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LETTLAND: zartes Pflänzchen Hoffnung

herrnhuter Zeitschrift der Herrnhuter Brüdergemeine Zeitschriftder in Schweiz der Herrnhuter Brüdergemeine Zu diesem Heft ten Fall eine geduldete Sprache, aber nicht die offizielle. Die meisten Menschen waren Leibei- Ich gebe es zu: dies ist eine Liebeserklärung. gene - was zu bestimmten Zeiten Sklaverei be- An ein Land, an seine Bewohner, an seine deutete. Und auch in der Kirche war die Spra- Landschaft, an seine Kultur. Sie fing nicht erst che Deutsch, oder Schwedisch (in der Lutheri- an, als ich vier Wochen im September und Ok- schen Kirche) und Russisch (bei den Orthodo- tober 2019 im Land war, um die Sprache zu xen und Altgläubigen). Wo war da Raum für die lernen, oder zumindest eine Annäherung zu eigene Identität? Und da kommen im 18. Jahr- wagen. Es begann bei meinem ersten Aufent- hundert die Herrnhuter, lernen die Sprache, halt im Land vor 12 Jahren. bauen Bethäuser auf den Gutshöfen und lassen 2007, Europäischer Missionsrat der Herrnhuter die Menschen aktiv mitmachen in den Ver- in Ungurmuiža. Mitten in Lettland, in Vidzeme, sammlungen, beten und singen. Viel singen, im alten Livland. Und dann springt einen in ei- was den Nerv des Volkes traf, das Herz und das nem nur anfänglich restaurierten Herrschafts- Gemüt. Und lesen können, was wichtig ist: Bibel haus mit all den Nebengebäuden die Herrnhu- und Gesangbuch und Losung. Schreiben, wie ter Geschichte an, die erste echte Missionstä- sie zu sprechen von klein auf gewöhnt waren, tigkeit, noch vor der Karibik. Mitten in Europa, auch den eigenen Lebenslauf. Nicht zufällig und doch sehr weit weg. Aber nicht nur das kleine Augenblicke und Eindrücke, sehr subjek- handelt der erste lettische Roman im späten 19. Haus nahm mich gefangen, auch diese Land- tiv, die aber hoffentlich etwas davon zeigen, Jahrhundert von lettischen Herrnhutern. schaft, mit dieser Weite, den Wäldern und dem welch wundersame Wege Gottes Geschichte Das alles ist, auch durch Fehler von Seiten Wasser. In der ein dreihundert Meter hoher mit seinen Menschen manchmal geht. In einem Herrnhuts, nach und nach zugrunde gegangen, Hügel zu den höchsten Punkten gehört und tat- Land, in dem bis zum 2. Weltkrieg die grösste und mit dem Ende des 2. Weltkriegs war alles sächlich Berg genannt wird, die Sprache aber Wirksamkeit der Herrnhuter weltweit war, und vorbei, geriet in Vergessenheit. Bis nach der keinen Ausdruck für Gebirge kennt. deren Spuren entscheidend den politischen Werdegang des Landes mitgeprägt haben. friedlichen Revolution vor 30 Jahren Menschen Und dann sind es die Menschen, die meist so ihre Geschichte wiederentdeckten. Daraus ist ernst wirken, fast verschlossen; sehr zurückhal- Es waren deutschbaltische pietistische Adlige, keine blühende, grossartige Kirche geworden, tend, den Schweizern nicht unähnlich. Mit die- die Herrnhuter aufnahmen und später gezielt sondern kleine ökumenische Kreise, sozietär ser erst einmal völlig unverständlichen Sprache ins Land holten, um der lettischen Landbevölke- strukturiert wie wir hier in der Schweiz. Jede samt den zusätzlichen Schriftzeichen, die sich rung Bildung zukommen zu lassen - und Glau- und jeder behält seine eigene kirchliche Prä- einer schnellen Annäherung entzieht. Dahinter ben, der sie als Menschen ernstnahm, ihre gung. Aber es entstehen kleine Hoffnungspflan- aber entdeckt man sehr unterschiedliche, wun- Sprache akzeptierte und den Untergang ihrer zen, an denen wir uns freuen können, die unse- derbare Menschen, deren Reaktionen sich erst Kultur verhinderte. re Unterstützung verdienen. Mehr dazu im Heft; nach längerem Hinhören und Hineinhorchen in Das ist aus der Schweiz eigentlich gar nicht zu jetzt Ihnen eine hoffentlich anregende Lektüre, die Vergangenheit, in ihre Geschichte er- ermessen, über Jahrhunderte ein von fremden Ihr Volker Schulz schliessen. Mächten besetztes und beherrschtes Land zu

