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WAS WIR BRAUCHEN DAS ENERGIE-HEFT S_U1-U4 19.06.2006 10:18 Uhr Seite 4

BIS ZU H M C O

N

18. August 2006! N E B E B Der „einheitspreis – Bürgerpreis zur Deutschen Einheit“ wird seit W E R 2002 von der Bundeszentrale für politische Bildung verliehen. Sie zeichnet Einzelpersonen, Projekte und Initiativen aus, die sich kreativ und zukunftsorientiert mit der Deutschen Einheit auseinandersetzen. Einheitspreis 2006 www.einheitspreis.de

Sponsoren: Medienpartner: S_03_inhalt 16.06.2006 9:00 Uhr Seite 1

EDITORIAL / INHALT

EDITORIAL

s ist alles so selbstverständlich:Auto fahren und Kaffee kochen, Expertenzirkeln tobt der Streit.An einzelnen Themen wie dem be- Musik hören und die Heizung aufdrehen. Der Strom kommt schlossenen Ausstieg aus der Kernenergie gerät das dann eher sym- Eja aus der Steckdose. Aber wie lange noch? Wir sind in einer bolisch an die mediale Oberfläche. In dieser Ausgabe nähert sich Zwischenzeit – noch funktioniert das auf dem exzessiven Verbrauch fluter einem im Wortsinne heißen Thema.Wie sieht die Energiege- fossiler Energien beruhende System. Aber die finanziellen,politischen winnung in den kommenden Jahren aus? Was können die erneuer- und ökologischen Kosten steigen immens, das Ende dieser prekären baren Energien leisten,wo werden sie schon eingesetzt? Warum wird Balance ist klar abzusehen. Dass die Öl-, Erdgas-, Uran- und Kohle- Außenpolitik immer öfter zur Energiepolitik – und umgekehrt? Wenn vorkommen endlich sind,ist kein Geheimnis.Anfänge anderer Ener- so viel Geld und Macht im Spiel sind,kommen wir ins kalte Herz der gieordnungen gibt es bereits – Orte, die sich selbst versorgen, Eigen- wirtschaftlichen und politischen Kalküle.In den Energiebilanzen gibt initiativen und Unternehmen,die das Energiesparen und neue Tech- es immer Gewinner und Verlierer.Eine hochpolitische,weil offene Si- nologien zum erfolgreichen Geschäftsmodell machen. Und es gibt tuation – wir entscheiden bei der Zukunft des Energiesystems auch Gesetze,die den erneuerbaren Energien ihren Weg bahnen helfen.Die über die Frage, in welcher Gesellschaft wir leben werden. Die Dis- Frage nach der Zukunft unserer Energieversorgung wird aber kaum kussion darüber wird sich nicht mehr von der Agenda nehmen las- wirklich öffentlich und im Zusammenhang verhandelt, nur in den sen.Aber wie energisch werden wir sie führen? Thorsten Schilling

Christoph Koch, 31, war sieben Jahre alt, als er Kathrin Steinbichler,32,war mit ihrem Kollegen den Spruch „Aus und wieder an kostet so viel, Christoph Leischwitz zwei Tage lang Gast im wie fünf Minuten brennen lassen“ zum ersten Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie Mal hörte. Nach 24 Jahren blinden Glaubens hat und sprach dort nicht nur mit vielen Experten, er diesen Tipp für fluter auf seinen Wahrheitsge- die über verschiedene Energiefragen Auskunft halt hin überprüft. Seine größten Energiewün- gaben – sie entdeckte auch eine alte Liebe neu: sche nach der Recherche: selbstkühlende Bier- ihr Fahrrad.Seit sie genauer weiß,wie viel Ener- dosen und mehr Tankstellen mit Zweitaktgemisch gie sie damit sparen kann, ist sie noch öfter mit für seine alte Vespa. >> Seite 24 ihm unterwegs. >> Seiten 12 bis 17

4 Vorwahl: Zahlen zum Weitererzählen. 32 Mischwald: Wie aus Holz Sprit für Autos werden kann.

6 Mehrkampf: Der britische Energieexperte Daniel Litvin er- 34 Widerstand: Ein Dorf im Schwarzwald kämpfte gegen klärt, warum Energiepolitik Außenpolitik ist. seinen Energieversorger – und gewann.

10 Zahltag: Wie viel Energie verbraucht man am Tag? 37 Massenspektrum: Jühnde und Sieben Linden – neue Ver- sorgungsideen. 12 Kernkompetenz: Was für den Ausstieg aus der Kernener- gie spricht – und was dagegen. 38 Umzugskosten: Weil Garzweiler II kommt, ist kein Platz mehr für Otzenrath. 14 Ersatzstoffe: Wie steht es um erneuerbare Energieträger? 41 Luftbuchung: Windenergiegewinnung in Brandenburg. 16 Bilanzprüfung: Übersicht über Sparmöglichkeiten im eigenen Haushalt. 42 Werkstattgespräch: Bastler in Kalifornien feilen an um- ocus weltfreundlichen Serienwägen. 18 Konzentrationsfrage: Interview mit Dieter Schmitt,eme- ritierter Professor für Energiewirtschaft. 43 Impressum Agentur F 22 Impulsgeber: fluter-Autor Daniel Erk plädiert für mehr 46 Plattenbau: Die besten Solarzellen kommen aus Sachsen- Vernunft in der Energiedebatte. Anhalt.

24 Klärwerk: Was spart wirklich Energie, was ist ein Mythos? 48 Nachfolgeregelung: Was kann nach Kohle, Gas und Öl kommen? 26 Bühnenerfahrung: In jedem Rockkonzert steckt eine Science Photo Library / Menge Energie. 50 Endabnehmer: Gewinnspiel. itel: T

3 S_04-05_energieseite 16.06.2006 9:04 Uhr Seite 2

VORWAHL Schon gehört?

Energie in Zahlen 443 Exajoule Zusammengestellt von Bernd Klopfer Weltenergie- verbrauch Betrag, der nach einer Schätzung der IAE bis zum Jahr 2030 weltweit in die 2003 Modernisierung der Energieversorgung investiert werden muss:

14.238 Petajoule

Energieverbrauch 16 BILLIONEN in Deutschland US-DOLLAR 2003

„Um es im Leben zu etwas zu bringen, muss man früh auf- GESAMTUMSATZ 2005 stehen, bis in die Nacht arbeiten – und E.ON, Vattenfall, EnBw, RWE: Öl finden.“ € Jean Paul Getty, US-Industrieller, Gründer von Getty Oil Co. 109,4 Mrd. (siehe Quartettkarten unten) Bundeshaushalt:Ausgaben 2005: 254,3 Mrd. € Der Airbus A380, das weltweit größte Passa- gierflugzeug, wird einen Pro-Kopf-Ver- brauch von weniger als drei Liter Kero- sin auf 100 Kilometer haben. Ins- gesamt aufnehmen kann er Anteil der Stromgesamtproduktion in % Anteil der Stromgesamtproduktion in % 310 000 Liter Treibstoff.

E.ON ENERGIE AG, München VATTENFALL EUROPE AG, Berlin Braun–/Steinkohle 40,2 Braun–/Steinkohle 78 Kernenergie 46,9 Kernenergie 13 Gas, Sonstige 7,4 Gas 4

Wasserkraft 5,5 Wasserkraft, Biomasse, Windkraft 5 Umsatz 2005 56,4 Mrd.€ Umsatz 2005 10,5 Mrd.€

Anteil der Stromgesamtproduktion in % Anteil der Stromgesamtproduktion in %

Die am weitesten in die Zukunft reichenden Szenarien gehen etwa

von einer Verdopplung ENBW ENERGIE AG, Karlsruhe RWE POWER AG, Essen des Weltenergiever- Kohle, Gas, Öl 22 Braun–/Steinkohle 65,4 brauchs von 2003 bis Kernenergie 39,6 Kernenergie 23,8 zum Jahr 2050 aus. Primär 22,5 Gas 8,1 2003 Wasserkraft, Sonstige 15,9 Wasserkraft, Sonstige 2,7 2050 Umsatz 2005 10,7 Mrd.€ Umsatz 2005 41,8 Mrd.€ 4 S_04-05_energieseite 16.06.2006 9:04 Uhr Seite 3

Abhängigkeit der deutschen Energieversorgung von Importen bei Royal Dutch Shell Umsatz 2005: •Uran: 100% 379 Milliarden US-Dollar. Gewinn 2005: •Mineralöl: 97% 25,3 Milliarden US-Dollar. •Gas: 83% •Steinkohle: 61%

Ein Deutscher verbraucht rein rechnerisch in seinem Foto: Corbis Leben: 225 t Braun- und Steinkohle 116 t Mineralöl 40 t Stahl 1,1 t Kupfer Erdgas ist leichter als Luft (oben: Ein chinesischer Junge transportiert 200 kg Schwefel gestohlenes Erdgas in einem großen Plastiksack). Erdölförderung in Deutschland

Deutsche Nordsee: 97 437 Tonnen „At present, atomic power presents an exceptionally costly and in- convenient means of obtaining energy which can be extracted more economically from conventional fuels ... The economics of atomic power are not attractive at present,nor are they likely to be for a long time in the future.This is expensive power, not cheap power as the public has been led to believe.“ C.G. Suits (Vizepräsident und Director Zwischen und Weser: 213 852 Tonnen of Research von General Electric, in einer Rede im Dezember 1950)

Zwischen Oder / Neisse und Elbe: 30 460 Tonnen Die „5M“ in Brunsbüttel ist die größte Windmühle der Welt. Ihre Rotorspitzen reichen bis in eine Zwischen Weser und Ems: 387 425 Tonnen Höhe von 183 Metern. Westlich der Ems: 725 153 Tonnen Das saudi-arabische Ghawar ist das größte Ölfeld der Welt. Dort werden pro Tag fünf Millionen Barrel gefördert, was etwa sechs Prozent der Weltproduktion entspricht. Oberrheintal: 54 221 Tonnen Der Abriss eines Kernkraft-

werks kostet durchschnitt- Alpenvorland: 35 004 Tonnen lich 500 Millionen Euro.

Weltweit gibt es 450 Kernkraft- werke. Bei etwa einem Drittel gibt es wegen der Bauart oder veralteter Technik Versicherungs- Gesamt: 3 799 276 Tonnen / Jahr probleme. S_06-09_Litvin 14.06.2006 16:57 Uhr Seite 2

MEHRKAMPF

Ölplattform in der Nordsee. S_06-09_Litvin 14.06.2006 16:57 Uhr Seite 3

„ES IST EIN MACHTSPIEL“

Manchmal geht es schon zu wie im Kalten Krieg, es kann aber noch schlimmer werden.Warum Energie- fragen Bündnisse verändern können, weshalb der Atomausstieg vielleicht keine gute Idee ist und was das alles mit China zu tun hat, weiß der britische Energieexperte Daniel Litvin. Interview: Dirk Schönlebe

Herr Litvin, um Öl, Kohle, Gas oder verstärkt in erneuerbare Energien inves- Uran kümmert sich in Deutschland tieren.Wieder andere sagen,dass nichts da- oder Frankreich mehr der Außen- als von das Problem wirklich lösen werde und der Energieminister.Wie kommt das? der Westen größtmögliche Anstrengun- Diese Entwicklung hat vor allem mit den gen unternehmen müsse, um politische immer höher steigenden Ölpreisen zu tun. Stabilität und kontinuierliches wirtschaft- Ein Barrel Öl kostet heute um die 70 liches Wachstum in den sich entwickelnden Dollar, vor wenigen Jahren waren es noch Energie-Exportländern sicherzustellen. nicht mal 30 Dollar. Diese hohen Preise Einfach gesagt:Lateinamerika und der Na- bedeuten, dass die wirtschaftliche Auswir- he Osten sollten stabile,wohlhabende De- kung von Energiefragen auf Importlän- mokratien sein, die wachsen und gedei- der beträchtlich ist,so dass sich tatsächlich hen, dann hätten wir das Problem gelöst. nicht mehr Verwaltungsbeamte des Ener- Und? Wer hat Recht? gieministeriums damit beschäftigen, son- Es muss eine Kombination sein. Im Au- dern der Außenminister, der Ministerprä- genblick scheint es mir nicht so zu sein, sident oder gar der Präsident. dass erneuerbare Energien allein dieses Was bedeutet das für die deutsche Problem lösen werden – sie sind noch oder die britische Außenpolitik? längst nicht so effizient nutzbar wie Öl, Es geht um die Sicherung der Energiever- Gas oder Kohle.Am meisten vernachlässigt sorgung. Niemand kann mehr selbstver- wurde bisher die Frage, wie man in den ständlich davon ausgehen, dass die Versor- Energie exportierenden Ländern für stabile gung mit Öl oder Gas auch in zehn Jah- Verhältnisse sorgen kann. Der Westen hat ren noch garantiert ist. Das erfordert eine die Ressourcen dieser Länder über viele grundlegende politische Debatte. Jahrzehnte hinweg ausgebeutet,ohne aus- Was gibt es zu besprechen? reichend darauf zu achten, dass die ausge- Die Diskussion um sichere Energieversor- nutzten Länder davon zumindest zufrie- gung ist nicht theoretisch oder akademisch, denstellend wirtschaftlich profitierten. sie betrifft unseren Alltag. Es geht darum, Für das Ausnutzen wurde der Begriff ob wir fernsehen,heizen und mit dem Au- des „Energie-Imperialismus“ ge- to zum Einkaufen fahren können. prägt. Ist das nicht etwas übertrieben? Wie können wir sicherstellen dass das In Afrika, wo das Gedränge um Ressour- auch in zehn Jahren noch geht? cen gerade am heftigsten ist,hat das durch- Einige sagen,die Energieversorgung könn- aus Ähnlichkeiten mit dem „Wettlauf um te besser sichergestellt werden,indem man Afrika“ in der Zeit des Imperialismus.Da- neue Kernkraftwerke baut.Andere wollen mals versuchten Großbritannien,Deutsch-

7 Foto:Agentur laif S_06-09_Litvin 14.06.2006 16:57 Uhr Seite 4

MEHRKAMPF

land, Portugal und Frankreich, sourcen zu gelangen – mit politisch sehr instabil sein. Es tiger Hilfe für die Exportländer sich ihr Territorium in Afrika ab- dem Iran, dem Sudan oder könnte etwas Ähnliches passieren einem viel größeren öffentlichen zustecken – mit oft sehr unan- mit Australien. Wie sollen wie in Bolivien und Venezu- Druck ausgesetzt.Daher kann es genehmen Konsequenzen für die sich die westlichen Länder da ela: dass eine neue Regierung sein, dass sie kurzfristig einen afrikanische Bevölkerung. verhalten? kommt,die entweder die auslän- Wettbewerbsnachteil haben.Wer Im Imperialismus ging es sich weniger mit moralischen aber auch darum, die Länder Fragen aufhält, hat weniger Pro- zu Kolonien zu machen. bleme, einen Vertrag mit einer Es gibt natürlich auch große Un- Regierung zu schließen,die sich terschiede zwischen damals und nicht so sehr um Menschenrech- heute. Heute geht es um indi- te kümmert. rekte politische Einflussnahme, Gibt es dafür Beispiele? das hat große Auswirkungen auf Der Sudan. Dort haben sich ei- die Volkswirtschaften dieser afri- nige westliche Investoren zu- kanischen Länder. Einerseits ist rückgezogen, die dann sofort es natürlich großartig für viele durch chinesische Interessenten dieser Länder, dass so viel Geld ersetzt wurden. dort investiert wird – es hängt Wenn es um Energie geht, aber davon ab, wer wirklich von sind die Zeiten also schlecht diesen Investitionen profitiert.Es für Anstand, Moral und Men- ist ja kein Geheimnis, dass zum schenrechte. Beispiel rund um Ölprojekte die Auf jeden Fall bedeutet verstärk- Korruption blüht. ter Wettbewerb um Energieres- Momentan scheinen fast nur sourcen, dass Fragen der Men- die Regierungen und Eliten schenrechte und der gesellschaft- zu profitieren. lichen Entwicklung auf der Würde man verallgemeinern Agenda nach unten rutschen. wollen, wäre das wohl sehr nahe Ist daran nur die Konkurrenz an der Wahrheit. durch China schuld? Also doch ein neuer Impe- China trägt eine Teilschuld,aber rialismus, diesmal mit den der Westen sollte schon selbstkri- Eliten als Marionetten? tisch genug sein,um den eigenen Für die Menschen in den betrof- Anteil zu erkennen.Regime und fenen Ländern muss es so ausse- Länder des Nahen Ostens waren hen. In Venezuela oder Bolivien und sind für die wirtschaftliche werden Ölfirmen genau deshalb Stabilität und sichere Energiever- verstaatlicht – weil die bestehen- Verdichtungsstation des deutsch-russischen Erdgasversorgers sorgung des Westens von großer Wingas in Eischleben bei Erfurt. den Vereinbarungen diese Länder Bedeutung. Der Westen hat ein zu sehr an Imperialismus erin- Auge zugedrückt, wenn es um nern. Es gibt aber auch Unter- Es ist eine sehr große Herausfor- dischen Ölanlagen und Vermö- mangelnde Respektierung der schiede. So hatten die imperia- derung für den Westen.Für man- genswerte verstaatlicht oder zu- Menschenrechte und mangeln- listischen Mächte und die gro- che Länder besteht sogar die Ge- mindest hohe Steuern erheben de Demokratiebereitschaft ging. ßen Investoren eigene Armeen fahr, dass sie unter dem starken wird, um ausländischen Firmen Konkret: An welche Länder und keinen Respekt vor den Konkurrenzdruck nicht in der die Geschäfte zu erschweren. denken Sie? Menschenrechten. Lage sein werden, sich die Ener- Kümmert man sich um morali- Ein Beispiel ist die Beziehung des Ölfirmen haben nach wie vor gie zu sichern,die sie benötigen. sche Fragen und stabile Verhält- Westens zu Saudi-Arabien. Das den Ruf, Profite über Men- Ist neben dem Streben nach nisse durch gerechte Verteilung saudische Regime hat derzeit, schenrechte zu stellen. sicherer Energieversorgung der Einnahmen in den exportie- wie viele andere Länder auch,mit Lassen Sie es mich so sagen: Es dann noch Platz für Moral in renden Ländern, so schafft man islamischem Fundamentalismus passieren immer noch üble Din- der Außenpolitik westlicher langfristig ein sichereres Umfeld zu kämpfen. Mehr als die Hälfte ge, aber auf der Skala des Bösen Staaten? für die eigenen Investitionen. der Attentäter vom 11. Septem- rangieren die unter dem,was zur Vernachlässigt man moralische Und kurzfristig? ber 2001 waren saudische Staats- Zeit des Imperialismus geschah. Fragen, um kurzfristig an Öl zu Durch den Wettbewerb mit den angehörige. Ein mächtiger neuer Kon- gelangen, oder beutet man die Chinesen und anderen asiati- Daran sind das Öl schuld und kurrent auf dem Energie- Bevölkerung eines Landes zu schen Staaten ist alles viel kom- der Westen? markt ist China, das praktisch Gunsten korrupter Eliten weiter plizierter geworden. Westliche Man kann es so sagen:Es gibt po- auf der ganzen Welt Verträge aus, wird dieses Land langfristig Ölfirmen sind in Fragen der mo- litische und soziale Spannungen

schließt, um an Energieres- mit großer Wahrscheinlichkeit ralischen Standards und nachhal- in energiereichen Ländern, die Fotos: picture alliance, privat

