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März/April • # 1030/1031 Gorleben Rundschau Bürger initiative Umweltschutz Lüchow-

Interview mit Michael Müller Wieviel Macht hat er gegen die Atomlobby?

Vergoldet Laienhaft Neu Der Atomausstieg sollte einen Echte Bürgerbeteiligung heißt Serie: Wendland bedeutet der größten deutschen Kon- auch, das enorme Wissen von Widerstand. Doch von der flikte lösen. Doch die Industrie betroffenen Bürgern vor Ort Region geht schon lange auch spielt falsch. ernst zu nehmen. Vorwärtsgewandtes aus. Der Kreis schließt sich

Was für eine Ehre: Die legendäre Gorleben Rundschau ist dieses Jahr erstmals Partner von Lesen ohne Atomstrom – Die erneuerbaren Lese- tage. Schon mehr als 200 Schriftstel- ler/-innen und Künstler/-innen waren bei diesem Festival seit 2011 dabei – eine Woche jedes Jahr, auf Ham- burgs attraktivsten Bühnen. Für den Atomausstieg – jetzt! Dafür lasen, sangen und tanzten sie schon alle: Nina Hagen, Elke Heiden- reich, Gudrun Pausewang, Thomas Quasthoff, Dieter Hildebrandt, Jan Delay, Udo Lindenberg oder Frank Schätzing. Einst motiviert von jener Unverfrorenheit Vattenfalls, sich mit sogenannten Vattenfall-Lesetagen „in die Herzen der Hamburger schmei- cheln zu wollen“, wie es unser Schirm- herr Jakob von Uexküll formulierte. Als Lesen ohne Atomstrom Vatten- falls Greenwashing jedes Jahr aufs Neue beharrlich eskortierte, wütete der Konzern: Autoren und Förderer wurden massiv attackiert, Vertreter/- innen der hanseatischen Landesre- gierung legten Förderer/-innen nahe, ihre Unterstützung besser zu unter- lassen. Das Ergebnis aber: Die Vat- Frank Otto tenfall-Lesetage gibt’s nicht mehr. Während Hamburgs Landesregie- Oliver Neß rung noch um den Verlust ihrer strah- lenden „Mäzene“ trauert, kommen in diesem April erneut drei Dutzend Star-Autor/-innen und Schauspiel- Stars an die , um Flagge gegen die Atomindustrie zu zeigen. Nun schon im fünften Jahr. Zum Jubiläum schließt sich der Kreis – durch die Kooperation mit der Gorle- ben Rundschau. Denn die Wendlän- der/-innen waren Geburtshelfer/-in- Fotos: PubliXviewinG ; Cover: Thomas Betghe/Fotolia, PubliXviewinG, Montage: A. Conradt nen von Lesen ohne Atomstrom, damals zu Jahresbeginn 2011, als Günter Grass unseren Vorschlag, er möge im ehrwürdigen Schauspiel- haus lesen, leicht mürrisch kommen- tierte: „Wir müssen dahin, wo die sind.“ Und so baute eben eure char- mante Bäuerliche Notgemeinschaft für Günter Grass und Nina Hagen ein großes Literaturzelt vor Vattenfalls Reaktor in Krümmel. Für Jean Zieg- ler war damit ein „europaweit einzig- artiges Festival“ geboren.

Frank Otto, Medienunternehmer Oliver Neß, Journalist Editorial

Liebe Leserinnen und Leser, der Tsunami-Zone ermöglichte. das doppelte Spiel der Atomlobby Einzig für den Rückbau der Re- in der Endlagerkommission deren weit über ein halbes Jahrhundert aktoren und die Verteilung des Co-Vorsitzenden Michael Müller haben die strahlenden Energie- Strahlenmülls in Freimessung, befragt, der unsere Fragen aber versorger mit ihren Atomkraft- Zwischenlagerung und so ge- gleich für ein umfassenderes und werken fette Beute im Land ge- nannter Endlagerung mussten grundsätzlicheres Plädoyer nutz- macht. Ungeliebte Kosten wie die Konzerne bislang 36 steuer- te. So bleibt es Reimar Paul vor- Forschung, Entwicklung, Trans- freie Milliarden Euro Rücklagen behalten, darzulegen, wie sich die portsicherung, sogar illegale „Ent- bilden. Dieser Betrag ist aber ge- Atomindustrie aus dem gesell- sorgung“ in Morsleben und der rade so glaubwürdig wie die Be- schaftlichen Konsens verabschie- Asse haben wechselnde Regie- rechnungen bei Elbphilharmonie Martin Donat, det. Wolfgang Ehmke sprach mit rungen fleißig auf die Steuer- und Hauptstadtflughafen. Weil je- Vorsitzender der Regisseur Edgar Hagen, dessen BI Lüchow- zahler verlagert, die neben ihrer de weitere Anforderung an Zwi- Film „Die Reise zum sichersten Dannenberg Stromrechnung stillschweigend schenlager-Sicherheit, Endlager- Ort der Erde“ über das postnuk- auch das „Restrisiko“ aufgebür- suche und Öffentlichkeitsbeteili- leare Zeitalter gerade bundesweit det bekamen. Eine wahre Geld- gung weitere Kosten verursachen anläuft. Der Wissenschaftstheore- druckmaschine, garantierte doch wird, hat E.on seine lukrativen tiker Peter Finke hat mit seinem bis 1998 das nationalsozialistische Geschäftsbereiche schon mal in Buch über Laienwissenschaftler Energiewirtschaftsgesetz von 1935 ein grüngewaschenes Rettungs- auch die Rolle des Atomwider- den Atomkonzernen auch noch boot abgesetzt. Ihrer Verantwor- standes erklärt: direkte Demokra- das Monopol am Strommarkt. tung für Millionen Jahre radioak- tie in der Wissenschaft. Kopiert wurde dieses Prinzip tiver Strahlung versuchen sich die Es bleibt uns also nichts, als auch übrigens von Deutschlands Atomkonzerne weiterhin mit Dut- in diesem Frühjahr wieder einmal Partner im Weltkrieg, Japan, zenden von Klagen gegen Atom- das Schöne mit dem Nützlichen wo es dem verantwortungslo- ausstieg und Neuanfang bei der zu verbinden und auf die Straßen sen Konzern TEPCO den Bau Endlagersuche zu entziehen. zu gehen. Gute Versammlungs- der AKWs Fukushima-Daichi in Die Gorleben Rundschau hat über freiheit wünsche ich!

Impressum

Die Gorleben Rundschau ist ein kosten- Redaktion: Andreas Conradt (ac), Druck: dieUmweltdruckerei GmbH loses Informationsblatt der Bürger- Torsten Koopmann (kp) (beide verant- Lohweg 1, 30559 Hannover initiative Umweltschutz Lüchow- wortlich, Adresse wie vor), Jan Becker Auflage: 5200, gedruckt auf Dannenberg e. V. (jb), Falko Berkemeier (fb), Angelika Blank Recyclingpapier Circle Matt White Rosenstraße 20, 29439 Lüchow (asb), Wolfgang Ehmke (we), Marianne Weiter Infos, Leserbriefe und Fritzen (mf), Torben Klages (tk) [email protected] Feedback auf der Website: [email protected] Gestaltung: Andrea Hagen www.gorleben-rundschau.de

3 Zitat: Gerd Leipold, Vorsitzender von Greenpeace International 2001 - 2009 - 2001 International Greenpeace von Vorsitzender Leipold, Gerd Zitat:

Fotos: Hubertus von Hörsten, PubliXviewinG, Privat www.gorleben-rundschau.de Weitere InfosWeitere im Internet unter: Tschernobyl, Fukushima Tschernobyl, Jahrestage die sich April jähren Im März und in Fukushi- Atom-Katastrophen (1986) Tschernobyl und ma (2011) zum 4. beziehungsweise zum 29. Anlässen wird Aus diesen Mal. es in den kommenden Monaten erneut Gedenkveranstaltungen März – wird am 14. geben. So dem Jahrestag nach Tage drei Fukushi- von der Katastrophe ma – eine Demonstration durch Dannenberg führen. Die genaue kannRoute auf der Internetsei- te der BI eingesehen werden. Beginn der Demo ist um 14.47 dem Zeitpunkt des Beginns Uhr, Weite- in Japan. der Katstrophe Aktionen und re Mahnwachen 11. dem finden am oder nach im Orten März an verschiedenen Land statt. ganzen im – da- An die Kernschmelze Tscher- – sowjetischen mals noch dem nobyl wird am Sonntag, ob Termine, April gedacht. 26. oder bundesweit, Wendland im standen bei Redaktionsschluss fest. (ac) nicht noch Die diesjährige Mitgliederver- Die diesjährige der Bürgerinitiativesammlung Lüchow-Dannen- Umweltschutz Sonntag, am findet V. berg e. Uhr im März, um 15 dem 15. Bauernstuben, Lokal Trebeler statt. Trebel Am Markt 5 in 29494 auf Rückblick Dabei wird es einen und die Entwicklungen politische im vergan- Vorstands Arbeit des geben, aber Vereinsjahr genen auf das, was Ausblick einen auch kommen mag. und 2016 2015 wird die Neuwahl Anschließend abgehalten. (gr) Vorstands des Verein Mitgliederversammlung www.gorleben-rundschau.de Weitere InfosWeitere im Internet unter: Vernetzung Atommüllkonferenz März an der Die BI nimmt am 21. Atommüllkonferenz (AMK) in teil. Die Zusammenkunft Kassel wird regelmäßig ausgerichtet Initiativenvon an den Standor- ten, an denen Endlager geplant ASSE, Konrad, werden: Schacht Morsleben, BI Lüchow-Dannen- wird dieses berg. Schwerpunkt Verfahrens- und Mal die Rechts- mit im Umgang entwicklung Atommüll sein. Die Mitarbeit AMK wird wie der BI an der sein auf die immer fokussiert Arbeitsgruppe Gesellschaftliche Anforderungen an den Prozess. es dieses Mal um geht Konkret die Kommissionsbegleitung die Umweltverbände. Die durch Samstag, dem AMK findet am Uhr in der bis 17 11 März, von 21. (gr) statt. Kassel Volkshochschule 4 Bürgerrechte Wendenpass für Snowden Ed- bei den Bemühungen, Schritt Ein symbolischer zu holen, könnte Deutschland Snowden nach ward die Initiative Dan- von der grünen Bürgermeisterin nenberg, Elke Sie stellte für Edward Mundhenk, sein: der Freien „Wendenpass“ Snowden den sogenannten ihn am Rande aus und übergab Wendland Republik von Konstantin einer Diskussionsveranstaltung an Dr. im NSA-Untersuchungs- Als grüner Obmann Notz. Notz dafür ein, Snowden als von setzt sich ausschuss Berlin nach den Untersuchungsausschuss Zeugen vor zu gewähren. in Deutschland Asyl zu laden und ihm Edward dem Dannenberger Publikum, Er versicherte zukommen wie möglich so schnell Snowden den Pass zu lassen. (asb, pm) „Udo, jetztmusst „Udo, du ran!“ ging, den es darum Wenn Beschwichtigungen offiziellen entgegen Atomiker etwas der konnten wir auf ihn zu setzen, Udo „Professor“ unseren setzen, es um die Strahlen- Ob Jentzsch. Castor-Transpor- belastung durch die oder te, Konstruktionsmängel ging Strahlenschutzverordnung physikali- – mit seinen profunden Jentzsch war Kenntnissen schen Das tat der unsere Speerspitze. er als Gegenseite weh, wenn „sicherer Mythos den Fachmann Behälter“ entzauberte. als Diplom- hatte Udo Jentzsch Physiker früher für die andere gearbeitet, das räumte Seite zwei Pfeifenzü- er zwischen Hüsteln gen und einem kurzen und unumwunden ein. Garching seine Stati- waren Geesthacht an der die Zweifel onen. Doch Atomkraft der Beherrschbarkeit Tschernobyl und nach wuchsen, auf die innerlich er sich schlug der Gegner/-innen. Seite dann Dass er und seine Frau Wendland gerade im aber 1993 landeten, sei ein absoluter Zufall gewesen. Bei einer ICE-Fahrt sie im Reisebegleiter blätterten der ländlichen von und waren „Und angetan. Idylle sofort es dann eine im Grunde war der gleich auch Folge, logische Bürgerinitiative beizutreten“ einmal in einem sagt Jentzsch mit dem Nachrichten- Gespräch schlich Spiegel. Fortan magazin er mit Messgeräten um Castor- Behälter herum und verteilte Po- an verunsicherte Flugblätter warnte lizistinnen und Polizisten, der Strahlengefahr. vor Zuletzt lebte das Ehepaar in sehr zurückgezogen Jentzsch Als Udo Tießau. ihrem Haus in 77 Alter von im 2014 im Juni verstarb,Jahren folgte ihm seine sehr bald. Sie fehlen Tony Frau uns. (we) Nachruf Kurzmeldungen Kurzmeldungen Kurznachrichten Aktion und Politik Sonnenschein und ein Prosit auf und ein Prosit Sonnenschein – der Widerstandsjahr 2015 das Neujahrsempfang der Bürgerini- Magnet, die tiative ein war (BI) Wolfgang umriss Aussichten der BI, mit den Ehmke, Sprecher auf das, was blicken „Wir Worten: in der Endlagerkommission de- allem auf die wird, vor battiert Arbeitsgruppe ,Sicherheitskriteri- Vorent- wird eine Denn dort en‘. fallen, ob Gorleben scheidung Atommüllendla- als mögliches oder fallen ger fortgeschleppt gelassen wird.“ Die ökologische im neuen Jahr Filmreihe startete dem Film von mit Gasfieber, über die Folgen Kowalski Lech Wider- und den des Frackings Februar Am 12. stand dagegen. Thema eine fand zum gleichen Diskussionsveranstaltung der der BI mit Landes- Fracking-AG und Bundespolitiker/-innenstatt. folgte der Film Am 3. Februar über die Machen- BrückenJahre der Energieindustrie schaften beim Braunkohleabbau in der der Reaktorkata- Lausitz. Nach kamen Fukushima strophe von Atomkraftgegner/-in- bundesweit zusammen. nen zu Mahnwachen findet immer noch Eine davon jeden Montag auf dem Markt- Mehr platz in Dannenberg statt. versammelten als 60 Menschen zum Januar am 12. dort sich der 200sten Mal. Sie gedachten den und forderten Katastrophe Atomausstieg weltweit. Einer der Lowin, Werner Organisatoren, japanischer verlas ein Grußwort Aktivist/-innen, mit denen die BI Aktion vernetzt ist. Eine weitere dem statt, fand am 22. Februar die Standortbe- an dem sich Tag, nennung Gorlebens zum 38. Mal an diesem oft Wie schon jährte! Atoman- Datum, kamen an den zusammen, um lagen Menschen der deut- auf den Schandfleck Atompolitik aufmerksam schen (tk) zu machen. End- 5 die Pro- die Pro- viel über viel über lagerung sehr, sehr sehr, Man lernt Man lernt bleme der www.gorleben-rundschau.de www.gorleben-rundschau.de www.gorleben-rundschau.de Die BI Lüchow-Dannenberg fährt fährt Die BI Lüchow-Dannenberg April mit einer Delegation am 3. zum Osterspaziergang gegen die Urananreicherungsanlage lautet: in Gronau. Dessen Motto der UREN- Weiterverkauf „Kein ist der CO! Urananreicherung Atombombe.“ zur Weg einfachste beginnt um 11.57 Der Rundgang im können sich Interessierte Uhr. einer Mitfahrgele- BI-Büro nach genheit erkundigen. (gr) Weitere InfosWeitere im Internet unter: Gronau Osterspaziergang InfosWeitere im Internet unter: in die weltumspannende Suche in die weltumspannende Suche invol- Ort dem sichersten nach zu Türen Im Film, für den er viert. die der Öffentlich- öffnet, Orten sind, trifft zugänglich keit nicht und einige Weggefährten er auf Gegner seiner schärfsten nach Tage Am 20. März, nur drei der offiziellen Deutschland-Pre- miere in Köln, wird der Film im Kino Alte Brennerei in Lüchow pm) (gr, gezeigt. Weitere InfosWeitere im Internet unter: mehr in den Fokus gerückt werden. Dabei sind Start- Start- Dabei sind werden. gerückt in den Fokus mehr Am 26. März 2010 bewusst gewählt: und Enddatum Atomwaffen; aller Abzug Bundestag den der beschloss endet die Internationale dieses Jahres am 29. Mai Atomwaffensperrver- des zur Überprüfung Konferenz dass weist darauf hin, Organisations-Team trages. Das haben, die Möglichkeit Gruppen noch interessierte anzumelden. (fb) Blockaden

