Klaus Schnieders

Juristische Dissertationen aus dem Alten Reich

Ein Sonderbestand der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin

Berlin: Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin

2012

Das Titelblatt zeigt folgende Dissertationen:

Thomasius, Christian : Dissertatio inauguralis juridica de singulari aequitate : legis unicae Cod. quando imper. inter pupillos etc. cognoscat / praeside Christiano Thomasio ... submittit Johannes Philippus Stoll. - Halae Magdeburgicae : Grunert, [1725?]. - 56 S. -, Acad., Diss., 1725 JuraNot. 03.06.04.04 Bestand: Bibl.: UB, Signatur: 38/44/65579(4), Standort: GB

Savigny, Friedrich Carl von : [Dissertatio inauguralis iuridica de concursu delictorum formali ]Dissertatio inavgvralis ivridica de concvrsv delictorvm formali / auctor Fr. Car. de Savigny. - Marburgi : Krieger, 1800. - 124 S., 1 Bl.. -Marburg, Univ., Diss., 1800 . -Marburg, Acad., Diss., 1800 JuraNot. 08.01.03.02.08 Bestand: Bibl.: UB, Signatur: 38/44/63574(6), Standort: GB

Schmid, Achazius L. : Dissertatio ivridica de collatione canonicatvs [canonicatus] inferioris, qvatenvs [quatenus] differt a collatione canonicatvs [canonicatus] ecclesiae cathedralis / quam sub praes. Achatii Lvdovici Caroli Schmidii publ. erudit. exam. submittit Ioannes Christophorvs Hartvng. - Ienae : Ritter, [1752?]. - 24 S.. -, Acad., Diss., 1752 JuraNot. 06.06.05 Bestand: Bibl.: UB, Signatur: 38/44/56880(9), Standort: GB

Thomasius, Christian : Dissertatio inauguralis juridica an promissor facti liberetur praestando id quod interest? / praeside Christiano Thomasio ... submittit Christianus Schubert. - Halae Magdeburgicae : Hilliger, [1721?]. - 40 S.. -Halle, Acad., Diss., 1721 JuraNot. 03.08.07.06.02.04.01 Bestand: Bibl.: UB, Signatur: 38/44/66353(6), Standort: GB,

Druckauflage: 200

Druck: ENDFORMAT, Gesellschaft für gute Druckerzeugnisse mbH, Köpenicker Str. 187- 188, 10997 Berlin

ISBN: 978-3-929619-81-2

Veröffentlichungen der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin

Band 6

Vorwort

Die Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin freut sich, als Band 6 ihrer kleinen Publikationsreihe die Arbeit von Klaus Schnieders über einen Sonderbestand an Dissertatio- nen aus dem Alten Reich zu veröffentlichen.

Dr. Klaus Schnieders war lange Jahre Leiter der Erwerbungsabteilung der Universitätsbiblio- thek. Als Juristen oblag ihm auch die Erwerbungspolitik in diesem Massenfach, und die sehr umfangreichen Erwerbungen nahmen ihn äußerst in Anspruch.

Dennoch fühlte er die Verpflichtung, diesen einmaligen Bestand an historischen Dissertatio- nen fachgerecht zu erschließen, und so nahm er die „Muße“ seiner Zeit als Pensionär als Ge- legenheit, sich nunmehr gründlich mit diesem Bestand zu beschäftigen.

Durch langfristige Vorarbeiten, die sich über mehrere Jahre hinzogen, war der Bestand inzwi- schen in unserem Katalogsystem vollständig erschlossen, auch wenn die formale Erschlie- ßung dieses Bestandes wegen der lateinischen Sprache, der besonderen Ansetzungsformen von Präses und Respondend und der verschiedenen Promotionsorte nicht ganz trivial war, zumal wir auf sehr wenige Fremdleistungen in der formalen Erschließung zurückgreifen konnten. Hier half die Deutsche Forschungsgemeinschaft mit einer Kostenhilfe für die Be- schäftigung einer fähigen Katalogisierungskraft. Klaus Schnieders berichtet hierzu in Teil 1 seiner Darstellung.

Die sachliche Erschließung war dagegen für die ca. 17.500 Bestandseinheiten neu zu konzi- pieren. Zwar gab es für die Gliederung nach dem wissenschaftsgeschichtlichen Aspekt eine entsprechende Gliederung in dem Standardwerk „Stintzing-Landsberg: Geschichte der deut- schen Rechtswissenschaft“, ebenso für die Reihenfolge der aufgeführten Autoren, aber das Abfassen der vielen Hundert Kurzbiographien zu den Rechtsgelehrten war anspruchsvoll und gibt zugleich dem Leser einen sehr guten Eindruck von der Entwicklung der Rechtswissen- schaft bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts.

Wir wünschen deshalb diesem Werk eine vielfältige und interessierte Aufnahme, nicht nur unter Rechtshistorikern, sondern allen Interessierten, die sich mit der Entwicklung deutscher Rechtsnormen beschäftigen.

Neben der Druckauflage wird der Text auch auf dem Dokumentenserver der Freien Universi- tät bereitgestellt. Die im Text behandelten 17.500 Dissertationen sind unter den Namen der Präsiden im Publikumskatalog der Freien Universität Berlin recherchierbar.

Prof. Dr. Ulrich Naumann

Inhaltsverzeichnis I

Klaus Schnieders

Juristische Dissertationen aus dem Alten Reich

Inhaltsverzeichnis

Teil 1 Herkunft, Erschließung, Nutzungsmöglichkeiten ...... 1 - 8

1 Vorbemerkung ...... 1 2 Herkunft ...... 1 3 Erschließung ...... 4 3.1 Alphabetisch ...... 4 3.2 Sachlich ...... 5

Teil 2 Bestandsbeschreibung ...... 9 - 25

1 Vorbemerkung ...... 9 2 Inhalt nach Sachgebieten ...... 10 3 Statistische Angaben zur Sammlung ...... 21 3.1 Zeitlich ...... 21 3.2 Sachlich ...... 23 3.3 Örtlich ...... 24

Teil 3 Wissenschaftsgeschichte ...... 26 - 105

1 Vorbemerkung ...... 26 2 Dissertation und Disputation: Begriffliches ...... 26 3 Bedeutung der juristischen Promotion ...... 27 4 Recht und Rechtswissenschaft um die Wende vom Mittelalter zur Neuzeit in Deutschland und Frankreich ...... 28 5 Systematiker in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts ...... 32 6 Rechtswissenschaftler der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts ...... 33 7 Die Entstehung der deutschen Rechtswissenschaft ...... 36 8 Rechtswissenschaftler der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts ...... 38 8.1 Usus modernus Pandectarum ...... 38 8.2 Sonstige ...... 41 9 Vom 17. zum 18. Jahrhundert ...... 44 9.1 Allgemein ...... 45 9.2 Grundlegung des Naturrechts ...... 46 9.3 Staatsrecht ...... 49 9.4 Protestantisches Kirchenrecht ...... 50 9.5 Deutsches Recht ...... 51 9.6 Christian Thomasius ...... 52 9.7 Hallesche staatsrechtliche Schule ...... 53 9.7.1 Halle ...... 53 9.7.2 Jena ...... 55

Inhaltsverzeichnis II

9.8 Hallesche nicht-staatsrechtliche Schule ...... 56 9.9 Praktische Juristen ...... 59 10 Elegante Jurisprudenz ...... 61 10.1 Elegante Jurisprudenz in Holland ...... 62 10.2 Elegante Jurisprudenz in Deutschland ...... 62 11 Höhepunkte des 18. Jahrhunderts ...... 65 12 Antiquitätenforschung ...... 67 12.1 Romanistische Antiquitätenforschung ...... 67 12.2 Germanistische Antiquitätenforschung ...... 68 13 Die Wolf(f)sche Schule und ihre Gegner ...... 72 13.1 Allgemein ...... 72 13.2 Cameralistik ...... 76 13.3 Strafrecht ...... 76 13.4 Kanonistik ...... 77 13.5 Privatrecht ...... 77 13.6 Öffentliches Recht ...... 78 14 Staatsrecht ...... 78 15 Aufklärung ...... 80 15.1 Katholisches Kirchenrecht ...... 80 15.2 Strafrecht ...... 82 15.3 Zivilrecht ...... 84 15.4 Staatsrecht ...... 84 15.5 Sonstiges ...... 85 16 Die Herrschaft des Naturrechts ...... 85 16.1 Zivilrecht ...... 85 16.2 Staats-, Kirchen- und Lehnrecht ...... 87 16.3 Strafrecht ...... 88 17 18. Jahrhundert, 2. Hälfte ...... 88 18 Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert ...... 90 18.1 Allgemeines ...... 90 18.2 Kantianer ...... 92 19 Neue Zeit ...... 92 19.1 Allgemein ...... 91 19.2 Strafrecht ...... 95 19.3 Öffentliches Lehnrecht, Völkerrecht ...... 96 20 Historische Schule, Allgemein ...... 96 21 Frühzeit Historische Schule ...... 97 22 Hochblüte Historische Schule ...... 100 23 Positivismus, Hegelianismus ...... 103 24 Krise der Historischen Schule ...... 104 25 Jüngere historisch-praktische Richtung ...... 104

Anhang: Abkürzungs- und Literaturverzeichnis ...... 107 - 113

Verzeichnis der in Teil 3: Wissenschaftsgeschichte mit Kurzbiographien genannten Personen ...... 107 Abkürzungen ...... 110 Literaturverzeichnis ...... 110

Teil 1 Herkunft, Erschließung, Nutzungsmöglichkeiten 1

1 Vorbemerkung

Der vorliegende Katalog erschließt einen Bestand der Universitätsbibliothek der Freien Uni- versität Berlin von rund 17 500 juristischen Dissertationen des 16. bis 19. Jahrhunderts. Der größte Teil ist an deutschen Universitäten entstanden, etwa 1.000 Dissertationen im Ausland, vor allem in den Niederlanden und der Schweiz. Diese Sammlung überwiegend lateinisch- sprachiger Titel wurde der Universitätsbibliothek der Freien Universität nach ihrer Gründung vom Kammergericht überlassen. Hinzugefügt wurden einige Titel aus dem allgemeinen Dis- sertationenbestand der Universitätsbibliothek, die zeitlich zum Sonderbestand passen. Dies geschah im Zusammenhang mit der Aussonderung bzw. Abgabe von älteren Dissertationen im Rahmen einer Sammelabsprache in der Berliner Bibliotheksregion.

2 Herkunft

Die Vorbemerkungen zum Katalog der Bibliothek des Preußischen Kammergerichts von 1913 geben etwas näheren Aufschluss über das Schicksal der Sammlung. Es heißt dort: „Mit der vorliegenden Neubearbeitung erhält auch die umfangreichste der drei großen Berliner juristi- schen Bibliotheken ihren gedruckten neuen Katalog. Die letzte Ausgabe ist im Jahre 1862, ein Jahr nach der Vereinigung der bis dahin getrennten Bibliotheken des damaligen Preußischen Ober-Tribunals, des ehemaligen Revisions- und Kassationshofs und des Kammergerichts, also vor mehr als 50 Jahren erschienen; ihr sind allerdings 3 Nachträge, ein größerer im Jahre 1874 und zwei kleinere in den Jahren 1875 und 1876, gefolgt. Die Brauchbarkeit des älteren Katalogs litt darunter, daß der Hauptteil ein bloßes Namen-, kein Titelregister, der erste Nachtrag aber überhaupt kein Register hatte und daß in diesen Nachtrag alle alten, na- mentlich aus der Sammlung des Ober-Tribunals stammenden etwa 22.000 Dissertationen hin- eingearbeitet waren. Der praktische Wert dieses Verzeichnisses war deshalb, zumal nach Ab- lauf so langer Jahre, nur noch sehr gering. Das reiche, außer den Dissertationen gegen 80.000 Werke in rund 100.000 Bänden umfassende Material der Bibliothek blieb nicht nur den Außenstehenden, sondern auch den Mitgliedern des Gerichts vielfach unbekannt.“ 1

Während Friedrich Holtze in seiner Lokalgeschichte des königlichen Kammergerichts2 dann von 22.000 Dissertationen „und anderen kleinen Schriften“ spricht, von denen es bereits 1843 – also vor der Vereinigung von RKH und Obertribunal - schon ein handschriftliches Ver- zeichnis gegeben haben soll3, nennt Friedrich H. Sonnenschmidt in seiner Geschichte des kö- niglichen Obertribunals einen genaueren Anteil der Dissertationen an der getrennt aufgestell- ten Sammlung der 22.000 Schriften. Er schreibt4, dass der Bestand, der über den königlichen Revisions- und Kassationshof (!) an das königliche Obertribunal5 gelangte, nicht, wie im Vorwort zum „Katalog der vereinigten Bibliothek des Königlichen Obertribunals und des Königlichen Kammergerichts“ von 1862 gesagt, 22.000, sondern nur 16.165 Dissertationen enthielt. Der Rest bestand in kleineren Schriften. Das sei festgestellt worden, als die Samm- lung geordnet und die Dissertationen von den anderen Schriften geschieden worden waren6.

Nach Holtze7 sollen die Dissertationen also ursprünglich aus dem RKH stammen Dieses Ge-

1 Katalog des Kammergerichts, Vorbemerkung 2 Holtze, Lokalgeschichte, S. 74 3 Holtze, Lokalgeschichte, S. 74 4 Sonnenschmidt, Geschichte, S. 481f 5 Höchstes Gericht Altpreußens, vgl. Seynsche, Der Rheinische Revisions- und Kassationshof, S. 138 6 Sonnenschmidt, Geschichte, S. 481 7 Holtze, Lokalgeschichte, S. 74; Auch Herman Heydenreich, der den Nachtrag von 1874 zum

Teil 1 Herkunft, Erschließung, Nutzungsmöglichkeiten 2 richt wurde 1819 für die königlich-rheinischen Provinzen Preußens errichtet. Es sollte für das in den meisten Provinzen zunächst fortgeltende rheinisch-französische Recht und für das ge- meinrechtliche Gebiet des Regierungsbezirks Koblenz als oberste Instanz zuständig sein. Au- ßerdem war ihm die Aufgabe zugedacht, einen Beitrag zu einer preußischen Justizreform zu leisten, an der die rheinischen und die altpreußischen Richter des RKH beteiligt wurden8. Vorgänger des RKH waren der Revisionshof in Koblenz (für das Generalgouvernement Mit- telrhein) und der Kassationshof in Düsseldorf (für Berg, später auch für Niederrhein). Nach Napoleons Niederlage hatten diese beiden neugegründeten Gerichte die Funktion des Pariser Kassationshofes, der während der französischen Besetzung als oberste Rechtsmittelinstanz zuständig war, für die Rheinlande übernommen. Die Unterbringung des RKH erfolgte in Ber- lin in einer Etage des königlichen Lagerhausgebäudes in der Klosterstraße 769. Später zog er in das Kollegienhaus. Die Bibliothek des Gerichts enthielt vornehmlich französische und preußisch-rechtliche Literatur10. Man fragt sich daher, ob der schließlich in die Universitäts- bibliothek der Freien Universität Berlin gelangte umfangreiche Dissertationenbestand tatsäch- lich von dort stammen kann.

Es empfiehlt sich ein Blick auf die beiden Gerichte, mit deren Bibliotheken die RKH- Bibliothek Ende der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts vereinigt wurde. Da war zunächst das Preußische Obertribunal, das bereits 1853 mit dem RKH zusammengelegt wurde11, ohne dass auch deren Bibliotheken vereinigt worden wären.

Wie der RKH hatte auch das Preußische Obertribunal mehrere Vorläufer. Nachdem König Friedrich I. für seine Territorien das privilegium de non appellando durchgesetzt hatte, wurde 1702 das Ober-Appellationsgerichts-Gericht (OAG) eingerichtet. 1748 wurde dieses Gericht in der bisherigen Form aufgehoben und als Obertribunal räumlich mit dem Kammergericht zusammengelegt12. 1782 – 1853 existierte es nun wieder getrennt vom Kammergericht unter der Bezeichnung „Geheimes Obertribunal“ als selbständige Institution für die Gesamtmonar- chie. Aufgrund eines Gesetzes vom 17. März 1852 erfolgte 1853 die Vereinigung mit dem Revisions- und Kassationsgerichtshof unter der schon früher verwendeten Bezeichnung Preu- ßisches Obertribunal. 1879 wurde das Preußische Obertribunal aufgelöst 13 Schon „bei der Gründung des OAG 1703 hat man wohl nicht auf eine Bibliotheksgründung Bedacht genom- men und keinen Bibliotheksetat zur Verfügung gestellt“14. So gehen die ersten nennenswerten Anfänge der Bibliothek auf den Nachlass des 1754 verstorbenen Präsidenten des Obertribu- nals Georg Dietloff von Arnim zurück. Da es für die Bibliothek keinen Etat gab, war man auf Bücherbeiträge der Mitglieder des Gerichts und auf die Pflichtabgaben von Provinzialgeset- zen angewiesen15.

Auch das Kammergericht als ältestes deutsches Gericht mit ununterbrochener Tätigkeit hatte eine wechselvolle Geschichte16. Neben den für die anderen preußischen Landesteile einge-

Kammergerichtskatalog von 1862 bearbeitet hat, sagt im Vorwort zum Nachtrag, dass dieser u. a. die Inauguralien und kleineren Schriften verschiedenen Inhalts aus der Sammlung des ehemaligen RKH enthält. 8 Vgl. Seynsche, Der Rheinische Revisions- und Kassationshof, S. 18 und 140 9 Seynsche, Der Rheinische Revisions- und Kassationshof, S. 137 10 Seynsche, Der Rheinische Revisions- und Kassationshof, S. 143 11 Sonnenschmidt, Geschichte, S. VI 12 Sonnenschmidt, Geschichte, S. VII. 13 Holtze, Lokalgeschichte, S. 35 14 Sonnenschmidt, Geschichte, S. 475 15 Sonnenschmidt, Geschichte, S. 474 16 Im 14. Jahrhundert als markgräfliches Hofgericht gebildet. Erste Erwähnung unter dieser Bezeichnung in einer Urkunde aus dem Jahre 1468, vgl. E. Schmidt: Kammergericht und Rechtsstaat. In: Büsch/Neugebauer: Moderne preußische Geschichte, 1648 – 1947, S. 622ff (624)

Teil 1 Herkunft, Erschließung, Nutzungsmöglichkeiten 3 richteten obersten Gerichten war es zunächst nur für die Kurlande zuständig. 1748 wurde es mit dem Obertribunal in der Weise zusammengelegt, dass das Obertribunal in Gestalt des vierten Senat des Kammergerichts als oberste Instanz für die gesamte Monarchie (außer dem Oberappellationsgericht in Königsberg) fungierte, die drei übrigen Senate des Kammerge- richts als Mittelinstanz tätig wurden17. 1750 wurde das Königliche Obertribunal mit dem Ravensbergischen Appellationsgericht zusammengelegt18, 1782 wurde die Verbindung des Kammergerichts mit dem Oberappellationsgericht wieder aufgelöst und ein Geheimes Ober- tribunal als höchste Instanz für die gesamte Monarchie begründet19. Der Ausbau des Bücher- bestandes des Kammergerichts wurde wie auch der des Obertribunals nicht zuletzt durch Ga- ben der Kammergerichtsräte und –referendare entscheidend gefördert20. Der reguläre Etat des Kammergerichts für den Bucherwerb betrug 1872 dreihundert Taler21 oder 900 Mark, da nach dem Münzgesetz von 1873 einem Taler drei Mark entsprachen. Sieht man sich nun die dama- ligen Buchpreise bei „Lipenius“22 an, stellt man fest, dass die meisten Bücher zwischen etwa einer und fünfzehn Mark kosteten. So betrug beispielsweise der Preis für die 71 Seiten umfas- sende Habilitationsschrift „Löning, Richard: Über Ursprung und rechtliche Bedeutung der in den altdeutschen Urkunden enthaltenen Strafklauseln. Straßburg: Trübner 1875“ 1,50 M, der erste Band von „Laband, Paul: Staatsrecht des deutschen Reiches“ aus dem Jahr 1871 mit einem Umfang von 618 Seiten 12.- Mark. Heute beträgt der jährliche Erwerbungsetat der Bib- liothek des Kammergericht etwa 350.000 €. Auch wenn die heutigen Buchpreise vielleicht ein Zehnfaches in Euro betragen, war der damalige Etat vergleichsweise niedrig.

Im Dezember 1858 beschlossen die Präsidenten des Obertribunals und des Kammergerichts, dass die Bibliotheken des Kammergerichts und des Obertribunals (einschließlich des RKH) in den neuen Räumen im Anbau des Kollegienhauses zusammengelegt werden sollten. 1860 wurde die Zusammenlegung vollendet23 und ein systematischer Katalog erstellt24. In der Ver- einbarung der Präsidenten war festgelegt worden, dass jedes Buch mit dem Stempel der Be- hörde versehen, die es angeschafft hat25. Stichproben zeigen dementsprechend, dass die ein- zelnen Dissertationsexemplare Besitzstempel entweder des Kammergerichts oder des Obertri- bunals tragen. Man wird also feststellen können, dass allenfalls ein Teil der über das Preußi- sche Obertribunal in das Kammergericht gelangten Dissertationen ursprünglich aus dem RKH kam.

17 E. Schmidt, Kammergericht, S. 629f 18 Schnorbus, Ursula: Bestandsbeschreibung im Findbuch A 203 IV (Oberappellationsgericht Berlin). Archiv Nordrhein-Westfalen. Abteilung Westfalen. = http://www.archive.nrw.de/LAV_NRW/jsp/findbuch.jsp?archivNr=1&id=061&tektId=731 19 Sonnenschmidt, Geschichte, S. VI 20 Schoener, Gustav Adolf: Bibliothek des Kammergerichts. In: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner. Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003 = http://134.76.163.162/fabian?kammergericht; Holtze, Lokalgeschichte, S. 72f und Sonnenschmidt, Geschichte, S. 475 21 Sonnenschmidt, Geschichte, S. 480 22 Lipenius: Bibliotheca realis iuridica, Suppl. 4/5 23 Sonnenschmidt, Geschichte, S. 480 24 vgl. Holtze, Lokalgeschichte, S. 73f 25 Punkt 5 der Vereinbarung s. bei Sonnenschmidt, Geschichte, S. 478

Teil 1 Herkunft, Erschließung, Nutzungsmöglichkeiten 4

3 Erschließung

3.1 Alphabetisch

Wie das von Holtze erwähnte handschriftliche Verzeichnis beschaffen war, ist nicht klar. Es gab außerdem einen Nachtrag aus dem Jahre 1874 zum Katalog der Kammergerichtsbiblio- thek von 1862, in dem die Dissertationen und anderen kleinen Schriften bereits einmal syste- matisiert worden waren. Dieser Nachtrag konnte im Altbestand der Kammergerichtsbiblio- thek aufgefunden werden. Er sollte als Grundlage für die Katalogisierung im noch nach den Preußischen Instruktionen angelegten Zettelkatalog der UBFU dienen. Zunächst wurde der Bestand inventarisiert. Dabei leistete der Nachtrag sehr gute Dienste. Die Inventarisierung, für die ein Numerus-currens-Kontingent an Signaturen bereitgestellt wurde, konnte damit näm- lich durch eine nichtbibliothekarische Aushilfskraft vorgenommen werden. Als diese Arbeit erledigt war, hatten Pläne für eine künftige EDV-gestützte Katalogisierung der UBFU- Bestände konkrete Gestalt angenommen. Es drängte sich nun die Frage auf, ob die Aufnahme in den konventionellen Zettelkatalog noch als sinnvoll betrachtet werden konnte, oder ob die Katalogisierung nicht gleich in elektronischer Form erfolgen sollte. Die Umstellung der kon- ventionellen Katalogisierung auf einen EDV-Katalog verlangt allerdings einen erheblichen Arbeitsaufwand, man wird zunächst einmal mit den Neuerwerbungen beginnen. Altbestände genießen in solcher Situation begreiflicherweise keine Priorität, schon gar nicht alte Disserta- tionen.

Da also eigene Personalkapazität für die Bearbeitung dieser nicht einfach zu katalogisieren- den, zumeist lateinischsprachigen Schriften auf absehbare Zeit nicht zur Verfügung stand, wäre der Bestand weiterhin ohne einen allgemein zugänglichen katalogmäßigen Nachweis geblieben. Um diesem unbefriedigenden Zustand abzuhelfen, wurde ein Antrag bei der Deut- schen Forschungsgemeinschaft gestellt, die Bestandserschließung als förderungswürdiges Projekt anzuerkennen und finanziell zu unterstützen. Diesem Antrag wurde stattgegeben. Die Universitätsbibliothek verpflichtete sich, die Titel nach dem Regelwerk „RAK-WB“ für den Berliner Katalogverbund zu katalogisieren und nach Abschluss der Arbeiten einen Katalog des Bestandes zu publizieren.

Die Universitätsbibliothek wurde ferner gebeten, bei ihrer Erschließung zu berücksichtigen, dass ein ähnliches Projekt im Max-PIanck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte in Frank- furt am Main angelaufen war, und möglichst eine Zusammenarbeit anzustreben. Das Frank- furter Projekt, das von dem Rechtshistoriker Filippo Ranieri geleitet wurde, ging über das hiesige Vorhaben weit hinaus. Es hatte zum Ziel, an Hand der dort vorhandenen etwa 70.000 juristischen Dissertationen aus dem Alten Reich eine rechts- und sozialhistorische Untersu- chung des Juristenstandes jener Zeit durchzuführen. Die Katalogisierung des Frankfurter Be- standes sollte lediglich ein nützliches Nebenergebnis sein. Da die Erfassung in Frankfurt ent- sprechend der anderen Zielsetzung nach anderen Regeln erfolgte als in Berlin, waren die Möglichkeiten der Zusammenarbeit sehr begrenzt. Zwar wurden bei der Arbeit am Berliner Projekt zusätzlich zu den Titeldaten Daten erfasst, die nur in Frankfurt benötigt wurden, und probeweise in maschinenlesbarer Form nach Frankfurt geliefert, der Nutzen war aber eher gering, weil sich die Aufbereitung der Daten für die Frankfurter Zwecke als zu arbeitsauf- wendig herausstellte.

Zum ursprünglich angestrebten Abschluss gelangte das ehrgeizige Frankfurter Projekt übrigens nicht, weil der Projektleiter nach der deutschen Wiedervereinigung an die Universität Rostock berufen wurde und bis dahin lediglich die Daten eines Teils des Bestandes nach dem für das Projekt erarbeiteten umfangreichen Kategorienschema erfasst worden waren. Dieser Teil wur-

Teil 1 Herkunft, Erschließung, Nutzungsmöglichkeiten 5 de als „Biographisches Repertorium der Juristen im Alten Reich: 16. – 18. Jahrhundert. Hrsg. Filippo Ranieri“ veröffentlicht. Erschienen sind allerdings nur die Biographien der Juristen, deren Namen mit den Buchstaben A, C, D oder E beginnen, und zwar jeweils in einem Band. Die Bände stehen im Lesesaal der UBFU. Als weiteres Teilergebnis wurden von Filippo Ranie- ri zwei Bände „Juristische Dissertationen deutscher Universitäten: 17. – 18. Jahrhundert“ her- ausgegeben. Diese enthalten für die Jahre 1601 – 1605, 1650 – 1655, 1701 – 1705 und 1751 – 1755 alle im Max-Planck-Institut in Frankfurt aus diesen Zeitabschnitten vorhandenen Disser- tationen mit bibliographischen und biographischen Daten. Die Bände sind im Informations- zentrum der UBFU zu finden. Schließlich wurde auch ein Katalog der aus der Stadt- und Uni- versitätsbibliothek Frankfurt stammenden etwa 21.000 Titel umfassenden Sammlung Lehne- mann in zwei Bänden als Nebenprodukt des Projekts erarbeitet und in sehr kleiner Auflage herausgebracht. Der Titel lautet: „Katalog der Sammlung Lehnemann: juristische Schriften des 16. – 18. Jahrhunderts. Hrsg. Ulrich Dingler“. Die Universitätsbibliothek hat den Katalog im Wege des Publishing on Demand aus dem MPI bezogen und im Lesesaal aufgestellt.

Im Jahre 1987 begann die Katalogisierung im Berliner Monographienverbund. Auch solange kein alphabetischer Katalog existierte, waren die Dissertationen benutzbar. Sie waren ur- sprünglich nach dem Alphabet der Praesides , d. h. der Vorsitzenden bei den Disputationen, in denen ein Respondent die von ihm oder dem Präses verfasste Dissertation verteidigte, geord- net26. So waren sie verhältnismäßig leicht aufzufinden, wenn man den vollständigen Titel kannte. Eine sachliche Suche war allerdings nur mit Hilfe einschlägiger Verzeichnisse (z. B. „Lipenius, Martin: Bibliotheca realis iuridica“) oder des oben genannten systematisch geord- neten Nachtrags zum Katalog der Vereinigten Bibliothek des Kgl. Obertribunals und des Kammergerichts, der weder Verfasser- noch Titelregister hat, möglich. Diese Nachschlage- werke standen dem Benutzer in der Universitätsbibliothek zur Verfügung.

Mit fortschreitender Katalogisierung wurden die elektronisch erfassten Titel sofort nach ihrer Bearbeitung allen Interessenten in den Bibliotheken zugänglich, die dem inzwischen zum Berlin-Brandenburgischen erweiterten Berliner Monographienverbund angeschlossen waren. Außerdem wurden die Titeldaten in den vom Deutschen Bibliotheksinstitut erstellten Ver- bundkatalog überführt und waren damit auch überregional nutzbar. Heute sind sie nach den üblichen Kriterien über den FU-OPAC im Internet weltweit abrufbar.

3.2 Sachlich

Neben der alphabetischen Katalogisierung wurden außerhalb des DFG-Projektes die Disserta- tionen auf der Basis der Systematik des Kammergerichtskataloges mit Notationen versehen. Die Systematik des Nachtrags von 1874 entspricht der des Grundwerks von 1862, eine ver- gleichende Übersicht ist dem Band vorangestellt. Naturgemäß entspricht die Systematik nur teilweise den heutigen Klassifizierungen auf dem Gebiete der Rechtswissenschaft. Trotzdem wäre es sachlich nicht gerechtfertigt gewesen, die Titel nach einer heutigen Systematik zu katalogisieren. Was einst Darstellung geltenden Rechts war, ist nunmehr Quelle für die Rechtsgeschichte. Außerdem haben sich so manche Rechtsanschauungen grundlegend ge-

26 Und zwar hatte man aus dem Anfangsbuchstaben des Nachnamens des Präsiden und einer laufenden Nummer eine Standortsignatur gebildet, die im Katalog des Kammergerichts beim jeweiligen Titel auftauchte und zunächst auch in die Exemplardaten der elektronisch erfassten Titel aufgenommen worden war. (Beispiel: Achenwall, Gottfried: Notitiam rerum publicarum academiis vindicatam. Göttingen Univ., Diss. 1747. Praeses der Disputation ist Gottfried Achenwall, Respondent ist Johannes Justus Henne. Der Titel hat die Standortsignatur A 9 des Kammergerichts. Mit Hilfe dieser Signaturen waren einzelne Titel in der ursprünglichen Aufstellung leicht aufzufinden, heute sind sie überflüssig.

Teil 1 Herkunft, Erschließung, Nutzungsmöglichkeiten 6 wandelt. Das gilt vor allem für das Gebiet des öffentlichen Rechts. Hier ist im Zuge der jetzi- gen Bearbeitung die Zuordnung zu den Systemgruppen teilweise geändert worden. So wurden beispielsweise die Schriften zum Recht des Bildungswesens (Universitäten, Schulen etc.) und der Wohlfahrt vom Kirchenrecht zum Regierungsrecht (heutiges Verwaltungsrecht) gestellt.

Die Systematik im Kammergerichtskatalog ist in durchgezählte Abschnitte gegliedert, die ihrerseits eine sehr feine Differenzierung aufweisen. Die Untergliederungen sind allerdings mit keinem Ordnungsmerkmal verbunden, sie sind nur innerhalb der Abschnitte durch ver- schiedene Schriftgrößen und -stärken als untergeordnete Sachgruppenbezeichnungen (für die jeweils zu ihr gehörenden Titel) gekennzeichnet. Bei der aktuellen Bearbeitung wurden die (gezählten) Abschnitte und die (nicht gezählten) Untergruppen in einen hierarchischen, dezi- mal gegliederten Zusammenhang gebracht und die sich daraus ergebenden Notationen in die Datensätze der alten juristischen Dissertationen aufgenommen.

Für die direkte Einbindung in den Online-Katalog der FU ist die Systematik im Kammerge- richtskatalog jedoch zu speziell, weil dort wegen der überregionalen Verknüpfung nur standar- disierte Klassifikationen zum Einsatz kommen. So man kann im OPAC eine sachliche Suche nur verbal über Stichworte durchführen. Da die Titel von Dissertationen in aller Regel den be- handelten Gegenstand recht genau umschreiben, ist dieses Vorgehen mit Hilfe der von der EDV bereitgehaltenen Möglichkeiten, vor allem mit Hilfe einer Trunkierung, durchaus erfolg- versprechend. Allerdings handelt es sich bei den Titeldaten nicht um ein kontrolliertes Vokabu- lar, auch ist die in den Titeln verwendete Terminologie schon wegen der teils erheblichen zeit- lichen bzw. räumlichen Abstände von Promotionsjahren und -orten keineswegs einheitlich. Und auch die Tatsache, dass die Titelfassungen in der Regel in Latein vorliegen, erfordert eini- ge Sachkenntnis.So wird diese formale Suche zu keinem einigermaßen vollständigen Ergebnis führen.

Deshalb wurde zunächst erwogen, den Bestand unabhängig vom FU-OPAC als systematisch gegliederten Katalog auf CD-ROM anzubieten, und zwar im Rahmen des bibliothekarischen Datenbanksystems allegro-C, das eine software-unabhängige Lösung alcarta mit einer Reihe von Registern bereitstellt. Darunter wäre auch ein Register möglich, das die vom Verfasser überarbeitete Systematik des Kammergerichtskatalogs enthält. Eine solche Datenbank, die als Einzelplatzversion oder mit Mehrfachzugriff auf institutionellen Rechnern oder Servern ange- boten werden kann, würde je nach Anzahl der Register Recherchen nach unterschiedlichen Kriterien ermöglichen. Zur Vorbereitung der Realisierung dieser Möglichkeit wurden die im Aleph-System erfassten Daten in allegro überführt. Inzwischen ist es aber gelungen, das Nota- tionsregister direkt mit der Katalogdatenbank der Freien Universität Berlin zu verbinden und die ursprünglich angedachten Suchmöglichkeiten weitgehend zu realisieren, die sonst eine se- parate alcarta-Datenbank auf einem einzelnen Rechner oder Server geboten hätte.

Das Notationsregister wurde in der Kataloghierarchie unter FU-Katalog » Suche » Thematisch » Notationen Alte Juristische Dissertationen eingebaut und ist unter der Kennung http://aleph-www.ub.fu-berlin.de/F/?func=file&file_name=find-c-juradiss zu erreichen (s. die folgende Abbildung).

Teil 1 Herkunft, Erschließung, Nutzungsmöglichkeiten 7

Jeder dieser Begriffe ist als link ausgestaltet. Wenn man im Systematik-Register z. B. den Oberbegriff „01.05.03 Naturrecht“ anwählt, öffnet sich gegebenenfalls ein weiteres Fenster mit den zugehörigen Unterbegriffen:

Teil 1 Herkunft, Erschließung, Nutzungsmöglichkeiten 8

Hier ist nun die Ebene erreicht, von der aus direkt die zugehörenden Titel über den link „Titel im Online-Katalog“ angesteuert werden können:

Die Ergebnismenge kann dann noch weiter nach Titeln oder dem Erscheinungsjahr sortiert werden und lässt auch alle anderen Manipulationen zu, die der Publikumskatalog dem Benut- zer anbietet:

FU-Katalog » Ergebnisliste Markierte Titel: Anzeigen | Speichern/Senden | Untermenge | Zu 'Meine Titel' Ergebnis: Modifizieren | Filter

Neben der grundsätzlichen Möglichkeit, jeden Autor, Respondenten, Titel usw. über die all- gemeine Suchfunktion des Publikumskatalogs zu finden, haben wir mit dieser Lösung, die Systematik zu einem integrierten Bestandteil des Recherche-Instruments Publikumskatalog zu machen, sicherlich eine dauerhafte Lösung für eine relativ schwierige systematische Suche- entwickelt, die eine sinnvolle Ergänzung der allgemeinen Katalogsuche darstellt.

Teil 2 Bestandsbeschreibung 9

1 Vorbemerkung

Der Bestand von rund 17.50027 Dissertationen stammt zum weitaus überwiegenden Teil aus dem Heiligen Römischen Reich, dem sogenannten Alten Reich, das 1806 sein Ende fand. Aus der Zeit danach sind lediglich rund 650 Titel vorhanden. Erwartungsgemäß findet man gar keine Dissertationen aus dem 15. Jahrhundert und auch nicht sehr viele Dissertationen aus dem 16. Jahrhundert (insgesamt 176 Titel, davon 115 aus Köln). Das hängt mit der Entwick- lung des Buchdrucks zusammen, der bekanntlich erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhun- derts erfunden wurde. Die ersten Drucke waren den Handschriften nachempfunden und auf- wendig gestaltet. Sie wurden zunächst in Form von Druckbogen vertrieben und in der Regel vom jeweiligen Erwerber mit einem Einband ausgestattet28. Es liegt auf der Hand, dass eine derart aufwendige Herstellung für die Verbreitung von Dissertationen nicht in Betracht kam. Jedoch wurden bislang als Programmankündigung handschriftlich vervielfältigte Thesen, die in einer Disputation zur Erlangung der Doktorwürde verteidigt werden sollten, jetzt auch in Gestalt von Einblattdrucken verteilt. Die weitere Entwicklung der neuen Technik führte zu handlicheren und kostengünstigeren Druckformaten. Das hatte Auswirkungen auf das Dispu- tationswesen. Den Ankündigungen von Disputationen, die anfangs nur die zu verteidigenden Thesen enthalten hatten, waren in der weiteren Entwicklung Erläuterungen zu den Thesen hinzugefügt worden. Daraus entstanden schließlich umfangreichere Abhandlungen, die zu- nehmend an Bedeutung gewannen und nun in größerer Zahl gedruckt wurden.

