Heimatgeschichtliches aus der Gemeinde Mai 2018 \Osraqe r Blätter Der Schwarze Vere und

Von Gerhard Fetscher Der „Schwarze Vere“ Xaver Hohenleiter führt vor 200 Jahren über mehrere Monate hinweg in Oberschwaben eine gefürchtete Räuberbande an. Am 20. Juli 1819 wird er in seiner Gefängniszelle vom Blitz erschlagen. Damit endet ein bewegtes Leben, das vor allem durch diesen ungewöhnlichen Tod zur Bildung vielerlei Legenden anregt.

Xaver Hohenleiter, der Schwarze Vere, im Gefängnisturm, gezeichnet nach einer Vorlage von Johann Baptist Pfl ug

Was hat der Schwarze Vere und auch auf badischem Gebiet. Beim Rückzug mit Ostrach zu tun? nach Ostrach ist die Bande sicher, da in Hohen- zollern keine Gefahr einer polizeilichen Verfol- Nach der politischen Neuordnung im Jahre gung besteht. 1806 existieren im südwestdeutschen Raum nur noch das Großherzogtum Baden, das Fürsten- Über diesen Ruheplatz sagt Baste Kellermann: tum Hohenzollern und das Königreich Württem- „Der Platz ist zwischen Ostrach und dem berg als souveräne Staatgebilde, die gut verwal- Schlößlehof, von diesem etwa einen Büchsen- tet und mit entsprechenden Sicherheitsorganen schuß, von Ostrach eine halbe Stunde entfernt, ausgestattet sind. Auf Ostracher Gemeindege- die Hütten waren in einem nicht gar dichten biet treffen die Grenzen dieser drei Länder auf- Wald, ganz nahe beieinander, wenn man von einander. Es existieren Enklaven und Exklaven. dem Hof nach Ostrach geht, etwas links, an Dichte Wälder und undurchdringliche Moore einem Weg, den die Holzmacher gehen, wenn prägen die Landschaft. Die Gegend ist dünn be- sie in Ostrach die Kirche besuchen. Wir haben siedelt, durchsetzt mit vielen einzelnen Gehöf- Moos in die Hütten getan, und da haben wir ten. Die Polizeipräsenz lässt zu wünschen übrig. gewohnt.“ Sowohl der „Ruheplatz“ des Schwarzen Vere und seiner Bande im Wald beim Schlösslehof als Nach Fidelis Sohms Angaben werden diese auch die Hehlerwirtschaft des Mezler in Spöck Hütten nur dann gebaut, wenn es regnet. Von sind auf Ostracher Gemarkung und damit Hohen- diesem Ort ziehen die Gauner auf ihre Unter- zollerisch. Von diesen Stützpunkten aus erfolgen nehmungen aus, während die Frauen zurück- die Raubzüge vor allem auf württembergischem bleiben. Die Frauen besorgen die Wäsche und 2 kochen von den gestohlenen Lebensmitteln. Die Xaver Hohenleiter, Hütten werden wiederholt durch die von dem der Schwarze Vere fürstlich Sigmaringischen Oberamt Ostrach aus- gesandten Streifmannschaften zerstört. Diese fi nden aber außer Viktualien nichts. Um diesen Zufl uchtsort an der badischen Grenze zu er- halten, verüben die Gauner kaum Verbrechen auf badischem Gebiet. Gehen die Männer des Nachts auf Beutetour, schlafen die Frauen nicht in den Hütten, wo sie von einer Streifenmann- schaft überfallen werden könnten, sondern in den benachbarten Dörfern. Treffen dann am an- deren Morgen wieder alle auf dem Sammelplatz zusammen, wird das erbeutete Fleisch gerecht verteilt.

Wer gehört zur Bande des Schwarzen Vere?

Zur Bande des Schwarzen Vere gehören vom 20. März 1819 an folgende Personen:

• Xaver Hohenleiter, der Schwarze Vere und Maria Josepha Tochtermann, die Günzburger Sephe

• Friedrich Klump, der Schöne Fritz und Theresia Jeppler, die Postamentierers Rosel

• Ulrich Hohenleiter, der Urle, der jüngere Bruder des Schwarzen Vere und Agatha Gebhard

• Fidelis Sohm, der Einäugige Fidele und Crescentia Tochtermann, die Günzburger Friedrich Klump, Crescenz der schöne Fritz

• Sebastian Kellermann, der Baste und Agnes Gebhard

• Joseph Anton Jung, der Condeer und Crescentia Gebhard

• Katharina Gebhard, die dreckete Mutter

Teilweise sind noch folgende Gauner in der Ban- de anzutreffen: • Christian Maucher, das Bometshauser Schneiderle und Ottilie Hunsinger sche Chevaulegers-Regiment „König“ anwerben, desertiert aber schon nach acht Tagen. Um als • Franz Merkle Desertierter nicht ausgeliefert zu werden, geht er nach Österreich, wo er in Budweis als Flücht- Xaver Hohenleiter, der Schwarze ling einen Pass zum Aufenthalt in Österreich Vere, wird 1788 in Rommelsried, königlich erhält. Darauf zieht er ein Jahr in der Gegend bayerisches Landgericht Zusmarshausen als um Linz, im Innviertel, im Land Salzburg und Sohn armer Hirtenleute geboren. Mit acht Jah- in der Steiermark umher, bettelnd und tage- ren hilft er seinem Vater beim Hüten, besucht weise arbeitend. In Lachen im Kanton Schwyz aber nur einen Winter die Schule, so dass er erhält er auf Vorlage eines alten geschenkten leidlich lesen, aber nicht schreiben kann. Mit 13 Passes einen echten Pass auf den Namen Kraus fängt er an, bei Bauern zu arbeiten. 1816 lässt von Laufenburg, mit dem er in der Schweiz, in er sich in als Gemeiner in das bayeri- Baden und Württemberg unterwegs ist. Er ist 3 Joseph Anton Jung, der Condeer

