Aufsatz Die Unterschiedlichen Regelungen Zur Amtszeit Des Amtseides »Vor« Dem Amtsantritt Bzw
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LKRZ_10_2011:LKRZ_4_2011.qxd 28.09.2011 13:35 Seite 361 10/2011 LKRZ 5. Jahrgang, Seiten 361–400 Zeitschrift für Landes- und Kommunalrecht Hessen | Rheinland-Pfalz | Saarland Herausgeber: Claus Böhmer, Präsident des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes | Prof. Dr. Christoph Gröpl, Universität des Saarlandes | Dr. Herbert Günther, Ministerialdirigent a.D., Staatskanzlei des Landes Hessen | Klaus-Ludwig Haus, Direktor des Landesverwaltungsamtes des Saarlandes | Prof. Dr. Reinhard Hendler, Universität Trier | Prof. Dr. Georg Hermes, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main | Prof. Dr. Hans-Detlef Horn, Philipps-Universität Marbug, Richter am Hessischen Verwaltungsgerichtshof | Prof. Dr. Friedhelm Hufen, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mit- glied des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz | Dr. Curt M. Jeromin, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Andernach | Prof. Dr. Siegfried Jutzi, Minis- terialdirigent, Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz, Vertreter des öffentlichen Interesses des Landes Rheinland- Pfalz, Honorarprofessor der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz | Prof. Dr. Holger Kröninger, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Saarbrücken | Prof. Dr. Klaus Lange, Justus-Lie big-Universität Gießen, Präsident a.D. und Mitglied des Staatsgerichtshofs des Landes Hessen | Prof. Dr. Karl-Friedrich Meyer, Präsident des Verfassungsgerichtshofs und des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz | Wolfgang Reimers, Präsident des Hessischen Verwal- tungsgerichtshofs a.D. | Prof. Dr. Gunnar Schwarting, Geschäftsführer des Städtetages Rheinland-Pfalz | Jürgen Wohlfarth, Verwaltungsdezernent der Landeshauptstadt Saarbrücken, Dozent an der Fachhochschule für Verwaltung | Prof. Dr. Jan Ziekow, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissen- schaften, Speyer Hauptschriftleitung: Prof. Dr. Siegfried Jutzi, Ministerialdirigent | Schriftleiter Hessen: Rainer Lambeck, Richter am Verwaltungsgericht | Schriftleiter Rheinland-Pfalz: Ralf Geis, Präsident des Verwaltungsgerichts, Manfred Stamm, Richter am Oberverwaltungsgericht | Schrift- leiter Saarland: Joachim Schwarz, Richter am Verwaltungsgericht AUFSÄTZE Die Ministerpräsidenten in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland – Amtszeit und Dauer des Amtsverhältnisses sowie Pflicht zur Geschäftsführung – Dr. jur. Richard Ley, Koblenz* In LKRZ 2011, 81 ff., wurden die Rechtsvorschriften zur Wahl Formel geringe Abweichungen feststellbar sind, besteht hin- des Ministerpräsidenten und die Staatspraxis in den drei sichtlich des Zeitpunktes Übereinstimmung. Alle drei Verfas- Nachbarländern Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland sungen fordern, dass der Ministerpräsident »bei« Amtsantritt verglichen. Nun sollen – gleichsam in Weiterführung – in die- den Eid leistet. In anderen Bundesländern hat die Leistung sem Aufsatz die unterschiedlichen Regelungen zur Amtszeit des Amtseides »vor« dem Amtsantritt bzw. der Amtsübergabe 3 bzw. zur Dauer des öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnisses