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Jahrgang 34 31. J anuar 1987 Nr.1

Kopie der Urkunde vom 3. Mai 786, veröffentlicht bei Wartmann, Urkl:lndenb':!ch St. .Gallen 1S ..101 und im 'Yürtt. Urku~den~uch 1 ~ . 34~. Das er.ste Wort der 4. Zeile lautet Tunningas; in der 2. Hälfte dies~r Zeil~ folgen m E~urmb~ h, l ~ ~e d oro.f, m Pe t ~u al e , l~ Purro":, m Usmgun, m UUlI- (5. Zelle) dorof, in Talahusun, in Mereingun, in Deotingun, in Tuhngas, m Toromoatmgun, inPisi ngun, m Hahhmgun, m Uuassmgun. Eine kostbare Geburtstagsurkunde von Dr. Walter Stettner Geburtstag feierten im vergangenen Jahr (Weildorf), Talahusun (Talhausen) , Mereingun noch nicht auf Hohennagold, da diese Burg erst viele Gemeinden des Zollernalbkreises und sei­ (nicht zu bestimmen) , Deotingun (Dietingen), im 11. J ahrhundert entstand, sondern in oder ner Nachbarschaft: Sie wurden 1200 Jahre alt. Tulingas (Deilingen), Toromoatingun (Dormet­ bei de r Friedhofkirch e, die dem hl. Remigius, Ist denn das möglich? Ja, es ist nicht nur mög• tingen), Pisirrgun (Bisingen), .Hahingun (He­ einem der ältesten Kirchen-Patrone, geweiht lich, sondern eine unumstößliche Tatsache, ob­ chingen) und Uuassingun (Wessingen). In die­ war. wohl man damit auf die ferne Zeit des großen sen eben genannten Orten schenke und über• Unter den Zeugen wird auch Imma genannt, Königs Karl zurückkommt, der im Jahr 800 gebe ich dem oben erwähnten Kloster alles oh­ die Mutter Graf Gerilds, vielleicht, weil der ver­ zum ersten Kaiser des Abendlandes gekrönt ne Ausnahme mit Feldern, Wiesen, Wäldern, schenkte Besitz aus ihrem.Erbe stammte. Sie wurde. Und König Karl hatte wohl bei dem Ge­ Weiden, Wegen, Wassern und Wasserleitungen, gilt als eine Nachfahrin des alemannischen burtstag die Hände mit im Spiel. Bewegiiches und Unbewegliches, Bebautes und Herzogs Gottfried. Ihr Mann, Graf Gerold der Es geht um die Schenkungsurkunde, die Graf Unbebautes zu ewigem Besitz, jedoch in der ältere, war im Zeitpunkt der Ausstellung der Gerold, ein Mann aus der Verwandtschaft des Weise, daß ich künftig jedes Jahr einen Zins Urkunde schon tot. Umfangreicher Besitz der Königs, für das Kloster St. Gallen am 5. Mai 786 von 20 Solidi bezahle, und wenn ich die Dinge Familie konnte für die Gegend von Worms und ausgestellt hatte. Und doch ist es in gewisser einmal zurückkaufen wollte, kann ich das mit Heidelberg nachgewiesen werden. Das Ehe­ Hinsicht ungenau, wenn wir vom Geburtstag drei Wergeldern tun. Nach meinem Tod aber paar hatte neben zwei Söhnen, eine Tochter der in der Urkunde genannten Gemeinden soll es weder meinem Sohn noch meinem Bru­ Hildegard; sie wurde die zweite Gemahlin Kö• sprechen, weil die Gemeinden schon vorher be­ der noch einem meiner Erben oder Nacherben nigs Karls. Der jüngere Gerold war also ein standen. Besser würden wir also von ersten möglich sein, diese Dinge auf Zins zurückzu• Schwager des Königs. Man sieht, daß es sich deutlichen Lebenszeichen dieser Orte spre­ nehmen oder zurückzukaufen, sondern nach bei den Gerolden um eine der vornehmsten Fa­ chen, denn die Gräber, die man in etlichen die­ meinem Tod sollen die Dinge vollständig ohne milien des fränkischen Adels handelt. Sie und ser Gemeinden gefunden hat, sind doch nur jedenWiderspruch für immer beim Kloster ver­ andere Männer der fränkischen Reichsaristo­ dürftige, von manchen gar nicht anerkannte bleiben. Im folgenden Satz wird das Unwider­ kratie waren nach dem Sturz des alemanni­ Lebenszeichen. rufliche der Schenkung noch einmal betont. schen Herzogtums und dem Cannstatter Blut­ Was ist dann nun der Innhalt dieses ersten Das geschah in dem Dorf Nagold (Nagaltuna) bad nach Schwaben geschickt worden, um die deutlichen Lebenszeichens so vieler Gemein­ öffentlich in Anwesenheit der Männer, deren fränkische Herrschaften in unserem Lande zu den? Natürlich ist die Urkunde in Lateinisch Zeichen hier stehen: Zeichen des Stifters, des sichern. Die 786 an St. Gallen geschenkten Be­ ab gefaßt wie alle Urkunden, die vor 1250, also Grafen Gerold, der diese.Schenkung zu vollzie­ sitzungen sammten also entweder aus altem vor dem Untergang der Stauferkaiser, nieder­ hen gebeten hat. Zeichen des Bischofs Agino, Besitz der Familie, der durch Imma vermittelt geschrieben wurden. Sie beginnt (in freier Zeichen der Imma, meiner (Gerolds) Mutter, war, oder aus konfisziertem Besitz des alema­ deutscher Übertragung) mit einem Bibelwort: Zeichen des Grafen Pirichtilo, Zeichen des nischen Hochadels, der den Gerolden zur Aus­ Gebet, so wird Euch gegeben. Dann heißt es: Richters Arnold, Zeichen Walthers, Zeichen Ir­ stattung ihres Amtes gegeben wurde. Unser Ich, Graf Gerold der jüngere, habe aus Gottes­ mindekans, Zeichen Puolos, Zeichen Ekilolfs, jüngerer Gerold ist einige Jahre später nach furcht und zum Heil meiner Sele den festen Zeichen Erihs, Zeichen Adalberts, Zeichen Uu­ dem Sturz des Bayernherzogs Tassilo (111.), der Willen, etwas von einem Besitz an das Kloster illihelms, Zeichen Ekiberts, Zeichen Utos. Ich, dem einen oder anderen Leser vielleicht von des heiligen Gallus, wo Agino Bischof und Wer­ der unwürdige Diakon Solomon, habe das im einem Becher in Kremsmünster bekannt ist, do Abt ist, zu schenken und zwar in folgender 16. Jahr der Regierung Karls, des ruhmreichen nach Bayern als Präfekt geschickt worden, ge­ Weise: in dem Ort Tuningas (Dunningen), was · Königs, geschrieben und unterschrieben und wiß in erster Linie wieder zur Sicherung der ich dort besitze mit Ausnahme meines Anteils zwar am Mittwoch, dem 5. Tag an den Nonen fränkischen Herrschaft in Bayern, aber auch an der dortigen Kirche, in Eburinbah (wohl ab­ des Mai unter Graf Gerold. Die aufgeführten mit einem militärischen Auftrag: er sollte näm• gegangen bei Dunningen), Sedorof (Seedorf), Männer waren zugleich Zeugen. lich das Land gegen die Awaren schützen, die Petarale (Betra), Purrum (wohl abgegangen bei Die Urkunde ist in Nagold ausgestellt, wahr­ damals als unruhige und gefährliche Nachbarn Heiligenzimmern), Usingun (Isingen), Uuldorof scheinlich, weil Gerold dort seinen Sitz hatte, galten, und im Kampf gegen diese Awaren hat Januar 1987 Seite 578 Heimatkundliehe Blätter Balingen

Gerold 799 den Tod gefunden, in einem Augen­ vor dem Zugriff einer we ltlichen Macht zu blick, da die Angrifflust der Awaren nachließ schützen. Erst nach Gerolds Tod sollte die und an, ihrer Stelle die Ungarn traten, deren Übergabe effektiv werden. Wundern kann man Anmerkung Gefährlichkeit sich erst ein Jahrhundert später sich darüber, daß auch seinen engsten Angehö• der Redaktion deutlich zeigte. rigen der Zugriff auf die Schenkungsgüter ver­ sagt wurde. Da dürfte es sich um einen Aus­ Der Verfasser unseres heutigen Leitarti­ Die von Grafen Gerold an St. Gallen ge­ druck des frommen Sinnes des Grafen handeln. kels, Dr. Walter Stettner, ist Mitbegründer der Heimatkundlichen Vereinigung Balin­ schenkten Güter lagen in der Pirichtilinbaar, Das Wergeld war in den alten alemannischen Graf Pirichtilo wird als Zeuge genannt. Die gro­ Rechtsbüchern je nach der Person abgestuft; in gen, war lange Jahre deren 2. Vorsitzender • und ist einer der ältesten Mitarbeiter unse­ Baar, die heute nur noch in einem kleinen unserem Falle dürfte es sich um das Wergeld ße . rer Heimatkundlichen Blätter; in fast allen Landstrich um Villingen und Donaueschingen handeln, das für den Grafen zu erleg en war. Die Zeugen werden alle nur mit ihrem Vorna­ der bisher erschienenen 33 Jahrgängen fortlebt, war im 8, Jahrhundert in mehrere Baa­ finden sich Beiträge aus seiner Feder. Wir ren aufgeteilt. Ihr Name bedeutete wahrschein­ men aufgeführt; etwas anders gab es damals verwiesen schon in unserer letzten April­ lich ertragbringendes Land. Nach Meinung noch nicht; die Familie nnamen sind erst mit nummer auf sein im März 1986 erschiene­ mancher Gelehrter war die Baar das Kernstück dem Bau von Höhenburgen durch den Hoch­ nes Buch "Ebingen - die Geschichte einer des alemannischen Herzogsbesitzes und wäre adel aufgekommen, beim Bürgertum wurden württernbergischen Stadt" (Thorbecke Ver­ dann beim Sturz des schwäbischen Herzog­ sie seit dem 13. J ahrhundert ge bräuchlich. Man lag Sigmaringen, 39,50 DM), das hier von tums von den Franken in Besitz genommen sieht aber ein, daß es vor dem 11. J ahrhundert Dr. Wilhelm Foth eingehend besprochen worden, jedoch dürfte über die Bedeutung des ungemein schwierig ist, Personen zu ide ntifi­ und gewürdigt wird. In dieser und den ° Namens und die frühen Sc hicksale der Baar zieren und ihre Zugehörigkeit zu einer Familie ' nächsten Nummern unseres Blattes (wie noch nicht dasletzte Wort gesprochen sein. zu bestim men. schon in der erwähnten Aprilnummer des Von den genannten Orten sind einige nicht, Bei den Zeichen der Zeugen handelt es sich Vorjahres) bringen wir Ergänzungen zu oder nicht sicher zu identifizieren. Es sind eben noch nicht um Siegel (diese sind erst J ahrhun­ dem Geschichtswerk und empfehlen den im Laufe der Jahrhunderte viele kleinere Sied­ derte später aufgekommen), das lateinische Besitzern und Käufern, diese zu sammeln lungen abgegangen, am meisten im 14. Jahr­ Wort f ür Wiegel, wigillum, ist allerdings eine und dem Buche beizulegen. hundert als Folge der großen Pestepidemie von Weiterbildung zu "Zeichen", signum, sondern 1348, aber auch als Folge des Sogs, den die um einfache Zeichen, Kreuze, Kreise und ähn- Städte mit ihrem freien Leben auf die ländliche liches. Umso wichtiger war es, daß der Schrei- ° Diebe, Falschmünzer und vermeintliche He­ Bevölkerung ausübten. ber natürlich ein Mann aus dem geistlichen xen. Nicht wenige Konflikte ergaben sich aus Graf Gerold hat die genannten Besitzungen Stand - die Namen der Zeugen im Text fest- . dar Ebinger Grenzlage, so vor allem die im Ho ­ nicht sofort dem Kloster übergeben, sondern hielt. henberg ischen Forst auf der Scheer, wo z. B. sich auf Leb enszeit das Nutzungs- und das Die Ur kunde von 786 ist für die genannten 1536 Gregor Blickle, genannt Go re, vom Zol­ Rückkaufsrecht vorbehalten. Eine Schenkung Orte von hohem Wert sie muß freilich 'ihrem lerngrafen Jos Niklas erschlagen wurde, was zu in diese r Form - dam als keine Seltenheit - hat­ Ge halt nach erschlos se n werden was hier ge- einem heftigen Konflikt m it dem ku rz zuvor te den Zweck, die Güter als klösterlichen Besitz schehen ist. ' aus der Verbannung zurückgeke hrten Herzog Ulrich von Württemberg führte. Nicht weniger interessant sind die Berichte über Stadt- und Bevölkerungsentwicklung (hier hätte ein Stadtplan die Anschaulichkeit, Die Geschichte einer zumindest fü r den ortsfremden Leser, no ch steigern können), über das Wirtschaftsleben im Mittelalter, über die Wälder und Brunnen, üb er württembergischen Stadt die Viehmärkte, über die Wirtshäuser und nicht Die Geschichte einer württembergischen ben. Es weist Dr. Stettner als Berufshistoriker zuletzt über die Handwerker und die Kaufleu­ Stadt - Unter diesem Titel hat im Frühjahr letz­ aus, daß er das Geschehen in Ebingen in allen te, in deren Geschäfte mit Hilfe von Inventarli­ ten Jahres Dr. Walter Stettner, der langjährige Zeiträumen ei ngebettet sieht in die deutsche sten ein genauer Einblick mö glich ist. ehrenamtli ch e Stad tarch ivar von Ebin gen, die Ge schi chte, ja daß er ge radezu die Ebinge r Ge ­ Die Revolution von 1848 war nich t nur ein Ergebnisse seiner ja hrzehntelangen Studien , schichte wei thin als Spiegelbild de r deutschen Ereignis, das in fernen Hauptstädten wie Wien, gleichsam als verspätetes Geburtstagsge­ Geschichte betrachtet. Berlin oder Stuttgart stattfa nd, sondern auch schenk zur 700-Jahr-Feier der Stad t Ebin ge n, Nach ein em sehr lesenswerten Kapitel von Ebingenmit einem jetzt selbs tbewußten Bür­ vorge legt. J ürgen Scheff, der das vor wenigen Wochen gertum wurde von de r revolutionären Unruhe Mit diesem Buch darf sich Ebi ngen rühmen, eingeweihte und sehr sehenswerte vorge­ erfaßt. "Bildung ei nes deutsch en Parl aments, die württeriJ.bergische Landstadt zu sein, deren schichtliche Museum im Kräuterkasten aufge­ Volksbewaffnung, Pressefreihei t, Geschwo re­ Geschichte am eingehendsten erforscht und in baut hat, über die Vor- und Frühgesc hichte von nengerichte, ge rechte Besteuerung", das wa­ überaus eindrucksvoller und einprägsamer Art Ebi ngen und Umgebung, beschreibt Dr. Stett­ ren, neb en der Wiedererrichtung eines Ober­ dargestellt worden ist. Bisher konnten sich nur ner in fünf großen Kap iteln, die in sich wieder amts in Ebingen , die Forderungen einer Bür­ ehemalige Reichsstädte wie Ulm, Eßlingen vielfach gegliedert sind, die Ebinger Gesch ich- gervers ammlung, die von Hunderten von Bür­ oder Heilb ro nn solcher breit angelegten For­ te. . gern besucht war und über die die Zei tung aus­ schung und Darstellung erfreuen; nun ist "das Natürlich ist es nicht mö glich , im Rahmen führl ich berichtete. Aber daneben wird der so­ Dr. Stettner erstmals für ei ne einfache Lands­ dieser kurzen Besprechung einen auch nur an­ ziale Hintergrund der Re volution sichtbar, tadt ge lungen, de ren Bed eutung, wie der Ver­ nähernd vollständigen Überblick über die von wenn ein Eb inger Bürger schreibt: "Was haben fasser selbst sc hreibt, kaum einmal - von der Dr. Stettner angesprochenen Themen zu ge­ die am Hungertuch nagenden Armen und die Industrie abgesehen - über den engsten Rah­ ben . Aber in welchem Ab schnitt man auch die mittellosen Arbeiter von Pressefreiheit, von

men hinausreich te. Dabei hat der Verfasser ° Lektüre beginnt, man ist in kürzester Zeit ge­ Volksbewaffnung?" Und er fährt fort: "Durch aber die größte Gefahr, die dem Lokalhisto ri­ fesselt von dem pl astischen Bild, das entsteht, Vervollkommnung de r Fabriken und der Ma­ ker droht und die sich in vielen, oft sehr um­ einerseits durch die profunde Quellenkenntnis schine, durch den Bau von Eisenbahnen ver­ fangreichen, Heimatbüchern dokumentiert, des Verfassers, anderseits durch seine Erzähl• mehrt sich die Masse der Armen . .. immer vermieden, nämlich die, seine Gemeinde, also gabe. mehr." Was ist dagegen zu tun: ,,1. Zurückwei­ hier Ebingen, gleichsam isoliert zu sehen und So berichtet Dr. Stettner sehr anschaulich sung auf den Feldbau und Aufgeben des luxu­ im rein Lokalgeschichtlichen steckenzublei- über das Stadtgericht und seine Prozesse gegen riösen Lebens und Treibens und 2. die Nieder-

Jahresprogramm der Heimatkundlichen Vereinigung e. V. Balingen Studienfahrten und Vorträge 1987 Freitag, 1./3. 5. Roller, Zürich, Rapperswil, hausen; Samstag, 19. 9., Munz, Albstadt-Ebi n­ dem 1. Mittwoch ab 17.00 Uhr in der "Kutsche" Röthis-Vorarlberg; Montag, 11. 5., KIek, (mit gen, Ph.-M.-Hahn-Ausstellu ng: Sonntag, 11. 10, ode r "Karlsbrücke". Lehrerfortb-ildung) Kirchberg; Sonntag, 24. 5., Dr. Stettner, Karpfen, Lupfen, Schwenninger Heimatkundliehe Blätt er Balingen. Die Re­ Schimpf, Hohenlohe; Mittwoch, 17.121. 6. Dr. Moos; Samstag, 7. 11. Haup tversammlung, im daktion bittet um Zusendung von Berichten Stettner, Würzburg - Coburg -Bamberg ­ Schloß Stauffenberg zu Lautlingen, Thema des über Kunst, Kultur, Wirtschaft, Naturwissen­ Festvortrags und Redner werden noch be­ Franken; Sonntag, 5. 7., George, Stuttgart, Aus­ schaft und Politik und insbesondere auch üb er stellung B. W. im Zeitalter Napoleons; Samstag, kanntgegeben. 29. 8., Rohrbach/, Dotternhausen, Stammtische siehe dazu auch Hinweis in der besondere Persönlichkeiten aus unserem Steinbrüche, Fossilien; Samstag, 12-; 9., Wedler, Presse. Balingen: an jedem 2. Mittwoch ab 17.00 Raum, die in Wissenschaft und Praxis ge wirkt Erbach, Witzighausen, Roggenbeuren, Baben- Uhr in der "Brücke" Balingen; Albstadt: an je- haben. Januar 1987 Heimatkundliehe Blätter Balingen Seite 579 drückung aller Fabriken und Maschinen in schaftler und natürlich nicht zuletzt dem Hei­ sich alle künftigen Stadtbeschreibungen wer­ ganz Europa und die Wiederherstellung der matfreund, der schlicht wissen will, wie seine den messen lassen müssen. Handwerker und der Handarbeit." Stadt das geworden ist, was sie heute ist. Und Die alte Stadt Ebingen, der Kern"des heuti­ Nun, wir se hen, daß die Probleme der damali­ vor allem für die Lehrer, die Lokal- und Regio­ gen Albstadt, kann stolz sein auf dieses Werk, gen Zeit von den unseren so vers chieden gar nalgeschichte verstärkt im Unterricht einbrin­ und dem Verfasser gebührt der Dank ni cht nur nicht waren, nur daß wir anstatt v on Maschi­ gen sollen, ist dieses Werk eine unerschöpfliche der Eb inger Bürger, so ndern aller Heimat­ nen, von Robotern und Computern sprechen, Fundgrube. Diese "Geschichte der Stadt Ebin­ freunde und der ganzen Gilde der Landeshisto­ die die Arbeitslosigkeit vermehren. gen" hat für die gesamte württembergische Ge­ riker für dieses großartige Werk. Aber von dieser sozialen Komponente der schichtsschreibung Maßstäbe gesetzt, an der . Dr. Wilhelm Foth Revolution, die in unserem Geschichtsunter­ richt meist zu kurz kommt, einmal abgesehen" macht Dr. Stettner deutlich, wie tief die Ebin­ ger Bürgerschaft damals erregt war und wie leidenschaftlich sie an der Politik Anteil nahm. Genau genommen Von besonderem Interesse erscheint m ir die Ergänzungen und Berichtigungen zu dem vorstehend besprochenen Buch "Ebingen, eingehende Beschreibung der Entstehung der die Geschichte einerwürttembergischen Stadt" von Dr. W. Stettner. Ebinger Industrie und ihrer sozialen Auswir­ kungen, zum Teil belegt mit anschaulichen Sta­ S. 91 nach dem 2. Absatz einfügen: von der Deutschen Bank üb ernommen wurde. tistiken. Dazu gehören nicht nur die Angaben Die Erhebung der direkten Steuern wurde im zur reinen Firmengeschichte, sondern vor al­ 2. Jahrzehnt des 18. Jahrzehnts neu geregelt. S. 539 nach dem 2. Absatz ergänzen: lem auch die Auswertung der Steuerverzeich­ Steuerkommissare schätzten im ganzen Land An Ausländern ergab eine Zählung auf 1. Au- nisse und der Berichte der Arbeitsinspektoren; Gebäude, Güter und Gewerbe neu ein, wobei gust 1945: . auch die Entwicklung der Banken erfährt die sie für die Gebäude den Kapitalwert, für die Gefangene: 71 Russen gebührende Beachtung. Damit wird die soziale Grundstücke, die von Feldmessern frisch ver­ Geflüchtete: 61 Letten , 6 Litauer, 34-Esten , Differenzierung, die durch die Industrialisie­ messen wurden, den Ertrag und für die Gewer­ Deportierte: 882 Russen; 362 Polen, 9 Franzo- rung eingetreten ist, sehr .deutlich. Berichte be den'Um satz ermittelten. Die Erhebung hatte sen, 4 Holländer, 11 J ugoslawen, 3 Tschechen, üb er gewerkschaftliche Tätigkeit aus der Zeit zum Ziel , eine gleichm äßige, gerechte Besteue­ zusammen 1444 Personen. .. vor dem ersten Weltkrieg scheinen nicht vorzu­ rung für das ganze Land herbeizuführen. Die Von den Zwangsarbeitern waren unterge­ liegen, sonst wären sie sicher erwähntworden. Ebinger Verhältnisse prüfte 1718/19 der Steuer­ bracht: All dieser industrielle Aufschwung wäre frei­ revisionskommissar Alexander Jakob Lutz. Russen im Lager Buchenwald 24 6, im Roten lich nicht möglich gewesen ohne die Einbin­ Seine Akten (irrt Stuttgarter Hauptstaatsar­ Kasten und in der Ankerschule 72, im Lager dung Ebingens ins Eisenbahnnetz, das ab 1878 chiv) erschließen den damaligen wirtschaftli­ Gühring 274, im Lager Drei Linden 211, zu sam­ die bisher sehr abseitige Lage der Stadt, wenn chen Stand der Gemeinde und ihrer Bewohner men803, auch nicht beendete, so doch stark milderte. in zahlreichen Statistiken und besitzen daher Polen im Lager Munast 106, Unoth 133, Bleu­ Die Geschichte des 20. Jahrhunderts wird einen hohen historischen Wert. Viele dieser Er­ el 107, zusammen 346, von Dr. Stettner im Überlick dargestellt, so­ gebnisse werden in späteren Abschnitten zur In Privatwohnungen lebten außerdem 31 wohl was die politischen, wie was die wirt­ Sprache kommen. Russen, 16 Polen und die genannten Esten, Let- schaftlichen Verhältnisse anbetrifft, wobei es 1733 erfolgte eine Überarbeitung, teilweise ten und Litauer. . dem Verfasser sicher zugute kommt, daß er bei Berichtigung der Steuerrevision von 1718/19 vielen der genannten Ereignisse Augenzuge durch den Steuersubrevisionskommissar Jo­ war. Auch hier fehlt es nicht an der Schilde­ hann Eberhard Cantstetter. Der grundsätzliche S. 546 nach dem 2. Absatz ("eintrat") einfügen: . rung interessanter Einzelheiten wie z. B. der Aufbau des Steuersystems wurde bis in die na­ Die französische-Besatzungsmacht verlangte Arbeiterunruhen von 1919/20, die zur vorüber• poleonische Zeit beibehalten. Anfang 1946 einen Zusammenschluß der Indu­ gehenden Bildung einer mit Infanteriewaffen strie des Kreises Balingen. Darauf bildete man ausgerüsteten Einwohnerwehr führten. Einen S. 383 letzte Zeile nach dem ersten Satz einfü• vier Sachabteilungen: (1) Textil (Vorsitz an­ weiteren Höhepunkt bildeten dann die Unru­ gen: fangs Dr. Rudolf Ott, bald Dr. Fritz Haux, der hen des Novembers 1923, als es sogar zu einem Das seit dem Jahr 1832 aufblühende musika­ erst als Direktor der Industrie und Handels­ Sturm aufs Rathaus kam, so daß die Polizei aus lische Leben erlitt bald Rückschläge: der Lie­ kammer Reutlingen fungierte), (2) Metall Tübingen angefordert wurde, die mitten in der derkranz verschwand wieder, wie schon er­ (Dipl -Ing. Walther Groz), (3) Möbel (H . Münze, Nacht mit einem Sonderzug in Ebingen eintraf wähnt (S. 314), 1841 oder kurz danach. Die seit Frommern), (4) alle übrigen Industriezweige. - zu ernsten Zusammenstößen kam es aber 1839 genannte Harmonie-Gesellschaft beende­ Geschäftsführer des Ganzen war Dr. rer. pol. nicht. Am Ende der Weimarer Republik schlug te ihre erste Epoche im April 1852 ("Albbote" Dr. ing. Carl Föhl; das Büro wurde im Büroge­ die Verwilderung der politischen Sitten auch 1852 S. 144). Andere musikalische Veranstal­ bäude der Firma Gottlieb Ott Sohn eingerich­ auf den Ebinger Gemeinderat durch, wo es so tungen fanden Anklang. (weiter die letzten drei tet. Schnell aufgestellte Pläne für den Bedarf turbulent zuging wie im Berliner Reichstag. Worte von S. 383: 1866 ...) der Textilindustrie wurden von Dr. Föhl und Besonders erfreulich ist, daß die Wählerent• Dr. R. Ott der section textile für die französi­ wicklung seit der Reichsgründung bis zur Bun­ S. 394 im letzten Absatz Z 8-10 streichen, von sche Zone im Hotel Römerbad in Badenweiler destagswahl 1972 statistisch dokumentiert ,,An der unteren Gartenstraße" bis "übernom- vorgelegt. Aus der Textilabteilung entwickelte wird. Die Ereignisse des Dritten Reiches und men wurde", dafür setzen: ' . sich die Fachvereinigung Wirkerei Ebingen e. der Nachkriegszeit werden im Überblick und, Die Herren Karl Mauch und Hermann Hees V., aus der die Samtwebereien ausschieden. wie mir scheint, sehr ausgewogen dargestellt ­ begründeten 1909 ein Bank- und Wechselge­ sicher bleibt aber hier für die zukünftige For­ schäft "unter kommissarischer Beteiligung der Zu S. 564 2. Absatz 12. Zeile nach "Heimatmu­ schung noch manche Lücke zu schließen. Württ. Vereinsbank in Stuttgart" als "Bank­ seum wieder eröffnet" einzufügen: Insgesamt hat Dr. Stettner ein Werk vorge­ kommandite Ebingen, Mauch und Hees". 1912 , aufgebaut von dem hiesigen Architekten legt, das allen Lesern etwas bietet, dem Fami­ ließen die beiden Herren in der unteren Gar­ Ernst Louis Beck mit Unterstützung durch lienkundler wie dem Wirtschaftshistoriker, tenstraße ein eigenes Domizil erbauen, das seit Landeskonservator Dr. Adolf Rieth; viele Jahre dem Kirchenhistoriker wie dem Politikwissen- 1915 von der Württ. Vereinsbank und später betreute es sodann Dr. Karl Schneck. Abmarkung und Sicherung von Vermessungs- und Grenzzeichen Von ;,Zeugen" und "Untergängern" -:Von Rudolf George (2. Fortsetzung) Beim Vorfinden von Zeugen konnte man si- Spezialgeräte. Es besteht dari~, eine Grenze zu und senkrecht dazu wieder abgesetzt werden eher sein, daß der Markstein noch an der ur- beiden Seiten bis zu Messungslinien zu verlän- kann. sprünglichen Lage saß oder beim Fehlen der gern und die Schnittpunkte auf den Linien so- ' Mit dem Orthogonalverfahren entstehen Marke, daß hier ein Grenzzeichen gesessen ha- wie von Schnittpunkt zu Schnittpunkt entiang kartesische Kleinkoordinaten (Abszisse und ben muß. der Grundstücksgrenze aufzumessen. Genauso Ordinate), die sich nur auf diese Linie bezie- Früher j blieben die Aufnahmelinien unver- häufig wurde zur Aufnahme die Orthogonal- hen. markt. Mit jeder vorgefunde nen Grenzmarke methode angewandt, wobeider Grenzpunkt im Seit es Vorschrift wurde, die Linie abzumar­ stieg die Wahrscheinlichkeit , daß die Mes- rechten Winkel zur Aufnahmelinie stehen muß- ken, konnte man auf die geheime Verzeugung s~n g sl inie in ihrem ursprünglichen Verlauf te. Dies gelang mit einem Winkelprisma mit bedingt verzichten. Die heutige Aufn ahmeme- wiede rhergestellt we rde n ko nnte. Die Wieder- Sen kel (Lot) oder besser mit der Kreuzscheibe thode ist das Polarsystem. . herstell ung der Linien war äußerst mühsam, mit und ohne Prisma. Die Kreuzscheibe ist ein Von einem, von Sich erungsmarken üb erprüf­ schwierig und sehr aufwendig. Ge rät, das auf einem Sch aft einen sich nach ten, Vermessungspunkt aus wi rd mit ei nem . Die früheren Meßverfahren waren das Ein- oben verjüngende n Zylinder trägt, in den senk- Win kelmeßinstrument der Grenz punkt mit bmde - un? O!thogonalsystem. . . recht zueinande r stehende Schlitze ei nge- Winkel und Strecke aufgeno mmen. Man benö- Zum Embmdeverfahren braucht man keme schnitten sind, durch die ein Objekt angeziel t tigt hi erzu noch mindestens ei n koordiniertes Seite 580 Heimatkundliehe Blätter Balingen Januar 1987

Fe rnziel a ls Anschluß richtung sowie die Koo r­ Vor 100 Jahren erschienen dinaten vom Standpunkt. Die Au fn ahme er­ folgt heute mi t modernen elektro-opti schen Meß geräten mit und ohne Re gistrierung. Mit Das Königreich Württemberg den Meßwerten können Landeskoordinaten im Gauß-Krüger-System errechnet werde n. Mit Beschreibung von Land, Volk und Staat (Fortsetzung)- Von Eugen Gröner, Balingen der Einführung von Großkoordinaten für Endingen, ev. Pfd in Steinachthai, 2,5 km sw. denen der Name. G. Wald v. 298 ha. Kunstmüh• Grenzpunkte kann auf die Verzeugung von von B., 542 m, mit Eckhaus und Kutzmühle 590 le. Schafwollspinnerei, Wattfabrik. Pappdek­ Grenzpunkten vollends verzichtet werden, E., w. 2 K. G. Wald v. 39 ha. Steinbrüche. Späth- kelfabrik. Neue goth. Ki. , von Herzog 1873-75 Fortsetzung folgt goth. Ki., öfters erneuert, Thurm v. 1866. Er- erbaut. Schul-, zugleich Pfarr- und Rathaus von scheint mit Ebingen 793 durch Besitz des Kl. St. 1845. 793 Besitz des Kl. St. Gallen; später zolle­ Gallen, ist später schalksburgisch, 1403 württ. risch, kommt L. 1403 an WÜ. Früher Fil. von Hier ist geb. 28. Juni 1745 als S. des Pfarrers: Burgfelden, dann Dürrwangen, bekam es 1844 Aug. Friedr. Oelenheinz, an Höfen geschätzter einen eigenen Pfarrverweser. Geb. ist hier Porträtmaler, t 1804 in Pfalzburg. Burkhard Tunzmann, Prof. in Prag und Leip- Engstlatt, ev. Pfd. an der Eyach, s.e km nö. v. zig , t 1431. Die auf der M.liegende Schalksburg B. 521 m, Eisenbahnstat. Postamt, T. 865 E., w. mit Ortsadel 1211, 1242, bildete einen Bestand­ 17 K. G. Wald v. 25 ha. Steinbrüche. Spätgoth. teil des ältesten zollerischen Familienbesitzes Ki . E. gehörte zum frühesten zollerischen Be- und gab seit Friedrich d. J., 1302, einem eigenen sitz; 1403 mit Schalksburg württ. Beguinenhaus auf die B. mit Zugehörungen, besonders Balin­ 1433. . gen, abgetheilten Zweig des Geschlechts den Erlaheim, K. Pfd. am Thalbach, 8,4 km. nw. v. Namen, welcher 1408 mit Friedrich gen Mülli B., 576 m, 635 E., w. 4 Ev. G. Wald von 105 ha. Ki. erlosch. Auch zollerische Burgmannen saßen z. h. Sylvester v. 1828 mit alten Thurm und goth. dort und nannten sich davon. 1403 württ., 1458 Altarbildern. E. war mit Bronnhaupten Be- den Rechberg zu Pfand gegeben, in derwerden­ standtheil der hohenberg. Herrsch. Kallenberg, berg'schen Fehde' 1464 zerstört, wieder aufge­ 1401-1695 in waldburgischen Pfandbesitz, 1705 baut, aber vor 1624 abgegangen. Fortsetzung von Oesterreich den Freih. von Ulm verliehen. folgt. Früher Fil. der Johanniterordenspfarrei Isin- gen, nach der Ref. von Binsdorf, seit 1811 selb­ ständige Pfarrei. Humor Erzingen, ev. Pfd. an der Steinach, 4,6 km. sw. v. B., 570 m, mit P. 564 E., w. 1 K. G. Wald v. So wie die Grablieder des 1781 in Saulgau 40 ha. Spätgoth., 1833 erneuerte Ki. Verbaute geborenen Michael Jung, der ·sie als Pfarrer goth. Kap. Ortsadel im 13. Jh., wohl gr. zollern­ selbst gedichtet und mit der Gitarre begleitet hohenbergische Dienstmannen. 1403 mit am Grab vorgetragen hat, so wirken die vielen Schalksburg württ. Geb. ist hier 22. Sept. 1547­ Marterln und Aufschriften an Gräbern in Bay­ als Sohn des Pfarrers, nachmal. Helfers von ern und Österreich, vor allem in Tirol: witzig, ulkig, treffend, aber auch verballhornt und pie­ Balingen, der unglückliche Dichter und Philo­ tätlos. . log Nikod. Frischlin t 1590. P. Bronnhaupten, Staatsdomäne von 207 ha auf dem kleinen Heuberg, 1140 im Besitz des Marterln Klosters St. Georgen, später mit Erlaheim ho­ Hier liegen begraben henbergisch, kam aus der truchsessischen vom Donner erschlagen Pfandschaft 1591 an Stotzingen, verödet im 30 j. drei Schaf, a Kalb und a Bua! Krieg, wurde 1652 an WÜ.verkauft, das den Hof Herr gib ihnen die ewige Ruah! den Forstner v. Dambenoy verlieh, dann aber gegen Entschädigung für sich behielt. Wanderer, vernimm die Kunde, Frommern, ev. Pfd. über die Eyach, 3,4 km daß hier ging ein Mensch zu Grunde. sö. v. B., 563 m, Eisenbahnstat., Postamt, T. 817 Dank Gott als guter Christ, E. w. 3 K. Obstbau, noch 2 ha Rebbau. 105 ha G. daß du's nicht gewesen bist! Wald. Gothische, mehrfach umgebaute Ki. Mein Weib deckt dieser Grabstein zu Schon 793 und noch später ist St. Gallen hier für ihre und für meine Ruh! begütert, kommt auch in dem Besitz der Ki., Der Ort 1403 mit Schalksburg an WÜ. Geb. ist Hier ruht unser theurer Sohn N. N. hier 14. Nov. 1826 als Pfarrerssohn Heinrich sanft ruhe seine Asche, welche zu Lang, t Zürich 1876, freisinniger Theolog und großen Hoffnungen berechtigte. gefeierter Prediger. Hier fiel Jakob Simmerer vom Geislingen, k. Pfd. im Riedbachthai 4,2 km Hausdach in die Ewigkeit. nw. v. B., 561 m, Postagentur, mit Waldhof 1651 E., w 22 Ev. GWaid v. 184 ha. Orgelbau. Schuh­ Hier liegt der Schweinernetzger Fürst, macherei. Ki. z. h. Ulrich von 1499, Grabmäler Er machte stets die besten Würst. v. Stotzingen, Stauffenberg etc. freiherr!. v. Wieviel wohl stach er Säue ab, Stauffenbergisches Schloß vo 1783, altes Was­ Bis hochbetagt er sank ins Grab. serschloß mit goth. und Renaissanceresten. . Hier liegt J ohannes Weindl, Auf dem Gottesacker Heiligkreuzkap. von 1665. er lebte wie ein Schweindl, Ortsadel in 12.' bis 14. Jh. auf einer abgeg. B. gesoffen wie eine Kuh, mitten im Ort, Herren im 14. Jh. die Bubenho­ der Herr geb ihm die ewige Ruh! fen, seit Beginn des 16. Jh. die Hailfingen und Weitingen, bald Seb. von Gültingen, seit 1527 Er starb zum größten Leidwesen der die Stotzingen u. A.. Zuletzt kauften 1697 die Gemeinde eines seligen Todes. Schenk v. Stauffenberg, von B. St. bei Hechin­ Hier liegt im stillen grünen Hain gen stammend, das Gut, mit Waldhof 294 ha w. mein sel'ger Mann, der Förster Stein, 47 Wald, samt Patronat u. Landeshoheit. Frau­ das Trinken ließ er nimmer sein. enklause 1433. In 30j. Krieg wurde G. von den Er starb - mög Gott es ihm verzeihn ­ Bayern verbrannt. . aus reiner Lieb zum Brantewein. Heselwangen, ev. Pfd. im Reichbachthäl• Der Schustersepp von Lauterbach ehen, 3,2 km. Ö. v. B., 570 m, 606 E, wov. 1 K. G. ist hier ersoff'n in der Ach. Wald v. 14 ha Kirchlein von 1830, pastoriertvom Er trank zuviel vom Brantewein, Diak. in Ba!. 793 Besitz des Klosters St. Gallen, Drum fiel er in die Ach hinein. dann zollerisch, 1403 württ. Gott schenke ihm die ew'ge Ruh' Hossingen, D. auf dem Plateau hinter dem und noch ein Viertel Schnaps dazu! Gräbelesberg an der europäischen Wasser­ scheide, 12,8 km sö. v. B., 896 m, mit Riedhof 409 ev. Einw. G. Wald v. 124 ha. Ki.-Fi!. v. Meßstet• Herausgegeben von der Heimatkundlichen Vereini­ gung Balingen. ten - ursprüng!. goth. Kap., 1668 erweitert. Am Vorsitzender: Christoph Roller, Balingen, Am Heu­ Weichenwang eine europ. Gradmessungssta­ berg 14, Telefon 77 82. tion. H. war hohenbergisch, wurde 1347 an die Redaktion: Robert Kohler, Balingen, Thierberg verkauft, 1418 an Württ. Königsberger Straße 89,Telefon 6336 . Laufen an der Eyach, ev Pfd. 8,3 km sö . v. B., Die Heimatkundlichen Blätter erscheinen jeweils am 615 m , Eisenbahnstat., Postamt, T., 816 E., w. 11. Monatsende als ständige Beilage des "Zollern -Alb-Ku­ K. 1 e. Konf. Mehrere kleine Wasserfälle. von riers", ·...... idhehe Blätter

Jahrgang 34 28. Februar 1987 Nr.2

Vor 475Jahrengeschaffen Die Kanzel der Balinger Stadtkirehe von Eugen Gröner, Balingen "Item den Predigtstuhl soll er machen (an) den einen Schaft mit Staffeln und einem durchsich­ tigen (Geländer) und soll die fünf (Seiten) errichten, daß man fünf Bilder darin mache und ob denselben und daneben mit Hohlkehlen und Stäben und die Stäblein verbossementen wie sich's . gebührt, und ein Schäftlein mit einem Postament unterm Predigtstuhl, alles sauber und-werk­ lieh." So lautet der Auftrag, der an Meister Franz aus Tübingen am Freitag vor Cantate des Jahres 1512wegen des Baues der Bahnger Kanzel erging. Die Kanzel ist also 1987475 Jahre alt. Meister Franz hat den Auftrag gewissenhaft ein. Die Reihe der Kirchenväter beginnt auf der ausgeführt. Wie ein Kelch baut sich die Kanzel linken Seite mit Ambrosius, dem "Vater des auf, ein fein profilierter Schaft (das "Posta­ Kirchengesangs". Geboren um 340 in Trier, seit ment" ist heute leider unter dem Bretterboden 374 Bischof von Mailand, ist er Verfasser zahl­ versteckt) geht nach oben über in ein Kapitäl, reicher Hymnen in lateinischer Sprache, die das aus ineinander verschlungenen Kielbogen zum Teil durch Übersetzung auch in den Lie­ gebildet wird, darüber baut sich der eigentliche derschatz der evangelischen Kirche überge• Kanzelkorb auf, die Treppe ist um den Pfeiler gangen sind. (Nun komm, der Heiden Heiland, herumgeführt und hat, wie im Auftrag ange­ Tedeum). Er ist gestorben in Mailand 394 und ordnet, ein durchsichtiges Geländer. liegt unter dem Hochaltar der Kirche S. Ambro­ Für die fünf Bilder hat sich Meister Franz die gio begraben. vier lateinischen Kirchenväter ausgesucht, die Hieronymus, der nächste in der Reihe, ist als Mitte der Kanzel nimmt eine Madonnengestalt Kardinal dargestellt. Er ist ebenfalls um 340 in Stridone (Dalmatien) geboren, wird 379 von Papst Damasus mit der Übersetzung der Bibel in die lateinische Sprache beauftragt, seine Übersetzung, "Vulgata" genannt, war lange Zeit die einzige brauchbare Bibelübersetzung. Die Darstellung des Hieronymus mit dem Lö- _wen beruht auf einer Legende, er soll einem Löwen einen Dorn aus der Pfote gezogen ha­ ben, worauf der Löwe als Haustier bei ihm blieb. Hieronymus ist in Bethlehem gestorben imJahre 420. Im Zentrum der Kanzel wird Maria mit dem Jesuskind dargestellt als "Madonna". Sie steht auf der Mondsichel und"ist als "apokalyptische 475 Jahre alt wird in diesem Jahr die Kanzel Madonna" dargestellt, nach Kap. 12 der Offen­ der Balinger Stadtkirche. An ihr sind die vier barung des Johannes, "ein Weib mit der Sonne lateinischen Kirchenväter abgebildet, in der bekleidet, den Mond unter ihren Füßen". Auf Mitte die apokalyptische Madonna. dem rechten Arm trägt sie das Jesuskind, das mit einer Birne spielt. In der Reihe der Kir­ chenv äter folgt Gregor 1., der Große genannt. Er ist als Papst dargestellt und ist geboren um 540 in Rom. Zuerst war er Staatsbeamter, dann Benediktinermönch, 590 Papst. Er reformierte den Gesang der Mönche, der nach ihm noch heute "gregorianischer Choral" heißt. Seinen Hymnus ,,0 lux beata trinitas" hat Martin Lu­ ther in's Deutsche übertragen zu dem Abend­ lied "Der du bist drei in Einigkeit". Gregor ist gestorben 604 in Rom . Der letzte in der Reihe der Kirchenväter ist Augustinus. Er ist geboren 354 in Thagaste (Nu­ midien) von einem heidnischen Vater und einer christlichen Mutter, studierte in Karthago und wurde 384 Rhetoriklehrer in Mailand, ließ sich Das Kapitel des Kanzelfußes, eine feine Stein­ von Ambrosius taufen und kehrte 387 nach metzarbeit. Karthago zurück. 391 wird er zum Priester ge­ weiht, 394 wird er Bischof von Hippo. Während dürfen heute froh und dankbar sein, daß die des Einfalls der Vandalen ist er 430 gestorben. schöne Balinger Kanzel -uns erhalten blieb, Seine Bekenntnisse "Confessiones" und seine trotz Bildersturm und allen anderen Anfech­ Schrift vom Gottesstaat .De Civitate Dei" und tungen. Das ist durchaus nicht selbstverständ­ seine rund 300 Briefe haben ihn weithin be­ lich. Bilder katholischer Bischöfe, ja sogar ei­ kannt gemacht. nes Papstes waren in den Augen echter Pro­ Die Kanzel war nicht immer an der Stelle, an testanten, insbesondere der Pietisten, ein der sie sich heute befindet. Bis zur Kirchenre­ Greuel. So berichtet 1863 das Protokoll des Rund hundert Jahre nach de r Kanzel schuf de r novierung 1913/1914 stand sie auf der Nordseite Pfarrgemeinderats, Pfg. B. habe die Bilder an Balinger Bildhauer Simon Schweitzer den der Kirche am dritten Pfeiler von Westen her. der Kanzel zur Sprache gebracht. Der anwe­ prächtigen Kanzeldeckel. Er zeigt die Symbole Daher kommt es, daß dieser Pfeiler noch heute sende Prälat v. Dettinger erwiderte, "die Kan­ der vier Evangelisten zwischen musizierenden in seinem unteren Teil rund ist, während alle zel sei in ihrem jetzigen Zustand nicht ganz Engeln, gekrönt von Christus als dem Guten übrigen Pfeiler achteckig sind. 1914 wurde die stilgerecht, sie stamme aus der Zopfzeit!, wäh• Hirten. . Kanzel an ihren jetzigen Platz versetzt. Wir rend der übrige Theil der Kirche gothisch sei. Seite 582 Heim atkundliehe Blätter Balingen Februar 1987 Wenn man änd ern wolle, solle m an es stil mäßig thun". den bei Neufra, die bei Hon au und d ie bei Neid­ lingen; die Be Zum Glück wurde n d ie A nreg sitzer dieser Burgen waren mit ungen des einander verwandt. wohledie n H er rn Prälaten nicht durchgeführt Nimmt man an, daß die Stockacher Nellenburg und und die Balinger durften ihre schöne Kanzel die Ebinger ähnlich behalten. einmal einer Familie gehört haben, so ist es außer Zweifel , daß die Stock ach er Zie mlich genau hundert Jahre jünger die ä ltere ist. als die Als weiterer Hinweis für Bezi ehung en Kanzel ist ihr S challdeckel. Er ist ein zwi­ Werk des schen Ebingen und den Stocka chern sind d Balinger Bildhauers Simon Schweitzer, der ie ihn niederadligen Herren von Ebi ng en zu nennen vermutlich i n Zusammenarbeit m , it einem die, Wie ich schon nachgewiesen habe, seit etwa Kunstschreiner geschaffen hat. Er trägt an sei­ 1270 im Umkreis der Stockacher Grafen von nen acht Ecken die Symbole der Evangelisten , Nellenburg erscheinen (Heimatkundl. Blätter (Matthäus-Engel, Markus-Löwe, Lukas-Stier, April 1986). Johannes-Adler) , dazwischen vier musizieren­ Direkte Zeugnisse für die Herrschaft de Engel, jeder mit dieser einem' anderen Instrument. Grafen über Ebingen sind nicht (mehr) vorhan Die Figuren stehen ­ auf dem aufgerollten Be­ den. Von Winterlingen, das bis etwa 1485 eng schlagwerk des halbkugeligen Kanzeldeckels, mit Ebingen verbunden war, schreibt Jäni zwischen ch en den einzelnen Figuren sind muschel­ in der Kreisbeschreibung Balingen (11 förmige S. 904) Zwischenstücke eingelassen. Das Gan­ "Die Grafen von Veringen und Nellenburg und ze ist bekrönt von einem an einen gotischen ihre Erben, die Grafen von Tengen, haben, ver­ Turm erinnernden Baldachin mit Christus als 'mutlich schon um 1200, s olche (Grafen-)Rechte dem guten Hirten. (in Winterlingen) erworben." Die F iguren wurden von Albert Pfeffer, dem Die Annahme, daß die Grafen verdienstvollen von Nellen­ Kunsthistoriker von Lautlin­ burg Herrschaftsrechte in Ebingen hatten und gen, zum Schönsten gezählt, was die Renais­ dieses zur Stadt gemacht haben, enthält sance also in Schwaben hervorgebracht hat. einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit. Um 1913/14 wurde der Kanzeldeckel von Bild­ 1270 ist aber diese Herrschaft an die Grafen hauer Schenk - Saulgau (unter Mitwirkung von von Ho henberg übergegangen. Es ist jedoch er­ Bildhauer Pollermann - Balingen), Restaurator staunlich, in welch geringem Umfang sich ho­ Steinle - Sigmaringen und Schreinermeister henbergischer Grundbesitz in Ebingen nach­ Bames - Balingen, sorgfältig weisen läßt. D er Ubergang restauriert und Der Kirchenvater Hieronymus. Er ist als K ar­ der Herrschaft von teilweise ergänzt. dinal abgebildet. den Nellenburgern an die Hohenberger hat sich .offenbar friedlich vollzogen, denn sowohl der Name als die Burg Nellenburg haben sich noch über ein halbes Jahrtausend erhalten. Is t Die Nellenburger ~ es wirklich zu kühn, wenn ich vermute, daß GrafAlbrecht (11.) von Hohenberg, dessen erste Gründer Gemahlin unbekannt ist, eine Nellenburger der Stadt Ebingen? Erbtochter geheiratet hat? Ergänzung zu dem Buch "Ebingen - die Geschichte einerwürttembergischen Stadt" Die Geschichte Ebingens in der Stauferzelt von Dr. W. Stettner lag bisher vollständig im Dunkeln. Man kann jetzt, wie ich glaube, In der Aprilnummer 1986 der Heimatkundll- Befestigung einige Lichtpunkte setzen: im 17. oder 18. Jahrhundert sozu­ Hans Jänichen hat dargelegt chen Blätter legte ich ausführlich dar, daß die sagen aus ; daß de r Talgang dem hohlen Bauch die Bezeichnung um 1200 von seinem Ebinger Grafen von Nellenburg vor etwa 1270 Herreq Nellenburg gegeben Ausgangspunkt Ebingens hätte, wird kein Historiker getrennt wurde. Die "Burg waren und äußerte die Vermutung, annehmen. Andererseits " beim heutigen Bür• daß gibt es den Namen gerturm stammt noch aus vor sie Ebingen zur Stadt gemacht hätten. Da Nellenburg in ganz städti scher Zeit, zwei führende Baden-Württernberg. nur ist möglicherweise auch vorstaufisch Landeshistoriker Bedenken ge- noch ein zweites Mal, , war aber genüber das ist die Nellenburg maßgebend für die Planung des Ebinger Stadt dieser These schriftlich vorgebracht oberhalb Stockach, die ­ haben, soll meine durch ihre beherrschen­ grundrisses. Auf dem heutigen Schloßfelsen Annahme im Folgenden de Lage imponiert, obwohl sie , nochmals unterbaut nur noch k üm- der einstens Heringstein hieß (die beiden Ab­ werden. merliche Mauerreste aufweist. Beide Wissenschaftler halten bildungen im Buch nach der Urkunde von 1285 sich daran auf, Sie war der Sitz von Hochadelsgeschlech- enthalten daß die Belege für eine Nellenburg in Ebingen den Namen) stand eine mittelalterli­ tern, seit 1216 Erbgut der Grafen von Veringen, che Burg, nac erst mit dem Jahr 1614 einsetzen. Ich kann die- h der sich ein Dienstmannenge­ die sich wie ihre Vorgänger Grafenvon Nellen­ schlecht wohl der se Bedenken gut verstehen, ist es mir doch burg Hohenberger nannte. Nun nannten und in der Landgrafschaft Nel­ kommen die Grafen von selbst viele Jahre lang so gegangen, daß ich auf lenburg regierten Nellenburg als zeitwei­ den . Hans Jänichen hat nachge­ ligeBesitzer und wohl auch Stadtgründer einen Beleg von 1614 .keine weiterreichen- wiesen, daß vornehme Ebin­ den Schlüsse Herren häuf ig d en Na­ gens hinzu. Die älteste Stadt aber umfaßt noch bauen mochte. Aber nun hat die men einer Burg auf andere Durchsicht der Stadtrechnungen, Besitzungen über• nicht den Hof und denSpitalhof, diese beiden die hier erst tragen haben. Ein gutes Beispiel a us unse rer sind mit dem Jahr 1602 einsetzen und Stadte rweiterungen der Zeit um etwa anfangs viele Gegend sind die Burgen Lichtenstein, die bei­ 1400. Lücken aufweisen, etwa zwanzig Belege für die hiesige Nellenburg ergeben. Es ist also von der Tatsache auszugehen, daß es im 17. und 18. Jahrhundert hier eine Nellenburg gegeben hat. Aber der Sinn und Zweck einer solchen Burg Zum 50. Jahrestag eines läßt sich aus den Verhältnissen des 17. oder gar 18. Jahrhunderts nicht erschließen, führt doch Wahrzeichens kein Weg und erst recht keine der Stadt Balingen Straße von au­ Vogtsitz, ßen auf die Nellenburg zu , deren Lokalisierung Scheuer, Denkmal- die wechselhafte Geschichte des Balinger Schlosses eine Erwähnung von 1698/99 festlegen lä ßt . Von Hans Schimpf-(3. Folge) Man muß also zurückgehen bis in die Frühzeit Die vorhergehende Folge befaßte sich mit am Schloß keine der Stadt Ebingen, w as auch mit der . baulichen Veränderungen vor­ Zitierwei­ den zum Teil heute nicht mehr vorhandenen genommen, sondern se einiger Nennungen der Nellenburg zu be­ Bestandteilen nur die Schadstellen aus­ derursprünglichen Schloßanla- gebessert wurden. Im gründen ist. Eine beträchtliche Verstärkung ge. Unversehens Reiterhaus hatte man le­ erfolgte dabei ein Sprung vom diglich im Erdgeschoß eine der Abwehrfront zwischen Burg und Malefiz­ 17. i ns 19. Jahrhundert. Stube, eine Kam­ turm durch Nun noch einmal zu- mer und eine Küche eingerichtet, die Nellenburg ist denkbar, aber rück zum Jahr 1649 - dem Jahr, doch recht unwahrscheinlich als mit dem " ... so daß dißen Wintter über das Gesindt . Einen guten Sinn Wiederaufbau des Reiterhauses und der erhält die Nellenburg, Reno- darin ihren Uffenthalt haben und suchen wenn dort die älteste vie rung des Schlosses begonnen wurde - denn Stadtmauer einen Knick nach khönne ..." Westen machte, de r neue Obervogt, Graf Kandel, steckt (siehe Dazu die Nellenburg also e inen Eck turm bemerkte der Vogt noch: darstellte, Folge 1) ja immer noch in Nagold, zwischen Tür "Es würde von dem aus d ie Stadtmauer etwa parallel und Angel. in meiner einfältigen Meinung zum das Beste sein, man Bach zur Stadtmühle lief, Hof und Spitalhof , würde dißen vorstehen- den Wüntter das Holtz darzu also außerhalb der ältesten Stadtmauer ließ. Lieber in Nagold überwintert fällen .. . l as- D sen, damit m ann khünftig in - ob Go aß diese be iden Plätz e Stadte rweit erungen Vierzehn T age vor Pfingsten tt will dar stellen wollte er mit im Frieden und Gesundheit erlebend habe ich schon vor ei nigen J ahren seinem Haushalt nach Balingen e - vermu tet und gezogen sein; Fruelingszeithen mit dieses . . . täglich be- auch in den Heim at kundlich en aber daraus wurde nichts. Erst Anfang Blättern dargelegt Juli sorg lich einfall enden mehr als übe l zergan- . Für eine Verstärkung d er meldete ih m d er Vogt , daß die Geb äude Stad tb efestigung an den soweit ge nen alten wurmbsti chigen Reiterhauß ... Ecken ließen sich hergerich tet seie n, d aß e r nun "de n Unter- za hlreiche weitere Beisp iele beibringen . höchst notwendigster A ufrichtung beginnen sc hlupf d arin nehmen" könne. ' khönne". Eine ande re Uberlegung, d ie mit der Gestalt Beim B au war m an vom Pl an und den weite- Er be fü rchtete, das noch stehend der ältesten Stadt nichts zu tun hat, ge ht von ren Vorschläg en d es herzogli e a lte Ge- d chen Werkmei- m äuer könnte einstürzen und den Erdgesc em Na men Nelle nb urg aus. Daß man ei ner sters (siehe Folge 1) insofern ho ß• abgewichen, als neubau unter sich begrab en. Diese Befürch- Februar 1987 Heimatkundliehe Blätter Balingen Seite 583

