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Stenogra phisches Protokoll 347. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich Donnerstag, 18. Dezember 1975

Tagesordnung Angelobung des Bundesrates Dkfm. Dr. Pisec (Wien) (S. 11175) 1. Änderung des Bundesgesetzes über die Förde­ rung staatsbürgerlicher Bildungsarbeit im Wahl des Büros des Bundesrates für das erste Bereich der politischen Parteien sowie der Halbjahr 1976 (11227) Publizistik Schlußansprache des Vorsitzenden Dr. Heger 2. Abgabenänderungsgesetz 1975 (S. 11228) 3. Änderung des Pyhrn Autobahn-Finanzierungs­ Bundesregierung gesetzes Vertretungsschreiben (S. 11175) 4. Änderung des -Finanzie­ rungsgesetzes Zuschrüt des Bundeskanzleramtes betreffend Gesetzesbeschluß des Nationalrates (S. 11175) 5. Änderung des Bundesgesetzes betreffend die Finanzierung der Autobalm Innsbruck­ Beschlüsse und GesetzesbeschlÜ8se des National­ Brenner rates (S. 11176) 6. Bundesgesetz über die Bedeckung des Ab­ ganges des Milchwirtschaftsfonds im Ge­ Ausschüsse schäftsjahr 1976 Zuweisungen (S. 11176) 7. Änderung von Bestimmungen des Verwaltungs­ Ausschußergänzungswahlen (S. 11227) - Ver­ entlastungsgesetzes über das Gebarungs- und zeiohnis der neubesetzten Ausschußmandate Verrechnungswesen in der Bundesverwaltung (S. 11229) (VEG-Novelle 1975) 8. Änderung des Bundesgesetzes betreffend eine Verhandlungen Abgabe auf bestimmte Stärkeerzeugnisse Gesetzesbeschluß des Nationalrates vom 12. De­ 9. Änderung des Postgesetzes zember 1975: Änderung des Bundesgesetzes 10. Änderung des Fermneldegebührengesetzes über die Förderung staatsbürgerlicher Bil­ dungsarbeit im Bereich der politischen Parteien 11. Änderung des Bundesgesetzes über sozial­ sowie der Publizistik (1446 d. B.) und wirtschaftswissenschaftliche Studien­ richtungen Berichterstatterin: Käthe Kainz (S. 11176) kein Einspruch (S. 11177) 12. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Gesetzesbeschluß des Nationah'ates vom 12. De­ zur Vereinfachung der Förmlichkeiten im zember 1975: Abgabenänderungsgesetz 1975 Warenverkehr zwischen der Europäischen (1447 d. B.) Wirtschaftsgemeinschaft einerseits und Berichterstatterin: Hermine Kub anek Griechenland und der Türkei andererseits (S. 11177) beim Weiterversand von Waren aus Öster­ Redner: DDr. Pitschmann (S. 11177 und reich· samt Anhängen S. 11187), WaBy (S. 11182), Koppen­ 13. Abkommen zwischen der Republik Österreich steiner (S. 11184) und Hesoun (S. 11l86) und der Ungarisohen Volksrepublik über kein Einspruoh (S. 11188) die gebührenfreie Erteilung von Sichtver­ Gemeinsame Beratung über merken für Reisen zur Erfüllung wirtschaft­ Gesetzesbeschluß des Nationalrates vom lioher, wissensohaftlicher, kult\ll'eller oder 12. Dezember 1975: Änderung des Pyhrn sportlicher Aufgaben samt Anlagen Autobalm-Finanzierungsgesetzes (1448 d. B.) 14. Vertrag zwischen der Republik Österreich Gesetzesbeschluß des Nationalrates vom und der Volksrepublik Polen über die Zu­ 12. Dezember 1975: Änderung des Tauern sammenarbeit auf dem Gebiete des Gesund­ Autobahn-Finanzierungsgesetzes (1449 d. B.) heitswesens Gesetzesbesohluß des Nationalrates vom 15. Konsularvertrag zwischen der Republik Öster­ 12. Dezember 1975: Änderung des Bundes­ reich und der Volksrepublik Bulgarien gesetzes betreffend die Finanzierung der Autobalm Innsbruck-Brenner (1450 d. B.) 16. Wahlder beidenStellvertreter des Vorsitzenden des Bundesrates sowie der zwei Schriftführer Berichterstatter: Schickelgruber (S. 11188) und der zwei Ordner für das erste Halbjahr 1976 Redner: Pumpernig (S. 11189), Leopoldine Pohl (S. 11193), Rosa GföBer (S. 11196), 17. Aussohußergänzungswahlen Ce eh (S. 11197), Dr. Rudolf Sohwaiger (S. 11202) und Wanda Brunner (S. 11204) kein Einspruch (S. 11206) Inhalt Gesetzesbeschluß des Nationalrates vom 12. De­ zember 1975: Bundesgesetz über die Be­ Bundesrat deckung des Abganges des Milchwirtsohafts­ Trauerkundgebung für Bundesrat Walzer fonds im Geschäftsjahr 1976 (1451 d. B.) (S. 11174) Beriohterstatter: Tratter (S. 11206) 931

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Redner: Ing. Eder (S. 11206), Medl (S. 11210) Berichterstatter: Dr. Rudolf Sohw aige r und Schreiner (S. 11212) (S. 11224) kein Einspruch (S. Il213) kein Einspruch (S. 11225) 12. Gesetzesbeschluß des Nationalrates vom De­ Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezem­ 1975: zember Änderung von Bestimmungen ber 1975: Abkommen zwischen der Republik des Verwaltungsentlastungsgesetzes über das Österreioh und der Ungarisohen Volksrepublik Gebarungs- und Verrechnungswesen in der über die gebührenfreie Erteilung von Sicht­ 1975) (1452 Bundesverwaltung (VEG-Novelle vermerken für Reisen zur Erfüllung wirt­ d. B.) schaftlicher, wissensohaftlioher, kultureller Beriohterstatterin: Hennine Kubanek oder sportlioher Aufgaben samt Anlagen (S. 11213) (145S d. B.) Il214) kein Einspruch (S. Berichterstatter: Pischi (S. 11225) 11225) Gesetzesbesohluß des Nationalrates vom 12. De­ kein Einspruch (S. zember 1975: Änderung des Bundesgesetzes Besohluß des Nationalrates vom 12. Dezem­ betreffend eine Abgabe auf bestimmte Stärke­ ber 1975: Vertrag zwischen der Republik erzeugnisse (1453 d. B.) Österreich und der Volksrepublik Polen. über 11214) Beriohterstatter: Schickelgr uber (S. die 'Zusammenarbeit auf dem Gebiete des 11214) kein Einspruch (S. Gesundheitswesens (1459 d. B.) (S. 11226) Gemeinsame Beratung über Berichterstatter: Sohreiner kein Einspruch (S. 11226) Gesetzesbeschluß des Nationalrates vom 12. 1975: Dezember Änderung des Post­ Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezem­ (1445 1454 gesetzes und d. B.) ber 1975: Konsularvertrag zwischen der Gesetzesbesohluß des Nationalrates vom Republik Österreich und der Volksrepublik 12. Dezember 1975: Änderung des Fern­ Bulgarien ( 1460 d. B.) (1455 meldegebührengesetzes d. B.) Berichterstatter: Pischi (S. 11226) Berichterstatter: Ce eh (S. 11214) kein Einspruch (S. 11226) Redner: Dr. Fuchs (S. 11215), Josef Schweiger (S. 11219) und Bundesminister Lane {So 11222} Eingebracht wurden kein Einspruoh (S. 11224) Gesetzesbeschluß des Nationalrates vom 12. De­ Anfrage zember 1975: Änderung des Bundesgesetzes der Bundesräte Edda Egger und Genossen über sozial- und wirtsohaftswissensohaftliche an den Bundesminister für soziale Verwaltung Studienriohtungen (1456 d. B.} betreffend Kostenübernahme für Leistungen 11224) Berichterstatter: Mayer (S. des sozialmedizinisohen Pflegedienstes durch 11224) kein Einspruch (S. Krankenversicherungsanstalten (336/J-BR/7 5) Besohluß des Nationalrates vom 12. De­ zember 1975: Abkommen zwisohen der Berichte Republik Österreioh und der Europäischen Wirtsohaftsgemeinschaft zur Vereinfachung über die Tätigkeit des Ministerkomitees des 1974 (lU-55, der Förmliohkeiten im Warenverkehr zwisohen Europarates im Jahr d. B.) 11176) der Europäisohen Wirtsohaftsgemeinsohaft (S. einerseits und Griechenland und der Türkei über die österreiohische Mitgliedschaft im andererseits beim Weiterversand von Waren Sicherheitsrat (1973-1974) (III-56 d. B.) aus Österreioh samt Anhängen (1457 d. B.) (8. 11176)

Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzender Dr. Heger: Hoher Bundesrat! schwerem Leiden für immer von uns gegangen Ich eröffne die 347. Sitzung des Bundesrates. ist.

Das amtliche Protokoll der 346. Sitzung Wir trauern mit seiner Mutter um den des Bundesrates vom 27. November 1975 Verstorbenen. Mit seinem Tod beklagen wir ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und den Verlust eines Vertreters des Bundes­ gilt daher als genehmigt. landes Wien. Das österreichische Gewerbe und darüber hinaus die gesamte Wirtschaft Trauerkundgebung für Bundesrat Franz Walzer Österreichs verlieren in Bundesrat Walzer einen Spitzenfunktionär, der seine ganze Energie Vorsitzender: Hoher Bundesrat! Meine und Schaffenskraft in den Dienst der gewerb­ sehr geehrten Damen und Herren!, (Die lichen Wirtschaft gestellt hat. Anwe8enden erheben 8ich von ihren Plätzen.) Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, Geboren am 2. Feber 1919 in Wien, hat der wollen wir eines allseits geschätzten Kollegen, Verstorbene in jungen Jahren den Beruf Bundesrat Franz Walzer, gedenken, der am eines Friseurs erlernt und wurde im Jahre 1945 2. Dezember dieses Jahres nach langem, selbständiger Friseurmeister. Von 1948 bis

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Vorsitzender 1954 war er nebenberuf lich Berufsschullehrer leistet die Angelobung mit den Worten "Ich in der Fortbildungsschule der Friseure in gelobe" . Wien. Von 1950 bis 1958 war der Verewigte Vorsitzender: Ich begrüße das neue Mitglied Innungsmeisterstellvertreter der Friseure. des Bundesrates recht herzlich in unserer Seit 1958 bekleidete er die Funktion des Innungs­ Mitte. (AUgemeiner Bei/all.) meisters der Friseure. Einlauf Von 1960 bis 1965 war er Obmann der Sektion Gewerbe der Kammer der gewerblichen Wirt­ Vorsitzender: Eingelangt sind zwei Schreiben schaft für Wien. 1962 wurde Bundesrat des Bundeskanzlers betreffend Ministerver­ Walzer vom Bundespräsidenten der Berufs­ tretungen. titel Kommerzialrat verliehen. Von 1965 bis Ich ersuche die ,Frau Schriftführer um 1975 hatte er die Funktion des Obmannes Verlesung dieser Schreiben. der Sektion Gewerbe der Bundeswirtschafts­ kammer inne. Von 1968 bis 1975 war er Schriftführerin Ottilie Liebl: Obmann des Wiener Wirtschaftsbundes. "Herrn Vorsitzenden des Bundesrates Von·1954 bis 28. April 1970 war Franz Der Herr Bundespräsident hat am 11. De­ Walzer Landtagsabgeordneter und Gemeinde­ zember 1975, Zahl 1000-02/13, folgende Ent­ rat der Stadt Wien. Seit 28. April 1970 war schließung gefaßt; er Mitglied des Bundesrates. Auf Vorschlag des Bundeskanzlers betraue Die großen Verdienste des Verstorbenen ich für die Dauer der Verhinderung des Bundes­ um die österreichische Wirtschaft und das ministers für Auswärtige Angelegenheiten Gewerbe wurden durch die Verleihung des Dr. Erich Bielka innerhalb des Zeitraumes Großen Ehrenzeichens für Verdienste um die vom 20. Dezember 1975 bis 2. Jänner 1976 Republik Österreich und anderer hohet Aus­ den Bundesminister für Handel, Gewerbe zeichnungen gebührend gewürdigt. und Industrie Dr. Josef Staribacher mit der Wir alle haben Bundesrat Franz Walzer Vertretung. während seines Wirkens in der Länderkammer Hievon beehre ich mich, mit dem Ersuchen als aufrechten und hilfsbereiten Menschen um gefällige Kenntnisnahme Mitteilung zu schätzen gelernt, der sich mit der ganzen machen. Kraft seiner Persönlichkeit immer wieder Kreisky" für die Klein- und Mittelbetriebe des öster­ reichischen Gewerbes eingesetzt hat. Wir wer­ "An Herrn Vorsitzenden des Bundesrates den sein Andenken stets in Ehren halten. Der Herr Bundespräsident hat am 11. De­ zember 1975, Zahl 1000-09/10, folgende Ent­ Sie haben sich, meine Damen und Herren, schließung gefaßt: zum Zeichen der Anteilnahme von den Sitzen erhoben und damit Ihr Einverständnis be­ Auf Vorschlag des Bundeskanzlers betraue kundet, daß diese· Trauerkundgebung in das ich für die Dauer der Verhinderung des Bundes­ Protokoll der heutigen Sitzung aufgenommen ministers für Landesverteidigung Karl F. wird. Ich danke Ihnen. (Die Anwesenden Lütgendorf innerhalb des Zeitraumes vom nehmen die Plätze wieder ein.) 14. bis 18. Dezember 1975 den Bundesminister für Inneres Otto Rösch mit der Vertretung. Angelobung Hievon beehre ich mich, mit dem Ersuchen um gefällige Kenntnisnahme Mitteilung zu Vorsitzender: Die Nachfolge nach dem ver­ machen. storbenen Bundesrat Franz Walzer hat der Kreisky" vom Wiener Landtag in der Sitzung vom 23. November 1973 gewählte Ersatzmann Vorsitzender: Dient zur Kenntnis. Dkfm. Dr. Karl Pisec angetreten. Das Bundeskanzleramt hat unter Hinweis Der Genannte ist im Hause anwesend. auf Artikel 42 Absatz 5 Bundes-Verfassungs­ Ich werde daher sogleich seine Angelobung gesetz einen Gesetzesbeschluß des Nationa.l­ vornehmen. rates übermittelt. Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch Ich ersuche die Frau Schriftführer um Ver­ die Frau Schriftführer wird die Angelobung lesung dieses Schreibens. mit den Worten "Ich gelobe'.' zu leisten sein. Schriftführerin Ottilie Liebt: Ich ersuche die Frau Schriftführer um "An den Vorsitzenden des Bundesrates Verlesung der Gelöbnisformel. zuhanden des Herrn Kanzleidirektors des Bchrift/ührerin Ottilie Liebl verliest die Bundesrates Gelöbnisformel. - Bundesrat Dk/m. Dr. Pisec Wien 932

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Sduiftfilbrerin Der Präsident des Nationalrates hat dem Wird gegen diesen Vorschlag ein Einwand BundeskanZler mit Schreiben vom 15. De­ erhoben � - Dies ist nicht der Fall. Der Vor­ zember 1975, Zahl 18 der Beilagen-NRfI975, schlag ist somit angenommen. den beiliegenden Gesetzesbeschluß vom 12. De­ zember 1975: Bundesgesetz über die Ver­ Weiterer Einlauf äußerung von unbeweglichem Bundesvermögen, Vorsitzender: Eingelangt sind weiters ein übermittelt. Bericht über die Tätigkeit des Ministerkomitees Das Bundeskanzleramt beehrt sich, diesen des Europarates im Jahr 1974 und ein Bericht Gesetzesbeschluß bekanntzugeben und mit­ über die österreichische Mitgliedschaft im zuteilen, daß es beabsichtigt, entsprechend Sicherheitsrat (1973-1974). dem letzten Satz des Artikels 42 Absatz 5 Ich habe diese Berichte dem Außenpolitischen des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung Ausschuß zur weiteren geschäftsordnungs­ von 1929 vorzugehen. mäßigen Behandlung zugewiesen. 15. Dezember1975 Für den Bundeskanzler: 1. Punkt: Gesetzesbeschluß des Nationalrates vom 12. Dezember betreffend Bundes­ Dr. Weiss" 1975 ein gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Vorsitzender: Dient zur Kenntnis. Förderung staatsbürgerlicher Blldungsarbeit im Bereich der politischen Parteien sowie der Behandlung der Tagesordnung Publizistik geändert wird (1446 der Beilagen) Vorsitzender: Entsprechend einem mir zu­ Vorsitzender: Meine Damen und Hetrenf gekommenen Vorschlag, von der 24stündigen Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein Aufliegefrist der Ausschußberichte im Sinne und gelangen zum 1. Punkt: Änderung des des § 30 Absatz F Abstand zu nehmen, habe Bundesgesetzes über die Förderung staats­ ich die weiters eingelangten Beschlüsse des bürgerlicher Bildungsarbeit im Bereich der Nationalrates und die Wahl der beiden Stell­ politischen Parteien sowie der Publizistik. vertreter des Vorsitzenden des Bundesrates Berichterstatter ist Frau Bundesrat Käthe sowie der zwei Schriftführer und der zwei Kainz. Ich bitte um den Bericht. Ordner für das erste Halbjahr 1976 sowie Ausschußergänzungswahlen auf die Tages­ Berichterstatterin Käthe Kainz: Herr Vor­ ordnung der heutigen Sitzung gestellt. sitzender! Hoher Bundesrat! Durch den vor­ liegenden Gesetzesbeschluß des Nationalrates Ich ersuche jene Damen und Herren, die sollen neben einer Neufestsetzung der Höhe mit dem Vorschlag, von der Aufliegefrist der im Stammgesetz vorgesehenen Förderungs­ Abstand zu nehmen, einverstanden sind, um mittel die Geltungsdauer der Übergangs­ ein Handzeichen. - Der Vorschlag ist somit bestimmungen, wonach in den Jahren 1973 einstimmig angenommen. bis 1975 50 Prozent der den Rechtsträgern Erhebt sich ansonsten gegen die Tagesord­ gewährten Förderungsbeträge für unbeweg­

nung ein Einwand � - Dies ist nicht der Fall. liches Vermögen, das der Unterbringung Es ist mir ferner der Vorschlag zugekommen, dieser Rechtsträger dient, aufgewendet werden dürfen, bis 1977 erstreckt werden, um eine die Debatte über die Punkte 3 bis 5 und 9 Fertigstellung der geförderten und bisher und 10 der Tagesordnung unter einem abzu­ nicht vollendeten Bauvorhaben zu ermög­ führen. lichen. Die Punkte 3 bis 5 sind Gesetzesbeschlüsse Der Rechtsausschuß hat die gegenständliche des Nationalrates vom 12. Dezember 1975 Vorlage in seiner Sitzung vom 17. Dezember betreffend Novellen zum Pyhrn Autobahn­ 1975 in Verhandlung genommen und ein­ Finanzierungsgesetz, Tauern Autobahn-Finan­ stimmig beschlossen, dem Hohen Hause zu zierungsgesetz und zum Bundesgesetz be­ empfehlen, keinen Einspruch zu erheben. treffend die Finanzierung der Autobahn Inns­ bruck-Brenner, die Punkte 9 und 10 sind Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates vom Rechtsausschuß somit den Antrag, der Bun­ 12. Dezember 1975 betreffend Novellen .zum desrat wolle beschließen: Postgesetz und zum Fernmeldegebührengesetz. Gegen den Gesetzesbesohluß des National­ Falls dieser Vorschlag angenommen wird, rates vom 12. Dezember 1975 betreffend ein werden zuerst die Berichterstatter ihre Be­ Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz richte geben. Sodann wird die Debatte über über die Förderung staatsbürgerlicher Bildungs­ die zusammengezogenen Punkte jeweils unter arbeit im Bereich der politischen Parteien einem abgeführt. Die Abstimmungen erfolgen sowie der Publizistik geändert wird, wird kein getrennt. Einspruch erhoben.

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Vorsitzender: Ich danke Ihnen. Da ein Beschluß des Ausschusses im Gegen­ stand nicht zustande kam, sieht sich der Wortmeldungen liegen nicht vor. Finanzausschuß im Sinne des § 24 Absatz I Wünscht jemand das Wort? - Dies ist der Geschäftsordnung veranlaßt, über seine nicht der Fall. Verhandlung diesen Bericht zu erstatten.

Wir kommen zur Abstimmung. Vorsitzender: Ich danke Ihnen.

Bei der Ab8timmung beschließt der Bundes­ Wir gehen in die Debatte ein. rat, gegen den Gesetzesbeschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat DDr. Pitschmann. Ich erteile es ihm.

Bundesrat DDr. Pitschmann (ÖVP): Herr 2. Punkt: Gesetzesbeschluß des Nationalrates Vorsitzender! Meine sehr geschätzten Damen vom 12. Dezember 1975 betreffend ein Bundes­ und Herren! Es scheint symptomatisch zu gesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1972 sein: Der Herr Finanzminister findet es nicht geändert wird und andere Maßnahmen auf der Mühe wert (Bunde8'fat Dr. Skotton: Er dem Gebiete des Abgabenrechtes getroffen hat Kapitel Finanzen im Nationalrat!), zu werden (Abgabenänderungsgesetz 1975) (1447 einem so wichtigen Gesetz eine Vertretung der Benagen) von der so großen Regierung hierherzuent­ Vorsitzender: Wir gelangen zum 2. Punkt senden, bei Verabschiedung eines für ihn so der Tagesordnung: Ahgahenänderungsgesetz wichtigen Gesetzes. Das ist eine Desavouierung. 1975. Soviel Zeit, einen Vertreter zu entsenden, hätte er sich wirklich nehmen können. Es Berichterstatter ist Frau Bundesrat Hermine fällt Ihnen sicherlich sehr, sehr schwer, diesen Kuhanek. Ich hitte um den Berioht. Vauxpas am Bundesrat durch den Finanz­ Berichterstatterin Hermine Kubanek: Herr minister zu kaschieren! (Beifall bei der (JV P. - Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Bundesrat Dr. Skotton: Sie wissen, daß er Durch den vorliegenden Gesetzesbeschluß des sick gar nicht vertreten lassen kann! Nur wenn Nationalrates soll der Normalsteuersatz des er im Ausland ist, kann der Bundespräsident Umsatzsteuergesetzes 1972 von 16 Prozent eine Vertretung bestellen! . Das müssen Sie auf 18 Prozent angehoben werden und der wissen! So lange schon Bundesrat, und nicht Steuersatz für Zigarren durch Änderung des einmal das wissen Sie nock!) Tabaksteuergesetzes 1962 von 34 Prozent Die Regierung scheint wirklich schon ab­ auf 13 Prozent gesenkt werden. Weiters soll getreten zu sein, sie befindet sich auf der Flucht das Einführungsgesetz zum Umsatzsteuer­ nach vorne vor ihren eigenen Früchten. gesetz 1972, das Einkommensteuergesetz 1972 (Bundesrat Dr. Skotton: Sie brauchen sich und das Körperschaftsteuergesetz abge­ 1966 nicht tür so wichtig zu nehmen, Herr Dr. Pitsch­ ändert werden. Durch die Änderung des mann!) Einkommensteuergesetzes und des Körper­ schaftsteuergesetzes ist ein grundsätzliches Ah­ Nein, ich nehme mich nicht wichtig, aber zugsverbot für Repräsentationsaufwendungen ich nehme den Bundesrat wichtig, dem Sie vorgesehen. Die Ausweitung der Bestimmung angehören und den Sie offenhar nicht wichtig des § 6 Ziffer 4 des Umsatzsteuergesetzes 1972 nehmen, genauso unwichtig wie der Herr auf Empfangsspediteure dient der Vermeidung Finanzminister. (Beifall bei der () VP.) der Kumulativwirkung. Weiters sollen mit Die sozialistische Regierungspartei in Öster­ dem vorliegenden Gesetzesbeschluß des reich hat in einem wahren Rekordtempo neue Nationalrates die politischen Parteien in steuer­ internationale Spitzen erreicht. Es war ein rechtlichen Belangen den Körperschaften des weiter Weg in kürzester Zeit, in wenigen öffentlichen Rechts gleichgestellt werden. Durch Jahren, von den Garantien mit stabilen eine Bestimmung zivilrechtlicher Natur werden Preisen, von den Versprechen, endlich in . die die Voraussetzungen, unter denen bei bereits Budgetpolitik Ordnung zu bringen - es sei abgeschlossenen Verträgen die Erhöhung des ja Wahnsinn, acht bis neun Milliarden Umsatzsteuersatzes von Prozent auf 18 Pro­ 16 Abgang in einem Jahr -, bis zur heutigen zent vom Empfänger der Leistung zu ersetzen Eskalation auf dem Sektor der Steuer- und ist, festgelegt. Tariferhöhungen und der Schuldenpolitik. Der Finanzausschuß hat die gegenständliche Als ich vor etwa zwei Jahren hier wagte, Vorlage in seiner Sitzung vom 17. Dezember SPÖ" etwa mit "Superpreistreiber Öster­ 1975 in Verhandlung genommen. �eichs" zu verdolmetsohen, war noch ein Der Antrag des Berichterstatters, keinen Sturm der Entrüstung zu hören. Heute nimmt Einspruch zu erheben, wurde mit Stimmen­ man das auf der linken Seite selbstverständlich gleichheit abgelehnt. zur Kenntnis, weil es niemand mehr wagt,

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DDr. PltsduDann etwa zu leugnen, daß noch nie Schulden, "Tatsächlich wäre aber schon ein Tarif von Tarife, .Preise so gestiegen sind wie in den 16 Prozent für den Fiskus ein wahrer Voll­ Jahren der SPÖ-Alleinregierung mit der ab­ treffer mit massiven Mehreinnahmen (aber soluten Mehrheit im Parlament. (Bundesrat gefährlichen Preiswirkungen)." Rosa Heinz: Aber die Bevölkerung hat es zur Mehreinnahmen waren massiv, aber auch Kenntnis genommen am 5. Oktober! - Bundes­ die Preiswirkungen. Allerdings konnten die rat Schipani: Wer macht die Preise, Herr massiven Mehreinnahmen die Verschwendungs­ Doktor?) und Versagerpolitik der SPÖ natürlich in Noch nie wurde die Bevölkerung, ich glaube, keiner Weise wettmachen beziehungsweise auch kaum in einem anderen Staat, für ein neutralisieren. ehrlich gemeintes demokratisches Votum so "Der wirklich neutrale Tarif liegt nämlich schnell und so hart bestraft. Die knapp unter mit Sicherheit bedeutend niedriger. KaUm­ fünfzig Prozent Nicht-SPÖ-Wähler können lationen von unabhängigen und angesehenen sich bei den knapp über fünfzig Prozent Fachleuten und Institutionen kommen über­ liegenden Kreisky-Wählern bedanken. Vor einstimmend zu dem Ergebnis, daß der neutrale allem die liberalen Wähler werden daran eine Tarif,je nach dem Umfang der Begünstigungen, Mordsfreude haben, wenn sie jetzt neuerlich nur zwischen 13 Prozent und maximal 15 Pro­ feststellen, wie liebevoll und brüderlich die zent liegen kann. Dieses Ergebnis läßt sich Versöhnung zwischen Kreisky und WiesenthaI leicht mit Hilfe der westdeutschen Erfahrungen über die nationale und internationale Bühne auf indirektem Weg überprüfen. gegangen ist. In der BRD lag der neutrale Satz tatsächlich Die meisten Versprechen und Garantien.­ fast genau bei zehn Prozent. Die spätere auch die von den 1400 Fachleuten, von denen Erhöhung auf elf Prozent hatte ausdrücklich man längst nichts mehr hört, auch die sind bedeutende Mehreinnahmen zum Ziel. Unter abgetreten - sind über Bord geworfen worden. der Annahme ähnlicher Begünstigungen wie (Bundesrat Böck: Steht das auf der Tage8- in der BRD müßte daher der neutrale Tarif ordnung?) in Österreich bei 13,5 Prozent liegen." In der "Arbeiter-Zeitung" kommen be­ Schluß: "Wie immer man rechnet, man kanntlich mit längeren Abhandlungen nur kommt über 14 Prozent nur mit größter Leute zum Wort, die der SPÖ irgendwie Mühe hinaus, selbst wenn man die Begünsti­ nahestehen (Bunde8rat Dr. Skotton: No na!­ gungspalette noch etwas verbreitert." Heiterkeit bei der Sp(J) oder mit denen Sie sich irgendwie in der Finanzwirtschaft oder Dabei ist die Feststellung zu treffen, daß wir Steuerpolitik auf einer Linie befinden. lange nicht eine so große Begünstigungspalette haben wie in der BRD. Trotzdem hat es der Ich darf die "Arbeiter-Zeitung" vom Herr Finanzminister geschafft, hier noch einmal 12. Februar 1971 zitieren, die Stimme Ihrer weiter nach vorne zu preschen. Wahrheit, wie Sie immer meinen: Die Unfähigkeit der Regierung zwingt die "Der Mehrwertsteuersatz soll ,neutral' sein. SPÖ-Mehrheit im Nationalrat, im Parlament, Österreich mit indirekter Steuerlast an erster so gewichtigen, so entscheidenden Verspre­ Stelle Europas. " chungen und Garantien, wie ich sie eben erwähnt habe, untreu zu werden. Jahrelang wurde die Also damals schon, vor Einführung der hohe Inflationsrate, die Teuerung als Preis Mehrwertsteuer, sagt die "Arbeiter-Zeitung", für die Vollbeschäftigung hingenommen, ver­ daß Österreich mit den indirekten Steuern, mit ständlich gefunden. jenen Steuern, die Sie immer als asozial Nun kommt zu diesen relativ schon teuren bezeichnen, weil sie den kleinen Mann genauso Preisen noch der teuerste Preis dazu: eine treffen wie den großen, an der Spitze Europas wahre Finanz- und Budgetkatastrophe. In steht. zwei Jahren, 1975/76, annähernd hundert Nun muß diese Spitze noch ausgedehnt Milliarden Defizit machen - das muß alles werden, jetzt muß zwischen der Spitze und bezahlt und verzinst werden, das zahlt alles den übrigen Ländern noch ein großer Abstand, der Steuerzahler (Bundesrat Schipani : Sie ein uneinholbarer Abstand geschaffen werden. wollen ja noch mehr!) -, das ist ungeheuerlich, (Bundesrat Schipani: Sagen Sie das Datum das war früher völlig unvorstellbar. Man auch dazu, bitte, Herr Dr. PUschmann! stelle sich vor: Was hätte der Gewerkschafts­ Diese Zeitung ist ja fünf Jahre alt!) bund bei dieser Teuerung, bei diesen Tarif­ und Steuererhöhungen und bei dieser Schulden­ Nun hören Sie wortwörtlich die Ausführungen wirtschaft gemacht � Da hätten die Hühner darin: in Österreich nur noch faule Eier legen dürfen.

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DDr. Pitsdunann Auch die hätten dann nicht mehr ausgereicht, Aber die Regierung weiß schon, was sie will um diejenigen, die so regieren, damit zu be­ (Bunde8rat Schipani: Darum haben wir auch werfen. die Mehrheit bekommen!), was die Bevölkerung ihr wert zu sein hat. Sie stoppt, sehr zum In der Schweiz haben wir die Hälfte der Nachteil der Wirtschaft, vor allem auch der österreichischen Inflationsrate und die Hälfte Gastwirtschaft, durch Steuerabzugsende die des Budgetdefizits - und trotzdem haben sie Repräsentationsausgaben, um selber umso draußen noch weniger Arbeitslose als wir! (Bundesrat Wall!/ : Warum nennen Sie nur mehr oder noch mehr als bisher Repräsen­ tationsausgaben tätigen zu können. Seinerzeit die Schweiz?) Weil die Schweiz mit uns sehr kündigte man an, man werde auf dem Sektor viel Gemeinsames hat: EWG-Arrangement, sparen. In allen Bereichen sind zum Teil ganz neutraler Staat. enorme Repräsentationskostenüberschreitun­ Aber ich komme jetzt auf Deutschland zu gen festzustellen, selbstverständlich zu Lasten sprechen, das Sie in den letzten Jahren, des Steuerzahlers, wie es immer der Fall ist. mehr oder weniger auch bei der Einführung der Mehrwertsteuer und in manchen anderen Aber nicht n.ur mit dem erhöhten Mehrwert­ gesellschaft politischen Bereichen, immer als steuersatz trifft die SPÖ den kleinen Mann, Lehrmeister herangezogen haben. Nun, in den Letztverbraucher. Nein, sie will diese Deutschland haben wir eine Budgetdrosselung, Wirkung natürlich auch über die Grenzen . dort haben wir öffentliche Sparmaßnahmen. hinaus ausdehnen, sie will ja in allen Dingen grenzenlos und an der Spitze sein. Bei uns in Österreich kann man wirklich nur mehr von aufreizender Leichtfertigkeit Künftighin soll also oder wird also der Touri­ der öffentlichen Hand, wie die "Vorarlberger stenexport bis zu einem Betrag von 2000 Schil­ Nachrichten" schrieben, reden. (Bunde8rat ling gestrichen. Das ist eine völlige Verletzung Dr. Skotton: Und im Nationalrat 8agen Sie der Reziprozität. Deutschland und andere EWG­ bei jedem Kapitel, e8 i8t zuwenig Geld dafür Staaten denken nicht daran. Nur Österreich da! - Bunde8rat Wally: Nennen Sie auch die scheint sich das leisten zu können. A rbeit8lo8enzahlen von Deut8chland!) Das ist eine betont unsachliche Differen­ Im sozialistisch regierten Dänemark wurde zierung, nicht nur gegenüber dem EWG­ die Mehrwertsteuer von 15 auf 9,25 Prozent Ausland, sondern auch innerhalb der Ex­ reduziert, im sozialistischen England von zehn porteure. Derjenige Exporteur, der direkt auf acht Prozent. In Österreich immer neue hinausliefert, kann schon bei 100 Schilling Rekorde, noch einmal Schläge auf die Bevölke­ Export Umsatzsteuerrückvergütung be­ rung als Dankbarkeit dafür, daß sie so brav kommen, der andere, der die Exportware in links gewählt hat. Österreich abholt, der Ausländer, bekommt bis zu 2000 Schilling keinen Groschen Rück­ In Österreich soll also der Mehrwertsteuersatz vergütung. um volle 12,5 Prozent erhöht werden, er wird erhöht. Was wird die Folge davQn sein � Es könnte also beispielsweise der Fall sein, Weniger Konsum, dadurch weniger Investi­ daß ein Unternehmer, ein Deutscher, mit tionen, weniger Arbeitsplätze, weniger Steuer­ einem Lkw hundert Waren 8. 1800 Schilling einnahmen, dadurch wieder mehr öffentliche hier kauft und exp6rtiert. Er bekommt Mittel notwendig, um Arbeitsplätze zu sichern, keinen Groschen. Wenn derselbe· Mann in das heißt, wieder mehr Staatsdefizite. Der Österreich die Waren bestellt und sie werden Circulus Androschcus schließt sich, der Teufels­ direkt über die Grenze exportiert, bekommt kreis ist noch geschlossener geworden. er 32.400 Schilling Umsatzsteuerrückvergütung. Also eine derartige Differenzierung gibt es Das Institut für Höhere Studien, das sich nur in Österreich. in den letzten Jahren eigentlich öfters durch be­ sonders realistische Voraussagen ausgezeichnet Durch diese Mehrwertsteuererhöhung wird hat, stellte fest, für das Jahr 1976 sei durch die selbstverständlich auch die Situation im Frem­ Erhöhung der Mehrwertsteuer eine Erhöhung denverkehr etwas oder noch bedenklicher, der Inflationsrate auf achteinhalb Prozent noch härter. Die Getränke müssen noch einmal anzunehmen. im Preis angehoben werden, wobei immer, jetzt schon, die Feststellung zu treffen ist, Gerade in diesem Gesetz hier haben wir ein daß wir in Österreich gerade auf dem Getränke­ konkretes Beispiel, wie man den Steuerbogen besteuerungssektor schon längst europäische auch überspannen kann. Hier wird festgehalten, Spitze haben. daß der Tabaksteuersatz für Zigarren von 34 auf 13 Prozent gesenkt wird, weil eben Öster­ Die Wirtschaft des Zollausschlußgebietes reich auf diesem Sektor durch die zu große Mittelberg-Kleines Walsertal ist wegen Belastung nicht mehr konkurrenzfähig war. ihrer praktischen Zugehörigkeit zum deutschen 933

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DDr. Pitsdunann Wirtschaftsgebiet schon durch die bestehenden der Steuerzahler, das spielt ja keine Rolle, Mehrwertsteuerdifferenzierungen in eine das kann man sich alles leisteil. schwierige Situation geraten. Allein im Jahre Hier heißt es auf Seite 16: 1974 flossen rund fünfzig Prozent der dortigen Kaufkraft der Bevölkerung in die BRD, "Die großen Einkommensteuerreformen von nach Westdeutschland. Immer mehr Betriebs­ 1973 und 1975 brachten dem österreichischen stätten werden vom Kleinen Walsertal ins Steuerzahler die stärksten Steuerentlastun­ benachbarte Ausland verlegt oder statt im gen der Nachkriegszeit." Kleinen Walsertal dort gegründet, was selbst­ _ Und auf Seite 17 ein Beispiel: verständlich auch Ausfälle für die öffentliche Hand zur Folge hat. "Ing. Rudolf L., Elektromechaniker, Jahr­ gang 1920, verheiratet, Alleinverdiener. Diese Situation verschärft sich hier noch einmal durch die Erhöhung des Mehrwert­ Jahreseinkommen 240.000 Schilling, Steuer steuersatzes. Ich bitte den Finanzminister, 1970 85.792 Schilling, Steuer 1971 85.019 Schil­ diese Situation doch ernstlich prüfen zu wollen ling, Steuer 1973 81.550 Schilling, Steuer und alles zu tun, um dieses bisher sehr blühende 1975 71.400 Schilling, Ersparnis 1975 : 1970 Zollausschlußgebiet nicht früher oder später 14.392 Schilling ist gleich 17 Prozent." ganz vom deutschen Wirtschaftsraum völlig Welch eine Infamie, anzunehmen, daß j e­ abhängig zu machen. mand glaubt, daß ein Mann, der im Jahre 1970 Die SPÖ begründet die Steuer- und Tarif­ 240.000 Schilling verdient hat, im gesunden exzesse zum Teil auch mit dem Alibischlachtruf Jahrgang, 1920 geboren, fünf Jahre später "öffentliche Armut - privater Reichtum". auch nur 240.000 Schilling verdient. (Bundes­ Nun, offensichtlich will sie nun auch hier rat 8c hipani: So kann man sich auch stellen, Chancengleichheit schaffen. Neben der öffent­ wie Sie das jetzt machen! Das muß ja nicht lichen Armut soll auch eine private Armut nur auf den Herrn L. bezogen sein! Ein anderer installiert werden, damit allerdings dann auf kommt in die gleiche Verdienstkategorie und der anderen Seite die öffentliche Verschwendung würde das bezahlen 1 So ist das zu verstehen I) umso eher ins Kraut schießen kann. Es wird hier angenommen, daß derselbe Androsch mauserte sich, wie ich einmal Mann im Jahre 1970 gleichviel verdient wie gesagt habe, vom hausbackenen Schinderhannes im Jahre 1975. In Wirklichkeit muß man min­ zum modernen computergerechten Raubritter destens zehn Prozent Geldwertverdünnung an­ - allerdings mit den Stimmen seiner Kollegen nehmen, um mindestens zehn Prozent sind ja im N ational- und Bundesrat. (Bundesrat auch die Einkommen gestiegen. (Bundesrat 8c hipani: Da waren seine Vorgänger dann Schipani: Da schau her!) In Wirklichkeit Raubritter, oder wie war denn das?) zahlt er aber dann, wenn man also diese Geld­ wertverdünnung, dieses Mehreinkommen auf Für sich macht er natürlich sehr Propaganda. das Jahr 1975 verlegt, nicht um 17 Prozent Allerdings, aus der eigenen Tasche wird er weniger, sondern um 72,5 Prozent mehr Steuer. dazu kaum etwas beisteuern. Er holt auch (Bundesrat Schipani : Das ist Ihre Rech­ hier den Steuerzahler heran. Er hat diese nung I) Nein, das habe ich mir von einem Wirt­ Broschüre hier (der Redner hält eine Bro­ schaftstreuhänder, von einem sehr guten, be­ schüre in die Höhe), in allen Farben glitzernd, rechnen lassen. außen silbern, herausgebracht. Nun, der Schilling auf dem Umschlag ist schon ein Das Witzigste dabei ist noch, was ausgerech­ bißehen angeknackt, in Wirklichkeit ist er net die Zeitung einer politischen Selbständi­ noch mehr durch seine Politik angeknackt, geninteressenvertretung, des sogenannten Frei­ verkleinert worden. Das hier ist wahrscheinlich en Wirtschaftsverbandes schreibt, dessen Zei­ der Teil, der jedes Jahr abrutscht. tung "Der Selbständige" heißt.