Die Dissertationenproduktion des Alten Reiches erreichte im 17. Jahrhundert ihren größten Umfang29. Das trifft für unseren Bestand allerdings nicht zu. Hier ist das 18. Jahrhundert am häufigsten vertreten. In der Mitte des 18. Jahrhunderts war allerdings die Disserta- tionenliteratur, vor allem die zivilistische, qualitativ besonders unergiebig, in der Regel be- mühte man sich nicht einmal, neue Stoffe oder neue Wendungen für die alten Stoffe zu fin- den. Die Dissertationen waren in Form und Auffassung trocken und oberflächlich30. Äußer- lich betrachtet handelt es sich bei den Dissertationen unseres Bestandes zumeist um Ok- tavformate mit einem Umfang von weniger als 50 Seiten, wobei frühere Bände einen eher geringeren, spätere einen größeren Umfang aufweisen. Die Titelseiten der Dissertationen se- hen anders aus als wir es heute gewohnt sind. Entsprechend ihrer Entstehung aus Disputati- onsprogrammen sind sie als öffentliche Ankündigungen gestaltet, die Art und Anlass, Zeit und Ort der Disputation, sowie den Präses (mit illustren Titulaturen), den Respondenten und das Thema, über das disputiert wird, enthalten. Auch Widmungen, Vorreden, Glückwünsche, Gratulationen, Lobreden und Lebensläufe finden sich in diesen Schriften. Nachdem statt der ursprünglichen Thesen eine wissenschaftliche Abhandlung Hauptgegenstand der Disputation geworden war, wurden ihr häufig Corollaria angehängt. Dabei handelte es sich um Streitsätze, über die zusätzlich zur Dissertation disputiert wurde. Häufig wurden die Corollaria vom Res- pondenten verfasst, während die Dissertation aus der Feder des Präses stammte31.

27 Diese Zahl enthält keine Dubletten im engeren Sinne, d. h. keine Mehrfach-Exemplare ein- und derselben Ausgabe. Vorhanden sind allerdings Exemplare einer unveränderten Neuauflage. 28 Unter den aus der Anfangszeit des Buchdrucks stammenden Inkunabeln gab es durchaus auch juristische Werke. So wurde der Sachsenspiegel seit 1481 gleich mehrmals gedruckt (vgl. Kaiserliches Lehnrecht, S. 11, mit Nachweisen von Altmann). Weitere Beispiele sind die libri feudorum (a.a.O., S. 8), der Schwabenspiegel und die Goldene Bulle. Sogenannte Massendrucksachen, also Auflagen mit einer größeren Anzahl von Exemplaren, entstanden erst später. 29 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 27 30 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 308 31 Horn, Disputationen und Promotionen, S. 86

Teil 2 Bestandsbeschreibung 10

2 Inhalt nach Sachgebieten

Der inhaltlichen Beschreibung des Bestandes liegt die im Teil 1 („Alte juristische Dissertatio- nen: Herkunft, Erschließung, Nutzungsmöglichkeiten“) angesprochene Klassifizierung zu- grunde (s. a. unten Ziffer 3.2). Die Sammlung besteht weit überwiegend, wenn auch nicht ausschließlich, aus juristischen Dissertationen. Da sich die meisten nichtjuristischen Titel kei- nen Rechtsmaterien zuordnen ließen, mussten dafür eigene Systemgruppen eingerichtet wer- den, obwohl es sich jeweils nur um wenige Schriften handelt. Anderenfalls hätte es zu Irritati- onen führen können, wenn im Katalog Titel ohne eine systematische Zuordnung aufgetaucht wären. Die bei den Sachgruppen am Anfang angegebenen Titelzahlen sind gerundet.

01 Allgemeines 800 Titel Die erste Gruppe des Bestandes enthält unter der Rubrik „Allgemeines“ etwa 800 Schriften. Hier finden sich Dissertationen zur Literaturgeschichte, zur Bildung allgemein und zur Juris- tenausbildung insbesondere; ferner Schriften zur Rechtsphilosophie, zur Rechtstheorie und zum Naturrecht. Außerdem gibt es Titel zum Verhältnis der Rechtswissenschaft zu anderen Wissenschaften, zu Rechtsquellen, zur Rechtsanwendung, zu einzelnen Rechtsbegriffen und schließlich etwa 250 Schriften, in denen jeweils mehrere Rechtsmaterien behandelt werden (z.B. „De variis iuris civilis, feudalis, canonici et Saxonici controversiis quam sub Praes. Va- lentini Riemeri ... publ. cens. submittit Justinus Schuchardt. Jena 1622”)

Man findet in dieser Gruppe also nicht nur juristische Literatur. Allerdings ist die Zuordnung nicht immer eindeutig. So wurde das Naturrecht nicht seit jeher an den juristischen, sondern zunächst vor allem als ethische Theorie an den theologischen und philosophischen Fakultäten behandelt. (Beispiele: Christian Wolf(f), John Locke, Thomas von Aquin und Christian Thomasius, deren Werke im Hauptbestand der UBFU vorhanden sind). So wurde in Heidel- berg das Naturrecht noch bis 1786 an der philosophischen Fakultät gelehrt. Dort folgte auf Samuel von Pufendorf (1632 –1694)32, der zwar auch Jura studiert hatte, aber in erster Linie Staatstheoretiker, Philosoph und Historiker war, der Jurist Heinrich Cocceji33, von dem sich sich 168 Titel in unserem Dissertationenbestand befinden. In Kiel wurde bereits 1665 Samuel Rachel Prof. iur. nat et gentium an der juristischen Fakultät, auch in Greifswald wurde in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts unter Mevius’ Einfluss ein Lehrstuhl für Naturrecht an der juristischen Fakultät gegründet34. Aber erst um 1720 wurde an sämtlichen protestantischen Universitäten Norddeutschlands das Naturrecht von Juristen betreut, während in Süddeutsch- land die Behandlung des Naturrechts häufig Sache der Philosophen blieb35.

02 Altertum ohne Rom 50 Titel Die zweite Gruppe enthält 50 Schriften zum Altertum außerhalb Roms, insbesondere zum hebräischen und griechischem Recht, zum geringeren Teil zu religiösen und historischen Ge- genständen.

32 Eine große Anzahl seiner Werke befindet sich im allgemeinen Bestand der UBFU 33 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 35f 34 Cordes, Harm: Hilaria evangelica academica, S. 88 35 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 36

Teil 2 Bestandsbeschreibung 11

03 Römisches und Römisch-deutsches Privatrecht 7.000 Titel Die umfangreichste der 19 Sachgruppen des Bestandes ist die Gruppe 03: „Römisches und Römisch-deutsches Privatrecht“ mit gut 7.000 Titeln. Davon beschäftigen sich 1.700 Disserta- tionen mit dem ursprünglichen römischen Recht: 200 mit seiner Bedeutung, den römischen Altertümern, der römischen Rechtsgeschichte, den Rechtsquellen, den römischen Juristen und den Beziehungen römischer Klassiker zum Recht. Weitere 200 betreffen vorjustinianische Rechtsquellen. Das Corpus iuris Justinians, das für das deutsche Recht eine wichtige Rolle spielen sollte, wird in etwa 1.300 Dissertationen im Ganzen und in seinen Teilen behandelt. Vor allem sind einzelne Stellen der Institutionen, der Digesten (Pandekten) und des Codex Gegenstand der Erörterung. Einige Titel betreffen das byzantinische Recht. Den Löwenanteil der Gruppe 3 stellen mit einem Umfang von rund 5.300 Dissertationen die Schriften zum ge- meinen Recht, also zum in Deutschland rezipierten römische Recht (03.08: Römisch- deutsches Privatrecht). Darin spiegelt sich die Rechtssituation im Alten Reich wider.

Bis in das 13. Jahrhundert hatte sich das nationale Rechtsleben in Deutschland ungestört ent- wickelt und einen Höhepunkt im Sachsenspiegel Eike von Repgows gefunden36. Der Sach- senspiegel entstand zwischen 1215 und 123537 aus der langjährigen Tätigkeit Eikes als Schöf- fe und fasste die bei den Sachsen geltenden Rechtssätze zusammen. Die übrigen deutschen Stämme erstellten keine eigenen Sammlungen. Vielmehr übernahmen sie die Regelungen des Sachsenspiegels und integrierten sie in ihre Rechtsbücher. Ebenso wie die Stadtrechtsbücher, private Aufzeichnungen der freien Städte, gewann der Sachsenspiegel eine weite Verbreitung und bildete gemeinsam mit diesen ein starkes deutschrechtliches Element gegenüber der Re- zeption des römischen Rechts38. Die Schriften zu dieser deutschrechtlichen Entwicklung des Privatrechts. finden sich unten in den Gruppen 04 und 11.

Das römische Recht hingegen hatte zunächst nur bei den nach Italien eingewanderten deut- schen Stämmen Einfluss gewonnen. Seit dem Ausgang des 5. Jh. in Italien war dort das römi- sche Vulgarrecht in Geltung, wie z. B. die lex Romana Wisigothorum bei den Westgoten39. Dass das römische Recht im weiteren Verlauf eine größere Bedeutung gewann, war auf die politische und wirtschaftliche Entwicklung zurückzuführen.

In politischer Hinsicht erfuhr das römische Recht eine Förderung durch die deutschen Kaiser, die sich seit dem 11. Jahrhundert als Erben des römischen Reiches sahen. Der erwählte deut- sche König wird zum rex Romanorum, das deutsche Reich unter Friedrich I zum sacrum im- perium40. Vgl. auch unten Staatsrecht (Gruppe 10). Zur Behauptung von Machtansprüchen gegenüber dem Papsttum bedurfte diese Doktrin einer religiösen Rechtfertigung. Sie wurde durch die Translationslehre geliefert, die den Übergang der römischen Kaiserwürde auf die fränkischen Kaiser behauptete und sich auf die sogenannte Vier-Reiche-Lehre nach Prophet Daniel Kapitel 2 und 7 stützte. Der Kirchenvater Sophronius Eusebius Hieronymus (ca. 347 – 420), der die noch heute für die katholische Kirche grundlegende lateinische Bibelüberset- zung, die Vulgata, anfertigte, verstand unter den vier Reichen diejenigen der Babylonier, der Meder und Perser, der Griechen (Makedonier) und schließlich der Römer. Das Römische Reich sollte als letztes auf Erden bis zum Tage des jüngsten Gerichts dauern. Diese Deutung wurde für das mittelalterliche Geschichtsverständnis prägend und bereitete dem Siegeszug des

36 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S.1ff 37 vgl. Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S.286 38 Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 286f 39 vgl. Dulckeit-Schwarz-Waldstein, Römische Rechtsgeschichte, S. 306f 40 Koschaker, Europa und das römische Recht, S. 39

Teil 2 Bestandsbeschreibung 12 römischen Rechts den Boden. Die vorliegende Sammlung zeigt die Entwicklung sehr an- schaulich.

Den Höhepunkt der Beschäftigung der Glossatoren mit dem römischen Recht bildete die Glossa ordinaria des Accursius zum Corpus iuris Justinians (1250)41. Außer dem Corpus iuris war die Bibel als lex dei eine verbindliche Rechtsquelle42.

04 Deutsches Privatrecht 1.300 Titel Die hier versammelten Schriften behandeln Geschichte und Quellen des Privatrechts, Rechts- sprichwörter, Personenrecht (natürliche und juristische Personen) , Fremdenrecht, Rechtsstel- lung der Juden, Bürgerrechte, Sachenrecht, Nachbarrecht, Baurecht, Verlagsrecht, Urheber- recht, Schuldrecht, Gesinderecht, Versicherungsrecht, Familienrecht, Recht der Hausgenos- senschaft, Erbrecht, Landwirtschaftsrecht, Bauernrecht, Zehnter, Fron, Gewerberecht, Zunft- recht, Handwerksrecht, Handelsrecht, Wechselrecht, Seehandelsrecht, Staatshandel und Han- delswissenschaft. Außerdem finden sich hier Schriften zu Statuten im Allgemeinen und zu Statuten von öffentlichen Körperschaften wie Städten und Gemeinden.

05 Adelsrecht, Privatfürstenrecht, Lehnrecht 1.000 Titel

05.01 Adelsrecht 50 Titel Hier finden sich 51 Titel, die sich mit Geschichte, Bedeutung und dem Beweis des Adels be- fassen. . 05.02 Privatfürstenrecht 300 Titel 300 Titel befassen sich mit dem Privatfürstenrecht. Für den hohen Adel in Deutschland gab es zahlreiche Sonderrechte. Der Teil dieses Standesrechts, der das Familien-, Vermögens- und Erbrecht der Fürsten und der Angehörigen der fürstlichen Häuser abweichend vom gemeinen Recht regelte, wird als Privatfürstenrecht bezeichnet43. Dabei handelt es sich um Erbfolge, Stammgüter, Fideikommisse, Alienatio, Hausverträge, Ehe, Majorat, Minorat, Seniorat, Ab- findung jüngerer Söhne, Parage, Apanage; Väterliche Gewalt, Vormundschaft, Regentschaft, Vicariat, Erbschaft, Obligationenrecht, Prozessrecht, Strafrecht, adlige Frauen, Genealogie, Ritterwesen, Ritterorden und Heraldik. Diese Adelsvorrechte wurden in Deutschland erst durch die Weimarer Reichsverfassung aufgehoben.

05.03 Lehnrecht 650 Titel Die hier vertretenen 684 Titel behandeln das gemeine Lehnrecht und die Geschichte des Lehnwesens und des Lehnrechts. Errichtung und Erwerb, Arten und Umfang von Lehen, Lehnfähigkeit, gemeinrechtliche und deutschrechtliche Lehnfolge, Rechtsverhältnisse der

41 Dulckeit-Schwarz-Waldstein, Römische Rechtsgeschichte, S. 323 42 Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 151; zum Strafrecht: Schmidt, Eberhard, Strafrechtspflege, S. 146f 43 Vgl. Albers, Bernd: Begriff und Wirklichkeit des Privatfürstenrechts, S. 1

Teil 2 Bestandsbeschreibung 13

Lehnpersonen und Lehngerichtsbarkeit. Lehen ist ursprünglich das Gut, das der Dienstherr dem Dienstmann gegen Dienst und Treue auf Zeit überläßt. Die Treupflicht, bekräftigt durch einen Treueid, ist Grundlage der germanischen Gefolgschaft. Diese begründet eine enge Be- ziehung zwischen dem Dienstherrn und dem Vasallen. Im fränkischen Reich werden vom König wichtige Staatsaufgaben im Heerwesen und in der Verwaltung an Lehnleute übertra- gen, das Lehngut wird dem staatlichen Vermögen entnommen. Zwischen den König und seine Untertanen treten die Lehninhaber und ihre Untervasallen als Zwischeninstanzen So entsteht eine Lehnpyramide mit dem König an der Spitze, der Staat wird zum Lehnstaat44. Nach dem Aussterben der Karolinger erfolgte die Aufteilung des Reichs, in einem Vertrag von 921 tra- ten sich Deutschland und Frankreich als selbstständige Völkerrechtssubjekte gegenüber45. Während es den Königen in Frankreich gelang, ihre Stellung an der Spitze der Lehnpyramide so auszubauen, dass sich alle Macht bei ihnen konzentrierte, wurden im mittelalterlichen Deutschland vasallenfreundliche Gesetze erlassen, die den Vasallen Unentziehbarkeit und Vererblichkeit ihrer Lehen bescherten46. Diese Rechtslage entsprach den Regelungen der in Italien entstandenen und später als Teil des Corpus iuris rezipierten langobardischen Lehn- rechtsbücher, der Libri Feudorum (Sachgruppe 05.03.01). Das Lehnrecht regelt das Verhält- nis zwischen den Ständen im Reichslehenverband. In der Heerschildordnung ist festgelegt, wessen Vasall jemand werden darf, ohne seinen Rang in der Lehnhierarchie zu verlieren. Der König steht an der Spitze, er ist niemandes Vasall. Unter ihm stehen die Reichsfürsten. Sie dürfen keines anderen Laien Vasall sein, ohne ihren Rang zu verlieren. So setzt sich die Lehnordnung nach unten durch, der Sachsenspiegel kennt sechs Stufen47, der Schwabenspie- gel sieben48. Die Lehnordnung ist das Verfassungsrecht des Mittelalters. Rein formal endete diese Ordnung 1806 mit der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation49. Mit dem Lehnrecht hat sich Christian Thomasius intensiv beschäftigt50. In den Territorien galten teilweise partikulare Lehnrechte (vgl. Gruppe 11).

06 Kirchenrecht 860 Titel Zur Gruppe 06 gehören 859 Dissertationen. Vertreten sind Arbeiten zu dem im Reich allge- mein geltenden Kirchenrecht, und zwar zum Staatskirchenrecht und zum kanonischen und evangelischen Kirchenrecht. Ebenfalls in dieser Systematikgruppe finden sich einige Schrif- ten zur Kirchengeschichte, 80 Titel befassen sich mit kirchlichen Handlungen (Ritus, Agende, Liturgie) und 22 Titel mit den Sakramenten (Eucharistie, Taufe, Kommunion, Priesterweihe, Beichte, Busse). Schriften zu dem in den Territorien geltenden Kirchenrecht sind den einzel- nen Ländern des Reiches zugeordnet (s. Gr. 11). Zur Geistlichen Gerichtsbarkeit sind 65 Titel vorhanden, davon entfallen 36 auf die kirchliche Strafgerichtsbarkeit.

In Italien entstanden im 12. und 13. Jahrhundert mehrere Kodifikationen des kanonischen Rechts: das Decretum Gratiani von 1140, die Dekretalensammlung Gregors IX (= Liber Ext- ra) von 1234, in dem die Quinque Compilationes Antiquae aufgegangen waren und der Liber Sextus von 1298. Sie wurden von den „Kanonisten“ an den mittelalterlichen Universitäten vor allem in Paris und Bologna schulmäßig bearbeitet. Die kanonistische Lehre trat in Konkurrenz

44 vgl. zum Ganzen Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 76ff 45 Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 109 46 a.a.O., S. 172 47 a.a.O., S. 175 48 a.a.O. 49 Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 326 50 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 96; vgl. auch in der Sachgruppe 05.03.01 « De originibus feudalibus » u. a.

Teil 2 Bestandsbeschreibung 14 zur Pflege des römischen Rechts, die von den Legisten51 betrieben wurde. Galt noch im Frühmittelalter der um 630 in der Lex Ribuaria ausdrücklich niedergelegte Satz ecclesia vivit lege Romana52, wurde von der Kirche mit zunehmendem Gegensatz zwischen Papst- und Kai- sertum die Eigenständigkeit des kanonischen Rechts betont. Das ging so weit, dass den Kleri- kern untersagt wurde, sich mit dem römischen Recht zu beschäftigen53. Die Forderung der Legisten nach Anerkennung des Kaisertums und Anwendung des römischen Rechts im ge- samten Westeuropa stieß vor allem in Frankreich auf Widerstand. An der Pariser Universität wurde gar auf Betreiben der französischen Könige die Lehre des römischen Rechts durch Papst Honorius III völlig verboten54. In Deutschland wurden zwar das kanonische und das römische Recht an ein und derselben Fakultät gelehrt, jedoch in verschiedenen Abteilungen, die ihre eigenen akademischen Grade verliehen. Neben den Doctores Legum gab es die Doc- tores Decretorum. Erst im 16. Jahrhundert tauchen die Doctores iuris utriusque auf, die später die Regel werden55. Die Rechtsmaterien blieben allerdings voneinander geschieden.

In der Praxis prägten seit dem 13. Jahrhundert die in Paris, Bologna und Padua im römischen und kanonischen Recht ausgebildeten deutschen Kleriker kirchliche Verwaltung und Rechts- pflege56. Das römische Recht blieb Zivilrecht für die Kirche, soweit es nicht durch kirchliche Vorschriften geändert worden war 57 . Beide Rechtsmaterien bildeten gemeinsam das Ius utrumque58.

Zusammengefasst wurde das kanonische Recht im Laufe seiner Geschichte mehrmals. Aus den oben genannten Sammlungen des Decretum Gratiani (von 1140), des Liber Extra (von 1234) und des Liber Sextus (von 1298) entstand durch Hinzufügung der Clementinae (von 1314) und der Extravagantes59 das Corpus iuris canonici, das 1582 seine endgültige Fassung erhielt und erst 1918 durch ein neues Gesetzbuch , den Codex iuris canonici, abgelöst wurde. Zum Corpus iuris canonici, genauer gesagt, zu den einzelnen Teilen, sind etwa 90 Titel vor- handen.

Das Kirchenrecht erstreckt sich im institutionellen Bereich auf die Kirchenverfassung und die Regelung der organisatorischen, personellen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten der Kirche, im Verhältnis zu den Gläubigen auch auf Ehe- und Familiensachen, Strafsachen und die geistliche Gerichtsbarkeit.

07 Zivilprozessrecht 1.780 Titel In dieser Gruppe finden sich 1.780 Titel. In Deutschland existierte zunächst ein gemeinschaft- licher Rechtsgang für Zivil- und Strafsachen. Angriffe auf Rechtsgüter einzelner werden durch die Sippe verfolgt. Zu diesem alten deutschen Zivilprozess sind 12 und zur westfäli- schen Femegerichtsbarkeit 7 Titel vorhanden. Die private Rechtsdurchsetzung wird später von einem rechtlich geordneten Verfahren vor der Landsgemeinde abgelöst. Darin wird durch

51 Zu den Legisten: Coquille: Les legistes. 18/76/22301(5) 52 Erler, Kirchenrecht, S. 19 53 Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 153 54 Koschaker, Europa und das römische Recht, S. 76 55 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 25 56 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 3f 57 Stintzing-Landsberg,1. Abt., S. 5 58 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 6 59 Im 14. Jahrhundert gesammelt, aber erst um 1500 in das Corpus iuris canonici aufgenommen (vgl.The- ol. Realenzyklopädie, Berlin: de Gruyter; Bd 19, S. 31, Eintrag Kirchenrechtsquellen I von Georg May

Teil 2 Bestandsbeschreibung 15

Urteil entschieden. Um 1500 findet eine tief greifende Änderung statt. Das in Italien unter Einfluss des römischen Rechts - zum römischen Zivilprozess existieren 33 Titel - ausgebildete italienisch-kanonische Prozessrecht findet Aufnahme in Deutschland. Eine einheitliche ge- setzliche Regelung des Zivilprozesses für ganz Deutschland wird nicht geschaffen, aber es wird das Reichskammergericht gegründet (zum Reichskammergericht s. 09.09.02.02). Der Kameralprozess beruhte überwiegend auf italienisch-kanonischem Prozessrecht60, er erfährt eine Verwissenschaftlichung durch gelehrte, am römischen und kanonischen Recht geschulte Richter61. Obwohl für die Prozesse teilweise Gutachten von Rechtsfakultäten eingeholt wer- den, die Reichskammerrichter also Hilfe von anderen Einrichtungen bekommen, dauert die Erledigung der Rechtssachen vor dem Kammergericht außerordentlich lange. Auch die neben dem ordentlichen Prozess eingeführten beschleunigten summarischen Verfahren (Exekutiv- prozess, Mandatsprozess, Arrestprozess, s. 07.05.13) ändern an dieser Situation nichts.

Neben dem Kameralprozess behauptet sich der sächsische Prozess62. Ein Reichsabschied von 1654 bringt eine Vermischung und Vereinfachung beider Verfahrensarten zum Gemeinen Prozess63. Mit ihm beschäftigen sich die meisten Schriften der Gruppe Zivilprozess. Behan- delt werden Gerichtorganisation, Gerichtsstand, Prozessparteien, Verfahren, Rechtsmittel und Vollstreckung, außerdem Konkurs (07.06) und Prozesspraxis (07.07.01). Die Verfahrensnor- men für das Reichskammergericht werden in die Gerichtsordnungen der Territorien (Territo- rialgerichtsbarkeit allgemein: 07.05.04) übernommen64. Dabei wurden als Mängel empfunde- ne Verfahrensregeln abgewandelt. Die Zivilprozessrechte der einzelnen deutschen Staaten finden sich in der Gruppe 11. In der weltlichen Gerichtsbarkeit gibt es außer den staatlichen die Patrimonialgerichte als private Einrichtungen (07.05.05). Dabei handelt es sich um Ge- richte adliger Grundherren (z. B. Besitzer von Rittergütern), die in der Regel nur die niedere Gerichtsbarkeit ausüben dürfen.

08 Strafrecht, Strafprozess

08.01 Strafrecht 950 Titel Auf das römische Strafrecht entfallen gerade einmal 15 Titel (08.01.01.01). Das Strafrecht hat sich nämlich – anders als das Privatrecht – weitgehend aus deutschrechtlichen Wurzeln ent- wickelt. Im germanischen Altertum waren Rache und Fehde die Folgen von Verletzungen der Rechts- und Friedensordnung. Von besonderer Bedeutung war das Handhaftverfahren, d. h. die Ergreifung auf frischer Tat mit sofortiger anschließender Verurteilung. War die Tat nicht mehr handhaft sondern übernächtig, kam es zur Fehde. Sie endet in der Regel durch Versöh- nung der Sippen nach Festsetzung eines Wergeldes65 (s. dazu 08.01.01.02.01). Die Verletzung von Gemeinschaftsgütern kann mit der Verhängung der Friedlosigkeit durch die Landsge- meinde bestraft werden. Dass die Strafverfolgung weitgehend in privater Hand lag, führte zu Rechtsunsicherheit und Rechtszersplitterung66. Zur Eindämmung dieser Entwicklung entstand das kirchliche Institut des Gottesfriedens. Dieser sollte den Schutz bestimmter Personen, Orte und Tage mittels Androhung von Kirchenstrafen gewährleisten. Schriften zur geistlichen

60 Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 373 61 a.a.O. 62 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 374 63 a.a.O. 64 Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 373 65 Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 37f 66 Blei, Strafrecht, S. 8f

Teil 2 Bestandsbeschreibung 16

Strafgerichtsbarkeit s. unter Kirchenrecht (06.08.02). Im Verlauf des 11. Jahrhunderts wurden auf weltlichem Gebiet von Kaiser oder König Landfrieden erlassen (Schriften dazu unter Staatsrecht; 09.02.03). Dabei handelte es sich um allgemeine Friedensgebote zur Verhinde- rung von Fehden, deren Verletzung mit Strafe bedroht war. Der bedeutendste ist der Mainzer Landfrieden von 1235, abgeschlossen wird die Landfriedensbewegung durch den ewigen Landfrieden, der 1495 auf dem Reichstag zu Worms verabschiedet wurde67. Da er allgemein und überall gelten sollte, wurde damit das Gewaltmonopol der öffentlichen Hand im deut- schen Reich durchgesetzt. Dazu bedurfte es einer funktionierenden Justiz. So wurden 1495 zusammen mit dem ewigen Landfrieden das Reichskammergericht und 1500 auf dem Reichs- tag von Worms die Reichskreise als übergeordnete territoriale Einheiten des Heiligen Römi- schen Reichs sowie eine Reichsexekutionsordnung zur Durchsetzung der Reichskammerge- richtsurteile geschaffen. In Strafsachen konnte das Reichskammergericht allerdings nur ange- rufen werden, wenn gegen elementare Grundsätze des Prozessrechts verstoßen worden war (Nichtigkeitsklage) oder wenn von ihm im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes eine strafbewehrte Maßnahme zur Abwendung eines nicht wieder gut zu machenden Schadens gefordert wurde (Mandatsprozess)68.

Hatte bis zum Hochmittelalter in Deutschland ein Nebeneinander von weltlichem und kirchli- chem Strafrecht geherrscht69 wurden im Spätmittelalter die Religionsvergehen in das weltli- ches Strafrecht aufgenommen70. Davon wird auch die Ketzerei erfasst, die 1234 mit den Ket- zergesetzen in den Dekretalen Gregors IX (Liber extra) Eingang in das kanonische Recht ge- funden hatte71. Das römische Recht gewinnt anders als im Privatrecht keine große Bedeutung im materiellen deutschen Strafrecht. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem römischen Strafrecht erfolgt lediglich im Rahmen der Libri 47 und 48 der Pandekten (libri terribiles: Sachgruppe 03.06.03.49 und 03.06.03.50), des 9. Buch des Codex und des letzten Teils der Institutionen72. Aus dem römischen Recht wird allerdings die Majestätsbeleidigung über- nommen, auf göttliche und weltliche Majestät bezogen und zum Hochverrat erweitert73. Sei- nen Niederschlag fand das Strafrecht des hohen Mittelalters in Sammlungen wie dem Sach- sen- und dem Schwabenspiegel, in Stadtrechten und Halsgerichtsordnungen. Die Ahndung strafbarer Handlungen durch Bußen wird allmählich abgelöst durch ein System öffentlicher Strafen (zu den Strafen s. Gruppe 08.01.03.02.01).

Die frühe Neuzeit brachte zwei bedeutende Strafgesetzbücher hervor. Zunächst im Jahre 1524 die als Landesgesetz für die fränkischen Fürstentümer publizierte Bambergische Halsge- richtsordnung (Constitutio criminalis Bambergensis), die von Johann Freiherr zu Schwarzen- berg aus einer Verbindung von römischen Begriffen und deutschen Rechtsanschauungen ge- schaffen worden war74. Auf der Grundlage dieses Gesetzes wurde ein Reichsgesetz erarbeitet und auf den Reichstagen von Augsburg (1530) und Regensburg (1532) beraten und beschlos- sen75. Nach Zustimmung des Kaisers wurde der Abschied als Peinliche Gerichtsordnung Karls V. (Constitutio criminalis Carolina, s. 08.01.02.02) publiziert. Sie enthielt eine salvato- rische Klausel zugunsten der partikularen Satzungen und Gewohnheiten76. Damit ist der Weg

67 Schmidt, Eberhard, Einführung in die Geschichte der deutschen Strafrechtspflege, S. 52 68 Wiggenhorn, Heinrich: Der Reichskammergerichtsprozess am Ende des Alten Reiches. Diss. Münster 1965, S. 82f 69 Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 376f 70 Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 377 71 Brockhaus-Enzyklopädie online (www.brockhaus-enzyklopaedie.de), Stichworte Inquisition und Gregor IX 72 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S.607f 73 Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 377 74 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 618ff 75 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 625 76 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 628

Teil 2 Bestandsbeschreibung 17 für die territoriale Gesetzgebung bereitet. Davon haben vor allem die großen Territorialstaaten mit bedeutenden Gesetzen Gebrauch gemacht. Trotzdem kam der Carolina eine große Bedeu- tung für die Vereinheitlichung des Strafrechts zu. Auf ihrer Grundlage entwickelt sich das gemeine deutsche Strafrecht. Die große Wende im Strafrecht setzte allerdings erst mit der Aufklärung ein77, die Hexenwahn (08.01.04.17) und Folter (s. Strafprozess 08.02.03.02) er- folgreich bekämpfte. Leibes- und Todesstrafe wurden weitgehend beseitigt (vgl. zur Todes- strafe 08.01. 03.02.07), rechtsstaatliche Grundsätze wie Analogieverbot, Rückwirkungsverbot und Verbot der Kabinettsjustiz eingeführt.

Thomasius, der sich nach der Veröffentlichung seines Werkes „Fundamenta iuris naturae et gentium“ (UBFU vorhanden) mit der Veröffentlichung eines Übungsbuchs und seiner Vorle- sungen beschäftigte, führte daneben seine Beschäftigung mit den Hexenprozessen in einer Dissertation über die Folter fort („De tortura ex foris Christianorum proscribenda.1705“, im Dissertationenbestand vorhanden). Er lehnt zwar die Folter grundsätzlich ab, lässt aber doch praktische Gesichtspunkte für ihre Anwendung gelten78. 1707 schrieb er eine bedeutende Dis- sertation über Begnadigungsrecht des Fürsten bei Todesstrafe: „De iure aggratiandi principis evangelici in causis homicidii“79 (im Dissertationenbestand vorhanden).

08.02 Strafprozess 300 Titel Da der Strafprozess keine lukrative anwaltliche Praxis versprach, waren an der Strafrechts- pflege nur wenige gelehrte Juristen beteiligt. Festzustellen ist ein Einwirken der italienischen Rechtswissenschaft auf das Strafverfahren80. Die italienische Lehre reichte zwar auch auf das Corpus iuris Justinians zurück, war aber schon von deutschrechtlichen, vor allem langobardi- schen Rechtsvorstellungen beeinflusst81. Sie fand ihren Niederschlag in den strafrechtlichen Abschnitten der Kommentare zum Corpus iuris canonici, im Klagspiegel und in Tengler’s Laienspiegel82. Mit dem Anwachsen des Obrigkeitsstaats in Deutschland wird die Strafverfol- gung zur Behördensache, das Offizialverfahren hält Einzug. Der Angeschuldigte wird Objekt der Justiz. Ende des 15. Jahrhunderts sind Klagen über willkürliche Strafjustiz verbreitet83. Es gibt bestimmte Beweiserfordernisse, die Krone der Beweismittel ist das Geständnis. Um die- ses zu erreichen, wird notfalls die Folter eingesetzt84. Zur Problematik der Folter (Tortur) fin- det sich in der Systemgruppe 08.02.03.02 eine ganze Reihe von Dissertationen. Anwendung findet die Folter nicht zuletzt in Ketzer- und Hexenprozessen, die das finsterste Kapitel der Strafrechtspflege jener Zeit darstellen (vgl. Systemgruppe 08.01.04.17). Gegen die Hexenpro- zesse hat sich mit Nachdruck Christian Thomasius, der „Vater der deutschen Aufklärung“85, in den Schriften „Disputatio iuris canonici de origine ac progressu processus inquisitorii cont- ra sagas“ und „Theses inaugurales de crimine magiae“ gewandt. Sie befinden sich in diesem Bestand. Auch gegen die Ketzerei hat Thomasius wichtige Schriften verfasst: „An haeresis sit crimen?“86, „De iure principis circa haereticos“ und „Problema iuris publici an poenae viven- tium eos infamantes sint absurdae et abrogandae?“. Sie sind ebenfalls im Bestand. Wie schon

77 Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 381 78 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 95 79 a.a.O. 80 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 609f, und Schmidt, E., Strafrechtspflege, S. 107f 81 Schmidt, E., Strafrechtspflege, S. 108 82 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 607f 83 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 610 84 Mitteis-Lieberich, S. 380 und Stintzing-Landsberg, 1. Abt., 608ff 85 Kleinheyer/Schröder, Deutsche Juristen, S. 291 86 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 85

Teil 2 Bestandsbeschreibung 18 oben gesagt, hat die Aufklärung in den Territorialstaaten eine Gesetzgebung hervorgebracht, die das Strafverfahren in Richtung rechtstaatlicher Grundsätze revolutionierte.

08.03 Gerichtsmedizin; Medizin, allgemein 53 Titel.

09 Staatsrecht 860 Titel Die Systematikgruppe enthält das Staatsrecht des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und das ältere deutsche Territorialstaatsrecht. Über die Bedeutung des römischen Rechts in Deutschland wurde schon oben bei der Gruppe 03 gesprochen. Der Auffassung vom deutschen Staat als Fortsetzung des römischen Reichs entsprechend wird das römische Recht als kaiserliches Recht betrachtet87 (s. 09.05.03). Da das römische Recht von einer einheitlichen Reichsgewalt ausging, die der Kaiser als Herr und nicht bloß als Verteidiger der Kirche ausübte88, genoss es nicht nur die Priorität in der Privat- rechtsordnung, sondern es stellte sich vor allem als wichtiges Kampfmittel gegen den päpstli- chen Universalismus dar. Unterstützt wurde diese Rechtsauffassung von den Glossatoren (ronkallischer Reichstag, 1158)89, die das in Oberitalien wiederentdeckte Corpus iuris Justini- ans wissenschaftlich bearbeiteten und in der Constitutio de regalibus einen Katalog der kai- serlichen Rechte aufstellten, die teils dem römischen, teils dem deutschen Recht entnommen waren90. Neben der Vier-Reiche-Lehre (vgl. oben Deutsch-römisches Privatrecht, S. 11) wur- de als theologisches Argument im Kampf zwischen Kaiser- und Papsttum auch die sog. Zwei- Schwerter-Lehre (nach Lucas Kapitel 22 Vers 38) herangezogen. Sie wurde freilich ganz un- terschiedlich verstanden: Nach der kurialen Lehre belehnt der Papst den Kaiser. Nach der imperialen Lehre ist eine gleichrangige Verteilung der Schwerter an Kaiser und Papst göttli- ches Gebot91. Diese Seite der staatlichen Herrschaftsgewalt wird in der Gruppe Kirchenrecht als Staatskirchenrecht behandelt (06.04 und 06.05).

