen Zustände des In-Meditation-Seins sind absoluten Selbst. Die Ich-Adresse zieht nachhaltig vom dynami- beim Arbeiten jedoch völlig normal. Achtsam im Hier und schen Selbst zum absoluten Selbst um. Du bist dann ständig In- Jetzt kannst du nicht nur deine Hausarbeit verrichten, sondern Meditation und fällst gelegentlich für Sekunden, Minuten oder prinzipiell jede Art von Arbeit bewusst praktizieren. No-Mind auch Stunden in nicht-meditative Zustände des dynamischen geschieht bei rein manuellen Tätigkeiten, wie beim Gärtnern, Selbst, wenn es die Situation erfordert oder erzwingt. häufig. Der nicht-meditative Zustand schlechthin ist das Identifizieren Sich während des Arbeitens mit dem Absoluten verbunden zu mit Gedanken, wie etwa Selbst-Konzepte, Meinungen, Wün- fühlen, ist immer möglich, selbstverständlich auch beim Arbei- sche oder Einstellungen. ten. Das Absolute ist dann mehr oder weniger im Bewusstsein präsent: mal zarter, mal intensiver Bliss (dt. „Glückseligkeit“). Die „nachhaltige Stabilität“ der Selbstrealisation möchte ich mit dem Bild eines Kompasses veranschaulichen: Hast du Selbstrea- Auch das Zeugenbewusstsein, bei dem du alles, was außen wie lisation erlangt, dann bist du magnetisiert wie die Kompassnadel innen geschieht, wertfrei beobachtest, kann bei allen Arbeiten und zeigst nach Norden. Die ruhige Position der Kompassnadel, präsent sein.

214 215 die nach Norden zeigt, vergleiche ich mit dem In-Meditation- Zwei Extrempole zeigen den Unterschied: finanziell freier Sein. Schüttelt man den Kompass, dann zeigt die Nadel nicht Künstler oder Meditationslehrer verglichen mit angestelltem mehr nach Norden, sondern schwankt und pendelt sich von Manager oder Sachbearbeiter, die noch viele Jahre bis zur Rente selbst wieder in exakt nördlicher Richtung ein. Das Schütteln arbeiten müssen. bezieht sich auf Situationen, die dich in einen nicht-meditativen Zustand der Identifikation bringen. Transformation

Beruf und Identifikation Weil die meisten Berufe es eben nicht einfach machen, In-Medi- tation zu sein, ist es in Indien üblich, erst nach Erziehung von Es kommt, je nach Art der Arbeit, häufig vor, dass du „geschüt- Kindern und Erarbeitung eines gewissen Lebensstandards die telt“ wirst. Bist du selbstrealisiert, dann bleibst oder kommst du spirituelle Suche zu beginnen. von selbst früher oder später wieder In-Meditation. Du kannst dir dann bei bestimmten Berufen prinzipiell die Frage stellen, In Europa dagegen wollen die Menschen schon früh ihre spiri- wie häufig du in nicht-meditative Zustände geschüttelt wirst – tuelle Reise beginnen. Somit ist das „Später, wenn du alt bist“ und ob wenig Identifikation in dem Beruf überhaupt möglich ist. nicht die Lösung, sondern eher der Retreat-Ansatz: Nimm dir für Stunden oder Tage eine Auszeit und geh einen Schritt in Radikale Ansätze, wie „ich muss immer In-Meditation sein“, Richtung Selbstrealisation! weise ich zurück. Zeitweise Identifikation mit dem dynamischen Selbst geschieht mehr oder weniger auch bei selbstrealisierten Und irgendwann – warum nicht jetzt sofort? – kommt dann der Menschen und gehört zum Menschsein dazu. Entscheidend ist, Sprung, die Transformation, und du bist selbstrealisiert. Die Ich- ob die Identifikation als stimmig – ohne Widerstand – wahrge- Adresse ist vom dynamischen Selbst (also vom Ich-Bewusst- nommen wird. Die Identifikation passte zu der Situation. Eine – sein) zum absoluten Selbst (also zum Sein) umgezogen. Das In- ich nenne es Mal plakativ – „chemische Reinigung“ im Kopf mit Meditation-Sein wird nach der Transformation nicht mehr nur dem Ziel nie wieder in die Identifikation zu fallen, ist zu radikal ein seltener, sondern mehr und mehr dein natürlicher Zustand. und lebensfremd. Geld und Selbstrealisation Geschüttelt Ist Armut die spirituelle Lösung mit Blick auf (zu) viel Arbeiten Welche Berufe schütteln dich mehr, welche weniger? Politiker für Geld? Wer sich für frei von finanziellen Zwängen erklärt, und Manager aus Unternehmen, die beide in etwa das Gleiche indem er dem buddhistischen Ideal vom armen Bettelmönch tun, werden sehr stark geschüttelt. Naturnahe Berufe, etwa Gärt- folgt, erhofft sich damit vielleicht einen Kick in Richtung ner, die dagegen wenig Konfliktpotenzial in sich tragen, schüt- Selbstrealisation. Funktioniert aber selten. teln dich kaum. Zur Selbstrealisation erwachst du auf der Parkbank oder im Ein- Arbeiten in finanzieller Abhängigkeit schüttelt mehr, Arbeiten in familienhaus. Im Winter ist es im Einfamilienhaus aber wärmer finanzieller Freiheit weniger. Arbeiten in selbst gewählten Tätig- … keiten schütteln dich weniger, gegen deine Vorlieben auferlegte Aus der Armut resultieren im Übrigen sehr viele Zwänge: Woher Tätigkeiten mehr. bekommt der Arme ohne Geld dringend Benötigtes, wie Medi- kamente, gesundes Essen oder dies und das? Dann geschieht