Reise sichersten zum Ort der Welt Atommüll proviso- wird Weltweit und in Kühlbecken gelagert, risch würde Chaos Zwischenlagern. über die Erde hereinbrechen, Ketten- wenn eine unkontrollierte Atombombe reaktion wie eine in losginge. Die Katastrophe hat uns nur eine Idee Fukushima der Gefahr vermittelt. Die Strategie, diesem Dilem- ma zu entrinnen, heißt in allen Atomenergie produzierenden Ländern: Endlagerstandorte wo die Gefahr bis finden. Orte, in alle Ewigkeit gebannt ist, kurz: der Erde“. Ort „den sichersten wird in vielen Jahrzehnten Seit und immer Ländern geforscht, Stand- wieder werden mögliche verworfen. Mit diesem Film orte Edgar Regisseur begibt sich Hagen auf die komplexe Suche diesem Ort. nach Im Zentrum stehen dabei Men- stellver- die das Problem schen, tretend für alle lösen wollen – ihr ihre Kämp- Bemühen, ihr Leiden, und ihre Nieder- fe, ihr Hoffen Charles lagen. Der Protagonist, mit McCombie, ist seit 35 Jahren Optimismus ungebrochenem Kino büchel65 blockiert Bomben Aktivistengruppen und Bürger- auf dieses Frühjahr bereiten sich Atom- des mehrere Blockaden Un- vor. bei Büchel waffenlagers werden ter dem Namen büchel65 dem 26. März und dem zwischen Gruppen 29. Mai verschiedene zum Fliegerhorst in den Zugang Menschen Viele der Eifel sperren. dass in Büchel vergessen, hätten la- Atomwaffen immer 20 noch gern, so das Organisationsteam. Diskussion Die gesellschaftliche verblasst. sei um Nuklearwaffen übe regel- die Bundeswehr Doch mäßig deren Einsatz, und nun sollen die Sprengköpfe in der Eifel mit zielgenaueren Syste- men aufgerüstet werden. Mit könnten Aktion der 65-tägigen die vergessenen Bomben wieder Atomwaffen Zitat: Gerd Leipold, Vorsitzender von Greenpeace International 2001 - 2009 - 2001 International Greenpeace von Vorsitzender Leipold, Gerd Zitat:

Fotos: Hubertus von Hörsten, PubliXviewinG, Privat Fotos: PubliXviewinG Fotos:

Fotos: PubliXviewinG Interview Interview Ich will jedenfalls hael Müller: Ich einen Neuanfang, und das auch will eine eindeutige der denn Kommission, der bishe- Mehrheit Ergebnis das falsch, war Weg rige von politischen und was wirtschaftli- das, die Entscheidungen, chen ein echtes notwendig ist, nämlich Auswahlverfahren, nicht wollten. Zudem ist die Ausgangssituation anders geworden: Bundestag Mic Gorleben Gorleben Rundschau: Michael, die Kommission Lagerung hoch deren zu Abfallstoffe, radioaktiver gleichberechtigtem Vorsitzenden du neben Frau Heinen-Esser be- rufen wurdest, ist aufgrund der Verständigung von vier damali- gen Bundestagsparteien und der Verständigung von genannten so Bund einen über Ländern und „Neuanfang“ in der Endlagersu- che zustande gekommen. Basis unter waren dieser Kompromisse anderem die Einigung auf eine die Suche, vergleichende Einrich- tung eben dieser und Kommission der Verzicht Castortransporte nach Gorleben. auf weitere Das Letztere wurde größerer zugunsten Glaubwürdigkeit sogar zusätzlich im Atomgesetz veran- kert. Der Wirtschaft wurden zwei gesellschaft- Plätzen sechzehn von sie die angeboten, Vertreter licher Vertretern mit aber ausschließlich Ab- den also Energiekonzerne, der fallverursachern, besetzt haben. Diese klagen nun aus wirtschaft- Eigennutz lichem gegen die Neu- regelungen im Atomgesetz und damit gegen die der Vertragsbasis Kommission, in der sie ge- meinnützig nach Lösungen su- chen sollen. Ihre Sitze und ihren Einfluss in derKommission wol- len sie aber quasi also treiben sie preisgeben, gleichzeitig nicht Kommission Der Spiel. doppeltes war das im November einmal zwanzig Minuten Debatte gerade das jetzt alles? War wert. 7 Michael Müller ist einer der beiden Vorsitzenden der im April 2014 eingesetzten so genannten Endlager- genannten so eingesetzten 2014 April im der Vorsitzenden beiden der einer ist Müller Michael Die Anti-Atom-Bewegung Die Anti-Atom-Bewegung der zentralen hat sich in dem Frage durchgesetzt: der Atomkraft Ausstieg aus

Endlagerkommission „Nötig wäre eine sozialökologische Transformation“ sozialökologische eine wäre „Nötig Vor- 1994 bis 1992 von und SPD der Bundestagsabgeordneter Vierteljahrhundert ein über 1983 ab war Er Berlin. in Kommission Parlamen- 2005 vier und des zum Jahre er Menschen der Schutz wurde für der Umwelt. rund Enquete-Kommission sitzender Onlinemagazins unabhängigen des Mit-Herausgeber zudem ist Müller Bundesumweltministerium. im Staatssekretär tarischer Bereits 1989 er veröffentlichte klimaretter.info. sein Buch „Das Ende des blauen Planeten – Der Klimakollaps, Gefahren und Michael Müller des Vorsitzender ist Umweltverbandes Auswege“. Naturfreunde Deutschland und seit langem bekennender Donat. er mit Martin sprach Rundschau die Gorleben Für Atomkraftgegner. Fotos: PubliXviewinG Fotos:

Fotos: PubliXviewinG Interview

Bundesrat haben mit großer hörungen nicht zu sehr nach hin- Heinen-Esser und ich – werben Mehrheit den Ausstieg aus der ten zu schieben, und danach in um Vertrauen für einen Neuan- Atomkraft beschlossen, dafür gibt offenen Debatten. fang, der natürlich die Arbeit des es heute einen breiten politischen AK End einbezieht, aber auch da- Konsens. Wie die Anti-Atom-Be- GR: Wo gehen die nächsten Cas- rüber hinausgehen muss. In der wegung, hat auch mein Verband, tortransporte hin? Müssen wir Kommission wurde herausgear- die Naturfreunde Deutschlands, uns im Wendland schon wieder beitet, dass es neue Aspekte gibt, die seit 1957 gegen die Nutzung warm anziehen, oder ist das gar die wir zu berücksichtigen haben. der Atomenergie sind, einen kein Thema in der Kommission? Unter anderem macht die Kom- schnelleren Ausstieg gefordert. mission dazu eine Anhörung zu Dafür gibt es gute Gründe, und es MM: Durch die Klage von E.on ge- den Fragen Rückholbarkeit/Berg- hätte auch unterschiedliche Wege gen die Beendigung der Nutzung barkeit, die im AK End-Bericht an- dafür gegeben, wozu auch bei- von Gorleben müssen wir uns da- gesprochen, aber nicht ausführ- spielsweise der fehlende Entsor- mit beschäftigen. Wenn Bundes- lich behandelt wurden. Entschei- gungsnachweis gehört. Dennoch rat und Bundestag festlegen, dass den muss letztlich die Politik, müsst auch ihr sehen: Die Anti- bei der Suche von einer „weißen hoffentlich auf der Basis der Kom- Atom-Bewegung hat sich in der Landkarte“ auszugehen ist, dann missionsvorschläge. Das Umwelt- zentralen Frage durchgesetzt, muss das die Grundlage der Ar- ministerium muss einen Gesetz- und das ist auch international ein beit sein. Auch hier gilt das eben entwurf machen, über denn dann wichtiges Signal: dem Ausstieg gesagte: Wir brauchen einen Neu- Bundestag und Bundesrat bera- aus der Atomkraft. Jetzt brauchen anfang. Dazu gehört auch die ten und beschließen werden. wir euch als kritische Beobachter wichtige Frage, wohin die 26 Cas- und wichtige Ratgeber, um das toren aus Frankreich und Eng- GR: Abgesehen davon, dass die letzte Kapitel der unseligen Ge- land gehen, auch deshalb be- Entsorgungsrückstellungen der schichte der Atomenergie zu schäftigen wir uns in der nächs- Atomindustrie auch nach Jahr- schreiben, die möglichst sichere ten Sitzung mit der Situation der zehnten der Milliardengewinne Verwahrung des Atommülls. Und Zwischenlager. Was ist nach dem womöglich ohnehin nur Bilanz- – was auch dazu gehört – um zu Urteil zu Brunsbüttel in Schles- posten darstellen, zeichnet sich einer wirklichen zu wig-Holstein, was ist mit Baden- inzwischen deutlich ab, dass man Fotos S. 6 -9: PubliXviewinG, Deutscher Bundestag - Achim Melde, Deutscher Bundestag - MELDEPRESS, Deutscher Bundestag - Werner Schuering kommen, von der wir noch weit Württemberg, was ist mit Hessen sich seinerzeit wohl reichlich ver- entfernt sind und die weit mehr und Bayern? kalkuliert hat. Nicht nur der Rück- erfordert, als Erneuerbare Energi- bau von Atomkraftwerken, son- en zu fördern. GR: Schon bei der Einrichtung des dern natürlich auch eine auf Si- Ich sehe sehr kritisch, was die Arbeitskreises Auswahlverfahren cherheit bedachte sorgfältige Su- Atomkraftbetreiber in unterschie- Endlagerstandorte (AK End) vor che nach dem langfristigen Ver- dlichen Rollen und mit unterschie- sechzehn Jahren war man davon bleib des Atommülls werden vor- dlichen Klagen machen. Ein Neu- überzeugt, dass die Abfallverur- aussichtlich weitaus mehr kosten, anfang ist das nicht. Und es gibt sacher stets mit am Tisch sitzen als einst veranschlagt. Wird am auch negative Erfahrungen, denn müssten, um Ergebnisse am Ende Ende überhaupt noch das Geld auch nach dem „Konsens“ zwi- auch mitzutragen. Die Umsetzung für die relativ beste Lösung da schen Bundesregierung und E.on, des AK End ist ja bekanntlich dann sein, oder steigt gerade wieder RWE, EnBW und Vattenfall im an der Politik gescheitert, konkret der Druck auf den „erstbesten Jahr 2000 haben die vier Betrei- übrigens an der Regierung Mer- Standort“? ber, vor allem RWE-Chef Gross- kel. Während der damalige Ab- mann, das Ausstiegsgesetz, das schlussbericht im Jahr 2002 ein- MM: Auch die Finanzierung der sie selbst mit ausgehandelt ha- hellig mit den Konzernen noch sicheren Verwahrung radioaktiver ben, nicht ernst genommen. Sie ein vergleichendes, kriterienge- Abfälle ist eine Frage, ob die Be- haben damals auf schwarz-gelb stütztes, wissenschaftsbasiertes teiligten zu einem Neuanfang gehofft, um die Laufzeiten zu ver- Auswahlverfahren mit einer vor- fähig sind. Es muss, so steht es längern, was dann ja auch ge- herigen öffentlichen Grundsatz- auch in dem Entwurf für unsere schehen ist, bis es zu der Tragö- debatte empfahl, klagen die Be- Leitlinien, das Verursacherprinzip die von Fukushima kam. Deshalb treiber nun gegen genau diese gelten. Die vier Betreiber haben gibt es nicht von ungefähr großes Grundlagen. Wer wird am Ende in der Bilanz rund 37 Milliarden Misstrauen. die Fahrt bestimmen? Die Kom- Rückstellungen, für die sie auch Von daher: Ein Neuanfang heißt mission, die Parlamente oder steuerliche Vorteile hatten. Zu- auch, Klagen zu beenden. Falsch aber die Gerichte? sammen mit ist allerdings die Behauptung, die habe ich deshalb schon vor Jah- Kommission hätte sich nur ein- MM: Der Auftrag der Kommission ren eine Initiative im Bundestag mal und dann nur zwanzig Minu- ist gesetzlich festgelegt: Sie kann gestartet, dieses Geld in einen öf- ten mit den Klagen von E.on be- nur die Kriterien für das Auswahl- fentlichen Fonds zu geben. Leider schäftigt. Wir haben in drei Sit- verfahren vorschlagen, was na- erfolglos. zungen darüber geredet, zeitlich türlich über die Frage möglicher Zudem zeigen viele Berechnun- begrenzt am Anfang, um die An- Standorte hinausgeht. Wir – Frau gen, dass diese Summe wahr-