Deshalb will das Heft, im Gegensatz zu den sein. Mal waren es die Deutschen, anfangs mit vorherigen Ausgaben des "herrnhuter" nicht den Ritterorden, dann die Schweden und einen kurzen summarischen Einblick geben, schliesslich das zaristische Russland, immer sondern will Menschen in den Blick nehmen, hatten andere das Sagen. Lettisch war im bes- vom Typ An-2. Zum Glück keine Jets, kein Mili- derttausend Menschen – am 4. November 1989 Der 23. August 1989, oder tär. am Alexanderplatz in Ost- -, und da ging es um Reformen, aber nicht um Revolution. der Baltische Weg Der einmotorige Doppeldecker der Marke An- tonow, erstmals gebaut 1947, flog an normalen Bei der Menschenkette fassten sich pünktlich Der langjährige ARD-Korrepondent für Tagen über die weiten Felder der Kolchosen, um sieben Uhr abends die Menschen an den Skandinavien und das Baltikum, Tilmann Bünz, um Dünger zu streuen, bestens geeignet für Händen. Einige direkt von der Arbeit, mit beschreibt in seinem Buch „Wo die Ostsee den Tiefflug bei niedrigem Tempo. Aber dieser Schlips und Anzug oder im Kostüm, andere im Westsee heisst“ dieses historische Ereignis und 23. August 1989, ein Mittwoch, war kein norma- Kittel oder Blaumann. Jeder kannte seinen Platz. hat freundlicherweise zugestimmt, diese ler Tag. Die beiden Piloten hatten die Felder Die Strecke war in Abschnitte eingeteilt nach Passage hier abzudrucken. ausnahmsweise sich selbst überlassen, und der Kombinaten und Betrieben. In allen drei Repub- dritte Mann drehte auf eigene Faust. Leonas liken gab es einen Masterplan. Orte und Na- Was die meisten im Westen nicht wissen: Nicht Glinskis, ein litauischer Querkopf, Hobbyfilmer men und Zahlen, säuberlich mit der Hand ge- nur in gingen die Menschen im Herbst und Bürgerrechtler, hatte Angst, dass das schrieben. Eine Meisterleistung der Organisati- 1989 auf die Strasse. Tausend Kilometer weiter Staatsfernsehen die Demonstration verschwei- on und ein Zeichen dafür, wie einig sich Letten, östlich in der alten Sowjetunion kam es zur gen würde. Aus dem Westen hatte er sich eine Esten und Litauer waren. Niemand hatte Zweifel grössten Demonstration in der Geschichte der kleine Videokamera besorgt, die er aus der Lu- daran, dass es gelingen würde, in den grossen Sowjetunion. Es ging um Freiheit, aber auch um ke hielt. Er wurde zum Chronisten der Wieder- Städten die Reihen zu schliessen. Aber was war Brot, und die Panzer rollten nicht. auferstehung – drei Monate vor dem Mauerfall. auf dem flachen Land? Auf keinen Fall durfte Was er filmte, sah von oben auf den ersten Blick die Kette unterbrochen werden. Zur Not dehnte Die Menschenkette war eine Meisterleistung aus wie ein Stau und dauerte nur eine Viertel- man einen Pullover und fasste ihn an beiden der drei (baltischen) Völker, ein Höhepunkt ihrer stunde lang. Ärmeln an. … Geschichte. Mehr als eine Millionen Menschen fassten sich ein Herz unten auf der Autobahn. Die Kette ging durch Estland, Lettland und Li- Als „Baltischer Weg“ ist diese Menschenkette in Oben am Himmel flog ein uralter Doppeldecker tauen, von einer Sowjetrepublik zur anderen. die Geschichte eingegangen, und die entschei- Das eigentliche Wunder war, dass es gelang, denden Dokumente – Fotos und Lagepläne – die Kette über die ganzen 600 Kilometer zu gehören seit 2009 zum Weltkulturerbe. schliessen. Dafür musste sich etwa jeder achte PS: Nicht alle schafften es an jenem heissen Lette, Litauer und Este auf den Weg machen – Augusttag zu der ihnen zugedachten Stelle. Die eine Million von acht Millionen. Vergleiche sind Strassen waren verstopft, und manche Beine immer schwierig. Die Revolution der Ostdeut- wurden müde. Eine alte Dame bei Vilnius, so schen ist unbestritten der Höhepunkt der deut- erzählt man sich, wusste sich zu helfen. Als es schen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Auf die so weit war, ging sie in ihren Garten und um- DDR übertragen, hätten sich knapp zwei Millio- armte ihren Apfelbaum. nen Menschen versammeln müssen. Tatsäch- lich liegt der Rekord in der DDR bei fünfthun- Tilmann Bünz, rettet werden. Mein ganzes brüchiges Ein Zeugnis Leben, das in Trümmern lag, und diese unerlöste Welt kamen unter dem Kreuz Ohne ihn ist die Brüdergemeine im heutigen Christi zusammen. Ich entdeckte: Ich Lettland nicht denkbar, und doch redet Gundars bin gerettet und kann plötzlich die Welt Ceipe nicht allzugern über sein persönliches verstehen, durchschauen. Ergehen in dieser Zeit, wie die meisten. Ich hatte die Vollkommenheit der Liebe Dennoch soll am Anfang sein sehr persönliches Gottes erkannt. Zeugnis stehen, dem dann einige biographische Anmerkungen folgen. Und dann: Zeiten des politischen Wan- dels. Intrigen. Ich werde aus der Kirche «Zeit der Sowjetunion und der kommunistischen vertrieben mit KGB-Methoden. Die Herrschaft: Hoffnungslosigkeit - Särge, die aus spürbare Gegenwart des Heiligen Afghanistan in die Heimat kommen. Und darin Geistes schwindet. Stattdessen bremst ein junger Mann; auf der Suche nach spirituel- mich der Geist des Widersachers. Men- len Wurzeln. taler Kampf, der körperlich wahrnehm- Die Kirchen sind verschlossen, geschlossen. Es bar war. Es war schrecklich. Während ist keine christliche Literatur zu erhalten. Es gibt eines mehrtägigen Missionsmarsches zog er sich zurück. (Besser kann und keine Bibeln. will ich es nicht beschreiben.) Am Ende einer abenteuerlichen und wunderhaf- Der das schreibt, ist mittlerweile 53 Jahre alt, In meiner Zeit als Journalist: Im Herbst 1989 ten Suche habe ich eine Bibel von einem KGB- offiziell seit einigen Jahren als Gemeindiener für musste ich Materialien über eine völlig verges- Agenten gekauft, für einen Haufen Geld. Kost- Lettland tätig. Das geht nur, weil der Lohn direkt sene Brüdergemeine vorbereiten. Ich liess mich bar in jeder Beziehung. Ich lebte allein. Ich be- aus der gesamtkirchlichen Rechnung der Pro- darauf ein. Und dann stellte es sich heraus, gann darin zu lesen, zuerst das Johannes- vinz kommt, die Menschen in den kleinen Krei- dass ich dort den gleichen Geist entdeckte, der Evangelium. Im Geheimen liess ich mich taufen. se, die daneben, wie die Schweizer Herrnhuter, mich erfüllt hatte, als ich zum christlichen Glau- Das veränderte mein Leben; ich kam, nein ich ja noch eine kirchliche Heimat haben, können ben kam. Ich war regelrecht schockiert, wie wurde gebracht, geführt in eine ganz andere, das nicht aufbringen. herrliche und von Liebe erfüllte Wirklichkeit. sehr Gott meine Vorfahren verherrlicht hat. In Das brauchte etwa ein halbes Jahr. Der Heilige dem folgenden gesamten Prozess entstand die Aber bis dahin war ein weiter, sehr verschlun- Geist arbeitete ganz persönlich an und mit mir. immer klarere Überzeugung, dass die Brüder- gener Weg. Die ersten Jahre verbrachte Gun- Er offenbart mir den Sohn Gottes, Jesus Chris- gemeine die eigentlich passende Lebensweise dars in Jurmala, dem Badeort an der Ostsee, tus. Ich entdeckte den schmerzhaften Weg Got- für mein lettisches Volk sei. Und bis jetzt, bis der zu Sowjetzeiten im Sommer von Feriengäs- tes zum Bund mit seinen Menschen, mit mir. jetzt, versuche ich, darin einen Lebensweg, ten aus den Grossbetrieben des riesigen Lan- Jesus musste sterben, damit die Menschen ge- meinen Lebensweg zu finden.» des überflutet war. Die Familie wohnte dort in einem der typischen Holzhäuser in einem Raum. Aber auch als die Familie nach Nach seiner Sportlerzeit geht er an die Universi- Daneben kommt immer wieder der Historiker umzog, dort ging dann Gundars zur Schule, tät und arbeitet auch als Journalist, in einer durch, der mit dem persönlichen Glauben. So wohnten sie in einer baufälligen alten Villa in breitgefächerten Auswahl an Disziplinen been- hat er ein erstes Buch über die Brüdergemeine einem Raum, geteiltes WC auf dem Gang inklu- det er das Studium mit dem Bachelor in Theo- in Lettland geschrieben, das erstaunlich gut sive. Erst mit dem so quasi erzwungenen Par- logie, dem Master in Philologie und dem Doktor gelesen wird, mehrere tausend Exemplare sind teieintritt des Vaters bekamen sie eine 3- in Geschichte. Und knüpft in dieser Zeit eine verkauft, eine englische Übersetzung besteht. Zimmer-Wohnung in einer der Quartiere zuge- Fülle von Kontakten zu Menschen in den ver- Nun sitzt er an einer Darstellung der Brüderge- wiesen (in der Lokomotieves iela), die von den schiedensten Bereichen der Gesellschaft. Un- meine als Kirche für die Letten. Aber Gott sei Plattenbauten des Ostblocks geprägt waren; terwegs mit ihm in Riga fällt häufig der Satz: Dank muss er den Schreibtisch ab und zu ver- schräg gegenüber war eine Eisenbahnstation, Hier habe ich auch einmal gewohnt. lassen, um seinen Sohn Adams aus der Schule welche die schnellste Verbindung in die Innen- (1. Klasse!) oder Arons vom Kindergarten abzu- Das ist seine Gabe: mit Menschen in Kontakt zu stadt darstellte (mit dem Bus dauerte es doppelt holen. kommen und zu begeistern. Seine Biographie, so lange). Heute steht vor dem Stationsgebäude auch sein beruflicher Werdegang hat immer Gundars Ceipe, Riga / Volker Schulz, Basel ein Denkmal als Erinnerung der Menschen, die wieder Brüche. Aber diese Gabe kommt ihm bei von dort deportiert wurden, zuerst von den seinen verschiedenen kirchlichen Stellen zugu- Deutschen in die KZs, von den Sowjets dann te, als Pfarrer in lutherischen Gemeinden in nach Sibirien. Straupe und Smiltene, in der methodistischen Mit Stolz berichtet Gundars, dass seine Mutter Kirche, nun in der Brüdergemeine. eine der ersten Stewardessen bei der „Aeroflot“ Denn da brennt sein Herz, für die geschichtlich war, der staatlichen Fluggesellschaft. Die Ehe so bedeutsame Kirche mit dem einfachen der Eltern geht auseinander, und zur gleichen Evangelium, das zusammenbringt über alle Zeit hat das Sportministerium den grossge- Unterschiede hinweg. In Bibelkreisen, Kinderla- wachsenen Knaben entdeckt. Er kommt ins gern, selbst bei Studientagen. Da kann er an- Sportinternat auf dem Land, für 5 Jahre, wo er regen, begleiten, immer wieder auch initiieren. unter Hochleistungssportbedingungen Volley- Er hat Kontakt mit Herrnhut aufgenommen, sich ball spielt. Die Schule existiert heute noch, nun auf diese Kirche eingelassen, auch mit dem, von den Letten genutzt, hoffentlich nicht mit was in Lettland unwesentlich ist. Und hat ein dem Drill und Druck, dem er sich damals aus- Netz geknüpft, dass sich nun Herrnhuter in Lett- gesetzt sah. Denn seine Gesundheit hat Folge- land nennt und ein Dach ist für diese Kreise, schäden davon getragen. Schon in den 90er aber auch Einzelpersonen. Niemand muss sei- Jahren musste er am Rücken operiert werden. ne geistliche Heimat verlassen, eine klare Zu- Körperliche Beschwerden und Schmerzen sind stimmung zum Geist der Brüdergemeine reicht in den letzten Jahren immer mehr aufgetreten. aus. werk weiter fortzusetzen, und das ist eine sehr Dichter und Schriftsteller lettischer Nation, ge- Das transkulturelle umfangreiche Aufgabe, die auch eine gewisse schweige denn Fabrikanten und andere Wirt- herrnhutische Schrifttum Verantwortung für die lettische Kulturgeschich- schaftsvertreter sind erst im 19. Jahrhundert und te, Geschichte und sogar Staatlichkeit trägt. vor allem Ende des 19. Jahrhunderts tätig, eben nach der offiziellen Aufhebung der Leibeigen- als Bestandteil des Medi- Die letzten Jahrzehnte der lettischen Historio- schaft. enwandels im lettischen graphie verlaufen nämlich unter dem Zeichen der Neuschreibung der Nationalgeschichte, In den herrnhutischen Gebieten stößt man aber Livland dem Suchen nach den europäischen Kontexten auf viel frühere Erscheinungen der lettischen der Lokalgeschichte und auch der Befreiung Schriftkultur, die teilweise von den sogenannten