Hier hat er also wirklich mit einer ganz pri­ Darin wurden übrigens vor den Wahlen auch mitiven Bauernfängerei versucht, dem Unter­ unter"Wirtschaft für Kreisky" rund 70 Unter­ nehmer aufzureden, wie großartig sich die bis­ nehmer angeführt, lauter markante Unterneh­ herigen Steuersenkungen für ihn ausgewirkt mer. Mich hat es natürlich sehr gefreut, daß haben. Selbstverständlich haben diese Broschü­ sich von Tirol und V orarlberg kein einziger re alle österreichischen Selbständigen erhalten. Unternehmer bereit erklärt hat, diese "Wirt­ Meine Schwiegereltern, betagt, haben zwei schaft für Kreisky" zu unterschreiben. (Bun­ Verpachtungen; die Schwiegermutter hat eine desrat· Dr. 8kot ton: Da sieht man wieder, wel­ bekommen, der Schwiegervater hat eine be­ cher Wirtschaftsterror in Tirol und Vorarlberg kommen, und an beide gemeinsam adressiert herrscht I) Also so weit ist die Liebe zu Kreisky ist noch einmal eine gekommen, also an eine in Richtung Westen offenbar noch nicht ge­ Familie drei Broschüren. Nun, das zahlt ja diehen.

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DDr. Pitsdunann Dieser "Selbständige" schreibt hier folgen­ oder dort einmal Kurzarbeit eingeführt werden des: muß, dann spricht man von schlechtem Mana­ gement. "Mit dieser Steuerbroschüre griff der Finanz­ minister einen Vorschlag von SP-Abgeordne­ Wie naheliegend wäre es doch bei der jetzi-· ten Mühlbacher auf, der im Parlament eine gen Investitionsflaute, wenn man nun endlich umfassende Information der Selbständigen die Investitionssteuer mit Ende dieses Jahres.' über die Änderungen der steuerrechtlichen Be­ hätte auslaufen lassen. stimmungen und Vorteile der Einkommensteu­ Ich erinnere hier an die Worte eines sehr erreform forderte, ..." prominenten Arbeiterkammerbeamten, an Auf so eine Broschüre noch stolz zu sein, wo Dr. Hans :ß,eithofer, Geschäftsführer des Wirt­ so eine Verdummungsaktion enthalten ist, daß schaftsbeirates. Der sagte im Jahre 1972 : einer, ein älterer Mechaniker, im Jahre 1970 "Der Finanzminister wird aus der beab­ ·gleich viel verdient wie im Jahre das ist 1975, sichtigten Investitionssteuer Mehreinnahmen denn wirklich ein starkes Stück, und dazu in hohen Milliardenbeträgen erzielen, die nicht· noch Steuergroschen zu verwenden, um so ein für die Umstellung gebraucht werden. " Elaborat hinauszujagen, das ist typisch der­ zeitige Regierungspolitik. Hier muß allerdings festgestellt werden: Difr SPÖ hat in keiner Weise bei der Beratung,. Androsch vergißt aber seine Selbständigen­ bei der Verabschiedung dieses Gesetzes mit· steuerzahler nicht. Er denkt auch daran, daß sich reden lassen. Sie hat praktisch überhaupt� sie über Weihnachten und Neujahr in Richtung keinerlei Konzessionen gemacht. Freizeitgestaltung zu tun haben. Offenbar hat er den Satz von Aristoteles vor über 2000 Aber wie diffus und konzeptlos die Regierung Jahren in Erinnerung: derzeit in sich selber ist, dafür ein neueres, kon­ kretes Beispiel. Minister Staribacher hat bei "Es ist Aufgabe der Politiker, dafür zu sor­ der 125-Jahr-Feier der Handelskammer Feld­ gen, daß sie in ihrer Freizeit einer vernünftigen kirch im neuen schönen Stadtsaal von Feld­ Beschäftigung oder Betätigung nachgehen kirch praktisch geschwelgt in Optimismus .. können." Opti-Pepi hat gesagt, daß wir aus der Talsohle Was diese Umstellung von 16 auf 18 Pro­ vollkommen heraus seien und daß es prak­ zent für eine Arbeit für die Wirtschaft mit tisch ordentlich und konkret spürbar aufwärls­ sich bringt! Sämtliche EDV-Programme und' gehe. das gesamte Rechnungs- und Bestellformular­ Nun, und was sagte sein Meister Kreisky wesen müssen durch die Mehrwertsteuerer­ dazu � Zwei Wochen später, laut "Arbeiter­ höhung selbstverständlich umgestellt werden. Zeitung" vom 21 . 11. 1975 : "Kreisky warnt Die ganze Umschreibung der Preisauszeich­ vor Optimismus. " Ich weiß nicht: Hat er nung der einzelnen Waren! Und das soll damit den Opti-Pepi gemeint oder das Gesamte l' alles schlagartig vom Ende des Jahres bis "Keine Indikatoren für baldigen Wirtschafts­ zum Jänner erfolgen. 1. aufschwung. Pessimistisch äußerte sich" - Der Herr Finanzminister hingegen, der hat übrigens ist das aus der "Sozialistischen Kor­ die Preiserhöhung bei Tabakwaren deswegen um respondenz" in Wien, die "Arbeiter-Zeitung''­ einen Monat vorgezogen, weil er das eben aus hat das also nicht etwa irgend wo abgeschrieben>" organisatorischen Gründen für notwendig hält. sondern es ist von der "Sozialistischen Kor­ Der große Staatsapparat ist nicht in der Lage, respondenz" direkt bezogen - "Bundeskanzler aber der kleine Mann, der kleine Unternehmer, Kreisky Donnerstag im SPÖ-Vorstand über die vielen Kaufleute, die sollen in der Lage die Chancen eines wirtschaftlichen Aufschwun­ sein, innerhalb weniger Stunden, praktisch ges in nächster Zeit. Er sähe noch keine In­ innerhalb weniger Tage, die Umstellung mit dikatoren für einen solchen Aufschwung." so viel Mehrarbeit vorzunehmen. (Bunaesrat Sein Handelsminister hat in Feldkirch drei Sc hip a n i: Nur zahlen sie quartalsmäßig die Wochen vorher etwas anderes gesagt. Es ist Steuer, das haben Sie scheinbar vergessen!) doch nicht anzunehmen, daß innerhalb dieser Es fragt sich nur langsam: 'Wo bleibt die drei Wochen die Wirtschaftssituation in Öster­ Rute des Staribacher, daß sich die öffentliche reich um soviel schlechter geworden ist. Hand auf dem Preissektor derartige Exzesse Nun zum Schluß ein Satz zu den Ausführun­ leisten kann � Aber er wird selber einsehen: gen des Nationalrates Troll. Er sagte im N atio­ Rute reicht nicht, und Peitsche läßt eben die nalrat, "daß es längst die Aufgabe der ÖVP­ SPÖ-Mehrheit nicht zu, weil sie sich damit Alleinregierung gewesen wäre, die Mehrwert­ letzten Endes selber peitschen müßte. steuer einzuführen, vor allem im Hinblick auf Die Regierung jammert, die Wirtschaft die bevorstehenden Verhandlungen mit der investiere zuwenig. Wenn in der Wirtschaft da EWG."

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DDr. Pitsdlmann Nun, die Schweiz hat dieselben Probleme sachlich verbindet, gesagt werden, wie es mit mit der EWG. Die Schweiz hat heute noch den Realeinkommen in unserer Republik steht. keine Mehrwertsteuer und fährt offenbar eher Sonst sind Vergleiche nicht nur hinkend, son­ besser als wir mit der Mehrwertsteuer. (Bun­ dern - wenn ich das verschärft ausdrücke - desrat Dr. Böseh: Die ist gezwungen, sie einzu­ sonst kriechen sie auch am Bauch daher und führen! Das wissen Sie auch genau!) Die Schweiz führen zu Ergebnissen, wie sie sich eben schon hat heute noch keine Mehrwertsteuer! (Bun­ gezeigt haben. desrat Dr. .ßö s c h: Sie hat beschlossen, sie ein­ zuführen!) Ja, beschlossen, sie einzuführen. Sehr verehrte Damen und Herren! Das Bun­ Aber sie hat sie noch nicht. Wir haben sie desgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz schon einige Jahre. (Bundesrat D'I'. Bösch: geändert wird und andere Maßnahmen auf Na und? Das ist ja besser!) Offenbar hat die dem Gebiet des Abgabenrechtes getroffen Schweiz keinerlei Schaden erlitten. Im Gegen­ werden, ruft die grundsätzliche Debatte hier teil, sie ist ohne Mehrwertsteuer besser ge­ in diesem Hause am 22. Juni 1972 anläßlich fahren. (Bundesrat Dr. BÖ8ch: Nein, 80nst der Einführung der Mehrwertsteuer in Öster­ würde 8ie 8ie nicht einführen!) reich in Erinnerung, eine Debatte, die, wie man nachlesen kann, wohl leidenschaftlich, aber Daß zu einem derartigen Gesetz sehr zum sachlich geführt worden ist, damals von den Schaden der Allgemeinheit in Österreich eine Sprechern der ÖVP Dr. Goess, Dr. Heger und verantwortungsbewußte Partei nicht ja sagen Dr. Pitschmann, wie auch heute, die damals kann, dafür wird Österreich Verständnis haben. gegen die Einführung der Mehrwertsteuer argu­ (Beifall bei der ÖV P.) mentiert haben.

Vorsitzender: Ich begrüße den im Hause er­ Ich darf nur kurz die Gründe in Erinnerung schienenen Herrn Vizekanzler lng. Häuser. rufen, die damals dazu geführt haben, daß die (Allgemeiner Beifall.) ÖVP-Fraktion dagegen gestimmt hat. Es wa­ Weiter ist zum Wort gemeldet Herr Bun­ ren vier: desrat Wally. Ich erteile es ihm. (Bunde8rat Der erste war der Einführungstermin. Am Bürkle: Der Wally hat heute einen schweren . 1. Jänner wurde kritisiert, es wäre zu früh. Tag!) Heute hören wir, wir sollten warten, bis die Bundesrat Wally (SPÖ): Herr Vorsitzender! Schweiz das gemacht hat und dann womög­ Herr Vizekanzler ! Sehr geehrte Damen und lich nachlaufen. Herren des Bundesrates 1 Mein Vorredner sagte Zweitens: Der Satz von 16 Prozent wäre jetzt im Vorbeigehen in einer anderen Sache, überhöht. Das war ein Argument. (Zwischen­ er wolle mich nicht irritieren. Aber zu seinen rufe bei der Ö V P.) Ich wiederhole nur Ihre Ausführungen, auf die ich ursprünglich eigent­ Argumente. Das Gesetz löse Teuerungen aus lich nicht eingehen wollte, muß ich doch einige und sei - auch ein Kriterium - nicht gründ­ Feststellungen machen, weil sie, glaube ich, lich genug konzipiert. Ich erinnere nur an die irritierend waren. insgesamt über 200 Abänderungsanträge, die Wenn auf den Fremdenverkehr negativ schon von Gründlichkeit, glaube ich, sprechen. kritisierend hingewiesen wird, so darf ich sagen: Es konnten natürlich nicht alle berücksichtigt Es ist bekannt, daß es jetzt in der Winter­ werden. saison schon keine Plätze mehr gibt; es kann also nicht viel besser werden. Das ist das eine. Ich habe das schon damals, wie ich meine, in einem grundsätzlichen Beitrag ausführlich Das zweite: Wenn Vergleiche Schweiz - zu widerlegen versucht. Heute kann man sagen, Bundesrepublik Deutschland - Dänemark an­ 1. 1. 1973 gestellt werden, dann ist es allgemein bekannt daß der Einführungstermin zweifel­ los günstiger war als ein Jahr später. Denn mit und unterlagenbegründet festgelegt, daß wir 1973 Gott sei Dank Vergleiche insgesamt nicht zu dem Jahr hat sich ja die konjunktur­ politische Situation wesentlich verschlechtert, scheuen brauchen. Man muß aber dann den abgesehen von außenhandelspolitischen Nach­ gesamten Komplex der wirtschaftlichen Kapazi­ teilen, die eine verspätete Einführung im Hin­ täten miteinander vergleichen und darf nicht et­ blick auf das Arrangement mit der EWG mit wasagen: In der Bundesrepublik Deutschland ist sich gebracht hätte. . der Mehrwertsteuersatz niedriger!, wobei man vergißt, daß dort eine Arbeitslosigkeit zutage ge­ Die Sprecher der ÖVP in beiden Häusern treten ist, von der wir froh sind, daß wir sie des Parlaments waren damals auch der Mei­ durch unsere Maßnahmen vermieden haben. nung, der Finanzminister wolle sich duroh den Wenn man hier in Österreich kritisiert .-­ zu hohen Steuersatz von 16 Prozent - ich jeder kritisiere nach Belieben -, daß die zitiere den Abgeordneten Zittmayr - "Rüok­ Preise steigen, so müßte auch, wenn man das lagen für Wahlzuckerln sohaffen".

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Wally Berechnungen haben damals - das ist hier Noch eine allgemeine Bemerkung, verehrte auch von der Regierungsbank ausgeführt Damen und Herren, zu den bisher erfolgten worden - ergeben, daß der Normalsatz von Ausführungen der Sprecher der Opposition 16 Prozent gerade noch aufkommensgerecht im Nationalrat und heute auch des Herrn wäre. Das war ein echtes Kriterium. Inzwischen Kollegen Dr. Pitschmann hier im Bundesrat. sind die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer Die Kritik am vorliegenden Gesetz und an nicht mehr aufkommensneutral, und daher der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung muß - so unpopulär diese Maßnahme auch insgesamt wird trotz eines Datums wie des sein mag - im Interesse des Staates die Mehr­ 5. Oktober 1975 immer noch so formuliert, wertsteuer erhöht werden . als vollziehe sich die Wirtschaftspolitik allein Meine Damen und Herren ! Das ist vor den in den Grenzen unserer Republik, als gäbe es Wahlen zum Nationalrat vom Herrn Bundes­ gar keine internationale Währungskrise, als minister, aber auch von anderen Mitgliedern gäbe es keine weltweite Inflation, die infektiös der Bundesregierung einschließlich des Bundes­ bis in den letzten Winkel der Welt gedrungen kanzlers angekündigt worden, das ist in Tau­ ist, als gäbe es keine Rezession und als gäbe senden von Wahlversammlungen von den Red­ es rundherum nicht die internationale Ar­ nern meiner Partei gesagt und begründet wor­ beitslosigkeit, insgesamt also keine weltweite den, und das ist von den Wählern verstanden Krise von potenter Gefährlichkeit. worden. Wer jedoch diese allgemein wirksamen und längst bekannten Krisenwirkungen auf uns Wenn daher jetzt der Herr Finanzminister und die bereits anerkannten und erfolgreichen im Zusammenhang mit der Erhöhung des Gegenmaßnahmen - ich meine zum Beispiel Normalsatzes der Mehrwertsteuer von Spre­ nur die Stufen des Stabilisierungsprogramms chern der Opposition heftig attackiert wird, unserer Republik, unserer Regierung - nicht kann daraus kaum noch politisch Argumenta­ anerkennen kann oder nicht anerkennen will tionsgewinn gezogen werden . oder sie bei Kritiken, wie es heute wieder ge­ Im übrigen geht die Kritik am Finanzmini­ schehen ist, außer acht läßt, verehrte Damen ster derzeit sehr weit. Es heißt, daß er es sogar und Herren, der gerät immer öfter und augen­ so weit treibe - ich zitiere jetzt die "Parla­ scheinlicher in ein politisches Abseits, in ein mentskorrespondenz" vom 12. Dezember 1975 Abseits, das noch dazu in der Mimik des wortwörtlich -, daß er es so weit treibe, Finanzministers einen Tatbestand politischer "Rednern, die ihm mißfallen, dies mimisch Kritik entdecken kann. (Bunde8rat Bürkle: und verbal wissen zu lassen". Wo in der Welt Hat ihm aas so weh getan ? - Bundesrat wird die Mimik eines Finanzministers kriti­ H ofmann- Wellenhof : Er 8teigt nicht herunter siert, was in der Welt hat diese Mimik mit von der Mimik !) der Mehrwertsteuer zu tun 1 (Heiterkeit bei Der Effekt des vorliegenden Gesetzesbe­ der SPÖ.) schlusses des Nationalrates wird zusammen­ gefaßt folgendermaßen darzustellen sein : Es wäre geradezu verführerisch, auf eine politische Argumentation einzugehen, die es Durch die Erhöhung des Normalsatzes der offenbar sehr darauf anlegt, die Person des Mehrwertsteuer werden fünfeinhalb Milliarden politischen Gegners zu attackieren oder in den Schilling Mehreinnahmen erwartet, die das Augen der Bevölkerung herabzuwürdigen. Ver­ Defizit aus den Maßnahmen für die Arbeits­ führerisch wäre das deshalb, weil dabei psy­ platzsicherung verringern helfen werden. chologische Rückschlüsse auf die Argumenta­ (Bunde8rat Bürkle: Dadurch werden die toren zutage treten. ( Bundesrat B ü r k l e : kleinen Leute, viele Hunderttausende von kleinen Sie tun sich hart ! Schwer für einen Sozialisten, Leuten am meisten belastet !) für die Massensteuern zu reden !) Das generelle Abzugsverbot von Repräsen­ tationsaufwendungen im Einkommensteuer­ Nun eines : Wenn die finanzpolitische Ver- und Körperschaftsteuergesetz wird zwar Mehr­ 0.ntwortung es erfordert, Aufträge zu finanzie­ einnahmen bewirken, aber es beendet auch ren und damit Arbeitsplätze zu erhalten be­ einen viel kritisierten Umstand, der Ursache ziehungsweise zu schaffen, also damit auch von vielerlei Mißbräuchen gewesen ist. Defizite in Kauf zu nehmen, erfordert diese Verantwortung ebenso Maßnahmen, die das Schließlich bewirkt die Absenkung der Tabak­ Defizit verringern beziehungsweise aufheben steuer für Zigarren von 34 auf 13 Prozent helfen, besonders dann, wenn die Maßnahmen zunächst voraussichtlich Mindereinnahmen von mit der gebotenen sozialen Differenzierung ge­ rund 25 Millionen Schilling aus dem Titel handhabt werden. Es war möglich, diesen der Tabaksteuer, dient jedoch der Konkurrenz ­ Zusammenhang der Bevölkerung klarzuma­ fähigkeit unserer österreichischen Zigarren, chen. die derzeit gefährdet ist.

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Wally Die Erläuterungen, verehrte Damen und Unser aller Anliegen muß es sein, die Wirt­ Herren, bemerken dazu noch, daß die vorge­ schaft zu beleben und damit die Vollbeschäfti­ sehenen Gesetzesänderungen keinen erhöhten gung zu sichern. Wir haben derzeit in Öster­ Personalaufwand erfordern. reich rund 70.000 Beschäftigungslose, davon in meinem Bundesland Kärnten, wo der Im Bewußtsein, daß die vorliegenden ge­ Konjunktureinbruch besonders stark ist, rund 'setzlichen Regelungen vor allem auch der 10.000. Arbeitsplatzsicherung in Österreich zugute kommen und die Belastungen angemessene Meiner Ansicht nach ist der eingeschlagene soziale Differenzierungen berücksichtigen, wird Weg, im Zuge von Steuererhöhungen die Wirt­ meine Fraktion keinen Einspruch erheben, schaft zu sanieren, nicht richtig. Auf die und ich darf den Antrag der Bundesräte Beispiele, wie es sozialistische Regierungen in Wally, Hesoun und Genossen zum Gesetzes­ Dänemark und England getan haben, wurde beschluß des Nationalrates vom 12. 12. 1975 ja bereits hingewiesen. betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Es ist bekannt, daß sich die Spareinlagen Umsatzsteuergesetz 1972 geändert wird und trotz einer Inflationsrate von rund zehn andere Maßnahmen auf dem Gebiete des Prozent verdreifacht haben. Dieses Geld fehlt Abgabenrechtes getroffen werden, stellen : der Wirtschaft und liegt brach. Es wäre Der Bundesrat wolle beschließen, gegen den sinnvoller, durch eine befristete Umsatz­ Gesetzesbeschluß des Nationalrates vom steuersenkung der Bevölkerung einen Anreiz 12. Dezember 1975 betreffend ein Bundesgesetz, zu geben, wieder mehr zu kaufen, zu bauen mit dem das Umsatzsteuergesetz 1972 ge­ und damit nicht nur die Wirtschaft anzu­ ändert wird und andere Maßnahmen auf dem kurbeln, sondern auch Arbeitsplätze zu sichern. ,Gebiete des Abgabenrechtes getroffen werden Ein ähnlicher Effekt ist ja in der derzeitigen (Abgabenänderungsgesetz 1975), keinen Ein­ Phase feststellbar, wo im Hinblick auf die spruch zu erheben. beabsichtigte Steuererhöhung ein vermehrter Wir glauben, daß wir damit, wenn auch Konsum, ein vermehrter Einkauf, insbesondere nicht im Sinne einer populären, so doch einer vermehrte Investitionen im privaten Bereich, notwendigen Maßnahme einem Gesetz zu­ zu verzeichnen sind. (Bundesrat Berger: Und stimmen, das staatspolitisch gerechtfertigt und weil Weihnachtszeit ist !) Nicht nur deswegen. notwendig ist. (Bei/all bei der SP(J. - Bunde8- Eine Bevölkerungsgruppe, die durch die .rat Bü'rkle: Das war ein schwerer Tag Steuererhöhung besonders betroffen ist, sind für den Herrn Wally !) die Landwirte. Im Zeitalter der Mechanisierung und Automatisierung spielen Maschinenin­ Vorsitzender: Der von den Bundesräten vestitionen, Reparaturen sowie die Inanspruch­ Wally, Hesoun und Genossen eingebrachte nahme diverser Fremdleistungen eine be­ Antrag, gegen den vorliegenden Gesetzes­ deutende Rolle. All diese Lieferungen und beschluß des Nationalrates keinen Einspruch sonstigen Leistungen unterliegen genauso wie zu erheben, ist genügend unterstützt und der Handelsdünger dem Normalsteuersatz. :steht demnach zur Verhandlung. Es wäre daher mehr als gerechtfertigt gewesen, Weiters ist zum Wort gemeldet Herr Bundes­ den pauschalierten Steuersatz von sechs auf rat Koppensteiner. Ich erteile es ihm. acht Prozent zu erhöhen, wobei es an dies­ bezüglichen Gutachten, welche dieses Be­ Bundesrat Koppensteiner (ÖVP) : Sehr ge­ gehren sachlich untermauern würden, sicherlich ·ehrter Herr Vorsitzender ! Herr Vizekanzler ! nicht fehlt. Meine sehr geehrten Damen und Herren des Ich kann mich des Eindruckes nicht er­ Bundesrates ! Durch das vorliegende Bundes­ wehren, daß man damit die Kleinbauern, gesetz beabsichtigt die derzeit amtierende wo ohnehin Bauer und Bäuerin gleichermaßen Bundesregierung, die österreichische Bevöl­ schwer arbeiten müssen, zur Buchführung kerung, abgesehen von empfindlichen Tarif­ zwingen will, denn nur so hätten sie die Mög­ erhöhungen, die heute noch Gegenstand von lichkeit, vorsteuerabzugsberechtigt zu sein. Beratungen sein werden, auch auf steuerlichem Gebiet kräftig zur Kasse zu bitten. Ich möchte dazu feststellen, ohne die ländliche Bevölkerung zu diskriminieren, daß Immerhin sollen fünfeinhalb Milliarden ohne die Hilfe eines Steuerberaters kaum ein Schilling allein an Umsatzsteuer mehr in die Bauer in der Lage sein wird, einen Abschluß Kasse des Finanzministers fließen. selbst zu erstellen. Der Erfolg des Vorsteuer­ Wesentlicher Punkt des in Beratung stehen­ abzuges müßte also zum Teil für Buchhaltungs­ den Gesetzes ist die Erhöhung des normalen arbeiten beziehungsweise Beratungskosten Umsatzsteuersatzes von derzeit 16 Prozent wieder ausgegeben werden. Erfolg : Außer auf 18 Prozent. Spesen nichts gewesen ! Es bleibt also bei einer

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Koppensteiner ungerechten Pauschalierung. (Bundesrat M edl: Tagen die Umsatzsteuer fällig ist, und der An den Bauernbuna von Niederösterreick mit Staat bezahlt nicht. Was ist dann ? Daher ist dieser Frage wenden, die haben es eingebracht !) ja der Vorschlag auf stunden. Aber das Gesetz beschließt der Nationalrat. Die derzeitige Praxis, die in Einzelfällen Was mich wundert, ist der Umstand, daß soweit geht, daß man zum Beispiel die Be­ man die Novellierung des Umsatzsteuergesetzes nützung einer Brücke durch Baustellenfahr� nicht dazu benutzt hat, auch auf den Begriff zeuge zum Anlaß nimmt, im Zuge von USt­ der Teilrechnungen etwas einzugehen und hier Revisionen die Steuer vorzuschreiben, weil Klarheit zu schaffen. Wir wissen doch alle angeblich abgerechnet werden müßte, ist ganz genau, daß sich speziell im Baugewerbe ein unhaltbarer Zustand. Besonders dann, Werklieferungen über mehrere Jahre er­ wenn eben jetzt die Bauherrschaft - und strecken und daß die Steuer erst mit Fertig­ das ist in dem Fall die Bundesstraßenver­ stellung, also mit dem Eintreten der Verfü­ waltung - gar nicht weiterbauen läßt, weil gungsmacht durch den Abnehmer, fällig wird. sie sehr wohl weiß, daß sie das Geld nicht hat In derartigen Fällen, etwa bei einem Bundes­ beziehungsweise auch nicht abrechnet, weil schulzentrum, wie es jetzt in meiner Heimat­ sie auch wieder weiß : Wenn Schlußrechnungen stadt mit einem Kostenaufwand von rund gelegt werden, muß ja irgendwann einmal 300 Millionen Schilling gebaut wird, nimmt die Zahlung folgen. Aber die Finanzverwaltung etwa ein Generalunternehmer Jahre hindurch sagt : Baustellenfahrzeuge fahren drüber, den Vorsteuerabzug in Anspruch. Das Geld Brücke in Betrieb genommen, Umsatzsteuer wird investiert beziehungsweise verbraucht, wird gezahlt. Nun, ist das befriedigend 1 und mit Rechnungslegung ist dann die Um­ Eben nicht. satzsteuer in Höhe von rund 45 Millionen Schilling fällig. (Buntlesrat Berger: Was Ein weiterer Punkt dieses vorliegenden Gesetzes ist die Novellierung des § 20 Absatz 1 sagt der Wirtschaftsbund dazu ?) Ich werde des Einkommensteuergesetzes, der die Absetz­ Ihnen dazu gleich etwas sagen. barkeit von Repräsentationskosten verbietet. Fällt diese Rechnungslegung in wirtschaftlich schlechte Zeiten, gibt es zweifellos Einbrin­ Dazu, meine sehr geehrten Damen und gungsschwierigkeiten. Es wäre doch sinnvoller, Herren, darf ich sagen, daß Repräsentations­ Zahlungsanforderungen beziehungsweise Teil­ aufwendungen auch bisher nicht abzugsfähig rechnungen als Rechnungen im Sinne des Um­ waren. satzsteuergesetzes anzuerkennen und jeweils Hier muß man unterscheiden zwischen den von den geleisteten Abschlagszahlungen die Repräsentationsaufgaben, die in der gesell­ Umsatzsteuer einzuheben. Der Staat käme schaftlichen Stellung des Abgabenpflichtigen risikoloser zu den ihm zustehenden Abgaben, liegen, die auch bisher nicht abzugsfähig und der Abgabenpflichtige müßte nicht auf waren, und den sogenannten Anbahnungs­ einmal enorme Beträge abführen. spesen. Daß man etwas jetzt noch einmal Dazu jetzt auf Ihren Einwand : Selbst­ fixiert - Repräsentationsausgaben, die ohnehin verständlich wäre es unerläßlich, daß dann nicht abzugsfähig waren -, dient meiner Mei­ auch die Gebietskörperschaften gesetzlich dazu nung nach nur dazu, hier klassenkämpferische verhalten werden, die Rechnungen innerhalb Neidgefühle zu wecken und von den anderen von vierzig Tagen zu bezahlen, denn vierzig Problemen etwas abzulenken, denn ich glaube, Tage nach Rechnungslegung ist die Umsatz­ steuerlich bringt dies nichts, und das wurde steuer fällig. Wenn jetzt Gebietskörperschaften auch vom Herrn Finanzminister bestätigt. Bund, Länder, Gemeinden nicht zahlen, dann Wir haben im Gesetz keine Ziffern genannt muß nicht nur seitens der Auftraggeber auf so "\\ie bei der Umsatzsteuer, wieviel durch das Geld gewartet werden, sondern es muß die Nichtabzugsfähigkeit der Repräsentations­ auch noch die Umsatzsteuer mit Fremd­ kosten, die man sicherlich jetzt um die An­ kapital finanziert werden. Wenn das sinnvoll bahnungsspesen erweitern will, hereinkommen abläuft, dann wäre der Weg mit den Teil­ soll. rechnungen doch sicherlich eine praktikable Ich bin kein Vertreter davon, alles und jedes Lösung, zu der auch die Wirtschaft ja sagen abschreiben zu lassen. Ich kenne diese Bar­ könnte. (Zwischenruf des Bundesrates Berger.) besuche und alles das, was dazugehört. Sie Es geht ja ums Abliefern, Herr Kollege, nicht können mir glauben, daß ich als Betriebsprüfer um den Vorsteuerabzug. (Weitere Zwischen­ bei der Beurteilung Anbahnungsspesen be­ rufe bei der SP().) Nun ja, abliefern, aber bei ziehungsweise Repräsentationsspesen mit dem Sollversteuerung nach vierzig Tagen, und Rotstift sehr spitz umgegangen bin ; das ist wir warten drei Vierteljahre aufs Geld. klar. Aber wenn ich hier den Begriff der Sie haben einen Zwischenruf gemacht, und Anbahnungsspesen für Exportgesohäfte gelten wir stellen fest, daß innerhalb von vierzig lasse, so frage ich mioh ehrlich, warum das

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Koppensteiner im Inlandsgeschäft nicht notwendig sein sollte. Herren des Bundesrates ! Ich hatte eigentlich Man sollte auch nicht vergessen, daß auch nicht die Absicht, bei meiner ersten Rede hier in der Gastronomie, die genauso ein Wirt­ im Hohen Bundesrat auf einige Ausführungen schaftszweig ist wie alle anderen, Kolleginnen meiner Vorredner zu replizieren. Aber ich und Kollegen beschäftigt sind, die ein Anrecht glaube doch, nach einem Gespräch mit meinen darauf haben, daß ihre Arbeitsplätze gesichert Kollegen hier im Bundesrat auf eines viel­ werden. leicht aufmerksam machen zu dürfen, und zwar zu der Bemerkung des Herrn Dr. Pitsch­ Ich könnte mir vorstellen, daß man unter mann, der den Schilling auf der Titelseite einer sehr strengen Maßstäben ähnlich wie beim Broschüre gezeigt hat, die vom Finanzmini­ Export auch für die Inlandsgeschäfte einen sterium ausgegeben wurde. Er hat dazu be­ Pauschalsatz anerkennt. Das hätte sicherlich merkt, daß der untere Teil des Schillings positive Auswirkungen auf die verschiedensten fehlt, weil das der Jahresabzug des Schillings Bereiche. Einerseits hat das Bedienungs­ ist. personal besonders in Stoßzeiten keine Freude damit, wenn eine Rechnung ausgestellt werden Wir sehen, Herr Abgeordneter Pitschmann, muß, detailliert vom Schnitzel angefangen diesen Schilling anders. Wir sehen den Schil­ übers Gulasch, Bier, Coca-Cola und, und, und. ling so wie die Sonne, die aufgeht, und wir Das wäre das eine. Das zweite : Der Abgaben­ können bemerken, daß dieser Schilling gerade pfiichtige würde sich hier die Auseinander­ in den letzten Jahren mehr wert war als setzungen oder die Diskussionen mit den in den vergangenen Jahren. ( Bundesrat Prüfern ersparen : Ist es abzugsfähig oder nicht, Sc h r einer: Die untergehende Sonne !) -Von sind es Anbahnungsspesen, sind es Repräsen­ dieser Seite wird der Schilling und die Bro­ tationskosten ? schüre von uns gesehen. Auch der Prüfer hätte schließlich Freude mit Ich glaube aber auch, man sollte, gerade einem Pauschalsatz, vom Umsatz oder vom weil hier einige Meter entfernt im Hohen Haus Ertrag abhängig, eine ähnliche Regelung wie das Kapitel Finanzen diskutiert wird, dazu doch beim Exportgeschäft. Wenn man sich zu einem in einer anderen Form Stellung nehmen. Selbst­ Pauschale bekennen könnte, so würde das, verständlich ist es für die Österreichische Volks­ glaube ich, hier vieles ausräumen, und es partei eine unbestreitbare Tatsache, daß sie würde der Wirtschaft, aber auch der Be­ sich in einer schwierigen Situation befindet. schäftigung unserer Kolleginnen und Kollegen Bereits im Jahre 1972, als hier die Verhandlun­ im gastronomischen Bereich nützen. gen im Hohen Haus über die Einführung der Wenn man das gemacht hätte, hätte man Mehrwertsteuer geführt wurden, hat sie nicht sich, wie gesagt, sehr viel Arbeit ersparen weniger als 115 Abänderungsanträge gestellt. können. Ich glaube aber, ersparen könnte man Ebenfalls ist es eine unbestreitbare Tatsache, sich auch die Debatten um Steuererhöhungen, daß die ÖVP auf Grund ihrer Zusagen bereits wenn der Bund etwas auf die Bundesländer während der Alleinregierung der Österreichi­ hören würde. Ich zitiere unseren Kärntner schen Volkspartei wie dann tatsächlich die Landesfinanzreferenten, Landesrat Hans folgende sozialistische Regierung die Mehr­ Schober, den ich sehr schätze, der auch Mit­ wertsteuer hätte einführen sollen. Die Ver­ glied des Bundesrates war und der sein handlungen mit der EWG und alle diese Vor­ Kärntner Landesbudget 1976 mit den Worten bereitungsarbeiten daraus hat die sozialisti­ eingeleitet hat : "Ein Schuft, der mehr gibt, sche Bundesregierung geleistet. als er hat." Ich glaube, wenn diese Kärntner Sparsamkeitsprinzipien hier angewendet worden Ich möchte aber doch zum Ausdruck bringen, wären, dann bräuchte man nicht über Steuer­ geschätzte Damen und Herren, wenn hier in erhöhungen zu reden. einigen Metern Entfernung - wie bereits er­ wähnt - heute das Kapitel Finanzen dis­ Meine sehr geehrten Damen und Herren ! kutiert wird und die Länder und Gemeinden, Auf Grund des hier bereits Vorgebrachten Klein- und Kleinstgemeinden in der Blick­ sind wir Vertreter der Österreichischen Volks­ richtung dieses Budgets darauf warten, wie partei nicht in der Lage, diesem vorher einge­ hoch ihre Ertragsanteile, wie hoch die Bedarfs­ brachten Antrag, keinen Einspruch zu erheben, zuweisungen sind, daß hier echt der Budget­ die Zustimmung zu geben. (Beifatl bei der OVP.) wahrheit und der BudgetkIarheit das Wort geredet werden soll, während die Zahlen, die Vorsitzender: Zum Wort ist weiter gemeldet hier angeführt werden, sicherlich aus einer Herr Bundesrat Hesoun. Ich erteile es ihm. Medienpolitik heraus, als Schlagwort bezeichnet werden dürfen. Ich glaube, die glatte Absage Bundesrat Hesoun (SPÖ) : Herr Präsident ! unseres Fraktionskollegen hat sich eindeutig Herr Vizekanzler ! Geschätzte Damen und darauf bezogen.