zu erfolgen. Aus diesen Regelungen zum »Wann« ergibt sich untersucht werden. Dabei wird auch die Staatspraxis insbe- zweierlei: Zum einem ist der Amtseid keine Bedingung für die sondere seit 1980 ausgewertet. Amtsübernahme, sondern sie begleitet nur die Amtsübernah- me,4 und zum anderen ist davon auszugehen, dass die Eides- leistung und der Amtsantritt in der Regel zeitlich zusammen- I. Annahme der Wahl und Vereidigung des Minis- fallen müssen.5 Für den Ablauf der Regierungsbildung dürfte terpräsidenten dies bedeuten, dass die Eidesleistung im Anschluss an die Wahl erfolgen muss, und zwar vor dem nächsten Akt der Regierungsbildung der Ernennung der Minister. Diese Rei- In der Staatspraxis der drei Länder stellt der Landtagspräsi- henfolge war im untersuchten Zeitraum in den drei Ländern dent im Anschluss an die Bekanntgabe des Ergebnisses, die die übliche Staatspraxis. Allein bei der Wahl von Werner Zeyer Frage der Annahme der Wahl. Diese Frage und die anschlie- ßende Antwort haben – wenn überhaupt – nur die Bedeu- tung, dass der Wahlvorgang formell nun endgültig abge- * Der Verfasser war Dozent an der FHöV Rheinland-Pfalz. schlossen ist. An die Fragestellung schloss sich in der Regel in 1 Für die Zeit seit 1980 erfolgte nur bei der Wahl von Werner Zeyer am 23.05.1980 die Vereidigung erst zusammen mit der Vereidigung der von allen drei Ländern sofort die Vereidigung des neu gewählten ihm ernannten Ministern; vgl. SaarlLT-PlPr. 8/2, S. 8f sowie die nachfol- Regierungschefs an.1 genden Ausführungen in diesem Abschnitt. 2 Vgl. Art. 111 HessVerf., 100 Abs. 1 RhPfVerf., 89 Satz 1 SaarlVerf. 3 Vgl. z.B. Art. 56 BayVerf., 88 BbgVerf., 66 Abs. 1 SachsAVerf. Die Verpflichtung zur Leistung des Amtseides ist in allen drei 4 Vgl. Weis, Regierungswechsel in den Bundesländern, 1980, S. 30. Landesverfassungen festgelegt.2 Während hinsichtlich der 5 Vgl. Gebauer, in: Grimm/Caesar, RhPfVerf., Komm., 2001, Art.100 Rn. 8. LKRZ 10/2011 | 361 LKRZ_10_2011:LKRZ_4_2011.qxd 28.09.2011 13:35 Seite 362 AUFSÄTZE | Ley, Die Ministerpräsidenten in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland zum saarländischen Ministerpräsidenten am 23.05.1980 legte dem der Ministerpräsident erstmals Amtshandlungen vorneh- der neu gewählte Ministerpräsident erst zusammen mit den men kann, und dem Zeitpunkt, in dem er völlig aus dem Amt Ministern den Amtseid ab.6 scheidet oder nur noch geschäftsführend tätig wird. Der Begriff »Amtszeit« schließt somit nicht den Zeitraum als In den Landesverfassungen von Hessen und Rheinland-Pfalz geschäftsführender Ministerpräsident ein. Diese Differenzie- wird darüber hinaus festgelegt, dass der Eid »vor dem Land- rung im Sprachgebrauch kommen z.B. in Art. 55 Abs. 2 u. 3 tag« abzuleisten ist. Trotz der Lücke zum »Wo« in der Verfas- BadWürttVerf. und Art. 62 Abs. 2 u. 3 NWVerf. besonders gut sung des Saarlandes entspricht auch die dortige Vorgehens- zum Ausdruck.21 Dort wird nach der Nennung von einer weise der Staatspraxis in allen anderen Ländern.7 Dies bedeu- Reihe von Gründen für die Beendigung des Amtes und damit tet: Der Ministerpräsident spricht in öffentlicher Sitzung die der Amtszeit eine »Weiterführung«, nicht eine Verlängerung, Eidesformel, die vom Präsidenten des Landtages entgegenge- bis zur Übernahme durch den Nachfolger angeordnet. Nach