des kollektiven Gedächtnisses von dem Mythos herrnhutisch erweckten Nationalen aktiv mitge- Der vorliegende Text fällt aus dem Rahmen, von der 700 Jahre Sklaverei, das laut der aktuellen staltet wurde. seiner Länge, dem Thema und dem wissen- Auffassung von den sogenannten Jungletten schaftlichen Anspruch her. Dr. Beata Paškevica So, haben wir bereits die erste nationallettische (einer lettischen Intellektuellen Bewegung des hat diesen bisher unveröffentlichten Vortrag in Dichtung von dem herrnhutischen Weber Kikula 19. Jahrhunderts, nach dem Vorbild der Jung- Tampere (Finnland) auf einer Tagung zur Inter- Jekabs, die 1777 geschrieben worden ist; die deutschen gebildet) für politische und kulturelle kulturalität gehalten. In ihn ist sowohl die Ge- erste bekannte dichtende Frau Bormanu Anna Befreiungszwecke instrumentalisiert worden schichte Lettlands als auch der Herrnhuter Be- war Herrnhuterin. Die erste Darstellung der wäre, wie zum Beispiel die Streitschrift „Die wegung in der Region eingearbeitet. lettischen Geschichte in lettischer Sprache ist Letten“ (erste Auflage 1796 in Leipzig) des sogar mit 1753 zu datieren, geschrieben von deutschbaltischen Publizisten – dessen 250. In der Funktion als wissenschaftliche Mitarbei- einem pietistischen und später herrnhutischen Jubiläum im Herbst 2019 gefeiert wird – dem terin der Nationalbibliothek Lettlands habe ich Pastor Friedrich Bernhard Blaufuß. Auch der Pfarrersohn Garlieb Helwig Merkel (1769-1850). die Sammlung von herrnhutischen Handschif- berühmteste wohlhabende nationale Unter- Die herrnhutischen Zeugnisse aus dem 18. und ten, die an den Wirkungsorten der Herrnhuter nehmer des 18. Jahrhunderts Johann (oder 19. Jahrhundert sollen nämlich einer von den im lettischen Teil Livlands entstanden sind, zu Janis) Steinhauer und seine Familie in Riga war «unangepassten, andersartigen» Ziegelsteinen betreuen. Das sind herrnhutische Predigten, ein herrnhutischer Nationalarbeiter, die Chronik der Mauer sein, die das ganze Mauerwerk1 Historien, Erbauungsliteratur, Lieder, Lebens- von Rantzau bezeichnet ihn als «einen Lehrer etwas wackelig machen werden. Die herrnhuti- läufe, Missionsgeschichten, christliche Folklore, unter den Letten», seine Familie hat aber auch schen Lebensläufe wäre da ein gutes Beispiel. z.B. die sogenannten Himmelsbücher. in England und in Amerika gewirkt, dort auch Ländereien gekauft. Der Herrnhuter Lette Jacob Neben anderen Aufgaben, die ich in der Biblio- Skangel hat im niederländischen Zeist seine thek habe, soll ich zusammen mit einem Kolle- Die in die Schulbücher aufgenommene indige- Existenz als Seifenfabrikant erfolgreich aufge- gen die in der Bibliothek aufbewahrten mehr als ne lettische Nationalgeschichte und Kulturge- baut. Von einem gewissen sozialen Aufstieg 500 Texte kontextualisieren, zuordnen, das von schichte fängt in der Mitte des 19. Jahrhunderts zeugen auch einige Lebensläufe der lettischen dem ehemaligen Leiter der Handschriften und mit der Bewegung der Jungletten an, die ersten Herrnhuter. Rara Abteilung Aleksejs Apīnis angefangene Sammel-, Katalogisierungs- und Forschungs- 1 die Vorstellung von den dunklen Jahrhunderten der Sklaverei unter den deutschen Gutsbesitzern nämlich Dabei handelt es sich, wohl bemerkt, um das Das eben geschilderte Phänomen kann eventu- Kirche» zum Vorschein kommen müsse. Dass 18. Jahrhundert, als die Lebensverhältnisse der ell als ein transkultureller Vorgang analysiert aber ein so gesetztes Ziel eine säkulare Zwi- Letten als Erbuntertänigkeit und praktisch als werden, auch unter dem Aspekt, dass die schenstation entstehen lassen wird, nämlich die Sklaverei zu charakterisieren sind. Auch die Transkulturalität den Entwicklungsprozess «von Beförderung der Nationalidentität der Letten, ist herrnhutischen zeitgenössischen Texte des 18. klar abgrenzbaren Einzelkulturen zu einer Glo- ein sicher unbeabsichtigter Nebeneffekt (vor Jahrhunderts nutzen das Wort der Sklaverei für balkultur umschreiben soll». Das ist nun ganz allem bei den regierenden politischen Mächten, die Beschreibung der Verhältnisse in Lettland. im Sinne der herrnhutischen Konzeption der denen die Herrnhuter gehorsam sein wollten, In diesen Texten begegnen wir auch der deut- Heranführung an das Gottesreich, egal an wel- nicht erwünscht). Indem man einheitlich wirken schen Bezeichnung „Lettland“. Zwar ist mit Lett- chem Ort des Planeten man sich befindet. wollte, hat man Kräfte freigesetzt, die hybrid land der lettische Teil Livlands gemeint, jedoch und vielschichtig sind. Infolge der interkulturel- Die innerhalb der Grenzen des Besitztums des ist die Bezeichnung ein klarer Hinweis auf das len Wandlungen hat man die Entstehung einer sächsischen Reichsgrafen Nikolaus Ludwig von den Letten gehörende Territorium, das erst 1918 neuen Kulturnation herbeigeführt. Der Über- Zinzendorf 1722 gegründete Siedlung Herrnhut als Staat entstehen wird und genauso heißen gang von der mündlich geprägten Lokalkultur und darin geformte religiöse Gemeinschaft un- wird. zur verschriftlichten Nationalkultur wird mindes- ter dem weltweit bekannten Namen der tens schwungvoll eingeleitet. Die genannten Beispiele sollen veranschauli- Herrnhuter ist eine der global communities der chen, dass an der Hypothese, dass die herrnhu- Neuzeit. Wegen ihrer weltweiten Vernetzung “Schuld daran” sind die von herrnhutischen tische Mission in Livland ein Potential des letti- durch die Missionsstationen in verschiedenen Missionaren gewählten Kommunikationsstrate- schen Volkes an Kreativität, Willen nach Selbst- Kontinenten bereits in der ersten Hälfte des 18. gien. Einerseits wurden die herrnhutischen In- organisation und Bildungsdurst freigesetzt hat, Jahrhunderts und der relativen Überschaulich- halte in Form von Liedern, Ritualen, Reden, Le- nicht ganz unbegründet sind. Die spannende keit ihrer Tätigkeit kann sie als ein mögliches bensläufen, Missionsgeschichten zu den Letten Frage ist das Verhältnis der global christozent- Modell der transkulturellen Prozesse gesehen wie zu jedem anderen Missionsadressaten ge- risch und unifizierend ausgerichteten herrnhuti- werden. Obwohl durch streng reglementierte tragen, mit der Rezeption fühlten sich die Letten schen Vorgehensweise – egal in welchem Erd- Lebensweise und rituelle Vorgänge einheitlich dieser community auch durchaus zugehörig, teil die Mission unterwegs war – zu dem Phä- organisiert, bedienten sich die herrnhutischen gleichzeitig aber mit der Benutzung des Letti- nomen, dass ein Bewußtsein des Eigenwerts Missionare der lokalen kulturellen Besonderhei- schen zum Zweck der Missionierung formte nicht nur jedes einzelnen erweckten Letten auf- ten, um erfolgreich, oder auch ohne Erfolg, ihre sich ihre Eigen-Identität als vollwertige Men- kommt, sondern auch die Aufwertung als Missionsarbeit vorantreiben zu können. Im Fall schen lettischer Nation auf dem Hintergrund Gruppe und im Nachhinein etwa um die Mitte von Livland und Estland waren sie sogar sehr der im Lande herrschenden Leibeigenschaft. des 19. Jahrhunderts als nationale Gruppe be- erfolgreich. Ein Lette damals war einem Bauern gleichzu- wusst wird. Den herrnhutischen Familien ent- setzen, das heißt ein Lette zu sein, bedeutete Im Licht der zeitgenössischen Debatten über stammen sehr viele National-Intellektuelle, auch einer sozialen Gruppe anzugehören. die Migration ist der Begriff der Globalkultur die, die sich Jungletten nennen; ein Prozess, der äußerst problematisch geworden. Für die Die Akteure und die Kommunikationssituation vom kulturellen zum politischen Bewußtsein Herrnhuter wäre eine solche Global- oder Uni- selbst, in der die herrnhutischen Missionare führt, letztendlich zur Staatlickeit. versalkultur chiliastisch zu verstehen als Reich agierten, wirkten begünstigend auf den Ge- des christlichen Gottes, wo die «unsichtbare samtvorgang. Die Missionare waren selbst meistenteils unbemittelte wandernde Handwer- se Bibel wurde vor allem durch Zinzendorf und krichlichen Handbüchern extrahieren, in gewis- ker im Kontrast zu den lokalen Pastoren als seine Unterstützerin in Livland Magdalena Eli- sem Maaße hat man ihn als Textausschnitte in Amtsträgern in der Kirche. Sie bemühten sich sabeth von Hallart (1683–1750) finanziert. Das sakraler Kunst»3. von Anfang an, die Lokalsprache zu lernen, um war eine wesentlich veränderte, nach dem Bei- Jedoch waren das nur kurze, sehr fragmentierte mit den Letten unmittelbar umgehen zu können. spiel des pietistischen Cansteinischen Bibel- Einblicke, die nicht unbedingt allen bewußt wa- Der Kontakt fand in einem den Letten vertrauten drucks gestaltete Zweitausgabe der Bibel in der ren. Umfeld statt, nicht im Gutshaus und nicht in der lettischen Sprache. Die Erstausgabe der Bibel Kirche, sondern auf den Bauernhöfen, in erfolgte Ende des 17. Jahrhunderts, wurde auch Die herrnhutische Herangehensweise kenn- Scheunen oder auf freiem Feld, wo die Bauern unter anderem durch Pietisten initiiert. Die Bibel zeichnet sich durch ihre Methodik und auch ihre Arbeit verrichteten. Den ersten Teil meines kostete damals ganze 4 Taler, wog 4 Kilo und eingermaßen “fanatische Hartnäckigkeit”, die Vortrags schliesse ich mit dem Zitat: deren Auflage war 1500 Exemplare, die mindes- im Endeffekt zum Erfolg führte. Die Missionare tens zum Drittel in den Kriegswirren Anfang des bemerkten schon, dass es schwierig war, an die «Zweitens war das Wort Gottes ubiquitär und 18. Jahrhunderts verlorengingen. Nach den Bauern heranzukommen, denn sie hatten keine sehr oft in Bewegung. Das im Ritual erschei- Worten des Stockholmer Forschers Janis Kres- guten Erfahrungen mit den Deutschen im Lande nende Numen und der Sakral-Ort, an dem alles lins Jr. die erste 1689 gedruckte lettische Bibel als ihre Erbherren gemacht. geschieht, war fließend. Für die “ecclesiola in “glänzte durch ihre Abwesenheit”2, weil sie den ecclesia” schien der livländische Landweg die Zum Schlüssel für die lettischen Herzen wurde Letten ganz einfach nicht zugänglich war. bedeutendste Stelle für eine Begegnung mit das übersetzte herrnhutische Liedgut, das an- dem Heiland und mit seinen Mitfahrern dieser Die Zweitausgabe war mit einem Vorwort in geblich einen dermaßen hohen Grad an Anzie- Reise zu sein. “Dein Wort ist meines Fußes lettischer Sprache versehen, kostete 12 Gro- hungskraft besessen hat, dass die Letten bereit Leuchte und ein Licht auf meinem Wege” (Ps. schen, war viel kleineren Formats und wurde in waren, selbst lesen und schreiben zu lernen, 119.105). Noch einmal sieht man, wie die Erwe- 8000 Exemplaren gedruckt. Diese Bibelausgabe um diese Lieder zu rezipieren. Dafür gibt es ckungslinie parallel mit der der mündlichen war neben den Liedtexten der erste Schritt zur Zeitzeugenberichte. Weltanschauung verläuft. In den lettischen Aneignung der Schriftkultur und welterklären- Interessant ist auch der Übersetzungsvorgang Volksliedern begegnet man dem göttlichen We- der Inhalte für die breitere lettische Öffentlich- der Lieder. Die Übersetzung der Liedtexte sen überall, sowohl auf dem Acker beim Pflü- keit, soweit wir von einer solchen reden können. durch den eingewanderten jungen Missionar, gen als auch in der Gemeinschaft» (H. Biezais: Gewiß gab es auch vorher «andere Überliefe- der kein volles Studium in Jena absolviert hatte, Die Gottesgestalt in der lettischen Volksreligi- rungs- und Kommunikationskanäle. In schriftli- Magnus Friedrich Buntebart, erfolgte mit Hilfe on”) cher Form begegnete man Bibeltexten in ver- der lettischen Jugendlichen, die für das im schiedenster Weise, am häufigsten ohne über- Städtchen Wolmar (Valmiera) eröffnete Lehrer- haupt eine Bibel in die Hand zu nehmen. Diesen seminar bestimmt waren. Durch diesen kreati- Im zweiten Teil möchte ich in Kürze einige der Text konnte man singen, also durch Gesangbü- ven reziproken Prozess gelang es, die Adressa- herrnhutischen Strategien vorstellen. Als Erstes cher Zugang erhalten, auf ihn als Erbauungsli- ten selbst zu interessieren, die dann weiter an- wäre hier der Druck und die Distribution der teratur zugreifen, ihn als Teil von Agenden und dere Adressaten ansprechen konnten. Das war ersten handlichen, für den Massengebrauch bestimmten Bibel im Jahre 1739 zu nennen. Die- 2 Unitas Fratrum 65/66, 20011 3 Unitas Fratrum, ebd. der Anfang der Verbreitung von handschriftli- Die herrnhutische Alternativkultur, die auch sammlungszwecke. Es entstand der Baukom- chen Abschriften und Übersetzungen der global massiv von der Regierung und der Kirche ver- plex Lammberg, dessen Einweihungsfeier zwei- kursierenden herrnhutischen Schriften in deut- folgt wurde, bildete eine Alternativszene, bot sprachig verlief. Das 1738 eröffnete Lehrerse- scher und in lettischer Sprache in Livland, die den Letten die Chance eine streng durch die minar hatte zwar eine kurze Bestehenszeit, nur zum Teil im Besitz der Nationablibliothek sind. herrnhutischen Vorschriften geregelte, aber einige Jahre, es hat aber den Anfang gemacht Durch die Übersetzungen wurden die globalen doch auch von der Eigenitiative stark abhängi- für die Entwicklung der lettischen höheren Bil- herrnhutischen Inhalte selektiv und adaptiv an- ge Organisationskultur zu entwickeln. Die er- dung. Dieses methodische Vorgehen, “der liv- gepasst, akkulturiert und bildeten den Kern der weckten Häuflein bildeten Chöre, hatten ihre ländische Plan”, in der Lexik der Herrnhuter hat Alternativkultur im damaligen Livland. Pfleger, es wirkten Nationalhelfer, Nationalar- ein Zusammenspiel von transkulturellen Pro- beiter usw. Die Letten selbst organisierten den zessen durch den Medienwandel in der Bau- Nach der Auffassung einiger Forscher ver- Bau von Versammlungshäusern, einer Alterna- ernkultur die geistige Topographie Livlands drängte diese Kultur sogar die traditionelle tiveinrichtung für die Kirche. Jesus war jedesmal verändert und eine neue lettische Identität her- Volkskultur, die wir heutzutage als Folklore ver- Mitglied der kleinen Gemeinschaft, auch per- vorgebracht. stehen und auch als den Ur-Kern des lettischen sönlicher Freund jedes Einzelnen. In den letti- Kulturerbes einschätzen. Daher ist auch teilwei- Beata Paškevica, Riga schen herrnhutischen Texten gibt es oft eine se die ablehnende Einstellung gegenüber dem persönliche Auseinandersetzung mit dem “Hei- herrnhutischen Erbe in Livland zu erklären, die land”. von radikalen Nationalisten und sowjetisch ausgebildeten Wissenschaftlern geäussert wird. Um das Wort Gottes verständlich und hörbar zu

