Saarabstimmungen: 1935 Und 1955 Dokumentation Einer Vortragsreihe
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saarabstimmung_cover_Layout 1 23.06.2016 08:23 Seite 1 Schriften der Kooperationsstelle Wissenschaft und Arbeitswelt Saarabstimmungen: 1935 und 1955 Dokumentation einer Vortragsreihe Neue Sichtweisen braucht das alte Thema. Mit dem Abtreten der Herausgegeben von letzten Zeitzeugen verliert der bisherige, „prodeutsch“ dominierte geschichtspolitische Erinnerungsoktroi an Bedeutung. Wilfried Busemann Es ist zum Beispiel an der Zeit, den wirtschaftshistorischen Vergleich der „kleinen“ (Saar) und „großen“ (DDR) Vereinigung auf seinen Erkenntnisertrag zu überprüfen. Ebenso nötig ist es, die Abstim- mungen von 1935 und 1955 einzubetten in die spezifisch saarländi- sche „Politische Kultur“ zwischen 1870 und ca. 1970 oder die sozialpolitischen Verwerfungen für die Arbeitnehmer zu betonen. Das Buch dokumentiert die Vortragsreihe der Kooperationsstelle Wissenschaft und Arbeitswelt, die im Herbst 2015 auf dem Campus der Universität des Saarlandes stattfand. Saarabstimmungen: 1935 und 1955 Saarabstimmungen: universaar Universitätsverlag des Saarlandes Saarland University Press Presses Universitaires de la Sarre Schriftenreihe der Kooperationsstelle Wissenschaft und Arbeitswelt der Universität des Saarlandes Die zentrale Aufgabe der Kooperationsstelle Wissenschaft und Ar- beitswelt der Universität des Saarlandes besteht in der Generierung von arbeitsweltorientiertem Wissen und der gegenseitigen Zusam- menführung von Wissensbeständen in Wissenschaft und Arbeits- welt mit dem Ziel einer nach haltigen Kooperation zum Nutzen aller Kooperationspartner/innen. Kooperationspartner/innen sind die Universität des Saarlandes, der DGB Rheinland-Pfalz/Saarland, die Arbeitskammer des Saarlandes und die Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes. Die inhaltlichen Arbeitsschwerpunkte der Kooperationsste lle Wissenschaft und Arbeitswelt liegen in den Themen feldern Mitbestimmung und Partizipation von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Globalisierung und ihre Auswirkungen, sektoraler Wandel und grenzüberschreitendes Arbeiten. Mit dieser Publikationsreihe sollen die Ergebnisse der Forschungs- projekte, die im Rahmen der oder in Zusammenarbeit mit der Kooperationsstelle Wissenschaft und Arbeitswelt durchgeführt wurden, einem breiteren Publikum zur Verfügung gestellt werden. Wilfried Busemann (Hrsg.) Saarabstimmungen: 1935 und 1955 Dokumentation einer Vortragsreihe universaar Universitätsverlag des Saarlandes Saarland University Press Presses Universitaires de la Sarre © 2016 universaar universaar Universitätsverlag des Saarlandes Universitätsverlag des Saarlandes Saarland University Press Saarland University Press Presses Universitaires de la Sarre Presses Universitaires de la Sarre Postfach 151150, 66041 Saarbrücken ISBN 978-3-86223-203-1 gedruckte Ausgabe ISBN 978-3-86223-204-8 Online-Ausgabe URN urn:nbn:de:bsz:291-universaar-1470 Buchprojektbetreuung KoWA: Olga Haubrichs Buchprojektbetreuung universaar: Susanne Alt, Matthias Müller Satz: Olga Haubrichs Umschlaggestaltung: Julian Wichert Gedruckt auf säurefreiem Papier von Monsenstein & Vannerdat Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. Inhalt Vorwort............................................................................................................. 7 Wilfried Busemann Einleitung – Tendenzen der saarländischen Zeitgeschichtsforschung.................................. 9 Frank Hirsch Gefangen zwischen „Ja“ und „Nein“. Die Einheitsgewerkschaft des Saarlandes von der Gründung bis zum Abstimmungskampf ........................................... 15 Wilfried Busemann Bürger als Brandstifter!? Vorläufige Überlegungen zu einer Politischen Regionalkultur an der Saar 1870 bis 1970 ..................................................... 41 Jörg Roesler Die große und die kleine (Wieder-)vereinigung ............................................ 67 Archivalien und Literatur ............................................................................... 85 Abkürzungen .................................................................................................. 94 Autoren .......................................................................................................... 