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Hesoua Ich meine aber auch sagen zu dürfen - und Seitens des Finanzministeriums wissen wir, es besteht sicherlich Einverständnis in dieser daß einer Kredit-, Währungs- und Handels­ Richtung -, daß wir die glatte Autobahn der politik das Wort gesprochen wird, die beweist, Konjunktur verlassen haben, nicht nur in daß Österreich nach wie vor zu den Spitzen­ Österreich, sondern auch weltweit, und daß ländern in der Welt zählt. wir in eine schwierige Phase der wirtschaftli­ Man kann behaupten, daß sich dieses kleine chen Entwicklung getreten sind, in eine Phase, Land, wirtschaftlich mit den Nachbarstaaten wo diese glatte konjunkturelle Autobahn verflochten - man muß das sehr offen aner­ Schlaglöcher erhalten hat. Es bedarf - ich kennen - durch den Güteraustausch, aber möchte es so formulieren - geschickter Lenker, auch durch die politischen Einflüsse, die von um diese Schlaglöcher zu umfahren. auswärts kommen, nicht in der Weise ent­ Die österreichische Bevölkerung hat sich wickeln könnte, wenn nicht eine zielstrebige am 5. Oktober diese Lenker gewählt und sich Regierungsform vorhanden wäre. ihnen anvertraut. Ich bin mir dessen sicher, daß diese Lenker diese Schlaglöcher geschickt Ich möchte bei meinem ersten Antreten hier umfahren und keinen Achsbruch dabei erlei­ im Bundesrat doch die Dinge mehr versach­ den werden. (Bei/all bei der SPO.) lichen und sagen, daß der rasche Einsatz aller Mittel wirksam dazu beigetragen hat, daß Wir werden sicherlich, wenn wir wieder eine es in Österreich weit besser und sicherer ist, gute Fahrbahn erreichen werden, richtig und den Arbeitsplatz anzustreben, daß es weit so dezent Gas geben, daß alles getan wird, besser als in anderen Ländern möglich damit der große Auto bus - wenn wir es da­ ist, die Konjunktur zu beleben. Wenn der mit vergleichen -, in dem sich Österreich jetzt Schock, der auf Unternehmer und Arbeitneh­ befindet, wieder in Bewegung kommt. mer durch die Ölpreiserhöhung ausgestrahlt Ich bin sehr glücklich über die Tatsache, daß hat, seine psychologische Wirkung zu verlie­ der Vizekanzler und Ressortleiter des Sozial­ ren beginnt, wenn wir, geschätzte Damen und ministeriums anwesend ist, denn ich glaube, Herren, darangehen, auf Grund dieser Re­ man darf sagen, daß die Budgetpolitik, die gierungspolitik wieder eine Auftragssituation in den vergangenen Jahren gemacht wurde, den zu bekommen, die den Konjunkturoptimis­ Menschen in den Mittelpunkt der Arbeitswelt mus wieder in den Menschen hineinzutragen gestellt hat, indem der Wert des Menschen in geeignet ist, dann dürfen wir sagen, obwohl den Mittelpunkt gerückt wird und nicht seine wir außerhalb der Europäischen Gemeinsohaft Verwertbarkeit, wie es sehr oft gewünscht stehen, daß unsere Wirtschaftspolitik eine wird. Das möchte ich doch hier zum Ausdruck zielstrebige Entwioklung beinhaltet, die weit bringen. reichere Länder mit viel Neid sehen.

Wir befinden uns am Beginn einer neuen Ich glaube, abschließend sagen zu dürfen, Legislaturperiode, die sicherlich dazu angetan daß wir der Form dieser Regierungspolitik, ist, daß sich die Wirtschaftspolitik nach einem die - ich habe es bereits erwähnt - bereit mehrjährigen Zeitraum orientieren soll. Wir ist, den Menschen in den Mittelpunkt der erwarten, daß sich langfristig tiefgreifende Ver­ Tätigkeit zu stellen, in erster Linie den Wert änderungen auf Grund der Strukturprobleme des Menschen zu beurteilen und nicht seine ergeben müssen, die wir in allen Bereichen Verwertbarkeit, weiterhin, so wie bisher, un­ unserer Wirtschaft und in unserer Arbeits­ ser Vertrauen schenken müssen. (Bei/all bei welt antreffen. der SPO.)

Wenn es andere Ziele und Prioritäten gibt, Vorsitzender: Zum Wort hat sich nooh ein­ meine Herren von der Österreichischen Volks­ mal Herr Dr. Pitschmann gemeldet. Ich erteile partei, als in der Vergangenheit, wenn es Priori­ es ihm. täten gibt, zu denen auch Sie sich heute be­ kennen, obwohl Sie vor Jahren diesen Priori­ Bundesrat DDr. Pitschmann (ÖVP) : Mein täten noch nicht das Wort gesprochen haben, Kollege Vorredner hat ganz vergessen, daß besonders jener Priorität, daß die Vollbeschäf­ die Sonne nicht nur aufgeht, sie geht auch tigung in den Vordergrund unserer politischen unter. Sie geht im Westen Österreiohs unter. Tätigkeit zu treten hat, und wenn die Sicher­ (Bundesrat Dr. Skotton: In Vorarlberg !) heit der Arbeitsplätze und damit verbunden koordinierende Maßnahmen notwendig sind Und vor allem haben wir einen Hinweis dar­ und diese auch getroffen werden, dann kann auf, wie der Schilling untergeht. Wir haben man positiv zum Ausdruck bringen, daß zur Zeit der ÖVP-Regierung sechs Schilling - gerade ' Vizekanzler Häuser durch aktive Ar­ das wird Kollege Bösch aus Lustenau, an der beitsmarktpolitik den Strukturproblemen in Grenze wohnend, bestätigen - für einen Fran­ diesem Lande Rechnung trägt. ken bezahlt, jetzt zahlen wir 7,10 Schilling. 934

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DDr. Pltsdunann Wie ist es also, geht der Schilling auf oder schließlich aller Zinsen und Kosten von unter 1 Offenbar geht er unter I (Bei/all bei der 14.840 Millionen Schilling vorgesehen ist. Nach OVP.) dem Ende der Bauzeit werden die aufge­ nommenen Kredite aus den Mauteinnahmen Vorsitzender: Weitere Wortmeldungen liegen und aus den Mitteln der Bundesmineralöl­ nicht vor. steuer bedient.

Wünscht noch jemand das Wort � - Dies Nach den Erläuterungen der Regierungs­ ist nicht der Fall. vorlage unterliegen von dem gegenständlichen Die Debatte ist geschlossen. Gesetzesbeschluß des Nationalrates die Be­ stimmungen des Artikels I Ziffern 8 und 10 Wird von der Frau Berichterstatter ein bis 13 sowie des Artikels 11, soweit er sich auf Schlußwort gewünscht 1 - Dies ist nicht der die vorgenannten Bestimmungen bezieht, im Fall. Sinne des Artikels 42 Absatz 5 Bundes- Ver­ Wir kommen zur Abstimmung. fassungsgesetz nicht dem Einspruchsrecht des Bei der Ab8timmung be8chließt der Bundes­ Bundesrates. rat, gegen den Ge8etzesbeschluß des National­ Der Finanzausschuß hat die gegenständliche rate8 keinen Einspruch zu erheben. Vorlage in seiner Sitzung vom 17. Dezember 1975 in Verhandlung genommim und ein­ stimmig beschlossen, dem Hohen Hause zu 3. Punkt: Gesetzesbeschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1975 betreffend ein Bundes­ empfehlen, keinen Einspruch zu erheben. gesetz, mit dem das Pyhrn Autobahn-Finan­ Als Ergebnis seiner Beratung stellt deI zierungsgesetz geändert wird (1448 der Bei- Finanzausschuß somit den Antrag, der Bun­ lagen) desrat wolle beschließen : Gegen den Gesetzesbeschluß des National­ 4. Punkt: Gesetzesbeschluß des Nationalrates rates vom 12. Dezember 1975 betreffend ein vom 12. Dezember 1975 betreffend ein Bundes­ Bundesgesetz, Init dem das Pyhrn Autobahn­ gesetz, mit dem das Tauem Autobahn-Finan­ Finanzierungsgesetz geändert wird, wird, soweit zierungsgesetz geändert wird (1449 der Bei- er dem Einspruchsrecht des Bundesrates lagen) unterliegt, kein Einspruch erhoben.

Der zweite Bericht : Durch den vorliegenden 5. Punkt: Gesetzesbeschluß des Nationalrates Gesetzesbeschluß des Nationalrates soll ein vom 12. Dezember 1975 betreffend ein Bundes­ rascherer Ausbau der Tauern Autobahn ge­ gesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend währleistet werden. Gleichzeitig wird der die Finanzierung der Autobahn Innsbruck­ Gesamthaftungsrahmen des Bundes für die Brenner geändert wird (1450 der Beilagen) gesamte der Gesellschaft zum Ausbau zu übertragende Autobahnstrecke auf 15.040 Mil­ Vorsitzender : Wir gelangen nun zu den lionen Schilling erhöht. Punkten 3 bis 5 der Tagesordnung, über die eingangs beschlossen wurde, die Debatte unter Nach den Erläuterungen der Regierungs­ einem abzuführen. Es sind dies : vorlage unterliegen von dem gegenständlichen Gesetzesbeschluß des Nationalrates die Be­ Änderung des Pyhrn Autobahn-Finanzie­ stimmungen des Artikels I Ziffer 3 (Haftungs­ rungsgesetzes, rahmen) und des Artikels 11 (Vollziehung), Änderung des Tauern Autobahn-Finanzie­ soweit er sich auf Artikel I Ziffer 3 bezieht. rungsgesetzes und im Sinne des Artikels 42 Absatz 5 Bundes­ Änderung des Bundesgesetzes betreffend die Verfassungsgesetz nicht dem Einspruchs­ Finanzierung der Autobahn Innsbruck­ recht des Bundesrates. Brenner. Der Finanzausschuß hat die gegenständ­ Berichterstatter über diese drei Punkte ist liche Vorlage in seiner Sitzung vom 17. De­ Herr Bundesrat Schickelgruber. Ich bitte um zember 1975 in Verhandlung genommen und die Berichterstattung. einstimmig beschlossen, dem Hohen Hause zu empfehlen, keinen Einspruch zu erheben . Berichterstatter Scbickelgruber: Durch den Als Ergebnis seiner Beratung stellt der vorliegenden Gesetzesbeschluß des N ational­ Finanzausschuß somit den Antrag, der Bun­ rates soll ein rascher Ausbau der Pyhrn desrat wolle beschließen : Autobahn gewährleistet werden. Als Bau- und Finanzierungsträger wird die Gleinalm Auto­ Gegen den Gesetzesbeschluß des National­ bahn Aktiengesellschaft herangezogen, wobei rates vom 12. Dezember 1975 betreffend ein ein Gesamthaftungsrahmen des Bundes ein- Bundesgesetz, mit dem das Tauern Autobahn-

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Sdlickelgruber Finanzierungsgesetz geändert wird, wird, so­ kurzen überblick über die Entwicklung be­ weit er dem Einspruchsrecht des Bundes­ ziehungsweise Nichtentwicklung dieser An­ rates unterliegt, kein Einspruch erhoben. gelegenheit in den letzten ' Monaten zu geben. denn nur so kann ich die Dringlichkeit des Der dritte Bericht : Durch den vorliegenden Problems Autobahnbau deutlich machen - Gesetzesbeschluß des Nationalrates soll die eines Problems, das die gesamte steirische Be­ Schließung und Finanzierung einer emp­ völkerung bewegt. findlichen Autobahnlücke, der sogenannten Südtangente Innsbruck, an die Brenner Der Herr Finanzminister Dr. Androsch er­ Autobahn AG übertragen werden. Nicht über­ klärte im Sommer dieses Jahres - ich zitiere -" tragen wird die Erhaltung, ebenso wird für wirtschaftsgeographisch sei der Anschluß der' dieses Teilstück der Inntal Autobahn ein Be­ Stadt an den obersteirischen und ober­ nützungsentgelt nicht eingehoben. Außerdem österreichischen Industrieraum von größter soll die Bestimmung, nach welcher die Satzung Bedeutung. Ein wahres Wort, und jeder stei­ der Aktiengesellschaft und jede Satzungs­ rische Wirtschaftstreibende wird diese Aus­ änderung sowie die Bestellung und Abberufung sage nllr unterstreichen können. von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern Eine der heutigen Verkehrslage entsprechende die Zustimmung der Bundesregierung erfor­ Nord-Süd-Verbindung, eine Verbindung also, dert, ersatzlos gestrichen werden. wie sie einmal die Pyhrn Autobahn werden Der Finanzausschuß hat die gegenständ­ soll, ist zwingend notwendig. liche Vorlage in seiner Sitzung vom 17. De­ Genauso notwendig ist aber auch eine Auto-· zember 1975 in Verhandlung genommen und bahn, die Wien mit der italienischen Grenze einstimmig beschlossen, dem Hohen Hause verbindet, nämlich die Süd Autobahn. zu empfehlen, keinen Einspruch zu erheben. Der Streit darum, welches Projekt den Vor­ Als Ergebnis seiner Beratung stellt der rang haben soll, ist unsinnig, denn was den Finanz ausschuß somit den Antrag, der Straßenbau, vor allem den Autobahnbau, an­ Bundesrat wolle beschließen : belangt, ist die Steiermark seit jeher stief­ Gegen den Gesetzesbeschluß des National­ mütterlich vom Bautenministerium behandelt, rates vom 12. Dezember 1975 betreffend ein worden. Aus welchem Grund, das kann man Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz bestenfalls nur ahnen. betreffend die Finanzierung der Autobahn Die Wichtigkeit, endlich den Autobahnbau Innsbruck-Brenner geändert wird, wird kein in der Steiermark zu forcieren, sollen ein paar Einspruch erhoben. Zahlen untermauern. Nach den vom Bundes­ ministerium für Bauten und Technik ver­ Vorsitzender: Ich danke dem Herrn Bericht­ öffentlichten Auswertungen der automatischen erstatter. Zählstellen des gesamten Bundesgebietes liegen Wir gehen in die Debatte ein, die über die die steirischen Zählstellen Wald am Schober­ zusammengezogenen Punkte unter einem ab­ paß - dieser betrifft die geplante Pyhrn­ geführt wird. strecke - und Hartberg - diese wiederum Zum Wort hat sich gemeldet Herr Bundes­ betrifft die geplante Süd Autobahn-Strecke - rat Pumpernig. Ich erteile es ihm. mit 54 beziehungsweise 53 Prozent Zunahme der Verkehrsbelastung von 1970 bis 1974 weit Bundesrat Pumpernig (ÖVP) : Sehr ge­ an der Spitze von ganz Österreich. Die Ver­ ehrter Herr Vorsitzender ! Herr Vizekanzler ! kehrszunahme aller anderen österreichischen Meine Damen und Herren ! "Der Worte sind Zählstellen liegt, mit Ausnahme des Grenz­ genug gewechselt, laßt mich auch endlich Ta­ überganges Walserberg, unter vierzig Prozent, ten sehn !" Damit meine ich uns Steirer, und zum Großteil erheblich darunter, die am Wal­ mit den Taten jene längst fälligen und drin­ serberg bei 45 Prozent, also auch wesentlich gend notwendigen Aktivitäten, die endlich im unter jener der Zählstellen der Steiermark. . Zusammenhang mit dem Ausbau der Auto­ Noch ein Wort zum Sorgenkind Pyhrn Auto­ bahnen in der Steiermark gesetzt werden sollen. bahn. Von Graz nach Linz zu kommen, ist Ich möchte die Vorlage über die Änderung heute für den Autofahrer ein Stunden um des Pyhrn Autobahn-Finanzierungsgesetzes Stunden dauerndes Unterfangen, und nicht zum Anlaß nehmen, um aus der Sicht eines nur das, es ist in erster Linie lebensgefährlich, Steirers einige grundsätzliche Betrachtungen meine Damen und Herren. zum Problem Autobahnbau in der Steier­ Dasselbe gilt für die Strecke Graz-. mark anzustellen. Diese Nord-Süd-Achse beinhaltet nämlich Meine Damen und Herren ! Es scheint mir die sogenannte Gastarbeiterroute, jene Strecke erforderlich, in diesem Zusammenhang einen also, die in der Unfallstatistik einen Rang

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Pumpemlg ganz oben einnimmt. Es ist fast so wie in und zwar gleich an drei Stellen : auf dem einem Kriegsland für die dort diensthabenden Wechsel, auf der Pack und auf dem Griffen. Gendarmeriebeamten, unter deren Augen sich Nahezu in einem Atemzug meinte damals der immer wieder entsetzliche Verkehrstragödien Herr Finanzminister , den Benützern der West mit Toten und Schwerverletzten abspielen. Autobahn werde diese Maut bestimmt erspart . bleiben. Die sind schuld, heißt es vielfach, wenn es wieder um eine Massen­ Ein derart einseitiges Zurkassebitten der karambolage geht. Steirer und Kärntner konnte nur heftige Proteste zur Folge haben, wobei sich auch Zugegeben, Jugoslawen, Türken oder Erster Landeshauptmann-Stellvertreter Seba­ Griechen fahren zu verschiedenen Feiertagen stian aus der Steiermark gegen seine Partei­ und zum Urlaub übermüdet nach Hause, freunde in Wien wandte und mit aller Deutlich­ haben wohl auch verkehrswidrige Fahrzeuge. keit erklärte - ich zitiere -: Dennoch müssen wir bedenken : Jene Straße, meine Damen und Herren, die · einer solchen "Wenn Maut, dann auf allen Autobahnen Belastung ausgesetzt ist, ist heute rettungslos in ganz Österreich." veraltet . Sie kann den Monsterverkehr, wie überdies sprach sich Sebastian damals - und er jetzt zu Weihnachten wiederum auf sie damit · geriet er in neuerlichen Gegensatz zum zukommt, einfach nicht mehr verkraften. Herrn Bautenminister und die sozialistische Sie kann nicht einmal mehr das verkraften, Regierung - für den Vorrang der Pyhrn was wir als normalen Straßenverkehr be­ Autobahn aus. zeichnen. Ich zitiere hier die "Neue Zeit", das Organ Daher einen Türken oder Jugoslawen nach der Sozialistischen Partei für die Steiermark, einem Unfall zum alleinigen Sündenbock vom Freitag, den 15. August, mit der über­ zu machen, ist meines Erachtens zu einfach. schrift "Adalbert Sebastian : Absoluter Vorrang Es müssen auch seitens der Verantwortlichen für Pyhrn Autobahn". alle Voraussetzungen dafür geschaffen werden, um die Unfalls quote von der Straßensituation Um die Schilderung dieses leidigen Hin her möglichst niedrigzuhalten. und Her, von dem Sie, meine Damen und Her­ Im speziellen Fall ist es leider umgekehrt. ren, jetzt eine kleine Kostprobe erhalten haben, Man hat sich offenbar eine Art von Fatalismus abzukürzen, möchte ich nur auf die Land­ dem Tod auf der Straße gegenüber angewöhnt, tagssitzung vom 26. November dieses Jahres geradezu eine "Da-kann-man-nichts-machen"­ hinweisen, wo der steirische Straßenbau und Philosophie. Unfallberichte sind alltäglich ge­ auch die Pyhrn Autobahn neuerlich für einige worden und schrecken niemanden mehr aus Aufregung, berechtigte Aufregung, sorgten. seiner Lethargie auf. Ich empfinde dies als Im Verlaufe der Straßenbaudebatte lehnte in höchstem Maß traurig und beunruhigend. Erster Landeshauptmann-Stellvertreter Seba­ stian von neuem jede Maut auf Autobahnen Was ist also unter diesen Prämissen in ab, solange damit ein Bundesland einseitig jüngster Zeit geschehen ? Es ergab sich zunächst belastet würde. eine langdauernde Rangelei, welches Auto- , Auch das wurde in der "Neuen Zeit", und bahnprojekt dringlicher sei : die Fertigstellung zwar in der Ausgabe vom 27. November auf der Süd Autobahn, die nach Aussage des Seite 3, veröffentlicht. Finanzministers bis 1985 erfolgen soll, oder die Pyhrn Autobahn. Doch täglich wurde Weiters warf Sebastian den steirischen deutlicher, daß beide Projekte für die Steier­ Straßenplanern vor, zurzeit wohl recht viel, mark gleichermaßen lebenswichtig sind. aber nicht an den vordringlichsten Projekten Zugleich kam auch ans Tageslicht, daß zu planen, wie es die "Neue Zeit" vom 27. No­ es - ich zitiere den steirischen Straßen­ vember fo rmulierte. landesrat Dr. Krainer - "in höchstem Maß Landesrat Dr. Krainer widerlegte ihn in unseriös ist, von einer durchgehenden Süd diesem Zusammenhang sehr deutlich. Er er­ Autobahn zu sprechen". Er bewies nämlich, klärte, daß es sehr wohl in dieser Hinsicht daß es sich bei der bis 1985 fertiggestellten Pläne gäbe, und zwar für zwölf Milliarden Strecke lediglich um einen Fleckerlteppich Schilling. Das Land Steiermark habe jedoch von Autobahn und Bundesstraßen handeln vom Bund zu deren Realisierung 1975 lediglich wird. 1,1 Milliarden Schilling bekommen. Wie die Außerdem wurde bereits damals, vor "Südost-Tagespost" vom 27. November dieses Monaten, ein weiterer Pferdefuß sichtbar : Jahres berichtete, kämpft die Steiermark Die zunächst von Wien aus forcierte Süd derzeit um ein realistisches Ausbauprogramm Autobahn sollte mit Maut belegt werden, im Ausmaß von 1,8 Milliarden Schilling.

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Pumpem!g Daß eine Flüssigstellung dieser Summe aber Rottenmann, nicht so belassen werden, wie Utopie bleiben wird, müssen wir allerdings sie derzeit sind. in der jetzigen Situation befürchten. Indessen Ein obersteirischer Landtagsabgeordneter wurde nämlich den steirischen Straßenbauern hat daher im Landtag am 26. November im Bautenministerium mitgeteilt, daß sie dieses Jahres den Antrag eingebracht, die im kommenden Jahr nicht einmal mit den Umfahrung Trieben im Zuge des Ausbaues 1,1 Milliarden Schilling von 1975 rechnen der Bundesstraße in Angriff zu nehmen. können, sondern vielmehr eine Kürzung von rund zehn Prozent hinnehmen müssen. Besteht aber andererseits die Möglichkeit, dieses Autobahnteilstück in der Dringlichkeit Sie sehen, meine Damen und Herren, die vorzureihen und in absehbarer Zeit mit dem Situation des steirischen Straßenbaues ist Bau zu beginnen, ist es sinnlos, dieses Stück alles andere eher als rosig. als Bundesstraße auszubauen. Zudem, ehe die Sie ist sogar so bedenklich geworden, meine Dringlichkeitsstufe vom Ministerium nicht Damen und Herren, daß in einem der endgültig geklärt ist, kann das Landesbauamt gefährdetsten Bereiche in der Steiermark, nicht mit der Detailprojektierung beginnen. nämlich in der Obersteiermark, vier Gemeinden Die Landesbaudirektion hat also, um diesem seit längerem eine Selbsthilfe aktion planen. Dilemma ein Ende zu bereiten, über Auftrag Gröbming, Stainach, Trieben und Peggau von Landesrat Dr. Krainer beim Bauten­ haben sich zu einer Arbeits- und Kampf­ ministerium schon vor längerer Zeit den Antrag gemeinschaft zusammengeschlossen, um die gestellt, die Pyhrn Autobahn im Bereich Bevölkerung und die zuständigen Stellen bei zwischen Rottenmann und Treglwang in die Land und Bund, wenn nötig mit Gewalt, Dringlichkeitsstufe eins vorzureihen. darauf aufmerksam zu machen, daß die Verkehrsbelastungen unzumutbar geworden Eine Antwort seitens des Ministeriums auf sind. Man hat geplant, wenige Tage vor Weih­ diesen Antrag, der bereits am 29. April dieses nachten, wenn der Gastarbeiterstrom wieder Jahres gestellt wurde, erfolgte endlich Anfang gegen Süden rollt, möglicherweise simultan Dezember dieses Jahres mit der Aufforderung, einen Sitzstreik durchzuführen und den Ver­ eine Detailplanung vorzulegen. kehr zwischen Schladming und Graz praktisch Auch aus einer Presseaussendung am Freitag für Stunden lahmzulegen. Was das bedeutet, der vergangenen Woche ist zu entnehmen, meine Damen und Herren, brauche ich Ihnen daß der Herr Bautenminister anscheinend im einzelnen nicht zu schildern. Ziel dieser bereit ist, im Bereich von Trieben den Auto­ Aktion ist es, die Notwendigkeit der vier in bahnbau vorzuziehen - ein erfreulicher Um­ diesem Raum projektierten Umfahrungsstraßen stand, möchte ich fairerweise feststellen. zu unterstreichen und deren vordringliche Finanzierung zu fo rdern . Bisher gab es fünf Jahre lang zwischen dem Bautenministerium und dem steirischen Landes­ Sosehr ich persönlich Gewaltmaßnahmen bauamt nur ein politisches Pingpongspiel. dieser Art ablehne, muß ich dennoch sagen, Die steirische Bevölkerung will aber keine daß ich für die Initiatoren, auch wenn sie politischen Autobahnfestspiele, sondern den SPÖ-Bürgermeister sind, vollstes Verständnis raschen Ausbau der Pyhrn und der Süd aufbringe. Seit Jahren hat die Bevölkerung Autobahn. der vier Orte unter dem immer ärger werdenden Ich hoffe, daß durch die jetzige Haltung des Durchzugsverkehr zu leiden, der neben Lärm Herrn Bautenministers künftighin eine sach­ und Abgasen auch mit sich bringt, daß Kinder liche Zusammenarbeit möglich sein wird. und ältere Leute durch die Verkehrsflut in höchstem Maß gefährdet sind. Das heute zu verabschiedende Gesetz, meine Damen und Herren, sieht einen Ausbau der Damit ist auch ein großes Problem akut Pyhrn Autobahn von Sankt Michael bis geworden, nämlich das der U mfahrung von Deutschfeistritz, das sind ungefähr 32 Kilometer, Trieben, das ein Teilprojekt der Pyhrn Auto­ eine rund zehn Kilometer lange Strecke von bahn ist. Sie gehört zum Autobahnabschnitt Spital am Pyhrn bis zum Knoten Selzthal Selzthal-Trieben . einschließlich des Bosrucktunnels, eine drei­ Nach der Dringlichkeitsreihung des Bauten­ einhalb Kilometer lange Strecke von Sankt ministeriums gehört dieses Teilprojekt jedoch Michael bis Traboch und eine etwa drei Kilo­ der Stufe drei an. Das bedeutet, daß frühestens meter lange Strecke von Deutschfeistritz bis 1989 mit dem Ausbau dieses Abschnittes Friesach vor. begonnen werden kann. Aber noch eine andere Sache ist im gegen­ Nun können jedoch die Straßenverhältnisse ständlichen Gesetz äußerst bedenklich : Trotz im Paltental, vor allem zwischen Trieben und der massiven Proteste der letzten Monate

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Pumpernig ist wieder eine Mauteinhebung verankert. Maut. Da der Herr Ba.utenminister ja ein Wörtlich heißt es im Bericht des Finanz- und steirischer Abgeordneter ist, darf ich mir Budgetausschusses beziehungsweise im vor­ erlauben, die Empfehlung auszuspreohen, er liegenden Gesetz - ich zitiere -: möge sich in dieser gravierenden Angelegenheit doch einmal mit seinem Landesparteiobmann "Nach Ende der Bauzeit werden die auf­ Sebastian aussprechen. genommenen Kredite aus den Mautein­ nahmen und aus den Mitteln der Mineralöl­ In diesem Zusammenhang möchte ich auch steuer bedient werden." die mit der Vorfinanzierung der Pyhrn Auto- Es wurde eine Mauteinhebung verankert, . bahn verbundenen Lasten für das Land Steier­ obwohl die steirische Sozialistische Partei mark nicht unerwähnt lassen. Das Land immer energisch dagegen Einspruch erhoben Steiermark hat sich verpflichtet, vom Grund­ hat. Anscheinend wird jedoch die Meinung kapital der Pyhrn Autobahn AG 130 Millionen der steirischen SPÖ von den Wiener Zentral­ Schilling zu übernehmen. Außerdem hat sich ·stellen vollkommen negiert. das Land bereit erklärt, in den Jahren 1977 bis 1991 jährlich 24,5 Millionen Schilling Am jüngsten Parteitag der steirischen Sozia­ nicht rückzahlbar - nicht rückzahlbar ! - in listischen Partei am 22. November dieses die Gesellschaft einzuzahlen. Insgesamt ergibt Jahres hat der Vorsitzende der steirischen das eine finanzielle Leistung in der Höhe von SPÖ, der bereits mehrmals von mir erwähnte 497,6 Millionen Schilling, also fast einer halben Erste Landeshauptmann-Stellvertreter Seba­ Milliarde. 'stian, einen nachdrücklichen, wie sich zeigt fr uchtlosen, Appell an den Herrn Bauten­ Es handelt sich hier - das möchte ich aus­ minister gerichtet. drücklich betonen - um eine fr eiwillige Leistung des Landes Steiermark, weil ja der Ich zitiere die "Neue Zeit" vom 23 . Novem­ Bau und die Finanzierung von Autobahnen ber dieses Jahres, Seite 3: nach der Bundesverfassung selbstverständlich "Sebastian wandte sich in diesem Zusammen­ reine Bundessache sind. hang direkt an Minister Maser - ,ich bitte Es ist daher nicht einzusehen, daß wir in der ihn und alle Freunde in der Bundesregierung, Steiermark gleichsam für eine freiwillig nicht böse zu sein' - und erklärte unter erbrachte finanzielle Leistung auch noch Ab­ stürmischem Beifall : ,Wir Steirer haben Ver­ gaben in Form einer Maut zahlen sollen. ständnis dafür, daß mehr Mittel aufgebracht werden müssen, aber wir wehren uns leiden­ Aktuell geworden ist in der letzten Zeit sohaftlich dagegen, daß ausgerechnet wir wieder der berühmte Plabutschtunnel. Neuer­ Steirer, die wir als letzte die Autobahn be­ lich hat man nämlich die Autobahntrasse kommen, dafür auch noch Maut zahlen sollen. durch den Plabutschtunnel als die nicht Wenn Maut, dann auf allen Autobahnen und richtige Lösung kritisiert. Gerüchte waren auch für die Ausländer !' " aufgetauoht. daß das Vorprojekt für den Tunnel wegen Ungenauigkeiten an die dafür zuständige Es ist geradezu paradox, meine Damen und Planungsgruppe zurückgeschickt worden sei. Herren, daß ich heute hier im Bundesrat als Mitglied des ÖVP-Klubs die Meinung des In einer Pressekonferenz am 12. November Landesparteiobmannes der SPÖ der Steiermark dieses Jahres. also vor wenigen Wochen, und des Landeshauptmann-Stellvertreters gab der Leiter der Straßen- und Brückenbau­ Adalbert Sebastian zu verteidigen und zu abteilung des Landesbauamtes Hofrat vertreten habe. Dipl.-Ing. Theussl zu, daß das Projekt zurück­ Nun ist doch die Situation so, daß Landes­ gesandt worden sei, jedoch deshalb, weil vor hauptmann-Stellvertreter Sebastian nicht kurzem beendete Probebohrungen eine neue irgendein Politiker ist, sondern, wie bereits und für die Tunnelbauer sehr erfreuliche -erwähnt, der Landesparteiobmann der Sozia­ Tatsache erbracht hätten. Das Gestein des listisohen Partei der Steiermark, und als solcher Berges hat sich nämlich als wesentlich härter hat er in seiner Parteizeitung, der "Neuen herausgestellt. als man ursprünglich annahm,

_ Zeit" - ich habe sie auch hier liegen -, diese und auf Grund der Wasserundurohlässigkeit Meinung noch am 27. November öffentlich besteht keine Gefahr für das Grazer Grund­ kundgetan. wasser. Die Tunnelröhre kann nun durch den Berg gefräst werden. was erhebliche Ich müßte nun, wenn der Herr Bauten­ Einsparungen an Baukosten mit sich bringt. minister persönlioh anwesend wäre, ihn .im Interesse der steirischen Bevölkerung und Ergänzend möchte ich dazu noch feststellen, Autofahrer bitten, daß sich die SPÖ recht daß am 27. April dieses Jahres die gesamte bald selbst einig werden möge. was sie eigent­ Grazer Bevölkerung die Möglichkeit hatte, lich will : die Einhebung einer Maut oder keine in Form einer geheimen Volksbefragung über

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Pumpemig die Trassenführung der Pyhrn Autobahn Vorsitzender: Zum Wort hat sich weiter durch beziehungsweise bei Graz abzustimmen. gemeldet Frau Bundesrat Leopoldine Pohl. Es war dies ein demokratischer Vorgang, Ich erteile es ihr. dessen Ergebnis zu akzeptieren ist. Die Mehrheit der Bevölkerung hat sich eindeutig für den Bundesrat Leopoldine Pohl (SPÖ) : Sehr Plabutschtunnel ausgesprochen. geehrter Herr Vorsitzender ! Herr Vizekanzler I Meine sehr geehrten Damen und Herren I Die Trassierung der Pyhrn Autobahn hat Ich möchte doch einiges an meinen sehr ge­ bereits einmal den Ausgang der Grazer Ge­ schätzten Herrn Vorredner anschließen. meinderatswahlenentscheidend beeinflußt. Man Vielleicht gleich ganz zu Beginn : Wenn die möge diesen Umstand nicht vergessen, sonst Steirer bei dem derzeitigen Bautenminister könnte dieser bei der nächsten Grazer Ge­ Findelkind sind, dann darf ich wohl, und das meinderatswahl im März 1978 wieder von werde ich später noch einmal anführen, sagen : entscheidender Bedeutung sein. Früher, als das Bautenministerium von der Gestatten Sie mir, meine Damen und ÖVP-Alleinregierung beherrscht war, war es Herren, daß ich meine Ausführungen mit aber ein weggelegtes Kind, meine Damen einem Vergleich beende. und Herren. (Beifall bei der SPO.)

Ich möchte aber doch sagen, daß ich mit Ich bin überzeugt davon, daß viele von meinem Vorredner darin einig bin, daß es Ihnen schon einmal die Möglichkeit hatten, für uns Steirer keinen Streit geben kann Israel zu besuchen. Ich darf auch annehmen, zwischen der Dringlichkeit der beiden Auto­ daß manche von Ihnen das bei Bethlehem bahnen, die wir so sehr erwarten. gelegene SOS-Kinderdorf, das eine steirische Gründung ist, gleichfalls besichtigt haben. Aber eines, lieber Herr Kollege : Die Pyhrn Jene, die dieses Kinderdorf besichtigt haben, Autobahn hat von allen Vorrang bekommen, werden mir gerne bestätigen, daß in diesem auch von den sozialistischen Ministern, sowohl Kinderdorf nur arabische Kinder aufgenommen vom Herrn Finanzminister als auch vom werden, die man in Jerusalem auf der Straße Herrn Bautenminister . ausgesetzt gefunden hat. Es handelt sich also bei diesen arabischen Kindern um echte Ich stimme mit Ihnen überein, wenn Sie sagen, Findelkinder, um Kinder, um die sich niemand eine Verpolitisierung des Straßenbaues und sorgen wollte, die man einfach weggelegt schon gar des Autobahnbaues bringt niemand hat. Nutzen, es kann höchstens schaden. Wenn man die Verkehrssituation in der Ich glaube, gerade die heutige Gesetzes­ Steiermark, insbesondere in Graz, betrachtet vorlage - es ist ja ein Finanzierungsgesetz, und kennt, dann muß man sagen, daß dieses das geändert wird - zeigt ja, daß man sehr Bundesland mit seiner Hauptstadt vom Bund wohl daran interessiert ist, etwas schneller aus gesehen als Findelkind behandelt und damit zu machen, daß man nicht in Lethargie auch entsprechend benachteiligt wurde. verfällt und alles beim alten belassen will. Und eines noch vielleicht vor Eingang in Ich gebe allerdings zu, meine Damen und meinen eigenen Beitrag : Wir Sozialisten halten Herren, daß dieser Vergleich insofern hinkt, es für keinen Fehler, wenn ein verantwortlicher weil das Land Steiermark, u.nd insbesondere Spitzenpolitiker unserer Partei in der Partei die Stadt Graz, einen Vater eruiert hat, und die Meinung des Landes zum Ausdruck bringt zwar in der . Person des Herrn Bautenministers und wenn er dies sehr vehement tut. Ich Moser, der ja nicht nur Steirer, sondern glaube, das ist in einer großen Partei wie der auch ein Grazer ist und durch lange Jahre Sozialistischen Partei nur nützlich . Wir sind hindurch auch im Grazer Gemeinderat ver­ eine offene Partei, und wir sprechen über alle dienstvoll gewirkt hat. Probleme sehr offen. Ich glaube, das wird uns keinen Schaden bringen, auch nicht Da das Unterhaltsschutzgesetz derzeit sehr unserem sehr geehrten Landesvorsitzenden. aktuell ist und unmittelbar vor der Ver­ abschiedung im Nationalrat steht, darf ich Wie schon Hen: Kollege Pumpernig gesagt doch annehmen, daß sich der Herr Bauten­ hat, wurde über das Projekt der Pyhrn Auto­ minister seiner Verpflichtung bezüglich der bahn schon vieles geschrieben, es wurde schon Unterhaltsleistung entsprechend bewußt wird, jahrelang darüber gesprochen, und es waren sodaß die Steiermark und mit ihr die Landes­ sicherlich stichhältige und sehr verantwortungs­ hauptstadt Graz künftighin, was die Ver­ volle _Begründungen vorhanden. Aber ich kehrssituation betrifft; nicht mehr als Findel­ glaube, wir können auch sehr viele tragische kind des Bundes behandelt werden wird. Begründungen hiezu anführen, und das werde (Bei/all bei der (JVP.) ich in der Folge noch tun.