8 Interview Ich Ich habe bereits darauf hin- Welche Chancen Welche hat für dich brauchen, ist eine Antwort auf die die auf Antwort eine ist brauchen, Frage, wie humaner und haltiger nach- Fortschritt möglich wird. Nicht zuletzt die Frage des Atom- mülls macht deutlich, wie leicht- der Ende Atomeuphorie die fertig Fünfzigerjahre war, als Weichen gestellt wurden, ohne die Konse- zu beachten. quenzen Insofern geht auch wir heute er- der Was zu kurz. „Krise“ Begriff Einschnitt, epochaler ein ist leben der sich an der Auseinanderset- zung um Wachstum zeigt. Postwachstumsbewegung ist ein Die Ausdruck dafür, dass es – wie es bei Erich Kästner heißt – auf kei- nen Fall so weiter geht, wenn es so weiter geht. Natürlich sich spitzt in dieser Umbruchsituation auch die zwischen altem und neuem Den- Auseinandersetzung ken zu, zwischen Macht, Interes- sen und Gemeinwohl. falsch, für es ich halte mehr Umso dass die Komis- die in selbstbewusst Anti-Atom-Bewegung nicht sion geht und öffentlich macht, wie Trans- eine sozialökologische formation aussehen muss. hat Sie eine hohe Glaubwürdigkeit, die sie für diese Aufgabe nutzen es hätte gut sonst? Ich Wer muss. gefunden, wenn beispielsweise du, Martin, in der mitmachen würdest. Kommisson Meines Er- achtens ist das die angemessene Form in der Demokratie für eine Strategie des politischen flikts. Kon- GR: die Kernforderung der Verbände und Initiativen nach einem schleunigten Atomausstieg be- deut- 2022? vor lich MM: gewiesen, dass ich schnelleren für Ausstiegspfad einen war, mit Einklang in auch übrigens der mehr Klimaschutz stand. Leider habe ich zu wenig Unterstützung gehabt. Ob es zu einem Ende vor dem gesetzlich festgelegten Aus- stieg kommt, ist eine Frage, die Kal- vom betriebswirtschaftlichen kül der Betreiberfirmen und der atomrechtlichen Aufsicht abhän- gig ist. GR: Lieber vielen Müller, Michael Dank für das Gespräch. keiten 9 Gesell- Unsere Unsere Special- Interest- siert und siert entpoliti- zerfällt in zerfällt schaft ist schaft Öffentlich- Dachverband Dachverband der Um- Wir haben uns aus vielen guten Gründen mit der überwäl- tigenden Mehrheit der Umwelt- verbände und Initiativen Kommission der an gegen Teilnahme die entschieden und unter anderem auch wegen der Klagen der Kon- zerne eine zehnminütige Anhö- Wir rung abgesagt. im November haben uns insofern gegenüber der Politik eindeutig verhalten. Die Atomkonzerne dagegen spie- len offensichtlich ein doppeltes Spiel nach dem Motto „mitneh- men, was es mitzunehmen gibt“. Die Kommission genießt in der Folge nicht nur ziemlich wenig Vertrauen in der Öffentlichkeit, schlimmer noch, sie wird offen- bar noch nicht einmal wahrge- nommen. Du hast dich immer kraftgegner als Atom- bekannt und auch noch jüngst gegen ein End- dich ausgesprochen. Gorleben in lager Fügst du dich im politischen All- tag langsam den „Realitäten“? Welche Chancen siehst du noch für ein offenes Verfahren unter Einbeziehung der Betroffenen? auf, Behauptungen stellst Du MM: die ich hinterfrage. Welche über- Umwelt- der Mehrheit wältigende Mit- war Ich du? meinst verbände glied im welt- und Naturschutzverbände, dem DNR, dem immerhin, wenn ich die Doppelmitgliedschaften abziehe, rund 5,4 Millionen Mit- glieder angehören. nicht Frage dieser in Die war Mehrheit große engagiert, aber von ge- wenig Ablehnung ich habe Mitarbeit einer sehen. Hier liegt ja ein Problem, das mir sehr zu schaffen macht. müss- Verbände ökologischen Die ten eigentlich der Motor für eine Transformation sozialökologische sein. Das sind sie aber nicht. Un- sere ist Gesellschaft entpolitisiert und zerfällt in „Special-Interest- Was Öffentlichkeiten“. wir aber einlegen einlegen kann, wenn die Folgen für das Gemeinwohl sind. Vielleicht ist es schädlich ein Weg, zu einem Nachhaltigkeitsausschuss in Bundestag und Bundesrat zu kommen, der einen Verfassungs- rang hat. Er muss die langfristi- gen Folgen prüfen und öffentlich machen. GR: MM: Ich sagte, dass Finanzie- die die über Klarheit schnell Politik rung der atomaren Lasten schaf- fen muss. Das gilt auch generell darüber hinaus langen mit Fragen technologische für komplexe Fernwirkungen. Die sichere Ver- wahrung des Atommülls ist dass ein dafür, Beispiel eindringliches der alte Weg einer Bewältigung technischer Probleme durch im- mer neue technische Lösungen nicht mehr gangbar ist über – die Atomkraft weit hinaus. Wir müssen ein hohes Lehrgeld be- zahlen, dass dies nicht erkannt wurde. Und es ist geht Es lernen. daraus nicht wir ob klar, einmal um den Unterschied reflexiver Moderni- und einfacher zwischen sierung. Wir brauchen eine insti- tutionelle Technologiefolgenab- Veto wirksames ein die schätzung, Siehst du es als realistisch an, realistisch als es du Siehst GR: dass Parteien, Regierungen und in werden, sein bereit Parlamente Mil- noch Jahrzehnten und Jahren liarden in die nukleare Sicherheit zu investieren, wenn sie Gelder aus den diese laufenden Haus- Infrastrukturmaß- aus also halten, Sozialausgaben Bildung, nahmen, und Forschung, abzweigen müs- sen? Zumal, da „Sanierungen“, wie in Morsleben und der ASSE, ohnehin vom Steuerzahler zahlt be- werden und nicht über die „Endlagervorausleistungsveror- dnung“ gedeckt sind. nicht unverzüglich zusätzliche Ri- Müssen Konzernen den von sikozuschläge erhoben und die Rückstellungen in einem Fonds für den öffentlich-rechtlichen Steuerzahler gesi- werden? chert scheinlich scheinlich nicht ausreicht. zeigen die Das Erfahrungen aus dem Abbruch der Atommeiler, auch die Schweiz geht von wesentlich höheren aus. Berechnungen Frau Heinen-Esser und ich haben dar- auf hingewiesen, dass auch kon- servative Berechnungen auf Be- träge zwischen 45 und 48 Milliar- den Euro kommen. Von darf es bei einem Neuanfang daher na- türlich nicht um die Lösung gehen, sondern um „billigste“ eine, die zu verantworten ist. Sicher- heit zuerst. Deshalb muss schnell werden. Klarheit geschaffen

Fotos S. 6 -9: PubliXviewinG, Deutscher Bundestag - Achim Melde, Deutscher Bundestag - MELDEPRESS, Deutscher Bundestag - Werner Schuering Deutschland „Nur Laien können Experten kontrollieren“

Der vergoldete Ausstieg

Rechtsstreit Mit dem nach der Katastrophe von Fukushima in Gang gesetzten Atomausstieg wollte die Politik einen der größ- ten gesellschaftlichen Konflikte in der Bundesrepublik Deutschland abräumen. Doch sie hat die Rechnung ohne die Atomindu- strie gemacht. Von Reimar Paul

Nachdem sie zunächst Milliarden Staatskonzern will damit für die widrig, unter anderem weil der D-Mark Forschungs- und Förder- Abschaltung seiner Atommeiler Betreiber in dem Verfahren nicht gelder abgegriffen und dann mit Brunsbüttel und Krümmel ent- gehört wurde. dem Betrieb der AKW Milliarden schädigt werden. Dabei laufen die Einen politisch äußert delikaten Euro verdient haben, wollen sich beiden Schrottreaktoren schon Briefwechsel in Sachen Biblis die großen Energiekonzerne nun seit 2007 nicht mehr, die Abschal- machte am 15. Januar das ARD- auch den Atomausstieg vergol- tung 2011 erfolgte also nur for- Magazin Monitor bekannt. Danach den lassen. Sie überziehen den mell. Dieser Prozess bietet im Üb- hat der damalige RWE-Vorstands- Bund und die Länder mit Klagen. rigen einen Vorgeschmack darauf, chef Jürgen Großmann beim hes- 25 sind, so weit bekannt, derzeit was Deutschland erwartet, falls sischen Ministerpräsidenten Vol- anhängig. Sie richten sich unter die Freihandelsabkommen TTIP ker Bouffier ein Schreiben be- anderem gegen die Abschaltung und CETA mit den USA und Ka- stellt, das als wesentliche Grund- von Atomkraftwerken infolge der nada in Kraft treten. lage für die Klagen gilt – und der Fukushima-Katastrophe, gegen E.on (386 Millionen Euro) und CDU-Politiker hat prompt gelie- die Brennelementesteuer und RWE (235 Millionen Euro) begeh- fert. Weil die Weisung des Landes gegen das Endlagersuchgesetz. ren von Bund und Ländern Scha- Hessen fehlerhaft war, hätte RWE In anderen Fällen begehren die densersatz wegen vorzeitiger Stil-l das AKW Biblis B nach Auslaufen Konzerne vor Gericht Zugang zu legung – gemeint ist das unmittel- des Moratoriums eigentlich wie- amtlichen Dokumenten. bar nach der Katastrophe verfüg- der ans Netz nehmen können. Der Streitwert der Klagen ist erst te, dreimonatige Moratorium – Dass dies nicht geschah, begrün- in einigen Fällen beziffert – vorläu- der Atomkraftwerke Isar 1, Biblis A dete der Konzern vor allem mit ei- fig geht es um die stattliche Sum- und B sowie Unterweser. RWE nem Brief Bouffiers vom 13. Juni me von knapp sechs Milliarden war wegen der Abschaltung von 2011. Darin heißt es, die hessische Euro. Allein die Klage von Vatten- Biblis bereits 2011 vor die Verwal- Atomaufsicht werde im Fall einer Foto: PubliXviewinG fall vor dem Internationalen Zen- tungsgerichte gezogen. Nach dem Wiederinbetriebnahme „dagegen trum für die Beilegung von Inves- Hessischen Verwaltungsgerichts- vorgehen“. „Dieser Brief hat eine titionsschutzstreitigkeiten in den hof in Kassel befand auch das Grundlage für die heutigen Scha- USA hat einen Streitwert von 4,7 Bundesverwaltungsgericht die denersatzforderungen geschaf- Milliarden Euro. Der schwedische Weisungen des Landes für rechts- fen“, sagte der Professor für öf-