Es wird aber auch versucht, eine versöhnende machen, ist ein abso- Position einzunehmen, die zum Beispiel, durch lut wichtiger strategi- den bereits zitierten Exilletten Kreslins vertreten scher Punkt die Orga- wird. Er argumentiert: nisation von Schulbil- dung. Auch hier «dass der größte Erfolg der Leiter der livländi- herrschte die bis zum schen Erweckung ihr Verständnis für die Kom- heutigen Tag gängige munikationskultur dieses geographischen Ge- Maxime der Entwick- bietes war. Sie haben nicht nur die biblische lungshilfe, dass man Botschaft neu gebündelt und paketiert und nicht den Menschen nicht nur neu entstandene Kommunikations- Fische liefern soll, Paradigmen vorgesprochen, sondern sich der sondern ihnen zeigen Ausdruckskultur der Volkssänger und Dichter, soll, wie man selbst fischen kann. In Zusam- der Welt der Folklore, angepasst: Und es ist menarbeit mit dem lokalen pietistischen Adel, ihnen nicht nur zu einem gewissen Grad gelun- vor allem der bereits erwähnten Generalenwit- gen. Wo die Hallenser und Herrnhuter tätig wa- we Magdalena Elisabeth von Hallart kam es zu Zwei starke Frauen: Elisabeth von Hallart (links) ren, ersetzte die mündlich geprägte geistige einer regen Bautätigkeit für Schul- und Ver- und die Autorin (oben) Kultur die Folklore und Volkskunde.» ren Seite der Daugava, wenn man von der Alt- Aus den verschiedenen Stellen in und aus- Nationalbibliothek stadt aus auf den Fluss blickt. Eine merkwürdi- serhalb Rigas kam hier zusammen, was wichtig ge Form hat es, mit einer sich verjüngenden für das Verständnis des Landes ist. Ganz selte- Es gäbe über viele Gebäude zu schreiben, et- Spitze, aber eigentlich ist sie ganz einfach: es ne Bücher, sogenannte Rara, die Handschrif- wa das restaurierte einzige Barockschloss in ist ein aufgeschlagenes Buch, das mit den Sei- tensammlung (in der man Sütterlin lesen kön- Lettland, Schloss Rundale, Sitz der Herzöge von ten nach unten abgelegt ist, eben wie Literatur, nen sollte), die Musikalienabteilung mit einer Kurland, ein baltisches Klein-Versailles. Oder die benutzt wird. kleinen unscheinbaren Kommode. in der wohl über die zahlreichen Jugendstilhäuser in Riga, Welches Land hat schon so ein Gebäude - und der grösste Schatz aufbewahrt ist, die Samm- Jurmala oder Liepaja. Und doch hat kaum ein spricht noch darüber? Wer kennt schon die lung der Dainas, traditionelle lettische Volkslie- Gebäude eine so starke identitätsstiftende Wir- Schweizerische Nationalbibliothek - die in Bern der, meist sehr kurz, 4- oder 6-zeilig4, Es ist der kung wie dieses für eine Nation, die erst seit gut ist, Hallwylstrasse 15 - und spricht über deren 100 Jahren politisch existiert, und davon die Architektur (ein reiner Zweckbau)? 4 Hälfte der Zeit okkupiert. Schon Johann Gottfried Herder sammelte während Das lettische Volk, das Volk der Lieder und Tex- seines Riga-Aufenthalts von 1764 bis 1769 einige te, leistete sich, mitten in die Zwangssparmass- Dainas und veröffentlichte sie 1778/79 in seinem Was für ein Gebäude! Man kann es lieben oder nahmen der EU hinein, vor etwa 10 Jahren einen zweibändigen Werk Volkslieder. Grundlage für die hassen, zu übersehen ist es nicht, auf der ande- Bau, der etwa 200 Millionen Franken kostete. systematische Erforschung und Sammlung der letti- schen Volkslieder bildeten die Sammlungen deut- Aufbewahrungsort für die größte und bis heute Tilmann Bünz erzählt in seinem Buch vom sym- Kette wieder stockte, weil irgendein Mensch wichtigste Sammlung der lettischen Dainas des bolischen Akt des Umzugs5: "Tausende Men- sein Lieblingsbuch in den Händen hielt und es Astronomen Krišjānis Barons, dem „Vater der schen bildeten eine Kette von der alten Biblio- nicht loslassen konnte vor lauter dankbarer Dainas“, es sind 268 815 Lieder auf winzigen thek zum Neubau und reichten ihre Lieblings- Erinnerung an frühere Lesefreuden. Erinnerun- Zetteln. Dieser Daina-Schrank (Dainu skapis) ist bücher von Handschuh zu Handschuh, bei eisi- gen an die noch viel grössere Menschenkette so etwas wie ein „nationales Heiligtum“ der gem Ostwind und minus 17 Grad. Jeder Bürger der baltischen Geschichte, an den 23. August Letten. Insgesamt sind aber schätzungsweise konnte sich an dem einzigartigen Büchertrans- 1989, wurden wach." 1,2 Millionen Dainas schriftlich fixiert. port beteiligen. Als erstes Buch ging ein Erb- Und auch in diesen Tagen strömen die Men- stück der deutsch-baltischen Familie von der Das Gebäude hat einen wunderbaren Lichthof schen in die Nationalbibliothek, zum Arbeiten Wenge Lambsdorff von Hand zu Hand. Hagen durch die Stockwerke, an einer Wand sind an- wie viele Studierende, zum wissenschaftlichen Graf Lambsdorf, ehemaliger deutscher Bot- scheinend endlos Bücher in Regalen aufgereiht, Austausch - es finden viele Tagungen und an- schafter in Riga und Bruder des verstorbenen auch wenn hier durch eine optische Täuschung dere Veranstaltungen, aber auch Ausstellungen deutschen FDP-Vorsitzenden Otto Graf Lambs- dem Eindruck etwas nachgeholfen wurde: dort statt -, oder eben einfach zum Lesen. dorff, hatte die Bibel aus dem 19. Jahrhundert Spiegel reflektieren die untere Hälfte (die auch dem lettischen Volk vermacht. Volker Schulz zuänglich und nutzbar ist). In den beiden obers- ten Stockwerken, dem 12. und 13., hat man eine Da, wo es besonders zog, beim Aufgang der wunderbare Rundumsicht und den besten Blick Brücke über den Fluss, hatte man Soldaten in auf die Stadt Riga. Seit einigen Jahren finden den eisigen Wind postiert, um die Kette zu hier monatlich ein von den Herrnhutern ange- schliessen. Zwischen alter und neuer Bibliothek botenes liturgisches Gebet statt (in dem fürbit- liegen nur wenige Kilometer, aber wenn Biblio- tend das Land mit allen seinen Regionen, ge- phile (=Bücherliebhaber) am Werk sind, kann sellschaftlichen Dimensionen und sozialen Ein- es sich hinziehen, Kälte hin oder her. Die Bände richtungen betrachtet wird), denen sich ein waren eingeschweisst, sie sollten keinen Scha- meist wissenschaftlicher Vortrag anschliesst. den nehmen. Aber ihre Titel und Klappentexte