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Leopoldine Pohl Meine sehr geehrten Damen und Herren ! zu mildern� ist · eben die Herstellung einer Wenn wir alle wissen, daß Österreichs Straßen­ schnellen und leistungsfähigen Verkehrsver­ bau durch die immer größer werdende Diskre­ bindung für unser Industriegebiet in der Ober­ panz zwischen den Erfordernissen und den steiermark� aber auch für die Landeshauptstadt Möglichkeiten gekennzeichnet ist, so trifft Graz und darüber für die West- und Oststeier­ diese Problemstellung auf die Steiermark im mark vordringlich. besonderen Maße zu. Kein anderes Bundesland Dieser Bedeutung bewußt, haben sich neben muß deshalb so wie die Steiermark auf die den Landes- und Bundesstellen auch der Forderung von zwei wichtigen Autobahn­ Verkehrsausschuß der Arbeiterkammer Steier­ projekten drängen, wie schon gesagt, der Süd mark und die Bürgermeister der betroffenen und der Pyhrn Autobahn. In kaum einem Strecke einschließlich des Grazer Bürger­ anderen Bundesland ist das Verkehrsauf­ meisters vehement dafür eingesetzt, daß dieser kommen sowohl beim Urlauber- als aber Autobahnbau in die Dringlichkeitsstufe eins auch beim Berufsverkehr so groß, und nirgend­ gereiht werden soll. Und wie sc�on ein Vor­ wo anders ist das Mißverhältnis zwischen � redner hier zugegeben hat : DIe Emreihung. Kraftfahrzeugbestand und ausgebautem hoch­ in die Dringlichkeitsstufe eins ist ja vom rangigem Straßennetz derart kraß. Bautenminister bereits geschehen. Es ist, wie schon eingangs erwähnt, darüb�r Aber etwas weiteres hat der Bautenminister viel geschrieben worden. Aber gestatten SIe in Anbetracht dieser Tatsachen erst kürzlich doch einige Mißverhältnisse hier noch einmal festgelegt : Er hat angeordnet, daß künftighin anzuführen. nicht mehr nur 43 Prozent, sondern 50 Prozent Im Bundesland Salzburg kommen 17.000 der gesamten Straßenbaumittel für den Auto­ Fahrzeuge, in Tirol 22.000, in Niederösterreich bahnbau verwendet werden. 28.000, in Oberösterreich 31.000 und in Kärnten Wenn ich für das Budget 1976 hier die Zahl 36.000 Fahrzeuge auf einen benützbaren Auto­ von 8,6 Milliarden Schilling für den Straßenbau bahnkilometer. In unserem Bundesland aber, anführen darf, so heißt das, daß 50 Prozent in der Steiermark, kommen auf einen benütz­ hievon für den Autobahnbau Verwendung baren Autobahnkilometer 93.000 Fahrzeuge. finden werden. Aber auch hinsichtlich der Verkehrssicherheit Wir wissen alle, daß die Neu bewertung der verzeichnet die Steiermark einen traurigen Prioritäten im Autobahnbau bis 1977 dauern Rekord. Eine Veröffentlichung der Österreichi­ wird, und so hat der Bautenminister eben wie­ schen Gesellschaft für Straßenwesen enthält derum fe stgehalten, daß die Pyhrn und die Süd die besonderen GefahrensteUen auf Öster­ Autobahn schon früher, mit mehr Tempo� ge­ reichs Straßen, und zwar jene Stellen, wo pro baut werden müssen. Jahr mehr als zehn von den Behörden regi­ strierte Unfälle passieren, und in dieser Unfall­ Es ist daher sicherlich erfreulich, daß wir bilanz rangiert die Steiermark mit 57 Unfall­ nun schon sagen könne:p, daß nach Fertig­ steIlen an erster Stelle. stellung des Teilstückes mit dem Gleinalm­ tunnel inzirkadrei Jahren, aber zumindest 1980, Hier könnte ich wiederum Vergleiche mit dieser Tunnel mit seiner Seehöhe von 817 m unseren Bundesländern anführen. Dort sind im Scheitelpunkt der niedrigste und winter­ die entsprechenden Zahlen weit niedriger. sicherste Übergang über die Ostalpen sein So gibt es in Niederösterreich 15, in Ober­ wird was wiederum für den von mir schon österreich 16 und in Salz burg 17 solcher erwähnten Lastenverkehr für unsere Wirt­ unfallträchtiger neuralgischer Punkte. schaft von großer Bedeutung sein wird. Hiezu möchte ich nochmals betonen - dies Wenn mit diesem Gesetzesbeschluß nun wurde schon im Jahre 1971 festgestellt und auch die Gleinalm Autobahn Aktiengesellschaft auch hier im Hohen Haus erwähnt - und für die drei angeführten Abschnitte, und zwar kräftigst unterstreichen, daß die Pyhrn Auto­ im Süden von Deutschfeistritz bis Friesach bei bahn keineswegs eine reine Freizeitverkehrs­ Graz im Norden von Sankt Michael bis strecke oder wie wir sie leider kennen, eine Trab�ch und von Selzthal bis Spital am Pyhrn, Gastarbeiter�trecke ist, sondern daß sie vor als Finanzierungsträger herangezogen ,wird, allem - und das ist für uns in dem hoch­ so wird die Steiermark eben in absehbarer industrialisierten Land Steiermark von großer Zeit über eine Autobahnverbindung aus dem Bedeutung - für den Lastenverkehr zwischen Raume von Sankt Michael bis zur nördlichen dem Industriedreieck Wien-Linz-Graz von Grenze der Landeshauptstadt verfügen, was besonderer Bedeutung ist. Unser Land befindet wir nur begrüßen können. sich ja in einer extremen Randlage zu den Wirtschaftszentren Österreichs und West­ Wir Steirer sehen nun einmal - und ich glau­ europas. Um diesen schweren Standortnachteil be, alle Ländervertreter tun dies ja sicherlich

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Leopoldine Pohl auch - die einzige Chance unserer wirtschaft­ Wir Sozialisten begrüßen diesen Gesetzes­ lichen Entwicklung im Ausbau guter Verkehrs­ beschluß aber auch deshalb, glaube ich, weil bedingungen. Ohne diesen Ausbau - und durch dieses Finanzierungsgesetz die Bauzeit dazu gehört auch der Ausbau unserer Schnell­ für die genannten Abschnitte, also für die straßen durch das Mürz- und Murtal - würde Anschlüsse der Gleinalm Autobahn, von 1976 die Obersteiermark im speziellen der Gefahr bis 1980 angenommen werden kann, was eines Industriefriedhofes nicht entrinnen. doch wieder früher ist, als wenn die Durch­ führung dieses Bauvorhabens erst im Rahmen Ich möchte hier sagen - und nun komme der aus dem Bundesstraßenbau zweckge­ ich zu dem, lieber Herr Kollege, wo ich gesagt bundenen Mittel erfolgen könnte, denn dies habe : Weglegkind -, daß sich unsere steirischen wäre wahrscheinlich erst im Jahre 1980 Spitzenpolitiker unmißverständlich für die möglich. Ebenso ist diese Vorziehung zu Beseitigung jener katastrophalen Zustände begrüßen, weil sich ja für die Straßenteil­ ausgesprochen haben, die den Steirern unter nehmer die Fahrzeit um 40 Prozent ver­ den Nägeln brennen. Sie haben Vorrang für ringern wird. den Ausbau der Pyhrn Autobahn verlangt, damit das Chaos auf der Gastarbeiterroute Hoher Bundesrat ! Nun lassen Sie mich ein Ende findet. Es muß, glaube ich, einmal auf die vielleicht menschlichste Begründung klargemacht werden, wer für diese schweren für diesen Gesetzesbeschluß eingehen. Versäumnisse auf dem Schlachtfeld quer durch In einigen Tagen beginnt mit dem Einsetzen unser Bundesland eigentlich verantwortlich des Weihnachtsverkehrs die große Völker­ ist. Die Verkehrsexplosion, meine Damen und wanderung durch unser Land. Wenn schon Herren, der letzten Jahre ist ja schließlich im vergangenen Jahr in den Publikationen keine Naturkatastrophe, sondern sie war klar berichtet wurde, daß 8,5 Millionen Menschen voraussehbar. und 2,5 Millionen Fahrzeuge unsere Staats­ grenze passiert haben, so werden es heuer Für die ÖVP-Bautenminister waren die noch mehr sein, und es vergeht kein Tag, an Steirer von jeher erbärmliche Stiefkinder . dem wir nicht hören , wie sich die Bevölkerung In den Jahren der ÖVP-Alleinregierung - und vor diesen Tagen fürchtet. Mein Herr Vor­ hier möchte ich nachhelfen, wenn Herr Kollege redner hat ja ebenfalls aufgezeigt, was manche Pumpernig gesagt hat, man kann nur ahnen, Bevölkerungskreise vorhaben. was für die Straßen getan worden ist - flossen dem Straßenbau in unserem Bundesland Wir wissen, daß eine einzige Großveranstal­ 2,7 Milliarden Schilling zu, und in der Zeit tung sportlicher Art in Schladming einen Aufruf eines .sozialistischen Bautenministers sind es in der Zeitung zur Folge hatte. Es wurde ein aber 5,4 Milliarden Schilling. Dabei sind Schlachtplan für Schladming entworfen, weil die Beträge vom heurigen Jahr überhaupt nicht dort Wintersportveranstaltungen stattfinden. eingerechnet. (Rufe bei der Ö V P: Es ist ja Man fordert die Verkehrsteilnehmer auf, von alles teurer geworden !) Das entspricht emer der Straße weg auf die Eisenbahn überzu­ Steigerung von mehr als 65 Prozent. gehen, um dem Tod auf der Straße zu ent­ rinnen. Ich glaube, diese Zahlen beweisen, daß einiges geschehen ist, um die schweren Ver­ Aber es geht nicht nur um diese Veran­ säumnisse der Vergangenheit wettzumachen. staltung, sondern, wie gesagt, auch um den Daß aber noch viel geschehen muß, um dieses Feiertagsverkehr . Hier werden Menschen durch Chaos aus Blech und Blut weiter einzudäm­ unser Land zu ihren Familien fahren wollen, men, beweisen die vielen Toten auf der Gast­ um das Weihnachtsfest zu feiern, und wiederum arbeiterroute . werden viele darunter sein, die ihr Ziel nicht erreichen, und es wird viel Leid geben. Meine Damen und Herren ! Ich möchte Obwohl seitens der Gendarmerie in dankens­ nicht versäumen, hier auch festzuhalten, daß werter Weise alle nur erdenklichen Vorkeh­ die Steiermärkische Landesregierung in ihrer rungen für den Einsatz getroffen werden, Sitzung vom 16. Juni heurigen Jahres keine mit einbezogen das Rote Kreuz und die Feuer­ Einwendungen gegen den Entwurf dieses wehr, wird hier bestenfalls geholfen werden Bundesgesetzes erhoben hat, und möchte können, aber es wird fast nichts verhindert ebenfalls festhalten, daß die Steiermark einen werden können. beachtlichen Beitrag, wie mein Vorredner schon gesagt hat, für die Jahre 1977 bis 1991 Auf einer verhältnismäßig kurzen Strecke, dazu leisten wird, und zwar jährlich 24,5 Mil­ meine Damen und Herren, zwischen Bruck lionen Schilling. Das Land Oberösterreich und Graz, hat das Rote Kreuz schon vor wird ebenfalls einen Beitrag von 4,5 Millionen Jahren drei Einsatzstellen errichten müssen, Schilling leisten. und zwar in Bruck, Frohnleiten und Graz, 935

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Leopoldine Pohl und wenn man diese Strecke benützt, kann Damen und Herren ! Das vorliegende Gesetz, man ruhig sagen, daß permanent ein Rot­ Punkt 5 der Tagesordnung, sichert die Finan­ Kreuz-Wagen unterwegs ist, um den Opfern zierung der Südtangente, das ist ein 2300 Meter aus den Verkehrsunfällen zu helfen. langes Teilstück, das die Autobahnlücke Inns­ bruck-Amras bis Innsbruck-West schließt. Wenn man die neuralgischen Punkte und die leider nur zu bekannten Punkte, wie Das Fehlen dieses Verbindungsstückes hat meine Heimatstadt Leoben, die Umfahrung, nicht nur für den überregionalen Verkehr kennt, wo täglich bis zu 40.000 Fahrzeuge nachteilige Auswirkungen, sondern für die die Strecke passieren, oder zum Beispiel die Stadt Innsbruck auch die katastrophale über­ Strecke zwischen Rottenmann und Trieben, lastung des Südringes zur Folge. Eine Verkehrs­ die ebenfalls hier schon angeführt worden zählung vor fünf Jahren am 7. August 1971 ist, wo in einem Jahr auf dieser 17 Kilometer ergab in beiden Richtungen ein Verkehrsauf­ 30 langen Strecke Tote zu beklagen sind, kommen von 690 Verkehrsteilnehmern in von den Unfällen gar nicht zu sprechen, so einer Stunde. Das bedeutet, daß jede Sekunde muß man feststellen, daß diese Gastarbeiter­ zwei Fahrzeuge den Südring belasten. Damit route leider europaweit zur gefürchtetsten ist die außerordentliche Dringlichkeit des Durchzugsstrecke geworden ist. Ich glaube, Ausbaues der Südtangente für den Bereich der es ist doch schrecklich für ein Land, wenn es Stadt Innsbruck mit der sich dadurch ergeben­ für seine Todesstraßen bekannt wird. den Entlastung vom Durchzugsverkehr be­ Ich möchte an dieser Stelle, meine Damen gründet. und Herren, ganz besonders all diesen Kräften, Die Autobahn erfüllt im Raum Innsbruck die im Einsatz stehen - und viele, viele eindeutig die Aufgabe einer Fernstraße. Der sind ehrenamtliche Helfer des Roten Kreuzes überwiegende Teil des Autobahnverkehrs ist und der Feuerwehr -, Dank und Anerkennung Durchzugsverkehr sowohl in Richtung Brenner aussprechen. Sie leisten in vorbildlichster Zu­ als auch in Richtung Westen. über die Priorität sammenarbeit das Menschenmöglichste. Ich dieses Straßenstückes aus verkehrstechnischer, wünsche ihnen aber auch, daß sie weiterhin fr emdenverkehrspolitischerund wirtschaftlicher die Kraft haben, diese schwere Arbeit im Sicht besteht Einigkeit zwischen Bund, dem Dienste der Menschlichkeit zu leisten. Land Tirol und der Stadt Innsbruck. Die Hoher Bundesrat ! Ich habe hier diesen Dank Finanzierung des Projektes konnte mit der ausgesprochen, weil wir in mancher Gemeinde Novelle zum Bundesgesetz über die Finan­ mit den Folgen solcher Gastarbeitertragödien zierung der Autobahn Innsbruck-Brenner befaßt sind, weil die Probleme von den Hin­ gelöst werden. terbliebenen nicht gelöst werden können. Ich rede gar nicht von den unschuldigen Unfalls­ Meine Damen und Herren ! Es gäbe heute opfernunseres Landes. keine Brenner Autobahn, keinen Westast,. wenn nicht im Jahre 1964 die Gründung der Ich möchte sagen, daß wir uns in Anbetracht Brenner Autobahn AG - es war damals ein dieser Tatsachen und angesichts der vielen Novum - neue Finanzierungsquellen für anderen Begründungen sicherlich einig sind, den Straßenbau erschlossen hätte. Diesen daß hier weder mehr Gendarmerieposten, Erfolg kann unser Landeshauptmann Eduard wie sie leider einmal in einem Wahlkampf Wallnöfer für sich beanspruchen. ( Beifall von einer Zeitung vehement verlangt wurden, bei der (JVP.) noch mehr Rot-Kreuz-Wagen helfen werden, sondern daß wir alle bestrebt sein müssen, so Die Sonderfinanzierung der Brenner Auto-· wie mit diesem Gesetzesbeschluß, den Bau bahn ist durch das Brenner Autobahn-Finan­ der Pyhrn Autobahn weiter voranzutreiben, zierungsgesetz vom 3. Jänner 1964 in der daß wir alle bestrebt sein müssen, dafür zu Fassung der Novelle vom 21. Juni 1967 ge­ sorgen, daß dieses Werk möglichst rasch regelt worden. Der Bau, die Erhaltung und vorangeht. Ich glaube, wir haben dazu geradezu die Finanzierung der Autobahn Innsbruck­ eine moralische Verpflichtung. Brenner wurde einer Aktiengesellschaft über­ tragen. Der Finanzminister wurde ermächtigt� Aus dieser Verpflichtung heraus geben wir für die Aufnahme von Anteilen, Darlehen und Sozialisten diesem Gesetzes beschluß gerne sonstigen Krediten die Haftung von 2,4 Mil­ unsere Zustimmung. (Beifall bei der SP(J.) liarden Schilling zuzüglich Zinsen und Kosten Vorsitzender : Zum Wort ist weiter gemeldet zu übernehmen. Frau Bundesrat Rosa GfÖller. Ich erteile es Die 2. Novelle vom November 1969 enthält ihr. neben steuerlichen Vorschriften auch eine Bundesrat Rosa Gföller (ÖVP) : Herr Präsi- Erhöhung des Haftungsrahmens im Ausmaß dent ! Herr Vizekanzler ! Meine sehr geehrten . von weiteren 400 Millionen Schilling. Zusam-

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Rosa GföHer men erhöht sich also der Haftungsrahmen auf Die Gesamtbaukosten der Südtangente wer­ 2,8 Milliarden Schilling. den voraussichtlich 430 Millionen Schilling betragen. Pro Kilometer sind es rund 187 Mil­ Die Brenner Autobahn Aktiengesellschaft lionen Schilling. Von entscheidendem Ein:O.uß wurde durch diese 2. Novelle in die Lage ver­ auf die Höhe der Baukosten sind allerdings setzt, ein Darlehen von 400 Millionen Schilling schwierige Brückentragwerke und zwei neue aufzunehmen, um die Inanspruchnahme einer Tunnels durch den Berg lsel von je rund Haftung des Bundes so lange hinauszuschieben, 480 Metern Länge. (V orsitzender-8tellvertreter bis die volle Höhe der Mauteinnahmen nach Dr. 8kotton übernimmt die Leitung der Ver­ Fertigstellung der Autobahnverbindung Kuf­ handlungen.) stein-Bozen beziehungsweise Italien erreicht ist und auch die weitere Steigerungs quote Meine Damen und Herren! Die Verabschie­ des Verkehrs abgeschätzt werden kann. dung der vorliegenden Novelle zum Brenner Autobahn-Finanzierungsgesetz ist sehr zu be­ Meine Damen und Herren! Die 3. Novelle grüßen, und ich hoffe, daß die Termine der ermöglicht der Brenner Autobahn Aktien­ Fertigstellung eingehalten werden können. gesellschaft den Bau des sogenannten West­ Danke. (Beifall bei der OvP.) astes und brachte der Aktiengesellschaft be­ Vorsitzender-Stellvertreter Dr. Skotton: Ich trächtliche Vorteile insofern, als der gesamte begrüße den im Haus erschienenen H;errn vom Westen kommende Verkehr hindernislos Bundesminister Otto Rösch. (Allgemeiner auf die Brenner Autobahn gebracht wird, Beifall.) was auch zu einer wesentlichen Verbesserung der Verkehrslage im Stadtgebiet Innsbruck Als nächster zum Wort gemeldet ist Herr führte. Bundesrat Ceeh. Ich erteile ihm das Wort.

Das Verkehrsaufkommen auf der Brenner Bundesrat Ceeh (SPÖ) : Herr Vorsitzender! Autobahn verdoppelte sich von 1970 bis 1974. Herr Bundesminister! Meine Damen und Im Jahre 1975 werden bereits sechs Millionen Herren! Wie man sieht, wird es offenbar noch Kraftfahrzeuge die Brenner Autobahn be­ einige Zeit dauern, ob oder bis man sich nützt haben. darüber einigen wird, ob und wie zusätzliche \ Mittel für den Autobahnbau aufzubringen sind. Dieser Verkehrsanstieg, der trotz der parallel (Bundesrat Bürkle: Die Regierung ist er­ zur Autobahn führenden Bundesstraße ver­ finderisch im Mittelauf bringen !) Mehr Einigkeit zeichnet werden konnte, fand auch seinen besteht offensichtlich schon darüber, daß dieser Niederschlag in der Einnahmenentwicklung Autobahnbau schneller vor sich gehen muß, der Gesellschaft. Während im Jahre 1968 nach und mehr Geld dafür wird auch von Ihnen Fertigstellung der Stammstrecke Innsbruck­ verlangt, auch vom Kollegen Pumpernig. Brenner die Mauteinnahmen 42 Millionen Nur sagt er nicht, woher das Geld nehmen, Schilling betrugen, werden sie im Jahre 1975 und darüber werden wir reden müssen. bereits auf 350 Millionen steigen. Einmütigkeit besteht glücklicherweise in Da sich die positive Entwicklung weiterhin den Ausschüssen, im Plenum des National­ fortsetzt, wird nunmehr der Brenner Autobahn rates und auch hier darüber, daß die zur Aktiengesellschaft auch der Bau und die Debatte stehenden Autobahnteilstücke gebaut Finanzierung der Südtangente übertragen, werden sollen. Mir steht es daher kaum zu. ohne aber den seinerzeitig festgesetzten Haf­ unsere Entscheidung zu diesen allseits er­ tungsrahmen deswegen überziehen zu müssen. wünschten Baubeginnen über Gebühr aufzu-· Würde diese Finanzierung unterbleiben, so schieben, und deshalb sage ich ohne Ver­ wäre die Brenner Autobahn Aktiengesellschaft zug : Dem Ja zu den drei vorliegenden Ände­ in der Lage, im Jahre 1976 bereits die ersten rungen von Autobahnfinanzierungsgesetzen Überschüsse abzuwerfen. schließen sich selbstverständlich auch die drei sozialistischen Vertreter des Bundeslandes Nach Fertigstellung dieses Bauabschnittes, Kärnten an. (Beifall bei der 8PO.) dessen Verkehrsübergabe Ende 1977 erfolgen Ich sage es deshalb, um klarzustellen , daß soll, wird der durchgehende Ost-West-Verkehr wir Kärntner keineswegs von Neidkomplexen sich nicht mehr mühevoll durch das städtische geplagt werden, wenn Autobahnmaßnahmen Straßennetz von Innsbruck quälen müssen, früher und vorzeitig in anderen Bundesländern sondern wird sein Ziel im flüssigen Verkehr realisiert werden. erreichen können. Dadurch, daß durch die Südtangente die Auffahrt zur Brenner Auto­ Wir sagen ja, obwohl es nicht unbekannt bahn im Osten und im Westen erleichtert sein dürfte, daß die Stellungnahme des Amtes wird, wird auch die Brenner Autobahn neue der Kärntner Landesregierung zum Beispiel Verkehrsmengen gewinnen können. zur Änderung des Pyhrn Autobahn-Gesetzes.

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Ceeh nicht positiv gewesen ist und obwohl die die auch heute schon gesprochen wurde. Dringlichkeitsreihung 1975 des Bautenministe­ Für 1976 sind sie mit 600 Millionen Schilling riums nicht geradezu dazu auffordert, Beschlüsse vorgesehen, und diese Einnahmen haben eine über die Realisierung von' Abschnitten in der steigende Tendenz. zweiten Dringlichkeitsstufe schon 1975 vor­ zuziehen. Wir sagen ja, obwohl in diesem vor Für den Autobahnbau -ich meine jetzt nicht kurzem nach jahrelangen Vorarbeiten präsen­ die Erhaltung, sondern nur den Bau - ist aus den beiden angeführten Einnahmequellen tierten Prioritätenkatalog auf Seite 31 wörtlich zu lesen steht : im ordentlichen Haushalt 1976 der Ausgaben­ betrag von rund 3,1 Milliarden Schilling vor­ " Obwohl sicher nicht alle Wünsche der gesehen. Bundesländer in diesem Reihungsvorschlag ihre Erfüllung finden, haben jedoch alle Bun­ Anscheinend sind sich doch alle Beteiligten desländer ihr Einverständnis zu diesem Prio­ darüber einig, daß Jahresraten dieser Größen­ ritätenkatalog bekundet." ordnung für die Einhaltung des gewünschten Tempos im Autobahnbau nicht ausreichen. Wir Kärntner sind uns der Bedeutung Wir wissen ja, daß erst rund die Hälfte des aller dieser dringend erforderlichen Abschnitte beschlossenen Autobahnnetzes fertig be­ für den innerösterreichischen Verkehr, aber ziehungsweise im Bau ist, und wir wissen auch, auch für das Europastraßennetz sehr wohl daß ein Kilometer Autobahn rund 40 bis 50 Mil­ bewußt, und es ist uns natürlich die Proble­ lionen Schilling kostet. Wir hörten vorhin, matik der Prioritäten, auch der bereits ge­ daß die Südtangente pro Kilometer wesentlich setzten, absolut klar. mehr kostet. Es können also mit den 3,1 Mil­ Im Zusammenhang mit den vorliegenden liarden des ordentlichen Haushaltes höchstens Gesetzen drängen sich allerdings auch einige zirka 70 Kilometer Autobahnen gebaut werden. Aspekte auf, die eine nähere Betrachtung Deshalb ist es richtig, daß· man den Weg und Beachtung verdienen. Wenn der Kollege der zusätzlichen Finanzierung über Kapital­ Pumpernig meint, daß sich unsere Sprecher gesellschaften beschritten hat. Nur darf dabei ab und zu einmal von anderen Sprechern keineswegs übersehen werden und unerwähnt unserer Partei unterscheiden, so ist das sicher gelassen werden, daß dieser Weg bekanntlich kein Unglück, sondern das ist richtig so. Die weitaus kostspieliger ist und vor allem, daß Sozialistische Partei war immer schon eine bei den gegebenen Laufzeiten der Kredite offene Partei, bei uns konnte immer noch diese Kredite jedenfalls nicht nur, wie man jeder sagen, was er gemeint hat, und ich tue vielfach hört, die nächste Generation, die auch �s auch. (Beifall bei der SptJ.) die Kosten mittragen soll, sondern jedenfalls Es geht um Finanzierungsfragen. Die Finan­ in einem hohen Maße auch die derzeitige zierung des Baues und der Erhaltung der Generation belasten. österreichischen Autobahnen erfolgt bekannt­ lich zu Lasten der Einnahmen aus der Bundes­ Die Finanzierung dieser Art darf also in mineralölsteuer, die zweckgebunden sind. Ob einem vertretbaren Ausmaß nur für dringend es richtig ist, Zweckbindungen im Budget zu notwendige vorrangige Aufgaben und Vor­ machen oder nicht, ist ja immer eine Frage. haben dienen. Die zur Debatte stehenden Autobahnabschnitte entsprechen ohne Zweifel Nach Abzug der Rückvergütungen an die diesem Postulat, deshalb stimmen wir selbst­ Landwirtschaft und die Österreichischen Bun­ verständlich zu. desbahnen - das sind immerhin 600 bis Durch die vorzeitige Fertigstellung entsteht 700 Millionen Schilling - bleiben für die Bun­ auch eine Einnahmenerhöhung durch die desstraßen laut Voranschlag 1976 7,5 Milliarden ; Mautge bühren. im Voranschlag 1975 waren es noch 7,6 Mil­ liarden, und der Erfolg 1974 war 7,64 Milliarden. Nun sei mir bitte verziehen, daß sich beim Das heißt, diese Einnahmen sind also auch Wort Mautgebühren uns Kärntnern die Haare ohne Berücksichtigung der Inflationsrate rück­ aufstellen. Wir sitzen jetzt schon in einem läufig. Käfig, in einem goldenen Käfig vielleicht, weil es bei uns so schön ist ; aber ein Käfig Weil wir gerade von der Inflationsrate ist es trotzdem. ( Bundesrat Pumpernig: sprechen : Ich verstehe es wirklich nicht, Mit den Steirern zusammen !) Wollen wir unsere warum einer meiner Vorredner vorhin es für Bundesländernachbarn besuchen, gilt es jetzt notwendig befunden hat, die Inflationsrate schon zuerst in die Tasche zu greifen. Von auf zehn Prozent zu erhöhen. Das ist jedenfalls Kärnten fahren wir jet,zt nach Tirol über vorhin gesagt worden, obwohl es nicht stimmt. Südtirol, über den Brenner : Maut. Wir fahren Die zweite für den Autobahnbau sehr wesent­ nach Salzburg und nach Tirol über die Felber­ liche Einnahme sind die Mautgebühren, über tauernstraße : Maut. Über die Glocknerstraße:

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Ceeh Maut. Durch den Tunnel Autoverladung Böck­ Wer mit dem Auto zwischen Salzburg und stein-Mallnitz : Maut. Wir fahren über die Kärnten schon gefahren ist, wird sicher Tauern Autobahn : Maut. In Zukunft sollen gemerkt haben, wie hemmend und gefährlich wir nach Graz über die Pack fahren : Maut. die Strecke zwischen Werfen und Eben ist� Und wenn wir in Zukunft mit dem Auto Die Verkehrsverhältnisse sind dort auch in nach Wien fahren : zweimal Maut. (Bundesrat der verkehrsärmeren Zeit wirklich unhaltbar. He i n z i n (Jer: Dreimal !) Zunächst einmal zwei­ Für den Transitverkehr ist die durchgehende mal Maut. Autobahn 10 von eminenter Bedeutung. Sie Die Zugänge zu uns werden also durch ist ja - hier befinde ich mich ohne Zweifel Schranken geradezu verbarrikadiert. Wir hoffen im Widerspruch zum Verfasser der Broschüre doch, daß man uns nicht in unseren goldenen "Nadelöhr des Kontinents" - die kürzeste­ Käfig einsperren will. Die hohen Mautgebühren Verbindung zwischen dem süddeutschen Raum verderben uns auch unsere Freude am Fort­ und dem Südosten. Sie bietet sich geradezu schritt beim Ausbau der Tauern Autobahn als Alternative für die derzeit in Stoßzeiten vollends. hoffnungslos verstopfte Fremdarbeiterstrecke an. Die sechs Kärntner Grenzübergänge Thörl­ Glauben Sie vielleicht, daß es der richtige MagIern, Wurzenpaß, Loiblpaß, Seebergsattel , Anreiz für viele Kärntner sein könnte, etwa Bleiburg-Grablach, Lavamünd-Rabenstein kön­ in das schöne Flachauer Gebiet schifahren zu nen für eine ' VerkehrsentHechtung zumindest gehen oder zur Schladminger Weltcupabfahrt vorläufig sorgen. zu fahren � Letzteres tut ein Sonderzug um 122 Schilling ab Klagenfurt weit billiger, und Die endgültige Entlastung der Pyhrnstrecke die Mautgebühr beträgt nach einer Seite wird sich aber ergeben, wenn auch die vorge­ 180 Schilling. Kein Wunder, daß der Vorstand sehene A 11 mit dem dann hoffentlich unbe­ der Tauern Autobahn-Gesellschaft seine Maut­ mautet gebauten Karawankentunnel endlich politik neu überdenken will, um jetzt schon einmal fertig wird. Derzeit ist die A 11 leider Maßnahmen zur Belebung der Frequenz der noch in der blauen Zone, also in der Dringlich­ Scheitelstrecke zu treffen. keitsstufe fünf.

Die große Bedeutung der Tauern Autobahn Kein Wunder auch, daß gerade heute, wurde erst kürzlich bei der in München statt­ vielleicht zur gleichen Stunde, im Kärntner gefundenen Aussprache der Regierungsmit­ Landtag der Antrag eingebracht wird, die glieder von Bayern, Slowenien und Kärnten Kärntner Landesregierung möge geeignete erneut bestätigt. Das Interesse dieser Regionen Schritte wegen einer Ermäßigung der Maut­ an diesem Ausbau wurde besonders betont, gebühr und wegen Einführung eines Winter­ erfüllt doch die Tauern Autobahn durch tarifes unternehmen. Überwindung zeitlicher und räumlicher Di­ Die Übernahme des Tauern Autobahn­ stanzen eine bedeutende überregionale und Teilstückes Eben/Pongau bis zum Talüber­ übernationale Funktion, bringt sie doch die gang Larzenbach in die Gesellschaftsstrecke Märkte in Nord-, Süd- und Südosteuropa geht ohne Zweifel in Ordnung. Ohne diese einander näher und leistet dadurch einen Maßnahmen hätte bis 1982 weiterhin der erheblichen Beitrag zu einer echten europäischen Slogan gelten müssen : Zwischen Salzburg Integration. und Kärnten nimm Urlaub vom Auto, fahre Auch für den Fremdenverkehr ergeben sich mit der Bahn ! für die Tauern Autobahn erfreuliche Aspekte. Laut Verkehrsprognose werden für 1982 für Durch die Sonderfinanzierung wird eine den alpenüberquerenden durchschnittlichen um zwei bis drei Jahre fr ühere Fertigstellung Tagesverkehr, und zwar für alle österreichi­ dieses zirka sieben Kilometer langen Teil­ schen Alpenübergänge : Reschen, Brenner, Fel­ stückes, also spätestens bis Anfang 1980, bertauern, Glockner, Böckstein-Mallnitz, Tau­ sichergestellt. Das anschließende Stück wird ern Autobahn, Schoberpaß, zusammen zirka die Landesbaudirektion Salzburg früher fertig­ 35.000 Kraftfahrzeuge errechnet, davon etwa stelIen können . 15.000 Inländer und 20.000 Ausländer, und Es ist also zu hoffen, daß dann die Europa­ davon für die Tauern Autobahn etwa 8000 straße E 14 im Jahre 1980 doch schon im Kraftfahrzeuge täglich, das sind zirka 23 Pro­ wesentlichen durchgehend auf gut ausgebauten zent des gesamten alpenüberquerenden Ver­ hochrangigen Straßen befahren werden kann. kehrs, da von zirka 3500 Inländer und 4500 Vor wenigen Jahren stand diese E 14 im Ausländer ; das heißt also eine Frequenz von österreichischen Bereich bekanntlich nur auf fast drei Millionen Kraftfahrzeugen jährlich dem Papier. 1980 wird die Tauern Autobahn über die Tauern Autobahn. Das wären bei endlich eine Fernstraße werden. einem etwa auf 100 Schilling ermäßigten Maut-

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Ceeh satz immerhin auch 300 Millionen Schilling Das Mautsystem in unserem Nachbarland jährlich. Italien ist anders. Man zahlt Maut auf Berg­ strecken, man zahlt Maut auf Flachstrecken, Und damit nochmals, Kollege Pumpernig, zahlt sie überall, das weiß jeder. Und zum leidigen Mautproblem. Nichts liegt mir man trotzdem ist es ein Irrtum : Man zahlt in ferner, als zu verlangen, man möge zugunsten Italien nicht überall. Sehr viele wissen nicht, jener auf Mauteinnahmen verzichten, die un­ ser Staatsgebiet möglichst schnell und be­ daß in Süditalien die Benützung der Autobah­ nen gratis ist. Warum wohl 1 Und bei uns 1 quem hinter sich bringen wollen. Aber das derzeitige Mautsystem, und das ist meine feste Die Meinung einer Zeitung dazu - auch das Überzeugung, benachteiligt vor allem die In­ sage ich ganz offen : es ist nicht meine Meinung, länder. aber diese Meinung einer Zeitung sage ich Während der Transitverkehr unser teures ganz offen - lautete: Straßennetz vielfach völlig gratis in Anspruch "Offensichtlich herrscht in Wien die Auf­ nimmt, wird der österreichische Kraftfahrer fassung vor : Die wilden Bergvölker sollen sich in jeder Hinsicht gemolken. Er beteiligt sich ihre schwierigen Bergstrecken mit den vielen doch an den Einnahmen der .Allgemeinheit Tunnels und Brücken selbst bezahlen, Haupt­ schon beim Kauf eines Kraftfahrzeuges durch sache, die West Autobahn ist gratis ! Nur die den Zoll, durch die Mehrwertsteuer, bei dessen Salzburger , Oberösterreicher, Niederösterrei­ Betrieb durch die Versicherungssteuer, durch cher und Wiener nicht vergrämen !" die Mehrwertsteuer und zahlt ohne Zweifel auch monatlich seine seit Jahren gleichge­ Ich meine, so schlecht ist es um die Solida­ bliebene Kfz -Steuer. Alle diese Abgaben die­ rität in Österreich nun doch wieder nicht be­ nen nicht direkt seinen, sondern anderen Be­ stellt. Bei uns ist sie ja Gott sei Dank auch auf dürfnissen. anderen Ebenen gegeben, zum Beispiel auf der Ebene der Elektrifizierung. Wäre es nicht Würde man hier das Verursacherprinzip, so, hätten auch heute noch viele Bergbauern von dem in der letzten Zeit so viel geredet keinen elektrischen Strom. Kostendeckende wird, ebenfalls konsequent anwenden, würde Anschlußgebühren und kostendeckende Ta­ ohne Zweifel für den Straßenbau in Kürze rife könnten sich viele Bergbauern nicht lei überhaupt kein Problem bestehen. Ich hoffe steno Und die Elektrifizierung von Streusiedlun­ aber, daß wir auch darüber einig sind, daß die gen in Extremlagen ist durchaus kein Geschäft Zweckbindung dieser Steuereinnahmen für für die Elektrizitätsgesellschaften. Sie wird von den Straßen bau ja nicht möglich ist. Und wenn den Strom beziehern in günstigeren Lagen mit­ man ihn beschließen würde, bin ich sicher, daß finanziert. ein Geschrei von der rechten Seite des Hauses wieder anheben würde . Nicht kostendeckend sind auch die Tarife , sprich Eintrittspreise, der Bundes- und der Unser System der Kostenaufbringung für Landestheater. Hier tragen, da ja der Bestand das Straßennetz ist aber jedenfalls ungerecht, dieser Kulturstätten von allen als notwendig wenn auch eine alte Gewohnheit. Besonders anerkannt wird, alle die Defizite mit. An den ungerecht ist die Aufbringung der Mittel für Kosten beteiligen sich auch die "wilden Berg­ die Autobahnen. Wir wissen alle, daß die völker", auch wenn sie entweder nie oder nur wirtschaftliche Entwicklung und die gesamte selten und auch dann nur mit nochmaligen Lebensqualität im Einzugsbereich der Auto­ zusätzlichen Kosten die Kultur des Theaters bahnen auf Jahrzehnte hinaus entscheidend kosten dürfen. beeinflußt werden. Die entsprechende verkehrs­ mäßige Erschließung fördert die schrittweise Doch zurück zu den Autobahnen : Die not­ Schaffung zumindest annähernd vergleichbarer wendigen Autobahnen nützen allen durch Lebensbedingungen auch für die fr üher noch verkehrsmäßige Entlastung bewohnter Zonen, im tiefen Schatten des wirtschaftlichen Auf­ durch Verringerung der Unfallgefahren, durch schwunges anderer Regionen vegetierender Be­ Sicherung von Arbeitsplätzen, sie nützen der wohner von schwierig zugänglichen Regionen. Wirtschaft, dem Fremdenverkehr, sie nützen nirgendeiner Weise jedem von uns. Und des­ Die verkehrsmäßige Erschließung und auch halb sollten und müßten wir bereit sein, auch der Autobahnbau müßten sich daher nach die finanziellen Belastungen gemeinsam zu meiner Meinung als Akt der Solidarität ge­ tragen, die Kosten gerechter zu verteilen und genüber bisher Benachteiligten vollziehen. Ich das derzeitige Mautsystem fa llenzulassen. sage : "müßte", und ich meine, daß derzeit gen au das Gegenteil der Fall ist. Die ohnehin Die Maut bringt hohe Einnahmen, die Er­ Benachteiligten bestraft man durch zusätz­ richtung und der Betrieb der Mautstellen liche Abgaben, und man erwartet von ihnen kosten aber viel Geld, das man sicher nutz­ dennoch, daß sie die Stellung halten. bringender anderswo anwenden könnte. Die