216 217 häufig Identifikation, Ängste tauchen auf. bleibt deine Erwartungshaltung gelassen und offen. Mag sein, dass der andere seine Forderung später doch noch durchsetzt (der Also: Wohlstand, verbunden mit Lebensqualität, ist auf dem spi- bekannte Unterschied von „Recht haben“ und „Recht bekom- rituellen Weg der Abhängigkeit von Almosen vorzuziehen! Der men“), aber darüber grübelst du jetzt nicht oder lässt emotional Verzicht auf einen klassischen Erwerbsberuf bei gleichzeitiger geladene Gedanken kreisen. Armut ist keine echte Option. Keine Identifikation mit Wünschen und Erwartungen resultiert Schattenseiten des Berufs in keiner Identifikation mit dem Konflikt. Die Erkenntnis, dass selbst gewählte Tätigkeiten, die deinen Wenn du nun einen Beruf hast, in dem es fast nur um größe- Vorlieben entsprechen, dich eher weniger in die Identifikation re oder kleinere Konflikte geht, wie beim Manager, dann ist es schütteln, sollten wir näher betrachten: Was sind deine Vorlie- eben durchaus menschlich, dass du – auch selbstrealisiert – gele- ben? Was tust du gerne? Was magst du nicht? Wähle zunächst gentlich in die Identifikation fällst. einen Beruf aus, der den Antworten auf diese Fragen entspricht. Love it, leave it or change it! Das Geheimnis des optimal passenden Berufs ist nach meiner Erfahrung die Akzeptanz der Schattenseiten des Berufs. Akzep- Für den Sucher gilt: Sollten dich viele Konflikte der Arbeit bei tiere ohne Wenn und Aber alle Schattenseiten deines Berufs! deiner spirituellen Suche so sehr stören, dass du glaubst, Selbstre- alisation kann nicht geschehen, dann entscheide konsequent: Es gibt keinen Beruf, der nicht auch Schattenseiten hat. Sag ja zu den Schattenseiten deines Berufs: etwa gelegentlicher Streit Love it, leave it or change it! „Love“, also akzeptiere die Kon- mit Kollegen, geistig angestrengt Texte schreiben, unter Erfolgs- flikte, sag „Ja!“ zu den Konflikten – oder – „leave“, also wechsle druck stehen, unhöfliche Kunden bedienen, Dreck, Lärm, große Beruf, Arbeitgeber, Team – oder – „change“, also entwickle dein Menge des zu Leistenden, ständiges Herumreisen,… Heiße die dynamisches Selbst hin zu mehr Reife, Gelassenheit, Ich-Stärke Schattenseiten willkommen – und du bist während der Arbeit oder was auch immer dir hilfreich erscheint. mehr In-Meditation! Das Arbeiten an der Entwicklung des dynamischen Selbst ist Konflikte im Beruf bekanntlich sehr anstrengendes Arbeiten an sich ! Die für die meisten wohl größte spirituelle Herausforderung Du bist dein eigener Selbstmanager stellt das Konfliktpotenzial im Berufsleben dar. Konflikte, die dich schütteln, können dich leicht in nicht-meditative Zustände Das dynamische Selbst ist physisch in der komplexen Struktur bringen, also Identifikation und ungesunden Stress erzeugen. des Gehirns verortet, aber kein festes Etwas, keine „Seele“, die sich vom Gehirn abspalten lässt. Wer selbstrealisiert ist, wird Konflikte meistens transzendieren, indem er gegenwärtig und gelassen bleibt und sich nicht mit Thomas Metzinger spricht vom „Ego-Tunnel“, in dem niemand Ängsten oder Erwartungen identifiziert. wohnt. Ich nenne die Ich-Illusion das dynamische Selbst, weil es sich primär in der Dynamik des Handelns nur hier und jetzt zeigt: Wenn jemand von dir ungerechtfertigt Geld fordert, dann bleibe denken, bewerten, fühlen, erinnern, tun – das alles geschieht nur ganz gegenwärtig, wenn du die Forderung zurückweist. Dabei hier und jetzt.

218 219 Das absolute Selbst nimmt alle Aktivitäten des dynamischen erreichst du mit einem adäquaten Selbstmanagement mehr Selbst wahr. Das absolute Selbst ist, bildlich gesprochen, die Lebensqualität. Leinwand für das dynamische Selbst. Das absolute Selbst ist die 1. Person: „Ich bin das!“ Das dynamische Selbst ist die 3. Selbstrealisation an sich hat für das dynamische Selbst immer Person: Du erscheinst auf der Leinwand. Konsequenzen: Nicht-Identifikation mit Formen und Erwartun- gen führt zu einer Gelassenheit in Bezug auf Haben oder Nicht- Im Hier und Jetzt ist das dynamische Selbst strukturierte Aktivi- Haben und Geschehen oder Nicht-Geschehen. Gelassen managt tät: Selbstmanagement. Sein dynamisches Selbst – als Selbstma- es sich besser als unter Anspannung. nagement – macht jeden Menschen zum Manager. Das Selbstmanagement von selbstrealisierten Menschen zeich- Als Selbstmanager ist deine Herausforderung – analog zum net sich auch durch starkes Mitgefühl aus: Mitgefühl für sich „normalen“ Berufsmanager – alle typischen Management- selbst und alle Lebewesen. Mehr Mitgefühl im Berufsleben Konflikte zu bewältigen: In deinem inneren Team gibt es Streit, schafft mehr herzenswarme lebensbejahende Arbeitsorte, an Fehler früherer Tage melden sich zurück, Lebensqualität bleibt denen jeder gerne ist. als ständige Herausforderung zu verwirklichen, mit Menschen kommunizieren erfordert Geschick und Feingefühl … also unter Das Ende deiner Suche dem Strich hast du typische Manageraufgaben, wenn es um deine Selbstorganisation geht. Beende deine Suche - jetzt! Erkenne, dass du das Absolute bist! Das absolute Selbst war Selbstmanagement folgt Selbstrealisation schon immer da. Jetzt realisierst du das! Hat die Selbstrealisation einen Einfluss auf das Selbstmanage- Selbstrealisiert ist alles für dich stimmig. Es könnte gar nicht ment? Ein weiteres bekanntes Märchen erzählt vom Sucher, der besser sein, als es ist. Du bist dann fast immer In-Meditation: Selbstrealisation erlangt, und sich danach mit einem Dauergrin- beim Betrachten des Baumes, beim Essen einer Erdbeere, beim sen auf den Lippen nur noch seines Seins erfreut. Lachen über das Leben und selbstverständlich auch bei deiner Es gibt aber keinen Automatismus, der dein Selbstmanagement Arbeit. nach der Selbstrealisation von allen „Problemen“, negativen Selbstrealisiert erscheinen deine Arbeiten und dein Beruf dir so, Gefühlen befreit. wie diese mit Licht und Schatten sind, immer stimmig. Ja, das Tatsache ist, dass sehr Viele nach der Transformation zur geht! Selbstrealisation in eine „dunkle Nacht der Seele“ eingetaucht sind und sich mit kindlichen Ich-Anteilen, Egoismen und ande- ren Spielchen des dynamischen Selbst über Jahre auseinander gesetzt haben. Selbstmanagement (= das dynamische Selbst www.meditation.de.com managt) ist nicht gleich Selbstrealisation (= als absolutes Selbst sein). Während die Selbstrealisation dein Bewusstsein in den natürli- chen Zustand des In-Meditation-Seins nachhaltig transformiert,

220 221 Yod LIVE-MITSCHNITT AUGUST 2016 Frage: Yod, ich war die letzten 4 Jahre immer wieder bei einem Meister in Indien. Ich habe jedoch aus folgendem Grund das Vertrauen verloren. Da du ja oft sehr kniffelige Fragen klar beantwortest, möchte ich dich fragen, wie kann es sein, dass ein erleuchteter Meister sich nicht um seinen Körper kümmert, ja sogar seinen Körper schädigt? Wie kann man 20 Zigaretten und mehr pro Tag rauchen, wenn man angekommen ist? Yod: Am besten wäre es gewesen, wenn du deinen Meister selbst gefragt hättest. Das wäre ehrlicher gewesen. Ich will dir aber eine grundsätzlich gültige Antwort geben. Gerade dann, wenn man angekommen ist, muss man sich um verschiedene Dinge nicht mehr kümmern. Das ist Freiheit. Es ist nicht mehr wichtig, ob man bei den Leuten ankommt, ob sie dich mögen oder nicht. Du musst nicht mehr irgendwelche Normen erfüllen, du bist frei, der zu sein der du bist. Der Vollständigkeit halber muss man aber sagen, dass es auch unter sogenannten Meistern welche gibt, die für ihre Schüler spirituell erscheinen wollen. Lassen wir es offen, was derjenige mit bestimmten Ritualen oder speziellen Gewändern bewirken will. Du kannst dir nicht wirklich ein Urteil bilden, denn es ist immer deine Sicht und deine Interpretation. Bilde dir kein Urteil, bleibe bei deinem Meister, vertraue ihm. Wenn du eines Tages merkst, dass du nicht weiterkommst, dann … Sehr oft kursiert der Irrglaube, dass Spiritualität alles andere ein- schließt. Ein Erleuchteter muss mitkriegen, was in seiner Umge- bung vor sich geht, er weiß, was gesund und nicht gesund ist. Er ist allwissend, er muss alles voraussehen können, usw. Das ist Unsinn.