Außer der Verteidigung seiner Macht gegenüber dem Papst hatte der Kaiser auch seine Stel- lung im Inneren gegen mächtige Gegner zu behaupten. Schon im Mittelalter hatte es neben der königlichen Gewalt eine Adelsherrschaft gegeben, die zum Teil älter war als das König- tum und sich daher nicht von ihm ableitete. Dem Reich gelang es nicht, eine zentrale Verwal- tung mit einem Reichsbeamtentum zu etablieren, - nicht zuletzt auch deshalb, weil dafür die Mittel fehlten. Wichtige Staatsaufgaben, wie etwa die Wahrung der Landfrieden, wurden in den Territorien von den Fürsten und Herren eigenständig wahrgenommen. So entwickelt sich im Laufe der Zeit die Landesherrlichkeit92 (09.10.01). Das Reichslehnrecht (05.03.04), das den Vasallen eine starke Rechtsstellung einräumte, stützte diese Entwicklung. Seit dem Wormser Konkordat standen auch die geistlichen Fürsten im Lehnsverband und konnten ihre Landesherrschaft ausbauen. Eine wichtige Rolle spielten dabei die Reichsfürstengesetze Friedrichs II. von 1220 und 1231/123293. Die Goldene Bulle von 1356 (s. 09.02.02) schreibt nach Verhandlungen zwischen Karl IV. und den Fürsten die Entwicklung in Richtung Territo- rialstaat fest. Der Ewige Landfrieden von 1495, der das Reich als Rechtsgemeinschaft ver-

87 Koschaker, Europa und das römische Recht, S. 40 88 Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 152 89 vgl. Mitteis-Lieberich, S. 123 90 a.a.O. 91 Zum Kampf zwischen Papst- und Kaisertum vgl. Koschaker, Europa und das römische Recht, S. 41ff. 92 Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 249ff 93 Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 254

Teil 2 Bestandsbeschreibung 19 steht, in der die Stände keinerlei Fehde gegeneinander austragen dürfen, kann nicht gegen die Stände durchgesetzt werden. Im Westfälischen Frieden von 1648 (s. 12.01.03.01) wird dann die Aufspaltung Deutschlands in Territorien besiegelt und den Reichsständen die Landesho- heit zugesichert. Es entstehen weitgehend souveräne Staaten. Kaiser und Reich werden auf eine formale lehnrechtliche Oberhoheit beschränkt und auf bestimmte, wenig bedeutsame Einzelrechte zurückgedrängt94. Samuel Pufendorf hat in seinem Werk „De statu Imperii Ger- manici“, das unter dem Pseudonym Severinus de Monzambano erschien, das Deutsche Reich als Monstrum bezeichnet. Pufendorf ging von der Aristotelischen Staatseinteilung in Monar- chie, Aristokratie und Demokratie aus. In diese Kategorien passte das Reich nicht. Trotzdem wird man seinen Staatscharakter nicht leugnen können. Die nach der heutigen Staatslehre gel- tenden Kriterien Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsgewalt waren durchaus vorhanden. Staats- oberhaupt war der Kaiser, Unmittelbare Mitglieder des Reiches waren die im Reichstag ver- tretenen Stände (09.07.03). Die Reichsgesetzgebung erfolgte durch den Kaiser auf Vorschlag des Reichstages. Weitere staatsrechtliche Institutionen waren das Reichskammergericht, der Reichshofrat und die Reichskreise (09.09.02.02., 09.09.02.03., 09.08.07). Träger der Reichs- verwaltung sind Reichsministeriale auf lehnrechtlicher Basis. Die Gruppe 09 gliedert sich entsprechend in die Untergruppen Reichsgrundgesetze, Länder, Grenzen, Gebietsansprüche, Personen, Stände und Korporationen des Reiches, Wahl, Krö- nung und Rechtstellung von Kaiser und König, Reichskleinodien, Hof, Reichserzämter, Reichserbämter (09.07.02 ff), Reichsstädte (09.07.03.04). Reichsjustizwesen und Reichsbe- hörden (09.09.01 ff). Die Gruppe Staatsrecht enthält etwa 140 Titel zum älteren Territorial- staatsrecht (09.10.01 ff).

10 Regierungsrecht/Verwaltungsrecht 880 Titel Entsprechend der Zweiteilung des öffentlichen Rechts 95 finden sich in einer Gruppe, der Sachgruppe 9, die Schriften zum Staatsrecht, das die Gliederung der Staatsorganisation regelt, in der zweiten, der als Regierungsrecht bezeichneten Sachgruppe 10, die Schriften zum Recht der Funktionen der Staatsgewalt. In der heutigen Terminologie spricht man von Verwaltungs- recht. Behandelt wird hier das gesamte Spektrum des Rechts der öffentlichen Verwaltung: Hoheitsrechte im Allgemeinen, Staatsämter der Minister und Räte, Titulaturen, Wappen, Eh- renzeichen, Staatswirtschaft, Polizeirecht, Militär, Finanzen und Steuern, Staatsaufsicht, Be- hörden, Rechtsetzung, einzelne Hoheitsrechte wie Forst- und Jagdhoheit, Bergwerksrecht, Wasserrecht, Straßenrecht, Postwesen, Telegrafenwesen, Regale, Monopole.

11 Territorialrecht 1240 Titel Während sich die kaiserliche Macht gegenüber kleineren Reichsständen und Reichsstädten behaupten konnte, haben die größeren Reichsstände bei der Ausübung der kaiserlichen Reser- vatrechte (09.07.02.07) ein Zustimmungsrecht beansprucht oder sich den Reservatrechten ganz verweigert96. Die Bestrebungen in den Ländern richten sich auf Herstellung eines ge- schlossenen Flächenstaats und der Glaubenseinheit entsprechend dem Augsburger Frieden von 1555 (cuius regio eius religio)97. Daraus entstehen Königreiche, Herzogtümer, Bistümer, Reichsstädte, Freie Städte. Den Landesherrn gelingt es, sich gegenüber den Ständen durchzu-

94 Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 350 95 vgl. dazu Stolleis, Michael : Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Bd 2, S. 52 96 Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 350 97 Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 355

Teil 2 Bestandsbeschreibung 20 setzen und einen landesherrlichern Absolutismus zu etablieren98. In den Territorien wird eine effiziente Verwaltung aufgebaut und eine Gerichtsbarkeit eingerichtet. Ein stehendes Heer wird unterhalten. Die Gesetzgebung geschieht unter Mitwirkung der Landstände. Es entstehen große Staaten wie Preußen, Bayern, Königreich Sachsen und Österreich. Daneben existiert Kleinstaaterei mit der entsprechenden Zersplitterung des Deutschen Reiches. Diese Situation spiegelt sich im Bestand wider.

12 Völkerrecht 360 Titel. Hugo Grotius gilt als Vater des Naturrechts und des Völkerrechts. Tatsächlich hat er beide Rechtsgebiete aus abstrakten philosophischen Betrachtungen in das positive Recht einge- bracht99. Der Dissertationenbestand enthält keine Titel von Grotius als Verfasser, wohl aber einige, die sich mit ihm oder Schriften von ihm beschäftigen100. Sein bedeutendstes Werk „De iure belli et pacis“ (im allgemeinen Bestand der UBFU vorhanden) behandelt nicht nur das Recht, das im Krieg und im Frieden zwischen den Völkern gilt, sondern auch das Recht der Beziehungen zwischen Einzelpersonen innerhalb der menschlichen Gesellschaft. Es ist damit eine Gesamtdarstellung des Naturrechts. Von Samuel Pufendorf101 sind ebenfalls keine Werke im Dissertationenbestand, lediglich zwei Schriften über Werke von ihm. Pufendorf sah das säkulare Naturrecht auch als Grundlage der Beziehungen zwischen den Völkern. Ein positives Völkerrecht als übergeordneten Normenkomplex lehnt er wegen des Grundsatzes der Souve- ränität der Staaten ab. Völkerrechtliche Gewohnheiten sieht er nicht als Rechtsnormen, son- dern als bloße Sitten an. Sein Hauptwerk „De iure naturae et gentium“ von 1668 ist im allge- meinen UB-Bestand vorhanden. Auch zahlreiche Schriften von Grotius und Pufendorf sowie über beide befinden sich im allgemeinen Bestand der UB. Im Dissertationenbestand befinden sich Schriften zu Grundlagen und Geschichte des Völkerrechts, zu Völkerrechtsquellen, zum Völkervertragsrecht, zum Verhältnis der Staaten zueinander, zum Gesandtschaftsrecht und zu Protokollfragen, zu Kriegsrecht, Friedensverhandlungen und zum Seevölkerrecht einschließ- lich des Seehandelsrechts.

13 Ausländisches Recht 60 Titel Diese Gruppe enthält jeweils nur wenige Titel zum Recht in verschiedenen Ländern.

14 Staatswissenschaften 160 Titel Zu dieser Hauptgruppe gehören die Untergruppen Allgemeines (14.01), Staatstheorie (14.02), Staatsverfassung und Verfassungslehre (14.03), Regierungskunst (14.04) und Staatswirtschaft (14.05).

98 Mitteis-Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 357 99 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 1ff 100 Einer davon befasst sich gleichzeitig mit Samuel Pufendorf. 101 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 11ff

Teil 2 Bestandsbeschreibung 21

15 Philosophie 185 Titel Die Untergruppen Allgemeines und Geschichte der Philosophie (15.01); Logik und Metaphy- sik (15.02); Psychologie, Phänomenologie und Naturphilosophie (15.03) sind mit jeweils rund 20 Titeln vertreten, die Untergruppe Ethik umfasst 125 Titel.

16 Geschichte 79 Titel Es handelt sich um Schriften zur allgemein und zur deutschen Geschichte.

17 Theologie, Religionsphilosophie 41 Titel

18 Sprachwissenschaften, insbesondere Latein 3 Titel

19 Mathematik, Naturwissenschaften 5 Titel

3 Statistische Angaben zur Sammlung

3.1 Zeitlich:

Nach Jahrhunderten:

16. Jahrhundert 176 Titel 17. Jahrhundert 5.136 Titel 18. Jahrhundert 11.293 Titel 19. Jahrhundert 794 Titel 20. Jahrhundert 1 Titel ------17.400 Titel

Nach Jahrhunderten und Orten:102

16. Jahrhundert Altdorf (1), Basel (3),Greifswald (1), Helmstedt (11), Jena (3), Köln (115), Leipzig (2), Marburg (11), Passau (1), Rostock (5), Tübingen (4), Wien (1).

102 Zählt man die Angaben zu den einzelnen Orten zusammen, ergibt sich nicht notwendig die Zahl, die beim jeweiligen Jahrhundert genannt ist, da bei vielen Schriften die Ortsangaben fehlen.

Teil 2 Bestandsbeschreibung 22

17. Jahrhundert Altdorf (200), Basel (55), Danzig, Duisburg, Dortmund, Erfurt (89), Franeker, Frankfurt/O. (442), Gießen (149), Greifswald (57), Halle (99), Harderwijk (66), Helmstedt (600), Jena (1200), Kiel (31), Königsberg (95), Leipzig (400), Marburg (120), Rinteln (72), Rostock (99), Straß- burg (241), Tübingen (200), Wittenberg (500).

18. Jahrhundert Altdorf (400), Bamberg (20), Basel (16), Bonn (68), Bremen (21), Dan- zig (52), Dortmund (3), Düsseldorf (5), Duisburg (139), Erfurt (541), Er- langen (34), Frankfurt (258), Gießen (306), Göttingen (562), Greifswald (85), Halle (1261), Helmstedt (340), Jena (1000), Köln (67), Königsberg (140), Leipzig (1500), Mainz (117), Marburg (226), Münster (8), Rinteln (160), Rostock (153), Straßburg (163), Stuttgart (4), Trier (116), Tübin- gen (250), Wittenberg (940), Würzburg (81).

19. Jahrhundert Berlin (223), Breslau (14), Göttingen (83), Halle (18), Jena (12), Leipzig (158).

20. Jahrhundert Halle-Wittenberg (1). ------17 .400

Im 16. Jahrhundert (1574 – 1599) nach Orten:

Altdorf 1

Basel 3

Frankfurt 2

Greifswald 1

Heidelberg 1

Helmstedt 15

Jena 4

Köln 115

Leipzig 3

Marburg 9

Passau 1 (Gymnasium)

Rostock 6

Teil 2 Bestandsbeschreibung 23

Straßburg 3

Tübingen 5

Wien 1

Wittenberg 2

Würzburg 2

Ohne Ort: 2 (Cujas :1, Reusner: 1)

3.2 Sachlich:

01 Allgemeines 912 02 Altertum außer Rom 52 03 Römisches Recht und Römisch-Deutsches Privatrecht 6654 (davon Römisch-Deutsches Privatrecht (03.08): 5046) 04 Deutsches Privatrecht 1266 05 Adelsrecht, Privatfürstenrecht, Lehnrecht 987 06 Kirchenrecht 814 07 Zivilprozessrecht 1775 08 Strafrecht; Strafprozess 1315 09 Staatsrecht 861 10 Regierungsrecht 840 11 Territorialrecht 1239 12 Völkerrecht 365 13 Ausländisches Recht 60 14 Staatswissenschaften 152 15 Philosophie 185 16 Geschichte 79 17 Theologie, Religionsphilosophie 41 18 Sprachwissenschaft, insbes. Latein 3 19 Mathematik, Naturwissenschaften , Medizin 7 ------17.607

Diese Gesamtzahl ist höher als die oben genannte, weil bei der elektronisch erstellten Additi- on Fortsetzungen und Stücktitel teilweise doppelt gezählt wurden.

Teil 2 Bestandsbeschreibung 24

3.3 Örtlich:

Deutsche Universitäten Zahl der Dissertatio- nen Altdorf (1623-1809 Univ. d. reichsfreien 621 Stadt Nürnberg) Bamberg 24 Bayreuth 1 Bonn 75 Breslau 18 Bützow s. a. Rostock 21 Coburg, Academia 1 Coburg, Gymnasium 1 Danzig 66 1 Düsseldorf 5 Duisburg 153 Erfurt 636 Erlangen 48 Frankfurt/Main 2 Frankfurt/Oder 722 Gießen 458 Göttingen 668 Halle 1402 Heidelberg 190 Helmstedt 972 Jena 2269 Kiel 115 Köln 213 Königsberg 256 Leipzig 2178 Mainz 117 Mannheim 1 Marburg 362 Prag 2 Regensburg 1 Rinteln 1621 – 1809 234 Rostock 264 Stettin, Akademie 3 Stettin, Gymnasium 13 Straßburg 414 Trier 122 Tübingen 528 Wittenberg 1479

Universitäten Frankreich Orléans 2 Paris 2

Teil 2 Bestandsbeschreibung 25

Universitäten Niederlande Die Niederlande waren erst seit dem Westfälischen Frieden im Jahr 1648 ein selbständiger Staat. Aus der Zeit davor sind nur wenige Disser- tationen im Bestand. Amsterdam 8 Franeker 42 Groningen 29 Harderwijk 229 Leyden 79 Luettich (Liège, Belgien) 1817 zur Zeit des 11 Vereinigten niederländischen Königreichs als staatliche Univ. eröffnet (1830 zu Belgien) Utrecht 139

Universität Schweiz Basel 74

Die geographische Herkunft ist nicht immer einfach zuzuordnen wegen der deutschen Klein- staaterei und des damit verbundenen vielfachen Wechsels der staatlichen Zugehörigkeit einer Universität. Der größte Teil der vorhandenen Dissertationen stammt allerdings aus Preußen und Sachsen. (mitteldeutsche Universitäten). Weitere nennenswerte Zahlen kommen aus Reichsstädten, im Norden Deutschlands vorwiegend aus Hannover, - Wolfenbüttel und Schleswig-Holstein, in Süddeutschland aus Tübingen, Heidelberg und Alt- dorf. Berlin ist naturgemäß nach 1810 stark vertreten. Ausländische Dissertationen kommen vor allem aus den Niederlanden.

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 26

1 Vorbemerkung

Bei der vorliegenden Sammlung handelt es sich um eine Literaturgattung, von der es zahlrei- che unkatalogisierte Bestände auch in anderen Bibliotheken gibt103. Die literarische Bedeu- tung der Schriften des Bestandes ist uneinheitlich. Zum einen handelt es sich nicht ausschließ- lich um Arbeiten zur Erlangung des Doktorgrades, wie man vielleicht zunächst meinen könn- te, sondern auch um Gelegenheitsschriften unterschiedlicher Art, wie Übungsdisputationen, Antrittsvorlesungen, Festreden oder auch um bloße Programme zur Ankündigung einer Dis- putation. Zum anderen sind nicht alle Disputationen zur Erlangung eines akademischen Gra- des von gleichem Niveau. Häufig genug enthalten die Schriften nicht neue Erkenntnisse, son- dern lediglich Kompilationen von Bekanntem 104 . Unabhängig von der wissenschaftsge- schichtlichen Bedeutung einzelner Schriften stellen die Disputationen in ihrer Gesamtheit eine wichtige Quelle für die rechtssoziologische Untersuchung des Juristenstandes des Alten Rei- ches dar105. Nicht alle Dissertationen befassen sich mit dem jeweils zeitgenössischen Recht, mit Rechtstheorie oder Rechtsphilosophie. Auch die Entwicklung des Rechts seit dem Alter- tum ist Gegenstand einer Reihe von Schriften.

Die folgende Beschreibung der Sammlung unter wissenschaftsgeschichtlichem Aspekt ent- spricht der Gliederung in dem Standardwerk „Stintzing-Landsberg: Geschichte der deutschen Rechtswissenschaft“, ebenso die Reihenfolge der aufgeführten Autoren. Innerhalb der einzel- nen Gliederungspunkte wurden sie allerdings nach Geburtsjahren geordnet. Aufgenommen wurden Verfasser im weiteren Sinn, die mit wenigstens 5 Schriften vertreten sind. Diese Be- schränkung ist zugegebenermaßen willkürlich, verhindert aber, dass die Darstellung uferlos wird. Abweichend davon werden auch einige Autoren aufgeführt, von denen weniger Titel vorhanden sind, die aber eine spezielle wissenschaftsgeschichtliche Bedeutung haben. Das gilt vor allem für die Zeit vor 1600, als die Disputationen in der Regel noch keine breitere Veröffentlichung erfuhren, und die Zeit nach 1800, als das Disputationswesen wegen der zu- nehmenden Verbreitung von Zeitschriften als Wissenschaftsmedium allmählich an Bedeutung verlor, so dass sich auch von bedeutenderen Rechtswissenschaftlern vergleichsweise wenige Titel in der Sammlung finden. Andererseits werden nicht alle „Verfasser“ von 5 oder mehr Dissertationen/Disputationen erwähnt, sondern nur solche, die bei Stintzing-Landsberg be- rücksichtigt sind. Es gibt zwar biographische Nachschlagewerke, die Leben und Bedeutung auch anderer Juristen beschreiben, diese sind aber nicht ohne weiteres greifbar, und sie stellen nicht den rechtshistorischen Zusammenhang dar. Die vorliegende Beschreibung beschränkt sich also darauf, die Darstellung von Stintzing-Landsberg durch den Nachweis von Schriften einer Reihe von dort besprochenen Autoren zu ergänzen.

2 Dissertation und Disputation: Begriffliches

Während man heute unter „Dissertation“ normalerweise eine Doktorarbeit versteht, hatte die- ser Begriff im Mittelalter und der Frühen Neuzeit eine umfassendere Bedeutung. Mit „Disser- tation“ bezeichnete man seinerzeit ganz allgemein eine gelehrte Abhandlung. Dementspre- chend wurde in den Preußischen Instruktionen für die alphabetische Katalogisierung be- stimmt, dass für „ältere Dissertationen“, das heißt für Dissertationen vor 1800, andere Regeln gelten als für neuzeitliche. Hervorgegangen sind die Dissertationen aus den Disputationen.

103 Vgl. Koppitz: Ungehobene Schätze, S. 36 104 Vgl. Ranieri, Juristische Dissertationen, Einleitung, S. 2 105 Ranieri, a.a.O.

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 27

Dabei handelte es sich um akademische Veranstaltungen, in denen zuvor aufgestellte Thesen verteidigt wurden. Diese Thesen wurden als Einladung und Programm für die Disputation in der Universität ausgehängt und verteilt.

„Hier kam nun wenig darauf an, wer der Verfasser der Thesen war oder woher dieselben stammten. Meist waren sie wohl aus den Vorlesungen der Lehrer selbst zusammengetragen. Dass auf dem Titelblatt zwei Namen, der des Präses und des Respondens, erschienen, hatte also weniger Bezug auf den Inhalt der Druckschrift, als vielmehr auf den bevor- stehenden Akt der mündlichen Disputation. Nur in Beziehung auf diese sind ja die Bezeichnungen: Praeses und Res- pondens entstanden und haben sie Sinn. Die Titelblätter dieser alten Universitätsschriften bedeuten daher weiter nichts als die Ankündigung einer dann und dann stattfindenden Disputation, deren Gegenstand zur Vorbereitung für etwaige Opponenten meist eine Woche vorher gleichzeitig mitveröffentlicht wurde. Als man nun aber aus Gründen, die z. T. wohl mit der Verbreitung des Buchdrucks zusammenhingen, anfing, die Thesen schon für den Druck wissenschaftlich auszuarbeiten und Themata aufzustellen, die in einem förmlichen Discursus behandelt wurden, da wurden die akademischen Disputationen ihrer ursprünglichen Einfachheit entkleidet, die Disputierschrift gewann neben der mündlichen Disputation selbständige Bedeutung, sie ward ihr darin gleich, sie überholte sie darin im Laufe der Jahrhunderte so vollständig, dass heutzutage nur noch ein pietätvoll konservierter Rest jenes mündlichen Verfahrens übriggeblieben ist, ein Schatten der alten Herrlichkeit.“106.

Aus dem vorstehenden Zitat geht hervor, dass in der Entwicklung des Disputationswesens nicht mehr nur bloße Thesen veröffentlicht, sondern diesen zunächst Erläuterungen hinzuge- fügt und später ganze Abhandlungen zur Vorbereitung der Disputation ausgearbeitet wurden. Für diese Schriften wurden die Bezeichnungen „disputatio“ und „dissertatio“ nebeneinander verwendet.

3 Bedeutung der juristischen Promotion

Unter der Bezeichnung „Doktor“ versteht man heute einen von Universitäten beziehungswei- se gleichgestellten Hochschulen verliehenen akademischen Grad. Die Erlangung des Doktor- titels ist in den Promotionsordnungen geregelt und setzt in der Regel den erfolgreichen Ab- schluss eines Hochschulstudiums und die Vorlage einer Dissertation voraus. Die Verleihung der Doktorwürde erfolgt durch den Dekan beziehungsweise den Fachbereichsvorsitzenden nach Annahme der Dissertation durch die Fakultät/den Fachbereich und nach Bestehen der mündlichen Prüfung, die eine Prüfung der fachwissenschaftlichen Befähigung des Bewerbers (Examen rigorosum) oder eine Verteidigung seiner Dissertation (Disputation), gelegentlich aber auch beides sein kann. Die Disputation knüpft an die Gepflogenheiten in der Frühen Neuzeit an und hat heute auch in Deutschland wieder zunehmend Eingang in die Promotions- ordnungen gefunden. Bis in das 12. Jahrhundert hinein bezeichnete man mit „doctor“ jeden Lehrer ohne weitere formelle Voraussetzungen. Die Entwicklung der Universitäten im Mittel- alter brachte eine Aufgliederung des gelehrten Unterrichts in deutlich geschiedene Lehrfächer mit sich. Neben die artes liberales und die Theologie traten Medizin und Jurisprudenz, wobei die Juristen, und zwar sowohl die Legisten als auch die Kanonisten (doctor legum, doctor decretorum, später doctor iuris utriusque) aufgrund der Entwicklung des Bologneser Rechts- unterrichts die Anfangsphase der Universität bestimmten. Die Rezeption des gelehrten Rechts und seine Umsetzung in die Praxis bescherte den Absolventen des Rechtsstudiums eine ge- sellschaftliche Sonderstellung. So bot das Studium der Rechte für Laien außerordentliche Aufstiegschancen in hohe Positionen. Gab es für die juristischen doctores des 11. und 12. Jahrhunderts in Bologna noch keine formalen Voraussetzungen für ihre Bezeichnung als doc- tor, kamen zu Beginn des 13. Jahrhunderts dort Doktorprüfungen auf107. Der Titel wurde zum

106 Horn, Disputationen, S. 50 107 Baumgärtner, Ingrid: De privilegiis doctorum: Über Gelehrtenstand und Doktorwürde im späten Mittelalter, S. 303

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 28 akademischen Grad und allmählich zu einer Standesbezeichnung, welche die Basis für Son- derrechte bildete. Später wurden die doctores dem Adel gleichgestellt108 (nobilitas propter scientiam). Führende Juristen schmückten sich gern mit dem Adelsprädikat „equites“109. Nach alldem nimmt es nicht Wunder, dass die juristische Doktorwürde besonders begehrt war und dass dieser Umstand seinen Niederschlag in einer Vielzahl von juristischen Doktorarbeiten fand. So übertrifft die Zahl der juristischen Dissertationen aus dem Alten Reich die der ande- ren Fakultäten110. Wie schon oben bemerkt, befassten sich die Dissertationen zumeist mit dem Recht ihrer Zeit, ihres Rechtskreises und der Rechtsdisziplin, der ihre Verfasser besonders zuneigten. So spiegelt unser Dissertationenbestand Recht und Rechtswissenschaft des Alten Reichs wider.

4 Recht und Rechtswissenschaft um die Wende vom Mittelalter zur Neuzeit in Deutschland und Frankreich

Das deutsche Recht lag bis zum Ende des 15. Jahrhunderts außerhalb des akademischen Inte- resses. Literarische Bearbeitungen entstanden nur in unmittelbarer Verbindung mit dem tägli- chen Leben aus der Praxis. Das wohl bedeutendste Rechtsbuch des Mittelalters ist der vermut- lich den zwanziger Jahren des 13. Jahrhundert entstammende Sachsenspiegel Eike von Repgows 111, mit dem sich einige Schriften der Gruppe „Deutsches Privatrecht“ befassen (04.03.02). Am Sachsenspiegel orientieren sich andere Rechtsbücher wie der Deutschenspie- gel112 und der Schwabenspiegel113. Ausgaben zu diesen beiden Spiegeln sind im Hauptbestand der UBFU vorhanden. Andere Rechtssammlungen sind Stadtrechtsbücher114 und Sammlungen von Weistümern115. In dieser Gruppe sind auch Titel zum Gewohnheitsrecht, zu Stammes- rechten und Rechtssprichwörtern verzeichnet. Insgesamt ist beim deutschen Recht eine parti- kulare Aufsplitterung festzustellen, die durch die subjektive Prägung des Schöffentums noch verstärkt wurde und eine einheitliche wissenschaftliche Bearbeitung unmöglich machte. So war für das kanonische und das römische Recht der Boden bereitet. Die Verbreitung des rö- mischen Rechts seit dem Mittelalter bringt es mit sich, dass die vorwiegend auf der Grundlage von Herkommen und Gewohnheit nach ihrem Rechtsempfinden urteilenden deutschen Laien- richter mit der Anwendung dieses gelehrten Rechts überfordert waren. Das führte dazu, dass die örtlichen Gerichte die Gerichtsakten an Rechtsgelehrte und Rechtsfakultäten versandten, um Gutachten über die Rechtslage erstellen zu lassen116. Auf dem Gebiet des Strafrechts wird

108 Mitteis, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 324 109 Baumgärtner, Ingrid: De privilegiis doctorum, S. 302; Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 61 und 75f. Im Bestand sind mehrere Dissertationen zur Rechtsstellung der Doktoren. Zur juristischen Doktorwürde vgl. “Wecc, Joachim: De privilegiis doctorum iuris. Respondent: Burchard Vornwaldt, Diss. Helmstedt 1638“. 110 Vgl. Marti, Hanspeter: Philosophische Dissertationen deutscher Universitäten: 1660 – 1750. S. 50 111 Mitteis, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 285f 112 Bearbeitung des Sachsenspiegels aus der Mitte des 13. Jahrhunderts von einem unbekannten süddeutschen Verfasser, s. Meyers Großes Konversationslexikon, Bd 4. 1906, S. 724 113 Zusammengestellt von einem Augsburger Minoriten, s. Mitteis, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 287 114 Im allgemeinen Bestand der UBFU befindet sich einige Werke zu den Stadtrechten, im Institut für Deutsche Rechtsgeschichte viel Material zum Magdeburger Stadtrecht, da der frühere Direktor des Instituts, Prof. Friedrich Ebel, dort das Projekt“ Magdeburger Recht“ betreut hat. Arbeiten aus dem Dissertationenbestand, die sich mit dem Magdeburger Stadtrecht befassen, stehen in der Gruppe „ Recht der Territorialstaaten des Deutschen Reiches“, vor allem unter 11.01.07 (Weisse,Tenzell). 115 Zu diesen befindet sich im Bestand der UB die von Jacob Grimm herausgegebene umfangreiche Sammlung „Weisthümer“. Bde 1 – 7. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1957. 116 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 63; Für den Zivilprozess s. Untergruppe: 07.05.07.06

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 29 dieses Verfahren in der Constitutio criminalis Carolina von 1532 im Artikel 219 ausdrücklich vorgesehen.

Die deutschen Universitäten, die als geistliche Anstalten gegründet waren, standen bis zum Ende des 15. Jahrhunderts unter kirchlichem Einfluss. Die Professoren waren meist Kleriker, die Ausbildung der Studenten hatte die Befähigung zur kirchlichen Verwaltung und Rechts- pflege zum Ziel. Daher wurde dort überwiegend das kanonische Recht gelehrt117, das römi- sche Recht spielte als Hilfswissenschaft zum Verständnis des kanonischen Rechts eine eher untergeordnete Rolle118. Trotz der zunächst überragenden Bedeutung des kanonischen Rechts wurden Fakultäten für das „ius utrumque“ (= kirchliches und weltliches Recht) gegründet. Neben den Doctores decretorum und Doctores iuris utriusque lehrten Doctores legum, die ausschließlich das römische Recht vertraten119. Auf die weltlichen Gerichte gewann das römi- sche Recht in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts als Kaiserrecht stärkeren Einfluss120. Aufgrund kaiserlicher Privilegien wurden Einrichtungen außerhalb der Hochschulen geschaf- fen, die vorzugsweise kaiserliches Recht lehren sollten. Zum Teil entstanden aus diesen Gymnasien später Universitäten, wie z. B. Altdorf und Rinteln121. Das anfängliche Überge- wicht des kanonischen Rechts zeigt sich übrigens auch darin, dass die Buchdrucker bis zum Ende des 15. Jahrhunderts in großer Zahl Teile des Corpus iuris canonici druckten, aber nur wenige Ausgaben der römisch-rechtlichen Quellen und Literatur122.

An den deutschen Universitäten traten als Rechtsprofessoren zunächst hauptsächlich ausländi- sche Doktoren auf, seltener auch deutsche, die den Doktorgrad im Ausland erworben hatten. Es gab also zwar schon im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit eine Rechtswissenschaft in Deutschland; diese befasste sich allerdings mit der Pflege fremden, d. h. des römischen und des kanonischen Rechts. Der Juristenstand wurde vor allem repräsentiert von Universitätsleh- rern und Praktikern, die als Diener und Beamte des Staates ein weltliches Gelehrtentum ver- körperten123. Eine deutsche Rechtswissenschaft im Sinne einer Wissenschaft vom deutschen Recht wurde erst im 17. Jahrhundert begründet124.

Das römische Recht, das an den italienischen Universitäten wiederentdeckt worden war, wur- de später den praktischen Bedürfnissen der Zeit angepasst. Diese Neubearbeitung wurde als mos italicus125 bezeichnet.

Die Methode der mittelalterlichen Wissenschaft war geprägt durch die Scholastik und vom Glauben an Autoritäten126. Als größte Autorität auf dem Gebiet der Philosophie galt Aristote- les (im Dissertationenbestand: „Horn, Caspar H.: De medio laudabili sive de illo Aristotelis philosophi“, „Müller, Johann: De obligatione legis per se civitati propriae quam moralistae vocant, directiva, eiusque in ordine ad auctorem divisione iisdem doctoribus recepta in di- rectam et reflexam ex Aristotelicae philosophiae genuinis principiis“, „Uffelmann, Heinrich: Aristotelis ethicorum Nicomachiorum paratitla“, „Posner, Caspar: De servitute naturali secundum sententiam principis philosophorum Aristotelis“. In der Theologie war es Thomas

117 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 22f 118 a.a.O. 119 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 25 120 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 38f 121 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 24f 122 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 23 123 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 60ff 124 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 1; s. auch. u. S. 11 125 vgl. Dulckeit-Schwarz-Waldstein: Römische Rechtsgeschichte, S. 324 126 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 103f

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 30 von Aquin, der die auf die Heilige Schrift als letzte offenbarte Wahrheit gegründete höhere Autorität der Kirche vertrat127. Auf dem Gebiete des Rechts wurde dem Corpus iuris civilis eine vergleichbare Autorität zuerkannt128.

Die scholastische Bearbeitung des Rechtsstoffes in Gestalt der Disputation begann mit der Aufstellung von quaestiones (Streitfragen)129. Darunter verstand man bezweifelbare Aussa- gen, die mit Gegenargumenten (obiectiones) beantwortet wurden. Darauf folgten Interventio- nen und Widerlegungen und zum Abschluss eine determinatio130. Voraussetzung war die scharfe Unterscheidung der Begriffe (distinctiones)131. Über die Methode des mos italicus gibt Auskunft eine Dissertation von Valentin Wilhelm Forster (vgl. unten S. 32).

Diese analytisch-exegetische Methode132 führte zu einer gewaltigen Ausdehnung des Rechts- stoffes als Folge ausufernder Kommentierung einzelner Sätze des Corpus iuris civilis ohne Berücksichtigung des Zusammenhanges und zu spitzfindiger Argumentation unter Berufung auf Autoritäten. Das Studium der Rechtswissenschaft zog sich unter diesen Umständen immer länger hin. Den im 16. Jahrhundert in zunehmendem Maße erhobenen Forderungen nach einer Verkürzung der Juristenausbildung wurde zuerst in Frankreich entsprochen.

Dort war an mehreren französischen Universitäten, vor allem in Bourges und Valence, unter humanistischem Einfluss eine neue rechtswissenschaftliche Schule entstanden. Während die Vertreter des mos italicus das Corpus iuris Justinians, wenn auch nicht in Gestalt eines be- stimmten Textes, da es davon mehrere Versionen gab133, so doch die Form und die Ordnung der einzelnen Bücher als nicht zu bezweifelnde Autorität betrachteten und dem Grundsatz Graeca non leguntur134 folgten, entwickelten die französischen Juristen den mos gallicus. Sie akzeptierten die lateinischen Texte des Corpus iuris nicht mehr fraglos, sondern griffen auch auf griechisch geschriebene Quellen zurück und betrachteten diese als gleichwertige Überlie- ferung des Altertums 135 . Auf dieser neuen historisch-philologisch erarbeiteten Grundlage suchten sie die überzeitlichen Rechtsgedanken des Corpus iuris Justinians zu einem rational geordneten Ganzen zu verbinden136.

Die scholastische Arbeitweise wurde von den französischen Humanisten abgelehnt, da sie dem eigenen Bildungsideal widersprach. Sie forderten, dass die Studenten sich nicht auf die Autorität von Glossen und Kommentaren berufen, sondern auf die Rechtstexte selbst zurück- greifen sollten. Es galt der humanistische Grundsatz „ad fontes“. Dabei standen im Vorder- grund die Titel de verborum significatione137 und de diversis regulis iuris138, die Rechts- grundsätze und verallgemeinerungsfähige Grundlagen enthalten. Das Studium wurde durch Straffung und Strukturierung des Stoffes verkürzt. Die Blüte dieses Zweiges der französi- schen Rechtswissenschaft im 16. Jahrhundert zog auch ausländische Juristen an. So schickte der Nürnberger Rechtsgelehrte Franz Frosch 1533 seine Söhne zum Studium nach Bourges139,

127 a.a.O. 128 vgl. Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 111 129 zu „Quaestio“ vgl. Meyers Großes Konversationslexikon, Bd 16. Plaketten bis Rinteln. 1909, S. 500 130 dazu Hoye, William J.: Quaestio, S. 3 131 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 103f 132 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 106ff 133 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 105 134 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 205f 135 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 376 und Koschaker, Europa…, S. 106 136 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 140ff, 371f, (zu Synthese vgl. S. 241ff) 137 Digesten 50, 16, vgl. 03.06.03.52 138 Digesten 50, 17, vgl. 03.06.03.52

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 31

„weil dort in einem Jahr so viele Titel der Pandekten abgehandelt würden, wie more italico an deutschen Universitäten einzelne leges“140.

Der exklusive Charakter der von den französischen Humanisten betriebenen Rechtswissen- schaft stellte allerdings hohe Anforderungen an die umfassende klassische Bildung der Juris- ten, so dass nur eine kleine Gruppe von Gelehrten sie erfüllen konnte141. Außerdem galt das Interesse mehr dem antiken römischen Recht als der aktuellen Rechtsanwendung142. Daher blieb diesen sehr stark theoretisch orientierten Bemühungen ein größerer Einfluss auf die Rechtspraxis versagt143. Das gilt auch für eine im 17. Jahrhundert über Holland nach Deutsch- land gekommene, an die Schule von Bourges anknüpfende Strömung, die elegante Jurispru- denz144. Der Name zeigt an, dass man in dieser Beschäftigung eher eine gelehrte Spielerei sah, als einen Beitrag zur juristischen Praxis145.

Herausragende Vertreter des mos gallicus waren in Bourges Jacobus Cuiacius146 (=Cujas, Jacques, 1522 – 1590), ein unübertroffener Exeget des Corpus iuris, und Hugo Donellus 147 (=Doneau, Hugues, 1527 - 1591). Während Cuiacius sich mit der Auslegung der einzelnen Quellentexte beschäftigte, strebte Donellus ein das gesamte Privatrecht umfassendes System an148. Neben die philologische Richtung der humanistischen Jurisprudenz trat also eine syn- thetische.

Zu den bekanntesten deutschen Schülern der philologischen Richtung der französischen Schu- le gehörten:

Borcholten, Johann149. 1535 – 1593. B. studierte zunächst zwei Jahre in Wittenberg und ging dann für zehn Jahre nach Frankreich. Davon verbrachte er fünf Jahre in Bourges bei Cui- acius, bevor er als Professor nach Rostock berufen wurde. Vor seinem Aufenthalt dort war er in Basel zum Dr. iur. promoviert worden. Von ihm ist keine Dissertation im Bestand, wohl aber drei Dissertationen von seinem Sohn Statius, der nach dem Studium der Rechtswissen- schaft in Helmstedt, Rostock und Heidelberg 1595 in Heidelberg zum Doktor der Rechte promoviert wurde. Später wurde der Kanzler im Fürstentum Grubenhagen. Er gab im Jahre 1600 die gesammelten Rechtsgutachten seines Vaters heraus.