8 S_06-09_Litvin 14.06.2006 16:57 Uhr Seite 5

mit größerer Wahrscheinlichkeit „Kernkraft auszu- tenden geopolitischen Verände- für Deutschland, dass es darüber einen kritischen Punkt errei- rungen führen, zur Neuausrich- einen politischen Prozess gibt chen, wenn ausländische Inves- schließen tung auch von Bündnissen zwi- und die Menschen, die Kern- toren zu lange zu eng mit Regi- bedeutet, einen schen Staaten. Das muss nichts kraft ablehnen, sich einbringen mes kooperieren, die keine ech- Spielchip aus der Schlechtes sein. Die Geschichte können. Aber: Das Abwägen ten Vertretungen ihrer Völker zeigt, dass Staaten weniger dazu zwischen Umweltfragen und der sind.Das Interessante am Beispiel Hand zu geben.“ neigen, Konflikte mit militäri- Energiesicherheit muss mehr ein Saudi-Arabien ist, dass es bisher schen Mitteln auszutragen, je Gegenstand öffentlicher Debatte sogar eher weniger zu instabilen Energiefragen zu tun – damit, vielfältiger und tiefer ihre wirt- werden. ● Verhältnissen in Saudi-Arabien Energieressourcen zu kontrollie- schaftlichen Beziehungen sind, geführt hat als zu internationaler ren, zum Beispiel im Kaukasus. weil es eine gegenseitige Abhän- politischer Instabilität.Viele Ar- Öl ist für viele Länder von ent- gigkeit gibt. gumente in der Propaganda von scheidender wirtschaftlicher Be- Gerade die EU-Staaten wer- al-Qaida haben mit der engen deutung, daher sind sie wohl den immer abhängiger von Verbindung zwischen der US- bereit, dafür auch in den Krieg Energie-Importen. Wo ist Regierung und der Regierung zu ziehen. denn da die Gegenseitigkeit? Saudi-Arabiens zu tun. In Europa erregte zuletzt Diese Abhängigkeit gibt es, kei- Öl wird irgendwann ausge- Aufsehen, dass der russische ne Frage. Aber nehmen wir an – hen im Nahen Osten.Was ge- Konzern Gasprom der Uk- eine reine Spekulation meiner- schieht dann? raine das Gas abstellte.Viele seits –, dass Russland in 15 Jah- Dafür gibt es zwei Szenarien.Das verstanden das als politisches ren große Vermögenswerte in der eine ist: In fünfzig oder sechzig Druckmittel. Energiewirtschaft besitzt, zum Jahren wird das Geld,das Staaten Das hatte in der Rhetorik etwas Beispiel Gasverteiler-Netzwerke. wie Saudi-Arabien,Irak oder der vom Kalten Krieg. Russland Dann ist es auch für einen Gas- Iran durch den Export von Ener- schätzte vollkommen falsch ein, exporteur wie Gasprom von gro- gieträgern eingenommen haben, wie der Westen auf die Entschei- ßer Bedeutung,dass seine Märk- zu einer Entwicklung und Ver- dung im Januar reagieren würde, te sicher sind.Westliche Regie- besserung der wirtschaftlichen die Gaslieferungen an die Ukrai- rungen hätten als Druckmittel Situation in diesen Ländern auf ne einzustellen. Aus russischer die Möglichkeit,im schlimmsten breiter Basis geführt haben. In Sicht war das nur ein logischer Falle diese Vermögenswerte zu diesem Fall wird es ihnen nichts Schritt auf dem Weg, die Preise nationalisieren oder Verträge mit ausmachen, wenn die Vorräte so für Lieferungen an die Ukraine Gasprom aufzukündigen. gering sind, dass es nicht mehr an den Weltmarktpreis anzuglei- Also ähnlich zu reagieren wie wirtschaftlich sein wird, sie aus- chen. Was die russische Seite Venezuela heute. zubeuten. Das andere Szenario: nicht bedachte, war, wie das die Genau.Also haben beide Seiten Die derzeitige Situation wird sich westlichen Energieverbraucher etwas zu verlieren. Oder die im- fortsetzen.Das heißt:Diese Län- sehen würden.Viele Russen wie- portierenden Länder wenden sich der werden hauptsächlich vom derum denken, der Westen habe woandershin. Bleiben wir beim Energiesektor abhängig sein,weil überreagiert. Gas: Es gibt eine Menge Gas in sie Schwierigkeiten haben,ande- Also war alles nur ein Pro- Nordafrika und im Nahen Os- re Wirtschaftszweige zu entwi- blem der Sichtweise? ten. Es dauert, die notwendige ckeln.Wenn dann das Öl ausgeht, In der freien Marktwirtschaft ist Infrastruktur aufzubauen,aber es Daniel Litvin, 34,war Korrespon- bricht ihre Wirtschaft zusammen die Wahrnehmung ebenso wich- würde funktionieren. Oder der dent für Energie- und Umweltthe- – mit noch negativeren Folgen tig wie die Realität.Das wieder- Westen kümmert sich verstärkt men des britischen Wirtschaftsmaga- für ihre politische Situation. um ist die Ähnlichkeit zum Kal- um erneuerbare Energien und zins „The Economist“. Heute berät Welches Szenario ist realisti- ten Krieg. So wichtig wie die Kernkraft. Es ist einfach ein er global operierende Unternehmen scher? Realität war da,was beide Seiten Machtspiel. in Fragen sozialer Verantwortung. Wenn man die derzeitigen Trends für real hielten.Daher ist es in all Deutschland hat den Ausstieg Unter anderem war er politischer Be- nimmt: das zweite. den Energiefragen unserer Zeit aus der Kernenergie beschlos- rater für Rio Tinto, den weltgrößten Klingt nicht gut. von großer Bedeutung, dass die sen. Hat das einen Einfluss Bergwerkskonzern.Von Litvin er- Kann man so sagen. betroffenen Seiten miteinander auf die deutsche Position in schien zuletzt: „Weltreiche des Pro- Wird es Krieg um Energieres- reden,viel mehr,als das bisher der diesem Machtspiel? fits. Die Geschichte von Kommerz, sourcen geben? Fall ist. Kernkraft auszuschließen bedeu- Eroberung und Globalisierung“. Öl und Konflikte sind in den Können Energiefragen beste- tet ganz klar, einen Spielchip aus Daniel Litvin lebt in London. letzten hundert Jahren immer hende Bündnisse verändern? der Hand zu geben. Die Kern- eng verbunden gewesen. Viele Auch da spielt China eine große kraft ist mit vielen Umweltfra- ☞ Auf www.fluter.de: Schwarzer militärischen Entscheidungen im Rolle.Veränderungen auf dem gen verbunden,Fragen der öffent- Stoff – wie groß ist der Öldurst der Zweiten Weltkrieg hatten mit Energiemarkt können zu bedeu- lichen Akzeptanz.Es spricht sehr US-Amerikaner?

9 ZAHLTAG

Die Rechnung, bitte

Meistens fühlt es sich so an, als könnte nichts auf der Welt mehr Energie kosten, als in der Früh aufzustehen.Wir haben trotzdem mal nachgeschaut, was an einem normalen Tag so anfallen kann. Text:Susanne Klingner Fotos: Silke Weinsheimer

7:20 Kaffee kochen Um 7:30 Zähne putzen, du- 7:50 zur Schule mit Musik 10:30 große Pause (20 Mi- Wasser für zwei Tassen Kaffee zu schen Drei Minuten duschen: im Ohr Ein CD-Player mit ei- nuten), Handy anmachen kochen, verbraucht man 0,03 60 Liter Wasser und 2 kWh ner Leistung von 25 Watt ver- um SMS zu lesen An vielen Kilowattstunden (kWh) – Str om muss man ins Wachwer- braucht in zwei Stunden 0,05 Geräten, die mit Strom oder ei- nicht viel und mit nur knapp ei- den investieren,1 kWh kostet 15 kWh.Wer einen iPod benutzt, nem Akku betrieben werden,ist nem halben Cent Kosten auch Cent. Dann: Zähne putzen. Da- kann ihn an den Computer die (Strom-)Leistung vermerkt, günstiger als der „double white bei den Wasserhahn zu, danach anschließen und zum Laden den also eine Watt-Zahl oder eine medium cappuccino with cinna- die Hände kalt waschen – spart Computer anlassen. Der ver- Angabe in Voltampere.Ein Han- mon to go“. im Jahr rund 250 kWh und an braucht bei 100 Watt Leistung in dy eine Stunde lang zu benut- die 40 Euro. Und: 10 000 Li- den vier Stunden, in denen sich zen verbraucht demzufolge et- ter Trinkwasser der iPod auflädt, 0,4 kWh. Das wa 3 Watt, also 0,003 kWh. In laufen nicht un- errechnet sich ganz einfach: 100 der großen Pause also dann ent- genutzt in den Watt x 4 Stunden = 400 Watt pro sprechend 0,001 kWh. Abfluss. Stunde = 0,4 Kilowattstunden.

Tagesbilanz: Wenn man diesen Tagesablauf zugrunde legt, dann verbraucht jeder von uns etwa 8 kWh Energie pro Tag.Annehmlichkeiten wie beleuchtete und be- heizte Gebäude, die Fahrt mit der U-Bahn und im Aufzug oder das gekühlte Getränk in der Bar sind da noch nicht enthalten. 2005 wurden in Deutschland 519,8 Milliar- den kWh Strom verbraucht, pro Person mehr als 17 kWh pro Tag.Für 17 kWh muss man auf dem Fahrrad mit Akku 170 Stunden lang strampeln. Ein Quadratmeter Pho- tovoltaik-Anlage in Deutschland muss vier Wochen lang dafür laufen.Alle Windkraft- anlagen in Deutschland produzieren in einer Sekunde diesen Tagesbedarf für 50 Men- schen. Das Kernkraftwerk Neckarwestheim allein kann in einer Sekunde den Tagesbe- darf an Strom von 30 Menschen abdecken. 12:00 Mittagessen Ob Sup- 18:00 Fernsehen Der Deut- 22:00 TV, PC, Stereoanla- 23:00 Licht aus und ab ins pe, Pasta oder Eintopf: Mittages- sche sieht täglich 3 Stunden 40 ge aus statt Standby Ein Bett Eine normale Glühlampe sen für zwei zu kochen ver- Minuten fern,der Fernseher ver- Haushalt mit einem Fernseher, verbraucht eine Kilowattstunde braucht 0,5 kWh. Fällt der Strom braucht dabei 0,5 kWh. In 95 einer HiFi-Anlage,einem Anruf- in 17 Stunden, eine Stromspar- mal aus,könnte diese halbe Kilo- Prozent der gut 39 Millionen beantworter und einem Compu- lampe die gleiche Strommenge wattstunde auch der Freund oder deutschen Haushalte steht ein ter verbraucht allein für den in 90 Stunden. Eine Glühlampe die Freundin des Kochs erzeu- Fernseher. Ohne Zweit- und Standby-Betrieb dieser Geräte 50 durch eine Energiesparlampe zu gen, beispielsweise mit einem Drittgeräte stehen in Deutsch- Watt am Tag. Würde man die ersetzen kann im Jahr rund 250 Hometrainer, der an einen Akku land mindestens 37 Millionen Geräte richtig abschalten, könn- kWh Strom sparen. angeschlossen ist.Allerdings soll- Fernseher, die bei täglich 3,5 ten 440 kWh im Jahr eingespart te das schon in der Früh ausge- Stunden Betrieb 18,5 Millionen werden, das wären – bei einem macht werden – man muss fünf kWh verbrauchen – fast 7 Milli- kWh-Preis von 0,15 Euro – 66 Stunden Fahrrad fahren, um die arden kWh im Jahr. Das KKW gesparte Euro im Jahr. halbe Kilowattstunde zu er- Neckarwestheim produziert 17 strampeln. Milliarden kWh Strom im Jahr.

3 Minuten duschen 2,000 kWh 0,30 Euro 1 Tasse Kaffee 0,015 kWh 0,00225 Euro 5 Stunden Handy 0,005 kWh 0,00075 Euro 3,5 Stunden Fernseher 0,500 kWh 0,075 Euro 5 Stunden PC, Drucker, Bildschirm 1,000 kWh 0,15 Euro 5 Stunden zwei Glühlampen à 60 W 1,200 kWh 0,18 Euro Mittag- und Abendessen kochen 0,500 kWh 0,075 Euro 15 Minuten Aufzüge, Rolltreppen etc. nutzen 0,500 kWh 0,075 Euro Durchschnittspreis für 1 kWh: 15 Cent. Standby-Betrieb von PC,TV,HiFi-Anlage 0,050 kWh 0,0075 Euro Geschirrspüler 1 Füllung 1,000 kWh 0,15 Euro

6,770 kWh 1,0155 Euro 11 S_12-13_wuppertal_atom 14.06.200617:00UhrSeite2 KERNK OMPETENZ Der HochtemperaturreaktorHTRHamm-Uentropin W estfalen. Unten: Arbeiter inder T urbine desK ernkraftwerks PierrelatteinFrankr eich.

Fotos: Corbis Agentur blickwinkel S_12-13_wuppertal_atom 14.06.2006 17:00 Uhr Seite 3

Auf eigene Gefahr

Der Ausstieg aus der Kernenergie ist beschlossen. Damit muss aber noch längst nicht alles entschieden sein. Es gibt Gesprächsbedarf. Text: Christoph Leischwitz

ernenergie bietet, was viele gerade von Kernkraftwerken überdurchschnittlich werden. Die Nachfrage nach Energie dürfte dringend suchen:einen sicheren Ar- viele Fälle von Leukämie diagnostiziert. Es nicht steigen – oder anders ausgedrückt: In Kbeitsplatz. Und das, obwohl die rot- ist allerdings schwer,eine direkte Verbindung Sachen Einsparung und Effizienz muss künf- grüne Bundesregierung vor sechs Jahren be- zwischen der Erkrankung und dem KKW tig deutlich zugelegt werden. Der Ausstieg schloss, bis zum Jahr 2023 die 17 deutschen nachzuweisen.Auch die Umwelt wird belas- aus der Kernenergie soll das fördern. Kernkraftwerke (KKW) vom Netz zu neh- tet, wie das Beispiel Sellafield in Nordeng- In letzter Zeit scheint die Kernkraft wieder men, die derzeit noch laufen. 19 weitere land zeigt:Dort stehen zwei Wiederaufberei- gesellschaftsfähig zu werden. Ein Grund ist KKWs sind bereits stillgelegt oder wurden tungsanlagen, auch radioaktiver Müll wird der immer weiter steigende Ölpreis. Gleich- nie richtig genutzt. hier gelagert. Im April 2005 wurde ein Leck zeitig scheint der Klimawandel durch Hurri- Dadurch gehen zunächst gut 17 000 Arbeits- entdeckt,aus dem monatelang Radioaktivität kan- und Hochwasserkatastrophen langsam plätze verloren. Allerdings können KKWs entwich. Uran und Plutonium wurden zwar sichtbar zu werden. Ein starkes Argument nicht so einfach abgerissen werden wie nutz- aufgefangen, die Strahlenbelastung lag unter dafür, den Kohlendioxid-Ausstoß zu verrin- los gewordene Fabrikhallen – zu viel radio- dem kritischen Grenzwert.Trotzdem werden gern,um den Treibhauseffekt nicht weiter zu aktive Strahlung würde auf einmal frei wer- Tauben, die in der Nähe verendet sind, als steigern. Bei der CO2-Reduktion kann die den.Für einen sicheren,stufenweisen Rück- Sondermüll behandelt, teilweise ist auch das Kernkraft wenig helfen,da mit ihr kaum Erd- bau aber benötigt man Ingenieure und Ar- Meer belastet. öl ersetzt werden kann: Mit Strom können beiter,und das fast bis zum Ende unseres Jahr- derzeit nur wenige Autos angetrieben wer- hunderts. Sichere Arbeitsplätze eben. „Letztlich ist es die den. Auch das Argument, Kernkraft sei die Kernenergie brachte und bringt eine Reihe billigste Energiequelle, ist nicht bewiesen. von Schwierigkeiten mit sich.So kann Atom- Frage, welche Risiken „Die Hersteller sagen, man könne Kern- müll mehrere Millionen Jahre lang weiter ra- kraftwerke jetzt günstiger bauen.Aber in der dioaktiv strahlen,deshalb muss er an sicheren die Gesellschaft in Vergangenheit haben die Hersteller immer Orten gelagert werden.Außerdem ist Uran, Kauf nehmen will.“ falsch gelegen“, meint Irrek. das Schwermetall, das für die Kernspaltung Der Umbau von Kernkraftwerken kostet zu- benötigt wird, ein natürlicher Rohstoff, der dem oft mehr als der Neubau,die Kosten für zur Neige geht – Schätzungen auf der Basis Die Gefahren sind bekannt,doch wie geht man eine spätere Endlagerung sind noch gar nicht der bekannten Vorkommen gehen davon aus, mit ihnen um? „Die Kernkraft ist eine Sache, abzusehen. Ganz sicher wären sie aber – dass das zwischen 2030 und 2050 geschehen die man politisch lösen muss. Letztlich ist es ebenso wie die Strahlung selbst – eine Dau- wird. Deutschland muss Uran importieren, die Frage,welche Risiken die Gesellschaft in erbelastung. Radioaktivität ist außerdem die größten Uranminen liegen in Russland, Kauf nehmen will“,sagt Wolfgang Irrek,Ex- nicht nur ein zeitloses, sondern auch ein Australien, den USA und in einigen afrika- perte für Energiepolitik am Wuppertal Insti- grenzenloses Problem. China zum Beispiel nischen Staaten.Ein Super-GAU (GAU steht tut für Klima, Umwelt, Energie. wird in den nächsten Jahren sechs neue Kern- für „Größter Anzunehmender Unfall“) wie Für die Diskussion des Risikos ist mitent- kraftwerke bauen, langfristig sogar mehr als in Tschernobyl 1986 hat – bei der Laufzeit ei- scheidend: Geht es ohne Kernkraft? Ein zwanzig.Doch mögliche Gefahren liegen viel nes KKW von 40 Jahren – laut „Ärzte gegen glaubhaftes Szenario für die Jahre um den näher. Allein in Frankreich sind noch 59 Atomkraft“ eine Wahrscheinlichkeit von et- Ausstieg zu entwerfen ist beinahe so kom- Reaktoren in Betrieb. In Tschechien gibt es wa 0,1 Prozent. pliziert,wie einen Atomkern zu spalten.Zu- zwar nur zwei, doch allein in Temelin haben Bei der Entscheidung für oder gegen die mindest das Wuppertal Institut kommt zu sich schon mehr als 100 offizielle Störfälle er- Kernenergie spielt eine wichtige Rolle, wie dem Schluss: Ja, es geht ohne. Doch dafür eignet. Temelin liegt 230 Kilometer von sehr Kernkraft den Alltag beeinträchtigt. müssen zahlreiche Voraussetzungen erfüllt München entfernt. Denn gesundheitsgefährdend kann Kern- werden: Der deutsche Energiegewinn aus energie auch sein, ohne dass es zu einem Erdgas muss im Vergleich zum Jahr 2005 fast ☞ Auf www.fluter.de: Homer Simpsons neue GAU kommt. So werden in der Umgebung verdoppelt, der aus Biomasse verfünffacht Kollegen – eine Ingenieursausbildung im KKW. Fotos: Corbis,Agentur blickwinkel