nommen wird.8 In den drei Ländern haben sich hier die glei- dieser Definition ist somit der Zeitraum des öffentlich-rechtli- chen Praktiken entwickelt. Der Landtagspräsident liest die chen Amtsverhältnises in der Regel größer und umfassender. Eidesformel vor und fordert den neu gewählten Regierungs- chef auf diese nachzusprechen.9 In der angefügten Tabelle ist die Gesamtdauer des öffentlich- rechtlichen Amtsverhältnisses des jeweiligen Ministerpräsi- denten aufgenommen. Man könnte diesen Zeitraum auch II. Klärung der Begriffe im Zusammenhang mit der Regierungszeit nennen. Amtszeit 1. Die verschiedenen Regelungen und Formulierungen III. Beginn der Amtszeit bzw. des Amtsverhältnisses Während sich Beginn und Ende der Wahlperiode der Landta- 1. Hessen ge und somit die Dauer des Mandats eines Abgeordneten aus den jeweiligen Verfassungen ergeben,, gilt dies für Beginn In Hessen ist für die Festlegung des Beginns der Amtszeit allein und Ende der Amtszeit des Ministerpräsidenten nur mit Ein- die Landesverfassung ausschlaggebend. Unter diesen Umstän- schränkungen. Die Verfassungen der drei Länder verwenden den könnte – wie oben dargestellt – der Vollzug der Wahl der verschiedene Termini, die zur Festlegung dieses Zeitraumes entscheidende Zeitpunkt sein. Doch dies würde den Art. 101 herangezogen werden können. So wird in den Regelungen Abs. 4 HessVerf. nicht berücksichtigen. Danach kann die Lan- über den Amtseid der Ministerpräsidenten – wie bereits aus- desregierung – also auch der Ministerpräsident22 – die Amtsge- geführt – festgelegt, dass dieser »bei Amtsantritt« geleistet schäfte erst dann übernehmen, wenn der Landtag durch einen werden muss. Art. 101 Abs. 4 HessVerf. und Art. 98 Abs. 2 besonderen Beschluss ihr das Vertrauen ausgesprochen hat. Satz 3 RhPfVerf. bestimmen, dass die Regierungen – und Deshalb ist nach der Literaturmeinung der Vertrauensbe- damit auch die Ministerpräsidenten – erst die Geschäfte über- schluss des Landtages der entscheidende Zeitpunkt für den nehmen können, wenn die Landtage dies durch Beschluss Amtsbeginn des neu gewählten Ministerpräsidenten.23 Dies ausgesprochen haben.10 Diese Bestätigungsbeschlüsse könn- hat zur Folge, dass es vorübergehend zwei Ministerpräsidenten ten somit ebenso Auswirkungen auf den Beginn der Amtszeit geben kann und zwar »den gewählten, der (noch) nicht regiert, haben wie die Koppelung des Amtes des Ministerpräsidenten und den ehemaligen zurückgetretenen, der keine Regierung an die Wahlperiode in den Verfassungen von Hessen und bilden, aber deren Geschäfte führen darf (und muss)«.24 11 dem Saarland Rückwirkungen auf das Ende der Amtszeit. In der Kommentarliteratur zur vergleichbaren Regelung in Art. 87 Abs. 3 Satz 1 SaarlVerf. sagt es deutlich: »Das Amt des Baden-Württemberg25 wird deshalb daraufhin gewiesen, dass Ministerpräsidenten endet mit dem Zusammentritt des neuen Landtages«. Darüber hinaus haben jedoch alle drei 6 Der Tagesordnungspunkt lautete: “Vereidigung der Regierung gemäß Art. Verfassungen Regelungen, die auch den Ministerpräsidenten 89 der Verfassung des Saarlandes”, vgl. SaarlLT, PlPr. 8/2, S. 9. verpflichten nach Rücktritt12 oder einer sonstigen Beendi- 7 Das Fehlen einer entsprechenden Regelungen ist nach Stelkens, in: Wendt/Rixecker, SaarlVerf., Komm., 2009, Art. 89 Rn. 1 auf