Rittershausen, Konrad150. 1560 – 1670. (1 Titel) R. hatte bei Giphanius, einem Freund des Donellus, in Altdorf studiert und die in Frankreich entwickelte humanistisch-philologische Methodik übernommen. Drei seiner Söhne studierten ebenfalls Rechtwissenschaft. Sie gaben die Schriften ihres Vaters nach dessen Tode heraus. Von Georg und Nikolaus ist je eine Dis-

139 Über Bourges und Donellus: Eyssell, Aernut P.: Doneau, sa vie et ses ouvrages. Réimpr. de l’éd de Dijon, 1860. Genf: Slatkine 1970. Sign. 18/78/12322(!) 140 Zitiert in: Stintzing-Landsberg, 1v. Abt., S. 130 141 Koschaker, Europa..., S. 111ff 142 Koschaker, Europa..., S. 116 143 a.a.O. 144 Koschaker, Europa..., S. 120. Zur eleganten Jurisprudenz siehe auch unten S. 62ff. Im Katalog finden sich Schriften zur eleganten Jurisprudenz in den Gruppen 01.02, 01.04, 01.05.03 und 03.08... 145 vgl. Koschaker, Europa..., S. 120 146 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 375ff. Eine Dissertation von Cujas zum Digestentitel „iustitia et iure“, (o.O. um 1580 (1585) ist im Dissertationenbestand, eine Werkausgabe im allgemeinen Bestand der UBFU 147 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 377ff. Im Diss.-Bestand befindet sich kein Titel von Donellus, im allgemei- nen Bestand ist eine Werkausgabe unter dem Titel: Doneau, Hugues; Opera omnia. 148 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 378ff 149 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 402f 150 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 407, 414ff, , Im Diss.-Bestand eine Diss. von R. vorhanden

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 32 sertation im Bestand vorhanden. Nikolaus, der u. a. in Bourges studiert hatte, wurde Professor der Institutionen, später der Pandekten in Altdorf 151

Forster, Valentin Wilhelm152. (1574 – 1620). (13 Titel). Zu nennen wäre eigentlich zunächst Valentin Forster (1530 – 1608)153, der in Wittenberg und Bourges studierte und von Donellus zum Doktor promoviert wurde, von dem aber keine Dissertation vorhanden ist. Mit einer Rei- he von Schriften vertreten ist sein Sohn Valentin Wilhelm Forster. Dieser studierte in seiner Vaterstadt Marburg und in Wittenberg. Er war wie sein Vater Verehrer der französischen Ju- risten, vor allem des Donellus, wenn auch nicht dessen unmittelbarer Schüler. Er lehrte zu- nächst privat in Helmstedt und in Wittenberg. Dort widmete er sich vornehmlich der Leitung von Disputationen. 1609 erhielt er in Wittenberg eine Professur154. In seiner Schrift „Interpres sive de iuris interpretatione, libri duo. Wittenberg 1613“ (in der Staatsbibliothek Pr. K. vh)155, hat er unter Berufung auf Gribaldus den mos italicus als communis methodus dargestellt156, er gibt darin den zu Beginn des 17. Jahrhunderts herrschenden methodischen Standpunkt in sys- tematischer Übersicht der geltenden und bestrittenen Grundsätze wieder.

Neben den Anhängern der neuen französischen Schule gab es in Frankreich auch weiterhin Vertreter der Lehre der italienischen Kommentatoren. Vor allem in Toulouse, Avignon, Or- leans und Paris behauptete sich der mos italicus. Das führte zu Gegensätzen zwischen den Universitäten und den Vertretern der beiden Gruppen157.

5 Systematiker in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts

In Deutschland hat die synthetische Methode der humanistischen Jurisprudenz in den letzten vier Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts systematische Werke hervorgebracht. Zu nennen sind hier

Vulteius, Hermann158. 1555 – 1634. (5 Titel). Ab 1571 studierte V. in Heidelberg Theologie, Philosophie, Mathematik und griechische Sprachwissenschaft, später Rechtswissenschaft in Marburg. Dort erwarb er 1574 den Magistergrad. 1576 ging er nach Genf, wo er sich an juris- tischen Disputationen beteiligte und Privatvorlesungen hielt. 1580 wurde er Dr. iur. in Basel. Dann nahm er zunächst eine Professur für griechische Sprache in Marburg an, wurde dann aber im folgenden Jahr dort Professor für Rechtswissenschaft. Zahlreiche auswärtige Beru- fungen hat er abgelehnt. Sein Hauptwerk ist die Schrift über das System des Justinianischen Rechts „Jurisprudentiae Romanae a Justiniano compositae Libri II“, herausgegeben 1590159. Das Werk ist nicht im FU-Bestand, aber in der Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden. Bedeutsam sind auch seine Ausführungen zur Jurisdiktion. In der Schrift „Commentarius ad titulos Codi- cis qui sunt de jurisdictione et foro competenti“ von 1599 u. ö.” vertritt er die Auffassung, dass die Glossatoren die entsprechenden Rechtssätze Justinians fälschlicherweise angewendet

151 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 414ff 152 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 419ff 153 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 396 – 402 ; Forster, Valentin: De historia iuris civilis Romani libri tres. Basel 1565 (Signatur: 34/77/25016(8)) ist im UB-Bestand vorhanden 154 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S.420 155 Im Dissertationenbestand befindet sich die unter Forsters Präsidium entstandene „Disputatio iuridica quam ex libris de interpretatione iuris. 1613“. 19 S. 156 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 124 157 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 368 158 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 452ff 159 Umstritten ist, ob Vulteius vom System des Donellus beeinflusst wurde, vgl. S.-L.,1, Text, S 459

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 33 hätten, weil sich seit Karl dem Großen das Reich von einer reinen Monarchie in eine aristo- kratisch regierte Monarchie gewandelt habe, mit gravierendem Einfluß auf das Wesen der Jurisdiktion160.

Treutler, Hieronymus161. 1565 – 1607. (1 Titel). T. hat in Straßburg Philologie und Rechts- wissenschaft studiert. 1589 wurde er Professor der Rhetorik. 1590 wurde er zum Dr. iuris utriusque in Marburg promoviert. Sein wichtigstes Werk ist eine Sammlung von Dissertatio- nen, die „Disputationes selectae“. Sie schließen sich - anders als bei Vulteius - der Reihenfol- ge der Pandekten an, es werden aber mehrere Titel gemeinsam behandelt. Die jeweilige Mate- rie wird in Thesen zerlegt und mit Erläuterungen und Literaturnachweisen versehen. In ihrer Gesamtheit stellten sie ein viel benutztes Lehrbuch dar, das eine Reihe von Auflagen erlebte. In der Staatsbibliothek Pr. K. sind unterschiedliche, teils unvollständige Ausgaben vorhanden. Das Werk von Treutler wurde kommentiert von Reinhard Bachoff von Echt in „Notae et ani- madversiones ad disputationes Hieronymi Treutleri“. Im Bestand befindet sich eine dieser Dissertationen von Bachoff: „Notae et animadversiones ad disputationem Treutleri de iustitia et iure“.

Von den übrigen bedeutenden Systematikern Vigelius, Freigius und Althusius ist im Bestand nichts vorhanden.

6 Rechtswissenschaftler der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts

In Basel

Berchtold, Stephan162. Geburtsjahr unbekannt - 1623. (2 Titel). Von ihm sind im Bestand “De iudiciis et processu iudiciario: tam iuris antiqui, quam novi Iustinianei et novissimi, seu usu hodie in imperiali camera recepti. Basel 1587“ und „Actio reivindicationis ad usum fori communem accomodata: ex qua tanquam in speculo modus. Straßburg 1586”.

In Gießen

Hunnius, Helfricus Ulricus163. 1583 – 1636. (12 Titel). H. hat in Wittenberg unter Valentin Wilhelm Forster Rechtswissenschaft studiert, bald auch Vorlesungen und Disputationen in Collegien gehalten. 1608 ging er nach Gießen an die neu eröffnete Universität. Dort wurde er 1609 zum Doktor der Rechtswissenschaften promoviert. Bald darauf kehrte er nach Witten- berg zurück. 1613 wurde er als Nachfolger Peter Friders nach Gießen berufen und zum Rat ernannt. 1625 wurde er Professor der Jurisprudenz in Marburg. Wichtige Titel von ihm befin- den sich in der Staatsbibliothek Pr. K. Ebenso wie Bachoff von Echt hat er das Werk von Treutler kommentiert164.

160 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 462 161 vgl. Stintzing-Landsberg, 1. Abt., 465ff und S. 686. 162 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 674 163 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 700ff 164 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 686 u. 704f

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 34

In Heidelberg

Bachoff von Echt, Reiner165. 1575 – etwa 1640. (4 Titel). B. wurde 1598 in Heidelberg zum doctor iuris utriusque promoviert. Zunächst wurde er Professor der praktischen Philosophie, 1614 Professor der Jurisprudenz und Rektor. Er fand große wissenschaftliche Anerkennung, „sein Gesamteindruck wurde aber beeinträchtigt durch den Eindruck unedler Gesinnung“. Gleichzeitig mit Hunnius hat er das Werk von Treutler kommentiert.

In Helmstedt

Cludius, Johann Thomas166. 1585 – 1642. (19 Titel). C. studierte in Jena und in Helmstedt. Anschließend ging er auf Reisen und wurde 1714 in Basel zum Dr. iur. promoviert. Im selben Jahr erhielt er eine Professur der Pandekten in Helmstedt.

In Jena und Wittenberg

Hier sind mehrere miteinander verwandte Reusners zu nennen167. Von ihnen sind einige Dis- sertationen im Bestand vorhanden.

Reusner, Nikolaus168. 1545 - 1602. (2 Titel). Nikolaus R. studierte ab 1564 Rechtswissen- schaft in Wittenberg. Zunächst arbeitete er als Lehrer am Gymnasium in Lauingen. 1583 er- warb er seinen Doktorgrad in Basel und wurde dann vom Schwäbischen Kreis zum Assessor am Reichskammergericht berufen. 1583 ging er als Professor nach Straßburg. 1589 wurde er Senior der Juristenfakultät in Jena und damit Beisitzer am Hofgericht und am Schöppenstuhl. Reusner war Anhänger und Schüler von Ramus. Er hat eine methodische Darstellung des Zi- vilrechts verfasst, die als klar, aber wissenschaftlich nicht als unbedingt hervorragend zu be- zeichnen ist.

Reusner, Bartholomäus169. 1565 – 1629. (4 Titel). Bartholomäus R. studierte in Straßburg und in Jena Rechtswissenschaft. 1551 wurde er in Jena promoviert und 1554 Professor der Institutionen in Wittenberg. Verbunden mit weiteren Beförderungen in der Professorenlauf- bahn wurde er Assessor des Wittenberger Hofgerichts und kursächsischer Appellationsrat.

Reusner, Jeremias170. 1590 – 1652. (9 Titel). Jeremias R. studierte in Jena, wurde dann in Wittenberg Assessor der Juristischen Fakultät und ab 1621 Professor und Hofgerichtsassessor in Wittenberg. An ihn erging wie auch an Konrad Carpzov die kurfürstliche Weisung, in ih- rem akademischen Unterricht die Rechtstexte zu erklären und nicht systematische Zusam- menhänge zu behandeln.

Theodoricus (Theoderich), Petrus (Peter)171. 1580 – 1640. (9 Titel). T. studierte zuerst in Jena, dann in Leipzig und wurde nach seiner Rückkehr nach Jena im Jahre 1606 dort zum Dr. iur. promoviert. 1608 wurde er Professor und Beisitzer des Schöppenstuhls, 1616 Assessor

165 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 683ff (687); ADB Band 1 (1875), S. 756 166 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 726f 167 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S.655, Familie:710ff, 722f.. 168 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., 710f 169 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 722 170 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 124 und 723 171 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 721

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 35 des Hofgerichts und 1638 Ordinarius der Juristenfakultät Er war in großem Umfang in der juristischen Praxis tätig, vor allem auf strafrechtlichem Gebiet. Die im Dissertationenbestand vorhandenen Titel spiegeln diesen Befund allerdings nicht wider.

In Leipzig

Finckelthaus, Sigismund172. 1580 – 1644. (5 Titel). F. studierte Philosophie und Rechtswis- senschaft in Leipzig und in Jena und unternahm 1606 eine ausgedehnte Gelehrtenreise durch Deutschland und Italien. 1609 wurde er in Leipzig zum Doktor der Rechte promoviert und wurde dann Professor und 1636 Nachfolger von Franz Romanus im Ordinariat der Fakultät. Er war Rektor der Universität Leipzig, Mitglied des Schöppenstuhls und Präses des Konsisto- riums. F. zeichnete sich durch besondere Kenntnisse des Griechischen aus.

In Straßburg

Obrecht, Georg173. 1547 – 1612. (3 Titel). O. studierte in Straßburg und in Tübingen. 1570 ging er nach Frankreich, um seine Studien dort fortzusetzen. Wegen der Protestanten- verfolgungen kehrte er in seine Heimat zurück. 1574 wurde er in Basel zum doctor iuris utri- usque promoviert. 1575 wurde er Professor der Rechte in Straßburg. Er hat auswärtige Beru- fungen und auch eine Berufung an das Kammergericht abgelehnt. 1607 erhielt er von Kaiser Rudolf II. die Pfalzgrafenwürde. Durch seine Schriften zum Zivil- und Lehnrecht, sowie zur Volkswirtschaft hat er sich einen Namen gemacht. Zu Lebzeiten hat er nur wenige Schriften herausgebracht. Weitere Schriften veröffentlichte sein Sohn Johann Thomas Obrecht, der da- für ein kaiserliches Privileg erhalten hatte.

Bitsch, Caspar174. 1579 – 1636. (5 Titel). B. studierte ab 1596 in Straßburg bei Obrecht und Gothofredus. Ab 1600 war er Erzieher und Reisebegleiter. 1604 kam er nach Straßburg zu- rück und wurde dort 1608 Professor der Geschichte. Im selben Jahr erwarb er den juristischen Doktorgrad in Basel. 1613 wurde er in Straßburg Professor der Institutionen, 1617 der Pan- dekten, 1621 des Codex und des Lehnrechts. Ab 1612 war er Kanonikus und ab 1624 Probst bei St. Thomas.

In Tübingen

Bocer, Heinrich175. 1561 – 1630. (6 Titel). 1585 wurde B. in Tübingen zum Dr. iur. promo- viert, anschließend war er dort als Dozent tätig. 1587 wurde er Beisitzer am Hofgericht, 1595 ordentlicher Professor des Lehn- und Kriminalrechts. Er hat viele Dissertationen herausgege- ben176, in unserem Bestand sind allerdings nur wenigeTitel vorhanden. Eine große Anzahl findet sich in der Staatsbibliothek Pr. K.

172 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 725; ADB Bdf 7 (1877), S. 20 173 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 672ff 174 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S.679f 175 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S.653 u. a., (ADB, Bd. 2 (1875), S. 759f 176 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 139

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 36

Weitere:

Beckmann, Lucas177. 1570 – 1624. (5 Titel). B. studierte Jurisprudenz und Politik in Helm- stedt, Rostock, Leyden, Oxford, Wittenberg und Leipzig. 1596 erwarb er in Basel die juristi- sche Doktorwürde. 1599 wurde er ao., wenig später ordentlicher Professor der Rechte in Wit- tenberg. Zugleich war er Appellationsrat in Dresden und Assessor an verschiedenen Gerich- ten.

Arumaeus, Dominicus178. 1579 –1637. (15 Titel). A. studierte ab 1593 in Franeker, Oxford und Rostock. Er kam dann als Hofmeister nach Jena und wurde hier im Jahre 1600 promo- viert. Seine Lehrtätigkeit begann er mit Collegien für Institutionen und Pandekten. 1602 wur- de er ao., 1605 ordentlicher Professor. Außerdem war er Beisitzer des Schöppenstuhls und des Hofgerichts. A. lehrte zunächst römisches Privatrecht, später Reichsstaatsrecht. Er war damit erster Lehrer des ius publicum in Jena und wird auch als Stammvater der deutschen Publizis- tik (im Sinne von Staatswissenschaft) betrachtet. Er hält zwar noch am Weiterleben des Impe- rium Romanum im römisch-deutschen Reich fest, meint aber, dass die Grundsätze des römi- schen Staatsrechts der deutschen Verfassungswirklichkeit nicht mehr gerecht werden. Sein wohl bedeutendstes Werk „De Comitiis Romano-Germanico Imperii“ von 1630 ist in der Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden. Im Dissertationenbestand befinden sich Titel zum römi- schen Recht und zum Reichsstaatsrecht.

Ludwell, Wilhelm179. 1589 – 1636. (13 Titel). L. besuchte zunächst philosophische Vorle- sungen in Königsberg, dann juristische an der polnischen Akademie in Zamosc. 1611 wurde er Gesandtschaftssekretär in Warschau und ging 1613 als Hofmeister einiger Edelleute nach Altdorf und hörte dort philosophische und historische Vorlesungen. 1619 erwarb er das Lizen- tiat, 1631 den juristischen Doktorgrad und wurde Professor der Rechte in Altdorf. 1634 wurde zum ordentlichen Professor der Institutionen und zum Rechtskonsulenten der Stadt Nürnberg berufen, die er als Gesandter vertrat, u. a. auf dem Reichstag von 1640. Mehrere auswärtige Berufungen schlug er aus.

Fomann, Ortolph180. 1598 – 1640. (17 Titel). F. studierte in Jena, Gießen und Königsberg. 1620 wurde er zum Dr. der Rechte promoviert, 1625 wurde er Professor der Geschichte und der Poesie in Jena. 1726 wurde er ao. Beisitzer des Hofgerichts, 1735 Professor der Rechte und ordentlicher Beisitzer des Hofgerichts und des Schöppenstuhls.

7 Die Entstehung der deutschen Rechtswissenschaft

Neben der traditionellen Richtung der Rechtswissenschaft in Deutschland entsteht bereits in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts eine deutschrechtliche Tendenz, die nach dem Dreißig- jährigen Krieg an Stärke gewinnt. Eine deutsche Rechtswissenschaft bildet sich heraus181.

177 Stintzing-Landsberg, 1. Abt. S. 655, WBIS, DBA, Teil 1, S. 393f: Schröder, Hans: Lexikon. Bd 1. 1851 178 Stintzing-Landsberg, 1. Abt. S. 719 – 721 ; Kleinheyer/Schröder, S. 26ff 179 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 357; WBIS BDA Teil 2, S. 001: Krollmann, Christian (Hrsg.): Altpreußische Biographie. Bd 1. 1941 (305) 180 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S.720; WBIS DBA Teil 1, S. 139: Günther, Johannes: Lebensskizzen der Professoren der Universität Jena. 1858. 181 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 1ff

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 37

Historische Grundlegung

Conring, Hermann182. 1606 – 1681. (69 Titel). Die Grundlage für eine deutsche Rechtswis- senschaft wird gelegt durch den als „Vater der deutschen Rechtsgeschichte“ bezeichneten Hermann Conring. Das geschieht mit seinem Werk „De origine iuris Germanici“ von 1643 (2 spätere Ausgaben sind in der UBFU vorhanden, eine davon in deutscher Fassung). Conring hat nachgewiesen, dass das Justinianische Recht nicht durch ein Gesetz Kaiser Lothars, wie vielfach behauptet wurde, sondern durch Gebrauch nach Deutschland gekommen ist. Er hat einen zusammenfassenden Einblick in die deutschen Rechtsquellen gegeben und damit der Rechtwissenschaft in Deutschland den nationalen Boden bereitet. Conring war Universalge- lehrter. Erst war er Philosophieprofessor, dann wurde er zum Dr. med. promoviert, wurde Professor der Medizin (Leibarzt der Königin Christine von Schweden), schließlich Professor der Politik und der Geschichte. Er war der letzte und größte Polyhistor in Deutschland183.

Begründung einer deutschen gemeinrechtlichen Strafrechtswissenschaft

Carpzov, Benedikt II (der Jüngere)184. 1595 – 1666. Sohn von Benedikt Carpzov I (der Ältere), 1565 – 1624, Professor der Rechte in Wittenberg185, von dem keine Diss. vorhanden ist. (9 Titel). C. studierte ab 1610 Philosophie und Jurisprudenz in Wittenberg. 1615 setzte er das juristische Studium an der Universität Leipzig, 1616 an der Universität Jena fort. 1619 wurde er zum Doktor der Rechtswissenschaften promoviert.

Schon vor dem Erscheinen der historischen Grundlegung Conrings hat Benedikt Carpzov II das in Deutschland geltende Recht auf der Basis der gerichtlichen Praxis in fast allen Zweigen umfassend behandelt und in seinen Werken das Zusammenfließen der unterschiedlichen Ur- sprünge dargestellt. Mit Unterbrechungen war er seit seinem 25. Lebensjahr insgesamt 40 Jahre Mitglied des Leipziger Schöppenstuhls. Außerdem war er Mitglied des Oberhofgerichts und des Appellationsgerichts in Dresden. So konnte er auf Erfahrungen in allen Instanzen zurückgreifen. 15 Jahre nach Beginn der Tätigkeit am Schöppenstuhl hat er 1635 mit seinen Epoche machenden Publikationen begonnen. Er beschäftigte sich mit Straf- und Strafprozess- recht, Zivil- und Zivilprozessrecht, mit Kirchenrecht und auch mit Staatsrecht, auf das sein Einfluß allerdings geringer war186. Mit seinem kasuistischen oder besser empirischen Vorge- hen entwickelte er eine Methode, Gesetzgebung und Praxis mit der Theorie des gemeinen Rechts zur Einheit zu verbinden. Damit wurde er zum Begründer der deutschen Rechtswis- senschaft187. 1645 hielt er Vorlesungen in Leipzig in der von ihm neu begründeten akademi- schen Disziplin „evangelisches Kirchenrecht“. Er hat das erste vollständige System dazu in der Schrift „Iurisprudentia ecclesiastica“ niedergelegt (das Werk ist in der Humboldt- Universität vorhanden). Durch seine Autorität erlangten die „Decisiones electorales Saxoni- cae“, die er 1611 herausbrachte, eine fast gesetzliche Bedeutung (die 11. Auflage von 1723 ist im allgemeinen Bestand der UBFU vorhanden). Von allen Partikularrechten genoss das säch- sische das unbestrittenste Ansehen. Es hat sich verbreitet und nahezu gemeinrechtliche Aner- kennung erworben. Aus dem Beruf des akademischen Lehrers entstanden zahlreiche Disserta- tionen. Von der Aufklärung wurde ihm der Vorwurf der Grausamkeit und des Aberglaubens gemacht. Mit der Befürwortung einer strengen Handhabung der Strafgewalt, der Hexenver-

182 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 165ff, 3ff 183 a.a.O. S. 167 184 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 55ff 185 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 723f 186 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 64 187 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., Text, S. 66

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 38 folgung und der Anwendung der Folter befand er sich aber im Einklang mit den Anschauun- gen seiner Zeit. Sein strafrechtliches Hauptwerk „Practica nova imperialis Saxonica rerum criminalium Pars 1/3, quae quaestionum fere universarum in materia cuiusque generis ex iure civili Romano, imperiali, Saxonico...“ von 1723 ist im allgemeinen Bestand der UBFU vor- handen

Die Familie Carpzov hat noch weitere namhafte Juristen hervorgebracht:

Carpzov, Konrad188. 1593 – 1658. Bruder von Benedikt Carpzov II. (10 Titel). Konrad C. studierte Rechtswissenschaft und wurde 1619 in Wittenberg promoviert. Er wurde zunächst Hofrat bei Herzog Ernst in Pommern und 1621 Rechtsprofessor in Wittenberg, erst für die Institutionen, dann für den Codex. Außerdem war er Assessor am Wittenberger Hofgericht und Mitglied des Dresdner Appellationsgerichts. Unter seinem Präsidium entstanden zahlrei- che Dissertationen.

Carpzov, August Benedikt189. 1644 – 1708. (21 Titel). August Benedikt C. wurde 1669 Pro- fessor in Leipzig: erst für die Digestentitel de verborum significatione et de diversis regulis iuris, später für die Institutionen, dann für die Pandekten und schließlich für den Codex. Au- ßerdem war er Assessor am Leipziger Oberhofgericht.

Carpzov, Friedrich Benedikt190. 1702 – 1744. Sohn von Johann Benedikt IV Carpzov. (6 Titel). Friedrich Benedikt C. studierte in Wittenberg und in Leipzig, wurde dann Notar und Amtadvokat. 1735 wurde er zum Dr. iur. promoviert und wurde Privatdozent in Leipzig. 1742 erhielt er eine unbesoldete Professur für Natur- und Völkerrecht in Wittenberg. Seine Schrif- ten zeigen seine Neigung zu Philologie und Literaturgeschichte. In der Schrift „De allotrioepi- skopia iurisconsultorum“ von 1743 (im Dissertationenbestand vorhanden) kritisiert er die Neigung verstorbener und noch lebender Juristen, sich in Angelegenheiten zu mischen, die sie nichts angehen.

8 Rechtswissenschaftler der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts

8.1 Usus modernus pandectarum

Bedeutende Vertreter eines usus modernus (pandectarum) im weiteren Sinne, d. h. einer Ver- bindung des römischen mit dem einheimischen Recht und einer Verneinung der absoluten Geltung des Corpus iuris Justinians191, gibt es schon im 16. Jahrhundert. Zu nennen sind hier Ulrich Zasius, 1461 – 1535, (Werke im allgemeinen Bestand der UBFU vorhanden) und Matthias Wesenbeck, 1531 – 1586, (in der FU nichts vorhanden). In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts sind es Christoph Besold192, 1577 – 1638, (5 Titel im Dissertationenbestand, eine deutsche Übersetzung seines Werkes „Synopsis politicae doctrinae“ im Friedrich- Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin und eine Dokumentensammlung zur Ge- schichte Württemberger Klöster im allgemeinen Bestand der UBFU), sowie Arnold Vinni-

188 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 68 und S. 81, ADB Bd 4 (1876), S. 25 189 Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 723 und S.-L. 2, Text, S. 56, ADB, Bd 4 (1876), S. 11 190 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 100, ADB Bd 4 (1876), S. 20 191 Heger, Martin: Recht im „Alten Reich“ – der Usus modernus. In: Zeitschrift für das juristische Studium – www.zjs-online.com, S. 28 – 39 (29-31) 192 1636 Professor für Codex und für öffentliches Recht in Ingolstadt, vgl. Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 692ff

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 39 us193, 1588 – 1657, (3 Dissertationen und eine deutsch-lateinische Ausgabe eines Institutio- nenkommentars zum Schuldrecht im Lesesaal der UBFU).

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts führt das theoretisch-praktische Vorgehen zu einer starken Verschmelzung römischer und deutscher Rechtsgedanken im Usus modernus pan- dectarum im engeren Sinne194. Ein deutsches Rechtbewusstsein erwacht, das Corpus iuris gilt nicht mehr als unwiderlegbar, sondern nur noch als Gewohnheit (usus). Der Usus modernus pandectarum im engeren Sinne wird zu einer Epoche des deutschen Rechts im 17. und 18. Jahrhundert195.

Als Vertreter dieser Entwicklung sind zu nennen:

Brunnemann, Johann196. 1608 – 1672. (27 Titel). B. studierte zunächst Theologie und Phi- losophie und wurde Professor der Logik. Dann wechselte er zur Rechtswissenschaft und wur- de 1638 zum Dr. iur. promoviert. 1640 wurde er in Frankfurt/Oder ordentlicher Professor der Institutionen, 1645 der Pandekten, 1646 des Codex und 1653 der Dekretalen. Ihm war eine religiöse Gesinnung zueigen. Für ihn war der Landesherr (damals der Große Kurfürst) letzte Instanz in Lehrstreitigkeiten. Zeit seines Lebens hatte er Streitigkeiten mit Benedikt Carpzov II.

Mevius, David197. 1609 – 1670. Von M. selbst findet sich nichts in der Dissertationen- sammlung; in zwei Schriften, einer von Georg Beseler, einer von Nicolaus von Lyncker, wird von ihm und seinem Werk gehandelt. M. hat erst Theologie, dann Rechtswissenschaften in Greifswald und Rostock studiert. 1631 musste er wegen eines Konflikts zwischen der Univer- sität Rostock und der kaiserlichen Besatzung nach Kopenhagen fliehen, ab 1633 machte er eine Studienreise durch Westeuropa. 1635 kehrte er nach Greifswald zurück und wurde zum Dr. iur. promoviert. 1636 wurde er Professor in Greifswald, 1638 übernahm er die Stelle des Syndikus der Stadt Stralsund, die er 15 Jahre lang bekleidete. Im allgemeinen Bestand der UBFU befinden sich seine Publikationen „Commentarii in Jus Lubecense Libri Quinque“ in 4. Auflage von 1700, „Decisiones super causis praecipuis ad praedictum tribunal regium dela- tis“ in 7. Auflage von 1740 und die von Otto Philipp Zaunschliffer 1717 herausgegebenen „Consilia posthuma“. Dabei handelt es sich um Entscheidungen des Wismarer Gerichtshofs für die schwedischen Besitzungen im Deutschen Reich, dessen Vizepräsident Mevius war, in chronologischer Reihenfolge. Mevius hat sich intensiv mit dem Naturrecht beschäftigt, die Arbeit an einem System des Naturrechts ist unvollendet geblieben. Er stand auf dem Boden des usus modernus pandectarum198.

Lauterbach, Wolfgang Adam199. 1618 – 1678. (96 Titel). Ab 1636 studierte er in Jena und Leipzig Jura. 1647 wurde er in Tübingen zum Dr. iur. promoviert, 1648 erhielt er dort einen Lehrstuhl für Pandekten. 1657 wurde er Beisitzer am Hofgericht. Er war einer der bedeu- tendsten Juristen des usus modernus pandectarum und der Süddeutschen Schule. Über 100 Dissertationen sind unter seinem Vorsitz nachgewiesen. Er war ein beliebter und angesehener Lehrer des ius commune. Sein bekanntestes Werk: „Compendium iuris brevissimis verbis, sed

193 1633 Professor extraordinarius Institutionum in Leiden, vgl. Stintzing-Landsberg, 1. Abt., S. 357 194 Vgl: auch Dulckeit, Römische Rechtsgeschichte, S. 257 195 a.a.O. und Heger, Martin: Recht im „Alten Reich“ – der Usus modernus.. In: Zeitschrift für das juristische Studium – www.zjs-online.com, S. 28 – 39. (S. 32) 196 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., 101ff . 197 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 112ff 198 www.koeblergerhard.de/DavidMevius.htm 199 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 139ff

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 40 amplissimo sensu & allegationibus, universam fere materiam iuris exhibens...“ in erneuerter Auflage von 1707, wurde nicht von ihm, sondern von seinem Schüler Johann Jacob Schütz herausgegeben. Es ist im allgemeinen Bestand der UBFU vorhanden.

Struve, Georg Adam200. 1619 – 1692. (160 Titel). Ab 1636 studierte S. Philosophie, Ge- schichte und Jura erst in Jena, dann in Helmstedt. 1645 wurde er Beisitzer am Schöppenstuhl in Halle, 1646 Doktor der Rechte. Dann war er Rechtslehrer in Jena, 1647 wurde er Beisitzer am Hofgericht. Später war er Hofrat in . Struve gehörte ebenfalls zu den wichtigsten Juristen des usus modernus pandectarum. Seine Schrift „Syntagma iuris feudalis“ befindet sich in der UBFU. Sein wichtigstes Werk „Jurisprudentia Romano-Germanica forensis“ er- schien zwischen 1670 und 1771 teils mit Ergänzungen von namhaften Juristen in 31 Aufla- gen. Es war ein Standardwerk für Studenten und fertige Juristen. In der Staatsbibliothek Pr. K. sind mehrere Ausgaben vorhanden in der FU findet sich keine.

Bardili, Burckhard201. 1629 – 1692. (33 Titel). B. studierte Rechtswissenschaft in Tübingen und war dort Schüler von W. A. Lauterbach (oben S. 39). 1653 wurde er ao., 1655 ordentli- cher Professor der Rechte in Tübingen, 1660 Rat und Hofgerichtsassessor. Zusammen mit Lauterbach hat er öffentlich verteidigte Conclusiones zu den ersten 17 Büchern der Pandekten herausgebracht. Außerdem erarbeitete Bardili ab 1663 die Conclusiones zu den Büchern 26 bis 50 und nach seiner Berufung nach Stuttgart 1676 auf Wunsch des württembergischen Ho- fes die Conclusiones zu den Büchern 18 - 25 der Pandekten. Er stellte das Ganze zu dem Werk „Conclusiones theoretico-practicae ad Pandectas“, das kurz vor seinem Tode 1692 in Tübingen erschien, zusammen. Die Conclusiones sind im Dissertationenbestand nicht vertre- ten.

Stryk, Samuel202. 1640 – 1710. (268 Titel). S. studierte ab 1658 an der philosophischen Fa- kultät in Wittenberg. Von der Theologie wechselte er zu Jura und blieb zunächst weiter in Wittenberg, ab 1661 studierte er in Frankfurt/Oder weiter. Nach einer Bildungsreise wurde er 1665 in Frankfurt/Oder zum Dr. iur. promoviert. 1666 wird Stryk Professor in Frankfurt an der Oder. Zunächst behandelte er als außerordentlicher Professor die Novellen, 1668 wurde er ordentlicher Professor der Institutionen. 1672 übernahm er nach dem Tod seines Schwieger- vaters Brunnemann dessen Professur der Pandekten, 1680 wurde er Professor des Codex. 1690 wird er Professor in Wittenberg, 1692 wird er anlässlich der Errichtung der neuen Uni- versität in Halle als Professor primarius dorthin berufen. Zu seiner Zeit war er der berühmtes- te Jurist im Reich203. Er wird von Leopold I zum Pfalzgrafen ernannt und wirkt als Oberappel- lationsrat in Dresden. Stryk hat viele Gutachten erstellt und ein großes Gesamtwerk hinterlas- sen. Die Strafbarkeit der Ketzerei hat er verneint. Sein wichtigstes Werk ist „Specimen usus moderni pandectarum“, Halle, 1728 - 30 (im allgemeinen Bestand der UBFU vorhanden). Die Schrift stellt das durch Naturrecht und einheimischen Gebrauch veränderte römische Recht unter starker Berücksichtigung der deutschen Rechtsquellen dar. Sie führt damit die Arbeit von Struve und Lauterbach weiter und wird schließlich zum Gipfelpunkt der Entwicklung des usus modernus.

Außer in anderem Zusammenhang erwähnten Juristen wie Benededikt Carpzov II (oben S. 37), Hermann Conring (oben S. 37), David Mevius (oben S. 39) und Justus Henning Böhmer (unten S. 57) sind ergänzend einige Jenaer Rechtsgelehrte zu nennen:

200 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 146ff 201 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 142, Anm. 1 202 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 64ff 203 Kleinheyer/Schröder: Deutsche Juristen, S 276

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 41

Bechmann, Johann Volkmar204. 1624 – 1689. (117 Titel). Zwar sind zahlreiche Dissertati- onen von B. vorhanden, trotzdem ist über ihn nur wenig Biographisches zu finden. Er studier- te in Jena, Wittenberg und Helmstedt u. a. bei G. A. Struve. 1624 wurde er in Jena promoviert und wurde dort Professor iuris, sächsischer Rat und Schöffe.

Beier (Beyer), Adrian205. 1634 – 1698. (79 Titel). B. studierte in Jena, Leipzig, Wittenberg, Rostock und Leyden, 1670 wurde er Hofgerichtsadvokat, 1678 Syndikus der Stadt Jena. Ab 1690 war er ao. Professor in Jena, ab 1693 Professor der Pandekten, außerdem Assessor am Hofgericht. Neben dem gemeinen Recht hat er sich besonders mit dem Handwerksrecht be- schäftigt.

Müller, Peter206. 1640 – 1696. (236 Titel). M. studierte in Jena, Gießen, Erfurt und Helm- stedt. In Helmstedt wurde er zum Dr. iur. promoviert. Zunächst wurde er Syndikus in Bleiche- rode, dann Hofrat in Stolberg. Von Stolberg ging er als Professor des römischen, des Lehn- und des Staatsrechts nach Jena. Außerdem berief man ihn zum Beisitzer des Hofgerichts und des Schöppenstuhls. 1693 wurde er Hochgräflicher Reußischer Kanzler. Er hat eine große Zahl wertvoller Schriften veröffentlicht.

8.2 Sonstige

Riemer, Valentin207. 1582 – 1655. (22 Titel). R. studierte in Leipzig, Marburg und Gießen. 1614 wurde er in Jena zum Doktor beider Rechte promoviert und erhielt dort 1616 eine Pro- fessur für Poesie und Geschichte, 1619 eine Professur für die Rechtswissenschaft.

Oldekop, Justus208. 1597 – 1667. (2 Titel). O. war Advokat in Braunschweig. Er hat sich insbesondere mit der Strafjustiz befasst (vgl. „Observationes criminales practicae“, in der Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden) und für eine Verbesserung gefochten. Vor allem hat er gegen Hexenprozesse gekämpft. Er wandte sich gegen Carpzov, der für eine Verschärfung der Hexenverfolgung stand.

Richter, Christoph Philipp209. 1602 – 1673. (45 Titel). R. studierte in Jena und in Altdorf. 1730 wurde er in Jena Doktor der Rechte, 1731 Hofgerichtsadvokat, 1637 Professor und 1659 Ordinarius.

Tabor, Johann Otto210. 1604 – 1674. (12 Titel). Ab 1620 studierte er zunächst an der Uni- versität Leipzig und setzte dann sein Studium in Wittenberg und in Jena fort. 1631 wurde er zum Dr. iur. promoviert. Um 1634 wurde er Professor in Straßburg, um 1659 in Gießen. Er wandte sich gegen Grotius und Conring wegen deren Neuerungen, von denen er eine Erschüt- terung des gesamten Rechtszustandes befürchtete.

Rebhan, Johann211. 1604 – 1689. (18 Titel). R. studierte zunächst Theologie, dann Rechts- wissenschaft in Jena, Altdorf und Straßburg. In Straßburg wurde er erst Professor der

204 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 267, Zedler, Bd 3 (1733) S. 449? 205 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 156, NDB Band 2 (1955) S. 18f 206 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S: 27, 156; Zedler, Band Sp. 260ff 207 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 262 208 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S.221ff 209 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S.150 210 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 226ff 211 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 7, Noten, S. 4, 62; WBIS DBA Teil 1, S. 220: Jöcher:

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 42

Institutionen, später des Codex und des Lehnrechts. Außerdem bekleidete er dort das Amt des Propstes der Thomaskirche.