Ulrich Hohenleiter, der Urle

Sebastian Kellermann, der Baste

Fidelis Sohm, der einäugige Fidele

Franz Merkle, der Weberen-Franz

Christian Maucher, das Bometshauser Schneiderle 4 ein großer, starker, muskulöser Mann mit einem ren beim Meister seines Vaters beginnt, gibt er von der Sonne gebräunten Gesicht, feurigen Au- nach einem Jahr auf, weil es ihm zu „dreckig“ gen und prachtvollen, blendend weißen Zähnen. ist. Er dient drei Jahre bei einem Bauer als Un- Sein dichter Backen- und Kinnbart und seine in terknecht und arbeitet mit 18 für drei Jahre langen Flechten herabhängenden Haare sind als Zimmermann, bis ihm im Winter die Arbeit pechschwarz, weshalb er „Schwarzer Vere“ ausgeht. Aus Hunger will er betteln, stiehlt dann genannt wird. Der bis zu den Knien reichende, aber 15 fl und eine Sackuhr. 1815 wird er vom schwarze Rock ist unten zugeknöpft; oben steht Bayerischen Appelationsgericht des Iller-Kreises er weit offen und zeigt den nackten Hals und die wegen mehrerer Diebstähle zu einem Jahr Straf- entblößte Brust. Der hohe, schwarze Hut sitzt arbeitshaus im Zuchthaus Buchloe verurteilt. seitwärts auf dem Kopf. Er trägt kleine, fein Nach der Entlassung stiehlt er im August 1817 ziselierte Ohrringe aus Gold - die anderen Ban- in Niederwangen/Württemberg einem Bauern denmitglieder tragen silberne Ringe. Sein gan- 50 fl , wird in Lindau verhaftet und zu sechs zes Äußeres ist Furcht einfl ößend. Jahren Zuchthaus verurteilt. In der Nacht vom 13./14 Juli 1818 bricht er aus der Frohnfeste in Friedrich Klump, der schöne Fritz Lindau aus und zieht danach in Württemberg kommt 1791 in Besenfeld, Oberamt Freuden- und in Tirol herum. Vom Landgericht Lindau stadt als Sohn eines Metzgers und Tagelöhners wird er als ein „sehr gefährlicher Mensch“ aber zur Welt. Er genießt eine ordentliche Erziehung, nicht als „ein kühner, unternehmender Dieb“ regelmäßigen Unterricht und lernt das Bäcker- geschildert. Er steht meist auf Wache, dann handwerk, gerät aber an einen Meister, der „hätte ich doch zuerst entrinnen können“. Sohm ihn zum Stehlen anhält. 1809 wird er franzö- ist mittelgroß, schlank und kräftig. Er hat blon- sischer Proviantbäcker. Nach Ende des Kriegs des Haar, das gescheitelt ist und in langen, di- zieht er in Österreich, der Schweiz, im Breisgau cken Locken in das Gesicht herein hängt, ein und Frankreich umher, ohne Arbeit zu fi nden. blühendes Angesicht und Zähne wie Elfenbein. 1817 trifft er beim Wirt Mezler in Spöck auf den Das linke Auge ist blind. Er trägt eine dunkel- Schwarzen Vere, schließt sich ihm an, wird sein graue Jacke mit glänzenden Metallknöpfen und unzertrennlicher Gefährte und verlässt ihn nicht Seitentaschen, eine rote Weste mit einer Ein- mehr bis zu ihrer Gefangennahme. Klump ist fassung aus schwarzem Samt und weite, weiße noch größer als der Vere und ebenso musku- Beinkleider, welche durch ein um den Leib lös. Er hat ein weißliches Gesicht und rötliche geschlungenes, rotes Tuch festgehalten wer- Haare, die in freien Locken bis tief in die Stirn den, dazu einen schwarzen Filzhut mit breitem hängen. Er macht einen freundlichen Eindruck. Rand. Als Waffe führt er eine kleine mit Messing Seine Spezialität sind das Fälschen von Pässen beschlagene Pistole, die er in einer Hosentasche und die Manipulation von Wanderbüchern. stecken hat, sowie ein silberbeschlagenes „Be- steckmesser“ mit Querbügel in einer schwarzen Ulrich Hohenleiter, der Urle, wird Lederscheide und einen knotigen Birkenstock, 1801 in Kurzenhausen, Landgericht Zusmars- der am unteren Ende mit Blei ausgegossen ist. hausen als der jüngere Bruder vom Schwarzen Vere geboren. Er ist ein unermüdlicher Räuber Sebastian Kellermann, der Baste, und Dieb. Wegen seiner Quälereien ist er der wird 1800 in , Württemberg als Kind Schrecken der Bauern. Das Diebshandwerk ist vagabundierender Eltern geboren. Der Vater seine einzige Leidenschaft, selbst Frauen hal- ist aus Adelsdorf, Bamberg gelernter Schneider ten es nicht lange bei ihm aus. Er ist groß und und war 36 Jahre Soldat. Nach seiner Entlas- schlank, hat lebhafte, dunkelbraune Augen und sung zieht er mit seiner Frau und seinen sechs ein stark gebräuntes Gesicht, gekräuselte pech- Kindern umher und schneidert. Als er 1805 schwarze Haare bis über die Stirn und einen stirbt, bleibt Baste bei der Mutter, bis er sich schwachen Schnurrbart. Er trägt silberne Halb- mit neun Jahren für eine Saison als Hirtenbu- mondohrringe, einen dunkelfarbigen Mantel mit be verdingt. Danach wandert er bettelnd und kurzem, bis zu den Hüften reichendem Kragen teilweise – ohne Lohn – arbeitend in Lumpen und einen runden Hut mit breitem Rand. Eine in Baden, Bayern, Württemberg, Tirol und der kurze Pistole, ein Stilett und ein schwerer Kno- Schweiz herum, wobei er bei einem Kessler das tenstock sind seine Waffen. Sein Markenzeichen Kesseln und Dächlesmachen (Regenschirmma- ist seine immer spöttische Miene. chen) lernt. Der Gauner Kleinmann bringt ihm das Stehlen bei. Kellermann ist schlank und Fidelis Sohm, der einäugige hochgewachsen. Er hat ein gebräuntes Gesicht, Fidele, geboren 1793 in Witzigwenn, Landge- schwarze, krause Haare, dunkelbraune Augen richt Lindau ist ein Sohn armer aber ehrlicher und etwas aufgeworfene Lippen. Er trägt ein Leute. Der Vater ist Maurer, die Mutter strickt grünes Wams mit gelben Metallknöpfen, eine und näht. Vom sechsten Lebensjahr an hütet rote, grüngeblümte Tuchweste, lederbesetzte er im Sommer Vieh bei verschiedenen Bauern, Reithosen mit weißen Knöpfen, ein schwarzes besucht die Schule und lernt lesen aber nicht Halstuch und einen runden Hut. schreiben. Die Maurerlehre, die er mit 14 Jah- 5

Joseph Anton Jung, der Condeer, kommt aus Unterschwarzach, Oberamt Wald- see und ist der Sohn des wandernden Landkrä- mers Peter Jung aus Berstorf, Rheinpreußen und der Elisabeth Werlein aus Wurzach. Er Maria Josepha Tochtermann, zieht die ersten sieben Lebensjahre mit sei- die Günzburger Sephe nen Eltern herum, tritt dann bei verschiedenen Bauern Hirtendienste an und lernt bei Micha- el Hartmann in Kisslegg das Maurerhandwerk. Im Winter 1816/17 trifft er wieder auf seinen Vater und seine Stiefmutter Theres, die ihn ver- führt und auf die Verbrecherbahn bringt. Jung ist mittelgroß, aber stark gebaut. Die auffal- lend dunkle Farbe seines durch Pockennarben entstellten Gesichts, das schwarze, über die Stirn hängende Haar und das dunkle, rollende Auge geben ihm einen Ausdruck von Wildheit, der seinem ganzen Wesen entspricht. Beklei- det ist er mit einer Jacke aus grünem Manches- tertuch, über der er einen bis an die Hände reichenden braunen Mantelkragen trägt, der durch einen Haft zusammen gehalten ist. Da- zu kommen rot und blau gestreifte Beinkleider und ein abgeschabter runder Hut mit brei- tem, hinten weit hinunter gezogenem Rand. Er trägt ein langes verrostetes Gewehr über dem Rücken und einen derben Knotenstock. Jung ist der Verwegendste der Bande. Das gelade- ne Gewehr in der Faust dringt er in die Häuser Ottilia Hunsinger, ein, entschlossen, jeden Widerstand mit Gewalt das Ottile zu überwältigen und den geängstigten Bewoh- nern das verborgene Geld zu erpressen. Er deckt auch den Rückzug und ist bereit, wenn es nötig sein sollte, von seiner Waffe Gebrauch zu machen.

Christian Maucher, das Bomets- hauser Schneiderle, geboren 1787 in Bußmannshausen, Oberamt Wiblingen lernt von seinem Vater das Schneiderhandwerk, wird 1813 für ein Jahr Soldat, macht in einem Landbataillon den Feldzug nach Frankreich mit und treibt sich danach als Vagant herum. Im Oktober 1818 trifft er mit dem Schwarzen Vere und dem schönen Fritz zusammen. Seine Be- gleiterin ist Ottilie Hunsinger.

Franz Merkle, der Weberen- Franz, 1897 in Belletshausen (Bellershau- sen), bayerisches Landgericht Leutershausen (Schillingsfürst) geboren, ist ein schöner, gro- ßer Mann mit stark gerötetem Gesicht, dunklen Haaren und feurigen, trotzig blickenden Augen. Er hat einen gedrungenen, muskulösen Körperbau und eine gewaltige Körper- kraft. Er trägt ein grünes Wams mit hellen Zinnknöpfen, eine blaue Weste und lange, graue Beinkleider.