222 223 Man muss verstehen, dass wir auf mehreren Stockwerken gleich- Und um das alles rum gibt es eine Welt da draußen. zeitig existieren. Und im Zustand des Seins kannst du auch sein, wenn du dich in Wir sind multidimensionale Wesen. dem dementsprechenden Stockwerk aufhältst. Stell dir eine riesige Fabrik vor … oder unseren Körper. Da gibt Das menschliche Bewusstsein hat die Möglichkeit in allen es viele Aufgaben, viele Differenzierungen, obgleich alles auf Stockwerken gleichzeitig zu sein. ein bestimmtes Ziel ausgerichtet ist. Dein Meister kann es also gewohnt sein auf dem Stockwerk, wo Nährstoffe werden herangeschafft, aufbereitet, verteilt. Das Ner- der Körper organisiert wird, 20 Zigaretten täglich zu rauchen, vensystem, das das Überleben des Körpers sichern soll, braucht und von dem Stockwerk der Emotionen die nötige Motivation diese Nährstoffe, sonst kann es seine Aufgaben nicht optimal zu bekommen. Und das alles hat nichts zu tun mit dem 5. Stock, erfüllen. Alles hat mit allem zu tun, ist vernetzt. Trotzdem funk- wo das „SEIN“ existiert. tioniert jede einzelne Abteilung für sich allein. Er ist beispielsweise auf der Ebene des SEINS im Hier und Jetzt. Da gibt es also eine Art Fabrik mit mehreren Stockwerken. Auf Gleichzeitig kann er auf der körperlichen Ebene Schmerz oder dem untersten Stockwerk kümmert man sich um das Auswerten Krankheit erfahren. und Eingliedern der Welt, die außerhalb der Fabrik liegt. Das, Manche Menschen glauben, dass ein Erleuchteter automatisch was du mit deinen Sinnesorganen bemerkst, wird dort wahrge- gesund sein muss. nommen und abgelegt. Ein gesunder Geist lebt ja nun schließlich in einem gesunden Es ist die Welt der Sachverhalte. Körper, sagt man. Es ist ein Ton - die Farbe Blau - eine Form – Temperatur – Dichte. Es ist die Welt da draußen, außerhalb von dir. Nein. Wenn wir klare Gedanken haben, in einem emotionalem Gleichgewicht sind, so wird das körperliche Vorgänge positiv Und dann gibt es noch ein Stockwerk, wo Pläne geschmiedet beeinflussen. werden, Etiketten vergeben werden, Bewertungen hinzugefügt werden. Diese Veränderung hat aber mit der Veränderung unseres Ver- haltens zu tun. Wenn wir immer Probleme wälzen und unrund Und ein Stockwerk der Gefühle, der Emotionen. sind, werden wir auch mit unserem Körper nicht sehr freundlich umgehen. Der Körper wird also leiden. Aber nur deshalb, weil Schließlich muss die ganze Fabrik irgendwie organisiert werden, wir ihm auf der körperlichen Ebene etwas vorenthalten oder ihn mit Strom versorgt werden, Transportwege, Zulieferung und vergewaltigen. Daher der Zusammenhang. Abtransport von Stoffen gewährleistet werden - die körperinter- ne Organisation sozusagen. Trotzdem funktioniert der Körper nach seinen eigenen Gesetzmäßigkeiten. In einem oberen Stockwerk liegt die Kommandozentrale, wo Sinn und Zweck der Fabrik festgelegt sind. Ich geb dir noch ein anderes Beispiel dazu. Glaubst du, wird dein Körper satt, wenn du ihm am Bildschirm Schlagen wir dies nochmals auf unseren Körper um. eine Pizza zeigst oder dir vorstellst, eine Pizza zu essen? Da ist also alles Körperliche, Sexualität, Hunger, Essen, Aus- Lange wird er sich das nicht gefallen lassen, dann wird er nach scheidung, Atmung - Gefühle sind in einem anderen Stockwerk, physischer Nahrung verlangen. Denken wieder in einem anderen. In dem Stockwerk, wo etwas fehlt, muss das auch ersetzt werden,

224 225 was dort fehlt. Ein Problem muss also auf dem Stockwerk gelöst Ebenen. Du sollst - das und das. Das gehört ins Stockwerk der werden, wo es sich befindet. Planungen, auf die mentale Ebene. Liebe gehört aber zur Ebene Wenn du beispielsweise Angst hast, ausgenutzt zu werden, dann des Seins. Liebe ist eine Eigenschaft dieser SEINS-Ebene. Nur befindet sich dieses Gefühl der Angst auf der Gefühlsebene, dort existiert Liebe. Nur dort kann sie auch gefunden werden. genauer gesagt auf der Ebene der Emotionen. Danke Yod, vielen Dank. Das kannst du mental nicht lösen, da es sich auf der Gefühls- ebene befindet. Da musst du dich schon in das Stockwerk der Gefühle begeben. Nur dort wirst du die Möglichkeiten vorfin- den, es aufzulösen. Wenn du in deine Wohnung kommst, den Wasserhahn aufdrehst www.biotic-institute.com und dich dann wunderst, dass das Licht nicht angeht, dann bist www.kolitscher.com du offensichtlich im falschen Stockwerk unterwegs. Ein Problem muss in dem Stockwerk bearbeitet werden, in dem es sich befindet. Ein Elektrizitätsproblem kann nicht auf der Wasserebene gelöst werden. Dass du Gründe suchst, um deinem Meister nicht mehr zu ver- trauen, verstehe ich. Du hast Angst, weil es unangenehm und vielleicht gefährlich für dich wird. Es hat nichts mit ihm zu tun, vielmehr mit dir. Lass deinen Meister so sein, wie er ist. Vertrau ihm und schau, ob es dich weiterbringt. Es entspringt unserem eingeschränkten Bewusstsein, dass wir alles nur von einer Seite sehen können. Frage: Könnte man sagen, dass wir deshalb keine oder unzureichende Lösungen finden, weil wir sie versuchen auf dem falschen Stock- werk zu lösen, wo der Fehler gar nicht liegt? Yod: Ja, genauso ist es. Überall wirst du auf diese Verwechslung der Stockwerke stoßen. Daher sind Lösungen nicht möglich. Nimm mal die Religionen her. „Du sollst den anderen lieben“. Allein diese Forderung beinhaltet eine Verwechslung der

226 227 Ralph Byrszel

Nichts als Fragen Versuche bitte auf die folgenden Fragen keine schnellen Antworten zu finden, kaue stattdessen auf ihnen herum, spiele damit, und schau, ob und was sich verändert, nur durch das Fragen, ohne eine Antwort werde die Frage dringe tief in sie ein Lebe die Frage

Sei die Frage und die Antwort

Was bleibt, wenn ich… keinen Widerstand mehr leiste? nichts mehr will? mit allem einverstanden bin? nicht mehr wähle? weder dafür, noch dagegen bin? nichts mehr beweisen muss? mich nicht mehr verteidige? mich nicht mehr so wichtig nehme? nicht mehr alles so persönlich nehme?

Wenn ich… keine Vorstellungen mehr habe, wie das Leben sein sollte? keine Konzepte? keine Phantasien? keine Träume? keine Befürchtungen? keine Hoffnungen? keine Wünsche?