95 Vorwort Das vorliegende Büchlein dokumentiert die zu wissenschaftlichen Aufsätzen ausgearbeiteten Beiträge einer kleinen Vortragsreihe der Kooperationsstelle Wissenschaft und Arbeitswelt an der Universität des Saarlandes im November und Dezember 2015 aus Anlaß der Jahrestage der Volksabstimmungen von 1935 und 1955. Sechzig und achtzig Jahre nach den folgenreichen Ereignissen haben sich die Gemüter sehr wohl beruhigt, indes stößt das Thema weiterhin auf anhaltend großes Interesse, weshalb allein deshalb eine Veröffentlichung gerechtfertigt ist, selbst wenn eine „Gesamtdarstellung“ nicht einmal im Ansatz angestrebt wird. Die Kooperationsstelle Wissenschaft und Arbeitswelt dankt den Autoren der Vorträge bzw. Aufsätze für ihre Bemühungen. Ein besonders herzlicher Dank gilt Reinhard Klimmt als Kommentator eines Vortrages für seine aufschluß- reichen Erläuterungen. Ebenfalls gedankt sei den zahlreichen Teilnehmern an den Diskussionen. Dr. Luitpold Rampeltshammer Wilfried Busemann Einleitung – Tendenzen der saarländischen Zeitgeschichtsforschung Neue Sichtweisen braucht das alte Thema, neue Methoden und neue Fragestel- lungen. Besonders anschaulich illustrierten die meist angeregten Diskussionen im Rahmen der überdurchschnittlich gut besuchten Ringvorlesung der Kommission für Landesgeschichte im Sommersemester 2015 oder der in diesem Büchlein dokumentierten kleinen Vortragsreihe der Kooperationsstelle Wissenschaft und Arbeitswelt im Wintersemester 2015/2016 das aktuelle Dilemma: Der allmähliche Abschied von den Zeitzeugen. Mit ihnen versiegt das notwendige Korrektiv zu dem im kollektiven Gedächtnis kolportierten diffusem Hören- sagen, dem Halbwissen, den geschichtspolitischen Verzerrungen als Nachklang der von den „Siegern“ des Jahres 1955 über zwei, drei Jahrzehnte verbreiteten Geschichtspropaganda. Selbst leidenschaftliche Gegner des schließlich mehr- heitlich abgelehnten Europa-Statuts vermochten mit ihren differenzierten, in der späten Zeit nachdenklichen, ja selbstkritischen statements einstmals verbitterte, gehässige Debatten durch Sachlichkeit zu entschärfen, ohne sich selbst dabei in irgendeiner Weise zu verbiegen. Ihre Urteile, Wertungen, Orientierungen fehlen mittlerweile übrigens auch, wie es scheint, in zahlreichen lokalen „Heimatblät- tern“ und örtlichen Geschichts-Periodika der Jahre 2014 und 2015, in denen nunmehr vor allem der Kriegsausbruch 1914 oder das Kriegsende 1945 Kon- junktur haben. Einschränkend sei auch angemerkt, daß es dagegen immer auch noch diejenigen gab, die unentwegt mit Passion und Pathos die alten Kämpfe gegen „Separatisten, Franzosenknechte und Volksverräter“ weiter ausfochten. Lange Zeit, von Mitte der 50er Jahre bis etwa Mitte der 70er Jahre befanden sich diese „alten Kämpfer“ in bester Gesellschaft, weil es den Protagonisten der prodeutschen Propaganda, seitdem sie die Schaltstellen der Macht (oder was sie dafür hielten) auf Landes- und Gemeindeebene, in den Parteien, den Gewerkschaften, sogar in Kultur- und Sportvereinen u.v.a.m. ab 1955 besetzten, gelang, die kaum in Frage gestellte Deutungshoheit über die erlebte Vergangenheit zu erringen auf zum Teil skrupellose Weise durch Auslöschung der konkreten Erinnerung an ihre ehemaligen Gegner mittels Aktenvernichtung. Wenigstens drei Motive kennzeichnen diese regionale Zeitgeschichts-Politik: 10 Wilfried Busemann 1. Die dauerhaft feindselige Ausgrenzung der Parteigänger von Hoffmann und Kirn wurde allenthalben funktionalisiert in den alltäglichen großen und kleinen Machtkämpfen um Posten und Pöstchen, zumal die neuen, überwiegend politisch wenig erfahrenen „Machthaber“ befürchten mußten, von den „alten Hasen“ majorisiert zu werden. 2. Nach der entsetzlichen Diskreditierung der vertrauten alten deutschen Werte im Nationalsozialismus rehabilitierte der Erfolg vom 23.10.1955 und seine nachfolgende Überhöhung vermeintlich zeitlose, ja „heilige“ Begriffe wie Volk, Deutschland, deutsche Kultur, Nationalstolz und trug damit wesentlich bei zur Stabilisierung des dominanten national- konservativen Zeitgeist. 3. Dies wiederum verhinderte offensichtlich erfolgreich, vielleicht bis in die Gegenwart, eine kritische Auseinandersetzung mit den möglichen Belastun- gen der im „Heimatbund“ führenden Politiker, sei es als NSDAP-Mitglied oder gar Parteifunktionär, sei es als Soldat im Vernichtungskrieg gegen osteuropäische Völker, sei es als Profiteur mannigfacher NS-„Wohltaten“ in der Heimat. Wer so etwas ansprach, war im Handumdrehen JoHo- Anhänger und Kommunist. Während sich die Akzeptanz der prodeutschen Geschichtsdeutung und die durch und durch restaurative Hegemonie inzwischen weitestgehend - Reste finden sich gelegentlich – verflüchtigt haben sorgt die immer noch schwelende Auseinandersetzung um die tatsächliche oder vermeintliche NS-Vergangenheit von verschiedenen Landespolitikern aktuell erheblich für Furore. Status und Funktion von Zeitzeugen veränderten sich und erfuhren dabei zugleich eine spürbare Aufwertung im Zuge der forcierten Zeitgeschichtsfor- schung bis zur Mitte der 90er Jahre durch die am Lehrstuhl Hudemann betriebene Aufarbeitung der unmittelbaren Nachkriegsgeschichte. Den unumstrittenen Höhepunkt markierte die Tagung am 15. und