Crescenz Gebhard 6

Maria Josepha Tochtermann, die mit grauen Augen, gelblichem Gesicht, großem, Günzburger Sephe, geboren 1793 in zahnlosem Mund und aufgestülpter Nase. Sie Eppishofen, Landgericht Zusmarshausen als geht gebückt. Ihre Kleidung ist unsauber und Tochter eines armen Webers, der stirbt, als abgerissen. Sie trägt eine glatte, schwarze Hau- sie zwei Jahre alt ist. Die Mutter ernährt sich be, einen Schoben (Kittel) aus blauem Tuch, ein durch Stricken. 1814 begegnet Sephe dem Mieder aus rotem Scharlach, einen schwarzen Schwarzen Vere, zieht mit ihm herum und Rock und eine blaue Schürze. nährt sich durch Betteln. 1817 bekommen die Beiden ein Kind. Was Diebsfähigkeit, Ver- Agathe Gebhard, geboren schmitztheit und Lügen angeht, passt sie bes- 1796, die Gefährtin von Ulrich tens zum Schwarzen Vere. Sie ist mittelgroß, Hohenleiter, ist kurz und dick. schlank, hat glänzend weiße Zähne und star- Sie hat lebhafte, braune Augen, ke, schwarze Augenbrauen, ein blasses Gesicht stark aufgeworfene Lippen und und rabenschwarze Haare, die ihr in vielen dunkelbraune Haare, die sie un- kleinen Locken um Stirn und Schläfen hängen. ter die Gimpenhaube steckt. Bei ihrer und Veres Kleidung legt sie großen Wert auf Reinlichkeit. Agathe Gebhard Theresia Jeppler, des Posamentierers (Bortenma- Crescentia Tochtermann, cher) Resel, wird 1789 in die Günzbuerger Triest als Tochter eines Sol- Crescenz, ist die ältere Schwes- daten geboren. Sie verliert ter der Sephe. Sie ist hochgewach- Theresia früh ihre Mutter und ar- sen, stark gebaut mit schwarzem Jeppler, beitet als Dienstmagd. Seit Haar und dunklem, blatternarbigem die Resel 1805 zieht sie strickend und Gesicht. bettelnd in Württemberg, Ba- den und Bayern herum, seit Crescentia 1813 zusammen mit Klump. Crescenz Gebhard, geboren Tochtermann, Sie ist mittelgroß und hat ein 1790, gehört zum Condeer. Sie ist die Günzbuerger blasses Gesicht, das durch Blat- schlank, hat schwarze, weit in die Crescenz ternarben entstellt ist, blonde Haare Stirn reichende Haare, ein bräunliches und blaue Augen. Sie trägt ein Baumwoll- Gesicht und einen hübschen kleinen Mund, tuch mit weißen und roten Streifen und auf aber eine unschöne Stumpfnase. dem Kopf eine in Oberschwaben gebräuchliche schwarze Gimpenhaube. Agnes Gebhard, Jahrgang 1794, die Gefährtin von Sebastian Keller- Katharina Gebhard, die mann, hat ein mageres Gesicht und dreckete Mutter, kommt 1756 auf feurige, schwarze Augen dem Tobel bei Wintersulgen, Bezirksamt Pful- mit starken Augenbrauen. lendorf auf die Welt. Sie verliert als Kind die Das rabenschwarze Haar Eltern und wächst ohne Schulunterricht auf. trägt sie von der Stirn zu- Bis zum 25. Jahr hütet sie Vieh. Sie verhei- rückgestrichen. 1817 kommt sie ratet sich mit dem Exsoldaten Josef Gebhard mit ihrer Schwester Agathe beim aus Riedbieringen, Oberamt Donaueschingen, Kriminalamt Altdorf in Untersu- von dem sie fünf Kinder hat. Mit einem Wa- chungshaft, weil sie zusammen mit gen und zwei Pferden treiben sie Geschirrhan- fünf Kerlen einen Diebstahl verübt hat. Agnes del als wandernde Krämer. Als Gebhard nach Sie bleiben 1 ½ Jahre in Haft, werden dann Gebhard 14 Jahren (1795) stirbt, heiratet sie wieder aber gegen Kaution wieder entlassen. einen Exsoldaten aus Adelmannsfelden, mit dem sie ebenfalls vom Geschirrhandel lebt. Nach dessen Tod 1812 setzt sie Ottilia Hunsinger, das Ottile, wird dasselbe Geschäft allein fort, bis die 1889 zufällig in Seekrich am Federsee, Ober- „teure Zeit“ eintritt. Danach ernährt amt Riedlingen bei der Durchreise ihrer Eltern sie sich von Stricken und Betteln. In geboren. Nach einem langjährigen Vagantenda- Gaunerkreisen wird sie zusammen sein, lebt sie seit 1815 mit Maucher zusam- mit ihrer Familie, die aus Mutter, men. Gerichtsdiener und Gerichtsarzt beschei- Sohn und den drei Töchtern Agathe, nigen ihr Rohheit, Bösartigkeit, Frechheit und Agnes und Crescenz besteht, „die Verstocktheit. dreckete Partie“ genannt. Sie ist ein kleines, altes, hageres Weiblein

Katharina Gebhard, die dreckete Mutter 7

Warum wird der Schwarze Vere zum Räuber?

Armut ist der wichtigste Antrieb für viele Veränderung des Klimas: Eine mas- Menschen Anfang des 19. Jahrhunderts, sich sive Zunahme von Vulkanausbrüchen ab 1812 als Räuber den täglichen Lebensunterhalt zu führt zu einer deutlichen Verschlechterung des organisieren. Die Ursachen sind Veränderun- Wetters. Die Explosion des Tambora in Indone- gen in der Gesellschaft, in der Politik und des sien am 11. April 1815 ist die Ursache für Mis- Klimas, die zur „teuren Zeit“ geführt haben. sernten in den Jahren 1816 und 1817 in ganz Europa. Veränderung der Gesellschaft: Der Rückgang der Seuchen und die Heirats- Die teure Zeit: Als Grund für das Abglei- erlaubnis für Gesellen und Gesinde führen zu ten in die Straffälligkeit geben die Delinquen- einem enormen Bevölkerungswachstum, ohne ten immer die „teure Zeit“ an. Die aufgeführten dass die Ernährungsversorgung damit Schritt Veränderungen führen zu einer massiven Ver- halten kann. teuerung der Grundnahrungsmittel, was zuerst die armen Schichten trifft. Viele Bedienstete Veränderung der Politik: Als Folge werden entlassen, wodurch sich die Zahl der der französischen Revolution werden die Klös- Arbeitslosen weiter erhöht. Die Armut und die ter aufgehoben. Damit entfallen Arbeitsplätze Hungersnot wachsen. und die Unterstützungen Bedürftiger. Die Krie- ge von 1792 bis 1815 verhindern stabile staatli- che Ordnungen und hinterlassen eine zerstörte Infrastruktur.

Die Schlacht bei Ostrach 1799, Johann Baptist Pflug, gemalt um 1844. 8

Was hat der Schwarze Vere mit einem Vulkanausbruch in Indonesien zu tun?

Der Ausbruch 1815 Überangebot an Fleisch. Den Armen Der Tambora ist ein 4200 m hoher Vulkanberg hilft dies aber wenig, da sie sich auf der indonesischen Insel Sumbawa, der seit schon in normalen Zeiten kein Menschengedenken nicht ausgebrochen ist. Fleisch leisten können, viel Seit 1812 bildet sich eine Wolke über seinem weniger wenn ihr Einkom- Gipfel. Am 5. April 1815 beginnen heftige Ex- mensquellen durch Ar- plosionen, die man in weiten Teilen des indone- beitslosigkeit wegfällt. sischen Archipels über Tausende von Kilome- tern hinweg hören kann. Am 10. April um fünf Die Verbraucher reagie- Uhr abends brechen drei Flammensäulen aus ren mit einer Redu- der Spitze des Vulkans. Danach erscheint der zierung des Konsums. Berg bis 8 Uhr wie ein Körper aus fl üssigem Damit setzt die Rück- Feuer in allen Richtungen. Es folgt ein Asche- kopplung der Krise ein: und Steinregen und heftiger Wind. Der unver- Die sinkende Nachfrage meidliche Tsunami ist mit 4 m Höhe höher als bewirkt einen Rückgang jeder früher bekannte. Der Vulkan bleibt nach des Handels, der seiner- seiner Ausbruchsphase noch mehrere Wochen seits Bestellungen bei den aktiv. Von seinen ursprünglich ca. 4200 m Hö- industriellen Produzenten he sind nach der Absprengung des Gipfels nur storniert. Deswegen reicht die noch 2850 m übrig. Als Folge bildet sich eine Arbeit nicht mehr für alle Be- 6 km weite Caldera mit einem Kratersee in schäftigten aus. Fabriken entlassen der Mitte. Bei der Eruption werden ca. 150 Arbeiter, Kaufl eute und Handwerker ihre Kubikkilometer an vulkanischem Gestein Angestellten und Dienstboten. Sogar auf dem ausgestoßen. Land werden Dienstboten entlassen, die ohne Beschäftigungsmöglichkeiten nur zusätzliche Das Jahr ohne Sommer: 1816 Esser darstellten, die den Haushalt belaste- Außerordentliche Stürme mit Gewitter und ten. Dienstboten verlieren mit ihrer Entlas- Hagelschlag sind in Deutschland charakteris- sung auch ihre Unterkunft. Als Folge der Krise tisch für den Sommer 1816. Kaum einmal ist entsteht im Laufe des Sommers ein Heer von die Sonne zu sehen. Im September gibt es den Arbeits- und oft auch Wohnungslosen, die ver- ersten Frost, von Mitte November an ist die Er- zweifelt auf der Suche nach Arbeit sind, weil de mit Schnee bedeckt. sie nicht über Mittel verfügten, um auch nur kleinere Lohnausfälle zu kompensieren: Im- Sofort beginnen die Preise für mer mehr Bettler fallen den Gemeinden zur Brotgetreide unablässig zu Last oder gehen auf Wanderschaft, die steigen, bis sie nach mehr sozialen Spannungen wachsen und als einem Jahr Ende Ju- die Zahl der registrierten Eigen- ni 1817 ihren Höchst- tums- und Gewaltkonfl ikte steigt stand erreichen. an. Im Großherzogtum Baden In vielen Gebieten verdreifacht sich die Zahl der Deutschlands, der Anklagen wegen Diebstahls Schweiz und Frank- vor Gericht zwischen 1815 reichs steigen die und 1817. Kornpreise auf das Fünf- bis Zehnfache Vögel, Hasen und Dachse an. Auf dem Markt sind ihres Lebens nicht mehr in Überlingen steigt sicher, sogar Maulwürfe und der Preis für einen Ratten wandern in die Kochtöp- Malter Roggen von 13 fe. Die Wilderei erlebt in der Not fl auf 40 fl und für einen einen steilen Aufschwung. Doch Malter Gerste von 25 fl auf nicht besser ergeht es den Haustieren: 96 fl . Ein Malter entspricht et- Katzen verschwinden von den Straßen, wa 130 Liter. Ein fl (Gulden) ent- Ziegen und Schafe werden aus den Ställen spricht etwa 40 EUR. gestohlen. Sogar Kettenhunde, die Eigentümer bewachen sollten, landen im Kochtopf. In vie- Der Preis für Fleisch steigt nicht, da Nutztiere len Gegenden werden Rinder und Pferde zum in großen Mengen geschlachtet werden Verzehr freigegeben, wenn das Futter nicht müssen. Weil aufgrund des Dauerregens und ausreicht, um sie durch den Winter zu bringen. der Überschwemmungen nicht genügend Fut- Selbst die Kadaver verendeter Tiere werden ter eingelagert werden kann, gibt es sogar ein von den Hungernden verzehrt. 9

