0955-Untervaz Und Der Königshof Von Zizers
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Untervazer Burgenverein Untervaz Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz 955 Untervaz und der Königshof von Zizers Email: [email protected] . Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/dorfgeschichte erhältlich. Beilagen der Jahresberichte „Anno Domini“ unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini . - 2 - 955955955 Untervaz und der Königshof von Zizers Martin Bundi Bundi Martin: Zur Besiedlungs- und Wirtschaftsgeschichte Graubündens im Mittelalter. Calven Verlag Chur 1982. Seite 59-64. Zizers Hier haben wir mit einem Siedlungskonglomerat zu tun, das im Reichsguturbar von 831 noch nicht Erwähnung fand. Erst 124 Jahre später, nämlich 955, schenkte König Otto II. der Churer Kirche die «curtem nostram in loco Zizuris» in der Grafschaft Rätien. (BU I, S. 92/93.) Wenn nicht ausdrücklich von einer «curtis dominica» die Rede war, so bildete der Grosshof von Zizers doch entsprechend seiner Zusammensetzung und seines Umfanges ein Siedlungswesen von der Bedeutung eines grösseren Königshofes. Zu ihm gehörten nebst dem grössten Teil von Zizers selbst Güter zu Igis, Untervaz , Trimmis, Says und Valzeina. In der Aufzählung der Hofpertinenz finden sich fast alle jene Elemente, wie sie auch für den Königshof von Chur genannt wurden, nämlich die Kirche mit den Zehnten, Hofstätten, Gebäuden, Leibeigenen, Äckern, Wiesen, Weingärten, Wäldern, Weiden, Alpen, Gewässern und Wasserläufen, Quellen, Inseln, Fischgründen, Mühlen in den Ebenen und auf den Bergen. 1 Im darauffolgenden Jahre präzisierte König Otto in einer Bestätigung dieser Schenkung den Umfang des Grosshofes Zizers. 2 Zu dieser Präzisierung gehört, dass nunmehr von mehreren Kirchen, von Leibeigenen beiderlei Geschlechts, von Viehtriften (Waldwiesen, Töbeln, lat. «saltus»), Wegen, Stegen, Ein- und Ausgängen die Rede ist. Zu dieser Ergänzung mochte der König von Seiten des Churer Bischofs gedrängt worden sein, damit klar festgestellt stand, dass sich im ganzen Churer Rheintal mit Ausnahme der Herrschaft bischöflicher Besitz befinde. Die Hofpertinenz schloss noch Weinberge in Trimmis und Malans ein. Der wichtigste Zusatz von 956 betraf jedoch den folgenden Passus: «hoc et in montanis locus Supersaxa dictus cum aecclesia et decima et omnibus ad ipsam Anmerkungen: 1 Überdies wurde dem Bischof eingeräumt, dass er in Walenstadt, wo er seit langer Zeit ein eigenes Schiff auf dem Walensee unterhielt, von vier königlichen Schiffen in Quinten jederzeit einen Zoll erheben durfte. 2 BU I, S.94/95. 956, August 3. - 3 - curtem pertinentibus colloni quoque otto circummanentibus bene noti ab antiquis annis ad ipsum locum servientes et sex etiam vassellarii vasorum magistri». 3 Dies besagt, dass König Otto dem Königshof von Zizers ebenso angliederte den «Supersaxa» genannten Ort auf den Bergen mit der Kirche und ihren Zehnten und mit den dort zerstreut wohnenden und seit alter Zeit dem Königshof dienenden Kolonen sowie mit sechs Meistern des Gefässhandwerks. - In der bisherigen historischen Literatur wurde dieser Ort «Supersaxa» mit Obersaxen im Vorderrheintal identifiziert. 