Da dieser Ort aber nur mühsam am Samstag waren gut lesbar und lösten den Menschen die zu erreichen ist, wird es im neuen Jahr im 8. Zunge. Ausrufe der Begeisterung gingen eben-

Stock (dem höchsten mit diesem Blick auf die so durch die Reihen wie leise Klagen, wenn die

Altstadt) in einem grösseren Seminarraum statt- finden. 5 Dies war eine Aktion im Rahmen des Programms der Stadt Riga als Kulturhauptstadt Europas; am 18. Januar 2014 wurden ausgewählte Bestände aus dem derzeitigen Hauptgebäude der Nationalbibliothek durch eine Menschen- und Bücherkette symbolisch

in den Neubau gebracht. Die offizielle Einweihung scher Pastoren in Livland (Bergmann, Ulmann, war dann am 29. August 2014, dem 95. Grün- Wahr, Büttner). dungstag der Nationalbibliothek. Begegnung nach dem liturgischen Gebet schöner Kirchenraum, der nur ein Drittel des Eine Ruine im Wald - eine Kirchenschiffs umfasst. Der vordere Teil ist durch Glasfronten abgetrennt, so dass es ein sehr spezielle Geschichte bisschen wie ein Lettner wirkt. Es hat im Kir- chenraum eine Empore, die sich dann im vor- Eigentlich kann man sie nicht erfinden, so deren Teil rechts und links weiterzieht für ver- verrückt ist sie, doch genau solche Geschichten schiedene Nutzungsmöglichkeiten. Im Erdge- schoss ist ein offener Küchenbereich (wie eine gehören ins heutige Lettland. Bar) eingebaut neben anderen Funktionsräu- Es ist eine wahrhaft surreale Situation: Da wa- men. Der Turm, der sich über dem Eingang ren Gundars Ceipe und ich mit unserer Fahre- erhebt, ist nur äusserlich verputzt. Alles ist der rin, nachdem sie von der Strasse abgebogen Nutzbarkeit und den Bedürfnissen der Gemein- und eine kleine Zubringerstrasse entlang ge- de untergeordnet. Eindrücklich. fahren ist, unterwegs über eine Betonpiste, ki- Anschliessend ging es mehrere Minuten zuerst lometerlang (genau 2,6 km). Rechts und links über Strassen, dann über Feld- und Waldwege holt sich das Grün sein Recht wieder, hinten bis zu einer kleinen Anhöhe. Das also ist steht noch einsam, etwas schief, eine Windfah- Smaiži. Mitten im Wald auf der Anhöhe ist der ne. Wir sind auf dem ehemalig grössten Militär- Turm einer Ruine zu erkennen, einer ehemali- flughafen der baltischen Staaten, wenn nicht gen Kirche der Brüdergemeine. pation durch die Sowjetunion allem kirchlichen Osteuropas, im Westen Lettlands, etwa 50 Kilo- Leben den Garaus machte. Seitdem verfiel die Kirche? Da wird der Kenner der Herrnhuter Ge- meter von der Ostsee entfernt. Und schütteln Kirche, das Dach ist nicht mehr da, es stehen schichte im Baltikum stutzig. In Livland und Est- immer wieder den Kopf über diesen eigenwilli- noch der Kirchturm und die Aussenwände; das land wurde ja bewusst keine Kirche gebildet, es gen Privatbesitz der Frau, die uns fährt. Warum ist erstaunlich viel Bausubstanz im Vergleich zu blieb eine Bewegung, mit sozietären Strukturen, sind wir hier? den vielen anderen Kirchenruinen. innerhalb der herrschenden lutherischen Kir- Doch der Reihe nach: Geplant war an diesem che. Von daher gab es auch keine Kirchgebäu- Hier kommt jetzt die Methodistin ins Spiel: In ra Tag eine Besichtigung eines ehemaligen Brü- de, die Herrnhuter hatten nur Betsäle. Aber Avotina. Sie wohnt nördlich von Liepaja und dergemeingebäudes in Smaiži. Davor schauten eben in Livland (das heutige Vidzeme), so er- gehört zur dortigen Gemeinde; sie beteiligt sich wir mit dem lutherischen Pastor, einer Baptistin klärte mir Gundars Ceipe. In Kurland (bzw. aber auch an Veranstaltungen wie dem Ge- mit sehr guter Kenntnis der Herrnhuter Ge- Kurzeme) beginnt ihre Geschichte erst im 20. betsfrühstück in der städtischen Gemeinde. schichte in dieser Gegend und In ra, Mitglied Jahrhundert und geht klar auf eine eigenständi- Und das nicht, weil sie Mitglied des methodisti- des methodistischen Kirchenrats, unsere Fahre- ge Kirche, Gemeinden mit Taufe, Abendmahl schen Kirchenrats ist; bei ihr ist da ein existenti- rin, die wunderbar wieder nutzbar gemachte, usw. hin. So auch hier in einer kleinen Streu- elles Bedürfnis. im 2. Weltkrieg zerstörte (und von den Sowjets siedlung mitten auf dem Land, etwa 30 km ent- Ihre Grosseltern wohnten bei Vaiņode auf ei- verfallen gelassene) Kirche in Gramzda an. fernt von Liepaja (dt.: Libau). Nach dem 1. Welt- nem Gut und besassen viel Land; auf dem Nicht alles ist wiederhergestellt worden, der krieg erst gegründet, wurde der Grundstein Grundstück sind noch die Familiengräber. Als Chorraum ist nur gesichert, aber mit offenen 1928 für die Kirche gelegt. Noch im 2. Weltkrieg Lettland Teil der kommunistischen Sowjetunion Fensterhöhlen und ohne Dach. Dahinein aber hatte die Gemeinde rund 400 Mitglieder, so be- wurde, hat man die Familie enteignet. Gross- ein der Gemeindegrösse angepasster sehr legen die wenigen Unterlagen, bevor die Okku- mutter und Mutter wurden nach Sibirien depor- tiert, wie viele Letten, die besitzend waren, zur im kirchlichen Bereich Intelligenz zählten oder sonst missliebig. Oft ökumenisch vernetzt. war kein System dahinter zu erkennen. In Riga Und diese Frau ent- benutzten die neuen Besatzer dieselben Bahn- deckt vor noch nicht anlagen zur Deportation, die schon die Natio- zu langer Zeit ebenje- nalsozialisten genutzt hatten. Inaras Grossmut- ne Kirchenruine, "ver- ter ist in Sibirien gestorben. 1956, nach dem liebt" sich in sie, be- Tode Stalins, konnte die Mutter (nach 7 Jahren) ginnt zu träumen - von nach Lettland zurückkehren. Über jene Zeit hat einem historisch inte- sie bis zu ihrem Tod nicht gesprochen. Ihre ers- ressanten, ökumeni- te Tochter hat sie taufen lassen, die zweite dann schen Ort, von einer mit dieser traumatischen Erfahrung und der Stätte geistlicher damit verbundenen Angst nicht mehr. So lernte Strahlkraft. Manch In ra die Bibel nie kennen. Nach der Wende in andere träumen auch, den frühen 90er Jahren ging ihre Tante in die nicht nur beim Anblick neu (wieder-)gegründete Methodistengemein- von Ruinen, und dann de; vorher war sie formal lutherisch gewesen geschieht: nichts. So (wie die meisten in Kurland). hier nicht.