tung hatte Graf Kandel offensichtlich auch, Sie könnten eine Brauerei einbauen, eine Wirt­ darauf gestellte Kerze wurde angezündet, denn er zog es vor, noch einmal in Nagold zu schaft betreiben und endlich auch einmal zu­ und es durfte nur geboten werden, solange überwin tern. sammen wohnen. Über den Kaufpreis von 1800 sie brannte; war sie erloschen, gab es keinen Gulden und die Jahresraten war man sich auch Aufschlag mehr .. ." Heimliche Gemächer schnell einig. ' (Angelika Bischoff-Luithlen: Von Amtsstu ­ Erst im Frühjahr 1651 war es soweit, daß er Hocherfreut machte der Vogt Meldung nach ben, Backhäusern und Jahrmärkten, Stgt. seine Residenz beziehen konnte. Noch im J anu­ Stuttgart. Von dort bekam er aber zu hören, daß 1979, S. 53). ar beschwerte er sich darüber, daß Fenster, Lä• es so ja nicht ginge, die Gebäude müßten ver­ Die Kerze brannte, der Vogt wartete auf die den und Türen nicht richtig instandgesetzt sei­ steigertwerden. . Angebote. Die Minuten vergingen; das Licht er­ en. Vor allem aber wies er auf die noch offenen losch; es war wie verhext: niemand hatte gebo­ Laubengänge hin: Abgekartetes Spiel? ten - eigenartig. Darüber geärgert hat sich der "Welches mir nit geringe Angst und Sorg Durch Ausschellen und Aushang an den Rat­ Vogt nicht. Wohl erkannte er das ganze als ein verursachet, indeme ich kleine Kinder habe, häusern wurde nun im Amt Balingen und den von Pfeiffer und Haasis angezetteltes abgekar­ und Gott behüte gneedig, leichtlieh ein Herz­ umliegenden Ämtern der Versteigerungster­ tetes Spiel. So konnten sie nun das Anwesen layd und Unglückh beschehen kann". min und die Bedingungen bekanntgegeben. Die zum bereits ausgemachten Preis erwerben. Die "heim lichen Gemächer" (Abort) waren Liebhaber sollten sich am 20. März 1753, mor­ zwar im Rohbau eingerichtet, aber so natürlich gens acht Uhr "auf dem Balinger Rathaus" ein­ Halsstarrig noch nicht benutzbar. Der Graf mußte den finden. Eine der Bedingungen war, daß der Gleich am nächsten Tag wurde der Kaufver­ Schreiner, was er sehr beklagte, für 'die not­ trag aufgesetzt und zur Prüfung nach Stuttgart wendigen Arbeiten aus "eigenem Seckel" be­ geschickt. Dort fügte man den darin enthalte­ zahlen. nen Konditionen jedoch noch ein Wirtschafts­ Änderung imJahresprogramm konzessionsgeld von 10 Gulden und .ein jährli• Kurze Pracht der Heimatkundlichen ches Rekognitionsgeld von 3 Gulden hinzu. Da­ Einige Jahrzehnte lang wurden nun Schloß Vereinigung Balingen mit wollten die Käufer sich allerdings nicht ab­ und Reiterhaus, ihrer eigentlichen Bestim­ finden. Sie erklärten, der. Vogt habe ihnen mung entsprechend, wieder von einem Ober­ Die für Montag, 11. Mai, geplante Exkur­ schließlich mit dem Versprechen des kostenlo­ vogt und dessen Haushalt bewohnt. Wie es sion wird wegen der dortigen Bauarbeiten sen .Wirtschaftsprivilegtums'' und der Steuer­ scheint, hatte man aber, um Graf Kandel den . nicht das Kloster Kirchberg, sondern die freiheit ja erst "Lust zu Erkaufung dieses alten Aufzug zu ermöglichen, in aller Eile am Schloß Stadt Haigerloch zum Ziele haben. Gebäus" gemacht. Mit der Wirtschaft werde si- nur Flickschusterei betrieben. Denn bereits cher nicht viel zu verdienen sein, da es in der 1680 mußten zur Erhaltung des Gebäudes um­ Käufer vorläufig noch die Beschälplatte im Hof Stadt bereits 14 Wirtschaften gebe. Wenn ein fangreiche Sanierungsmaßnahmen durchge­ dulden müsse. fremder Reisender komme, so kehre er im Wei- führt werden. (Weitere Ausführungen dazu in Die Uhr der Stadtkirche schlug acht. Als sich ßen Ochsen ein, denn er gehöre dem Posthalter einer der nächsten Folgen.) kein weiterer Interessent mehr einzustellen . Roller, der schon dafür sorge, daß die Postkut­ Anfang des 18. Jahrhunderts befand sich das schien, glaubte Eier Vogt mit der Versteigerung schenpassagiere bei ihm einkehren. Schloß in einem recht passablen Zustand. Je­ beginnen zu können. Da meldeten sich aber Kurzerhand erklärten die beiden künftigen doch war die Pracht nur von kurzer Dauer. ' Pfeiffer und Haasis noch zu Wort und meinten, Schloßbesitzer unter diesen Umständen vom Schon 1737 wird es wieder als sie hätten noch etwas klarzustellen: Das mit Kauf zurückzutreten. Vogt Venninger dazu in " ... ein dem täglich drohenden Einfall un­ der Beschälplatteim Hof sei vorher ja nicht so seinem Bericht nachStuttgart: terworfenes Gebäu ..." bezeichnet. ausgemacht gewesen. Diese müsse verschwin- "Es ist nicht anderst zu vermuthen, als daß Der letzte darin wohnende Obervogt, Hein­ den, denn den Stall im Schloß brauche der Käu- einer von etlichen müsigen - vorhero in Äm- rich Reinhard Baron von Röder, war 1735 bei fer doch wohl selbst für sein Vieh. Zustimmen- tern bestandenen Personen allhier, die ge- der Aufhebung der Obervogteien ausgezogen. des Gemurmel im Raum - Der Vogt hatte ein wohnt seynd einfältige Leuthe in ihren amt- Balinger Bürger bewohnten es nun. Im Keller Einsehen, die Bedingung wurde gestrichen, liehen und gerichtlichen Vorkommenheiten lagerte Stadtschreiber Beuttel seinen Wein. Of­ und endlich konnte das Licht angezündet wer- zu verlaiten, um ihre ohnmächtigen Absieh- fensichtlich war man in Stuttgart nun nicht den. Nicht etwa, weil es zu dunkel gewesen wä- ten auszuführen, auch den Pfeiffer und Haa- mehr dazu bereit, in das Gebäude zu investie­ re - nein, es handelt sich hierbei um einen alten sis ... wider das Herrschaftliche Interesse ren - es wurde ja nicht mehr gebraucht. Brauch. Dazu ein Zitat: verführet haben." 1748 bekam der Vogt den Auftrag, Schloß und "Zum Inventar auch kleiner Rathäuser und Wie dem auch sei, die Beiden hatten mit ihrer Reiterhaus zu verkaufen. Amtsstuben gehörte schon im 16. Jhrdt. eine Halsstarrigkeit Erfolg: Das Konzessionsgeld "blechene Büx, worauf das Liechtlein ge- und die Steuer wurden gestrichen und am 14. Liebhaber gesucht' stellt wird." Diese Büchse... hatte bei Ver- Mai 1753 der Kaufvertrag unterzeichnet. Als er 1752 gefragt wurde, wie es denn darum steigerungen... eine wichtige Funktion: Die (Fortsetzung folgt) stehe, antwortete er: "Sich bis daher kein Liebhaber darzu gefun­ den hat, ungeachtet ich mich um einen sol­ Vor 100 Jahren erschienen chen bey aller Gelegenheit bemühet habe." Bei der Größe des Schloßgebäudes, so fuhr er fort, käme ein Abriß wohl kaum in Frage, da die .Das Königreich Württemberg Abrißkosten leicht höher ausfallen könnten, als der -Erl ös aus den Materialien. Zudem befinde Beschreibungvon Land, Volk und Staat,(Fortsetzung)-Von Eugen Gröner, Balingen sich im Hof die Beschälplatte für die alljährlich Lautlingen, k. Pfd. an der Eyach, 11,7 km sö. Meßstetten, ev. Pfd. am Nordrand der Hardt vom Gestüt Marbach kommenden Deckheng­ v. B., 778 m, Eisenbahnhaltestelle, Postagentur, auf der europ. Wasserscheide, 16,3 km sö. v. B., ste. mit Thierberg 721 Einw., w.l. Ev. G. Wald v. 417 906 m, Postagentur m. Eichaltder Haus, Eichh. In Stuttgart schien man schließlich eine ele­ ha, Tuffsteinbruch, Sammt- u. Manch. Fabr. Ki. Hof 1389 E, wov. 6 Kath. 3 e Kf., 1 J . G. Wald v. gante Lösung des Problems gefunden zu haben: z . h. Joh. Bapt. v. 1725 mit stauffenb. Grabmal. 293 ha. Alte modernisierte K. 843 mit Ebingen Der oberste Stock sollte abgebrochen, und vom Modernes Schloß der Farn. St. Abgeg. Burgen: in einer St. Galler Urk. gen., hatte M. Ortsadel Materialerlös die Reparatur der übrigen zwei . Thierberg, in der Folge Alten Thierberg, jetzt in 13 Jh., wurde hohenbergisch, 1418 an Wü. Geschosse bestritten werden. Um diese Mög• st. Hofgut v. 111 ha; Wilden-Thierberg auf dem Wasserversorgung vorbereitet. lichkeit zu überprüfen, wurde Landbaumeister Ochsenberg. W.: Hirschkuh auf Dreiberg. Kam Groß damit beauftragt, doch gelegentlich ein­ ca. 1550 durch Kauf an die Westerstetten, 1619 Oberdigisheim, an der oberen Beera, 14,9 km mal in Balingen vorbeizuschauen, aber er kam durch Vermächtnis an die Stauffenberg, wel­ sö. v. B. 776 m / m. P. 863 E. w. 14 K. 1 J . G. Wald nicht. Stattdessen hatte Vogt Venninger tat­ cher Familie 1805 die Ritter- und sonst. Güter, von 291 ha. Steinbruch. Filv. Thieringen. Spät• sächlich bald einen "Liebhaber" an der Angel. sowie die Patronatsrechte zu L. und Geisalin­ goth. Ki. z. h. Joh. 1655 umgebaut. Ortsadel13. Der Balinger Biersieder J enter wollte die Ge­ gen verblieben; ihr Besitz in L. 67 ha, wov. 16 ha bis 15. Jh. OD. gehörte zur Herrschaft Schalks­ bäude für seinen auf Wanderschaft befindli­ Wald. . burg, 1403 württ. P. Föhloch. Geyerbad, W. 115 chen Sohn erwerben, damit dieser sich darin Margrethausen, k. Pfd., im oberen Eyachtal, E. w. 2 K. Früher besuchtes Bad. Michelfelder eine Brauerei einrichten könne. Wochenlang 13,7 km sö. v. B., 701 m, m. P. 314 E. w. 10 Ev., 1 Hof. Scheibhalden. Steighaus. wurde zäh verhandelt, -denn dem Biersieder e. Kf. G. Wald v. 121 ha. Ehern. Klösterlein, jetzt waren die jährlich zu bezahlenden Raten zu Pfarr-, Schul- und Rathaus. K. zu St. Margare­ Onstmettingen. ev . Pfd. am Ursprung der hoch. ta; urspr. rom Kap., dann gothisch, jetzige Ge­ Schmiech, 16,7 km Ö. v. B. 812 m. Postagentur Unvermutet tauchten zwei weitere "Liebha­ stalt aus dem Anf. d. 18. Jh. Geschichtlich ge­ mit Geifitze. Stichwirtshaus, Thalmühle, Zoler­ ber" auf: Johannes Pfeiffer, Bäcker und Bier­ hört der Ort ganz mit Lautlingen zusammen, steighof 2106 E. w. 4 K, 1 J. Feinmechanik, seit sieder, und Johannes Haasis, Rotgerber. Wie war auch, im 30j. Krieg bis auf die Klause völlig 1764 durch Pf. Ph. Matth. Hahn und Schulmei­ kam es dazu? - Vogt Venninger war ein taktisch zerstört, bis 1810 Filial von da. Das Franziska­ ster Schaudt eingeführt, Nagelschmiede, We­ sehr geschickter Mann. Er wußte über die Bei­ nerinnenkloster, etwa aus der 1. Hälfte des 14. ber. G. Wald v. 534 ha. Tufflager.· Linkeribolds-' den, Jh. stammend, war stets unbedeutend, fristete höhle, K. z. h. Martin, rom. Kap., dann gothisch, daß " ...deren Weiber Schwestern sind .. . noch sein Dasein bis in den Beginn des unse­ 1709 umgebaut. Zweite K. zu St. Johann im obe­ und sie gern zusammenziehen möchten." ren. P. Ochsenberg, Frh. v. Sgtauffenbergsches ren Dorf, jetzt Fabrik. Alt zollerisch, wurde O. Er ließ die zwei Männer zu sich kommen und Gut v. 135 ha, w. 63 Weiden und 28 Wald. Ein mit Schalksburg 1403 württ, hatte sie auch alsbald davon überzeugt, daß die­ abgeg. Hof Käsenthai, seit 1200 mit Ortsadel ses Anwesen für sie genau das richtige wäre. genannt, kam gröstentheils ans Kloster. Schluß folgt Seite 584 Heimatkundliehe Blätter Balingen Februar 1987 Abmarkung und Sicherung von Vermessungs- und Grenzzeichen Von "Zeugen" und "Untergängern" - Von Rudolf George (3. Fortsetzung) Historische Grenzsteine GO für Gemarkung Ostdorf Grenzstein Das Abmarkungsmaterial bestand anfäng• GG für Gemarkung Grosseifingen lich aus mehr oder weniger gut geformten Feld­ GSt für Gemarkung Steinhofen; auch sind für drei Gemeinden steinen, die man an Ort und Stelle vorfand. Die­ häufig an der Steinseite Nummern eingeschla­ se aufgerichteten Grenzsteine waren eher hoch gen, die in fortlaufender Numerierung den als breit. So konnten sie tief genug in den Bo­ Grenzverlauf nachweisen und zudem noch in den gesetzt werden und erhielten einen besse­ Karten vermerkt wurden. ren Stand als flache und breite Steine. Es wur­ Vereinzelt sind auch Jahreszahlen der den aber auch längliche Steine in die Grenze Grenzabmarkung zu finden, die zwischen den gesetzt, gebietsweise auch Laibsteine. Das Ländern durchaus in ihrer Jahresangabe ab­ Wort kommt vom Brotlaib, dem die Steine ähn• weichen können. .lich sehen. Solche aufgerichteten Grenzmar­ ken findet man auch auf der' Gemarkung Dor­ mettingen. Die Laibsteine waren bei den Eigen­ tümern und Geometern wenig beliebt, weil sie durch die Bewirtschaftung der' Grundstücke leicht aus ihrer Lage gebracht werden können und somit nicht immer eindeutig den Grenz­ KW = Königreich Württemberg punkt und den Grenzverlauf markieren. Laib­ GO = Gemarkung Ostdorf steine wurden ausgewechselt und durch zuläs• .Grenzverlauf und Nummer sige Grenzzeichen in der Rechtslage vermarkt. Später ging man daran, behauene Steine aus nicht ortsansässigem Material zu verwenden, so daß der Stein sofort als Markstein zu erken­ nen war. Hierbei handelte es sich überwiegend um Sandsteine. Der Kopf dieser Grenzmarken stand 10 - 20 cm über dem Boden heraus. Die Grenze war sichtbar markiert. ' Heute werden im freien Gelände Granitstel­ ne gesetzt oder weiße Kunststoffmarken ge­ schlagen. Auf befestigten Straßen und Mauern werden Grenzbolzen einbetoniert. Es gibt noch Grenzsteine, die sich durch Form und Größe von den gewöhnlichen Grenz­ steinen unterscheiden. Es sind dies Grenzmar­ HH = Hohenzollern-Hechingen ken für Gemarkungs-, Kreis-, Landes-, Jagd­ KP = Königreich Preußen GSt = Gemarkung Steinhofen grenzen usw. Diese Grenzsteine weisen oft am G = Gemarkung Grosselfingen HH = Hohenzollern-Hechingen Kopf mit eingeschlagenen Rinnen den Grenz­ HZ = Hohenzollern GG = Gemarkung Grosselfingen verlauf nach, tragen seitlich manchmal Wap­ pen, Krummstab, Zeichen oder Buchstaben. Im Zollernalbkreis findet man noch die mei­ Vorder- und Rückseite sten Landesgrenzsteine zwischen den ehemali­ gen Ländern Württemberg, Baden und Hohen­ zollern, die größtenteils auch noch seitlich Buchstaben mit folgender Bedeutung tragen, z. B.: KP für Königreich Preußen KW für Königreich Württemberg HH für Hohenzollern-Hechingen; ferner auch den Hinweis auf die Gemarkung/ Gemeinde wie

Ehemalige ST E = Gemarkung Steinhofen Landesgrenzsteine Hohenzollernwappen 1767 = Abmarkung KP = Königreich Preußen G = Gemarkung Grosselfingen Quellennachweise: daneben: unbehauener Stein, Weinheimer: Die Dienstlichen Rechte und Pflichten der Felduntergänger in Württemberg. Schiele, Richard: Brauchtum und Sage um Mark und Markstein Schäfenacker: Die württembergische Landes- vermessung .' Innenministerium Baden-Württemberg: Ver­ messungs- und Kartenwesen Maier, Gerd: Bildband "Zeugen der Vergangen­ heit" Köhler, Albert: Foto-Aufnahmesammlung von Grenzsteinen Foto-Stadtarchiv Balingen: Marksteinzeugen aus dem Raum Balingen

Herausgegeben von der Heimatkundlichen Vereini­ gung Balingen. Vorsitzender: Christoph Roller, Balingen, Am Heu­ berg 14, Telefon 77 82, Redaktion: Robert Kohler, Balingen, KW = Königreich Württemberg Königsberger Straße 89, Telefon 63 36. Die Heimatkundlichen Blätter erscheinen jeweils am o = Gemarkung Ostdorf Ost = Gemarkung Ostdorf Monatsende als ständige Beilage des "Zollern-Alb-Ku­ 1819 = Abmarkung 1776 = Abmarkung riers", , Jahrgang 34 31. März 1987 Nr.3 Balthasar Wurer: Ein bedeutender Schömberger Erwar Weihbischof in Konstanz -1606 starb er im Alter von 93 Jahren - Von Wolfgang P. Bernhard Eine der beudeutendsten Persönlichkeiten, die das einstmals vorderösterreichische Städtchen nommenen Weihbischof am 4. April 1575 der Schömberg hervorgebracht hat, war Balthasar Wu rer, der von 15.74 bis 1598 Weihbischof von Stadt Luzern "zu guter Aufnahme". Dort (und Konstan z war. Zu dieser Zeit galt Konstanz als das größte deutsche Bistum, das auch weit in die im ganzen Kanton) gabes fü r ihn viel zu tun. Schweiz reichte. Magister Wurer erwies sich, wie der Uberllnger Chronist Jacob Reutlinger Außer den Visitationen nahm der Suffragan berichtet, als "ein sehr gelehrter und eifriger Mann", der im Alter von 93 Jahren "im Rufe der auch Weihungen vor. Von 1579 bis 1596 soll er Heiligkeit" starb. allein in der Schweiz 29 Weiheakte vor genom- . Nac h Reutli ngers Auss age müßte Balth asar 1548 wurde der Schömberger Bürgersohn ein men haben. Bis 1584 hatte er, wie er selbst sei- Wurer 1513 geboren worden sein. Um diese Zeit zweites Mal zum Dekan gewählt. In diesen J ah- nem Ordinarius (Mark Sittich ) berichtete , (1510) war ein Endres Wurer Stadtschre iber zu ren erwies er sich als "tatkräftiger Mann m it 10000 Firmungengespendet, In Schwaben sind Oberndorf. Ob er ein Verwandter des Bischofs klarem Ge spür fü r die aufgegebenen Proble- Amtshandlungen von ihm -bekannt in Mochen­ war, weiß man nicht. Wie aus einem beim me", und er bewahrte sich "die Freiheit der ei- thal bei Zwiefalten, in Burgberg bei Uberlin­ Pfarramt in Schömberg verwahrten Kirchen- genen Meinung und des eigenen Entscheidens gen, in Rottweil, in Eschach, in Ermatingen jahrbuch hervorgeht, hatte der Bischof einen in Dingen, die seiner J urisdiktion unterstellt und Waldau bei St. Peter. Am 23. Januar 1586 Bruder Melchior, der mindestens von 1575 bis waren". Während seiner theologischen Ausbil- unterzeichnete Weihbischof Wurer zusammen 1582 dem Rat der Stadt angehörte. Ein 1582 dung hatte Balthasar Wurer freilich ganz im mit dem Abt von Zwiefalten und einem anderen genannter Hans Wurer war gleichfalls ein Bru- Banne eines großen Geistes gestanden: dem Abt (wahrscheinlich dem von Wiblingen) die der Balthasars. Außerdem hatte er eine Schwe- Theologen Valentin Fabri. Resignation des Weingartener Abts. ster Barbara. 1549 promovierte Wurer zum Baccarauleus In der Stadt Überlingen muß es um diese Zeit Ein weiterer in Schömberg ansässig gewe- Biblicus. Zwischen 1544 und 1546 dürfte er die nicht sehr kirchenfreundlich zugegangen sein; sender Verwandter könnte Bastian Wurer ge- niederen Weihen empfangen haben,,1547 die jedenfalls sah sich der päpstliche Nuntius F. wesen sein, der in der ersten Hälfte des 16. . Priesterweihe. Felicianus 1579 veranlaßt, an den Uberlinger Jahrhunderts - und noch 1582 - genannt wird. Nach Abschluß seiner theologischen Studien Magistrat ein Schreiben zu richten, in dem er Ebenfalls 1582 wird ein Philipp Wurer genannt. übersiedelte Balthasar Wurer nach Sp eyer, wo ihn im Einvernehmen mit Weihbischof Wurer Die Schreibweise des Namens variiert bei al- er von 1549 bis 1551 als Lektor tätig war. Er ermahnte, "unkirchliche Anmaßungen" abzu­ len aus Schömberg stammenden Namensträ- erwies sich dort auch als eifriger und guter Pre- stellen. Wurer.ging auch später recht energisch . gern von Wurer über Wuerer, Wuorer und Wu- diger. Bis einschl ießlich 1557 war Balthasar gegen die Sittenlosigkeit vieler ge istlicher Her­ ohrer bis Wuhrer und Wurrer. Das hat man frü- Wurer Pfarrer in Scheel', wo er sich, von Truch- ren vor, die im Konkubinat lebten, als wäre das her nicht so genau genommen. 1608 war (nach seß Wilhelm von Waldburg herangeho lt, dank die selbstverständlichste Sache der Welt. Oft Alfons Besenfelder) ein Leonhard Wurer Stadt- seines untadeligen Lebensw andels und seiner genug , wollten sie sich davon auch gar nicht schultheiß in Schömberg. Von 1608 bis etwa Gelehrsamkeit einen guten Ruf erwarb, so daß abbringen lassen. Nicht zul etzt hier sah der aus 1620 war dieses Amt, wie aus einer Disseration sich bald auch Städte wie Freiburg und Über- Schömberg stammende Weihbischof eine Not­ von Erich Camenzind hervorgeht, einem Bal- lingen um ihn bemühten. . .. we ndigkeit zu inneren Reformen der Stadt ver­ thasar Wurer anvertraut. Ein in einer Muste- Am Dreikönigstag 1558 wurde er in Uberlin- anlaßt, energisc h - geg en den Verkauf von rungsliste aus dem Jahr 1618 aufgeführter gen als Pfarrer angenom men. Dem Bericht "Schandgemälden" einzuschreiten. "Leütenambt Balth as Wuv rer" dürfte ein Gro ß- Re utli ngers zufolge "zog er aber erst auf Johan­ neffe des Bischofs gewesen sein. ni Bapt. auf" (das ist der 24. Juni). 18 Jahre lang Am 23. November 1576 erlangte Bischof Bal­ Die Schömberger Wurer bildeten schon da- ist er "allhier" (in Uberlingen) ein lobwürdiger thasar, wie be i Camenzind nachzulesen ist, die mals eine se hr zahlreiche Familie, die den heu- Pfarrherr gewe sen". - In der Bodensee-Stadt "zweite Possession seines Kanonikats" und da­ ti gen Ahnenforschern ihre Arbeit nicht leicht hatte er manchen. Ärger, aber zum anderen mit auch die Aufnahme in das Domkapitel. Als werden läßt. Das Geschlecht gehörte der "Ehr- auc h 32 Jahre nach seinem Weggang noch Weihbischof war er .vicartus generalis in ponti­ barkeit" an, einer wohlhabenden Bürger- freundliche Kontakte. ficalibus", das heißt, ihm oblagen in erster Li­ schicht, die im Städtchen Ansehen und Einfluß Wie Archivunterlagen des Erzbischöflichen nie die eigentlichen bischöflichen Funktionen. ' hatte. In der Zeit von 1483 bis 1705 brachte es Ar chivs in Freiburg(Bestand 9) zu entnehmen Sein Kardinalbischof - sei es nun Mark Sittich nicht weniger als 14 Priester hervor. Einer der ist, war in Konstanz vom 1. bis 6. September von Hohenems oder Andreas von Österreich, früh esten, die uns bekannt geworden sind, ist de s Jahres 1567 eine Diözesansynode gehalten sein späterer vorgesetzter Bischof - verbrach­ Conrad Wurer, der (wie aus einem im Haupt- worden, bei der, wie es heißt,"Weihbischof Eli­ ten die meiste Zeit außerhalb der Residenz. staatsarchiv Stuttgart verwahrten Dokument ner eine mannigfaltige Amtsthätigkeit entwik­ Seit Januar 1577 nahm Wurer regelmäßig an hervorgeht) als Nachfolger von Conrad Schmid kelte. Außer ihm betheiligte sich noch beson­ den Sitzungen des Domkapitels teil-e selbst als 1483 Frühmesser zu Schömberg wurde. de rs der' Pfarrer Balthasar Wurer von Überlin- er altershalber das Amt des Weihbischofs Am 13. Mai 1540 immatrikulierte sich Baltha- gen als Leetor des Concepts der zu berathenden längst abgegeben hatte. Allerdings war ihm ein sar an der Universität Freiburg. Er studierte Synodalstatuten". Die vom Tridentisnischen Amt im Domkapitel erst am 19. August 1589 zunächst an der Artistenfakultät, wo er sich .Konzil (wohl in der Schlußsitzung am 3. Dezern­ übertragen worden. Es war das Amt des Fa­ bald durch Charakter und Leistung auszeichne- ber 1563) angeordneten Diözesansynoden soll­ brikpflegers. Im Domkapitel dürfte der reform­ te (wie aus der von Camenzind verfaßten Bio- ten in den "respectiven Bisthümern den katho­ beflissene Wurer, wie man in der Biographie graphie "Weihbischof Balthasar Wurer von lischen Glauben; die guten Sitten bei Clerus von Camenzind lesen kann, einen schweren Konstanz" zu erfahren ist). Nachdem er im Ja- und Volk und die kirchliche Ordnung wieder Stand gehabt haben. Innerhalb des Geistlichen .nuar 1544 (mit 30 Jahren) die Magisterwürde herstellen und festigen". Hierbei "gingen den Rats fiel ihm jedoch eine führende Rolle zu. erlangt hatte, wechselte er an die theologische alle Jahre zu haltenden Synoden" die jährli• Erich Camenzind: "Seine gut fundierten Voten .Fakultät und begann gleichzeitig mit einer er- chen bischöflichen Visitationen "zur Seite". zeigten deutlich; daß dem Weihbischof nach­ sten Lehrtätigkeit an der artistischen Fakultät, Anno 1574 wurde Balthasar In. Wurer "unter sichtige Güte und sofort eingreifende Strenge und schon am 1. Dezember 1547 wurde er in den dem Titel eines Bischofs von Ascalon als Suf­ im gleichen Maße zur Verfügung standen." Fakultätsrat aufgenommen. Kaum daß er dafür fraganeus zu Constanz aufgestellt". Am Sonn­ wahlfähig geworden war, übertrug ihm die Uni- tag vor Michaelis (29. September) fand seine Seine / Aufgaben waren. häufig sehr ange­ versität das Amt des Dekans der Artistenfakul- Consecration statt, zu der von der Stadt Uber­ nehm: In den Klöstern Münsterlingen, Wein­ tät. Als solcher gehörte er auch dem Senat an. lingen fünf Ratsherren abgeordnet wurden. Im garten, Petershausen, Stein am Rhein, Kemp­ Die in dieser Zeit von ihm verfaßten Protokolle darauffolgenden Jahr begann Wurer .mit den ten, Kreuzlingen und Reichenau mußte er ge­ sind - so Erich Camenzind - "in einem flüssigen vom Tridentinum angeordneten und von vielen gen sittliche Mißstände, Ungehorsam und aller­ und eleganten Latein geschrieben". Viermal Pfarrherren gefürchteten Visitationen, denen lei Exzesse einschreiten. Mitunter führten sei­ hatte er während seiner Amtszeit,Promotionen sie sich häufig zu widersetzen versuchten. Kar­ ne Visitationen zu dem Ergebnis, daß der Nun­ durchzuführen und als Examinator zu amten. dinal Marcus Sitticus empfahl seinen neu ange- tius den jeweiligen Abt beziehungsweise Äbtis- Seite 586 Heimatkundliehe Blätter Balingen März 1987

sin absetzen mußte. Es ist auch vorgekommen, det dem Suffragan BalthasarWurer das folgen­ daß ein widerspenstiger Pfarrer eingekerkert de Lob: "Suffraganeus Balthasar urbem no­ . wurde. stram (Constanz) sanctae vitae exemplo pluri­ Vom Papst hatte Weihbischof Wurer die An­ mum illustrat, vir mitissimi ingenii et sanctissi­ weisung erhalten, die Reform der von ihm visi- . mae conversationis, qui a Deipara impertrasse tierten Klöster genau zu überwachen. Dieser dicitur, ne quid gustus in cibo potuque sentiret, ihm übertragenen Aufgabe kam der in einer . ita ut solo crassioris notae pulmento-contentus herben Landschaft aufgewachsene ' Kirchen­ parcissime viveret, angelica et zelo religiosae mann aus innerer überzeugung uneinge­ disciplinae, quam ubique promotam cupiebat." schränkt nach. Zu deutsch:• Weihbischof Blathasar ist eine Seine schwierigste Mission war (nach Beur­ Zierde unserer Stadt (Konstanz), ein Mann von teilung von Erich Camenzind) 1592/93 die Ab­ überaus friedlicher Gesinnung und frommer klärung von Jurisdiktionsfragen mit den eid­ Lebensführung. Er soll von der Gottesgebäre• genössischen "V Orten", im besonderen dem rin durch sein Gebet erlangt haben, daß er bei Rat von Luzern. Es mußte ausgehandelt und in Speise und Trank keinerlei Geschmack wahr­ einem Konkordat festgelegt werden, welche nahm; solchermaßen gab er sich mit einem dik­ Rechte der weltlichen Obrigkeit und welche ken Brei zufrieden und lebte äußerst sparsam. dem Konstanzer Bischof zustanden. Zu dieser Er war begabt mit engelgleicher Unschuld, mit Zeit war Balthasar Wurerschon fast 80 Jahre der Reinheit eines im höchsten Maße unbe­ alt. Ihm zur Seite stand Generalvikar Dr. Pisto­ fleckten Lebens und mit dem Eifer für religiöse rius. Zucht, deren Förderung erüberall verlangte. Während seiner ganzen Amtszeit ging Weih­ 1986 meint ein anderer Benediktiner aus bischof Wurer mit Strenge gegen das Priester­ Weingarten: Nach alledem zählt dieser Weihbi­ konkubinat vor, das wohl das am tiefsten ver­ schof zu den Männern, die (im kirchlich-religiö• wurzelte Laster der damaligen Zeit war. Nach sen Sinne wohl) das Zeitalter des strahlenden Wurers Vorstellungen sollte der Klerus dem Barock heraufgeführt haben. Volk mehr und mehr ein gutes Beispiel geben. Nach dem zeitgenössischen Bericht des An sich selbst legte er den strengen Maßstab Chronisten Jakob Reutlinger starb Balthasar an. Wurer am Freitag, den 10. Februar 1606. Sein Pater Gabriel Burcelin vom Benediktiner­ Nachfolger als Konstanzer Weihbischof wurde Kloster Weingarten (der dort 1681 starb) spen- 1598 Dr. Jacobus Joannes Mirgel aus Lindau. Das Braunkehlchen - ein bedrohter Wiesenvogel Beringtes Braunkehlchen-Männchen von Dr. Karl-Eugen Maulbetsch und Helmut Rebstock ihren Grenzen allmählich aus. Die Revierbeset­ zung beginnt somit an den 'ursprünglichen Der Deutsche Bund für Vogelschutz wählte Brust und dem weißen Überaugenstreif gut zu Häufungspurikten und breitet sich von dort in in diesem Jahr einen Wiesenbrüter, das Braun­ erkennen. Die Weibchen sind blasser gefärbt. die Umgebung aus. Die Reviergröße schwankt kehlchen (Saxicola rubetra), zum Vogel des Das Durchschnittsgewicht der Männchen ist zwischen 150 x 200 mund 200 x 250 m, wobei die Jahres. Der gewählte Wiesenvogel wirbt für rund 16 g. Das Gewicht der Weibchen ist um kleineren Reviere in dichter besiedelten Grün• Programme zum Schutz von Lebensräumen . etwa ein Gramm höher. Bei der Körperlänge, flächen liegen. Die Revierabgrenzung ge­ und weist gle ichzeitig auf Mißstände in unserer deren mittlerer Wert 12 cm beträgt, sind die schieht durch singende Männchen. Der Gesang Kulturlandschaft hin. ' Die. mitteleuropäische Verhältnisse umgekehrt. Hier werden die klingt im allgemeinen rauh und metallisch, Die Kleinvogelwelt ist vom Niedergangt bedroht. Männchen etwas länger. Die durchschnittliche Strophen enthalten oft Motive anderer Vogel­ Selbst bei häufigen Arten, wie etwa de m Star, Flügellänge mißt 7,5 cm und die Schnabellänge arten z. B. von Goldammer, Grünling oder sind Bestandsrückgänge zu verzeichnen. Das 1 cm. Dorngrasmücke. Einige Tage nach der Paarbil­ Braunkehlchen gehört in der BRD zu de n be­ Nach der Ankunft durchstreifen die Männ• dung beginnen die -Braunkehlchen mit dem sonders stark gefährdeten Arten. In manchen chen zunächst größere Räume. In Gebieten, die Nestbau. Die Männchen nehmen dabei eine Gebieten um Balingen trifft man diesen Sing­ durch Bäume, Sträucher und Weidezäune reich passive Rolle ein. Sie sichern die Umgebung ab vogel jedoch noch zahlreich an. Der nachste­ strukturiert sind, bilden sich kleinere An­ und begleiten die Weibchen bei der Suche nach hende Bericht beruht, abgesehen von einigen sammlungen. Nach und nach steigt die Aggres­ Nestmaterial. Der eigentliche Nestbau ist dage­ allgemeinen Bemerkungen, auf eigenen Beob­ sivität untereinander. Durch Ansingen, Droh­ geh allein Sache der Weibchen. Das Nest wird achtungen, die in den Jahren 1983 bis 1986 in gebärden oder Flugjagden werden Artgenossen auf dem Boden .angelegt, bevorzugt unter ab­ Balingen-Ostdorf gemachtwurden. vertrieben und in die umliegenden Wiesen ab­ schirmenden Pflanzen wie Wiesenstorchschna­ Die Braunkehlchen sind Zugvögel. Sie ver­ gedrängt. Auch die Weibchen suchen nach ih­ bel, Doldenblütlern, Klappertopf undverschie­ lassen bereits Ende August unseren Raum, Der rer Ankunft die Versammlungsplätze auf. Es denen Gräsern. Das Nestmaterial besteht aus Zug geht in südwestlicher Richtung über bilden sich die ersten Paare. Beim Umherzie­ Moosen;.trockenen Gräsern, Tierhaaren und .Frankreich und Spanien nach Afrika. Die Über• hen geraten diese oft in bereits besetzte Areale. vereinzelt aus feinen Wurzeln. Die Nestmulde winterungsgebiete liegen in den Savannen süd• Kurzes Ansingen durch den Inhaber genügt ist meist kreisförmig gestaltet, die Nesthöhe lich der Sahara. Der Aufenthalt dauert dort bis aber meist um die Eindringlinge zu vertreiben. beträgt 3 bis 4 cm und das Nestgewicht rund 15 zu den Monaten März/April. Danach sammeln In diesem Stadium bilden sich die Reviere mit g. Die Neststandorte befinden sich in Wiesen sich die Braunkehlchen und machen sich zum Frühjahrszug in die heimischen Brutgebiete auf. In Heidelberg treffen die Männchen Mitte April, im Raum Balingen in der letzten April­ woche oder Anfang Mai ein. Die Weibchen fol­ gen einige Tage später nach (s. Tab. 1). Der Eintrefftermin

Tab. 1: Ankunftsdaten für Balingen-Ostdorf in denJahren 1983bis 1986 Jahr Ankunftsdatum Männchen Weibchen Weibchen Haupttrupp 1983 23.4. ab 6.17. 5. 1984 22.4. 1. 5. 6.5. 1985 6.5. 10.5. 1986 27.4. . 28.4. 3.5. hängt von Perioden höhe~er Temperaturen ab . Die verzögerte Ankunft im Jahre 1985 ist auf sehr regnerisches und kühles Wetter Mitte und Ende April sowie Anfang Mai zurückzufüh• ren. Die Männchen sind an der orangebraunen Braunkehlchen - Biotope; nährstoffreicheoder gedüngte Wiesen in Balingen-Ostdorf

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unterschiedlicher Zusammensetzungen (s. Tab. Die Skala reicht von z. T. stark 'gedüngten dehnende Verbreitung der Rundstühle mich 2). . Fettwiesen, die zwei- bis dreimal gemäht wer­ überzeugen, daß die ' Anschaffung solcher Tab. 2:Verteilung der Nester auf Biotope den, .bis zu schwächer gedüngten Wiesen .mit Rundstühle für 'mein Gewerbe unvermeidlich einem hohen Anteil an Klappertopfarten. Au­ ist, wenn ich der.fremden Konkurrenz das Feld ßerdem dienen vereinzelt mit Mist gedüngte nicht ganz und gar räumen soll." Benger erhielt Biotope Anzahl der Nester Wiesen sowie Viehweiden und Streuobstwiesen den erbetenen Zuschuß von 50 Gulden und be- 1986 1985 1984 1983 als Brutreviere. Gemieden werden 'stark ge­ .stellte bei dem Ebinger Schlossermeister Ferdi­ düngte Wiesen oder Streuobstwiesen, die in un­ nand Binder jr. einen Rundstuhl. Dieser stellte Wiesen 1 2 2 mittelbarer Nähe zum Waldrand liegen. den Stuhl im April 1852 auf und lud die Beam­ Wiesen mit vereinz. Ein bis zwei Tage nach Vollendung des ten der Zentralstelle laut Zuschrift vom 2. Sep­ Streuobstbaumbestand 2 1 Nestes beginnt die Eiablage. Erwähnenswert tember ein, seine Arbeit bei Wilhelm Benger in Viehweiden 2 2 ist noch, daß der Legebeginn bezogen auf die Degerloch zu besichtigen. Carl Beck schreibt Böschungen 1 Ankunft sehr unterschiedlich sein kann. dazu, dies sei in Württemberg der erste Rund­ Gräben . 1 stuhl gewesen, auf welchem praktisch gearbei- Fortsetzung folgt tetwurde. . , , Wenn man also dem Johannes Maute die Eh­ re lassen will, den ersten Rundstuhl 1836 nach Ebingen und damit nach Deutschland gebracht Rundstuhl und Dampfmaschine zu haben, so beginnt bei uns im Land und wohl auch bei Johannes Maute, wie sein Arbeitarge­ in Ebingen such andeutet, erst etwa 15 Jahre später die' Ergänzung zu dem Buch "Ebingen- die Geschichte einerwürttembergischen S,tadt" wirksame Verwendung von Rundstühlen. Wenn Johannes Maute im Jahr 1836 den er- Von Dr, W. Stettner sten Rundstuhl nach Ebingen und damit nach Deutschland brachte, so müßte sich sein ge- Zu S. 309-311 und S. 347 f. (Johannes Maute): besserte Rundstuhl mehr taugte, entzieht sic~ schäftlicher Erfolg deutlich in seinen Gewerbe­ Bei manchen Ebingern hat es anscheinend Un- unserer Kenntnis. Im .Albboten" vom 21. JUni steuerbeträgen niedergeschlagen haben (die behagen, ja Unwillen hervorgerufen, daß ich 1851 veröffentlichte er ein .Arbeitergesuch" fol- damals übrigens an das Land und nicht an die dem Ruhm des Strumpffabrikanten Johannes genden Inhalts: Ich suche eine Anzahl Strumpf- Gemeinde gingen). Die Steuer war damals von Maute zum Löwen Abbruch getan habe. Man weber zum Betreiber meiner Rundmaschinen Georgii bis wieder Georgii fällig, also jeweils hat mich darauf hingewiesen, daß im Jahr 1878, und werden solche berücksichtigt, welche als über das Jahr hinweg; ich setze vereinfachend als Robert Göbel seine Denkschrift zur Feier gute Arbeiter, fleißig und solid, bekannt sind. nur 1833 statt 1833/34 oder 1840 statt 1840/41; der Eröffnung der -Eisenbahn veröffentlichte, Den Lohn stelle ich, bis dieselben einge~bt die Beträge bedeuten Gulden und Kreuzer: Johannes Maute noch am Leben war. In der sind, pr. Tag auf 36 Kreuzer. Auch nehme ich Maute beginnt 1830 sehr bescheiden mit 2/42 Denkschrift heißt. es: "Im Jahr 1836 führte ein noch einige erwachsene Mädchen und einige (= 2 Gulden 42 Kreuzern), es folgen 1831: 6/30, hiesiger Fabrikant, Hr. J . Maute z. Löwen, die Schneidermeister oder Näherinnen, welche Rundmaschine aus Mons in Belgien hier ein; da Lust haben, die daraus gefertigte Arbeit voll jns 1832: 9/48, 1833: 10/30, 1834: 11118, 1835: 14/15; die Maschine seinen Anforderungen aber nicht Reine zu machen, in Arbeit auf. Lusttragende 1836: 12/45, 1837: 12/46, 1838: 12/46, 1839: 10/52, . 1840: 7/55, 1841: 9/56, 1842: 10/57, 1843: 10/45, entsprach, schritt er alsbald zum Bau einer an- .k önnen sich täglich bei mir melden." Aus die- 1844: 10/45, 1845: 10/36, 1846: 15/27, 1847: 21135, deren.nach einem von ihm wesentlich verbes-l sem Arbeitergesuch ziehe ich den Sch~uß, daß · 1848: 23/26, 1849: 26/15, 1850: 31122, 1851: 32/38, serten System und ließ darnach noch im selben], auch bei Johannes Maute die Arbeit mit Rund- 1852 43/24 18 3 44/56 18 4 46/06 185 f hl Jahr 11 Stück verfertigen. Es wurde somit in stühlen erst seit 1851 lief. Ob das nun seine :, 5: , 5: , 5 e t, 1856:56/47. Ebingen die erste Rundmaschine in Deutsch- · eigenen, verbesserten Rundstühle waren oder Man sieht, nach einem raschen Aufstieg wird land gebaut... Im Jahr 1834 stellte Hr. Mauthe solche nach dem System von Troyes, vermag 1835/36 ein erster Höhepunkt erreicht, dann sodann die erste, von einem Engländergebaute ich nicht zu entscheiden. gibt es (im Zeichen des ersten Rundstuhls?) ei- Dampf~aschine h.ier au~, welche er Anfangs ,~O Der oben genannte Wilhelm Benger schrieb nen leichten Rückschlag, der etwa zehn Jahre . du~ch eme neue, die zweite am Platz, ersetzte. 1852 an die Zentralstelle: "Nachdem ich acht dauert, und erst ab 1846/47 setzt ein neuer und Zum Thema Industrialisierung in Ebingen Jahre das Gewerbe der Strumpfweberei betrei- diesmal viel kräftigerer Aufschwung ein, der hat sich neuestens auch Archivdirektor Dr. G. be und mich während dieser Zeit bemüht habe, auch, nicht durch die schweren Krisenjahre Kollmer geäußert (in: 700 Jahre Stadt Ebingen, in meinem Geschäft vorwärts zu kommen ~nd 1852/53 gebremst wird. Wenn also der erste Vorträge zur Geschichte, leider ohne Seiten- der ausländischen Konkurrenz, welche sich Rundstuhl hier eingesetzt wurde, so bedeutete zahl). Er akzeptiert die Darstellung Göbels, in- auch in meinem Gewerbe sehr fühlbar, ja drük- er keinen Fortschritt,' sondern eher einen dem erschreibt: "Ein Impuls für die aufkom- kend erweist, Stand zu halten, mußte ich in Rückschlag. Was seit 1846 den Fortschritt her­ mende Industrialisierung kam von 'J ohannes neuerer Zeit durch die mehr und mehr sich aus- beigeführt hat, etwa der Einsatz besserer Ma­ Maute, der für die Strumpfweberei 1836 aus Mons in Belgien den ersten Rundstuhl mit- brachte, den er technisch verbesserte und von dem noch zwölf weitere nachgebaut wurden. G: 0 i n !1' e n. Dies war ohne Zweifel der Beginn der Rund­ stuhlfabrikation in Deutschland, die aber schon ,~tt~r~i!:.~m~f~I,I1iitg+ bald auf die Firmen Terrot und Fouquet über• . , ging. Beiden, Maute und dem Ebinger Schlos­ .Q1Cmlt rr(.,uh lcf) mir, meme smll.,reJlllorNtqc, bejl.·uenD in \:lerfcf,llCbmtn 1:?-uin~l1rrerie u~b m!lbler~a,,:e~a(~ :lo,ß~ffc, l2~lllcn ober ~rter, "~~blenueite, !B.Hf. sermeister Binder, der aus Zeulenroda 1839 ei­ rabc!)rn, .!B,utllinfd, ' !Bemfnt'llrr, iBemlorrel, ~lfcb&eR~c'fe, !Blccb(orrcl, \:lrrfd)iebmrn nen Rundstuhl von der Zentralstelle erhielt, ge­ !3led)rolll1rrn~lä: mriifmtirtelTcr, ,ltaifec&rctter, !Brob- unb: Obätföroe,' ~ebrrro~re, lang zwar eine Verbesserung der Rundstühle, fm u. j . ferner !Ble'iitifte, !8örfen, !Bü~el unb aber ihre Brauchbarkeit ließ doch wohl noch zu @arnitur.:n, !Borjlm, !Brieit"fdien, !8rilTm, - ..,rrod)cä, ~i!Jllrrm(tuiß

schinen oder die größere Erfahrung des Chefs, einer Dampfmaschine in Ebingen wußte man ger Fehde 1377 niedergebrannt, fiel es zu An­ bleibt unklar. also damals in Stuttgart noch nichts. Nach ei­ fang des 15. J ahrh. an Wü. - Der sorgfältig arbeitende Friedrich-Franz ner Aufstellung der Zentralstelle für das-Innen­ Zill hausen, ev . Pfd., zwischen Böllat und Wauschkuhn bestätigt meine Sicht. Er schreibt ministerium (HStASt E 146 Bü. 2324) erhielt Hi rschberg, am 24 m hohen Wasserfall des B üt• in seiner Hamburger Dissertation (1974) über Maute als erster Ebinger die Konzession zur tenbach, 8,8 km. ö. v. B., 643 m. mitWannenthal, "Die Anfänge der württembergischen Textilin­ Aufstellung-einer Dampfm aschine am 26. Fe­ 526 E., 17 e. Kf. , G. Waldv. 89ha. Ki. v. 1838, dustrie im Rahmen der staatlichen Gewerb epo­ bruar 1853 und konnte sie einige Woch en später Pfarrhaus v. 1863. 793 und noch ca. 1200 ist St. litik 1806-1848" u. a.: "Nu r in Ebingen wurde sie ,einbauen lassen. Sie erzeugte vier Atmosphä- Gallen beg üte rt, kam mit Schalksburg 1403 an (die Strumpfweberei) durch einige gesch ickte ren Überdruck und diente zum Betrieb seiner Wü. P. Wannenthai (in der "Wanne" zwischen Meister aufrecht erhalten. Vornehmlich die Fa­ Webstühle und 'einer Walke. Im September Schalksb urg und Böllat, H. v. 60 ha. Ende des milie Binder trug dazu bei , daß sich die 164 1866 schaffte Maute zusätzlich ein Lokomobil 14. Jh. ließen sich unterhalb desselben, gleich­ ,Ebinger Strumpfweber auf die Herstell ung von an, das seine Spinnmaschinen in Pfeffingen fa lls auf zolleri schen Gebiet, Augustinerinnen Wolljacken, Westen und Kinderhauben um­ und Gammertingen treiben soll te. Im Kirchen­ nieder. Zwischen 1406 und 8 kamen dafür Au­ stellten, die in den folgenden Jahrzehnten loh­ konventsprotokoll vom 29. August 1851, das von gustinerschwestern. H. Ulrich re formierte, H. nende Artike l waren. De r Stuhlschlosser Ferdi­ Mautes Streit m it dem Kirchenkonvent wegen Christof übe rgab W. dem Spital Balingen, der nand Binder, der schon 1835 Stühle nach säch• der Beschäftigung von Arbeitern in der Nacht es 1611 verkaufte. Der Hof Oberw., 1403 mitge­ sisch em Muste r umstellte, wird wesentlichen von Samstag auf den Sonntag handelt, ist zu kauft, wurde als Erbgut vergeben, so 1579 an Anteil daran gehabt haben. Der Rundstuhl lesen: "Nach Mautes Angaben sind seine Arbei­ Kanzler Jak. Andreä, 1717 kaufte ihn Kl. Mar­ fand erst in den 50er Jahren in der Ebinger ter 5'/2 Tage von Montag früh bis Samstag grethausen. Nach der Säkularisation des letzte ­ Strickwarenherstellung Eingang." abend im Geschäft, die durch Pferde getriebe­ ren wurde das Ganze verkauft. Schwieriger ist die Sache mit der Dampfma­ nen und von drei Arbeitern versehenen Ma­ schine zu entscheiden. In Göbels oben zitierter sch inen dagegen sechs volle Tage. Von Montag , Äußerung fällt zunäc hst das Wörtchen "so­ früh bis Sonntag früh". Seine Maschinen, über Weiße Taubnesselr- dann" auf, läßt es doch erwarten, daß die Ein­ deren Art leider nichts gesagt wird - vermut­ Lamium Album führung de r Dampfmaschine später erfolgte als lich Rundmaschinen - , wurden also 1851 durch die des Rundstuhls ; aber die J ahreszahl 1834 Pferde, no ch nicht durch eine Dampfmaschine besagt dann das Geg enteil. Die Dampfmasch i­ getrieben. In einer Gewerbetabelle von 1852 ne war ja schon lange erfunden worden; 1835 (StASig WÜ. 65,4 Bb. 1067) werden für Ebingen fuhr der erste Dampfzug von Nürnberg nach noch ke ine Dampfmaschinen aufgezählt. Fürth, was wir 1985 gebührend gefeiert haben. Nach diesen Zeugnissen würde ich dem , In Württemberg erfolgte, wie es scheint, die Herrn Maute zwar die Einführung einer ersten Verwendung von Dampf für gewerbliche Zwek­ Rundmaschine zugestehen, die mit erheblichen ke um 1840: in den "Württembergischen Jahr­ Mängeln behaft et war, so daß der eigentliche büchern" von 1839 heißt es zunächst, es gebe im Beginn der Rundwirkerei erst nach 1850 ein­ Land noch keine Dampfmaschine; das wird setzte, aber ich hege nach wie vor große Zweifel aber am Schluß korrigiert durch den Zusatz: an der Richtigkeit der Angabe Göbels, Maute "eret ganz neuerlich ist zu Heidemheim in der habe auch die erste Dampfmaschine Württem• Baumwollspinnerei der Herren Mebold die er­ bergs oder gar Deutschlands im Jahr 1834 ein­ ste Dampfmaschine aufgestellt worden." Von gesetzt.