Hahn, Heinrich212. 1605 – 1668. (92 Titel). Seine wichtigste Dissertation „De ivre rervm et jvris in re speciebvs harvmqve divisionibvs in genere, praeside Johann Thomas Cludius“ ist im Dissertationenbestand vorhanden. Hahn hat sich intensiv mit der Unterscheidung des ius in re vom ius ad rem befasst. Die herrschende Begeisterung für das Naturrecht und das einhei- mische Recht hat er kritisch gesehen. Hahn war ein beliebter Rechtslehrer in Helmstedt. Er hat hauptsächlich Dissertationen veröffentlicht.

Strauch, Johann213. 1612 – 1679. (60 Titel). S. war ordentlicher Professor in Jena, später in Gießen. Für seine Privatkollegien hat er Dissertationen ausgearbeitet, die in ihrer Gesamtheit ein zusammenhängendes Ganzes des römischen Privatrechts nach der Institutionenordnung darstellen. Es handelt dabei nicht um Untersuchungen, sondern um kurze Lehrsätze mit Quel- len und Literaturangaben. Außerdem hat er Schriften zum Staatsrecht und Kirchenrecht (hier allerdings nur wenige), sowie über deutsche und römische Altertümer und mehrere Dissertati- onen zu Tacitus’ „Germania“ veröffentlicht.

Eichel (von Rautenkron), Johannes 214. 1621 – 1688. (31 Titel). E. studierte in Helmstedt, Leiden, Erdningen und Löwen. 1649 kehrte er nach Helmstedt zurück, hielt dort juristische Vorlesungen, wurde promoviert und zum ordentlichen Professor der Moral und zum ao. Pro- fessor des Rechts ernannt. Ab 1655 war er ordentlicher Professor des Rechts, Beisitzer an der juristischen Fakultät und am Hohen Gericht in Wolfenbüttel. 1657 wurde er Sachsen- Lauenburgischer Vizekanzler und Konsistorialrat.

Eckolt, Amadeus215. 1623 -1668. (10 Titel). E. studierte in Tübingen und in Leipzig. In Leipzig wurde er zum Dr. iur. promoviert und wurde Professor der Rechte, Beisitzer des Oberhofgerichts, des Schöppenstuhls und der Juristenfakultät.

Glaeser, Enoch216. 1628 – 1668. G. studierte ab 1646 in Wittenberg Geschichte, Philosophie und Recht. 1649 ging er nach Helmstedt und setzte dort sein juristisches Studium bei Hahn, Mehlbohm und Werner fort. Anschließend reiste er nach Altdorf, Tübingen und zum Reichs- tag nach Regensburg, hielt sich einige Zeit in Basel und Speyer auf und kehrte 1656 nach Helmstedt zurück. Hier hielt er Privatvorlesungen und wurde 1658 ao. Professor der Rechte. 1659 wurde er zum Dr. iuris utriusque promoviert und bald darauf zum ordentlichen Professor ernannt.

Eyben, Hulderich217. 1629 – 1699. (12 Titel). 1655 wurde E. Professor in Gießen, 1669 er- folgte eine Berufung nach Helmstedt, ab 1678 war er Assessor am Reichskammergericht. Er zählt zu den bedeutenden Rechtswissenschaftlern des 17. Jahrhunderts. Seine Hochschul- schriften sind thematisch weit gefächert.

Gelehrten-Lexicon. Bd 3. 1751 212 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 230ff 213 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 232ff 214 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 231; WBIS DBA, Teil 3, S. 157: Killy [Hrsg.]: Enzyklopaedie. Bd 3. 1996 215 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 13; WBIS DBA Teil 1, S. 262: Jöcher, Bd 2. 1750 216 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 231; WBIS, BDA; Teil 1, S. 117f: Peuker, Johann Georg: Kurze biographische Nachrichten der vornehmsten schlesischen Gelehrten. 1788 217 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 252ff

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 43

Mauritius, Erich218. 1631 –1691. (11 Titel). 1660 wurde M. Professor für Staats- und Lehn- recht in Tübingen, später Professor in Kiel und Beisitzer am Reichskammergericht. Er war Polyhistor, beherrschte aber auch alle Zweige der Rechtswissenschaft. Er beschäftigte sich mit der Geschichte des römischen Rechts und folgte den Erkenntnissen Conrings. Im Straf- recht teilte er die Meinung Carpzovs zum Hexenwesen, dessen Realität er zu beweisen sucht, und zur Folter. Aus seinem staatsrechtlichen Wirken ist zu erwähnen die im Dissertationenbe- stand in mehreren Ausgaben vorhandene Schrift „De Imperii recessibus“.

Kulpis, Johann Georg219. 1652 – 1698. (4 Titel). Er war Professor für Institutionen und Staatsrecht in Straßburg. In seinen Schriften hat er vorwiegend das öffentliche Recht behan- delt. Dem römischen Recht erkannte er nur eine subsidiäre Geltung zu. Die Rechtsnatur des Deutschen Reiches erörtert er in seiner Schrift „In Severini de Monzambano de statu imperii Germanici librum Commentationes academicae“ von 1682 (in der UBFU vorhanden), einem Kommentar zu der damals noch anonymen Schrift Pufendorfs (ebenfalls in der UBFU vor- handen). Kulpis benutzt die Schrift als Leitfaden für die Darstellung des Staatsrechts des Deutschen Reiches, wobei er einleitend die Frage nach dem damals noch unbekannten Autor, also Pufendorf, erörtert.

Brückner (Bruckner), Georg Heinrich220. 1652 – 1700. (11 Titel). B. war ab 1676 Dozent, ab 1678 ao. und dann ordentlicher Professor an der Universität Erfurt.

Zaunschliffer, Otto Philipp221. 1653 – 1729. (9 Titel) Z. studierte Rechtswissenschaft in Herborn, Marburg und Jena. 1682 wurde er Professor der Eloquenz und Geschichte sowie Syndikus in Marburg. 1683 wurde er ao., 1684 ordentlicher Professor der Rechte. 1686 wurde er zum Dr. iuris utriusque in Heidelberg promoviert. Er trat für die strikte Anwendung des römischen Rechts ein und war ein dezidierter Gegner des usus modernus pandectarum. Als scharfer Kritiker von Mevius hat er die Schrift „Specimen antinomiarium ex decisionibus Mevianis...“ von 1696 (in der Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden) gegen Mevius’ „Decisio- nes...“ (diese sind in der UBFU vorhanden) verfasst. Gegen Zaunschliffers Kritik wendet sich die Schrift von Lyncker/Scharnhorst (auch Scharenhorst) „ Experimentum conciliationis Enantiophanon in decisiones Mevianis.“ Jena 1694 (in der UBFU vorhanden). Die angeblich von Goethe stammende „Opizii Jocoserii Dissertatio iuridica, de eo quod iustum est circa spi- ritus familiares feminarum hoc est pulices. s.l. (VD 17: Liberovadi=Marburg) 1684“, die spä- ter unter dem Titel „Juristische Abhandlung über die Flöhe (de pulicibus)“ erschien, wurde von Zaunschliffer verfasst. Damit wollte er den usus modernus lächerlich machen.

Hoppe, Joachim222. 1656 – 1712. (21 Titel). H. studierte in Frankfurt/Oder vor allem bei Sa- muel Stryk und Johann Brunnemann. Er unternahm eine Studienreise nach Franeker und Oxford. 1681 wurde er zum Dr. iuris utriusque promoviert. Er wurde 1682 Professor für Rechtswissenschaft und Geschichte an das Gymnasium in Danzig berufen. Er war dort der erste Vertreter der neuen rechtwissenschaftlichen Bewegung, die an die Stelle der starren In- terpretationsmethoden der Institutionen die neue Lehrweise des hodius modernus unter Ein- beziehung deutschrechtlicher Elemente setzte. In der Einschränkung des Geltungsbereichs des

218 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 238ff 219 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 244ff 220 www.koeblergerhard.de/Rechtsfakultäten/Erfurt104.htm; Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text S. 36, Noten S. 16 221 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 122 222 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 103; WBIS BDA Teil 2, S. 263f: Krollmann, Christian (Hrsg.): Altpreußische Biographie. Bd 1. 1941

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 44 gemeinen Rechts ging er über Stryk hinaus. 1688 wurde er Syndikus, 1708 Bürgermeister in Danzig.

Klein, Johann223. 1659 – 1732. (15 Titel). K. studierte zunächst in Frankfurt/Oder und in Königsberg. 1683 ging er nach Kiel und kehrte 1684 in seine Vaterstadt Rostock zurück. Hier wurde er zunächst Lizentiat und 1686 Doktor der Rechte, um sich dann der akademischen Laufbahn zu widmen. Er wurde zunächst Professor der Rechte und Konsistorialrat in Rostock, dann aber vom Mecklenburger Herzog als Direktor der Justizkanzlei in Schwerin und Rostock berufen. Er wurde Kanzleirat, dann Direktor der Justizkanzlei und 1704 Minister. 1709 erhob ihn sein Herzog zum Kanzler in Schwerin.

Floercke, Heinrich Ernst224. 1660 – 1741. (5 Titel). F. war Schwiegersohn von Georg Adam Struve (oben S. 40), dessen „Jurisprudentia“ er ins Deutsche übersetzte. Er wurde 1689 in Jena zum Dr. iur. promoviert und wurde Privatdozent und Hofgerichtsadvokat. 1704 berief man ihn zum Syndikus des Magdeburger Domkapitels.

Brunnemann, Jakob225. 1674 – 1735. Neffe von Johann Brunnemann (oben S. 39). (16 Ti- tel). B. studierte bei seinem Onkel und bei Thomasius. Er wurde 1701 ao. Professor in Halle, gab aber 1704 die akademische Laufbahn auf, um in seine Heimatstadt Colberg zurückzukeh- ren, wo er Mitglied des Schöppenstuhls (erst Beisitzer, später Direktor) und Syndikus der pommerschen Landstände wurde. Unter dem Pseudonym Aloysius Charitinus verfasste er 1708 eine Schrift gegen den Hexenwahn mit dem Titel „Diskurs von betrüglichen Kennzei- chen der Zauberei“ (Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden).

Hartung, Johann Christoph226. Geburtsjahr nicht ermittelt – 1695. (22 Titel). H. studierte in Jena, wurde dort Magister und 1681 Doktor der Rechte.

9 Vom 17. zum 18. Jahrhundert

In dieser Zeit erfolgt eine Wendung von der scholastisch-romanistischen Rechtslehre zu einer Rechtsauffassung, die unter dem Einfluß von Grotius, Pufendorf, Conring, Leibniz u. a. ge- prägt ist von germanistischen, naturrechtlichen und aufklärerischen Gedanken227. Im Zivil- recht spielen einheimisches Quellenmaterial, Billigkeitserwägungen und die Berücksichtigung der tatsächlichen Lebensverhältnisse eine größere Rolle, im Staatsrecht bildet sich die Territo- rialhoheit zur Allmacht aus, im Strafrecht kommt es zu humaneren Entwicklungen, insbeson- dere hinsichtlich der Folter und des Hexenwesens. In das Kirchenrecht wird das Territorial- prinzip aufgenommen und im Prozessrecht wird Vereinfachung und Beschleunigung ange- strebt. Im akademischen Unterricht dienen zunehmend Leitfäden und Lehrbücher als Grund- lage der Vorlesungen228.

223 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 144; WBIS BDA Teil 1, S. 197: Stepf, Johann Heinrich: Gallerie… Bd 4. 1825 224 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 156 f 225 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten S. 41 226 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 102; WBIS BDA Teil 1 S. 142f: Jöcher/Adelung. Bd 2. 1787 227 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 32f 228 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 33f

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 45

9.1 Allgemein

Thomasius, Jacob229. 1622 – 1684. Vater von Christian Thomasius (unten S. 52). (9 Titel). T. besuchte das Gymnasium in Gera und studierte dann in Wittenberg. 1643 wurde er Magis- ter der Philosophie in Leipzig, 1653 Professor der Moralphilosophie und später auch der Rhe- torik. Als Rektor der Thomasschule war er Lehrer von Leibniz. Im Zentrum seiner Arbeit steht die Philosophiegeschichte. Er ist Vertreter eines späten Aristotelismus.

Schwendendörffer, Bartholomaeus Leonhard230. 1631 – 1705. (66 Titel). S. studierte in Jena und Leipzig. 1656 wurde er zum Dr. iur. promoviert. Im selben Jahr wurde er Professor der Institutionen, 1669 der Pandekten und des Codex in Leipzig und Beisitzer am Oberhofge- richt. Er war hauptsächlich auf prozessualem Gebiet tätig.

Born, Jakob231. 1638 – 1709. (15 Titel). B. studierte in Leipzig, Jena, Straßburg und an nie- derländischen Akademien. 1663 wurde er zum Doktor der Rechte in Leipzig promoviert. 1665 wurde er dort Beisitzer und 1681 Senior am Schöppenstuhl. Ab 1672 war er auch Bei- sitzer am Oberhofgericht in Leipzig, ab 1676 Mitglied des Appellationsgerichts in Dresden. und ab 1679 Bürgermeister in Leipzig. An der Juristenfakultät wurde er 1669 Assessor, später Professor der Dekretalen, 1681 Ordinarius.

Bode (Bodinus), Heinrich232. 1652 – 1720. (107 Titel). B. studierte Rechtswissenschaft und erwarb 1673 das Lizentiat in Helmstedt. Nach juristischer Praxis, einer Reise in die Nieder- lande und Vorlesungstätigkeit wurde er Professor der Rechte, zunächst 1682 in Rinteln, 1693 in Halle. 1694 wurde er Konsistorialrat. Er hat sich mit allen Gebieten des Rechts beschäftigt.

Brückner, Wilhelm Hieronymus233. 1656 – 1736. (77 Titel). B. studierte ab 1676 zunächst Theologie, dann Rechtswissenschaft in Jena. 1684 wurde er dort zum Dr. iur promoviert und erhielt eine ao. Professur in Erfurt. 1690 kam er wieder nach Jena und wurde zunächst Profes- sor der Institutionen, 1694 ordentlicher Professor der Pandekten und Hofgerichts- und Schöp- penstuhlassessor.

Barthold(i), Friedrich Jakob234. 1659 – 1692. (10 Titel). B. studierte in Stettin und Frank- furt/Oder. In Frankfurt wurde er 1681 zum Dr. iur. promoviert und dort 1682 zum ao. Profes- sor berufen. Ab 1683 bereiste er Frankreich, Holland und Deutschland. Er starb kurz nach seiner Rückkehr nach Frankfurt/Oder im Jahre 1692.

Schoepffer, Johann Joachim235. 1661 – 1719. (53 Titel). Ab 1680 studierte S. in Jena und Frankfurt/Oder. 1683 wurde er in Frankfurt/Oder Lizentiat, 1787 ao. Professor, 1688 Doktor der Rechte. 1693 wurde er in Rostock Professor des Codex, Beisitzer des Konsistoriums und 1707 Vizedirektor der Justizkanzlei. Ab 1712 war er Professor des Codex in Kiel, 1714 wie- der Rechtslehrer in Rostock, außerdem dort Kanzleidirektor und Konsistorialpräsident. 1719

229 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 149, Noten, S. 46f. WBIS DBA Teil 3, S. 33f: Killy, Walter (Hrsg.): Literatur-Lexikon. Bd 11. 1988-1992. 230 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 34 231 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 34, Noten, S. 14; WBIS, DBA, Teil 1, S. 436f: Jöcher, 1. 1750 232 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 36; Noten, S. 17; WBIS, DBA, Teil 1, S. 226ff: Jöcher, Bd 1 1750 233 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 105; WBIS, DBA, Teil1, S. 301ff: Jöcher 1. 1750 234 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 21; WBIS, DBA, Teil 1, S. 361: Jöcher, Bd 1. 1750 235 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 55

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 46 wurde er in Folge politischer Umstände aller Ämter enthoben. Das von S. herausgegebene Werk „Synopsis iuris privati Romani et forensis, in qua solida jurisprudentiae fundamenta … exhibentur“, das in Vorlesungen viel benutzt wurde, ist in der Staatsbibliothek Pr. K. in meh- reren Ausgaben vorhanden.

Rivinus, Johann Florens236. 1681 – 1755. (47 Titel). R. studierte in Leipzig und Wittenberg, 1701 wurde er Dr. iur. in Utrecht. Nacheinander wurde er Professor der Institutionen, der Pandekten und des Codex in Leipzig.

Rivinus, Andreas Florens237. 1701 – 1761. (49 Titel). Er studierte ab 1718 in Leipzig, wurde 1721 Mag. phil. und 1726 Dr. iur. in Utrecht. In Leipzig war er dann Advokat am Oberhofge- richt und Armenanwalt. Ab 1739 wurde er in Wittenberg Professor für Institutionen, ab 1745 für Digesten. Er war Beisitzer am Schöppenstuhl und am Hofgericht.

Schrag, Friedrich238. Geburtsjahr unbekannt – 1718. (7 Titel). S. wurde in Straßburg geboren und wurde dort 1669 promoviert. Seit 1678 (1679?) war er in Straßburg ordentlicher Profes- sor: zunächst der Institutionen, ab 1687 der Pandekten, ab 1690 des kanonischen Rechts. Nach der Annexion Straßburgs durch Frankreich nahm er das jus emigrandi in Anspruch, gab seinen Lehrstuhl auf und wurde vom Schwäbischen Kreis als Kammergerichtsassessor nomi- niert. Als solcher hat er auch den Stillstand des Reichskammergerichts von 1704 – 1711 über- dauert.

9.2 Grundlegung des Naturrechts

Das Vorwort Ernst Landsbergs im Halbband 1 des 3. Abschnitts der “Geschichte der deut- schen Rechtswissenschaft“ erläutert, dass R. Stintzing in den Abteilungen 1 und 2 nur Gelehr- te behandelt, die bis einschließlich 1700 verstorben sind, auch wenn nach diesem Zeitpunkt Verstorbene noch so wichtige Werke im 17. Jahrhundert verfasst haben. Außerdem wurde die naturrechtliche Entwicklung ausgeklammert. Sie sollte in einem späteren Band behandelt werden239. Landsberg, der nach Stintzings Tode dessen „Geschichte der deutschen Rechtswis- senschaft“ fortgeführt hat, behandelt deshalb die Naturrechtswissenschaft im ersten Halbband der dritten Abteilung des Werks auf den Seiten 1ff. Die wichtigsten Vertreter sind Grotius und Pufendorf.

Grotius, Hugo240. 1583 – 1645. Der Dissertationenbestand enthält keine Schriften von Groti- us, wohl aber 15 Titel über ihn (einer davon gleichzeitig über Pufendorf). Grotius gilt als „Va- ter des Völkerrechts und des Naturrechts“. Auf seinem erstem Werk „De jure praedae“, baute seine berühmte Schrift „De jure belli ac pacis“ auf, ein naturrechtliches Werk, das das Völker- recht in Krieg und Frieden und Rechtsverhältnisse zwischen Einzelpersonen zum Gegenstand hat. Beide Werke sind neben vielen anderen Schriften von Grotius im allgemeinen Bestand der UBFU vorhanden.

Pufendorf, Samuel241. 1632 – 1694. Im Dissertationenbestand sind 2 Titel vorhanden, in de- nen von M. Omeis und H. E. Kestner jeweils ein Abschnitt aus Samuel Pufendorfs Werk „De

236 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 157 237 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 111, 157 238 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text; S. 34, Noten, S. 14f 239 Vgl. Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, Vorwort, S. V 240 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 1ff 241 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 11ff

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 47 officio hominis et civis juxta legem naturalem“242 behandelt werden. Im allgemeinen Bestand der UBFU sind eine Werkausgabe und zahlreiche einzelne Titel Pufendorfs vorhanden.

Rachel, Samuel243. 1628 – 1691. (11 Titel). Ab 1648 studierte R. in Rostock erst Philosophie und Theologie, dann Geschichte und Recht. Diese Studien setzte er ab 1651 in Leipzig und Jena fort. Danach war er Lehrer in Bordesholm. In Helmstedt hat er Staatsrechtsvorlesungen gehört. 1658 wurde er Professor für Moralphilosophie in Helmstedt, seit 1665 war er Prof. iur. nat. et gent. in Kiel. Mit seiner „Disquisitio philosophica de poenis“ (im Dissertationen- bestand vorhanden) wurde er 1666 zum Dr. iur. promoviert. Bei der Begründung des Natur- rechts hat er sich auf Aristoteles gestützt. Er war Kenner des römischen Rechts und hat Staats- recht, Naturrecht und Völkerrecht gelehrt. Eine Sammlung seiner Dissertationen findet sich in „De jure naturae et gentium dissertationes“, hrsg. von Ludwig von Bar. Die Sammlung ist in einer Ausgabe des Carnegie Inst. of Washington von 1916 mit dem Nebentitel „Dissertations on the law of nature and of nations“ in der UBFU vorhanden.

Schmi(e)del, Johannes244. 1635 – 1672. (8 Titel). S. studierte in Leipzig und Wittenberg und erwarb in Leipzig den Magistergrad. Dann ging er als Hofmeister mit zwei jungen Edelleuten nach Jena, um deren Studium zu begleiten und hielt dort auch Disputationen als Präses. 1662 ging er nach Erfurt und war dort als Privatlehrer und Advokat tätig, 1664 wurde er in Jena zum Dr. iur. promoviert. 1667 wurde er in Erfurt ao. Professor der Rechtswissenschaft, bald darauf Assessor an der Juristenfakultät und 1669 ordentlicher Professor der Rechte.

Caroc, Alexander245. 1643 – 1711 (1713?). (7 Titel). C. studierte in Leipzig, Rostock, Greifswald, Tübingen und Regensburg. Ab 1673 war er ao. Professor, 1674 erfolgte seine Promotion. 1678 wurde er ordentlicher Professor der Rechte und 1680 auch Professor für Be- redsamkeit in Greifswald. 1684 wurde er Assessor am Pommerschen Hofgericht, 1696 Rat der mecklenburgischen Herzöge in Güstrow.

Eisenhart, Johann246. 1643 – 1707. (22 Titel). E. studierte in Helmstedt, wurde dort 1671 zum Dr. phil., 1675 zum Dr. iur. promoviert. Anschließend war er Professor iuris extraordina- rius, dann Professor Historiarum et Poeseos und Professor Moralium. 1688 wurde er ordentli- cher Professor der Institutionen, 1695 der Pandekten und 1705 des Codex. E. machte sich vor allem als naturrechtlicher Autor einen Namen.

Tesmar, Johannes247. 1643 – 1693. (17 Titel). T. studierte in Groningen und in Frank- furt/Oder. 1668 erhielt er eine Professur der Rechte und der Beredsamkeit am akademischen Gymnasium in Steinfurt. Zuvor machte er eine ausgedehnte Reise, die ihn nach Straßburg, in die Schweiz und nach Frankreich führte, wobei er in Orleans den juristischen Doktortitel er- warb. Ab 1670 war er zunächst für den Grafen von Steinfurt, dann für den Kurfürsten Fried- rich Wilhelm von Brandenburg in familiären und diplomatischen Missionen tätig. 1674 berief ihn die hessische Landgräfin Hedwig Sophia als ordentlichen Professor der Rechte nach Mar- burg, wo er bis zu seinem Tode blieb und die oberste Stufe an der Juristenfakultät erreichte.

242 Im Original und in deutscher und englischer Übersetzung in der UBFU vorhanden 243 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 37ff 244 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 36, Noten, S.16; WBIS BDA Teil 1, S. 324: Jöcher. Bd 4. 1751 245 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 35; Noten, S. 15; WBIS BDA Teil 1, S. 11: Jöcher. Bd 1. 1750 246 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text S. 35f, Noten S. 15f 247 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 16. WBIS DBA Teil 3, S. 337: Gundlach, Franz [Bearb.]: Catalogus Professorum Academiae Marburgensis. 1927

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 48

Pauli, Theodor248. 1648 – 1716. (15 Titel). P. studierte in Greifswald und Frankfurt/Oder Rechtswissenschaft. Dann begleitete er einen jungen Grafen auf einer Reise, die ihn unter anderen zu den Universitäten Wittenberg, Leipzig und Jena führte. Er kehrte dann nach Frankfurt/Oder zurück und wurde hier 1672 zum Doktor der Rechte promoviert. 1673 ging er nach Königsberg und wurde dort zunächst ao. Professor, 1678 ordentlicher und 1681 Erster Professor an der juristischen Fakultät. Er war mehrmals Rektor der Universität. 1697 wurde er Präses am Kriminalgericht und 1703 Rat am Appellationsgericht.

Musaeus, Simon Heinrich249. 1655 – 1711. (12 Titel). M. studierte Rechtswissenschaft in Kiel, Jena und Gießen. In Gießen erwarb er 1680 das Lizentiat. In Kiel wurde er 1682 ao. Professor, 1684 erhielt er die Doktorwürde. Er folgte auf Rachel als Prof. rer. iur. nat. et gen- tium. Später wurde er auch Professor für Bürgerliches Recht.

Werlhof, Johann250. 1660 – 1711. (24 Titel). W. studierte zunächst in Helmstedt und besuch- te dann die Universitäten in Straßburg, Basel, Genf, Paris und Orleans. In Orleans erwarb er 1682 das juristische Lizentiat. 1686 wurde er Conrings Nachfolger als Professor der Politik in Helmstedt. Dieses Amt trat er an mit der „Oratio de civilium studiorum sobria et ad genium seculi accomodata cultura“ (im Dissertationenbestand vorhanden). 1696 wurde er Professor der Institutionen und des Strafrechts, 1702 Professor des Codex und Hofrat. Er machte sich als Grotianer und Publizist einen Namen.

Stein, Johann251. 1661 – 1725. (10 Titel). S. studierte in Rostock und in Greifswald. 1683 ging er nach Königsberg und wurde dort 1690 zum Dr. beider Rechte promoviert. Er wurde dann ao. Professor und Hofgerichtsadvokat. 1694 wurde er ordentlicher Professor, 1711 sam- ländischer Konsistorialrat, 1712 Tribunals- und Konsistorialrat. 1716 wurde er Professor pri- marius und Senior der Juristenfakultät.

Rösler, Johann Eberhard252. 1663 – 1733. (5 Titel). R. studierte in Tübingen, Wittenberg, Holland und Hamburg. Nach umfangreichen Reisen wurde er 1699 ordentlicher Professor der Beredsamkeit und der Dichtkunst in Tübingen. R. war auch juristisch orientiert und hat vor allem als Professor der praktischen Philosophie (1705 – 1733) über Naturrecht gelesen.

Willenberg, Samuel Friedrich253. 1673 – 1748. (62 Titel). W. studierte ab 1686 in Frank- furt/Oder und wurde dort 1693 zum Doktor beider Rechte promoviert. 1699 wurde er ao. Pro- fessor und 1700 am Danziger Gymnasium Professor der Rechte und der Geschichte sowie Inspektor des Gymnasiums. Dort geriet er mit Theologen über die Frage der Polygamie in Streit (Im Dissertationenbestand vorhanden: „Willenberg, S. F.: De finibus polygamiae licitae Schediasma“ von 1712. W. war einer der extremsten Naturrechtsvertreter seiner Zeit.

248 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 16; ADB Bd 25 (1887) S. 275 249 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.35; Noten, S. 15, „Musaeus“ in: www.koeblergerhard.de/ unter „werwarwer“ 250 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 36, Noten, S. 16. WBIS DBA Teil 1, S. 246f: Jöcher: Gelehrten-Lexikon. Bd 4. 1751 251 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 36, Noten, S. 16f; WBIS DBA Teil 1, S. 291: Jöcher: Gelehrten-Lexikon. Bd 4. 1751 252 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S.18; WBIS DBA Teil 1, S. 428f: Jöcher: Gelehrten- Lexicon. Bd 3. 1751 253 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 19; WBIS, Teil 1, S. 209: Jöcher: Gelehrten-Lexikon. Bd 4. 1751

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 49

9.3 Staatsrecht

Boecler, Johann Heinrich, der Ältere254. 1611 – 1672. (15 Titel255). B. studierte in Tübingen und Straßburg. Er war zunächst Lateinlehrer am Gymnasium in Straßburg, dann Professor für Beredsamkeit und 1640 Canonicus an der Stiftskirche St. Thomas. 1648 wurde er Professor für Rhetorik und Politik an der Universität Uppsala. 1649 ernannte ihn Königin Christine zum Reichshistoriographen. Nach relativ kurzer Zeit kehrte er aus Gesundheitsgründen nach Straßburg zurück. Dort wirkte er als Professor der Geschichte und wurde zum Kaiserlichen Rat und Pfalzgraf ernannt. B. war auch ein bedeutender Vertreter der Altertumswissenschaf- ten. Als Polyhistor hat er sich mit Philosophie, Klassischer Philologie, Geschichte, Staatsrecht und Politik befasst. Seine pädagogischen Leistungen waren hervorragend. Er hat Grotius kommentiert und sich mit dem Wildfangrecht beschäftigt. Wegen seiner auch von Jurastuden- ten besuchten Vorlesungen über Grotius wurde er von dem Straßburger Ersten Professor der Juristenfakultät Johannes Otto Tabor (oben S. 41), der als Gegner der neuen wissenschaftli- chen Entwicklung auch Grotius, Salmasius und Conring bekämpfte, heftig angegriffen256.

Rhetius, Johann Friedrich257. 1633 – 1707. (77 Titel). R. studierte in Wittenberg und Frank- furt/Oder. 1656 erwarb er das Lizentiat der Rechte. 1660 wurde er Professor der Institutionen und Doktor der Rechte, 1673 Ordinarius der juristischen Fakultät in Frankfurt/Oder. 1682 berief ihn der Kurfürst von Brandenburg als Geheimrat nach Berlin. Er war Vorsitzender des Geheimen Justizrats und Oberkurator der Universität Halle. 1707 ist er in Berlin gestorben.

Textor, Johann Wolfgang258. 1638 – 1701. Ururgroßvater von Johann Wolfgang von Goe- the. (13 Titel). T. studierte in Jena und in Straßburg und machte sich in Speyer mit der Praxis des Reichskammergerichts bekannt. 1663 wurde er zum Doktor der Rechte in Straßburg pro- moviert. 1666 wurde er Professor der Institutionen, 1670 der Pandekten in Altdorf. 1673 wur- de er zur ersten Professur der Rechte in Heidelberg berufen. Dort war er auch Beisitzer und ab 1688 Vizepräsident des kurfürstlichen Hof- und Ehegerichts. 1690 wurde er Consulent und Syndikus der Stadt Frankfurt am Main. T. hat sich als Anhänger Pufendorfs vor allem mit Staats- und Völkerrecht beschäftigt, außerdem auch mit dem römischen und deutschen Privat- recht.

Schur(t)zfleisch, Konrad Samuel259. 1641 – 1708. (7 Titel). S. studierte ab 1657 in Gießen, wo er die Artes, Medizin und Theologie studierte. Ab 1651 setzte er sein Studium in Witten- berg fort und wurde dort 1664 Magister. Er lehrte dann an der Universität, war kurzzeitig Rektor an der Schule von Korbach und kam 1667 als Hofmeister nach Leipzig. Dort lernte er Jakob Thomasius kennen. Er kehrte nach Wittenberg zurück und veröffentlichte 1669 die sati- rische Schrift „Judicia de novissimis prudentiae civilis scriptoribus ex parnasso“ (HU vorhan- den), in der er die Autoren der Reichspublizistik nach Pufendorf kritisierte. Diese Schrift löste Empörung aus und behinderte sein akademisches Fortkommen. So wurde er erst 1674 or- dentlicher Professor der Poesie, 1678 der Geschichte und übernahm 1700 zusätzlich die Pro- fessur der Eloquenz an der Universität Wittenberg. Einen Ruf nach Helmstedt als Nachfolger Hermann Conrings lehnte er ab. 1705 wurde er Direktor der Weimarer Bibliothek von Herzog

254 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 6f; Noten S. 3f.; ADB, Bd 2 (1875), 792f 255 Darunter auch Titel von Johann Heinrich Boecler, dem Jüngeren (1679 – 1732), Enkel von J. H. B., d. Ä., vgl. WBIS, Teil 1, S. 379ff 256 Stintzing-Landsberg, 2. Abt., S. 228 257 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 21 258 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 42, Noten, S. 22 - 24 259 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 33, Noten, S.3f; WBIS, DBA Teil 3, S. 101: Killy, Walter [Hrsg.]: Deutsche biographische Enzyklopädie. Bd 9. 1998

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 50

Wilhelm Ernst. S. verfasste Schriften vor allem zum Staatsrecht, zur Geschichte und zur Geo- graphie.

Obrecht, Ulrich260. 1646 – 1701. (12 Titel). Enkel von Georg Obrecht (oben S. 35). O. stu- dierte in Straßburg, Altdorf und Basel Philologie, Geschichte und Rechtswissenschaft. Eine zivilrechtliche Dissertation „De restitutione fideicommissorum et imputatione praelegatorum in quartam Trebellianicam.“, die er bereits 1667 in Straßburg verteidigte, ist im Bestand vor- handen. 1679 wurde er zum Dr. phil. promoviert. Nach längerer Reisetätigkeit hat er die Tochter von Heinrich Boecler geheiratet und 1676 dessen Professur der Eloquenz und Ge- schichte übernommen. Seine Abhandlungen waren zunächst vorwiegend historischen und staatsrechtlichen Inhalts. In seiner Schrift “Alsaticarum rerum prodomus” über die Rechtsstel- lung Straßburgs und anderer elsässischer Städte von 1681 (in der Staatsbibliothek Pr. K. vor- handen) hat er die von Frankreich beanspruchten Herrschaftsrechte im Elsass in Frage ge- stellt. Allerdings hat er sich nach der französischen Besetzung Straßburgs, die 1681 auf Be- fehl Ludwigs XIV. erfolgte, in den Dienst der französischen Politik gestellt. 1682 wurde er in Straßburg zum Dr. iur. promoviert. Zur historischen Professur hat er auch die Professur des Reichs- und Staatsrechts erhalten. Auf dem Straßburger Urkundenmaterial beruhen auch seine Schriften „De vexillo Imperiali” (im Diss.-Bestand vorhanden) und “De Imperii Germanici eiusque Statuum foederibus” (in der Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden). Eine völkerrechtliche Dissertation von 1685 „De ratione belli vulgo raison de guerre“ findet sich im Disserta- tionenbestand. Auch seine philosophischen und historischen Werke sind von juristischem Interesse.

Schweder, Gabriel261. 1648 – 1735. (29 Titel). S. studierte in Jena und Tübingen. Er wurde in Tübingen Hofgerichtsadvokat. 1674 wurde er zum Dr. der Rechte promoviert. 1677 wurde er Beisitzer des Hofgerichts, 1681 Professor des Staats- und Lehnrechts. 1703 wurde er zum Comes palatinus ernannt.

9.4 Protestantisches Kirchenrecht

Ziegler, Kaspar262. 1621 - 1690. (52 Titel). Z. studierte in Leipzig und Wittenberg und wurde 1643 Magister der Philosophie. Dann wechselte er zum Studium der Theologie und ab 1652 der Jurisprudenz. 1654 wurde er zum Dr. iur. in Jena promoviert. Anschließend war er Profes- sor für verschiedene Gebiete des Corpus iuris in Wittenberg und trat in das Hofgericht und den Schöppenstuhl ein. 1662 erhielt er eine ordentliche Professur in Wittenberg, die mit dem Lehrstuhl des Kirchenrechts verbunden war. Außerdem wurde er Beisitzer des Appellations- gerichts und des Konsistoriums. Er hat etwa 80 Schriften veröffentlicht, die hervorragendsten davon zum Staats- und Kirchenrecht. Als lutherisch-orthodoxer Ordinarius für Kirchenrecht bekämpfte er die kanonistische Scholastik. Außerdem wandte er sich gegen rechtsverdrehende Praktiken der Advokaten.

Linck, Heinrich263. 1642 - 1696. (69 Titel). L. absolvierte Studium und Promotion in Jena. Er hielt dort Vorlesungen und arbeitete daneben als Advokat. 1674 erfolgte ein Ruf nach Altdorf auf Johann Wolfgang Textors Stelle als ordentlicher Professor der Institutionen, später der Pandekten. Seine Dissertationen behandeln die Geschichte des Kirchenrechts, seine Anwend-

260 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 45; Noten, S. 25ff 261 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 22 262 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 48ff; Noten, S. 28ff 263 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.51f

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 51 barkeit in den protestantischen Ländern und die Rechtsstellung des Landesherrn in Kirchen- angelegenheiten. Auch befasst er sich mit der Rezeption und dem Geltungsgrund des römi- schen Rechts und folgt dabei den Vorstellungen Conrings.

Slevogt, Johann Philipp264. 1649 – 1727. (75 Titel). S. studierte Jura, Philosophie und Philo- logie in Helmstedt und Jena. Ab 1674 war er als Advokat und Privatdozent tätig. 1680 wurde er außerordentlicher Professor für Rechtswissenschaft und ordentlicher Professor für Moral, 1681 ordentlicher Professor an der Juristenfakultät. 1695 folgte er Lyncker als Erster Profes- sor nach und wurde Beisitzer am Hofgericht und am Schöppenstuhl.

9.5 Deutsches Recht

Nachdem Conring nachgewiesen hatte, dass es kein gesetzliches Verbot einer Abweichung vom Römischen Recht gab, waren in den Darstellungen des gemeinen Rechts geltende deut- sche Rechtsquellen zunächst nur solche aus dem Territorium des jeweiligen Autors berück- sichtigt worden, so z. B. sächsische bei Carpzov, lübische bei Mevius und württembergische bei Lauterbach. Nun beginnt der Versuch, ein gemeines deutsches Privatrecht, das es eigent- lich so in der Praxis nicht gab, zu konstruieren und eine der Romanistischen gleichwertige Germanistische Rechtswissenschaft zu begründen265.