Als In ra in eine Lebenskrise geriet - genaues In ra gewinnt das Interesse des benachbarten Als Herrnhuter winkte ich im Stillen ab. Aber mag sie nicht schildern, aber es war sehr tief- lutherischen Pastors dafür, dann erkundigt sie dann fügte sie einen entscheidenden Satz hin- greifend - machte diese Tante ihre Nichte auf sich bei Gundars Ceipe als dem Herrnhuter zu: «Na, da verkaufe ich ein Stück Wald, davon die Methodistengemeinde und den seelsorglich über den Saal, sie gewinnt auch die Baptisten- lässt sich das bezahlen.» Das hing sehr in der starken Pastor aufmerksam. Der schenkte ihr gemeinde und schliesslich die kommunalen Luft. Eben bis wir über den Flugplatz fahren und als erstes eine Bibel. Die hat sie dann aufmerk- Behörden für das Projekt. in der Ferne viel Wald zu sehen ist. Sie weiss sam gelesen und kam immer mehr in die Ge- Mit der Kirche soll also ein Ort für ökumenische schon genau, welche Parzelle in Frage kommt. meinde hinein. Anlässe, aber auch sonstige kirchliche Aktivitä- ten entstehen, er soll als Ort guter Erinne- Denn das alles ist ihr Grund und Boden. Nach Von Beruf ist sie Juristin, das Studium absolvier- rung(skultur) mit geeigneter Information die der Wende, in dieser Zeit manchmal blanker te sie noch zu Sowjetzeit. Wie sie im Gespräch christlichen Wurzeln den Menschen näherbrin- Anarchie, gingen für sie und ihre Familie die mit feinem Lächeln sagte, musste sie nach der gen und so ein "Leuchtturm" auf dem Land wer- Rückführungsansprüche sauber über die Büh- singenden Revolution noch einmal neu nun das den. ne. Damit gehören ihr wieder hunderte Hektare lettische Recht lernen. Sie arbeitet teilweise in Beim Lokaltermin öffnen sich Türen. Die Kom- Land, darunter eben 2/3 des besagten Militär- der eigenen Anwaltskanzlei, daneben ist sie mune wird Vorarbeiten leisten, etwa Schutt und flughafens und viel darum liegendes Land wie Rechtsbeistand im kommunalen Bereich im Erdreich beseitigen. Grund und Boden selbst dieses Waldstück. Und für sie ist klar: wenn ich Kreis Priekule; ausserdem ist sie Deputierte in sind relativ einfach erwerbbar; Besitzerin wird den Traum habe, dann sorge ich auch dafür (so ihrer Wohngemeinde. wohl die methodistische Kirche werden. Und Gott will), dass er wahr wird. Erlebt habe ich eine sehr aktive Frau, lebens- In ra gibt einen Zeitraum von 5-7 Jahren für den praktisch, zupackend und durchsetzungsfähig, Wiederaufbau an. Volker Schulz Zuerst war das eine relativ billige, im Format aus der Bibel. Nicht alles versteht man gleich, Der Kreis der Bibelleser in kleinere und damit dem Volk zugängliche man liest zwei oder drei Mal, nimmt zur Hilfe Riga Zweitausgabe der lettischen Bibel, die von dem auch die englische, russische und deutsche Grafen Zinzendorf und den livländischen Mä- Bibel, man versucht, sich zu vertiefen und es zenen Magdalena Elisabeth von Hallart und selbst, gewissermassen für den eigenen Kopf, Er steht exemplarisch für die verschiedenen Balthasar von Campenhausen 1739 finanziert zu verstehen. Pfarrer Gundars Ceipe fragt, ist Kreise in Lettland, in Smiltene, Cimza oder wurde. Auch die von dem zur livländischen Mis- manchmal verunsichert, immer wieder wundert Ikšķile. sion geschickten Jenaer Studenten Magnus er sich über die Kraft des Wortes, das tun auch Friedrich Buntebart übersetzten Lieder fanden die Beteiligten des Bibelleserkreises. Oft erge-

Eingang in die lettischen Münder und Herzen. ben sich Diskussionen über die eigenen Erfah- Vor den Toren Livlands, in der Riga nahen kur- Die Letten bildeten ihre Chöre6, hielten ihre rungen aus den fernen Zeiten der Propheten, ländischen Hauptstadt Mitau (heute Jelgava), Stunden, Liebesmahle, wählten ihre Vorsteher aber auch über ihr Volk, über das Geheimnis noch bevor das livländische Missionswerk in und begannen sich langsam als eine eigene von Jesus. Nicht immer kommt man zu einer Gang gesetzt wurde, soll Christian David den Gruppe zu besinnen. Nolens volens haben die eindeutigen Antwort und Interpretation, aber 111. Psalm angestimmt zu haben: “Halleluja! Herrnhuter ihnen zu einem Selbstwertgefühl man ist auf dem Weg. Der Abschluss ist ein Den Herrn will ich preisen von ganzem Herzen / verholfen, das zu der Etablierung der lettischen Gebet, bei dem jeder mitreden kann. im Kreis der Frommen, inmitten der Gemeinde.” Kulturnation verholfen hat. Beata Paškevica Seine Zuhörer in der Mitauischen Kirche waren Die seit beinahe 300 Jahren angefangene Tradi- sicherlich die deutschsprachigen Einwohner tion und der herrnhutische Glaubensweg inspi- zusammen mit den durchfahrenden reicheren rieren die Letten auch heute. Es ist ein kleiner und ärmeren Geschäftsleuten, Studenten, Kreis, ein kleines Häuflein, wie die Herrnhuter Handwerkern. Kurz danach sollte er aber ein es bezeichnet haben, der sich als Herrnhuter in Apostel der Letten werden, die zwar schon im- Lettland versteht. Die Arten der Aktivitäten sind mer die ethnische Mehrheit dieser Territorien unterschiedlich, eine für die Stärkung des bildeten, laut der sozialen Hierarchie aber im Glaubens und Kontemplation wichtige einende 18. Jahrhundert sich auf der niedrigsten Stufe Tradition ist das gemeinsame Bibellesen. befanden. Man trifft sich in einer privaten Runde meistens Christian Davids mehrmalige Aufenthalte in mittwochs den ganzen Herbst, Winter und Früh- Livland innerhalb von fast zwanzig Jahren sind ling hindurch. Das ist ein kleiner Kreis, der sei- der Beweis dafür, dass er die Verkündigung des ne beständigen Mitglieder hat, aber auch im- Evangeliums zu den Letten für wichtig und auch mer von Neuankömmlingen unterstützt wird. erfolgversprechend hielt. Er wurde ja in vielen Man liest einander abwechselnd versweise je Auch ein kalter Gemeinderaum hält nicht von dem Ländern erwartet. Der Boden war fruchtbar, auf ein Kapitel oder auch sogar ein kleineres Buch Bibelgespräch ab, dann braucht es Tee (und hier den der Same fiel. einen Geburtstagskuchen).

6 hier: herrnhutische Einteilung in Zivilstände geben ist von vielen Eichen. dem heutigen Valmiera, eine Ausbildungsstätte Vor dem Haus noch Natur, für Lehrer gegründet. Unterricht in Lettisch, wird es dahinter zum Park, Schule für das ungebildete Volk – vorher un- in dessen Mitte ein Teehaus denkbar, dann Hilfe zum Überleben einer steht. Noch etwas weiter, Sprache und Kultur. und man gelangt einen Wohl nur möglich in dieser Kombination von See. Und rechts von den adligem Pietismus und einfachem Herrnhuter Gebäuden, nach einem Missionsgeist, der nicht nur Schulen brachte, kurzen Weg eine Anhöhe sondern auch Lieder und Gebete und die Bibel. hinauf, findet sich ein klei- Es lohnte sich, zu lernen, in jeder Hinsicht. ner Friedhof, auf dem ne- ben der Familie Mitarbeiter Jetzt entdecken die Letten diesen Teil ihrer Ge- des Guts liegen. schichte neu. Und Orellen / Ungurmuiža als wesentlichem Teil davon. Orellen war Sitz der Barone von Campenhau- Orellen sen, die wechselweise Kirchenmänner, Sozial- Das Singen ist geblieben, der Hunger nach Bil- reformer oder Kriegsherren waren. Bis fast zum dung auch. Und die Sache mit dem Glauben? Im Vorwort ist dieser Ort schon genannt wor- Ende des Ersten Weltkriegs lebte die Familie Da sind wir noch unterwegs. den, ein Kleinod in idyllischer Landschaft mitten hier, bevor sie flüchten mussten. Der baltische in Lettland, etwas abseits der stark befahrenen Adel hatte sich überlebt. Volker Schulz Strassen.