10 Deutschland die umstrittene Kernbrennstoff- steuer: Das Finanzgericht Ham- burg hat die vorläufige Rückzah- lung von 2,2 Milliarden Euro an auch Doch verfügt. RWE und E.on kleinere Summen werden den von Konzernen eingefordert. So klagen sie beim Verwaltungsge- gegen Schleswig richt einen Kos- tenbescheid des Kieler Umwelt- ministeriums für ein Erdbeben- gutachten: Dabei den bei sich geht es Dass Euro. 3236,60 es um vielen Klagen ganz offensichtlich um eine konzertierte Aktion han- set- Druck unter Staat den die delt, zen soll, sieht auch Niedersach- Wen- Stefan Umweltminister sens Bundeskartell- Das so. (Grüne) zel untersu- Vorgang amt müsse den chen, fordert er. Den Konzernen gehe es um „eine ganz gezielte politische Das Intervention“. sei „Missbrauch einer marktbeherr- Stellung.“ schenden stand- die gegen Klagen ihren Mit ortnahe Zwischenlagerung von Atommüll belasten werksbetreiber die zudem die Suche Kraft- nach einem Wenzel: „Die Konzerne provozie- Endlager, findet ren Staat und wenn Gesellschaft, Parla- die gegen juristisch sich sie mente, Kirchen, Gewerkschaften und die Mehrheit der rung aufstellen.“ Bevölke- nach nach einem werks- werks- Klagen Klagen 11 belasten belasten Mit ihren Mit ihren betreiber betreiber die Kraft- Endlager die Suche die Suche höhe ein. Das EnBW ist zur pikant, Hälfte weil dem land Baden-Württemberg gehört, Bundes- klagt. selbst sich gegen quasi also Dazu kommt: Der Konzern hatte seinerzeit AKW-Blöcke die beiden freiwillig abgeschaltet, also be- verpflichtet dazu Land vom er vor wurde. Mit Klagen gegen mehrere Bun- desländer drängen die Konzerne zudem auf Freistellung von Kos- ten, die für die Umrüstung von Zwischenlagern an den Standorten entstehen. Weil AKW- Gor- leben laut Gesetz nicht mehr an- gefahren werden darf, sollen die 26 Castoren mit Abfällen aus der Wiederaufarbeitung in Zwischenlager andere gebracht werden – in welche, das steht nach dem Bundesver- des Brunsbüttel-Urteil mehr allerdings waltungsgerichts denn je in den Sternen. Die Be- treiber argumentieren nun, sei Gorleben gegen die Entscheidung aus politischen Gründen erfolgt, Üb- im Zwischenlager dortige das rigen bestens für die Aufnahme „Den weiterer Castoren geeignet. bereits die Kernenergiebetreibern, das Lager in Gorleben finanziert haben, entsteht dadurch zusätz- begründet licher etwa Aufwand“, entschie- Klage.Bereits seine RWE den ist ein erster um Rechtsstreit Monitor vorliegendes fentliches Recht Joachim Wieland Joachim Recht fentliches von der Universität für Verwal- tungswissenschaften Speyer ge- genüber Monitor. Die Landesregierung in Wiesba- den bestätigt, dass Bouffier kurz an Moratoriums des Auslaufen vor Großmann geschrieben hat. generel- ein dass stand, Brief In dem ler Atomausstieg komme und Bi- wiederangefah- nicht deshalb blis ren werden sollte. Dies sei aber nicht rechtsverbindlich, sondern gewe- Schreiben“ „politisches ein sen. Ein Schreiben zeigt, dass Großmann den hessischen Regierungschef vorher um ausdrücklich eine ent- sprechende Ankündigung und sich dabei bat auf eine Zusage von Ex-Kanzleramtsminister Ro- nald Pofalla (CDU) berief: „Herr Minister Pofalla sagte mir zu, mir (…) einen schriftlichen Bescheid zu geben, dass Sie ein eventuel- les Anfahren verhindern werden. Sch- diesem mit wir können Wann reiben rechnen?“ „Der Brief ist bestellt worden und die RWE von Politik hat geliefert“, konstatiert Wieland. Atomrechtsexperte Auch der Energiekonzern EnBW von Abschaltung klagt wegen der zwei Reaktoren in Schadens- Philippsburg und Neckarwest- heim ersatz in dreistelliger Millionen-

Foto: PubliXviewinG Interview „Nur Laien können Experten kontrollieren“

Sie sammeln Daten, forschen über Lokalgeschichte, bieten mit fundiertem Wissen der Atom-Lobby Paroli oder arbeiten emsig an frei zugänglichen Enzyklopädien wie Wikipedia mit: die Laien-Wissenschaftler/-innen. Peter Finke, pensionierter Professor für Wissenschaftstheorie und Kulturökologie, hat diese „Forscher-Szene“ in dem Buch „Citizen Science – Das unterschätzte Wissen der Laien“ analysiert. Im – hier gekürzt wiedergegebenen – Interview mit dem Web-Magazin Telepolis erklärt Finke, wa- rum akademische ebenso wie politische Maßstäbe neu justiert werden müssen, um eine echte Wissensgesellschaft zu formen. Von Brigitte Zarzer

Professor Peter Finke ist Wissen- Lebensnähe der traditionellen Entdeckerfreuden im regionalen schaftstheoretiker und lehrte ab Wissenschaft abhandengekom- Umfeld auch heute noch möglich 1982 an der Universität Bielefeld. men? sind, aber auch daran, dass dies Im Jahr 2006 trat er aus Protest angesichts der grassierenden Bio- gegen die Bologna-Reform aus PF: Natürlich ist die Lebensnähe diversitätsverluste bruchlos in dem regulären Dienst aus. der akademischen Wissenschaft den Wunsch nach Erhaltung über- abhandengekommen, schon des- gehen kann. Dann auch daran, Brigitte Zarzer: Sie haben sich Das Bildungs- halb, weil Nähe dort kein Kriteri- dass hier die Profis als erste ein- nach Ihrem Rückzug aus dem uni- verständnis um mehr ist. Wer den Fortschritt gesehen haben, welch große Hil- versitären Betrieb den „Bürger- von Prof. Finke der Wissenschaft nur in Einzeldis- fe ihnen die kenntnisreichen Lai- unterscheidet wissenschaften“, der „Citizen Sci- sich gründlich ziplinen und auf internationaler en sind, denn ohne diese stünden ence“ verschrieben. Wie würden von dem Ver- Ebene sieht, nimmt nicht mehr sie auf verlorenem Posten da. Sie als Wissenschaftstheoretiker ständnis bei der wahr, dass die penible Dokumen- Aber es ist auch falsch, nur dies dieses Gebiet genau definieren? OECD und bei tation des alltäglichen Wandels zu sehen. Regionalgeschichtliche den PISA-Tests um uns herum eine wichtige, ak- Werkstätten haben viele Forschun- Peter Finke: Sie sind im Irrtum. Ich tuelle Aufgabe ist. Wer sich nur gen vor Ort ermöglicht, für die habe mich seit meinem zwanzigs- an abstrakten, komplexen Proble- Profihistoriker nie Zeit gehabt ten Lebensjahr – also weit länger men abarbeitet und nur noch mit hätten. Wenn in Berlin eine Stra- als in meiner Universitätskarriere Profikollegen redet und für diese ßengemeinschaft beschließt: Wir – in Vereinigungen und Bürgerini- schreibt, verliert den Blick für die schreiben zusammen ein Buch tiativen zu geschichtlichen, sozia- Nähe, das was um ihn herum vor über die Geschichte unserer in- len und naturwissenschaftlichen sich geht. Lebensnähe ist tatsäch- teressanten Straße, ist das eine Fragen engagiert, weil mich alte lich keine Stärke der akademi- großartige Sache. Wenn die AKW- Häuser, fremde Kulturen und Vö- schen Wissenschaft, und das ist bei uns der Reihe nach abgeschal- gel und Frösche interessiert ha- ein Mangel. tet werden, ist das auch ein Erfolg ben. Und wen habe ich dort ge- Ich fordere nicht für alles und je- der hartnäckigen Aktivisten. Wenn troffen? Zu meiner eigenen Über- des Lebensnähe, aber das Bemü- die DDR zusammengebrochen ist, raschung? Volksschullehrer, Ver- hen, diese nicht völlig zu verges- haben auch die engagierten Leute waltungsangestellte, Hausfrauen, sen, muss jeden Wissenschaftler in den Umweltbibliotheken ihren Ärzte, Richter, Verkäuferinnen, die leiten, auch wenn er noch so ab- Anteil daran. Wenn Josef Gens in hervorragende Regionalhistori- strakte Fragen bearbeitet. Man Köln als Schüler das Poblicius- ker, Brückenbauer zwischen den kann das nicht als belanglos ab- Grabmal ausgegraben hat, ist das Kulturen, Kartierer der heimischen tun, wie etwas, das vielleicht ganz ein spektakulärer Erfolg eines Pflanzen- und Tierwelt waren. Sie nett wäre, aber meist leider uner- Hobbyarchäologen. Wenn die waren Wissenschaftler, aber nicht füllbar. Wer sich gar nicht mehr Hausfrau im von Beruf, sondern aus purer Lei- darum bemüht, entfernt sich von Schwarzwald ein eigenes, nur mit denschaft und mit großen, selbst den Erfahrungen der Menschen Naturkraft betriebenes Stromnetz erworbenen Fähigkeiten. Zwei auf einen fernen Planeten, auf aufgebaut hat, dafür den deut- bekamen später sogar einen Eh- denen er mit seinen Fachkollegen schen Gründerpreis, den deut- rendoktor. Die Definition ist ganz glücklich zu werden hofft. schen Umweltpreis und das Bun- einfach: Es ist ehrenamtlich be- desverdienstkreuz bekommt, ist triebene Forschung, nicht Berufs- BZ: Soweit ich das Ihrem Buch das doch wohl ein Erfolg, der mit wissenschaft auf einer Stelle. Sie entnehme, gibt es bisher vor al- „Pflanzenwissenschaften“ nichts findet nicht wie bei jener an einer lem im Bereich der Pflanzenwis- zu tun hat! Institution nach deren Beding- senschaften evidente Leistungen ungen statt, sondern frei, allein der „Citizen Science“. Wie ist das BZ: Liebhaberei, so erklären Sie, Fotos: PubliXviewinG, Privat durch Interessen und Fähigkeiten zu erklären? sei eineTriebfeder für Forschungs- der Personen bestimmt. tätigkeit außerhalb des etablier- PF: Das ist völlig falsch. Richtig ten Betriebes. Als zentrales Mo- BZ: In Ihrem Buch „Citizen Sci- ist, dass es im ganzen Bereich des tiv orten sie jedoch das „bürger- ence – Das unterschätzte Wissen naturkundlichen Wissens große schaftliche Engagement“. Das der Laien“ schreiben Sie über Leistungen gibt. Und woran liegt heißt, soweit ich Sie verstanden „Lebensnähe als Prinzip“. Ist diese das? Zum Teil daran, dass hier habe, dass das Engagement für