Schilter, Johann266. 1632 – 1705. (14 Titel). Ab 1652 studierte S. Philosophie in Jena und in Leipzig. In Leipzig wurde er 1655 zum Doktor der Philosophie promoviert, danach studierte er fünf Jahre Rechtswissenschaft in Jena. Ab 1659 war er Advokat in Naumburg und in Zeitz. Dann lebte er als Privatmann in Frankfurt/Main und wurde Ratskonsulent in Straßburg. Er hat erst moralphilosophische, dann seine frühen juristischen Schriften verfasst. In Jena hat er sei- ne akademische Tätigkeit entfaltet. 1671 wurde er dort Doktor beider Rechte mit der Disserta- tion „De cursu publico et angariis et parangariis deque temonario onere“ (im Dissertationen- bestand vorhanden). Sein juristisches Hauptwerk, das in erster Ausgabe in den Jahren 1675 – 1683 unter dem Titel „Exercitationes ad 50 libros pandectarum“, später als „Praxis iuris Ro- mani in foro Germanico“ (in der Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden) erschien, entstand aus akademischen Disputierübungen. Die Darstellung folgt der Pandektenordnung, beginnt mit dem Römischen Recht und schließt die zeitgenössische Praxis an. 1686 wurde Schilter Ehren- professor in Straßburg, Er behauptete, dass Kaiser und Reich auf dem Reichstag zu Nürnberg 1208 den Schwabenspiegel als verbindliches Reichsrecht anerkannt haben. Dieses einheimi- sche Recht sei allerdings vernachlässigt worden. Er erkennt die Rezeption als Tatsache an, wendet sich aber gegen einen zu weitgehenden Einfluss des Römischen Rechts und hat damit die wissenschaftliche Bearbeitung des deutschen Privatrechts angeregt267.

Hertius, Johann Nicolaus268. 1651 (1652?) – 1710. (36 Titel). Ab 1667 studierte H. in Gie- ßen, Jena, Leipzig und Wittenberg. 1676 wurde er in Gießen Lizentiat der Rechte, 1686 Dr. iur. Zunächst wurde Hertius Advokat an der fürstlichen Kanzlei. Daneben hielt er Vorlesun- gen an der Universität. Aus dieser Zeit ist seine „Dissertatio de superioritate territoriali“ von 1682 zur Landeshoheit in der Sammlung vorhanden. 1683 wurde er ordentlicher Professor für Staatslehre in Gießen, 1686 ordentlicher Professor an der juristischen Fakultät. Außerdem war er Assessor am hessischen Hofgericht. Er brachte philosophische und historische Elemente in

264 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 52 265 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 54 266 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 33, 55-62; Noten, S. 32 - 38 267 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 58f 268 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 36 u. 62f; ADB Band 12 (1880) S. 239 - 241

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 52 sein Fachgebiet ein und verfasste auch Schriften zum bürgerlichen Recht und zum Naturrecht. In verschiedenen Schriften hat er juristische Sprichwörter erläutert und auch eine selbständige Schrift dazu verfasst: „Epidipnides paroemiarum juris [iuris] Germanicarum. Gießen 1710“ (sie ist im Dissertationenbestand vorhanden). Verschiedene Berufungen ins Ausland (Schwe- den, Frankreich) hat er abgelehnt. H. war einer der bedeutendsten Rechtsgelehrten des 17. Jahrhunderts.

Mencke, Lüder269. 1658 – 1726. M. studierte in Leipzig und Jena Rechtswissenschaft und wurde 1680 Magister, 1682 Doktor der Rechte in Leipzig. Er hielt dann Vorlesungen über römisches und sächsisches Recht. 1699 wurde er Beisitzer der Juristenfakultät, 1702 ordentli- cher Professor, 1708 Kanonikus in Naumburg und 1709 Kanonikus in Merseburg.

Feltz, Johann Heinrich270. 1665 – 1737. (20 Titel). F. studierte als Schilters (oben S. 51) Schüler Rechtswissenschaft in Straßburg. Er wurde dort 1695 Professor der Rechte und 1696 Dr. iur.

Scherz, Johann Georg271. 1678 – 1754. (10 Titel). S. studierte in Straßburg Literatur, Philo- logie und Jurisprudenz. Nach wissenschaftlichen Reisen wurde er 1701 Lizentiat, 1702 Dok- tor der Rechte. 1702 wurde er zum Professor der Moralphilosophie und 1711 zum Professor der Rechte berufen.

Leyser (Leiser), Wilhelm272. Geburtsjahr unbekannt, gestorben 1689. (38 Titel). Vater von Augustin Leyser (unten S. 66). L. studierte in Wittenberg, wurde dort 1657 zum Dr. iur. pro- moviert, dann Professor der Rechte und Beisitzer am Schöppenstuhl, am Hofgericht und am Konsistorium.

Stryk, Samuel: s. oben S. 40 unter 8.1 Usus modernus pandectarum

9.6 Christian Thomasius

Thomasius, Christian273 . 1655 – 1728. (239 Titel). T. gilt als „Vater der deutschen Aufklä- rung“. Er hat erst Physik, Mathematik, Geschichte und Philosophie in Leipzig studiert. 1675 ging er nach Frankfurt/Oder und hat dort 1679 ein Jurastudium mit der Promotion abgeschlos- sen. Er veranlasste erstmals deutschsprachige Vorlesungsanschläge in Leipzig und vollzieht den Bruch mit der lateinischen Gelehrtensprache274. 1694 erhielt die Fakultät das Recht, Gut- achten zu erstellen und Urteile abzufassen. Noch im selben Jahr wurde Thomasius mit Vorbe- reitung eines Gutachtens in einer Hexensache betraut. Er kam auf der Basis von Carpzovs „Praxis criminalis“ zum Vorschlag eines Folterurteils gegen die Beschuldigte. In der Fakul- tätssitzung trat ihm Stryk entgegen und setzte den bedingungslosen Freispruch der Beschul- digten durch. In dieser Diskussion wurde Thomasius bewusst, wie stark er in die herrschenden Vorurteile verstrickt war. Er beschloss, sich intensiver mit dem Inquisitionsprozess, der Folter und der Hexenverfolgung zu befassen. Er zeigte, dass Hexen und Ketzer erst seit Innozenz III. (1160/61 – 1216) strafrechtlich verfolgt wurden. Die Problematik der Strafbarkeit der Ketze-

269 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 53, 157; ADB Bd 21 (1885) S. 311f 270 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 56, Noten, S. 33 271 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S.33 272 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 65, Noten, S. 134; WBIS DBA Teil 1 S. 268f: Jöcher. Bd 2. 1750 273 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 71- 111; Noten S. 45 -64 274 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.73f

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 53 rei hat Thomasius in seinen Schriften „An haresis sit crimen“. Halle 1697 (im Bestand vor- handen) und „De iure principis circa haereticos“.1697 (Ausgabe 1712 im Bestand vorhanden) behandelt.

In seinen kirchenrechtlichen Schriften hat er das Territorialsystem vertreten. In der Schrift „De iure principis circa adiaphora“ von 1695 (im Dissertationenbestand vorhanden), die sich auf Grotius, Conring, Pufendorf und Brunnemann stützt, weist Thomasius die Gewalt über die Adiaphora, über Dinge also, die in religiöser Hinsicht indifferent sind275, dem Landesherren zu. Er wendet sich gegen die Herrschsucht der katholischen Kirche und der Pietisten. Die Bi- bel wird von ihm nicht als Rechtsquelle anerkannt. 1690 verließ er Leipzig im Unfrieden und ging nach Halle. Er hat sich intensiv der Lehre gewidmet Er entwickelt den Plan eines „Gro- ßer Cursus“, nach dem das juristische Studium in drei Jahren absolviert werden soll. Das Stu- dium umfasst außer den Rechtsmaterien und der Rechtspraxis auch praktische Philosophie. Wegen großer Arbeitsbelastung hat er sich ab 1693 die Lehraufgaben mit Samuel Stryk ge- teilt.

Das Römische Recht hat er nur anerkannt, soweit es im deutschen Gerichtsgebrauch ange- wendet wird. Dazu hat er die Pandekten anhand von Stryks „Usus modernum Pandectarum“ von Buch 1 Titel 1 bis Buch 5 Titel 6 Titel für Titel überprüft und festgestellt, dass nur ein geringer Teil gültig sei. Gültigkeit könne dieser Teil aber auch nur deshalb beanspruchen, weil er dem Naturrecht entspreche276. Zu diesem Komplex sind die Schriften „De usu ac- tionum poenalium iuris Romani in foris Germaniae“ von 1693, „De ordinum imperii libertate, ac de aerario et collectis , cum adiuncta quaestione an doctrina iuris Romani de servis mag- num habeat usum in servis nostris a Turcis captis“ von 1693 und „De usu iuris paterni Roma- norum secundum mores Germaniae“ von 1694 im Dissertationenbestand.

9.7 Hallesche staatsrechtliche Schule

9.7.1 Halle

Cocceji, Heinrich von277. 1644 – 1719. (168 Titel). Ab 1667 hat Cocceji in Leyden und Oxford Rechtswissenschaft studiert. 1669 disputierte er über seine Dissertation „De momenta- ria possessione et lite vindiciarum“ in Leyden (Ausgabe von 1711 im Bestand vorhanden). 1670 hat er in Oxford die juristische Doktorwürde erworben. 1671 wurde er von Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz aufgrund der Verteidigung seiner Abhandlung „De proportionibus“ (im Dissertationenbestand vorhanden) als Nachfolger Pufendorfs zum Professor des Naturrechts und Völkerrechts in Heidelberg berufen. Er erhielt dann auch die Professur des Lehnrechts und 1680 die der Pandekten. 1682 wurde er Staatsrat und Beisitzer des kurfürstlichen Revisi- onsgerichts. Nach der Kapitulation Heidelbergs flüchtete er und ging für ein Jahr nach Ut- recht. 1690 wurde er von Kurfürst Friedrich von Brandenburg als Professor primarius nach Frankfurt/Oder berufen. Er hat die Ablösung des deutschen Staatsrechts vom römischen Recht gefordert und mit der deutschen Geschichte begründet. Das Römische Privatrecht sollte aller- dings entgegen der Auffassung der germanistischen Rechtswissenschaft seine Geltung behal- ten. Für das öffentliche Recht hat er in „De juris publici prudentia“ ein erstes selbständiges

275 Der Begriff ist umstritten, z. B. bei Kultus, Ritus, Zeremonien, Spiel, Tanz wie Kalender, Kirchenmusik, Kleidung der Kirchendiener, Kirchenbilder, Ohrenbeichte und Exorzismus. vgl. dazu Abraham, Martin: Evangelium und Kirchengestalt: Reformatorisches Kirchenverständnis heute. Berlin, New York: de Gruyter 2007, S. 118ff; Pierer, Universal-Lexikon, Stichwort Adiaphoristischer Streit, Bd. 1, S. 132 276 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 80ff 277 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 112 – 117; Noten, S. 65 - 68

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 54

System entworfen (im allgemeinen Bestand der UBFU vorhanden). Gegen Grotius und Pufendorf hat er den Geltungsgrund allen Rechts auf den Willen Gottes zurückgeführt.

Ludewig, Johann Peter von278. 1668 – 1743. L. immatrikulierte sich 1689 in Wittenberg und erwarb dort den Magistergrad. 1693 wurde er Privatdozent für Philosophie und Geschichte in Halle, 1695 Professor für theoretische Philosophie, 1703 Professor für Geschichte. 1704 wur- de er in Halle zum Dr. iur. promoviert und 1705 zunächst außerordentlicher, dann ordentli- cher Professor der Rechte. 1729 trat er die Nachfolge von Thomasius in Halle an. Ludewig hatte den Ruf eines geistvoll räsonierenden Historikers. Seine staatsrechtlichen Schriften wa- ren wegen der Verherrlichung der territorialen Souveränität umstritten. Gemeinsam mit Gund- ling hat er zum guten Ruf der Universität Halle beigetragen. Berühmt wurde er durch sein fünfbändiges Staatshandbuch „Germania princeps“ (in der UBFU vorhanden). Mit der Schrift „Auspicio regum“ hat er sich dem preußischen Hof empfohlen. Sein großes Werk „Jura feu- dorum R. J. atque Germaniae principis et provinciarum nobilium landsassiorum ex medii aevi antiquitatibus et diplomatis eruta et illustrata“, Halle 1740, ist ebenfalls in der UBFU vorhan- den. Zweck des Werkes ist die Anwendung von Pufendorfs Lehre von den feudis oblatis. Die- ser lehnrechtliche Ausdruck soll die staatsrechtliche Stellung der Kurfürstentümer kennzeich- nen. Das langobardische Lehnrecht und das Lehnrecht der Spiegel werden verworfen, weil dort das lehnrechtliche Verhältnis auf dem Willen der Vasallen beruht. Rechtsquellen sind für Ludewig Urkunden und geschichtliche Übung279. Im Privatrecht zeigt sich bei ihm eine roma- nistische Neigung.

Gundling, Nicolaus Hieronymus280. 1671 – 1729. (35 Titel). G. studierte zunächst Theolo- gie, wurde dann aber von Thomasius veranlasst, zum Studium der Rechtswissenschaft zu wechseln. 1703 erlangte er die juristische Doktorwürde. 1705 wurde er außerordentlicher, 1706 ordentlicher Professor der Philosophie in Halle. 1707 wurde er als Professor des Natur- und Völkerrechts an die dortige Juristenfakultät berufen. Seine wissenschaftliche Tätigkeit erstreckte sich auf die unterschiedlichsten Gebiete So hat er eine der frühesten Gelehrtenzeit- schriften, die „Gundlingiana“, herausgegeben (in der UBFU vorhanden).

Mascov, Johann Jakob281. 1689 – 1761. (30 Titel). M. studierte in Leipzig und erlangte dort 1711 den Magistergrad. Ab 1714 war er Kollegiat am kleinen Fürstenkolleg. 1718 wurde er in Halle zum Dr. iur. promoviert und 1719 ao. Professor iuris in Leipzig, 1723 dort Beisitzer des Konsistoriums, 1729 Beisitzer des Oberhofgerichts. 1732 wurde er zum Kursächsischen Hof- rat ernannt. 1735 wurde er Oberaufseher der Bibliothek, 1737 Stadtrichter in Leipzig, 1742 Prokonsul.

9.7.2 Jena

Reyher, Samuel282. 1635 – 1714. (6 Titel). R. studierte zunächst in Leipzig Philosophie, Ma- thematik und Rechtswissenschaft. 1656 wurde er Magister artium und machte eine Studien-

278 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.117ff 279 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 120 280 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.122ff 281 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 128f, Noten, S. 76f; WBIS DBA Teil 1, S. 283ff: Moser: Lexikon. 1738 282 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S.79; WBIS DBA Teil 3, S. 81ff: : Biographisches

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 55 reise nach Holland. In Leiden setzte er vor allem seine mathematischen Studien fort. Nach seiner Rückkehr nach Leipzig hielt er private juristische Vorlesungen und folgte dann einem Ruf des Herzogs Ernst des Frommen als Prinzenerzieher nach Gotha. Er begleitete den Erb- prinzen auf eine Studienreise nach Holland und erwarb 1665 in Leiden den Grad des Dr. iur. mit der Dissertation „De iure primogenitorum“ (nicht im Dissertationenbestand). Noch im selben Jahr wurde er Professor für Mathematik an der neu gegründeten Universität Kiel. 1673 wurde er dort ao. Rechtsprofessor, 1683 ordentlicher Professor der Institutionen, 1692 des Codex. Außerdem war er Mitglied der königlichen Akademie der Wissenschaften in Berlin.

Schubart, Georg283. 1650 – 1701. (9 Titel). S. studierte in Jena an allen Fakultäten und wur- de 1675 Magister, 1681 Nachfolger von Slevogt in dessen Professur der Poesie und Bered- samkeit und 1694 Nachfolger Sagittarius’ als Professor der Geschichte. Bereits 1685 wurde er mit seiner Dissertation „De fatis iurisprudentiae Romanae“ (nicht im Dissertationenbestand) zum Dr. iur. promoviert. Seine Aufnahme in die Jenaer Juristenfakultät wurde von Nikolaus Lyncker (unten S. 59) verhindert.

Struve, Burkhard Gotthelf284. 1671 – 1738. Sohn von G. A. Struve. (21 Titel). S. studierte ab 1687 in Jena, dann in Helmstedt und in Frankfurt/Oder. Nach Reisen und längerer Krank- heit wurde er 1797 Bibliothekar in Jena. 1702 wurde er zum Dr. iur. in Halle promoviert. 1704 erhielt er als Nachfolger Schubarts eine Professur der Geschichte. 1712 wurde er fürst- lich- sächsischer Rat, Historiograph und ao. Professor iuris, 1730 Hofrat und ordentlicher Pro- fessor des Staats- und Lehnrechts. S. hat zahlreiche historische, juristische und literaturge- schichtliche Schriften verfasst. Juristisch bedeutsam ist die kritische Darstellung juristischer Bücher und Gelehrter in „Bibliotheca iuris selecta“ (Neudr. von 1970 der 8. Ausgabe Jena 1756 im allgemeinen Bestand der UBFU vorhanden). Sein bekanntestes nicht juristisches Werk ist „Selecta bibliotheca historica“ (Ausgabe Jena 1705 im allgemeinen Bestand der UBFU).

Struve, Friedrich Gottlieb285. 1676 – 1752. Sohn von G. A. Struve. (21 Titel). S. studierte in Jena und in Halle. 1703 wurde er in Jena zum Dr. iur. promoviert. 1712 wurde er dort Advo- kat, 1722 Professor am Gymnasium illustre in Hildburghausen, daneben Landsyndikus und ab 1723 Regierungs- und Konsistorialrat. 1725 wurde er ordentlicher Professor der Rechte in Kiel, 1737 dort Ordinarius der Fakultät. S. hat mit der Auflage von 1720 Lipenius’ „Biblio- theca iuridica“ fortgeführt. Bekannt geworden ist er auch durch sein Werk „Compendium Digestorum“, Jena 1711 (Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden), und durch Arbeiten zum Hand- werkerrecht.

Buder, Christian Gottlieb286. 1693 – 1763. (42 Titel). B. studierte in Leipzig und Jena. Nach seinem Studium wurde er 1722 Bibliothekar in Jena, 1730 dort ao., 1734 ordentlicher Profes- sor der Rechte. 1738 wurde er nach Burkhard Gotthelf Struves Tod dessen Nachfolger als Professor des Staats- und Lehnrechts und auch der Geschichte. Berufungen an andere Univer- sitäten lehrte er ab, um seine fruchtbare Lehrtätigkeit in Jena fortsetzen zu können. Seine Schriften befassen sich überwiegend mit Staats- und Rechtsgeschichte, auch hat er Struves „Bibliotheca iuris selecta“ und „Bibliotheca historica selecta“ fortgeführt (beide Titel befin- den sich im allgemeinen Bestand der UBFU).

Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck. Bd 6. 1982 283 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 130, Noten, S.77; WBIS, DBA Teil 1 S. 252ff: Hirsching, Friedrich Karl Gottlob: Historisch-literarisches Handbuch. Bd 11,2. 1808 284 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 130 - 134, Noten, S. 77 – 79 285 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 78 286 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text S.134; ADB Bd 3 (1876) S. 502

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 56

9.8 Hallesche nicht-staatsrechtliche Schule

Horn, Caspar Heinrich287. 1657 – 1718. (77 Titel). H. studierte in Leipzig und in Frank- furt/Oder. 1685 wurde er in Wittenberg zum Dr. iur. promoviert. Er übernahm dann städtische Ämter in Freiberg, wurde 1687 zum Assessor an der Juristenfakultät nach Wittenberg berufen und dort 1690 Professor der Institutionen, 1713 Ordinarius. Ausgaben seiner Hauptwerke „Ju- risprudentia feudalis Longobardo-Teutonica“ und „Juris publici Romano-Germanici eiusque prudentiae liber unus“, die auf Anregung und unter wesentlichem Einfluss seines Lehrers Stryk entstanden, sind in der Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden. In späteren Jahren machte er sich vor allem als Praktiker einen Namen.

Titius, Gottlieb Gerhard288. 1661 – 1714. (12 Titel). Ab 1680 studierte T. in Leipzig, ab 1682 an der Universität Rostock Philosophie und Recht. Dreieinhalb Jahre später ging er wie- der nach Leipzig. Dort wurde er einer der Lieblingsschüler von Thomasius. Weitere Lehrer waren Born, Schwendendörffer u. a. 1688 wurde er zum Dr. iur. promoviert. Danach lebte er als Privatdozent und juristischer Autor. Er lehrte im Geiste von Pufendorf und Thomasius. Hervorzuheben ist seine methodologisch-philosophische Begabung. 1710 wurde er in Leipzig Professor der Pandekten und des Kodex, 1713 Beisitzer des Leipziger Oberhofgerichts. Be- deutsam ist seine Schrift: „De fictionum Romanorum natura et inconcinnitate“, erschienen 1694 und 1724 (im Dissertationenbestand vorhanden). Darin hat er die Thomasische Abnei- gung gegen das römische Recht anhand des Missbrauchs der Fiktionen begründet. Mit gro- ßem Aufklärungseifer wandte er sich gegen das kanonische Recht sowie die Herrschsucht der Geistlichkeit und sprach sich für das protestantische Kirchenrecht aus. Als Quellen dafür soll- ten nur das Naturrecht und protestantische Kirchenordnungen maßgebend sein. Vgl. dazu „De jure nobilitatis Lutheranae ad immediata Germaniae capitula et canonicatus. 1709“ (im Dis- sertationenbestand vorhanden). Außer dem Kirchenrecht hat er auch das Lehnrecht behandelt. Im allgemeinen Bestand der UBFU befindet sich das Werk „ Das teutsche Lehn-Recht nach seiner eigenen Beschaffenheit und Verfassung des teutschen Staats... Andere Aufl. Leipzig 1707“. Diese Schrift war die erste derartige Abhandlung in deutscher Sprache und sehr erfolg- reich. Es sind mehrere Auflagen erschienen.

Beyer, Georg289. 1665 – 1714. (18 Titel). B. studierte Philosophie und Rechtswissenschaft in Leipzig und Frankfurt/Oder. Er war Schüler des Thomasius. 1693 wurde er in Leipzig zum Dr. iur. promoviert. 1706 wurde er Professor der Rechte in Wittenberg. Bekannt geworden ist er wegen seiner besonderen Vorlesungen über das deutsche Privatrecht, die er in Wittenberg seit 1707 gehalten hat. Er hat diejenigen Abschnitte des Rechts vorgetragen, die ausschließ- lich auf deutschen Quellen beruhen und in den Pandekten keine Grundlage haben. Diese Sätze hat er nach dem Institutionensystem geordnet. Im Strafrecht hat er sich in seiner „Delineatio criminalis“ (in der Staatsbibliothek Pr. K. ist eine Ausgabe von1722 vorhanden) auf die Caro- lina statt auf die Pandekten gestützt.

Kestner, Heinrich Ernst290. 1671 –1723. (58 Titel). K. wurde 1696 zum Dr. iur. promoviert, danach war er Professor der Rechte in Rinteln. Die Jurisprudenz fasst er als Lehre von der allgemeinen Gerechtigkeit auf. Er hat den naturrechtlichen Standpunkt Coccejis übernommen.

287 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text S. 116f, Noten, S. 68 288 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.138; Noten, S. 83ff 289 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 137f; ADB Bd 2 (1875) S. 597 290 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.141f

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 57

Hinsichtlich des deutschen, des römischen und des Kirchenrechts folgte er Thomasius. Fälle von Ungültigkeit nach der Dogmatik der römischer Rechtslehrer behandelte er in seinem „Tractatus de valore Digestorum“ von 1717, der 30 Dissertationen zu diesem Gegenstand zusammengefasst hat. Eine Dissertation aus diesem Problemkreis mit dem Titel „Dissertatio juridica expendens valorem Digestorum. Rinteln 1717“ ist im Dissertationenbestand vorhan- den. Von richterlicher Willkür handelt die Disputation „De arbitrio iudicis. Rinteln 1709“, die ebenfalls im Bestand vorhanden ist.

Ludovici, Jacob Friedrich291. 1671 – 1723. (87 Titel). L. hat ab 1690 in Königsberg studiert. Er war Schüler von Stryk, bei dem er solide Grundkenntnisse erwarb, dazu war ihm Thomasi- sche Eleganz eigen. Zu Lebzeiten wurde L. sehr geschätzt, danach abgewertet. Er hat viele Rechtsgebiete bearbeitet und aufklärerische Ideen vertreten.

Böhmer, Justus Henning292. 1674 – 1749. (226 Titel). Ab 1693 hat B. in Jena u. a. bei Lyncker studiert, ab 1694 in Halle bei Buddeus, Thomasius und Stryk. 1699 wurde er dort Lizentiat beider Rechte. 1701 ernannte man ihn in Halle zum ao. Prof. 1702 erlangte er die Doktorwürde. 1704 hat ihn Stryk zu seinem Mitarbeiter gemacht. 1711 wurde er ordentlicher Professor. Nach Stryks Tod trat er dessen Nachfolge als Professor der Institutionen und des Lehnrechts an. 1743 wurde er Regierungskanzler des Herzogtums und Ordinarius der Juristenfakultät. Er befasste sich mit Kirchenrecht, Pandektenrecht und praktischer Rechtswissenschaft. Das Kirchenrecht bildete dabei den Schwerpunkt. Seine Methoden und Auffassungen beherrschten das evangelische Kirchenrecht des 18. Jahrhunderts. In der UBFU befinden sich: „Dissertationes iuris ecclesiastici antiqui ad Plinium Secundum et Tertulli- anum, genuinas origines praecipuarum materiarum iuris ecclesiastici demonstantes.1711“. Sie fassen das Recht der ersten Kirche zusammen.

Außerdem befindet sich in der UBFU das fünfbändige Werk: “Ius ecclesiasticum protes- tantium, usum modernum iuris canonici ostendes“. Die Bde 1 - 5 sind in unterschiedlichen Auflagen vorhanden. Böhmers wichtige Schrift zum naturrechtlichen allgemeinen Staatsrecht in Deutschland „Introductio in ius publicum universale ex genuinis iuris naturae principiis deductum, et in usum iuris publici particularis quarumcunque rerum publicarum adornatum. Francofurti u. a. 1758“ ist in der UBFU vorhanden. Boehmer war ein bedeutender Vertreter des usus modernus pandectarum. Viele praktische Schriften stammen aus seiner Feder. Sei- nen Ruf als Pandektist begründete er mit seinem Lehrbuch für den praktischen Gebrauch des Römischen Rechts in Deutschland „Introductio in ius digestorum“, das zuerst 1704 in Halle erschien und 14 Auflagen erlebte (in der Staatsbibliothek Pr. K. sind mehrere Ausgaben vor- handen).

Kress, Johann Paul293. 1677 – 1742. (44 Titel). Ab 1695 studierte K. in Jena und in Halle. 1706 wurde er in Halle zum Dr. iur. promoviert. 1712 wurde er Professor in Helmstedt. Er beschäftigte sich mit Strafrecht und mit Rechtsaltertümern. Im Strafrecht lässt er das römische Recht außer Betracht und stützt sich nur auf die Carolina. In der Dissertation „De variis iuris- dictionis criminalis in Germania generibus“ von 1730 (Ausgabe 1735 im Bestand vorhanden) beschäftigt er sich mit der Strafgerichtsbarkeit in Deutschland. Von ihm stammen aber auch viele Schriften zu anderen Rechtsgebieten.

291 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.135f; Noten , S. 80f 292 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.145ff, Noten S. 89ff 293 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.142ff; Noten , S. 88

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 58

Kemmerich, Dietrich Hermann294. 1677 - 1745. (35 Titel). Ab 1700 studierte K. in Rostock und Leipzig erst Theologie, dann Jura. 1703 wurde er Magister in Leipzig. 1705 erhielt er eine Professur für Moral, Politik und Beredsamkeit an der Ritterakademie in Erlangen. 1707 erwarb er den Grad eines licentiatius iuris in Halle, dann war er Professor für Natur-, Staats- und Völkerrecht an der Ritterakademie in Erlangen. 1719 wurde er erster Professor für Natur- und Völkerrecht in Wittenberg, 1730 Professor des römischen Rechts in Jena. 1736 wurde er dort Beisitzer des Schöppenstuhls und Ordinarius. Von ihm stammen viele Dissertationen und ein erstes systematisches Lehrbuch des Strafrechts.

Mylius, Gustav Heinrich295. 1684 – 1765. (37 Titel). M. studierte zunächst in Leipzig und ab 1702 in Halle. Er reiste dann nach Holland und England. 1707 erwarb er die juristische Dok- torwürde in Leipzig, war dann in der Gerichtspraxis tätig und erhielt 1712 die Stelle eines ao. Advokaten bei Obergericht und Konsistorium. 1722 wurde er Beisitzer, 1748 Senior der Juris- tenfakultät. Ab 1725 war er Beisitzer am Oberhofgericht in Leipzig.

Rechenberg, Karl Otto296. 1689 – 1751. (46 Titel). R. studierte in Leipzig und wurde 1710 in Wittenberg zum Dr. iur. promoviert. 1711 wurde er der erste Professor des Naturrechts an der juristischen Fakultät in Leipzig und allmählich vorrückend 1731 dort Ordinarius. Im Na- turrecht folgte er Thomasius und seinem Lehrer Titius.

Fleischer, Johann Laurenz297. 1691 – 1749. (9 Titel). F. studierte in Halle und wurde dort 1711 Dr. iur., 1716 ao., 1724 ordentlicher Professor der Rechte (ab 1730 Gundlings Nachfol- ger). 1733 wurde er gegen seinen Willen nach Frankfurt/Oder versetzt, um die dortigen Ver- hältnisse zu verbessern. Er wurde dort Ordinarius der Fakultät und Direktor der Universität. Seine literarische Tätigkeit stellte er ein.

Glafey, Adam Friedrich298. 1692 – 1753. G. studierte in Jena wurde dort 1712 Magister und hielt philosophische Kollegien. Er ging dann nach Leipzig und anschließend als Hofmeister nach Tübingen. Ab 1717 hielt er historische und philosophische Kollegien in Leipzig. 1718 wurde er zum Dr. iur. in Halle promoviert und hielt dann in Leipzig Kollegien im Zivilrecht, öffentlichen Recht und Naturrecht, sowie in der Reichsgeschichte und der sächsischen Ge- schichte. In Dresden wurde er zum Archivar und 1726 zum Hof- und Justizrat ernannt. Glafey steht als Historiker in der Tradition der Halleschen publizistischen Schule. In seiner histori- schen Behandlung des Naturrechts stützt er sich auf Thomasius, Wolf(f)s Naturrechtslehre lehnt er ab. In Opposition zu Pufendorf und Thomasius erkennt er ein positives Völkerrecht an. Dieses habe seine Grundlage im Herkommen der Kulturvölker.

Pertsch, Johannes Georg299. 1694 – 1754. (19 Titel). P. studierte ab 1713 an der Universität Halle, wo er 1716 unter Böhmer promoviert wurde. Er war dann Regierungsadvokat in Gera, ab 1719 Prozessrat und ab 1726 Hofrat in Bayreuth. 1728 wurde er in Jena Dozent, 1729 dort Hofgerichtsadvokat. 1732 war er Syndikus in Hildesheim, 1733 Hofgerichtsassessor in Han- nover, 1738 Hofgerichtsassessor in Wolfenbüttel. 1743 wurde er ordentlicher Professor der Rechte in Helmstedt, 1748 dort Senior und Ordinarius.

294 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.144 und ADB, Band 15 (1882), S. 599 295 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 83; WBIS DBA Teil 1, S. 287: Jöcher: Gelehrten Lexicon. Bd 5. 1816 296 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S.84f 297 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text S. 141, Noten S. 85 298 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten S. 93 299 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 147, Noten, S. 90f; WBIS BDA Teil 1, S. 12f: Moser: Lexicon 1738

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 59

Knorre, Carl Gottlieb300. 1696 – 1753. (20 Titel). K. studierte ab 1717 in Halle Philosophie bei Gundling und Wolf(f), Rechtswissenschaft bei Thomasius, Ludovici, Böhmer und Ludewig. Nach einer akademischen Reise zu verschiedenen deutschen Universitätsstädten kehrte er nach Halle zurück und wurde dort 1721 zum Dr. iur. promoviert. 1723 wurde er ao., 1726 ordentlicher Professor der Rechte in Halle. Nach Kanzler Böhmers Tod übernahm er mehrere von dessen Funktionen.

Gärtner, Karl Wilhelm 301 . 1700 – 1760. (9 Titel). G. studierte in Frankfurt/Oder und Leipzig. In Leipzig wurde er 1724 zum Dr. iur. promoviert, wurde dort 1727 ordentlicher Pro- fessor der Rechte und 1730 Rektor der Universität. 1733 wurde er geheimer Kriegs- und Ap- pellationsrat in Dresden, 1749 kaiserlicher Reichshofrat in Wien.

9.9 Praktische Juristen

Lyncker, Nicolaus C.302. 1643 – 1726. (141 Titel). L. studierte in Gießen, Jena und Marburg Philosophie, Sprachen und Rechtswissenschaft. 1668 legte er seine Doktorprüfung ab, 1670 wurde er ao. Professor für Staats- und Lehnrecht in Gießen. 1677 übernahm er die Stelle des Professors Johann Strauch in Gießen und wurde Beisitzer am Schöppenstuhl. Nach dem Rücktritt von Georg Adam Struve erhielt er zusätzlich den Lehrstuhl für Dekretalen und wur- de Professor ordinarius in Jena. Dann wurde er sächsischer Abgeordneter am Reichskammer- gericht. 1700 wurde er in den Freiherrenstand erhoben. 1701 wurde er Geheimratspräsident in Weimar, 1707 Reichshofrat in Wien. Er ging von der Rezeption des Römischen Rechts in complexu aus. Daher muss ihm zufolge die Geltung deutscher Rechtsvorschriften nachgewie- sen werden. Er hat Pufendorfs Lehren verworfen und gegen Struve und Brunnemann polemi- siert. Thomasius hat er ignoriert. Seine Lieblingsautoren waren Tabor im Zivilrecht und Rein- king im Staatsrecht. Conrings Rezeptionslehre war für ihn die Wurzel allen Übels. Auch im Lehnwesen hat er dem langobardischen den Vorrang gegenüber dem einheimischen Lehn- recht zuerkannt. Im Strafrecht hat er Carpzov folgend verstümmelnde Strafen und die An- wendung der Folter gegen die wegen Hexerei Angeklagten befürwortet. Im Kirchenrecht hat er die allgemeine Geltung des kanonischen Rechts in Deutschland angenommen, allerdings mit Abwandlungen in den protestantischen Staaten. Im Staatsrecht billigt er allein dem Kaiser volle Majestät zu. Diese habe er von Gott. Die Fürsten sind dem Kaiser mit ihren Territorien und als Personen untertan. Diese Lehre gefiel naturgemäß dem Kaiser und den Kleinfürsten. In Wien wurde L. als größter deutscher Publizist (d. i. Staatswissenschaftler) angesehen.

Wildvogel, Christian303. 1646 – 1728. (222 Titel). W. studierte in Halle, Leipzig und Frank- furt/Oder. Ab 1666 war er Advokat in Weißenfels, 1668 wurde er in Frankfurt/Oder zum Doktor der Rechte promoviert. Nach längerer Regierungslaufbahn wurde er ordentlicher Pro- fessor der Rechte in Jena. Außerdem war er Assessor am Schöppenstuhl.

Harpprecht, Ferdinand Christoph304. 1650 – 1714. H. studierte in seiner Vaterstadt Tübin- gen und erwarb dort 1673 den Grad eines Doktors der Rechte. 1677 war er in Rechtsangele-

300 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 81; WBIS DBA Teil 1, S. 216f: Hirsching, Friedrich Karl Gottlob: Historisch-literarisches Handbuch. Bd 3. 1797 301 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text S. 144, Noten S. 88 302 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 150ff; ADB, Band 19 (1884), S. 737ff 303 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 105; WBIS, DBA Teil 1, S. 403f.: Weidlich, Christoph: Biographische Nachrichten von jetzt lebenden Rechtsgelehrten in Deutschland. Bd 3. 1783 304 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text S. 160, Noten S. 106; WBIS DBA Teil 1, S. 255f:

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 60 genheiten des Herzogs Friedrich Carl tätig und wurde zum herzoglichen Rat ernannt. 1678 wurde er ordentlicher Professor der Rechte und Hofgerichtsassessor in Tübingen.

Bruckner (Brückner), Wilhelm Hieronymus305. 1656 – 1736. B. studierte zunächst Theolo- gie und dann Rechtswissenschaft in Jena. Hier wurde er 1684 zum Dr. iur. promoviert und erhielt 1685 eine ao. Professur in Erfurt. 1690 wurde er ordentlicher Professor der Institutio- nen, 1694 der Pandekten und Beisitzer am Schöppenstuhl und am Hofgericht in Jena. Bruck- ner verteidigte den Hexenglauben (vgl. die im Bestand vorhandene Disputation „De magicis personis et artibus“ von 1712).

Berger, Johann Heinrich306. 1657 – 1732. (50 Titel). L. studierte bei Struve, Schilter und Lyncker in Leipzig. 1685 wurde er ordentlicher Professor in Wittenberg und Assessor am Wittenberger Hofgericht, 1711 in Kursachsen Beisitzer am Reichsvikariatsgericht. Hinsicht- lich der Hexereidelikte teilte er die Auffassung Carpzovs. Er erkennt Conrings Rezeptionsleh- re an, vertritt aber die Auffassung, das römische Recht sei in complexu übernommen worden. Es komme immer dann zur Anwendung, wenn das deutsche Recht nichts anderes sagt.

Mollenbeck, Bernhard Ludwig307. 1658 – 1720. M. studierte in Gießen und Jena, wurde 1680 in Gießen lic. iur. und Regierungsadvokat. 1683 wurde er Professor der Ethik, 1690 der Politik, 1693 ordentlicher Professor der Rechte, 1715 Universitätskanzler. Er vertrat eine star- ke Stellung des Kaisers gegenüber den Ständen.

Rin(c)k, Eucharius Gottlieb308. 1670 – 1745. (7 Titel). R. studierte in Leipzig und in Alt- dorf. Er ging dann nach Wien und reiste als Hofmeister eines jungen Grafen durch Deutsch- land und Dänemark. Nach seiner Rückkehr nach Altdorf wurde er dort im Jahre 1697 promo- viert, diente dann bei der kaiserlichen Infanterie und erhielt 1709 eine juristische Professur in Altdorf. Dort blieb er und wurde kaiserlicher Rat, Professor primarius und Senior der Akade- mie.