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ERSATZSTOFFE

Unsere Reservebank Wenn es keine Kohle und kein Öl mehr gibt, sollen Wind,Wasser und Sonne für Licht,Wärme und Strom sorgen. Können sie das? Text: Kathrin Steinbichler

armen Dienst arbeitet an der Zu- lich höher, der von Erdgas ungefähr gleich- kunft. Daran, dass es in Zukunft ge- auf. Cnug Energie gibt, damit die Men- Zu den gut zwölf Prozent steuern Wind- (44 schen das Licht anschalten,Auto fahren oder Prozent) und Wasserkraft (38 Prozent) mit E-Mails verschicken können. Die 34-Jähri- Abstand am meisten bei.Die Energiegewin- ge leitet die Forschungsgruppe „Zukünftige nung aus Biomasse (derzeit gut 17 Prozent) Energie- und Mobilitätsstrukturen“ am Wup- gilt als ausbaufähig, die imageträchtige Son- pertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. nenenergie dagegen ist mit einem Prozent In 40 Jahren wird die Ölförderung an ihre Versorgungsanteil derzeit weit abgeschlagen. Grenzen stoßen, in 50 Jahren sind die Erd- „Solarenergie ist in Deutschland im Gesamt- gasvorräte, in 200 die Kohlevorkommen er- zusammenhang eher ein Tropfen auf den hei- schöpft.Das zumindest schätzen das Bundes- ßen Stein“, sagt daher auch Carmen Diensts Glen Canyon Dam in Arizona: M umweltministerium und die Bundesanstalt Kollege Gerhard Wohlauf.Zwar hat auch das für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Wuppertal Institut eine kleine Photovoltaik- Bis dahin soll die Energiegewinnung aus er- anlage auf dem Dach, die immerhin rund maschädigung nicht der Weg sein. Das Wup- neuerbaren Ressourcen in der Lage sein, für 2700 Kilowattstunden im Jahr erzeugt und pertal Institut bezeichnete es in einem Be- Ersatz zu sorgen. Das bedeutet: Strom,Wär- wenigstens vier der 140 Arbeitsplätze des In- richt zum Energiegipfel der Bundesregierung me und Kraftstoff müssen dann durch Wind- stituts mit Strom versorgt. Carmen Dienst im April 2006 daher auch als unrealistisch, oder Wasserkraft, Biomasse, Erdwärme und ordnet sie realistisch ein. „Das ist wichtig“, „gleichzeitig den beschlossenen Ausstieg aus Sonnenstrahlen gewonnen werden. Carmen sagt sie, „aber vor allem ein Zeichen.“ der Atomenergie zu vollziehen und den Er- Dienst ist da zuversichtlich: „Es ist möglich, Sehr viel wichtiger ist es, die Wirtschaftlich- satzbedarf nur durch zentrale Großkraftwer- die Versorgung mit erneuerbaren Energien keit der erneuerbaren Energien deutlich zu ke auf Basis von Kohle oder Erdgaskraftwer- zu gewährleisten – wenn gleichzeitig daran steigern, die Bundesregierung hat für 2020 ke zu ersetzen“. Das heißt:Wenn nicht der gearbeitet wird,die Effizienz zu verbessern.“ einen Anteil von 25 Prozent an der Strom- Anteil erneuerbarer Energien am Ener- Noch sind die erneuerbaren Energieträger produktion als Ziel formuliert. Erdöl und gieumsatz deutlich gesteigert und gleichzei- längst nicht so weit.Zum Stromverbrauch in Erdgas – sobald diese nicht mehr gefördert tig die Effizienz der Nutzung erhöht wird, Deutschland liefern sie derzeit nur gut zwölf werden können – als beliebig verfügbare Ener- reicht die Energie in absehbarer Zeit nicht Prozent, die Anteile von Kernenergie (26,4 gieträger mit Kohle auszugleichen kann we- mehr, um fernzusehen, die Wäsche zu wa- Corbis Prozent) sowie Braun- und Steinkohle (zu- gen des massiven CO2-Ausstoßes bei der Ver- schen oder nach der Arbeit ein Vollbad neh- oto:

sammen mehr als 46 Prozent) liegen deut- brennung und der damit verbundenen Kli- men zu können. F

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a: Mit der hier gewonnenen Elektrizität werden die US-Bundesstaaten Wyoming, Colorado, Utah, New Mexico und Arizona versorgt.

Ein wichtiges Instrument zur Stärkung der Marktposi- Energieträger Reichweite/Jahre ca. tion der erneuerbaren Energien ist das 2000 beschlos- sene „Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien“, (EEG). Es garantiert den Anschluss von Stromerzeu- Uran 27 gungsanlagen aus erneuerbaren Energien an die allge- meinen Versorgungsnetze und subventioniert den Strom- Erdöl 40 preis aus erneuerbaren Energien (mehr dazu: S.41). Bis 2016 soll die Versorgung durch das EEG so stabilisiert Erdgas 50 werden, dass die Einspeisevergütungen dauerhaft sin- ken und der Strom preislich konkurrenzfähig ist. Steinkohle 170 Carmen Dienst wird dann noch an der Zukunft arbei- ten, daran, die Machbarkeit nachhaltiger Energieprojek- Braunkohle 245 te zu beweisen – der Öffentlichkeit,den Energieunter- nehmen,der Politik.„Es gibt viele Ideen und Ansätze“, Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Die Zahlen sind Richtwerte sagt sie, „aber meist fehlen das Geld, das breite Wissen und orientieren sich am heute bekannten Vorkommen und Verbrauch. Durch Energie- effizienzmaßnahmen können sich alle Zahlen deutlich vergrößern.

Foto: Corbis und manchmal der politische Wille, sie umzusetzen.“

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BILANZPRÜFUNG

Der Sparhaushalt Energieverschwendung muss nicht sein. Ein paar Anregungen. Text: Christoph Leischwitz, Kathrin Steinbichler Illustration: Eva Hillreiner

Die Ressourcen werden knapper,Energie wird bald sehr teuer sein.Die Experten sind sich einig:Energieeinsparung ist ein schlafender Riese.In der Industrie könn- ten allein mit der Installation neuer, effizienterer Geräte Milliarden Euro gespart werden, gleichzeitig würden Millionen Tonnen CO2 weniger in die Atmosphäre gelangen. Für die Privathaushalte gilt dasselbe: 648 Euro beträgt eine durch- schnittliche Jahres-Stromrechnung. In der eigenen Wohnung, im Büro und auf dem Weg zur Arbeit kann man schon sehr viel tun. Es gibt bereits Häuser, die 70 Prozent weniger Kohlendioxid „produzieren“ als der Durchschnitt.

Computer Ein PC verbraucht selbst in der Stand- by-Funktion 15 Watt Leistung.Mit einem neuen Po- wer-Management-System kann man ihn jetzt auf 3,5 Watt „herunterfahren“ – ohne dass man ihn wirk- lich herunterfahren muss.Spart bis zu 30 Euro im Jahr und gilt genauso auch für Drucker und anderes Zu- behör.

Dämmung Wer ein 40 Jahre altes Einfamilienhaus auf den neuesten Stand der Wärmedämmung bringt, spart ungefähr 3000 Liter Heizöl im Jahr,das sind über 1500 Euro Kosten.Ei- ne umweltverträgliche Dämmung mit Holz, Baumwolle oder Zelluloseflocken ist dabei kein Problem mehr.Und wer es gern warm mag in den eigenen vier Wänden, sollte bedenken: Die Erhöhung der Raumtemperatur um ein Grad Celsius bedeu- tet eine Steigerung des Energieverbrauchs um sechs Prozent.

Energiepass Ein Energiepass sieht aus wie eine Quartettkarte und ent- hält die Energie-Eckdaten eines Hauses.Damit kann man abschätzen,wie viel Energiekosten im Jahr auf einen Mieter zukommen. Der Käufer Kühlschrank Neuwertige Kühl- n oder der Mieter eines Hauses kann vor dem Einzug diesen Pass einsehen, schränke verbrauchen bis zu 90 Pro- t seit 2006 ist der Pass für Neubauten Pflicht.Allerdings gibt es noch zu zent weniger Energie als jene, die t viele verschiedene Pässe mit unterschiedlichen Angaben. Die Deutsche zehn Jahre alt sind.Alte Kühlschrän- V Energie-Agentur versucht jetzt, eine einheitliche Form zu etablieren. ke in Normalgröße verbrauchen a Strom für 18 Cent am Tag, neue nur n 16 S_16-17_wuppertal_sparen 14.06.2006 17:03 Uhr Seite 3

Sonnendach Je höher der Preis für Heizöl und Erdgas steigt,um so schnel- ler können sich Sonnenkollektoren auf dem Dach bezahlt machen – für den eigenen Geldbeutel und die Umwelt. Nach vier bis acht Jahren rech- net sich die etwa 5000 Euro teure Anschaffung,die im Durchschnitt sechs Quadratmeter groß ist.Etwa 300 Liter Heizöl im Jahr kann sparen,wer So- larenergie für die Warmwasseraufbereitung nutzt.

Beleuchtung Es gibt viele Möglichkeiten,bei der Beleuchtung Ener- gie zu sparen: Sparlampen und Bewegungsmelder gehören dazu, Dimmer, die einfallendes Tageslicht messen und berechnen, wie viel die Lampe noch selbst leisten muss. Es lohnt sich, alles zusammen einbauen zu lassen,wie etwa beim Solar&Spar-Schulprojekt in Nord- rhein-Westfalen.Das Aggertal-Gymnasium in Engelskirchen spart so mehr als 10 000 Euro.Auch in einem Vier-Personen-Haushalt han- delt es sich da schon nach wenigen Jahren um mehrere tausend Euro.

Standby Elektrogeräte wie Anrufbeantworter oder DVD-Spie- ler benötigen im „Leerlauf“ immer noch bis zu 100 Watt Leis- tung. Im Schnitt geben deutsche Haushalte pro Jahr rund 70 Euro für Standby-Funktionen aus. Das meiste Geld spart, wer einfach den Stecker zieht – würden das alle tun, könnte ein Kernkraftwerk in Deutschland abgeschaltet werden. Immerhin soll es bald Vorrichtungen geben, die für alle Geräte einen Ein- Watt-Verbrauch im Ruhezustand garantieren.

Umwälzpumpen Jede Heizungsanlage hat eine so genann- te Umwälzpumpe, die Energie in Wärme umwandelt. Diese Pumpen sind oft die größten Energiefresser überhaupt. Die neuesten Modelle sind zwar teuer,machen sich aber schnell be- zahlt: Bis zu 80 Prozent Einsparung ist möglich. Hätte jeder Haushalt in Deutschland effiziente Pumpen,könnten zwei bis drei Kernkraftwerke einfach abgestellt werden. Das hat das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie errechnet.

Auto Wer mit dem Auto fährt, verbraucht fünfmal so viel Energie wie ein Zugfahrer,dabei werden pro verbrannten Li- - noch für die Hälfte. Beim Kauf soll- ter Benzin über zwei Kilo CO2 produziert.Mit dem Zug von - te man auf die neuen EU-Label ach- Frankfurt/Main nach Berlin zu fahren verursacht 32 Kilo e ten: Ein A steht für den geringsten CO2-Ausstoß,das Taxi vom Bahnhof inklusive.Mit dem Flug- - Verbrauch,ein G für den größten.Ob zeug sind es fast 95 Kilo. Sparen und Autofahren geht auch: n alt oder neu: Ein Kühlschrank sollte früh schalten,untertourig fahren – dem Motor schadet’s nicht. r nie in der Sonne stehen! 17 S_18-21_Interview 16.06.2006 9:28 Uhr Seite 2

KONZENTRATIONSFRAGE

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„Es fehlt ein langfristiges Energiekonzept“

Professor Dieter Schmitt über die Machtkonzentration der Energiemultis, die Probleme der Sonnenenergie und darüber, warum uns Energie wirklich so wichtig ist. Interview: Johannes Nitschmann Fotos: Silke Weinsheimer

Herr Professor Schmitt, es scheint so, als Wenn die Nutzung von Energieträgern wie auch mit Abnahmeverpflichtungen zu Min- hätten die großen Energiekonzerne den Öl, Gas oder Kohle zu Lasten künftiger Ge- destpreisen im Strombereich oder mit einem deutschen Strommarkt unter sich auf- nerationen geht, ist der Staat gefordert, diese Beimischungszwang in Kraftstoffen geför- geteilt, zu Lasten der Verbraucher. Muss Nutzung zu begrenzen. Auch die Umwelt- dert. Bei der drohenden Erschöpfung von der Staat da nicht etwas unternehmen? belastung – beispielsweise durch Kraftwerke Energieressourcen kann der Staat mit Steu- Wo zu viel Konzentration entsteht, steht der auf Kohle-,aber auch auf Gasbasis – kann nur ern und Auflagen gegensteuern. Staat in der Verantwortung und muss den durch staatliche Eingriffe reduziert werden. Die ehemalige rot-grüne Bundesregie- Missbrauch von Marktmacht verhindern. Über den Marktmechanismus allein haben rung hat den Ausstieg aus der Kern- Nur dann funktioniert das System der Markt- zudem neue Technologien wie regenerative energie beschlossen. Welchen Stellen- wirtschaft, das Angebot und Nachfrage re- wert hat die Atomkraft jetzt noch? gelt. Diese Aufgabe wurde bereits vor Jahr- Auf die Kernenergie entfällt derzeit ein An- zehnten den Kartellbehörden übertragen. „Wir sind nicht der teil von etwa 30 Prozent an der deutschen Können die Kartellbehörden Preismiss- Stromerzeugung.Dieser Anteil geht über je- bräuche in der Energiebranche verhin- Macht der Ölmultis nen des in Braun- und Steinkohlekraftwer- dern? ken erzeugten Stroms deutlich hinaus. Die Ganz generell sind die Kartellbehörden für ausgeliefert, sondern meisten Kernkraftwerke sind bereits steuer- die Kontrolle von Unternehmensfusionen der der Förderländer.“ lich abgeschrieben und der mit ihnen pro- zuständig, aber auch für die kritische Über- duzierte Strom damit ausgesprochen kosten- prüfung der Preisfestsetzung bei Strom und günstig. Außerdem stoßen sie keine klima- Gas. Erst vor kurzem sind sie bei Gasversor- schädlichen Gase aus und sind somit um- gern tätig geworden.In allen Fällen,in denen Energieträger kaum eine Chance,sich gegen weltverträglich. ein Versorgungsunternehmen mehr als 50 die bereits eingeführten durchzusetzen. Sie Kernkraftwerke verursachen aber nicht Prozent der benötigten Gasmenge an einen brauchen daher staatliche Hilfe bei der Markt- unerhebliche volkswirtschaftliche Kos- Abnehmer liefert, sind dessen Lieferverträge einführung. ten. Bis heute muss der Atommüll in zeitlich begrenzt worden. Was kann die Politik da leisten? Deutschland sehr kostenaufwändig zwi- Rohstoffe wie Öl und Kohle werden ir- Der Staat kann per Gesetz Gebote oder Ver- schengelagert werden, weil es immer gendwann erschöpft sein, gleichzeitig bote erlassen, wie zum Beispiel bei der ein- noch kein gesichertes Endlager gibt. ist die Energiefrage untrennbar mit geschränkten Stromerzeugung auf Ölbasis Die Gegner der Kernenergie rechnen bei ei- Umweltschutz verbunden. Müssen oder beim Weiterbetrieb überalterter Hei- nem frühzeitigen Ausstieg mit einem volks- staatliche Eingriffe im Energiebereich zungsanlagen mit schlechtem Wirkungsgrad. wirtschaftlichen Gewinn, weil sich die mit da nicht über die Kontrolle von Preisen Erneuerbare Energien werden mit Subven- dieser Technologie verbundenen Gefahren und Versorgungsnetzen hinausgehen? tionen,also staatlichen Finanzzuschüssen,aber sukzessive verringern.Dies gilt insbesondere