Vor 100Jahrenerschienen Das Königreich Württemberg Beschreibung von Land, Volk und Staat (Schluß)-Von Eugen Gröner, Bali~gen Ostdorf, ev . Pfd. m. M. G. auf der Liasebene Hohenberg 1345 an Heinrich von Thierberg. über dem Thalbach, 3,7 km n. v. B. mit Böllat• Durch Erbschaft an Hölnstein gekommen, mühle, Gießmühle, Kaunter Gipsmühle 1006 E., ward es 1418 an Württ. veräußert; die Forst­ w. 14 K, 1 J . G. Wald v. 156 ha. Steinbrüche. Ki. herrschaft bli eb österreichisch. Abg. Winzeln z. h. Medardus, spätgoth. Langhaus v. 1832 mit Ortsadel1050. Ortsadel im 13. Jh. O. gehörte als Nachkommen Truchtelfingen, ev. Pfd. im Schmiechthal, des bertholdischen Geschlechts, den Teck, 'kam 19,3 km ö. v. B., 753 rri, 932 E. w. 3 K, 5 e. Kf. G. bis 1461 allmählich an Wü. Ge b-ist hier 30. Jan. Wa ld v. 253 ha. Alte Ki. 1732 erneuert, gehö rte 1827, alsSohn eines Bauern, Martin Haug , Leh­ ursprüngl. den auch sonst hier begüterten Kl. rer in Indien, t als Prof. des Sanskrit in Mün­ St. Galle n. Der Ort 949 erwähnt bei einer Verga­ chen 1876. Abg. Anhausen und B. Hammerstall. bung an Kl. Reichenau, war sp äter Bestandteil Pfeffingen, ev . Pfd. an den Quellbächen der der Herrschaft Schalksburg. 1403 württ. Eyach, 12,6 km ö. v. B., 764 m, mit Zitterhof 930 Unterdigisheim, k. Pfd. im Thai der ob. Bee­ E., w. 6 le. K G. Wald v. 280 ha. Darlehenskas ­ ra, 17 km sö. v. B., 750 m, mi t Wolfenhof 410 E. , senverein. Wattfabrik, Stickerei und Stricke rei. w..8 Ev. G. Wald v. 212 ha. Ki. ursprüngl. Kap. z. Die Taubnessel kommt vor an Straßen- und Frühgotische Ki. 793 und später war St. Gallen h. Maria von,1725, 1875 von L. Traub ausgemalt, Ackerrändern, Gebüschen, Ufern und Gärten. begütert. Sonst gehörte P. zur zollerischen se it 1752 mit Kuratkaplanei, 1843 Pfarrei. Ge­ Am meisten verbreitet ist die we iße Taubnessel Herrschaft Schalksburg , wurde 1403 württem­ hö rte zur Herrschaft Werenwag, mit welcher es mit ihren an den Blattachseln ringförmig ange­ be rgisch. Nach der Reformation kam der Pf arr­ hohenbergisch, 1381 österreichisch und an Lau­ ordneten weißen Lippenblüten. Die Oberlippe sitz von Bu rgfelden hierher. ' benberg, dann Fürstenberg, 1722 an die Ulm v. umschließt Stempel und Staubgefäße, die Un­ Stockenhausen. D. am Schalksbach, 6,4 km Erbach gegeben wurde. , terlippe dient als Landeplatz der bestäubenden Insekten, die als Lohn den Nektar aus der Röh­ sö . v. B. 197 E. w. 6 e. K Fil. v. Dürrwangen. G. Waldstetten, D. am Beutenbach, 4,6 km v. B. re holen. Die Pflanze, die von Mai bis Oktober Wald von 18 ha. 1094 in einer St. Georger Ur­ ca. 575 m, mit P.224 E. Fil von Frommern, 793 in einer St. Galler Urkunde genannt, später zolle­ blüht, kommt im Gebirge bis 2000 Meter vor kunde genannt, zollerisch. 1403württ. und wird bis zu 60 cm hoch. Gradmann unter­ Streichen, D. am Fuß des Hundsrücke n, 6,5 risch, 1403 württ. Gehörte bis 1833 zur Gemein­ de Weilheim, wo Ki. für beide Orte. P. Ziegelwa- scheidet noch die gefleckte, die rote und die km ö. v : B. ca. 699 m, 360 E., w. 1 K, G. Wal d v. 64 sterigelumfassende Taubnessel, die mit ihren ha. Spätgoth. Ki., Fil. v. Zillhausen, früher dem sen, 84 E. '. Weilheim unter Lochen, D. 4,9 km s. v. B., 605 Blattstielen den Stengel umgibt, aber auch rot Burgfelder Sprengel angehörig. Altzollerisch , blüht.Die gelbblühende oder Goldnessel [Gale­ 1403 württ. m, 601 E. w. 4 K Goth. Ki. mit Malereien v. 1703, 1867 verschönert; wahrsch. die 1429 erwähnte 6bdolon l üteum) hat als Unterlippe drei lanzett­ Thailfingen, ev. Pfd. m. M. G. im Schmiech­ Dionysiuskap. Fil. v. Frommern. Kam mit liehe spitze Lappen. Die Blätter aller Arten sind thal, 17,2 km. ö. v. B., 770 m, Postamt, mit Wei­ Schalksburg 1403 an WÜ. 1463 bis zur Reforma­ gestielt, spitz herzförmig und gesägt. Die Blü ­ lerthalmühle und Neuweiler 2433 E., w. 6 K, 18 tion mit Waldstetten eigene Pfarrei. ten der weißen Taubnessel finden in der Volks­ e. Kf, 1 J. G. Wald v. 280 ha. Korsettfabr., Trikot­ heilkunde vielfach Verwendung. Kurt Wedler weberei. Spätgoth. ,Ki., 1777 umgebaut, 1883 '. Winterlingen, ev. Pfd. m. MG. auf der Hardt, ren. Zollerisch, 1403 württ. zwischen Schmiech- und Lauchertthal, 27 km. Thieringen, ev. Pfd. m. M. G. auf de r europäi• sö . v. B., 787 m, Postamt. Mit Riedmühle 2139 E. Herausgegeben von der Heimatkundlichen Vereini­ schen Wasserscheide an den Qu ellen de r Sch li­ w. 8 K, 27 e. Kf. 2 J . Mechan Seidenzwirnerei. gung Balingen. chem und ob.'Beera, 11,9 km s. v. B., 806 m mit Stickerei. Steinbruch. G. Waldv. 479 ha. Darle­ Vorsitzender: Christoph Roller, Balingen, Am Heu­ henskassenverein. Goth. Ki. W. kommt 842 bei berg 14, Telefon 7782. Heidenhof (34 ha.) und Vohenthal 893 E., w. 3 K Redaktion: Robert Kohler, Balingen, G. Wald v. 162 h a. Alte K in spätgoth. und Re­ einer Schenkung an St. Gallen vor, ist hohen­ Königsberger Straße 89,Telefon 6336. nai ssancestil 1595 nach Entwurf v. G. Beer ver­ bergisch mi t Ortsadel 1263, von Graf Heinrich Die Heimatkundlichen Blätter erscheinen jeweils am ändert: Ortsadel, wohl gr. hohenberg. Lehens­ an Eberhard v. Lichtenstein (bei Neufra, Ho­ Monatsende als ständige Beilage des "Zollern-Alb-Ku­ mannen. Das Dorf verkaufte Gr. Heinrich v. henz.) verpfändet; in der Rottweil. Hoheaber- riers". ~.ehe Blätter

Jahrgang 34 30.April 1987 Nr.4 Chorschranke - Ambo ~ Kanzel Eine Entwicklungsgeschichte im plastischen Schaffen - von Kurt Wedler Die Kanzeln unsrer alten Kirchen stammen meist noch aus vorreformatorischer Zeit. Gab es sie immer, oder sind sie erst später entstan­ den? Der Chor der Kirche, das Allerheiligste des Kirchenraumes, war früher durch Chor­ schranken abgegrenzt, wie sie etwa am Geor­ genchor des Bamberger Domes noch heute er­ halten sind. An diesen Chorschranken oder vor diesen war ein Predigtstuhl angebracht, von dem aus für die Laien die Auslegung der Schrift verkündet wurde. Das Sakrament für die Laien wurde am Kreuzaltar erteilt, der vor den Chor­ schranken, bzw. in der Vierung stand. Das Pre­ digerpult, auch Ambo genannt, diente zunächst der Schriftlestung, seit dem 4. Jahrhundert auch der Predigt. Die Chorschranken wurden vom 13. J ahrhun­ dert ab in vielen Kirchen vom Lettner-abgelöst, einem architektonisch und plastisch oft vielge­ staltigen Gebilde, wie es in vielen Kirchen noch erhalten ist: Tübingen, Breisach, Lautenbach u. a. Der lateinische Name .Jectorium" bedeutet Lesepult. Oft war der Lettner sogar als Sänger• tribüne ausgebaut, und er enthielt manchmal davor oder auf der Tribüne zwei Ambonen, ei­ nen für die Epistellesung und den andern für das Evangelium. Es ist uns im Aachener Dom noch der Ambo Heinrichs 11. erhalten, ein kostbar geschmück• tes Kunstwerk aus den Anfängen des 11. Jahr- Bild 3: Bitonto Apulien 1229: ein gebannter Un­ heiliger trägt den Adler.

Im 13.Jahrhundert, also in romanischer Zeit, findet man in Bitonto in Apulien den Übergang vom Ambo zur Kanzel. Kanzelstützen sind Säu• len mit Kapitellen. Der Kanzelkorb ist mit Ro­ setten und Ornamenten geschmückt. Die Sym­ bole der Evangelisten sind zu erkennen, vor al­ lem groß der Adler des Johannes (Bild 3), der das Lesepult stützt und von einem gebannten Unheiligen getragen wird. Die bedeutendsten Kanzeln aus dem 13. Jahrhundert finden wir in Italien. Da ist Pisa mit seinen vielseitigen Kanzeln wohl an erster Stelle zu nennen. Die Künstler sind Nicolo und Giovanni Pisano (1260 - 1312). Pisa war durch seine Seesiege eine reiche Stadt geworden und konnte mit seinem Geld prächtige Bauten er­ richten, so u. a. den Dom, das Baptisterium und den Campanile. Die Kanzel (Bild 4) steht im Baptisterium, sie . ist 1266von Nicolo Pisano vollendet worden. Sie ruht auf Löwen und Heiden. Über den Säulen• Bild 2: Lesepult aus Alpirsbach um 1150 (in kapitellen stehen Propheten und Sybillen, und Freudenstadt). am Kanzelkorb sind Reliefs aus dem Leben Christi angebracht. Das Lesepult wird vom Ad­ hunderts (siehe Bild 1), das in seinen kupfer­ ler (Joh. Ev.) gestützt. vergoldeten Schmuckfeldern sogar sechs EI­ In der Spätgotik (1400 bis etwa 1520) treten­ fenbeinreliefs aus Agypten (5.16. Jh.) enthält heut noch vielfach erhaltene - Kanzeln auf, de­ (rechts und links außen). Ambonen sieht man ren Korb auf einer Stütze ruht, die oft von einer heute wieder in machen alten und vor allem Gestalt getragen wird (Moses, Jonas, Paulus, aber in modernen Kirchen. - Hierher gehört Simon, Engel). Der Kanzelkorb ist manchmal auch das imposante Lesepult aus Alpirsbach bereichert mit den vier Evangelisten oder den (Bild 2) mit den vier Evangelisten aus Holz (um vier Kirchenvätern und zusätzlich mit Maria, 1150), das heute in der Stadtkirche in Freuden­ Christus oder einem bedeutenden Heiligen. Be­ stadt zu sehen ist. Es ist farbig gefaßt und zeigt sonders reich geschmückt ist auch der Schall­ Bild 1: Ambo 1000 - 1024 Heinrichs 11 im Mün• die strenge, aber beeindruckende Gestaltung deckel der Kanzel. Engelsgestalten, Heilige, ster Aachen. jener Zeit. Blumen und Tiere in bunter Vielfalt bereichern Seite 590 Heimatkundlieh e Blätter Balingen April 1987 den Aufbau, und in der Spitze erscheint ein se g­ heraus. Zwischen dem 5. und 7. Tag öffnen die nender En gel, der gute Hirte, Salvator mundi, Jungvögel die Au gen. Ihr Gewicht mißt im Al­ ein Heili ger oder der Patron der Kirche. Bei­ ter von sieben Tagen etwa 15 g und die Körper­ spiele finde n wi r in Balingen, Rottweil (Heilig­ länge beträgt ungefähr 6 cm. Zu dieser Zeit si nd ge ist), Ulm, Stuttgart (Stiftskirche) und in an­ die Jungen auch in der Lage Laute zu unter­ deren Orten. scheiden und auf Warnrufe der Altvögel zu rea­ Noch freier und schwungvoller sind die Kan­ gieren. Die Nestlingszeit dauert 11 bis 14 Tage. zeln der Barock- und Rokokozeit gestaltet. Da Danach verl asse n die Jugen ih r Nest, halten singt es und sc hwingt es, da sind Freude und sich aber noch in Nestnähe auf und werden von Trauer dicht beisammen und bilden doch ein den Altvögeln betreut und gefüttert. Allmählich einheitliches beeindruckendes Werk beachtli­ nehmen die Distanzen im Brutrevier zu . Na ch chen Könnens. Man denke an Weingarten, Ot­ 17 bis 19 Tagen sind die Jungen voll flugfähig tob euren, Rottenbuch, Die Wies und viele ande­ und im Alter von drei bis vier Wochen lösen re Kirchen. In Witzighausen (südöstl. von Ulm) sich die Familienverbände auf. vereinigt die Kanzel symbolisch sogar die vier Auf der Speisekarte der Braunkehlchen ste­ Evangelisten, die vier Kirchenväter, die vier hen Insekten der verschiedensten Stadien. Die Weltteile und die vier Weltrassen. Art des Nahrungserwerbs ist verschieden. Bei niederem Pflanzenwuchs geschieht die Jagd Im Küstengebiet der Nord- und Ostsee ist die durch Abhüpfen des Bodens. In den meisten Kanzel als Bug eines Schiffes dargestellt. Ge­ Fällen erfolgt der Beutefang jedoch von Sitz­ blähte Segel sind der Schalldeckel. Engel berei­ warten aus. In der mit Hecken, Baumgruppen, chern die Takelage. Die Kirche als Schiff in den Feldrainen und Feuchtwiesen durchsetzten Wogen des Weltalls und der Priester als Men­ Landschaft unserer Großeltern war das Braun­ schenfischer mögen zu dieser Gestaltung den kehlchen ein häufiger Singvogel. Alle neueren Anlaß gegeben haben. Sogar im schwäbisch• überregionalen Untersuchungen zeigen jedoch bayrischen Irsee findet man eine solche Kan­ für diese Vogelart starke Abnahmetendenzen. zel. Verantwortlich für den Rückgang sind insbe­ An Wallfahrtskirchen oder -kapellen findet sondere Biotopverluste und Nutzungsänderun• man manchmal sog. Außenkanzeln, z. B. an der gen in der Landwirtschaft: Bevorzugte Lebens­ Galluskirche in Mühlheim an der Donau oder räume sind nämlich reich gegliederte Grün­ an der Annakapelle in Fridingen (Donau). Die­ landflächen. Dazu zählen ebenso nasse mit se Außenkanzeln sind für die Predigten an Bild 4: Sechsseitige Kanzel im Baptisterium Pi­ Baumgruppen durchsetzte Wiesen bis hin zu Wallfahrtstagen gedacht, wenn der Kirchen­ sa, 1266 von Nicolo Pisano vollendet, auf Löwen moorigen Bereichen wie extensiv genutzte raum die Volksmenge nicht mehr zu fassen ver­ und Heiden, Sybillen und Propheten. Relief: Mähwiesen und Weiden mit einem hohen An ­ mag. Lebensgeschichte Christi. teil an Hochstauden. Infolge Mechanisierung und Intensivierung werden Wiesen entwässert, Hecken und Baumgruppen beseitigt. Die Milchquotenregelung führt zum Umbruch der Das Braunkehlchen - ein bedrohter Wiesen - zugunsten der Ackerflächen. Die s geht alles einher mit einem Rückgang an Le­ Wiesenvogel bensräumen. Durch den frühen Mähbeginn werden Eier und Jungvögel vernichtet. Die an­ von Dr. Karl-Eugen Maulbetsch und Helmut Rebstock (Schluß) gegebenen Gründe bedrohen das Braunkehl­ chen auch in unserem Raum. Die folgende Zu­ Die Verhaltensweisen zur Fortpflanzung Lebensstunden bilden die blinden Nestlinge sammenstellung enthält die Mähtermine für (Nestbau, Eiablage) folgen bei später Ankunft ein Knäuel, um den Wärmeverlust gering zu die Heumahd: 1983 - Heumahd ab 28. 5.; 1984- und bei günstigen Witterungsverhältnissen im halten. Außerdem werden sie vom Weibchen Brutrevier schneller aufeinander. Bei schlech- intensiv gehudert. Ab dem zweiten Lebenstag ten Bedingungen kann die Zeitspanne zwi- nehmen sie eine Sitzordnung ein, die auch bei sehen Ankunft und Ei ablage dagegen große anderen Singvögeln als Wärmepyramide be­ Werte annehmen. So erfolgte die Eiablage im kannt ist. Dabei liegen die Köpfe und Hälse Jahre 1983 erst Anfang Juni, also 40 Tage nach dem jeweils gegenübersitzenden Jungvogel dem Eintreffen der Braunkehlchen. Im Jahre auf. Ohne große Energieverluste können so die 1986 wurden die ersten Eier bereits 13 Tage Köpfe gehoben und die Schnäbel gesperrt wer­ nach der Ankunft gelegt. Die Braunkehlchen- den. Diese Anordnung dauert etwa acht Tage. gelege haben eine durchschnittliche Größe von Danach sitzen sie dachziegelartig in Richtung 5 bis 6 mattglänzenden grünlichblauen Eiern. Nesteingang. Die Entwicklung der Nestlinge Diese werden allein vom Weibchen bebrütet. geschieht folgendermaßen: Im Alter von ein bis Das Männchen bewacht die Nestumgebung. drei Tagen sind nur auf Kopf, Nacken und Rük• Die Bebrütungszeit dauert etwa 11 bis 13 Tage. ken Dunenpartien sichtbar. Danach bilden sich Danach schlüpfen die Jungvögel. In den ersten die Anlagen für ein bräunlich-graues Gefieder

Hochstauden dienen dem Braunkehlchen als Jungvogel etwa 6 Tage alt Sitz- und Singwarten April 1987 Heimatkundliehe Blätter Balin gen Seite 591

Heumahd ab 16. 6.; 1985 -H eumahd ab 22. 6.; Die anhaltend schlechten Witterungsverhält• Zu S. 566 vor dem letzten Absatz: Professo r 1986 -Heumahd ab 23. 6. ni sse in den Jahren 1985 und 1986 verzögerten Dr. Ernst Biekert hat sich kürzlich der Presse die Heuernte. Zahlreiche Jungvögel waren be­ gegenüber (ZAK vom 13. September 1986) kri­ In den J ahren 1983 und 1984 wurde mit der reits flügge als die Mahd begann. Mit Nestmar­ tisch zur wirtschaftlichen Entwicklung seiner Heuernte begonnen als viele Braunkehlchen ki erungen und Absprachen läßt sich jedoch der Vaterstadt ge äußert. Daß die Wirtschaftsstruk­ bereits brüteten. Durch Markierungen der Ne­ Bestand auf Dauer nicht stabilisieren. Nur ein tur Ebingens und Albstadts einseiti g ist, daß ster und ihrer Umgebung sowie durch Einzel­ Schutzprogramm im Rahmen einer Extensiv­ man neue Ideen wünschte,"neue Probleme, absprachen mi t Landwirten konnten sehr viele förderung der Landbewirtschaftung könnte Abkehr von der Produktion austausc hbarer Ob­ Bruten vor der Vernichtung bewahrt werden. den Wie senvogel in unserem Raum erhalten. jekte, die auch in Taiwan oder Hongkong oder China hergestellt werden können", - wer wollte dem widersprechen? Man wird auch zu erwä• gen haben, ob bei uns "vielleicht eine Entwick­ Ergänzungen zum Buch .Ebingen ­ lung verschlafen wurde, weil man zu wenig aus dem eigenen Topfrand hinausguckte, weil die Ebinger Fabrikanten als Wirtschaftsfaktoren Geschichte einer WÜrttembergischen Stadt" mit sich selber zufrieden waren und Strömun• von Dr. W. Stettner gen v~n außen gar nicht erst an sich heran, geschweige denn in ihre Firmen hinein ließen". Zu S. 362 nach dem ersten Absatz: Verwunde­ derungen an seiner neu gekauften Wohnung Daß aber der Ubergang von Personal- zu Kapi­ rung hat es bei manchen Ebingern, vor allem aufgeführt: "Theodor Grotz, Nadler, will in sei­ talgesellschaften eine Wende zum Besseren ge ­ bei den Nadlern, ausgelöst, daß ich den Beginn nem dreistöckigen Wohnhaus N. 62 unten in bracht hätte, mag man bezweifeln. Sinnvoll der Nadlerei des Theodor Groz auf das Jahr der Marktstraße in seiner Küche im 111 . Stock, hätte sich das wohl nur zusammen mit.der Ein­ 1851 und nicht erst 1852 angesetzt habe, zumal durch die auch das besondere Kamin von der führung neuer Branchen, etwa der Chemie, in da sowohl die erste Festschrift der Firma vom Küche im 11. Stock gieng, den Kunstherd und großen Betrieben herbeiführen lassen. Vor Jahr 1902 wie auch die umfangreichere von den Ofen abbrechen, denselben auf die andere dem ersten Weltkrieg florierte die Textilindu­ 1952 ihren Anfang für 1852 vorgesehen haben, Seite versezen und zu diesem Zwecke die Wand strie Ebingens und Tailfingens großartig; seit­ Aber Theodor Groz ist nicht, wie in der Fest­ zwischen Wohnstube und Küche zur Feuer­ dem hat sich die Welt gewandelt, und der Wan­ schrift von 1952 zu lesen ist, erst 1852, sondern wand verwenden". Das wird dann im einzelnen del ging mit auf Kosten Ebingens. Nicht be­ spätestens im Frühjahr 1851 heimgekehrt. Da­ erläutert. dacht hat der Professor, der schließlich nur ein für zitiere ich zwei Protokolle: Man kann sich fragen, wieso die Firma schon paar Anregungen geben wollte, die Verkehrs­ 1) Im Ebinger Unterpfandsbuch von 1850-53 in ihrer Festschrift von 1902 und wieder in der ferne unseres Raumes etwa im Gegensatz zu Blatt 37 vom 30. Mai 1851 heißt es: "In Folge von 1952 das Jahr 1852 zum Gründungsjahr ge­ .Mannheim-Ludwigshafen, wo Professor Bie- vorgekommener Kaufverträge wurden heute macht hat. Aufzeichnungen des Theodor Groz kert tätig ist. Wie mühsam und wie teuer ist es, folgende Pfandrechte vorbehältlieh gesetzmä• über seinen Anfang hier waren offenbar nicht auf der Straße oder der Schiene Rohstoffe auf ßig im Unterpfandsbuch eingetragen: 1) bei vorhanden, Nachforschungen in den Urkunds­ die Alb zu schaffen und Fertigprodukte auf den Theodor Grotz, Nadler, ledig, minderjährig, 1 büchern hat man nicht angestellt, man hatte Weg zu den Kunden zu bringen! Besucher aus Pfandrechtsvorbehalt der Johannes Binder, nur den .Albboten" zur Verfügung. In dem ist Europa und erst recht aus Übersee müssen von Kaufmanns, Witwe auf einem halben Wohn­ aber, soweit ich sehe, Theodor Groz für das den Flughäfen in Stuttgart, Zürich oder Frank­ haus im Markt wegen der baar zahlbaren Jahr 1851 nicht erwähnt; erst für 1852 ist die furt weite Strecken auf teilweise unzulängli­

Kaufschillinge ä 2900 - zweitausend neunhun­ Einladung des Theodor Groz und seiner Braut chen Straßen zurücklegen, um nach Albstadt dert Gulden - . Der Pfleger Daniel Grotz, Kauf­ Rösle Rieber für die Hochzeitsfeier am Don­ zu gelangen. Wenn unsere Stadt heutzutage mann hier, hat zu dieser Verpfändung seines nerstag, 29. April 1852 und dann wieder das er­ hinter anderen Wirtschaftsräumen zurück• Bruders, die für denselben nützlich und noth­ ste Inserat, worin er eine große Zahl von Waren bleibt, haben daran die mißlichen geographi­ wendig ist, seine Zustimmung gegeben, auch anpreist, in der Ausgabe vom 4. Dezember '52 schen Gegebenheiten wohl mehr Schuld als hat der Gemeinderat als Vormundschaftsbe­ enthalten. Wahrscheinlich hat Groz mit der Er­ menschliches Versagen. Die Einstellung der h örde, da diese Verpfändung für den Schuldner öffnung seines Ladens gewartet, bis eine Frau Bürger zur Arbeit und zum Nächsten dürfte in wirklich als nützlich und nothwendig erscheint, im Haus war, so daß der Mann nicht immer Ebingen nicht schlechter sein als im Rhein­ hiezu sei ne Einwilligung ertheilt." Der erwähn• wieder von seinem Nadelgeschäft abgelenkt Neckar-Gebiet. te Kaufvertrag muß dem Eintrag im Unter­ wurde. pfandsbuch vorausgegangen sein, allerdings Es paßt zur schwäbischen Bescheidenheit, wohl nur wenige Tage, höchstens Wochen. Bis daß man den Beginn einer Firma lieber zu spät die Wohnung gefunden war, mag vorher schon als zu früh ansetzt; Aufgabe des Historikers ist Wechselhafte Geschichte einige Zeitvergangen sein. es, an Hand der Dokumente den Zeitpunkt von 2) Im Bauschauprotokoll vom 30. August 1851 Ereignissen möglichst genau zu ermitteln und des Balinger Schlosses sind die von Theodor Groz beabsichtigten Än- zu veröffentlichen. Von Hans Schimpf- (4. Folge)

Vom 15. bis ins 18. Jahrhundert war das Ba­ G: Gin ~ . e n, linger Schloß Sitz des württembergischen Obervogts. Zur Stadt hin durch eine hohe Mau­ ~(tdreit::~m~ft{,IUltg+ .. er und einen mehrere Meter tiefen Graben ge­ J;licm it erluube icf) mir, meine ®l1llrellllorr.itfle, b1jMleno in \Jerfdjicbmen sichert, bot es mit seinen heute ebenfalls nicht Ouin ~l1rrerie unb ffiaolmlHlIlren, ale \U&(liijfc, I2l1Jlen 00(1' ~rtir, Qlblenueite, ~'lCf~ mehr vorhandenen Laubengängen einst ein räocf)rn, . !B,trtlJinfd,·· fS einfn ~lJfr, ~einlöffel, ~ifcbveilerre, ~lcd1tiiffd, \Jerfd]iebmcn : völlig anderes Bild. Des Obervogts Haushalt !8led~ro 'l\1rrnn(e; mr äfmtirteUcr, .Raifecbrctter,. lBroo. nnb Dbetför&e,' ihorrrof)rt, umfaßte etwa 30 Personen, die alle in den zwei 6cf)rei&5 m-)c, .6lJ ,uGücHrn, .8uiferi>t>fm u.; ferner ~Ieiitiite, !Börfen, ~üqel unb Gebäuden, Schloß und Reiterhaus, unterge­ ®arnitur.:n. !Eorjirn, !Brieitllfcf)en, !BriUm, -'!'rod] re, ~ig'lrrm (tu :ß, Qiqarrenro~re, bracht waren. Im Erdgeschoß des Schlosses ([oUic;iJ( ~oflic.riii)lie§en , ~orfettau'1en , !:['ojrn in cflm CU .llit,itrn ncn m'l\,ier~, standen zehn Pferde, und in den aus dem 13. ill'lll d)e,. 'J3Ud}6, J?orn unb ffiinbc, mr.lt~iliite in aflen @rL'lien, i\'alaGeine, -~ Iu b en ~ Jahrhundert stammenden Kellergewölben la­ Fd}aef1tdn, ~eberb'llt(r ~ Webermrjfrr unb ffio~tl ~ . ~in~JerQüte, ßingcrrin~c, gerte der Wein. Durch den im Hof plätschern• ~ifd} 'lß:Jdn, ß'if(t)Gdll, @clb&i.irfcn, bnummolleue, leberne IInb [einene, @olbprrlflt, den "Schloßbrunnen" waren die Gebäude auch @runntm, @riifeT, fj!ürteT, dlljlifiQ un'o Iebcrrt, @ürtclfmnllfIrn, {la.arroicfler, .f.1aQr~ mit Wasser versorgt. Der letzte Obervogt, Hein­ tiürilcn; ~ a ,trn l1 b r!n, ~ .Helnllbdn, J;l llftm in allen 6orten, {lnrmonif(l'il, ~ofm~ ~ o fen tr ,i n e rf ;lm .t U en. J;lnt ~ultef, ~lfenbein, .Ra~ rich Reinhard Baron von Röder, zog 1735 bei triiger unb .R.imme non .Qorn unb der Aufhebung der Obervogteien aus. Nach zä• fienfmr>1uhn, ~in bcrt llf~cn, ~nicbön'oef, .ltnö~ie in aUen eortm unb DualItöten, ncn UndlllT, .porn, ~crlmuttcr, ~~flin ~l, ~ine~lt ; '~öifel llon !Jleu­ hen Verhandlungen kauften 1753 schließlich nIGer u.nb lBrit,lIli.l, 9Jlu 'll~jt libe, ~ll1utdf,tlt·tien, 9JlunbilJi~en, llaef)t!icf'ter, %lbeln, zwei Balinger Bürger die Gebäude. Sie beab­ 91abdGucb6 '~m unb Citlli~ , lJ1.iliirbraulien, D(,(,lten. ~feiimfölJfe nori ~olA unb mor. sichtigten darin eine Wirtschaft mit Brauerei Actrnn, ~feifenro-bfc urtb SUieifenGeid)l.igr, minfer, ~l.mcbrtte,l ' ffil1firmejfer,. ffi'lfirfvic~ einzurichten. gel, lJhfir\lle, ffiei6~eu'3e, CSQma(nabr!u, 6;(lerren, 6rf;lirirr!'lfcln, e~lüifcl~afC1l unb ffiinM; E~lhl!!cn, 6d1ndhcrm(laije, € (~ur jfrb(irfien, e~ujieril!mecfe,. 6.b,mielen, jeine € cif(n, 1S ~ lI i( ö fid, 6o ~ lrnjllftc,

für Heimatschutz --: denen der Zustand dieses timatum, daß innerha lb von zwei Monaten das Wahrzeichens der Stadt schon lange ein Dorn Schloß entweder abgesichert ode r abgerissen im Auge war - die Initiative und forderten die sein müsse . Nach de r Me inung einiger Gemein­ Stadt auf, Schloß und Reiterhaus zu kaufen. deräte wäre es zwar auch in hundert J ahren Deren Reaktion darauf: "Die Stadtgemeinde ist noch nicht eingestürzt, aber was nützte es, man zur Zeit mit anderen dringendsten Aufgaben mußte handeln. finanziell so in Anspruch genommen, daß sie Als erstes mußte ein guter Bausachverstän­ alle nicht absolut notwendigen Ausgaben zu­ diger her, der nicht für Abriß plädieren würde. rückstellen muß". Dieser war im Leiter des Städtischen Ho chbau­ Sicher steht es uns heute nicht zu , über diese amtes Esslingen auch bald gefunden. Erwar­ Entscheidung des Balinger Gemeinderats zu tungsgemäß kam er zu dem Schluß, daß kein urteilen, zumal da keine zehn Jahre später, im Grund bestehe, das Gebäude sofort abz ureißen ; April 1920, die Stadt die Gebäude dann schließ• eine Absicherung gegenden weiteren Verfall lich doch kaufte. Im Gemeinderatsprotokoll sei wesentlich billiger und man habe damit Zeit wurde dazu festgehalten. "Das Wirtschaftsan- . gewonnen, um herauszufinden, was weiter da­ wesen ,zu Schloß' stand zum Verkauf. Es lag die mit geschehen solle. Die hiesigen zwei Herren Befürchtung nahe, daß beim Übergang in ande­ Oberamtsbaumeister - sie hatten dringend re Hände, die zum Anwesen gehörende alte zum Abriß geraten - waren freilich vor den Scheuer, ein ehemaliges Hohenzollernschloß, Kopf gestoßen. Ihren Humor verloren sie dar­ später Obervogtei, zum Abbruch kommen und über aber nicht; ihr Kommentar dazu: "Wenn die Stadt hiedurch um ein historisch interes­ ich zu vielen Ärzten gehe, werde ich schließlich santes Gebäude und um eine Sehenswürdigkeit auch einen finden, der mir den Alkohol er- .ärmer werden könnte. Um dies zu verhindern, laubt". .- Eine Stadt hielt sich an die Empfehlung de s Restaurant Schloß, etwa 1910. hat die Stadtgemeinde das ganze Anwesen für den Preis von 65000 Mark erworben". Esslinger Stadtbaumeisters, investi erte zwei­ Foto: Stadtarchiv Balingen einhalbtausend Mark und hoffte, daß das Natürlich hatten die Stadtväter damit auch Schloß nun ein paar Jahrzehnte so stehen blei­ bereits Pläne: Im Schloß sollte die Gewerbe­ ben könne. ren Stand gesetzt werden sollte, solches von schule und eine Wohnung untergebracht wer­ (Fortsetzung folgt) Grund auf neu aufgeführt werden müßte". den. Nach Sachverständigenmeinung war es zu Schulzwecken jedoch nicht geeignet. So verleg­ Den Käufern war der Zustand aber gut ge­ te man sich eben darauf, drei bis vier Wohnun­ Wildes Stiefmütterchen nug. 160 Jahre lang wurde das Schloß nun nur gen für kinderreiche Familien einzurichten. noch als Stall und Scheuer genutzt. Im Gebäu• Viola Tricolor ' dekataster von 1860 lautet daher auch der Ein­ Die Jahre vergingen, doch es geschah nichts. trag: "Gebäude Nr. 119 - Eine Scheuer mit Stal­ Es ist ja auch begreiflich warum: Aus Angst vor lungen und gewölbtem Keller, das vorm alige zu hohen Kosten getraute man sich nicht, an Alte Schloß". 1900 wird es schlicht als ,,3stocki­ das alte Gemäuer Hand anzulegen. Beim Rei­ ges Okono mi egebäude" bezeichnet. Freilich terhaus hingegen wurden bereits 1921/22 zwei machte ein e so lche Art der Nutzung dem alten Wohnungen eingebaut und der alte Wirtshaus­ Ge m äuer volle nds den Garaus. Das unbedachte saal zur Jugendherberge umfunktioniert. Was Herausreißen tragender Stützen und Mauern sollte nun aber aus dem Schloß werden? im Innern ve rsetzte ihm schließlich den To­ desstoß. Einsturzgefahr! Im Reiterhaus waren eine Brauerei, die Wirt­ Genauere Untersuchungen führten bald zu schaft, Gästezimmer und eine Wohnung einge­ der Überzeugung, daß es nicht mehr zu renovie­ richtet. 1858 wurde die rechts neben dem ren und auszubauen sei. Fast alles, so meinte Schloß stehende Metzig abgebrochen und dort einer der Gemeinderäte, was in der Bevölke• ein zweistöckiges Bräuhaus errichtet, es stand rung über starke und feste Mauern, schönes jedoch nur bis 1911: und gesundes Holz, hohe gewölbte Keller usw. erzählt werde, sei leider ein Märchen. Das Die Stadt ist gefordert Schloß war der Stadt inzwischen zu allem ande­ ren als zu einem Märchenschloß geworden, Im selben Jahr, nach dem Tode des damali­ denn es drohte einzustürzen. gen Eigentümers, Ochsenwirt Ruoff, wollte die Witwe das Anwesen zur Versteigerung bringen. Im April 1925 war es soweit: die Baupolizei Sofort ergriffen das Denkmalamt und der Bund konnte nicht weiter zusehen und stellte das Ul-

Auf Äckern, mageren Wiesen, im Ödland und an Waldrändern kommt das wilde Stiefmütter• chen vor und blüht von April bis Oktober. Sein lateinischer Name "tricolor" kommt von der Dreifarbigkeit der Blüte: meist violett über gelb bis weiß, aber auch schwarz bis rot, rosa oder orange. Es ist ein ein- oder zweijähriges Pflänz­ chen, das bis zu 30 cm hoch werden kann. Die etwas sperrigen Stengel tragen bis zu 10 cm lange, herzförmige, oben leicht gekerbte Blät• ter. An ihren Blattwurzeln, wo auch die Blüten• stengel herauswachsen, sprießen immer aus den Knoten, die dem krautigen Stengel Halt geben, Büschel schmaler Blättchen hervor. Für Sträuße ist die Blüte nicht geeignet, aber sie erfreut den Blumenfreund durch ihre lebendige Farbzusammenstellung. Die oberen vier Kro­ nenblätter sind aufwärts gerichtet, die zwei leb­ hafter gezeichneten stehen nach unten. Die Kelchblätter sind zugespitzt. Kurt Wedler

Herausgegeben von der Heimatkundlichen Vereini­ gung Balingen. Vorsitzender: Christoph Roller, Balingen , Am Heu­ berg 14,Telefon 77 82. Redaktion: Robert Kohler, Balingen, Kön igsb erger Straße 89, Telefon 6336. Die He im atk undlichen Blätter erscheinen jeweils am Monatsende als ständige Beilage de s "Zollern-Alb-Ku­ Das Schloß von der Oberen Torbrücke aus, etwa 1910. Foto: Stadtarchiv Balingen riers", idliche Blätter

Jahrgang 34 31. Mai 1987 Nr.5 Figürlicher Schmuck in der Balinger Stadtkirche von Eugen Gröner, Bulingen In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts ist in der Architektur unserer Kirchen ein großer Umschwung zu verzeichnen. War bisher-das Dämonische vorherrschend, Wasserspender oder Gewölbeträger in fantastischen Formen, so kamen nun andere Formen auf. Apostel, Propheten, Kirchenlehrer, Könige traten an die Stelle der mittelalterlichen Fratzen. Um 1460 setzte diese Entwicklung ein, sie dauerte bis etwa 1530. Wegbereiter dieser neuen Auffassung waren die als "Uracher Schule" bekannt gewordene Gruppe von Meistern um Peter von Koblenz. Zu ihnen gehörte wahrscheinlich auch Meister Franz aus Tübingen, der ab 1510 die Balinger Stadtkirche neu gestaltet hat. Eine große Zahl von Kirchen, hauptsächlich zwischen der Schwäbischen Alb und dem Neckartal, wurde mit diesen Zierformen ausgestaltet. Die Balinger Stadtkirche ist ein Musterbei- Wallfahrtkirche Santiago de Compostela er­ spiel dieses Umschwungs. Während im Chor baut, die im Mittelalter Ziel unzähliger Pilger (1443 bis ca. 1470) noch Dämonen in menschli- wurde. Er ist dargestellt im Mantel, Pilgerhut cher Gestalt als Gewölbeträger eingesetzt sind, und Pilgerstab, in der linken Hand trägt er eine sind im Langhaus als Konsolfiguren Brustbil- Muschel. der de r zwölf Apostel (Außenpfeiler) und zwölf Thomas. Er ist der Zweifler, den der.Aufer­ alttestamentlicher Könige (Innenpfeiler) dar- standene acht Tage später auffordert: "reiche gestellt. Uber den Aposteln sind verschieden deine Hand und lege sie in meine Seite". Nach geformte Baldachine angebracht, über den Kö- der Legende wird er von Lanzen durchbohrt. Er nigen Tartschen. An den vier Ecken hat Mei- ist deshalb dargestellt mit zweifelndem Ge: ster Franz, der ab 1510 das Langhaus der Kir- sieht, in der rechten Hand trägt er eine Lanze. che umbaute, die Bilder der vier Evangelisten Philippus. Der von Christus zur Nachfolge angebracht. Die Apostelreihe beginnt am Süd- Aufgeforderte (Joh. 1,43 - 46) hat auf dem Weg ostpfeiler mit nach Gaza den Kämmerer aus dem Mohren- Petrus, dem nach Matth. 16/19 des Himmel- land bekehrt (Verstehest du auch, was du lie­ reiches Schlüssel übergeben wurden. Er hat sest). Er gilt als Begründer des äthiopischen deshalb den Schlüssel als Attribut. Christentums. Nach der Legende wird er in Andreas ist dargestellt mit dem "Gabel- Hierapolis von Heiden ergriffen und gekreu­ kreuz", da er nach der Legende vom Statthalter zigt. Als Attribut ist ihm deshalb das Kreuz bei­ Egea von Patras an ein solches Kreuz gebun- gegeben. den und zu qualvollem Tod verurteilt wurde. Jakobus der Jüngere ist nach dem Tode J ako- Johannes. Nach der Legende wird ihm ein bus des Alteren Haupt der Gemeinde in Jerusa­ Gift becher gereicht, den er austrinken soll. Das lern. Er soll von der Zinne des Tempels seinen Gift entweicht in Gestalt einer Schlange. Der Glauben widerrufen und wird, als er dies ab­ Meister hat diesen Vorgang dargestellt. lehnt auf Anstiften des Hohepriesters Hannas Jakobus der Ältere. Er predigte nach der Le- mit einer Walkerstange erschlagen. Die Wal­ gende in Spanien, wo seine Gebeine gefunden kerstange ist deshalb sein Attribut. werden. Über seinem Grab wird die berühmte Bartholomäus. Er wird aus dem Kreise der .Johannes-Jünger am Jordan von Philippus mit .seinern israelitischen Namen Nathanael zu Christus gerufen (Was kann von Nazareth Gu­ tes kommen). Christus erkennt ihn als den, der unter dem Feigenbaum saß. Er hat später in Armenien, .Mesopotamien und Indien gepre­ digt. Er wird erschlagen und mit einem Reb­ messer wird ihm die Haut abgezogen, deshalb erhält er als Attribut das Rebmesser, das ihn Thomas und Judas Thaddäus, zwei Figuren der zugleich als Patron der Weingärtner ausweist. Apostelreihe an den Außenpfeilern des Lang­ Si mon mit dem Beinamen Zelotes (Eiferer). hauses der Kirche. Die Legende führt ihn zusam men mit Judas Thaddäus nach Persien, wo beide das Martyri- wegen seines Predigens vom Hohen Rat zum um durch Enthauptung erleiden. Später wurde Tod verurteilt und mit einem Beil erschlagen. ihm als Attribut die Säge beigegeben, so ist er Er hat deshalb als Attribut das Beil erhalten.' auch in Balingen mi t der Säge dargestellt. Die Reihe der Könige an der inneren Pfeilerrei- Matthäus. Nach Matth. 9,9 wird er von Jesus he beginnt mit vom Zolltisch..weg als Jünger berufen. Später Sa ul, dem ersten König von Israel. Von zieht er nach Athiopien, um das Evangelium zu Samuel gesalbt, regierte er von 1032 bis 1012 v. verkündigen und wird dort vom Bruder des Kö- Chr. sein eigenmächtiges Vergehen gegen die nigs von rückwärts mit dem Schwert durch- " Gebote des Herrn führte zu seiner Verwerfung. bohrt. Er hat deshalb als Attribut das Schwert. Er stürzt sich in sein eigenes Schwert und Judas Thaddäus. ·Als Simon und Juda am macht Platz für gleichen Tagvere~rt(28. Oktober) und als Letz- David, der von 1012 bis 972 also 40 Jahre ter der Apos ~elr e l he genannt, ::rurde er..nach regierte. Sein Attribut ist die narfe, die Königs• de r Legende m Babyion von erzurnten Gotzen- krone trägt er als Zeichen seiner .Herrschaft. Matthäus als Evangelist, darge ste llt mit dem pr~ estern mit ei!1er K~ule erschlagen. Die Keu- Von seinem bewegten Leben, seinen Kämpfen Engel als Attribut, der ei n aufgeschlagenes le ist de shalb sem Attribut, mit den Philistern und mit Goliath ist in der Buch in den Händen hält. Die vier Evangelisten Matthias. Nach Apg 1/26 wurde er von den Darstellung nichts zu spüren. sind an den vier Ecken des Langhauses der Kir­ Aposteln an Stelle des Judas Ischarioth zum Salomon, der Sohn Davids ist am nächsten che dargestellt. Apostel gewählt. Er wirkt in Judäa urid wird Pfeiler dargestellt. Er regierte von 972-932 v. Seite 594 Heimatkundliehe Blätter Balingen , Mai 1987

Chr. Seine Weisheit ist sprichwörtlich. Unter und Micha. Von ihm wird berichtet, daß er nicht ihm wurde der erste Tempel in Jerusalem ge­ getan habe, was dem Herrn seinem Gott wohl baut, in der Hand trägt er ein Papier, wahr­ gefiel. Er führte Krieg gegen die Syrer und rief scheinlich den Plan des Tempels, auf den er mit Thiglat-Pileser, den König von.Assyrien zu Hil­ dem Zeigefinger zeigt. Auch er trägt als Zei­ fe und führte den Götzendienstwieder ein. chen seiner Herrschaft die Königskrone. Achab oder Ahab war König von Israel von .Nach Salomons Tod wurde das Reich aufge­ 875 bis 850, er war der große Gegenspieler des teilt in die Königreiche Juda und Israel. Erster Propheten Elia. Das Gottesurteil auf dem Beg König von Juda wurde Rehabeam oder Robo­ Karmel fällt in seine Regierungszeit. am, der Sohn Salomons, der am nächsten Pfei­ Josias war König in Juda von 639 bis 609 vor ler dargestellt ist, Er regierte von 932-916. Si­ Chr., zur Zeit des Propheten Jeremia. Er tat, sak, der König von Ägypten, besiegte ihn und was dem Herrn wohl gefiel und rottete den Göt• raubte den Tempel zu Jerusalem aus. zendienst aus. "Er tat weg alle Greuel aus allen Aboam oder Abiamwurde König in Juda. Er Landen." Solange Josias lebte, wichen sie nicht war der Sohn Rehabeams, regierte aber nur von dem Herrn, ihrer Väter Gott!" von 916-914. Er führte Krieg gegen Jerobeam Ezechias oder Hiskia war König in Juda von und besiegte ihn. 719 bis 691 v. Chr. Auch er tat, was dem Herrn Jasovat oder Josaphat, der Enkel Aboams, wohl gefiel und stellte den rechten Gottesdienst war König in Juda von 874-850. Er war ein wieder her. Er führte das Passahfest wieder streitbarer Mann.und führte Krieg gegen Sy­ ein. rien, die Moabiter und Ammoniter. Aber er Zacharias oder Sacharja war nur ein halbes wandelte in den Wegen seines Vaters David. Jahr, 743 v. Chr. König in Israel. Er wurde we­ Soweit ist (auf der Südseite) die Reihe der gen seines üblen Lebenswandels von seinem Nachkommen des Königs David dargestellt. Nachfolger Sollum erschlagen. Auf der Nordseite wird die Sache schwieriger: Zedechias oder Zedekia war König in Juda Hier ist die Königsreihe etwas durcheinander­ von 597 bis 587 zur Zeit des Propheten Hesekiel. gekommen, auch werden nicht nur Könige Ju­ Er tat, was dem Herrn übel gefiel. Nebukadne­ das dargestellt, sondern auch Könige Israels, zar belagerte J erusalem und zerstörte es. Zede­ die teilweise einen üblen Ruf haben. kia wurde geblendet und in die babylonische Die Reihe beginnt auf der Nordseite mit Gefangenschaft abgeführt. Mit ihm ist die Rei­ Achas oder Ahas. Er war König in Juda von 734 he der alttestamentlichen Könige abgeschlos­ bis 719 v. Chr. zur Zeit der Propheten Jesaja sen. Auffallend ist, daß die alttestamentlichen Fi­ guren alle mit Kopfbedeckung dargestellt sind, während die Apostel (mit Ausnahme Jakobus des Alteren, bei dem der Pilgerhut Attribut ist) barhäuptig dargestellt sind. Den Juden ist ja bis heute das Betreten der Synagoge nur mit Kopfbedeckung erlaubt. An der Ost- und Westwand des Langhauses der Kirche sind die Bilder der vier Evangelisten angebracht, an der Ostwand Matthäus mit dem Engel und Johannes mit dem Adler, an der Westwand Markus mit dem Löwen und Lukas mit dem Stier. Die Figur des Johannes trägt die Jahreszahl 1457 in arabischen Ziffern. Sie ist als rund 55 Jahre älter als die Bilder der Apo­ stel und der Könige. Für Matthäus dürfte dies auch zutreffen. Diese beiden Figuren sind also Jahrzehnte vor dem Bau des Langhauses ent­ standen und noch von dem Meister des Chores. Noch ganz dem Mittelalter verpflichtet sind die Die ist m. E. ein eindeutiger Beweis dafür, daß Konsolfiguren im Chor der Balinger Stadtkir­ Meister Franz ab 1510 das Langhaus nicht neu che, furchterregende Gestalten, die als Gewöl­ baute, sondern die alte Kirche umbaute, Die beträger dienen. Unsere Bilder zeigen zwei der Ostwand des Langhauses ist mit dem Chor und insgesamt sechs Fratzen. Turmbau hochgeführt worden, was auch tech­ Josias, einer der zwölf alttestamentlichen Kö• nisch bedingt war. Dagegen sind die Figuren nige, die an den Innenpfeilern des Langhauses des Markus und Lukas, erst beim Umbau des auch gleich die weiteren Auftragnehmer ge­ der Kirche dargestellt sind. . Langhauses eingesetztworden. nannt werden. Als im Mai 1910 die Hochbauten vergeben wurden, erhielten die Fa. Böhler (Oberboihingen) den Bahnhof Endingen und die Fa. Waldmann (Geislingen) die übrigen drei Bahnhöfe zugeteilt. Die Verlegung des Ober­ Der Bau der Bahnlinie Balingen - Schömberg baues übertrug man im Juli bzw. November von Guido Motika 1910 den Firmen Bolz (Erzingen) und Lutz (Plo­ chingen). In der Ausgabe Oktober 1986 der "Heimat­ geben. Ursprünglich sollte das Gleis einen Im Oktober 1909 begannen in Balingen die kundliehen Blätter" wurde die langwierige Halbbogen über dem Bontalbach zum Gewin­ eigentlichen Bauarbeiten. . Zunächst galt es, Vorgeschichte dieser Nebenbahn ausführlich nen von Höhe beschreiben. Diese Lösung wäre westlich parallel zum Gleis der Zollernbahn an dargestellt. Heute folgt ein Bericht über die aber zu teuer gewesen. Jetzt konnte die erste der "Sichel" den Einschnitt auszuweiten, um Baujahre von 1908 bis zur Inbetriebnahme der Ausschreibung erfolgen, Die Strecke war in fol­ Platz für das Nebenbahngleis zu schaffen. Ne­ jetzt 75 Jahre alten Strecke im Herbst 1911. gende drei Baulose für den Unterbau eingeteilt: ben dem Abbruch mehrerer Häuser und der Für den Bau dieses ersten Abschnittes der Los 1 Aufgabe einer größeren Anzahl von Gärten wa­ später.bis Rottweil fortgeführten Bahn wurde Bahnhof Balingen bis Bahnhof Erzingen 4,8 km ren umfangreiche Ausschachtungsarbeiten am 1. 4. 1908 die "Königliche Eisenbahn-Bau­ Los 2 vorzunehmen. Der bisherige Feldweg-Bahn­ seetion Balingen" eingerichtet, die bis zum 30. von dort bis Bahnhof Dotternhausen-Dormet­ übergang in Verlängerung der Schmidstraß 6, 1913 bestand und dann nach Rottweil verlegt tingen 3,9 km wurde aufgehoben. Immer wieder waren Fels­ wurde. Ihr Leiter war Abteilungsingenieur Los3 sprengungen erforderlich, für die die Fa. Witze­ Hahn. Die Dienststelle war mietweise unterge­ von dort bis BahnhofSchömberg 4,6 km mann aus Engstlatt verantwortlich zeichnete. bracht im Neubau der Fa. Gebr. Schweizer bei Für das Los 1 erhielt im September die Un- Auf der Trasse waren Feldbahngleise verlegt, der Katholischen Kirche. Die 12,9 km lange .ternehmung Caretta & Bulfoni (Bietigheim) auf welchen ein Lokomotivchen mit Loren ver­ Strecke war als normalspurige Nebenbahn den Zuschlag, Sie hatte in Balingen eine örtli• kehrte. Dank günstiger Witterung konnte bis in nach den Grundsätzen der Eisenbahn-Bau- und che Niederlassung eingerichtet und beschäftig• den Winter hinein gearbeitet werden. Dann Betriebsordnung von 1904 zu erbauen. Erste te neben einheimischen Arbeitskräften auch machte man Pause bis zum März 1910. Aufgaben waren die genaue Vermessung der Ausländer. Die Ausschreibungen für die Lose 2 Für den Bahnbau wurden nun immer wieder Trasse und das Anfertigen der Baupläne. Diese und 3 folgten im November 1909 bzw. März einheimische Arbeiter gesucht, aber auch Arbeiten zogen sich von April 1908 bis zum Juli 1910. Sie gingen an die Fa. Masiero in Truchtel­ SchlafsteIlen für die von auswärts ge komme­ 1909 hin, als die Pläne auf den Rathäusern von fingen (Los 2) und die Stuttgarter Firma Mehl nen. Das Rathaus Balingen übernahm zeitwei­ Balingen bis Schömberg zur Einsichtnahme & Schell (Los 3). Der Bau des Schlichemviaduk­ se die Wohnungsvermittlung. Am 22. 4. 1910 ausgelegt wurden. Die Planfeststellung war im tes, der nach dem neuesten Entwurf eine Länge kam es in Dotternhausen zu Lohnstreitigkeiten August 1909 abgeschlossen. Gegenüber dem er­ von 76 m und eine Höhe von 19 m erhalten zwischen italienischen Arbeitern und ihrem sten Trassenentwurf vorn April 1908 hatte sich sollte, wurde der Fa. Wayss & Freytag, eben­ Unternehmer, die letztlich zur Abreise einiger oberhalb von Erzingen noch eine Änderung er- falls aus Stuttgart, übertragen. Hier sollen Italiener führten. Mai 1987 Heimatkundliehe Blätter Balingen Seite 595