Wegen des Dauerregens sind die Wege pation geführt hat, steigt er am 1. Januar 1806 durchweicht, wegen des vielen Schnees sind zum König von Napoleons Gnaden auf und ver- Passstraßen unpassierbar. Wegen der Über- größert das alte Herzogtum um eine Reihe von schwemmungen sind viele Brücken zerstört. Kleinstaaten. Der extrem fettleibige Monarch Diesen Hindernissen steht ein gesteigerter führt eine Reihe wichtiger Reformen durch, Bedarf an Mobilität gegenüber, der sich aus zieht sich aber die Feindschaft vieler Reformer den Entlassungen, heimwärts strebender zu und wird schließlich für die Hungerkrise im Arbeitslosen, wohnungslosen Bettlern, Land verantwortlich gemacht. mobilen Vaganten und den rasch auftre- tenden Banden von Wegelagerern und Sein plötzlicher Tod am 30. Oktober 1816 bietet Straßenräubern ergibt. Hinzu kom- die Chance zu einem Regierungswechsel. Das men die beginnenden Ströme von neue Königspaar, der gutaussehende Thronfol- Auswanderern, die in Deutschland ger Wilhelm I. (1781-1864) und seine kongeniale entweder donauabwärts nach Russ- (zweite) Ehefrau, die Zarentochter Katharina land oder rheinabwärts nach Ame- Pawlowna, verstehen sich auf die notwendige rika reisen. Symbolpolitik. Als erstes führt er eine Armen­ Ein weiterer Grund, warum die stiftung für Stuttgart ein, die aus der fürstli- Wirtschaft zum Stillstand kommt, che Domänenkasse Zuwendungen erhalten hängt mit der Kälte zusammen: So- soll, dann erlässt er einen Generalpardon für bald die Temperaturen im Winter un- alle Deserteure und Sträflinge aus vergange- ter die Frostgrenze fallen, versiegt die nen Kriegen und macht Strafversetzungen in wichtigste Energiequelle der Vormoderne: der Vergangenheit rückgängig. Für eine Reihe die Wasserkraft. Im Winter 1816 kommt in kleinerer Delikte wie Holzdiebstahl erlässt er Teilen Europas die Industrie zum Stillstand, eine Amnesie. Er schafft die Geheimpolizei ab weil die Wassermühlen festfrieren. und stellt das Brief- und Postgeheimnis wie- der her. Außerdem beginnen Verhandlungen Fehlende Sensibilität zeichnet anfangs die Poli- über die Wiedereinführung einer Verfassung tik der meisten Regierungen gegenüber der Not und eines Parlaments. Größte Sympathien er- der Bevölkerung aus. Als besonders insensibel langt der König durch drei heute nebensächlich gilt Württembergs König Friedrich I. (1754- erscheinende Bestimmungen: Mit Dekret vom 1816). Nachdem er 1797 die Regierung über- 29. November gestattet er allen Untertanen, nommen und sein Land durch die Wirren der gleich welchen Standes, Bitten und Wünsche an Revolutionskriege und der französischen Okku- ihn persönlich zu richten. Zweitens mildert er

Abb. links Lebensmittelpreise im Januar 1817, Bilderbogen, Vincenz Zanna, Augsburg 1817, kolorierter Kupfer- stich (Biberach, Städtische Samm- lung).

Abb. Seite 8 oben: Ein Jahr Dauerregen Überschwemmungen, Erdrutsche, Viehster- ben und Seuchen mit starkem Schneefall im Juni.

Seite 8 unten: 1816 – kein Getreide, kein Heu, Notschlach- tungen, Mißernten.

Seite 10 unten: 1817– Hohe Arbeits- losigkeit, Betteln, Diebstähle, Auswan- derung, Hungersnot mit 20.000 Toten.

Alle drei Abbildungen sind Einlegebilder des Stettner´schen Hungertalers. 10 das Verbot des Waffenbesitzes und ermöglicht 1818 wird vom König der „Cannstatter den traditionellen Schützengesellschaften die Wasen“ als landwirtschaftliches Fest gegrün- Wiederaufnahme ihres Vereinslebens. Drittens det. Das Stuttgarter Fest knüpft direkt an beseitigt er die königliche Menagerie, den Tier- das Vorbild des Münchner Oktoberfestes an. park in Stuttgart, der sich zu einem Ärgernis Der König macht die Reform der Landwirt- entwickelt hat. Denn während Teile der Be- schaft zu seinem Anliegen. Bei der Stiftung des völkerung am Hungertuch nagen, können sie württembergischen Nationalfestes steht die jeden Morgen beobachten, wie eine Karawane landwirtschaftliche Leistungsschau ganz im von Mauleseln das Futter für die Tiere herbei- Vordergrund, es wird gegründet als „Landwirt- trägt. Die Tierfütterung mit Weißbrot, Fleisch schaftliches Hauptfest“. und Gemüse in einer Zeit, in der die Menschen Hunger leiden, symbolisiert ebenso wie die Ver- Um die Arbeitslosen ins Brot zu setzen, werden fressenheit des alten Königs dessen Missma- an vielen Orten des Königreichs Württemberg nagement. Die Königin fördert die Gründung Beschäftigungsanstalten, Spinn- und Webstu- von Wohltätigkeitsvereinen in den wichtigsten ben eingerichtet. Außerdem geht es darum, Städten, welche die Begüterten zu Spen- „verschämte Arme“ aufzuspüren – also Bedürf- den und zur Einrichtung von Ar- tige, die ihre Armut verstecken – und ih- menspeisungen aufrufen. nen durch den Verkauf ihrer Waren ein Einkommen zu verschaffen. Das Jahr des Dafür werden Sammelstellen Hungers: 1817 für Handarbeiten und indus- Die Teuerung von Brot- trielle Eigenprodukte einge- getreide führt dazu, richtet, die sowohl von den dass man im Wald Armen selbst als auch von und auf den Feldern Frauen aus den wohlha- so gut wie alles sam- benderen Ständen abgege- melt und ausprobiert, ben werden. Der Verkauf was essbar erscheint. dieser Produkte soll eben- Kartoffeln, Rüben oder falls Einkommen generie- Hülsenfrüchte werden ren. Mittellosen Handwer- zu Mehl verarbeitet, um kern, die sich aufgrund der daraus Brot backen zu Lebensmittelteuerung keine können. Rohstoffe mehr für ihre Gewerbe kaufen können, werden kostenlos Mit dem Ende des Ancien Régime Rohstoffe zur Verfügung gestellt, damit sind auch die über Jahrhunderte recht sie weiter ihren Berufen nachgehen können. gut funktionierenden alteuropäischen Sozial- Der König verpfl ichtet sich zu einer jährlichen einrichtungen verschwunden: Das Eigentum Beihilfe von 10 000 Gulden. Diesem Vorbild fol- von Kirchen, Klöstern und das Kapital von gen weitere Mitglieder der Dynastie, darunter kommunalen Stiftungen ist verstaatlicht und auch die aus Württemberg stammende Zaren- die lokale Selbstverwaltung vielerorts beseitigt. mutter Maria Feodorowna, die zu Besuch in Stuttgart weilte. Kinderbeschäftigungsanstalten Hat 1816 der Dauerregen zu den Überfl utun- werden unter der Bezeichnung „Katharinen- gen geführt, so kommt 1817 zum Regen noch und Marienpfl ege“ eingeführt. die Schneeschmelze hinzu. Dabei geht es nicht allein um den Schneefall des vorigen Winters, Am Ende der Hungerkrise von 1816/17 ist die sondern um die Menge aller kalten Winter der Erleichterung so groß, dass nicht der letzte, 1810er Jahre. Das Hochwasser des Bodensees sondern der erste Erntewagen gefeiert wird. zieht Katastrophentouristen an, die Boote mie- Tatsächlich gibt es offi zielle Anordnungen der ten und damit durch die Straßen der Städte Landesregierungen, im ganzen Land Ernte- fahren. Vom Schiff aus kann man in den Vor- dankfeste zu feiern. orten und Dörfern die Früchte direkt von den Bäumen pfl ücken. In Konstanz wird am 7. Juli 1817 mit 6,36 Metern der höchste Pegelstand aller Zeiten gemessen – bei einem Niedrig- wasser sechs Jahre später zeigt der Pegel nur ca. 2 Meter.