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im Hinblick auf Reaktorunfälle, Anschläge Trotz des Einsatzes immer effizienterer Strom- Für Energieträger oder Energiesysteme, die auf Nuklearanlagen,den weiteren Anfall ra- aggregate steigt der Verbrauch aufgrund der für die Sicherung der Versorgung langfristig dioaktiver Abfälle sowie den Missbrauch von überlegenen Produkteigenschaften dieses Ener- Vorteile bringen, sind Subventionen durch- Kernmaterial für terroristische oder militäri- gieträgers weiterhin Jahr für Jahr an,Strom ist aus zu vertreten. sche Zwecke.Auf der anderen Seite aber wä- universell einsetzbar, bequem und sauber in Fallen regenerative Energien darunter? re die frühzeitige Abschaltung weiterhin be- der Handhabung. Im Übrigen ist eine effizi- Regenerative Energien benötigen eine An- triebsbereiter Kernkraftwerke für die betrof- entere Energienutzung häufig mit Mehrein- schubfinanzierung, um überhaupt am Ener- fenen Unternehmen auch bei Nutzung der satz von Strom verbunden. giemarkt teilnehmen zu können.Subventio- günstigsten Alternativtechnologien aus heu- Wie ist das zu erklären? nen müssen aber immer zeitlich begrenzt tiger Sicht mit der Inkaufnahme höherer Dies gilt beispielsweise für die stromintensi- werden und bis zum Ende der Förderzeit Kosten verbunden, die im Zweifel vom Ver- ve Wärmerückgewinnung,aber auch für den spürbar sinken. Eine öffentliche Förderung braucher getragen werden müssen. Ersatz von Heizöl durch elektrisch betriebe- regenerativer Energieträger macht nur dann Sehen Sie im Augenblick Alternativen ne Wärmepumpen. Sinn, wenn diese auf absehbare Zeit wirt- zur Kernenergie? Wie soll es dann nach dem Kernenergie- schaftlich werden und sich am Markt be- Die indirekten Effekte eines Kernenergie- Ausstieg weitergehen? haupten können. Ausstiegs sind nicht zu unterschätzen.Wenn Als Ersatz für die Kernenergie kommen in Für welche erneuerbaren Energieträger wir mit der Kernenergie eine der wenigen Deutschland realistisch nur der verstärkte ist das realistisch? Alternativen zu Öl, Kohle oder Gas aufge- Einsatz fossiler Energieträger wie Kohle und In Deutschland noch am ehesten für die Bio- ben, stärkt das die Marktposition der Expor- Gas oder eine Ausweitung der regenerativen masse, auch auf dem Wärme- und Kraftstoff- teure, insbesondere jener von Öl und Gas. Energieträger Wind, Biomasse und Photo- markt.Windenergie mit Anlagen im Meer Schon die jüngsten Ölpreissteigerungen auf voltaik in Frage. Selbst nach den in jüngster könnte wirtschaftlich werden.Dagegen habe den Weltenergiemärkten konnten mühelos Zeit zu verzeichnenden Strompreissteige- ich gegen die Subvention der Photovoltaik- durchgesetzt werden. Dies liegt an der uner- rungen auf den Großhandelsmärkten und energie unter den in Deutschland vorliegen- warteten Nachfragesteigerung, vornehmlich unbezweifelbaren Effizienzsteigerungen re- den Bedingungen erhebliche Vorbehalte.Bei von Schwellenländern wie China, aber auch generativer Energieträger muss man damit diesen Solaranlagen,die Sonnenlicht in Ener- der USA, genau wie an Kapazitätsengpässen rechnen, dass die öffentlichen Hilfen für die gie umwandeln,entspricht der Subventions- in Förderung und Verarbeitung. So wurde erneuerbaren Energien von derzeit drei Mil- bedarf derzeit dem Zwanzigfachen desWer- nicht rechtzeitig in Reservekapazitäten bei tes, der dort als Strom produziert wird. der Ölförderung investiert. Darüber hinaus Ein Blick in die Zukunft:Wie sieht der konnten in den USA seit Jahren Engpässe in Energiemarkt in 25 Jahren aus? der Raffineriekapazität aus Umweltgründen „Subventionen Das hängt von einer Fülle von Faktoren ab. nicht beseitigt werden.Vor allem aber ist es die Dafür wird die weltweite demographische wachsende Ohnmacht vieler großer Ver- müssen zeitlich und wirtschaftliche Entwicklung ebenso ent- braucherländer, auf entsprechende Preisstei- scheidend sein wie das zu erwartende Ener- gerungen reagieren zu können. begrenzt sein.“ gieangebot und die entsprechenden Nach- Sind die großen Verbraucherländer also fragekonstellationen. Zudem wird es darauf für die Ölmultis erpressbar geworden? ankommen, wie sich das Klima entwickelt, Es ist nicht die Macht der Ölmultis, denen wie die Effizienzsteigerungspotenziale aus- Verbraucherländer wie die USA, Deutsch- liarden auf mittelfristig fünf Milliarden Euro geschöpft und welche energiepolitischen land oder Japan zunehmend ausgeliefert sind, pro Jahr ansteigen werden – sofern die Pläne Antworten für die zukünftigen Herausforde- sondern die der Förderländer. der Bundesregierung realisiert werden, den rungen entwickelt werden. Woher kommt diese Abhängigkeit? Anteil der erneuerbaren Energieträger bis Wagen Sie dennoch eine Prognose für Die großen Verbraucherländer verfügen über zum Ende des Jahrzehnts mehr als zu ver- das Jahr 2030? vergleichsweise geringe Bodenschätze,die sich doppeln. Bei einer im Wesentlichen ungestörten welt- für eine wirtschaftliche Energieversorgung Die deutsche Steinkohle wird seit Jahr- wirtschaftlichen Entwicklung, einer sinken- eignen.Zudem ist man nicht bereit,die Poten- zehnten mit Milliardenbeträgen vom den Zahl von Bundesbürgern und zuneh- ziale bei der Effizienzsteigerung konsequent Steuerzahler subventioniert. Ist das noch menden Sättigungstendenzen erwarte ich, auszuschöpfen. Gegen die stärkere Nutzung zukunftsträchtige Energiepolitik? dass der Energieverbrauch in Deutschland von Kohle sprechen die Klimaschutzrestrik- Wenn es darum geht, Subventionen zu ge- um zehn bis 20 Prozent sinken wird.Gleich- tionen, solange es keine Technologien gibt, währen,werden energiepolitische Erwägun- zeitig wird der Versorgungsbeitrag der rege- die die Emission klimaschädlicher Gase ver- gen oft nur vorgeschoben.Vielmehr spielen nerativen Energien von heute zwei Prozent meiden.Gegen den weiteren Einsatz der Kern- häufig industrie-, umwelt-, beschäftigungs- auf 15 bis 20 Prozent ansteigen. Der Versor- energie spricht nach wie vor die anhaltende Dis- und regionalpolitische Überlegungen die gungsbeitrag des Öls wird auf 25 bis 30 Pro- kussion über die Akzeptanz von Kernkraft. zentrale Rolle. Deshalb sind solche Subven- zent zurückgehen, von Kohle auf etwa 20 Können wir die Kernenergie nicht zu- tionen aus energiepolitischer Sicht auch ent- Prozent, Kernenergie auf zehn Prozent. Da- mindest teilweise überflüssig machen, schieden abzulehnen. gegen wird der Gasanteil bei rückläufiger in- indem wir im Umgang mit Energie Unter welchen Umständen sind sie zu ländischer Förderung auf etwa 25 bis 30 Pro- sparsamer werden? begrüßen? zent ansteigen.Deutschland wird noch mehr

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als heute von Energieimporten abhängig sein. Energie wird teurer: Kann das den En- ten-Belastung der Industrie liegt bei zwei Zugleich wird sich der deutsche Energie- ergiemarkt dauerhaft verändern? Prozent. Lediglich in der Stahl-, Chemie-, markt zunehmend in einen gesamteuropäi- Grundsätzlich ja! Aber Kostensteigerungen Baustoff- und Papierbranche liegen die Ener- schen Binnenmarkt integrieren. Energiepo- wollen erst einmal verdaut sein. Investoren giekosten deutlich höher.Die vergleichswei- litische Entscheidungsprozesse werden also sind im Moment verunsichert, was den zu- se geringen Schwankungen bei den hohen immer stärker nach Brüssel verlagert. künftigen Kurs der deutschen Energiepoli- Energiepreisen lassen nur den Schluss zu,dass Ist die Politik darauf vorbereitet? tik angeht. Energiewirtschaftliche Anlagen der Energieverbrauch für den Konsumenten Es fehlt ein langfristig angelegtes Energie- und Investitionen sind oft auf Jahrzehnte an- einen außerordentlich hohen Stellenwert hat. konzept, in dem die Ziele festgelegt werden gelegt. Daher kann die Energieversorgung Das hat damit zu tun, dass Energienachfrage und bestimmt wird, welche Ziele die wich- auch nur langfristig umgebaut werden. Es eigentlich immer eine abgeleitete Nachfrage tigsten sind. Die Bundesregierung müsste ist aber auch ein Problem der Politik: Denn ist, mit deren Hilfe ganz andere – und zwar endlich ihre energiepolitischen Positionen zu notwendige Innovationsprozesse werden in elementare – Bedürfnisse befriedigt werden. den weltweit wichtigsten Problemfeldern Deutschland häufig blockiert oder zumindest Zum Beispiel Mobilität, Entfaltungsfreiheit, markieren. gebremst,weil es an Informationen mangelt, Sicherheit, Bequemlichkeit. ● Was genau ist da wichtig? weil es Finanzierungsengpässe oder institu- Eine Prognose über die voraussichtliche Ener- tionelle Barrieren gibt. giemarktentwicklung, die Beschreibung der Könnten steigende Energiekosten das Rolle von Politik und Markt.Es müssen Stra- Warenangebot beeinflussen? Vielleicht tegien skizziert werden,mit denen man mit- lohnt es sich wegen hoher Benzinkosten Dieter Schmitt,67,ist emi- telfristig an der Lösung der anstehenden Pro- nicht mehr, Milch von Frankreich nach ritierter Professor für Ener- bleme arbeiten möchte.Ein Zukunftskonzept Italien zu transportieren, um dort Käse giewirtschaft der Universität würde Energieanbietern und Energienach- herzustellen, der in Köln verkauft wird? Essen.Er ist seit vielen Jah- fragern geeignete Signale geben.So könnten In vielen Branchen ist der Kostenfaktor Ener- ren Berater von Bundes- sie entscheiden,in was sie investieren und wie gie auch heute noch vergleichsweise unbe- und Landesregierungen und sie ihren Verbrauch regeln möchten. deutend. Die durchschnittliche Energiekos- der EU in Energiefragen.

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IMPULSGEBER

KRITISCHE MASSE

Früher galt Strom als selbstverständlich und Sonnenenergie als Lösung aller Probleme. Das ist vorbei. Es haben nur noch nicht alle kapiert. Ein Plädoyer für die Vernunft. Text: Daniel Erk

s gab eine Zeit, da ging man für Energie auf die Straße. Bela- gerte Bahnstrecken,sabotierte Bauplätze,ließ sich festnehmen, Egründete eine Partei. Der Kampf um die Stromfrage war et- was, das Menschen zusammenschweißte, eine Lebensaufgabe – und scheinbar eine Frage von Leben oder Tod. Diese Zeit war vor etwa 25 Jahren. Heute interessiert Energie als politisches und gesellschaftliches The- ma kaum jemanden.Nur wenn im Münsterland im Winter der Strom ausfällt, der Benzinpreis steigt, die russische Gasprom mithilfe der Erdgaslieferungen Druck auf die Ukraine ausübt oder in Tschechien nahe der deutschen Grenze ein Atomkraftwerk gebaut wird, spricht vielleicht noch jemand über Energie.Ein Partygespräch kann man da- mit aber nicht bestreiten,jemanden aufregen auch nicht.Der großen Mehrheit scheint es egal zu sein, woher der Strom kommt – solange er da ist und solange Kraftwerke,Atommüllendlager oder Windräder nicht gerade vor der eigenen Haustür stehen. Die wenigen, die sich überhaupt für die Probleme und die Zukunft unserer Energie inter- essieren, haben feste, ideologisch geprägte Ansichten im Kopf und diskutieren nicht offen darüber, was das Beste für alle wäre. Die zwanzig Jahre alte Romantik, die man heute noch auf Kongres- sen für regenerative Energie und in den Büros der lokalen Umwelt- organisationen findet, kommt barfuß daher. Sie sieht in der Kern- kraft das absolut Böse und Strom aus Wind,Wasser oder Sonnen- energie durch rosa Brillen und mit ganz, ganz vielen Sonnenblumen dekoriert. Gleichzeitig sind einige darunter, die mit den aktuellen Zahlen des europäischen Energiemarktes um sich werfen, als wären es die Ergebnisse der Fußball-Bundesliga.Die ideologisch noch in den Achtzigern stecken,dafür aber das technische Know-how der Zukunft beherrschen. Die ohne weiteres die Vor- und Nachteile von Strom- gewinnung durch Wind,Wasser, Sonne und Mist aufzählen und ge- geneinander abwägen können, aber nicht verstehen, warum für die Castorbehälter in Gorleben. Diskussion über Energieversorgung auch wichtig ist,wer gerade rus- sischer Außenminister ist und wie es Michail Chodorkowski eigent- wegtäuschen, dass die großen Auseinandersetzungen zwischen dem lich geht. Die hochprofessionelle Kampagnen lancieren, in Brüssel Staat und der Gesellschaft und zwischen den verschiedenen Genera- Lobbyarbeit für klimafreundliche Stromgewinnung betreiben und tionen heute nicht mehr vom Strom handeln. Stattdessen geht es in Einfluss auf die Mechanismen der Gesetzgebung nehmen wollen, erster Linie um Lehrstellen und Arbeitsplätze und – wenn man weit- während sie überzeugt sind, dass die großen Strom- und Ölkonzerne sichtig ist – auch noch um die Zukunft der Renten- und Versiche- in einer riesenhaften Verschwörung die Welt untereinander aufgeteilt rungssysteme. Darüber hinaus hat die allgemeine Skepsis gegenüber haben. Die sich tatsächlich um die Zukunft der Stromgewinnung neuen Technologien deutlich nachgelassen – es gibt einfach zu vie- sorgen – allerdings unter der nicht diskutierbaren Prämisse,dass früher le Dinge, die immer zu funktionieren scheinen, ohne dass man ver- oder später alle Atomkraftwerke abgeschaltet werden müssen. stehen muss, wie. Oder macht es jemandem Angst, dass man mit Es ketten sich zu den Castortransporten jedes Mal wieder Jugendli- streichholzschachtelgroßen Telefonen ins Internet gehen kann? Vie-

che an Bahnschienen, aber der Aktionismus kann nicht darüber hin- le haben sich an das Leben mit Kernkraft einfach gewöhnt. 25 Jahre Fotos: Magnum/Agentur Focus Corbis

22 S_22-23_energiedebatte2 16.06.20069:42UhrSeite3 Fotos: Magnum/Agentur Focus, Corbis Ausstoß von klimaschädlichemCO vieleandere Länderauch,verpflichtet,den Deutschland hatsich,wie und nochlangnichtgarantieren. Energiequellen Wind abhängige Daskönnen von Sonne wenn erauchverbraucht werden soll. den, alsbisher–genaudann produziert wer-Speichermöglichkeiten gibt zumindest solangeeskeine deutlichbesseren Strom muss, DasProblem dabei: Atomstrom. danngehtesauchohneKohle und gern, nur den stei- Energien Anteil erneuerbarer muss der obigenRechnung optimistisch:Man begegnen Kernkraftgegner schlecht aussieht. während esmitÖlundErdgas eher le hat, Braunkohle weil –einfach DeutschlandKoh- aufgünstigen gig Atomstrom undStein- DiePolitik vorran- setztefrüher politischeundtechnische. Gründe, es gibt dassdassoist, Dafür, zellen spieltpraktischkaumeineRolle. wird ausErdgas,Wasser- und Strom ausSolar- Windkraft gewonnen. Dasletzte BraunkohleViertel undSteinkohle. tel ausKernenergie, zujeeinem Vier- denStrombedarf, grobgesagt, Deutschland deckt, istesaberdochwiedernicht. dann dieBarfüßigendochRecht, unddahaben Ganzsoeinfach, da. einfach sondern täglich bedroht, Strom uns aus Atomkraft fürvielenichtmehrdasSchreckgespenst,das und20Jahre derGrünen nach derGründung ist Tschernobyl ten kön seher wirdenFern- keiten ablegen dafür,dass undmehrmitdenken.Allein Bequemlich- Strom sparen heißtabervor allenDingen: man spart. wenn Beidesschafftmannur, nung von Kohle willmanverringern. auchdie Verbren- werden, nur sollzurückgefahren dieKernkraft oder dieStereoanlage an-undausschal- perFernbedienung e,lutenKrkatekToze:Wer läufteinKernkraftwerk.Trotzdem: stehtschonex- nen, Demonstration gegenKernwaffen 1982inNeu-Ulm. 2 urdzee.Dshit Nicht Dasheißt: zu reduzieren. legen, wowirbereit Wir müssenüber- sind zusparen. enne,on nehnebr eigne.Bessersofort. ohneunverhandelbare Bedingungen. Meinungen, müssen wirunsmitdiesenFragenbeschäftigen–ohnefertige ist, dass Strom so da auchinZukunfteinfach Fragen.Wenn wir wollen, zu einerMengepolitischer sondern gendeinem Kraftwerk führen, dassdieKabelhinterderSteckdose nichtnur zuir- sen begreifen, schondieLösungallerProblemeaus derKernkraft wäre.Wir müs- alsobder Ausstieg müssengestellt werden.Wir aufhören sozutun, dassdieFragenüberhaupt ist, wird sichdannalleszeigen.Wichtig obwiraufStrom ausdem das Ausland angewiesen seinwerden, gen, dieStrompreise stei- ist,ob Atomkraft dadann inbegriffen können.Ob reit sindzusparen undwiewirdasKlimaameffektivsten schützen heute machenzukönnen.Wie unabhängig sischen Gaslieferungen umsichvon rus- Ukraine planteinDutzendneuerKernkraftmeiler, Die das Comebackder verkündet. fürGroßbritannien Atomenergie Weg zum Ministerpräsident Derbritische Wohlstand. Tony Blairhat als sondern nichtalsBedrohung, man Kernenergie wieChinaundIndienempfindet den Ländern Vor entwickeln- alleminsichwirtschaftlich schalten? auszu- umdenStandby-Betrieb tra auf, ten,was wir bereit sind zu zahlen,wo wirbe- wir bereit sindzuzahlen,wo ten,was Jahrhunderts konzipiertenStromnetz erwar- fürdieachtzigerJahre desletzten wärtigen, wir von denKraftwerken unddemgegen- welche Sicherheiten Wir müssen überlegen, ist. die politischeLageinanderen Ländern und Verfügbarkeit wie auchdavon abhängen, Preis eine politischeFragesein.Etwas,dessen Strom inZukunftzunehmend schon Öl,wird 23 S_24_25_energiemythen 14.06.2006 17:56 Uhr Seite 2

KLÄRWERK Verbrauchsanweisung Baden, Bremsen, Rolltreppefahren – was wirklich Energie- verschwendung ist und wobei niemand ein schlechtes Gewissen haben muss. Text: Mathias Irle, Christoph Koch

Der Mythos:„Nichts im Haushalt verbraucht so viel Energie wie die Waschmaschine.“

Die Wahrheit: Stimmt beinahe. Mit rund 15 Prozent des Stromverbrauchs eines Haushalts gehört die Waschmaschine eindeutig zu den größeren Stromfressern. Sie wird allerdings von den Kühl- und Gefriergeräten übertrof- fen, die für etwa 20 Prozent des gesamten Stromverbrauchs verantwortlich sind. Beide Gerätegruppen weisen inzwischen aber ihre Der Mythos: „Eine stehende Rolltreppe in Energieeffizienzklasse aus.Wer sich für Ge- der U-Bahn zu aktivieren verbraucht extrem räte der Klasse A (besser noch A+ oder A++) viel Strom.“ entscheidet, spart auf lange Sicht eine Men- ge Strom und Geld. Die Wahrheit: Rolltreppen werden mithilfe von Elektromotoren bewegt, die bei kürze- Der Mythos:„Lieber das Auto langsam an die Die Wahrheit: Wer den einmal erzeugten ren Rolltreppen (Fahrzeit: eine Minute) et- Ampel hinrollen lassen als bremsen – so kann Schwung bei einem Auto richtig nutzt, spart wa eine Leistung von 2000 Watt haben. Eine man Sprit sparen.“ unnötige Brems- und Anfahrtsvorgänge – Fahrt verbraucht ungefähr so viel Energie wie und damit Benzin.Grundvoraussetzung:Man eine 60-Watt-Glühbirne,die 30 Minuten lang erkennt entsprechende Verkehrssituatio- brennt. Grundsätzlich gilt:Treppe zu steigen nen (Stoppschilder, Ampeln etc.) frühzeitig, ist immer energiesparender als eine noch ste- nimmt den Fuß vom Gas, kuppelt hende Rolltreppe zu benutzen – vor allem aus. Bei Autos mit Schubabschal- in der Washingtoner Metrostation Wheaton: tung wird dann die Kraftstoffein- Die Rolltreppe dort gilt mit einer Länge von spritzung gestoppt, der Benzin- 155 Metern (und 3,5 Minuten Fahrzeit) als verbrauch ist null. Bei den an- die längste der Welt. deren wird er deutlich gesenkt. Kartsolis