228 229 Wenn ich…. Wer bin ich… Nichts mehr weiß? ohne Anerkennung? Alles vergesse? ohne Lob? Die Zeit vergesse? ohne Stolz? Vergangenheit? ohne Einbildung? Gegenwart? ohne Selbstwert? Zukunft? ohne Identifikation? ohne Opfer zu sein? Wenn ich mich selbst vergesse? ohne Täter zu sein? Nichts mehr ändern möchte? mir keine Gedanken mehr mache? Was bleibt, wenn ich auch alle „spirituellen Begriffe und auch nicht um Erwachen und Erleuchtung? Konstrukte“ weg lasse? Mich völlig hingebe? Einheit nur noch liebe, was ist? Sein einfach bin? Nicht-Sein Eins Sein Wer bin ich… Bewusstsein Selbst ohne meine Geschichte? Alles ohne meine Probleme? Nichts ohne meine Dramen? Stille ohne meine Macken? Glückseligkeit ohne meine Muster? Ewiger Frieden ohne mein Leiden? Unendlichkeit ohne meine Krankheiten? Zeitlosigkeit ohne meine Urteile? Raumlosigkeit ohne meine Vorurteile? Nondualität ohne meine Meinung? Das große ICH ohne meine Ablehnung? DAS ohne meinen Namen? ohne meinen Beruf? Was passiert, wenn ich folgende Begriffe gar nicht mehr, ohne meine Rolle, als Vater, Mutter, Kind, Bruder, Schwester? oder nur noch sehr eingeschränkt benutze? Chef? aber Spiritueller Lehrer? müsste Guru? könnte

230 231 sollte Wer fühlt? wäre Wer nimmt wahr? dürfte Wer ist der Beobachter? wenn…, dann Wer beobachtet den Beobachter? eigentlich entweder, oder Was ist Subjekt? doch Was ist Objekt? weil warum Woher kommt das Ich? Gibt es etwas außerhalb von mir? Was passiert beim Weglassen aller Worte und Begriffe? Versuch bitte nicht schnell Antworten auf die Fragen zu Was passiert, wenn ich geben! nicht mehr trenne zwischen rein und unrein? zwischen heilig und profan? Wenn schnelle Antworten kommen, zwischen relativ und absolut? kommen sie oft nicht wirklich aus dir selbst sondern du hast sie irgendwann gehört, oder gelesen wenn ich gar nichts mehr voneinander trenne? Forsche selber intensiv wenn ich nicht mehr unterscheide zwischen innen und außen? zwischen mir und der Welt? Finde selber deine Antwort! wenn ich nichts mehr unterscheide? wenn für mich alles gleich gültig ist? Eine ganze Reihe von Fragen werden sich auch einfach wenn ich keine Grenzen mehr ziehe? erübrigen! alle Bindungen loslasse? absichtslos bin? Viel Freude und „Erfolg“ beim Forschen. keine Ziele mehr verfolge? keine Meinung mehr habe? Zu guter Letzt noch ein Hinweis von Buddha: nicht mehr etwas Besonderes sein will? nicht mehr glaube anders zu sein, wie andere? Glaube nichts, weil ein Weiser es gesagt hat. Glaube nichts, weil alle es glauben. Was passiert, wenn ich aufhöre zu suchen, egal wonach, Glaube nichts, weil es geschrieben steht. außerhalb von mir? Glaube nichts, weil es als heilig gilt. Glaube nichts, weil ein anderer es glaubt. Wer stellt all diese Fragen? Glaube nur das, was Du selbst als wahr erkannt hast. Wer denkt?

232 233 Ralph Byrszel Spitzäcker 4 74931 Lobbach (bei Heidelberg) [email protected] 06226-788874 01522-8640340 www.seinsbegegnung.de www.seelencoach.net www.spirituelle-psychotherapie.org

234 235 Arne Eckert

Die Heldenreise des Couch-Potato „Wir sehen die Schöpfung in solch vielfältiger Gestalt, weil das Absolute Bewusstsein sich hier durch seine eigenen Vorstellungen begrenzt hat.“ ~ Tripura Rahasya Wenn wir davon hören, dass es so was gibt wie Erwachen, wie Freiheit; wenn wir anfangen, Bücher zu lesen und Vorträge zu hören, von Menschen, die uns erzählen, dass sie diese Erfahrung von Erwachen gemacht haben: Dass es tatsächlich Freiheit gibt - dass alles eins ist und dass all unsere Probleme und unsere ganze Person eine einzige Illusion sind - dann triggert das ein ganz bestimmtes Gefühl in uns an. Besonders in unserem ergeb- nisorientierten Geist: Er will das auch! Er will eine Verände- rung haben! Wir haben das Gefühl, es gibt da draußen etwas, das besser ist, als das, was wir gerade erleben. Und somit richtet sich unser Geist aus und versucht, zu verstehen, dass es dieses Erwa- chen tatsächlich gibt. Es entsteht die Idee, auf einem Weg zu sein, der uns am Ende das gibt, wovon diese Typen da sprechen und wovon uns östliche Philosophien erzählen. Diese Idee lässt uns hoffen, dass unser Leben, das wir vielleicht größtenteils als unerfüllt, schmerzlich, oder langweilig empfinden, irgendwann an einen Punkt kommt, an dem Glückseligkeit herrscht - wo Einheit mit Gott herrscht. Das, wonach wir hinter all den Dingen suchen, denen wir in unserem Leben hinterherlaufen. Das, wonach wir uns von ganzem Herzen sehnen: Wirkliches, wahres Glück zu erfahren. Das wünschen wir uns ja alle. Doch wenn wir uns unser Leben anschauen, und wenn wir uns die Welt anschauen, dann kann von erfüllendem Glück nicht die Rede sein. Nichts scheint von dieser Möglichkeit des Erwachens inspiriert zu sein. Alles scheint ein einziger Kampf zu sein. Wenn wir uns unsere Medienwelt anschauen, wenn wir Fernse- hen gucken, Filme anschauen, dann wird uns überall die glei- che Botschaft präsentiert: Du musst kämpfen, du darfst nicht