Vom Frühjahr bis Spätherbst 1910 liefen die bühl eine Tiefe von 8 m. Der Oberbau der Bahn den. Die Staatsbahn hatte zuächst die Ausga­ Arbeiten an vielen Stellen auf Hochtouren. besteht aus 12 m langen Schienen mit einem ben für die Befriedigung der Grundeigentümer Hier einige Einzeldaten über den Baufort­ Gewicht von 33,8 kg/Meter auf 16 imprägnier• vorgeschossen. Die Stadtpflege Balingen war schritt. Außerhalb des Sicheleinschnittes war . ten forchenen Schwellen auf den Schienenstoß. vertraglich verpflichtet, als Sammelkasse auf­ der Unterbau im Juni bis Endingen fertigge­ In den scharfen Krümmungen ist der Oberbau zutreten, die Einzelposten einzuziehen und die­ stellt. Im August versetzte man den eisernen durch Vermehrung der Schwellenzahl und se an die Staatsbahn abzuliefern. Die Zahlun­ Fußgängersteg zur heutigen Behrstraße auf durch Verwendung von buchenen Schwellen gen erfolgten erst nach ständigen Mahnungen neuen, ausgeweiteten Fundamenten um 3 m verstärkt worden. Zur Bahnbettung .wurde der Bahnverwaltung in mehreren Raten bis nach Süden. Während z. B. im gleichen Monat Kies aus Waldsee und Mengen in Arbeitszügen 1916. 1919 bestätigte man die Gesamtabrech­ das Bahnhofsgebäude Schömberg im Rohbau herangeführt. Die Hochbauten der Nebenbahn nung in allgemeinem Einvernehmen. Hiernach vollendet war, konnten im September bei Er­ sind einfach gehalten. Die Verwaltungsgebäu• waren bezahltworden von: zingen bereits Gleise verlegt werden. Der Schli­ de sind massiv gebaut, die Farbe des Verputzes Balingen 123366,99 Mark chemviadukt war im Herbst mitten im Bau. Ge­ über den aus Hausteinen der Gegend herge­ Endingen ·19801,14 Mark gen die Jahreswende lagen auch im Bahnhof stellten Sockelgemäuer ist der Farbe der Steine Erzingen 16423,33 Mark Schömberg schon Gleise. Dort war übrigens am angepaßt. Die sonstigen Gebäude sind aus Dotternhausen 24059,01 Mark 21. 9. 1910 in 50 cm Tiefe ein Sarg mit einem Fachwerk ausgeführt und teils ausgeriegelt Dormettingen 12055,43 Mark guterhaltenen Skelett zu Tage gefördert wor­ und verputzt, teils mit Holztäferung verseh­ Schömberg 124373,41 Mark den. Die polizeilichen Ermittlungen deuteten en..." "Die Kosten der Nebenbahn ausschließ• Täbingen 4000,00 Mark auf ein im Jahre 1852 verübtes Verbrechen hin. lich der Bahnhoferweiterung Balingen, ohne Ratshausen 4000,00 Mark Eine besondere Situation ergab sich unmit­ die Betriebsmittel und ohne die von der Ge­ Dautmergen 2000,00 Mark telbar hinter dem Bahnhof Endingen. Hier meinde übernommene Grunderwerbung, be­ Oberamt Balingen 25000,00 Mark kreuzte eine Materialseilbahn zwischen dem tragen 1950000 Mark, auf das Kilometer also Zementwerk Balingen und dem Steinbruch auf 152000 Mark. - Die Bahn wurde unter der Ober­ zusammen 355079,31 Mark dem Plettenberg schräg die Trasse. Die Bahn­ leitung des Oberbauraths von Schmoller durch Anzufügen ist noch, daß Hausen a. T., entge­ verwaltung bestand zum Schutz des Zugver­ die Eisenbahnbausektion Balingen (Vorstand gen seiner ursprünglichen Zusage, die Zahlung kehrs auf der Errichtung einer eisernen Fang­ Eisenbahnbauinspektor Hahn) erbaut." von 2000 Mark verweigerte, weil der Schömber• brücke von 22 m Länge und 3,5 m Breite. Weil ger Bahnhof nicht unmittelbar an der Abzwei­ das Zementwerk die Bezahlung, rechtlich fun­ Zum Abschluß dieses Berichts über den Bau gung der Straße nach Ratshausen - Hausen diert, ablehnte, mußten die Gemeinden die Ko­ des 1. Abschnittes der Nebenbahn sollen noch angelegt worden war. Es ist offensichtlich, daß sten in Höhe von 5768 Mark im Rahmen des die von den einzelnen Gemeinden geleisteten diese Begründung vorgeschoben wurde, um der Grunderwerbsvertrages übernehmen. Der Bau Beiträge für den Grunderwerb aufgeführt wer- armen Gemeinde den Beitrag zu ersparen. der Brücke erfolgte im Juni 1911 durch die K öl­ ner Fa. Pohlig, die auch drei Jahre zuvor die Seilbahn geliefert hatte. Von Ende April 1911 liegt wieder ein Bericht Liegenschaftskataster über den Baufortschritt vor. Der gesamte Un­ terbau und der Viadukt waren so gut wie fertig, von Rudolf George ebenso alle Hochbauten im Rohau. Um diese Unter Kataster versteht man ein Verzeich­ württembergischen Landrecht vom Jahre 1555 Zeit wurde die 3. und letzte Rate in Höhe von nis, unter Liegenschaft den Grundbesitz. Lie­ wird bereits das Untergangsgericht als ein be­ 645000 Mark im Landtag beantragt und am 20. genschaftskataster ist demzufolge soviel wie stehendes Organ erwähnt, dem das Setzen und 7. 1911 genehmigt. Eine Kostenüberschreitung ein Grundstücksverzeichnis. Es ist ein Eigen­ Überwachen der Grenzmarken sowie deren war nicht zu befürchten und trat auch nicht ein. tums- und Steuerkataster, in dem vor allem die Verzeugung übertragen war. Schon auf dem Bei den Tiefbauarbeiten waren übrigens Flurstücke und Gebäude; daneben auch das Landtag von 1624 betrieb der Herzog von Würt• zahlreiche Fossilienfunde gemacht worden. Wohnungs-, Teil- und Stockwerkseigentum so­ temberg die Einrichtung eines Katasters zur Ein Bauführer sandte im August eine ganze wie das Erbbaurecht nachgewiesen und be­ Verbesserung des Steuersystems. Schon da­ . Kiste Versteinerungen, darunter Saurierwir­ schrieben wird, wie es die Bedürfnisse des mals sind die Ziele erkennbar, die noch heute bel, an die Königliche Naturaliensammlung in Rechtsverkehrs, der Verwaltung, der Planung, typisch für das Liegenschaftskataster sind; Stuttgart.. der Bodenordnung (Flurbereinigung, Bau­ nämlich die Abmarkung der Grenzen zur Ver­ Inzwischen war längst die Entscheidung für landumlegung), der Wirtschaft, der Statistik meidung von Grenzstreitigkeiten und die Füh• den zusätzlichen Haltepunkt "Balingen Süd" und für den landwirtschaftlichen nutzbaren rung von Grundstücksregistern zur Erfüllung gefallen. Bei einer Besprechung interessierter Boden die Bedürfnisse ·der steuerlichen Be­ öffentlicherAufgaben. Kreise mit Staatsbahndirektor v. Leo im Balin­ wertung erfordern. Die Katasterkarten bilden Bereits im 17. und 18. Jahrhundert wurden ger Rathaus am 26. 7. 1911, als der künftige die Grundlage für die Bearbeitung der topo­ im früheren Baden und Württemberg große An­ Fahrplan bekanntgegeben und gutgeheißen graphischen Kartenwerke. strengungen zur Anlage und Erhebung von Ka­ wurde, fand auch dies noch einmal Bestäti- Das Liegenschaftskataster zählt zu den öf• tastern unternommen. Der dauerhafte Erfolg gung. . fentlichen Einrichtungen, die den Bürger über blieb diesen Unternehmungen aber versagt, Nun rückte der Eröffnungstermin immer nä• die Lage der Flurstücke, deren Flächengröße weil keine zusammenhängende, systematisch her. Er war auf Dienstag, den 24. 10. 1911, fest­ und auch andere tatsächliche Angaben infor­ aufgebaute Katastervermessung zugrunde ge­ gesetzt. Den Abschluß der Bauarbeiten kenn­ miert; wenn auch deren Einsicht nur be­ legt wurde. zeichnete die Fahrt eines Übernahme-Dienst• schränkt gestattet ist. Es dient der Ordnung Die Katastervermessungen und Kataster­ zuges am 23. Oktober, durch den die B üroein• und dem Schutz des Grundeigentums. karten sind auf die Dreiecksnetze der Landes­ richtungen, Geräte, Betriebsstoffe und das Um­ Die ersten bekannten Güterverzeichnisse vermessung gegründet. Die württembergische zugsgut der Bediensteten auf die neuen Bahn­ stammen aus dem 8. Jahrhundert. Im ersten Landesvermessung dauerte von 1818 bis 1840 höfe verteilt wurden. Am folgenden Tag wurde und wurde anschließend in den Hohenzolleri­ die Inbetriebnahme der Bahn unter reger Be­ sehen Landen fortgesetzt und dort 1863 been­ teiligung der Öffentlichkeit in allen Orten an det. An die Dreiecksnetze wurde die Vermes­ der Strecke gebührend gefeiert. Hier seien · sung der Parzellen angeschlossen. Die Ergeb­ noch einige technische und finanzielle Einzel­ nisse wurden in Flurkarten im Maßstab 1:2500 heiten zum Streckenbau angefügt. Zunächst dargestellt. Es handelt sich um eine lückenlose Auszüge aus einem zeitgenössischen Pressebe­ Darstellung des gesamten Landes. Jedes Ge­ richt: bäude, jede Parzelle, jeder Weg und die Gewäs• "Die Länge der Nebenbahn beträgt von Mitte ser wurden in den gemarkungsweise angeleg­ Verwaltungsgebäude Balingen bis Mitte Ver­ ten Primärkatastern beschrieben. Als Folge waltungsgebäude Schömberg 12,9 km, ihre konnten neue Güterbücher angelegt werden. Richtung ist südwestlich. Abgesehen von einer Die Anlage und Fortführung des Liegen­ kleinen Senkung der Bahn beim Übergang schaftskatasters verlangt die Beherrschung über die Schlichem steigt die Bahn fortwäh• der Vermessungstechnik unter Berücksichti• rend bis zur Station Schömberg, die 164,58 m gung der einschlägigen Rechtsvorschriften von höher als der Bahnof Balingen liegt. Ihre größ• BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) und der GBO te Steigung beträgt 1:37 auf 3,5 km Länge, der (Grundbuchordnung): kleinste Bogenhalbmesser 250 m. Der Bahnhof Wie das Grundbuch, dient auch das Liegen­ Balingen wurde vollständig umgebaut und we­ schaftskataster öffentl. und privaten Zwecken. sentlich erweitert." Seine Funktionen sind aber nur gewährleistet, "Die Einschnitte der Strecke gehören teils wenn es fortgeführt d. h. ständig auf dem lau­ dem-schwarzen, teils dem unteren braunen Ju­ fenden gehalten wird. Während in den Ländern ra an. Für Ausscheidung der lettigen Erdmas­ Baden und Württemberg die ersten Vermes­ sen und für Entwässerung des Untergrunds sungen der Flurstücke und die Anlegung des wurde in umfassender Weise gesorgt. Bei dem Liegenschaftskatasters auf Staatskosten Bahnbau ist eine Erdrnasse von rund 200000 durchgeführt wurde, leisteten in den Hohenzol­ cbm bewegt worden. Der höchste Damm im so­ lerischen Landen die Grundstückseigentümer genannten Rasentäle bei Schömberg hat eine hierzu einen bescheidenen Beitrag. Die Abmar­ Höhe von 15 m, der größte Einschnitt am Palrn- kungskosten der Flurstücke hatten jedoch im- Seite 596 Heimatkundliehe Blätter Balingen Mai 1987

mer die Grundstückseigentümer zu tragen. Für einem Bestand zusammengefaßt. Die Gesamt­ Änderungsvermessungen sowie für die Fort­ heit der Bestandsblätter bilden das Liegen­ fü hrung des Liegenschaftskatasters werden schaftsbuch, das entsprechend dem Grundbuch von den Eigentümern bzw. Antragstellern Ge­ und der Grundbuchheftnummern angelegt ist. bühren erhoben. Jede Eigentumsart (Alleineigentum, Mitei­ Ein Flurstück, das früher in Württernberg gentum, Gesamthandseigentum, Wohnungs-, und Hohenzollern Parzelle genannt wurde, ist Teil- und Sondereigentum) erhält ein besonde­ ei n bestimmter Teil der Erdoberfläche, der' res Bestandsblatt. Vom Liegenschaftsbuch er­ du rch einen geschlossenen Linienzug begrenzt, halten das Finanzamt und das Grundbuchamt­ abgem arkt und vermessen ist .und im Liegen­ je eine Durch schrift; es dient in Baden-Würt­ schaftskataster mit einer besonderen Flur­ temberg hauptsächlich den Zwecken der Fi­ stücksnummer bezeichnet ist. Das Flurstück nanzverwaltung. wird mit Flächeninhalt, Nutzungsarten, Lage Das Gebäudebuch wird in Baden-Württern­ und Kartennummer nachgewiesen und mit berg nicht mehr geführt; weil der Gebäude• dem Namen der Gemarkung und der Flur­ nachweis und -beschrieb im Feuerversiche­ stücksnummer bezeichnet. Die Flurstücke wer­ rungsbuch geführtwird. den gemarkungsweise, nicht kartenwe ise, nu­ meriert. Die Lagebezeichnung wird außerhalb Das alphabetische Namensverzeichnis, Na­ der Ortslage nach dem Gewann (Flur) und in menskartei genannt-, wird in Karteiform (DIN Ortslagen nach dem Straßennamen vorgenom­ A6 quer) geführt. In ihm sind die Eigentümer men. Gemarkungen sind Teilbezirke von Ge ­ gemeindeweise mit allen Eigentumsarten al­ meinden; sie erfüllen eine rein katastertechni­ phabetisch geordnet eingetragen. Die Bestand­ sche Ordnungsfunktion. nummer ermöglicht das Auffinden der Eigentü• mer. (In jüngster Zeit wird die Namenskartei U~te r Abmarkung versteht man die örtliche nicht mehr aufgestellt.) Kennzeichnung der Flurstücksgrenze mit dau­ erhafte n Merkmalen. Diese Grenzzeichen wer­ Die Katasterkarten bestehen aus der Flur­ den in den Bruchpunkten der Grenze sowie in karte und der Schätzungskarte. SChäl lungsurkarte (Verklein eru ng) : Flurkarte mit den von derFinannerwaltung festgestelllen Ergebni, ­ Anfangs- und Endpunkten von Grenzkurven sen der Boden scnilzung und wenn erforderlich in Zwischenpunkten ge­ Fortsetzung folgt setzt. Die Abmarkung ist in der Abmarkungs­ ve ro rdnung geregelt, sie dient der Ordnung der gre nz nachbarlichen Beziehung. Die so mar- Schafgarbe ' kierte und erkennbare Grenze zeigt dem Achilea Millefolium Grenz nachbar, wo die Herrschaft des Anderen beginnt. Das Setzen von Grenzzeichen und de­ re n Erhaltung sind keine Priva tangelegenhei­ te n der Grundstückseigentümer, sondern obrigkeitlichen Maßnahmen. Das Liegenschaftskataster besteht aus den Katasterbüchern und den vermessungstechni- schen Unterlagen. .

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Eine "Gottesstadt" - fast vergessen In einer heute noch idyllisch anmutenden Landschaft mit Waldkuppen, Feldern, verstreu­ ten Dörfern liegt vor der Silhouette der Schwä­ bischen Alb die Klosteranlage Kirchberg wie eine kleine Stadt auf einem niedrigen Bergaus­ läufer. Eiri Dutzend Gebäude bestehen noch, auch ein Mauerring mit kunstvollem Eingangs­ tor. Der Platz gehört zur Markung Renfrizhau­ sen und somit heute zum Gebiet der Stadt Sulz am Neckar, Iin topographischen Dreieck zwi­ schen Schwäbischer Alb, Schwarzwald und Schönbuch stellt Kirchberg etwa den Mittel­ punkt dar, und es hat tatsächlich für die Bevöl• kerung in diesem Raum jahrhundertelang gro­ ße Bedeutung als Zentrum des weit verstreu­ ten, ausgedehnten Klosterbesitzes besessen. "Gotteshaus" haben die Nonnen ihr Kloster gern benannt - "Gotteshaus" wäre für die Ge­ samtanlage im Vergleich ~~ manchem mittelal­ terlichen Städtlein keine Ubertreibung. Ob das .fromb und gottseelig" Leben darin ähnlich auswirkungsreich für die Umgebung wie der Besitz gewesen ist, kann nicht so leicht beur­ teilt werden. Es fällt aber auf, daß unter der heutigen Bevölkerung im Umkreis nur wenige etwa s vom früheren Kloster Kirchberg wissen oder es schon besucht haben. Viel bekannter sind die am Rande des genannten Dreiecks lie­ genden Klosterorte Bebenhausen oder Alpirs­ bach. Sie sind in Verkehrsströme einbezogen und wegen großartiger architektonisch-künst• Eingangsportal von 1749 leri scher Bauwerke auch für den neuzeitlichen Tourismus interessant. Kirchberg ist dagegen heute nur Endpunkt eines Sträßleins oder eine Die Gründungs-Frauen um eine Angehörige des niederadligen Ge­ Zwischenstation auf Wanderwegen. Es besitzt In einer lateinisch abgefaßten Urkunde wird schlechts, das sich nach der nahegelegenen kein Münster, immerhin aber eine Klosterkir­ im Jahre 1237 festgehalten, daß Burkard, Graf Burg Büren oder Beuren nannte. Herren von che, die gegenwärtig renoviert wird. Klausur­ von Hohenberg, seine Besitzungen Kirchberg Beuren erscheinen in dieser Zeit im Gefolge gebäude aus dem Mittelalter sind abgetragen ; den Frauen ("sanctis et devotis feminis") ver­ der Grafen von Hohenberg als Zeugen. Elisa­ nur ein Gebäudeflügel, der in der Barockzeit schenkt und verkauft, die sich hier in einer beth von Beuren hatte vermutlich gleich ihre im posant gestaltet wurde, ist erhalten geblie ­ schon sichtbaren jungen Pflanzstätte der Tochter Werntrud bei sich; es wird berichtet, ben. Schlichte Baukunst ist da und do rt zu se­ Frömmigkeit befinden. Fünfzig Mark Silber daß diese als neunjähriges Kind ins Kloster hen. Bewegliche Kunst- und Kulturschätze werden als Kaufentgelt festgelegt. kam; Elisabeth wird al so wohl entweder Witwe gewesen sein oder ihren Ehemann verlassen si nd teils an viele Orte verstreut, teils werden Die Frauen leben also schon auf dem Kirch­ sie restauriert. haben - falls sie überhaupt vorher verheiratet berg, und zwar sehr wahrscheinlich in der war. Angeblich hat sie es aus Demut abgelehnt, Das Kloster, zuletzt mit 31 Nonnen belebt, Burg, die ehemals Sitz eines Dienstmannenge­ erste Vorsteherin des Klosters zu werden. Die­ hat im Jahre 1805 im Zuge der Säkularisation schlechts der Grafen von Hohenberg war. Das ses Amt übernahm als, Priorin Willeburg von zu bestehen aufgehört. Ein landwirtschaftli­ Schwesternbuch von 1691, in dem der Beichtva­ Hohenberg. Unter den Zeugen in der Übergabe­ cher Domänebetrieb nutzte darrtach die Klo­ ter und Prediger des Klosters Kirchberg, Pater urkunde sind zwei Brüder des Dominikaneror- steranlage teilweise aus. Eine Ackerbauschule Keßler, ältere Niederschriften verarbeitet hat, , dens aus Esslingen aufgeführt. Sicher war von war zeitweise damit verbunden. Seit im J ahre macht Angaben darüber, wer sich zu dieser Anfang an beabsichtigt, was dann im Jahre 1958 das .Berneuchener Haus" als Stätte der Frauengemeinschaft zusammengefunden hat­ 1245 "erreicht wurde: Die Stiftung wurde durch Ein keh r und Begegnung im Barockflügel 'ge- ' te. den Papst als Frauenkloster anerkannt und gründet und inzwischen auch auf die übrigen Nach diesem Schwesternbuch waren die Stif­ Gebäude ausgedehnt wurde, ist Kirchberg ver­ dem Domin ikanerorden unterstellt, dessen Re ­ terin nen zu dritt: Elisabeth, aus dem "hochgräf• gel imKern des Augustinerordens entspricht. mehrt Reiseziel und kurzfristiger Aufenthalts­ liehen Geschlecht Büren", dazu die beiden ort von Menschen aus dem ganzen deutsch­ Schwestern Willeburg und Kunigund aus der Klosterbau auf dem Kirch-Berg sprachigen Raum. Die Glocke läutet wieder wie .Jrochgr äflichen Familie Hohenberg". für die Klosterschwestern mehrmals am Tage Die Zahl der Klosterfrauen stieg rasch. Bis zum gemeinsamen Gebet, das eine feste ansäs• Die Betonung der hochgräflichen Abstam­ zum Jahr 1305 sind annähernd 50 Schwestern sige Hausgemeinde mit den Gästen vereint. mung könnte mit dem späteren Wunsch zusam­ urkundlich nachweisbar. Einige kamen schon menhängen, für das Kloster möglichst vorneh­ im Alter von 8 - 13 Jahren, eine davon als vier­ Wenn jetzt im Jahre 1987 auf die Zeit der me Stifterinnen zu besitzen. Wenn die Schwe­ jähriges Kind ins Kloster. Schon des Zustroms Klostergründung vor 750 Jahren zu rückge­ stern Willeburg und Kunigund tatsächlich nahe ' wegen mußte alsbald nach der Besitzübernah­ blickt wird, können Gründe für manche Eigen­ Verwandte oder gar Geschwister des Grafen me der Bau eines Klosters in Angriff genom­ art dieser Gottesstadt auf dem Kirchberg ­ Burkhard von Hohenberg waren, erscheint es menwerden. auch gerade für ihre Abgeschiedenheit und Be­ sonderbar, daß sie in der Gründungsurkunde Dies geschah unter Einbeziehung von Mau­ scheidenheit - in den Verhältnissen und Ent­ nicht auch mit Namen genannt sind. Bei Elisa­ ern der Bu rg (Reste sind heute noch beim scheidungen jener Zeit erkannt werden. beth von Büren handelt es sich wahrsc heinl ich Klausurgarten sichtbar) und anscheinend auch Seite 598 Heimatkundlieh e Blätter Balingen Juni 1987

• • Franziskaner und Domin ik aner in ihre n Frau­ enklöstern Möglichkeiten de r Verwi rklich ung. Viele Klö ster wurde n ne u gegründet, bezeich­ nenderweise in Städten und Dörfern. Oft ergab sich das Kloster als Weiterentwicklung einer freieren Sammlung von Frauen, die sich als Klausnerinnen oder Beginen de m Gebet und Werken der Nächstenliebe widmeten. Allein in dem Gebiet zwischen Schwarzwald, Schönbuch und Schwäbischer Alb entstanden im 13. oder 14. Jahrhundert folgende Dominika- . nerinnenklöster: Rottweil, Oberndorf, Sulz, Horb, Dornstetten, Reutin bei Wildberg, Berg­ felden, Kirchberg, Weildorf, Haigerloch, Stet­ ten bei Haigerloch, Gruol, Binsdorf, Rangen­ dingen, Stetten bei Hechingen. Allerdings hör­ te manches Klösterlein bald wieder zu beste­ hen auf. Räuberische Angriffe und andere Be - .drängnisse waren nicht selten. Sicher entspra­ chen die Klöster auch einfach dem Bedürfnis, unversorgte Töchter unterzubringen.

Mystische Frömmigkeit Ohne Zweifel hat die Entwicklung des Klo­ sters Kirchberg die der anderen Klöster über­ troffen. In materieller Hinsicht wirkte sich die besondere Begünstigung durch das führende Geschlecht der Grafen von Hohenberg aus. Stiftungen vieler ihrer ritterlichen Dienstman­ nen kamen dem Kloster zugute. Sie erfolgten nicht nur dann, wenn eine Tochter ins Kloster eintrat. Ein Besitzverzeichnis vom Jahr 1560 Litographie um 1845 nennt Güter des Klosters in 27 Ortschaften. Hinsichtlich der geistlichen Prägung des Klo­ sters Kirchberg tritt eine mystische Frömmig• unter Weiterverwendung von Stücken einer zur Rechtfertigung von Standortentscheidun­ keit hervor (Mystik =- Schließen der Augen zur Kirche aus romanischer Zeit. Die Lynette mit gen. Versenkung ins Innere). Der Tageslauf der dem Gotteslamm, die später in die jetzige Kir­ Wenn die oberste Berghöhe als Klosterplatz Klosterfrauen war davon bestimmt, sich in die che als Wandschmuck übernommen wurde, erstrebenswert schien, sei mag dabei nicht nur Betrachtung des Lebens Jesu und in das ge­ könnte daher stammen. an das Gesehen-werden und die prächtige Aus­ sprochene oder gesungene Gebet mit allen Es 'ist anzunehmen, daß die Burg Kirchberg sicht gedacht worden' sein. Man stellte sich im Kräften zu versenken. ihren Namen von einer hier bereits bestehen­ Mittelalter das Paradies als einen beschlosse­ Der geistliche Betreuer der Nonnen, ein Do­ den Kirche hatte. Der Kirchberger Kirchenpa­ nen Garten auf dem Gipfel eines Berges vor. minikanermönch, gab dazu Vorbild und Anwei­ tron Johannes der Täufer spricht dafür, daß es Wenn der Kirchenvater Augustin sein Hausklo­ sung. Gemäß dem Auftrag ihres spanischen Or­ die Taufkirche innerhalb der Mutterpfarrei ster als das himmlische J erusalem verstand densgründers Dominikus hatten die Prediger­ Weildorf war. Die Kirche Sankt Peter zu Weil­ und außerdem auch jede Kirche als Abbild des mönche nicht trockene Lehrsätze weiterzuge­ dorf ist zu den Urkirchen aus der Christianisie­ himmlischen J erusalem oder'das Paradies ge­ ben, sondern sehr praktische Anleitungen zu rungsze it im 7.18. J ahrhundert zu rechnen. Zu sehen wurde, so verband sich mit dem Gipfel­ einem selbständigen, freudevollen Erkennen ihre m Sprengel gehörten acht Siedlungsplätze standort die Erwartung, hier die paradiesische und Erleben der Gegenwart Gottes. In mysti­ der Umgebung, darunter auch Kirchberg. Das Gottesnähe noch besser erfahren zu können. scher Glaubenspraxis möchte der einzelne ' Vorhandensein ei ner Taufkirche innerhalb des­ Solche Leitbilder bekamen Leuchtkraft in Mensch zur Wohnung Gottes werden. Sprengels ist typisch für jene Zeit. Quellwasser der wirren Zeit des 12.113. Jahrhunderts. Es er­ Für die Frauen, die mit ihrer Rolle als Objekt zur Taufe gibt es auf dem Kirchberg. Die Bild­ eignete sich damals eine enorme Zunahme der im Sozialgefüge nicht mehr zufrieden sein sprache der Lynette - Gotteslamm mit Kreuz Bevölkerung im Stauferreich, das Entstehen ei­ konnten, bot solches Klosterleben die befreien­ und Sieg esfahne, umge ben von Sch wein , Bock nes starken Frauenüberschusses infolge der de Alternative, sich als Subjekt der Gotteser­ und Löwe - läßt sich auch in bezug zu r Taufe Kreuzzüge und Fehden, ein Aufschwung in fahrung zu erleben. Das konnte sich in de r pa­ als Absage an wüste, ge ile und wilde Triebe Landwirtschaft, Handel und Gewerbe, ein Auf­ radiesischen Abgesch iedenheit bis zur fr om­ deuten. Als Gotteslam m wurde J esus be i seiner blühen des Städtewesens, ein beschleunigter mer Verzückung ho ch steigern. Taufe durch J ohannes bezeichnet. Wandel im ganzen Gesellschafts- und Wirt­ Sicher kann der mystische, nach innen ge­ wandte Frömmigkeitsstil der adeligen, sp äter Was im Jahre 1237 als Kirche auf dem Kirch­ schaftsgefüge. Die erschütternden Auseinandersetzungen auch bürgerlichen Klosterfrauen als Erklärung berg erbaut wurde, ist im wesentlichen die bis dafür dienen, weshalb Kirchberg nicht in dem heute bestehende Klosterkirche. Sie war ur­ zwischen den Päpsten und den Kaisern ließen überkommene Maßstäbe und Orientierungen Maße eine Ausstrahlungskraft nach außen er­ sprüng lich allerdings im gotischen Stil gestal­ reichte, wie sie bei Klöstern der männlichen tet, auch wohl kleiner. Im J ahre 1688 wurde sie ins Wanken geraten. Besonders vom führenden Adel verla ngte n sie oft ein -rasches Umstellen Benediktiner oder Zisterzienser durch deren im Stil der Barockzeit verändert. Sicher war es Pioniertätigkeit in Landbau, Handwerk und von Anfang an ein schlichtes Bauwerk. Das auf neue Machtverhältnisse. Ein immer dichter gewordenes Netz von künstlerischen Fertigkeiten zustande kam. entsprach den Grundsätzen de r Dominikaner. Es ereignete sich aber auch für das Kloster Kennze ichen ihrer Kirchen ist - wie in Kirch­ Pfarrkirchen und Kapellen erfaßte auch die un­ bald eine Abschwächung seines anfangs recht be rg - , daß sie keinen Turm, sondern nur einen teren Bevölkerungsschichten und brachte in verheißungsvollen Gewichtes als gesellschafts­ Dachreiter für kleine Glocken besitzen. .Auch die Dyn amik der Zeit eine Verstärkung der reli­ poltischer Faktor in der Grafschaft Hohenberg. die Klausurgebäude der Gründungszeit werden giösen Dimension. in bescheidener Zweckmäß igkeit errichtet wor­ Klostergründung zur Herrschaftssicherung den sei n. Nur zwei Fensterreihen des Kreuz­ Frauenbewegung läßt Klöster entstehen Als Burkhard BI. von Hohenberg seine Un ­ ganges mit gotischem Maßwerk sind davon bis Unter den Frauen des Adels hatte der Minne­ terstützung zur Klostergründung auf dem heute erhalten geblieben. sang zur Entwicklung des Selbstbewußtseins Kirchberg gab, wagte er einiges Neue. Durch geführt. Aber im Minne-Ritual waren doch familiäre Bindungen war ihm das Kloster Be­ Paradies auf dem Berge auch Störungen in der Sozialstruktur und im benhausen als Männerkloster nach der Zister­ Obwohl die Weiterverwendung vorhandener Verhältnis der Geschlechter zueinander zum zienserregel bekannt. Kirchberg aber sollte Gebäudeteile von Bu rg und Kirche für den Klo­ Ausdruck gekommen. nun eine ganz neue geistliche Ausrichtung be­ sterbau zweckmäßig und vernünftig war, Jetzt gingen gerade Frauen der oberen kommen und als reines Frauenkloster geführt scheint es doch damals oder später auch den Schichteri in Opposition. Sie suchten etwas an­ werden. Entspringt die ungewöhnliche Bedin­ Wunsch gegeben zu haben, in einem Kloster zu deres, das Abenteuer der Armut, der Arbeit und gung, für die Besitzübergabe einen Geldbetrag leben, das auf dem nahen höchsten Punkt der der Gleichheit mit Frauen aus niedrigerem zu verlangen, einer vorsichtigen Zurückhal• Bergkuppe, dem Wandbühl, steht. Stande, das Freisein von Zwängen der Ehe. tung und der Absicht, den unerfahrenen Frau­ Im Schwesternbuch wi rd berichtet, man ha­ Wenn die Priesterehe etwas so Sündhaftes war, en einen Ansporn zu vernünftigem Wirtschaf­ be schon die Baumaterialien dort hinaufge­ mußte es doch besser sein, auf Ehe überhaupt ten zu geben? Laut Schwesternbuch wurde das führt und den Fundamentstein gesetzt, aber zu verzichten. Ein Bedürfnis nach tiefgehender Geld erst bezahlt, als bereits 30 Schwestern im dreimal sei das Wunder geschehen, daß der Frömmigkeit für Herz und Verstand stellte sich Kloster waren. Fundamentstein in der Nacht an den Platz ge­ in allen Bevölkerungsschichten ein. Der Schenkungsanteil entsprach in der da­ kommen sei, wo jetzt das Kloster steht. Man Für die Anliegen der Frauen boten die im 13. mals üblichen Auffassung seiner urkundlich kennt solche Sagen auch von anderen Orten Jahrhundert entstandenen Bettelorden der belegten Überzeugung, daß die Unterstützung Juni 1987 Heimatkundliehe Blätter Balingen Seite 599 derer, welche sich dem Dienste Christi ganz Aufstgieg, Stagnation oder Niedergang in der bei der später von seinem Sohn gegründete n hingeb en, von dem König aller Könige zeitlich Entwicklung einer Adelsherrschaft hingen da­ Stadt Rottenburg. Auf Rotenburg ist die Toch­ und ewig belohnt wird. von ab, wie es gelang, den weltlichen Familien­ te r Gertrud geboren, die Gattin des Grafen und besitz mit einem klösterlichen geistigen Zen­ späte ren Königs Rudolf von Habsburg . "Graf Burkhard setzte mit dieser Gründung trum zu verbinden und dabei die Gunst der geo­ Die Klostergründung Kirchberg konnte für aber auch einen neuen machtpolitischen Ak­ pragphisch-wirtschaftlichen Lage zu erfassen Graf Burkhard die Ch ance eröffnen, Haiger­ zent. Der Stammsitz seines Geschlechts war und zu nützen. loch zu einem Herrschaftsmittelpunkt mit seit der Abspaltung vom Geschlecht der Zollern Burg, Stadt und Hauskloster auszubauen. Die um 1170 durch seinen Großvater die Burg Ober­ Graf Burkhard IB. besaß um die Zeit der Dynamik der Aufbruchbewegung, besonders hohenberg auf dem höchsten Teil der Schwäbi­ Kirchberger Klostergründung neben der unter den Frauen, ließ sich dafür auffangen schen Alb bei Schömberg. Glieder seiner Fami­ Stammburg Oberhohenberg auch mindestens und ausnützen. lie waren als treue Mitstreiter der 'Stauferkai­ eine der beiden Burgen Haigerloch und die ser in deren Gefolge mitgezogen. Aber immer auch im Jahre 1237 erstmals als Stadt Haiger­ Hohenberger Hauskloster­ mehr erhielt nun neben dem Militärischen loch bezeichnete Ansiedlung am Fuße der Bur­ nur vorübergehend auch das Gesellschaftliche und Kulturelle ein gen. Außerdem gehörte zum Familienbesitz die Gewicht für Ansehen und Einfluß. Burg Rotenburg (heute Weilerburg genannt) Die Absicht, das Kloster Kirchberg zum Hauskloster der Hohenberger mit Familien­ grablege zu bestimmen, muß auch von den Nachkommen des Stiftergrafen mitgetragen worden sein. Als Graf Burkhard im Jahre 1253 auf einem Ritt bei Deckenpfronn in der Nähe. Romanische Kleinodien von Wildberg vom Blitz erschlagen wurde, Der Löwe an sakralen Bauten brachte man seinen Leichnam nach Kirchberg. von Kurt Wedler Hier wurde er in einem Familiengrab in der Kirche bestattet. Der Grabstein für ihn, seinen Man ist immer wieder erstaunt über die Viel­ Gotteshauses. Sie sollen das Heiligtum vor bö• Sohn Albert und dessen Gemahlin Margaretha falt der Ausschmückung von Bauteilen in der sen Wesen, Dämonen und Geistern bewachen ist noch heute vorhanden. frühen Zeit der Romanik, also im 11. und 12. und dem Eintretenden Schutz gewähren. Der Jahrhundert, seien es nun Bogenfelder (Tmy­ Mainzer Türklopfer, der von Berengar im Auf­ Zu einem Herrschaftsmittelpunkt Haiger­ panos), Kapitelle, Lettner, Kanzeln, Kreuzgän• trag des Mainzer Erzbischofs Willigis geschaf­ loch paßt es auch, daß Graf Burkhards leibli­ geo.a. fen wurde, ist noch ausdrucksvoller als der AI­ cher Bruder Diepold von Hohenberg Inhaber In Alpirsbach findet man an der Kirchentür pirsbacher Löwenkopf. Er verwirklicht deut­ der Pfarrei Weildorf wurde, zu der wie Kirch­ des Klosters zwei ausdrucksvolle Löwenköpfe lich seine bewachende und abschreckende berg auch die Oberstadt Haigerloch gehörte. als Türklopfer, dazu ein kunstvolles eisernes Funktion. Das aufgesperrte Maul und die flam­ Daß ähnliche politisch-geistige Schwerpunk­ Beschläg (12. Jh.). Der Löwe, der in vielen Va­ menden Haare unterstreichen .sein wichtiges te geschaffen, dann aber auch wieder zugun­ riationen an den Kirchenbauten erscheint, ist Dasein an diesem Platz. sten neuer Konstellationen aufgegeben wer­ Symbol der Stärke und der Macht. Schon in der Aber hier klingt auch die andre Seite dieses den, ist im süddeutschen Raum früher schon Antike tritt er als Machtsymbol auf, so wurde z. Tierzeichens an. Der Löwe kann auch Symbol .bei den Hochadelsgeschlechtern der Zähringer B. nach der Schlacht bei den Thermopylen für des Bösen, des Teufels sein (Psalm 22,22 und 1. und der Staufer zu beobachten. Leonidas ein steinerner Löwe errichtet. Der Petrus 5,8). In Bogenfeldern, Kapitellen und Bei den Hohenbergern versuchte schon die Braunschweiger Löwe sollte den stolzen Für• Säulenplastiken tritt er manchmal im Kampf nächste Generation um 1280 eine neue Schwer­ sten Heinrich symbolisieren. die Niederländer mit dem Hirsch oder dem Menschen auf und ist punktsbildung um Rottenburg. Enkel des Gra­ wurden in ihrem Freiheitskampf gegen die hier deutlich ein Dämon oder Monstre. Die Dra­ fen Burkhard sind schon in einer neuen Fami­ Spanier mit dem Leo Belgicus identifiziert. Der chengestalten im Flechtwerk über dem Alpirs­ liengrabanlage im Stift Sankt Moritz in Rotten­ geflügelte Löwe vertritt mit Nebukadnezar das bacher Löwen deuten dies auch an. burg bestattet. Das Stift ist eine Hoheaberger­ babylonische Reich und der zehnfach gehörnte Eine interessante Reliefplastik finden wir in Gründung. mitAugustus das römische Reich. der Armenkapelle im Wormser Dom: Daniel in Eine Enkelin ist allerdings als Nonne von Dem Evangelisten Markus wird der Löwe als der Löwengrube (Daniel Kap. 6). Das Gesche­ Kirchberg 1291 urkundlich belegt. In der Klo­ Symbol beigegeben. Auch Christus wird mit hen könnte kaum eindringlicher dargestellt sterkirche auf dem Kirchberg brannte bei de r ihm verglichen: "Gesiegt hat der Löwe vom werden, als es hier geschieht. Die Löwen, die Grabstädte der Hohenberger ein ewiges Licht, Stamme Juda", heißt es in der Offenbarung 5,5. ihn eigentlich zerfleischen sollten, nähern sich unterhalten aus eingegangenen Stiftungen, Und wenn Maria auf dem Löwen steht, ist auch zaghaft und belecken ihm Hand und Knie. Die überwacht- wohl jahrhundertelang - durch die Christus gemeint. - Auf vielen Grabplatten er- . Grausamkeit dieser Tiere ist gebrochen durch scheint der Löwe als Fußstütze. Hier ist er die Macht und Größe"eines Stärkeren. Sie sind Symbol des Schutzes und der Macht. Auf sei­ zahm "und geduldig wie Lämmer. Dem Hand­ nen Beistand stü tzen sich die Verstorbenen werksmeister ist es in dieser Frühzeit schon und dokumentieren zugleich ihre Verbunden­ großartig gelungen, dieses dramatische Ge­ heit mit dem christlichen Glauben. schehen ausdrucksvoll und hervorragend zu Bei den Türklopfern - der zweite ist vom bewältigen. Hier ist der Löwe ein verwandeltes Mainzer Dom - handelt es sich um Wächter des Wesen einer paradiesischen Landschaft.

Löwenkopf als Türklopfer in Alpirsbach (12. .Daniel in der Löwengrube" im Wormser Dom Jahrhundert). Türklopfer vom Dom in Mainz um 1609. Ende des 12.Jahrhunderts. Seite 600 Heimatkundliehe Blätter Balingen Juni 1987

Nonnen. Die Schirmherrschaft über Kloster Nigg, Walter, Vom Geheimnis der Mönche, Zü• Kirchberg ging 1381 an das Haus Habsburg rich 1953. Balinger Sprüche über. Planck, Oskar, Ein Gang durch Kloster Kirch­ berg und-seine Geschichte, Stuttgart o. J . En dr Juged mueß ma eil Stecke haube, daß ma Literatur Scheerer, Fritz, Kloster Kirchberg. Heimat­ em Alter dra'laufa ka"! Frank, Robert, 1200 Jahre Weildorf. 1986 kundliehe Blätter für den Kreis Balingen, No­ Schmiere ondSalbe hilft ällethalbe; hilft s it bei Krauß, Dr. R., Geschichte des 'Dominikaner­ vember und Dezember 1970, S. 815 ff. de Herre, no hilft s bei de Kärre Frauenklosters Kirchberg. Württemb. Viertel­ Schmid, Dr. L., Geschichte der Grafen von Zol­ Aokrautverdirbt it; s schlät siebemol aus jahreshefte für Landesgeschichte, 111. Jahrg., lern-Hohenberg und ihrer Grafschaft. Stuttgart Mit stärrehe Bese ist it guet furbe 1894, S. 292 ff. 1862. Nuie Bese furbet guet; aber de alte wisset d Schwarzmaier, Hansmartin, Der schwäbische Müller, Hans Peter, Das Schwesternbuch von Adel im hohen Mittelalter. Zeitschrift f. Ho­ Wenkel Kloster Kirchberg (1237-1305). Der Sülchgau, henz, Geschichte 1966, S. 23 ff. S ka' koa Hex mai als.hexe Jahresgabe d. Sülchgauer Altertumsvereins Thum, Bernd, Aufbruch und Verweigerung, Ma ka' it älleweil no' a' oam Knoche nage 1977/78, S. 42 ff. Band 11. Waldkirch i. Br.1980. Eme alte Hond ist it guet a Bengel a'lege A guete Ausred ist drei Batze weart Ledig gstorbe ist ao itverdorbe A reachts Weib macht au en reachta Ma' Bei de reiche Leut mueß ma spare learne Aus ander Leut Häut ist guet Reame schneide Liegenschaftskataster Mit ander Leut Füdle ist guet übers Fuier von Rudolf George (Schluß) rutsche r- Dr gscheitste Katz goht ällbot a Maus naus Zletschte zällt ma zsämme Das Liegenschaftskataster garantiert den I(ola lte

Flurbereinigungspläne sowie Umlegungs­ karten und Umlegungsverzeichnisse ferner Grenzregelungsbeschlüße gehören zu den Un­ terlagen des Liegenschaftskatasters; diese Un­ terlagen dienen bis zur Berichtigung des Lie­ genschaftskatasters als amtliche Verzeichnisse der Grundstücke. "Das Liegenschaftskataster ist der einzige vollständige Nachweis von derzeit rund 10,5 Mio Flurstücken in Baden-Württemberg, da es auch die im Grundbuch nicht eingetragenen FOftfDhrungari8 evertdelnerung): In der Örtl ich ­ kett geführte UrtoJnd. übe r die Ergllbni... der Flurstücke enthält. Es ist amtliches Verzeich­ V.-meuung nis im Sinne des § 2 Abs. 2 der Grundbuchord­ nung. In den Katasterbüchern sind deshalb die In den vermessungstechnischen Unterlagen GrundbuchsteIlen und die Eigentümer in Uber­ sind die Maßzahlen und Koordinaten festgehal­ einstimmung mit dem Grundbuch aufgeführt. ten. Hierzu zählt der Fortführungsriß (FR), in Ähnlich wie im Grundbuch wird jedem, der ein den die im Felde geführten Maße und zu den berechtigtes Interesse darlegt, auf Antrag Ein­ Grenzpunkten Punktnummern eingetragen sicht in das Liegenschaftskataster gewährt. sind, für die ihrerseits Landeskoordinaten Auf Antrag werden Auskünfte, Auszüge, Ab­ (Großkoordinaten nach Gauß-Krüger) berech­ schriften und Abzeichnungen aus den Karten net werden. Die Landeskoordinaten dieser und Büchern des Liegenschaftskatasters er­ Das unauffällige Eisenkraut mit seinen klei­ Punkte werden in ihrer Nummernfolge nach teilt, soweit Einsicht zu gewähren ist." nen lilafarbenen Blüten wird oft in unserer Flo­ Leitpunkten 'gecrdnet im Loseblatt-System ge­ ra übersehen. Bekannter ist es als Verbena im führten Koordinatenverzeichnis abgelegt. Literatur: Schäfenacker: Die Katasterfort­ Garten, wo es auch gelbe und blaue Blüten Hiermit können die Flurstücksgrenzen festge­ führung in Württemberg, Reist, Hugo: Vermes­ trägt. Dies ist eine Kreuzung mehrerer ameri­ stellt und abgemarkt werden, unabhängig da­ sungsrecht für Baden-Württemberg, Innenmi­ kanischer Arten. Der astige, vierkantige Sten­ von, ob die Grenzzeichen vorhanden, verloren­ nisterium Baden-Württemberg: Vermessungs­ gel strebt senkrecht nach oben und wird bis 70 gegangen oder verändert worden sind. und Kartenwesen. cm hoch. Die Blätter sind gegenständig, un­ gleich eingeschnitten und rauhhaarig. Die Blü• _. ten stehen ährenförmig an den Stengelenden und zeigen sich von Juli bis September. Das Koordinatenverzeichnis Gemorltung ...... :\:. ~ .'? .!:..f...... _...... Pun kt Nr. I "offizianlis" in seinem lateinischen Namen be­ 846 sagt, daß das Eisenkraut in der Heilkunde Ver­ PI.onktnumeriervngsbezirlt ...... :...... wendung findet bei Stein- und Grießleiden, Er­ (nur bei nicht gemorltung....eiser Punktnumeriervng) schöpfungszuständen,Schlaflosigkeit und zu Seme r· Koordinaten Unter· Semer· Koordinaten Unter- Umschlägen bei Wunden und Geschwulsten. Rechts kungen Hoch nummer kungiln Rechts Hoch nummer KurtWedler y • y I 1 2 I 3 .. 1 ' 2 I 3 .. Herausgegeben von der Heimatkundlichen Vereini­ 1978 3499 892.36 5341 997 . 41 0 gung Balingen. Vorsitzender: Christoph Roller, Balingen, Am Heu­ 1978 3499 901.73 5342 001.79 1978 3500 104.08 5342 103.91 2 berg 14,Telefon 7782. Redaktion: Robert Kohler, Balingen, • 979 3500 093.14 5341 982.56 3 1979 3500 097.25 5341 994.63 4 Königsberger Straße 89, Telefon 6336. Die Heimatkundlichen Blätter erscheinen jeweils am Monatsende als ständige Beilage des "Zollern-Alb-Ku­ 1980 3499 899.46 5342115.85 5 riers".

• Jahrgang 34 31.Juli 1987 Nr.7 Ruchlos verbrecherisches Leben ' endete am Galgen Hannikels Hinrichtung in Sulz a. N. - von Helmut Hauser Was geschah in Sulz am 17. Juli 1787? Im Totenregister der Sulzer evangelischen Kirchenge­ meinde unter dem 17. Juli 1787 ist folgender Eintrag zu lesen: "Den 17. wurden folgende 4 Mörder und Diebe, allesamt katholischer Religion, durch den Strang hingerichtet: 1. Jakob Reinhard, vulgo (= genannt).Hannikel, 40 Jahre. 2. Franz Reinhard, vulgo Wenzel, 36 Jahre. 3. Johannes Reinhard, vulgo Duly, 30 Jahre. 4. Andreas Heinrich Leinberger, vulgo Nottele, 24 Jahre." Am frühen Morgen dieses Tages empfingen ganze Handlung mit einer ermahnenden Pre­ die vier Delinquenten von vier Geistlichen die digt an das versammelte Volk. In seiner An­ Sterbesakramente. Nach einem letzten Verhör sprache feierte er den "wohlgeborenen Herrn wurden die Verurteilten in die Gerichtsstube Oberamtmann als ein in der Hand Gottes und gebracht, wo Oberamtmann Schäffer als fiska­ vor den Augen aller Zuschauer ein Werkzeug lischer Ankläger vor dem Malefizgerichte in der bestrafenden Gerechtigkeit Gottes." Durch seiner Ansprache u. a. sagte: "Noch schreiet das die aufopfernden und außerordentlich schwie­ Blut des von ihnen bei Reutlingen erschlage­ rigen Fahndungsbemühungen hatte Schäffer

nen Grenadiers ä cheval Christof Pfisters um seine Gesundheit gänzlich aufgeopfert, er Rache zum Allmächtigen im Himmel, welches wünschte deshalb vom Herzog "eine kleine diese Wüteriche, gefühlloser als die Barbaren, Luftveränderung vozunehmen, um zu Freun­ in einem Lande vergossen haben, wo die dro­ den nach Tuttlingen reisen zu dürfen." Außer• hendsten Gesetze Gottes und des edlen Fürsten dem ließen böse, aber nicht unbegründete Ge­ die Sicherheit des Bürgers verheißen . .. Aber rüchte den Oberamtmann nicht zur Ruhe kom­ schwarz wie die Hölle, ihr hier vorgeführten men, denn verschiedene Zigeuner beabsichtig­ Mörder und Räuber! werden eure unmenschli­ ten, verkleidet und in verschiedenen Gruppie­ chen Handlungen ewig auf dem Lande bleiben, rungen - rund 200 Mann stark - im Württem• das ihr geschändet habt...", bergischen sengend und brennend umherzuzie­ Die Untersuchungsakten gegen sämtliche hen und stets darauf bedacht, den "Bluthund ' Verurteilte erstreckten sich auf 45 Foliobände. von Sulz vom Brote zu schaffen, ihn in Stücke pe aus dem Gesicht herausgeschnitten und die Das Malefizgericht hatte zu Recht erkannt, daß zu zerhauen oder ihn tot zu schießen". "Wenn klaffenden Wunden mit Jauche übergossen. die "peinlich Beklagten" dem Nachrichter an dieser Blutigel von der Erde sei" so sei hinrei­ Unter gräßlichen Schmerzen starb er auf dem seine Hand' und Bande geliefert, von demsel­ chend Rache für Hannikel und andere geübt. Wege nach Reutlingen. Da der Grenadier, auch ben zur Richtstatt geführt und daselbst mit Zum Glück wurden Bewachung und andere ehemaliger Mitgauner, Hannikels Bruder dem Strang vom Leben zum Tod gebracht wer­ Vorkehrungen für den Oberamtmann so sorg­ Franz Reinhard, vulgo Wenzel, die Frau ent­ den sollen. Ein Programm für den Verlauf der fältig getroffen, daß die geplante Ermordung führte und heiratete, schwörten die beiden Brü• Hinrichtung wurde bereits am 10. Juli 1787 von nie gelang. der schaurige Rache. Sie gelang, aber der ster­ Oberamtmann Schäffer und dem Magistrat der bende Pfister gab noch die Hannikelbande als Stadt Sulz entworfen. Daraufhinvisitierte Bür­ Welche Hauptverbrechen Hannikels Täter an. Schäffers Verfolgung erfolgte nun germeister Nestlen alle Stadttore, diese wur­ lagen zugrunde? sehr gezielt. Trotz mehrmaliger Ausbrüche den stark bewacht. Der Schloßwächter mußte Im Schwarzwald, am oberen Neckar, in der wurde Hannikel mit seinen Komplizen dingfest am Exekutionstag "genaue Obsicht tragen". Umgebung von Schwäbisch Gmünd, aber auch gemacht. Auf herzogliche Anweisung mar­ Rund 400 Bewaffnete waren zur Bedeckung des in ' Oberschwagen, Vorarlberg und in der schierte Schäffer mit einem stattlichen und Zuges zur Richtstätte und auf dieser selbst auf­ Schweiz trieb Hannikel mit seiner Bande sein wohlbewaffneten Aufgebot zuverlässiger Bür• geboten. Offiziere, Unteroffiziere, Metzger, Unwesen. Im "Hannikellied" von 1787 heißt es ger aus Sulz und Umgebung nach Chur in Grau­ Dorfvögte, der Oberamtmann und der Stadt­ u.a.: bünden, um den Verbrecher samt seinen Ge­ schreiber sowie der "Herr Stabhalter mit ent­ "Flink,listig, stark, mitheißem Blute, nossen zur Aburteilung nach Sulz zu bringen. blößtem Degen" begleiteten die verschiedenen trat er bei seinem Schwarm hervor Wagen mit den Malefikanten (=Verbrecher) und stund mit unerschrocknem Mute Schäffers Verdienste und Erfolge und allen damals in Sulz verhafteten J aunern, vierhunderten als Hauptmann vor." Der im Jahre 1745 in Ottenhausen bei Neuen­ die der Hinrichtung zusehen mußten. Um Un- Unzählige Gewalttaten mit Mord und Brand bürg geborene Pfarrerssohn Georg Jakob , glück zu verhüten, traf Schäffer vielseitige Vor­ wurden verübt und das genannte Gebiet wurde Schäffer kam 1780 nach Sulz und übernahm kehrungen, denn allein 12000 Menschen ström• von ihm und seiner Räuberbande buchstäblich das Amt seines Schwiegervaters JohannFried­ ten an jenem 17. Juli in Sulz zusammen, um terrorisiert. So hatte Hannikel mit einigen sei­ rich Müller. Die Hauptarbeit des Oberamt­ Zeugen des letzten blutigen Aktes in dem so ner Spießgesellen zu Dettweiler im Elsaß ei­ mann (damals die Bezeichnung für die heuti­ aufregenden und aufsehenerregenden Hanni­ nem 70jährigen Juden Läden, Türen und Fen­ gen Landräte) Schäffer galt der öffentlichen Si­ kelprozeß zu sein. Das Aufhängen geschah in ster mit Beil und Axten eingehauen, Kisten und cherheit und damit der Verbrechensbekämp• der vom Urteil bestimmten Reihenfolge. Han­ Kästen aufgebrochen, den alten Greis aus dem fung. Er legte Verbrecherlisten an, ließ Fahn­ nikel, in einen hölzernen Lehnstuhl gesetzt, Bett gerissen und nackt auf die Glassplitter ge­ dungsblätter drucken, die er an alle amtlichen sah tapfer zu und sprach den anderen Mut und , setzt und dabei Beine und Hände zusammenge­ Stellen verschickte, zeichnete die Portraits von Standhaftigkeit zu. Erselbst bestieg gefaßt die bunden. Die Fußsohlen wurden immer wieder 347 Zigeunern und seine Gaunerakteri umfaß• Leiter, sprach mit laut vernehmlicher Stimme gebrannt um so durch diese grausame Miß• ten über 30000 Blatt. Allein die Diebesliste ent­ u. a.: " ... Ich danke dem gnädigsten Landesva­ handlung Aussagen über das kostbare Hausgut hielt 1130 Namen. Seine Personalkenntnis war ter, Ihro Durchlaucht dem Herzog für die gnä• zu erhalten. Kurze Zeit später verstarb dieser außergewöhnlich und seine Kenntnis über das digste und gerechte Strafe. Sobald ich vor Gott Greis. Ihm zu Hilfe eilende Mitbürger wurden Schandleben der einzelnen Verbrecher befä• komme, will ich für ihn beten .. . Ich bitte alle beschossen und verletzt, die Kirchentüren hat­ higte ihn zu einer nach damaligen Gesichts­ Menschen, die ich beleidigt habe, um Gottes ten die Gauner vernagelt, damit. nicht Sturm punkten gerechten Aburteilung. Schäffer war Willen um Verzeihung. Ich danke meiner Mut­ geläutet werden konnte. Schlimmeres geschah zu der Auffassung gelangt, daß man zu einer ter für jeden Tropfen Milch, den sie mir ge­ am 4. auf 5. April 1786 in der Nähe des Gais­ humaneren Art der Verbrechensbekämpfung reicht hat; sie ist an meinem Elend gar nicht bühlhofes bei Reutlingen. Als Racheakt wurde übergehen müsse. Dabei lehnte er sich an das schuldig ... 0 Jesus, sei mir gnädig, 0 Jesus sei der herzogliche Grenadier cl cheval Christof Gedankengut des Schweizer Pädagogen Jo­ mir barmher-", Der Strick um den Hals wurde Pfister schauerlich zugerichtet. Blutüberströmt hann Heinrich Pestalozzi an und vertrat auch angezogen, und Hannikel war'von allem Übel wurde er aufgefunden.vein Arm und ein Bein die Ansicht, daß Straftäter und entgleiste Men­ erlöst. Helfer Grundler von Sulz beschloß die wurden ihm abgeschlagen, Nase und Unterlip- schen der Resozialisierung bedürften. So uner- SeiteG02 Heimatkundliehe Blätter Balingen Juli 1987