Der Mythos:„Im Hinblick auf den Energie- temen ist der Energieverbrauch beim Baden verbrauch gilt:Wer ein Vollbad nimmt,könn- etwa 2,5-mal so hoch wie beim Duschen. Thomas te dafür einige Male duschen.“ Sparen kann ein Vollbader immerhin,wenn er darauf achtet, wie das Wasser warm wird: Die Wahrheit: Bei einem durchschnittlichen Zwar wird mit Erdgas rund 40 Prozent mehr Hillreiner

Vollbad verbraucht man 120 Liter Wasser,bei Energie benötigt,doch die Kosten sind nied- Eva einer Dusche 50 Liter. Zwei gängige Verfah- riger.Wer mit Erdgas heizt,zahlt mit rund 40 ren, um Wasser zu heizen, sind zum einen Cent nur die Hälfte für sein Vollbad. Erdgas Gas-Kombiwasserheizer,zum anderen strom- ist zudem umweltfreundlicher in der Her-

betriebene Durchlauferhitzer.Bei beiden Sys- stellung als elektrischer Strom. Illustrationen:

24 S_24_25_energiemythen 20.06.2006 10:09 Uhr Seite 3

Der Mythos: „Nachts die Rollläden vor den Fenstern runterzulassen hält die Wärme und spart Heizenergie.“

Die Wahrheit: Fensterflächen sind Wind und Wetter ausgesetzt, selbst beim Einsatz von wärmedämmendem Glas geht Energie ver- loren. Rollläden senken diese Energieverlus- te um 25 Prozent,bei älteren Fenstern liegt der Prozentsatz noch höher.Wichtig:Die Rolllä- den sollten den Fensterbereich möglichst dicht abschließen. So entsteht ein Luftpolster zwi- Der Mythos: „Wasser im Wasserkocher heiß schen Rollladen und Glas, die Wärmestrah- machen und erst dann in den Kochtopf lung zur Außenseite wird verringert. Rolllä- schütten – das spart Energie.“ den werden so zu „Wärmeschilden“. Die Wahrheit: Mit einem elektrischen Was- serkocher braucht man tatsächlich weniger Der Mythos:„Das Licht aus- und wieder an- Energie, um Wasser bis zum Siedepunkt zu zuschalten kostet genauso viel, wie es fünf erhitzen, als mit einem Kochtopf auf der Minuten brennen zu lassen.“ Herdplatte. Und auch andere kleine Tricks helfen beim Stromsparen:Wer seine Brötchen Die Wahrheit: Glühlampen benötigen beim auf einem Toaster mit Brötchenaufsatz auf- Einschalten keine zusätzliche Energie.Bei ei- backt, spart bis zu 70 Prozent Energie, ver- ner Leuchtstoffröhre ist kurzfristig eine höhe- glichen mit dem Backen im Backofen. Fürs re Spannung nötig,die den Gesamtstromver- Frühstücksei nimmt man am besten einen brauch aber nicht merklich erhöht.Allerdings elektrischen Eierkocher – der braucht nur verkürzt häufiges Ein- und Ausschalten die halb so viel Energie wie ein Kochtopf. Lebensdauer der Leuchtstoffröhren beträcht- lich. Energiesparlampen mit elektronischem Vorschaltgerät können häufig geschaltet wer- Der Mythos: „Die elektrische Zahnbürste den, ohne ihre Lebensdauer nennenswert zu oder das schnurlose Telefon ziehen nur so viel verkürzen.Trotzdem von Vorteil: zwei Mi- Strom aus der Steckdose, wie man an Akku- nuten Pause zwischen Ein- und Ausschalten. leistung verbraucht hat.“

Der Mythos: „Ein Gasherd senkt den Ener- gieverbrauch.“

Die Wahrheit:Vor allem weil das Vorwärmen und das Nachwärmen eines Elektroherds bei einem Gasherd entfallen, verbraucht Letzte- rer weniger Energie – man kann auf den Punkt genau kochen.Zudem kommt Erdgas als Primärenergie ins Haus und wird nahezu in 100 Prozent Wärme umgewandelt.Bei der Erzeugung von Strom geht hingegen immer Energie als Abwärme im Kraftwerk verloren. Die Wahrheit:Stimmt nicht.Akkubetriebene Die Verwendung von Erdgas belastet also die Geräte mit Aufladebasis oder Docking-Stati- Umwelt weniger. Und: Der Preis von Gas ist on ziehen kontinuierlich Strom,solange sie an niedriger: Ein Drei-Personen-Haushalt gibt die Stromversorgung angeschlossen sind.Da- im Schnitt (bei einem Verbrauch von 470 her ist es empfehlenswert, schnurlose Tele- kWh) 80 Euro im Jahr für das Kochen mit ei- fone erst wieder in die Ladestation zu legen, nem Elektroherd aus,bei einem Gasherd sind wenn sie fast entladen sind.Auch Stecker von es dagegen nur 19 Euro. Ebenfalls gut für elektrischen Zahnbürsten sollten nicht dau- einen niedrigen Energieverbrauch: Durch- erhaft in der Steckdose bleiben. Wenn sie messer von Topf und Herdplatte möglichst nicht ständig kurz ent- und wieder aufgela- passgenau wählen. Und beim Kochen einen den werden, bleiben bei den meisten auch

Illustrationen: Eva Hillreiner,Thomas Kartsolis Deckel auf den Topf! die Akkus länger leistungsfähig.

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Ein Musikkonzert kann pure Energie sein.

26 Sich fühlen wie Jimi Hendrix: Zwei Stunden E-Gitarre mit 100-Watt-Verstärker verbraucht 0,1 kWh. S_26-31_bildstrecke 16.06.2006 9:51 Uhr Seite 3

Rammstein benutzten auf der letzten Tour eine 600000-Watt-Lichtanlage. Bei zwei Stunden Konzert verbraucht die alleine 1200 kWh. S_26-31_bildstrecke 16.06.2006 9:52 Uhr Seite 4

Ihr 300-Tonnen-Equipment transportieren die Rolling Stones in vier Jumbojets. Für den Flug von New York nach Sidney brauchten sie dafür 447,6 t Kerosin. S_26-31_bildstrecke 16.06.2006 9:52 Uhr Seite 5

„Rock im Park“ in Nürnberg forderte 2006 in der Stunde 100 000 kWh Strom an – so viel wie eine deutsche Kleinstadt. S_26-31_bildstrecke 16.06.2006 9:52 Uhr Seite 6

Für ein Konzert in der Olympiahalle München werden insgesamt zwischen 6000 und 8000 kWh verbraucht. Im Olympiastadion sind es S_26-31_bildstrecke 16.06.2006 9:52 Uhr Seite 7

13 000 kWh, bei einem Fußballspiel sogar 20 000 kWh. Eine Lichterkette mit 100 Lampen verbraucht im 24-Stunden-Betrieb 0,6 kWh. S_32-33_choren 16.06.2006 9:58 Uhr Seite 2

MISCHWALD

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SCHRANK IM TANK

Sobald kein Erdöl mehr gefördert werden kann, müssen Autos mit Kraftstoffen fahren, die anders gewonnen werden. Bodo Wolf hatte dafür eine Idee. Text:Peter Wagner Foto: Silke Weinsheimer

odo Wolf kann mit alten Möbeln Au- vorisiert,Raps wächst mittlerweile auf einem In Freiberg baut Shell mit Choren derzeit die tos betanken – fast. Er hat SunDiesel Zehntel der Ackerfläche in Deutschland. weltweit erste Großanlage zur Umwandlung Berfunden, einen Treibstoff, der leis- Andere Länder setzen auf Bioethanol, einen von Biomasse in Kraftstoff. Ab 2007 sollen tungsfähiger ist als herkömmlicher Diesel. Alkohol, der zum Beispiel aus Zuckerrohr dort 15 Millionen Liter SunDiesel entstehen. Wolf gewinnt ihn aus Biomasse,vor allem aus gewonnen wird. In Brasilien fahren Autos Die FNR schätzt, dass im Jahr 2020 25 Pro- Stroh und Holz. Im sächsischen Freiberg hat schon seit Jahren mit Ethanol. Schweden zent des Kraftstoffverbrauchs in Deutschland er eine Firma gegründet, die an SunDiesel möchte bis zum Jahr 2020 alle Autos mit aus solchen Anlagen kommen könnten. forscht: CHOREN.C steht für Kohlenstoff, Bioethanol antreiben. Am Rohstoff sollte es nicht mangeln.Welt- H für Wasserstoff, O für Sauerstoff, REN Das Bundeslandwirtschaftsministerium er- weit steckt in den Pflanzen bis zu zehnmal kommt vom englischen „renewable energies“ rechnete, dass sich aus einem Hektar Acker- mehr Energie, als aktuell an Kraftstoff be- her – erneuerbare Energien. fläche 1300 Liter Rapsöl gewinnen lassen.An nötigt wird. Konzerne wie Shell oder BP Als gelernter Steinkohlehauer kennt Wolf den Ethanol könnte man 2500 Liter gewinnen, scheinen vorauszuplanen:Sie sollen weltweit Prozess,in dem die fossilen Energieträger ent- die aber nur dem Energiegehalt von 1653 Li- in großem Stil Waldflächen kaufen.Umwelt- standen sind:Vor Millionen von Jahren ver- tern Benzin entsprechen.Den Ertrag von Sun- schützer fürchten allgemein Plantagen, auf schoben sich Erdplatten und begruben Pflan- Diesel schätzt man auf 3325 Liter je Hektar. denen nur noch Holz oder Zuckerrohr für zen unter sich, die nicht mehr an der Luft Autoingenieure nennen Rapsdiesel einen die Kraftstoffherstellung angebaut wird. In vermodern konnten, sie wurden unter der pflanzlichen Kraftstoff der ersten Generation. Brasilien werden schon jetzt zehn Millionen Erde zu Kohle oder Öl. Da Wolf auch ge- Er ist nicht besonders hochwertig und nur Tonnen Ethanol im Jahr hergestellt – dafür lernter Ingenieur ist,überlegte er,wie er die- wurden große Flächen Regenwald abgeholzt. sen Prozess im Zeitraffer nachmachen könn- Ökologische Perfektion bieten also auch Bio- te.Er wollte aus Pflanzen Öl machen.Und das Perfekt wäre nur kraftstoffe nicht. schnell.Wolf entwickelte ein kompliziertes Perfekt wäre nur Wasserstoff.Brennstoffzellen Verfahren,in dem zerkleinerte Biomasse wie Wasserstoff. und auch Motoren, die mit flüssigem oder Stroh oder Holz in einem Vergasungsreaktor gasförmigem Wasserstoff schadstofffrei fahren zu einem Synthesegas gemacht wird,aus dem könnten,gibt es bereits.Allerdings muss man in einem weiteren speziellen Reaktor flüssi- zu Teilen nutzbar. Bei den Kraftstoffen der Wasserstoff aus Wasser spalten.Dazu benötigt ger Kraftstoff gewonnen wird: SunDiesel. zweiten Generation, den BtL-Kraftstoffen man Energie,die aus erneuerbaren Energien Weil bei der Verbrennung in einem Auto- (Biomass to Liquid), kann man die ganze kommen muss. Spaltet man das Wasser mit motor nur wenig mehr CO2 frei wird,als die Pflanze nutzen. Choren gelang es als einem Energie aus Erdöl, könnte man dieses gleich Pflanzen vorher bei der Photosynthese auf- der ersten Unternehmen, BtL-Kraftstoffe als Treibstoff nutzen.Noch ist nicht absehbar, genommen haben, ist SunDiesel fast um- außerhalb des Labors herzustellen. Auf dem wann genug erneuerbare Energie vorhanden weltneutral. Bei der Verbrennung von Diesel Markt sind sie noch nicht,die Fachagentur für ist,um in großem Stil Wasser zu spalten.Des- aus Erdöl wird dagegen zusätzliches,vorher in Nachwachsende Rohstoffe (FNR) schätzt, halb bekommt Bodo Wolf gerade so viel Ap- der Erde gespeichertes CO2 frei.Wolf ließ das dass man diese Kraftstoffe erst in einigen Jah- plaus: Bundesregierung, Autohersteller, Mi- Verfahren patentieren, gründete Choren und ren tanken kann. Der Liter SunDiesel würde neralölkonzerne und letztendlich auch Um- erntet viel Lob. Für das Bundesverkehrs- dann etwa einen Euro kosten. weltschützer setzen Hoffnungen in Ideen wie ministerium ist sein Projekt ein „Quanten- Da Mineralölkonzerne wie BP oder Shell die von Bodo Wolf. Sie wollen gerüstet sein sprung“, der Automobilkonzern VW hält wissen,dass sie nicht ewig Öl fördern können, für den Tag, an dem das Erdöl versiegt. Der SunDiesel für den „Stoff, aus dem die Träu- forcieren sie die Forschung nach alternativen Ölkonzern BP deutet vorsichtshalber schon me sind“, der World Wide Fund For Nature Kraftstoffen.Shell ist an einer Versuchsanlage seinen Namen um,der ursprünglich für „Bri- ernannte Wolf zum „Ökomanager 2005“. in Kanada beteiligt,in der an der effizienteren tish Petroleum“ stand. In der Werbung heißt Schon lange suchen Forscher nach Möglich- Nutzung der Pflanzen zur Herstellung von es jetzt: „BP – Beyond Petroleum“. keiten, aus Pflanzen einen Treibstoff zu ent- Bioethanol geforscht wird: Dort wird Etha- wickeln,der Erdöl ersetzen kann.In Deutsch- nol nicht mehr aus Zuckerrüben oder Ge- ☞ Auf www.fluter.de: In Argentinien soll Bio- land wurde bisher Biodiesel aus Rapsöl fa- treidekörnern hergestellt,sondern aus Stroh. diesel der Kraftstoff der Zukunft sein.

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WIDERSTAND

Von oben links im Uhrzeigersinn: Schönau im Schwarzwald, Stromrebellin vor dem Sockel eines Windrades, Solardach der Kirche, ein Schönauer Blockheizkraftwerk.

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Die Kraftprobe

Weil in Tschernobyl ein Kernkraftwerk explodiert war, beschlossen im Schwarzwald ein paar Bürger,

dass sie mit Atomstrom nichts mehr zu tun haben wollten. Zuerst nahm der örtliche Energieversorger

diese Menschen nicht sehr ernst. Dann war es zu spät. Text:Theresa Bäuerlein Fotos: Gerald von Foris

ie Rebellen leben in einem Tal mit- ten sie bei ihrem Energieversorger an, baten re, dafür sollte die Gemeinde jährlich 25000 ten im Schwarzwald,zwischen wei- um Unterstützung. Bei der KWR, die einen Mark mehr für die Konzession bekommen. Dchen,grünen Hügeln,auf denen ein Großteil ihres Stroms aus Kernkraftwerken Der Gemeinderat wollte unterschreiben,Ur- paar Windräder stehen und Kühe träge her- bezog, hielt man die Eltern für verrückt. sula Sladek machte jedoch einen Gegenvor- umliegen. Der Ort heißt Schönau, hat 2500 Stromsparer unterstützen – das hieße ja, sich schlag: „Wir machen uns unabhängig. Die Einwohner und wirkt wie ein Dorf, in dem selbst die Einnahmen abzugraben. 25000 Mark bringen wir mit Spenden zu- man nicht viel tun kann, außer die gute Luft „In dem Moment“, sagt Ursula Sladek heu- sammen, in ein paar Jahren haben wir noch zu atmen. Das wissen auch Ursula und Mi- te,„wurde mir erst klar,dass es um Geld geht.“ dazu genug Geld, um das Stromnetz zu kau- chael Sladek, die Anführer der Rebellen, de- Lange vor der Liberalisierung des Strommark- fen. Dann suchen wir Stromlieferanten, die ren Hauptquartier knapp hinter dem Orts- tes, lange bevor ein grüner Bundesumwelt- nichts mit Atomstrom am Hut haben.“ eingang liegt „Das ist ein Kaff hier, politisch minister Gesetze unterschrieb, die erneuer- In der KWR schüttelten sie die Köpfe. Man ein tiefschwarzes Loch“,sagt Michael Sladek. bare Energien förderten, begriff sie so, dass könne ein Atomkraftwerk wie das in Tscher- Das Hausdach mit den Solarzellen hinter ihm Strom eine Ware ist wie jede andere.Und wer nobyl doch nicht mit einer deutschen Anla- ist der einzige Hinweis darauf, warum die kauft,entscheidet auch,wo und was er kauft. ge vergleichen! Dann könne man gleich deut- Menschen in den Büros darunter als die schen Busunternehmen die Zündschlüssel „Schönauer Stromrebellen“ berühmt gewor- Auf einmal ging es nicht wegnehmen, wenn in einem Entwicklungs- den sind.Ihre Geschichte handelt vom Kampf mehr nur darum, Strom land ein Schulbus einen Hang hinunterstür- um Selbstbestimmung, von Strom aus Wind, ze, argumentierte KWR-Vorstand Gerhard Sonne,Wasser, Gas. Um diesen Strom zu be- zu sparen. Jetzt hatten sie Haury.Ursula Sladek ließ sich nicht beirren: kommen, haben die Bürger Schönaus 1997 einen Feind. Sie gründete mit Gleichgesinnten die Elek- ihr Stromnetz gekauft.So etwas hatte es in der trizitätswerke Schönau (EWS) und ließ den Bundesrepublik noch nie gegeben. Das gilt für Strom genauso wie für Jeans oder Wert der verlegten Kabel,der Verteilerkästen Lange hatten die Schönauer kein Problem Kartoffeln. Nur kann, wer lieber Biokartof- und Strommasten in der Gemeinde schätzen. mit ihrem Energieversorger, den Kraftüber- feln essen möchte, einfach den Laden wech- Anschließend reiste sie durch die halbe Repu- tragungswerken Rheinfelden (KWR). Der seln. Beim Strom hatten die Schönauer kei- blik,um die errechneten 3,9 Millionen Mark Strom für die Kühlschränke, Lampen und ne Wahl - der Vertrag der Gemeinde mit zu sammeln.Damit wollte sie der KWR die- Fernseher kam aus Leitungen und Steckdo- ihrem Energieversorger band alle Bürger.Die se Strominfrastruktur abkaufen. Eine große sen in der Wand,der Rest interessierte keinen. KWR sah keinen Grund, Rücksicht auf El- Werbeagentur entwickelte kostenlos eine Auch die Sladeks nicht. Das änderte sich im tern zu nehmen, die Angst vor einer radio- Kampagne, die das Dorf mit einem Schlag April 1986. In den Tagen nach der Reaktor- aktiven Zukunft hatten. berühmt machte: Die Schwarzwälder wur- katastrophe in Tschernobyl saß Ursula Sla- Der Konzern hatte die Schönauer Atomgeg- den zum neuen Symbol der seit den Neun- dek mit einem Gipsbein in ihrem Wohnzim- ner unterschätzt. Die nahmen die Arroganz zigern nur noch vor sich hin dämmernden mer, während ihre Kinder durch den Garten der KWR persönlich. Auf einmal ging es Anti-AKW-Bewegung. rannten, auf den der radioaktive Regen ge- nicht mehr nur ums Stromsparen, jetzt hat- Der Gemeinderat war beeindruckt, er woll- fallen war. Sie fühlte sich hilflos. Sobald sie ten sie einen Feind. Die Stunde der Rebel- te das Stromnetz an die EWS verkaufen. Die wieder laufen konnte, trat Ursula Sladek der len schlug ein paar Jahre später, als der Kon- Sladeks und ihre Mitstreiter jubelten. Doch Initiative „Eltern für eine atomfreie Zukunft“ zern den Vertrag mit Schönau verlängern dann kam der Schlag:Die Gegner der Rebel- bei.Die Idee der Initiative:Strom sparen,um wollte.Die KWR machte dem Dorf ein An- len wollten mit einem zweiten Bürgerent- Atomkraft überflüssig zu machen.Naiv klopf- gebot:Vertragsverlängerung um zwanzig Jah- scheid alles rückgängig machen. Zu ihnen

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WIDERSTAND

„Herr Doktor, zum ersten Mal in meinem Leben gehöre ich zu den Gewinnern“, sagte er.