236 237 vertrauen… - es klappt sowieso nicht so, wie du dir das vor- Die Erfahrung davon, Das zu sein, machen wir jeden Moment. stellst; versuch der Held zu sein, befrei die Prinzessin, hol dir Allerdings sind wir mehr an der Geschichte interessiert. Weil den Schatz ab! Töte jeden, der dir im Weg steht. uns die Geschichte bisher das Gefühl gegeben hat, jemand zu Und genau mit diesem programmierten Verhalten machen wir sein. Durch unsere Geschichte definieren wir uns. uns auch auf die Heldenreise zum Erwachen - um uns diesen Und jeder hier im Westen ist ganz heiß darauf, seine Geschichte Schatz, von dem in den spirituellen Lehren erzählt wird, abzu- möglichst klar erzählen zu können: Einen lückenlosen Lebens- holen und letztendlich wieder friedlich nach Hause zu kommen. lauf zu haben. Sich in dieser Geschichte möglichst gut und klar Die Idee der Heldenreise ist stark geprägt worden von dem ame- darzustellen, damit alle anderen wissen, wer wir sind. rikanischen Mythenforscher Joseph Campbell. Er war ein reiner Heutzutage gibt uns Facebook sogar die Möglichkeit, unsere Intellektueller der westlichen Welt, der George Lucas zu seinem Geschichte sehr bildlich darzustellen. Und wenn wir gut darin Star Wars Epos inspirierte. Hinter jedem Film, den wir sehen, sind uns darzustellen, meinen wir allen mitzuteilen, wer wir steht exemplarisch diese eine Heldenreise. Und im übertragenen sind. Ich und meine Geschichte. Ich bin meine Geschichte. Guck Sinn ist unser Leben ein Film, den wir sehen - und wir sind alle dir meine Geschichte an, und dann weißt du, wer ich bin. auf unserer eigenen Heldenreise. Jedes „Ich“ ist auf dieser Heldenreise. Egal, ob es sich als Wenn wir uns nun auf den spirituellen Weg machen, dann sind gescheit ansieht, oder als armen Schlumpf empfindet, oder als wir erst mal mit dieser Geschichte konfrontiert: Mit dem, was großen Macher, der Firmen gründet, der Filme macht, Bücher wir meinen, zu sein. Diese Person ist aufgebaut aus diversen schreibt, was auch immer… Aber dieser ganze Weg ist nur in Glaubenssätzen, die wir von Kind auf an abgespeichert haben unserem Geist zu finden. Dieser Weg ist nur in unserer Geschich- und die uns erzählen, wer wir sind. te zu finden, die wir aufschreiben können, von der wir erzählen Und dieses Etwas, das wir da sind, ist eben nicht nur eine können, und die wir vielleicht auch verbessern können. Geschichte, es ist ein emotional aufgeladener Raum, der uns als Basis für das Wahrnehmen unserer Lebensereignisse dient. Die Die indische Advaita-Lehre ist eine der letzten Lehren in den sind uns ja eindeutig geschehen und folgen immer wieder einem Veden. Sie war fast verloren. Niemand sprach mehr davon, bis ganz bestimmten Muster. ein Mann, der inzwischen als Adi Shankara in die Geschichte Daraus ziehen wir unsere Resultate. Wir versuchen, unangeneh- eingegangen ist, diese Lehren abschrieb, neu kommentierte und me Ereignisse und schmerzhafte Erfahrungen möglichst zu ver- in die Welt gebracht hat. Diese Lehre besagt, dass alles schon meiden. Und daraus entwickeln wir Strategien in unserem Geist, längst eins ist. Dass wir das Bewußtsein, nach dem wir uns um diesen Erfahrungen irgendwie auszuweichen. sehnen, bereits sind. Und dass die Trennung, die wir wahrneh- Wie auch immer diese Strategien aussehen: Aggressivität, Rück- men, eine Illusion ist. zug, Traurigkeit, eine Geschichte ganz besonders aufbauen, sich Verschiedene Lehren des hinduistischen Kontextes der gesam- selber aufblasen, sich selber klein machen… - es sind alles wun- ten Veden, welche verschiedene Arten von Wegen beschreiben, derbare Strategien, um nicht zu fühlen, was eigentlich gerade los werden vom Standpunkt des Advaita Vedanta aus nur als Vor- ist. stufen angesehen, um diese letztendliche Wahrheit einfach und Und das ist die Schwierigkeit, bei dieser Idee eines Weges, einer simpel zu erkennen: Dass alles eins ist. Das Subjekt und Objekt Heldenreise. Denn jeglicher Weg ist auch nur eine Idee; dass ich eins ist! Und dass es keiner Methode bedarf, keines Weges, jetzt losgehe, und da ankomme. irgendwo hinzugehen, weil Du Das bist!

238 239 Wenn wir uns einfach genau anschauen, wie es gerade jetzt Alle Geschichten von Erleuchtung sind letztendlich nichts ande- ist, und erkennen, dass in uns ein Bewusstsein ist, das jeden res als goldene Karotten, die uns vor die Nase gehalten werden, Moment, genau hier und jetzt, wahrnimmt, dass wir - sind. Das damit wir einfach endlich unseren Arsch hoch kriegen und uns wahrnimmt, dass wir hier in einem Raum sind, der sich jederzeit auf den Weg machen. wieder verändern kann… Aber wo ist der Weg? Und dann denjenigen wahrnehmen, der schaut. Dass immer jemand da ist, der schaut, der fühlt, der denkt. Da ist etwas, das Der Weg ist nur in unserem denkenden Geist zu finden. uns die ganze Zeit zuschaut. Das bezeugt, dass hier ein Gedan- Eine Vor-Stellung, vor dem was einfach nur ist. kenraum stattfindet, indem diese Geschichte stattfindet. Und das Was wäre, wenn alles, was du dir selber erzählst, eine einzige bezeugt, dass hier ein Körper in einem Raum sitzt. Lüge ist? Wenn es nichts gibt, woran du dich noch wirklich festhalten Aber - wer bezeugt das? kannst? Dass alles, was Du je finden wirst, das leere Blatt Papier ist, auf Wir können denjenigen nicht finden, weil wir es selbst sind. dem irgendeine Heldengeschichte geschrieben wurde. So wie wir unser Gesicht auch nicht sehen können ohne einen Spiegel. Dieser Schock, nichts Greifbares mehr zu haben ist für die meis- Wenn wir hier wirklich ehrlich mit uns selber sind, und anfan- ten Menschen nicht zu ertragen. Die Leere dieses Raumes ist für gen, uns wirklich zu erforschen, und anfangen zu fühlen, als den denkenden Geist ein Schock. Er hat das Gefühl, nicht mehr das, was wir wirklich sind, gleichen wir das erstmal ab mit dem, existieren zu können in diesem leeren Raum. Was aus der Sicht was wir uns von ganzem Herzen wünschen. Also diesem tiefen des mit sich selbst identifizierten Denkens auch stimmt. Bedürfnis nach Friede, Freude und natürlich Eierkuchen. Aber In Wahrheit ist der denkende Geist ein genialer Diener. Man ganz im Gegenteil begegnen wir einem Raum des Schmerzes, braucht ihn nicht verachten, man darf ihm einfach nur zeigen wo einem Raum von innerer Bockigkeit, von innerem Kampf, von sein Platz ist und wer hier der wahre Herr im Haus ist. Auf jeden tiefster Traurigkeit, unterdrückter Aggression. Und dahinter der Fall nicht er. Er kann gar nichts im Griff haben. Er kann sich nur tiefen Sehnsucht nach Freiheit. einen Plan machen, der dem Fluss der Ereignisse dient. Er kann Diese tiefste Sehnsucht nach Freiheit ist das Einzige, was uns nur darauf achten, dass alles möglichst rund läuft. wirklich dienen kann. Er wird immer wieder den Versuch unternehmen, sich gegen das Sie führt uns zu der Entscheidung, die dieses Ich treffen muss: zu wehren, was gerade ist. Er wird seine ganze Kraft aufwenden, Die Ent(gültige)Scheidung von der Illusion. Aufzuwachen aus um uns zu sagen: „Nein, nicht so!“ Das ist sein Job, denn so ist diesem Traum, der da meint, eine Person zu sein. Aufzuwachen er konditioniert: Von Kind auf an bringen unsere Eltern uns bei, aus einer Welt, die aus Worten und inneren Bildern besteht und was richtig und was falsch ist. Wie soll er also etwas anderes tun, aus aufgeladenen Emotionen. als in einer dualistischen Welt permanent zu unterscheiden, was richtig und was falsch ist. Die größte Herausforderung bei dieser Entscheidung ist, nicht wieder in die große Denkfalle zu fallen und uns eine Vorstel- Aber wer trifft diese Unterscheidung? lung davon machen zu wollen, was am Ende dabei rauskommt. Es geht nicht darum, dass etwas dabei herauskommt. Dieser Wenn aus den Gedanken des Geistes plötzlich eine imaginäre Wunsch ist bereits schon wieder ein Wunsch unseres Geistes. Person entsteht, die sich so und so verhält, und so und so tut, was