Die Zahl der deutschen Auswanderer – vor allem aus der bayerischen Rheinpfalz, aus Baden, Württemberg, Hessen und dem preußischen Rheinland - wird in den Jah- ren1816-1818 auf ca. 20 000 geschätzt. 11

Wie verständigen sich die Gauner?

Die Mitglieder einer Räuberbande verständi- Bekannt sind: gen sich im Beisein anderer Personen mit ei- ner Geheimsprache, dem Rotwelsch. Daneben • Griffl ingszinken, die mit den Fingern verwenden sie noch weitere Geheimcodes, die gemacht werden Zinken. • Kundenzinken, Besonderheiten in Gestik und Mimik Teilweise geben diese Gaunerzinken über • Lautzinken, einfache Zeichen den Inhaber Auskunft, über das Datum und oder Tierstimmen den Ort des nächsten Delikts und über die • Grafi sche Zinken, einfache Zeichen Bandengröße. oder Symbole, an Häusern oder Bäumen angebracht, die weiteren Vereinfachte Zinken an Häusern oder Türen ge- Kunden Informationen liefern sollen ben über die Spendenfreudigkeit der Bewohner Auskunft.

Hinweise zu den Zeichen der Räuber

Beispiele für Zinken sind:

Hier ist Diebstahl lohnend

Hier wohnen Frauen

Hier bekommt man Nachtlager Wohnung eines Polizisten

„Brezel“ Fritz Klump Richtungsangabe mit Pfeil Striche bedeutet Anzahl der Gauner

Gefängnis droht Baste Kellermann Ehingen Balingen

Laupheim

Riedlingen

1 Ehingen Neufra Balingen Biberach Sigmaringen Laupheim u 6 Mittelbuch Dona

Saulgau 11 Bellamont

Riedlingen 5 Oberessendorf uttlingen 12 Memmingen Meßkirch 1 Ostrach Unterweiler Neufra 10 im Wald 12 Mattenhaus Waldlager 3 15 Hüttenreute Biberach 7 Osterhofen SigmaringenSpöck Laubbacher Mühle Pfullendorf 20 4 Waldbeuren u 6 Mittelbuch 13 Langgassen Dona Bad Waldsee 8 Haidgau 16 Wendenreute 2 Vorsee Stockach Saulgau14 Reute 11 Bellamont 9 Arnach 5 Oberessendorf uttlingen Heiligenberg Memmingen Meßkirch Leu tkirch

Ostrach Unterweiler Welde 10 im Wald 12 Mattenhaus Überlingen Waldlager 3 15 Hüttenr19eut e Roggenbeuren 18 7 Osterhofen Spöck Laubbacher Mühle Firmetsweiler Pfullendorf 20 Salem Waldlager Hof Vogelsang 4 Waldbeuren Hof Schwedenbühl Kempten (Allgäu) 13 Langgassen Markdorf Bad Waldsee 8 Haidgau

Meersburg 16 Wendenreute 2 Vorsee Stockach 14 Reute Wangen 9 Arnach Heiligenberg Tettnang OB Friedrichshafen Leu tkirch 17 Argenhardt Konstanz Rhein D Welde Überlingen 19 Roggenbeur S N E en 18 Ravensburg Bodensee Firmetsweiler Salem Waldlager Hof Vogelsang Hof Schwedenbühl Kempten (Allgäu) Markdorf Lindau Meersburg E Wangen E Bregenz OB Friedrichshafen Tettnang

17 Argenhardt Rhein Konstanz D S N E Königreich Württemberg St.GallenBodensee Rhein Großherzogtum Baden Lindau Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen Was haben E der Schwarze E Bregenz Vere und seine Bande verbrochen? KönigrSchwarzeneich Württember Vere,g 18./19. Dezember 1817St.Gallen Rhein Friedrich Klump und den Großherzogtum Baden Brand der Ölmühle des Josef Schaib von „Siechenheimer“ Heinrich , Oberamt Riedlingen und Ein- Amman. FürstentumSie entwenden Hohenzoll Rauch-ern-Sigmaringen bruch beim Schultheiß Holdenried in Neufra fl eisch von einem ganzen Schwein, durch den Schwarzen Vere, Friedrich Klump Kleider und Schuhe und übernachten anschlie- und Franz Merkle. Weil sie überrascht werden, ßend im Schlösslehof. Danach trennt sich der lassen die Diebe 30 Pfund Fleisch, in Säcken Siechenheiner von der Bande, weil es ihm an der Ölmühle verpackt, zurück. „Courage“ fehlt.