12 Interview Natürlich. Natürlich. Aber noch einmal: Wäre die Etablierung von Bür- von Etablierung die Wäre www.gorleben-rundschau.de sind, sind, die in einer sellschaft (also offenen Ge- einer Demokra- tie) „geschlossene Gesellschaft“ spielen wollen. Das geht es nicht; ist der Anfang vom Ende ei- ner Demokratie, wenn man das zulässt. „Citizen Science“ ist ein Modell einer konsequenten De- mokratie in der oder, wie der Schweizer Journa- Wissenschaft; list Adolf Reichwarth gesagt hat, sie ist „direkte Demokratie in der Das ist Wissenschaft“. ein unge- Ge- die das starkes Modell, heuer kalt nicht lassen samtgesellschaft kann. BZ: gerwissenschaft Ihrer Meinung nach auch ein in Schritt Richtung freiheitlich verfasster Bürgerge- sellschaft? PF: „Etablierung die um nicht geht Es Es geht der Bürgerwissenschaft“. um ihre Wahrnehmung und ihre wich- legitimer, als Respektierung tiger Basisbereich der schaft. Wissen- Es gibt sie, wir brauchen sie nicht zu schaffen. Insofern ist das Bild, das der Gesprächsleiter der „Citizen Science“-Gespräche im BMBF benutzt hat, an denen ich anfangs teilgenommen habe, es ginge ihnen um eine Art „Ge- schlicht Deutschland, in burtshilfe“ falsch. Die Kinder sind längst auf der Welt, man hat sie nur bisher nicht bemerkt und ihnen die Auf- merksamkeit gezollt, die sie ver- dienen, gut wenn entwik- sie sich keln den sollen. Man verwechselt neuen Begriff („Citizen Science“) mit neuen einer Sache. angeblich Aber die Sache ist nur in Teilas- pekten Wesent- neu (Internet). Im lichen ist sie alt. Es gibt das Ge- wünschte mindestens seit zweihundert Jahren. gut Man muss nur der Aufklärung einen neuen Schub verleihen wollen. Daran es zu hapern. scheint Das Interview ist erschienen bei und hier verlinkt: Telepolis durch durch der BI schaft in in schaft Strahlen- Strahlen- Gorleben: Gorleben: Zaun des Mitglieder Mitglieder 13 messung am Bürger-Wissen- Bürger-Wissen- Zwischenlagers Zwischenlagers etwa an Universitäten geschaffen an Universitätenetwa geschaffen werden, die nicht Stimmrechte für „gesellschaftliche Gruppen“ vorsehen (dazu gehören heute in vielen Universitätssenaten nicht nur Umweltverbände, sondern zum Beispiel auch politische Par- Mit- teien (!!!)), sondern schlichte sprachestrukturen, wo Laien ihre Wünsche Interessen, und Sorgen können. artikulieren Aber: Eine völlige „Einbindung“ halte ich nicht für wert. wünschens- Ehrenamtliche Forschung wird und soll immer Art freier eine auch ist sein sie berufliche; als dauernder wichtiger, „Stachel im Berufswissenschaft, der Fleische“ und das ist gut so. BZ: Wissensgesellschaft ist mit dem Begriff Freiheit verknüpft. Was würde eine souveräne Inte- gration von „Citizen Science“ an Freiheit für die Gesellschaft brin- gen? PF: „Citizen Science“ ist Wissen- schaft, die noch wirklich frei ist. Wer diese wirklich ernst nimmt und nicht als steckt, zweitrangig schafft eine ver- Herausforde- heu- ihrer sich Profis, die für rung tigen Unfreiheit bewusst zu wer- den und sich genauer zu überle- gen, wessen Geld man annimmt, wessen Aufträge man ausführt und von sich aus zu wünschen, dass manches Hochschulgesetz novelliert wird. Bisher geht dies von der Politik fast ausschließlich aus mit dem Ergebnis, dass die weiter noch Wissenschaftsfreiheit wird . eingeschränkt Aber das wichtigste Resultat für einer in bestünde Gesellschaft die Stärkung der Demokratie. Bürger als gleichberechtigte Gesprächs- partner der Experten anzuerken- nen, ist der erste, Schritt, die Fahrt notwendige in die Experto- kön- Laien Nur bremsen. zu kratie nen Experten kontrollieren; dies ist die wichtigste Funktion Science“. „Citizen von Die Gesellschaft hat davon einen ungeheuren Gewinn: Es ist der Abbau von Privilegien einzelner Gruppen, die sich ihre genheiten Angele- nicht hineinreden las- sen wollen. Ich stimme Popper zu, dass die wahren Feinde einer offenen Gesellschaft diejenigen Wie könnte man „Citizen Sci- In mehreren Schritten. Der ers- Der Schritten. mehreren In PF: te Schritt wäre, dass die akade- Wissenschaft mische sich gegen- über kenntnisreichen Laien stär- ker öffnet und deren Expertisen nicht als zweit- oder drittrangig anerkennt. Ohne dies nicht. Dies geht ist aber es gleichbedeu- tend damit, dass die in Festreden zu hörenden Töne gegen zu viel Bürgereinfluss auf DIE Wissen- schaft (der Bonner Rektor Fohr- Akade- Brandenburger der mann, die aufhören, Stock) miepräsident besagen: WIR sind die Wissen- schaft, IHR seid falsch nur ist die Das Bürger/ Nichtwissenschaftler. Es gibt keine scharfe Grenzlinie Nicht- und Wissenschaft zwischen wissenschaft, wohl eine gangszone. Über- Zweitens müsste schaffen und Brücken bauen, man wo Foren sich Profis und Laien auf Augen- höhe begegnen und der kommunizieren miteinan- können (also wo nicht: die Profis den Laien die Wissenschaft erklären, sondern wo sich im Prinzip auch Profis in der „Lernerrolle“ wiederfinden können). Drittens müssten viele Freiheits- einschränkungen der akademi- schen Wissenschaft aktiv abge- baut und flexiblere Strukturen ence“ ence“ besser in Wissenschaft die einbinden? BZ: BZ: PF: Nein. Es gibt keine schen Untersuchungen, die empiri- dass zu quantifizieren erlaubenwür- den. Es ist eine Erfahrungsaussa- ge aus Ak- vierzig eigener Jahren Netzwerkentivität und in solchen viele durch sie kann Ich Initiativen. Einzelaussagen und Biographien quantifizieren. nicht aber belegen, Warum gibt es solche Untersu- chungen nicht? Weil die Ebene ganze der bislang Bürgerwissenschaft angesichts einer Art „Al- leinvertretungsanspruchs“ der Profis für Wissenschaft negiert, übersehen, gering wur- geschätzt de und weiter wird. gesellschaftspolitisch gesellschaftspolitisch relevante Bereiche Laien zu anspornt, Materien komplizierte in selbst sich vertiefen. Kann man These diese quantifizieren?

Fotos: PubliXviewinG, Privat Fotos: PubliXviewinG, Mira-Film Gorleben Medienpartner Medienpartner des www.gorleben-rundschau.de Weitere InfosWeitere im Internet unter: bis 27. April in Hamburger verschiedenen Kulturhäusern und erstmals auch auf ser statt dem – Was- wie Zuschauer/-innen immer für überall alle ohne Eintritt. Das Festival stellt Programm sein der Öffentlichkeit er- neut am Jahrestag der Atomka- am vor: Fukushima von tastrophe exklusi- einer Rahmen im März 11. Fa- Hamburger der in Lesung ven brik. Erstmals wird die Rundschau Infostand Ein sein. Kulturfestivals der BI Lüchow-Dannenberg wird abrunden. (gr) das Programm Kinder- Kinder- bande“ in bande“ programm programm 14 Hamburger Hamburger der „Fabrik“ „Fabrik“ der Dieter Hilde- Dieter „Lesen ohne während der während zu Ehren von von zu Ehren Lesetage“. Im Lesetage“. erneuerbaren erneuerbaren Kabarettabend Kabarettabend der Hamburger der Hamburger Literaturwoche Literaturwoche Literaturwoche „Mirkos Lieder- Lieder- „Mirkos brandt während während brandt Bild: Urban Priol Bild: Atomstrom - die Atomstrom - Le als das die Pro- Kultur Kultur für Lesen Atom- Lesen ohne Lesen Lesen ohne Atom-

Lesen Lesen ohne Atom-

wird, so Böttner, die globa- die Böttner, so wird,

Die sind zwar – ein Riesenerfolg des ehrenamtlich organisierten Kulturfestivals strom – Geschichte, doch noch längst ist nicht alles gut: dem aktuellen Nach Desaster der Kli- Staatenge- der maverhandlungen meinschaft in Peru wird das zen- Thema trale des Festivals in die- sem Jahr „Klimagerechtigkeit“ sein – einmal mehr mit überaus Hei- so Protagonisten, namhaften ko Böttner vom Verein Klimawandel ist zentrales Festivalthema zentrales ist Klimawandel Fern- Deutschen den Kamera, Goldene die Grimme-Preise, haben vertreten, Bestseller-Listen den auf durchweg sind Sie Festival sehpreis, Echo, Bambi, das Bundesverdienstkreuz erhalten. Die inzwischen jahre- das wie mehr Atomindustrie, als der Autor/-innen einhundert und Kulturmissbrauch Künstler/- den verurteilen und – Kultur die prägen Lesetage“ „Erneuerbaren der innen Vattenfall-Lesetage. Greenwashing-Event lang durchgeführte Alle. „Als vor gut 20 Jahren die maverhandlungen auf Kli- UN-Ebene Hoffnungen die waren begannen, groß, den Klimawandel gemein- sam in den Griff zu bekommen. Leider hat das bisher nicht satzweise an- geklappt, was das Er- gebnis von Lima erneut gezeigt hat“, ergänzt Stefan Di- Schurig, rektor beim Weltzukunftsrat, der Anbeginn seit als von Partner sen ohne Atomstrom gramm-Macher des Literaturfesti- des gramm-Macher „Mit auf Blick vals berät. Schurig: Klimakonferenz große nächste die in Paris Ende dieses Jahres stellt sich einmal mehr die Frage nach zwischen – Klimagerechtigkeit der des Kli- Verursachern Opfern und mawandels, zwischen den Brem- sern und denen, die voran gehen wollen. Es ist sehr passend, dass Lesen ohne Atomstrom bedeutendste politische Kultur- die- in das Deutschland in festival sem Ein Jahr weiteres aufgreift.“ Thema von strom durch Bürger der Überwachung le Geheimdienste und Internetkon- sein. zerne Das Programm zum fünfjährigen Jubiläum von strom steht weitgehend, und es Künstler/ hochkarätige wieder hält -innen aller Stilrichtungen bereit. Wegen Vielzahl der der engagier- ten Autor/-innen und Literatur-Festival das muss -innen Künstler/ sogar um einen Tag verlängert werden und findet nun vom 22. Kultur Kultur www.gorleben-rundschau.de sein könnten, der als Versuch ein Das Ganze Schadensbegrenzung. ist aber eine globale Geschichte, und im Film wird klar, heute dass nicht mehr so ist, es dass ein anders irgendwo Problem lokales auf gelöst Welt der werden kann, indem man irgendwo einfach an- ders hingeht. Der Film „Die Reise zum sicher- sten Ort der Erde“ entstand 2013 und ist Minuten 100 in lang. Start Deutschland ist am 19. März in Köln. Danach läuft der Film eine Woche lang in vielen Kinos bun- Wendland. im desweit – auch Weitere InfosWeitere im Internet unter: Einge- Einge- Endla- gerung 15 mir das mir das keit der keit Abgese- ständnis hen vom hen vom Machbar- Atomaus- der Nicht- stieg fehlt stieg fehlt Abgesehen vom Atomaus- Wenn Wenn deutlich wird, dass es also auch ein persönlicher Blick Der zurück. Film steigt mit einem Eröffnung zur Tagesschau-Bericht Wie- und Atomkraftwerks der des deraufbereitungsanlage in Sella- den schärft er Doch ein. 1956 field Blick für den verzweifelten Ver- einer Problemlösung für such die radioaktiven Hinterlassenschaf- ten dieser Kernkraft-Ära. Das zu- Anliegen! mindest ist mein GR: den Ort, an dem Abfall der sicher für und Mensch Umwelt ist, nicht gibt – und das, obwohl perma- nent neuer Atommüll anfällt welche –, Schlüsse sollte man für die Nutzung der Atomkraft und die Endlagerung daraus ziehen? EH: stieg fehlt mir das Eingeständnis der Nicht-Machbarkeit. Der Staat sagt durch seine Politiker Beamten, dass man das Problem und im Griff habe und der Atomwis- reagiert verschnupft, senschaftler wenn man ihm sein wegnehmen Spielzeug will. ständnis, dass Das es nicht machbar Einge- ist, dass die Frage der Endlage- rung ungelöst ist, will niemand der Verantwortlichen Das machen. würde aber den machen, Weg für frei konstruktive Prob- lemlösungen, die nichts anderes

Sie verfolgen Charles Mc- Die Geschichte über die weltumspannende Suche nach einem Endlager führt an die unterschiedlichsten Orte – durch dicht dicht durch – Orte unterschiedlichsten die an führt Endlager einem nach Suche weltumspannende die über Geschichte Die Welche Welche Rolle hat die Atom-

EH: Ich bin in einer Zeit wachsen, aufge- in der Nutzung die der Kernenergie als ein friedliche Wunderwerk der Energieversor- gung gepriesen wurde. Es ist kraftnutzung in Ihrer persönlichen Ihrer in kraftnutzung Biographie gespielt? GR: GR: Je länger der Film dauert, de- dauert, Film der länger Je EH: sto mehr führt er von der Person McCombie weg, evidenter wird die Tatsache, dass diese Suche einem Endlager nach eine gewal- tige Rolle für die Zukunft spielt und weiterhin spielen wird. GR: GR: Combie auf seinen Geschäftsrei- sen nach Australien und China, bei Arbeitsgesprächen in Wien, bei der internationalen energiebehörde. Atom- Fühlte er von sich Ihnen nicht „unangenehm beobachtet“ oder sogar vorge- führt? Es geht in dem Film dem in geht Es Hagen: Edgar um die fieberhafte Suche nach dem Platz zur Endlagerung von - mehr hochra als Tonnen 350 000 in sich die Atomabfälle, dioaktiver den vergangenen 60 Jahren an- gesammelt haben. Dass Frage diese sehr viele Menschen be- wegt, wird schon in den ersten Minuten des Filmes klar. Hauptprotagonist ist der in Nuklearphysiker lebende der Schweiz und international McCom- renommierte Charles Endlagerexperte technikgläubiges als man den bie, Fossil einer längst vergangenen Ära bezeichnen könnte. McCom- bie an hält der jedoch Sinnhaftig- keit der Atomenergie fest – egal wie schlecht es um ist. dem Endlager bestellt nach die Suche : Warum sucht man den sicher- den man sucht Warum GR: sten Ort der Erde und was man dort? will „Die Reise zum sichersten Ort der Erde“ Ort sichersten Reise zum „Die Film Gobi, zu Wüste einem besiedelte Gebiete in heiligen Berg in zu der einem einer in Schweiz, Nomadenfamilie der chinesischen gehei- der Zeuge werden Zuschauer Die Gorleben. von Wald im Demonstranten zu Nevadas, Indianerreservat atomverseuchten Ankunft in men Atommüllfrachters eines Japan und beobachtet bei Freiwillige Inter- Atommüllversammlung. einer britischen wenn die derrechnen, mit Müll einem in Gemeinde Geldregen ihrer Politiker, findiger Aussagen essant auch die sind natürlich Hagen. Edgar Filmemacher mit dem Schweizer sprach Ehmke Wolfgang wird. deponiert