240 241 „richtig“ ist, ist dieser Geist nicht mehr Diener. Er meint, eine Um dann plötzlich wieder aufzutauchen, sich umzuschauen und eigenständige Person zu sein. Unser denkender Geist lässt uns zu merken: „Oh mein Gott, ich häng ja doch in einem Kübel glauben, eine vom Fluss der Ereignisse separate Person zu sein. von Scheiße drin“. Das ist der Schock, den wir erleben, sobald Die Person, die Persona, ist einfach die Maske. Eine Maske, die diese Ich-Idee wieder zu einem Kontinuum von Gedanken wird. wir uns selber aufgesetzt haben im Laufe unseres Lebens. Eine Dann geht der Film weiter… und der Couch-Potato, also unser Person, die wir meinen, zu sein, die wir aber nur teilweise kennen. Bewußtsein, vergisst sich selbst. Denn es ist nur die Mutation einer göttlichen Individualität. Wenn diese Maske immer mehr abfällt, indem sie einfach nur Alles Denken ist dann wieder auf die Story ausgerichtet. Nach still bezeugt wird, erscheint dieses göttliche Individuum, das einer Weile Film gucken sind wir wieder absolut absorbiert. Wir vollkommen frei und bereit ist, das gesamte Leben so anzuneh- hängen fast mit der Nase vor dem Bildschirm und sehen nichts men, wie es ist. anderes mehr als diesen Film. Wir denken wieder die vielen Dann geschehen Stories und Abenteuer, und all diese unglaub- Möglichkeiten durch, damit der Held, am Ende seiner Reise, in lichen Dinge, die das Leben ausmachen. Sie geschehen einfach. den Frieden kommen kann. Dann ist klar, dass es an diesem Moment nichts zu rütteln gibt, Wenn wir uns aber dem Bewusstsein wieder zuwenden, das hier denn es gibt sowieso nichts zu verändern in diesem Moment. in diesem Moment genau das wahrnimmt, was ist, als das was es Wir sitzen hier einfach nur in einem Raum rum. Warum sollten ist, ohne noch einen weiteren Kommentar obendrauf zu setzen, wir irgendetwas verändern? dann können wir ganz klar erkennen, dass hier nur eine Story Wenn der denkende Geist anfängt, anzuerkennen, dass er es nicht abläuft - in unserem Kopf. Es ist nur eine scheinbare Person, die ‚machen‘ kann, dass er es nicht regeln kann, dass er auch keine einen scheinbaren Weg geht - in Wahrheit sind wir das nicht. Wir Erleuchtung erlangen kann, dass er sich nur umdrehen kann, und wissen gar nicht, wer wir sind. sich einfach nur nichtwissend diesem Bewusstsein zuwendet, Natürlich denken wir uns unsere Geschichte nicht nur aus, wir das die ganze Zeit im Hintergrund sitzt, und still schaut, dann fühlen sie ja auch sehr klar. Aber wenn wir wieder direkt zu unse- kann sich grundlegend etwas ändern. rem Fühlen zurückkommen, dann müssen wir auch fühlen, wie Dann können wir erkennen, dass unser Bewusstsein wie ein beschissen es uns eigentlich mit dieser Idee geht, eine Person zu Couch-Potato vor dem Bildschirm sitzt und die Story von einem sein. Helden anschaut, der durch seine Abenteuer geht. Wir können nichts anderes von einem wirklichen spirituellen Wenn wir genau JETZT inne halten! Weg erwarten, als dass es uns erst mal ziemlich beschissen geht. Und in dem Wahrnehmenden genau HIER ankommen! Weil wir überhaupt erst anfangen wirklich zu fühlen. Zu fühlen, Uns in diesen inneren Sessel hinein sinken lassen. wie es wirklich ist, diese Person zu sein. Wenn wir anfangen, Dann können wir erkennen, dass wir der Couch-Potato sind! die Glaubenssätze zu dieser Person Stück für Stück auseinander zu brechen, um sie zu untersuchen, geht es uns wahrscheinlich Je mehr wir in dieses Sein hinein sinken, desto mehr fallen wir noch beschissener als vorher. in die Leere hinter allen Dingen und Erscheinungen. Dieser innere Weg braucht Mut. Und Aufrichtigkeit. Die Auf- Der Film hört auf. richtigkeit, sich selber anzuschauen, als das, was man wirk- Das Ich taucht in tiefste Meditation ab und erreicht Räume, die lich ist. Und dadurch zu erkennen, dass es eine Illusion ist, zu voller Wonne und voller Stille sind… sein, wer man meint zu sein. Das man einer Lüge auf den Leim gegangen ist.

242 243 Irgendwann erkennt man, dass man selbst, als reines Bewusst- sein, die ganze Zeit anwesend war. Dass man niemals getrennt war. Und dass es an dieser Person, in diesem Moment, nichts zu ver- bessern und nichts zu verändern gibt. Dass diese Person, mit all ihren Qualitäten und Nichtqualitäten, mit ihrem Unvermögen und ihrer Großartigkeit, purer Ausdruck dieses Seins ist. Genau- so, wie es ist. Wenn wir anfangen, immer tiefer in diesen Moment hineinzu- schauen, in unser Herz hinein zu fühlen, und bereit sind, von hier aus zu schauen, müssen wir uns mit der gesamten Geschich- te auseinandersetzen, die da meint, eine Person zu sein. Wir können mit unserem Geist durchaus nützliche Strategien entwickeln, um genau zu schauen: Was ist es, was schmerzt? Diese Möglichkeiten sollten wir ausschöpfen, um unseren Schmerzpunkten wirklich auf den Grund zu gehen. Um heraus- zufinden, nach welchen Glaubenssätzen wir funktionieren. Was glaube ich eigentlich von mir? Und warum? Alles, was uns bei der Klärung dieser Fragen hilft, sollten wir nutzen, egal ob es nun Psychotherapie ist oder Körpertherapie. Diese Therapien helfen uns am Ende nicht, zu erkennen, wer wir wirklich sind. Aber sie helfen uns, den Raum zu putzen und zu klären, um zu erkennen, was wir nicht sind. Hier und jetzt können wir immer genau erkennen, was wirklich wahr ist: Wenn wir still werden, und unsere ganzen Gedanken wieder zurückfallen in dieses Herz. – Einfach diesem Herzen lauschen: BumBum, BumBum, BumBum, mal sanft, mal stär- ker, mal lauter. Mit seinem unendlichen Beat - dem Rhythmus, wo man mit muss. Einfach spüren, dass wir Teil einer großen Schöpfung sind. Teil eines Wunders, das wir uns mit unserem Denken nicht erklären können. Das große Wunder, dass wir am Leben sind.