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Ceeh Kosten für den .Autobahnbau müssen aufge­ .Ausdruck verwendet hat ; deswegen wiederhole bracht werden, auch die zusätzlichen Kosten, ich ihn ja. (Bundesrat Pumpernig: Danke und es geht ohne Zweifel auch anders als im schön !) Es ist ein Fleckerlteppich. Nur, Herr Wege ungerechter Mauteinhebung unter der Kollege, vergessen Sie nicht, daß Sie den Flek­ Voraussetzung, daß wir alle es wollen. kerlteppich kritisieren und daß Sie gleichzeitig die Vorziehung anderer Fleckerl fordern, und Die Ausrede, der Kraftfahrer sei wegen Zeit­ das ist schon ein bisserl komisch. (Bundesmt ersparnis, Kostenersparnis und Schonung seines Hofmann- Wellenhof: Früher war es ein Fahrzeuges gerne bereit, für die Benützung der schwarzer Fleckerlteppich und jetzt ist es eben Berg- und Tunnelstrecken eine Maut zu zahlen, ein roter!) ist eben nur eine Ausrede ; gerne tut er es sicher nicht. Warum ist denn der Benützer der Auto­ Die Straßenkarte zeigt, daß der Fleckerl­ bahnfiachlandstrecken, für den doch auch die teppich besteht, ohne Zweifel. Von den 381 gleichen Kriterien Zeit- und Kostenersparnis Kilometern der Süd Autobahn steht derzeit nur gelten, nicht bereit, die Maut zu bezahlen � Sieht ein Drittel in den Ballungszentren bei Wien, man denn nicht, daß vielfach sogar Schwer­ Graz und zwischen Klagenfurt und Villach fahrzeuge von der Autobahn auf die Bundes­ zur Verfügung. Wann der Ausbau dieser straße ausweichen, um Mautstrecken zu ver­ Hauptverkehrsachse, die fünf Bundesländer meiden ? Das kann doch nicht der Sinn der verbinden soll, durchgehend fertigwerden kann, .Autobahnen sein ! steht bei der derzeitigen Finanzierungssitu­ ation noch in den Sternen. Auch gegen solche Unzukömmlichkeiten kann nur eine generelle Regelung helfen, die Jeder weiß, daß die derzeitige Trasse der den Gedanken gar nicht aufkommen läßt, aus Europastraße 7, das ist Rom-Wien-War­ Kostengründen die schlechtere Straße statt schau, als Transitstrecke völlig unbefriedigend der Autobahn zu benützen. Einige Ideen hat ist und daß sie durch die Süd Autobahn ehestens es dazu schon gegeben, wie wir alle wissen, ersetzt werden müßte. Erst wenn die Süd nur haben sie bisher nichts weiter eingebracht Autobahn durchgehend auch vom Schwerver­ als Kritik ohne Alternativvorschläge. kehr benützt werden kann, werden die über­ lasteten Straßenzüge im Mürz- und im Murtal, Die Fragestunde im Nationalrat am 12. De- . die Kärntner Bundesstraße 83 und die Ossia.­ zember zeigte, daß auch die Opposition zu­ eher Bundesstraße 94, wo es bekanntlich schon sätzliche Mittel für den Straßenbau gesichert einen Sitzstreik gegeben hat, eine Entlastung sehen möchte. Sie erwartet Aktivitäten des erfahren können. Aber auch dann nur, wenn Bautenministers und des Finanzministers. Die die Strecke über den Wechsel und die Pack beiden sind zu Aktivitäten bereit, beide mach­ von den vorgesehenen Mautgebühren frei­ ten schon Vorschläge, und das Echo darauf gehalten werden kann. kennen wir. Die Opposition verlangt zusätz­ Kollege Pumpernig hat die "Arbeiter-Zei­ liche Mittel und kritisiert dann, ohne bessere tung" und unsere Mandatare zitiert, daher Vorschläge machen zu können, woher das noch eine kleine Anleihe von seinen Kollegen : verlangte Geld kommen soll. Darüber wird man eben noch reden müssen. Der steirische Landesrat Krainer hat laut Presseaussendung mitgeteilt, daß auf Grund Bei der Lösung dieses Problems wäre etwas fertiger Planungen allein im steirischen Teil notwendig, wovon vor der Nationalrats­ der Süd Autobahn zirka 4,7 Milliarden sofort wahl so viel geredet wurde : Notwendig wäre verbaut werden könnten, wenn die Mittel dazu eine Bereitschaft zur konstruktiven Zusammen­ bereitstünden. Nach seiner Meinung gibt es arbeit, zu einer Zusammenarbeit ohne Hinter­ aus dem Autobahndilemma nur einen Aus­ gedanken. In der Fragestunde hat eine Frage weg : "Die Süd Autobahn muß als Gesell­ gefehlt : ob die ÖVP überhaupt an einer Zu­ schaftsstrecke gebaut werden - das geht auch sammenarbeit interessiert ist. ohne Maut", sagte er. Dringend notwendig wäre auch das baldige Der Kärntner Landesrat Knafl meinte, es Zustandekommen eines Gipfelgespräches der müsse "in nächster Zeit ein Gipfelgespräch auf Spitzen der Regierung mit den verantwortli­ Bundesebene für die Forcierung der Süd Auto­ chen Landeshauptleuten. Die Zusage dazu liegt bahn zwecks Aufbringung zusätzlicher Mittel bekanntlich schon vor. Es könnte dann viel­ erzwungen werden". Er schloß sich dem Vor­ leicht doch auch Einvernehmen darüber er­ schlag seines Kollegen Krainer bezüglioh der zielt werden, wie der bisherige Fleckerlteppich Finanzierung an und meinte, daß entweder der Süd Autobahn zu einer echten Fernver­ die bestehende Pyhrn Autobahn oder eine bindung ausgebaut werden könnte. neue Finanzierungsgesellschaft für die Strecke Weil das Wort Fleckerlteppich fällt, fällt Hartberg-Griffen ohne Mauteinhebung ins mir auf, daß Kollege Pumpernig auch diesen Auge gefaBt werden sollte.

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Ceeh Es ist erfreulich, daß wir in dieser Hinsicht Wenn wir alle bereit sind, ausgetretene Pfade mit unseren Kollegen an einem Strick ziehen. gemeinsam zu verlassen und durch gemein­ Die Süd Autobahn ist notwendig. Es ist er­ sames Bemühen neue, bessere Wege zu finden, fr eulich, daß sich auch die Abgeordneten kann uns allen gemeinsam ein Erfolg der zum Deutschmann und Suppan im Nationalrat für Nutzen unseres Heimatlandes und seiner Be­ die Forcierung des Süd Autobahn-Baues an­ völkerung notwendigen Maßnahmen nicht ver­ läßlich der Budgetdebatte vorgestern verwendet sagt bleiben. haben. Wir Sozialisten werden zur Zusammenarbeit Letzterer, nämlich der Abgeordnete Suppan, bei der Bewältigung dieser schwierigen Materie hat sich sogar Zeit genommen, um fe stzustellen, gerne bereit sein. (Beifall bei der SPO.) warum alles so lange dauert. Er kritisiert den Vorsitzender-Stellvertreter Dr. Skotton : Als schleppenden Aktengang und lastet das dem nächster zum Wort gemeldet ist Herr Bundes­ Bautenminister an. Es ist nur etwas pein­ lich, wenn sich nachher herausstellt, daß die rat Kommerzialrat Dr. Rudolf Schwaiger. Akten nicht in Wien schubladiert werden, son­ Bundesrat Dr. Rudolf Schwaiger (ÖVP) : dern daß die Anbote für die Vergabe der drei Herr Vorsitzender ! Herr Bundesminister ! Ho­ Brücken auf der Kärntner Seite der Pack noch hes Haus ! Ich weiß nicht ganz genau, ob ich die immer in der Abteilung von Suppans Partei­ Frau Bundesrat Pohl richtig verstanden habe, fr eund, Landesrat Knafl, liegen. Möge Abge­ wie sie gesagt hat, achteinhalb Millionen Men­ ordneter Suppan daheim etwas mehr Wind schen überschreiten die Grenze in einem Jahr. machen, Minister Moser wird dann sicher für (Bundesrat Leopoldine Po h l : Ja I) eine rasche Vergabe sorgen. Zum Vergleich mit diesem steirischen Grenz­ Jedenfalls hat aber der Abgeordnete Let­ übertritt möchte ich die Ziffer der Grenzüber­ maier von Ihrer Seite recht, wenn er sagt : tritte in Tirol bringen. Ich weiß sie nicht mehr ganz genau, aber sie ist um die 35 Milliollen "Die Bevölkerung will keinen politischen Menschen im Jahr, die nach den drei Staaten Streit, sondern ordentlich und schnell gebaute Straßen." Italien, Deutschland und Schweiz die tiroleri­ sehe Grenze überschreiten. Das vielleicht zur Die Fahrt nach Wien mit dem Auto, nicht Demonstration der Notwendigkeit des dorti­ nur bei den Verkehrsverhältnissen, wie sie gen Straßenbaues. heute sind, von unserem goldenen Käfig aus Nun, viele dieser Schwierigkeiten, die der und auch von Graz aus, ist alles andere als Vorredner angedeutet hat, hatten wir in Tirol ein Vergnügen, auch wenn man einen Chauf­ ja auch, aber bereits vor Jahren . feur hat. Unsere Fernfahrt nach Wien der­ zeit ohne Chauffeur mit der Bahn ist weitaus Für uns gab es die Notwendigkeit des Aus­ angenehmer und geradezu eine Wohltat. Ich baues der Brenner Bundesstraße. Man war der gehe aber sicher nicht fehl in der Annahme, daß Meinung, wenn man diese Bundesstraße auf die Abgeordneten ihre Fahrausweise nicht we­ dem Stück von nur zehn Kilometern ausbaut, gen einer Frequenzsteigerung der Südbahn und wo vorher 55 Kurven waren, sollte man sie schon gar nicht deshalb erhalten, daß sie den gleich autobahnmäßig ausbauen. Das Land hat Fleckerlteppich der Süd Autobahn vergessen. aus Bundesstraßenmitteln für dieses Stück, Die Süd Autobahn muß schneller gebaut wer­ das dann Autobahn wurde, 600 Millionen Schil­ den, Kollege Pumpernig. (Bundesrat Pum­ ling aufgewendet. pernig: Da sind wir uns vöUig einig I) Ob Als dann die Diskussion begann zur Zeit mit Hilfe einer bestehenden Gesellschaft oder des Herrn Ministers Bock, ob man die Brenner mit Hilfe einer neuen Gesellschaft oder durch Autobahn bauen könnte als Mautstraße, war Erschließung anderer Möglichkeiten, das das damals ein ganz neuer Gedanke, Herr Vor­ sollte und müßte bald entschieden werden. redner. Natürlich hat man sich auch in Tirol gesagt : Wenn man von Salz burg nach Wien Im Zusammenhang damit müßte die Finan­ fr ei fahren kann, warum sollen denn wir dann zierung der Autobahnen grundsätzlich neu über­ � dacht werden. Es gilt · einen neuen Weg zu Maut zahlen Aber mehrheitlich hat sich doch die Meinung durchgesetzt : Lieber eine Auto­ finden, der durch Bekenntnis aller zur Soli­ bahn mit Maut als keine Autobahn. darität geprägt wird, der die ohnehin Benach­ teiligten nicht nochmals benachteiligt, der für So wurde die Aktiengesellschaft gegründet, den Autobahnbau neue Einnahmen erschließt, leider weitaus unterkapitalisiert, sodaß sehr der uns Österreicher von den Ungerechtigkei­ große Geldbeträge im Wege von Anleihen und ten bei der Mauteinhebung befreit, ein Weg, Darlehen aufgenommen werden mußten. Es der auch eine Kostenbeteiligung des Transit­ hat am Anfang ja nicht so ausgeschaut, daß verkehrs sicherstellt. man mit den Mauteinnahmen den Kapital-

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Dr. Rudolf Sdlwaiger dienst auch nur einigermaßen decken kann. Es Vorsitzender (der wieder die Leitung der hat sich jedoch, wie die Frau Bundesrat Gföller Verhandlungen übernommen hat) : Am Wort ist schon erwähnt hat, die Mauteinnahme in den Herr Bundesrat Dr. Schwaiger ! (Bundesrat letzten Jahren von 40 auf 350 Millionen Schil­ Bürkle: Er hat 620.000 gesagt !) ling erhöht, sodaß jetzt die Amortisierung und der Kapitaldienst erfolgen kann, und zusätz­ Bundesrat Dr. Rudolf Schwaiger (fortset­ lich kann, wie in dem jetzigen Gesetz beschloss­ zend) : Ich darf bei der Brenner Autobahn sen werden soll, auch diese Südtangente in etwas erwähnen, was noch nicht erwähnt wor­ Innsbruck noch mit vorfinanziert werden. den ist, und zwar den Güterverkehr. Ich glaube, es ist einmalig, wo eine zweigleisige Bahn und Wir haben aber noch etwas anderes gemacht : eine Straße nebeneinander sind, daß dort der Die Inntal Autobahn hat das Land auch mit Güterverkehr auf der Straße weitaus größer 360 Millionen Schilling vorfinanziert, wobei i�t als der auf der Bahn. Von den zehneinhalb wir bisher zwei Raten zurückbekommen haben. Millionen Tonnen, die im letzten Jahr über den Auf die dritte Rate - im Jahre 1976 wäre sie Brenner gegangen sind, sind lediglich 24 Prozent fällig - warten wir von der Bundesregierung. auf der Eisenbahn befördert worden. Ich Ich möchte mich zuerst für die zwei Raten be­ möchte sagen, daß das nicht an den Österrei­ danken, und wir werden uns dann gerne auch chischen Bundesbahnen liegt, sondern daß das für die dritte Rate wieder bedanken, wenn die in erster Linie an der italienischen Staatsbahn im Jahr 1976 sicherlich eintreffen wird. (Bun­ desminister Böseh : Es ist noch nicht 1976, liegt, die einfach nur eine gewisse Waggonan­ es ist erst 1975! - Heiterkeit bei der SPÖ.j zahl am Tag abfertigt. Aber durch das Ver­ halten der italienischen Staatsbahn würde der Aber noch ein Beispiel möchte ich anführen, Güterverkehr über den Brenner - Nord-Süd um zu zeigen, daß man, wenn man Straßen­ und Süd-Nord -längst fast zum Erliegen ge­ wünsche hat, nicht nur kritisieren darf. Von gekommen sein, wenn nicht auf der Autobahn vier Bezirken in Tirol - Schwaz, Kufstein, diese Transporte durchgeführt werden könnten. Kitzbühel und Lienz - haben die kleinsten Berggemeinden bei der Bildung einer Aktien­ Im allgemeinen beträgt, wie ich höre, die Fre­ gesellschaft mitgezeichnet, teilweise nur sym­ quenz von Güterwagen oder Fernlastern auf bolisch mitgezeichnet, sodaß ein Verhältnis den Autobahnen zwischen sechs und sieben zustande gekommen ist von 16 zu 24 zu 60 Pro­ Prozent. Auf der Brenner Autobahn ist der zent, also Gemeinden 16, Land 24 und Bund Anteil dieser Fahrzeuge fast elf Prozent. Auch 60 Prozent. Nur durch diese Beteiligung und das soll erwähnt werden für die Bedeutung die­ Eigenleistung war es möglich, daß dieser Stra­ ser Straße. ßenbau zustande gekommen ist. Nun etwas, was vielleicht den Bundesrat Die läuft gut. Sie hat 850 Millionen Schilling in Zukunft etwas mehr beschäft igen sollte. Ich gekostet, und weitere 350 Millionen Schilling habe dieses Vorfinanzierungsgeschehen vom sind inzwischen investiert worden für Auf- und Land Tirol aus deswegen geschildert, weil ich Abfahrtsrampen. Aber vielleicht ist das auch befürchte, wenn die Finanzpolitik des Bundes für den Vorredner von besonderem Interesse, so weitergeht, wie es für das Jahr 1976 geplant denn wenn man nicht selber bereit ist, auch ist, daß solche Möglichkeiten in Zukunft nicht etwas zu tun, wenn man nur wartet, bis von mehr bestehen. selbst etwas kommt, kann man eben oft sehr Meine Damen und Herren 1 Sie sind ja in den lange warten. Landtagen ihrer Bundesländer. Dort werden Wir haben uns auch am Arlbergtunnel betei­ Sie ja wahrscheinlich mit dem letzten Budget ligen müssen. Ich weiß nicht, ob hier in dem auch die Erfahrung gemacht haben, daß sich Haus bekannt ist, daß der Arlberg von Wien Pflichtausgaben und Ertragsanteile immer stär­ aus nach Paris ziemlich genau in der Mitte ker nähern und daß in den Landesbudgets ist, wenn man mit der Eisenbahn über Zell ein Ermessensspielraum innerhalb kurzer Zeit am See und Bischofshofen fährt. (Bundesrat nicht mehr sein wird. Wenn dieser Ermessens­ Bürkle: Feldkireh ist die Mitte !) Ja, also spielraum nicht mehr ist, dann hat auch ziemlich die Mitte . kein Land die Möglichkeit, solche Vorfinan­ zierungen auf dem Straßensektor zu machen. Herr Bundesrat Bürkle hat mich darauf auf­ Die Finanzreferenten der Länder werden prak­ merksam gemacht, daß sich durch · die Ort­ tisch zu Lohnbuchhaltern degradiert, weil sie schaft Feldkirch bis zu 620.000 Fahrzeuge im nichts anderes mehr zu tun haben, als die Er­ Tag durchzwängen müssen. Das ist also ein tragsanteile für den Personalaufwand und für Problem, das auch außerhalb dieses Gesetzes die Pflichtausgaben weiterzuleiten. einmal zur Debatte gestellt werden wird. (Bun­ desrat Bürkle: 26.000 an einem Zähltag !) Hier sollten wir, glaube ich, im Jahre 1976 Bitte 1 als Landeskammer eine Aufgabe finden. Es

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Dr. RudoU Schwaiger wäre unsere Pflicht, hier rechtzeitig warnend te, gab es nur einen Weg, den Weg der außer­ einzugreifen, damit die Entmachtung der ordentlichen Mittel, der einer außerordentlichen Länder auf dem finanziellen Sektor nicht noch Situation zu begegnen hatte. weitergeht. Die 37 Kilometer lange Verbindung zwischen Im übrigen stimmt die ÖVP gerne diesem Innsbruck und der italienisch-österreichischen Gesetz zu. (Beifall bei der OvP und (les Bun­ Staatsgrenze wurde ohne Steuergelder reali­ desrates Sckipani.) siert. Es wurde eine Aktiengesellschaft für die Brenner Autobahn gegründet. Mit ihr wurde Vorsitzender : Zum Wort ist weiter gemeldet erstmals der Versuch unternommen, dem Geld­ Frau Bundesrat Wanda Brunner. Ich erteile mangel des staatlichen Straßenbaues abzuhel­ es ihr. fen. Das war ein Markstein in der österreichi­ schen Straßenbaugeschichte, mit dem man die Bundesrat Wanda Brunner (SPÖ) : Herr Möglichkeit einer außerbudgetären Finanzie­ Vorsitzender ! Herr Bundesminister! Meine sehr rung von Straßenbauten mittels einer Fi­ geehrten Damen und Herren ! Von welcher nanzierungsgesellschaft begann. Seite her immer wir Tirol ansehen, wir sehen Berge. Zwischen diesen Bergen befinden sich Diese Gesellschaft nahm Mitte 1964 ihre Ar­ Täler und Pässe, die zu überwinden sich schon beit auf. Vier Jahre später konnte man den nach überzeugung der Gesohiohtsforscher die Alpenhauptkamm erstmals in der Geschichte Menschen in der Steinzeit anschickten. Seiner des Straßenverkehrs rasch, sicher und bequem Gebirgigkeit ungeaohtet bot sich Tirol als Ver­ auf einer Vollautobahn erreichen. bindung zwischen Rom und der Mitte Europas Trotz der für die damalige Zeit nioht un­ an. Schon die Etrusker benützten Saumpfade erheblichen Baukosten von 2, 1 Millia.rden über den Brenner als wichtige Handelswege, Schilling konnte das Bauwerk durch eine ge­ und die Römer bauten diesen Alpenübergang sioherte Finanzplanung zügig vollendet wer­ systematisch aus. Somit ist die Brennerstraße, , den. umwittert vom Hauch der Jahrhunderte, als völkerverbindende wichtige Nord-Süd- Verbin­ Auf diesem Weg der außerordentlichen Fi­ dung bekannt. nanzierung mußte auch die Mautpflicht in Kauf genommen werden, die eine rasche In­ Daß diese Verbindung zur Traumstraße der angriffnahme des Ausbaues der Brenner Auto­ Alpen wurde und heute zu den schönsten und bahn gewährte, wobei es sich auch um eine Maß- \ sichersten Straßen der Welt zählt, ist eine nahme im Interesse der gesamten Wirtschaft Pionierleistung von Österreich. Von internatio­ handelte. nalen Fachleuten als Straße der Superlative bezeichnet, hat sich die Brenner Autobahn in Erhoffte man zu Baubeginn, daß die Maut­ wenigen Jahren zur ersten Transversale im ge­ einnahmen im Laufe der Jahre allmählich aus­ samten Nord-Süd-Verkehr Europas entwickelt reichen würden, die Zinsen des Leihkapitals - und dies trotz der nicht geringen Anstren­ zu decken, zeigte sich später sogar die Tat­ gungen der Schweiz, das steigende Verkehrs­ sache, daß auch Rückzahlungen des geborgten volumen gewaltsam auf andere Alpenüber­ Kapitals möglioh sind. Auch die Inanspruch­ gänge zu verlegen, denn die Schweizer hatten nahme der Bundeshaftung unterblieb. die enorme Bedeutung des Durchzugsverkehrs Um die Zinsenlast zu verringern - sie war schon früh erkannt, was eine akute Gefahr relativ groß, weil die Gesellschaft ursprüng­ bedeutete, daß Tirol und damit Österreich lich mit nur zehn Millionen Schilling Gesell­ über die Schweiz im Straßenverkehr umfahren schaftskapital ausgestattet wurde -, leistete wird. Die zunehmende Motorisierung in den der Bund Zuschüsse, die in Summe einige europäisohen Industriestaaten ließ nämlich den hundert Millionen Schilling ausmachten. Verkehrsanfall auf allen Straßen gewaltig an­ steigen, wobei natürlich Europas wichtigste Heute, im siebenten Betriebsjahr und zehn Nord-Süd-Route am stärksten betroffen wurde, Jahre nach der Gesellschaftsgründung, ist die sodaß der Brennerverkehr schon in den letzten finanzielle Lage der Gesellschaft konsolidiert. fünfziger Jahren Ausmaße annahm, die nicht Die Mauteinnahmen nehmen ständig zu und mehr bewältigt werden konnten und zeit­ werden im Jahre 1975 erstmals die 350-Mil­ weise zu einem vollkommenen Verkehrschaos lionen-Schilling-Marke überschreiten, sodaß führten. in ein bis zwei Jahren bereits übersohüsse zu - erzielen sein werden. Man mußte also einer gefährlichen Entwick­ lung Herr werden, wobei nur rasches Handeln Die Brenner Autobahn, ausgestattet mit Abhilfe schaffen konnte. Da aber der Bund der Attraktion österreichischer Baukunst und mit seinem bereits angespannten Straßenbudget Landschaft, hat gleichsam eine Lawine im dem Gebot der Stunde nicht Folge leisten konn- Tiroler Straßenbau ausgelöst. Denken wir nur

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Wanda Brnnner an die Inntal Autobahn, die für das europäische trag entfallen rund 95 Millionen Schilling allein Verkehrskonzept schon unentbehrlich ge­ auf den Lkw-Verkehr. worden ist. Hinsichtlich der Frequenz zeigt sich fol· Aber nun benötigen diese Straßen leistungs­ gendes Bild : Während im Jahr 1970 3,1 Mil­ fähige Zubringer, denn die vom Arlberg, Fern­ lionen Kraftfahrzeuge die Brenner Autobahn paß, Scharnitz und selbst von der westlichen benutzten, ist im Jahre 1975 bereits mit sechs Peripherie kommenden Kolonnen müssen die Millionen Kraftfahrzeugen zu rechnen. ganze Stadt . Innsbruck durchqueren, bis sie Der Bau der Südtangente unterstützt in nach einer Kehrtwendung endlich die Brenner hohem Maße die Beschäftigungspolitik und Autobahn erreichen. die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll Mehrere hundert Arbeitsplätze werden durch nunmehr die Grundlage für die Finanzierung den Bau auch weiterhin gesichert. einer empfindlichen Lücke im weiteren Bereich der Brenner Autobahn, die sogenannte Süd­ Wie wichtig die beschäft igungspolitische tangente lnnsbruck, geschaffen werden. Die Komponente zutage tritt, geht unter anderem Südtangente verbindet die Inntal Autobahn Ost auch daraus hervor, daß sich um das ausge­ mit der lnntal Autobahn West. Durch das schriebene Westbaulos der Südtangente 35 Bau­ Fehlen dieses 2,3 Kilometer langen Verbin­ firmen beworben haben. dungsstückes rollt der durchgehende Ost-West­ Die Anboteröffnung fand 30m 12. Dezember Ost-Verkehr durch die Stadt Innsbruck und statt. Daraus ist zu ersehen, daß die Vorbe­ behindert dort den städtischen Verkehr in reitungen für den Bau der Südtangente gut unerträglicher Weise. In der Hauptreisezeit und rasch vonstatten gingen. Ursprünglich ist der Südring, das ist die derzeitige Durch­ hatte die Landesbaudirektion Tirol eine Bau­ fahrt durch das Stadtgebiet von Innsbruck, zeit von drei Jahren vorgesehen. Da aber mit bereits am Ende seiner Leistungsfähigkeit an­ zunehmender Länge der Bauzeit auch die gelangt. Aus verkehrstechnischeJ;!. Gründen Kosten steigen, hat die Geschäftsführung durch wurde daher der Bau der Südtangente als entsprechende Maßnahmen eine Verkürzung dringliches Bauvorhaben im Autobahnbau von der Bauzeit auf zwei Jahre veranlaßt. Tirol erkannt . Die Verkehrsfr eigabe, die, wie bereits er­ Die Baukosten, die einschließlich der Grund­ wähnt, am 15. Dezember 1977 vorgesehen ist, einlösung etwa 430 Millionen Schilling betra­ berücksichtigt somit auch in verkehrstechni­ gen, sollen vom Bundesministerium für Bauten scher Hinsicht die Erfordernisse. und Technik in zehn Jahresraten der Brenner Die Brenner Autobahn, die von allen alpen­ Autobahn AG refundiert werden. Diese Rück­ überquerenden Straßenzügen die größte Ver­ zahlung der reinen Baukosten beginnt erst kehrsmenge und die höchsten Tagesverkehrs­ nach Fertigstellung der Südtangente. Der Zin­ spitzen aufweist und dieser Beanspruchung sendienst für den Bau der Südtangente be­ trotz gewaltiger Verkehrssteigerungen bis heute lastet daher die Brenner Autobahn AG. Er voll standhielt, ist aus dem modernen Verkehr beträgt bei einer Bauzeit von zwei Jahren rund Europas nicht mehr wegzudenken. Hier wurde 270 Millionen Schilling. Die Bauzeit ist auf eine technische Leistung gesetzt, an die sich zwei Jahre bemessen, sodaß das Bauvorhaben die kaufmännische in vorzüglicher Weise an­ am 15. Dezember 1977 dem Verkehr übergeben schließt. Weitblickende Politiker und Unter­ werden kann. nehmer der Wirtschaft haben in relativ kur­ Der Bau und die Finanzierung der Südtan­ zer Zeit ein Sinnbild europäischer Verbun­ gente durch die Brenner Autobahn AG ist denheit und europäischer Geisteshaltung ge­ unter Wahrung des gesetzlich fe stgesetzten schaffen, auf das ganz Österreich mit Recht Haftungsrahmens dadurch möglich geworden, stolz sein darf. weil infolge einer geschickten Geschäftsführung, Damit aber die überragende Bedeutung verbunden mit einer tragbaren Tarifpolitik, dieser prachtvollen Alpenstraße keine Schmä­ die Einnahmen Jahr für Jahr gesteigert wer­ lerung erfährt, muß die Durchfahrt von lnns­ den konnten. Auch gezielte Werbemaßnahmen bruck-Ost nach lnntal-West geschaffen wer­ im Ausland führten zu einem ständigen Ver­ den, und deshalb geben wir der zu beschließen­ kehrszuwachs und damit zu erhöhten Mautein­ den Vorlage gerne unsere Zustimmung. (Beifall nahmen. bei der SP() und des Bundesrates Dr. Rudolf Während im Jahre 1971 rund 120 Millionen Schwaiger.) Schilling Mauteinnahmen verzeichnet werden konnten, werden sich, wie bereits erwähnt, die Vorsitzender: Ich begrüße den im Hause er­ Mauteinnahmen im Jahre 1975 bereits auf schienenen Bundesminister Sinowatz. (All­ 350 Millionen Schilling belaufen. Von diesem Be- gemeiner Beifall.)

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Vorsitzender Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Gegen den Gesetzesbeschluß des National­ rates vom 12. Dezember 1975 betreffend ein Ich frage trotzdem : Wünscht noch jemand Bundesgesetz über die Bedeckung des Abgan­ das Wort 1 - Dies ist nicht der Fall. ges des Milchwirtschaftsfonds im Geschäfts­ Die Debatte ist geschlossen. jahr 1976, wird, soweit er dem Einspruchsrecht Wird vom Berichterstatter das Wort ge­ des Bundesrates unterliegt, kein Einspruch erhoben. wünscht � - Dies ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Ge­ Vorsitzender-Stellvertreter Dr. Schambeck : setzesbeschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­ Wir gehen in die Debatte ein. trennt. Zum 'Nort hat sich gemeldet Herr Bundesrat Bei der getrennt durchgeführten A bstim­ lng. Eder. Ich erteile es ihm. mung beschließt der Bundesrat, gegen die drei Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates, soweit sie Bundesrat lng. Eder (ÖVP) : Herr Vor­ der Beschlußfassung des Bundesrates unterlie­ sitzender ! Sehr geehrte Herren Minister ! Hoher gen, keinen Einspruch zu erheben. Bundesrat ! Auf Grund des derzeit geltenden Marktordnungsgesetzes hat sich das Parlament, 6. Punkt : Gesetzesbeschluß des Nationalrates der Nationalrat und der Bundesrat, mit dem vom 12. Dezember 1975 betreffend ein Bundes­ Abgang des Milchwirtschaftsfonds zu befassen gesetz über die Bedeckung des Abganges des und die entsprechenden Geldbeträge zu be­ Milchwirtschaftsfonds im Geschäftsjahr 1976 schließen beziehungsweise zur Verfügung zu (1451 der Beilagen) stellen. Es ist daher die Frage naheliegend, wenn Vorsitzender-Stellvertreter Dr. Schambeck es heißt : Abgang des Milchwirtschaftsfonds, (der soeben die Verhandlungsleitung übernommen ob es denn überhaupt noch zeitgemäß ist, hat) : Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tages­ dieser Organisation wieder 458 Millionen Schil­ ordnung : Bundesgesetz über die Bedeckung ling zur Verfügung zu stellen, ob diese Gelder des Abganges des Milchwirtschaftsfonds im entsprechend verwendet werden, wozu sie Geschäftsj ahr 1976. überhaupt dienen. Man könnte daraus den falschen Schluß ziehen und glauben, wenn es Berichterstatter ist Herr Bundesrat Tratter . heißt : Abgang des Milchwirtschaftsfonds, daß Ich bitte um den Bericht. also diese Organisation, der Fonds selber, . schlecht arbeitet und daher einen hohen Berichterstatter Tratter : Herr Vorsitzender ! Abgang hat. Ich darf daher einige ganz kurze Hohes Haus ! Durch den vorliegenden Gesetzes­ Klarstellungen zu diesem Problem treffen. beschluß des Nationalrates soll der Bundes­ minister für Finanzen ermächtigt werden, dem Der Milchwirtschaftsfonds muß ein soge­ Milchwirtschaftsfonds zur Erfüllung . seiner ge­ nanntes Ausgleichssystem durchziehen, das setzlichen Aufgaben im Geschäftsj ahr 1976 heißt, versuchen - und das gelingt ihm einen Zuschuß bis zu einem Gesamtbetrag von auf Grund eines Abrechnungssystems - zu 458 Millionen Schilling zu gewähren, wobei die erreichen, daß die Landwirte, die Milch an­ budgetmäßige Bedeckung dieses Bundeszu­ liefern, einen einheitlichen Milchpreis be­ schusses im Bundesvoranschlag 1976 vorge­ kommen und daß die Konsumenten, die die sehen ist. Ware letzten Endes verbrauchen, gleich, wo immer sie sich befinden, einen gleich hohen Nach den Erläuterungen der Regierungs­ Preis zu bezahlen haben. vorlage unterliegen von dem gegenständlichen Gesetzesbeschluß des Nationalrates die Be­ Dazwischen liegen nun die Anfuhrkosten, stimmungen des § 2 (Zuschußhöhe) und des die Be- und Verarbeitungskosten und die § 3 (Vollziehung), soweit er sich auf § 2 bezieht, Vermarktungskosten. Die müssen also ausge­ im Sinne des Artikels 42 Absatz 5 B-VG nicht glichen werden, und das ist bis vor einigen dem Einspruchsrecht des Bundesrates. Jahren in der Form geschehen, daß man ent­ sprechend Ausgleichsbeträge eingehoben und Der Finanzausschuß hat die gegenständliche Zuschüsse gewährt hat. Vorlage in seiner Sitzung vom 17. Dezember 1975 Dieses System des Ausgleichs hat sich also in Verhandlung genommen und einstimmig bestens bewährt. Ich darf hier fe ststellen, beschlossen, dem Hohen Hause zu empfehlen, daß man im Jahre 1930 zum erstenmal mit keinen Einspruch zu erheben. diesem Ausgleich begonnen hat oder, anders Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Fi­ dargestellt, daß sich seit 45 Jahren dieses nanzausschuß somit den Ant rag,. der Bundes- System zur Zufriedenheit aller bewährt hat, rat wolle beschließen : unbeschadet dessen, ob es einen Mangel

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Ing. Eder gegeben hat oder ob die Österreicher mehr Höhe von 458 Millionen Schilling. Das ist die­ hatten, als sie im eigenen Land verbrauchen selbe Summe, wie sie 1975 und 1974 zur Ver­ konnten, also in Zeiten des lJberschusses. fügung stand. Dieses System hat also bestens funktioniert. Der rechnerische Abgang für 1976 hat sich Ich darf zum zweiten eine weitere Klar­ allerdings mit 670 Millionen Schilling ergeben. stellung machen : Es werden vom Fonds Stüt­ Wir bekommen aber nur 458 Millionen Schil­ zungen gegeben. Diese Stützungen haben eigent­ ling. Es wird also notwendig sein, wiederum lich mit dem Ausgleichssystem nichts zu tun. Sparmaßnahmen in dieser Richtung zu setzen, Sie mußten erst dann vom Staat dazugegeben nur zweifle ich daran, ob sie in voller Größe werden , als die Einnahmen nicht mehr der erstellt werden können, daß sie diesen Fehl­ Höhe der Ausgaben entsprochen haben. betrag auch tatsächlich abdecken können. Dazu darf ich vielleicht grundsätzlich fest­ Nun könnte man sich fr agen : Wieso ist es stellen : Man wird natürlich versuchen, den zu dieser Situation gekommen ? Wieso wird technischen und wissenschaftlichen Fortschritt mehr ausgegeben, als auf der anderen Seite in der Molkereiwirtschaft auch im kommenden durch Ausgleichsbeträge hereinkommt � Dazu Jahr auszunützen . Man wird versuchen, weiter ist die zweite Klarstellung notwendig. zu rationalisieren durch Verbesserung der Man wollte im Jahre 1954 erstmalig die Versorgungsgebiete, durch bessere Zusammen­ Kosten , die bei der Verarbeitung, beim Trans­ fassung der Einzugsgebiete und dergleichen port und bei der Vermarktung angefallen sind, mehr. nicht in voller Höhe auf die Konsumenten· Aber dabei muß man auch berücksichtigen, preise überwälzen. Man hat also versucht, die wenn man diese Rationalisierung durchzieht, Konsumentenpreise niedrigzuhalten. Die ge­ daß unter Umständen auch Arbeitsplätze stiegenen Kosten mußten aber abgedeckt gefährdet werden können. Denn wenn ich werden. Daher ist der Staat dafür eingesprungen durch technische Perfektionierung in meinen und hat den Fehlbetrag in Form eines Zu­ Betrieben Arbeitsplätze einspare, um eben schusses an den Fonds ausgeglichen. Kosten ersparen zu können, dann sind diese Erst im vergangenen Jahr oder vor etwa Arbeitsplätze unter Umständen in Frage ge­ zwei Jahren hat man dieses bewährte System stellt. durchbrochen, um zum Teil Erhöhungen, die Daher wohl auch heute die berechtigte auf dem Kollektivvertragssektor entstanden Frage, ob denn das auch im Interesse von uns sind, wieder auf die Preise umzulegen. allen ist, daß man hier wohl spart, das selbst­ Wenn ich das jetzt Gesagte kurz zusammen­ verständlich, aber auf der anderen Seite unter fasse, dann heißt das : Die in den Bilanzen Umständen Arbeitskräfte wird fr eisetzen des Milchwirtschaftsfonds aufscheinenden müssen. Oder die Betriebe kommen in rote Staatszuschüsse zum Ausgleichsverfahren stel­ Zahlen, was wohl kein Wirtschaftsfachmann len praktisch die Summe der nicht durch die erwarten möchte. amtlichen und praktischen Preise gedeckten Ich darf also zu diesem Kapitel zum ersten Kosten dar. Teil kurz sagen : Der Staatszuschuß und die Seit einigen Jahren ist es aber nun so, daß staatliche Milchpreisstützung - die darf ich der Staat nicht immer bereit war, die vollen nur der Vollständigkeit halber hier erwäh­ Stützungssätze, die notwendig wären, zu geben, nen - tragen zum echten Wettbewerbsvorteil weil er der Meinung war, die Molkereiwirtschaft der . österreichischen Exportwirtschaft bei, und müßte noch mehr rationalisieren, sie müßte sie tragen ferner dazu bei, daß Preisauftriebs­ noch mehr Kosten einsparen. tendenzen, die bei Grundnahrungsmitteln zwei­ Ich darf Ihnen hier sagen, daß dies zweifellos fellos starke Auswirkungen auf die Lohn- und jawohl gelungen ist, denn wenn es im Jahre 1955 Gehaltsentwicklung hätten, hintangehalten in Österreich noch 526 Be- und Verarbeitungs. werden. Es ist dies ein neuerlicher Beweis dafür, daß die Stützungen nicht nur der betriebe gegeben hat und 1974 nur noch 236, dann ist das eine gewaltige Reduzierung Landwirtschaft, sondern der gesamten öster­ und hat damit enorm zur Kostensenkung in reichischen Volkswirtschaft zugute kommen. den Betrieben beigetragen. . Es zeigt sich heute auch sehr deutlich, Aber unbeschadet dessen können die steigen­ daß die Marktordnung ein sehr stabilisierender den Kosten, die jedes Jahr anfallen, nicht voll Faktor innerhalb der Volkswirtschaft ist und verkraftet werden, und daher ist auch weiterhin auf dem Sektor der Exportwirtschaft wesentlich der Zuschuß des Bundes notwendig. zur Beschäftigungslage beiträgt.