bittlich er in der Verfolgung der Verbrecher Habe retteten sein treuer Amtsdiener und fünf und zu übermäßigem Branntweingenuß. Fast war, so sehr behielt er in seiner Tätigkeit einen Zigeuner. ohne Ausnahme trugen alle gefangenen Räu• menschlichen Grundzug bei. Von der damals ber arge Spuren der Syphilis an sich. Unter noch allgemein angewendeten Folter machte er Rückblicke auf das 18. Jahrhundert ihnen lebten eine Menge Konkubinen, die sich bei seinen Untersuchungen keinen Gebrauch. Neben Aufklärung und Humanismus, neben wahllos hingaben und Jn allen Genüssen, so Mehr als einen der Mörder und Räuber hat er der Errichtung prunkvoller Schloß-, Kirchen­ auch im geschlechtlichen Umgang bis zum Ekel vor dem Vollzug der Todesstrafe bewahrt, und Klosterbauten und neben dem meisterli­ und zur selbsteigenen Vernichtung, es maßlos wenn sich bei den Untersuchungen herausstell­ chen Schaffen bedeutender Komponisten (Mo­ trieben. In sinnloser Betrunkenheit wurden te, daß der Betreffende eher ein Opfer der Ver­ zarts .Zauberflöte" entstand 1794 in Leipzig ­ zahlreiche Bandenmitglieder überrascht, ge­ hältnisse, als eine unheilbare verdorbene Na­ dem Schicksalsjahr des Sulzer Stadtbrandes) fangengenommen und eingesperrt. Jener Hang tur war. Unter den vielen großen Kriminalfäl• stand das Verbrechertum von der primitivsten zur Wollust und Schwelgerei gab den Räubern len, die Schäffer in die Hand nahm und zu Ende Art bis zum Mordbrennerturn in höchster Blü• den Mut, furchtlos in das gedrängte Leben der führte, erregte das Verfahren gegen den Mord­ te. Der Dreißigjährige Krieg und die ihm fast Städte zu dringen und inmitten des städtischen brenner Hannikel das größte Aufsehen und unaufhörlich folgenden weiteren Kriege hatten Treibens in den Freudenhäusern ihr Asyl zu blieb auch noch lange in der volkstümlichen eine riesige Schicht verzweifelter Existenzen suchen. Oft waren die Bordellwirte vertraute Uberlieferung lebendig. Das von Vikar Chr. Fr. hervorgebracht, die mangels jeder' sozialen Genossen der Räuber, von denen sie durch Ver­ Wittich aus Wittershausen verfaßte 80strophi­ Fürsorge ihr nacktes Leben nur mit Betrug, kauf der gestohlenen Sachen und durch ihre ges Hannikellied, das Leben und Ende Hanni­ Diebstahl, Raub und Mordbrennerei fristen maßlose Völlerei unglaublichen Gewinn zogen. kels schilderte, wurde 1912 in "Geschichtliche konnten. Infolge der Schwäche von Polizei und Das Treiben in diesen Höhlen des Lasters war Lieder und Sprüche Württembergs" aufgenom­ Justiz wurde das Räuberunwesen zu einer aber derart, daß man zweifelte, ob die Rohheit men (Kohlhammer-Verlag Stuttgart S. 715) und fürchterlichen Geißel von Land und Menschen. der Räuber ärger war bei ihren Räubereien wiederholt in Aufsätzen auszugsweise veröf• Zu Schäffers Zeiten gab es unendlich viele oder beim Vertun des Geraubten. fentlicht. Oberamtmann Schäffer schickte die Herrschaftsbereiche und Hoheitsgebiete, die Die Verdienste . Schäffers, des Grafen begnadigte Angehörige Hannikels, Martha sich die Gerichtsbarkeit teilten. Oft waren sie Schenck von CasteIl und anderer tatkräftiger Reinhardin, mit diesem Lied landauf landab in zur Zusammenarbeit nicht willens oder befeh­ Kriminalisten waren groß. Nach und nach wur­ alle Dörfer und Flecken, um damit einen heilsa­ deten sich untereinander. Außerdem boten die den die Banden zerschlagen, so die Krefelder, men Einfluß auf die Gemüter auszuüben. Bis in Wälder des Schwarzwaldes, der Alb, des Welz­ Brabanter und Mersener Bande. 1803 wurde sein 70. Lebensjahr hielt Schäffer (er starb heimer Waldes und der Schweizer Berge wie auch der berüchtigte Schinderhannes mit 19 1814) mit Umsicht und Unerschrockenheit die die Vogesen günstige Verstecke und Unter­ Mitgliedern seiner Bande zu Mainz hingerich­ Hochwacht über die Sicherheit weiter Landes-' schlupfe, so daß die Fahndungen ohnedies er­ tet. Von Justizirrtümern war auch die damalige teile. Von dem großen Brande, der die Stadt am schwert wurden. Zeit nicht gefeit und das großartige Erbe der 15. Juli 1794 heimsuchte, wurde auch Schäffer Neben wütender Rachsucht, blutiger Grau­ Barockzeit mag jene Schreckentaten des Räu• betroffen. Unter anderem verbrannte ihm das samkeit und ruchloser Liederlichkeit fand man berunwesens nicht vergessen machen, denn seiner' Frau zum Witwensitze kurz vorher er­ bei den Räuberbanden fast durchweg den tie­ die "gute, alte Zeit" oder eine "heile Welt" sind kaufte Haus. Seine Registratur und bewegliche risch wilden Hang zur Wohllust, zur Völlerei leider mehr Wünsche als Realitäten. Zum 50. Jahrestag eines Wahrzeichens der Stadt Balingen Vogtsitz, Scheuer, Denkmal- Die wechselhafte Geschichte des Balinger Schlosses -von Hans Schimpf . . (5. Folge) . Das Zollernschloß, wie es sich uns heute prä• der Wahrzeichen der Stadt nichts mehr im We­ Planung und Leitung des Baus beauftragt. Aus­ sentiert, ist ein in den Jahren 1935-1937 nach ge . gangspunkt seiner 1935 in einigen Zeitungen altem Vorbild entstandener Neubau. Gegen­ Sicher gingen manche Balinger, bevor mit des Landes veröffentlichten Beschreibung der stand der vierten Folge dieser Reihe waren die dem Abriß begonnen wurde, hin, um das ver­ gesamten alten Schloßanlage war die Südost• dem Abriß vorangegangenen Bemühungen um traute alte Gemäuer noch einmal zu sehen und ansieht. Doch lassen wir nun Herrn Egelhaaf Erhaltung und Sanierung des alten Gebäudes. von ihm gleichsam Abschied zu nehmen. Es zu zu Wort kommen: Abbruch oder Sanierung? betreten war wohl niemandem mehr erlaubt, "Bei der Beurteilung des Gesamtbildes die­ 1934 ließ der Staat den Wasserturm renovie­ denn das Gebäude war ja baufällig. Obwohl das ser Ecke muß man sich vorstellen, daß der Was­ ren, so daß er, fein herausgeputzt, nun natür• alte Schloß heute ja nicht mehr steht, können serturm' verbunden mit dem Schloß, Reiter­ lich mit dem dahinterstehenden verwahrlosten wir es immer noch auf alten Fotografien be­ haus, Zehntscheuer sowie die Partie der südli• Schloßgebäude kontrastierte. Unversehens trachten oder-sogar mit geistigem Auge gleich­ chen Stadtmauer mit dem ehemaligen Torturm war die Stadt so in. Sachen Schloß wieder ein­ sam einen Rundgang durch die alten Räume und der Torbrücke einen zusammenhängenden mal in Zugzwang gekommen. Immer noch aber machen. Es führt uns der Balinger Architekt Komplex bildeten, der vonder Tiefe des Eyach­ _waren sich die Sachverständigen nicht darüber Egelhaaf. Er und sein Bruder waren mit der bettes aus gesehen, einst einen ungeheuer einig, ob das Gebäude zu erhalten wäre. Es war in sich zusammengesackt und aus dem Winkel geraten. Die aus Bruchstein bestehenden Um­ fassungsmauern waren durch Auswitterung und Versalpeterung - von den Ställen herrüh• rend - brüchig geworden. Neun Zehntel der Materialien konnten bei einem eventuellen Wiederaufbau nicht mehr verwendetwerden. Im Januar 1935 sprachen sich die Stadtväter wieder einmal für die Erhaltung und Sanierung aus; dabe~.sollten Räume für die Hitlerjugend und das Heimatmuseum geschaffen werden. 'Die Kosten wurden auf 140000 Reichsmark be­ rechnet. In mehreren Zeitungen des Landes er­ schienen Notizen über das Vorhaben. Dadurch aufmerksam geworden meldete sich auch gleich wieder besorgt der Bund für Heimat­ schutz. Er wies darauf hin, daß es sich hierbei um eines der wenigen noch erhaltenen Beispie­ levon Schloßbauten des Spätmittelalters und zugleich den einzigen alten Profanbau Balin­ gens handle, der soweit wie möglich erhalten bleiben müsse. Als im August 1935 mit den Bauarbeiten be­ gonnen wurde, stellte sich jedoch bald heraus, daß der Abbruch und eine neue Unterkellerung nicht zu vermeiden waren. Das Denkmalamt bestand zunächst noch auf der Erhaltung des Ostgiebels, machte dann aber, als es um das Problem der Statik und der damit verbundenen Verantwortung ging, doch einen Rückzieher. Damit stand der vollständigen Abtragung eines Südansieht, etwa 1905 Juli 1987 , Heimatkundliehe Blätter Balingen Seite 603

möglich wieder eingebaut werden. Zur Rechten der Vorhalle lagen zwei heizbare Räume mit einem durch die Mauer direkt ins Freie führen• den Rauchabzug. Von einem dieser Räume ge­ langt man über einige Stufen zum südl. Wehr­ gang, der zum Torturm führte. Zur Linken der Vorhalle lag der Rittersaal. Er bildete den re­ präsentativsten Raum des Hauses. Eine mit go­ tischem Schnitzwerk gezierte eichene Säule in­ mitten des Raumes trug den profilierten Unter­ zug, in den die ebenfalls profilierten und mit Schnitzerei verzierten Balken der Zwischen­ decke eingenutet waren. Die Felder zwischen den Balken bestanden jeweils aus einem brei­ ten, eingenuteten Brett. Reich profilierte eiche­ ne Eckpfosten trugen ebensolche Mauerlatten, die gleichzeitig das Wandauflager für die Dek­ Im Rittersaal kenbalken und den Anschluß der Decke an die 2. Stock, Raum mit Resten einer wuchtigen Eindruck gemacht haben muß. getünchten Mauern bildeten. Die südliche Renaissancebemalung Schloß und Reiterhaus haben im Laufe der Mauer enthielt 3 Fenster, während sich gegen Jahrhunderte ihr Gesicht sehr stark verändert. Osten, gegen die Eyach 3 Fenster und 1 Türe Der wertvollste Teil des Baues, der in seiner Die Gründung der Umfassungsmauern des öffneten. Diese Türe führte hinaus auf einen äußeren Struktur 'teilweise, in seiner inneren Schloßes war von Anfang an sehr mangelhaft. Laubengang, der wahrscheinlich dem Umbau fast vollständig erhalten werden kann, ist der 2. Die Fundamente reichten durchschnittlich im Jahre 1682 zum Opfer fiel. Die Stichbalken , Stock. In kräftigen Ueberkragungenist er in kaum 60 Zentimeter unter die Terrainlinie. sowohl des Fußbodens als auch der Überda• alemannischer Bundbauweise auf dem massi­ Wohl standen sie auf gewachsenem Grund. An chung dieses Laubenganges wurden damals ven Gemäuer aufgesetzt. Die tragende Kon­ der Ostseite aber war dieser bei Errichtung der außen abgesägt, während ihre Enden durch die struktion besteht außen und innen aus Eichen­ unteren Zwingmauer abgegraben worden, so Mauer in den Raum über der Zwischendecke holz. Dazwischen waren durchweg Bohlenwän• daß die Fundamentsohle der östlichen Mauer hereinragten. An der Süd-Ost-Ecke wiesen die de waagrecht eingenutet. Später wurden die­ dem Druck nicht standhielt und denselben auf oberen Stiche, bis zu denen anno 1682 das Mau­ selben an den Außenwänden teilweise heraus­ diese untere Zwingmauer übertrug. erwerk erneuert wurde hinüber zum Wasser- genommen und die Felder als Fachwerk ausge­ Die J ahreszahl1682 ist an einem der Fenster- turm auf die entsprechenden Balkenenden. mauert. Andere Teile der Außenwand, deren stürze des ehemaligen Rittersaals eingemei- Zwischen diesen befindet sich am Turm die zu­ Innenkonstruktion der Bohlen nicht entbehren selt. Das war das Jahr, in welchem die Ostseite gemauerte Türe, so daß hier einwandfrei die konnten, wurden mit einer vorgesetzten Back­ ihr bisher gewohntes Gesicht mit dem spitzen Verbindung des Turmes mit der Laube des Ge­ steinschicht verkleidet. Die südliche Wand war Fachwerkgiebel erhielt. Infolge der mangelhaf- bäudes angenommen werden darf. Es war dies zum größten Teil um zirka 20 Zentimeter zu­ ten Fundation muß schon damals der Bau nach die Verbindung mit der im Turm eingebauten rückgenommen worden, während die Ostwand dieser Seite hin gewichen sein. Bei jenem Um- Schloßkapelle. von der Nordwand des Ritter­ beim Umbau im Jahre 1682 auf die Flucht der bau wurde die Süd-Ost-Ecke bis zum Funda- saales, die leider nicht mehr im alten Zustand ' massiven Umfassungsmauer zurückgesetzt ment erneuert und zwar zweifellos deshalb, erhalten war, mag eine Verbindung über den und der ehemalige Walm zum Giebel umge­ weil sie nach Osten hin nachgegeben hatte. Wehrgang zum Reiterhaus bestanden haben, wandelt wurde. Das Fachwerk dieser Ostfassa­ Heute nun, zu Beginn unserer Baumaßnah- vorausgesetzt, daß nicht außen an der Nordsei­ de wurde als tannenes Ringelfachwerk, der da­ men, war die 1 m - 1,30 m starke obere Umfas- te ein Verbindungsgang entlangführte, der den maligen Zeit entsprechend, ausgeführt und ist sungsmauer bereits wieder derartig zerrissen, Wehrgang.von ~~r Hauptt~.eppeaus zugängli~h heutevollständig ausgewittert. Die Holzverbin­ daß beim Versuch des Unterfangens ihrer Fun- machte. DIe getunchte!1 W~nde des Saales zeig­ dungen der ursprünglich vorgekragten Giebel­ damente größte Einsturzgefahr bestanden hät- . ten noch Reste der einstigen Bemalung. Der konstruktion waren am mittleren Unterzug te. Die südliche Umfassungsmauer war nur- Fries über den Fenstern war bedeckt mit latei­ und an den Pfetten und Schwellen der Seiten­ mehr zu einem Drittel aus alter Zeit erhalten. nischen Sinnsprüchen, deren einer folgenden wände sämtliche noch erkennbar. Diese ver­ Nach der Planung sollte dieser Teil entlastet Wortlaut hatte: "In Portu navigat, Qui Divinae schiedenen Abänderungen hatten den Bau all­ und in den neuen Mauerverband eingefügtwer- volunta~i Suam. conformat" (~m Hafen segelt, mählich so entstellt, daß er unserer heutigen den. Infolge seiner Schadhaftigkeit stürzte er we~ semen WIllen dem WIllen Gottes.. an­ Generation ein vollkommen verzerrtes Bild der jedoch nach der Entlastung in sich zusammen. gleicht). auch das Holzwerk des Saales durfte , einstigen Form und Struktur des Gebäudes Die nördliche Mauer wies keine alten Bestand- einst in passenden Tönen und Mustern bemalt übermittelte. Mit der Zustimmung des Landes­ teile mehr auf. gewesen sein. Die südliche Wand der Vorhalle amtes für Denkmalpflege wird nunmehr diese Sie wurde seinerzeit durch den Ausbruch ei- enthielt ein Spitzbogenfenster, einstens aber umstrittene Ostfront wieder das Gesicht erhal­ nes Scheunentors und anderer Öffnungen zer- ein~.Tür, ~ie vermutli~hden Ab!?ang zum Zwin­ ten, das vor dem Umbau im Jahre 1682 dem Bau stört, als das Gebäude zu brauereigewerbl. und ger uber eme Außenstiege vermittelte, sein charakteristisches Aussehen gab, und das landwirtschaftlichen Zwecken verwendet wur­ de. Das Gemäuer wird wieder hergestellt als Bruchsteingemäuer aus sogen. Malbsteinen, dem Kalkstein, wie er heute noch oft hier Ver­ wendung findet. Die Eckquader, sowie die Fen­ ster- und Türumrahmungen sind aus Sand­ stein, sie werden so weit möglich wieder ver­ wendet oder ergänzt. Von Interesse ist, daß die alten Mauern beim Umbau im Jahre 1682 ver­ putzt wurden und eine Renaissancebemalung , erhielten, deren Spuren vom Baugerüst aus deutlich erkennbar waren. Die ursprüngliche innere Einteilung war folgende: Das Untergeschoß enthielt einen Keller­ raum, der durch einen Gang mit einem 2. au­ ßerhalb des Grundrisses liegenden tieferen Keller verbunden war. Das Erdgeschoß kann ehemals nur Nebengelasse und Wirtschafts­ oder Gesinderäume enthalten haben, da es le­ diglich durch hochgelegene, kleine Fensteröff• nungen beleuchtet war. Sein Inneres ließ kei­ nerlei Schlüsse mehr zu auf eine frühere Raumeinteilung. ' Der 1. Stock hingegen wies einen vollständig klaren Grundriß auf. Quer durch das Gebäude lief die Vorhalle, die vermutlich über einen äu• ßeren Aufgang betreten wurde. Die Trennwän• de gegen die angrenzenden Gemächer bestan­ den aus senkrechten Pfosten mit dazwischen­ genuteten breiten Dielen. Die Nuten am oberen Gebälk waren noch erkennbar. Diese Wände waren bemalt, entsprechend der Balkendecke mit dem 'eingeschobenen Streifboden. Die rei­ zenden Motive der Deckenbemalung sind im Lichtbild festgehalten. Die Decke wird soweit 2. Stock Seite 604 Heimatkundliehe Blätter Balingen Juli 1987

in .seiner Wir kung als , das Wa hrzeichen der eingefallen, sie ließen landesweit die sog. Zol­ ge der Entwicklung des automatisierten Lie­ Stadt de m bisherigen Bild in keiner Weise lernsch loßlotterie veranstalten. Diese erbrach­ genschaftskatasters setzte man die Arbeiten nachstehen dürfte. te immerhin 13374 Mark. des automatisierten Liegenschaftsbuches an Soweit die Beschreibung Architekt Egel ~ Im Sommer 1937 war der Innenausbau des die erste Stelle wegen de r gleichzeitig begin­ haafs aus dem Jahre 1935. Abriß und Wieder­ Gebäudes soweit gediehen, daß nun schließlich nenden Arbeiten be im Grundbuch. aufb au gingen zügig voran, bereits im Juni 1936 auch über seine künftige Nutzung entschieden "Diese Programme wurden im eng en Kon­ konnte das Richtfest gefeiert werden. Eine zu we rden mußte. Die Hitlerjugend wolte den gan­ takt mit der, Grundbuchverwaltung und über diesem Anlaß -geplante Gemäldeausstellung zen Bau für sich. In einer regen Aussprache des die Bundesländer hinweg erstellt und be finden "alter und neuer Balinger Meister" kam leider ' Gemeinderats kam jedoch eindeutig zum Aus­ sich in einem Probebetrieb ." nicht zustande, da die um Entleihung von Ge­ druck, daß auch das Heimatmuseum darin sei­ "Sie ermöglichen sowohl die selbständige maldenange schriebenen Museen und Galerien nen Platz haben sollte, damit dessen Schätze Führung des automatisierten Liegenschaftsbu­ ihre Kunstschätze dazu nicht zur Verfügung endlich eine ihnen angemessene Präsentation ches als auch die Integration mit dem Grund­ stellen wollten. Zur Finanzierung des Baues erfahren. buch." war den Stadtvätern etwas besonders schlaues (Schluß) Literatur: Reist, Hugo: Verrriessungsrecht -fiir Baden-Württemberg Innenministerium Baden-Württemberg: Liegenschaftskataster und Grundbuch Vermessungs- und Kartenwesen von Rudolf George Humor "Das Liegenschaftskataster ist eine notwen- dener Nummerngruppen verschmolzen werden Weißt Du, warum noch vor des Frührots Schein dig funktionelle Voraussetzung für die Grund- konnten. Der Hahn Dich schreckt durch sein eindring­ buchführung." Nur ein Flurstück, das in der Um die Flurstückszahl zu vermindern, waren lich Schrein? Landesvermessung festgelegt und im Liegen- die Vermessungsbehörden durch das Gesetz Weil wieder eine Nacht vom Leben schwand, schaftskataster ausgewiesen ist, ist mit hinrei- über die Beurkundungs- und Beglaubigungsbe­ undDu schläfst sorglos in den Tag hinein. ehender Deutlichkeit lokalisiert und deshalb fugnis befugt, Anträge des Eigentümers auf Omar der Zeltmacher verkehrsfähig. , Vereinigung und Teilung von Grundstücken öf- In Württemberg fußte der Vorläufer des fentlich zu beglaubigen bzw. zu beurkunden. Der Pensionär Grundbuchs, das Güt~r~~ch und das Servitu- Um das zu erstrebende Ziel der Vollständig• Ihn stört in seinem Lustrevier tenbuch, auf dem Pm~arkataster. In ~ad~n keit und Richtigkeit des Grundbuchs zu errei­ kein Mensch, kein Tie r war das L~"gerbuch die Grundlage fu~, die chen, muß man ständig darum besorgt sein, das und kein Klavier. Grundbuchfuhrung. Es wur.?e ?-uch Gewährs- . Grundbuch und Liegenschaftskataster in Über• Und niemand gibt ihm weise Lehren, buch genannt und war vollständiger als das alte einstimmurig zu bringen, .~nl;i wegen der anfal­ die gut gemeint und bös zu hören. Grundbuch. lenden Anderungen in Übereinstimmung zu Wilhelm Busch "Das Eigentumsrecht und die anderen dingli- halten. Durch Vorschriften wird bestimmt, daß chen Rechte' an einem Grundstück sind nur in die Grundbuchangaben zur Bezeichnung der Ysop Beziehung auf einen bestimmten Teil der Erd- Grundstücke mit Flächengröße, Nutzungsar­ Hyssöpus offizinalis oberfläche denkbar und zu konkretisieren. Aus ten, Lagebezeichnung aus dem Liegenschafts­ dem Grundbuch muß deshalb ersichtlich sein, kataster zu entnehmen sind. "Im Grundbuch­ auf welchen abgegrenzten Teil der Erdoberfl ä- amt und Vermessungsamt sind dabei auf stän• che sich die Rechte beziehen." dige und vertrauensvolle Zusammenarbeit an- Unter einem Flurstück versteht man einen gewiesen." be~timmten, abg~.markte~ u~d vermessenen Veränderungen tatsächlicher Art an einem Tell der Erdoberfläche. Es Ist em vermessungs- Grundstück werden im Liegenschaftskataster technischer Begriff. Das Grundstück ist ein bu- eingetragen und eine Ausfertigung des Verän• chungstechnischer Begriff. Bei dem sogenarm- derungsnachweises mit Karte wird dem Grund­ ten Personalfolium, das in den ehemaligen buchamt zur Berichtigung zugestellt. Ländern Baden und Württemberg verwendet Veränderungen rechtlicher Art von Grund­ wird, ist das Grundstück unter besonderen lau- stücken, die dann vorliegen, wenn die geome­ fenden Nummern gebucht. Be i Realfolium, das trisehe Form des Grundstücks durch Zerlegung in den ehemaligen Fürstentum Hechingen und oder Verschmelzung oder bei Berichtigung ge­ Sigmaringenverwendet wird, hat jedes Grund- ändert wird, können im Liegenschaftskataster stück im Regelfall ein besonderes Grundbuch- nur vorläufig bearbeitet werden; erst nach dem blatt. Grundbucheintrag kann das Liegenschaftska- "Das BGB (Bürgerliche Gesetzbuch) und die ' taster endgültig bearbeitet d. h, fortgeführt GBO (Grundbuchordnung) gehen davon aus, werden. Kann die vorgesehene Anderung ins daß die Begriffe Grundstück und Flurstück Grundbuch nicht übernommen werden, wird identisch sind; daß also ein durch Abgrenzung die Ausfertigung des Veränderungsnachweises und Vermessung tatsächlich geschaffenes Flur- an das Vermessungsamt zum Zwecke der ent­ stück auch ein Grundstück im Rechtsinne sein sprechenden Aufhebung zurückgegeben, dabei soll." müssen unter Umständen Grenzsteine wieder Abweichungen davon regelt § 890 des BGB, entfernt werden. Eine vorläufig~ Kennzeich­ wonach ein Grundstück aus mehreren Flur- nung der Grenzpunkte durch Pflocke und der­ stücken bestehen kann. Dieser Paragraph hat glei.?hen (wenn .das entsprechende R:~chts~e­ im früheren württembergischen Landesteil be- schaft erst ~uf die Vermessung folgt) hatte e~ne Der sehr selten gewordene Ysop gehört auch sondere Bedeutung für die Numerierung. In er.neute Prufung der Grenzpunkte d. h. ~me zu den Lippenblütlern wie die Taubnesselar­ den Primärkatastern sind aus steuerlichen Wiederholte. Vermessu?g zur Folge. .um diese ten. Man fand ihn früher im Balinger Raum, Gründen für die Grundflächen der Gebäude, Doppelarbeit zu vermelden, .~rfolgt die ~bmar­ bei Veringen und am Hohenneuffen. Bekannt für die Flurstücke, die Wege, die Eisenbahnen ~ung vor de~ ~ec~tsgesc~aft, wenn.sle. auch ist der Standort am Hang der Ruine Hunder­ und die Gewässer besondere Flurstücke gebil- I~~e Rechtsgültigkelt erst Im Nachhmem er- singen im Großen Lautertal. Das dunkelblau det und diese in Gruppen zusammengefaßt ha~b' h di d G' db h t blühende Pflänzchen wird bis zu 50 cm hoch d . d G ' da mit 1 bezi d er auc re em run uc en nomme- wor er:; Je e rup~e wur e ~I egmnen nen Angaben des Liegenschaftskatasters (Ei- . und zeigt seine Blüten im Juli und August. Sei­ numen~r t (N~menerungs.?-bteIlung) . So ent- gentümerangabe, Erbauberechtigte, Grund­ ne Blätter sind lanzettlich und gegenständig. stand em Gebaude-, Feldguter- und Wegekata- buchstellen) müssen mit dem Grundbuch in Die Blüten sitzen in Büscheln in den Blattach­ ster usw:: . . Ubereinstimmung gebracht werden. Hierzu seln und sind selten rötlich und weiß. Der Ysop .Flurstucke verschiedener ~~~enerung~ab- teilt das Grundbuchamt die Grundbuchverän• wird auch im Garten als Gewürz- und Heil­ teI l unge~ konnten katastermäßig aber nicht derungen dem Vermessungsamt durch die Ver­ pflanze angebaut. Er enthält Bitterstoffe, Ge rb­ unter emer Nummer zusammengefaßt (ve r- änderungsliste zur Fortführung des Liegen- stoffe und wenig ätherisches Öl und wirkt m a­ schmolze n) werden. . schaftskatasters mit. genstärkend und verdauungsfördernd. Weit Im Grun.?buch konnte zwar eine Gebäude- Seit Beginn der siebziger Jahre unseres verbreitet ist der Ysop im Mittelmeerraum auf und Feldguterparzelle (z. B. Wohnhaus und Jahrhunderts ist man bestrebt die in den Bü­ sonnigen kalkhaltigen Felsen und Schutthal­ G ~rten) zu ei ner rechtlich~nEinheit (G:.u?d- ehern, Registern und Karte~ des Liegen­ den. Kurt Wedler stuck) verbunden werden; eme katastermä ßige schaftskatasters und die im Grundbuch gespei­ Einheit durch Verschmelzung zu einem Flur- cherten Daten künftig mit Hilfe der.Datenver- Herausgegeben von der Heimatkundlichen Vereini­ , stück war nicht mö glich. Erst nach später erlas- arbeitung zu verknüpfen. Dieses Vorhaben gung Balingen. Vorsitzender: Christoph Rolle r, Balingen, Am Heu- senen Verfü gungen und Verordnungen vomJu- wird Grundstücksdatenbank genannt. Mit ihr berg 14, Te lefon 7782. , ' stizministerium, des württembergischen Steu- ist beabsichtigt, den Aufwand für die her­ Redaktion: Robe rt Kohler, Balingen, erkollegiums und des Innenministeriums war kömmliche Führung durch die elektronische Königsb erger Straße 89, Telefon 6336, es möglich, bzw. wurde angeordnet, Grundstük- Datenverarbeitung zu verringern und zugleich Die Heimatk undlichen Blätter erscheinen jeweils am ke zu verschmelzen oder zuzuschreiben. Es das Inform ationsbedürfnis ei nes jeden Bürgers Mon atsend e als ständige Beilage des "Zollern-Alb-Ku­ wurde sogar erreicht, daß Flurstücke verschie- und der Verwaltung optimal zu erfüllen. Im Zu- riers". ..~~...... ehe Blätter

Jahrgang 34 31. August 1987 Nr.8 Onstmettingen als Keimzelle . des Waagenbaus im Zollernalbkreis von Alfred Munz Ist der Titel nicht zu lokalpatriotisch? Ist Onstmettingen, dieses hochgelegene und im 18. Jahrhundert durch Landes- und Konfessionsgrenzen eingeschnürte, damals verkehrsmäßig überaus ungünstig gelegene Dorf tatsächlich der Ausgangspunkt für einen im 19. Jahrhundert und bis heute so bedeutenden Industriezweig? In der Oberamtsbeschreibung von 1880 heißt es: Was das Gewerbe betrifft, so gebührt unstrei- tig ein Ehrenplatz in der Geschichte der ge­ werblichen Entwicklung Württembergs dieser Gemeinde, deren Ruf Dank dem dort heimi­ schen Feinmechaniker-Gewerbe weit über die Grenzen unseres engeren und weiteren Vater­ landes hinausgeht. Es ist in der That einzig, wie a. a.. Xwten des ~ ftanJ". in dieser Landgemeinde eine Kunst, welche ·1J .S~. man sonst nur in größeren Städten, an Sitzen c.,4lond. von Universitäten und anderen wissenschaftli- chen Anstalten für lebensfähig hält, sich ausge­ bildet und seit einem vollen Jahrhundert in blü• hendem Zustande erhalten. Wenn also in Onstmettingen eine Sonderent­ wicklung im Bereich von Gewerbe und Indu­ strie stattfand, wie kam es dazu? Hat der Staat, damals verkörpert durch Herzog Karl Eugen, i mit Fördermitteln eingegriffen? War ein Mä- I zen, eine Institution am Welrk, die Geld bereit- . / gestellt haben? Nichts derg eichen. Bittere Armut und beengende Verhältnisse waren Grundlage und Triebkraft für eine ein- I zigartige Entwicklung. Im absolutistisch re­ gierten Herzogtum Württemberg war beson-

tingen. Die "Befreiung" erfolgte also nicht auf politischem Gebiet durch irgendwelche revolu­ tionäre Taten, sondern dank der naturwissen­ schaftlich-technischen Sonderbegabung Hahns auf gewerblichem Gebiet. Dabei trafen mehre­ re günstige Umstände zusammen, die zu der so folgenreichen, bis heute andauernden und für die Bevölkerung des Kreises und darüber hin­ aus wirtschaftlich bedeutenden Entwicklung der Waagenindustrie führten.

1. Kleine "bewegliche Weltmaschine, welche für Se. Hochfürstliche Durchlaucht, den regieren­ Ph. M. Hahn traf in Onstmettingen bei den den Fürsten zu Hohenzollern Hechingen ver­ Schmieden, Zimmerleuten, Drehern und fertiget worden" (1769 von Hahn / Schaudt in Schreinern einen stark besetzten, .sehr qualifi­ Onstmettingen). zierten Handwerkerstand an. Dies geht u. a. daraus hervor, daß er in einem Gutachten für ders in der ersten Regierungshälfte des Her­ die Stadt Balingen, die Einrichtung einer Pfer­ zogs Karl Eugen kaum Luft zum Atmen und demühle betreffend, schreibt: "Wann hier oder Brot zum Leben. Und die Verkehrsverhältnis• da, jetzt oder inskünftige eine dergleichen an­ se! Eine Straße führte nach Ebingen, ein zurichten wäre, so wollte ich einen Zimmer­ Postreiterpfad nach Hechingen. Dazu kamen mann von hier Namens Jh. Georg Köhlhofer der eine und andere Fußweg ins Killer- und darzu anrathen, theils weil er das Mühlradma• Thanheimer Tal. Aber es ging über eine Gren­ chen wohl versteht, theils weil er meinen Sinn ze, Zollgrenze, und eine umstrittene Jagdgren­ bey diesem Angeben am besten capiert hat und ze, die in der ersten Hälfte des 18. J ahrh. bei wirklich in Balingen um etlich und 70 Gulden Auseinandersetzungen Onstmettinger Frei­ vor Müh, Eisen, Schneidlohn und alles, ausge­ pirschler mit hohenzollerischen Jägern eine nommen das dazu benöthigto Holz, das Werk . ganze Reihe von Todesopfern forderte und an­ brauchbar darzustellen, übernehmen und gut dere Onstmettinger zu Flucht und Auswande­ davor stehen will." rung swang. Von besonderer Bedeutung wurde für Hahn, I , I In Onstmettingen herrschten also äußerst daß es bei seinem Aufzug in Onstmettingen be­ s. Schuh.. eingeengte Verhältnisse, in denen sich ein reits drei Schmiede gab, die auch Uhren her­ Drang nach Ausweitung und Befreiung auf­ stellten. Es waren dies die taubstummen Brü• staute, der nur eines Anstoßes bedurfte, um der Johannes und Paulus Sauter sowie deren Ursprüngliches Aussehen der astronomischen sich einen Auslauf zu schaffen. Vetter Joh. Jacob Sauter. Von ihnen lernte der Uhr, die 1769 von Ph. M. Hahn und Ph. G. Der Anstoß wurde durch Ph. M. Hahn gege­ Schulmeister Philipp Gottfried Schaudt das Schaudt in Onstmettingen gefertigt wurde. ben. Er war von 1764 - 1770 Pfarrer in Onstmet- "Arbeiten in Messing und Eisen", was eine Vor- Seite 606 Heimatkundliehe Blätter Balingen August 1987 aussetzung dafür war, daß große und prazis der Landwirtschaft auf Feldern, die durch­ laufende astronomische Uhren und Planeta­ schnittlich 900 m hoch lagen und häufig geringe rien hergestellt werden konnten. Ph. M. Hahn Böden hatten, konnten die vielen Menschen hatte ja zuvor eine astronomische Uhr in Holz nicht leben. Zwischen 1746 und 1755 wanderten fertigen lassen und war damit nicht zum Ziel allein 36 Onstmettinger, darunter 4 kinderrei­ gekommen. che Familien, nach Amerika aus. Andere zogen nach Polen und junge Burschen ließen sich zu 2. den Soldaten anwerben. Viele suchten als Handwerker eine Existenz aufzubauen. So war Als Hahn 1764 sein Amt als Pfarrer antrat, das Handwerk überbesetzt, und Aufträge und hatte 0nstmettingen etwa 900 Einwohner. Von Absatz nach auswärts wurden dringend benö• tigt. In dieser Situation ließ Ph. M. Hahn den Jugendfreund und Schulmeister Ph. G. Schaudt eine, zwei, drei astronomische Uhren bauen. Die Uhren wurden an Herzog ,Karl Eugen, den Markgrafen von Baden und Fürsten von Hechingen geliefert. Eine neue Welt tat sich für einige unternehmungshungrige Onstmettinger auf. Dazu kam die Konstruktion einer neuarti­ 'gen Neigungswaage, die den Schmieden eine zusätzliche Produktion eröffnete. Was also Hahn, der selber ja nicht als Mecha­ .niker arbeitete, in die Onstmettinger Situation einbrachte, waren Ideen, Erfindungen, Kon­ struktionen und die Verbindung zu Fürstenhö• fen. Er stieß den Onstmettingern die. Tür zu einer größeren, faszinierenden Welt auf, durch die sich einige voller Eifer und Kraft auf den Weg machten. Uhr des Schmiedes und Waagenbauers Simon Hahn'sche Neigungswaage mit Tropfstein als Sauter, mit Läutwerk, das sonntags um 9 Uhr Balanciergewicht. 3. abläuft. Ehe wir den Weg verfolgen, ist des Schulmei­ sters Schaudt (1739 - 1809) zu gedenken. Er ver­ mittelte in einem langen· Schulmeisterleben nicht nur zeitgenössisches Schulwissen, son­ dern hatte sich auch zu einem überaus genau arbeitenden Techniker und Uhrenmacher her­ angebildet, der die Gedanken und Pläne Ph. M. Hahns von ihrem Sinn'her verstand und sie in bewundernswerten Werken verwirklichte. Die astronomische Uhr des Markgrafen von Baden (heute Schloß Salem) wird in der Aus­ stellung zu sehen sein. Hahns Erfindungen, Anregungen und Aufträge führten nun in Onst­ mettingen zu einer vermehrten Herstellung von Uhren, Waagen und daneben immer auch noch von Büchsen und Pistolen. Besonders die Huf- und Waffenschmiede, Uhrenmacher und Waagenbauer der Familie Sauter sind hier zu erwähnen, weil sie mit großer Energie und Fin­ digkeit ihre Werkstätten ausbauten. Ihr Vor­ wärtsdrang wird an den Kindern des J oh. J aco b Sauter, also der Generation nach Ph. M. Hahn, besonders deutlich. Es sind dies: Joh. Jakob, geb. 1770, arbeitete ab 1789 in Kornwestheim, wahrscheinlich bei David Hahn, dem Bruder Ph. M. Hahns, und wurde später Hofmechani­ ker in Stockholm; Joh. Gottfried, geb. 1773, ab 1794 Uhrmacher in Urach; Johannes, geb. 1774, ab 1797 Uhrmacher in Straßburg: Dorothea, geb. 1776, Uhrmacherin, heiratete den Hofme­ chaniker Wirth in Donaueschingen; Joh. Lud­ wig, geb. 1780, Uhrmacher in Esslingen; Matt­ Papier-Waage von Gottlieb Kern (um 1850). h äus, geb. 1788, ab 1817 Uhrmacher in Balin­ gen. In Onstmettingen blieb Simon (1784 ­ daß Onstmettingen die Keimzelle des Waagen­ 1831) als Huf- und Waffenschmied, Mechaniker baus im Zollernalbkreis und weit darüber hin­ und Uhrmacher. aus war, nachweisen. Sein ältester Sohn Joh. Jakob (1808 - 1844), Die Blütezeit des Onstmettinger Waagen­ Mechanikus, eröffnet als erster Onstmettinger baus war um 1900. In' der Oberamtsbeschrei­ seine Werkstatt in Ebingen, und sein Sohn Au­ .bung von 1880 heißt es: "Wir finden in Onstmet­ gust Sauter gründete dann 1856 die heute noch tingen heute 6 solcher Geschäfte, die zusam­ in Ebingen bestehende gleichnamige Firma. men mit ca . 100 Gehilfen arbeiten und jährlich Eine besondere Breitenwirkung erreichte annähernd 10000 Waagen produzieren. Ihr Ab­ der Mechanikus Gottlieb Kern (1819 -1886). Er satzgebiet erstreckt sich über den ganzen Kon­ gründete 1845 eine eigene Werkstatt.in Onst­ tinent, England und Amerika, so daß wohl be­ mettingen, heiratete die Witwe des früh ver­ hauptet werden darf, die Waagenfabrikation storbenen Philipp Matthäus Sauter und verei­ werde in gleichem Umfang an keinem andern nigte dessen Werkstatt mit der eigenen. Sein Platz Deutschlands betrieben." Heute gibt es in Stiefsohn Albert Sauter eröffnete 1869 in Ebin­ Onstmettingen nur noch die Waagenbaufirma gen eine Werkstatt, und seit 1870 heißt die Fir­ Haigis, welche vorwiegend Diamantwaagen ma "Kern & Sohn", ist Deutschlands älteste herstellt. Feinwaagenfabrik und heute noch im Fami­ Zu welcher wirtschaftlichen Bedeutung sich lienbesitz. Sechs Kern'sche Lehrlinge, darun­ die Fertigung von Präzisionswaagen und -ge­ ter Ludwig Bosch aus Jungingen, gründeten wichten entwickelte, mag daran abgelesen wer­ Gesamtansicht und Abbildung des Monatska­ später eigene Firmen. den, daß 1905 52% aller Eichungen von Präzi• lenders mit Planetenlauf der astronomischen Es würde zu weit führen, die Entstehung und sionswaagen und 77% aller Präzisionsgewichte Uhr für den Markgrafen von Baden. Die Signa­ Entwicklung der anderen Waagenbaufirmen des Deutschen Reiches im Eichamt Ebingen er­ tur lautet auf deutsch: Pfarrer M. Hahn, Onst­ und den Zusammenhang mit den Onstmettin­ folgten. 1968 wurden 34 % der Präzisionswaa• mettingen, hat sie erfunden, Phil. Gottfr. ger Werkstätten aufzuführen. In der Ausstel­ gen und 66 % der Präzisionsgewichte aus der Schaudt, Schulmeister ebendort, hat sie gebaut lung wird diese eine Schautafel aufzeigen und Fertigung der Bundesrepublik im Bereich des 1769. die Berechtigung des Ausstellungstitels, eben Eichamts Albstadt geeicht. . August 1987 Heimatkundliehe Blätter Balingen Seite 607

· S ff b hi d sichtbar gemacht und zum anderen vermieden Die tau en ergarc Ive un werden, daß die breite bäuerliche Bevölke- rungsschicht Stoffe und Gewebe aus dem Aus- e land bezog und damit die einheimische Textil- die Ortsgeschichte von Lautlingen wirtschaft schädigte. Die um 1712 von Herzog von Dr. Otto H. Becker Eberhard Ludwig erlassene Kleiderordnung beispielsweise schrieb vor, daß die Bauern auf Im Rahmen der Heimattage Baden-Würt- 1627 gezeigt. Eine andere Gruppe von Archiva- "gute" Stoffe, reich verzierte Kleider und temberg 1987 wird das Staatsarchiv Sigmarin- lien ist der Geschichte der Gemeinde und ihren Schmuck verzichteten und sich lediglich in den gen vom 9. bis 23. September im Schloß Lautlin- . Organen gewidmet. , Farben schwarz, grau und blau kleideten. gen eine Ausstellung mit dem Thema "Die Die über 100 Exponate umfassende Ausstel- Nicht nur für den Eigenbedarf wurde in den Stauffenbergarchive und die Ortsgeschichte lung, die neben schlichten Siegelurkunden, sogenannten "Lichtstuben" produziert; neben von Lautlingen" zeigen. Die Ausstellung be- Bänden und Akten auch prächtige Stammta- Kleidungsstücken und Geweben für die eigene steht aus Originalen und davon angefertigten feIn, Prunkdiplome und kostbare Gegenstände Aussteuer oder die Familie wurde ein Teil der Reproduktionen, die in den Deposita 36 (Frei- aufweist, wie z. B. die Diplome über die Erhe- Produkte für denkbar niedere Löhne an Händ• herrl. Schenk von Stauffenbergisches Archiv bung der Schenken von Stauffenberg Wilflin- ler und Verleger abgeführt. In den "Lichtstu­ Wilflingen/Geislingen), Abt. Geislingen, 37 ger und Amerdinger Linie in den Reichsfrei- ben" trafen sich überwiegend junge, unverhei­ (Gräfl. Schenk von Stauffenbergisches Archiv herrenstand aus dem Jahre 1698 und des Frei- ratete Mädchen und Frauen in der kälteren Lautlingen) und 38 (Gesamtarchiv Schenk von herrn Franz Ludwig Schenk von Stauffenberg Jahreshälfte, um hier Arbeiten wie Spinnen, Stauffenberg) des St~atsarch~vs Sigmaringen in den erblichen Bayerischen Grafenstand aus Sticken oder Stricken zu verrichten. Die "Licht­ verwahrt werden SOWIe aus Leihgaben der Gra- dem Jahre 1874 sowie das Reise-Necessaire des frau" stellte während dieser Zeit einen Raum fen und Freiherren Schenk von Stauffenberg. Fürstbischofs Johann Franz von Konstanz und zur Verfügung, der es den Frauen ermöglichte, . In der e:sten Abteilung.der Ausstellung wird (1658-1740), eine Augsburger Silber- Brennholz wie auch Licht zu sparen. die Geschichte von Lautlmgen unter den ver- arbeit aus dem frühen 18.Jahrhundert wird bei Schon die bildliehen Darstellungen der Re­ schiedenen Ortsherren, den Herren von Tier- den an der Geschichte interessierten'Bürgern formationszeit machen deutlich, daß diese Ar­ b~~g, von Westerstette~und von Stauffenberg, . von Albstadt sicherlich auf große Resonanzsto- beitsgemeinschaften auch die Geselligkeit lieb­ wahrend des Alten RelC~s, der Un~erstellung ßen. Die Dokumentation wird vor allem aber ten. Nach .stundenlanger, eifriger Arbeit, die der Her~sc~aft unte~ württembergische Lan- deutlich machen, daß die Geschichte der heuti- sich die Mädchen mit Singen und Geschichten deshoheit bIS zur Mitte des 19..Jahrhunderts gen Teilortsgemeinde Lautlingen seit dem erzählen aufzulockern verstanden, gesellten anhand v~n Urkunden, Erbhuldigungen. Blut- Spätmittelalter bis zur Mitte des 19. Jahrhun- sich zu vorgerückter Stunde auch einige Bur­ ~annverlelh~ngenu.nd Stammtafeln dokumen- derts ohne die einschlägigen Unterlagen aus sehen aus dem Dorf hinzu, um die Mädchen zu tiert, Es schheßen SIch Dokumente der Grafen den Gräfl. und Freiherrl. Schenk von Stauffen- Spiel, Tanz oder einem kleinen Umtrunkzu be­ Sch.enk vo~ Stauffenberg aus der ne~esten Ge- bergischen Archiven kaum, wenn überhaupt wegen. schichte bIS zur Gegenwart an. In ~le~em Zu- nicht erforscht werden könnte. Da die Lichtstuben neben den Tanzveran­ sammenhang soll vor allem auf personhche Un- Am Samstag, dem 12. September 1987, wer- staltungen nahezu die einzige Möglichkeit bo- terlagen des Grafen Klaus Schenk von Stauf- d di L d hi di kti B d -W" t- h ß h lb I I' h K ' lI d fenberg (1907 _ 1944) hingewiesen werden, wie en re an esarc IV Ire .1On. a ~n u~ ten, sie au er a e ter lC er ontro e em z. B. die Verleihungsurkunde des Deutschen temberg und dCl:s St~atsarchlv Sl~marn:gen l~ anderen Geschlecht anzunähern, und dabei Kreuzes in Gold an den Generälstabsoffizter Zusamme~arbeit.mit dem f\rbe~~s~rels Hel- eventuell einen Partner fürs Leben zu finden, aus dem Jahre 1943. ma~'pfl.ege im Re.glerungs~ezlrk Tubmge~ e. V. ging es hier nicht immer untadelig zu. Spä- Anhand von Einträgen in Lagerbüchern und ' anlaßhc? der Hem:attage.lm Schloß Lautlmgen testens seit dem 17. Jahrhundert versuchten Rechnungsbänden soll sodann die Grundherr- fern~r em Kolloq~!u~ mit d~~ Thema "Adels- Vertreter weltlicher und geistlicher Behörden schaft und der Grundbesitz in Lautlingen bis archl',:e: Q~ellen fur die Fam1l1en~ und Landes- diese "unsittlichen Ausschweifungen" immer zur Mitte des 19 Jahrhunderts rekonstruiert geschichte veranstalten. Auf dieser Tagung wieder durch Verbote der Lichtstuben zu unter­ werden. Eine weitere Gruppe von Archivalien soll das i~ .Rah~en der Heimattage .~986 a~f binden. Zumeist ohne Erfolg. In Ostdorf, wo der soll Einblicke in die rechtlichen wirtschaftli- Schloß Bodighelm begonnene Gesprach ZWl- Kirchenkonvent bereits 1709 erkärte: "Gunk­ chen und sozialen Verhältnisse d~r Herrschaft sehen Eigentümern von Adelsarchiven, Archi- helstueben sind abgestellt!", fand dieses und der leibeigenen Untertanen vermitteln. var~n und Historikern fortgesetz~werden. Brauchtum noch bis in die 30er Jahre unseres Es folgen Dokumente zur Geschichte der Kir- Dl~ Ausstel~un~, zu de~ auch em Katalog er- Jahrhunderts hinein statt. ehe und der Pfarrei Johannes Baptist, zum Pa- schemen soll, 1Stin dem eingangs angegebenen Susanne Goebel tronatsrecht und zu geistlichen Stiftungen. In Zeitraum jeweils dienstags bis freitags von 9 diesem Zusammenhang wird u.a. auch der Stif- bis 12 und von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Montags tungsbrief der Barbara von Westerstetten, geb. sowie am 12. September ist die Ausstellung ge­ .Von der Hausarbeit zur ,Schenkin von Stauffenberg, für die Armen von schlossen. Führungen sind nach Voranmel­ Lautlingen und Margrethausen sowie für das dung bei Herrn Stadtarchivar Dr. Lang, Alb­ Trikotindustrie Siechenhaus in Kaiseringen aus dem Jahre stadt-Ebingen (Tel. 07431/162120), möglich. Die Entwicklung von der Hausarbeit über die Manufaktur zur Fabrik wurde Mitte des 19. Jahrhunderts eingeleitet: Die Strumpfwirkerei, von der die meisten Talgangbewohner gelebt Von Menschen, Maschen und Maschinen hatten, war in eine Krise geraten. Billige Ware aus England verdrängte die teuren Strümpfe Eine Ausstellung zur Entwicklung der Maschenindustrie in Albstadt der schwäbischen Hauswirkereien vom Welt­ Ebingen und die Ansiedlungen der näheren destens gleichrangig neben den theoretischen markt. In England wurde eben schon indu­ .Umgebung haben sich seit dem ausgehenden Erkenntnissen der Ausstellungsarbeit stehen striell produziert und Württemberg war da ver­ Mittelalter mit sprichwörtlich "schwäbischem" und den Besuchern die Geschichte ihrer Vor­ gleichsweise rückständig. Diese Rückständig• Fleiß und Erfindergeist von einem bäuerlichen fahren, ihrer Heimatstadt oder ihres Lebens­ keit wurde von fortschrittlichen Menschen wie Gebiet zu einem wichtigen Zentrum der Textil- raums möglichst anschaulich nahebringen. Ferdinand Steinbeis angegangen: Die Grün• industrie entwickelt. Karge Böden, rauhes Kli- Die Wurzeln der Textilindustrie reichen bis dung der "Centralstelle für Handel und Gewer­ ma, Landzerstückelung durch die Erbsitte der in die mittelalterliche Ständegesellschaft zu­ be" bedeutete eine Weichenstellung für die In­ Realteilung und hohe Abgaben an die Grund- rück. Für den heutigen Betrachter erscheint es dustrialisierung. Zünfte gab es bald nicht mehr herren zwangen weiteTeile der Bevölkerung ganz selbstverständlich, daß der Bauer früher und in der Gewerbeordnung von 1862 hatte sich sich durch einen Nebenerwerb wie Spinnen, seine Kleidung selbst anfertigte: Einerseits lie­ der freie Unternehmer durchgesetzt. Weben oder Stricken am Leben zu erhalten. ferten Schafwolle und Flachs die Grundlagen Wie oftmals zu beobachten, setzte die Indu­ Die Tradition des textilen Hausfleißes vor al- dafür, und andererseits bot die landwirtschaft­ strialisierung mit der Textilindustrie ein. Ne­ lern bei Frauen, die sich in veränderter Form ja liehe Ruhezeit in den Wintermonaten hinrei­ ben Manchester-, Samt- und Korsettfabrika­ heutzutage noch wiederfindet, stellt nur eine chend Gelegenheit für die ganze Familie, Vor­ tion begann im Talgang aber ein zukunfts­ der Ursachen dar, die maßgeblich, am wirt- arbeiten zur Kleiderherstellung wie Spinnen trächtigerer Gewerbezweig: Die Trikotindu­ schaftliehen Aufschwung des "Talgangs" zum und Weben zu leisten. Teure Kleidung war für strie. Diese war durch die Erfindung des Rund­ textilen Zentrum beteiligt waren. die zumeist von Armut geplagte bäuerliche Be- wirkstuhls erst möglich geworden, der 1836 Die Ausstellung "Menschen, Maschen und völkerung kaum erschwinglich, so daß es sich nach Ebingen gebracht wordenwar. Ein Unter­ Maschinen" versucht nicht nur die geographi- anbot, den Kleiderbedarf der Familie durch Ei­ nehmen in dieser Branche nahm den denkbar sehen, klimatischen und historischen Bedin- genanfertigung zu decken. einfachsten Ausgangspunkt: Eine Maschine gungen dieser Entwicklung aufzuzeigen son- Daneben wurden die Angehörigen dieses wurde gekauft und in der "unteren" Stube auf­ dern auch die notwendigen gesellschaftlichen Standes auch durch die sogenannte "Kleider­ gestellt. Tag und Nacht wurde dieser Rund­ Voraussetzungen zu beschreiben. Nicht zuletzt · ordnung" dazu verpflichtet, Selbstgesponnenes stuhl gedrillt, die Frauen nähten und die Kin­ soll hier auch auf die Lebensbedingungen von zu tragen: "Selbstgesponnen, Selbstgemacht, der .Jcnopflochten". Arbeitern und Arbeiterinnen des Textilbe- ist des Landsmann beste Tracht", galt für den So war inder Gründerzeit der Unternehmer reichs eingegangen werden, die ja heute noch Bauern in damaliger Zeit als allgemein ver­ sein eigener Arbeiter. Meistens wurde noch für einen beträchtlichen Teil der Erwerbsbevölke- bindlich. Bis in das 18. Jahrhundert hinein wa­ Verleger gearbeitet. Obwohl in den 70er und rung im Albstädter Raum einnehmen. Insze- ren Kleiderordnungen in Europa gang und gä• 80er Jahren Hauswirkerei nach Hauswirkerei nierte Lebensräume, graphische Darstellungen be . Zum einen sollte dadurch die Städteerd• gegründet wurde und nach dem Hinzukauf von und viele Bilder und Photographien sollen min- nung auch im äußerlichen Erscheinungsbild weiteren Maschinen die ersten Manufakturen Seite 608 He imatkundliche Blätter Balingen August 1987

entstanden, gab es vor 1885 keine Fabriken im 70jährigen Frauen erinnern sich zum Bei sp iel, Richtigstellung eigentlichen Sinne. Die Arbeitenden waren daß sie - ebenso wie schon die Mütter und zwar in einer Produktionsstätte konzentriert Großmütter - die fertige Ware im Leiterwägel• In den .Hetmatkundltchen Blättern" vom Ju­ und die Arbeitsteilung hatte sich durchgesetzt, chen bi s'zur Fabrik gezogen haben. li 87 hat Helmut Hauser Leben und Tod des aber erst als die Handarbeit durch die Mecha­ Ein besonderer Berufswunsch war für die Räuberhauptmanns Jakob Reinhard, vulgo nisierung abgelöst worden war, konnte man jun gen Mädchen früher garnicht denkbar. "Hanni kel" ge schildert. In dem Aufsatz wird er­ von Industrialisierung reden. Diese verlief al­ Ganz selbstverständlich gingen sie, gerade 14 wähnt, Mozarts "Zauberflöte" sei 1794 in Leip­ lerdings in den Talganggemeinden in rasantem Jahre alt, nach Beendigung ihrer Schulzeit "ins zig entstanden. Dies ist ein Irrtum. Mozart ist Tempo: Bereits um die Jahrhundertwende ar­ Trikot"; genauso wie es auch die jungen Bur­ bekanntlich 1791 gestorben. Auch ist Leipzig beitete die Mehrheit der Erwerbsbevölkerung schen taten. Meist wurden die Mädchen zu­ nicht Entstehungsort der "Zauberflöte". Mozart "im Trikot". Fast zwei Drittel waren Frauen nächst für Hilfsarbeiten herangezogen, dann ist zwar einmal in Leipziggewesen. (20. bis 22. (meist Näherinnen), so daß schon vor dem 1. nach und nach für bestimmte Nähmaschinen ­ April und 12. bis 17. Mai 1789, er hat dort am 12. Weltkrieg der Mangel an weiblichen Arbeits­ von denen es für jeden Arbeitsgang eine spe­ Mai 1789 auch ein Konzert im Gewandhaus ge­ kräften die Gründung von auswärtigen Nähfi• zielle gibt - eingelernt. Angelernt wurden sie geben, aber es ist dort keine Komposition ent­ lialen erzwang. In den 20er Jahren gab es in eben da, wo gerade Not an der Frau war. standen. Die "Zauberflöte" entstand in Wien den ,,Albstädter" Gemeinden bereits 80 Trikot- In den Familien war der zusätzliche Ver­ und wurde dort zwei Monate vor Mozarts Tod, . fabriken. Es kommt selten vor, daß die Bewoh­ dienst willkommen, manche Mädchen konnten am 30. September 1791, unter der Leitung des ner eines Landstrichs so von einem Industrie­ ihn allerdings auch für sich behalten, um eine Komponisten im Freihaus-Theater auf der Wie­ zweig geprägt sind, wie dies in den Talgarigge­ bescheidene Aussteuer zu ersparen. Wenn die den uraufgeführt. Eugen Gröner meinden mit der Trikotindustrie der Fall ist. So jungen Arbeiterinnen dann heirateten, und das wäre es gerade hier problematisch, unter "Hei­ erste Kind kam, hörten sie mit der Fabrikarbeit mat" nur Brauchtum, Mundart und die Relikte auf und nahmen eine Heimarbeit - oft von ih­ bäuerlichen Lebens und Arbeitens zu verste­ rem vorigen Arbeitgeber - an. Die besser be­ Mädesüß hen. Industrielle Arbeitswelt sowie Lebenswei­ zahlte Fabrikarbeit konnte nur von solchen Ar­ (Wiesengeißbart) se und Kultur der Trikotarbeiter und -arbeite­ beiterinnen weiterhin ausgeübt werden, wo ei­ Ftlipendula ulmäria rinnen können schwerlich ausgeschlossen wer­ ne Verwandte oder Nachbarin während der Ar­ den, wenn die Albstädter von ihrer Heimat re­ beitszeit das Kind versorgte, doch nachdem den. zweiten Kind spätestens ging auch das nicht Manfred Maul mehr. So folgten der Heirat meist lange Jahre der Heimarbeit, wo Haus-, Feld- und Gartenarbeit, Kinderbetreuung und die Näharbeit während des Tages gut organisiert sein mußten. Abhän• Das Leben der gig von der Höhe des Akkordlohns waren die Heimarbeiterinnen Arbeitszeiten, welche die Frauen vor allem im letzten Jahrhundert zwangen, bis in die Nacht Wenn man ehemalige Heimarbeiterinnen be­ hinein zu arbeiten, und so war die Zeit der fragt, wird man feststellen, wie erstaunlich Nachtruhe meist nur kurz. ähnlich sich die Lebensläufe dieser Frauen Da das Entgelt für die Heimarbeiterinnen sind. Meist sind sie in sehr ärmlichen Verhält• nur als ein Zusatzverdienst zum Lohn des Man­ nissen aufgewachsen. Da war dann der Vater nes angesehen wurde, und auf den Dörfern ge­ Trikotweber und die Mutter, oft auch schon die nug weibliche Arbeitskräfte vorhanden waren, Grußmutter, Heimarbeiterinnen gewesen. Die­ war der Lohn der Frauen sehr niedrig. Da auch se hatten noch auf einer einfachen Tretnähma• der Lohn der Männer ein eher bescheidener schine gearbeitet, die sie meistens hatten selbst war, mußten die Familien ein karges Leben bezahlen müssen. Dazu kamen dann noch Ko­ führen. Die Lebensmittel waren teuer und was sten für das Garn und das Nähmaschinenöl und man selbst herstellen oder anpflanzen konnte; die Nadeln. Manches hat sich im Laufe der Ge­ tat man: So bewirtschafteten die meisten der nerationen gar nicht verändert. Die heute über Trikotarbeiterfamilien noch ein eigens Äcker­ chen oder ein gepachtetes Allmand-Teil, das zu­ mindest genug Kartoffeln lieferte, welche bis nach dem zweiten Weltkrieg noch das Haupt- . nahrungsmittel in der .Albstädter" Gegend darstellte. Die Heimarbeit isolierte die Frauen, und da auch die Fabriklöhne höher waren, zog es viele wieder zurück in die Fabrik, wenn die Kinder selbständig genug waren. Jedoch schätzte auch manche Heimarbeiterin die "Freiheit", die sie in ihren eigenen vier Wänden genoß: Sie konn­ te anfangen zu arbeiten, wann sie wollte, zwi­ schendurch auch mal was anderes tun, und kein Vorgesetzter schaute ihr bei der Arbeit über die Schulter. Der echte Wiesengeißbart, auch Mädesüß Für die Frauen, die dann ihr ganzes Leben und Wiesenkönigin genannt, blüht in seiner an­ lang zu Hause genäht haben, fällt die Entlas­ sprechenden weißgelben Pracht von Juni bis sung ins Rentenalter besonders schwer: Eines September. Das knollige Mädesüß hat oft einen Tages dazusitzen und am ehemaligen Arbeits­ rötlichen Schimmer in seiner Blüte. Die dun­ platz garnichts zu tun, ist unmöglich. Zwar kön• kelgrünen, unten weißbehaarten Blätter sind nen sie sich nun der Gartenarbeit ausgiebig ungleich doppelt gesägt. Zwischen den größe­ widmen und auch im Haus gibt es im mer was ren sind kleinere Blattwüchse zu erkennen. ­ zu tun . Aber das "Nähen", das fehlt. So werden Die Pflanze wird bis zu 2 m hoch und vereinigt Handarbeiten angefertigt, bei denen sie ihre ihre Tausende von Blüten an der Sp itze des Fähigkeit, mit Textilien umzugehen, wieder an­ Sterigels büschelweise zu ei ner einprägsamen wenden-können: So entstehen bei den ehemali­ Gestalt. Die Blüten werden ge sammelt zu Tee • gen Heimarbeiterinnen, aber auch bei den Fa­ gegen Grippe, Schnupfen, auc h gegen Arthritis brikarbeiterinnen, geknüpfte Wandteppiche und Rheumaschmerzen. Die gute Wirkung ist und Sofakissen, ge stickte Wandbilder und Klei­ schon in fr ühester Zeit festgestellt worden. Das dungsstücke, die fü r die Verwandtsch aft lieb e­ Mädesüß findet man auf feuchten Wiesen, an voll angefertigt werden. Bach- und Flußufe rn, oft in Gemeinschaft mit Dab ei ist der heutige Leb en sabend ehemali­ Baldrian, Johanniskraut, Weiderich und Schilf. ge r Trikotarbeiterinnen sicher beschaulicher, KurtWedler als noch vor hundert Jahren: Rentenberechtigt ware n die Trikotarbeiter und -arbe iterinnen damals erst ab dem siebzigsten Lebensj ahr und Herausgegeben von der Heimatkundlichen Vereini­ eine Altersversicherung für Heimarbeiter war gu ng Balingen. Vorsitzender: Christoph Roller, Ba lingen, Am Heu­ erst ab 1922 ge setzlich gerege lt, d. h. daß die berg 14, Telefon 7782. Heimarbeiterinnen noch la nge J ahre auch im Redaktion: Rob ert Kohler, Balingen, Alter nähen mußten oder total verarmten, so­ Köni gsberg er Straß e 89, Telefon 6336. fern sie nicht durch die Familie unterstützt Die Heimatkundlichen Blätter ers cheine n jeweils am wurden. Monatsende als ständige Beilage des "Zollern-Alb-Ku­ Angelika Feldes riers". ~.ehe Blätter ...... eIl-