Danach wurden die Gebäude nicht wirklich Auf lettisch heisst der Ort Ungurmuiža. Als ich pfleglich behandelt. Das Herrenhaus wurde das erste Mal dorthin kam, wies noch kein zum Pferdestall, in der Zeit der Sowjetunion Schild von der Hauptstrasse, die von Riga kam die Primarschule dort hinein. Keine bemal- nach Valmiera in den Norden führt, dorthin. ten Zwischenwände mehr, die Kachelöfen wur- Das hat sich inzwischen stark verändert. Der den herausgerissen. Aber es steht noch. vergessene Ort rückt zusehends wieder ins Warum aber ist das Gebäude, als eines der Bewusstsein. Selbst die letzte Wegstrecke, ältesten barocken Herrenhäuser so wichtig? bis vor kurzem noch ein Schotterweg, der bei Weil hier ein Freund Zinzendorfs, Balthasar von schlechter Witterung tückisch werden konnte, Campenhausen, Herrnhuter Sendboten auf- ist nun geteert. nahm, und zusammen mit der Generalswitwe Und vom Parkplatz aus, wenn man dann ein Elisabeth von Hallart die Idee von Schulen für paar Schritte durch die umgrenzenden Bäu- die Kinder der leibeigenen Bauern begeistert me gegangen ist, öffnet sich der Blick und aufnahm. 1734 wurde auf dem Gutshof die erste man steht vor dem schönen Gutshof, der um- Schule errichtet, wenig später dann in Wolmar, Die ehemalige Schule (jetzt Restaurant) kommt das Gespräch darauf, wie Nachfolger zu rikaden dabei war anfangs 1991, als die Unab- Von weiteren Personen gewinnen sind. hängigkeit stark bedroht war. Dass sie Lehrer- kind ist oder Germanistik studiert hat. Aber ge- und einer Idee Sandra Leikarte nau das macht sie vielleicht zu so einer grossar- tigen Hilfe im Verstehen, was und wie die Letten Arnis Dāmis und ihr Land sind. Er ist ein typischer Zwei ganz unterschiedliche Menschen, die zu- “Herrnhuter“, wirkt sammen mit vielen anderen zu diesem „kleinen immer etwas ernst, Pflänzchen“ gehören; etwa die Frauen (und aber wenn Arnis inzwischen auch ihre Männer), die das Kinder- Dāmis zu predigen lager im Sommer leiten, sich auch sonst treffen, beginnt, dann be- jährlich einen Ausflug und im Winter ein Later- ginnt er zu strahlen, nenfest unternehmen; die über achtzigjährige blitzen Fröhlichkeit Losungsbearbeiterin Maija Frīdberga; der im- und Schalk aus sei- mer wieder von Arbeitslosigkeit betroffene Rai- nen Augen. tis Zaniņš aus Cimza, der einen Männerkreis In Orellen sind wir uns das erste Mal begegnet; Dabei arbeitet er als aufgebaut hat aus meist Alkoholabhängigen, das Bild (mit Michael Hertzsch) stammt aus die- Mechaniker im Ver- oder befreundete lutherische Pfarrer. ser Zeit. Damals engagierte sich Sandra Lei- trieb eines deutschen karte für das Gutshaus (s. auch folgenden Bei- Sie alle sind in Lettland auf dem Weg als „eine Motorsägen-Herstellers in Smiltene. Aber wenn trag); schon damals arbeitete sie wie heute Bewegung von Männern, Frauen und Kindern Not am Mann ist, ist er überall anzutreffen. freiberuflich für das Fernsehen. Eine Zeitlang aus verschiedenen kirchlichen Gemeinschaf- Dann ersetzt er für Wochen den Pfarrer beim war sie auch an der Schweizer Botschaft in Ri- ten, die ihren Glauben an Gott in Gemein- Gottesdienst; dann hilft er der Nachbarin bei ga tätig, fiel Personalkürzungen zum Opfer, war schaft leben wollen. Ziel ist es, Letten zu Jesus der Obsternte, weil sich ihr Mann den Arm ge- und ist als Stadtführerin unterwegs und ist im zu führen“, so die Formulierung zu Beginn eines brochen hat. Er flickt undichte Dächer, ist Rigaer Jugendstilmuseum im der Zeit entspre- ersten Konzepts. Siegrist in mehreren Gemeindehäusern, wie chenden Kostüm oder am Piano anzutreffen. auch dem Betsaal der Herrnhuter in Riņġi. Er Da kommt die Schweiz ins Spiel. Denn diese steht ungern im Vordergrund, seinen Platz sieht Und zu den Herrnhutern gehört sie formal nicht, Arbeit braucht Unterstützung und Freunde, er klar im Gespräch in kleiner Runde. So ist er aber ist wichtig, wie viele, an den Schnittstellen. treue Freunde, mit Gebet und Gaben. Deshalb Seelsorger für viele, auch Pastoren, eine wich- Denn sie ist eine brillante Vermittlerin, kann lade ich ein, einen Freundeskreis BG Lettland tige Stütze für Gundars Ceipe. auch feine Spitzen anbringen, aber alles sanft, zu bilden! Wer daran Interesse hat, melde sich mit leiser Stimme und viel Freundlichkeit. Ganz bei mir. Aber auch einmalige Unterstützung tut Nur seine Gesundheit, die hat unter dem stän- selbstverständlich ist sie Glied einer der lutheri- not, damit wir beim Giessen der Pflanze etwas digen Einsatz gelitten; die Schmerzen sind schen Innenstadtgemeinden. Über sie mehr zu helfen, zum Segen für alle. chronisch geworden, und ganz vorsichtig erfahren erfordert Geduld. Dass sie an den Bar- Volker Schulz verweigerung ist allerdings auch Žanis und Johanna Lipke - nicht viel bekannt. Gerechte unter den …Was hier folgt, ist eine unglaubli- che Geschichte. Janis Lipke konnte Völkern offenbar handeln und schweigen – und erst die Sowjets und dann die Deutschen an der Nase herumfüh- Die tödliche, unmenschliche und unchristliche ren, wenn sie wieder mal an seinen Rassen-Ideologie der Nazis erreichte auch Lett- Bauzaun klopften, weil es da Ge- land, wie alle im Krieg besetzten Länder. rüchte gab. Janis, der Schauermann Anfangs noch wohlwollend gegenüber den mit der stolzen schönen Frau, schaff- neuen Besatzern – die Sowjet-Union hatte sich te es jedes Mal, dass sie unverrichte- Lettland vorher einverleibt – mit der vertrauten ter Dinge wieder umdrehten. Janus Kultur und Sprache, so dass ein Mitlaufen leicht konnte eine unverdächtige Miene gemacht wurde, wandelte sich das bald zum aufsetzen – das hatten ihn seine Jah- re als Schmuggler gelehrt. … Grauen und zeigte sich die Brutalität im Hier – auf Kipsala – wohnte der Schmuggler Umgang mit Juden und anderen nicht und Schauermann Žanis Lipke, den alle nur Als die Wehrmacht im Sommer 1941 Lettland genehmen Personengruppen. Nach dem 2. Janis nannten. Neben dem Schuppen war mal besetzte, begannen die Schikanen gegen die Weltkrieg war meist nur von den Letten im ein Holzstapel und darunter die Grube, in der jüdische Bevölkerung – lange vor Auschwitz. Dienst der Nazis die Rede. Aber auch hier gab Janis und seine Frau Johanna lettische Juden vor Die lettischen Juden wurden in dem Ghetto zu- es andere, sehr beeindruckende Menschen. Der den Nazis und ihren Helfershelfern versteckten. sammengetrieben, das dort entstand, wo heute folgende Text (aus „Wo die Nordsee Westsee Wenn die Polizei kam, bellten Janis Hunde – und die Moskauer Vorstadt ist, und nach wenigen Monaten in Rumbula, einem Wald in der Nähe, heisst“, ab Seite 147) ist bewusst auch in dieses die Menschen im Versteck waren gewarnt. Heft aufgenommen aufgrund des in Europa neu gewachsenen Antisemitismus. Es ist an uns, Als Deutscher muss man beson- etwas dagegen zu setzen. ders vorsichtig sein, wenn man Letten auf den Zweiten Weltkrieg anspricht – und auf mögliche Lü- cken in der Erinnerungskultur. Es hat wohl selten einen Ort der Erinnerung Denn Deutschland war vier Jahre gegeben, der so schwer zu finden ist. Hinter lang von 1941-45 Besatzungs- einer Tür in einem mannshohen Bretterzaun macht. Ohne den ausdrücklichen liegen zwei Holzhäuser und ein Schuppen in Befehl der Besatzer wäre wohl einem kleinen wohlgepflegten Garten, in dem kaum ein Lette auf die Idee ge- die Bienen summen und die Blumen blühen. kommen, Juden zu töten und sie Rechts führt ein schmaler langer Gang zu einer vorher noch ihre eigenen Gräber Scheune, die schwarz ist und ohne Fenster. schaufeln zu lassen. Von Befehls- umgebracht. Innerhalb von nur drei Tagen einer Zeit des völligen starben 27500 Menschen. moralischen Kollap- ses ihren jüdischen Janis Lipke und seine Frau wurden Zeugen des Nachbarn beistanden. Leids. Janis heuerte als Fahrer bei der Luftwaffe 134 Letten gehören zu an, die ein grosses Lagerhaus im Hafen betrieb, den „Gerechten der und begann, jüdische Arbeitskräfte zwischen Völker“. Auch Žanis Ghetto und Lagerhaus hin- und herzufahren. und Johanna Lipke Bei dieser Gelegenheit ergaben sich Möglich- wurden 1966 in die keiten zur Flucht. „Er und seine Männer Reihe der Gerechten schreckten auch nicht davor zurück, sich Ju- in der Gedenkstätte densterne an die Kleidung zu heften, ins Ghetto Yad Vashem aufge- einzudringen und auf diese Weise Juden die nommen.9 Flucht aus dem Ghetto zu ermöglichen“, schreibt die deutsche Historikerin Katrin Rei- Kurz vor Johanna Lip- chelt. Einer der Ersten, die bei ihm untertauch- kes Tod gelang letti- ten, war sein alter Freund Chaim Smolianski. schen Dokumentar- Wenn es den Flüchtlingen im Versteck zu eng filmern ein Portrait wurde, suchte Janis Lipke Quartiere auf dem dieser ungewöhnli- 10 Land und rettete 56 Juden bis zum Einmarsch chen Frau . Darin der Roten Armee.7 erzählt Johanna von den Kindern im Ghetto und wie sie nach Brot riefen. „Wenn wir sie retten, Nach Janis Lipke ist eine Strasse in Rigas Mos- PS des Redaktors: Die Fussnoten stehen nicht werden sie leben, und wir werden auch leben. kauer Vorstadt benannt. Sein Portrait schmückt im Original, sondern sind redaktionell Das ist die Motivation, warum man Leute rettet das Denkmal für die Retter der Juden vor der hinzugefügt. und dafür das eigene Leben riskiert.“ Grossen Choralsynagoge. Es ist eher ein stilles Und die Ausschilderung zur Gedenkstätte, die Gedenken. In die Schlagzeilen kommen ande- Tilmann Bünz 2012 durch die Präsidenten Lettlands, Andris ren. … Bērziņš, und Israels, Shimon Peres, eingeweiht In Lipkes Rettungsaktion waren neben seiner worden ist, hat sich in den letzten Jahren etwas 8 Frau Johanna und seinen beiden Söhnen rund gebessert, aber der Weg bleibt sehr verborgen. fünfundzwanzig Helfer involviert. Sie standen nicht allein. Israel gedenkt der Menschen, die in