Wernher, Johann Balthasar309. 1675 – 1742. (74 Titel). W. erwarb den Magistergrad der Philosophie in Leipzig und wurde 1699 Professor der niederen Mathematik in Wittenberg. Nachdem er in Wittenberg Jura studiert hatte, wurde er dort 1700 zum Lizentiaten der Rechte und 1701 zum Dr. iur. utriusque promoviert. 1701 erhielt er eine ao. juristische Professur, 1702 wurde er ordentlicher Professor und 1718 Erster Professor der juristischen Fakultät Wit- tenberg. 1725 wurde er Rektor der Wittenberger Akademie, 1729 kaiserlicher Hofrat, 1731 Reichsfreiherr. Er war Nachfolger Bergers sowohl als Ordinarius in Wittenberg als auch als Reichshofrat. Er teilte dessen Standpunkte, ist aber nicht durch dogmatische Werke sondern die auf praktischen Erfahrungen beruhenden „Selectas observationes forenses“ bekannt ge- worden. Darin werden unter kurzen Schlagsätzen Rechtssprüche mit Gründen und Gegen- gründen mitgeteilt. Einige Stücke sind im Dissertationenbestand vorhanden. Gribner, Michael Heinrich310. 1682 – 1734. (55 Titel). G. hat erst Theologie, dann Jura in Leipzig studiert. 1703 wurdee er zum Dr. iur. in Leipzig promoviert. 1706 wurde er Professor

Hirsching, Friedrich Carl Gottlob: Historisch-literarisches Handbuch. Bd 2. 1795 305 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten S. 105; Jänicke, Marco: Brückner, Wilhelm Hieronymus in: www.historicum.net/no_cache/persistent/artikel/5867; WBIS, DBA, Teil1, S. 301ff: Jöcher 1. 1750 306 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 153ff, 307 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 104f 308 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 92f; WBIS DBA Teil 1, S. 268: Jöcher: Gelehrten- Lexicon. Bd 3. 1751 309 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 156, 310 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.156f,

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 61 der Institutionen in Wittenberg und Beisitzer am Schöppenstuhl. Er hat Staatsrecht und Natur- recht gelehrt und Thesen zum Privatfürstenrecht entwickelt. Später wurde er Professor der Pandekten in Wittenberg, 1717 Rektor der Wittenberger Universität. Vom kursächsischen Hof wurde er zur Vollendung der sächsischen Prozessordnung nach Dresden berufen. 1726 folgte er seinem Stiefvater Lüder Mencke in dessen Amt als Ordinarius der Universität Leipzig. Er hat viel benutzte Lehrbücher geschrieben.

Berger, Christoph Heinrich311. 1687 – 1737. (14 Titel). B. studierte in seiner Heimatstadt Wittenberg und wurde dort 1710 zum Dr. iur. promoviert. 1714 wurde er Beisitzer der Juris- tenfakultät und des Niederlausitzer Landgerichts, 1719 ordentlicher Professor des Rechts und damit verbunden Assessor am Hofgericht und am Schöppenstuhl. 1723 wurde er kursächsi- scher Hof- und Justizrat, 1725 Appellationsrat in Dresden. Er beschäftigte sich mit den Wer- ken seines Vaters, in dessen Reichshofratstelle er 1733 nachfolgte. Erwähnenswert ist die im Dissertationenbestand vorhandene Schrift „De iure personarum , quas vulgus larvas seu ma- scheras dictitat, in anniversaria carnisprivii, quod carnaval vocatur solemmitate: Vom Carna- val-Recht“ von 1720312.

Schaumburg, Johann Gottfried313. 1703 – 1746. (11 Titel). S. studierte ab 1719 in Witten- berg und ab 1721 in Halle. 1724 wurde er Hofgerichtsadvokat in Zerbst, 1725 Dr. iur., 1734 Professor der Rechte in Rinteln, 1736 in Jena. Er wurde vor allem durch juristisch-praktische Arbeiten bekannt.

10 Elegante Jurisprudenz

„Unter eleganter Jurisprudenz verstehen wir diejenige Kenntnis des Rechts, welche Philoso- phie, namentlich stoische, Antiquitäten, griechische und lateinische Sprache und Kunst der Kritik, außerdem römische und Literär-Geschichte aufs Engste mit sich verknüpft – so erklärt J. F. Jugler“314. Die elegante Jurisprudenz entstand unter dem Einfluss des Humanismus und erlebte eine Blütezeit in Holland. Gegen die Vertreter dieser Richtung wurde von den Prakti- kern der Vorwurf erhoben, dass der Zusammenhang von Recht und Rechtsgeschichte nicht berücksichtigt werde und die bloße theoretische Beschäftigung mit dem römischen Recht zu einer gelehrten Spielerei entarte. Dabei gab es viele elegante Juristen, die in der Praxis der konventionellen Rechtspraxis folgten315.

10.1 Elegante Jurisprudenz in Holland

Noodt, Gerard316. 1647 – 1725. (3 Titel). N. studierte Rechtswissenschaft neben anderen Fächern in Nijmegen, Leyden, Utrecht und Franeker. 1669 wurde er zum Dr. iur. in Franeker

311 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 100; WBIS, DBA, Teil 1, S. 93ff: Jugler, Johann Friedrich: Beyträge zur juristischen Biographie. Bd 1. 1773 312 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 100 313 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S.105f. 314 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.163 315 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.164 316 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.164; www.koeblergerhard.de/Rechtsfakultäten/Utrecht

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 62 promoviert, war dann Rechtsanwalt in Nijmegen und wurde dort 1671 Professor. 1679 wurde er Professor in Franeker, 1684 in Utrecht und 1686 in Leiden. 1698 –1705 war er Rektor der Universität Leyden. Er war Wegbereiter der Aufklärung, seine Hauptgebiete waren Rechtsge- schichte und römisches Recht.

Perizonius, Jacobus317. 1651 – 1715. (3 Titel). P. hat erst Theologie und Philologie in De- venter, dann in Utrecht studiert. 1672 kehrte er nach Deventer zurück. 1674 ging er nach Ley- den, um sich ganz der Philologie zu widmen. 1682 erhielt er eine Professur für Geschichte und Beredsamkeit in Franeker. 1693 wurde er Professor der Eloquenz und Geschichte in Ley- den, 1702 daneben auch Professor für vaterländische Geschichte. Seine Schrift „De rebus atque incrementis Prussorum“ von 1708 ist im Dissertationenbestand. In seinen Schriften zur Antike hat er nicht nur über römische Geschichte, sondern auch über jüdisches und griechi- sches Erbrecht geschrieben. Auch zu anderen Rechtsgegenständen hat er sich geäußert.

Eck, Cornelius318. 1662 – 1732 . (13 Titel). Eck hat zunächst Sprachen und Literatur in Ut- recht, seit 1680 Recht in Leyden studiert. 1682 wurde er mit der Dissertation „De septem damnatis legibus pandectarum seu crucibus iurisconsultorum“ in Leyden promoviert (zwei spätere Ausgaben sind im Dissertationenbestand). Ab 1686 lehrte er Recht in Franeker, 1693 wurde er Professor in Utrecht. Sein Lehrbuch „Principia iuris civilis secundum ordinem di- gestorum“ (in der FU nicht vorhanden) erlebte eine weite Verbreitung.

Westenberg, Johannes Ortwin319. 1667 – 1737. (19 Titel). 1687 wurde W. zum Dr. iur. in Harderwyck promoviert. 1688 wurde er Professor am Gymnasium in Leyden, 1695 Professor der Rechtswissenschaft in Harderwyck, 1716 in Franeker und 1723 in Leyden. Er war ein Schüler von Perizonius. Bedeutsam war sein als Lehrbuch gedachtes Werk „Principia iuris secundum ordinem Digestorum seu Pandectarum“. Es orientiert sich streng am ursprünglichen Justinianischen Recht ohne seine späteren Weiterbildungen. Ausgaben des Lehrbuchs finden sich in der Staatsbibliothek Pr. K.

10.2 Elegante Jurisprudenz in Deutschland

Wie oben bemerkt, stand die elegante Jurisprudenz weithin in dem Ruf, wenig praxistauglich zu sein. Sie hat daher in Deutschland nicht recht Fuß gefasst. Immerhin gab es hier eine hu- manistische Bewegung, die dieser Richtung folgte.

Wächtler, Christfried320. 1652 – 1732. (ein Titel), W. studierte ab 1668 in Leipzig. Er prak- tizierte dann zunächst bei einem Rechtsanwalt in Dresden, kehrte 1674 nach Leipzig zurück und betrieb nach Tätigkeiten als Actuarius und als Sekretär ab 1680 eine freie Advokatur in Dresden. 1688 erwarb er den Doktorgrad. Neben seiner praktischen Tätigkeit hat er auf dem Gebiet der eleganten Jurisprudenz literarische Verdienste erworben, wobei ihm seine Beherr- schung der griechischen Quellen und Literatur zustatten kam.

Homborg, Andreas321. 1655 – 1714. (6 Titel). H. war Professor iuris primarius und Assessor am herzoglichen wolfenbüttelschen Hofgericht. Er war ein guter Kenner der Justianischen

und http://nl.wikipedia.org/wiki/Gerard_Noodt 317 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.164; ADB, Bd 25 (1887) S. 378f 318 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.64,164; Noten, S. 39, Stolleis, Juristen, S. 193 319 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.165; Noten S. 109f 320 ADB Bd 40 (1896) S. 442 321 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 107; WBIS DBA Teil 1, S. 440: Jöcher: Gelehrten-

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 63

Gesetze und wurde durch seine „Consilia sive responsa Helmstadensia, Frankfurt 1713“ be- kannt (Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden).

Hombergk zu Vach, Johann Friedrich322. 1673 – 1748. (4 Titel). Er studierte zunächst in Marburg und absolvierte 1691 ein Praktikum am Reichskammergericht in Wetzlar. Dann hielt er sich 6 Jahre an der Universität Utrecht auf. Dort hat er hauptsächlich Griechisch studiert. 1698 unternahm er eine Reise nach England, 1701 wurde er Erzieher des Erblandgrafen Georg von Hessen-Kassel. 1704 erfolgte seine Ernennung zum ao., 1706 zum ordentlichen Professor des römischen Rechts in Marburg. 1709 wurde er zum Dr. iur. promoviert. Er hat die Justinianischen Novellen neu aus dem Griechischen übersetzt und hat sich mit dem Natur- recht befasst. Insbesondere hat er die Problematik von Vermutung und Fiktion behandelt.

Rheden, Caspar323. 1681 - 1745. (14 Titel). R. besuchte das Gymnasium in Bremen und stu- dierte dann in Marburg, Erfurt, Jena, Leipzig, Halle, Berlin und schließlich in Frankfurt/Oder, wo er 1705 mit der Disputation „De eo, quod iustum est in dubio ubi de genuina praxi iuris“ (im Dissertationenbestand vorhanden) zum Doktor beider Rechte promoviert wurde. Er reiste durch Deutschland und die Niederlande und wurde 1706 Professor der Rechte am Gymnasi- um Bremen. 1721 kam der Lehrstuhl der philosophischen Moral dazu. Einen Ruf nach Gron- ingen, wo er deutsches Recht lehren sollte, schlug er aus. 1725 wurde er Ratsherr, 1728 Rich- ter und 1741 Bürgermeister.

Beck, Caspar Achatius324. 1685 – 1733. (42 Titel). Ab 1705 studierte er in Jena, dann in Halle und in Wittenberg und schließlich wieder in Jena. 1710 wurde er in Jena zum Dr. iur. promoviert. 1711 wurde er Hofgerichtsadvokat, 1718 ao. Professor der Rechte und Beisitzer des Schöppenstuhls, 1726 ordentlicher Professor der Institutionen und Assessor am Hofge- richt, 1730 Professor der Pandekten, 1731 Präses des Schöppenstuhls und Beisitzer am Hof- gericht. Beck wollte nachweisen, dass die Novellen des Kaisers Leo nicht nur im byzantini- schen Reich gegolten haben, sondern dass ihnen auch in Deutschland Geltung zukommt.

Otto, Everhard325. 1685 –1756. (12 Titel). O. studierte in Halle, wo er Schüler von Gundling war. 1714 erwarb er den Doktorgrad in Duisburg und wurde dort ordentlicher Professor der Rechte. 1720 folgte er einem Ruf nach Utrecht als Professor des Staats- und des bürgerlichen Rechts. 1739 ging er als Syndikus und Kanzleidirektor nach Bremen. Er beteiligte sich dort an der Ausarbeitung der städtischen Gerichtsordnung. Sein Hauptwerk „Thesaurus iuris Romani“ ist in der UBFU nicht vh. (Die Staatsbibliothek Pr. K. besitzt die Bände 4 und 5, 1733-1735) Er hat Beiträge zu den Ädilen, zu den römischen Juristen und zum römischen Recht verfasst, außerdem Schriften zum Naturrecht, Staatsrecht und Kirchenrecht.

Hamberger, Lorenz326. 1690 – 1718. (7 Titel). H. studierte in Jena und Wittenberg. 1712 wurde er in Frankfurt am Main zum Dr. iur. promoviert und Privatdozent in Jena.

Leyser, Polycarp IV327. 1690 – 1728. (13 Titel ). L. studierte in Rinteln, Rostock, Helmstedt und Wittenberg. Er erwarb die juristische, philosophische und medizinische Doktorwürde.

Lexikon, Bd 2. 1750. 322 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 169f 323 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S.114; WBIS DBA Teil 1, S. 221ff: Jöcher: Gelehrten- Lexicon. Bd 6. 1819 324 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 170f, Noten 114f 325 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 173ff 326 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.166f , Noten, S. 110f 327 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.167f, Noten S. 111

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 64

1718 wurde er in Helmstadt ao. Professor der Philosophie, ein Jahr später dort ordentlicher Professor für Philosophie, Poesie und Geschichte. Besondere Verdienste erwarb er sich um die mittelalterliche Literaturgeschichte.

Hoffmann, Christian Gottfried328. 1692 – 1735. (42 Titel). Ab 1711 studierte H. an der Univ. Leipzig erst Philosophie, dann Jura. Er wurde dort 1714 Magister der Philosophie. 1716 wurde er zum Doktor beider Rechte in Halle promoviert. 1718 wurde er Professor des Natur- und Völkerrechts in Leipzig, 1723 Professor des Staatsrechts in Frankfurt/Oder. Er war Schü- ler von Titius (oben S. 56). Das Naturrecht schätzte er auch als Ergänzung des deutschen und des römischen Rechts. Er betonte, dass die Rechtswissenschaft nicht zur gelehrten Spielerei ausarten darf, sondern sich stets ihrer praktischen Bedeutung bewusst sein muss.

Brunquell, (Johann) Salomon329. 1693 – 1735. (27 Titel). B. studierte 1712 –1716 Rechts- wissenschaft in Jena und Leipzig und war dann in Quedlinburg Advokat. 1720 wurde er zum Doktor beider Rechte in Jena promoviert. Anschließend war er dort als Privatdozent tätig. Ab 1723 war er Advokat am Hofgericht in Jena. 1728 wurde er ao., 1730 ordentlicher Professor in Jena. 1735 wurde er zum ersten Professor für Kirchenrecht an der neu gegründeten Univer- sität Göttingen berufen. B. beklagte die Vorherrschaft des römischen Rechts. Er fragte nach dem Verhältnis der in Deutschland geltenden Rechte zueinander und nennt 6 Arten von Rechtsvorschriften: örtliche Gewohnheiten, örtliche Statuten, Landesgewohnheiten, Landes- ordnungen, Reichsherkommen und –abschiede. An 6. und zuletzt zu berücksichtigender Stelle steht das römisch-kanonische Recht, das in complexu rezipiert worden sei. B. war Anhänger von Thomasius und dessen Positionen. Seine philologische Methode kommt insbesondere in seiner Schrift „De usu linguae Germanicae veteris in studio iuris feudalis Langobardici“ (in der UBFU vorhanden) zum Ausdruck. Mit seinen Schriften „De utilitate ex diligenti compara- tione omnium eiusdem inscriptionis in Digestum capitum capienda , deque huius artificii in- ventoribus et promotoribus. Jena 1724“ und „De sectis et controversiis iuris Iustinianei inter- pretum quos glossatores appellamus. Jena 1725 “ (beide im Dissertationenbestand vorhanden) setzt er die Jenaer literaturgeschichtliche Tradition fort.

Kortte (auch Cortte, Corte, Cortius) Gottlieb330. 1698 – 1731. (3 Titel). K. studierte ab 1715 in Leipzig Theologie und Humaniora, dann Jura. 1724 wurde er zum Dr. iur. promo- viert, 1726 wurde er ao. Professor in Leipzig. Er hat juristische und philologische Schriften verfasst („De usu orthographiae latinae“, Leipzig 1720, ist im Dissertationenbestand vorhan- den).

Mylius, Johann Heinrich, der Jüngere331. 1710 – 1733. (6 Titel, teils veränderte Neuaufla- gen). M. studierte in Leipzig, Wittenberg, Frankfurt/Oder und Halle zunächst Philosophie, daneben Staatsrecht und Geschichte, dann weitere juristische Fächer. 1731 wurde er Magister philosophiae in Halle und Dr. iur. utriusque in Leipzig. Er hielt Vorlesungen über Geschichte, Institutionen und Pandekten, ist aber schon 1733 gestorben, bevor er eine ihm angetragene Professur antreten konnte. Er wollte die griechischen Institutionen des Theophylus bearbeiten, hat es wegen frühen Todes aber nur teilweise geschafft. Er hat mehrere kleine Schriften ver- fasst. Die bedeutendste, seine Inauguraldissertation „Vindiciarum Theophili praeparatio” von 1730, ist im Bestand vorhanden.

328 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 171ff 329 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 175ff 330 ADB Bd 4 (1876), S. 505f unter Corte! 331 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 169 und ADB Band 23 (1886), S. 141 – 142, im Artikel über Mylius, Christian Otto (a.a.O. S. 139ff)

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 65

Hombergk zu Vach, Emil Ludwig332. 1720 – 1783. Sohn von Johann Friedrich H. (20 Titel). Er erwarb bereits im Knabenalter die für ein Studium erforderliche humanistische Bildung. Schon 1743 wurde er ordentlicher Professor des römischen Rechts. 1748 erhielt er die Dok- torwürde, 1749 trat er als Hofgerichtsrat in das fürstliche Samtgericht ein, 1773 wurde er Vi- zekanzler und 1780 Kanzler der Universität Marburg. Zu langjährigen Streitigkeiten zwischen den Universitäten Marburg und Gießen um bei Marburg gelegene Vogteien hat er mehrere Denkschriften verfasst.

11 Höhepunkte des 18. Jahrhunderts

Buddeus, Johann Franz333. 1667 – 1729. (9 Titel). B. studierte ab 1685 in Wittenberg Philo- sophie und Theologie. 1687 wurde er Magister, 1689 Adjunctus Facultatis philosophicae. Nach einem anschließenden Aufenthalt in Jena wurde er 1692 Professor für Griechisch und Latein am Gymnasium in Coburg. 1693 wurde er Professor moralis et civilis in Halle, 1695 dort Lizentiat der Theologie. 1705 wurde er in Halle promoviert und zum Professor der Theo- logie in Jena berufen. Bei seiner Beschäftigung mit dem Naturrecht hat er Anregungen von Thomasius erhalten. 1714 wurde er Kirchenrat, dann Professor primarius in Jena. B. hat eine Reihe von Streitschriften mit Wolf(f), Wernsdorff und Löscher über theologische und philo- sophische Fragen gewechselt334.

Wolf(f), Christian335. 1679 – 1754. (ein Titel). W. hat ab 1699 in Jena Theologie, Mathema- tik und Physik studiert. 1702 habilitierte er sich und lehrte ab 1703 privat an der Universität Leipzig. 1706 wurde er Professor für Mathematik und Philosophie in Halle. 1711 wurde er zum Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften ernannt. Er beschäftigte sich mit Konfuzius und bezeichnete in einer Rede an der Universität Halle die konfuzianische Traditi- on als Beweis für die Möglichkeit einer nichtchristlichen Ethik. Daraufhin wurde er des Athe- ismus beschuldigt. Wegen dieses Vorwurfs musste er auf Befehl Friedrich Wilhelms I. Preu- ßen verlassen. Er ging nach Hessen und lehrte in Marburg. 1740 holte ihn Friedrich II. zurück nach Halle. Wolf(f) war ein bedeutender Vertreter des Naturrechts und Begründer der Be- griffsjurisprudenz des 19. Jahrhunderts. Er hatte erheblichen Einfluss auf die preußische Ge- setzgebung. Seine Schrift „Num utile sit artem inveniendi in systema redigi“, in der unter- sucht wird, ob die Kunst der Entdeckung unbekannter Wahrheiten336 in ein System gebracht werden könne, ist im Dissertationenbestand vorhanden.

Cocceji, Samuel337. 1679 – 1755. (3 Titel). Sohn von Heinrich Cocceji (vgl. oben S. 53). Er studierte in Frankfurt/Oder und wurde dort 1699 bei seinem Vater mit „De principio iuris na- turalis unico vero et adaequato“ promoviert (im Dissertationenbestand vorhanden). Darin hat er die naturrechtlichen Prinzipien seines Vaters verteidigt. 1702 wurde er Professor an der Viadrina Frankfurt/Oder, 1723 Kammergerichtspräsident. Von 1738 – 1739 und von 1741 – 1746 war er preußischer Justizminister, seit 1747 Großkanzler. Er hat die preußischen Rechtsverhältnisse im eroberten Schlesien geklärt und das preußische Rechtssystem refor- miert. Dazu gehören eine einheitliche Gerichtsverfassung und die Unabhängigkeit der Rich- ter. Wichtige Werke von ihm im allgemeinen Bestand der UBFU sind: „Nähere Ausführung

332 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 170f, Noten, S.113f; ADB Band 13 (1881) S. 41f 333 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 179, Noten, S. 93; WBIS DBA Teil 1, S. 114ff: Jöcher. Bd 1. 1750 334 WBIS DBA Teil 1, S. 114ff (116): Jöcher. Bd 1. 1750 335 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 198ff, 336 Vgl. zu ars inveniendi den Artikel „Heuristik“ in: Lexikon des Mittelalters Online“ (www.brepolis.net) 337 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 215ff; ADB, Bd 4 (1876), S. 373ff

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 66 des in denen natürlichen und Reichsrechten gegründeten Eigenthums des Königl. Chur- Hauses Preußen und Brandenburg auf die Schlesischen Herzogthümer Jägerndorff, Liegnitz, Brieg, Wohlau etc. und zugehörige Herrschaften“ von 1740 (in der UBFU vorhanden) und “Project des Corporis Iuris Fridericiani, das ist Sr. Königl. Majestät in Preussen in der Ver- nunft und Landes-Verfassungen gegründetes Land-Recht worinn das Römische Recht in eine natürliche Ordnung, und richtiges Systema, nach den dreyen Objectis Juris gebracht.”1749 - 1751 (in 1. und 2. Auflage vorhanden).

Heineccius, Johann Gottlieb338. 1681 – 1741. (32 Titel). H. studierte zunächst Theologie in Leipzig. 1703 erwarb er den Magistergrad und begann dann ein Studium der Rechtswissen- schaft in Halle bei Stryk, daneben beschäftigte er sich mit den philosophischen Wissenschaf- ten. 1713 wurde er Professor für Philosophie in Halle. 1716 erfolgte seine juristische Promo- tion mit der Schrift „De origine atque indole iurisdictionis parochialis“. 1720 wurde er ao., 1721 ordentlicher Professor an der juristischen Fakultät in Halle. 1724 erhielt er eine Beru- fung als ordentlicher Professor nach Franeker, drei Jahre später vom König von Preußen als Professor der Pandekten und der Moralphilosophie an die Universität Frankfurt/Oder. 1733 ging er wieder nach Halle, um den Verlust Christian Wolf(f)s auszugleichen. Sein romanis- tisch-historisches Hauptwerk ist: „Antiquitatum Romanarum jurisprudentiam illustrantium Syntagma.“ (die 5. Auflage von 1741 ist in der UBFU vorhanden). Das Werk sollte die Un- kenntnis der römischen Altertümer bei den Jurastudenten beseitigen helfen. Er beherrschte alle zu seiner Zeit zugänglichen Erkenntnisquellen. Seine „Elementa juris civilis secundum ordinem Institutionum.“ sind in der 6. Ausgabe von 1747 in der UBFU vorhanden.

Leyser, Augustin339. 1683 – 1752. (156 Titel). L. studierte ab 1699 Rechtswissenschaft in Wittenberg, ab 1704 in Halle und unternahm anschließend mehrere Studienreisen. Danach kehrte er nach Wittenberg zurück. Dort disputierte er mit „De logomachiis in iure.“ (im Dis- sertationenbestand vorhanden). In dieser Disputation geht es um Wortstreitigkeiten in mehrfa- cher Hinsicht: um Schmähungen des Römischen Rechts, um Haarspaltereien bei den Bemü- hungen, unvereinbare Digestenstellen doch zu vereinbaren, um übertriebenes Kleben an Be- griffen und um missverständlich gewählte Worte. 1707 erwarb er das juristische Lizentiat und wurde Professor der Rechte. 1709 erwarb er den Grad des Dr. iur. utriusque. 1712 wurde er Professor in Helmstedt, 1717 Hofgerichtsassessor in Wolfenbüttel. 1729 erhielt er einen Ruf nach Wittenberg. Dort wurde er Beisitzer am Hofgericht und am Schöppenstuhl. Wie Heinec- cius hat er bei der Anwendung der Pandekten auch das Naturrecht berücksichtigt. Er hat das Privatrecht und das Strafrecht beeinflusst. Über 700 kleinere Schriften aus der Zeit von 1713 – 1748 finden sich in der Sammlung „Meditationes ad Pandectas“ (teilweise in der Staatsbib- liothek Pr. K.). Sie wurden von ihm ausgearbeitet und von Schülern disputiert. Seine Rechts- anschauungen sind z. T. noch im heutigen Recht wiederzufinden.

12 Antiquitätenforschung

12.l Romanistische Antiquitätenforschung

Die romanistische Antiquitätenforschung wird hauptsächlich von Philologen repräsentiert.

338 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 179ff 339 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 206ff

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 67

Schwarz, Christian Gotttlieb340. 1675 – 1751. (8 Titel). S. besuchte Leipziger Gymnasien und ab 1690 für sechs Jahre die Fürstenschule von Grimma. Anschließend war er 2 Jahre Hauslehrer. Ab 1698 betrieb er theologische und philologische Studien in Leipzig, ab 1701 in Wittenberg. Nach Erlangung der Magisterwürde 1704 ging er nach Leipzig zurück und wurde Assessor an der philosophischen Fakultät. Seit 1709 war er in Altdorf Professor für Bered- samkeit, Poesie und Moralphilosophie, später auch für Geschichte. Er war Mitglied der kai- serlichen Academia Naturae Curiosorum und der königlich-preußischen Akademie der Wis- senschaften. Auf dem Gebiete der Rechtswissenschaft hat er vornehmlich historisch- philologische und naturrechtliche Schriften verfasst.

Goebel, Johann Wilhelm341. 1683 – 1745. (29 Titel). G. studierte in Jena Theologie und wurde dort Magister der Philosophie. Er studierte dann Rechtswissenschaft und reiste darauf nach Kopenhagen, Königsberg, Rinteln und Helmstedt. Er begleitete dann einen Freiherrn von Bülow nach Holland und Frankreich. Dabei lernte er Leibniz kennen, auf dessen Empfeh- lung er 1717 Professor der Rechte in Helmstedt wurde. 1727 wurde er Doktor der Rechte in Rinteln und Aufseher des Konvikts.

Gebauer, Georg Christian342. 1690 –1773. (58 Titel ). G. studierte ab 1710 in Leipzig Hu- maniora, ab 1712 in Altdorf und in Halle Rechtswissenschaft bei Thomasius und Gundling. 1723 wurde er zum Dr. iur. in Erfurt promoviert. 1727 wurde er ordentlicher Professor für gemeines und sächsisches Lehnrecht in Leipzig, 1730 dort Beisitzer des Oberhofgerichts. 1734 ging er als Königlicher Kommissar nach Göttingen, 1755 hat er das Ordinariat an der juristischen Fakultät übernommen. Zusammen mit G. A. Spangenberg hat er auf der Grundla- ge der Brenkmannschen Papiere343, die die Vorarbeit zu einer Pandektenausgabe enthielten, das Corpus iuris civilis bearbeitet und noch zu seinen Lebzeiten den ersten Band der Pandek- ten herausgebracht. Er hat viele lehnrechtliche, romanistische und germanistische Beiträge verfasst, von denen eine größere Zahl im Bestand zu finden ist.

Mascov, Gottfried344. 1698 – 1760. (14 Titel). M. hat in Leipzig und Altdorf Rechtswissen- schaft und Philosophie studiert. 1728 – 1735 war er ordentlicher Professor der Rechtswissen- schaft in Harderwyck, 1735 - 1739 ordentlicher Professor der Rechtswissenschaft in Göttin- gen, 1739 –1748 Privatdozent für Römisches Recht und Naturrecht in Leipzig und 1748 – 1760 ordentlicher Professor für Naturrecht und Völkerrecht in Leipzig. Er hat sich erst mit römischer, später mit deutscher Rechtsgeschichte beschäftigt. Sein Hauptwerk zur römischen Rechtsgeschichte, die Dissertation „De sectis Sabinianorum et Proculianorum“ von 1724, ist im Bestand vorhanden. Sie behandelt die römischen Schulgegensätze. Ebenso vorhanden ist die zu den eleganten Arbeiten gehörende Rede „De usu et praestantia historiae Augustae in iure civili“ von 1731. Von seinen Schriften zum Naturrecht ist das Programm „Quaestiones selectae iuris naturae et gentium inter Grotium et Pufendorfium contoversae“ von 1748 vor- handen.

Conradi, Franz Karl345. 1701 – 1748. (36 Titel). C. studierte ab 1720 in Leipzig und erwarb dort den Mag. phil. 1725 wurde er in Erfurt zum Dr. iur. promoviert. 1728 wurde er ao. Pro- fessor der Rechte in Wittenberg, 1730 ordentlicher Professor der Rechte in Helmstedt. C. be-

340 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 229; Noten, S.146 341 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten S. 151; WBIS, BDA, Teil 1, S. 148: Stepf, Johann Heinrich: Gallerie aller jurischen Autoren. Bd 3. 1822 342 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 238ff; Noten, S. 155f 343 Heinrich Brenkmann, geb. 1680 in Rotterdam, 1709 Dr. iur. in Leiden, gestorben 1736 344 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 236f; Noten, S. 154f, 345 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.234f, Noten, S. 151f

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 68 schäftigte sich mit romanistischer und germanistischer Antiquitätenforschung. Bekannt wurde vor allem sein Werk „Grundsätze der teutschen Rechte in Sprichwörtern“, das später von sei- nem Schüler Johann Friedrich Eisenhart (unten S. 72) und dessen Sohn Ernst Ludwig August bearbeitet wurde.

Ayrer, Georg Heinrich346. 1702 – 1773. (83 Titel). A. studierte ab 1721 in Jena, ging dann auf Reisen, wurde 1736 in Göttingen zum Dr. iur. promoviert und wurde dort zunächst ao., 1737 ordentlicher Professor. Er lehrte Römisches Recht, Deutsches Recht, Staatsrecht und Kirchenrecht. Zu diesen und auch anderen Rechtsgebieten verfasste er zahlreiche Schriften. Dabei handelt es sich meist um Dissertationen, von denen der größte Teil im Dissertationen- bestand vorhanden ist. Darunter die Schrift „De iure dispensandi circa connubia iure divino non diserte prohibita ad edictum regium Borussicum“ von 1741, die von Stintzing-Landsberg zu den bedeutenderen gezählt wird.

Hoffmann, Johann Wilhelm347. 1710 – 1739. (17 Titel). 1728 begann H. neben anderen Fä- chern Rechtwissenschaft in Frankfurt/Oder zu studieren. 1731 wurde er Magister und habili- tierte sich an der philosophischen Fakultät. 1732 wurde er zum Dr. iur. promoviert. 1734 wurde er Professor an der juristischen Fakultät in Greifswald, 1737 Professor für Geschichte in Wittenberg. 1739 erhielt er zusätzlich eine Professur an der juristischen Fakultät. Die histo- rische und philologische Genauigkeit seiner romanistischen Werke kennzeichnet auch seine Arbeiten zum deutschen Recht. Darunter befinden sich die in der UBFU vorhandenen Schrif- ten „Specimen iurisprudentiae symbolicae veterum Germanorum“ (1736 und 1743), „De mo- do iudicia privata exercendi apud veteres Germanos“ (1736 und 1757) und „De legitimis im- pedimentis ex iure Germanico“ (1736).

12.2 Germanistische Antiquitätenforschung

Gerdes, Friedrich348. 1634 -1696. Neffe von Mevius. (22 Titel). G. wurde zum Dr. iur. pro- moviert und wurde ordentlicher Professor der Pandekten und des Codex in Greifswald, sowie Beisitzer des Konsistoriums. Friedrich Gerdes und sein Sohn Philipp Balthasar führten die von Mevius begründete Tradition der Beschäftigung mit dem norddeutschen Recht fort.

Helwig, Joachim Andreas349. 1677 – 1736 (10 Titel). H. war ab 1722 ordentlicher Professor in Greifswald. Seine wissenschaftliche Arbeit geht in die gleiche Richtung wie die Balthasars (unten S. 70), indem er sich mit lokalen deutschrechtlichen Quellen beschäftigte.

Gerdes, Philipp Balthasar350. 1680 – 1736. Sohn von Friedrich Gerdes. (18 Titel). G. wurde 1713 Nachfolger des Palthenius auf dessen Lehrstuhl für Geschichte und Moral, 1714 ordentlicher Professor der Rechte, 1724 Konsistorial- und 1734 Hofgerichtsdirektor.

Sahme, Reinhold Friedrich351. 1682 – 1753. (5 Titel). S. studierte in Königsberg und in Kiel. 1707 wurde er in Gießen zum Dr. iur. promoviert. Dann wurde er ao. Professor und Ad- vokat in Königsberg, 1723 Beisitzer am preußischen Hofhalsgericht und 1727 ordentlicher

346 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 238; Noten S. 155; ADB Bd 1 (1875) S. 708 347 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 233f ; Noten, S. 150f 348 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text S. 265, Noten S. 179, WBIS DBA Teil 1, S. 197: Jöcher. Bd 2. 1750 349 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.266; Noten S. 180 350 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten S. 179 351 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.266; Noten S. 180

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 69

Professor der Rechte an der Universität Königsberg. Er hat Vorlesungen zum preußischen Landrecht und Wechselrecht gehalten und eine Reihe von Dissertationen zu preußischen Ter- ritorialrechten und zum Königsberger Statutarrecht veranlasst.

Reinharth, Tobias Jacob352. 1684 – 1743. (69 Titel). R. studierte in Erfurt Rechtswissen- schaft und wurde 1709 zum Dr. iur. promoviert. Dann wurde er Advokat, 1710 ao. Professor, 1712 ordentlicher Professor der Institutionen, 1714 der Pandekten, 1729 des Codex in Erfurt. 1735 wurde er Nachfolger von S. Brunnquell als Professor des kanonischen Rechts in Göttin- gen. Neben seiner akademischen Tätigkeit bekleidete er viele öffentliche Ämter. Er nahm eine vermittelnde Haltung im Rezeptionsstreit zwischen Germanisten und Romanisten über die Bedeutung des Volksrechts ein.

Meiern, Johann Gottfried von353. 1692 - 1745. (2 Titel). M. studierte in Halle und in Leipzig. 1715 wurde er zum Dr. iur. in Gießen promoviert. Dann wurde er dort ordentlicher Professor für Moral und darauf ao. Professor der Rechte. Aus dieser Zeit stammt die im Dis- sertationenbestand vorhandene unter seinem Vorsitz von dem Respondenten Johann Adam Stein disputierte Schrift über das Rechtssprichwort “Juristen böse Christen“. Er hat viele be- deutsame Akten zusammengetragen und erschlossen: „Acta Pacis Westphalicae Publica“, „Acta pacis executionis publica“, „Acta Comitialia Ratisbonensia Publica, oder Regenspurgi- sche Reichstags-Handlungen und Geschichte von den Jahren 1653 und 1654, nebst einem Register über das gantze Werck.“ Diese Werke befinden sich im allgemeinen Bestand der UBFU.

Strube, David Georg354. 1694 – 1776. (Im Dissertationenbestand befindet sich seine Inaugu- raldissertation von 1717 „De origine nobilitatis Germaniae et praecipuis quibusdam eius iuri- bus“, disputiert unter dem Präsidium von Gerard Noodt in Leyden und eine Neuausgabe von 1718). Ab 1713 studierte er in Halle und in Leiden, 1717 verfasste er seine Inauguraldisserta- tion in Leiden. Er wurde dann Advokat am Oberappellationsgericht Celle und 1720 Syndikus des Hochstifts Hildesheim. Damit begann eine Zeit zahlreicher Veröffentlichungen. 1740 wechselte er in den Hannoverschen Staatsdienst. Er wurde zunächst Geheimer Justizrat, 1758 Direktor der Justizkanzlei und 1772 Vizekanzler des Kurfürstentums Hannover. Im allgemei- nen UB-Bestand findet sich die fünfbändige Ausgabe von „Rechtliche Bedenken“ aus dem Jahre 1788, das sind Fälle zu verschiedenen Rechtsgebieten aus Strubes gerichtlicher Tätig- keit. Mit ihm kommt eine rein deutschrechtliche Praxis auf bestimmten Gebieten (hier Feld- und Forstwirtschaft) in die Gerichtssäle.

Floercke, Johann Ernst355. 1695 – 1762. Sohn von Heinrich Ernst Floercke. (5 Titel). F. studierte ab 1713 in Jena Philosophie, Naturwissenschaften und Recht. 1716 kehrte er nach Magdeburg zurück und beschäftigte sich 2 Jahre mit der Rechtspraxis. Er wechselte dann wieder nach Jena und wurde dort 1720 zum Doktor beider Rechte promoviert. Anschließend hielt er Vorlesungen über alle Gebiete der Rechtswissenschaft. 1727 wurde er Universitäts- Syndikus, 1730 ao., 1731 ordentlicher Professor der Rechte. 1743 wurde er Vizepräsident des Oberkonsistoriums. 1755 folgte er einem Ruf nach Halle als Direktor der Friedrichs- Universität in Halle und als erster dortiger Rechtslehrer.