20./21. Februar 1818 18./19. März 1818 Einbruch im Einödshof Vorsee bei Wolperts- Einbruch bei Johann Reusch in Waldbeuren, wende, Oberamt Ravensburg beim Bauer Bezirksamt Pfullendorf durch den Schwarzen Johann Rümmele durch den Schwarzen Vere und Friedrich Klump. Die Beute besteht Vere, Friedrich Klump und Ludwig Wiesinger aus Kleidern im Wert von 10 fl . aus Moosheim. Sie erbeuten Rauchfl eisch und andere Gegenstände im Wert von 101 fl 42 kr. Anfang April 1818 Am Tag darauf trennt sich Wiesinger von den Einbruch bei Vinzenz Dürr in Oberessendorf, Anderen. Diese treffen dafür in Ostrach mit den Oberamt Waldsee durch den Schwarzen Vere Frauen und Heinrich Amman von Geislingen, und Friedrich Klump. Sie stehlen Fleisch. dem Siechenheiner zusammen. 26./27. April 1818 März 1818 Einbruch bei Alois Bulach im Schneidermichels - Einbruch beim Bauern Wendelin Nell in Unter- hof bei Haidgau, Oberamt Waldsee durch den weiler, Oberamt Ravensburg durch den Schwarzen Vere, Friedrich Klump, Franz Merkle 13 und den Urle, wobei Effekten im Wert von 10 fl 11./12. März 1819 erbeutet werden, und bei Anton Hopp in Oster- Einbruch in Langengassen im badischen Be- hofen, Oberamt Waldsee, wo Diebesgut im Wert zirksamt Pfullendorf durch den Schwarzen von132 fl 52 kr entwendet werden. Vere, den Urle und Christian Maucher. Die Gau- ner wollen Schweine holen, fi nden aber keine. 10. April 1818 Stattdessen entwenden sie zwei kupferne Häfen Angriff auf den Polizeidiener Lorenz Kopf bei und ein langes Messer. Mittelbuch, Oberamt Biberach durch den Schwarzen Vere und Friedrich Klump. Der Poli- Am 16. März 1819 treffen Crescentia zeidiener trifft auf einem Einödhaus bei Mit- Tochtermann und Crescentia Gebhard mit dem telbiberach einen Mann und sechs Frauen an. Schwarzen Vere, dem Urle, Friedrich Klump, Nachdem der Mann in den Wald gefl üchtet ist, Theresia Jeppler, dem „Condeer“ Joseph Anton verhaftet der Polizeidiener die Frauen und will Jung, Fidelis Gindele und Carl Krain aus sie nach Mittelbiberach transportieren. Unter- Zitzenhausen auf dem Ruheplatz im Pfullen- wegs wird er von dem Gefl üchteten und einem dorfer Wald zusammen. weiteren Mann überfallen und so geschlagen, dass der linke Unterarm gebrochen ist. Die 16./17. März 1819 ganze Bande fl üchtet darauf in den Wald. Einbruch beim Bauern Joseph Rehm in Reute bei Fleischwangen durch den Schwarzen Vere, Herbst 1818 dem Urle, dem Condeer, Christian Maucher, Einbruch auf dem Hof von Benedikt Salzgeber Fidelis Gindele, Friedrich Klump (mit Pistole) bei Arnach, Oberamt Waldsee durch den und dem Carle Krain. Die Gauner nehmen aus Schwarzen Vere und Friedrich Klump. Sie ent- dem Kamin 35 Braten mit einem Gewicht von wenden Schmalz und Brot. 100 Pfund, desweiteren ein Oberbett, einige Häfen und Pfannen sowie verschiedenes Weiß- Herbst 1818 zeug und Kleidungsstücke. Auf dem Ruheplatz Diebstahl eines Ochsen durch den Schwarzen im Pfullendorfer Wald wird das Diebesgut ver- Vere und Franz Merkle. Vom Gespann eines teilt; vom Fleisch erhält jeder den gleichen An- Bauern, der im Wald Holz holt, machen sie den teil, die Kupferhäfen sollen verkauft werden, Ochsen los und ziehen ihm Stiefel an, um die das Bett erhält Christian Maucher, der dafür Spuren zu verwischen. jedem 48 kr ausbezahlt. Darauf verlassen Fide- lis Gindele und der Carle Krain für immer die 28./29. Oktober 1818 Bande. Einbruch bei Anton Behringer in der Einöde Soldatenhaus bei Bellamont, Oberamt Biberach Am 20. März 1819 besuchen Crescentia durch den Schwarzen Vere, Friedrich Klump Gebhard und Crescentia Kellermann ihre Ver- und den Urle. Sie rauben 10 Maß Branntwein, wandte Anna Maria Späth in Wangen, Bezirks- 70 Pfund Schmalz und Brot im Wert von amt Pfullendorf. Dort treffen sie Katharina, 39 fl 17 kr. Agnes und Agathe Gebhard, Fidelis Sohm und Sebastian Kellermann. Sie wollen sich der Ban- 4. Dezember 1818 de des Schwarz Vere anschließen. Auf dem Einbruch beim Wirt Michael Feßler zum Stadler Rückweg kauft Fidelis Sohm in Ostrach noch bei Mattenhaus, Oberamt Waldsee durch den Pulver für sein Terzerol. Auf dem Ruheplatz Schwarzen Vere, Friedrich Klump und Christi- angekommen, wird ausgemacht, dass man zu- an Maucher. Sie stehlen eine Anzahl Brote aus sammen bleiben wolle. Die Bande des Schwar- dem Keller. zen Vere ist damit gegründet. Unter dem Schwarzen Vere herrscht in der Seit Weihnachten 1818 treiben sich der Bande ein strenges Regiment: Die Männer ha- Condeer mit dem Schwarzen Vere, dem Urle ben die Aufgabe, Fleisch und Lebensmittel zu und Friedrich Klump in Baden herum, bis sie stehlen, die Frauen sollen betteln, die Wäsche in Spöck zusammentreffen. Ein lustiges Leben richten und kochen. An Waffen besitzt die Ban- entfaltet sich um diese Zeit in dem Wirtshaus de die Pistole von Friedrich Klump und das Mezler in Spöck, einer berüchtigten Gauner- Terzerol von Fidelis Sohm. Es darf nur auf Be- und Hehlerherberge. Hier trifft man sich mit fehl des Schwarzen Vere geschossen werden, oder ohne Verabredung, alte Bekanntschaf- und zwar nur zur Abschreckung bei einer Ver- ten werden erneuert, neue geschlossen. Am folgung und nur auf die Füße. Zusätzlich sind Abend geht es fröhlich her, es wird gezecht die Gauner mit Stöcken ausgerüstet, die mit und getanzt, und der alte Seppel, Joseph Lang, Zinn oder Blei ausgegossen sind. In Klumps spielt die Klarinette und die Schwefelpfeife. Die Stock ist ein Stilett enthalten. Wirtsleute Mezler kennen zwar die Gauner namentlich, leugnen später aber jede nähere 20./21. März 1819 Bekanntschaft mit ihnen. Einbruch beim Bauer Michael Bosch in Hütten- reute, Oberamt Saulgau durch den Schwarzen 14

Vere, Friedrich Klump, Fidelis Sohm, Baste tisiert stirbt die Frau drei Monate später. Die Kellermann und Christian Maucher. Die Gau- Beute besteht aus Branntwein, Betten, Weiß- ner entwenden aus dem Kamin vier Zentner zeug, Kleidung und Leinwand im Wert von 441 Rauchfl eisch im Wert von 53 fl 20 kr. Am Mor- fl 46 kr. Auf dem Rückweg übernachten die gen wird das erbeutete Fleisch auf dem Ruhe- Räuber in einem einsam gelegenen Haus bei platz beim Schlösslehof verteilt. Es reicht den Stadelhofen in Baden. Gaunern acht Tage zum Leben. In dieser Zeit werden sie von einer Sigmaringischen Strei- 4./5. April 1819 fenschar überrascht und vom Ruheplatz ver- Einbruch der Bande in einem einsamen Haus in jagt, die Frauen werden sogar gefangen, aber Stadelhofen. Um den Durst zu löschen stehlen nach zwei Tagen wieder frei gelassen. Deshalb die Gauner 100 Äpfel aus dem Keller und ver- wechseln sie nun öfters den Platz. Am selben speisen sie sofort. Am anderen Morgen werden Tag entfernt sich Maucher mit Sohm, um sei- die Frauen in Urnau abgeholt. Auf dem Geh- ne alte Freundin, Ottilia Hunsinger, in Aulen- renberg wird anschließend gekocht, gebraten dorf aufzusuchen. Er holt mit ihr zusammen und tüchtig gezecht bis in die Nacht. Die von beim Wirt in Spöck das Bett, das er in Reute bei den Frauen den Bauern verkauften Gerätschaf- Fleischwangen gestohlen hat, und verkauft es tem erbringen für jeden nur etwa 10 fl . an einen Bauern. Vom 6. April 1819 an logieren die Gauner 31. März 1819 in der Schenke des Wirts und Bäckers Pfeffer- (Mittwoch vor Palmsonntag) Einbruch beim korn in Roggenbeuren im badischen Bezirk- Bauer Peter Büxler in Winterreute (Anm.: samt Meersburg, wenn sie nicht gerade auf Bixel in Wendenreute) bei Riedhausen, Ober- Diebestour sind. Pfefferkorn ist wie Mezler in amt Saulgau durch den Schwarzen Vere, den Spöck ein Hehler, bei dem Diebesgut verkauft Condeer, Fidelis Sohm, den Urle und Friedrich werden kann. Am Abend des 5. entsteht Streit. Klump. Sie entwenden 5 Zentner Rauchfl eisch, Am Ende verlässt Baste Kellermann mit Ag- Mehl, Schmalz, Kleider und einen Zinnteller mit nes Gebhard und deren Mutter die Bande. Bis einem Gesamtwert von 140 fl 33 kr. Das gestoh- Gründonnerstag, 7. April 1819 liegen die Räu- lene Fleisch reicht wieder für einige Tage. Doch ber tagsüber mit ihren Frauen im Wald, abends am Tag danach werden Maucher, das Ottile und gehen sie in die Wirtschaft zum Pfefferkorn, Crescentia Gebhard bei Dichtenhausen/Baden wo sie trinken und übernachten. von der Pfullendorfer Streifmannschaft verhaftet An diesem Tag trifft dann Franz und für einige Zeit nach Pfullendorf gebracht. Merkle auf die Gruppe. Nach der Entlassung kommt Maucher nicht mehr zur Bande zurück. 8./9. April 1819 Einbruchversuch bei Baptist Rist 1./2. April 1819 im Weiler Firmetsweiler bei Einbruch beim Bauer Lorenz Keeser in Illwan- Kappel, Oberamt Ravensburg. Die gen, badisches Bezirksamt Pfullendorf durch Eheleute Rist werden wach. Es den Urle, Fidelis Sohm, den Condeer und Fried- gibt keine Beute. Der Schwarze rich Klump. Die Räuber entwenden 15 Pfund ere wirft einen Stein in ein Käse, Brot, Branntwein, zwei Paar Stiefel und Fenster. ein Tischtuch. Danach befi ndet sich die Bande Einbruchversuch bei Sebastian zwei Tage im Wald bei Roggenbeuren in Baden, Nonnenbacher auf dem Hof unweit der württembergischen Grenze. Am Vogelsang. Es wird ein Fenster Samstag vor Palmsonntag brechen die Männer eingeworfen. Es gibt keine Beute. zu einer Diebestour auf. Die Frauen sollen sich Einbruchversuch bei Stephan solange in Urnau aufhalten. Zuber auf dem Hof Schweden- bühl. Nun nehmen sich die Gau- 3./4. April 1819 ner in derselben Nacht den Hof Einbruch bei der Witwe Schmid im Hof Argen- von Stephan Zuber vor. Die Be- hardt, Oberamt Tettnang durch den Schwarzen wohner wehren sich erbittert und Vere, den Condeer, Fidelis Sohm, den Urle und verhindern den Einbruch. Es ent- Friedrich Klump. Nach einem steht am Haus ein Schaden von siebenstündigen Nachtmarsch kommen die 22 fl . Gauner am Palmsonntag morgens um 6 Uhr Einbruch bei Stephan Grünvogel an ihr Ziel. Sie warten bis 9 Uhr im Wald, bis im Weiler Welde bei Wolkerts- alle Bewohner – außer der Witwe – zur Kirche weiler, Oberamt Ravensburg aufgebrochen sind. Die 55 jährige Frau wird durch den Schwarzen Vere, den schwer misshandelt und gefesselt im Keller Condeer, Fidelis Sohm, den Urle, zurück gelassen, weil die Räuber bei ihr einen Friedrich Klump und Franz Merkle. Geldbetrag von 500 fl Unentdeckt entwenden die Gau- vermuten. Körperlich gezeichnet und trauma- ner 160 Pfund Rauchfl eisch, 15