Nun, wie sieht es im Jahre 1976 aus � Wir Wenn Sie heute in der Welt herumblicken, haben in unserer Vorlage einen Beitrag in der dann können Sie feststellen, daß es kaum

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Ing. Eder einen Industriestaat gibt, der auf eine Markt­ Sie . doch bitte einmal ehrlich darüber nach, ordnung in irgendeiner Form verzichten ob denn nicht österreichische Lebensmittel kann. oft in der Qualität weit über jenen liegen, die wir importieren. Und ioh glaube, das ist gut Wenn ich nun dieses Wort gesagt habe, so. Wir haben ein strenges Lebensmittel­ auf die Marktordnung verzichten kann, darf gesetz, auf Grund dessen immer wieder ich wohl sinngemäß hier einen Gedanken zu Kontrollen durchgeführt werden. Es soll ja dem Entwurf sagen, den wir vor kurzem zuge­ der österreiohische Konsument mit guter schickt erhalten haben, nachdem ja bekanntlich Ware bedient werden. Wir können heute sagen, die Marktordnung auslaufen soll. Ich habe daß die von uns erzeugten Lebensmittel sohon gesagt, sie hat sich bestens bewährt, bester Qualität sind und vielfach in der Qualität die Marktordnung wurde immer wieder ange­ denen des Auslandes überlegen sind. paßt durch verschiedene Novellen, und das Ausland beneidet uns um diese gut funktionie­ Hier darf ich nämlich auch noch etwas rende Marktordnung. kurz einflechten : Wir bedauern außerordentlich, daß bei Importen von Lebensmitteln oft nicht Was sind denn die Prinzipien der Markt­ jener strenge Maßstab angewendet wird, der ordnung immer gewesen 1 Ob auf dem Sektor bei den eigenen angewendet wird. Erst in Milchwirtschaft, Getreide oder Vieh, es war letzter Zeit hatten wir einige Fälle . Wir wollen überall dasselbe : Primär hat es gegolten, die hoffen, daß das in Zukunft doch verbessert Sicherung der Ernährung zu gewährleisten. werden kann. Vor allen Dingen ist es deswegen erfolgt, weil man dem Landwirt eine Absatzgarantie Ein sehr wesentliches Prinzip der bisherigen auf dem Sektor Milchwirtschaft gegeben hat. Marktordnung - und das ist vielleioht der Hauptgrund, warum wir uns gegen den Nun könnte man sagen : Diese Absatz­ Entwurf wehren müssen - war die demo­ garantie hat dazu geführt, daß manche Land­ kratische Verwaltung der Fonds. Wie ist es wirte oder Vertreter der Landwirte der Meinung denn in den Fonds, im Milchwirtschafts -, im waren, man könnte unbeschadet der Menge Getreidewirtschafts- und im Viehwirtschafts­ produzieren, es ist ja sowieso jemand da, fonds � Die Verwaltungskommission setzt sich der das abzunehmen hat. aus den drei Sozialpartnern zusammen : Land­ Nun, meine sehr verehrten Damen und Rer­ wirtschaft, Gewerbe und Arbeitnehmer, also ren, das war nicht der Fall. Denn wenn Sie sich Arbeiterkammertag. Einstimmig müssen die die Statistik zur Hand nehmen, dann können Beschlüsse dort gefaßt werden, denn im Gesetz Sie fe ststellen, daß in den letzten Jahren steht : Vierfünftelmehrheit, das heißt in der die Milchproduktion in Österreich fast unver­ Praxis einstimmig. ändert war, kaum eine Zuwaohsrate, minimal, Diese demokratische Verwaltung hat sich ein, zwei Prozent plus/minus, daß sie also fast bestens bewährt. Ich kann mir daher nicht auf gleicher Höhe war. Das heißt also mit ande­ vorstellen, daß man nun diese demokratische ren Worten, daß der österreichische Landwirt Verwaltung wegbringen will, abschaffen möohte, jawohl marktkonform produziert hat. und nur noch dekretieren . möchte. Denken Sie bitte zum Vergleioh jetzt an Ich darf auch zu dem Vorwurf kurz Stellung das Gewerbe, an die Industrie, wie es ist, nehmen, daß man sagt, diese Kommission wenn das Gewerbe, die Industrie die Sicherheit wäre zu wenig flexibel, sie würde zu langsam ' hat, daß die Produkte abgesetzt werden können. arbeiten, sie würde verzögern. Das ist beileibe Ein tüchtiger Geschäftsführer wird sich natür­ nicht der Fall. Denn ich könnte mir nicht lich im vorhinein bemühen, einen Markt gut vorstellen, daß die Interessensvertretungen, zu finden ; dann kann er günstig erzeugen, die die Vertreter in die Fonds entsenden, dann kann er rationell erzeugen, und er kann nicht selber interessiert wären, daß die Be­ auch dem Bedarf entsprechend erzeugen. schlüsse, die dort anstehen, rasch erledigt Und genau dasselbe trifft also auch bei der werden. Ob das nun die Präsidentenkonferenz, Landwirtschaft zu. die Bundeswirtschaftskammer oder eben der Daß gleiohe Produzentenpreise ein Prinzip Arbeiterkammertag ist : Alle drei Institutionen der Marktordnung waren, habe ich schon sind daran interessiert, daß ihre Vertreter gesagt, ebenso die gleichen Preise für die in den Fonds entsprechend arbeiten. Konsumenten. Auch die optimalste Auslastung Und was noch besonders wichtig ist : Ich der zwischengeschalteten Betriebe ist eindeutig glaube, daß diese Kommissionen billig arbeiten. in der Marktordnung verankert. Wenn Sie bedenken, daß zum Beispiel, wenn Ein Punkt, den ich jetzt besonders unter­ ich vom Milchwirtschaftsfonds sprechen darf, streichen darf, ist die Qualitätsförderung, die der Verwaltungskostenbeitrag vier Promille wir immer sehr großgeschrieben haben. Denken ausmaoht, dann ist das eine Größe, wie sie

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Ing. Eder sonst in keiner anderen Institution erreicht hat, mit den Maßnahmen, die andere Staaten werden kann, dann zeigt das, daß nirgends so setzen, damit ihre Landwirtschaft entsprechend billig gearbeitet werden kann, wie dies bei arbeiten kann. Bei weitem sind wir zurück. uns der Fall ist. Nach Österreich kann scheinbar jeder Lebens­ mittel hereinführen, soviel ihm paßt. Er wird Der neue Entwurf, der uns zugegangen ist, praktisch nicht behindert, wenn er nur einiger­ soll nun ein Auslaufen beinhalten. Ab 1. Juli maßen die Vorschriften, die sehr klein ge­ soll durch einen einfachen Parlamentsbeschluß halten sind, erfüllt. ein Ersatzgesetz geschaffen werden. Und dann gibt es keine Demokratie mehr, denn es Umgekehrt, wenn Sie in den EWG-Raum gibt dann keine Kommission mehr, sondern oder sonst wohin exportieren wollen, müssen der Minister dekretiert, was zu geschehen Sie Preishürden überspringen, brauchen Sie hat. Wenn darin auch steht, er kann sich Bei­ Genehmigungen, weiß ich, welche. Also i:r;t räte beiziehen, dann weiß jeder von Ihnen, anderen Staaten ist ein wesentlich besserer daß der Beirat ja keine beschließende Funktion, Schutz als bei uns. sondern lediglich eine beratende Funktion Nun war noch ein leichter Schutz durch die hat, und selbst diese beratende Funktion Marktordnung gegeben. Wenn das Markt­ ist eingeschränkt auf drei oder vier wesentliche ordnungsgesetz wegfallen sollte, würde dieser Fakten. Alles andere wird einfach vom Minister Schutz der inländischen Produktion echt zu bestimmt. Ich glaube, darin ist eine echte bestehen aufhören. Gefährdung der Sozialpartnerschaft, die sich in Österreich bestens bewährt hat, beinhaltet. Wie sieht es bei den Molkereibetrieben aus-? Hier kann man wohl einfach sagen : Der Daß sich daraus Nachteile für alle Gruppen Molkereibetrieb hat auf Grund des neuen ergeben, daran gibt es, glaube ich, gar keinen Entwurfes nur noch PfLichten, aber keine Zweifel . Man könnte global sagen, daß dieser Rechte. Das ist nicht übertrieben von mir gesagt" Entwurf einen echten Rückschritt bedeutet. Sie können es wortwörtlich nachlesen. Denn wenn darin steht : Der Molkereibetrieb ist Wenn ich es kurz mit einigen Sätzen skiz­ verpflichtet, für jeden Liter Milch, den er zieren darf: Was ist denn für den Konsumenten annimmt, einen Schilling Milchsteuer abzu­ dann schlechter als jetzt - ich glaube, das führen, aber im nächsten Absatz steht : Er können wir mit Recht sagen -: hat aber keinen Anspruch darauf, irgend­ Zum ersten, daß die Konsumentenvertreter welche Unterstützungen, Beihilfen zu be­ erst gar nicht mitsprechen können, weil sie kommen, dann ist das wohl noch nie dagewesen keinen Sitz und keine Stimme in den Kom­ in dieser Form und heißt eindeutig : nur missionen haben. Pflichten, aber keine Rechte.

Zum zweiten, es wird uneinheitliche Preise Wenn es also hier Fehlentscheidungen innerhalb der Bundesländer geben. Das kann geben würde, und die können entstehen, doch nicht im Interesse einer Konsumenten­ dann sehe ich eine echte Schwierigkeit für schaft liegen. die Molkereiwirtschaft und damit eben auch Und die Gefährdung der Versorgung, die die Gefährdung der Arbeitsplätze, die ich wird zwangsläufig folgen, denn wenn der vorhin schon genannt habe. Landwirt draußen nicht mehr weiß, ob ihm Oder wenn man es anders sagen wollte : die Ware abgenommen wird, dann wird die Die Genossenschaftsidee, die sich weltweit Produktion rückläufig sein und damit eine bestens bewährt hat, wäre in konsequenter echte Gefährdung bringen. Ausübung dieses Entwurfes praktisch nicht Und bei den Betrieben - ich komme mehr durchführbar. später noch darauf zurück -, glaube ich, Ich -kann mir also nicht gut vorstellen, daß, können unter Umständen Arbeitsplätze echt ein Gesetz, das keine - Sozialpartnerschaft gefährdet sein. hat, das keinen Konsens mit den anderen. Wie sieht es für den Produzenten aus 1 sucht und keinen Verfassungsrang mehr be­ Nicht viel anders, auf manchen Ebenen inhaltet, das gut bewährte Marktordnungs­ noch schlechter als für die Konsumenten. gesetz ablösen und vielleicht ersetzen solL Natürlich wieder kein Mitspracherecht, gleich Der Vollständigkeit halber darf ich vielleicht wie für die Arbeitnehmer, uneinheitlicher noch einen Gedanken hier anschließen. Ich bin Erzeugerpreis und kein Schutz der inländischen nicht der Vertreter der Arbeitnehmer in dem Produktion. Sinn, aber ich stelle mich vor meine Fonds­ Ich glaube, das muß man ja auch immer beamten, we11 sie tüchtige Beamte waren. wieder sagen : Vergleichen Sie doch bitte den In dem Entwurf steht, daß, wenn er in Kraft Schutz, den die österreichische Landwirtschaft treten sollte, alle Beamten und Arbeiter der'

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log. Eder Fonds in Zukunft Vertragsbedienstete wären. leibe nicht weiß, wie es auf Sicht funktionieren Und wenn ihnen dieses Vertragsbediensteten­ wird. verhältnis nicht gefallen sollte, und wenn sie Ich könnte mir also vorstellen, daß sich die nicht erklären, daß sie das wollen, dann sind Parteien in den kommenden Monaten bei sie ausgeschieden, dann haben sie damit Verhandlungen doch wieder finden und ver­ praktisch eine Kündigung akzeptiert. suchen, einen Konsens herzustellen, damit das Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, Bewährte auch fortgesetzt werden kann. daß man das mit dieser Beamtenschaft macht. Ich könnte mir vorstellen, daß man, so Das gibt es auf keiner anderen Ebene. Aber wie heute bei der Bereitstellung dieser 458 Mil­ es steht wortwörtlich drinnen, daß es so ist. lionen Schilling für den Fonds, auch in Zukunft (Bundesrat Me d l: Das ist ja noch gar nicht die finanziellen Voraussetzungen für das Funk­ ausgehandelt 1 Man spricht nur darüber 1) tionieren der Marktordnung gibt. (Beifall bei der OvP.) Dabei muß ich aber zur KlarsteIlung noch sagen, daß die Fondsbediensteten zurzeit das Vorsitzender-Stellvertreter Dr. Schambeck: Bundesschema haben, und wenn sie in das Weiters hat sich zum Wort gemeldet Herr Vertragsbedienstetenschema kommen, das ist Bundesrat Medl. Ich erteile ihm dieses. wesentlich kleiner, das wissen Sie sicherlich, vielleicht besser als ich (Bundesrat M edl: Bundesrat Medl (SPÖ) : Herr Bundesrats­ Danke schön für die Anerkennung 1), das ist vorsitzender ! Herr Minister ! Meine Damen wesentlich niedriger als das Bundesbediensteten­ und Herren ! Wenn der Herr Bundesrat schema. Also mit anderen Worten : Das wäre Ing. Eder in seinem Debattenbeitrag die eine echte SchlechtersteIlung der Beamten Tätigkeit des Milchwirtschaftsfonds be­ in den Fonds. leuchtete - wenn ich mich nicht irre, auch aus Darf ich zum Abschluß dieses Kapitels der Sicht des Obmannes des Milchwirtschafts­ doch noch einen allgemeinen Gedanken sagen : fonds -, so käme es einer Wiederholung gleioh, Die österreichische Milchwirtschaft, die sich diesem ausführlichen Bericht, was die Tätigkeit bisher redlich bemüht hat, und ich glaube, des Fonds und die Bedeutung anbelangt, auch erfolgreich bemüht hat, für alle Öster­ noch etwas hinzuzufügen. Lassen Sie mich daher reicher die entsprechenden Produkte auf den �eneicht das sagen, was zwischendurch auch Markt zu bringen, hat Grund, innerhalb der noch notwendig ist. Wirtschaft entsprechend berücksichtigt zu Wenn hier vorallem über die Rationalisierung werden . Wenn ungefähr 500.000 Menschen und über die fr eiwerdenden Arbeitsplätze direkt oder indirekt von der Milchwirtschaft gesprochen wurde : Herr Ingenieur ! Das gibt leben - ich meine hier 165.000 Milchbauern es heute in allen Sparten unserer Wirtschaft. und 11.000 Arbeiter und Angestellte in den Die Rationalisierung hat ja nur den Sinn, Molkereien, mit ihren Familienangehörigen die Inlandspreise an den Weltmarkt anpassen also rund 500.000 -, wenn also eine halbe zu könneIl, um dadurch überhaupt konkurrenz­ Million Menschen von dem Ertrag der Milch­ fähig zu werden. Man ginge an der Sache vorbei, wirtschaft lebt, dann ist es doch sehr beachtlich, wollte man die Arbeit des Milchwirtschaftsfonds und ich glaube, die haben ein Recht darauf, nur isoliert und nicht im Zusammenhang auch in Zukunft ihren Unterhalt fristen zu mit der gesamten Agrarpolitik betrachten. können. Oder aber, wenn der produzierte Der Milchwirtschaftsfonds basiert ja nur auf Wert der österreichischen Milch rund zehn einem der Marktordnungsgesetze neben vielen Milliarden Schilling ausmacht, dann ist das anderen. eine Größenordnung, die sich mit vielen Industrien messen kann. Wenn eine Zeitung behauptete, der Fonds werde straffer geführt als das österreichische Wenn wir zurzeit auch manchmal Sorge ha­ Bundesheer, so heißt das noch lange nicht, ben, wie wir denn die Arbeitsplätze erhalten kön­ daß damit alles gesagt ist. nen, dann ist die Milchwirtschaft ein bedeuten­ Unter Zugrundelegung der Grundsätze, daß der Auftraggeber. Jährlich werden 400 bis 500 nur ein fu nktionsfähiger ländlicher Raum, Millionen Schilling an Investitionen in Form von die Verbesserung der Lebensbedingungen in Bauten, Maschinen und dergleichen getätigt. den Regionen, die fortschreitende 1iIotorisierung Also auch das, glaube ich, muß man berück­ und Rationalisierung der Betriebe sowie die sichtigen. Produktions-, Markt- und Preispolitik die Daher kann ich mir nicht gut vorstellen, Grundpfeiler einer gesunden Agrarpolitik sind, daß dieser funktionierende Apparat, diese hat nun die derzeitige Bundesregierung in Organisation nun wegkommen soll und man einer Erklärung zur Landwirtschaftspolitik etwas installieren möchte, von dem man bei- schwerpunktmäßig jene budgetären und ge-

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Medl setzlichen Maßnahmen getroffen, die eine er­ zu beleben, und sind dazu noch Kulturland­ folgreiche Landwirtschaftspolitik weiterhin ge­ schaftserhalter . währleisten. (Der Vor8itzende übernimmt Aber auch auf einem anderen Gebiet, der wieder die Verhandlung8leitung.) Errichtung von Maschinenringen und damit Dabei wurde ganz besonders auf die ge­ der rationelleren Ausnutzung des Maschinen­ re chtere Verteilung der durch die Grenzland­ parkes, scheint ein Umdenken in den ÖVP­ fö rderung oder das Bergbauernprogramm ge­ Bauernfunktionären vor sich zu gehen. schichteten Förderungen Bedacht genommen, weil dadurch auch die Existenz dieser Land­ Während die ÖVP zwischen 1960 und 1970 wirte oder in der Landwirtschaft tätigen nur 247.000 S zur Verfügung stellte, erfuhr Menschen gesichert ist und uns daher auch die die Förderung in der Zeit der SPÖ-Allein­ Erholungslandschaft erhalten bleibt. regierung, also von 1970 auf 1974, eine Er­ weiterung durch Bereitstellung von Bundes­ Obwohl die Landwirtschaft im allgemeinen rnittein in der Höhe von 3,4 Milliarden Schilling. zu den Sorgenkindern aller Industriestaaten Obwohl die Rationalisierung und die Er­ der Welt zählt, kann man in Österreich von tragssteigerung letztlich das Einkommen ver­ einer erfolgreichen Landwirtschaft insofern bessert, muß doch vor einer Überproduktion sprechen, wenn man bedenkt, daß über gewarnt werden, da eine solche ja zu einer 80 Prozent unseres heimischen Bedarfes durch echten Belastung führen kann. den Inlandsmarkt gedeckt sind. Es muß uns natürlich ein beruhigendes Gefühl vermitteln, Lieber Herr Ingenieur ! Diese Ent'wicklung in der Nahrungsmittelversorgung in Krisen­ zeichnet sich nämlich heute auf dem öster­ zeiten nicht zur Gänze vom Ausland abhängig reichischen Milchmarkt ab. Während 1973 zu sein und darüber hinaus noch Devisen­ 17 Prozent der Milchproduktion mit Verlusten ersparnisse tätigen zu können. an das Ausland abgegeben werden mußten, sind es im Jahre 1974 bereits 20 Prozent des Die österreichische Agrarförderung beruht Inlandsaufkommens. Dazu kommt noch, daß auf der Basis des Landwirtschaftsgesetzes der Inlandsverbrauch rückgängig ist. Das hat und der Marktordnungsgesetze . Der Gesamt­ zur Folge, daß die staatliche Stützung auf ertrag der heimischen Agrarwirtschaft betrug 640 Millionen Schilling anwuchs. Daher sind im Jahr 1974 38,4 Milliarden Schilling und war solche Stützungen schon aus Gründen der damit um sieben Prozent höher als 1973. gesicherten Versorgung der Konsumenten zu Das landwirtschaft liche Einkommen erhöhte einheitlichen Preisen dort notwendig, wo sich sich allein im Jahre 1974 um 13 Prozent . das Angebot mit der Nachfrage nicht mehr Der Anteil der Erzeugung am Nahrungs­ deckt. mittelverbrauch stieg von 79 Prozent auf 84 Prozent im Jahre 1974. Das Einkommen der Es ist daher völlig unverständlich, wenn die bäuerlichen Bevölkerung konnte in der Zeit ÖVP-Bauernvertreter im Nationalrat geschlos­ der Regierung Kreisky um 70 Prozent ange­ sen gegen die Landwirtschaftsförderung stim­ hoben werden . men, da die Bundesregierung im 1. und 2. Bud­ getüberschreitungsgesetz , um die Rinder- und Der krasse Unterschied zwischen der ÖVP­ Fleischpreise vor dem Verfall zu bewahren, und der SPÖ-Agrarpolitik zeigt sich darin, hiefür allein 480 Millionen Schilling bewilligte. daß die ÖVP-Alleinregierung bis zum Jahre Aber auch der Getreidewirtschaftsfonds erhielt 1970 kaum Ansätze einer differenzierten Agrar­ 250 Millionen Schilling, und für die Futter­ politik erkennen ließ und die Berg- und Grenz­ mittelsubvention wurden weitere 65 Millionen ge biete völlig vernachlässigte. Schilling bewilligt. Auch da stimmten Sie Nun scheint ja auf einmal ein Wandel im dagegen ! Bauernbunddenken vor sich zu gehen, denn Es erhebt sich hier wirklich die Frage, ob anders ist es nicht zu erklären, daß der Bauern­ man das nicht auch als bauernfeindliches bunddirektor Dr. Lanner auf einmal fr agt : Verhalten bezeichnen könnte. Warum stoßen wir die Nebenerwerbsbauerit von uns ? Ich muß sagen, spät aber doch kom­ Nun zu den Marktordnungsgesetzen : Die men nun die ÖVP-Funktionäre zur Erkennt­ Marktordnungsgesetze alten Stils sollen mit nis - vielleicht durch das Ergebnis des 30. Juni 1976 auslaufen und durch neue, 5. Oktober aufgescheucht -, daß die öster­ den wirtschaftlichen Gegebenheiten unserer reichische Landwirtschaft den Nebenerwerbs­ Zeit angepaßte Gesetzesvorschläge abgelöst bauern für die Ernährung der Bevölkerung werden. Dies vor allem deshalb, weil die dringend braucht, will man nicht Versorgungs­ erforderliche Anpassung und Modernisierung lücken in Kauf nehmen. überdies tragen die die schwerfällige Verwaltung ablösen und die Nebenerwerbsbauern schon in Anbetracht ihrer oft notwendigen raschen Entscheidungen her­ großen Zahl wesentlich dazu bei, die Wirtschaft beiführen soll. Natürlich soll ein zu bildender

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Medl Beirat bei allen wirtschaftspolitischen Ent­ die Landwirtschaft g�geben wurden, keine scheidungen das Mitspracherecht erhalten. Zustimmung bei der ÖVP gefunden haben. (Zwischenrufe bei der SPO.) Der Milchwirtschaftsfonds ist neben dem Getreidewirtschaftsfonds und dem Viehver­ Dazu möchte ich doch folgendes sagen : wertungsfonds eines dieser Marktordnungs­ Warum konnte die Österreichische Volkspartei gesetze. Zur Erreichung des Zieles des Milch­ diesen neuen Ansätzen nicht zustimmen 1 wirtschaftsfonds soll neben dem Preisaus­ Aus dem sehr einfachen Grund, weil heute gleichsverfahren auch ein solches zum Ausgleich wohl mehr Kreisky-Schillinge, die der unter­ der Transportkosten Anwendung finden, wie gehenden Sonne gleichen, wie heute schon Sie bereits hier aufzeigten. gesagt wurde, im Budget stehen (Bundesrat Schipani: Ich kenne nur einen östereichischen Es stimmt, daß die Einnahmen der Betriebe Schilling), zum Teil sogar gleichgeblieben weitgehend der behördlichen Preisbestimmung in der Summe, während sämtliche Kosten unterliegen und es daher oft zu steigenden um ein wesentliches, zum Teil bis um Betriebsausgaben kommen kann. Daher müssen 100 ja dem Fonds zur Erfüllung seiner gesetzlichen Prozent mehr gestiegen sind. Also eine Aufgaben und zur Deckung des Abganges ganz große Abwertung der Leistungen des Staates gegenüber den Bauern ! Zuschüsse gewährt werden, und zwar für das Geschäftsjahr 1976 solche in der Höhe von Dazu gehört gerade auch das sogenannte 458 Millionen Schilling. Bergbauernprogramm, von dem immer wieder Der Bundesminister für Finanzen erhält geredet wird, für das um nichts mehr in das damit die Ermächtigung, dem Milchwirtschafts­ Budget eingesetzt wurde, aber über das mehr geredet wird. Geredet wird schon, sehr viel fonds bei Aufrechterhaltung seines Aufgaben­ wird geredet, aber geleistet wird nichts dafür ! bereiches bis zur veranschlagten Summe die . Unterstützung zukommen zu lassen, soweit Dazugehört, daß die Mittel für den ländlichen die Marktordnungsgesetze nicht eine Verlänge­ Wegebau nicht vermehrt wurden, im vergange­ rung erhalten und damit eine Neuberwertung nen Budget sogar gekürzt worden sind, erforderlich machen. während der Kilometer Wegebau um viele, Meine sehr geehrten Damen und Herren ! viele Prozent mehr kostet als heute. Die Bundesregierung ist entschlossen, den Das sind die Gründe, warum eine verant­ begonnenen erfolgreichen Weg auf dem Gebiete wortungsbewußte Volkspartei solchen Ansätzen der Agrarpolitik fortz usetzen und einen weiteren nicht zustimmen konnte. (Bundesrat Schipa­ Wandel zum Besseren unserer Landwirte ni: Machen Sie heute hier eine Budgetdebatte?) durchzusetzen. Diese Bauernfreundlichkeit wird heute immer Allerdings kann das nicht nur Aufgabe der wieder auch in einigen Dingen zu propagieren Bundesregierung allein sein, sondern zugleich versucht, die sich zum Teil auf dem Gebiet aller Agrarverantwortlichen und aller in der der sozialen Sicherheit bewegen. Es ist der Landwirtschaft Tätigen zum Wohle eines Herr Sozialminister momentan nicht da, ich gesunden und fortschrittlichen Bauernstandes. hätte das gerne in seiner Apwesenheit gesagt. (Beifall bei der SpO.) Die Nebenerwerbsbauern, die Bergbauern Vorsitzender : Zum Wort hat sich Herr und die kleinen Bauern sind ja diejenigen, die Bundesrat Schreiner gemeldet. Ich erteile auch mit sozialen Belangen noch mehr als es ihm. Bevölkerungsschichten in besseren Einkom­ menslagen konfrontiert sind. Nebenerwerbs­ Bundesrat Schreiner (ÖVP) : Herr Vor­ bauern konnten fr üher unter der ÖVP�Regie­ sitzender ! Herr Minister ! Sehr geehrte Damen rung und unter der Koalitionsregierung, wenn und Herren ! Der Herr Vorredner hat mich sie um Arbeitslosenunterstützung ansuchen dazu veranlaßt, im Interesse der Steuerung mußten, nach Richtlinien eines Ackerlandes der Wahrheit doch auch hier das Wort zu mittlerer Qualität bewertet und danach ent­ ergreifen. (Bundesrat Schipani: Das darf schieden werden, ob sie die Arbeitslosen­ nicht wahr sein !) unterstützung noch bekommen oder nicht.

Der Herr Vorredner hat gemeint, in der Zeit, Das erschien dann der sozialistischen Regie­ als die ÖVP die Alleinregierung hatte, be­ rung als ein zu großzügiges Entgegenkommen, ziehungsweise in der Zeit, als sie führend in und man verlangte in einer Regierungsvorlage, der Regierungskoalition war, sei für die es müsse eine Einheitswertgrenze festgesetzt Landwirtschaft weniger geschehen, als das werden. Bis 30.000 S Einheitswert könne ein heute unter der sozialistischen Regierung der Nebenerwerbsbauer, wenn er arbeitslos wird, Fall wäre, und es grenze geradezu an Bauern� die Arbeitslosenunterstützung noch in Anspruch fei ndlichkeit, wenn heute die Ansätze, die für nehmen. Darüber hinaus ist er ja ein reicher

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Schreiner Kapitalist, versteht sich, und bedarf der (Bundesrat Me d l: Gibt es eine tJberproduktion Arbeitslosenunterstützung nicht mehr. oder nicht ?) Das ist die · sozialistische agrar­ freundliche Politik! Es gelang im Wege zäher Verhandlungen, damals einen Konsens bei 40.000 S Einheitswert Glauben die Herren, daß sich in diesen zu finden, was schon eine wesentliche Ver­ wenigen Jahren der Ertragswert pro Hektar schlechterung für die Arbeitslosenunterstüt­ um 50 bis 100 Prozent erhöht hätte � Oder zungsbestimmungen bedeutete. (Bunde8rat glauben die Herren, daß sich in diesen wenigen Dr. Skotton: Reden wir über den Milchwirt- Jahren der Nutzungswert einer Kuh um 8Ckaft8/0nd8 oder über die Arbeit8lo8enunter­ 30 bis 50 Prozent erhöht hätte � Das wissen Sie stützung ? Reden Sie zur Sache !) Ich rede selber, daß das nicht der Fall ist. Aber unter zur gleichen Sache wie mein Vorredner. Das Vorspiegelung falscher Tatsachen, nämlich lasse ich mir von Ihnen nicht verbieten. derer, daß Sie für die Bergbauern und für die ( Bundesrat Dr. Skote 0 n: Reden Sie zum Kleinbauern gerade auch in der Milchwirt­ Milchwirt8ckaft8/ond8 I) Jawohl, zur gleichen schaft etwas tun würden, haben Sie in Wirklich­ Sache wie der Vorredner rede ich. keit das Gegenteil erreicht. (Bunde8rat Rosa H einz: 5. Oktober I) Heute ist wieder ein Entwurf zum Versand Ich mußte das als Erwiderung auf die un­ gelangt, der diese Grenze von 40.000 S Einheits­ sachlichen Darstellungen meines Vorredners wert auf 25.000 bis 28.000 S Einheitswert hier deponieren. (Beifall bei der 0 V P.) zu senken beabsichtigt. Das ist die bauern­ freundliche Politik, das ist die bergbauern­ Vorsitzender : Weitere Wortmeldungen liegen und kleinbauernfreundliche Politik der Sozia­ nicht vor. listen ! (Andauernde Zwi8chenrufe bei der SPO.) Das klingt etwas schrill in Ihren Ohren, das Wünscht noch jemand das Wort � - Dies glaube ich schon, daß es Ihnen nicht gut ist nicht der Fall. tut. (Bundesrat Schipani: Da8 war ein Die Debatte ist geschlossen. Eigengoal, Herr Schreiner I) Wird vom Herrn Berichterstatter das Schluß­ Die gleichen Sozialisten haben bei der Aus­ wort gewünscht � - Dies ist nicht der Fall. zahlung der Treibstoffstützungen eine Änderung vorgenommen in der Richtung, daß die kleine­ Wir kommen zur Abstimmung. ren und die Bergbauern wesentlich weniger Bei der Ab8timmung be8chließt der Bunde8- bekommen, als sie bisher erhielten. Wesentlich rat, gegen den Gesetze8beschluß des Nationalrates, weniger ! Das Geld ist nicht im notwendigen soweit er der Be8ckluß/assung des Bundesrates Ausmaß vorhanden, und gekürzt hat man unterliegt, keinen Ein8pruch zu erheben. bei den kleinen und bei den Bergbauern. Das haben unsere Bergbauern und Kleinbauern in den vergangenen Monaten, als die über­ 7. Punkt : Gesetzesbeschluß des Nationalrates weisungen gekommen sind, schon zu spüren vom 12. Dezember 1975 betreffend ein Bundes­ bekommen. (Bunde8rat Käthe Kainz: Da8 gesetz, mit welchem Bestimmungen des Ver­ stimmt doch nicht, die haben e8 direkt bekommen !) waltungsentlastungsgesetzes über das Geba­ rungs- und Verrechnungswesen in der Bundes­ Gleiches gilt für die beharrliche Weigerung, verwaltung geändert werden (VEG-Novelle auch für die Altbauern, für die Zuschuß­ 1975) (1452 der Beilagen) rentner . in Richtung Angleichung etwas zu tun. (Bundesrat Dr. S kotton : I8t das der Vorsitzender : Wir gelangen nun zum 7. Punkt Milchwirt8chaftsfond8 ?) Aber es wird sich der Tagesordnung : Änderung von Bestim­ hier sicherlich ein anderes Mal Gelegenheit er­ mungen des Verwaltungsentlastungsgesetzes geben, hiezu zu sprechen. über das Gebarungs- und Verrechnungswesen Und nun zur Sache, zur Milchwirtschaft in der Bundesverwaltung (VEG-Novelle 1975). selber, ein Wort. (Bundesrat Dr. Anna Berichterstatter ist Frau Bundesrat Hermine Demuth: Endlich !) Kubanek. Ich bitte um den Bericht. Heute, im Jahre 1975, ist die Kaufkraft der Milch trotz zweimaliger geringfügiger Berichterstatterin Hermine Kubanek : Herr Preiserhöhung wesentlich kleiner, als sie 1970 Vorsitzender ! Meine Damen und Herren ! gewesen ist. Das gleiche gilt auch für den Die Bundesverwaltung bedient sich seit dem Weizen. Um 30 bis 70 und 80 Prozent werden Jahr 1968 bei der Bewältigung ihrer Ver­ heute für verschiedene Einkäufe, die für die rechnungsaufgaben probeweise mit Erfolg einer Wirtschaft notwendig und dringend sind, zentralen elektronischen Datenverarbeitungs­ mehr Liter Milch und mehr Kilogramm anlage. Die letzte Phase der Entwicklung Weizen für den gleichen Gegenstand benötigt. soll im Jahre 1976 mit dem übergang zu

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Hermine Kubanek einer automatisierten Verrechnungsweise ab­ Der Finanzausschuß hat die gegenständliche geschlossen werden. Da die gegenwärtig gelten­ Vorlage in seiner Sitzung vom 17. Dezem­ den Rechtsvorschriften die Möglichkeiten und ber 1975 in Verhandlung genommen und Erfordernisse einer automatisierten Verrech­ einstimmig beschlossen, dem Hohen Hause nungsweise nicht gebührend berücksichtigten, zu empfehlen, keinen Einspruch zu erheben. sollen durch den vorliegenden Gesetzesbe­ Als Ergebnis seiner Beratung stellt der schluß des Nationalrates die einschlägigen Finanzausschuß somit den Antrag, der Bun­ Bestimmungen über die Grundsätze des Ge­ desrat wolle beschließen : barungs- und Verrechnungswesens in der Bundesverwaltung den geänderten Verhält­ Gegen den Gesetzesbeschluß des National­ nissen angepaßt werden. rates vom 12. De2ember 1975 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem da& Bundesgesetz Der Finanzausschuß hat die gegenständliche betreffend eine Abgabe auf bestimmte Stärke­ Vorlage in seiner Sitzung vom 17. Dezember erzeugnisse geändert wird, wird kein Ein­ 1975 in Verhandlung genommen und ein­ spruch erhoben. stimmig beschlossen, dem Hohen Hause zu . empfehlen, keinen Einspruch zu erheben. Vorsitzender-Stellvertreter Dr. Schambeck : (Vorsitzender-Stellvertreter Dr. Schambeck Wortmeldungen liegen nicht vor. übernimmt die Leitung der VerharuIlungen.) Wünscht jemand das Wort 1 - Es ist dies Als Ergebnis seiner Beratung stellt der nicht der Fall. Finanzausschuß somit den Antrag, der Bun­ Wir kommen zur Abstimmung. desrat wolle beschließen : Bei der Abstimmung beschließt der Bundes­ Gegen den Gesetzesbeschluß des National­ rat, gegen den Gesetzesbeschluß des National­ rates vom 12. Dezember 1975 betreffend ein rates keinen Einspruch zu erheben. Bundesgesetz, mit welchem Bestimmungen des Verwaltungsentlastungsgesetzes über das Gebarungs- und Verrechnungswesen in der 9. Punkt : Gesetzesbeschluß des Nationalrates Bundesverwaltung geändert werden (VEG­ vom 12. Dezember 1975 betreffend ein Bundes­ Novelle 1975), wird kein Einspruch erhoben. gesetz, mit dem das Postgesetz geändert wird (1445 und 1454 der Beilagen) Vorsitzender-Stellvertreter Dr. Schambeck: Wortmeldungen liegen nicht vor. 10. Punkt : Gesetzesbeschluß des Nationalrates Wünscht jemand das Wort ? - Es ist nicht vom 12. Dezember 1975 betreffend ein Bundes­ der Fall. gesetz, mit dem das Fernmeldegebührengesetz Wir kommen zur Abstimmung. geändert wird (1455 der Beilagen)