Stromverteilerkasten der EWS,Windrad in Schönau.

gehörte der größte Arbeitgeber im Ort, die zu: „Herr Doktor, zum ersten Mal im Leben Außerhalb des EWS-Büros ist in dem Kunststoffwerke Frisetta, der um sein solides gehöre ich zu den Gewinnern“, sagte er. Schönau von heute nicht mehr viel Rebellen- Image bangte. Und natürlich der Stromver- Heute sitzt Ursula Sladek mit 15 Mitarbeitern stimmung zu spüren. In der Kneipe, in der sorger, der verbreiten ließ, dass die Schönau- im EWS-Gebäude am Ortseingang und han- damals flammende Reden gehalten wurden, er bald im Dunkeln sitzen würden. Die Bür- delt mit Strom, zehn Stunden täglich. Der sitzen jetzt Männer um den Stammtisch und ger zögerten.Wem sollten sie eher glauben? Bund der Energieverbraucher stellte 2004 müssen überlegen, warum sie für die EWS Dem Konzern,der sie jahrelang versorgt hat- fest, dass der umweltfreundlichste Strom aus gestimmt haben. „Ich wollte die Macht die- te, oder einer Hand voll idealistischer Bür- Schönau kommt. Die EWS produzieren den ses Monopolisten brechen“, sagt einer, sein ger, deren Hauptfiguren eine Hausfrau und Strom nicht selbst,sie kaufen ihn von Betrei- Nachbar zuckt mit den Schultern: „Ist lange ein Arzt waren? bern, die nichts mit der Atomwirtschaft zu her. Wenn der Strom aus der Steckdose „Strom hat etwas Mystisches“, sagt Michael tun haben.Außerdem fördern sie „Rebellen- kommt, sieht man eh nicht, was davon der Sladek, „das war ein Problem.Wir mussten kraftwerke“ – Privatleute, Kirchen oder Atomstrom ist und was Öko.“ Gefühle für eine Sache wecken,unter der sich Schulen, die mit Solardächern oder Block- Schönau wird einmalig bleiben. Nicht nur, kein Mensch wirklich etwas vorstellen konn- heizkraftwerken im Keller Ökostrom produ- weil es mindestens zwei Sladeks braucht, um te.“ Andere hätten nun vielleicht aufgegeben. zieren.820 solcher Kraftwerke gibt es bereits, ein verschlafenes Dorf so aufzurütteln.„Kei- Die Sladeks kochten Marmelade.Auf die Glä- ihre Betreiber bekommen den „Sonnencent“ ne Gemeinde muss ihr Stromnetz kaufen.Das ser klebten sie Zettel mit einem großen ausbezahlt, der im Strompreis der EWS ent- macht überhaupt keinen Sinn“, sagt Georg „Nein“ – Nein zum Bürgerentscheid gegen halten ist.Wer den Strom,den sein Solardach Erdmann,Energieexperte an der Technischen die Sladeks. Damit zogen sie von Haustür zu erzeugt, an die EWS verkauft, bekommt laut Universität Berlin.„Seit der Strommarkt libe- Haustür.Vielleicht haben sie es so geschafft, einer Rechnung des Bundes für Energiever- ralisiert wurde,kann jeder Bürger den Strom- Gefühle für leblosen Strom zu wecken – und braucher sechs Cent mehr pro Kilowattstun- anbieter wechseln,wie es ihm passt.Wenn die wenn es die Angst vor einem zweiten Tscher- de, als gesetzlich vorgeschrieben ist. in Schönau das nicht verstanden haben, be- nobyl war.Vielleicht ging es den Menschen 23000 Kunden beziehen ihren Strom heute greifen sie den Strommarkt nicht.“ Ursula auch gar nicht so sehr um Umweltschutz,son- bundesweit von EWS, darunter der Schoko- Sladek schüttelt den Kopf. „Wir sagen ja gar dern darum,einmal im Leben einen mächti- ladenhersteller Ritter Sport. Jeden Monat nicht: Bürger, kauft eure Netze.Wichtig ist gen Gegner zu besiegen. Nach der Abstim- kommen ein paar hundert dazu. Werbung doch vor allem zu sehen, dass man zusam- mung – 52 Prozent stimmten für die EWS – braucht es dafür nicht – der Mythos um die men etwas erreichen kann.Wenn das in die- ● kam ein Mann strahlend auf Michael Sladek Stromrebellen hält an. sem Kaff hier geht, geht es überall.“ Fotos www fasba de www bioenergiedorf de

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MASSENSPEKTRUM

STROHMÄNNER Gülle Gülle Um ein Haus zu bauen, braucht man Beton, Stein, Jühnde heizt mit Rinder- Ziegel und Stahl. Oder? und Schweinemist.

2500 Strohballen waren nötig,bis im April Strohballen bauen,ohne extra Getreide an- letzten Jahres im altmärkischen Sieben Lin- bauen zu müssen“, sagt er. den das erste dreigeschossige Mehrfamili- In Nebraska stehen heute noch Strohbal- enhaus stand, das mit Strohballen gebaut lenhäuser, die bereits vor 150 Jahren ge- wurde.Mittlerweile leben auf den mehr als baut wurden. Nach Europa kam die Bau- 500 Quadratmetern 18 Erwachsene und weise mit der Umweltschutzbewegung in sieben Kinder.Wie bei einem Fachwerk- den 1980er Jahren, häufiger genutzt wird haus wird bei Strohballenhäusern zunächst sie erst seit Ende der 90er Jahre.Über ganz ein tragende Konstruktion aus Holz errich- Deutschland verteilt stehen mittlerweile tet,die anschließend mit Strohballen aufge- zwischen 25 und 40 Strohballenhäuser. füllt und mit Lehm verputzt wird.Anfang Allerdings nicht in Städten, da Baugrund dieses Jahres hat das dort ziemlich teu- Deutsche Institut er ist und dieWän- für Bautechnik de wegen der Der Bioreaktor in Jühnde, Niedersachsen. (DIBt) Strohballen Strohballenbreite als Baustoff offiziell von 35 Zentime- „Bioenergiedorf Jühnde – einmalig in Deutsch- zugelassen. tern sehr dick sind. land“,mit diesem Schild empfängt das Dorf bei „Strohballen kön- Auch zu hoch hin- Göttingen seine Besucher.Viele kommen, um nen Wärme besser aus geht es nicht: das Einmalige zu sehen:Seit einem Jahr versorgt speichern als andere Häuser in Holz- sich das Dorf mit Strom und Wärme selbst.Am Baustoffe – und zu- bauweise dürfen Dorfrand steht der Bioreaktor, in dem die Gül- dem isolieren sie lediglich in Aus- le von 700 Rindern und 1500 Schweinen mit gut“, sagt Burkard nahmefällen mehr Biomasse wie Mais oder Sonnenblumen ver- Rüger vom Fach- als drei Stockwer- mischt wird und gärt. Das Methangas, das so In diesem Strohballenhaus leben sieben Familien. verband Strohbal- ke haben.Wolfgang entsteht, treibt ein Blockheizkraftwerk an, das lenbau, der das Schulz vom Bre- das Dorf mit Wärme versorgt und jährlich rund Haus in Sieben Linden mitgebaut hat. mer Energie Institut sieht die Zukunft des vier Millionen Kilowattstunden Strom liefert, Strohballenhäuser benötigen deshalb so gut Strohs vor allem im Heizölersatz. „Wenn der teilweise ins öffentliche Netz fließt. Abge- wie keine Heizung mehr, sondern nur ei- Stroh gemahlen und zu kleinen zylindri- sehen von Kinderkrankheiten läuft die Anlage nen Wärmetauscher. Der entzieht der ver- schen Röllchen, so genannten Pellets, zu- tadellos. „Tatsächlich scheitern solche Projekte brauchten Luft die Wärme und führt sie sammengepresst wird, hat es sehr gute oft nicht an der Technik, sondern an der Zu- der frischen Luft wieder zu. Feuerungseigenschaften“, erklärt er. Der stimmung der Bürger“,sagt der Göttinger Pro- Für Benjamin Krick liegt ein großer Vor- Energiewert von zwei Kilo Strohpellets fessor Hans Ruppert, einer der Väter des Bio- teil von Stroh in dessen Dämmeigenschaf- entspricht dem von einem Liter Heizöl. energiedorfs. „Dass sich in Jühnde so viele be- ten.Der 29-Jährige promoviert an der Uni- Für die gleiche Menge Energie zahlt man teiligen, ist die eigentliche Leistung.“ Mehr als versität Kassel über das Bauen mit Stroh- bei Öl jedoch 60 Cent, für das gepresste zwei Drittel der 800 Bewohner fanden die Idee ballen. „Das, was dämmt, ist die Luft. Und Stroh nur 30 Cent. In Dänemark existiert so gut,dass sie zu den staatlichen Fördermitteln in Strohballen ist sehr viel Luft einge- bereits ein Heizkraftwerk auf der Basis von 2500 Euro pro Haushalt beisteuerten. Dafür schlossen.“ An die Dämmwerte von Sty- Stroh. spart jeder Haushalt 750 Euro Heizkosten jähr- ropor kommt Stroh zwar nicht ganz her- Abbrennen können Häuser aus Stroh nicht lich. Die meisten Bauern bauen jetzt Biomasse an, aber Stroh wächst nach, man benötigt so einfach,erklärt Otto Fechner,Referats- an. Nach der ersten Ernte klagten sie über Ver- kaum Energie zur Herstellung und es ist leiter am DIBt: „Wenn man ein Streich- dienstausfälle, abgesprungen ist aber niemand. ein Abfallprodukt: In Deutschland werden holz in eine Flamme hält, dann brennt Im Landkreis sollen in zwei bis drei Jahren fünf 60 Prozent des Strohs zu einem Großteil es sofort. Ein Holzbalken ist dagegen weitere Dörfer auf Bioenergie umsteigen. Als wieder in den Acker untergepflügt und zu schwer entflammbar. So ist es mit Stroh Modell für ganz Deutschland taugt Jühnde aber einem kleinen Teil verfüttert – die restli- auch.Der einzelne Halm brennt wie Zun- nicht. Dann nämlich müssten drei Viertel der chen 40 Prozent bleiben ungenutzt. „Da- der, der Ballen nicht.“ Staatsfläche zu Feldern für Biomasse werden.

Fotos:www.fasba.de, www.bioenergiedorf.de mit könnte man jedes neue Haus mit Text: Caroline von Lowtzow Text: Serge Debrebant

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UMZUGSKOSTEN b d l FB

Braunkohletagebau in Garzweiler. S_38-41_garzweiler 16.06.2006 10:05 Uhr Seite 3

Geht doch!

Der Braunkohletagebau Garzweiler II soll die Stromversorgung langfristig sichern. Aber zuerst müssen dreizehn Ortschaften den Baggern weichen.Wir haben eine von ihnen besucht. Text: Johannes Nitschmann

ine ungemütliche Ruhe liegt über hältnis zwischen Abraummasse und Kohle ten. Eine rot-grüne Landesregierung hatte dem rheinischen Otzenrath. Die ver- liegt bei fünf zu eins.Der Betreiber RWE Po- diesen Tagebau nach jahrelangen Meinungs- Eschlammten Straßen sind menschen- wer, Deutschlands größter Stromerzeuger, verschiedenheiten innerhalb der Koalition im leer,die meisten Häuser unbewohnt.Der Ort preist den Energieträger Kohle als „kosten- Jahre 2000 endgültig genehmigt. Im Gegen- gleicht einer gespenstischen Westernkulisse.In günstig, umweltschonend und sicher“. zug erklärte sich der Tagebaubetreiber RWE der Dunkelheit treiben sich hier Plünderer Wenn der katholische Seelsorger Günter Sa- Power bereit,seine Braunkohlekraftwerke im rum. „Bitte nicht einsteigen, nix mehr da!“, lentin,63,am offenen Grab steht,gehen ihm rheinischen Revier Zug um Zug zu erneuern hat einer der ehemaligen Bewohner auf ein die letzten Tröstungen immer schwerer über und mit einer modernen Filtertechnik auszu- weißes Bettlaken gepinselt. Einst lebten hier die Lippen: „Herr, gib ihm die ewige Ru- statten.Bei der Braunkohleverstromung wird 1700 Menschen, jetzt werden sie umgesie- he...“ In Salentins Kirchensprengel,der mit- das Treibhausgas CO2 (Kohlendioxid) in gro- delt. In den nächsten Wochen soll die örtli- ten im rheinischen Braunkohlerevier liegt,ist ßen Mengen freigesetzt. Fast 40 Prozent der che Pfarrkirche St. Simon und Judas Thad- nichts mehr für die Ewigkeit. Nicht mal das bundesweiten CO2-Emissionen fallen in däus entwidmet werden. Riesige Schaufel- Nordrhein-Westfalen an,nicht zuletzt wegen radbagger werden das in Deutschland ein- „So kann man mit der Stromgewinnung mit Braunkohle. Ihr zigartige Kirchenbauwerk aus dem Jahr 1870, Kraftwerkserneuerungs-Programm hat RWE dessen Gewölbe von nur einer Säule getragen Menschen nicht um- Power auf acht Milliarden Euro veranschlagt. wird, zerstören.Tag für Tag fressen sich die gehen“, empört sich „Die mit Abstand größte Industrieinvestition turmhohen Baggerungetüme näher an Ot- in Nordrhein-Westfalen“, lobt Ministerprä- zenrath heran. Salentin. sident Jürgen Rüttgers (CDU). Otzenrath ist die erste Ortschaft, die dem Doch die Umweltverbände bleiben skeptisch. Braunkohletagebau Garzweiler II weichen Begräbnis.Nach der Entwidmung der Pfarr- Kein anderer Energieträger verursache so ho- muss. Insgesamt 48 Quadratkilometer sollen kirche werden in Otzenrath die Toten in Zink- he CO2-Emissionen wie die Braunkohle,be- in dem Städtedreieck zwischen Düsseldorf, särge umgebettet. „So kann man mit Men- hauptet der Bund für Umwelt und Natur- Mönchengladbach und Aachen in den nächs- schen nicht umgehen“,empört sich Salentin. schutz (BUND). Auch mit neuen Braun- ten vierzig Jahren unter die riesigen Braun- Für den aus Otzenrath stammenden Polizei- kohlekraftwerken könnten die langfristigen kohlebagger kommen.Neben Otzenrath sind beamten Stephan Pütz, 44, sind die Umbet- Klimaschutzziele nicht erreicht werden. Mit zwölf weitere Ortschaften zum Abriss freige- tungen gar ein Verbrechen gegen die Mensch- einer Serie von Klagen vor den Verwaltungs- geben.Etwa 7600 Menschen verlieren Haus, lichkeit. „Gibt es irgendeine Kultur oder ein gerichten haben Umweltverbände, Kirchen Hof und Heimat. In dem weltweit größten Naturvolk, wo so was passiert?“ und zur Umsiedlung gezwungene Bewoh- Tagebau sollen bis zum Jahr 2045 1,3 Milli- Wegen der gravierenden Eingriffe in Land- ner in den letzten Jahren versucht, Garzwei- arden Tonnen Braunkohle gefördert werden, schaft und Natur ist Garzweiler II seit den ers- ler II juristisch doch noch zu verhindern.Der

Foto: Bilderberg 35 bis 40 Millionen Tonnen jährlich.Das Ver- ten Planungsphasen politisch heftig umstrit- Tagebau verletze das Grundrecht auf Eigen-

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Ein Hinweisschild auf die Messe in der Kirche steht am Ortseingang von Otzenrath.

tum und Freizügigkeit, zudem verstoße er Braunkohleanteil am Primärverbrauch bis standsfront.Die meisten Anwohner haben sich gegen die „Kirchenguts-Garantie“,sagt Pfar- 2020 bei 10,4 Prozent. Dies erfordere einen längst mit ihrer Umsiedlung abgefunden.Statt rer Salentin.Durch den drohenden Abriss der Braunkohleabbau auf heutigem Niveau. Da laut zu protestieren,feilschen sie leise mit den Pfarrkirchen werde „der im Grundgesetz ver- der laufende Tagebau Garzweiler I mit einer Anwälten von RWE Power um Entschädi- ankerte Schutz für christliche Gebäude außer gungen. Die Strategie der Vereinzelung zeigt Kraft gesetzt“. Doch bislang wiesen die zu- „Wir bewegen uns auf unübersehbare Erfolge.In den Umsiedlungs- ständigen Verwaltungsgerichte sämtliche Kla- orten stehen immer mehr Häuser leer.Es wird gen ab. Demnächst wird es vor den Gerich- einem schmalen Grat.“ einsam um die Widerständler. ten um die Zulässigkeit von Zwangsenteig- Die Bevölkerung ist gespalten.Viele Men- nungen auf dem Braunkohleareal gehen. Fördermenge von 35 Millionen Jahrestonnen schen leben in dieser Region von der Braun- Notfalls wollen die Umweltverbände bis vor spätestens im Juli dieses Jahres erschöpft sein kohle.Bergleute,die bei RWE Power im Sold das Bundesverfassungsgericht ziehen.Ange- werde, sei der geplante Anschlusstagebau für stehen,haben ihrer aufsässigen Kirche in den sichts der hohen Überkapazitäten auf dem die Versorgungssicherheit unverzichtbar.Fer- letzten Jahren verärgert den Rücken gekehrt. zwischenzeitlich liberalisierten Strommarkt ner hebt RWE Power die „große wirtschafts- „Wir bewegen uns auf einem ganz schmalen liege Garzweiler II „kein dringendes Bedürf- und arbeitsmarktpolitische Bedeutung“ des Grat“, sagt der Justitiar der Diözese Aachen nis des Allgemeinwohls“ mehr zugrunde,ar- umstrittenen Anschlusstagebaus hervor.Bun- Karl Dyckmans.Als Konsequenz des Streits gumentieren Kläger wie der BUND. Der desweit hingen mehr als 35000 Arbeitsplätze um Garzweiler II habe es zahlreiche Kir- Aufschluss von Garzweiler II führe vielmehr an dem Tagebau-Aufschluss. chenaustritte gegeben,bestätigt er.Diözesan- „zu einer größtmöglichen Zerstörung von Freiwillig will sich Pfarrer Salentin diesem bischof Heinrich Mussinghoff hat den Wi- Natur und Landschaft“.Weil die abzubag- Diktum nicht beugen.Sechs katholische Ge- derständlern dennoch seinen Segen gege- gernden Kohlenflöze trocken gelegt werden, meinden,die im Abbaugebiet aufgrund zahl- ben. Und sein Dechant Salentin will ge- drohe dem Gewässerhaushalt eine „irreversi- reicher Schenkungen zu den größten Grund- genüber RWE Power eisern bleiben. „Die ble Schädigung“ und umliegenden Feucht- besitzern gehören, wollen den Schaufelrad- werden bei uns jeden Quadratmeter enteig- gebieten wie dem Naturpark „Maas- baggern nicht widerstandslos weichen.„Kein nen müssen. Das ist ein Kampf David gegen Schwalm-Nette“ die Versteppung. Kirchenland für Rheinbraun!“, haben die Goliath.“ ● RWE Power hält dagegen, dass der Tagebau Pfarrgremien im rheinischen Braunkohlere- „zweifellos am Gemeinwohl orientiert“ sei. vier beschlossen.Die katholische Kirche zählt ☞ Auf www.fluter.de:Ein Dorf zieht um Nach aktuellen Energieprognosen liege der zum harten Kern der bröckelnden Wider- – Bilder aus der Garzweiler-Region.