Mehl, Brot und einen kupfernen Brennhut im Vorabend der Einbruch in der Laubbacher Gesamtwert von 53 fl 40 kr. Nach diesem Ein- Mühle durch die Anwesenheit des Königsegger bruch kehren die Gauner wieder in Roggenbeu- Forstpersonals vereitelt wurde, dringen die ren ein und vertrinken den Erlös des Brennhuts Gauner am anderen Morgen in das Haus ein in Höhe von 2 ½ fl. Am Ostersonntag ziehen und verlangen von den Bewohnern Fleisch und sie für ein paar Tage zum Ruheplatz bzw. ins Brot. Mit diesen Lebensmitteln verschwinden Wirtshaus nach Spöck. sie im nahen Wald, um diese zu verspeisen. Da- bei erfolgt dann die Festnahme von Friedrich 11. April 1819 (Ostersonntag) Klump und vom Schwarzen Vere. Überfall auf Johann Georg Müller aus Königs- eggwald bei der Laubbacher Mühle, Oberamt Nach der Verhaftung des Schwarzen Vere und Saulgau. Franz Merkle und zwei weitere Mit- von Friedrich Klump kommen Ulrich Hohen- glieder der Bande schlagen zwischen Laub- leiter und Theresia Jeppler nach und nach mit bach und Laubbacher Mühle den Müllerknecht Fidelis Sohm, dem Condeer, Josepha und mit Prügeln zusammen und entwenden eine Crescentia Tochtermann, Agathe und Crescen- silberne Uhrkette und den Geldbeutel mit 6 tia Gebhard bei Roggenbeuren zusammen und Kronentalern. ziehen am 6. Mai 1819 nach Oberboshasel, wo sie auf den „Schleiferstoni“ Anton Rosenberger, Am 16. April 1819 trennen sich die Män- Lang und den Bläse treffen. Dort wird eine ner von den Frauen, um in Württemberg Geld neue Bande unter der Leitung des Schleifers- zu organisieren. Insgeheim wollen sie sich aber toni gegründet. Sie setzt sich zusammen aus nach Frankreich absetzen, da sie sich wegen Anton Rosenberger, Ulrich Hohenleiter mit der vielen Streifen in der Gegend nicht mehr Agathe Gebhard, Joseph Lang, Blasius Gebhard, sicher fühlen. Joseph Anton Jung mit Crescentia Gebhard und Fidelis Sohm mit Crescentia Tochtermann. 16. April 1819 Diese Bande agiert äußerst aktiv, bis sie am Einbruch in der Laubbacher Mühle durch den 29. Juli 1819 in Gefangenschaft gerät. Schwarzen Vere, den Urle, den Condeer, Fried- rich Klump und Fidelis Sohm. Nachdem am „Die Räuberbande des Schwarzen Veri“, Johann Baptist Pflug um 1822 16

1819, Steckbrief des Schwarzen Vere, links die Übersetzung.

Steckbrief des dahier in Verhaft befi ndlichen Xaver Hohenleiter vulgo Schwarzer Veri von Rommelsried k. b. Landgerichts Zußmars- hausen

alt 31 Jahre groß 6 Schuh, 1 Zoll und 2 Linien Statur schlanke Angesicht längliches Haar schwarze Augen braune Nase dünne Wangen angefüllte Mund großer Zähne gute Kinn ovales Beine gerade

Bekleidet ist derselbe mit einer grün tuchenen Jacke und hellblauer tuchenen Weste schwarz seidenem Halstuch, lange beschmutzte Zwilch Hosen, Stiefel und einem runden mit Wachstuch überzogenen Hut.

Saulgau ausgezogen aus den Akten den 3. Juni 1819

k. Oberamtsgericht Schindler 17

Wie werden der Schwarze Vere und seine Bande festgenommen?

Seit Anfang April 1819 hat man in der Nä- führung ins Oberamt Saulgau und danach die he von Laubbach und Königseggwald in den Festsetzung im Turm von Biberach. Wäldern öfters verdächtiges Gesindel gesehen. Nachdem in kurzer Zeit in Laubbach sechsmal Die anderen Räuber treffen wieder mit den eingebrochen wurde, wenden sich die Bewoh- Frauen zusammen und halten sich mit diesen ner der Laubbacher Mühle an das gräfl ich Kö- ein paar Tage im Pfullendorfer Wald auf. Dort nigseggische Forstpersonal in Königseggwald werden alle zusammen am 19. April 1819 von mit der Bitte, ihnen während der Nacht Schutz einer badischen Streife gefangen und nach zu gewähren. So veranlasst Forstverwalter Pfullendorf gebracht. Sie geben aber falsche Eckardt, dass mehrere Nächte eine Mannschaft Namen und Wohnorte an und kommen auf dem unter dem Forstpraktikanten Heinrich Langen Transport wieder frei. hinter den Weiden des Mühlbachs aufgestellt wird. Am 2. Mai 1819 wird Theresia Jeppler im Oberamt Saulgau verhaftet, und kurz darauf In der Nacht vom 15. auf 16. April nähern sich werden Josepha und Crescentia Tochtermann tatsächlich die Räuber, bemerkten aber die ergriffen. Forstleute und ziehen sich wieder zurück. Am anderen Morgen, dem 16. April 1819, kehrt die Nach weiteren mit brutaler Gewalt ausgeführ- Schutzmannschaft wieder nach Königseggwald ten Überfällen durch die Nachfolgerbande des zurück. Langen beauftragt allerdings einen Anton Rosenberger wird Fidelis Sohm am 29. Müllerburschen, sich in der Nähe zu verstecken Mai 1819 im Storchenhaus, einer Hehlerwirts- und ihn zu benachrichtigen, falls etwas Auf- haus zwischen Durlesbach und Mochenwangen fälliges geschähe. Kaum ist Langen in seinem festgenommen. Am selben Tag werden dann Amtszimmer angekommen, sieht er schon den auch der Condeer und Ulrich Hohenleiter in der Müllerburschen, wie er wild mit dem Müller- Nähe des Storchenhauses verhaftet. schurz Zeichen gibt. Langen alarmiert das Forstpersonal und reitet mit dem noch gesattel- Sebastian Kellermann und Agnes Gebhard ten Pferd sofort los. werden am 4. Juli 1819 in Ostrach festgesetzt. Kellermann fl üchtet mehrmals aus den Ge- In der Zwischenzeit sind die Räuber in die fängnissen in Biberach und in Balingen und ist Mühle eingedrungen, haben Fleisch und Brot dann ab 25. Mai verschwunden. verlangt und auch bekommen. Als ihre Wachen den Müllerburschen sehen, gehen sie in den Am 14. September 1819 erfolgt die Festnahme nahegelegenen Wald. von Katharina Gebhard mit ihren Töchtern Crescentia und Agathe in Stolzensee, Oberamt Als Langen bemerkt, dass er zu spät dran ist, Wangen und deren Einlieferung nach Biberach. reitet er in den Wald und erblickt auch die fünf Räuber, die das Fleisch mit dem Brot und Branntwein verzehren. Im Glauben, dass die Hilfsmannschaft bald eintreffe, wendet er sich den Räubern zu und bedroht sie mit seinem Stutzen. Friedrich Klump, der Schwarze Vere und der Condeer fallen dem Pferd in die Zügel. Langen feuert das Gewehr auf sie ab und trifft den Condeer in die Schulter. Darauf fl üch- ten der Urle, Fidelis Sohm und der Condeer. Langen übermannt Klump. Inzwischen ist die Mannschaft mit Hunden angekommen und spürt den Schwarzen Vere auf, der sich im Ge- büsch versteckt hat.