7 Einige verweigerten auch die Rettung, aus Angst 9 Sie konnten aufgrund des herrschenden Anti- vor dem Risiko, oder, wie ein Arzt im Ghetto, aus Israel-Kurses der Sowjetunion zur Verleihung nicht Pflichtbewusstsein: „Ich kann doch jetzt meine Pati- nach Israel ausreisen; Medaille und Urkunde erhiel- enten nicht im Stich lassen.“ ten sie erst 11 Jahre später bei einer Auslandsreise. 8 deren Schicksal durch dies stark geprägt und be- 10 Im Museum ist ein Ausschnitt auf dem Boden des einträchtigt worden ist Lichtschachts zu betrachten. Realgymnasium am Georgsplatz. Danach kehr- tigte. Die Fahrstühle in Riga fuhren seinerzeit Ausnahmsweise mal: te er nach Riga zurück; er hatte bis dahin 15 glücklicherweise sehr langsam. Das gab mir nicht noch 'n Gedicht Schulwechsel hinter sich. die Möglichkeit, ein paar Sätze mit der schönen Unbekannten zu wechseln. Als mich der Fahr- Ab 1924 war er auf einem deutschen Gymnasi- stuhl im vierten Stock ausspie, wußte ich we- um in Riga, an dem er einer Laienspielgruppe Was viele nicht ahnen: der Humorist, Schau- nigstens so viel: Die junge Dame hieß Gilda angehörte. 1926 verließ er dieses Gymnasium spieler und ein wenig auch Komponist Heinz Zanetti, Sprechstundenhilfe eines Zahnarztes, ohne Abschluss. Vom Grossvater zur zweijähri- Erhardt ist ein waschechter Rigaer. war als Tochter des italienischen Konsuls in St. gen Lehre nach Leipzig geschickt, studierte er Petersburg aufgewachsen und lebte nun mit dort lieber am Konservatorium in Leipzig Kla- ihrer inzwischen verwitweten Mutter - sowie mit Heinz Erhardt ist der Sohn des deutsch- vier und Komposition. Da danach das Geld ihren drei Geschwistern im fünften Stock eben baltischen Kapellmeisters Gustl Erhardt und ausblieb, kehrte er notgedrungen nach Riga dieses Hauses...» dessen Ehefrau, einer geborenen Neldner. Die zurück. Sein Großvater sah in ihm seinen Nach- Eltern wohnten in Riga und liessen sich schon folger, darum die Lehre, die er nebenbei absol- 1935 heiratete Heinz Erhardt die Tochter des bald nach seiner Geburt scheiden, der Vater vierte - das schien damals möglich zu sein. Bis ehemaligen italienischen Konsuls in Sankt Pe- machte als Kapellmeister in Deutschland Karri- 1938 arbeitete Erhardt in Riga in der Kunst- und tersburg. In Riga trat er auch mit selbst kompo- ere, die Mutter suchte in St. Petersburg neues Musikalienhandlung des Großvaters, nach des- nierten und komischen Texten und Liedern in Glück. So wuchs er größtenteils bei seinen sen Tod des Stiefvaters. Dort sollte er eigentlich den Kaffeehäusern der Stadt auf, die Karriere Großeltern mütterlicherseits in Riga auf, wo sein Klaviere verkaufen, komponierte aber lieber. begann. 1938 holte Willi Schaeffers Heinz Er- Großvater Paul Neldner ein Musikhaus führte. hardt nach Berlin an das Kabarett der Komiker. Wunderbar ist die Episode, wie er seine Frau Über seinen Großvater kam Heinz Erhardt zum Damit enden die Jahre in seiner Geburtsstadt. kennenlernte. Er schreibt in seiner Autobiogra- Klavierspiel. Zur Einschulung holte ihn seine phie (Ich war eine frühentwickelte Spätausga- Mutter nach St. Petersburg, wo er aber nur kur- be): «Ich war ein harmloser Langweiler, mit ze Zeit blieb. Hemmungen bis über die Hutschnur. So ver- Heinz Erhardt war auch Neffe des späteren let- schlug´s mir erst einmal die Sprache, als ich tischen Finanzministers Robert Erhardt (1874– knapp fünfundzwanzigjährig im Frühjahr 1934 1940). Die Familie stammte von deutschen Ko- einen Fahrstuhl betrat und mich urplötzlich ei- lonisten ab, die in den 1760er Jahren im südli- ner jungen Dame gegenüber sah, die ein Wa- chen Livland angesiedelt worden waren. genrad von einem Hut auf dem hübschen Kopf balancierte. Dann aber faßte ich mich und frag- 1919 nahm ihn sein Vater mit nach Deutsch- te klugerweise "Wollen Sie auch nach oben?" - land. Eine Zeit lang lebte er in der Wennigser Wir befanden uns parterre. Die junge Dame Mark bei Hannover bei der zweiten Frau seines meinte es jedoch gnädig mit mir. Sie lachte Vaters, die nur neun Jahre älter war als er nicht Hohn, sondern sagte schlicht und ergrei- selbst. Von 1919 bis 1924 besuchte er ein Inter- fend "Ja". Woraufhin ich zuerst den vierten (für nat in bei Hannover und das mich) und dann den fünften Knopf (für sie) betä- Dievs, svētī Latviju (Gott, segne Lettland) Inhalt LETTLAND 23. August 1989 Zeugnis Gundars Ceipe Dievs, svētī Latviju, Herrnhuter Schrifttum Mūs' dārgo tēviju, Nationalbibliothek Ruine im Wald Svētī jel Latviju, Bibelkreis in Riga Ak, svētī jel to! Orellen Von Personen Kur latvju meitas zied, Žanis und Johanna Lipke Heinz Erhardt Kur latvju dēli dzied, Laid mums tur laimē diet, Bilder, wenn nicht direkt Mūs' Latvijā! angegeben: S. 3, 9, 10, 19 Wikicom- mons Gott, segne Lettland, S. 17, 18 Lipke-Museum unser teures Vaterland, Alle anderen privat Segne doch Lettland, ach, segne es doch! Impressum Herrnhuter in der Schweiz Wo Lettlands Töchter blühen, Sekretariat wo Lettlands Söhne singen, Leimenstrasse 10 lass uns dort im Glück tanzen, 4051 Basel in unserem Lettland! 061 273 40 70 061 273 40 73 fax

Kārlis Baumanis (1835-1905) Redaktion Volker Schulz Das Lied entstand um 1870; das Wort Latvija wurde durch die russische Herrschaft ver- Adresse s.o. boten und durch Baltija ersetzt.; erstmals gesungen am Sängerfest 1873; 1918 bzw. 1920 061 273 40 74

zur Nationalhymne erklärt, zur Sowjetzeit verboten und bei den Demonstrationen der www.herrnhuter.ch Singenden Revolution erstmals wieder gesungen