4 Dies kann gemäss unserem Studium der Zusammenhänge nicht zutreffen. Es finden sich in den späteren Urbarien oder Urkunden keine Hinweise für irgendeine Verbindung zwischen Zizers und dem weitabgelegenen Obersaxen. Die Bezeichnung «Supersaxa», d. h. oberhalb der Felsen, kommt im Frühmittelalter mehrfach und für verschiedene 5 Örtlichkeiten vor. 3 do. S.95. 4 Vgl. BU I, S.94, Anm. 2; vgl. Pöschel, Kunstdenkmäler Graubündens, Bd. IV, S.283. - Pöschel, Neue Zürcher Zeitung 1934, Nr. 1148. 5 Im Tello-Testament figuriert neben der eigentlichen Ortschaft Obersaxen noch ein «pradum Suprasaxa roncale», eine Wiesenrodung bei Castrisch oberhalb der Felsen. Vgl. BU I, S. 16. - 4 - «Supersaxa» bei Zizers muss denn auch in der Nähe gesucht werden. Es kann sich dabei nur um die Gegend von Valzeina handeln. Dieses Gebiet stellte das alpwirtschaftliche Hinterland des Königshofes Zizers, d. h. im weiteren Sinne des Churer Rheintales, dar. Schon im Frühmittelalter gelangten die Bauern von Trimmis, Zizers und Igis mit ihrem Vieh über mehrere Einschnitte in der östlich des Rheintales sich erhebenden Felskette in die entlegenen Alpgebiete des hinteren Valzeinatales und sogar des Varnezer- und Furnatobels. Darauf weist wohl die Erwähnung «in saltibus» von 956 hin. 6 Von Zizers aus betrachtet musste Valzeina als oberhalb der Felsen gelegen erscheinen, darum der Name. 7 Hier siedelten sich schon sehr früh Kolonen dauernd an. Ihre Zahl muss im 10. Jahrhundert eine beträchtliche gewesen sein, da daselbst bereits eine Kirche existierte. Der Titel dieses Gotteshauses wurde 956 nicht genannt. Es muss sich aber um die erstmals 1512 mit dem Patrozinium St. Michael erwähnte Kirche handeln. Pöschel erkannte, dass diese nach der Form der alten Apsis schon lange vor der Walser-Einwanderung bestanden haben musste. 8 6 Die Zugehörigkeit des grössten Teils des Valzeinertal-Territoriums zum Wirtschaftsbereich des Churer Rheintales, insbesondere von Zizers und Igis, erhellt klar aus den spätmittelalterlichen Urkunden dieser Gemeinden. Schon im bischöflichen Klagerodel von 1314 ist die Rede von einer Alp «de Senutz que pertinet ad villicationem dictam Molinar sub castro Aspermonte» und von einer Alp «Termenutz, que pertinet villicationi vel maigerie de Proel». Hier zeigt sich eindeutig, dass die heutigen Alpen Zanutsch hinter Valzeina und Fürstenalp (Ramoz) zu den Höfen Molinära und Brüel bei Trimmis gehörten, zwei Bestandteilen des früheren Grosshofes Zizers. Zanutsch ist zugleich als Gut (predium) erwähnt. Vgl. Hoppeler, Robert. Klagerodel der Kirche Cur gegen die Freien von Vaz. Ca. 1314. In: Anzeiger für Schweizerische Geschichte. 1910. No. 3. S.52. Als ursprüngliches Erblehen aus der Hand des Bischofs von Chur hatten Zizers und Igis 1398 die Alpen Buwix (Buwig) und Fürnäschza (Fumetzza) inne, weitabgelegene Gebiete im Einzugsgebiet des Prättigauer Furnatobels; um ihr Vieh dahin zu bringen, mussten sie zwei Bergkämme überschreiten. Von 1424 bis 1441 ergaben sich in diesem Raume Mark- und Weidestreitigkeiten zwischen diesen beiden Gemeinden einerseits und den im Furnerberggebiet eben erst neu angesiedelten Walsern; Mathys, der Walser «ab Furnen», äzte sein Vieh auf der Alp Pawig, Leute aus Furna und Danusa erhoben Ansprüche auf die Alp Varneza. Vgl. GA Zizers, Urk. von 1398, 1421, 1424, 1440 und 1441. 