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LUFTBUCHUNG

Rotormotor In Brandenburg gehört Strom aus Windkraft schon zum Alltag. Text: Falko Müller

aik Lehmann steckt nellen Kraftwerken. Da der teu- den Kopf aus der obe- rer werden wird, die Windkraft Mren Luke des MD 77. hingegen auch wegen der ab- Links sieht er nach Polen, rechts nehmenden Förderung günsti- die sieben anderen Windenergie- ger, wird damit gerechnet, dass anlagen. Sie stehen still. Kein spätestens 2015 Windenergie Wind.Heute kommt kein Strom günstiger zu erhalten ist als kon- aus dem Windpark Sembten in ventioneller Strom. Brandenburg,der nur einen klei- Umweltschutz. Eine 1,5-MW- nen Teil der insgesamt 2740 Wind- Anlage vermeidet während einer energieanlagen in Brandenburg 20-jährigen Betriebszeit 64 000 t ausmacht.Windräder benötigen CO2-Emissionen bzw. den Ver- ebenes Gelände,Brandenburg ist brauch von 80 000 t Braunkohle daher mit Niedersachsen,Schles- in herkömmlichen Kraftwerken. wig-Holstein und Nordrhein- Wirtschaftsfaktor. Der Bun- Westfalen Spitze.Vor sechs Jah- desverband Windenergie (BWE) ren arbeitete Maik Lehmann,36, geht von bundesweit 64 000 Ar- noch als Heizungsinstallateur auf beitsplätzen in der Windenergie- dem Bau in Brandenburg. Da- Windkraftanlage in Egeln, Sachsen-Anhalt. wirtschaft aus. Der bundesweite mals war gerade das Erneuerba- Umsatz 2005 wird auf 7,4 Mrd. re-Energien-Gesetz (EEG) in Kapsel,ist schwer einzuschätzen, Derzeit erzeugen Windenergie- Euro geschätzt: 2,1 Mrd. Euro Kraft getreten,im Frühjahr 2003 wenn man ihm nicht vorher die anlagen in Deutschland gerade Neuinvestitionen,2,9 Mrd.Euro verlor er den Job.Als das Arbeits- mehr als 200 Stufen der Leiter genug Strom für die Versorgung Export, 2,4 Mrd. Euro Stromer- amt ihm die Fortbildung zum steil nach oben gefolgt ist – so von Berlin und Brandenburg.Da zeugung. Im Jahr 2020 könnte Servicetechniker für Windener- eng ist es hier. „Es ist schon viel die meisten guten Flächen bereits die Windenergie laut BWE gieanlagen nicht finanzieren woll- Routine“,sagt Lehmann.„Rich- vergeben sind, liegt die Zukunft 130 000 Menschen beschäftigen. te,zahlte er die 6000 Euro selbst. tig spannend ist es, wenn es ei- im Offshore-Bereich, also auf Das EEG.Wer Strom aus Quel- Die Investition hat sich gelohnt: nen Störfall gibt, das passiert so dem Meer. Maik Lehmann ist es len wie Photovoltaik, Biomasse Seit zwei Jahren hat er eine feste etwa zweimal im Monat. Dann egal: Für die kommenden knapp oder Wind ins Stromnetz ein- Anstellung, zusammen mit drei müssen wir schnell sehen:Wo ist zwanzig Jahre ist der Abnahme- speist,bekommt einen festen Preis Kollegen ist er für die Wartung das Problem? Kriegen wir das preis für die von ihm betreuten bezahlt.Die Mehrbelastung trägt von 44 Windenergieanlagen in hin?“ Die Brandenburger,meint und gewarteten Windenergiean- der Verbraucher – 2005 waren Brandenburg zuständig. Lehmann,seien sonst gerne skep- lagen in Brandenburg gesichert. das für einen durchschnittlichen Windenergie ist eine deutsche tisch. Steigen sie aber erst mal in Sein Job damit auch. Haushalt 1,50 bis 2 Euro im Mo- Erfolgsgeschichte. 1990 gab es die Kapsel auf, seien sie von der nat. Der Festpreis, den der An- 405 Windenergieanlagen, Ende Technik begeistert.Wenn nicht, Repowering. Moderne Anla- bieter für die Windenergie erhält, 2005 waren es 17574.In keinem hilft das Argument:Wäre Ihnen gen produzieren mehr als drei- wird von Jahr zu Jahr um zwei anderen Land der Welt wird so ein Atomkraftwerk hier lieber? mal so viel Strom wie vier Jahre Prozent gesenkt, ein Grund für viel Strom durch Wind erzeugt. Gerade einmal 6,65 Prozent trägt alte Anlagen.Interessant wird da- den raschen Ausbau in Deutsch- Auslöser des Windbooms war das die Windenergie gegenwärtig her das Repowering:Alte Wind- land. Ähnliche Regelungen gibt am 1.April 2000 in Kraft getre- zum Gesamtstromverbrauch in anlagen werden abgebaut, neue es in Spanien, Frankreich, Groß- tene EEG, das die Förderung er- Deutschland bei und ist damit aufgestellt. Also: weniger Wind- britannien, Kanada, einigen US- neuerbarer Energien regelt. dennoch die leistungsstärkste der räder, die mehr Strom erzeugen. Bundesstaaten und in China. Ob Maik Lehmann in einem U- regenerativen Energien.Bis 2030 Kosten. Strom aus Windkraft ist, Boot sitzt oder 85 Meter über soll der Wind bereits ein Viertel auch wegen der Förderung,noch ☞ Auf www.fluter.de:Wie werden dem Boden in einer kleinen des Stromverbrauchs decken. teurer als Strom aus konventio- Windräder gewartet? Ein Berufsporträt. Fotos: picture alliance (2)

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WERKSTATTGESPRÄCH

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DIE HEIMWERKERKÖNIGE

In Kalifornien müssen Autohersteller besonders umweltfreundliche Autos auf den Markt bringen, so will es der Gesetzgeber. Einige Bastler sind aber auch mit sehr schadstoffarmen Serienwägen noch lange nicht zufrieden. Text:Janko Roettgers Fotos: Max Whittaker

elix Kramer ist kein Freund verchrom- Im Zentrum seiner Bemühungen steht der Grund für die Sparsamkeit des Prius ist sein ter Felgen.Er würde sein Auto niemals Prius, ein windschnittiger Wagen,den Toyo- so genannter Hybridantrieb, der einen Ben- Ftiefer legen oder Sportsitze einbauen. ta in den USA 2003 auf den Markt brachte. zin- mit einem Elektromotor kombiniert. Mit den Jungs von MTVs Pimp My Ride Schon ein handelsübliches Modell diesen Beim An- und Rückwärtsfahren sowie bei könnte sich der ehemalige Dotcom-Unter- Typs verbraucht auf 100 Kilometer nur etwa niedrigen Geschwindigkeiten wird das Auto nehmer dennoch problemlos messen. Der vier Liter Benzin. durch den Elektromotor angetrieben und Kalifornier tüftelt an der Zukunft des Auto- In den USA, in denen Irakkrieg, Klimawan- verbraucht damit keinen Treibstoff, erst bei mobils. Einige Tausend Dollar hat er bereits del und steigende Benzinpreise immer mehr höheren Geschwindigkeiten kommt Benzin dafür ausgegeben, den Benzinverbrauch sei- thematisiert werden,ist das Auto zu einer Art dazu. Der konventionelle Motor lädt dabei nes Autos auf zwei Liter pro 100 gefahrene alternativem Statussymbol aufgestiegen.Brad auch gleich die internen Batterien auf. „Sie Kilometer zu senken. „Manche Leute inves- Pitt hat einen, Cameron Diaz ebenfalls und müssen den Wagen niemals per Steckdose tieren 2000 Dollar in Ledersitze“, erklärt er, George Clooney fuhr mit einem Prius letz- aufladen“,verspricht Toyota in der Werbung. es klingt fast entschuldigend. tes Jahr zur Oscar-Preisverleihung. „Welche Wünsche bleiben da noch offen?“

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WERKSTATTGESPRÄCH

Felix Kramer in San Francisco mit seinem umgerüsteten Toyota Prius.

Für Felix Kramer zumindest einer: Er wollte einen Stecker. 2003 wird erklärt, wie wenig Benzin der Wagen verbraucht, das Num- gründete er daher den kalifornischen Verein Calcars, um Autoher- mernschild verkündet: „Plug OK“ – „Einstöpseln erlaubt“. Auf- steller von der Idee eines Hybridautos mit Steckdosenanschluss zu merksamkeit ist ihm damit überall gewiss.Besonders wild geht es zu, überzeugen. Solche Fahrzeuge könnten viel sauberer sein als die im wenn Kramer seinen Prius zum Ölwechsel in die Werkstatt bringt. Handel erhältlichen Hybridmodelle,meint er.„Man hätte damit al- „Beim Toyota-Händler versammeln sich jedes Mal alle um mein le Vorteile eines Elektroautos mit der Reichweite eines Benziners.“ Auto“,berichtet er belustigt.„Die Leute finden es toll.Sie finden es Doch Toyota und Co. zeigten sich lange uninteressiert. „Sie haben unglaublich faszinierend.“ es einfach nicht verstanden“, glaubt Kramer. Toyotas offizielle Reaktionen waren anfangs Ihm blieb deshalb nicht anderes übrig, als „Die Leute finden es nicht ganz so positiv. Der Konzern bemerkte selbst zum Schraubenschlüssel zu greifen. säuerlich, man könne keine Garantie auf der- Im Herbst 2004 begann er gemeinsam mit toll. Sie finden es un- art umgebaute Wagen geben.Und man glau- anderen Calcars-Mitgliedern,einen Prius zum be auch nicht, hieß es, dass Verbraucher für so Steckdosenwagen umzurüsten.In zahlreichen glaublich faszinierend.“ etwas mehr Geld ausgeben würden.Doch der Bastelwochenenden bauten sie dort, wo der Autohersteller brachte auch Argumente vor, Ersatzreifen war,18 zusätzliche Batterien ein.Für einen zweiten Pro- die Umweltschützer nachdenklich werden ließen.Wer sein Auto mit totyp holten sie sich professionelle Hilfe von Firmen,die sich auf das Kohlestrom statt Benzin voll tanke,der tausche damit lediglich einen Umrüsten von Elektroautos spezialisiert haben.Am Ende hatten sie Verschmutzer gegen einen anderen aus,so die Kritik.Eine echte Lö- dann ein Auto, das im Stadtverkehr ganz ohne Benzin auskommt sung der Umweltprobleme könne es nur mit Wasserstoffantrieb und und auf längeren Strecken gerade mal zwei Liter pro 100 Kilometer ähnlichen Zukunftstechnologien geben. verbraucht. Felix Kramer beeindrucken derartige Argumente nicht. „In den Bisher existieren weltweit nur eine Hand voll derart umgerüsteter Neunzigern mochten Leute die Idee, dass mit Wasserstoffantrieben Hybridautos. Ein Grund dafür ist der Preis: Zusätzliche Batterien, nur Wasser aus dem Auspuff kommt“, glaubt er. „Doch wenn man spezielle Elektronik und eine professionelle Installation können bis den kompletten Energieaufwand von der Quelle bis zum Auspuff zu 12000 Dollar kosten.Bei Calcars geht man jedoch davon aus,dass nachrechnet,dann sieht die Bilanz von Wasserstoff nicht mehr so gut Autohersteller diese Kosten auf 2000 bis 3000 Dollar reduzieren aus.“ In Sachen CO2 sei Strom bereits heute unschlagbar. „Ein könnten.„Die Technik existiert“,sagt Felix Kramer.Doch bis sie den Elektroauto produziert mit dem derzeitigen Stromnetz in den USA Massenmarkt erreicht,muss er noch viel Überzeugungsarbeit leisten. 45 Prozent weniger CO2 als ein herkömmlicher Wagen“,erklärt Kra- Kramer hat seinen umgerüsteten Prius deshalb in eine Art fahrende mer. „Und das kann nur besser werden, da unsere Stromversorgung Litfaßsäule verwandelt. Mit großen Buchstaben an beiden Türen insgesamt sauberer wird.“

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IMPRESSUM

fluter – Magazin der Bundeszentrale für politi- sche Bildung, Ausgabe 19, Juni 2006

Herausgegeben von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), Adenauerallee 86, 53113 Bonn, Tel. 01888 / 515-0

Redaktion: Thorsten Schilling (verantwortlich), Bundeszentrale für politische Bildung (schil- [email protected]), Dirk Schönlebe (redaktionelle Koordination, CvD), Thomas Kartsolis (Art Direction), Alexandra Rusitschka (Grafik)

Texte und Mitarbeit: Theresa Bäuerlein, Serge Debrebant, Daniel Erk, Anne Haeming, Meredith Haaf, Mathias Irle, Susanne Klingner, Bernd Klopfer, Christoph Koch, Christoph Leischwitz, Barbara Lich, Caroline von Lowtzow, Falko Müller, Johannes Nitschmann, Janko Roettgers, Dirk Schönlebe, Kathrin Steinbichler, Peter Wagner

Fotos und Illustrationen: Gerald von Foris, Silke Weinsheimer, Max Whittaker, Eva Hillreiner

Schlussredaktion: Isolde Durchholz

Redaktionsanschrift / Leserbriefe: fluter – Magazin der Bundeszentrale für politi- sche Bildung. sv corporate media GmbH, Emmy-Noether-Straße 2 / E, 80992 München, Tel. 089/2183-8327; Fax 089/2183-8529; [email protected] Über Monitor sieht man den Ladezustand der Batterien (links). Eingebaut sind sie im Kofferraum. Redaktionelle Umsetzung: Magazin Verlagsgesellschaft Süddeutsche Inzwischen scheint diese Botschaft anzu- Das ist neu. Bisher kamen derartige Im- Zeitung mbH kommen. Zahlreiche Journalisten, Wis- pulse stets vom Gesetzgeber.So besitzt Ka- Süddeutsche Zeitung Agentur Rindermarkt 5 senschaftler und Politiker haben sich be- lifornien die strengsten Abgasnormen der 80331 München reits mit Kramer getroffen, um den Prius Welt. Diesel-Pkws dürfen in dem Bun- Satz+Repro: IMPULS GmbH, Taubesgarten 23 zu sehen. Selbst Präsident Bush bekunde- desstaat überhaupt nicht mehr verkauft 55234 Bechtolsheim tet inzwischen Interesse an der Techno- werden.Autohersteller wurden zudem zu logie. Und angesichts des wachsenden öf- einer Quote für grüne Autos verpflichtet. Druck: Bonifatius GmbH Druck – Buch – Verlag fentlichen Drucks gibt es auch von Toyo- Vier Prozent aller neu verkauften Fahr- Paderborn ta neue Töne.„Ein interessantes Konzept“ zeuge dürfen fast keine Schadstoffe mehr [email protected] sei das, findet Konzernsprecherin Cindy verursachen.Diese Bestimmungen sind ein Abo verlängern & abbestellen: Knight. Bisher gebe es noch technische wesentlicher Grund dafür,dass mittlerweile Tel. 05251/153-188 (24 Std.) Probleme mit den Batterien. „Doch das zahlreiche Autokonzerne Prius-ähnliche Fax 05251/153-199 sollte sich innerhalb der nächsten drei Jah- Hybridwagen in den USA auf den Markt Abo bestellen & Service re lösen lassen“, meint sie zuversichtlich. bringen. Tel. 05251/153-180 Fax 05251/153-190 Lobende Worte hat Toyota neuerdings Jetzt scheinen Verbraucher und Bastler den auch für Menschen wie Felix Kramer, die Gesetzgeber zu überholen. So bekommt Bonifatius GmbH Stichwort: fluter ihren Prius auf eigene Faust umrüsten. Toyota vermehrt E-Mails und Anrufe von Postfach 1269 „Wir verstehen das als Ausdruck des ame- Konsumenten, die gezielt nach umwelt- 33042 Paderborn rikanischen Erfindungsreichtums“,erklärt freundlicheren Technologien fragen, be- Nachbestellungen von fluter werden Knight. „Das individuelle Umbauen von richtet Cindy Knight. „Sie sagen uns, was ab 1 kg bis 15 kg mit 4,60 Euro Autos hat hier zu Lande Tradition.“ Aus sie kaufen wollen und was wir produzie- kostenpflichtig. rechtlichen Gründen könne ihre Firma ren sollen.“ Glaubt man Felix Kramer, Papier: Dieses Magazin wurde auf umwelt- Verbraucher nicht zu derartigen Dingen dann hat die Branche diese Nachhilfe auch freundlichem, chlorfrei gebleichtem Papier ermuntern. Doch einige der Toyota-In- dringend nötig. „Die meisten Autoher- gedruckt. genieure würden sich intensiv mit den steller fällen schlechte Entscheidungen“, ISSN 1611-1567 Bundeszentrale für Hobbybastlern austauschen.„Sie sind sehr meint er. „Deshalb geht es ihnen auch so politische Bildung [email protected], www.bpb.de gewitzt und sehr engagiert“, sagt Knight. miserabel.“ Cindy Knight indes verspricht Autohersteller, die sich von Bastlern in Besserung: „Wir freuen uns über jedes Online-Bestelladresse: www.fluter.de/abo Sachen Umweltschutz inspirieren lassen: Feedback.“ ● S_46-47_cells final 14.06.2006 17:24 Uhr Seite 2

PLATTENBAU

Von links oben im Uhrzeigersinn: Saskia Ohle überwacht den Produktionsprozess; Position für das Kontaktgitter auf der Solarzelle wird bestimmt; Produktionsstraße von Q-Cells, fertige Solarzelle.