Jahrgang 34 30.Septernber1987 Nr.9 Schämbergs Wirte in früheren Zeiten Versuch einer lokalen Wirtsgeschichte unter besonderer Berücksichtigung der Bernhard­ Von Wolfgang Pius Bernhard Die kleine, einstmals hohenburgische Stadt Schömberg am Fuße des Steilabfalls der Schwäbi• schen Alb lebte früher von der Landwirtschaft und von seinen relativ zahlreichen Wirtschaften. Die Existenz so vieler Wirtschaften rührte daher, daß das Städtchen am Schnittpunkt zweier großer Straßen lag (der Reichsstraße Hechingen - Rottweil und der Nord-Süd-Achse Rottenburg - Spaichingen), und sie rührte auch daher, daß Schömberg infolgedessen Poststation war. Ein Postort hat schon immer seine Wirte ernährt. Und so hatten auch die Schömberger Wirte alle ein gutes Auskommen. Um 1750 gab es immerhin neun Wirtschaften. Im 14. und 15. Jahrhundert lebte so mancher archiv Stuttgart lagern) in Schömberg "pro Ge­ Schömberger Bürger auch von dem offenbar orgy" 20 fl39 x 3 Hlr und "pro Galli" 23 fl42 x 6 gut florierenden, von Rottenburg ausgehenden Hlr zusammen. Weinhandel. Und wir werden nicht sehr dane- Es gab Zeiten, da waren die Bernhard im Be­ ben liegen, wenn wir annehmen, daß so man- sitz dreier dinglicher Wirtschaften und waren ches Maß von dem damaligen Wirtschaftsgut mit den anderen Wirten zum Teil verschwägert. Wein im eigenen Städtchen ausgeschenkt wur- Sie bildeten über mehrere Generationen eine de. Die Bernhard in Schömberg waren über berufsgebundene Geschlechtergruppe mit den mindestens acht Generationen hin Wirte gewe- Tod, Mager, Koch und Riedlinger, später mit sen. Als es noch differenzierende Unterschei- den Knittel, Kiene und Groezinger. Heute le­ dungen gab, waren sie Weinschenke mit Schild- ben in Schömberg keine Namensträger Bern- gerechtigkeit; später erst Bierwirte. hard mehr. Der Ausschank von Wein und Bier war in Um 1680 ist Hans Bernhardt als Weinschenk Vorderösterreich seit spätestens 1589 mit einer und Schildwirt belegt. Er war einer von vier Steuer belastet: Bei Wein war es der Maaß- Wirten, die es damals in Schömberg gab. Um Pfenning und bei Bier der Bier-Heller. Noch 1710 war Hanß Jacob Bernhardt ebenfalls p15 wurde das von Erzherzog Ferdinand von Weinschenk und Schildwirt. Er war ein wohlha­ Osterreich aufgestellte Mandat "wie fürohin bender Mann, der von 1746 bis 1754 dem Rat Altes Wirtshausschild, das vor langer Zeit die der Maaß-Pfenning solle eingezogen werden" der Stadt angehörte und 1755 noch einen Sitz Schömberger Wirtschaft "zum Adler" geziert bei Valentin Ulrich in der .Kayserl. Oesterrei- im Stadtgericht erhielt. Ebenfalls um 1710 be­ haben dürfte. Es könnte aus der Zeit um 1730 chischen Statt Ehingen" nachgedruckt. Für den gegnet uns Balthasar Mager als Kreuzwirt. stammen und befindet sich heute im Heimat­ Einzug waren jährlich zwei Termine vorgese- 1713 wird ein Martin Weber als Schankwirt ge­ museum in Balingen. hen: Georgi und Galli, 1718 kamen, wie aus al- nannt, der zugleich das Amt des Stadtschrei­ ten Akten zu erfahren ist (die im Hauptstaats- bers ausübte. In der Zeit von 1714 bis 1729 wird wiederholt ein Hanß Georg Doth als "Cronen­ würth" genannt. Um 1730 war dann Hierony­ mus Todt viele Jahre Kronenwirt. Isaak Ried­ linger war Lammwirt. 1733 ist in Stadtgerichtsakten von "Dauidt Hofers Würtshauß" die Rede. Dort war es zu einem Streit mit gerichtlichen Folgen gekom­ men: Ein Bürger führte am 5. September Klage darüber, daß ein Mann aus Weilen ihn "in des Dauidt Hofers Würtshauß in Beysein frembder Leüthe schmächliche Worth im Rausch geben und einen Lügner gescholten habe". Caspar Rottler wird um 1735-1740 (und auch noch 1754 - 1757) als Adlerwirt erwähnt. In al­ ten Ratsakten wird 1739 ein Peter Mager als "Würth" aufgeführt. Von ihm weiß man, daß er Kreuzwirt war, wie sein älterer Bruder Baltha­ sar. Ihre Mutter war eine Maria Bernhardtin. Nach Peter Mager finden wir seinen Sohn Jo­ hann Mager als Kreuzwirt. Er ging 1741 mit Brigitte Eha die Ehe ein. Peters Sohn Joseph vermählte sich 1747 mit der Witwe Genoveva Eha vom "Lamm". Das "Lamm" dürfte um 1770 an einen jünge• ren Johann Georg Todt übergegangen sein, der eine Tochter Isaak Riedlingers geheiratet hatte und 1771 als "Lambwürth" erwähnt wird. Er war vom damaligen Zoller angezeigt worden, weil er "einen alten Schimmel" nach Schwen­ ningen hat .verhandlen lassen" und davon kei­ nen Zoll entrichtete. Nach ihm ging das "Lamm" (spätestens 1794) an Isaak Tod über, der eine Theresia Seyfriz zur Frau genommen hatte. Das Gebäude, in dem sich einst die Wirtschaft "zum Ochsen" befand, wie es sich in den 70er Die "Krone" ging wahrscheinlich 1781 von Jahren darbot. Es wurde gegen Ende 1978 abgebrochen. Fotos: Bernhard Hieronymus Todt auf seinen Sohn Johann und Seite 610 Heimatkundliehe Blätter Balingen September 1987

"beordert", um "die Musick einzubiethen und überhaupt den hiesigen Leuten anzudeuten, daß sie sich nach Hause begeben sollen". Am 31. August 1784 - es war Jahrmarktabend ­ wollte ein "Kaiserlicher Soldat", der davor ein einfacher Müllersknecht war, nicht heimge­ hen, ehe man ihm noch drei Tänze aufgespielt hat. Er wollte auch nicht hinnehmen, daß der Stadtknecht ihm "auf solche Weise begegnet". Es kam zu einem Tumult. Wenige Tage später gab der Stadtknecht beim Stadtgericht zu Pro­ tokoll: "... seye er von erwähntem Dienst­ knecht (dem kaiserlichen Soldaten) bey dem Halse ergriffen, von selbem unter der Bedro­ hung, daß er sterben, und zum Fenster hinaus geworffen werden müsse, auf den Bank vornen in der Stube geschmissen, mit dem Schuhe am Schönbeine verletzet, und der Kragen an seiner Montirung entzwey gerissen worden". Der Sol­ dat gab zu Protokoll: "... und da der Stadt­ knecht zugleich nach ihm gegriffen, habe er selben bey dem Kragen genommen und ein we­ nig herumgewürget, inzwischen aber keine Trotz- oder Scheltworte ausgestoßen". In dieser Sache wurde dann auch der "ältern Sohn des Ochsenwirths, Johann Bernhard Namens", als Zeuge vor Gericht geladen "und von selbem über den Hergang die getreue Auskunft abver­ langet". Er habe "abwähren geholfen", sagte er unter anderem. Im übrigen hat wohl;wie es im Das "Waldhorn". Sein Abbruch erfolgte im Sommer 1975. Protokoll heißt, "die Wirthinn auch wirklich den Musikanten daselbst daß aufspielen unter­ Sonne" wohl über die Mutter der beiden, Barba­ saget" (nachdem der Stadtknechtentsprechend danach auf dessen Sohn Hieronymus über. "herrschaftlichem Befehle" das Tanzen "einge­ Hieronymus vererbte die Wirtschaft 1819 sei­ ra Hofer, gekommen war. Bierwirte und Brauer waren auch die beiden bothen" hatte). nem Sohn Dominikus, der sich 1827 mit There­ Die "Sonne" war um 1800 auf Fidelis Bern­ sia Kiene und 1829 mit Amalia Kuhn, einer Ehemänner der Stadtschreiberstochter Geno­ veva Bernardin, Joseph Knittel und Xaver Ho­ hard übergegangen, dessen Sohn Joseph Anton Tochter des Stadtschreibers Thaddä Kuen, ver­ sie von 1824 bis 1831 betrieb. Seine Witwe und ehelichte. Dieser war wiederum der Schwieger- . ner. Josephs Sohn, Anton Knittel, wurde durch deren späterer Ehemann, Joseph Söll, führten sohn des Stadtschreibers Raymund Bernhardt. seine Heirat mit Theresia Tod 1816 Lammwirt. die Wirtschaft danach weiter, bis im Herbst Der 1728 geborene Anton Bernard, der mit Ma­ Er vererbte das "Lamm" seinem Sohn Joseph. 1855 Anton Bernhard, der Sohn Joseph Antons, Dieser heiratete 1850 eine Theresia Stärk und ria Anna Koch verheiratet war, versorgte sich sie übernehmen konnte. Vonihm ging sie 1892 und die Seinen zunächst als Löwenwirt. 1772 1854 in zweiter Ehe Sophia Koch, Tochter von Anton Koch und Barbara Bernard. Irgendwann an dessen Sohn Constantin Bernhard über. kaufte er "die seiner Behausung grad hinüber• Dessen Schwester Rosa (die "Sonnen-Rose") stehende Wirthschaft zum Ochsen". Den "Lö• vor 1839 wurden (wie aus einer alten Zeitungs­ anzeige zu' erfahren ist) das "Lamm" und die war schließlich die letzte Namensträgerin wen" legte er vorübergehend still und übergab Bernhard auf der "Sonne". Sie starb 1952. Nach ihn 1789 seinem 1770 geborenen Sohn Anton. "Krone" miteinander verbunden. Xaver Riedlinger, dessen Familie das den Aufzeichnungen Besenfelders war die Den "Ochsen" vererbte er seinem älteren Sohn "Sonne" lange Zeit eine gutgehende Brauerei. Johann Baptist. Eine dritte Wirtschaft, die "Lamm" betrieb (wenngleich sein Vater eigent­ Sie verfügte über große Stallungen. "Sonne", kam über Anton Bernhards Ehefrau lich Lehrer war), nahm 1820 Maria Anna Wu­ rer, die Witwe des Bärenwirts Bernhard Eha, Das "Waldhorn", das als Gebäude schon vor auf seinen 1776 geborenen Sohn Fidelis. Anna zwölf Jahren abgerissen wurde, war um 1819­ Koch war die Schwester des vormaligen Son­ zur Frau, die den "Bären" ab 1819 mit ihrem 1821 im Besitz eines Johannes Faulhaber. Um nenwirts Fidelis Koch. Sohn Xaver betrieben hatte, nachdem Bern­ hard Eha 1817 gestorben war. Nach der Heirat 1863 war Engelbert Groezinger und nach ihm ­ Fidelis Koch dürfte zu seiner Zeit der reich­ um 1875 - JohannNepomuk Faulhaber Wald­ ste Mann in Schömberg gewesen sein. Er ver­ führte er wohl die Wirtschaft "zum Bären". Bis dahin dürfte er noch als Lammwirt fungiert ha­ horn Wirt. Um 1890 wurde das "Waldhorn" von steuerte anno 1794 ein Gesamtvermögen von Joseph Groezinger betrieben, der mit einer So­ 2222 fl. Vielleicht saß er deshalb auch als Depu­ ben. Seine Tochter Philippine ehelichte 1856 den Sonnenwirt Anton Bernhard. phia Bernhard verheiratet war. Um 1920 be­ tierter im Magistrat. fand sich die Wirtschaft im Besitz von Pia The­ Um 1822 wird der Schmied Joseph Bernhard 1785 ist Johann Schwenk als "Bährenwirt" resia Klarer geborene Groezinger. teilweise noch als "Löwenwirt" bezeichnet. bezeugt: 1794 war die Wirtschaft, vor deren Tür Schließlich gehört auch noch die folgende Be­ Vielleicht betrieb seine Frau die Wirtschaft ne­ (laut Alfons Besenfelder) ein Brunnen stand, gebenheit zur Schömberger Wirtsgeschichte. benher. Er war mit der Schörzinger Bauern­ im Besitz eines Johann Eha, der 1784 Theresia Sie wurde von dem inzwischen mit 104 Jahren tochter Theresia Koch verheiratet. Gegen Ende Schwenk geheiratet hatte und selber zunächst verstorbenen Pius Seifriz aus eigener Kenntnis des Jahrhunderts war der "Löwen" im Besitz Zollwirt war. Kreuzwirt war zu dieser Zeit ein erzählt: Erhard Bernhard, Sohn des Sonnen­ von Leo Eha, der ihn längstens bis 1900 betrieb; Kaspar Mager. Um 1819 finden wir, wie schon wirts, habe als junger Mann die Trauben-Rose Die Gaststube der Wirtschaft "zum Löwen" be­ angedeutet, Xaver Eha als Bärenwirt und Jo­ poussiert. Von beiden Eltern, vor allem von den fand sich, wie aus ortsgeschichtlichen Auf­ hann Hausehel als Kreuzwirt. Der 1791 gebore­ ihren, sei dies nicht gern gesehen worden. Ei­ zeichnungen von Alfons Besenfelder hervor­ ne Xaver Eha wird im Familienregister der nes Tages - es war im Jahr 1884 - entschloß geht, im 1. Stock des Hauses. An der Innen­ Pfarrei um 1815 noch als Zollwirt bezeichnet. sich Erhard, nach Amerika auszuwandern. Mit wand des rechtwinkligen Raumes befand sich Nach ihm war Ludwig Eha Zollwirt. seiner Rose hatte er ausgemacht, daß sie ihm ein großer Kachelofen. Auch der Schankraum Der Ochsenwirt Johann Bernhard muß, nachfolgen soll. Doch die Rose wurde krank der Wirtschaft "zum Ochsen" befand sich im 1. nachdem er anno 1800 Witwer geworden war, und starb. Erhard habe dann in Amerika eine Stock. irgendwann "in Gant gerathen" sein, das heißt, reiche Witfrau geheiratet, die eine gutgehende Die Weinwirtschaft des Johann Jakob Bern­ er mußte die Wirtschaft verkaufen. 1819 und Metzgerei besaß. Als er Jahre später zu Besuch hard (sehr wahrscheinlich der "Löwen") war 1823 wird dann in Stadtgerichtsprotokollen Jo­ in Schömberg war, soll er in diesem Zusam­ schon einmal um 1756 bis 1765 stillgelegt, weil hannes Kiene als Ochsenwirt genannt. Zur sel­ menhang gesagt haben: "Dumm war ich nie!" Johann Jakob den Neigungen seiner "an das ben Zeit lebte in Schömberg ein anderer J ohan­ Weintrinken gar zu übel verwöhnten Tochter" nes Kiene. Dieser war Stadtpfleger und Trau­ den Nährboden entziehen wollte. Dabei war die benwirt. 25 Jahre später finden wir Ignaz Kiene Wirtschaft vermutlich wenige Jahre davor als Traubenwirt. Er war der Sohn des Stadt­ (nach dem großen Stadtbrand von 1750) erst pflegers. 1849 ging er mit einer Katharina Gewitzter Prüfling wieder aufgebaut worden (wozu der Wirt sich Bernhard die Ehe ein. Als der Pathologe und Anthropologe Rudolf von einem jüdischen Geldverleiher in Nordstet­ Der "Ochsen" befand sich 1835 im Besitz von Virchow (1821-1902) das medizinische Examen ten 250 Gulden geliehen hatte). Nicolaus Eha, der sich im nämlichen Jahr mit ablegte, wollte ihn ein strenger Prüfer in die Fidelis Bernhard vermählte sich 1798 mit Amalia Knittel, einer Tochter des Bierbrauers Enge treiben. Doch Virchow hatte auch auf die Maria Seifriz, Johann Baptist bereits 1786 mit Sales Knittel, verheiratete. Im "Ochsen" wurde schwierigsten Fragen immer eine Antwort be­ deren älterer Schwester Margaritha. Anton schon vor gut 200 Jahren bei besonderen Gele­ reit, bis der Prüfer ihn schließlich fragte: "Und Bernhard, der Jüngere, ehelichte 1791 die genheiten Musik gemacht. 1784 spielte dort der nun sagen Sie mir noch: Wie lange kann ein Lammwirtstochter Maria Anna Tod. Der ältere "Spielmann Joseph Mager von hier" zum Tanz Mensch ohne Hirn leben?" Nach einigem Uber­ Anton war, wie schon erwähnt, 1762 mit Maria auf. Aber selbst am Jahrmarkttag mußte um 10 legen antwortete Virchow: "Erlauben Sie eine Anna Koch die Ehe eingegangen, auf deren Uhr abends Schluß sein. Da wurde der Stadt­ Gegenfrage, Herr Professor: Wie alt sind Sie Bruder Fidelis Wirtschaft und Brauerei "zur knecht Pelag Öchsle in sämtliche Wirtshäuser eigentlich. ..?" September 1987 Heimatkundliehe Blätter Balingen Seite611

Ein Junglehrer erlebt Ebingen Leser sollen zur Feder in den Jahren 1924 -1935 greifen In dieser und den nächsten Nummern von Karl Maier der Heimatkundlichen Blätter veröffentli• Der Einstieg chen wir Auszüge aus den Erinnerungen Im Zug, der an einem Apriltag des Jahres lungsbefehle" verglichen. Fritz sagte mir, daß eines engagierten Pädagogen über die J ah­ 1924 pustend und schnaubend von Lautlingen unser Schulhaus ganz in der Nähe liege und der re 1924 bis 1935. Wir würden uns freuen, hinauf die Höhe der Wasserscheide zwischen Rektor noch in seinem Amtszimmer weile. Er wenn dieser.Beitrag unsere Leser anregte, Eyach und Schmicha erklomm, daß nachdenk­ habe sich schon vorgestellt. Wir gingen also in selbst zur Feder zu greifen und zu berich­ lich und erwartungsvoll ein junger Mann vom die Langestraße zur damals für prunkvoll ge­ ten; wie sie die bewegten Jahre vom Ersten Gleichschritt des Jahres. Das Schuljahr war zu haltenen mächtigen Fassade der heutigen Weltkrieg an bis zu den Zeiten nach dem Ende. Dies bedeutete für mich den Abschied Kirchgrabenschule, 1924 und noch viele Jahre ZweitenWeltkrieg erlebt, erlitten oder auch von der Isinger Dorfschule, an der ich drei Jah­ Mädchenschule genannt. Sie beherbergte in mitgestaltet haben. Geschichte, besonders re die Unterklassenschüler unterrichtet hatte. sieben Jahrgängen alle Volksschülerinnen der die Heimatgeschichte, wird farbiger und Die Inflation war überstanden. Man hatte ein Stadt und die nur von Mädchen besuchte Mit­ anschaulicher, wenn sie sich nicht nur der neues, besseres Geld. Aber man hatte auch die telschule in vier Jahrgängen, entsprechend der Dokumente in Archiven und der Veröffent• Armut, denn das gute Geld war rar und nicht in Klassen fünf bis acht. Rektor Weissinger lichungen von Medien als Quellen bedient, jedermanns Tasche. Auch der Staat sparte, vor schritt eben vorsichtig die Steintreppen herab. sondern auch Erlebnisse und Sichtweisen allem an seinen Schulen und Lehrern. Stellen Er war schon ein älterer Herr, groß, hager, mit einzelner Betroffener in ihre Darstellun- . wurden abgebaut, junge Lehrer von heute auf dem grauen Spenzer der damaligen alten Leh­ gen einbeziehen kann. morgen auf unbestimmte Zeit ohne jede Ent­ rergeneration bekleidet. Er begrüßte mich nach schädigung weggeschickt. der Vorstellung freundlich und führte uns über die Straße auf den Bürgersteig des gegenüber• Meine Schulstelle war ebenfalls dem Spar­ stehenden Gebäudes. Dieses war Amtssitz und den Namen Krachhannes gegeben hatten, stift zum Opfer gefallen. Hinter mir war das sicher nicht günstig gelegene Wohnung des rührte wohl mehr vom lauten Ton der einkeh­ Abbauschwert zum Spüren nahe niedergegan­ evangelischen 1. Stadtpfarrers Scholder, der renden Fuhrleute her. Die Fußgänger nach gen. Nun saß ich im Zug nach Ebingen und sich dann auch mit viel Anlaß aber wenig Er­ dem damaligen Bergdorf Meßstetten benützten harrte der Dinge, die da kommen sollten. Ebin­ folg gegen den Lärm des viergeschossigen die alte Steige, die sich steil zum Buchenwald gen war mein Ziel; der Name dieser Stadt stand Schulriesen wehrte. Rektor Weissinger wies des mächtigen Meßstetter Berges hinaufzog. auf meinem Stellungsbefehl. Eigentlich hatte mit großer Geste auf die imposante Steinfront Nirgends ist Sommer- und Winterseite deutli­ ich Glück gehabt. Die Inflationszeit, in der den der von ihm geleiteten Schule. Er erwartete cher ausgeprägt als hier. Die Talmulde verläuft Lohn- und Gehaltsempfängern die Banknoten und erhielt auch unsere ehrliche Bewunde­ genau von Ost nach West. Der Westwind, der trotz der astronomischen Zahlen in ein Nichts rung. In mir regten sich Freude und Genugtu­ Wetterwind unseres Landes, kann zwar vom zerrannen, konnte ich im nahen Rosenfeld am ung. In diesem stolzen Gebäude sollte ich wir­ Lochenhörnie durch das nur leicht gekrümmte Eßtisch meiner Eltern verbringen, wobei ich al­ ken dürfen, in einer ausgebauten Schule, in der Eyachtal mit voller Kraft in das offene Hochtal lerdings vor allem in den Ferien in der Land­ der Lehrer nur eine Klasse zu versehen hat. eindringen; aber uns hüben wärmt wenigstens wirtschaft kräftig Hand anlegen mußte. Nun, Hätte ich gewußt, was mir als Aufgabe bevor­ die Sonne, während sich drüben Schatten und nachdem ein Besoldeter mit dem Geld wieder stand, wären meine Hochgefühle wesentlich Kälte breitrnachen. Drei Jahre konnte ich von etwas anfangen konnte, kam mir nach dem gedämpfter ausgefallen. Der alte Herr wußte es hier aus beobachten, wie oft wochenlang die dörflichen Isingen und dem kleinstädtischen natürlich, sagte aber nichts, noch nicht. Da Schneegrenze dem Riedbach entlang ging. Auf Rosenfeld die Metropole Ebingen mit immer­ wußte ich aber auch nicht, daß ich elf Jahre unserer Seite pflückten die Kinder Veilchen hin 12000 Einwohnern sehr gelegen. Der Zug lang einen Schlüssel dieses Baues besitzen und und Gänseblümchen, auf der Gegenseite hul- ' hatte sich zwischen den eingeschnittenen ein Jahrzehnt mit vielen Klassen einem dieser digten ihre Gespielen dem Wintersport. Trotz­ Grasböschungen hinaufgewuchtet und rollte Räume die Treue halten würde. Jetzt waren wir dem wuchs das nach dem Weltkrieg stürmisch durch das breite Hochtal des Riedbaches, wie entlassen und konnten unseren Privatangele- aufstrebende Ebingen auf der Winterseite im von aller Last befreit, freudig der Stadt zu, die genheiten nachgehen. ' Schatten viel schneller als die Häuserreihen sich heute Albstadt-Ebingen nennt. Rechts an Durch Beziehungen hatte ich bereits eine der Sommerseite. Dort ist heute die Wasser­ der Bergseite tauchten die Einkerbungen auf, Unterkunft, zu der es mich jetzt, nach einem scheide erreicht, der Mehlbaum kommt mit die einmal kleine Bunkerhäuschen getragen Begrüßungsschoppen im Schiff bei Frau Esen­ Bauen langsamer voran. Die Ursache liegt in hatten. Im Krieg hatte ich sie oft gesehen, wein, hinzog. Man hatte mir gesagt, das Häus• den weit auseinanderklaffenden Grundstücks• wenn ich als Achtzehnjähriger auf der Fahrt chen stehe weit draußen im Westen der Stadt. preisen. So hatte ich es auf dieser Talseite bes­ von und zu meiner Garnison Ulm vorüberge• Also schritt ich die Marktstraße hinauf, vorbei ser getroffen. Allerdings standen damals, im fahren war. Heute steht dort der große Stadtteil am noch keine 15 Jahre alten Rathaus mit sei­ Jahre 1924, drüben nur wenige Häuser. Heute "Munast". Als Sammelwort der Vorgängerin nenArkaden und seinem viereckigen Turm, die ist die Munast der große Stadtteil entlang der "Munitions-Abfertigungsstelle" erinnert er lange Sonnenstraße, die Rennbahn der Stadt, Hartmann- und Riedstraße und nicht mehr das noch an die einstigen Bauten. Die ersten Ge­ hinaus. Dreimal mußte ich noch fragen. Das öde Munitionsgelände. Der Siedlungsverein bäude der Stadt erschienen, in deren Mauern erste Mal an der Katholischen Kirche, dann hatte zu seinem Vorhaben nicht den billigen, ich nach den Erfahrungen eines Unterlehrers wieder, wo das Raidental abzweigt, zuletzt, als aber sonnigen Teil ausgesucht. zwei, höchstens drei Jahre verbringen sollte. ich keine Häuser mehr sah, an den drei Linden. Elf sind's dann ohne mein Zutun geworden. Ja, im Gewann Kälberstrich stand noch kein Und wenn es nach meinem Willen gegangen einziges Haus. Oben am Hang erhob sich ein­ Die Schule wäre, wäre ein Menschenalter draus entstan­ sam die schmucke Villa des "Barons", wie die Am anderen 'I;'.ag erlebte ich die weniger den. Daß ich in dieser mir von der Schulbehör• Ebinger den kauzigen Fabrikanten Albert All­ schöne zweite Uberraschung, diesmals im de verordneten Stadt so kräftige Wurzeln schla­ gaier nannten, von dem so viele Anekdoten Schulhaus. Rektor Weissinger war mit mir vom gen würde, ahnte ich nicht, als jetzt der Zug vor über mutwillige Streiche umliefen. Aber jetzt, Erdgeschoß seines Amtszimmers, dem Rekto­ dem damals so bescheidenen Bahnhöfle an­ nach vielleicht zwei Kilometern Weges, begann rat, über die breiten Treppen ins zweite Stock­ hielt. Eine Überraschung freudigster Art hielt Ebingen wieder. Noch eine solche Strecke, und werk gestiegen, hatte sich dann nach links ge­ das Geschick in der gleichen Minute für mich ich wäre draußen auf der Wasserscheide gelan­ wandt und schritt durch den langen Gang an bereit. det. Der Siedlungsverein der Stadt hatte nach Schultüren vorbei einer Tür am Ende des Gan­ Als ich dem Zug entstiegen war, erblickte ich dem Krieg auf der Sommerseite des Hochtales ges zu, die die Nummer 18 trug. Dahinter hörte in der Reihe der am Eisengitter des Bahnsteigs zwei Zeilen freundlicher Doppelhäuschen er­ man Stimmengeräusch. Der Rektor öffnete die stehenden Gestalten einen emporgestreckten stellt, die über der Straße einen eigenen Weg Tür, und da begab sich das Wunder: Ein Meer Arm und hörte mich mit dem Vornamen ange­ besaßen. Das vorderste trug die Hausnummer von Köpfen drehte sich uns zu, und mehr als rufen. Ein freudiger Schreck durchfuhr mich. 76 und 78. Lautlinger Straße 78 war mein Ziel. hundert Mädchenaugen sahen uns erwartungs­ War das nicht die Stimme meines Freundes? Es gehörte dem Briefträger Bez und war 'bis voll .entgegen und richteten sich auf mich, als Ja, sie war es. Fritz Hering stand am Bahnhof, dahin vom Ehepaar, seinem Töchterchen ich hinter der hohen Gestalt des Rektors her­ um mich abzuholen. Er war mein Studienge­ Myrta und einer Geiß bewohnt, die die Milch vortrat. Dann folgte ein Geklapper. Die Mäd• nosse und Freund. Wir waren beide wenige Mo­ zum Morgenkaffee lieferte. chen waren aufgestanden, und es erschallte nate vor dem Ersten Weltkrieg in das Lehrerse­ Bald schaute ich vom Fenster des Stübchens von vielen Lippen: Grüß Gott, Herr Weissinger! minar Nürtingen eingezogen, in dessen Inter­ über der Dachrinne über das baumlose Hoch­ Der Rektor wollte nicht mit dem Titel, sondern nat (Schülerheim) wir in sechs Jahren zu Leh­ tal, das vom Rinnsal des Riedbaches durchflos­ wie früher angeredet werden. "Und Herr Mai­ rern und Volkserziehern herangebildet wur­ sen wird, neben dem die Schienen der Bahnli­ er" fügte er hinzu und stellte mich den Schüle• den. nie herliefen, dessen Zug ich vor wenigen Stun­ rinnen vor, nachdem wir an der langen Reihe Das Geschick hatte uns nun nach dreijähri• den entstiegen war. Am Gegenhang war die der Sitzbänke zum Podium geschritten waren, ger Trennung wieder vereinigt. Die Unterleh­ Straße nach Meßstetten, der Anfang der Meß• nicht ohne die Mahnung, sie seien eine große rer Fritz Hering und Karl Maier waren ohne stetter Steige, zu erkennen, von Bäumen, aber Klasse und sollten es ihrem neuen Lehrer nicht ihr Zutun am selben Tag, in dieselbe Stadt, an nur von wenigen Häusern umsäumt. An der allzu schwer machen. Ich hatte unterdessen dieselbe Schule versetzt worden. Ich konnte es scharfen Biegung war das Wirtshaus "Zum den ersten Schreck überwunden und zu zählen lange nicht glauben, bis wir die beiden ,,Stel- Schatten" zu sehen. Daß die Ebinger dem Wirt und zu überschlagen angefangen. Der Herr Seite 612 HeimatkundlicheBlätter Balingen September 1987

Schulvorstand gab mir die Hand, wünschte mir Wort den älteren Kollegen. Wir waren zufrie­ hellte sich auf, Deutschland schien aus dem Glück, und ich begleitete ihn zur Tür. den, in der Führung unserer Klassen unbehel­ Krieg gelernt zu haben. Die Nachbarn stellten Als sich diese hinter ihm geschlossen hatte, ligt und auch der Achtung und Beachtung der sich versöhnlicher: Locarno, Thoiry gaben war ich mit meinen Mädchen allein, mit mei­ Altkollegen sicher zu sein. In der pädagogi• Hoffnung und Zuversicht. Wer nur Umgang mit nen vielen Mädchen. Ich sah jetzt, daß der schen Provinz fühlten wir Jungen uns aller­ Kollegen und Schülereltern pflegt, kommt dem -Raum mit Bänken so gefüllt war, daß man hin­ dings als die Fortgeschrittenen. So herb es uns Herzen der Bevölkerung nicht nahe, man muß ten gerade noch vorbeikommen konnte und auch ankam, wir suchten jede einschlägige in die Vereine gehen. Ein Bekannter führte vorn ging das Gestühl nahe ans Podium mit Neuerscheinung an pädagogischen Büchern zu mich in den Gesangverein Eintracht ein, der Pult und großer Zugtafel. An der Innenwand erwerben, sei es Kerschensteiner, Scharre1­ damals nur aus Männern bestand. Er galt als war noch eine Bank aufgestellt, aber nur mit mann, Gansberg, Münch und die damals füh• der Herrenverein; daneben gab es noch die einer Schülerin besetzt. Es waren 67 Schülerin• renden Sachsen. In der Buchhandlung Glock Harmonie und den mitgliederstarken Sänger• nen des 5. Schuljahres, alle Mädchen der Stadt, weilten wir oft stundenlang und schnüffelten bund mit Frauenchor nebst dem kleinen Arbei­ soweit sie von der Grundschule nicht ins Gym­ nach neuer Pädagogik. Jeder hielt sich die eine tergesangverein "Freiheit". Die Eintracht war nasium oder die im gleichen Haus befindliche oder andere schulpraktische Zeitschrift. mit der Fabrikantenfamilie Groz eng verbun­ Mädchenmittelschule übergetreten waren. den. Ihr erster Vorsitzender war Adolf Groz, In der ganzen Stadt war zu jenen Zeiten ein der Inhaber der weltbekannten Nadelfabrik. Sie hätten gut und gern zwei normale Klas­ deutlich demokratischer Zug zu verspüren. Im sen ergeben. Aber da saß ja der Haken. Lehrer Viele Angestellte und Nadler sangen mit Ge­ Schwanen saßen der Trikotweber und der Nad­ schäftsleuten, Handwerkern und Beamten. Di­ waren genug da, aber kein Geld sie zu bezah­ ler am selben Tisch mit dem Fabrikanten und len. Da hob man einfach Stellen und kleine rigent war Musikdirektor Strecker, ein Mann dem Handwerksmann. Viele Bürger und Bür• der alten Schule, mit viel Kraft und Stimmein­ Klassen auf, legte Parallelklassen zusammen gerinnen duzten ihren Oberbürgermeister Au­ und schickte junge Lehrer ohne jede Versor­ satz. Die Singstunden fanden im vereinseige­ gust Spannagel, den man nur den August nann­ nen Eintrachthaus statt, in dessen Gastwirt­ gung weg, zwei, drei Jahre lang. Ich mußte in te. Das klang aber nicht respektlos, er war eben den sauren Apfel beißen. Einer mußte die Klas­ schaft sich nach der Singstunde eine:heitere ein Ebinger Bürgersohn. Dieser Geist der Ach­ Runde zusammenfand. Im oberen Saal erlebte se übernehmen, und ich war der Jüngste im tung und Duldung beherrschte auch den Lehr­ Hause. ich in einer Hauptversammlung einen merk­ körper, in dem sich jeder wohl fühlen konnte. würdigen Tagesordnungspunkt. Kinobetreiber Was ich an jenem ersten Vormittag gelehrt Dabei wurde von jedem eine Leistung erwartet. und was ich getrieben habe, weiß ich heute Dreher wollte auf dem freien Grund des Ver­ Wenn wir Jungen mit dem Lichtbildgerät oder eins entlang der Gartenstraße.ein neuzeitliches nicht mehr. Nach dem Unterricht hatte ich Zeit, einer Erziehungsfrage nicht zurecht kamen, an eins der großen Fenster zu treten. Tief unter Kino errichten. Er durfte es, aber Grund und hatten wir unsern Otto Leibbrand, den wir in Boden blieb im Besitz des Vereins. Wir Lehrer mir lag die belebte Gartenstraße und gegen­ dringenden Fällen sogar während des Unter­ über der Backsteinbau der Trikotfabrik Chri­ waren Gäste bei der Festvorführung des ersten richts bemühen durften. Zwischen ständigen Films "König der Könige" und bewunderten die stian Ludwig Maag. Ich sah dort die Rundstüh• und unständigen Kollegen (planmäßigen und le kreisen und einmal im Winter von der Dach­ neuartigen Farbspiele, die im Filmpalast dem außerplanmäßigen Lehrern) unterschied man Stück vorangingen. rinne des Schieferdaches zweimeterlange Eis­ nicht, wenn diese länger am Ort lebten und ver­ zapfen, die man wegen der Gefahr für die Pas­ heiratet waren. Nachdem ich geheiratet und santen abschlagen mußte. ein eigenes Haus bezogen hatte, erwuchs mei­ Der Ebinger Lehrerkomplex war einer der ner Frau und mir die Pflicht, in Gala - für den Kreuzdorn größten im Lande. Unter einer Schulleitung Herrn mit Zylinder - rundum an einem Sonn­ Rhamnus cathärtica standen die Mädchenschule mit Mädchenmit• tag vormittag die vorgesehenen Antrittsbesu­ telschule und die Knabenschule auf der Spital­ che zu machen und anschließend zu empfan­ wiese, dazu noch zwei Knabenklassen im obe­ gen. ren Kirchgraben (Judenschule) und die Haus- Die Höhepunkte schulischen Lebens waren .wirtschaftsklassen in der Langestraße. Der die Kinderfeste mit dem Umzug aller Schüler Lehrerrat unter der väterlichen Hand des Rek­ zu wechselnden Festplätzen, die großaufgezo• tors Theodor Weissinger füllte einen ganzen gene öffentliche Schulentlaßfeier in der städti• Lehrsaal der Mädchenschule. Den älteren, zum schen Turn- und Festhalle, der der theaterbe­ Teil beleibten Herren fiel es nicht leicht, sich in flissene Kollege Theo Walter seinen Stempel die engen Schülerbänke zu zwängen. Es aufdrückte und die Jahresausflüge der einzel­ herrschte noch das männliche Element vor. An nen Klassen. Es gab noch keine Omnibusse, sogenannten wissenschaftlichen Lehrkräften nur die Bahn und Schusters Rappen. Was da gab es die Frau Oberlehrerin Maag an der Mit­ geleistet wurde, soll ein Beispiel zeigen. Ab­ telschule und das ältere Fräulein Nafzger, Leh­ fahrt mit dem Frühzug 4.53 nach Mössingen, rerin eines ersten Schuljahres neben dem Rek­ Wanderung über Öschingen zum Schönenberg, torat. Eine Kollegin haben wir jungen Lehrer Roßberg, dann über Genkingen zur Nebelhöhle an der Mädchenschule in meiner Zeit nicht be­ und auf den Lichtenstein, hinunter nach Ho­ kommen. Einem Beobachter wäre die unver­ nau. Dort Besuch der Olgahöhle, und in Tübin• hältnismäßig große Zahl alter Lehrer aufgefal­ gen während des Zugaufenthalts Besuch des len. Trotz des ausgebauten Gymnasiums galt Neckars und Bootfahren mit anfänglicher Ebingen vermutlich seiner abgeschiedenen La­ Scheu und anschließend gewagtem Schaukeln. ge als Anfangsstelle. Daß es auch zur Endsta­ (Ich bin von da an mit Schülern nie wieder in tion werden konnte, verdankt es mancherlei den Nachen gestiegen). Ein freudiger Tag war Vorzügen, von denen noch die Rede sein wird. der Pfefferlestag. Da war im Schulzimmer ei­ Ich erlebte in elf Jahren nur drei Abgänge, dar­ nes Morgens ein ganz neuer Duft eingezogen, unter den allseits geschätzten, mit Schrullen er roch wie in einer Backstube. In der Zimmer­ und Humor vollgepackten Paul Eyth, der seine ecke lag, auf weißem Papier aufgeschichtet, ein Vaterstadt, sein Heimatmuseum auf dem Rat­ Stapel knuspriger Laibe, das freudig begrüßte haus und seine Ausgrabungen auf dem Deger­ Ebinger Pfefferlesbrot. Während des ganzen Der Kreuzdorn ist ein bis zu drei Meter ho­ feld verließ, um dem Ruf seiner Frau nach de­ Vormittagsunterrichts lag es wie Erntedank in her, stark verästelter Strauch mit dunkelgrü• ren Heimat zu entsprechen. der Luft und gab der Schularbeit eine besonde­ ner Rinde. Die gegenständigen lang-gestielten re Weihe, gleich einem Sonntag in der Schule. Blätter sind länglich eiförmig, fein gesägt, und An Charakterköpfen mangelte es im Rat der die Blattadern sind tief eingesenkt. Die un­ Alten .nicht. Da war der Bruder des Rektors, Ausgegeben werden durften die Brote erst an diesem schulfreien Mittwoch nachmittag. Da scheinbaren Blüten, klein und grüngelb, sitzen Oberlehrer Robert Weissinger, der sich scherz­ in Büscheln in den Blattachseln und zeigen sich haft UnterlehrerWeissinger nannte, weil er mit kamen die Schüler ohne Schulgepäck zur Schu­ le, und wir Lehrer dünkten uns beim Austeilen im Mai und Juni. - Man findet den Kreuzdorn den Kleinen im Erdgeschoß residierte und der meist in Hecken und an Waldrändern. - Die freisinnige, allzeit wortbereite Theodor Maute, wie freigebige Könige, die ihrem Volk Speise geben. Die Straßen belebten sich mit brotbela­ Früchte, kleinerbsengroß, sind zunächst grün dem das Stuttgarter Kultusministerium trotz und werden im August blauschwarz mit unan­ der überzeugenden Wahl durch seine Kollegen denen Schülern, von denen nicht wenige ihrem Kipfkind schon die Haube abgezupft hatten. genehmem Geruch und bitterem Geschmack. nach dem Abtreten des Rektors Weissinger den Sie sind giftig, werden aber mit Sirup oder Tee Thron verweigerte. Der erste Blick in die Grup­ Zur Geberfreude trat bei uns Lehrern auch noch das Nehmen. Es blieb für uns ein Kipf als Abführmittel verwendet. Die Zweige enden pe der Alten fiele aber wohl auf Gottlob Fried­ in einem Dorn (Name). Kurt Wedler rich Hummel in weißen Haaren und einer Bart­ übrig. mähne, eines Weihnachtsmannes würdig. Er sprach schnell, mit hoher, heller Stimme. Und Die Bürger immer klang es freundlich und wohlwollend. Er Ich habe mich von Anfang an unter ihnen Herausgegeben von der Heimatkundlichen Vereini­ heimisch gefühlt. Fleißige Leute gibt es überall gung Balingen. hatte schon in seiner SchwarzwaldsteIle Gau­ Vorsitzender: Christoph Roller, Balingen, Am Heu­ genwald sein dichterisches Talent entdeckt, in in Schwaben, aber wo sind sie so frei und vorur­ -berg 14,Telefon 77 82. Ebingen das Heimatbuch und den Heimatro­ teilslos? Man sagt den Amerikanern nach, sie Redaktion: Robert Kohler, Balingen, man "Der Wetterbanner" geschrieben und für gäben jedem Menschen eine Chance. So erlebte Königsberger Straße 89, Telefon 6336. einige Jahre den Stuhl eines Stadtrates innege­ ich auch die Ebinger. Handel und Wandel blüh• Die Heimatkundlichen Blätter erscheinen jeweils am habt. ten. Der Tüchtige kam vorwärts. Jeder fand Ar­ Monatsende als ständige Beilage des "Zollern-Alb-Ku- Im Lehrerrat überließen wir Jüngeren das beit. Der politische Himmel des Vaterlandes riers", . idhche Blätter

Jahrgang 34 31.Oktober 1987 Nr.l0 Was frühere Generationen für ihre Kirche getan haben Zur bevorstehenden Innenrenovierung der evangelischen Stadtkirche Balingen Von Eugen Gröner Die bevorstehende Innenrenovierung der Evangelischen Stadtkirche Ballngen gibt Anlaß, einen Blick zu werfen in die Vergangenheit und zu betrachten, was frühere Generationen für ihre Kirche getan haben. Die Spital- und Armenkasten-Rechnungen, aufbewahrt im Stadtarchiv Balingen, und die Akten des Landratsamts Bahngen geben darüber interessante Aufschlüsse, die bis in das Jahr 1613 zurückgehen. Am 2. Januar 1613 wandten sich "Ober- und vnnd neben gängen, wie auch die zwölff säul, Undervögte, Burgermaister und Gericht zu Ba­ samt den zwölf pfeylern mit graw in graw ein­ lingen" untertänigst an Herzog Johann Fried­ gefaßt. rich, und erinnerten ihn daran, daß er "an jüng• Beim fünnfften, alle gehawenen brustbilder ster Wiederraiß von der Bevestigung Hohen inn der kirchen mit Oelfarben gefaßt vnnd ver­ Dwiel die Balinger Stadtkirche besichtigt habe guldt. und auf des Obervogts unterthenig Anbringen Beim sechsten, die beede borkirchen allent­ gnädigst bewilliget habe, daß solche kürchen halben weiß gemarmeliert. illuminiert (ausgemalt) und mit büblischen Hi­ Unnd dann zum sibenden und letzten; die storien geziert werde." Um späteren Schwierig­ cantzel samt dem Deckel mit öhlfarben vnnd keiten vorzubeugen, bitten die Herren Stadtvä• goldt zum schönsten ge zieret werden." ter um schriftliche Bestätigung dieser Bewilli­ Mr. Melchior Trescher, Mahler in des hayli­ gung. gen reichs statt Rottweil hatte dies alles "ganz Bereits am 12. Februar 1613 wurde mit Mel­ vnmangelhaft" zu fertigen und bekam dafür chior Trescher, Mahler in des haylien reichs­ "drey hundert vierzig und fünff gulden". Dazu statt Rottweil, ein Vertrag abgeschlossen, .wel­ bekam er die Wohnung und Herberg im Spital, Das Innere der Kirche vor dem Umbau 1913/14. chermaaßen die Pfarrkirche zue Balingen illu- samt zwei Klafter Holz aus den Spitalwäldern. . Unter der Kassettendecke sieht man deutlich .miniert und renovirt werden sole: Erstlichs, sol­ 30 Gulden erhielt er als Anzahlung. die Gewölbeanfänger des Mittelschiffs. Die le der Chor durchauß, sonderlich das gewölb, Auffallend ist, daß in dem Vertrag nichts ver­ Kanzel stand an einem Pfeiler der Nordseite, mit zierlichem bluemwerk, in den eckhen mit merkt ist von den "Büblischen Historien" mit der Schalldeckel hatte eine häßliche Verbreite­ farben ge mahlet, schlußstein verguldt, und al­ denen die Kirche "illuminiert" werden sollte. rung aus Brettern. Die Kronleuchter (für Ker­ len Fenster sambt den thüren mit zierlichem Man kann sich nur denken, daß dies in einem zen) kamen 1913 in die Friedhofkirche und Rollwerckh, graw in graw, eingefaßtwerden. zweiten Vertrag festgehalten wurde, der ir­ mußten im Ersten Weltkrieg abgeliefert wer­ Fürs annder, in der kirchen, vßerhalb des gendwann verloren ging. Tatsächlich waren die den. Chors, die deckhin (Decke) oder bünines, aller­ Wände des Mittelschiffs mit Fresken ge­ dings geweyßet vndt ann jedem verldt in der schmückt, auf der Nordseite waren es Bilder aus dem alten Testament, auf der Südseite aus mittin ein schöne roßen (Rose) gemahlet, deß• dem neuen Testament. U. a. war dargestellt die gleichen Vnnder der teckhin ein zierlichen Ge­ Schöpfungsgeschichte, der Sündenfall, Maria sims gezogen und mit welschen früchten be- Verkündigung, Geburt Christi, Kreuzigung. hengt. . Mit dem Maler Melchior Trescher hatten die Zum dritten, die vierzehn fennster inn der Balinger noch allerhand Schwierigkeiten. Er kirchen ebenmäßig mit.zierlichen rollwerckh ließ die Arbeit halbfertig im Stich und zeigte eingefaßt, graw in graw mit blawem grundt, sich nicht mehr. Auch soll er schlechte Materia­ gemahlet und alle Nebengewölber mit schönem lien verwendet haben. Ein jahrelanger Schrift­ bluemwerkh geziert vnnd verguldt. wechsel mit ihm und der Stadtverwaltung in Beim vierdten, alle bögen im mittleren gang Rottweil, der sich bis 1616 hinzog, war die Fol­ ge. Man kann sich heute kaum mehr vorstellen, wie farbenprächtig die Kirche nach dieser Aus­ malung war. Spätere Zeiten haben damit gründlich aufgeräumt. Von der ganzen Ausma­ lung ist allein eine Wappentafel übrig geblie­ ben. Sie war bis 1913 das Mittelstück der Kas­ settendecke des Mittelschiffs. Man hat sie 1913/14 bei der Renovierung im nördlichen Sei­ tenschiff aufgehängt. Sie zeigt das wirtember­ gische Herzogswappen (Hirschstangen von Wirtenberg, Rauten von Teck, Barben von Mömpelgard und Reichssturmfahne von Mark­ gröningen) mit der Umschrift: "Der Durch­ Wt···· leichtng vnd Hochgebohrn Hertzog Johann Fri­ derich erkorn hatt Dise K ürehen hie befohlen Pi Das man sie also sollte Mahlen 1613". Um 1670 schuf der Stuttgarter Hoforgelbau­ meister die (vermutlich) erste Orgel, die wahr­ scheinlich im Chor der Kirche auf einer Empo­ re aufgestellt war. Sie ist 1765 in schlechtem Zustand, dem nur durch einen Neubau oder ei­ Titelblatt der "Specificierten consignation ne gründliche Reparation abgeholfen werden sambt angehengtem verding Welchermaßen kann. Man entschlißt sich zu einem Neubau, Die Nordseite der Kirche vor dem Umbau die pfarrkirchen zue Balingen illuminiert der durch den Tübinger Orgelbaumeister J 0­ 1913/14. Die Empore saß wesentlich tiefer als undrenouvirt werden solle" vom 12. Februar hann Sigmund Hausdörffer ausgeführt wurde. heute. 1613. Von dieser Orgel ist nur noch das Gehäuse er- Seite 614 Heimatkundliehe Blätter Balingen Oktober 1987 halten, ein prächtiger Barochprospekt mit alten Bestand eingreifende Renovierung, da­ schönen Schnitzereien. mals wurden die von Melchior Im Trescher gemal­ 19. Jahrhundert hatte man nichts mehr ten biblischen Gemälde überstrichen. übrig für "mit Nach zierlichen Rollwerk eingefaßte" stiftungsrätlichem Beschluß, der mit Erlaß Fenster und dergleichen. vom So kam es lt. der Spi­ 25. Januar 1861 genehmigt wurde, wurden nach tal- und Armenkastenrechnung von 1827/28 zu dem Plan von Stadtbaumeister einem ersten SpeideI durch Angriff auf die Farbigkeit der Malermeister Wilhelm Storch folgende Kirche. Es wird berichtet, Arbei­ daß Johannes Roller, ten durchgeführt: innerhalb die Wandungen Maurer von Balingen die Stadtkirche samt anstauben, theilweise ausbessern, sodann mit "Kohr" und allen Nebenwänden, Kreuzschen­ einer Milch- oder Leirn-Thonfarbe kel gut deckend an denen "gottischen" Fenstern und Pfeiler und gleichmäßig ohne Wolken, ohne die .Bieblische Striche etc. an­ gemählte" mit einer guten zustreichen (graulicht, grünlicht oder Weißlen geweißelt" röth• habe, wofür ihm nach Ver­ licht), an den Pfeilern und den Bögen messung durch ob diesen den Herrn Stadtbaumeister 58 Linien einzuziehen, welche die Quader Gulden und 4 Kreuzer vorstel­ ausbezahlt wurden. Man len (Quadermalerei), samt Gerüsten und Ge­ behandelte die Kirche also wie einen Keller. rüstholz zu 160 Gulden. Über umfangreiche Arbeiten im Chor berich­ Das Kreuzgewölbe im Chor ebenso nach spä• tet die Hospitalpflege- und Armenkasten-Rech­ ter zu bestimmenden Farben, nungvon z. B. das Gewölbe 1846 -47. Jakob Ruoff, Maurer, beleg­ blau und die Schenkel oder Rippen te damals mit Stein­ den Boden des Chores "vom Eingang farbe anzustreichen, mißt ca. 30 Ruthen, samt in das sog. Chörle und in die Sakristey bis zur dem Gerüstholz zu 27 Gulden. Wandung hinter dem Hochaltar mit steinernen Die Decken im Langhaus der Kirche ebenso "Blatten". Zu verwenden waren gute, gesunde mit Leimfarben anzustreichen, die aufgenagel­ Malbsteine von der härteren Gattung, ohne ten Leisten mit besonderer Farbe und Stich und mit Li­ Diese Wappentafel Lager, die Größe der Blatten war nien in den Füllungen = 50 Ruthen samt dem ist die einzige Erinnerung festgesetzt auf 4 x 2 Fuß. Ruoff erhielt dafür 85 Holzwerk an den Emporen an die Ausmalung der Stadtkirche 1613. Bis gegen außen, samt 1914 Gulden und 15 Kreuzer. den Gerüsten zu 45 Gulden. Außerhalb war sie das Mittelstück der Holzkassetten­ des Ak­ decke des Mittelschiffs. Maurer und Steinhauer Ulrich Batzlen ver­ kords wurden noch folgende Malerarbeiten setzte die Grabsteine im Chor und unter den durchgeführt: Im "Kohrgewölbe" 203 Goldster­ bergs, erstellte einen Kostenvoranschlag für ei "Emporebönen" in Wandnischen, brachte den ne gemalt: a 6 Kreuzer; 5 Schlußsteine ­ früheren Hochaltar (im ne Gesamtrenovierung der Kirche mit rund wieder in Ordnung, strich Chor) "ausgemahlen"; 1. Maria 5 Gulden; 2. Bi­ ihn und die 80000 Mark. Diese Summe war nicht aufzu­ Grabsteine mit "grüner Erde und schof (St. Nikolaus) 4 Gulden 30 Kreuzer; 3. bringen Frankfurter Schwärze" und so wurde zunächst der Chor reno­ an, machte am frühe• Wappen mit Engel (Wirtemberg) 3 Gulden; 4. viert. Leider ren Hochaltar eine Staffel, gestaltete zwei wurde die Gewölbemalerei von die Ni­ Wappenschilder (Konstanz und Balingen) 1613 nicht für wertvoll schen im Chor und "förtigte" am 4 Gulden gehalten, weshalb das Denkmal der 24 Kreuzer; 5. Wappen mit Sternen Chorgewölbe von Kirchenmaler Frau von Tegernau "verschiedene Arbeit". Au­ (Joerg) 30 Kreuzer. Wörnle aus Stuttgart neu bemalt wurde, wobei die ßerdem machte er die Staffeln "quer durch das Im Langhaus in die Fenstergewölbe Malerei Chor". Südseite der Uracher Amadeuskirche als Muster diente. Für Maurerarbeit erhielt er 74 Gulden mit Balinger Wappen 1 Gulden; Schlußstein und 26 mit Die Wände wurden (zu dunkel) bemalt. Wäh• Kreuzer, für Steinhauerarbeit 57 Gulden Heilige Katharina 1 Gulden 20 Kreuzer; und 16 Kreuzer. dane­ rend die Arbeiten ausgeführt wurden, ent­ ben zwei kleine Wappen (Meisterschilde) 36 schloß sich Diese Arbeiten waren erforderlich, Kommerzienrat Behr, noch drei um den Kreuzer; Nordseite ·Haupt Johannes in der Chorfenster zu stiften, Chor für gottesdienstliche Zwecke Schüssel die noch heute den Chor benützen zu 48 Kreuzer; Schlußstein mit Namen schmücken. Die Schlußsteine können. Erstmals wurden damals 30 Sitzplätze Jesu 36 Kreuzer. und Fratzen an den Seitenwänden wurden übermalt im Chor geschaffen. Vor 1846 waren im vorde­ Das Kreuz holzfarb lackiert. . Am Die Bilder von Kirchweihfest des Jahres 1900 konnte der Chor ren Teil des Chores Grabsteine in den Boden die Pfeiler gemacht und in die eingelassen, Kirchhof-Kirche wieder eingeweihtwerden, endgültig in Betrieb der hintere (östliche) Teil war der gebracht. (Es handelt sich um Epitaphien, Platz der Läutbuben, genommen wurde er erst am Weihnachtsfest, denn von hier aus wurden meist von Simon Schweizer, die an den Pfeilern da die vier Glocken des der Schreiner das Gestühl noch nicht fertig Turmes geläutet. Die Auf­ der Kirche angebracht waren und damals auf hatte. sicht führte der "Läutmesner". Wahrscheinlich den Dachboden die Friedhofkirche gebracht In den Jahren 1913/14 kam endlich hatten die Läutbuben auch den Hochaltar be­ wurden und dort mehr als die Ge­ 50 Jahre lagerten, bis samtrenovierung der Kirche, auf die man schädigt, da dieser gerne als ,,Absprungbasis" sie 1913/14 entdeckt und restauriert seit verwendet wurden). Jahrzehnten hingearbeitet hatte. Sie gab dem wurde, wie alte Balinger früher er­ Bildhauer Anton Engelhart erhielt für zählten. Repara­ Gotteshaus ein völlig neues Gesicht. Am 21. tion der Bilder an der Emporkirche der Orgel 9 April 1913 wurde Über eine Innenrenovierung Gulden. begonnen. Die seit dem Mit­ berichtet die telalter fehlenden Gewölbe Hospitalpflege- und Armenkasten-Rechnung 1881/82 ging in den drei Schiffen man wieder mit einer Innenre­ wurden eingezogen, eine Warmluftheizung von 1861/62. Es war die am stärksten in den novierung um. Am und 20. Februar 1882 besuchte eine elektrische Beleuchtung wurden ein Architekt Frey vom einge­ Verein für christliche baut, die Kanzel versetzt, ein neues Gestühl Kunst die Stadtkirche, um Rat für eine Innen­ eingebaut. Am 22. renovierung März 1914, also nach der er­ der Kirche zu erteilen. Sein Be­ staunlich kurzen Bauzeit von richt ging im Oktober 11 Monaten, wur­ ein. Er errechnete Ko­ de die erneuerte Kirche mit einem großen sten für einen neuen Boden Fest, und ein neues Ge ­ zu dem allerlei Prominenz erschienen war, wie­ stühl, sowie eine Heizeinrichtung in Höhe von der eingeweiht, 14000 gerade noch rechtzeitig vor Be­ Mark. Die Stiftung war nicht in der Lage, ginn des Ersten Weltkrieges. diese Bauarbeiten durchzuführen, man be­ Am 27. Juni gnügte 1943 wurde des Tages gedacht, sich mit Reparaturen. Damals erhielt da 500 Jahre zuvor mit Maler Wilhelm dem Umbau der Kirche Beck für das Lackieren des Git­ begonnen wurde. Dazu erhielten ters um den Altar, der Altar und Kanzel und das Anstrei­ Kanzel neue Paramente in den fünf liturgi­ chen des Taufsteins 13,50 Mark. schen Farben. Prof. Kraut stiftete ein neues AI­ Am 18. Oktober 1885 haben die Stiftungskol­ tarkreuz. Die Festpredigt legien hielt Landesbischof beschlossen anstelle des defekten Plat­ D. Wurm, sein Ausspruch: tenbodens einen "Unserem Volk ist Cementboden anbringen zu der Wettbewerb um den besten lassen, für den 400 Platz in der Mark zu bezahlen waren. Welt nicht gut bekommen" brachte dem Der Feldschütz mußte später Schrei­ diesen Boden bei ber dieser Zeilen einen strengen Verweis durc warmer Witterung jeden Tag mit der Gießkan• die Kreisleitung ne der NSDAP. Es wurde ihm ver­ bespritzen. boten, solche .wehrkraftzersetzende" Zum Lutherjubiläum Veran­ 1883 schuf Kunstmaler staltungen künftig zu besuchen. Friedrich Eckenfelder ein Bild des Reforma­ Und nun stehen wir wieder vor tors. Es ist eine wohlgelungene einer Innen­ Kopie eines Bil­ renovierung der Kirche. Was wird sie uns brin­ des von Lukas Cranach. Am 14. September 1884 gen? war es erstmals im Gottesdienst zu sehen. All­ mählich wurde eine Gesamtrenovierung der Kirche immer dringender. Man legte einen Re­ novierungsfonds an, der aber nur langsam Das ideale Porträt wuchs und immer wieder durch dringende Re­ Der frühere amerikanische Präsident paraturen angegriffen wurde. Eine Spende von Gerald Ford (geb. 1913) betrachtete 3000 ein Mark gab schließlich den Anstoß, zu­ Porträt von sich, auf dem seine linke Hand nächst einmal den Chor in Angriff zu nehmen. in der Hosentasche steckte, und Kommerzienrat sagte zu Karl Behr, der Besitzer der da­ dem Maler lächelnd: "Als Konservative r mals größten Balinger Fabrik, stiftete diese sehe ich es gern, wenn ein Politike Summe r die anläßlich des 25jährigen Bestehens Hand in der eigenen Tasche und nicht in Erinnerung an die Renovierung der Kirche seines Betriebes. Oberbaurat der 1913/14. Dolmetsch, der von anderen Leuten hat!" damals führende Kirchenarchitekt Württem- Oktober 1987 Heimatkundliehe Blätter Balingen Seite 615