Fotos: PubliXviewinG, Mira-Film Fotos: PubliXviewinG - Diese Entwicklung legt sich nicht nach wenigen Jahren wie in an- deren Regionen, sondern sich setzt bis heute fort. Die jahrzehn- telange Kritik am bergwerk in Erkundungs- Gorleben führt 2010 zum Untersuchungsausschuss, mit der Folge, dass die Endlager- neu begonnen wird. 2013 suche In diesen fast 40 Jahren Wider stand ist viel passiert im Wend- land. Neben der wird sich auch Protestkultur für ein besseres Leben eingesetzt, alternative Le- bens- und Wirtschaftskonzepte entwickelt und erprobt, konven- tionelle Bauern stellen auf biolo- gische Landwirtschaft um, Men- schen mit dem Bedürfnis Veränderung nach ziehen Image her. und die inoffizielle Marke Das „Wendland“ entstehen, Symbol für die Freie Republik Wendland, 1980 im Hüttendorf 1004 - ausge rufen. Der Landkreis mit seinen Querköpfen wird positiv assozi- gedacht her und hin wird hier iert, revo- und revoltiert gemacht, und lutioniert, protestiert, gejätet, ge- baut und besetzt. Außerhalb die- überlegen Region ser mystischen manche sogar, ins Wendland zu ziehen, am besten gleich in eine dieser Kommunen. Das erste kollektive Zusammen- leben im Landkreis Hüttendorf 1004 findet statt. im Über wird Tage unter dem Druck einer 33 bevorstehenden und möglicher- weise sehr gewaltsamen mung darüber diskutiert, ob man Räu- sich passiv zusammenschlagen lassen oder aktiven Widerstand leisten solle. Dieser nicht zu un- terschätzende Prozess der Grup- penkonsensbildung mündet einer in Räumung, in der friedlich sitzende Menschen gewaltsam geräumt werden und in der sich durch die Unverhältnismäßigkeit der Mittel der kom- Teilnehmer Viele der macht. Staat lächerlich men aus den umliegenden Groß- städten Hamburg und Berlin, le- Gemüsegarten eigenen ihren gen leeren mit Hütte ihre dämmen an, Glasflaschen und Lehm,ihre leben Träume von einer anderen Welt aus. Seit dem lebt Zeitgeist weiter, dieser finden sich im- den Frieden und Stilllegung aller Zeitraum diesen In Atomanlagen. fällt 1979 auch der Hannover Treck mit nach 100 000 dazu bei- - mern, der entscheidend Teilneh trägt, die Pläne für ein Nukleares Entsorgungszentrum in Gorleben zu beenden- Damit wird weder eine Wideraufbereitungsanlage in Gorleben, noch ein Atomkraft- werk in Langendorf gebaut. Im Januar 1980 gründet dieser sich aus außerparlamentarischen Bewegung heraus die Partei DIE GRÜNEN, um den Einfluss zu vergrößern. politischen Kurze Zeit später, im Mai 1980, wird mit dem Hüttendorf ein Bohrloch in 1004 Gorleben besetzt und einen Monat später mit dem größten Polizeieinsatz der Nach- geräumt. wieder kriegsgeschichte Die Abfolge der Ereignisse den mit heute unsichtbaren Erfolgen (keine Wiederaufbereitungsan- lage, kein Atomkraftwerk, sind Widerstandskultur) friedliche eine wichtig, um sich die Stimmung zu verbildlichen, mit der schen in den Men- Folgejahren in den Landkreis Lüchow-Dannenberg ziehen. Trotz aller Diskussionen und Kontroversen können Uto- pien ausgelebt und Erfolge verzeichnet werden. Eine politische der ländlichsten Regionen Deutschland von wird damit halb inner- weniger Jahre bedeutenden zu politischen Faktor. einem 16

Der Landkreis Lüchow-

Es ist keine ganz leichte Sache, die Entwicklung des Wendlands aus der Widerstandsperspektive einzuordnen, die vielen Aktivitä- ten, Initiativen und Bewegungen den richtigen Beweggründen zu- für steht Wendland Das zuordnen. die höchste Dichte an Biobauern Tagungshäusern in und Deutsch- land und eine der langlebigsten sozialen Protestbewegung in Eu- ropa – es gibt aber auch hier in- Tiermast und dustrielle Monokul- turen für Biogasanlagen. In den 1970er zieren Jahren sich identifi- die Neuen Bewegungen Sozialen vor allem mit den Themen atomare Abrüstung für Leben Dannenberg, das Hannoversche Wendland oder auch die Repub- lik Freies Wendland werden oft- mals für synonym eine Region in Nordostniedersachsen genannt. Zuerst kamen die Wenden, dann der Landkreis, dann die Freie Re- publik Wendland und schließlich das Hannoversche Oder war es Wendland. anders herum? Ka- men erst die ganzen Ökos und Hippies und dann oder vielleicht doch erst die der Poli- Castor, und Demonstranten die dann zei, dann der Castor? Und was war eigentlich vor dem Castor? Wird es jetzt nach dem Castor wieder so wie früher? Von Dominique Chasseriaud Der wilde bunte Osten wilde bunte Der Wendland positiv Wendland Wendland positiv Wendland die Haus und Hof betreffen. An- sonsten bleiben alle wie Finanzen, im Eigenheim auch, in eigenen Hand. der Stellen Ausweg den Gemeinschaftsprojekte aus einer Me- durch dien, Lobbyismus und digitaler Entfremdung verkommenen ka- pitalistischen Gesellschaft dar? Oftmals beziehen in einem Pro- Bewohner der Hälfte die rund jekt staatliche Sozialleistungen, wird GEZ es gezahlt und sonntags Tatort der geschaut. Es geht we- niger um eine Abkapslung von der Gesellschaft darum, als die Gesellschaft mit neu- vielmehr en Lebensweisen zu zeigen, dass anzuregen, es auch anders geht. Wer sein Gemüse aus der Kommune Güstritz bezieht, weiß ganz genau, dass keine Pestizide genutzt werden und kann seinen Erdbeeren beim oder Wachsen beim schauen Unkraut jäten zu- mithelfen. Der Kauf vom neuen Folientunnel wird nicht geliked, sondern miteinander diskutiert. rich- eine mal auch wird Vielleicht weil umgesetzt, nicht Idee gute tig der oder wurde „totdiskutiert“ sie weil verrostet, gute Schlagbohrer er besitzlos im Regen vergessen wird. Gemeinschaftsleben ist im- mer ein Stück wieder hartes auch von Eingehen ums geht es Arbeit, Kompromissen und Ändern von Miteinan- viel um Gewohnheiten, der. Für manche ist ein Gemein- land 17 werden werden Lebens- erprobt. erprobt. mit dem nach Ver- nach konzepte konzepte Im Wend- Im änderung änderung Bedürfnis Menschen Menschen ziehen her alternative alternative prägen und ihr ein Gesicht geben. Gesicht ein ihr und prägen die was das, ist Gemeinschaft Die Einzelnen zusammen daraus ma- chen. Eine Kommune zeichnet sich ge- genüber den meisten (Wohn-) anderen Gemeinschaftsprojekten durch gemeinsames sches ökonomi- Wirtschaften aus. In einer Kommune kommen Einnahmen also in alle einen Topf, dem Ausgaben sämtliche bezahlt aus werden, das neue Dach genauso wie der private Urlaub eines und einer Einzelnen. Eine Kommune kann so ein soziales Sicherungs- system im kleinen Stil darstellen. Wer extern arbeitet, ermöglicht finanzielle Ausgaben. Wer seine Arbeitszeit am Hof einbringt, ge- staltet diesen ganz praktisch mit. land- entgegen sind Beziehungen läufiger Meinung aber Privatan- gelegenheiten, eine Kommune bringt in dieser Hinsicht Verpflichtungen: keine Im Wendland liegt der Fokus verstärkt im öko- logischen und ökonomisch nach- haltigen Handeln. Ein Gemein- schaftsprojekt hat im Gegensatz zur Kommune ökonomische weniger Ansprüche. In der hohe Ökumenischen Aktions- und Le- gibt Güstritz in bensgemeinschaft Tagessatz einen beispielsweise es wird Miete die und Essen, das für an einen Förderverein der gezahlt, wiederum Maßnahmen alle bewilligen baulichen muss, mer wieder neue Menschen, die Ide- mehr oder weniger verrückte en ausprobieren wollen und ge- rade in dieser Region die nötige Freiheit dafür sehen. Was macht ein Gemeinschaftsprojekt was steht aus, hinter diesem alterna- tiven Lebenskonzept, mit hehren Ansprüchen als die Studenten- WG? Im Wendland gibt Wohn- es und Lebensprojekte diverse mit jeweils rund zehn bis zwanzig Er- wachsenen: der Gasthof und Ta- gungshaus Meuchefitz, dieKom- munen „Meuche Krummasel, in e.V. 11“, Eiche Krumme Güstritz, Volzendorf, Karmitz und Gemeinschaftsprojek- schiedliche unter- te wie die Ökumenische Aktions- und Güstritz, Lebensgemeinschaft M3 in Mammoißel, das 1, Loitze Projekt sozialökologische in die alte Ziegelei Mützingen, das Lebenszentrum Glienitz e.V, das Gemein- Wustrow, in Haus Sacha- und Blütlingen Leben schaftliches einige mehr. Eine Gemeinschaft, die in ihren Ursprüngen stark Wendland vom beeinflusst wurde, umfasst ein ganzes Dorfprojekt mit rund 150 Menschen: das Ökodorf Sieben Altmark. der in Poppau bei Linden Gemeinschaftsprojekte sind kei- ne uniformen Gebilde, an sich. „die es Gemeinschaft“ nicht gibt Es sind Einzelpersonen, die sich in ein Projekt einbringen, dieses

Fotos: PubliXviewinG Fotos: PubliXviewinG www.gorleben-rundschau.de lektiven liegen. Ein Beispiel: Wir verfügen in Lüchow-Dannenberg Bausub- historische reichlich über stanz, sind zu Recht stolz auf die große Zahl außerordentlich gut erhaltener niederdeutscher Hal- lenhäuser und insbesondere auf tou- ein – Rundlingsdörfer unsere ger- wir dem mit Pfund, ristisches ne wuchern. Allerdings stellt der Erhalt dieser Häuser und mehr noch ganzer Häuser-Ensembles die Eigentümer vor große (finan- zielle) Herausforderungen. gerne Alteinge- viele – Menschen So sessene wie Neuzugezogene – in diesen historischen leben Gebäuden möchten: Die Kleinfamilie mit klassische einem, maximal auf das kann Erwerbstätigen zwei schultern. nicht Dauer oft Vor- Da ist eine klar Kommune im teil, zum Beispiel die Kommune Güstritz. Deren Mitglieder haben sind die Diskussionen und Arbeit wieder die vergessen. Es ist schon schön, dieses Wendland, verrück- diese es dass schön, und ten Menschen gibt, die sich auch von Gemeinschaften nicht schre- cken lassen und ihr Kraft geben, um in einer „besseren Welt“ zu leben. Ambitionierte Gemeinschaftspro- Um- engagierte Ökobauern, jekte, weltaktivisten und quer denken- de Menschen konzentrieren sich zwi- Austausch Der Wendland. im schen verschiedensten Gruppen fördert kreative Ideen und prakti- Umsetzungen, wie sie in an- sche deren Gegenden nicht machbar sind. So stellt das Wendland ein länd- der einer in kreatives Milieu lichsten Regionen Deutschlands Diese dar. positive Energie ist es, der Zeit der Castortrans- die nach Verände- für und lebt weiter porte rungen sorgt. Und in einem Ge- danken sind sich alle Gruppen unterschiedlichen sonst einig: so Schlie- trügt. Gorleben in Ruhe Die ßlich gibt es bislang bundesweit kein Endlager, und die Brennele- mente lagern seit 19 Jahren Transportbehältern, deren in Zulas- sung auf 40 Jahre begrenzt ist. Ein absehbares Dilemma. Weitere InfosWeitere im Internet unter: Landrat Landrat Jürgen Schulz: Ich wür- de jetzt gern behaupten, dass die Kreisverwaltung und insbeson- dere ich selbst mich seit Jahren für die Ansiedlung von Kommu- nen und Kollektiven im land Wend- einsetze. glaube Aber Tatsächlich Unfug. schlicht das wäre ich, dass wir bis jetzt noch nicht gar richtig verstanden haben, welche Potenziale in den wend- ländischen Kommunen und Kol- schaftsprojekt schaftsprojekt eine schnittsbeziehung, Lebensab- für eine Lebensaufgabe. andere Eine Bereicherung für die Gesell- schaft sind sie auf alleine schon die durch vielen fri- jeden Fall, schen Gedanken und die Hinter- fragung bestehender Strukturen. Besonders spannend wird wenn sich es, die Gemeinschaften untereinander und vernetzen bei- spielsweise der Gasthof Meuche- Krummasel Kommune die und fitz Güst- Kommune der aus Gemüse ritz und Saft aus der Kommune Karmitz beziehen. Im Gegenzug erhalten alle Gemeinschaftsmit- Meu- Gasthof im Essen ihr glieder chefitz beziehungsweise im Club Bedarf bei helfen und Krummasel als Geld ohne alles mit, Tresen am weiter sich kann Dies Tauschmittel. im Alltäglichen fortsetzen, wenn zum Beispiel alle zusammen im Winter Holz schlagen im Getriebe im es kann da auch Wald. Aber immer es sind Letztlich knirschen. den durch Wald im die Individuen, Schnee stapfend Bäume Gratwande- fällen, eine immer ist es und rung, bis sich jeder gerecht be- handelt fühlt Arbeit und wert- die abends dann Wenn wird. geschätzt der Zuber mit warmem Wasser bei Kerzenschein im Hof und steht der weite Sternenhimmel sich wendländische ausbreitet, 18 Kommunen Rundschau: Gorleben und Wohngruppen schätzen das offene Klima im alternative das Landkreis chow-Dannenberg, Lü- Lebensentwürfe erst ermöglicht. Welchen Beitrag leisten die Ver- waltung und Sie als Landrat, um dieses Klima zu ermöglichen? Ein Landkreis, in dem Windschatten sich der Gorleben-Pro- im teste eine ungewöhnlich Zahl hohe von Künstlern, Journalisten und Intellektuellen, aber viele Aussteiger, Lebenskünstler auch und Kommunarden niedergelas- sen haben, stellt auch für Politik eine Verwaltung andere und Her- Region eine als dar, ausforderung mit traditionell ländlicher Bevöl- Lüchow- von Landrat Der kerung. Dannenberg schätzt Jürgen diese Vielfalt trotzdem. Conradt Andreas Von Schulz Wendland positiv Wendland Wendland positiv