www.RebellionDerStille.blogspot.de

244 245 Michael Hübener

Was nützt dir das Erwachen, wenn es dein Herz nicht öffnet? Gehen wir mal davon aus, du bist tatsächlich erwacht. Du bist eins mit dir und dem universellen Sein. Reines Bewusstsein ist deine wahre Natur. Der Kosmos ist permanent mit dir und unterstützt dich von hinten bis vorne. Nichts kann dich mehr aus der Ruhe bringen. Dein SEIN ist unverrückbar, fast wie in Stein gemeißelt... Und dann? Ist das wirklich der Zustand des Erwachens, den du anstrebst? Der Zustand, von dem du so viele Jahre geträumt hast und für den du so viel Zeit und Geld geopfert hast? Berührt dein Erwa- chen schon die Herzen anderer Menschen? Ist solch ein Erwachen allein aus dem Verstand heraus, über- haupt möglich? Muss nicht immer das Herz auch mit dabei sein? Nun im Prinzip geht das schon. Einer meiner Lehrer bezeichnete dies als den intellektuellen Weg zur Selbstverwirklichung. Der Verstand wird durch Erkenntnis so geschärft, dass das Bewusst- sein als die einzig wahre Realität übrig bleibt. Und so erkennt dein Verstand, dass auch du genau dies bist. „Ich bin das, du bist das, all dies ist das...“, erzählen uns die Upanischaden. Dann bist du erwacht, der Mind (Verstand) denkt er habe alles verstanden und glaubt, dass die Entwicklung abgeschlossen ist. Verstand im Sein und Herz aus Stein... Das ist noch nicht alles. Führ mich gibt es noch viel mehr! Was mir dabei fehlt, ist die Lebensfreude. Die Begegnung und emo- tionale Berührung mit dem Gegenüber. Da fehlt mir das Herz. Da fehlt mir das Gefühl. Da fehlt mir die Liebe.

246 247 Der von mir bis hierher beschriebene intellektuelle Weg zur Der Prozess ist überwältigend und gleichzeitig ganz zart, ganz Selbstverwirklichung ist nur für einen bestimmten Prozentsatz subtil, ganz von Herzen... der Menschen gangbar. Für viele ist er einfach zu schwierig. Die meisten sind nicht so intellektuell. Alles, was du in diesen kostbaren Momenten erfährst, ist ein Für sie, und dazu gehöre ich wohl auch, ist der Weg des Herzens Geschenk. leichter zu begehen. Darum haben nach meiner Beobachtung Liebender und Geliebter werden eins. viele der großen Meister der Menschheitsgeschichte, die Öff- Sie vereinigen sich in der Dimension bedingungsloser Liebe. nung und Belebung des Herzens automatisch in den Weg des „Komm! Komm! Wer auch immer du bist... Erwachens integriert. So ist es auch sinnvoll. Denn das Herz Dies ist die Tür der Hoffnung, nicht der Hoffnungslosigkeit... spielt auf dem Weg der Bewusstseinsentwicklung eine entschei- Über die Liebe kannst du nichts lernen. Liebe erscheint auf den dende Rolle. Flügeln der Gnade.“ Hast du einmal beobachtet oder verglichen, an welche Stelle So beschreibt es der Sufi Mystiker Mevlana Rumi. deines Körpers dich viele der Meister beim Meditieren hinfüh- ren? Wo du dein Mantra denken sollst? Wo du dein inneres Licht Und Maharishi Mahesh Yogi erklärt es in seinem Vortrag über entdecken kannst? Liebe und Gott u. a. so: Ja, in der Region des Herzens! In deinem Herzensraum. „Liebe ist die Kraft des Lebens, mächtig und rein. Dort in deiner Mitte ist ein Ort, an dem sich ein Tor zum Erwa- Die Blume des Lebens erblüht in Liebe und verströmt Liebe rund chen befindet, welches für alle Menschen gangbar ist. Ein Tor, um sich... das für jeden offen steht. Der Glückliche benutzt das Instrument tiefer Meditation und dringt tief ein in sein Herz. Alles, was dazu erforderlich ist, ist die Bereitschaft, sich ganz Die Kraft der Liebe macht uns zart und fest. Sie macht uns deiner göttlichen Präsenz im Herzensraum anzuvertrauen. Du schwach im unrechten und stark im rechten Handeln; sie bringt musst still und bescheiden werden und dich dem zarten Sog des Nachsicht in die Autorität und Wohlwollen in alle Bereiche des Herzens anschließen, der genau dort auf ganz natürliche Weise Lebens... entsteht. Es geht um eine Hingabe, ein Dahinschmelzen, das Glücklich sind jene, deren Herz in Liebe überfließt. zarter ist, als es Worte beschreiben können. Es geht um bedin- Ein Herz voller Liebe, ist die kostbare Essenz menschlichen gungsloses Vertrauen und eine kompromisslose Ausrichtung Lebens...“ hinein in die Tiefen deines Herzens. „Love is your true Nature“ (Liebe ist deine wahre Natur) fasst Wenn du einmal verstanden hast wie dies geht, entsteht eine dies Sri Bhagavan ganz schlicht und schnörkellos zusammen. beglückende Freude bereits im Augenblick des Hingebens. Und er ergänzt: „Gnade kommt zu denen, die hilflos werden und sich aus dieser Wie ich es erlebe, bedarf es jetzt nur eines offenen, liebevol- Hilflosigkeit heraus hingeben...“ len Hinhorchens, eines Hinfühlens, eines sich Anvertrauens und Fallenlassens, bis die Tore des Bewusstseins sich öffnen und du Wenn du diese Hilflosigkeit – den Moment des vollkommenen in die grenzenlose Dimension des Seins hineingleitest. Loslassens - und das sich daraus entwickelnde „SEIN in Liebe“ Das ist Transzendieren, der Weg des Überschreitens der dir inne- über dein Herz erfahren hast - und sei es auch nur in ganz weni- wohnenden Begrenzungen.