Ein Junglehrer erlebt Ebingen In memoriam in den Jahren 1924 -1935 Fritz Scheerer von Karl Maier (Fortsetzung) An das Eintrachtsgebäude knüpfen sich für her bestand die sogenannte Residenzpflicht. mich zwei Erinnerungen. Zum einen fanden im Man mußte im Dienstort wohnen. So lernte Nebenzimmer die Zusammenkünfte des Leh­ man Land und Leute viel besser und schneller rervereins statt, in dem ich es zum Schriftfüh• kennen. Bei mir kam noch ein weiterer Grund rer brachte. Die andere betraf ein Sekträu• hinzu. Nachdem ich die Hälfte der großen Klas­ schlein, das der fuchsgesichtige Pächter Ber­ se auch im 6. und 7. Schuljahr bis zur Schulent­ nauer durch eine Flasche Sekt einleitete, die er lassung weitergeführt hatte,'verschlug es mich auf den Tisch stellte, nachdem sich durch eine ans 3. und 4. Schuljahr, auch zu Knaben, die unvorsichtige Bemerkung von meiner Seite im damals im Mädchenschulhaus etwas Neues wa­ Kreise junger Kollegen herausgestellt hatte, ren. Nun ist Heimatkunde in diesen beiden daß ich auf den Tag 25 Jahre alt war. Das ge­ Jahrgängen ein wichtiges Fach. Der Schüler schah am 9. März 1925. In diesem Haus war ich soll seine Heimat in all ihren Bezügen kennen auch dabei, als Musikdirektor Strecker im neu­ lernen und dadurch auch die Voraussetzung für aufgezogenen Hauptlehrer Karl Lämmermann den Realunterricht der weiterführenden Schu­ einen zielstrebigen Nachfolger und Chormei­ len in Erdkunde, Geschichte, Gemeinschafts­ ster erhielt, der freilich von uns Sängern ver­ kunde, Biologie und Naturlehre mitbringen. mehrten Einsatz abforderte. Daneben hatte ich dieses Fach auch an der Wie wenig Rang- und Standesunterschiede Rektoratsklasse zu übernehmen. So kam ich im freisinnigen Ebingen galten, mag folgender auf 9 Stunden Heimatkunde die Woche. Äußere Fall beweisen. Unter meinen Viertkläßlern war Anlässe genug, die Stadt Ebingen mit Umge­ einer, dessen Mutter ich riet, ihn wegen seiner bung, den Kreis Balingen gründlich zu "erler­ Begabung und seiner Leistungen beim Gymna­ nen". sium anzumelden. Der junge Rentschler fiel bei Ich stützte mich auf den Ebinger Stadtplan, der Aufnahmeprüfung durch und zwar in Ma­ auf die Karten 1:25000 mit Höhenlinien und Be­ thematik, seinem besten Fach. Ich konnte mir zeichnung der Fluren, Gewanne und Wälder, das Versagen nicht erklären und suchte den vor allem aber auf das schon genannte blaue Leiter der Schule, Herrn Studiendirektor Kieff­ Buch der Heimatchronik unseres Lehrerpatri­ ner, auf. Dieser händigte mir ohne weiteres die archen G. F. Hummel, der wiederum so viel den Rechenarbeit des Schülers zur Einsicht aus. Es Aufzeichnungen des Bleichers Jerg verdankte. ergab sich, daß der Prüfer nach der Regel ,,Al­ Dazu kamen Gänge und Wanderungen. So er­ Am 26. September d. J. verstarb das les oder Nichts" gearbeitet hatte. Alle vier Auf­ gab sich z. B. ein Bild der Rulamann- Steinzeit­ Gründungsmitglied der Heimatkundlichen gaben standen dicht vor der Lösung, aber diese menschen, die vielleicht in der Heidensteiner Vereinigung Balingen, Rektor i. R. Fritz fehlte. Die Arbeit hätte mindestens ein "ausrei­ Höhle über dem Klarahof oder in der Hexenkü• Scheerer, Seine Leistungen im öffentli• chend" verdient. Der Schüler wurde auf Probe che unter dem Schloßfelsen gehaust hatten, ei­ chen Leben Balingens und in der heimat­ aufgenommen, die er sicher bestand. ne Vorstellung von den Kelten der Bronze- und kundliehen Forschung wurden in der Ta­ Die Bürger, nicht die Bürgerinnen, waren po­ Eisenzeit aus ihren Grabbeigaben des Deger­ gespresse gewürdigt. Die Heimatkundli­ litisch aufgeschlossen. Die freisinnige Volks­ feldes. Später kam Ebo, der Alemanne mit den chen Blätter haben ihm besonders viel zu partei der Demokraten herrschte vor. Namen Seinen über den zertrümmerten Limes der Rö• verdanken: er hat sie mitbegründet, war wie Ostertag, Payer, Liesehing und vor allem mer ins Zehntland und ließ sich im Tal der von 1973 bis 1984 ihr verantwortlicher Re­ Conrad Haußmann besaßen noch Glanz. Dane­ Schmeie mit seiner Sippe nieder, von den dakteur und hat seit ihrem Bestehen von ben war die SPD stark, etwas schwächer die Stammesgenossen, die Eboinger, Ebinger ge­ 1954 an mit über 230 Beiträgen aus seiner bürgerliche Rechte und das Zentrum. Die Kom­ nannt. Die Martinskirche legt Zeunis ab von heimatkundliehen Forschung auf den Ge­ munisten waren mit zwei Sitzen im Stadtparla­ der Christianisierung. Das Dorf Ebingen trat bieten der Geschichte, der Biologie, der ment vertreten. Genosse Fridolin Reiber war ins Licht der Geschichte, als es ummauerte Geologie und der Mundart ihren Inhalt we­ der Gemäßigtere. Mit dem "wilden" Partei­ Stadt geworden war. Im Heimatmuseum lern- sentlich mitgeprägt. mann Reinhold Gonser habe ich manchen Dis­ . ten wir die vielfachen Hantierungen und Gerä• put ausgefochten. Aber auf dem Rathaus konn­ te der mittelalterlichen Gerber, Färber, Weber, ten die Stadträte jener Zeit noch versöhnlich Fuhrleute kennen. Wie oft bin ich mit Klassen her nur durch Treppen und steile Fußpfade zu beraten. Deutlicher und alltäglicher erschienen um das Hufeisen der Altstadt mit ihren engen erreichen waren, wunderte man sich doch. Da­ die Gegensätze zwischen links und rechts in Gassen, kleinen Plätzen und bescheidenen bei hatten es zu jener Zeit die neuen Hausbe­ den beiden Tageszeitungen, dem Alten und Häuslein herumgelaufen und habe den Stand­ wohner nicht so schön und bequem wie die heu­ dem Neuen Albboten. Der Neue war der um­ ort der abgebrochenen Türme und Tore festge­ tigen, die fertige Straßen, Gehwege und Stra­ fangreichere und auflagenstärkere Widerpart. stellt. Sagen vom Siebenkreuzlesfels, vom ßenlampen vorfinden. Damals setzte man die Wenn dann noch der alte Demokratund Haude­ Schuhmacherfels über dem Leuzentäle runde­ Häuser in den Dreck, und dabei blieb es jahre­ gen Standenmaier als Schriftleiter des Neuen ten das Bild. Kriege, Brände und Erdbeben lang. Davon kann ich ein Liedlein mit mehre­ seinem Grimm gegen die Rechtsstehenden die kennzeichnen die neuere Zeit. Das schmucke ren Strophen singen. Wir Bewohner der Mühle• Zügel schießen ließ, fehlte es nicht an Salz und Rathaus entspringt einem solchen Brand in der steigstraße benützten die Schwellen des vorbei­ Pfeffer. Er verspottete den Konkurrenten, der Marktstraße. Zu meiner Ebinger Zeit redete fahrenden Schellenmatheis, oder wir lagerten seine Weisheit "quadratmeterweise" von aus­ man noch viel vom Truppenübungsplatz Heu­ Hilfsschuhe am äußersten Haus der Schmicha­ wärts beziehe und brachte nach einem Ver­ berg und ob es klug war, das Ebinger Gebiet an straße. In der äußeren Mehlbaumstraße feier­ kehrsunfall des gegnerischen Schriftleiters die den Staat zu verkaufen. Ich wanderte mit mei­ ten wir ein Fest, als wir endlich eine Gaslaterne Notiz, daß ein Motorradfahrer, namens Dorno­ nen Schülern über das nach dem ersten Welt­ .erhielten und den Dreck und die Schlammpfüt• Selß in der Sonnenstraße vom Rad gestürzt sei. krieg wieder frei gewordene Gelände zum klei­ zen auch bei Nacht sehen und ihnen auswei­ Noch ein Wort zum Verhältnis zu den Nach­ nen hohlen Felsen, über den großen hohlen Fel­ chen konnten. Schließlich schüttete die Stadt barstädten Balingen und Tailfingen. Durch sei­ sen zum Punkt Dreibahnmarken, an dem ne­ an einer Straßenseite einen Kieswall auf. ne günstigere Lage hatte Balingen zum Amt ben Gemeinden drei Länder zusammenstießen, Als ich als Vorsitzender der Neuhausbesitzer das Oberamt bekommen und Ebingen trotz nämlich Württemberg, Baden und Hohenzol­ Oberbürgermeister Spanagel auf diesen Übel• dessen Größe sein Amt verloren. Ein Ebinger lern. Dort betrachteten und untersuchten wir stand hinwies, meinte er, die Stadt könne nicht Bürger quittierte den Verlust mit den Worten: den großen Grenzstein, und ich erzählte, daß überall sein. Aber wo war sie denn damals? Da­ Leant ao de BaIenger dees Oberamt, suscht man früher den Jugendlichen den Kopf gegen mals war noch die Rede von der Selbsthilfe des hont se gar noez mae! Die Bizerbawerke waren die Steine gestoßen habe, damit sie sich den Fabrikanten Friedrich Haux. Seine Villa war damals noch nicht so groß wie heute. Belustigt Standort des Steins einprägten. Einen Beweis ihm zu klein geworden. Er setzte eine größere sah man hierzulande zu, wie die Tailfinger alles für den hohen Stand des Gewerbes und der In­ an ihre Stelle, nachdem er die kleinere über die versuchten, um Ebingen einzuholen oder gar zu dustrie des Ebinger Raumes erbrachte die Aus­ Straße hatte wegrollen lassen. Als ich nach übertreffen. Mochten sie ruhig Truchtelfingen stellung von 1925. Ein Teil des Holzes der Aus­ sechs Jahren mein Haus Mehlbaumstraße 134 vereinnahmen, um damit die 10000-Einwohner­ stellungskioske wurde zum Gerippe des Wald­ verließ, lag die Straße immer noch im argen. Grenze zur Stadt zu erreichen. Heute ist mir heimgebäudes. Wie sich damals sogar auf den Hauptstraßen noch unerklärlich, warum eine Mehrheit der Die Stadt wuchs auch durch Zuzug aus be­ Schmutz und Matsch breitmachten, möge fol­ selbstbewußten Tailfinger den Zusammen­ nachbarten Höhenorten. Die Dreitälerstadt zog ' gende Szene zeigen. Ich befand mich mit einem schluß zur Albstadt betrieb, bei dem doch ihre sich noch mehr in die Länge. Dann begannen Kollegen auf dem Heimweg zu unseren Häu• Stadt auf den zweiten Platz kommen mußte. die Häuser an den Hängen hochzuklettern. Die sern im Mehlbaum. Auf der Lautlinger Straße Heute kann ein Lehrer, wenn er nicht gerade Herrschaftshäuser der Bitzer Steige mit ihren lagen Matsch und Straßenschmutz. Ein rück• Schulleiter ist, seinen Wohnsitz an jedem belie­ Stützmauern hatte man hingenommen. Aber sichtsloser Autofahrer fuhr durch die Soße. bigen Orte aufschlagen, wenn er nur wie die als dann Einzelne wagten, am Schloßberg zu Mein Kollege protestierte lauthals. Schüler mit der Schulklingel im Hause ist. Frü- siedeln, wo die Wohnungen von der Kellenburg (FOrtsetzung folgt) Seite 616 Heimatkundliche Blätter Balingen Oktober 1987

Sebastian Kellermann entkam allem An­ Die Stadt Balingen und die Verfolgung der schein nic ht . Sein Urteil ist bekannt . Der Kri­ minalse nat de s K. Obertribu nals setzte am letzten Räuberbanden 12.113. März 1824 folgen des Straferkenntnis Oberschwabens fest, welches am 31. Dezember 1 824 vom König Von Peter Seibold im vollen Umfang be stätigt wurde. "... gegen Sebastian Kellermann, genannt Im Anschluß an den Artikel über den Hanni­ gethan der Baste, wegen im Komplot verübter W ider­ kel und dann selbst die Kette an den Klo­ in den Heimatkundlichen Blättern (7/34) ben geschlossen. setzlichkeit und thätlicher Mißhandlung von möchte ich darauf Darauf legten sie sich nieder aufmerksam machen, daß und deckten sich Streifern, in Genossenschaft ausgeführter die Stadt Balingen mit Teppichen zu. Die Gen­ bei der Verfolgung der letz­ darmen aßen zu Nacht ' Diebstähle , Verbindung mit einer Gaunerban­ ten Räuberbanden , tranken noch ca. vier de und Oberschwabens eine "un­ Maß Bier und waren nach zehn mit solcher verübter Raub- und schwe­ rühmliche" Episode beitragen Uhr gut einge­ rer Diebstahls-Verbrechen konnte. Meine schlafen. Als die Gauner sicher waren, auf achtzehnjährige Angaben nehme ich aus daß kei­ Zuchthausstrafe dem Buch "Der ner der Gendarmen mehr wach sei, entledigten , auf dieselbe Züchtigung wie schwarze Veri und die letzten Räuberbanden bei Ziffer 5 (auf eine während sie sich still ihrer Ketten, erhoben sich von ih­ der nächsten vier Oberschwabens" (Nachdruck eines Buches der rem Lager Jahre jedesmal am 4. April zu vollziehende Fürstl. und verließen lautlos ihr Lokal, wel­ n zu Waldburg-Wolfegg'schen Bibliothek; ches sie verriegelten, Züchtigung mit zwanzig Stockstreichen) und Wangen 1977). so daß die Gendarmen eingeschlossen waren. Dann auf das unter Strafdrohung zu erteilende Ver­ stiegen sie die bot, Das Wesen organisierter Treppe hinab und öffneten mit dem sich nach erstandener Strafe außer dem Räuberbanden, de- : mitgenom­ Ort ren Anführer unter den Namen menen Turmschlüssel die Thüre. Außerhalb und der Schultheißerei Hailtingen "der alte Bre­ im Königreich betreten genzer Seppel" (Josef Lang), "der schwarze kleideten sie sich rasch an, halfen sich gegen­ zu lassen." seitig Veri" (Xaver Hohenleiter) und "Schleiferstoni" über die Mauer und nun ging es den (Anton Rosenberger) bekannt und gefürchtet Hirschgraben hinab und auf der anderen Seite wieder waren, dauerte in Oberschwaben noch bis in hinauf. Jetzt waren sie im Freien. Wie Eiche sie verabredet die Zeit der zwanziger Jahre des 19. Jahrhun­ hatten, trennten sie sich sofort, Quercus pedunculäta - robur derts. um besser durchzukommen. "Ende Mai 1819 wurde dem Untersuchungs­ Kellermann kam bis nach Straßburg, wo- kommissär in Biberach eine große Anzahl Gau­ , selbst er sich für das französische Heer anwer­ ner und Verbrecher zugeführt. Am 25. Mai wur­ ben lassen wollte, als er aber erfuhr den , daß Aus­ neun Wagen voll und am 30. Mai sechs wei­ länder nicht mehr angenommen werden, kehr­ .tere mit verdächtigem Gesindel daselbst einge- te er nach Breisgau zurück. Bald darauf traf er mit Franz Merkle, welcher den Namen Karl Braun aus Goldau führte und mit einem weite­ Leser ren Vaganten Martin Kleinmann zusammen. sollen zur Feder Sie hatten die Absicht, miteinander nach Inns­ greifen bruck zu gehen, und daselbst Soldat zu werden. Bevor sie aber diesen Plan ausführen konnten, In dieser und den nächsten Nummern wurden sie wieder von der Gerechtigkeit ereilt. der Heimatkundlichen Blätter veröffentli­ chen wir Auszüge aus den Erinnerungen In der Frühe des 14. eines Mai 1820 kamen die drei engagierten Pädagogen über die J ah­ Vaganten aus dem sogenannten re Kesselwald bei 1924 bis 1935. Wir würden uns freuen, Balingen, in welchem sie wenn dieser wahrscheinlich über- . Beitrag unsere Leseranregte, nachtet hatten. Wie sie den Wald selbst zur Feder verlassen zu greifen und zu berich­ wollten, kam eine sechs Mann starke ten, wie sie die bewegten Streife Jahre vom Ersten daher, welche ihnen sofort "Halt" zurief Weltkrieg an bis zu den und da Zeiten nach dem sie davoneilten, ihnen nachsetzte und sie ZweitenWeltkrieg erlebt, erlitten oder auch schließlich einholte mitgestaltet . Als die Gauner sahen, daß haben. Geschichte, besonders sie nicht mehr entrinnen die Heimatgeschichte können, kehrten sie , wird farbiger und sich um und drangen sofort anschaulicher, wenn auf die Streife ein. sie sich nicht nur der Dem ersten Ankommenden, Schneider Dokumente in Archiven und der Veröffent• Gurte, wollten sie das.Gewehr entreißen, als ein zwei­ lichungen von Medien als Quellen bedient, ter Streifer sondern namens Christian Kohler herbei­ auch Erlebnisse und Sichtweisen sprang und ihnen einzelner Betroffener zurief, den Schneider gehen in ihre Darstellun­ zu lassen. Sofort wandten gen einbeziehen kann. sie sich nun gegen Kohler. Wie aber Gurte sein Gewehr freibe­ kam, feuerte er sofort auf den höchstens zwei Schritte von ihm entfernt bracht. Kleinere stehenden Klein­ Die Eiche ist einer der beeindruckendsten Lieferungen folgten jeden Tag mann, welcher tödlich. getroffen Bäume und schließlich belief zu Boden unserer Haine und Wälder, wird sie sich die Zahl der Verhaf­ stürzte. Merkle wollte mit einem doch über teten auf 73. Diese Einlieferungen großen Mes­ 40 Meter hoch und erreicht ein ge­ boten den ser und seinem Stock dem Kohler beikommen, sundes Alter von über 1200 Jahren. Bewohnern Biberachs immer ein ganz eigenar­ Es soll über wurde aber von diesem ebenfalls niederge­ 200 Arten auf der Erde geben. Für uns ist die tiges Bild. Fast durchaus waren die Gauner von schossen großer und als er sich wieder aufraffen woll­ Sommer- oder Stieleiche die markanteste unter kräftiger Gestalt mit sonnenverbrann­ te , von Gurte mit ten Gesichtern dem Gewehrkolben wieder zu ihnen. Der mit einer tief gefurchten Rinde aus­ , langzottigen Haaren und düste• Boden geschlagen. Kellermann, gestattete Stamm rem, unheimlichem Blick. welcher sich treibt knorrige Äste, die sich Die verdächtigsten an dem Kampfe nicht aktiv beteiligt in ihren Zweigen eigenwillig von ihnen waren immer an Händen hatte, setz­ gen Himmel rek­ und Füßen te sich, nachdem er seine beiden Genossen ken. Nicht umsonst galt dieser gefesselt und von Militär zu beiden Seiten lie­ Baum bei vielen be­ gen sah, auf den Boden und bat um Pardon. Völkern (Perser, Griechen, Römer, wacht. Größere Transporte waren von einer Germanen) starken Darauf wurden alle drei Gauner auf einem Wa­ als heilig. In E ichenhainen feierten die Germa­ Abteilung Infanterie und Reiterei be­ gen gleitet". . in das nächstliegende Dorf Erlaheim ver­ nen ihre Gottesdienste. Da s harte, wider­ bracht, woselbst Kleinmann nach wenigen standsfähige Holz war zu allen Zeiten sehr be ­ Immer wieder kam es zu Ausbruchsversu­ Stunden an der erhaltenen Schußwunde starb. gehrt. Die Rinde enthält Gerbsäure und wurde chen; der nachfolgend geschilderte fand dann Merkle war von drei Schroten im Oberarm und zum Gerben von Leder verwendet. Die Früchte bei Balingen ein vorläufiges Ende. "Der vierte von 26 Schroten im Rücken getroffen, somit (Eicheln) dienten zur Herstellung von Eichel­ Ausbruch wurde wieder von Josef Lang ge­ schwer verwundet. Kaum war er jedoch wieder kaffee und zur Schweinernast. Die Blätter meinschaftlich mit Franz Merkle und Sebasti­ hergestellt, als er aus dem Kriminalgefängnis wachsen ohne Stiel aus den Zweigen und sind an Kellermann, we lche ebenfalls im weißen in Balingen ausbrach und nicht mehr beige­ mir ihren Einbuchtungen unverwechselbar. ­ Turme in Haft waren, ausgeführt. Von der Wa­ bracht werden konnte. Die Eiche ist einhäusig, aber getrennt ge­ che waren den Gaunern drei Gendarmen be­ schlechtlich, d. h. männlich Blüten (hängend an kannt, welche die Gefangenen in besonders .. . Hier müssen wir noch einmal auf den Stielen) und weibliche Blüten (kurzgestielt mit fahrlässiger Weise bewachten. Sie warteten al­ Gauner Franz Merkle zurückkommen, welcher Fruchtknoten) sind zwar auf einem Baum (ein­ so, bis diese drei Gendarmen wied er die Wache nach seiner Verhaftung durch die Binsdorfer häusig), aber getrennt. Kurt Wedler ihres Gefängnisses übe rnah men u nd kleideten Streifmannschaft in der Nacht vom 25.126. Mai sich dann schon abends 7 Uhr, es w ar am 7. 1820 aus dem Balinger Gefängnis ausgebro­ April 1820, aus und legten sich zum Schlafen chen ist. Derselbe konnte trotz Herausgegeben von der Heimatkundlichen Vere ini­ energischer gung Balingen. nieder. Zum Auskleiden wurden ihnen d ie Fuß­ Fahndung nicht mehr beigebracht werden. Da­ schellen abgenommen Vorsitzender: Christoph Roller, Ba lingen , Am H eu­ und wieder angeschlos­ gegen wurden durch die Aussagen des verhaf­ berg 14,Telefon sen. Dieses Wieder teten 77 82. anschließen wurde den Gau­ Gauners Freudenmuth drei schwere Ver­ Redaktion: Robert Kohler, Bal ingen, nern selbst überlassen, wobei sie ihnen die brechen erhoben, welche von Frank Merkle Königsberger Straße 89, Telefon Schlüssel in 63 36. hinwarfen. Die Gauner haben nun Gemeinschaft mit seinem Bruder J ohannes Die Heimatkundlichen Blätter erscheinen jeweils am die Hauben nur über einen Teil der Schellen und drei we iteren Gaunern Monatsende als ständige Beilage des "Zollern -Alb-Ku­ verübt wurden." riers", ~.ehe Blätter

Jahrgang 34 , 30. November 1986 Nr.ll Eberhard v. Wächter von Walter Schnerring, Esslingen/Pädagogische Hochschule Ludwigsburg Wußten Sie, daß einer der größten Maler der Goethezeit in Balingen geboren ist? Eberhard von Wächter, dessen 225. Geburtstag am 28. Februar gewesen wäre, ist 1762 in Balingen zur Welt gekommen. Sein Vater, später in Stuttgart geadelt, war damals jungerOberamtmann. Die Mutter stammte aus einer traditionsreichen Tübinger Professorenfamilie. Aus dieser Verbindung ging Eberhard als zweites von elf Kindern hervor: Als er vier Jahre alt war, zog die Familie von Balingen weg. Mit elf Jahren, 1773, kam Wächter auf die Mannheim Hohe Karlsschule, die Militärakademie des 1784 folgte er der Anziehungskraft der kur­ Herzogs Karl Eugen auf der Solitude. Nach der pfälzischen Kunstsammlung Mannheim. Wie­ Grundausbildung sollte er sich als Jurist spe­ der vergleichen wir mit Schiller! Auf eigene zialisieren, doch: "ich las lieber Kunstbücher". Faust studierte Wächter dort in dem von Les­ Gegen enorme Widerstände setzte er sich mit sing, Schiller und Goethe gepriesenen Antiken­ Hilfe seiner Lehrer und seines Onkels, Baron v. saal mit Gipsgüssen (z. B. "Laokoon"), die den Wächter, der als,dänischer Gesandter am Hofe Menschen in tiefstem Schmerz zeigen. Dieses in Stuttgart weilte, durch und fiel in Ungnade. Erlebnis kündigt bereits die späteren Bildthe­ Die Ausbildung als Künstler (= Handwerker) men Wächters an. bedeutete einen gesellschaftlichen Abstieg. Ahnlieh schwer hatte es Mitschüler Schiller, Paris dessen Freundeskreis sich mit dem Wächters 1785 zog Wächter mit (dem späteren Verle­ überschnitt: Wächter war mit Wilhelm v. Wolzo­ ger) Cotta nach Paris. Er erhielt Lob von Baron gen, dem späteren Schwager Schillers, be­ Gros, dem größten Schüler J acques Louis Da­ freundet. Durch Freund Heideloff ist Wächter vids und durch die Akademie. David war soe­ mit Dannecker, dem später größten deutschen ben mit seinem "Schwur der Horatier" zum Bildhauer seiner Zeit und Hetsch, dem späte• "Messias" der Revolution geworden. In dieser Zeit entstand unser Bildnis Wächters von der , Bildnis des Malers Eberhard Wächter, von Lu­ ren Hofmaler und Gemäldegaleriedirektor ver­ dowike Simanowitz 1791 gemalt. 59 x 47 cm bunden. Hand der Ludwigsburger Malerin Ludowike Reichenbach, verh. Simanowiz. Es zeigt Wäch• groß. Mit freundlicher Genehmigung der Also lernte Eberhard Landschafts- und Hi­ Staatsgalerie Stuttgart. storienmalerei. Im Mittelpunkt stand Philoso­ ter als kecken, aber auch verträumten Freund phie, außerdem Mathematik, geographie, Ge­ der Revolution mit trikolorer Hutschlaufe. Er schichte, Literaturgeschichte, Asthetik, Mytho­ kannte Marquis de Lacoste, dessen Frau eine Rom logie, Alte Sprachen, Italienisch. Die Zöglinge Stuttgarterin war; und in dessen Salon auch Wie alle Künstler mußte auch Wächter nach waren von der Außenwelt abgeschnitten, total Minister Necker, Wilhelm v. Hubdoldt, Mada­ Italien. 1792 zog er von Stuttgart über die Via kontrolliert. Der "undankbare" Wächter me de Stael und Bonaparte verkehrten. So wur­ Mala, Florenz nach Rom. Das Geheimnis der stemmte sich gegen den Betrieb und brach vor­ de er zu einem Schüler des französischen Klas­ italienischen Kunst von Giotto bis Raffael er­ zeitig ab. sizismus. schloß sich ihm. Das Einfache, Ruhige und Gro­ ße in Form und Empfindungen zog ihn an: die .maniera grande". Sein Romerlebnis ist klas­ sisch. Wie Schiller erkennt er das Ideal der Hu­ manität, die sittliche Kraft der Kunst: "Oh, welch glücklichen Einfluß könnten die schönen Kü nste selbst auf unsere Moralität haben!" Am liebsten wäre er, wie einst Fra Angelico, ma­ lend in ein Kloster eingetreten. Konsequent sucht der Pietist stärkere kirchliche Bindung, wird katholisch und heiratet 1796 die siebzehn­ jährige Römerin Francesca Bandini, Tochter eines Kleinhändlers, die ihm treu blieb: "Das einzige Glück, das mir auf dieser Erde zu Theil wurde ... da ist aber auch kein Hauch von Falschheit in dieser engelreinen Seele". Die wichtigste Künstlerbekanntschaft war Asmus Jakob Carstens. Durch ihn und den Bildhauer Berthel Thorwaldsen fand Wächter seine endgültige künstlerische Form. Der Karlsschüler Joseph Anton Koch lernte in Rom bei Wächter. Rom war Wächter sechs Jahre Heimat geworden. Mit dem Wegzug aus Rom war die Entwicklung des Meisters abgeschlos­ sen. 1798 kam er kurz nach Stuttgart, wo er zwar einige Bilder verkaufte, doch zeichnete sich ein Leben in Geldnot ab. Man behandelte den ka­ tholisch gewordenen, armen Maler, auch in der Familie, schlecht. Doch erwähnt lien inzwi­ schen 42jährigen Schelling in einem Brief an Goethe! .

Wien Hiob und seine Freunde, Hauptwerk von Eberhard Wächter um 1824 gemalt. 194,6 x 274,5 cm 1799 siedelte er in das katholische Wien über, groß. Mit freundlicher Genehmigung der Staatsgalerie Stuttgart. der Provinz entfliehend. Käufe durch seinen Seite 618 Heimatkundliche Blätter Balingen November 1987

Freund, Geheimrat von Uexküll, durch den nommen worden. "Der Herr hat's gegeben, der 'fberf)arb Wäd)ter Fürsten Esterhazy und Buchillustrationsauf­ Herr hat's genommen . .."). Nun wird er auch träge des Verlegers Cotta hielten ihn knapp noch von seiner Frau gegen Gott aufgehetzt 3n feine ~o~en Wänbe eingefd)'offen, über Wasser. Wächter wurde väterlicher Men­ und wird mit Aussatz geschlagen. Er sitzt auf 'mit traurig fd)önen ~eiftern im C:Oerte~r, tor der Nazarener, besonders der "Lukasbrü• einem Aschenhaufen vor dem Gehöft. Seine ~eftärtt ~tem be~ der" Franz Pforr und Friedrich Overbeck. Die drei Freunde kommen, ihn zu beklagen und zu cm reinen f.)omer, Kunst der süddeutschen, katholischen Roman­ trösten - "und saßen mit ihm auf der Erde sie­ C:Oon ~o'bgewö'ten ~ttftatJ um~offen: tik ist ohne Wächters Vorbild nichtdenkbar. ben Tage und sieben Nächte und redeten nichts 1808 plant er - durch die väterliche Erbschaft mit ihm; denn sie sahen, daß der Schmerz sehr ~(fo vor feinen ~üd)ern unverbroiren, - eine Romreise, doch der Krieg hält ihn in groß war." Vor dem himmelschreienden

Dem Unheil entgegen Ebinger Siedlungsverein in den äußeren Mehl­ baumstraße eine Anzahl Doppelhäuser erstelle. Meine letzten Ebinger Jahre waren getrübt Ich suchte Gewerbeschulrat Euchner, den Ge- und endeten mit dem schmerzlichen Wegzug. schäftsführer des Vereins, auf und erhielt eine Die Ebinger Stationen verliefen im Anfang Wohneinheit zugewiesen. Die Bedingungen: glücklich. Ich hatte nichts unternommen, um 13500 Mk. Baukosten, 3500 Mk. Anzahlung. Va­ nach Ebingen zu kommen, ich habe nichts un- ter und Schwiegervater ließen ihre Kinder ternommen, um in Ebingen zu bleiben, aber ich nicht im Stich und streckten vor. tat alles, um in Ebingen mein Glück zu machen. Ich legte 1926 meine 2. Dienstprüfung ab , mit Im Herbst 1929, an einem Regentag, zogen meinem Freund Fritz Hering zusammen. Ich wir in die Mehlbaumstraße 134 ein. Das Haus Grabstein Eberhard Wächters auf dem Hop­ heiratete im November 1927, nachdem in der kam mit Verbesserungen und Einbauten auf penlaufriedhof in Stuttgart: "Hier ruhen: Eber­ äußeren Mühlesteigstraße eine Wohnung für 17500 Mk. So war ich fast über Nacht von der hard v. Wächter - Historienmaler - geboren Eheleute zu bekommen war. Ich zog nach zwei Ebinger Wohnungsnot befreit, zum Hausbesit­ den 28. Februar 1762 - gestorben den 14. August Jahren aus dieser Wohnung aus, nicht weil mei- zer aber auch zum schwerbelasteten Schuldner 1852 - und se ine Gattin - Franziska Wächter ­ ne Frau und ich an der Nordseite des Hauses geworden. Wir jungenLeute taten, was zu tun geboren den 16. März 1779 - gestorben den 13. mit dem großen Fenster im letzten Haus in der war. Wir richteten uns ein, verwandelten einen Januar 1854 - Den theuren Eltern gewidmet Reihe mit Blick gegen Truchtelfingen und den . Acker in Hof und Garten, vermieteten das Bal­ von den dankbaren Kindern - sie ruhen in Frie­ Tailfinger Spalt den eisigen Winter von 1928/29 konzimmer, sparten und zahlten und freuten den". (Daneben befindet sich der Grabstein sei­ erlebt hatten, wo die Tinte in meinem Schreib- uns unseres Besitzes. Der erste Riß durch das nes berühmten Onkels, Carl Eberhard Baron tisch gefror; sondern weil der Hausbesitzer Einvernehmen des Ebinger Volksschul- und Wächter, der vom Kaiser in den erblichen über uns einen Wohnstock aufsetzte und ein Mittelschulkollegiums entstand durch einen Adelsstand erhoben worden war und als däni• Neubau uns die Aussicht verbaute. Eine andere Rektorenwechsel, der sogar den Landtagbe­ scher Gesandter se inem Neffen bei der Ergrei­ für uns erschwingliche Wohnung in der Schüt- schäftigte. Es war ungewöhnlich, daß eine Be­ fung der Malerlaufbahn geholfen hatte.) zenstraße mit Gasbeleuchtung im Schlafzim- hörde den deutlich ausgesprochenen Wunsch Foto: Schnerring mer war zu erhalten. Da hörte ich, daß der der Lehrkräfte überging und den Minderheits- November 1987 Heimatkundliche Blätter Balingen Seite 619

Buchau Weggental/Rottenburg Owingen Fotos: Wedler

Die trauernden Frauen Hitler pochte an den Toren. Die beiden Tages­ zeitungen der Stadt bekämpften sich immer Andachtsbild inverschiedenen Kirchen wütender. Im Lehrerzimmer ging es jetzt rund. von Kurt Wedler Es wurde heftig gestritten. Anschläge an der Christus, der auf seinem Weg nach Golgatha dert, einer Zeit reichen künstlerischen Schaf­ Wand lösten einander ab . Mal waren es Aus­ das Kreuz trägt, sieht die trauernden und kla­ fens (siehe Lorenzkapelle). schnitte aus dem pazifistischen, "Anderen genden Frauen stehen: Maria, Maria Magdale­ Der Reichtum der Kopftuchfalten und der Deutschland", mal stammten sie aus Streichers na, Maria Kleophas mit Johannes, wie etwa in Gewänder (hier vor allem Parallelfalten der "Stürmer". Neben dem wachsenden Heer der Buchau, oder noch mit Maria Alphäus in Weg­ Spätzeit) zeigt deutlich, wie das gestaltende Arbeitslosen waren Geschäftsleute und Schuld­ gental bei Rottenburg (1440-50) oder mit der 6. Prinzip die seelische Haltung unterstreichen ner in besondere Not geraten. Besonders drük­ Figur Maria Zebedäus in Owingen (um 1450).­ kann. Die Künstler bereichern das Ganze noch kend war die Lage der Neubaubesitzer. Ihre Christus hält inne auf seinem Leidensweg und Löhne sanken oft bis zum Stempelgeld, die mit einer Fülle von Falten, die sich auf dem Zinsverpflichtungen stiegen, das Gewicht der spricht zu den Frauen: "Weinet nicht über mich, Boden ausbreiten (und ein Gehen unmöglich sondern über euch und eure Kinder". Und doch Schulden desgleichen. Da lud eine Gruppe von ist diese Trauer berechtigt, denn hier wird ein machen würden). Hier treten die typischen Tübingern ihre Balinger Leidensgenossen zu Unschuldiger zum Kreuzestod verdammt. spätgotischen Faltenmotive auf: das Zangen­ einer Aussprache ins Hotel Schiff. Ein Profes­ Die Trauer kommt in der Buchauer Gruppe und Zipfelmotiv, die Tüte und die überhöhte sor schilderte die Notlage der Neuhausbesitzer . am stärksten zum Ausdruck. Der Schmerz läßt Brücke, das Dreieck und der Umschlag, die Rol­ und empfahl zur Selbsthilfe den Anschluß an sich in den Gesichtern kaum deutlicher ver­ le und die Schlinge. eine bereits bestehende Organisation. Wir Neu­ wirklichen, wie es etwa der unbekannte Auch diese trauernden Frauen waren An­ hausbesitzer kamen dem Wunsch der Tübinger Buchauer Meister um 1430 vollbrachte. Auch dachts-.Bilder'', vor allem in den Frauenklö• Herren nach und gründeten in der Umgebung die Ohnmacht der Maria in der Owinger Weg­ stern und Wallfahrtskirchen, wie die Pieta, die eine Reihe von Ortsgruppen. Wir beteiligten genter Gruppe verdeutlicht die Trauer sehr Annaselbdritt, die Schutzmantelmadonna u. a. uns auch an einem Protestmarsch mit Kundge­ stark. In der Lorenzkapelle in Rottweil sind Hier tritt die Frau, und ganz besonders in den bung in Stuttgart. Unser Hauptziel, die Rück• noch zwei Gruppen trauernder Frauen zu se­ "trauernden Frauen", als leidendes, passiv-ak­ führung unserer Bauschulden auf den ur­ hen: eine aus Eriskirch, die andere aus Roggen­ tives Wesen in das Christusgeschehen mit ein sprünglichen Stand erreichten wir nicht, wohl beuren. Alle diese Gruppen wurden in der Zeit und dokumentiert ihre nicht unwesentliche aber einzelne Zahlungserleichterungen und der Spätgotik gestaltet, also im 15. Jahrhun- Rolle im Erlösergeschehen der Menschheit. Straßenverbesserungen. Wollten wir unser mühsam erworbenes Eigentum behalten, . so blieb den meisten unter uns nur die Selbsthilfe übrig, nämlich rücksichtslos zu sparen. Wir kandidaten kürte. Nicht daß der neue Schullei­ loren die Männer von Weimar allen Kredit und schränkten unsere Lebenshaltung ein. Wir be­ ter sein Amt mißbraucht oder einseitig ge­ lieferten sich der bürgerlichen Opposition und suchten keinen Gasthof, es gab Kaffee ohne braucht hätte - das hätte sich das damalige später den Trommlern des Nationalsozialismus Zucker, Brot-wurde im Küchenwunder gebak­ Kollegium auch nicht gefallen lassen - oder daß aus. Im Lehrerzimmer schieden sich die Gei­ ken, aus Vereinen wurde ausgetreten. Das Leh­ man ihm die schuldige Autorität verweigert ster an Remarques Buch "Im Westen nichts rerkränzchen wurde geschwänzt. Mit dem da­ hätte. Das Vertrauen war erschüttert, der Arg­ Neues". Während die Weltkriegsteilnehmer im bei Ersparten konnte ein Regenschirm ange­ wohn griff um sich. Es bildeten sich zwei Lager. Anfang nur lachten, wenn Paul, der Neue, beim schafft werden. Es nützte ja nichts, nur den Die frühere Vertrautheit des Lehrerzimmers ersten Feuerüberfall die Hosen vollrnachte und Zins aufzubringen, dadurch verewigten sich die verwandelte sich zum heftigen Debattierklub. eifrig nickten: "Ja, so war's", sahen sie jetztdar­ Schulden. Wir brachten es fertig, sechs Jahre Hier, wo meist nur junge und mittlere J ahrgän• in eine unerhörte Herabsetzung der deutschen lang jeden Monat 50 Mk. abzuzahlen, obwohl ge die Pause zubrachten, war man sich z. B. Soldatenehre. Ich hatte in dieser Übergangs• die Brüningschen Notverordnungen den Beam­ über die Verurteilung des Krieges einig gewe­ zeit einen festen Halt in der Wirtschaftswelt ten wiederholt das Gehalt kürzten. Am 30. Ja­ sen. Nun hörte man andere Töne. In der Stadt des deutschen Kaufmanns und Nationalökono• nuar 1933 trat das befürchtete und damals nicht hatte sich ein Frontkämpferbund gebildet, der men Silvio Gesell aus St. Vith gefunden, der erwartete folgenschwere Ereignis ein: Reichs­ auch im Lehrerzimmer Verteidiger und Mit­ damals in Oranienburg bei Berlin lebte und präsident von Hindenburg machte seinen Frie­ glieder fand. Die politische Lage veränderte 68jährig 1930 dort starb. Er suchte mit seinen den mit dem von ihm bis dahin verachteten sich nach dem Tode Stresemanns und Eberts. Reformen die Freiheit mit der Gerechtigkeit zu Gefreiten und betraute Hitler mit dem Amt des Die Reaktion gewann an Boden. Ohnehin taten verbinden. Reichskanzlers und damit der Bildung einer die Justiz, die hohe Verwaltung, die Offiziere Im Jahr 1929 begann die große Unruhe. Die neuen Regierung. des Heeres, die Wirtschaftsführer in der Wei­ Kabinette in Berlin wechselten in schneller Am anderen Tag erblickte ich von einem marer Republik nur widerwillig mit. Als nun Folge. Nach dem schwarzen Freitag begann der Schulfenster aus zwischen der wehenden Ha­ die Regierung in entscheidenden Fragen hilflos Run auf die Banken. Die Arbeitslosigkeit setzte kenkreuz- und der schwarz-weiß-roten Fahne versagte, Inflation und Arbeitslosigkeit der ein. Die Männer in Berlin wurden immer hilflo­ hindurch drüben am Fuß der Rathausarkaden Millionen nicht zu verhindern vermochte, ver- ser. Der Radikalismus peitschte das Volk auf. einen Soldaten im Stahlhelm und zu seinen Fü- Seite 620 Heimatkundliehe Blätter Balingen November 1987