Landrat Jürgen Schulz (links; par- teilos) spricht kurz vor der Abfahrt des Wendland-Trecks nach Berlin im Sommer 2009 mit BI-Sprecher Wolf- gang Ehmke

2010 gemeinsam eine Hofstelle Egal ob es um das Befüllen von im Güstritz gekauft und 1,2 Millionen Sandsäcken geht, bewirtschaften sie gemeinsam. wie zuletzt während des Som- Haus, Acker und Weideflächen merhochwassers 2013, oder um sind in kollektivem Besitz und die Betreuung von Flüchtlings- werden kollektiv bearbeitet. Ein familien. Ob das nun „Alterna- faszinierendes Modell, das zu tive“ sind oder eher „Normal- funktionieren scheint. Gerne mehr Lüchow-Dannenberger“, die sich davon! hier engagieren, vermag ich nicht zu beurteilen. Was das „Augezu- GR: Inwieweit unterscheidet sich drücken“ angeht: Bevor die „To- ihre Tätigkeit aufgrund der vielen furei Wendland“ im letzten Jahr „Alternativen“ im Landkreis von ihren Betrieb aufnehmen konnte, der Arbeit anderer Landräte in musste das dahinter stehende konservativer geprägten Regio- Kollektiv die gleichen Auflagen nen? Müssen Sie gelegentlich in Sachen Verbraucherschutz er- „ein Auge zudrücken“? füllen wie jeder andere Betrieb auch. Da gelten selbstverständ- lich für alle die gleichen Regeln. Und erst als alle Maschinen und Geräte den Auflagen entspra- Interessierten an Gemeinschafts- chen, kamen die Besucher der projekten sei das Eurotopia emp- KLP in in den Genuss ei- fohlen, ein Verzeichnis über Pro- nes saftigen Tofu-Burgers. jekte in ganz Europa. Dem ist zu entnehmen, wer mit wie vielen GR: Wie würden Sie – in aller Menschen und welchen Ansprü- Kürze – den Beitrag der „Alterna- chen wo lebt und ob, wie und JS: Die Streitkultur in Lüchow- tiven“ zur Gesellschaft im Wend- wann Besucher willkommen sind. Dannenberg ist auch außerhalb land beschreiben? des Kreises bekannt, um nicht Wer gerne mehr über das Wend- zu sagen legendär. Das macht JS: Sie haben einige meiner land erfahren möchte, kann dies den Arbeitsalltag für mich wie Amtsvorgänger massiv heraus- am besten mit dem Fahrrad wäh- auch für die Aktiven in den po- gefordert und ein Umdenken in rend der Kulturellen Landpartie litischen Gremien gelegentlich vielen Belangen eingefordert. Zu von Himmelfahrt bis Pfingsten durchaus, na, sagen wir einmal Recht. Und sie haben das Leben (14.-25. Mai 2015) tun. Am Frei- „abwechslungsreich“. Zumin- in Lüchow-Dannenberg um ein tag, dem 22. Mai gibt es einen dest nicht langweilig. Worauf wir vielfaches bunter gemacht: Dies Aktionstag in Gorleben, an der wirklich stolz sein können und betrifft die politische Streitkul- alle Aussteller/-innen teilnehmen.

Fotos: PubliXviewinG was mich in meiner Arbeit oft tur, das betrifft das Ausmaß des Anfahrt per Zug von Norden mit auch sehr glücklich macht, ist, bürgerschaftlichen Engagements, dem neuen HVV-Ticket von Ham- dass es in Lüchow-Dannenberg das breite Spektrum kultureller burg bis Bahnhof Dannenberg viele Menschen und Initiativen Angebote und auch manches re- oder von Süden und Osten mit gibt, die nicht nur reden, son- gionale Produkt, auf das wir heu- normalem Bahnticket bis Bahn- dern die auch aktiv mitanpacken. te nicht mehr verzichten möchten. hof Salzwedel.

19 Foto: PubliXviewinG; Zitat: Wolfgang Ehmke, Sprecher der BI Lüchow-Dannenberg derkollegen sowohl an die Betrei- die an sowohl derkollegen ber an wie den auch Bund heran- treten.“ Er stellte in seiner wie an, Überlegungen Rede schiedliche unter- rechts- mit könnte, sein möglich es staatlichen Mitteln aus dem Di- lemma des herauszukommen. Brunsbüttel-Urteils Und er ahnt mehr als dass er es sagt, dass es wird. geben kaum Ausweg diesen Die weist BI Lüchow-Dannenberg darauf hin, dass dieser Ausweg wieder doch nicht Gorleben heis- sen darf. Brunsbüttel wurde bis- her auch als eine der möglichen Lagerstätten gesehen, um einen der 26 Behälter aus Sellafield Teil und La Hague aufzunehmen. Da- bei handelt es sich um verglaste aus Abfälle mittelaktive und hoch- der Wiederaufarbeitung deu- aus Brennelemente brannter abge- einer Än- Reaktoren. Nach tschen derung des Atomgesetzes dürfen mehr in Gorleben einge- sie nicht lagert werden. Diese Änderung des Atomgesetzes geschah, um in Vertrauen ei- das Wendland im Endlagersuche neue angeblich ne zu Ort vor Lage die und stärken zu Ministe- während Doch befrieden. im- Tagesspiegel laut Hendricks rin mer noch auf Schleswig-Holstein dortigen der in sich mehren setzt, CDU und FDP die Stimmen, den hochradioaktiven Müll doch ins Wendland zu bringen. „Ein Ein- greifen der Bundesumweltminis- terin ist überfällig”, sagte der BI- Ehmke. (gr) Wolfgang Sprecher zu finden“. DieAussage entsprechende von Bundesumweltmi- nisterin Barbara Hendricks (SPD) kam dann auch der Tag noch am begrüße, „Ich Urteilsverkündung: dass die schleswig-holsteinische Landesatomaufsicht noch heute eine atomaufsichtliche nung Anord- gegenüber dem Betreiber Vattenfall erlässt. Damit wird si- chergestellt, dass weiterhin eine Basis rechtliche für das Standort- ist.“ gegeben zwischenlager Rechnung die hat Hendricks Doch ohne ihren grünen Ministerkolle- gen Robert Habeck in macht. Kiel Denn, so ge- der Energieex- perte Dirk Seifert in seinem Blog umweltFAIRaendern: „Das Urteil ge- der Grundfeste die erschüttert und Atommüllentsorgung samten schnelle- deutlich einem zu dürfte ren Atomausstieg als bislang ge- plant führen. Habeck jedenfalls fordert einen ,nationalen Neuan- fang‘ in der Atommüllfrage und zielt dabei auf auch die Endlager- dass klar, ist ihn Für Kommission. das Urteil jetzt auch für mülllager an Atom- den anderen AKW- Standorten Folgen haben dürfte. Damit steht die be- Betrieb endgültige in noch aller Ab- schaltung findlichen Rede seiner In Atomkraftwerke Tagesordnung.“ der auf sagte Habeck selbst: „Ob beklagt Be- die muss Bund der nicht, oder treiber zum Nachweis der Sicher- heit oder Nachrüstung gegebenenfalls bewegen. Entspre- zur mit meinen werde Län- ich chend 20 Mit dem tel-Urteil tel-Urteil fällt einer Brunsbüt- Bausteine Bausteine der Atom- der der letzten der letzten müllpolitik

Das Castor-Zwischenlager Das in Castor-Zwischenlager Brunsbüttel hat seit Mitte Januar keine Betriebserlaubnis mehr. Im Revisi-

Mit dem Urteil falle einer der letz- der einer falle Urteil dem Mit ten Bausteine der verheerenden Atommüllpolitik im Lande, und der politische Druck, die Atom- müll-Produktion Wolfgang so endgültig sich, erhöhe stoppen, zu Ehmke, Sprecher der Bürgerini- tiative Lüchow-Dannenberg (BI): „Das Urteil wird Konsequenzen haben, weitgehende denn bei die Fehler festgestellten OVG vom den Sicherheitsnachweisen an- des für auch werden Castor-Lagers sein.“ relevant Zwischenlager dere Auch die seien schließlich nicht daraufhin untersucht hinreichend Absturz den gegen sie ob worden, eines Airbus - A 380 Terroran und griffe mit modernen panzerbre- chenden Waffen ausgelegt sind, ergänzt Tobias Darge von Robin „Deshalb stehen alle neun Wood. noch am Netz befindlichen AKW in der Bundesrepublik de facto ohne da.“ ‚Entsorgungsnachweis‘ Atom- die weil deshalb, facto“ „De aufsicht im grünen nisterium Energiemi- in Schleswig-Holstein schon vor einiger Zeit angekün- La- weitere die sie dass hatte, digt gerung des Atommülls in Bruns- büttel im Falle, dass das OVG-Ur- teil rechtskräftig würde, per Not- wol- erhalten aufrecht verordnung le. Das ist Normal- nicht Bockigkeit, „Jeder son- Not: schlichte dern der einen Betrieb bürger, hat und vom höchsten Gericht ein Urteil kassiert, dass seine Betriebsge- nehmigung hinfällig ist, müsste den sagte Betrieb dichtmachen“, dazu Greenpeace-Atomexperte Mathias Edler gegenüber Deutschlandfunk dem (DLF). „Das geht Doch: eben bei nicht.“ Atommüll Der Bundesverband Bürgeriniti- ativen Umweltschutz (BBU) so- hat Bundesregierung die trotzdem wie die Landesregierung in Kiel nach dem vor Aus „Tricksereien“ gewarnt. Udo Buchholz Vor- vom stand des BBU vermutet, Hu- den „mit Politik und Industrie dass fen Wege Wei- scharren, um zum terbetrieb des Atommüll-Lagers Die Not ist groß Not ist Die Zwischenlagerung Schleswig vom Sommer 2013 (OVG) das des Urteil hat Oberverwaltungsgerichts das onsverfahren Bundesverwaltungsgericht überdeutlich. Atompolitik Dilemma um die deutsche das macht der Erlaubnis Der Entfall bestätigt. Deutschland Europa

Protest gegen Atom-Beihilfen der EU

Subventionen Während in Deutschland geplant ist, das Atomzeitalter zu beenden, setzen andere europäische Länder alles daran, EU-Beihilfen für neue Kernkraftwerke zu erhalten. Im Schatten einer Entscheidung der EU-Kommission entwickeln sich dabei gerade diplomatische Turbulenzen.