7 Der erste Name des Valzeinatales lautete demnach «Supersaxa». Im Laufe der Zeit setzte sich jedoch die Bezeichnung Valzeina durch, herrührend von «vallis» und «sania» im Sinne von «sumpfiges Talgebiet», ein Ausdruck, der zutreffend jenes zerfurchte und wässerige Hinterland charakterisiert. Bezeichnungen mit «vallis» kommen hier mehrfach vor; so ist Falsch (1482 m) am Oberlauf des Schranggabachs auf «vallis» zurückzuführen, und in der Trimmiser Urkunde vom 4. März 1472 wird ein Gut in «Walplan» aufgeführt. 8 Vgl. Pöschel, Kunstdenkmäler Graubündens, Bd. II, S. 71. Vgl. auch dessen vergleichende Betrachtungen über die Bausubstanz der ältesten Kirchen Graubündens, wonach er die Kirche von Valzeina in das Frühmittelalter datieren wollte. Bd. I, S. 16. - 5 - Die Abhängigkeit der Valzeiner Kirche von Zizers wurde noch um 1520 eindeutig bezeugt. 9 Die Zugehörigkeit der Alp oder des «predium» von Zanutsch (1678 m) hinter Valzeina zum Hof Molinära bei Zizers um 1314 ist ein weiterer Beweis für die frühere enge wirtschaftliche Verbindung zwischen dem Rheintal und dem Valzeinatal. In Valzeina - und nicht in Obersaxen wohnten und werkten demnach die sechs genannten Gefässmeister. Es ist kaum zu bestimmen, ob sie Holz-, Ton- oder Lavezgeschirr herstellten. Jedoch müssen dieses Handwerk und dessen Produktion ein ansehnliches Ausmass gehabt haben, wenn sich sechs Personen ausschliesslich diesem Wirtschaftszweig widmeten. Gerade die Tatsache, dass noch im 15. Jahrhundert der Danerinnenhof in Valzeina eine Abgabe von 100 Schüsseln an die Montforter Herrschaft zu leisten hatte - man nannte es damals ein Schüssellehen oder «beneficium scutellarum» -, zeugt von der Kontinuität dieses Handwerks im Valzeinatal. 10 Die Erinnerung an die «vassellarii» war im 13. Jahrhundert noch sehr wach. Unter den Grundstücken des Klosters Pfäfers um 1260 in Igis figurierte ein Gut «de Vassalarîa». Diese Hube - welche, wie die übrigen in Igis, zum einstigen Königshof von Zizers gehört hatte - umfasste ursprünglich Berggüter bei Spiel in Says und auch in Richtung Valzeina. 11 Der Haupthof von Pfäfers in Igis besass um 1260 ein Ausmass von 21 Juchart. Die dazugehörigen acht Huben - sie wurden hier «Coloniae» genannt - wiesen im Durchschnitt Grössenordnungen von ca. 16 Juchart auf. Damit bestätigen sich auch an diesem Beispiel die obigen Feststellungen über die Mansen/Huben - Ausdehnungen in Graubünden. Im übrigen lässt das bischöfliche Einkünfterodel von 1290 erkennen, dass eine grosse Anzahl von in Igis wohnenden Kolonen zum Grosshof von Zizers gehörten. Sie zinsten z. B. allein auf den Innozenstag zusammen 82 Fleischstücke «carnes»). Dies war die sog. «pro menaida»-Abgabe, ein möglicher Entgelt nie die Gewährleistung des sicheren und freien Handels und 12 Wandels durch den Landesherrn. 9 «Valzeina alias filialis Zizers», vgl. Pöschel, Bd. II, S.70. 10 Vgl. das Kapitel «Davos und angrenzende Lagern). - Vgl. Muoth/Jecklin, Aufzeichnungen über die Verwaltung der 8 Gerichte, S.76/78. 11 UB, südl. Teile SG, Bd. II, S. 530-534. 12 Vgl. unsere entsprechenden Ausführungen im Kapitel über «Davos und Randlagen». - 6 - Dieses Geleitsgeld