248 249 gen, kostbaren Augenblicken deiner spirituellen Praxis – kann Es ist die „bedingungslose Liebe“. Sie fließt aus sich selbst heraus dein Herz nicht aufhören, diese Liebe auch in jedem Moment - ohne Forderung, ohne Tauschgeschäft, ohne offensichtlichen des Alltags zu suchen. Grund. Und das macht sie gerade so schön und tief berührend. Diese bedingungslose Liebe kommt aus einer Dimension, die So beginnt der Weg des Herzens. unabhängig von einer partnerschaftlichen Beziehung entsteht, Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr, wächst dein Herz in die viel tiefer ist, und ... da ist der wesentliche Unterschied..., seinem spirituellen Voranschreiten. Es weitet sich, es öffnet sich die dich und andere niemals enttäuschen wird. und beginnt die Dimension bedingungsloser Liebe in allem, was Du wirst zur Liebe und strahlst diese aus. So fühlen sich immer ihm begegnet, zu erkennen. mehr Menschen spontan von dir angezogen. Und dein Herz Du entdeckst sie in dem Menschen, der dir gerade gegenüber wächst von Jahr zu Jahr. steht; in dem Tier, in dessen Augen du plötzlich schaust; in der Damit wächst auch deine Lebensfreude und eine Qualität, die Pflanze, die du spontan betrachtest. besonders die Buddhisten auf ihrem spirituellen Weg so sehr Und selbst im herbstlichen Rauschen der Bäume, das mich betonen: Mitgefühl. berührt, während ich diese Zeilen schreibe..., überall, überall Es ist eine wunderbare Qualität. Und dennoch ergibt sich auch begegnet dir diese Stille, begegnet dir dein Sein, begegnet dir hier, in unserem Bemühen um Mitgefühl, ein ähnliches Problem dein Herz, begegnet dir die Liebe... wie beim Erwachen. Du kannst Mitgefühl nicht erzwingen, nicht Es ist eine andere Liebe, als das Gefühl, das du normalerweise mechanisch herbeiführen, nur weil es deine Religion oder deine mit diesem Begriff verbindest. Es ist eine andere Liebe, als die, Überzeugung dir vorschreibt. Dann wird auch dieses Bemühen die wir allgemein kennen und in partnerschaftlichen Beziehun- wieder zu einem Konzept. Und jedes Konzept ist erst die Vorstu- gen suchen. fe, nicht das Endergebnis. Wenn dein Herz noch nicht frei ist, ist es nicht das wahre Mitge- Auch wenn du es nicht gern hörst: Unsere partnerschaftliche fühl, nicht das, was du in diesem Moment wirklich fühlst. Liebe ist oft ein verstecktes Tauschgeschäft. Sie hilft uns unsere Einsamkeit für einen Augenblick zu vergessen. Liebe, Mitgefühl, echtes Verständnis, Vertrauen und Hingabe „Du gibst mir Zuneigung, und ich gebe dir Zeit oder Schutz“, sind Geschenke. Geschenke, die du spontan bekommst, wenn kann der Tausch zum Beispiel heißen. dein Herz rein ist und du den Weg des Herzens gehst. All das ist ein Versuch, deine eigenen Defizite mit den Qualitäten Es ist ein Weg, der dich selbst in den kleinen Dingen des All- des Partners aufzufüllen, um auf diese Weise ganz zu werden. tags bereichert. Ein Weg, der dir zeigt, dass du nicht allein bist, Daran ist nichts Falsches. sondern - und das klingt vielleicht etwas paradox – ein Weg, der Auch dies kann ein essentieller Aspekt deines Lebensweges dich von Tag zu Tag mehr fühlen lässt, das wir alle EINS sind: werden. Auch diese Form so genannter „bedingter Liebe“, kann Ein Bewusstsein, ein Wesen, eine Menschheitsseele, eine uns Freude und ein Gefühl der Anerkennung und Geborgenheit Menschheitsfamilie. schenken. Das ist alles okay. We are all ONE! Wir sind alle EINS! Allerdings geht die zarte Dimension der Hingabe des Herzens, In meinen Oneness Meditationen versuche ich genau diesen die ich oben beschrieben habe und die aus deiner spirituellen Aspekt in dir lebendig werden zu lassen. Meist gelingt das recht Praxis erwächst, weit darüber hinaus. 250 251 gut. Denn es geht um nichts größeres, als von dir selbst berührt zu werden. Sogar Udo Lindenberg hat dies erkannt. Er nennt es „Stärker als die Zeit“. Und in einem der Songs seiner aktuellen CD klingt das so: „Ich nehm’ die Sonnenbrille ab, check den Moment, wenn eine Seele die andere erkennt. Du spürst sofort und das ist gut, wir sind Familie, sind ein Clan, wir sind ein Blut... Wir sind der Stoff, aus dem die großen Träume sind. Wir sind der Joker in der Tasche, der gewinnt. Ich zünd ihn an, unseren Vulkan. Das Feuer lodert hoch, bis in die Sternenbahn. So wie der Sturm, so wie die Flut. Nichts hält uns auf, wir sind ein Blut. Unsere Familie, kannst du sicher sein, das bleibt. Denn wir sind stärker als der Tod und als die Zeit. Ewiges Band, das nie zerreißt. Alles was ich will, ist dass du das auch weißt. Alles was ich will, ist dass du das auch weißt...“ In diesem Sinne lass uns zusammen kommen. Ich freue mich auf dich und die Begegnung mit dir; im Äußeren und in deinem Herzen.

Michael

www.oneness-reisen.de www.MichaelHuebener.de

252 253 Liebe & Mitgefühl

Welch Worte fließen aus der Liebe und Stille, aus dem Klang des Seins

Sich selbstlos verströmend ohne Absicht, ohne Ziel und Trennung, ohne Wissenden

Aus dem Nichts und in Allem, jenseits der Worte und in den Worten

In der Verschmelzung vom Absoluten und Liebe Welch ein Wunder, so natürlich

Freifließend, unschuldig, fein und kraftvoll unbeschreibliche Schönheit und alles darin

Mitfühlend mit allem und den Lebewesen Staunend bewegt, berührt, unendliches Nichts (inspirations by kerstin)

Zur Verfügung gestellt von Kerstin Landwehr Stencil-Art by Ludmilla Rudat

254 255 Weitere Bücher sind im Verlag Der Kleine Buddha erschienen: Erwachen - Der Radikale Weg in die Freiheit erhältlich über www.amazon.de Suchende müssen nicht warten, bis die Gnade des Erwachens über sie kommt. Der radikale Prozess tiefenpsychologischer Klärung, Erkenntnisse zur Erleuchtung der nach dem Erwachen beginnt, - Sammlung 1 kann jederzeit begonnen werden Dieses Buch ist entstanden und bringt uns dem ersehnten Ziel in einer Zeit, in der der Autor der Befreiung in grossen Schritten sich intensiv mit dem Prozess näher. seiner Erleuchtung beschäftigt Hierzu lernen wir, das Leben hat. Seine Erkenntnisse so zu betrachten, dass es uns und Erfahrungen hat er größtmögliche Entwicklung chronologisch gesammelt und bietet. Wir lernen, das Leben nun erstmalig der Öffentlichkeit als Lehrer zu verstehen, zur Verfügung gestellt. Für das uns letztendlich zur jeden fortgeschrittenen SELBSTverwirklichung führt. spirituellen Sucher ist diese Wissenssammlung eine wahre Autor: Ludmilla Rudat Fundgrube an Tips & Tricks für den Weg zur Erleuchtung. ISBN 978-3-732-23955-9 Autor: Roland Heine

Diese Bücher sind eine ganz besondere Samm- lung von Erkenntnissen auf dem spirituellen Weg bis hin zum Erwachen. Es ist aus dem Bewusst- seinszustand einer echten spirituellen Sucherin Leben in Erleuchtung und Forscherin verfasst und gibt hilfreiche - die Unendlichkeit findet sich selbst Hinweise für eine unterstützende Lebenshal- Der Autor beschreibt in Tagebuchform tung, will man zur Erleuchtung sein Leben in Erleuchtung. Viele kleine gelangen. Für die Autorin selbst, Episoden bringen den Leser sehr nahe an gipfelte der Weg im Erwachen, das unbeschreibliche Paradoxon heran, das in einem neuen Bewusstseinszu- entsteht, wenn die Unendlichkeit sich im stand - Erleuchtung. Dieses Wis- Leben eines Menschen selbst wiederfindet. Die sen ist nicht nur in Worte gefasst, dann einsetzende Transformation beschreibt sondern findet seinen Ausdruck der Autor direkt aus der Perspektive des in Collagen, Sachtexten und eigenen Erlebens heraus. So ist eine großartige Zitaten („Collagen und Sachver- Schilderung des einzigartigen Erlebens halte - Edition Erleuchtung“), des Zustandes der Erleuchtung zustande und Gemälden mit Poesietext in gekommen. Dieses Buch bietet auf diese englischer Sprache („Paintings Weise besonders fortgeschrittenen Suchern and Poetry - In Light of Enligh- Orientierung bei ihren letzten Schritten hin zur tenment“), die die Erkenntnisse Erleuchtung. widerspiegeln. Als Sammelband und auch einzeln verfügbar. Autor: Roland Heine Autor: Ludmilla Rudat

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