Trotz erheblicher drohender Wett- schen Pläne mit dem EU-Beihilfe- bewerbsverzerrungen hat die EU- recht nun doch vereinbar seien. Kommission noch kurz vor Ende Sebastian Sladek, Geschäftsführer ihrer Amtszeit im Oktober massive der Elektrizitätswerke Schönau staatliche Subventionen für den (EWS) stellt hierzu klar: „Nur Bau von zwei neuen Atomreakto- durch diese Subventionen wird ren in Großbritannien genehmigt. der Bau unrentabler Atomreakto- Dadurch darf die britische Regie- ren möglich – auch 60 Jahre nach rung dem Betreiberkonsortium Beginn der zivilen Nutzung ist die winnt diese durch die Veröffent- unter Führung des französischen Atomenergie immer noch unwirt- lichung vertraulicher Dokumente Staatskonzerns Electricité de schaftlich. Mit der Entscheidung der österreichischen Diplomatie France (EdF) Bürgschaften in Höhe zu Hinkley Point C schafft die EU- gewaltig an Brisanz. Die Alpenre- von über 21 Milliarden Euro für Kommission einen Präzedenzfall, publik wird offenbar von der bri- den Bau von Block C des Atom- der geeignet ist, einen Damm- tischen Regierung massiv unter kraftwerks Hinkley Point zusi- bruch auszulösen und dem Neu- Druck gesetzt, die Klageabsicht chern. Noch schwerer wiegt je- bau von Atomkraftwerken in Eu- fallen zu lassen. In einer Depesche doch die garantierte Vergütung ropa Tür und Tor zu öffnen. Nach des österreichischen Botschafters für diesen Atomstrom: Mit dem diesem Vorbild könnten nun wei- in London berichtet dieser von „ei- für 2023 geplanten Beginn der tere Neubauprojekte in ganz Eu- ner systematischen Erarbeitung Stromerzeugung wird der Garan- ropa vorangetrieben werden.“ von Österreich schädigenden Ge- tiepreis bei rund 11 Cent pro Ki- Und tatsächlich: Auf der Projekt- genmaßnahmen“ durch Großbri- lowattstunde liegen. Dieser soll liste der EU-Mitgliedsstaaten ste- tannien und „negativen Auswir- über einen Zeitraum von 35 Jah- hen zahlreiche Atomenergie-Pro- kungen auf die bilateralen Bezie- ren gewährt werden, dazu kommt jekte. Großbritannien will für drei hungen“. Großbritannien werde ein jährlicher Inflationsausgleich. Atomkraftwerke – neben Hink- „jede Gelegenheit wahrnehmen, Nach Berechnungen der Financial ley Point C auch noch Wylfa und Österreich zu verklagen oder zu Times wächst dadurch die Garan- Moorside – über 60 Milliarden schaden“, heißt es in dem Schrei- tievergütung bis zum Ende des Euro aus dem Investitionstopf. ben, das Mitte Februar von öster- Förderzeitraums auf 35 Cent je Polen will sich den Einstieg in die reichischen Medien veröffentlicht Kilowattstunde. Zum Vergleich: Atomenergie mit über zwölf Mil- wurde. Eine große Photovoltaik-Anlage liarden Euro finanzieren lassen. Angesichts des massiven Drucks in der Bundesrepublik bekommt Auch Rumänien, Lettland, Ungarn der britischen Regierung wollen heute über das Erneuerbare-Ener- und die Tschechische Republik die EWS Schönau ihre Beschwer- gien-Gesetz eine Vergütung von planen Investitionen in Atomener- de-Aktion weiter intensivieren, um etwa 8,9 Cent/kWh, die jedoch gie. Die Österreichische Regierung den großen gesellschaftlichen Wi- nur über 20 Jahre und ohne Infla- hat gegen die Entscheidung der derstand gegen neue Atomkraft- Foto: PubliXviewinG; Zitat: Wolfgang Sprecher Ehmke, der BI Lüchow-Dannenberg tionsausgleich gezahlt wird. EU-Kommission eine Klage beim werke deutlich zu machen. „Der Eine solche Begünstigung eines Europäischen Gerichtshof (EuGH) völlig unangemessene massive einzelnen Projektes muss aller- angekündigt. Druck macht deutlich, dass die dings von der Europäischen Kom- Den EWS ist dieser Klageweg ver- Briten eher von einem juristischen mission genehmigt werden. sperrt, da nur Organe der EU vor Scheitern ausgehen. Umso wich- Grundsätzlich verbietet das Euro- dem EuGH klagen können. Daher tiger ist es nun, dass die Bürger päische Wettbewerbsrecht solche haben sich die Stromrebellen aus der EU mit ihrer Beschwerde ge- staatlichen Beihilfen, nur in Aus- dem Schwarzwald entschieden, gen die Hinkley-Point-Entschei- nahmefällen, etwa wenn die Maß- Beschwerde einzulegen – ein dung der EU-Kommission Öster- nahmen ein gemeinsames Inte- Recht, dass jeder Bürgerin und je- reich solidarisch den Rücken stär- resse der EU darstellen, sind sie dem Bürger der EU zusteht. Unter ken“, so Sebastian Sladek. Wenn zulässig. Nachdem noch im März dem Motto „Kein Geld für Atom – sich möglichst viele Menschen an 2014 die EU-Kommission zu dem Stoppt Brüssel!“ haben die EWS der Beschwerde der EWS betei- Schluss kam, dass die Subventi- im Dezember eine Mitmachaktion ligten, werde die Chance größer, on nicht zulässig sei, änderte die über das Internet gestartet. Dort dass die EU-Kommission die Bei- Kommission nach marginalen An- können sich Bürger/-innen schnell hilfeentscheidung zurücknimmt. passungen ihre Meinung und er- und unkompliziert der EWS-Be- (gr, pm) klärte kurz vor ihrem Ausscheiden schwerde anschließen und damit im Oktober in einer denkbar knap- auch die österreichische Klage Weitere Infos im Internet unter: pen Abstimmung, dass die briti- solidarisch flankieren. Aktuell ge- www.gorleben-rundschau.de

21 gegen das NEZ, spielte hier von Scheune versteckt werden, damit Anfang an eine Rolle. er nicht beschlagnahmt wurde… Denn was war aus dem „sauber, schick und schön“ geworden? Die Inzwischen war Gisi auf sei- Lösungen der Atom-Befürworter nem eigenen Hof selbstständi- erschienen Gisi zu einfach und ger Milchschafbauer geworden. hielten seiner kritischen Prüfung Heute lebt er in Diahren, einem nicht stand. Die Menschen im kleinen Rundlingsdorf, als Bio- Widerstand empfand er als ver- landwirt mit rund zwanzig Milch- „Von hier“, trauenserweckender. Schließlich schafen. Mit ein wenig Glück Widerstand sagen die Alten. hatte er als junger Mann am Kü- konnte er ein Rezept für Schaf- „Einheimi- chentisch die gleichen Diskussio- milchlikör kaufen. Tolle Idee, aber und scher“, sagen nen mit seinem Vater geführt, wie auf den Märkten wollte niemand die Zugereisten. viele andere im Wendland auch. diese Schafmilch trinken. Da Schafe Giselher Kühn Es tat sich viel, ja, aber es gab nutzte auch das schöne Etikett ist gebürtiger Portrait Gisi heißt Gisi, niemand eben auch viel Streit im Land- mit Wendlandsonne und Widder- Wendländer. sagt hier Giselher. Und „Herr kreis. Das schärfte die Position, kopf nichts. Dabei lag die Lösung Als Landwirt ist Kühn“, das ist sein Vater, den vie- er zudem ein aber irgendwann wurde über so nah: Als er nicht mehr von le im Wendland kennen, weil er Unikum. Und „Gorleben“ nicht mehr miteinan- Schafmilch sprach, sondern von Lehrer war und viele Jahre in der der Bäuerlichen der geredet. Es war alles gesagt. der „wendländischen Likörspe- Kommunalpolitik. Nein, Gisi ken- Notgemein- Was folgte, war die Zeit des Tuns: zialität“ und nachdem die Elbe- nen die meisten nur unter seinem schaft eine Stüt- Während seiner Lehrzeit wollte Jeetzel-Zeitung über sein Produkt Spitznamen. ze von Anfang die DWK in Gorleben plötzlich berichtete, kamen die Fernseh- Als Gorleben 1977 zum Standort an. Von Torsten Bäume roden. Gisi war dagegen! sender immer wieder und er für ein Nukleares Entsorgungs- Koopmann Und so tauchte „ganz unerwar- brauchte keine weitere Werbung zentrum (NEZ) werden sollte, war tet“ ein Freund in der Berufs- mehr. „White Wendish“ heißt der Gisi erst 16 Jahre alt. „Atomkraft schulklasse auf, um ihn loszuei- erfolgreiche Likör heute. war bis dahin kein Thema“. Die Be- sen: „Herr Hebler, der Gisi muss Jetzt, wo das Getränk ein einge- treiberfirma DWK versprach, dass heute auf dem Feld helfen.“ Alles führtes und beliebtes Produkt alles „sauber, schick und schön“ nur getrickst, denn Gisi hatte Bes- ist, könnte Gisi die Anzahl seiner würde. In Lüchow-Dannenberg seres zu tun: Rodung verhindern Schafe eigentlich erhöhen. Der Li- sollte eine Drehscheibe der Atom- durch Anketten an Bäume! kör von vierzig, achtzig und noch industrie entstehen. Es gab bunte In all den Jahren war Gisi dann mehr Schafen würde Abnehmer Hochglanz-Broschüren, die eine immer mit der Bäuerlichen Not- finden. Im Winter ist er schließ- sichere Zukunft versprachen, und Während der dies- gemeinschaft unterwegs, immer lich immer ausverkauft, und alle die Jugendlichen wurden nach jährigen Kultu- auf einem Trecker. Das einschnei- müssen auf neuen Likör warten. Wittfeitzen ins Freizeitheim des rellen Landpartie dendste Erlebnis war für ihn, wie Es gibt ihn auch nur in der Regi- Landkreises eingeladen. präsentiert sich für alle, die dabei waren, die Tre- on zu kaufen. Aber mit den Wi- die Bäuerliche derstand veränderte sich auch In dieser Zeit veränderte sich die Notgemeinschaft ckerreifen-Stecherei der Polizei: Region. Schneller als all die Jahr- erstmals auf Gisis In Splietau bildeten 80 verkeilte die Kultur und Gisi lernte, sich zehnte davor – und spürbarer. Die Hof in Diahren Trecker 1997 eine große Blockade dieser Spirale des „immer mehr“ Atomkraftgegner aus den Groß- der Castorstrecke. In einer über- zu entziehen. Kommt doch einer städten, die von Anfang an den fallartigen Aktion zerstörte ein mit dem Vorschlag, zu expandie- Widerstand im Wendland unter- Polizeikommando, das mit Hub- ren, lächelt Gisi und fragt zurück, stützen, brachten eine ganz ande- schraubern neben der Blockade warum er das tun solle? „Ich bin re Kultur mit. „Hier tut sich was“, abgesetzt wurde, blitzartig die doch glücklich, so wie es jetzt ist.“ stellte Gisi damals fasziniert fest. Reifen der Trecker, während die Wen die Antwort nicht überzeugt, Während viele Freunde und Be- Castorbehälter schon längst auf dem erzählt er die „Anekdote zur kannte die Heimat verließen, ist einer anderen Route unterwegs Senkung der Arbeitsmoral“ von Fotos: Annett Melzer, The Huffington Post, Michael Patrick/AP er geblieben. und weit weg waren. Die Bau- Heinrich Böll. Der Umbruch war in jener Zeit ern waren dem Staat ein Dorn Und er spricht noch immer gern auch in der Landwirtschaft zu im Auge, und der hinterließ mal über Gorleben. Sind die dortigen spüren: Gisi begann seine Land- eben 80 000 Mark Schaden. Vie- Pläne endgültig vom Tisch? War wirtschaftslehre noch auf einem le waren anschließend der Mei- es das? „Nein, das war es noch konventionell betriebenen Hof nung, der Staat habe sich gegen nicht“, so Gisi. Die Besetzung der und wechselte dann auf einen seine Menschen ins Unrecht ge- Berliner Endlagerkommission der ersten Höfe im Wendland, die setzt. spreche Bände. „Das haben wir gerade „auf Bio“ umgestellt wur- Gisi und sein Trecker hatten Glück: doch schon x-mal durchgemacht.“ den. Auf dem Hof Kulow in Zarg- Am Vorabend wurde er von zwei Auch wenn das Ende noch nicht leben blieb er auch nach seiner Polizeipanzern und lichtfluten- feststehe, arbeiteten sie in der Lehre noch etliche Jahre; die Bäu- den Hubschraubern in der Luft Kommission auf ein bestimmtes erliche Notgemeinschaft, also der auf einem Acker verfolgt. Der Tre- Ergebnis hin. „Wir werden wohl Zusammenschluss der Landwirte cker konnte gerade noch in einer noch mal los müssen.“

22 Blick ew X le Fotos: Annett Melzer, The Huffington Post, Michael Patrick/AP

Aus Protest gegen Atomwaffen sind die 84-jährige amerikanische Nonne Y-12 National Security Complex, Megan Rice und zwei Mitstreiter in Oak Ridge, Tennessee, in ein Atom- der „größten Sicherheitslücke in lager eingedrungen und haben Gebäude mit Bibelsprüchen besprüht der Geschichte des Nuklearkom- und Blut aus Flaschen verschüttet. Bei der anschließenden Festnahme plexes“. Die Verteidigung berich- leisteten sie keinen Widerstand. Laut „New York Times“ war Rice schon tete, dass die drei Aktivisten Tau- lange als Friedensaktivistin aktiv. 40- oder 50-mal sei sie wegen zivilen sende Briefe in das Gefängnis von Ungehorsams festgesetzt worden, hieß es in einem Bericht nach dem Unterstützern in aller Welt zuge- Einbruch in Oak Ridge. Doch nichts war vergleichbar mit der Aktion am sandt bekamen.

23 Verschiedene Flyer, Infobroschüren, T-Shirts und andere wendländische Widerstandsartikel können im BI-Büro telefonisch bestellt werden. Weitere Artikel findest Du auf unserer Internetseite! www.bi-luechow-dannenberg.de

Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg Spendenkonto Rosenstraße 20 • 29439 Lüchow BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg Mo, Mi, Fr: 9 - 16 • Di, Do: 9 - 18 Sparkasse Uelzen Lüchow-Dannenberg  05841 - 4684 IBAN: DE24 2585 0110 0044 0607 21 [email protected] BIC: NOLADE21UEL www.bi-luechow-dannenberg.de