ßen ein schußbereites Maschinengewehr. Jetzt det wurden. Wir zwei vom Mehlbaum traten Truch telfingen. -Mit dem Wagen legte er den wußte ich : Die haben die Macht und werden sie nun verspätet zu unseren Klassen. Wir sahen Weg von diesem Dorf zum Haus seiner Schwie­ nicht so leicht wieder herausgeben. Hitler besorgte Mie nen, denn es hatte sich die Auffas­ gereltern im Wiesental in Ebingen zurück. macht ernst! Ich hatte sein Buch gelesen, stu­ sung verbreitet, wir se ien absichtlich fernge­ Inzwischen rührte in Ebingen ein neuer diert, von einer Bekannten ausgeliehen. Für je­ blieben. Teilnahme an öffentlichen Kundge­ Schlag an meiner Ex istenz. Ein Vater erklärte, den, der lesen konnte, stand da klar drin: Der bungen wurde ganz groß ge sc hriebe n. Die seine Tochter nicht mehr zu mir in die Schule Franzose ist dekadent, der Deutsche als Hoch­ Kleinsten durften de n Massenveranstaltungen schicken zu können, und zwar wegen meiner rassiger braucht die Ukraine, wenn auch mit nicht fernbleiben. Ich hatte ein erstes Schul­ politischen Einstellung. Dieser Vater war Orts­ Krieg, der Gemeinschädling Jude muß ausge­ jahr und bat den Schulleiter um Befreiung von gruppenleiter und stellvertretender Oberbür­ merzt werden. Zu nächst blieb es bei Äußerlich• der Teilnahme an einer durch den Lautspre­ ge rmeister de r Stadt und alter Kämpfer von keiten. Man begrüßte sich mit dem Hitlergruß cher ve rmittelten Übertragung einer F ührerre­ 1923 her. Es war ge rade der Koll ege, mit dem in den Schulen und Amtsstuben. Nach der Wahl de . Der Rektor lehnte mi t dem Hinweis ab, daß ich im Lehrerzimmer die heftigsten Wortge­ im März und dem Ermächtigungsgesetz brach­ diese Stunde zu einer bleibenden Lebenserin­ fechte ausgetr age n hatte. Einmal war er sogar te beinahe jeder Tag neue Schrecken. Wie rea­ nerung auch der Kleinen werde n könne. Viel­ mit offenem Messer auf mich zugegangen. Die gierten die Bürger? Es war beinahe belustigend leicht behielt er recht, nur in einem anderen Kollegen sind dazwischen getreten. Nun aber zu sehen, wie das Braun nun abfärbte. Da raun­ Sinne. Da standen nun die ABC-Schützen in hatte ich eine Mischklasse. Und der Vater eines te einem einer mit hämischer Miene zu "denk der Turnhalle , eingekeilt zwischen Schüler­ anderen Schül ers war ebenfalls alter Kämpfer. nur, der trägt nun auch braun", den man eine massen, und ve rstande n kein Wort von den Dieser Kollege - wir kannten uns vom Lehre r­ Woche später selber als Märzgefallenen sah. endlose n hohlen Phrasen und Drohworten. Im­ verein her - sagte, er könne sein en Buben sehr Ganz pfiffig machte es ein Kollege. Er hatte mer wiede r fr agten sie, wann es denn aus sei wohl zu mir in die Schule schicken. Diese Aus­ sich lange Zeit als politisch Unentschlossener und lehnten sich gegen mi ch. Geradezu pein­ sage re ttete mi ch . Be ide Herren gingen dann gebärdet. Als dann Braun große Mode wurde, lich lief eine hochpatriotische Aktion ab. bald als Sc hulräte ab. entpuppte er sich als altes Parteimitglied. Er Natürlich wurde wie andernorts die schönste In Bitz wurde eine Lehrstelle ausgeschrie­ hatte mit Duldung der neuen Oberen das Par­ und längste Straße der Stadt, die Sonnenstr a­ ben. Ich bewarb mich. Die Strecke hätte ich mit teiabzeichen auf der Innenseite seines Revers ße, in Adolf-Hitler-Straße umbenannt. Aber dem Fahrrad bewältigen können. Nach einigen tragen dürfen. Als Anerkennung dieser muti­ man wollte mehr tun. Be im Sternen wurde eine Wochen kam Schulrat Wüst von Balingen ins gen Haltung gelangte er in den Besitz einer Hitlereiche ge pflanzt. Das Spektakel ließ ich Haus. Er fr agte mich, ob ich das Gesetz der ständigen Lehrstelle in Ebingen. Später durfte mir nicht entgehen . Un ser Rektor hielt in Uni­ Undurchdringlichkeit kenne. Ich bejahte. Er er sich noch mit dem Titel Rektor schmücken. form die Weihrede. Selbstredend ließ de r Red ­ sagte, nach Bitz komme ein hundertprozenti­ Es gab aber auch Lustiges zu berichten. Wir ner den verlockenden Vergleich der tausend­ ger Nation al sozialist und ich werde nicht be­ bekamen in jenen Tagen Besuch vom Kollegen­ jährigen, knorrigen Eic he mit dem unzerstör• haupten, ein solcher zu sein. Ich verneinte. Da­ ehepaar Engel und staunten, als uns an der baren neuen Reich nicht aus. Als ich nach ge­ mals lagen schon erste Erfahrungen mit Nazis Haustüre auf unseren Gruß hin der Hitlergruß raumer Zeit am Bäumlein vorüberkam, schien vor, und es verlautete höherenorts, eigentlich entgegenschallte, wie wir zu hören glaubten. es mir sehr verändert. Ich fragte nach und er­ sei nur der Führer hundertprozentiger Natio­ Denn als die Engels unsere verdutzten Gesich­ fuhr, daß es schon das dritte Bäumchen sei. Die nalsozialist. Ich ging ins Lehrerzimmer und ter sahen, wiederholten sie ihren Gruß. Und anderen zwei seien draufgegangen. Unter der verkündete: Es gibt jetzt zwei Hundertprozenti­ nun war deutlich zu hören: "Zwei Liter!" Einer Hand erfuhr ich, sie se ien von den abgehende n ge , den Führer und den neu ernannten Haupt­ soll damals auf den Hitlergruß geantwortet ha­ Gästen des Gasthofes Sternen totgebrunzt wor­ lehrer von Bitz. Die Behörde bot mir Winterlin­ ben: "Heil' du ihn, ich kann's nicht!" In jenen den. Offenbar ohne jede böse Absicht. So eine gen an. Ich mußte aber absagen, weil ich zwei Tagen ließen die neuen Herren ihren Haß an Berieselung hält auf die Dauer der stärkste Ge sangvereine hätte übernehmen müssen und dem ihren Anschauungen abträglichen Neuen Baum nicht aus. Eins steht fest. Bald ver­ ich dam als an Heiserkeit litt. Albboten aus. Zunächst verboten sie ihn auf schwand auch die letzte tausendjährige Eiche So war ich auf die Stellen im Land und auf Zeit und dann, als die Leser ihm nach Wieder­ vor dem Gasthaus in Ebingen. Dann hätte man den Auszug aus meinem Hause eingeengt. Die­ erscheinen die Treue hielten, unter nichtigen auch jenen Lehrer nicht aus der Schule verban­ se Angebote waren damals dürftig. Zudem, so Gründen endgültig. Redakteur Mayer wurde nen dürfen, dessen Sch üler bei der Prüfung auf war zu hö ren , stritten sich die beiden ranghöch• abgeholt. Wir Altleser blödelten: "Wir wollen die Frage, wie lange das Dritte Reich dauere, sten Amtsträger des Landes, Gauleiter und nicht Wille, wir wollen Wulle - du sollst Wille die Antwort gab: 100 Jahre. Er hätte mit der gleichzeitig Reichsstatthalter Murr und Kul­ wullen und nicht Wulle willen - Wulle Wille, Ewigkeit antworten sollen. Wie schlimm wäre tusminister Mergenthaler um die Ehre der nicht Wulle!" "Wille", so hieß das neue Parteior­ es dem Lehrer ergangen, wenn sein Schüler die Ausfertigung der Urkunde. Es wurden nur zwei gan. Es kam von Balingen in Gestalt des ver­ Wahrheit gewußt und gesagt hätte: Nur 12 J ah­ Stellen genannt: Erkenbrechtsweiler und En­ wandelten Volksfreunds. Den Alten Albboten re. Kollege Leibbrand täuschte sich gewaltig, gelsbrand. Ich neigte zu ersterem, es liegt auf kassierte man bei der Gelegenheit mit. als er nach der Auflösung des von ihm geführ• der Alb hinter dem Hohenneuffen. Aber da war Von beamteten Personen verlangte man den ten Lehrervereins beim Weggehen meinte, der Gauleiter des NS-Lehrerverbandes Haber neuen deutschen Gruß auch im Privatleben. jetzt werde wohl kein Lehrerverein mehr ge­ Ehrenbürger. So entschieden wir uns für das Man sah auf mich, man beschwerte sich über braucht werde n, da alles oben entschieden wür• uns völlig fremde 720 Einwohner zählende Dorf mich. Ich wich aus, benützte neue Schulwege, de. Zum Mitentscheiden brauch te man die im nördlichen Schwarzwald, sieben Kilometer wechselte bei "Gefahr" die Straßenseite, fuhr Ortsverbände des NR-Lehrerbundes nicht, von dem zugehörigen württembergischen mit dem Rad, auf dem man ja die Hände am aber zur dauernden Beeinflussung und Betäu­ Oberamtsstädtchen Neuenbürg und 13 Kilome­ Lenker halten muß. Ein gewisser Herr Beck, bung. Die kleinen täglichen Nadelstiche ver­ ter von der zu Baden gehörigen Goldstadt politischer Leiter, hatte es auf mich abgesehen. schmerzte ich allemal schnell. Pforzheim gelegen. Als ich Aussicht auf die dor­ Eines Tages lief ich mit einem Kollegen die Schlimmer trafen mich neue Bestimmungen tige Schulleiterstelle fühlte, führte uns mein Sonnenstraße stadteinwärts. Herr Beck kam. und Ereignisse. Kalt ließ mich z. B. der Wunsch Freund Fritz mit seinem Wagen an einem Mai­ Ich sah ihn von weitem und hätte noch gut aus­ der neuen Obrigkeit, die Hausbesitzer möchten ensonntag hin. weichen können, unterließ es aber wegen mei­ Fahnen zur Beflaggung ihres Hauses an natio­ Die Ernennungsurkunde von Stuttgart traf nes Begleiters. Es kam, wie es kommen mußte. nalen Feiertagen anschaffen. Aber da kam die noch im selben Monat ein. Murr hatte gesiegt. . Herr Beck, der früher den Gruß kaum erwidert Bestimmung heraus, daß die erste ständige Sein Name prangte auf der Vorderseite des Pa­ hatte, entbot gravitätisch den ihm gemäßen Lehrerstelle eine Dorfstelle sein müsse. Nun piers vom 2. Mai 1935 neben dem eingepreßten Gruß. Mein Begleiter tat etwas salopper des­ war Ebingen kein Dorf, sondern eine Stadt mit Reichsadler. Wir setzten gleich den Umzugstag gleichen. Ich lüftete den Hut und sagte freund­ einer ausgebauten Oberschule. Mein Freund auf den 1. Juni fest. lich: Grüß Gott, Herr Beck! Die Folge: Eine wei­ Fritz Hering, ich und noch ein dritter Kollege Am Morgen dieses Tages schritt ich zum letz­ tere Vorladung und Mahnung auf dem Rekto­ konnten also nicht in Ebingen bleiben, wir ten Mal durch die jetzt leeren Räume unseres rat und eine Beschwerde und ein Drohbrief des mußten auswärts eine Stelle suchen. Es zeigte Hauses. Meine Frau und ich hatten immerhin Herrn Beck. sich nun bald, daß es für Parteileute und Partei­ sechs Jahre darin gewohnt. Unser erstes Kind Eines Morgens erschien bei mir und einem genossen Ausnahmen gab. Mich als verschul­ war hier geboren worden. Jetzt war alles ver­ anderen Kollegen in der Nachbarschaft die deten Hausbesitzer traf diese neue Bestim­ packt. Das war also das Ende. Meine Hoffnung, Polizei. Der Polizist sollte bei mir haussuchen. mung doppelt schwer. Zudem trat noch ein Um­ in dieser Stadt, im eigenen Haus endgültig Wir waren Bekannte, und so begnügte er sich stand erschwerend hinzu. Bis jetzt war ich Wurzel zu schlagen, hatte sich nicht erfüllen mit der Herausgabe der FFF-Vereinsunterla­ auch als außerplanmäßiger Lehrstelleninhaber lassen. Aber die Tränen, die meine Frau beim gen. Obenauf lag das Parteiprogramm der alle zwei Jahre in meinen Dienstbezügen auf­ Verlassen des Hauses vergossen hatte, durften NSDAP, mit dem wir uns in letzter Zeit be­ gerückt. Das hatte nun ein -Ende, wenn ich mich erschüttern, aber nicht beirren. Hier in schäftigt hatten. Ich fragte, ob ich es heraus­ nicht im Laufe des Sommers 1935 ständig wur­ Ebingen hatte ich meine Lebenslinie gefunden. nehmen dürfe. Ich durfte. Vom Beamten ließ de. Ich wagte einen Besuch bei der Stuttgarter Ich nahm mir vor, ihr treu zu bleiben. Ich lief, ich mir eine Bestätigung geben, daß wir am Schulbehörde. Dort warf man mir vor, ich hätte den Möbelwagen einzuholen. Weggehen verhindert waren. Denn an diesem gegen die NSDAP gekämpft. Ich wollte richtig­ Vormittag war auf dem Waldheim eine große stellen, daß ich ebenso gegen den Kommunis­ Herausgegeben von der Heimatkundlichen Vereini­ Abschlußveranstaltung der Volks- und Mittel­ mus und gegen Brünning für die Gesell'schen gung Balingen. Vorsitzender: Christoph Roller, Balingen, Am Heu­ schule. Der Geschichtsunterricht war für ein Reformen gekämpft hatte, da unterbrach mich berg 14, Telefon 7782. Vierteljahr ausgefallen und hatte sogenanntem der Amtsleiter: "Unsere Gewährsleute sind so Redaktion: Robert Kohler, Balingen, vaterländischen Unterricht Platz machen müs• gut, daß Sie nichts dagegen sagen können." Königsberger Straße 89,Telefon 6336. sen. Geeignete Kriegsteilnehmer erschienen in Nun gab es noch den Weg , eine Dorflehrstelle Die Heimatkundlichen Blätter erscheinen jeweils am den Klassen und berichteten, wie sie das Eiser­ in der Umgebung zu finden. So gelang meinem Monatsende als ständige Beilage des "Zollern-Alb-Ku­ ne Kreuz erworben hatten oder wie sie verwun- Freund Fritz später der Einstieg ins nahe riers", idhehe Blätter

Jahrgang 34 31. Dezember 1987 Nr.12 Bundespräsident Richard von Weizsäckers -, Ahnen aus Ebingen und Umgebung Von Günther Schweizer (Köln) und WalterStett.ner (Ebingen) Jeder von uns hat 4 Großeltern, 8 Urgroßeltern, 16 Ururgroßeltern und in der 10. Generation, wenn man sich selbst als 1. Generation nimmt, schon 512 Ahnen. Es ist daher kein Wunder, wenn die Tausende von Vorfahren, die ein Mensch in den höheren Generationen besitzt und die er bei fleißigem Nachforschen sogar namentlich ermitteln kann, eine breite Streuung in gesellschaftli ­ cher, aber auch in regionaler Hinsicht zeigen. Dennoch ist es überraschend, daß unser Bundes­ präsident gleich drei voneinander unabhängige Wurzeln in Ebingen hat, daß sowohl seine Mutter wie auch sein Vater, dieser sogar zweimal, in je einer Linie Ebinger Handwerker des 16. und 17. Jahrhunderts zu Vorfahren haben. . Dies überrascht umso mehr, als einerseits treten (4). Die Rominger sind als "Roming" die Ahnentafel (1) des Juristen und Diploma- schon ' 1411 in Ebingen nachzuweisen. Die tensohns Richard von Weizsäcker in großen Krimmel, ein ursprünglich in Truchtelfingen Teilen sozial hochrangige Familien (Akademi- wurzelndes Müllergeschlecht, werden dort ker, Beamte, Militärs) umfaßt- sein Großvater erstmals 1437, in Ebingen um 1520 genannt. war königlich württembergischer Ministerprä- Der erste Rimelin, ein Metzger, der - wohl mit sident, sein Urgroßvater ein bedeutender Theo- Viehhandel - viel Geld verdiente und 1545 zu loge sowie Rektor und Kanzler der Universität den 25 reichsten Männern des damaligen Würt• Tübingen -, andererseits, weil aus dem alten temberg gehörte, zog um 1520 nach Ebingen.. Ebingen kaum bekannte oder gar berühmte Hinzu kommen, wie unten nachgewiesen, die Persönlichkeiten hervorgegangen sind (2). Das Rieber als das älteste noch blühende Ebinger vorindustrielleEbingen war eine kleine, unbe- Geschlecht, das der Stadt mehrere Schulthei­ frauen die um 1 vermehrte ungerade Zahl er­ deutende württembergische Land- und·Amts- ßen stellte und schon 1340 hier genannt wird. halten, wobei sich die Nummer des Vaters im­ stadt, fernab der Hauptstadt an der Landes- Auch die Streich, ursprünglich "Strich", treten , mer durch Verdoppelung der Kennziffer des grenze gelegen - schon Straßberg oder Lautlin- wenig später, 1348, in das Licht der Ebinger Kindes ergibt. Die Abkürzung E. steht für Ebin­ gen waren Ausland -, ohne den Vorteil überre- Stadtgeschichte. 1411 werden erstmals die gen; die Generationen sind durch Striche ge­ gionaler Durchgangsstraßen oder größerer Blicklegenannt, eine Familie, der einer der frü• trennt. Quellen sind die Ebinger und Bitzer Kir­ Märkte. So ist auch die Zahl der Ebinger Bür- hesten Juristen der Universität Tübingen, Kon­ chenbücher und für die Zeit vor 1600 das von gerkinder, die im 16. und 17. Jahrhundert die rad Blicklin gen. Ebinger (um 1460-1534) ent­ Walter Stettner erarbeitete "Einwohnerbuch Universität besuchten, vergleichsweise gering stammte (5) und die sich später vor allem in der Stadt Ebingen" (10). (3). . Bitz und dann auch in Tailfingen ausbreitete. Betrachtet man die Linien, die von den Ebin- Zahlreich waren schon im alten Ebingen die A. Ahnenliste des Johannes Rominger (Weiz­ ~er Familien Rominger, Krimmel und Rimelin Vertreter des Namens Beck, deren erster 1429 säcker-Ahn 150) (R ümmelin) - Namen, die jedem Ebinger ver- in Ebingen ganannt wird. Der Stammvater der 1 Rominger, Johannes, • E. 1. 8. 1702, t Bo­ traut klingen - zu Richard von Weizsäcker füh- Landenberger, (6) Stoffel (Christoph), wird 1536 delshausen 7.1.1762; 18. 11.1718 immatr. in ren (vgl. Ubersichtj. .so zeigt sich etwas sehr in Ebingen erwähnt, der erste Vertreter der Fa­ Tübingen, dort 29. 10. 1721 Mag., 1733 Pfar­ typisches: Der soziale Aufstieg vom kleinstädti- milie Narrum 1525, der erste Hecklin 1~35; der rer .in Gönningen, 1744 in Hildrizhausen, sehen Handwerker oder Krämer geschieht früheste Geiger 1568, der erste Schempp 1545. 1750 in Bodelshausen; 00 Gomaringen 30. 7. über Söhne, die nach draußen gingen, studier- Um 1520 werden Bläsi und Jacob Cuontzelman 1733 Maria Margarete Wucherer,Witwe des , ten und es mit dem zähen Fleiß, den ihre karge als erste Vertreter des Geschlechtes Konzel­ Johann Friedrich Fel1ner, Pfarrer in Honau Heimat und ihre Familien ihnen mitgegeben mann (7), das auch in den oberen Talgemein­ hatten, es "zu etwas brachten", sei es als Pfar- den sehr verbreitet war und ist, in Ebingen er­ 2 Rominger, Johann Jakob, • E. April 1658, t rer (so in der Linie "Rominger" über 6 Genera- wähnt. Im Mannesstamm ausgestorben sind 25. 9. 1713, Schmied in Ebingen; 00 E. 6. 5. tionen hinweg), als herzoglich württembergi- die Ebinger Datt,die aber schon im 14. Jahr­ 1684 sche oder in anderen Diensten stehende Beam- hundert zu den bedeutendsten und reichsten 3 Blicklin (Blickle), Anna Maria, • E. 8. 5. te (Linie .Krtmmel' über 6 Generationen) oder Familien der Stadt gehörten (8). Woher die ein­ 1662, t .... als Hochschullehrer und Staatsdiener (Linie zeInen Familien zugezogen waren, ist meist "Rümelin"). Daß dabei nicht nur die Söhne eine nur dann festzustellen, wenn in den Heiratsein­ 4 Rominger, Hans, • E. 23. 10. 1628, t 14. 11. Rolle spielten, sondern auch der "Partie", die trägen des 1565 beginnenden Ebinger Kirchen­ 1713, Schmied, Bürgermeister' und Spital­ die Töchter machten, eine ebenso große Bedeu- buchs der Herkunftsort genannt ist; so kom­ pfleger in Ebingen; 00 E. 31. 5. 1657 tung zukommt, geht aus den Abstammungsli- men die Letsch aus Neufra,.die Faigle aus Mel­ 5 Letsch, Anna Barbara, • E. 26. 12. 1636, t E. nien (vgl. Übersicht) klar hervor. chingen, die Teufel aus Tuttlingen, wo sie 28. 3. 1690 Wenn hier zunächst die drei Familien Romin- schon 1459 genannt werden (9). In der Reichs­ 6 Blicklin, Matheis, • Bitz 11. 8.1629, t E. 25. 2. ger, Krimmel und Rimelin (Rümelin) als näch- stadt Reutlingen sind die Ziser, ein reiches Pa­ 1680, am Lungenhusten; Biersieder und ste Ebinger "Verwandte" des Bundespräsiden- piermachergeschlecht, beheimatet. Ein echter Bäcker in Ebingen; 00 E. 21. 10. 1656 ten genannt wurden, so beschränkt sich des- "Fernwanderer", also die Ausnahme vori der 7 Streich, Lucia, • E. 17. 10. 1637, t 17. 12. 1727 sen, wenn auch ferne Ebinger Verwandtschaft Regel, war Laurenz Guldin, von dem es im To­ keineswegs auf diese. Denn die an der Spitze tenbuch 1593 heißt: "ein 70iähriger Mann, auß 8 Rominger, Lorenz," E. 12. 12. 1594, t E. 21. 2. der dargestellten Abstammungslinien genann- Sachsen birtig" (gebürtig). 1637; "ein Soldat, welcher die Ehe zu Gun­ ten Ebinger Bürger hatten Ehefrauen, Eltern, Um die angedeuteten Zusammenhänge zu zenhausen hat machen lassen"; 00 Gunzen­ Schwiegereltern, Großeltern, alle wiederum belegen und um vielleicht weitere familien­ hausen um 1619 Vorfahren Richard von Weizsäckers, fast alle kundliehe Forschungen im Ebinger Raum an­ 9 N. Anna (00 11. E. 12. 2. 1643 Hans Waller, wiederum aus Ebingen oder der näheren Um- zuregen, seien im folgenden die Vorfahren der Schmied in Ebingen) gebung. Der Ebinger Horizont war auch in ge- direkten Ebinger Weizsäcker-Ahnen (vgl. Über• 10 - Letsch, Hans, • E. 18. 2. 1609, t E. 16. 11. nealogischer Hinsicht zwangsläufig ein enger - sieht) aufgeführt. Um die Darstellung über• 1670;Fuhrmann in Ebingen; 00 E. 30. 1. 1632 geheiratet wurde innerhalb Ebingens, sieht sichtlich zu halten, wird dabeidas gängige Ver­ 11 Beck, Anna, • 24. 5. 1603,t E. 27. 9. 1678 man von wenigen Ausnahmen ab . fahren der Ahnenbezifferung gewählt, bei dem 12 Blicklin, Hans, t Bitz 25. 9. 1678; 1633-76 So kommt es, daß nicht nur die drei genann- die Bezugsperson die Nr. 1, deren Eltern die Dorfvogt in Bitz, hat U?49 den Erblehenhof ten, sondern eine ganze Reihe von "uralten" Nummern 2 und 3, die Großeltern 4, 5, 6 und 7, der Ebinger Nikolauskaplanei in Bitz inne, Ebinger Familien in den höheren Generationen usw. erhalten, so daß die Männer, abgesehen ist 1662 einer der steuerpflichtigen Hausbe­ der Ahnentafel Richard von Weizsäckers auf- von der Nr.1, jeweils gerade Zahlen, deren Ehe- sitzer in Bitz (11); 00 E. 26. 6. 1627 Seite 622 Heimatkundliehe Blätter Balingen Dezember 1987

13 Landenberger, Katharine, • E. 7. 8. 1607, t 23 Schempp, Maria, • E. 30. 8. 1577, t E. 25. 2. 29 Schachner, Lucia, • um 1554, t E. 18. 9. 1630, Bitz 12. 9. 1690, "in das 4te Jahr aberwitzig 1567 76 J. gewesen" 24 Blicklin, Hans, gen. "Martinshanse" oder 30 Rominger, Andreas, t vor 24.5. 1624; Jacob 14 Streich, Hans, gen. "Boßle", • E. 7.10.1599, t "Martins Sohn", _urk. 1597/1635 in Bitz; Wehingers Stiefsohn; 00 (vor 1594) E.21. 2.1686; Krämer.in Ebingen; 00 E. 24. 5. 1597/1603 in den Musterungslisten ge­ 31 N., Susanne 1624 nannt, 1604/31 vielfach Pate in Bitz; 1626 15 Rominger, Anna, •E. 20. 2. 1603, t E. 6. 8. unter den 24 steuerpflichtigen Bürgern von 32 Roming, Jakob, urk. 1545/72 in Ebingen, ge­ 1686 Bitz, hat 1626 für 5 Zugpferde Kernensteuer mustert 1546 als "gut zur Wehr", 1553 und an die Stadt Ebingen zu entrichten (11); 00 1558 in der 2. Wahl mit Spieß und Rüstung, 16 Roming, Hans, • um 1552, t E. 16. 10. 1612,60 (vor 1594) 1563 als Fuhrmann am 2. Raiswagen, 1566 in J ., "lange bettlägerig"; 00 E. 6. 4. 1573 25 N., Anna, t Bitz 20. 10. 1635, begr. in Tailfin­ der 3. Wahl mit Spieß und Rüstung; gibt 1545 17 Guldin, Juliane gen 7 btz 3 '/, kr. Türkensteuer; wird 1559 als 20 Letsch, Hans, gen. "Wagenhans",• um 1565, 26 Landenberger, Theuß, • E. 6. 12. 1573, t 1. 11. Wiesenangrenzer genannt, zinst 1561 aus ei­ aus "Neuffren", t E. 18. 11. 1635; 00 E. 5. 11. 1644; 1597, 1600 und 1603 als Doppelsöldner ner Wiese zu Ehestetten an das Haus Würt• 1604 gemustert; 00 E. 19. 1. 1596 temberg, wird 1562 als Angrenzer genannt; 21 Hecklin, Apollonia, • E. 21. 8. 1573, t E. 24. 27 Faigel, (Faigle), Apollonia, • um 1570, aus zinst 1564 an die Kaplanei Unserer Frau in 12. 1629 Melchingen, t E. 9. 10. 1640, 70 J. _ der Kapelle-laut Verschreibung des Stefan 22 Beck, Michel, •E. 21. 11. 1567, t 21. 10. 1635; 28 Streich, Konrad,· um 1554, t E. 22. 3.1627, 73 Roming, und zweimal an die Präsenz, ein­ 00 E. 28. 11. 1597 J .; 00 E. 3. 6. 1578 mal als Nachfolger des Stefan Roming; wird "

Richard von Weizsäcker als Nachkomme von Ebinger Familien

A B C Ulrich Rimelin. urk, 1553/+1595. Metzger~lpfleger. Gerichts­ mitgl. und Stadtpfl. in Ebingen I Johannes Krimmei. 1589-1650. Gerichts­ Martin Rimelin (Rümelin). 1552-1597. mitglied ~gen Dr. jur. utr•• Hofgerichtsadvokat 00 Ebingen 1609 in TÜbingen Anna Geiger. 1591-1649, aus Eblngen I I Johann Jakob Krlmmel. 1612-1676/77, Kloster­ Martin Rümelin, 1587-1626. hofmeister In Offenhausen, Vogt in Tuttlingen. Dr. jur. utr., Prof. der Rechte Rosenfeld und Balingen an der Universität TÜbingen I _ I Anna Kunlgunde Krimmel, aus Rosenfeld Maria Margarete Rümelin, 1616-1665 00 1670 00 TÜbingen 1641 Johann Valentin Moser v. Filseck. 1645-1688.­ Balthasar Raith, 1616-1683. Prof. der 1682 Stadt- und ~ogt in Stuttgart. 1687 Theologie TnlTUbingen. sechsmal Rektor zugleich Herzogl. Württ. Rat der Universität TÜbingen I I Johann Jakob Rominger. * 1658. Anna Rosina Moser v. Filseck, 1671-1734 Anna Rosina Raith, 1655-1690 Schmied in Eblngen 00 Stuttgart 1689 00 TÜbingen 1671 00 Ebingen 1684 Moritz David Harpprecht. 1664-1712. aus Tü• Philipp Jakob Neuffer, 1643-1700. Anna Maria 81icklin (Blicklel. bingen. Dr. jur. utr•• Hofgerichtsadvokat u. 1671-74 Geistl~erwalter in * 1662; aus Eblngen Württ. Rat. auch Hohenzoll. Hofrat. zuletzt Böblingen. 1574-1700 Keller in Kammergerichtsassessor In Wetzlar Göppingen I I I Johannes Rominger. * 1702, Chrlstlne EIlsabet Harpprecht. 1709-1779 ­ Anna Rosina Neuffer. 1674-1725 1733 Pfarrer in Gönningen. 1744 in 00 Bebenhausen 1727 00 Bietigheim 1707 Hildrizhausen. 1750 in Bodelshausen Friedrich Wendelin -Hummel. 1701-1758. 'aus Johann Chrlstof Herbort. * 1670, Freudenstadt, 1737 ~auser Pfleger in + nach 1715. Handelsmann und Tübingen. 1739 zugl. Blaubeurer Pfleger. 1742 Bürgermeister in Bletigheim zu~l. Verwalter des Collegium Illustre - ,-- ~ - I-______­ Maria Magdalene Rominger. * 1742 Juliane Tabitha Hummel, 1745-1797 Ph i II ppIJakob Herbort• 1713-1769, 00 Ösehingen 1765 00 Bebenhausen 1767 Handelsmann. Bürgermeister und Christof Hieronymus Schaeffer, Carl LUdwig v. Olnhausen. 1739-1827, aus Eisenfactor in Bietigheim * 1736, aus Ottenhausen. 1165-77 Weinsberg. Dr. med., Furstl. Hohenlohe-Öh• Pfarrer in Upfingen ringen'scher Hofrat. Stadt- und Leibarzt in öhringen. auch Amtsphysikus I I I Christlane Elisabet Schaeffer. * 1766 Heinrike Ernestine Sophie v. Olnhausen. Johann Georg Herbort. 1754-1826 ; 00 ösehingen 1791 1773-1802, aus Lauffen a.N. Königl. Württ. Geh. Sekretär. Johann Georg Dahm, 1754-1834. aus Tü­ 00 öhringen 1795 Amtsschreiber in Stuttgart binqen, 1791 lITäKonus in Münslngen. ­ Ludwlg Gottfrled Carl Rössle. 1765-1840. aus dann Pfarrer in Zainingen, in Schwen­ öhringen. Fürstl. HohenTöhe=öhrlngen'scher ningen und In Weilersteusslingen Hof- und Expeditionsrat. Kammerrat, Biblio­ thekar und Archivar, Generalkassenverwalter I I Ludwig Ferdinand Heinrich Dahm. Sophie Rössle, 1796-1864 Charlotte Herbort. 1803-1864 1796-1876. aus Münsingen , 1849 00 öhrlngen 1816 00 Stuttgart 1823 Pfarrer in Derendingen. 1854 Stadt~ Christian Ludwlg Friedrich Weizsäcker. 1785­ Johann Ehrenfrled Klotz. 1797-1858, pfarrer in Eßlingen. Dekan 1831. Stadtpfarrer. Stiftsprediger und Fürstl~ Färbereibesitzer unarTTntenfabri­ Schulkonferenzdirektor in öhringen kant In Stuttgart I I Auguste Sophie Christiane Dahm. Karl Heinrich (v.) Weizsäcker. 1822-1888, Johann Karl Klotz, 1835-1909, 1824-1888 Dr. phii;, habilitiert a.d. Theol. Fak. Tü• Direktor der Farbenfabriken bingen. 1848 Pfarrer in Billingsbach. 1851 J. Siegle &Co. in Stuttgart Hofkaplan u. Gardefeldprediger in Stuttgart. 1861 Prof. d. Theol. in Tübigen. 1867 und 1877 Rektor, 1889 Kanzler der Unlv. TUblngen 00 Eßlingen 1848 I I Carl Hugo Frhr. v, Welzsäcker, 1853-1926. Marlanne Klotz. 1867-1940 Dr. jur.• 1879 Amtsrichter. 1892 Ministerial­ 00 Stuttgart 1888 rat. 1901 Staatsminister. 1906-18 Minister­ Friedrich Gustav Theodor v. Graevenitz. präsident in Stuttgart. 1918 Rücktritt Kgl. Württ. General der Infanterie I I Ernst Heinrich Frhr. v. Weizsäcker. 1882-1951, Kaiserl. Korvetten­ Marianne v. Graevenitz, 1889-1983 kapitän. seit 1921 Im Diplomat. Dienst. 1931 Gesandter In Oslo. 1933 in Bern. 1938 Staatssekretär. 1943 Botschafter beim Vatikan. im Nürntierg~r Prozeß verurteilt, nach 3 Jahren Haft aufgrund der Entlastungszeugnisse vorzeitig freigelassen. lebt dann bei Lindau L 00 Berlin 1911 --- ~-----=r ------, J Richard Karl Frhr~ v. Weizsäcker, * Dr. jur., 1984 Bundespräsident Dezember 1987 Heimatkundliehe Blätter Balingen Seite 623

l:~72 unter denen genannt, die gegen die "ein gottselig Matron, 56 J ahre im Ehe­ 7 Rimelin , Anna (14), * E. 15. 3. 1571, t E. 5.4. Feld- und Waldordnung verstoßen haben stand" 1628 34 Guldin, Lorenz, * um 1~23, t E. 23. 2. 1593, 70 Landenberger, Stoffel, urk. 1536/59 in Ebin- ' J. , "aus Sachsen birtig" gen, .t vor 1560/61; gemustert 1536 als 8 Krimmel, Martin, * um 1535, t E. 8. 10. 1604, 40 Letsch,Jakob in Neufra "wehrfähig", 1546 als "gut ins Feld", 1553 in "epilepsia obiit": Müller in Ehestetten; ge­ 42 Hecklin, Hans, urk. 1560/73 in Ebingen, t E der 3. Wahl mit Spieß und Rüstung; zahlt mustert 1558 in der 3. Wahl mit Spieß, stellt 27.2.1585; gemustert 1560 und 1563 in der 3. 1545 btz 2'/. kr Türkensteuer, zinst 1559 an 1600 und 1603 bei der Musterung ein Roß Wahl mit Spieß und Rüstung, zinst 1564 aus die Pfarre und hat von ihr ein Hanfgarten; zu einem Raiswagen; gibt 1558 der Präsenz seinem Haus an die Kaplanei Unserer Frau 00 eine Zinsverschreibung, zinst 1560/61 an in der Kapelle; 00 N., Anna, urk. 1560/61 und 1564 als Witwe St. Michael, gibt 1561 aus der hinteren 43 N., Margarete, * um 1526, t 6. 5. 1618,92 J. Rieber, Kaspar, * um 1482, t nach 1564, urk. Mühle 1 ß Hofstattzins, zinst 1561 aus der 44 Beck, Hans, gen. "Beckliri", t vor 28. 11. 1597 Wiese zu Ehestetten, auf der seine Mühle 46 Schempp, Hans, * um 1540, t 20. 10. 1620, fast 1521/64 in Ebingen: vielfach genannt, 1524 als Martinspfleger, 1534 als Gerichtsmit­ steht, an das Haus Württemberg, zinst 1564 80 J . alt; wird 31. 3. 1598 als Angrenzer ge­ aus seiner Mühle an St. Nikolaus, an St. nannt, hat 1598 bei der Geistlichen Verwal­ glied, 1534/50 als Schultheiß; 1545/48 als Geistlicher Verwalter, 1550 als Vogt zu Johannis und an die Präsenz, hat 1564 eine tung 100 fl., 1599 bei der Spitalpflege 56 fl. Ehestetter Wiese der Kaplanei Unserer aufgenommen, hat 1599 eine Wiese auf dem Jungnau; gemustert 1521 mit einer Helle- . barde, 1524 als wehrfähig, 1536 mit Har­ Frau in der Pfarrkirche; ist 4. 7. 1580 bei Ehestetter Berg, stellt bei der Musterung einem Grenzstreit mit Margrethausen ­ 1600 und 1603 ein Roß zu einem Raiswagen; nisch und Büchse, 1546 als "nicht gut ins Feld", stellt 1558 ein Roß zum 1. Raiswagen; Schiedsmann für Ebingen, zinst 1591/98 (00 I. E. 7. 10. 1566 Katharina No bel, T. d. aus sei ner Ehestetter Mühle an den Sch aff­ Hans N. in E.; 00 11. E. 7. 11. 1569 Katharine ist 1531 u nter den Bürgern fü r Rytze Ortolf , wird 18. 5. 1534 z ur Erbhuldigung nach ner des Klosters Beuron , ist 22. 5. 1593 ei ­ Sautter, T. d. Hans S. in E.; 00 IV. E. 10. 5. ner der Schlichter zwischen Kloster Beu­ 1584 Margarete Mauttin, Witwe des Veit Stuttgart entsandt, ist 20. 1. 1536 einer der Pfleger de r Ki nder des t Konrad Bytter, sie­ ron und Jakob Rieber; steht 1583 im Ver­ Stoffel); 00 III . E. 20. 4. 1573 dacht, seine Magd geschwängert zu haben , 47 Rieber, Anna, t E. 10. 11. 1579 ge lt 25.7. 1542 und 11. 11. 1543 für Einwoh­ ner aus Stetten a. k. M., w ird 7.10.1550 als wird aber frei gesprochen; (00 11 E. 5. 5.1567 48 Blicklin, Martin, urk. 1572/93 in Bitz; 00 (vor Regula Ho ch, * um 1546, t E. 14. 6. 1606, 60 , 1560) alter Schultheiß von Ebingen, jetzt Vogt zu J .); 00 I. (vor 1560) 49 N., Agnes, urk. 1588/16 09 in Bitz Jungnau, genannt; sagt 28. 7.1552 als gewe­ sener Schultheiß, Sohn eines gewesenen 9 N., Cordula , t 1566/67 52 Landenberger, Jakob, * um 1539, t E. 25. 9. 10 Conzelmann, Hans, gen. Blese, urk. 1609, 70 J.; hat 1563 im Ban n ho lz gehauen , Schultheißen, 70 Jahre alt, vor einem Notar über das württembergische Geleitrecht 1558/84 in Eb ingen, t E. 12.7. 1584; Kramer wird 1563 und 1566 in der 3. Wa hl mit Spieß und Gerichtsmitglied in Ebingen; gem u­ und Rüstung, 1597, 1600 und 1603 als Dop- aus; hat 1525 ein Haus, das 150 fl gilt, zinst 1535 an die Spitalpfründe und an die Son­ stert 1558 in de r 3. Wahl mit Spieß und Rü• pelsöldner gemustert; 00 (vo r 1565) . stung, 1560, 1563 und 1566 in der 2. Wahl 53 N., Margarete, * um 1532, t 11. 10. 1622,90 J . dersiechenpflege und erhält einen Zins aus einem Baumgarten der Pfarre, zinst 1543 mit Spieß und Rüstung; ist 1561 als Ge­ 54 Faigel, Endres, in Melchingen richtsmitglied Zeuge bei der Erneuerung 56 Streich, Hans, in Ebingen; 1564 mehrfach als Nachfolger des Dieterlin Rieber an die Pr äd ikatur Balingen, zinst 1543 an die So n­ des Lagerbuchs, wird 1564 als Hausnach­ als Angrenzer genannt bar des Claus Gretter auf dem Markt ge­ 58 Schachner (Schachtner), Hans, t Ebingen dersiechenpflege, bezahlt 15454 fl 3 btz 3 kr Türkensteuer, dazu von seiner Besoldung 6 nannt; 00 25. 3. 1580 11 N., Ursula , 59 N., Juliane, t E. 1. 5. 1577 btz 1 kr, bez ieht 1549 von der weltlichen Verwaltung 21 lb, von der geistli chen 15 lb, 14 Rimelin, J akob (14), * um 1548, t E. 28. 6. 1618, 70 J .,Metzger und Spitalpfleger in 64 Roming, Stefan, urk. 1521/46 in Ebingen, 12 ß 6 h, wird 1559/ 64 mehrfach als Angren­ zer genannt, hateinen Weiher Ebingen; wird 1588 beschuldigt, früher mit Gerichtsmitglied; gemustert 1521 mit Spieß, ei ner Eßlinger Wirtin zwei Kinder gezeugt 1524 als wehrfähig, 1536 mit Harnisch und Rieb er, (Rüeber), Dieterlin, urk. 1474/151 7 zu haben; wird 1598/ 1604 vielfach als geld­ Spieß, 1546 als "nicht gut ins Feld"; hat 1525 in Ebingen; wird 19. 11. 1 ~8 3/ 1 489 ,(1500) verleiher an Ein zel ne und an ganze Ge­ ein Haus in der Oberen Vorstadt, das 30 fl häufig als Schultheiß, meist zugleich als meinden genan nt; (Näheres s. Anm. 4); 00 gilt, zinst um 1530 an die Präsenz, zinst 1535 Siegler , genannt, ho lt April 1495 als solcher E. 28. 6. 1568 an die Kaplanei Unserer Frau in der Kapel­ mit anderen eine Bri eflade der Stadt in 15 Teufel, Anna, * um 1545, aus Tuttlingen, le, nimmt 1535 Geld von der Sondersiechen­ Reutlingen ab, wi rd 2. 4. 1498 mit Bürger• t E. 8. 7. 1621,76 J . pflege auf, sagt 1536 als Gerichtsmitglied meister Heinrich Beck zum Landtag in ,über Gori Blicklin aus, gibt 1545 2 fl 12 btz Stuttgart entsandt; nutzt 1474 einen Acker 16 Krimmel, Simon, aus Truchtelfingen, urk. Türkensteuer, verschreibt sich 1546 um ei­ St. Martins und wird als Angrenzer ge­ 1536/47 in Ebingen, (t E. 29. 11. 1606, die­ nen Zins gegen die Kaplanei Unserer Frau nannt, ist 19. 8. 1483 Lebensträger für den ser?); Müller; 1536 gemustert mit Harnisch in der Kapelle, läßt 10. 11. 1546 einen Zins­ Spital, verkauft 1498/99 Besitz in Kaiserin­ und Spieß, 1546 als "gut zur Wehr"; zahlt brief für die Präsenz erneuern gen, hat 26. 10. 1500 eine Wiese verkauft, 1545 11 btz 1 kr Türkensteuer; übernimmt Schempp, Enderle, urk. 1545/66 in Ebingen, gibt 1502 Zinsen an die Prädikatur in Balin­ 4.4.1547 von seinen Verwandten die Stadt­ t E. 1. 2. 1578, "ein frommer, gutherziger gen, nimmt 1517 Geld von der Sondersie­ mühle in Ebingen und die beiden Mühlen Mann"; gemustert 1546 als "nicht gut ins chenpflege auf. in Ehestetten, (übernimmt später die Bron­ Feld", stellt bei der Musterung 1563 und B. Ahnenliste des Johann Jakob Krimmel nenmühle in Remmingsheim, kehrt aber 1566 ein Roß zum 1. Raiswagen: zahlt 15451 (Weizsäcker-Ahn 1150) kurz vor seinem Tod wieder nach Ebingen fl 7 btz 2 kr Türkensteuer, hat 1560/61 an 1 Krimmel, Johann Jakob (13), * E. 9. 12. zurück; dieser?); 00 die Geistliche Verwaltung für die Michaels­ 1612, t 1676/77 ; wird 11. 12. 1635 Klosterhof­ 17 N. N., t E. 29. 9. 1589 "Martin Krimmels kaplanei einen Zins bezahlt, gibt 1561 aus meister in Offenhausen, wohnt aber muoter im Spital" seinem Haus mit Scheuer am Landgraben 1 1637-38 mit seiner Familie in Reutlingen, 20 Conzelmenn, Blesi, in Ebingen ß 6 h Hofstattzins, zinst 1564 an die Kapla­ ist 1648 gräfl. Schlick'scher Vogt in Tuttlin­ 28 Rimelin, Baste (14), * vor etwa 1516, t um nei Unserer Frau in der Pfarrkirche und an gen, 1648-54 herzogl. württetnbergischer 1589, urk. um 1530/86 in Ebingen; Metzger, die Michaelskaplanei, wird 1565/66 als Ak­ Vogt in Rosenfeld, wohnt aber 26. 1. 1649 Gerichtsmitglied, Spitalpfleger und Bür• kernachbar genannt; 00 noch mit seiner ganzen 'Familie im Amts­ , germeister in Ebingen; ist fünfmal verhei- N., Ursula, t E. 6. 4. 1588 haus in Tuttlingen, ist 1654-72 Vogt und ratet (Näheres s. Anm. 4); 00 I. Rieber, Jakob, * um 1523. t E. 11. 7. 1601,78 Keller in Balingen; 00 E. 22. 1. 1631 Maria 29 Ziser, Katharine (15), aus Reutlingen J., ,,56Jahre im Ehestand gelebt"; 22. 8.1539 Rosina Keller 30 Teufel, Hans, in Tuttlingen immatr. in Heidelberg, dort 13. 12. 1540 Bacc. a.; zahlt 1545 in Ebingen 2 fl 3 kr Tür• 2 Krimmel, Johannes, * E. 17.10. 1589, t E.17. 32 Müller, (Berufsname, später Krimmel), kensteuer, dazu von Leibgeding .1 fl; wird 3. 1650; Gerichtsmitglied in Ebingen; 00 E. Martin, aus Truchtelfingen, urk. 1521/45 in seit 1567 als Schaffner des Klosters Beuron ' - 6.3. 1609 Ebingen, t vor 4. 4. 1547; Müller auf der für die Ämter Balingen und Ebingen ge­ 3 Geiger, Anna, * E. 20. 2. 1591, t E. 6. 3. 1649 Stadtmühle in Ebingen; wird 5. 12. 1521 ge­ nannt, hat 1583 im Kloster Beuron gegen nannt, als ein Streit zwischen ihm und sei­ dessen Hofmeister "mit gewehrter Hand 4 Krimmel, Johannes, * E. 15.5. 1566, t E. 1. nem Sohn Pankraz einerseits und den gefrevelt" und über die Einnahmen und 11. 1633; Krämer in Ebingen; wird 1600/04 Ebinger Gerbern andererseits wegen des Ausgaben nicht abgerechnet, was zu einem mehrfach als Geldverleiher genannt (00 11. Wassers für seine Mühle entschieden wird; bis .1593 dauernden Streit mit dem Probst E. 25. 8. 1607 Margarete Schmid. * um 1585, wird um 1521 als Angrenzer genannt; hat des Klosters führt, der sich 1584 auch bei t 17. 11. 1635, 50 J., T. d. Jakob Schmid in 1534 gegen die Feld- und Waldordnung ver­ Herzog Ludwig von Württemberg über Ja­ Alpirsbach); 00 I. E. 21. 8. 1586 stoßen; zinst 1535 an die Sebastiansbruder­ kob Rieber beklagt; wird 1581 von den Ebin­ 5 Conzelmann, Elisabeth, * 25. 12. 1567, t E. schaft; wird 1536 als "alt Martin Müller, ger Klauserinnen vor dem Stadtgericht 27. 12. 1606 wehrfähig" gemustert; sagt 29. 12. 1536 als Ebingen beklagt (12); hat 1582/88 wieder­ 6 Geiger, Michel, * um 1573, t E. 27. 2.1628,55 Zeuge, in Truchtelfingen geboren, über den holt Streit mit dem Ebinger Pfarrer, weil er J. ; Wirt, Metzger, Gerichtsmitglied und ermordeten Gore Blicklin aus; zahlt 1545 "aus Widerwillen gegen den Schultheißen" .Proconsul'' in Ebingen; wird 1597, 1600 5 fl 4 btz 2 kr Türkensteuer nicht zum Abendmahl geht, sagt dabei 1588 und 1603 als Postreiter gemustert; nimmt 56 Rimelin, Hans (14), urk. 1521/54 in Ebin­ aus, er kommuniziere, wenn er nach Frank- 1598 bei der Geistlichen Verwaltung 200 fl, gen; Metzger, Gerichtsmitglied und Bür• 'fu rt ziehe; 00 um 1545 1599 bei der Spitalpflege 100 fl auf; 00 (vor germeister in Ebingen; zahlt 1545 31 fl3 btz N., Anna, * um 1525, t E. 26. 4. 1601, 76 J., 1591) 3 kr Türkensteuer, gehört damit zu den 25 Seite 624 Heimatkundliehe Blätter Balingen Dezember 1987 ' reichsten Bürgern Württembergs; gibt 1549 beitet hat und sie für ein Darlehen von 1000 fl an die Reichsstadt den "Herold" zum (9) Vgl. P. Teuffel, Zur Geschichte der Tuttlin­ Druck vorbereitet, sei für seine freundliche Reutlingen; (Näheres s. Anm. 14); 00 ger Teuffel, in Württembergische Viertel­ 57 Datt, (Katharine), Hilfe verbindlichen Dank gesagt jahrshefte für (Näheres s. Anm. 14) (2) Landesgeschichte, N. F. 18, 58 Zinser, Jakob Das Württembergische Städtebuch, 1962, 1909, S. 226-228. - (15), Papierer in Reutlingen in H.,Streng, Das Tuttlinger 59 N., Elisabeth (15) dem für andere Städte lange Listen dort Namenbuch, Tuttlingen geborener 1972. bekannter Persönlichkeiten (10) W. Stettner, Einwohnerbuch der aufgeführt sind, nennt Stadt I, • 114 Datt, Stefan (8), urk. 1501/45 in Ebingen, t S. 343 als namhafte Ebingen 1270-1600 (Manuskript im Stadt­ 1545; Metzger (und Ebinger lediglich Gustav Friedrich von ,archiv Albstadt) Viehhändler), 1501/09 Oehler Martinspfleger, 1514 Spitalpfleger, (1812-1872), Prof. der Theologie, (11) F. Kühbauch, 650 Jahre 1522 und den Maler Bitz, Stuttgart Bürgermeister, ' 1523 Vertreter Ebingens Christian Landenberger 1982, S. 25, 28, 57. auf dem Landtag, (1862-1927). - Hinzuzufügen wären sicher­ (12) W. Stettner, Zwei 1527 Gerichtsmitglied, lich Gerichtsverhandlungen 1534 Vertreter Ebingens Dr. Konrad Blicklin gen. Ebinger (um in Ebingen vor 400 bei der Erbhuldi­ 1.460-1534), und 500 Jahren, in Hei­ gung für Herzog Ulrich in einer der ersten Rechtslehrer matkundliche Blätter Balingen, Stuttgart, 1545 der jungen Universität Jg. 27, Nr. Spitalpfleger; gemustert 1521 mit einem Tübingen, sodann 3, vom 31. März 1980, S. 250-251. Hengst, 1524 als wehrfähig, der Maler Johann Ludwig Krimmel (13) W. Pfeilsticker, 1536 mit Har­ (1786-1823), Neues Württembergisches nisch und Spieß; zinst um 1520 der es in den Vereinigten Staa­ Dienerbuch, 3 Bde, Stuttgart, aus einem ten zu Erfolg 1957-1975, Acker am Pfeffinger Styg an die Kaplanei brachte, und schließlich der . Bd. 2, §§ 2167, 2737, 2932. St. Nikolaus, kauft 1522 Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger. (14) vgl. W. Stettner eine Metzigbank, (3) vgl. W. u. G. Schweizer, Die älte• verordnet 1522 mit seiner Frau Catharina Stettner, Studenten aus Ebingen, in sten Rimelin (Rümelin) in Ebingen, Heimatkundliche Blätter in Süd• den Aussiechen zu Ebingen eine wöchentli• Balingen, Jg. 24, westdeutsche Blätter für Familien- und che Fleischspende; Nr. 11 und 12, vom 30.11. und 31. 12. 1977, S. Wappenkunde, Bd. hat 1525 ein Haus, das 137-139 18, H. 9, März 1987, S. 200 fl gilt, ist 1527 Besitzer und 142-144. 441-458. eines Lehens in (4) vgl. W. Stettner, Meßstetten, hat 1530 vom Kloster Beuron Ebingen, Sigmaringen, (15) J. J. Sommer, Die Anfänge der Familie 1986, S. 148-157: "Von den Rei­ Güter in Meßstetten, die an sein Erblehen ,uralten' Ebinger cherter, in Reutlinger Geschichtsblätter, grenzen, ist 1530 Familien" N. F . 12, 1974, Gläubiger eines Schuld­ (5) W. S. 97-107. - Der dort zitierte ners in Konstanz, hat Stettner, Die Familie Blicklin im Spät• Sterbeeintrag (S. 101) 1535 ein Haus neben mittelalter, von Catharina Rime­ dem des Michel Riß, zinst 1535 in Heimatkundliehe Blätter für lin geb. Ziser vom 3. 10. 1576 an die Ka- ' ' den Kreis Balingen, findet sich planei St. Nikolaus und ist Angrenzer für Jg. 11, Nr. 2 vom 29. nicht im Ebinger Kirchenbuch und ist Katharinen- und Michaelsaltar, Febr. 1964, S. 489-490. - K. K. Finke, Die falsch! verleiht Tübinger Juristenfakultät 1538 Geld nach Schlatt im Killertal, hat 1477-1534, Tü• 1540 in Straßberg bingen 1972, S. 113-118. - W. Stettner, Prof. bei Hans Scheck Vieh Dr. stehen, hat 1543 ein jur. Konrad Blickle gen. Ebinger und Gut in Meßstetten, hat seine Ebinger 1544 einen Teil des Zehnten in Egesheim, Verwandtschaft, in Heimat­ Inhaltsverzeichnis 1987 hat 1545 ein Erblehen kundliehe Blätter, Balingen, Jg. 24, Nr. 7, in Meßstetten; zahlt vom 1545 39 fl 13 btz 2 kr Türkensteuer, 30. Juli 1977, S. 121-122. (34. Jahrgang) gehört (6) Zur Familie Landenberger damit zu den reichsten Bürgern Württem• vgl. M. Rösch, Seite Familienbuch der Eine kostbare Geburtsurkunde (Dr . Walter Stettner) 577/578 bergs; 00 Nachkommen des Jakob Die Geschichte einer Landenberger von Ebingen, württembergischen Stadt - Buchbe­ 115 N., Katharine Ulm 1940. sprechung (Dr . Wilhelm Foth) 578/579 (7) Zur Familie Conzelmann vgl. F. Konael­ Jahresprogramm der Heimatkundlichen Vereinigung Balingen e. V . C. Ahnenliste des Martin mann, Die Sippe Conzelmann, Stuttgart 578 Rimelin (Weizsäk• 1940. Ergänzungen und Berichtigungen zu dem Buch "Ebingen, die ker-Ahn 3740) Geschichte einer württembergischen Stadt" (Dr. Walter Stett­ (8) Vgl. W. Stettner, Die Familie ner) 1 Rimelin, (Rümelin), Martin (14), * (Ebin­ Datt in Ebin­ 579,587/588,591 gen, in Zeitschrift für Württembergische Abmarkung u. Sicherung von Vermessungs- und Grenzzei­ gen) um 1552, t Tübingen 7. 9. 1597, urk. chen (Rudolf George, Landesgeschichte, 40, 1981, S. Fortsetzung v. 1986, S. 569-571 und 1567/97; Dr. jur. utr. und Hofgerichtsadvo­ 297-304. 575/576) 579/580,584 katin Tübingen; Die Kanzel der Balinger Stadtkirche (Eugen Gröner) 581/582 29. 7.1567 immatr. in Frei- Die Nellenburger , burg i. Br., 1. 12. 1569 in Tübingen, - Gründer der Stadt Ebingen? (Dr . Walter sagt sich Stettner) 582 2. 4. 1580 erneut an der Universität Tübin• Zum 50. Jahrestag eines Wahrzeichens der Stadt Bahngen gen an, wird dort 10. 1. 1582 zum Dr. jur. (Zollernschloß) (Hans Schimpf, Fortsetzung v. 1986, S. utr. promoviert; wird Anekdoten 557-559,662/663) 582/583,591/592,602-604 19.7.1595 mit seinen Vor 100 Jahren erschienen: Das Königreich Württemberg Schwägern Hans Rechfuoß, Bartlin Metz­ (Oberamtsbeschreibung) (Eugen Gröner, Fortsetzung v. 1986, ger, beide in Ebingen, Tobias S. 555, 560, 571/572) 583,588 Murschel, Unfreiwilliger Held Balthasar Wurer: Ein Philipp Ergenzinger, beide in Balingen, bedeutender Schömberger (Wolfgang Auf einer Fahrt Pius Bernhard) 585/586 und Jacob Dolmetsch in Pforzheim zur Westküste Das Braunkehlchen - als Er­ wurde Präsident ein bedrohter Wiesenvogel (Dr. Karl be seines t Vaters Ulrich Rimelin genannt; Kennedy Eugen Maulbetsch und Helmut Rebstock) 586/587,590/591 (1917-1963) von einem Chorschranke - Ambo - Kanzel (Kurt 00 Tübingen 16. 8. 1579, Margarete Epp, kleinen Bub Wedler) 589/590 t gefragt: "Herr Präsident, Figürlicher Schmuck in der Balinger Stadtkirche (Eugen Tübingen 28. 4. 1612, Witwe des Eberhard wie sind Sie Gröner) Kriegsheld geworden?" , 593/594 Vetscher: - "Absolut Der Bau der Bahnlinie Balingen-Schömberg (Guido Motika, unfreiwillig", antwortete Kennedy. dazu auch 1986,S. 565-568) 594/595 Liegenschaftskataster 2 Rimelin, "Man hat mir mein Schiffversenkt!" (Rudolf George) 595/596,600 Ulrich (14), urk. 1553/95 in Ebin­ Romanische Kleinodien - der Löwe an sakralen Bauten (Kurt gen, t E. 12. 3. 1595; Metzger, Spitalpfleger, Wedler) ' 599 Gerichtsmitglied Ruchlos verbrecherisches Leben endet am Galgen - Hanni­ und Stadtrechner. in kels Hinrichtung Ebingen; (Näheres Sein eigener Gast in Sulz a . N. (Helmut Hauser) 601/602 s. Anm. 14); 00 Liegenschaftskataster und Grundbuch (Rudolf George) 604 3 Narr, Anna, * um 1539, t E. 18.2.1603,64 J ., Georg Friedrich Händels Onstmettingen, die Keimzelle des Waagenbaues (Alfred Pfründerin, war lange bettlägerig; hat 1610 (1685-1759) gewaltiger Figur ent­ Munz) 605/606 sprach Die Staufenbergarchive und die Ortsgeschichte von Lautlin­ als .Anna, Ulrich Rimelins Witwe" ihrem sein Appetit. Einmal bestellte gen (Dr. Otto H der Komponist . Becker) 607 Bruder Peter Narr 10 fl geliehen in einem berühmten Von Menschen, Maschen und Maschinen (Susanne Goebel) Londoner Gasthaus ein Gedeck für 607 Von der Hausarbeit zur 4 Rimelin, Hans = Liste B 56 vier Personen. Pünktlich zur festge­ Trikotindustrie (Manfred Maul) 5 Datt, setzten Zeit erschien 607/608 '(Katharine) = B 57 er, nahm erwar­ Das Leben der Heimarbeiterinnen (Angelika Feldes) 608 tungsvoll an der gedeckten' Tafel Schömbergs Wirte in früheren Zeiten (Wolfgang P. Bernhard) Platz, aber der 609/610 Diener zögerte, die Ein Junglehrer 10 Datt, Speisen aufzutragen: erlebt Ebingen in den Jahren 1924-1935(Karl Stefan = B 114 "Wollen Euer Maier) . 611/612,615,618-620 11 N., Katharine = B 115 Gnaden nicht warten, bis die anderen Was frühere Generationen für ihre Kirche getan haben (Eu- gen Gröner) Am Rande sei vermerkt, daß von diesen Ebin­ Gäste eingetroffen sind?" Händel er­ 613/614 hob In memoriam Fritz Scheerer 615 ger Stammeltern des 16. und 17. Jahrhunderts majestätisch das Haupt mit der Die Stadt Balingen gewaltigen Allongeperücke und die Verfolgung der letzten Räuber- neben Richard von Weizsäcker nicht nur zahl­ und sag­ banden Oberschwabens (Peter Seibold) 616 lose heutige te: "Ich esse für vier!" Eberhard v, Wächter (Walter Schnerring) 617/618 und frühere Einwohner Ebingens Die trauernden und anderer Orte abstammen, Frauen (Andachtsbilder- Kurt Wedler) 619 sondern auch - Bundespräsident Richard von Weizsäckers Ahnen aus Ebin namhafte gen und ­ Persönlichkeiten wie der Dichter Ohne Umgebung 621,622,623,624. Ludwig Uhlend (von BI), der Arzt und Dichter ärztliche Hilfe Pflanzenbilder (Kurt Wedler): Weiße Taubnessel 5~8, Wildes Ludwig Finckh Stiefmütterchen 592, Schafgarbe 596, Eisenkraut 600, Ysop (in zwei Linien von B 28), der Ferdinand Sauerbruch (1875-1951) 604, Mädesüß Arzt, Philosoph wurde einmal (Wiesengeißbart) 608, Kreuzdorn 612, Eiche 616. und Friedensnobelpreisträger ans Krankenbett einer Humor, Anekdoten, Sprüche: S. 580, 600 , 604, 610 , 614, 624. Albert Schweitzer und der Schriftsteller und Frau gerufen, konnte aber nur den Philosoph Jeen-Peul Sartre (beide ebenfalls bereits eingetretenen Tod feststellen. von B 28). So hat Als er daraufhin Herausgegeben von der Heimatkundlichen Vereini­ Ebingen trotz seiner ehemali­ den schwer betroffe­ gung Balingen. gen Weltabgeschiedenheit doch nen Ehemann fragte, welcher genealogisch Arzt Vorsitzender: Christoph Roller, Balingen, Am Heu­ beachtliche Fernwirkungen aufzuweisen. die Patientin bisher behandelt hätte, berg 14, Telefon 7782. erhielt er zur Antwort: "Keiner! Sie Redaktion: Robert Kohler, Balingen Anmerkungen ist ganz von allein gestorben!" Königsberger Straße 89, Telefon 6336. (1) Herrn Archivar Friedrich W. Euler, der die Die Heimatkundlichen Blätter erscheinen jeweils am Ahnenliste Richard Monatsende als ständige Beilage des "Zollern-Alb­ von Weizsäckers bear- Kuriers".