Bei der Ab8timmung beschließt der Bunde8- Vorsitzender-Stellvertreter Dr. Schambeck : rat, gegen den Ge8etze8be8chluß des National­ Wir gelangen nun zu den Punkten 9 und 10 rates keinen Einspruch zu erheben. der Tagesordnung, über die eingangs be­ schlossen wurde, die Debatte unter einem 8. Punkt : Gesetzesbeschluß des Nationalrates abzuführen. Es sind dies : vom 12. Dezember 1975 betreffend ein Bundes­ Änderung des Postgesetzes und gesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend Änderung des Fernmeldegebührengesetzes. eine Abgabe auf bestimmte Stärkeerzeugnisse geändert �rd (1453 der Beilagen) Berichterstatter über beide Punkte ist Herr Bundesrat Ceeh. Ich bitte um die Bericht­ Vorsitzender-Stellvertreter Dr. Schambeck : erstattung. Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tages­ ordnung : Änderung des Bundesgesetzes be­ Berichterstatter Ceeh : Die derzeit gültigen treffend eine Abgabe auf bestimmte Stärke­ Postgebühren bestehen - von geringfügigen erzeugnisse. Ausnahmen abgesehen - unverändert seit 1. Jänner 1967, im Postzeitungsdienst sogar Berichterstatter ist Herr Bundesrat Schickel­ seit 1. Jänner 1964. Dies im Verein mit den gruber. Ich bitte um den Bericht. mittlerweile eingetretenen Kostensteigerungen, Berichterstatter Schickelgruber : Durch den die im personalintensiven Postdienst nur im vorliegenden Gesetzesbeschluß des National­ beschränkten Ausmaß durch Rationalisierungs­ rates soll die Abgabe für 100 Kilogramm maßnahmen aufgefangen werden konnten, hat Eigengewicht an Stärkeerzeugnisse von in den letzten Jahren zu stark zunehmenden 220 S auf 390 S erhöht werden. Der Gesetzes­ kassenmäßigen Abgängen geführt. So mußte beschluß soll sm 1. Jänner 1976 in Kraft die Post- und Telegraphenverwaltung im treten. Jahre 1974 auf dem Postsektor einen kassen-

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Ceeh mäßigen Abgang von 2370 Millionen Schilling Vorsitzender : Ich danke dem Herrn Bericht­ hinnehmen. Für das Jahr 1975 muß mit erstatter. einem Abgang von mindestens 2600 Millionen Wir gehen in die Debatte ein, die über Schilling gerechnet werden. Diese Tendenz die zusammengezogenen Punkte unter einem würde bei unveränderten Gebühren mit Rück­ abgeführt wird. sicht auf die weiterhin steigenden Kosten anhalten. Der gegenständliche Gesetzesbe­ Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundes­ schluß sieht daher eine Erhöhung der Post­ rat Dr. Fuchs. Ich erteile es ihm. gebühren im Inlandsverkehr mit I. Jänner 1976 vor. (Der Vorsitzende übernimmt wieaer Bundesrat Dr. Fuchs (ÖVP) : Herr Vor­ die Verhandlungsleitung.) sitzender ! Herr Bundesminister ! Meine sehr geehrten Damen und Herren ! Es ist heute Der Wirtschaftsausschuß hat die gegen­ bereits das zweite Mal, daß wir erleben müssen, ständliche VorIage in seiner Sitzung vom daß der zuständige Ressortminister nicht 17. Dezember 1975 in Verhandlung genommen. hier ist, wenn eine Materie behandelt wird, die sein Ressort betrifft. (Bundesrat Bürkle: Der Antrag des Berichterstatters, keinen Der ist in der Säulenhalle draußen !) Wenn Einspruch zu erheben, wurde mit Stimmen­ uns heute gesagt wurde, daß der Herr Finanz­ gleichheit abgelehnt. minister deshalb nicht kommen konnte, weil Da ein Beschluß des Wirtschaftsausschusses im Nationalrat das Kapitel Finanzen . . . im Gegenstand nicht zustande kam, sieht (Bundesminister Lanc betritt den Sitzungs­ sich der Wirtschaftsausschuß im Sinne des saal. - Bundesrat Dr. Skotton: Sie haben § 24 Absatz I der Geschäftsordnung veranlaßt, nur zu früh angefangen ! - Bundesrat B ü r Tcl e : über seine Verhandlung diesen Bericht zu Der Minister ist zu spät gekommen !) Ich erstatten. nehme alles zurück, Herr Bundesminister. Zum Gesetzesbeschluß des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Vorsitzender : Ich begrüße den inzwischen Fernmeldegebührengesetz geändert wird : Die im Hause erschienenen Herrn Bundesminister derzeit gültigen Telegrammgebühren bestehen Lanc. (Allgemeiner Beifall.) seit 1. Jänner 1967 im unveränderten Ausmaß. Bundesrat Dr. Fuchs (tortsetzena) : Ich stelle Die seit 1967 eingetretenen Kostensteige­ rungen machen eine Anhebung dieser Ge­ also richtig : Es ist heute nur einmal vor­ bühren dringend notwendig. Dieser Notwendig­ gekommen, daß der zuständige Minister nicht da war. keit trägt der gegenständliche Gesetzesbe­ schluß Rechnung, wobei gleichzeitig ein Ge­ Meine sehr geehrten Damen und Herren ! bührensystem eingerichtet werden soll, das Uns liegen die Nationalratsbeschlüsse über den Gedanken der Kostenorientierung der die Novellierung des Fernmeldegebührenge­ einzelnen Dienste stärker in den Vordergrund setzes und des Postgesetzes zur Beratung rückt. Das neue binäre System sieht für vor. Wenn man diese beiden Gesetze ein­ alle Telegrammarten neben einer einheitlichen gehend studiert, dann ergibt sich sehr rasch, Wortgebühr auch eine einheitliche Grund­ daß über die einzelnen Gebührensätze hinaus gebühr vor, durch welche die Fixkosten ganz andere Momente einen zum Nach­ wenigstens teilweise abgegolten werden. Da­ denken zwingen müssen und zu Schluß­ durch kann auf die Festlegung einer Mindest­ folgerungen veranlassen. zahl gebührenpflichtiger Worte verzichtet und Wenn man genau nachsieht und die Um­ auch die Wortgebühr relativ niedrig gehalten stände betrachtet, die sich um Preisent­ werden. Die Neuregelung soll parallel zur wicklungen und Tarifentwicklungen und um Erhöhung der Postgebühren am 1. Jänner 1976 Gebühren ergeben, dann muß man zur An­ in Kraft treten. sicht kommen, daß jene, die derzeit für die Der Wirtschaftsausschuß hat die gegen­ öffentliche Hand agieren, dringend einer Be­ ständliche Vorlage in seiner Sitzung vom wußtseinsspaltung zu verdächtigen sind. Den 17. Dezember 1975 in Verhandlung genommen. Beweis dafür möchte ich Ihnen gleich liefern. Der Antrag des Berichterstatters, keinen An der Postgebührenerhöhung ist am deut­ Einspruch zu erheben, wurde mit Stimmen­ lichsten zu ersehen, welcher Ungeist die gleichheit abgelehnt. politisch Verantwortlichen bei ihrer Auffassung Da ein Beschluß des Ausschusses im Gegen­ von Preis- und Tarifpolitik beherrscht. Bei stand nicht zustande kam, sieht sich der notwendigen Preiskorrekturen in der freien Wirtschaftsausschuß im Sinne des § 24 Absatz I Wirtschaft wird ein richtiggehender Anpran­ der Geschäftsordnung veranlaßt, über seine gerungsmechanismus in Gang gesetzt, muß Verhandlung diesen Bericht zu erstatten. um jeden Groschen und um Zehntelprozent-

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Dr. Fudls punkte in der Paritätischen Unterkommission haltungskosten seit der letzten Gebühren­ oder Kommission gefeilscht und gerungen korrektur - nämlich 1967 und teilweise werden, doch bei den Tarifen geben sich 1964 - ergibt. Diese Meinung wurde aber die Preisgestalter der öffentlichen Hand sehr, recht kostenkräftig widerlegt oder überhaupt sehr großzügig. nicht in die Überlegungen einbezogen, ein G.rund mehr dafür, daß man in dem Gefühl Nur so ist es zu verstehen, daß der Herr bestärkt wird, daß die Verantwortlichen gar Handelsminister gegenüber der Wirtschaft nicht wissen, was sie tun, geschweige denn ständig die Preisregelungsrute ins Fenster sich vorstellen können, was mit der exorbi­ - wie er sagt - stellt beziehungsweise mit tanten Verteuerung der Postleistungen an­ ihr herumgeht, daß den Wirtschaftsbetrieben gerichtet wird. gerechtfertigte Preiswünsche ausgetrieben wer­ den sollen, daß ihnen nicht nachgegeben Dieses Garnichtwissen, Herr Bundesminister, wird, daß sich aber andererseits niemand bezieht sich darauf, daß die Frage erlaubt im Bundeskabinett befindet, der Manns genug ist, wer in Ihrem Ressort anschafft. Ich weiß, ist, das dauernde Anziehen der Tarifdaumen­ daß im Ausschuß des Nationalrates an Sie schrauben zu stoppen. Das, meine Damen die Bitte gerichtet wurde, bei den Zeitungen und Herren, halte ich für diese Bewußtseins­ Ermäßigungen Platz greifen zu lassen, weil spaltung. Es ist nicht vertretbar, in Österreich diese zu stark belastet sind. Sie haben es zweierlei Preismaß anzuwenden. ( Bunilesrat abgelehnt. Als aber die Zeitungen - vielleicht Tirnthal: Seit 1967 keine Erhöhung I) Darauf acht Tage später - beim Herrn Bundes­ komme ich noch. kanzler vorgesprochen haben, ging es plötzlich, daß man von siebeneinhalb Schilling auf Stellen Sie sich vor, was hierzulande mit sechs Schilling pro Kilo heruntergegangen einem Erzeugungsbetrieb oder Dienstleistungs­ ist. Entschuldigen Sie noch einmal die Frage : betrieb geschehen würde, der über Nacht Wer schafft in Ihrem Ressort an ? seine Produkte oder seine Leistungen um dreihundert Prozent teurer verkaufen will. Wäre man - das möchte ich auch noch Ich glaube, er müßte von der Szene ver­ feststellen - in dem Rahmen geblieben, schwinden. (Bunilesrat Dr. Anna Demuth: den ich vorhin angeführt habe, dann hätte Der hätte schon viel früher erhöht I) Ich glaube, man auch mit uns reden können, weil das er hätte alles zu tun, um sich gegenüber vertretbare Erhöhungen sind. Dieser Index jenen, die ihn dann angreifen und sicherlich hätte sich um zirka sechzig Prozent herum zu Recht angreifen, zu rechtfertigen. einpendeln müssen ; auch eine starke Steige­ rung, doch sie wäre vielleicht vertretbar Was geschieht aber einem staatlichen Mono­ gewesen. polbetrieb, der dieselbe Begehrlichkeit an den Tag legt ? Gar nichts. Ihm wird sogar Aber ich glaube, das wäre zuviel an Realis­ die Ehre parlamentarischer Behandlung und mus, den man hier verlangen müßte. Hier Befassung zuteil, weil eine unverständige gibt es keine Spur von behutsamer Tarif­ Mehrheit es so will, und die ganze Brutalität anpassung, kein einziges Zeichen einer · ver­ dieser Tarifdiktatur wird dabei mit Meister­ antwortungsbewußten Vorgangsweise, aber sehr schaft - wenn man das so nennen möchte - deutliche Ausdrücke - die meiner Meinung verschleiert. nach eigentlich Auswüchse sind - einer gezielten und bewußt ungerechten Verteilung Das Rezept ist ja sehr einfach : Weil es der Lasten. Das ist Doppelstrategie : Die der Postverwaltung offenbar nicht gelingt, Verteilung der Belastungen ist nämlich wieder sicherlich auch in ihrem Bereich eingetretene einmal so geplant, daß ein großer Teil der Kostensteigerungen wenigstens teilweise durch Betroffenen scheinbar geschont wird ; ich Rationalisierungsmaßnahmen aufzufangen, sage ausdrücklich : scheinbar geschont wird. wird zunächst der Weg der Gebührenhinauf­ Dieser Teil - so wird zumindest versucht, setzung beschritten, ein zwar merkwürdiger die Öffentlichkeit einzulullen - umfaßt sozu­ Weg, aber immerhin auch ein Weg der Ein­ sagen die Privatösterreicher, die hie und da nahmenauffettung bei gleichzeitiger Leistungs­ einen Brief schreiben oder hie und da einen einschränkung. (Bundesrat Dr. A nna Dem u t h: Brief bekommen. Hier begnügt man sich Briefe werden aber schon noch zugestellt I) mit fü nfzig Prozent Anhebung des Brief­ Ich habe gesagt : Leistungseinschränkung, nicht portos ; auch nicht gerade wenig, aber für Leistungsaufgabe, Frau Dr. Demuth. den einzelnen doch nicht so kraß spürbar.

Nun sollte man meinen, daß die Erhöhungs­ Meine Damen und Herren ! Dadurch kommt anträge wenigstens einigermaßen in einem der Post aber auch nicht viel herein. Woher vertretbaren Rahmen bleiben, etwa in jenem, will sie denn die 1,7 Milliarden, von denen der sich aus der Steigerung der Lebens- man immer hört, daß sie sie aufbringen muß,

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Dr. Fuchs nehmen � Vom Briefporto nicht, denn diese (Bundesrat Hermine Kubanek: Und was Hinaufsetzung des Briefportos selbst wird ist mit dem Defizit ?) ungefähr ein Viertel dieser Summe bringen, Was nützen denn alle Appelle des Kanzlers und drei Viertel soll wieder einmal eine und seiner Kabinettsmitglieder zur Sparsam­ relativ kleine Gruppe in diesem Land, eine keit wenn man nicht einmal in der Lage ist, zahlenmäßig kleine Gruppe, nämlich die Wirt· im �igenen Haus Finanzordnung zu halten 1 schaft, aufbringen. Mehr als drei Viertel Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, von diesen Milliarden sollen die Betriebe 1,7 was davon zu halten ist : nichts, außer daß berappen ! man das als weiteren Beweis für die Un­ Wir vOn der ÖVP halten das für eine schrei­ glaubwürdigkeit dieser Regierung registrieren ende Ungerechtigkeit. Diese Pläne und die muß. Absicht, sie beinhart zu verwirklichen, halten Es sei mir nun gestattet, Hoher Bundesrat, wir wirklich nicht für den geeigneten Weg. einige wenige Beispiele aufzuzeigen, die das Hier wird wieder in eine' Richtung geschlagen, harte Wort der Tarifdiktatur mehr als ge­ in der man ohnedies bald nichts mehr treffen rechtfertigt erscheinen lassen. Als oberöster­ kann. Und außerdem halte ich dieses Spiel reichischer Abgeordneter möchte ich ein paar für eine Irreführung und eine Täuschung Beispiele aus meinem Bundesland bringen. der österreichischen Bevölkerung, die ja vor­ Es gibt gewisse Sparten, die besonders be­ dergründig von der Teuerung nicht so ge­ troffen sind, darunter auch der Versandhandel schockt sein wird. neben einer Reihe anderer Branchen. Aber wer, meine Damen und Herren, Besonders schwer betroffen wird, wie gesagt, glauben Sie, wird diese Tarifexplosion auf der Versandhandel, und hier hat mir ein längere Sicht, vielleicht nach einigen Über­ großes Unternehmen Tarifpost für Tarifpost wälzungsumwegen, zu spüren bekommen 1 ausgerechnet, was es nächstes Jahr bis 15. De­ Alle in diesem Land ! Daher ist es falsch, zember für die Postleistungen zahlen muß. jetzt zu sagen, für die oder jene kostet es wenn es sie in dem gleichen Umfang in An­ sozusagen wenig. spruch nimmt wie heuer bis zum 15. De­ Es ist klar, daß sich diese Maßnahmen zember. (Bundesrat Dr. Anna Demuth: Und auf alle auswirken müssen, weil sie Treib­ was für einen Umsatz haben sie ?) Statt �� Mil­ stoff für den Inflationsmotor sind, weil sie lionen Schilling, Frau Dr. Demuth, 54 MillIOnen das Kostengefüge der Betriebe durcheinander­ Schilling ! Und dann bringen Sie �ir den . bringen und weil sie sich letzten Endes als Betriebswirtschaftskünstler, der das m emer' Teuerungsantrieb erweisen. Das ist die Realität. halbwegs ordnungsgemäßen K�lkulation unter­ bringen kann. (Beifall bei der OVP. - Bundes­ Auf dem Schleichpfad dieser Tarifpolitik rat Windsteig : Beim Versandhandel zahlt ist der mutwillige Preisauftrieb ein unge­ es sowieso der Empfänger !) Ein anderes betener Begleiter, der nicht abzuschütteln Unternehmen wird statt 3,5 Millionen sieben ist. Dies sei den Initiatoren der zur Beschluß­ Millionen zu bezahlen haben. fassung vorliegenden N ovellierungsanträge noch einmal ins Stammbuch geschrieben, denn Wenn Sie wollen, können Sie es nachrechnen ; in ihrer wirtschaftlichen Fremdheit, möchte die Reihe läßt sich fortsetzen noch und noch .. ich sagen, kann man ihnen das nicht oft Das sind keine Phantomzahlen, sondern - ich genug sagen. Oder soll man es Ahnungs­ lege sie Ihnen gerne vor - überprüfbare Berechnungen. Trotzdem wird hier einfach losigkeit nennen 1 durchgedrückt. Oder soll man es anders als Ahnungslosig­ keit bezeichnen, wenn derartige Anträge zu Meine Damen und Herren ! Ich bin kein einem Zeitpunkt vorgelegt werden, in dem Freund von Jammerformeln und auch nicht davon, überall und jederzeit den arbeits­ man schon weiß, daß weitere schwere Be­ � lastungen für die Bevölkerung bevorstehen 1 marktpolitischen Teufel an die and . zu Der Mehrwertsteuersatz wird um zwölfeinhalb malen. Aber an dieser Stelle muß ICh emes. Prozent hinaufgeschraubt, die Stromtarife sagen : Die von der SPÖ lautstark hinaus­ stehen in Verhandlung, die Mineralölpreise posaunte Arbeitsplatzsicherungspolitik :find�t wackeln - und, und, und, und. in den schwerwiegenden Tariferhöhungen, dIe der Wirtschaft mit allen anderen neuen Ich frage Sie, meine Damen und Herren : Lasten auf den Kopf fallen, keine Deckung. Muß denn hier die öffentliche Hand - und Ganz im Gegenteil. Niemand darf sich wundern,. das Postwesen ist ihr zuzuordnen - eine wenn ganz offen davon gesprochen wird" unrühmliche Vorreiterrolle spielen 1 Oder sollte daß durch die neuen Belastungen und auch nicht gerade sie mit gutem Beispiel voran­ durch die Postgebühren in einigen. besonders gehen und sehr deutlich Disziplin zeigen 1 betroffenen Wirtschaftssparten Arbeitsplätze-

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Dr. Fuchs

wackeln. (Bundesrat Rosenberger: Ist das Bundesrat nicht vorenthalten, die ich im eine Drohung ?) Im Gegenteil. ( Bundesrat § 20 a sehe� Dieser Paragraph wird neu hinzu­ Rosenberger: Was denn ?) Wir · wollen es gefügt. Der Rechnungshof, glaube ich, hat ja nicht. Aber Ihre Wirtschaftspolitik ist es, den Wunsch geäußert, daß die Postverwaltung die das bringt. Damit tnüssen wir fertig festlegt, wie viele Zuschlagsmarken heraus­ werden, und wir hoffen, daß wir es schaffen. gegeben werden und was damit geschieht. (Bundesrat Schipani: Sie brauchen mit gar Es heißt hier, daß der Post erlaubt sein soll, nichts fertig zu werden, Sie haben ja keine jährlich eine Briefmarke mit Zuschlag heraus­ Verantwortung !) zugeben. Grotesk finde ich an und für sich die Verwen­ Kommt es zum Verlust von Arbeitsplätzen, dung dieses Zuschlages, der nach Abzug der meine Herren - das darf ioh hier feststellen -, Herstellungskosten zu 80 Prozent für die der direkt oder indirekt mit dem la winen­ Briefmarkenwerbung und die Förderung der artigen Anschwellen aller Kosten verbunden Philatelie überhaupt sowie zu 20 Prozent ist, dann kann ich mir als Kenner der wirtschaft­ für den Hilfsfonds der Post- und Fernmelde­ lichen und politischen Lage genau eines bediensteten verwendet werden soll. ausmalen : daß nämlich genau jene - Kollege Wally, ich tu mir heute ein wenig leichter Meine Damen und Herren ! Nichts gegen als Sie bei Tagesordnungspunkt zwei (Bundes­ Briefmarkensammler und Philatelisten - ich rat W ally: Sie tun sich sehr leicht !) -, die bin zwar nur ein ganz kleiner, aber ich bin die Tarife in die Höhe schrauben und für auch einer - und schon gar nichts gegen die das Schlamassel verantwortlioh sind, mit dem vielen Menschen, die bei der Post sicher einen Finger auf die böse Wirtsohaft zeigen werden, nicht immer leichten Dienst versehen und wenn tatsäohlioh Mitarbeiter freigestellt werden versehen müssen. Wenn der Bund das Brief­ sollten. Auch das ist ein Bestandteil partei­ markenwesen fördern will, dann soll er das tun, politischer Doppelstrategie, auf die ich sohon aber aus ordentlichen Budgetmitteln und nicht hingewiesen habe. (Bundesrat W ally: Sie mit Markenzuschlägen. Wenn der Bund hilfs­ tun sich tatsächlich sehr leicht !) bedürftige Postmitarbeiter unterstützen will, dann versohließt sich die Österreichische Volks­ Daran, daß diese Tarifpolitik tatsächlich partei keineswegs dagegen, aber dann ist auch arbeitsplatzgefährdend ist, kann kein Zweifel dafür im Bundeshaushalt Vorsorge zu treffen bestehen. Dieser neue Kostenturm wird schwer und nicht mit Zuschlagsmarken . Denn die auf die Kalkulation in den Betrieben drücken, Solidarität unserer demokratischen Gemein­ auch wenn noch in letzter Minute sozusagen schaft, die selbstverständlich auch die Hilfe einige Erleichterungszuckerln zum Anbeißen für bedürftige Menschen einschließen muß, vom Herrn Minister zur Verfügung gestellt darf sich doch nicht in Zuschlägen bei Brief­ wurden . marken dokumentieren. (Beifall bei der O VP.) Aber, Herr Bundesminister, an dieser Stelle Dieses Geld muß aus allgemeinen Steuermitteln ist Ihnen zu sagen, daß diese Verbilligungen genommen werden. (Bundesrat W ally: SteUen bei einigen wenigen Posten, auf die Sie so Sie einen diesbezüglichen Antrag , Herr Kollege !) gerne verweisen, in keinem Verhältnis stehen Man kann nicht jene einseitig belasten, die zur vollen Wucht der kommenden Gesamt­ zufällig mehr Portospesen als andere haben. belastung. Paketgebühren, Geschäftsbriefporti : So einfach kann man sich das nicht machen. neunzig Prozent ; Warensendungen, Druck­ Ich glaube mit Sioherheit daran, daß hier sachen, Massensendungen - von einigen gemeinsam mit der Personalvertretung der Ausnahmen abgesehen -: von hundert bis Post- und Fernmeldebediensteten ein anderer zu dreihundert Prozent ; darum habe ich und besserer Weg hätte gefunden werden vorhin die dreihundert Prozent erwähnt. können.

Ich hoffe, Herr Bundesminister - ich Jedenfalls ist vor den Beispielsfolgen dieser darf noch eine Frage an Sie richten -, daß gesetzlichen Zuschlagseinführung eindringlich das, was man von Postdirektionsseite so zu warnen. Vielleicht steht uns schon bei der anklingen gehört hat, nicht Ihre Meinung ist. nächsten Steuererhöhung ein Zuschlag für Es wurde dort gesagt, das würde dazu bei­ Finanzbeamte ins Haus, oder was würden Sie tragen, daß man bei den Werbeschriften sagen, wenn zufällig die Fleischhauer, weil eine bessere Auswahl treffen würde. Ich die Preise für Wurstwaren gerechtfertigt hinauf­ nehme nicht an, daß das auch Ihre Meinung gesetzt werden müssen, auch einen Zuschlag ist, denn das wäre ein Eingriff in die fr eie als Werbung für die Wurstesser beziehungs­ Wirtschaft, dem wir heute schon wehren weise zur Unterstützung in Not gekommener müßten. Mitarbeiter einführen müßten.

Eine andere Groteske, meine sehr geehrten loh könnte viele solche Beispiele sagen, Damen und Herren, möchte ich dem Hohen die alle wie ein schlechter Witz klingen, ich

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Dr. Fams weiß das. Das ist es aber auch hier im Gesetz, beinhalten im wesentlichen eine Erhöhung der möchte ich dazu sagen. (Bundesrat Schipani: Postgebühren und der Telegrammgebühren. Das hören wir bei den Kollektivvertragsver­ Der Grund für diese Maßnahme ist wohl handlungen immer !) Denn jeder solcher Einfall, allseits bekannt. Die Notwendigkeit einer wie immer er ausschaut, ist ein schlechter Anhebung dieser seit 1967 in unverändertem Witz. Ausmaß bestehenden Gebühren - die Zeitungs­ beförderungsgebühren gelten sogar schon seit Aber nicht witzig, meine Damen und Herren, 1964 - wurde bisher von keiner Seite in finde ich es, daß man den abstrahierten Grund­ Frage gestellt, stehen doch diesem neun gedanken dieser schlechten Scherze zugleich beziehungsweise zwölf Jahre währenden stabi­ mit der Postgebührenerhöhung sogar gesetzlich len Gebührengefüge ganz beträchtliche Kosten­ verankert. Hoffentlich, meine Damen und und Preissteigerungen in allen Wirtschafts­ Herren, ist dies nicht die Geburtsstunde für und Lebensbereichen gegenüber. einen neuen Beruf: den Zuschlagserfinder, wenn man so sagen will. Ansätze und Bewerber Von besonderer Bedeutung für die Post als haben wir schon im Herrn Bautenminister, dem zweitgrößten Dienstleistungsunternehmen mit dem Wasserschilling und anderen Schil­ Österreichs mit einem Personalstand von rund lingen, die es noch gibt. Ich glaube, daß wir 55.000 aktiven Bediensteten sind zweifellos uns vor solchen Experimenten hüten müßten. die Lohnkosten. Hier ist gegenüber dem Jahre Das wollte ich dazu noch einmal sagen. 1967 bis zum heutigen Tag beispielsweise bei den Gehältern unserer Zustellbediensteten Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, eine Steigerung um mehr als 120 Prozent zusammenfassen : Namens der Österreichischen eingetreten. Volkspartei habe ich Ihnen die Bedenklichkeit Die Preissteigerung bei den Zeitungen liegt, der in Diskussion stehenden N ovellierungs­ bezogen auf denselben Zeitraum, in vielen anträge aufgezeigt. Ich erkläre nochmals, Fällen bei 200 Prozent. Im Transportgewerbe daß auch wir für eine entsprechende Tarif­ werden den Auftraggebern heutzutage um etwa korrektur zu haben gewesen wären, aber 150 Prozent mehr in Rechnung gestellt als mit den zum Teil weit überdimensionierten 1967. Erhöhungssätzen unter keinen Umständen einverstanden sind, weil sie in dieser Form Ich möchte das deshalb besonders festhalten, einen Kostenschub ungeheuren Ausmaßes er­ weil es den Zahlen, die Sie genannt haben, zeugen, der noch dazu exakt zum gleichen Herr Kollege, sicherlich widerspricht. Zeitpunkt oder den anderen wesentlichen Hier will ich die Anführung von Beispielen Verteuerungen in zeitlicher Nähe wirksamwird für eingetretene Preiserhöhungen schon ab­ und für die Bevölkerung eine schwere Belastung brechen, denn uns allen sind die gestiegenen bedeutet, die in dieser Form nicht notwendig Lebenshaltungskosten und höheren Kosten wäre. Meine Fraktion lehnt daher diese im Bereich der "Wirtschaft hinlänglich bekannt. Anträge mit aRem Nachdruck ab. (Beifall bei der ÖVP.) An sich wäre es möglich gewesen, das Gebührenausmaß weiterhin unverändert bei­ Vorsitzender : Zum Wort gemeldet ist Herr zubehalten. Dies hätte das Resultat nach sich Bundesrat Josef Schweiger. Ich erteile es ihm . gezogen, daß die Post- und Telegraphen­ verwaltung in den kommenden Jahren nahezu Bundesrat Josef Schweiger (SPÖ) : Sehr unvertretbare kassenmäßige Abgänge hätte geehrter Herr Vorsitzender ! Herr Bundes­ hinnehmen müssen. Bereits im Jahre 1974 minister ! Meine sehr geehrten Damen und betrug der Abgang 2370 Millionen Schilling, Herren ! Ich möchte mich im wesentlichen nicht im heurigen Jahr muß mit einem Abgang von mit der von mir als Pflichtübung aufgefaßten mindestens 2600 Millionen Schilling gerechnet Meinungsäußerung meines Vorredners be­ werden. schäfti gen, weil ich glaube, daß es besser ist, Was bedeutet dies ? Doch nur, daß letztlich diese beiden Gesetze sachlich und objektiv, jene, die die Dienste der Post- und Telegraphen­ wie sie sich darstellen, zu betrachten. verwaltung in Anspruch nehmen, aus dem Ich werde aber nicht umhin können, meinen allgemeinen Steueraufkommen subventioniert Beamten, die dafür verantwortlich sind, und werden, weil sie doch Gebühren entrichten, auch unseren Bediensteten gewisse Passagen deren Ausmaß mit den Leistungen oder Auf­ mitzuteilen, die ich eben gehört habe, weil es wendungen der Post nicht mehr in Einklang bestimmt für das Berufethos unseres Betriebes zu bringen ist. sehr wichtig ist, dies einmal festzustellen. Theoretisch bestehen zwei Möglichkeiten, Meine Damen und Herren ! Die uns vor­ diese Schere zwischen Gebühreneinnahmen liegenden Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates und Aufwendungen zu beseitigen oder, wie

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Josef Schweiger dies durch die vorliegenden Gesetzesbeschlüsse Die in lokalen Bereichen von der Bevölkerung geschehen soll, wenigstens zu mildern. zu Recht geforderte Verbesserung des Services der Post wird in den kommenden Jahren Die erste Möglichkeit wäre die, die Auf­ ebenfalls Beträge verschlingen, die in die wendungen zu verringern. Bei diesen "über­ Hunderte Millionen gehen. Zum Beispiel sollen legungen muß aber davon ausgegangen werden, mit diesen Mitteln Postamtsneubauten in daß den Kunden eine Einschränkung des Köflach, Weiz, Döllach, Liebenfels, Straßburg, Dienstleistungsangebotes der Post keinesfalls Pörtschach, Sankt Georgen im Attergau, zugemutet werden kann. Tulln und Eisenstadt sowie in vielen anderen Orten begonnen, weitergeführt oder fertigge­ Somit verbleiben für eine mögliche Kosten­ stellt werden. Für den Neubau des Postamtes senkung nur Rationalisierungsmaßnahmen. Sankt Pölten sollen allein im Jahr Diese können aber angesichts des Umstandes, 1976 zirka 30 Millionen Schilling aufgewendet werden. daß der Postdienst ein äußerst personal­ intensiver Dienst ist und immer bleiben wird, Dem Gebot der Bundesregierung, die Perso­ keineswegs als Allheilmittel angesehen werden. nalstände stabil zu halten oder nach Möglich­ Auch in der Wirtschaftslehre ist es ein aner­ keit sogar zu senken, kann im Bereich der kannter Grundsatz, daß Kostensteigerungen Postverwaltung nur dadurch nähergekommen auf lange Sicht durch Rationalisierungsmaß­ werden, daß durch den verstärkten Einsatz nahmen allein nicht abgefangen werden können. mechanischer Einrichtungen im Beförderungs­

Im übrigen hat die Post erwiesenermaßen dienst, insbesondere im Sortier- und Verteil­ alle nur möglichen Rationalisierungsgelegen­ dienst, gestiegene Verkehrsleistungen weit­ gehend abgefangen werden . Für die Beschaffung heiten - ich möchte hier sagen, nahezu unter solcher technisch komplizierten, meist elektro­ Zwang - stets sogleich wahrnehmen müssen, nisch gesteuerten Spezialeinrichtungen werden weil sie ansonsten die beträchtlichen Ver­ ebenfalls beträchtliche finanzielle Mittel auf­ kehrssteigerungen seit der letzten Gebühren­ gewendet werden müssen. erhöhung - das Ausmaß kann den Geschäfts­ berichten der Post ganz eindeutig entnommen Was das Ausmaß der Gebührenerhöhungen werden - mit einem fast unveränderten betrifft, so ist dieses zugegebenermaßen relativ Personalstand kaum hätte verkraften können. hoch. Ich will nicht in Frage stellen, daß die Die Personalzunahme im Betrachtungszeitraum Erhöhung der Beförderungsgebühr für Briefe beträgt nämlich nur vier Prozent. Daraus geht der ersten Gewichtsstufe von bisher 2 S auf zweifelsfrei hervor, daß die Post- und ebenso künftig 3 S oder etwa das Ausmaß der neuen die Fernmeldebediensteten laufend mehr leisten Paketgebühren für die Postkunden empfind� und in vielen Fällen bereits eine Auslastung liehe Verteuerungen darstellen. Dies kommt hinnehmen müssen, die aus sozialen, aber auch eben von dem relativ langen Zeitraum, während aus gesundheitlichen Gründen keine Steigerung dem die Postgebühren an Kostensteigerungen mehr zuläßt. nicht angeglichen wurden.

Und eine Rationalisierung, wie Sie meinen, Wenn der Abgeordnete Dr. König im auf dem Rücken der Bediensteten werden wir Nationalrat in diesem Zusammenhang das als Gewerkschaft keineswegs zulassen. Unterbleiben einer Kostenangleichung in kür­ zeren Zeitabständen heftig kritisiert hat, so Somit verbleibt als zweiter Ausweg, die klingt dies an sich gut. Er übersieht dabei Abgänge der Post auf ein vertretbares Ausmaß aber völlig, daß den Postkunden dadurch, zu senken und damit zu verhindern, daß der daß sie nicht schon fr üher höhere Gebühren kleine Mann von der Straße die Kosten bei­ bezahlen mußten, ganz bedeutende finanzielle spielsweise von Versandhäusern mitfinanziert, Vorteile erwachsen sind. Diese wird er den der in den beiden Vorlagen eingeschlagene Postbenützern doch nicht streitig machen Weg von Gebührenerhöhungen. wollen ! Oder hätte die Bundesregierung viel­ leicht in Zeiten hoher Preissteigerungen - wenn Durch die zusätzlichen Einnahmen aus den die Indexraten im Vergleich zum Ausland in Gebührenerhöhungen werden für die Post Österreich auch relativ günstig lagen - durch Budgetansätze sichergestellt werden können, Gebührenerhöhungen den Preisauftrieb noch die ihr den finanziellen Rückhalt für absolut verstärken sollen ? Bei einem derartigen Vor­ notwendige Vorhaben geben werden . So werden haben hätte Dr. König zweifellos ganz anders in den kommenden Jahren beträchtliche Mittel gesprochen. für noch offene Rationalisierungschancen, wie zum Beispiel Fortführung . der Motorisierung Die sozialistische Bundesregierung hat es des Landzustelldienstes, Aufstellung von Ab­ jedenfalls verstanden, die Preisspirale während gabekästen und dergleichen, aufgewendet wer­ der Zeit der überhöhten Preisauftriebstenden­ den müssen . zen nicht durch Gebührenerhöhungen noch

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Josef SChweiger zusätzlich anzuheizen. Nunmehr dürften wir Höchstgewichtes bei Massenwarensendungen allem Anschein nach Zeiten mit abnehmenden von 150 Gramm auf 250 Gramm, den Wegfall Indexsteigerungen entgegengehen, sodaß sich der Abholscheingebühr für Paketsendungen auch aus dieser Sicht der Termin für das und der Rücksendungsgebühr für Massen­ Wirksamwerden der neuen Post- und Tele­ sendungen nennen. Auch die Anhebung der grammgebühren als sehr zweckmäßig erweist. Haftungsgrenze bei Briefsendungen ohne Wert­ angabe von bisher 120 8 auf künftig 300 S Im übrigen wurde der Termin auch auf das liegt zweifelsfrei im Interesse der Postkunden. Inkrafttreten der durch den Weltpostkongreß von Lausanne beschlossenen neuen Auslands­ Allgemein muß ich hier fe ststellen, daß man postgebühren, denen umfangreiche Kosten­ entgegen verschiedenen Ausführungen von studien zugrunde liegen, abgestimmt. Oppositionsrednern im Plenum des National. rates bei der Konzeption der neuen Gebühren­ Bei der Festlegung der neuen Gebühren­ tatbestände doch sehr behutsam vorgegangen tatbestände wurde vermieden, lediglich pro­ ist. Die zahlreichen Verhandlungen mit ver­ zentuelle Anhebungen vorzunehmen. Die vor­ schiedenen Kreisen vor allem aus der Wirt­ genommenen strukturellen Änderungen stellen schaft, die die Post noch im Frühstadium der einen ersten Schritt in Richtung der Neu­ beiden Gesetzesentwürfe geführt hat, sind der gestaltung des Postrechtes dar. Öffentlichkeit und, ich vermute, auch Ihnen Nach der entsprechenden Zielsetzung ist leider zu wenig bekannt. Dabei wurde soweit vorgesehen, die Beförderungsgebühren besser als möglich gerechtfertigten Wünschen, soweit nach der von der Post erbrachten Beförderungs­ diese nicht die erwähnten neuen Gebühren­ leistung zu orientieren. Ermäßigte Gebühren­ prinzipien in Frage stellten, durchaus ent­ sätze sollen dann gewährt werden, wenn der sprochen. Aufgeber Vorleistungen für die Post erbringt. Als Beispiel für die flexible Haltung der Im vorliegenden Gesetzesbeschluß über die Post und für das Verständnis, welches sie Postgebührenerhöhung kommt dies deutlich ganzen Kundenkreisen entgegenbrachte, möchte bei den herabgesetzten Beförderungsgebühren ich die noch im Begutachtungsverfahren durch­ für Massensendungen in jenen Fällen zum geführte Herabsetzung der Beförderungsge­ Ausdruck, in denen der Aufgeber bereits bühr für Massensendungen der niedrigsten Orts bunde aufliefert. Gewichtsstufe bei entsprechenden Vorleistun­ Den Standardsendungen wurde jeweils die gen durch den Aufgeber nennen. Im Interesse niedrigste Gebührenstufe zuerkannt, um die der Versandhäuser wurde diese Gebühr von Kunden zur weitgehenden Verwendung dieser ursprünglich 1 8 auf nunmehr 90 g je Sendungsarten zu bewegen ; durch eine weit­ Sendung herabgesetzt. Ein weiteres Beispiel gehende Inanspruchnahme von automations­ hiefür sind die im Einvernehmen mit dem gerechten 8tandardsendungen sollen weitere Zeitungsherausgeberverband, mit dem bis zu­ Rationalisierungsmöglichkeiten erschlossen letzt umfangreiche Verhandlungen geführt werden. wurden, festgelegten neuen Zeitungs beförde­ rungsge bühren. Auch auf die Erfordernisse einer einfachen Betriebsabwicklung sowie auf spezielle Kunden­ Alle diese Umstände können natürlich nichts interessen wurde bei der Neufestlegung der daran ändern, daß Gebührenerhöhungen von Gebühren Bedacht genommen. So wird es in niemandem als angenehm empfunden werden Hinkunft nur mehr einen einheitlichen Paket­ und daß sie daher auch von keiner Bundes­ tarif, abgestuft nach Sendungsgewicht, für regierung, von keinem Abgeordneten, aber auch ganz Österreich geben. Zum Ausgleich für die nicht von der Post ohne besondere N ot­ dadurch bedingte beträchtliche Gebühren­ wendigkeit initiiert und vertreten werden. steigerung bei leichteren Paketen wurde die Meine Ausführungen sollen Ihnen deshalb nur Zustellgebühr bei Paketen bis zu zwei Kilo­ den Eindruck vermitteln, daß sich die Ge­ gramm fallengelassen. Durch den Wegfall der bührenneuregelungen auf das absolut Not­ bisherigen Inhaltsbeschränkung bei Geschäfts­ wendige beschränken. Ein Vergleich mit den briefen ist zweifellos eine Ausweitung der Postgebühren in den meisten europäischen Verwendungsmöglichkeit dieser Sendungsart Ländern zeigt, daß auch nach dem Wirksam­ eingetreten, was den Postkunden aus der werden der Gebührenerhöhungen Österreich Wirtschaft zugute kommt. ein Land mit billigen Postgebühren sein wird.