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Brüder, zur Sonne Solarzellen sollen den Strom der Zukunft für Deutschland liefern, wünschen sich Umweltschützer und die Bundesregierung. Einer der Weltmarktführer im Solarzellenbau ist schon heute Q-Cells. Text: Peter Wagner Fotos: Gerald von Foris

ach Thalheim, westlich von Bitter- Im Jahr 2003 gab es in Deutschland erst hat.Der Wirkungsgrad lag noch vor vier Jah- feld in Sachsen-Anhalt gelegen,rei- 80 000 Anlagen,im Jahr 2005 bereits 200 000. ren bei 14,1 Prozent, heute erreicht Q-Cells Nsen Reporter eigens aus Afrika an. Deutschland ist mittlerweile der größte Markt 15 bis 16 Prozent. Q-Cells stellt Solarzellen Sie kommen nicht wegen der strahlend gel- für Solarenergie weltweit und wegen der gro- in Masse her,dadurch wird die einzelne Zel- ben Rapsfelder rund um die 1600-Einwoh- ßen Nachfrage sind in Thalheim auch Ar- le billiger. Die Produktion wird in der Ener- ner-Ortschaft oder der hügellosen, beruhi- beitsplätze entstanden:Bei Q-Cells wuchs die gieeinheit Megawattpeak (MWp) gemessen. gend wirkenden Landschaft.Sie kommen we- Zahl im Jahr 2005 von 484 auf 767, insge- Im Jahr 2004 stieg die Produktion bei Q- gen Q-Cells. samt arbeiten in Deutschland schon etwa Cells von 48 MWp auf 170 MWp.Den Preis Das ist eines von fünfzig Unternehmen in 35 000 Menschen in der Solarindustrie. Ge- einer einzelnen Zelle verrät Stefan Dietrich Deutschland, die Solarzellen oder andere rade für eine Region wie Bitterfeld ist das nicht, Betriebsgeheimnis. Bauteile für Photovoltaikanlagen herstellen. von großer Bedeutung, dort liegt die Ar- Eine Solarzelle ist ein dünnes Plättchen Sili- Q-Cells produziert erst seit fünf Jahren Kom- beitslosenquote bei 20 Prozent.Wenn es nach zium,oben mit Phosphor,unten mit Bor be- ponenten, mit denen sich Sonnenlicht in Stefan Dietrich geht, dem Unternehmens- strichen. Die Photonen des Sonnenlichts Energie umwandeln lässt, und ist dennoch sprecher, will Q-Cells Solarzellen produzie- schlagen Elektronen aus den Phosphormo- schon,nach der japanischen Firma Sharp,der lekülen, die sich am oberen Rand der Phos- weltweit zweitgrößte Solarzellenhersteller, Abwarten, ob auch phorschicht sammeln – dem Minuspol. Auf mit einem Weltmarktanteil von zehn Prozent. ohne Förderung noch pro- der Bor-Seite entsteht ein Elektronenman- Ein Grund für diesen Erfolg ist ein Gesetz. gel – der Pluspol.Verbindet man Minus mit 2004 trat die Neuauflage des Erneuerbare- duziert wird. Plus und schaltet eine Glühbirne dazwischen, Energien-Gesetzes (EEG) in Kraft, mit dem fließen Elektronen und die Birne leuchtet. die Bundesregierung den Anteil erneuerbarer ren,die den Strom so billig liefern wie Atom- Heute trägt Solarenergie 0,2 Prozent zur Energien an der Stromversorgung von derzeit kraftwerke – die Kosten für Solarzellen sin- deutschen Stromproduktion bei.Das Bundes- 10,2 Prozent auf 20 Prozent im Jahr 2020 er- ken um 20 Prozent, wenn sich die Produk- umweltministerium schätzt, im Jahr 2020 höhen möchte. Energieunternehmen müs- tion verdoppelt. könnten es etwa 1,5 Prozent sein. Notwen- sen seitdem auch aus Wind,Wasser oder Son- „Die Regierung und die Industrie haben so- dig dafür wäre ein technischer Quanten- ne gewonnenen Strom in ihr Netz einspeisen. zusagen einen Pakt geschlossen“, sagt Stefan sprung, um die Wirkungsgrade deutlich zu Davon kann der Einzelne finanziell profitie- Dietrich, denn mit dem EEG soll auch die erhöhen. Auch die Speichermöglichkeiten ren.Wer zum Beispiel eine Photovoltaikan- Technik gefördert werden,mit der man Strom müssen verbessert werden – damit es nicht lage auf seinem Hausdach installiert,kann den aus Sonnenlicht gewinnt. Ohne Förderung nur Strom gibt, wenn die Sonne scheint. Strom in das Stromnetz leiten, dafür be- wären Photovoltaikanlagen noch unwirt- Fachleute sagen, in Ostdeutschland entstehe kommt er vom Energieversorger etwa 50 schaftlich.Auch Q-Cells hätte dann kein In- gerade einer der weltweit führenden Solar- Cent je Kilowattstunde.Eine Kilowattstunde teresse daran, die Technik weiterzuent- standorte.Manche sagen:So ist es schon.An- aus einem Atomkraftwerk kostet etwa fünf wickeln. dere sagen:Abwarten, ob auch ohne Förde- Cent. Die staatlich verordneten Mehrkosten Der Erfolg von Q-Cells hängt jedoch nicht rung noch produziert wird. Stefan Dietrich bezahlen die Verbraucher: Ihre Stromrech- nur am EEG.„Unsere Zellen sind größer und blinzelt in die Sonne. Er ist da guter Dinge. nung steigt leicht,weil ein Teil des Stroms mit haben einen höheren Wirkungsgrad“,erklärt Solarzellen gewonnen wurde: Je nach Anla- Dietrich. Er spricht von der so genannten ☞Auf www.fluter.de:Größter Erfinder aller Zei- ge kostet die Produktion einer Kilowattstun- Sechs-Zoll-Plus-Zelle, die im Vergleich zu ten? Der kroatische Physiker Nikola Tesla hat Wech- de Solarstrom zwischen 37 und 52 Cent. früheren Zellen 44 Prozent mehr Oberfläche selstrom und Elektromotor erfunden.

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NACHFOLGEREGELUNG

WASSER MARSCH?

Was kann nach Kohle, Erdgas und Erdöl kommen, wie könnte die Kernenergie ersetzt werden? Wir haben uns einige interessante Möglichkeiten angesehen.

Text: Meredith Haaf

Brennstoffzelle Kurbel Bei der klassischen Brennstoffzelle wird Was- Was für Fahrradleuchten funktioniert,ist auch serstoff mit Sauerstoff angereichert und gibt für Handys und bald sogar Computer mög- dabei Elektronen ab,die über einen Verbrau- lich: Eine Kurbel treibt einen Dynamo an, cher fließen, zum Beispiel den Glühdraht der mechanische Energie in Strom umwan- einer Glühbirne. Eine solche Zelle kann – je delt. Mobiltelefonhersteller bieten für die nach Größe – zehn bis hundert Kilowatt Notversorgung leerer Akkus bereits die so erzeugen. Die Brennstoffzelle hat mehrere genannte Handykurbel an. Das 100-Dollar- Brennendes Eis Vorteile:Sie ist sehr leistungsstark,mobil und Notebook, das Nicholas Negroponte, Leiter Sie sehen aus wie Eisklumpen, brennen aber emissionsfrei.Das Problem:Bisher kann Was- des Media Lab des Massachusetts Institute of besser als Kohle:Methanhydrate sind Verbin- serstoff in großen Mengen nicht auf um- Technology, für die Dritte Welt entwickelt dungen aus Wasser und Gas, die bei hohem weltfreundliche,sparsame Art hergestellt wer- hat,soll ab 2007 auf den Markt kommen und Druck und niedrigen Temperaturen entste- den.Angelika Heinzel,Geschäftsführerin des ebenfalls mit einer Kurbel angetrieben wer- hen. Das brennende Eis liegt auf dem Mee- Zentrums für BrennstoffzellenTechnik in den können – dabei ergibt eine Minute Kur- resboden und unter dem ewigen Eis der po- Duisburg,sagt:„Im militärischen Bereich wird beln Strom für 30 Minuten. laren Regionen – in rauen Mengen.Wissen- die Brennstoffzelle bereits genutzt,technisch schaftler gehen davon aus, dass etwa 10 000 gesehen könnte man sie auch im Alltag schon Gigatonnen Kohlenstoff in Gashydratvor- einsetzen. Die Technik ist zwar noch etwas kommen weltweit zur Verfügung stehen – das teuer,aber 2010 werden die ersten stationären ist beinahe das Doppelte von dem, was fossi- Systeme fertig, zum Beispiel an Kranken- le Brennstoffe noch zu bieten haben. Schuld häusern.Wann sich die Brennstoffzelle durch- i

daran,dass wir nicht längst mit Eis heizen,ist setzt, hängt von den Entwicklungen bei So- Hill die Tatsache, dass Methan auf das Klima eine lar- oder Windkraft ab und davon,ob wir Was- verheerende Wirkung haben kann: Gelangt serstoff umweltfreundlich gewinnen können.“ E es in die Erdatmosphäre, entwickelt es einen Treibhauseffekt, der 30-mal stärker ist als der i von Kohlendioxid. Gerd Bohrmann vom

Bremer Marum-Institut sagt:„Der eindeuti- Ill ge Vorteil der Gashydrate ist ihre große Men- ge.Dennoch ist es schwierig,die Entwicklung auf dem Gebiet vorherzusagen.Noch wissen ☞ Auf www.fluter.de: das A bis Z der Energie. wir sehr wenig über die Vorkommen. Das macht es schwierig, mit den ökologischen Problemen fertig zu werden. Die Forschung auf diesem Gebiet muss vorankommen – das ist in erster Linie eine Kostenfrage.“

48 S_48_49_kalte_fusion 14.06.2006 17:26 Uhr Seite 3

Geothermie (Erdwärme) Die Wärme,die im oberen Teil der Erdkruste gespeichert ist, ist einige Milliarden Jahre alt. Sie stammt aus der Zeit der Entstehung des Planeten sowie aus noch andauernden radio- Meeresenergie Kernfusion aktiven Zerfallsprozessen in der Erdkruste Ein Viertel des weltweiten Energiebedarfs Sonnenhitze entsteht durch die Fusion der und ist theoretisch die größte Energiequelle könnte durch das Meer gedeckt werden.Klas- Wasserstoffarten Deuterium und Tritium zu überhaupt.Erdwärme kann direkt zum Hei- sische Gezeitenkraftwerke funktionieren bis- Helium. Forscher versuchen, diesen Prozess zen, zur Erzeugung von elektrischem Strom her nach dem Staudammprinzip, es muss al- künstlich in Gang zu bringen. Gelänge es, oder in einer Kraft-Wärme-Kopplung ge- so eine ganze Bucht verbaut werden, um die hätte das große Vorteile: Die Strahlungsge- nutzt werden.Weltweit werden etwa zehn Strömung nutzbar zu machen.Das sieht nicht fahr ist aufgrund des Materials, das für den Gigawatt aus klassischer Erdwärme – also nur unschön aus, es schadet auch der Um- Bau eines Fusionskraftwerks verwendet wür- mithilfe von Wassersystemen, die bereits im welt. Effizienter und ökologisch sinnvoller de, wesentlich geringer als bei einem Kern- Boden vorhanden sind, wie zum Beispiel sind dagegen Kraftwerke, die Wellen und kraftwerk.Und:Deuterium und Tritium sind Grundwasser – gewonnen,das entspricht der Strömung nutzen. Derzeit werden Modelle in Meerwasser beziehungsweise Feldsteinen Leistung von zehn Kernkraftwerken. In entwickelt, die mit Unterwasserrotoren ar- praktisch unbegrenzt verfügbar.Das Problem: Deutschland werden mit Geothermie bislang beiten – ähnlich wie Windanlagen. Bisher ist Atomkerne fusionieren bei knapp zehn Mil- fast ausschließlich Häuser beheizt.Von 30 es auf diese Weise allerdings nicht gelungen, lionen Grad Celsius. Die zu erzeugen kostet Anlagen erzeugt bisher nur das Kraftwerk Strom in relevanten Mengen zu erzeugen. bislang weit mehr Energie, als dann gewon- Neustadt-Glewe tatsächlich Strom und ver- Jochen Bard vom Institut für Elektrische nen wird. Eine Lösung dafür will man im sorgt damit 500 Haushalte.Dr.Reinhard Jung Energietechnik der Universität Kassel sagt: ITER (Internationaler Thermonuklearer vom Hannoveraner Institut für Geowissen- „Deutschland hat kaum Küste und das Was- Versuchsreaktor) finden, dessen Bau noch schaftliche Gemeinschaftsaufgaben:„Um mit ser ist relativ flach. Deswegen werden nasse 2006 in Cadarache in Südfrankreich begin- Geothermie ein einziges AKW zu ersetzen, Technologien hier wohl keine besonders nen soll. Dr. Alexander Bradshaw, Direktor wären rund 300 Anlagen nötig. Das bedeu- große Rolle spielen.Das theoretische Poten- des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik: tet auch mindestens 300 Bohrungen und ei- zial liegt bei etwa fünf Prozent des Strombe- „Der Bau von ITER dauert etwa zehn Jah- nen finanziellen Aufwand von etwa 7,5 Mil-

Illustrationen: Eva Hillreiner darfs. Großbritannien hat das Vierfache.“ re,danach dauert es einige Jahre,bis wir sicher liarden Euro in 15 Jahren. Für die Bohrin- sein können, dass Kernfusion kraftwerks- dustrie wäre das ein riesiger Kraftakt, das tauglich ist.Wenn ein Demonstrationskraft- Geld ist auch nicht einfach zu bekommen – werk gebaut werden kann,rechnen wir damit, schließlich besteht immer das Risiko, dass dass die Fusion ab Mitte unseres Jahrhunderts man bohrt und auf unbrauchbares Gestein in der Energiewirtschaft eine Rolle spielt.Bis stößt.Wir setzen unsere Hoffnung daher auf 2100 kann Kernfusion,wenn die notwendigen die Erforschung neuer Anlagetechnologien.“ politischen Schritte geschehen,20 bis 30 Pro- zent des europäischen Strombedarfs decken.“

49 S_50_gewinnspiel 14.06.2006 17:27 Uhr Seite 2

ENDABNEHMER

Fast so gut wie Kohle! Vier Fragen im Heft,vier im Internet – dafür sollte die Energie noch reichen.

e die vier Buchstaben der Notier weitere orten.Vier richtigen Antw ei des Rät- ibt es in Teil zw Fragen g . Dort www.fluter.de sels unter win- was es zu ge ährst du auch, erf , acht Buch- nen gibt. Das gesuchte wort hat mit staben lange Lösungs on Energie zu tun. Messung v

Schicke die Lösung an: fluter.de gewinnen@ oder an: Alltag Redaktion und Stichwort: fluter-Rätsel 10407 Berlin Pasteurstraße 8 /

Das Wort „Energie“ kommt aus dem „Die Atomforschung wird nie zur Nutzung r) Arabischen von Kernenergie führen.“ Wer hat das gesagt? s) Chinesischen d) Julius Robert Oppenheimer, US-Physiker t) Griechischen e) Jules Verne, französischer Schriftsteller u) Lateinischen f) Otto Hahn, deutscher Chemiker g) Ernest Rutherford, britischer Kernphysiker Welche Pflanze kann Grundstoffe für die Herstellung von Bio-Kraftstoffen gewinnen? „Mittelplate“ ist l) Gänseblümchen a) Deutschlands einzige Offshore-Bohrinsel m) Löwenzahn b) die kohlehaltigste Erdschicht n) Veilchen c) der Spitzname von Paul Getty

o) Klee d) eine Tankerklasse Foto:Agentur Focus Magnum /

Ergänzung zum letzten fluter Die Bilder zum Interview mit Franklin Foer in der Fußball-Ausgabe von fluter stammen aus dem sehr schönen Bildband Tore von Neville Gabie, der bei Sanssouci im Carl Hanser Verlag erschienen ist.

50 S_U1-U4 19.06.2006 10:19 Uhr Seite 5

Was wollt ihr von www.fluter.de?

Stimmt ab und wählt das Monatsthema für den November. Die besten Vorschläge aus der fluter- Community stehen im August zur Auswahl.

fluter energisch:

fluter.de stellt den Mann mit dem Blitz in der Hand vor: den Erfinder und Star der Popkultur Nikola Tesla; stillt den Öldurst der USA und packt in Argentinien Ethanol in den Tank. Außerdem fragen wir, was uns die Werbe- spots der Stromkonzerne eigentlich sagen sollen, zeigen, wie ein ganzes Dorf dem Braunkohletagebau Garzweiler II weichen muss, und suchen in einem Radiofeature im Kernkraftwerk neue Kollegen für Homer Simpson.

Wir lesen in „Der Untergang der Stadt Passau“des deut- schen SF-Autors und Umweltaktivisten Carl Amery, wie eine Stadt, die von der Energieversorgung abgeschnitten ist, in die Bronzezeit zurückfällt, und wir blättern in den neuen Sachbüchern: Was genau haben internationale Ressourcenkonflikte, Profitmaximierung und Umwelt- katastrophen mit Energie zu tun? Außerdem erklärt uns der australische Ökologe und Zoologe Tim Flannery in „Wir Wettermacher“, warum der Klimawandel als Klischee so gefährlich ist.

Wir sehen „Chinatown“ – Roman Polanskis Film Noir in Farbe – über Korruption, Mord und andere Affären um die Planung eines Stausees. Und wir finden heraus, wie viel Energie und Kosten ein Drehtag für eine internationa- le Kinoproduktion verbraucht.

Im September geht es auf www.fluter.de um Konflikte und im Oktober in die Türkei.

fluter leuchtet ein. S_U1-U4 19.06.2006 10:19 Uhr Seite 2

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