Die beiden Gefangenen werden nach Königs- eggwald gebracht und im Haus des Schulthei- ßen Josef Uhl an einem schweren Eichentisch festgebunden. Tags darauf erfolgt die Über-

Der schöne Fritz, Johann Baptist Pfl ug, 1821, bez. unten rechts: „Der schöne Fritz Klump aus Besenfeld Oberamt Freudenstadt“. 18

Welche Strafen werden der Bande des Schwarzen Vere auferlegt?

einer Lungenentzündung.

Josef Anton Jung, der Condeer, erhält 1824 ei- ne lebenslängliche Zuchthausstrafe und jähr- lich 25 Stockstreiche. Anlässlich der Jubelfeier der 25 jährigen Regierung von König Wilhelm reicht Jung 1841 ein Begnadigungsgesuch ein, in Folge dessen die Strafzeit auf 22 Jahre her- unter gesetzt wird. Nach seiner Entlassung im Jahre 1846 lebt er als ruhiger Bürger in Ell- wangen, Oberamt Leutkirch und ernährt sich als Maurer.

Fidelis Sohm, der einäugiger Fidele, wird zu lebenslänglichem Zuchthaus und zu jährlich 25 Stockstreichen verurteilt.

Sebastian Kellermann, der Baste, wird zu 18 Jahren Zuchthaus und jährlich 20 Stockstrei- chen verurteilt.

Christian Maucher, das Bometshauser Schneiderle erhält 4 Jahre Zuchthaus mit Abschied, d.h. einer körperlichen Züchtigung bei der Entlassung.

„Ehinger Tor“ oder auch „Siechenturm“ in Biberach, das Franz Merkle wird nach seiner Flucht aus dem Gefängnis, in dem der Schwarze Vere starb (im 19. Jahr- Biberacher Gefängnis 1823 im Bezirksamt hundert abgebrochen). Hüfi ngen gefangen und 1825 verurteilt, obwohl er sich Joseph Waldraff nennt. Er bekommt Ende Mai 1819 befi nden sich insgesamt 73 Räu- 3 ½ Jahre Arbeitshausstrafe und 50 Stockstrei- ber verhaftet in Biberach. Sie sind im Bürger- che. Nach einer Gefangenenmeuterei 1826 wird turm, Siechenturm und im Seelenhaus, die die Strafe um ein Jahr verlängert. gefährlichsten im alten weißen Turm westlich der Stadt untergebracht. Da diese Räumlich- Josepha Tochtermann, die Frau des Schwarzen keiten nicht sicher sind, werden die Gauner an Vere, erhält eine Zuchthausstrafe von 2 ½ Jah- die Wand gekettet. ren mit Abschied.

Das Ende des Schwarzen Vere ist legendär: Crescentia Tochtermann, die Frau des Fidele, Am 20. Juli 1819 zieht ein Gewitter über Biber- erhält 3 Jahre Zuchthaus mit Abschied. ach. Um 21.45 Uhr schlägt ein gewaltiger Blitz in den Siechenturm ein. Von der Wetterfahne Theresia Jeppler, die Frau von Fritz, muss fährt der Blitz am Kamin entlang bis zum zwei- 2 ½ Jahre ins Zuchthaus. ten Stockwerk, wo er vom Kamin auf die Kette springt, an der der Schwarze Vere gefesselt ist, Agnes Gebhard, die Frau des Baste, wird mit und tötet diesen sofort. Am nächsten Tag wird 3 Jahren Zuchthaus und 15 Stockstreichen er „ohne Klang und Gesang“ im Beisein eines bestraft. Geistlichen und Meßmers „in der Garten Ecke“ des früheren Armenhauses neben der katho- Agathe Gebhard, die Frau des Urle, und lischen Gottesackerkapelle, dem Biberacher Crescentia Gebhard, die Frau des Condeers, Friedhof für die Fremden, beigesetzt. erhalten 2 ½ Jahre Zuchthaus und 15 Stockstreiche. Friedrich Klump, der schöne Fritz, erhält eine Strafe von 20 Jahren Zuchthaus und zu jährlich Katharina Gebhard, die dreckete Mutter erhält 20 Stockstreichen. Er stirbt 1827 in Haft. eine Zuchthausstrafe von 2 Jahren.

Ulrich Hohenleiter, der jüngere Bruder vom Die Kosten für die Untersuchung, die Bewa- Schwarzen Vere stirbt 1820 noch vor seiner chung und die Streifen belaufen sich auf etwa Verurteilung an der Schwindsucht, d.h. an 20.000 fl . 19

Übernahme des Leichnams des Schwarzen Veres zur vorschriftsmäßigen Beerdigung, rechts die Übersetzung.

_____ 21. Juli 1819 Eure Wohlgeboren

Antw: Da die äußeren Merkmale schon hinreichend beweisen, daß der Xaver Hohenleiter nur durch den Blitz sein Leben verloren hat v: folglich weder von Selbstmord noch von einer gewaltsamen Ermor- dung durch einen anderen die Re- de sein kann, auch solten bei Menschen, die vom Blitz getödtet worden Spuren innerl: Verletzun- gen, die diese Todesart bestätigen könnten, angetroffen werden; so glaube ich, daß die Section ohne Anstand unterlassen werden kann. Biberach d. 21. Jul. 19. ______

D. Tritschler Oberamtsarzt 20

„Die Räuberbande des Schwarzen Veri“, Johann Baptist Pfl ug, 1824.

Quellen Bildnachweise

Dr. Max Planck: WVZ R 18 f (S. 1), WVZ R 18 c (S.3) WVZ Die letzten Räuberbanden in R 10 (S. 2-6, S. 20): Museum Biberach Oberschwaben in den Jahren 1818-19, Stuttgart 1866 WVZ M 41 (S.7): Oberschwäbische Elektrizitätswerke, Harald Siebenmorgen (Hrsg.): Leihgabe an Landkreis Sigmaringen Schurke oder Held?, Sigmaringen 1995 Hungertaler (S. 8-10): Wolfgang Behringer: Tambora und das Vorlage: Hauptstaatsarchiv Jahr ohne Sommer, München 2015 Stuttgart J 290 Nr. 32

Frank Brunecker (Hrsg.): Lebensmittelpreise im Januar 1817 (S. 9) Räuber, Biberach 2016 Vorlage: Hauptstaatsarchiv Stuttgart J 302 Nr. 57 Dr. Uwe Degreif (Hrsg.): J. B. Pfl ug, Lindenberg 2016 WZV R 6 (S.15): Kunstsammlungen der Fürsten zu Waldburg-Wolfegg, Lothar Zier: Schloss Wolfegg, Königseggwald, Reutlingen 1996 WVZ R 4 (S.17): Gemeinde Seewald

Ehinger Tor (S.18): Wikipedia

Raubzugkarte (S.12), Bernhard Abele Gestaltung: MüllerHocke, Martina Frank