Mehrere Maßnahmen der Neuregelung stellen Ein ebensolcher Blick ins Ausland zeigt, die Basis für ein erhöhtes Kundenservice daß die bisherigen Telegrammgebühren in dar. In diesem Sinne darf ich den Wegfall Östereich ganz beträchtlich hinter der Kosten­ der Postlagergebühren für Briefsendungen und entwicklung zurückgeblieben sind. 80 liegen Zeitungen sowie die Erhöhung des zulässigen die Telegrammgebühren in vergleichbaren euro-

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Josef Schweiger päischen Ländern oft über dem Dreifachen der erheben, sind genügend unterstützt und stehen österreichischen Gebührensätze. Im Hinblick demnach zur Verhandlung. auf das Naheverhältnis des Telegrammdienstes Zum Wort hat sich Herr Bundesminister zum Postdienst - die Annahme und Zustellung Lanc gemeldet. Ich erteile es ihm . der Telegramme erfolgt bekanntermaßen durch die Postämter - schien es geboten, die Tele­ Bundesminister für Verkehr Lane : Herr grammgebühren gleichzeitig mit der Post­ Vorsitzender ! Hoher Bundesrat ! Herr Bundes­ gebührenregelung anzuheben. rat Dr. Fuchs hat davon gesprochen, daß Unter Bedachtnahme auf die internationale die preispolitische Entwicklung durch die Entwicklung wurde ein neues Gebührensystem, Erhöhung der Post- und Telegrammgebühren das auch in dieser Betriebssparte zusätzliche gefährdet werde und daß es nicht zu einem Rationalisierungsmöglichkeiten erschließen soll, dauernden Anziehen dieser Tarife kommen gewählt. Die Aufteilung in eine Grundgebühr dürfe ; das sei ein schlechtes Beispiel für die von 10 S und eine Wortgebühr von 50 g Wirtschaft. Er selbst hat sich wenig später entspricht besser der Kostenstruktur im Tele­ dadurch "widerlegt, daß er - was ja gar grammdienst. Durch die Grundgebühr sollen nicht leugbar wäre - zugeben mußte, daß überwiegend die Fixkosten, das sind im eben diese Posttarife seit 1967, also neun wesentlichen die durch die Annahme und Jahre hindurch, unverändert geblieben sind, durch die Zustellung der Telegramme er­ ein wichtiger Teil dieser Posttarife, nämlich wachsen'den Kosten, abgedeckt werden. Da­ die Gebühren für die Zeitungszustellung, sogar durch war es möglich, die Wortgebühr extrem seit zwölf Jahren. Es möge mir bitte ein niedrig anzusetzen. Bundesrat der Österreichischen Volkspartei eine Dienstleistungshonorierung, einen Dienst­ Dieses binäre Gebührensystem verlangt ein­ leistungspreis in Österreich nennen, der neun heitliche Gebühren für alle Telegrammarten, beziehungsweise zwölf Jahre unverändert ge­ was sich für den Betriebsdienst als wesentliche blieben ist. Mehr habe ich zu dieser Argumen­ Vereinfachung auswirkt. Ausgenommen davon tation nicht zu sagen ; sie richtet sich ja an sind lediglich die dringenden Telegramme, Hand der Fakten selber. deren erhöhter Aufwand Gebühren im doppelten Ausmaß verlangt . Nun hat sich Herr Bundesrat Dr. Fuchs mit der Frage des Ausmaßes dieser Tarif­ Um das Ausmaß der Gebührenerhöhung erhöhung beschäftigt und den Verbraucher­ im Telegrammdienst möglichst drastisch dar­ preisindex zum Vergleich herangezogen. Ab­ zustellen, will ich folgendes Beispiel nennen : gesehen davon, daß man nicht beliebig einen Für ein gewöhnliches Privattelegramm mit Index mit dem anderen Index vergleichen der laut Statistik durchschnittlichen Anzahl kann, auch wenn sie gar nichts miteinander von zwanzig Gebührenwörtern sind derzeit zu tun haben, selbst wenn man bei seiner 14 S und in Hinkunft 20 S zu bezahlen ; Argumentation bleibt und selbst wenn man das entspricht einer Steigerung um zirka die von ihm genannte Ziffer von sechzig Pro­ 43 Prozent. Die Gebührenerhöhung wurde zent Indexsteigerung in diesem Zeitraum somit in einem für die Bevölkerung zu mut­ für bare Münze nimmt - ich habe momentan baren Ausmaß gehalten. keinen Index da und möchte nicht streiten Da die Post auf die aus den Gebühren­ (Bundesrat Schreiner: Das stimmt, Herr erhöhungen resultierenden Mehreinnahmen ab­ Minister !) -, wenn also sechzig Prozent solut angewiesen ist und diese Mehrein­ stimmt, dann liegen wir mit zwei Prozent unter nahmen die Voraussetzung für die Sicher­ diesem Index, denn der Index ist auch ein stellung eines ordnungsgemäßen und modernen Durchschnittswert aus verschiedenen Preisen. Postdienstes in der Zukunft sind, werden Wenn man den Durchschnittswert aus den wir Sozialisten diese beiden Gesetzesbeschlüsse Postpreisen zieht, dann beträgt die Post­ unterstützen und dem von uns eingebrachten gebührenerhöhung 58 Prozent und bleibt Antrag, keinen Einspruch zu erheben, unsere mithin - obwohl dieses Beispiel mit dem Zustimmung geben. (Beifall bei der SPtJ.) Verbraucherpreisindex hinkt - trotzdem noch um zwei Prozent unter der Erhöhung des Vorsitzender : Die von den Bundesräten . Verbraucherpreisindex, weil der Durchschnitt Josef Schweiger und Genossen eingebrachten der Postgebührenerhöhung eben 58 Prozent Anträge, gegen die vorliegenden Gesetzes­ beträgt . beschlüsse des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz ge­ Wirklich vergleichbar ist aber nur ein ändert wird, und betreffend ein Bundes­ Dienstleistungsindex, wenn es um Dienst­ gesetz, mit dem das Fernmeldegesetz ge­ leistungspreise geht. Hier darf ich sagen ändert wird, jeweils keinen Einspruch zu und nenne dabei unverdächtige Zeugen außer-

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Bundesminister Lane halb des staatlichen Bereiches : Die Tarife müssen, die unsere Partner sind : mit dem der Speditionen für Stückgutbeförderung sind Verband der österreichischen Zeitungsheraus­ seit 1967 in der Hundertkilometerzone um geber. 150 Prozent, in der Zweihundertkilometerzone Diese Verhandlungen haben stattgefunden, um 140 Prozent gestiegen. Ich möchte aus­ aber dem Resultat dieser Verhandlungen drücklich hinzufügen : sicherlich nicht aus konnte erst Rechnung getragen werden, als Lust am Preiserhöhen, sondern als Folge dieses Resultat vorlag. Dieses Resultat lag der gestiegenen Kosten. erst zwischen der Beschlußfassung im National­ Worin besteht aber der Unterschied zwischen ratsausschuß und der Befassung des National­ einem Pakettransport der Post und einem ratsplenums vor. An allen diesen Verhand­ Pakettransport der Spedition � Der Unter­ lungen - von der ersten bis zur letzten - schied besteht darin, daß es zum einen das · haben sowohl ich als auch der Herr Bundes­ Postunternehmen macht und zum anderen kanzler ohne die geringste Meinungsdifferenz die private Spedition ; sonst besteht kein zwischen uns beiden teilgenommen, und daher U nterschied. tragen wir auch gemeinsam für das Zustande­ Nehmen Sie aber den gesamten Dienst­ kommen dieses Übereinkommens sowohl in leistungsindex in Österreich, dann ist dieser der Art als auch im Ausmaß die Verant­ von 1967 bis heute um 107 Prozent, mithin wortung. Es wird Ihnen also nicht gelingen, wesentlich stärker gestiegen, als die Erhöhung hier den einen gegen den anderen auszu­ der Postgebühren im Durchschnitt ausmacht. spielen.

Zum zweiten Komplex innerhalb der Post­ Nun haben Sie noch einen zweiten Komplex, gebühren, zum Komplex der Zeitungszustell­ nämlich den des Versandhandels und der gebühren, weil hier eine direkte Anfrage an ihn betreffenden Postgebühren, herausge­ mich gerichtet worden ist. griffen und gemeint, da hätte der zuständige Minister, da hätte die Bundesregierung, da Meine sehr verehrten Damen und Herren ! hätte die sozialistische Parlamentsmehrheit Wir bei der Österreichischen Post- und Tele­ ein bißchen Täuschung betrieben. Die niedrigen graphenverwaltung und ich als Verkehrs­ Tarife für die Briefe seien nur um 50 Prozent minister hatten Preise zu kalkulieren, die erhöht worden, aber beim Versandhandel ohnehin schon unter Berücksichtigung der sei man so exorbitant hinaufgegangen. besonderen Stellung der Presse in einer parlamentarischen Demokratie einigermaßen Nun ist es aber nicht so, daß von der Ein­ mit den anderen notwendigen und · kosten­ nahmenseite her etwa das Briefporto eine bedingten Gebührenerhöhungen Schritt halten f unbedeutende Größe und die Erträge für Daher haben wir ursprünglich im Normal­ die Massensendungen die große Sache für tarif eine 66prozentige Erhöhung vorgeschla­ die Einnahmenentwicklung der Post wären - gen, was zwar über dem Durchschnittssatz mitnichten ! Wir stellen auf der Basis 1974 von 58 Prozent, aber unter dem Satz gelegen 280 Millionen Briefe im Jahr zu. Diese werden war, der für die kommerzielle Massenzu­ nach dem neuen Tarif 1043 Millionen stellung im neuen Tarif verlangt wird. Schilling an Portoeinnahmen bringen. Gleich­ Nun ist aber zweierlei Zuständigkeit in zeitig stellen wir 365 Millionen Massenwaren­ der Frage der Zeitung und ihrer Behandlung sendungen und Massendrucksachen zu, und durch den Staat, soweit er von der Bundes­ zwar nicht nur unadressierte, sondern auch regierung repräsentiert wird, gegeben : die einen hohen Anteil an adressierten. Das eine Zuständigkeit, die sich aus der Dienst­ ist also wesentlich mehr als die Zahl der leistung der Post bei der Zeitungszustellung zugestellten Briefe, aber sie werden selbst ergibt und die beim Verkehrsminister liegt, nach dem neuen erhöhten Tarif nur 367 Mil­ und die andere Zuständigkeit, die auf Be­ lionen Schilling einbringen. schluß der parlamentarischen Körperschaften Das heißt, das Ausmaß der Subventionierung in der Presseförderung beim Bundeskanzler der Versand wirtschaft in Österreich, das durch liegt. die neunjährige Nichterhöhung der Gebühren Als daher der Postge bührenentwurf im ein exorbitantes Ausmaß erreicht hat, wird Ministerrat, in dem bekanntlich nur ein­ noch immer . nicht beseitigt. Es wird nur stimmige Beschlüsse möglich sind, gefaßt gemildert, weil es ja auch auf die Dauer wurde, stand von Haus aus sowohl für den nicht verantwortet werden könnte, daß man Herrn Bundeskanzler als auch für mich dem alten Mutterl, das seinen Kindern in ' außer Frage, daß wir dieses Problem ver­ der Stadt einen Brief schreibt, eine Gebühren­ bunden - nämlich Zeitungstarifpost einer­ erhöhung zumutet, aber dem Herrn Schicke­ seits, Presseförderungszuständigkeit Kanzler­ danz von der "Quelle" nicht, den Sie hier amt andererseits - mit denen verhandeln angeführt haben, denn das sind genau seine

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Bundesminister Lane Ziffern ; der wird jetzt statt 28 54 Millionen Als Ergebnis seiner Beratung stellt ' der Schilling zahlen. Aber hätten Sie doch hier Unterrichtsausschuß somit den Antrag, der auch die Offenheit besessen und gesagt, Bundesrat wolle beschließen : welchen Gewinn der Herr Schickedanz im Gegen den Gesetzesbeschluß des National­ vergangenen Jahr gemacht hat. (Beifall bei rates vom 12. Dezember 1975 betreffend ein der SPO.) Den Gewinn des Herrn Schickedanz Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über auf Kosten der österreichischen Postgebühren­ sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Stu­ zahler weiter zu stützen und zu subventio­ dienrichtungen geändert wird, wird kein Ein­ nieren war eingestandenermaßen nicht die spruch erhoben. Philosophie dieser Tariferhöhung. (Beifall bei der SPO.) Vorsitzender : Ich danke dem Herrn Bericht­ erstatter. Vorsitzender : Weitere Wortmeldungen liegen Wortmeldungen liegen nicht vor. nicht vor. Wünscht jemand · das Wort ? - Es ist dies Wünscht noch jemand das Wort ? - Dies nicht der Fall. ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Die Debatte ist geschlossen. Bei der Abstimmung beschließ t der Bun­ Wird vom Herrn Berichterstatter das Schluß­ desrat, gegen den Gesetzesbeschluß des Nationol­ wort gewünscht ? - Dies ist auch nicht der rates keinen Einspruch zu erheben. Fall.

Di e Abstimmung über die vorliegenden Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates erfolgt 12. Punkt : Beschluß des Nationalrates vom getrennt. 12. Dezember 1975 betreffend ein Abkommen Bei der getrennt durchgeführten Abstimmung zwischen der Republik Österreich und der beschließ t der Bundesrat, gegen die beiden Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zur Ver­ Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates k eine n einfachung der Förmlichkeiten im Warenver­ Einspruch zu erheben. kehr zwischen der Europäischen Wirtschafts­ gemeinschaft einerseits und Griechenland und der Türkei andererseits beim Weiterversand von Waren aus Österreich samt Anhängen 11. Punkt : Gesetzesbeschluß des National­ (1457 der Beilagen) rates vom 12. Dezember 1975 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Vorsitzender: Wir gelangen nun zum sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Stu­ 12. Punkt der Tagesordnung : Abkommen dienrichtungen geändert wird (1456 der Bei- zwischen der Republik Österreich und der lagen) Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zur Ver­ einfachung der Förmlichkeiten im Warenver­ Vorsitzender : Wir gelangen nun zum kehr zwischen der Europäischen Wirtschafts­ 11. Punkt der Tagesordnung : Änderung des gemeinschaft einerseits und Griechenland und Bundesgesetzes über sozial- und wirtschafts­ der Türkei andererseits beim Weiterversand wissenschaftliche Studienrichtungen. von Waren aus Österreich samt Anhängen . Berichterstatter ist Herr Bundesrat Mayer. Bevor ich den Berichterstatter, Herrn Bun­ Ich bitte um den Bericht. desrat Dr. Schwaiger, um seinen Bericht bitte, darf ich den in der Zwischenzeit im Hause er­ Berichterstatter Mayer : Hoher Bundesrat ! schienenen Herrn Bundesminister Dr. Bielka Durch den vorliegenden Gesetzes beschluß des willkommen heißen. (Allgemeiner Beifall.) Nationalrates sollen zahlreiche Kandidaten, die sich zur Prüfung für das Lehramt an mitt­ Berichterstatter Dr. Rudolf Schwaiger : Das leren kaufmännischen Lehranstalten ange­ gegenständliche Abkommen, das am 11. Juni meldet haben, die Möglichkeit erhalten, auch 1975 unterzeichnet wurde , trägt den öster­ nach dem 31 . Dezember 1975 die Lehramts­ reichischen Interessen am Verkehr zwischen der prüfung abzulegen. Diese Änderung entspricht EWG und den beiden assoziierten Staaten, der für das Auslaufen des Studiums der Staats­ Griechenland und der Türkei, voll Rechnung. wissenschaft en getroffenen Regelung. Österreich hat bereits bei den Verhandlungen Der Unterrichtsausschuß hat die gegen­ über das Abkommen zwischen der Republik ständliche Vorlage in seiner Sitzung vom Österreich und der Europäischen Wirtschafts­ 17. Dezember 1975 in Verhandlung genommen gemeinschaft zur Anwendung der Bestimmun­ und einstimmig beschlossen, dem Hohen Hause gen über das gemeinschaft liche Versand­ zu empfehlen, keinen Einspruch zu erheben. verfahren, BGBL Nr. 599/1973, darauf ge-

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Dr. Radolf SChwaiger drängt, eine möglichst baldige Neuregelung licher, kultureller oder sportlicher Aufgaben des Warenverkehrs zwischen der EWG und samt Anlagen. den assoziierten Staaten über österreichisches Berichterstatter ist Herr Bundesrat Pischl. Gebiet zu erzielen. Aus geographischen Grün­ Ich bitte um den Bericht. den geht nämlich ein bedeutender Warenstrom zwischen den nördlich der Alpen gelegenen Berichterstatter Pischl : Hohes Haus I Das Mitgliedstaaten der EWG und den beiden gegenständliche Abkommen bringt für einen assoziierten Staaten über Österreich. verhältnismäßig großen Kreis österreichischer Dem Nationalrat erschien bei der Genehmi­ Staatsbürger wesentliche Erleichterungen für gung des Abschlusses des vorliegenden Ab­ Reisen nach Ungarn, zumal es österreichischer­ kommens die Erlassung von Gesetzen im Sinne seits gelungen ist, bei den Verhandlungen die des Artikels 50 Absatz 2 Bundes-Verfassungs­ Aufnahme von Bestimmungen über die Er­ gesetzes zur Erfüllung des Abkommens nicht teilung von längerfristigen Sichtvermerken, erforderlich. das heißt von Sichtvermerken mit einer Gültig­ keitsdauer von sechs Monaten, in das Abkom­ Der Außenpolitische Ausschuß hat die men zu erwirken. gegenständliche Vorlage in seiner Sitzung vom 17. Dezember 1975 in Verhandlung genommen Dem Nationalrat erschien bei der Genehmi­ und einstimmig beschlossen, dem Hohen Hause gung des Abschlusses des vorliegenden Ab­ zu empfehlen, keinen Einspruch zu erheben. kommens die Erlassung von Gesetzen im Sinne des Artikels 50 Absatz 2 Bundes-Verfassungs­ Als Ergebnis seiner Beratung stellt der gesetzes zur Erfüllung des Abkommens nicht Außenpolitische Ausschuß somit den Antrag, erforderlich. der Bundesrat wolle beschließen : Der Außenpolitische Ausschuß hat die ge­ Gegen den Beschluß des Nationalrates vom genständliche Vorlage in seiner Sitzung vom 12. Dezember 1975 betreffend ein Abkommen 17. Dezember 1975 in Verhandlung genommen zwischen der Republik Österreich und der und einstimmig beschlossen, dem Hohen Hause Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zur zu empfehlen, keinen Einspruch zu erheben. Vereinfachung der Förmlichkeiten im Waren­ verkehr zwischen der Europäischen Wirtschafts­ Als Ergebnis seiner Beratung stellt der gemeinschaft einerseits und Griechenland und Außenpolitische Ausschuß somit den Antrag, der Türkei andererseits beim Weiterversand der Bundesrat wolle beschließen : von Waren aus Österreich samt Anhängen I Gegen den Beschluß des Nationalrates vom bis III wird kein Einspruch erhoben. 12. Dezember 1975 betreffend ein Abkom­ men zwischen der Republik Österreich und der Vorsitzender : Ich danke dem Herrn Bericht­ Ungarischen Volksrepublik über die gebühren­ erstatter. fr eie Erteilung von Sichtvermerken für Reisen Wortmeldungen liegen nicht vor. zur Erfüllung wirtschaftlicher, wissenschaft ­ licher, kultureller oder sportlicher Aufgaben Wünscht jemand das Wort � - Es ist dies nicht der Fall. samt Anlagen A und B sowie deren Übersetzun­ gen wird kein Einspruch erhoben. Wir kommen zur Abstimmung. Bei der Abstimmung beschließt der Bun­ Vorsitzender : Wortmeldungen liegen nicht desraJ" gegen den Beschluß des NaJ,ionalrates vor. keinen Einspruch zu erheben. Wünscht jemand das Wort ? - Es ist dies. nicht der Fall.

13. Punkt : Beschluß des Nationalrates vom Wir kommen zur Abstimmung. 12. Dezember 1975 betreffend ein Abkommen Bei der Abstimmung beschließt der Bun­ zwischen der Republik Österreich und der desraJ" gegen den Beschluß de8 NaJ,ionalratelt Ungarischen Volksrepublik über die gebühren­ keinen Einspruch zu erheben. freie Erteilung von Sichtvermerken für Reisen zur Erfüllung wirtschaftlicher, wissenschaft­ Hcher, kultureller oder sportlicher Aufgaben 14. Punkt : Beschluß des Nationalrates vom samt Anlagen (1458 der Beilagen) 12. Dezember 1975 betreffend einen Vertrag­ zwischen der Republik Österreich und der Vorsitzender : Wir gelangen nun zum Volksrepublik Polen über die Zusammenarbeit 13. Punkt der Tagesordnung : Abkommen auf dem Gebiete des Gesundheitswesens (1459 zwischen der Republik Österreich und der der Beilagen) Ungarischen Volksrepublik über die gebühren­ freie Erteilung von Sichtvermerken für Reisen Vorsitzender : Wir gelangen nun zum 14. Punkt zur Erfüllung wirtschaftlicher, wissenschaft- der Tagesordnung : Vertrag zwischen der Repu--

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Vorsitzender blik Österreich und der Volksrepublik Polen 15. Punkt : Beschluß des Nationalrates vom über die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des 12. Dezember 1975 betreffend einen Konsular­ Gesundheitswesens. vertrag zwischen der Republik Österreich und Berichterstatter ist Herr Bundesrat Schreiner. der Volksrepublik Bulgarien (1460 der Beilagen) Ich bitte um den Bericht. Vorsitzender : Wir gelangen nun zum Berichterstatter Schreiner : Der gegenständ­ 15. Punkt der Tagesordnung : Konsularvertrag liche Vertrag trägt der Notwendigkeit der zwischen der Republik Österreich und der internationalen Zusammenarbeit auf dem Ge­ Volksrepublik Bulgarien. biete des Gesundheitswesens Rechnung und Berichterstatter ist Herr Bundesrat Pischl. bildet einen wesentlichen Beitrag zur Hebung Ich bitte um den Bericht. der Volksgesundheit.

Der vorliegende Vertrag enthält daher Berichterstatter PischI : Hoher Bundesrat ! unter anderem die Verpflichtung der Vertrags­ Der gegenständliche Vertrag lehnt sich weit­ staaten, die Zusammenarbeit auf den Gebieten gehend an die Regelungen des Wiener Über­ des Gesundheitswesens, der angewandten medi­ einkommens über konsularische Beziehungen zinischen Forschung und der Weiterbildung sowie an die Konsularverträge zwischen Öster­ des medizinischen Personals voranzutreiben. reich einerseits und Rumänien, Polen und Im besonderen ist ein Erfahrungs- und der DDR andererseits an. Dem Leiter eines Informationsaustausch, ein Austausch von Konsulats wird im vorliegenden Vertrag zum wissenschaftlichen Veröffentlichungen be­ Unterschied vom erwähnten Wiener Überein­ ziehungsweise Gesetzestexten und die gegen­ kommen und analog zu den Konsularverträgen seitige Entsendung von Experten vorgesehen. mit Rumänien, Polen und der DDR volle Ferner soll die Zusammenarbeit zwischen den Immunität gewährt. Hiemit wird einer Ent­ Institutionen und den medizinischen und wicklung der letzten Jahrzehnte Rechnung wissenschaftlichen Gesellschaften beider Länder getragen, durch die die Rechtsstellung der gefördert werden. Konsuln derjenigen der diplomatischen Ver­ treter angenähert wird. Dem Nationalrat erschien bei der Genehmi­ gung des Abschlusses des vorliegenden Ver­ Dem Nationalrat erschien bei der Genehmi­ trages die Erlassung von Gesetzen im Sinne gung des Abschlusses des vorliegenden des Artikels 50 Absatz 2 Bundes-Verfassungs­ Konsularvertrages die Erlassung von Gesetzen gesetz zur Erfüllung des Vertrages nicht er­ im Sinne des Artikels 50 Absatz 2 Bundes­ forderlich. Verfassungsgesetz zur Erfüllung des Konsular­ vertrages nicht erforderlich. Der Außenpolitische Ausschuß hat die gegenständliche Vorlage in seiner Sitzung Der Außenpolitische Ausschuß hat die gegen­ vom 17. Dezember 1975 in Verhandlung ge­ ständliche Vorlage in seiner Sitzung vom nommen und einstimmig beschlossen, dem 17. Dezember 1975 in Verhandlung genommen Hohen Hause zu empfehlen, keinen Einspruch und einstimmig beschlossen, dem Hohen Hause zu erheben. zu empfehlen, keinen Einspruch zu erheben.

Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Außenpolitische Ausschuß somit den Antrag, Außenpolitische Ausschuß somit den Antrag, der Bundesrat wolle beschließen : der Bundesrat wolle beschließen :

Gegen den Beschluß des Nationalrates vom Gegen den Beschluß des Nationalrates vom 12. Dezember 1975 betreffend einen Vertrag 12. Dezember 1975 betreffend einen Konsular­ zwischen der Republik Österreich und der vertrag zwischen der Republik Österreich und Volksrepublik Polen über die Zusammenarbeit der Volksrepublik Bulgarien wird kein Ein­ auf dem Gebiete des Gesundheitswesens wird spruch erhoben. kein Einspruch erhoben. Vorsitzender : Ich danke dem Herrn Bericht­ Vorsitzender : Ich danke dem Herrn Bericht­ erstatter. erstatter. Wortmeldungen liegen nicht vor. Wortmeldungen liegen nicht vor. Wünscht jemand das Wort � - Es ist dies Wünscht jemand das Wort � - Es ist dies nicht der Fall. nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wir kommen zur Abstimmung. Bei der Abstimmung beschließt der Bundes­ Bei der Abstimmung beschließt der Bundes­ rat, gegen den Beschluß des Nationalrates rat, gegen den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. keinen Einspruch zu erheben.

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16. Purud: Wahl der beiden Stellvertreter Bundesrat Leopoldine Pohl: Ich nehme des Vorsitzenden des Bundesrates sowie der die Wahl an ! zwei Schriftführer und der zwei Ordner für das Bundesrat Ottilie Liebt: Ich nehme die erste Halbjahr 1976 Wahl an !

Vorsitzender: Wir gelangen nun zum Vorsitzender: Wir kommen nunmehr zur 16. Punkt der Tagesordnung: Wahl der beiden Wahl der beiden Ordner. Stellvertreter des Vorsitzenden des Bundes­ rates sowie der zwei Schriftführer und der Es liegt mir der Vorschlag vor, die Bundes­ räte Johann Mayer und Hellmuth Schipani zwei Ordner für das erste Halbjahr 1976. zu Ordnern des Bundesrates zu wählen� Gemäß § 5 Absatz E der Geschäftsordnung ist das Büro des Bundesrates halbjährlich zu Falls kein Einwand erhoben wird, werde­ erneuern. ich auch in diesem Falle die Wahl unter einem vornehmen lassen. - Ein Einwand wird Wird die Durchführung der erforderlichen nicht erhoben. Wahlen mittels Stimmzettels gewünscht 1-Dies ist nicht der Fall. Ich werde daher die Wahl Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates� der beiden Stellvertreter des Vorsitzenden die auch diesem Wahlvorschlag ihre. Zustim­ des Bundesrates durch Erheben von den mung geben, um ein Handzeichen. - Dies Sitzen und die Wahl der übrigen Mitglieder ist die Stimmeneinhelligkeit. Auch dieser des Büros des Bundesrates durch Handzeichen Vorschlag ist somit angenommen. vornehmen lassen. Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl Wir kommen zur Wahl der beiden Stell­ annehmen. vertreter des Vorsitzenden. Bundesrat Mayer: Ich nehme die Wahl an t Es liegt mir der Vorschlag vor, die Bundes­ Bundesrat Schipani: Ich nehme die Wahl an t räte Dr. Franz Skotton und Dr. Herbert Schambeck zu Vorsitzenden-Stellvertretern zu wählen. 17. Punkt: Ausschußergänzungswahlen Falls kein Einwand erhoben wird, nehme Vorsitzender: Wir gelangen nun zum ich die Wahl unter einem vor. - Einwand 17. Punkt der Tagesordnung : Ausschußergän­ wird nicht erhoben. zungswahlen. Ich bitte daher jene Mitglieder des Bundes­ Durch das Ableben von Bundesrat Walzer rates, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustim­ sind Ausschußergänzungswahlen notwendig ge­ mung geben, sich von den Sitzen zu erheben. - worden. Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Wahlvor­ Es ist mir der Vorschlag zugekommen, schlag ist somit angenommen. Herrn Bundesrat Dr. Karl Pisec in jene Ich frage, ob die Wahl angenommen wird. Ausschüsse als Mitglied beziehungsweise Er­ satzmitglied zu wählen, denen bisher Bundes­ Bundesrat Dr. Skotton: Ich nehme die rat Franz Walzer angehörte. Wahl an ! Falls kein Einwand erhoben wird, werde­ Bundesrat Dr. Schambeck: Ich nehme die ich über diesen Wahlvorschlag durch Hand­ Wahl an ! zeichen abstimmen lassen. - Ein Einwand. wird nicht erhoben. Vorsitzender: Wir kommen nunmehr zur Wahl der beiden Schriftführer. Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung Es liegt mir der Vorschlag vor, die Bundes­ geben, um ein Handzeichen. - Der Wahl­ räte Leopoldine Pohl und Ottilie Liebl zu vorschlag ist somit angenommen. Schriftführern des Bundesrates zu wählen. Ein Verzeichnis der neu besetzten Ausschuß;.. Falls kein Einwand erhoben wird, nehme mandate wird dem Stenographischen Protokoll' ich auch diese Wahl unter einem vor. - Ein der heutigen Sitzung angeschlossen werden .. Einwand wird nicht erhoben. Die Tagesordnung ist erschöpft. Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimm ung Die Einberufung der nächsten Sitzung des geben, um ein Handzeichen. - Dies ist die Bundesrates wird auf schriftlichem Wege Stimmeneinhelligkeit. Der Wahlvorschlag ist erfolgen. Als Sitzungstermin ist Dienstag, der somit angenommen . 3. Feber 1976, in Aussicht genommen. Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl Für die Tagesordnung kommen jene Vorlagen annehmen. in Betracht, die der Nationalrat bis dahin

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Vorsitzender verabschiedet haben wird, soweit sie dem praktikable Lösung zu finden gilt. Es darf aber Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegen. angenommen werden, daß der Bundesrat seine neue Geschäftsordnung bald beschließen kann. Die Ausschußvorberatungen sind für Damit wird es dann auch in der Länderkammer Montag, den 2. Feber 1976, ab 16 Uhr vorge­ zur Einführung einer Fragestunde kommen. sehen. Hohes Haus ! Morgen ist es auf den Tag genau 30 Jahre her, daß der Bundesrat in Schlußansprache des Vorsitzenden Anwesenheitder Provisorischen Staatsregierung Vorsitzender Dr. Heger : Meine sehr geehrten zu seiner ersten Sitzung nach der Befreiung Damen und Herren I Die heutige Bundesrats­ Österreichs zusammengetreten ist. sitzung ist die letzte, in der ich die Ehre habe, Es war mein Ziel, anläßlich dieses Jubiläums den Vorsitz zu führen. Gestatten Sie mir über den Bundesrat eine kleine Festschrift deshalb einen kurzen Rückblick auf das herauszubringen. Ich freue mich, daß es zweite Halbjahr 1975. gelungen ist, dieses Vorhaben zu verwirklichen. Anläßlich meines Amtsantrittes im Juli Ich habe Ihnen, meine sehr geehrten Damen dieses J abres war es - so wie schon bei meiner und Herren, heute während der Sitzung diese ersten Funktionsperiode - mein besonderes Festschrift übermitteln lassen und sie damit Bestreben, die Aufmerksamkeit der Öffent­ der Öffentlichkeit übergeben. Ich fr eue mich, lichkeit auf die Aufgaben und die Probleme daß sie der Herr Bundespräsident und der der Zweiten Kammer zu lenken. Zwei Dinge Herr Bundeskanzler durch ein Vorwort aus­ lagen mir dabei besonders am Herzen. gezeichnet haben. Während meiner ersten Amtsführung als Auch alle Landeshauptleute haben aus Vorsitzender des Bundesrates im Jahre 1971 der Sicht der Länder sowie ich selbst und konnte ein umfangreicher Faktenkatalog über meine beiden Stellvertreter Beiträge für diese die Reform der Geschäftsordnung des Bundes­ Festschrift zur Verfügung gestellt. Ein zeit­ rates erstellt werden, der schließlich im Juli1972 geschichtlicher wissenschaftlicher Beitrag zu dem Entwurf einer neuen Geschäftsordnung stammt von Herrn Universitätsprofessor im Bundesrat führte. Die Arbeiten an der Dr. Ludwig Jedlicka. Vom Bundesratsdienst Geschäft sordnungsreform des Bundesrates wurden umfangreiche statistische Unterlagen mußten in der Folge unterbrochen werden, über die Tätigkeit der Länderkammer zu­ um auch im Bundesrat jene Neuerungen sammengestellt. abzuwarten, die damals für den Bereich des Es ist mir bei dieser Gelegenheit ein auf­ Nationalrates im Gespräch waren. richtiges Bedürfnis, allen, die zum Gelingen Im Sommer dieses Jahres hat, wie bekannt, dieses Vorhabens beigetragen haben, insbe­ der Nationalrat seine neue Geschäftsordnung sondere den Mitarbeitern des Bundesrats­ verabschiedet. Sofort nach meinem Amts­ dienstes, die oft unter schwierigen Bedingungen antritt bin ich daher dafür eingetreten, daß ihre Aufgabe bewältigt haben, unser aller nunmehr auch die- Geschäftsordnungsreform herzlichsten Dank auszusprechen. (Allgemeiner im Bundesrat zum Abschluß gebracht werden Beifall.) möge. Sehr. geehrte Damen und Herren ! Ich darf Der seinerzeitige Geschäftsordnungsentwurf auch Ihnen dafür danken, daß Sie mich bei wurde entsprechend adaptiert und ist derzeit der Führung meiner Amtsgeschäfte so wir­ Gegenstand von parteiinternen Beratungen. kungsvoll unterstützt und mir die Vorsitz­ Leider hat sich herausgestellt, daß im Zu­ führung so besonders angenehm gemacht haben. sammenhang mit der neuen Geschäftsordnung Es war uns solcherart möglich, unsere Aufgaben des Bundesrates auch eine Verfassungsänderung in bewährter konzilianter Atmosphäre der erforderlich ist., was einige Zeit in Anspruch Sachlichkeit für Österreich und für alle Öster­ nimmt, sodaß die Arbeiten noch nicht abge­ reicher zu erfüllen. :schlossen werden konnten. Außerdem be­ Ich wünsche Ihnen und . Ihren Angehörigen reitet die Zuerkennung des Stimmrechtes an und darüber hinaus allen Österreicherri ein den Vorsitzenden analog der Regelung im fr ohes Weihnachtsfest und ein gutes Jahr 1976. Nationalrat infolge der gegenwärtigen pari­ (Allgemeiner Bei/all.) tätischen Zusammensetzung des Bundesrates .gewisse Schwierigkeiten, für die es noch eine Die Sitzung ist geschlossen.

SchlUß der Sitzung: 14 Uhr 25 Minuten

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Besetzung von Ausschußmandaten auf Grund der vom Bundesrat in seiner Sitzung vom 18. Dezember 1975 durchgeführten Ausschußergänzungswahlen

Finanzausschuß VVirtschaftsausschuß Mitglied: Dkfm. Dr. Karl Pisec (statt Mitglied: Dkfm . Dr. Karl Pisec (statt Franz Walzer) Franz Walzer) Unterrichtsausschuß Ständiger gemeinsamer Ausschuß im Sinne Ersatzmitglied: Dkfm. Dr. Karl Pisec des § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 (statt Franz Walzer) Ersatzmitglied: Dkfm. Dr. Karl Pisec Unvereinbarkeitsausschuß (statt Franz Walzer) Ersatzmitglied: Dkfm. Dr. Karl Pisec (sta.tt Franz Walzer)

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