352 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.261; Noten, S. 175 353 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 251f 354 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.255ff 355 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten S. 175; WBIS DBA Teil 1, S. 444ff: Baader, Clemens Alois: Lexikon verstorbener baierischer Schriftsteller. T. 1. 1824

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 70

Nettelbladt, Christian356. 1696 – 1775. (10 Titel). N. hat 1714 in Rostock Theologie, dann Jura studiert. 1715 ging er nach Jena, dann nach Halle. Dort studierte er bei Thomasius, Ludewig, Böhmer, Gundling und Ludovici. Er hat sich zunächst mehrmals vergeblich um eine Professur beworben. Er ging dann nach Groningen, um 1724 mit „De probationibus“ den Doktorgrad zu erwerben. 1724 wurde er Professor in Greifswald, 1740 Reichskammerge- richtsbeisitzer. Wegen des Vorwurfs von Dienstvergehen wurde er 1774 aus dem Amt ent- fernt. Von ihm stammen viele Dissertationen. Den Schwerpunkt bilden schwedische Ge- schichte sowie schwedisches und deutsches Recht.

Hommel, Ferdinand August357. 1697 – 1775. (34 Titel). Vater von Karl Ferdinand Hommel. H. studierte in Leipzig und Halle bei Thomasius, Ludewig und Gundling. 1719 wurde er in Halle promoviert, 1734 wurde er Professor für den Titel de verborum significatione in Leipzig, 1736 dort Assessor der Juristenfakultät.

Estor, Johann Georg358. 1699 – 1773. (31 Titel). E. hat erst in Gießen, dann in Jena und ab 1719 in Halle studiert. Er lebte zunächst im Hause des Kanzlers Johann Peter von Ludewig, dann bei Gundling, dessen Lieblingsschüler er war. Er hörte Vorlesungen bei Thomasius und Böhmer. Dann machte er seine peregrinatio academica durch Deutschland. 1725 erwarb er das juristische Lizentiat. 1726 wurde er ao. Professor in Gießen, 1727 dort ordentlicher Pro- fessor. 1728 wurde er zum Dr. der Rechte promoviert. 1735 wurde er zum Professor der Pan- dekten und Beisitzer im Hofgericht und im Schöppenstuhl in Jena berufen. 1742 wurde er Zweiter Professor der Rechte, 1748 wurde er Erster Professor und Vizekanzler, 1768 Kanzler in Marburg. Er hat viele Berufungen abgelehnt. Seine Schriftstellerlaufbahn erstreckte sich auf die Gebiete deutsche Rechtsgeschichte, öffentliches Recht und Zivilrecht.

Westphalen, Ernst Joachim359. 1700 – 1759. (5 Titel). W. studierte zunächst in Rostock und in Halle und ging dann nach Jena, wo er 1721 mit der deutschrechtlichen Arbeit „De genuina origine potentatus principum in Imperii S. R. Germanico“ (im Dissertationenbestand vorhan- den) zum Dr. iur. promoviert wurde. Er las hier ein Semester als Privatdozent und ging an- schließend auf Reisen. Ab 1724 war er in Rostock Advokat und Privatdozent. Als Erster lehr- te er in Rostock deutsches Recht. 1727 zog er nach Hamburg und praktizierte dort als Advo- kat. 1730 wurde er Erster Bürgermeister in Kiel, 1734 Kurator der Universität, 1736 Hofkanz- ler und Mitglied des Geheimen Rats (Kabinettsregierung) des Herzogtums Holstein. Er vertrat den Standpunkt, dass das geltende deutsche Recht durch das römische und kanonische Recht weitgehend entstellt sei, so dass man auf die skandinavischen Rechte rekurrieren müsse, um die echt germanische Auffassung zu ermitteln.

Balthasar, Augustin360. 1701 – 1786. (17 Titel). B. studierte in Greifswald Geschichte und Philosophie, dann in Jena Rechtswissenschaft. 1726 wurde er in Greifswald Lizentiat der Rechte, 1727 habilitierte er sich als Adjunkt der juristischen Fakultät, 1730 erlangte er den Titel des Dr. iur. Ab 1734 war er ordentlicher Professor der Institutionen, später der Pandek- ten, des Kirchen- und des Lehnrechts in Greifswald. 1763 wurde er Assessor am Wismarer Tribunal, 1778 Vizepräsident dieses Gerichtshofs. Er erwarb sich Verdienste um die Erfor- schung pommerscher Antiquitäten.

356 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.267; Noten S. 181f 357 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 83 358 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 240ff 359 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.267ff; S. 182f; ADB Band 42 (1897) S.218 - 221 360 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 265f; Noten, S. 179

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 71

Senckenberg, Heinrich Christian361. 1704 – 1768. (26 Titel). S. studierte 1719 – 1724 Rechtswissenschaft in Gießen. 1729 wurde er dort zum Dr. jur. promoviert, dann war er Ad- vokat in Frankfurt/Main. 1730 trat er in den Dienst des Wild- und Rheingrafen Karl von Dhaun. 1736 wurde er zum Professor der Rechtswissenschaft in Göttingen, 1745 als kaiserli- cher Reichshofrat nach Wien berufen. Er hat geschichtliche Untersuchungen zum deutschen Staats- und Lehnrecht durchgeführt, und sich dabei vor allem um deutsche Rechtsquellen be- müht. So hat er im „Corpus iuris feudalis Germanici“ von 1740 alle bekannten Lehnrechte germanischen Ursprungs zusammengestellt. Eine Ausgabe des „Corpus“ von 1772 ist in der UBFU vorhanden, ebenso seine vierbändige Sammlung der Reichsabschiede in der letzten und vollständigsten Ausgabe von 1747. Eine weitere Zusammenstellung staatsrechtlicher Quellen, die in der UBFU vorhanden ist, ist die „Sammlung von ungedruckt und raren Schrif- ten zur Erläuterung derer Rechte und Geschichten von Teutschland“ 4 Bde, 1745 – 1751.

Scheidt, Christian Ludwig362. 1709 – 1761. (8 Titel). S. studierte in Altdorf und Straßburg. 1738 wurde er ao. Professor in Göttingen, 1739 –1748 war er ordentlicher Professor der Rechte in Kopenhagen. 1748 wurde er Bibliothekar und Archivar in Hannover.Von ihm stammen die „Anmerkungen und Zusätze zu Mosers ‚Einleitung in das Braunschweig- Lüneburgische Staats-Recht’“. Eine Ausgabe von 1757 ist in der UBFU vorhanden. Auch eine zweibändige Schrift zum Streit über die Geschichte und die Rechtsstellung des Adels ist im allgemeinen Bestand: „Historische und diplomatische Nachrichten von dem höheren und niedern Adel in Teutschland“ 1754 – 1755.

Heumann, Johann (Edler von Teutschenbrunn)363. 1711 – 1760. (6 Titel). H. studierte in Altdorf Geschichte und Rechtswissenschaft. 1740 wurde er dort zum Dr. iur. promoviert und wurde ao. Professor der Rechte. 1744 wurde er Professor der Institutionen, 1745 des Staats- rechts und 1757 der Pandekten. Er war auch Rechtshistoriker und Diplomatiker. Er hat die deutschen Bestandteile des bürgerlichen Rechts betont. Seine in der UBFU vorhandenen Werke „Commentarii de re diplomatica imperatorum ac regum Germanorum“ (2 Bände, 1745 – 1753) und „Commentarii de re diplomatica imperatricum Augustarum ac reginarum in Germaniae“ (1749) sind wegen der enthaltenen Urkunden noch immer von Bedeutung.

Mencke, Gottfried Ludwig364. 1712 -1762. (96 Titel). Enkel des Leipziger Ordinarius Lüder Mencke. 1748 wurde M. ao. Professor in Leipzig, 1749 ordentlicher Professor und Beisitzer am Hofgericht in Wolfenbüttel und Direktor der Helmstedter Juristenfakultät.

Hofmann, Johann Andreas365. 1716– 1795. (14 Titel). H. studierte in Jena und wurde dort 1747 unter dem Vorsitz von Engau mit der Dissertation „De iuribus indigenarum Germaniae“ zum Doktor beider Rechte promoviert. 1754 wurde er ordentlicher Professor in Marburg. Er lehrte vor allem deutsches Privat- und Lehnrecht, aber auch Wechselrecht, kanonisches Recht, Pandekten, Institutionen, Rechtsgeschichte, Reichsprozess und öffentliches Recht. Er hat Schriften von Johann Georg Estor herausgegeben und in dessen Sinne weitergearbeitet. Ab 1761 war H. Deputierter der Universität beim Landtag von Kassel und hat dann nur noch in geringem Umfang seine Lehrtätigkeit ausgeübt.

361 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.245ff 362 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 250f 363 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, 3,1 S. 243f; Noten, S. 159f 364 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 157; ADB Bd 21 (1885) S. 311f 365 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text 241, Noten, S. 159

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 72

Eisenhart, Johann Friedrich366. 1720 – 1783. (15 Titel). E. hat ab 1739 in Helmstedt Philo- sophie, schöne Wissenschaften und Rechtswissenschaft studiert und wurde dort 1746 lic. iur. 1747 besuchte er die Universität Göttingen. 1748 wurde er Dr. iur. und Beisitzer der Juristen- fakultät der Universität Helmstedt. 1751 wurde er dort ao. Rechtsprofessor, 1754 ordentlicher Professor, 1762 Ordinarius an der Juristenfakultät. Sein Werk „Grundsätze der deutschen Rechte in Rechtssprichwörtern, Helmstaedt. 1759“ ist in der UBFU vorhanden, ebenso eine Ausgabe von 1935, die von Kurt Waldmann u. d. T. „Deutsches Recht in Sprichwörtern“ her- ausgegeben wurde. Das Werk ging auf seinen Lehrer Franz Carl Conradi zurück. Seine „Er- zählungen von besonderen Rechtshändeln“, eine Art Pitaval, befindet sich in der Staatsbiblio- thek Pr. K.

Haeberlin, Franz Dominicus367. 1720 – 1787. (7 Titel). H. studierte ab 1739 in Göttingen. 1745 wurde er ao., 1747 ordentlicher Professor der Geschichte und ab 1751 auch des Staats- rechts in Helmstedt. In erster Linie war er Historiker, verband aber auf Hallesche Weise die Geschichte eng mit dem Staatsrecht. Sein 20-bändiges geschichtliches Hauptwerk. „Neueste Teutsche Reichs-Geschichte vom Anfange des Schmalkaldischen Krieges bis auf unsere Zei- ten. Halle 1774 -1786“ ist im allgemeinen Bestand der UBFU vorhanden.

13 Die Wolf(f)sche Schule und ihre Gegner

13.1 Allgemein

Gasser, Simon Peter368. 1676 – 1745. (39 Titel). G. studierte in Halle und hatte dort als erster eine Professur der Nationalökonomie inne. Außerdem war er Beisitzer der Juristenfakultät und des Schöppenstuhls.

Köhler, Heinrich369. 1685 – 1737. (2 Titel). K. studierte ab 1704 Rechtswissenschaft, Ma- thematik und Philosophie in Leipzig und in Halle. Er war zunächst Hofmeister in Gotha und Privatlehrer in Jena. 1734 wurde er ao. Professor in Jena. K. lehrte Natur- und Völkerrecht auf der Grundlage der Wolf(f)schen Begriffe.

Bastineller, Gebhard Christian370. 1689 – 1755. (79 Titel). B. studierte Rechtswissenschaft in Halle und reiste dann nach Wien, Regensburg und Wetzlar. Er war Hofmeister, Advokat und Notar und wurde 1711 in Halle promoviert. Dort dozierte und disputierte er und wurde 1714 in Wittenberg zum ordentlichen Professor der Institutionen. Außerdem war er Assessor des Schöppenstuhls, des Hofgerichts und der Juristenfakultät.

Schorch, Hieronymus Friedrich371. 1692 – 1783. (53 Titel). S. studierte von 1708 – 1713 in Erfurt und dann bis 1716 in Leipzig. Den Rest seines Lebens verbrachte er in seiner Heimat- stadt Erfurt. Dort war er ab 1719 in der öffentlichen Verwaltung tätig. 1722 wurde er zum Dr. iur. promoviert. 1728 wurde er Bürgermeister. Seine akademische Laufbahn begann er 1732

366 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.244f 367 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text S. 249, Noten S. 166f 368 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text S. 278, Noten S. 64; WBIS DBA Teil 1, S. 80ff: Dunkel, Johann Gottlob Willhelm: Historisch-kritische Nachrichten von verstorbenen Gelehrten und deren Schriften. Bd 1, Teil 3. 1754 369 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 272f; Noten, S. 186 370 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 199; WBIS, DBA, Teil 1, S. 292f: Moser: Lexikon. 1738 371 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 201f

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 73 als ao. Professor der Rechte und Beisitzer der Juristenfakultät. 1736 wurde er ordentlicher Professor der Institutionen, 1744 des Staatsrechts, 1752 der Pandekten, 1759 des Codex und des Lehnrechts. 1765 wurde er Professor der Dekretalen und Senior der Fakultät. S. hat eine große Zahl von gehaltvollen Dissertationen verfasst, aber kein umfassendes Werk. Neben zivilistischen Fragen behandelt er staatsrechtliche Probleme im Anschluss an die Goldene Bulle.

Mantzel, Ernst Johann Friedrich372. 1699 – 1768. (41 Titel). M. studierte in Rostock und Wittenberg zunächst Theologie, dann Rechtswissenschaft. 1721 wurde er Magister, Doktor der Rechte und ordentlicher Professor der Moral in Rostock, 1730 ordentlicher Professor der Institutionen, 1746 der Pandekten und Senior der Juristenfakultät. 1760 wurde er Professor iuris primarius an der neu gegründeten Universität Bützow.

Crell, Christoph Ludwig373. 1703 – 1758. (96 Titel). C. studierte in Leipzig und wurde dort 1721 Magister. 1723 wurde er Advokat, 1724 wurde er zum Dr. iuris promoviert. 1725 wurde er Professor Poeseos extraordinarius, 1730 Professor Naturae et Gentium, 1733 außerordentli- cher Beisitzer der Juristenfakultät, 1735 ordentlicher Professor der Institutionen und Beisitzer der Juristenfakultät, des Hofgerichts und des Schöppenstuhls in Wittenberg. Von ihm stam- men zahlreiche Disputationen. Er hat intensiv an den „Acta eruditorum“ mitgearbeitet.

Cramer, Johann Ulrich374. 1706 - 1772. (25 Titel). Ab 1726 hat C. in Marburg studiert und ist dort in eine nahe Beziehung zu Wolf(f) getreten. Er hat Philosophie, Mathematik und Rechtwissenschaft studiert. 1731 wurde er zum Doktor beider Rechte promoviert und wurde im selben Jahr ao., 1733 ordentlicher Professor. 1742 wurde er in den kaiserlichen Reichshof- rat in Frankfurt berufen. 1745 wurde er Beisitzer am Reichs-Vikariats-Hofgericht in Mün- chen, im selben Jahr kehrte er nach Marburg zurück. Zunächst ohne Amt, wurde er 1752 Bei- sitzer am Reichskammergericht in Wetzlar. Aus seiner Tätigkeit dort entstand eine Sammlung von Aufsätzen zu Entscheidungen des Reichskammergerichts mit dem Titel „Wetzlarische Nebenstunden...“, die im allgemeinen Bestand der UBFU vorhanden ist. Cramer hat alle Ge- biete der Rechtswissenschaft bearbeitet, besonders aber das Staats- und Fürstenrecht. Seine „Opuscula“, eine Sammlung kleinerer Schriften, ist in der Ausgabe der gesammelten Werke von Christian Wolf(f) enthalten (in der UBFU vorhanden). In dem im Dissertationenbestand vorhandenen „Programma de optima iura docendi methodo“ bekennt sich Cramer zur Wolf(f)schen Methode.

Cramers Wirken war auch von kirchenrechtlicher Bedeutung. Er meint, dass jede christliche Kirche eine selbstberechtigte Gesellschaft zur Erreichung ihrer religiösen Ziele ist. Ihr stehen die zur Religionsausübung notwendigen Rechte zu. Diese Rechte nennt Cramer iura circa sacra collegia. Soweit sich die Kirche wie jede Gemeinschaft dem Staat und seiner Wohlfahrt unterordnen muss, hat der Staat Rechte über sie, die iura circa sacra maiestatica. Die ersteren sind Gewissenssachen, sie sind nicht erzwingbar. Die letzteren, die die äußere Wohlfahrt be- treffen, sind erzwingbar. Nur diese stehen dem Herrscher zu. Die ersteren können ihm von der Gemeinschaft der Gläubigen übertragen werden. Dann ist bei der Rechtsanwendung jedes Mal zu unterscheiden, ob ein ius collegiale oder ein ius maiesticum vorliegt. Katholische Landesherren haben gegenüber der von ihnen geduldeten protestantischen Kirche nur die iura circa sacra maiestica, da eine Übertragung des ius collegiale nicht zu vermuten ist.

372 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 195, 266; WBIS BDA Teil 1, S. 131: Weidlich, Christoph: Lexicon…1766 373 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 199 374 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.273ff; Noten 187ff

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 74

Schierschmidt, Johann Justinus375. 1707 – 1778. (10 Titel). S. studierte ab 1727 Jura und Philosophie in Jena. 1730 ging er nach Marburg, um Wolf(f) zu hören. 1733 wurde er Mag. phil. in Erfurt, 1734 Doktor beider Rechte in Halle und führte nach Köhlers Tod dessen Kol- legien in Jena weiter. Ab 1739 war er ao. Professor der Philosophie in Jena, 1743 erhielt er einen Ruf als ordentlicher Professor der Rechte und der Philosophie an die neu gegründete Universität in Erlangen. Dort blieb er bis zu seinem Tode und bemühte sich um die Pflege der Wolf(f)schen Lehre.

Jenichen, Gottlob August376. 1709 – 1759. (6 Titel). J. studierte in Schulpforta und in Leipzig. In Leipzig wurde er 1729 Notar, 1730 Mag. phil. und Dr. iur. Danach war er in Leipzig Dozent, Advokat und Schriftsteller, ab 1747 ordentlicher Professor in Gießen. Sein bedeutendstes Werk ist eine Neuausgabe von Martin Lipenius’ „Bibliotheca realis iuridica“ mit Nachträgen (in der UBFU vorhanden).

Nettelbladt, Daniel377. 1719 – 1791. (56 Titel). Ab 1733 studierte N. in Rostock erst Theolo- gie, dann Rechtswissenschaft, nebenbei auch Mathematik und Wolf(f)sche Philosophie. Ab 1740 setzte er sein Studium in Marburg fort: bei Wolf(f) studierte er Mathematik und Philo- sophie, bei Ulrich v. Cramer Rechtswissenschaft. 1741 ging er mit Wolf(f) nach Halle. Dort wurde er 1744 unter dem Vorsitz von Justus Henning Böhmer mit der Verteidigung seiner Dissertation „De iure imperatoris, Vicariorum Imperii, electorum, et reliquorum statuum Im- perii circa quaestionum an? in electione Regis Romanorum. …“ promoviert (im Dissertatio- nen-bestand vorhanden). Kurz darauf begann er mit seinen Vorlesungen und hatte, da er sich als Schüler Wolf(f)s der „demonstrativen“ Methode bediente, lebhaften Zuspruch seitens der Studenten. 1746 erhielt er eine ordentliche Professur in Halle.

Sein Programm ist dargestellt in seiner Schrift „Unvorgreiffliche Gedanken von dem heutigen Zustand der bürgerlichen und natürlichen Rechtsgelehrtheit in Deutschland… “ (abgedruckt in: Wolf(f), Christian: GesammelteWerke, Abt. 3. 37, in der UBFU vorhanden). N. meint, dass nicht alle Rechtssätze und Rechtsbegriffe philosophisch erschlossen werden könnten, sondern auch die historische Entwicklung zu berücksichtigen sei. Sein Ziel war es, ein Ge- samtsystem der Rechtswissenschaft zu erstellen, alle Teile sollen integriert werden. Sein Werk „Systema elementare universae jurisprudentiae naturalis in usum praelectionum acade- micarum adornatum“ ist abgedruckt in „Wolf(f), Christian: GesammelteWerke, Abt. 3. 39“ (in der UBFU vorhanden). Es beruht auf den Prinzipien der Wolf(f)schen Philosophie. An- lässlich der Krönung von Friedrich V. zum dänischen König erschien 1747 seine völkerrecht- liche Schrift “De coronatione eiusque effectu inter gentes”. Sie ist im Dissertationenbestand vorhanden. 1775 wurde N. Professor primarius der Juristenfakultät der Hallenser Universität. Er hat Vorlesungen über das gesamte Gebiet der Rechtswissenschaft gehalten.

Bec(k)mann, Gustav Bernhard378. 1720 – 1783. (8 Titel). B. wurde 1747 in Halle zum Dr. iur. promoviert. 1749 wurde er Dozent in Göttingen, 1753 ao. Professor der Rechte, 1759 or- dentlicher Professor der Philosophie. Ab 1761 war er Mitglied der juristischen Fakultät. B. gehörte zu den Gegnern der Wolf(f)schen Schule

375 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.273; Noten, S, 187 376 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 202 377 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.288 ff; Noten 195ff 378 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 286, Noten, S. 193

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 75

Schmid(t), Achat(ius) Ludwig Karl379. 1725 – 1784. (10 Titel). S. bezog die Universität Jena im Jahre 1742, ging dann auf Reisen und wurde 1748 in Jena zum Doktor beider Rechte promoviert. 1756 wurde er als Rat bei der Landesregierung in Coburg angestellt. 1763 kehrte er nach Jena zurück als Hofrat, ordentlicher Professor der Pandekten und Beisitzer des Schöppenstuhls. 1766 tauschte er seine Professur mit der Stellung eines Geheimen Assistenz- rats in Weimar. 1776 wurde er dort Geheimer Rat und Kanzler. Seine Forschungen bezogen sich vor allem auf das evangelische und katholische Kirchenrecht.

Schneidt, Josef Maria380. 1727 – 1808. (13 Titel). S. studierte ab 1746 in Würzburg und er- warb 1749 das Lizentiat der Rechte. 1754 wurde er Konsulent der Abtei Brombach, 1765 or- dentlicher Professor der Pandekten und des fränkischen Rechts in Würzburg. In dieser Stel- lung verblieb er bis zu seinem Ruhestand. S. ist die Erschließung der germanistischen Quellen des fränkischen Gebietes zu verdanken. S. zeigt sich in seinen Bemühungen um die Umbil- dung des romanistischen Rechtsstoffes als Anhänger der Wolf(f)schen Richtung.

Neben der antiquarischen und der philosophischen Richtung gibt es Juristen, die auf älteren Bahnen wandeln oder auch eigene Wege gehen:

Bauer, Johann Gottfried381. 1695 - 1763. (45 Titel). B. studierte in Leipzig und Wittenberg und wurde 1728 in Altdorf zum Dr. iur. promoviert. Dann war er Anwalt und Dozent in Leipzig, 1739 wurde er dort Professor der Rechte. Seine Dissertationen entsprechen prakti- schen Bedürfnissen und enthalten gerade soviel historische Hinweise, wie sie seit Heineccius üblich geworden waren. Die ursprünglich einzeln erschienenen Schriften wurden von seinem Sohn Heinrich Gottfried unter dem Titel „Opuscula academica“ als Sammlung in 2 Bänden (Leipzig 1782 – 1792) herausgegeben.

Heimburg, Johann Caspar von382. 1702 – 1773. (35 Titel). H. hat in Gotha und Jena stu- diert. Dort wurde er 1729 zum Dr. iur. promoviert und wurde in Jena 1730 ao. Professor der Rechte, 1734 ordentlicher Professor der Jurisprudenz und Beisitzer des Hofgerichts und des Schöppenstuhls. Seine Methode wurde von Zeitgenossen als synthetische bezeichnet. Sie geht von bestimmten Definitionen aus und stellt Grundsätze auf, die dann weiterentwickelt wer- den. Sie liegt vielen seiner Dissertationen zugrunde.

Engau, Johann Rudolph383. 1708 – 1755. (21 Titel). Ab 1726 hat E. in Jena studiert. 1734 wurde er zum Dr. iur. promoviert, 1738 wurde er ao. Professor, 1740 ordentlicher Professor und Beisitzer des Schöppenstuhls. 1743 wurde er Professor der Institutionen und Beisitzer am Landgericht. Er folgt Thomasius hinsichtlich der aufgeklärten Anschauung der Hexerei und der Unverbindlichkeit der mosaischen Strafgesetze, lässt aber der Folter und dem Reinigungs- eid im Strafprozess weiten Raum.

Bauer, Heinrich Gottfried384. 1733 – 1811. (55 Titel). Der Sohn von Johann Gottfried Bauer studierte in Leipzig und wurde dort 1760 zum Dr. iur. promoviert. Er wurde wie sein Vater

379 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 201; WBIS DBA Teil 2 S. 293ff.: Krieg, Thilo [Hrsg.]: Das geehrte und gelehrte Coburg. Bd 2 1929 (302) 380 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 480f, Noten, S.305f 381 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 199f, ADB Bd 46 (1902) S. 239 382 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.299; Noten, S. 200f; Meusel: Schriftsteller, Band 5. 1805. S. 295 383 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.299; ADB, Band 6 (1877), S. 112 384 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband:: Noten, S. 200, ADB Bd 46 (1902) S. 239

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 76

Ordinarius der Leipziger Juristenfakultät und Professor des Codex. Seine kleineren Schriften sind auch in einer Sammlung mit dem Titel „Responsa ad quaestiones ex iure vario civili...“ (Leipzig 1800 – 1801) erschienen. Praktisch bedeutsam war sein Werk „Die Churfürstlich Sächsischen Decisiones vom Jahr 1746“ Teil 1 und 2 (Leipzig 1794 – 1798), das in der Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden ist. Kommentare zu einzelnen Decisiones sind in der Dis- sertationensammlung vorhanden.

Kapff, Sixt Jacob385. 1735 – 1821. (14 Titel). K. studierte ab 1752 in Tübingen und wurde dort 1757 Lizentiat beider Rechte und Hofgerichtsadvokat. 1761 wurde er ao. Professor der Rechte, 1765 Hofgerichtsassessor, 1766 Professor am Collegium illustre. 1767 wurde er zum Doktor beider Rechte promoviert und wurde Professor der Rechte an der Universität Tübin- gen.

13.2 Cameralistik

Die Tätigkeit des Reichskammergerichts hat um die Mitte des 18. Jahrhunderts die Aufmerk- samkeit der Juristen auf sich gezogen, weil das RKG die letzte lebendige Funktion des Reichskörpers verkörperte386. Zu diesen Juristen gehörte:

Tafinger, Friedrich Wilhelm387. 1726 – 1777. (5 Titel). T. studierte Rechtswissenschaft in Tübingen, wurde dort 1749 Lizentiat und 1751 zum Dr. iur. promoviert. Danach besuchte er mehrere deutsche Hochschulen und hielt in Jena Vorträge über den Reichskammergerichts- prozess. 1753 wurde er ao. Professor, 1759 ordentlicher Professor in Tübingen.

13.3 Strafrecht

Böhmer, Johann Samuel Friedrich388. 1704 – 1772. Sohn von Justus Henning Böhmer (oben S. 57). (22 Titel). Ab 1704 absolvierte er ein Jurastudium bei seinem Vater in Halle. 1725 wurde er zum Dr. iur. utriusque promoviert, 1726 wurde er ordentlicher Professor in Halle, 1750 Erster Professor an der Juristischen Fakultät der Universität Frankfurt/Oder. Er hat das erste Lehrbuch des gemeinen Strafrechts und Strafprozesses von wissenschaftlicher Bedeutung auf Grundlage der Carolina unter Zurückstellung des römischen Rechts geschrie- ben: „Elementa iuris criminalis.“ 1732. Das Werk ist in der Humboldt-Universität vorhanden. B schwankt zwischen Thomasisch-naturrechtlichem Einfluss und der kursächsischen Praxis. Er sieht die Folter als ein notwendiges Übel an.

Meister, Christian Friedrich Georg389. 1718 – 1782. (23 Titel). M. studierte in Altdorf und Göttingen, 1741 wurde er in Göttigen zum Dr. iur. promoviert. 1750 wurde er dort a.o., 1754 ordentlicher Professor der Rechte. Er widmete sich erst der eleganten Jurisprudenz und wand- te sich dann dem Strafrecht zu. Sein Strafrechtslehrbuch „Principia iuris criminalis Germa- niae“ ist als Nachdruck der 5. Auflage 1780 (von 1996) in der Humboldt-Universität vorhan- den. M. will kanonisches und römisches Recht erst in letzter Subsidiarität anwenden. In der Frage von Folter und Strafen folgt er noch der Überlieferung wie auch Böhmer.

385 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 210, 271, WBIS DBA Teil 1, S. 54: Moser, Johann Jacob: Württembergisches Gelehrten-Lexikon. T. 2. 1772 386 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 299 387 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 300; Noten, S. 202; ADB Bd 37 (1894), S. 350f 388 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.301ff, Noten, S. 204 389 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 304ff; Noten, S. 204f

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 77

13.4 Kanonistik

Böhmer, Georg Ludwig390. 1715 – 1797. Dritter Sohn von Justus Henning Böhmer. (oben S. 57). (79 Titel). Ab 1726 besuchte B. das Pädagogium in Halle, 1730 begann er sein Studium und wurde 1738 in Halle zum Dr. iur. promoviert. Eine Vorlesungstätigkeit schloss sich an. 1740 wurde er ao. Professor, 1742 ordentlicher Professor in Göttingen. Seine wissenschaftli- che Tätigkeit erstreckte sich auf das Lehnrecht, das kanonische Recht und das Zivilrecht. Sei- ne hauptsächliche Bedeutung liegt auf dem Gebiet des Kirchenrechts. Dessen Begründung sah er auf einer naturrechtlichen Basis unter Zugrundelegung des Gesellschaftsbegriffs. Er hat das Kollegialsystem gegenüber dem Territorialsystem in den Vordergrund gerückt. Sein Haupt- werk „Principia iuris canonici, speciatim iuris ecclesiastici publici et privati quod per Germa- niam obtinet”, 1762 u. ö., ist in der Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden. Sein Lehnrechtslehr- buch “Principia iuris feudalis, praesertim Longobardici, quod per Germanicum obtinet”, ein Compendium, das in hohem Ansehen stand391, ist in der UBFU in 3. Auflage von 1725 vor- handen.

13.5 Privatrecht

Harpprecht, Christoph Friedrich392. 1700 – 1774. (8 Titel). Er absolvierte ein Studium und unternahm dann eine wissenschaftliche Reise, 1727 erhielt er einen Lehrstuhl für württember- gisches Privatrecht in Tübingen, 1730 wurde er zum Dr. iur. promoviert, 1731 wurde er or- dentlicher Professor des württembergischen Rechts und der Pandekten in Tübingen. Er wollte ein Lehrbuch des württembergischen Rechts erarbeiten, dazu kam es aber nicht. Zur Vorberei- tung hat er mehrere Dissertationen dazu geschrieben. Eine davon: „Specimen vindiciarum iuris civilis moderni Württembergici ...Tübingen 1727“ ist im Dissertationenbestand vorhan- den.

Hellfeld, Johann August393. 1717 – 1782. (32 Titel). 1739 wurde er zum Dr. iur. in Jena promoviert und war dann Advokat und Dozent. Ab 1749 war er Beisitzer, ab 1756 Senior im Schöppenstuhl. 1753 wurde er ordentlicher Professor, 1774 Präses im Hofgericht in Jena. Be- kannt geworden ist er durch sein Werk „Jurisprudentia forensis secundum ordinem Pandecta- rum.“ (2 Bde in 3. Aufl. 1771 in der UBFU vorhanden). Dabei handelte es sich um eines der beliebtesten Lehrbücher bis ins 19. Jahrhundert hinein.

Koch, Johann Christoph394. 1732 – 1808. (39 Titel). K. studierte Rechtswissenschaft in Je- na. Er wurde dort 1756 zum Dr. iur. promoviert und war anschließend als Dozent tätig. Ab 1759 war er ordentlicher Professor in Gießen. 1763 wurde er Hofrat, 1764 Syndikus, 1771 Erster Professor der Rechte und Prokanzler, 1772 Geheimrat, 1782 Kanzler. Er war ein be- deutender Zivilist. Literarische Fehden trug er mit Hommel, Schott, Böhmer und anderen Zeitgenossen aus. Darunter ist die im Dissertationenbestand vorhandene Schrift „De ordine legum in Pandectis“. Dort wird fälschlich behauptet, erst Gothofredus habe den Namen Cor- pus iuris civilis erfunden, weil er ihn zuerst aufs Titelblatt gesetzt hat395.

390 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.307f, Noten, S. 205f 391 ADB, Band 3 (1876) S. 73f 392 Stintzing-Landsberg, 3. Abt. 1. Halbband: Text, S. 309; Noten, S. 206ff 393 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 309f; Noten, S. 207f 394 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.310ff; Noten, S. 208ff 395 S. dazu Lexikon des Mittelalters, 10 Bde, Stuttgart: Artemis 1977 – 1999. Bd 3: Codex Wintoniensis bis Erziehungs- und Bildungswesen. 1986, S. 270 –277 (270): „ Justinians Kodifikation des römischen Rechts

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 78

Koch hat sich auf fast allen Rechtsgebieten betätigt, sehr erfolgreich auch auf dem Gebiet des Strafrechts. Sein Lehrbuch „Institutiones iuris criminalis, in usum auditorium“ (in 2. Aufl. 1763 in der UBFU vorhanden) legt wie die Lehrbücher seiner Vorgänger Böhmer und Meister die Carolina und das geltende Recht zugrunde. K. plädiert bei einigen Delikten für mildere Strafen, hält aber Folter für notwendig. Ferner hat Koch kanonistische Schriften verfasst. Kri- tik an G. L. Böhmers Ansichten über die Verfassung der evangelischen Kirche übt er in dem Programm „De sacris religionis internis et externis.1779“ (im Dissertationenbestand vorhan- den).

13.6 Öffentliches Recht

Kortholt, Franz Justus396. 1711 – 1771. (10 Titel). K. studierte ab 1727 Rechtswissenschaft in Gießen und wurde dort 1738 zum Doktor der Rechte promoviert. Er hielt juristische und historische Vorlesungen und ging 1739 als Sekretär des Reichshofrats Graf zu Sayn Wittgen- stein-Berleburg nach Wien. Nach dem Tod Kaiser Karls VI. kehrte er mit seinem Dienstherrn nach Berleburg zurück und wurde zum Beisitzer der gräflichen Regierung, einige Monate später zum Professor der Beredsamkeit und der Poesie, 1742 auch zum ao. Professor der Rechte in Gießen ernannt. 1755 erhielt er dort das Erste Lehramt für Rechtswissenschaft und 1764 das Vizekanzleramt der Universität. Er verfasste zahlreiche Gutachten und Streitschrif- ten, seine besondere Stärke lag auf dem Gebiet des Staatsrechts.

Hoffmann, Gottfried Daniel397. 1719 – 1780. (57 Titel). H. studierte in Tübingen und wurde 1739 Lic. iur. und Hofgerichtsadvokat. 1742 wurde er ao., 1743 ordentlicher Professor der Rechte am Collegium illustre in Tübingen, 1747 ordentlicher Professor des Staats- und Lehn- rechts an der Universität. 1751 wurde er zum Kaiserlichen Hofpfalzgrafen ernannt, ab 1752 war er Hofgerichtsassessor auf der gelehrten Bank. Seine publizistischen Abhandlungen er- freuten sich allgemeiner Anerkennung.

14 Staatsrecht

Moser, Johann Jacob398. 1701 – 1785. (6 Titel). M. absolvierte ein Studium in Tübingen und machte dort das Lizentiatenexamen. Er hatte ein besonderes Interesse für das öffentliche Recht, vor allem das Reichstaatsrecht. Schon mit 18 Jahren wurde er Professor extraordinari- us in Tübingen. 1721 – 1726 war er im kaiserlichen Dienst in Wien, 1727 – 1732 Professor am Collegium illustre in Tübingen. Er hat diese Professur wegen Schwierigkeiten mit der herzoglichen Zensur niedergelegt. 1736 – 1739 war er dann Professor iuris primarius ordina- rius in Frankfurt/Oder. Dort ist er ausgeschieden wegen Schwierigkeiten mit seinen Kollegen und der Berliner Verwaltung. Er lebte dann als Privatmann. In dieser Zeit hat er sein Werk „Teutsches Staats-Recht“ (mehrere Ausgaben in der UBFU vorhanden) verfasst. 1747/48 wurde er Kanzleichef beim Landgrafen von Hessen-Homburg, 1749 Dozent an der Staats- und Kanzleiakademie in Hanau. 1751 wurde er Rechtsberater der Landstände im Herzogtum Württemberg. Mit seinen Reformvorschlägen zum Gemeinwohl machte er sich allerdings unbeliebt. M. wurde in den Verfassungskonflikt zwischen Herzog und Landständen verwi-

seit Mitte des 12. Jahrhunderts „corpus iuris“ genannt, seit dem 13. Jahrhundert „corpus iuris civilis.“ 396 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 211; WBIS DBA Teil 1 S. 423: Hirsching, Friedrich Karl Gottlob: Historisch-literarisches Handbuch. Bd 3. 1797 397 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 211 398 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.315ff; Noten, S. 212ff

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 79 ckelt und vom Herzog als Haupt des Widerstandes der Landstände angesehen. Deshalb wurde er 1759 ohne gerichtliches Verfahren für fünf Jahre auf die Festung Hohentwiel zur Einzelhaft verbracht. Dort hat er religiöse Lieder geschrieben. 1764 wurde er auf eine Klage der Land- stände hin nach einem Beschluss des Reichshofrats entlassen. Von 1764 – 1770 war er wieder Rechtsberater der Landstände. Er hat die erste Darstellung des in Deutschland geltenden Staatsrechts verfasst und die Staatsrechte einzelner Territorien dargestellt. Seine literaturge- schichtliche und bibliographische dreibändige Arbeit „Bibliotheca iuris publici Germanici Imperii. Stuttgart 1729 – 1734“, ist in der Staatsbibliothek Pr. K. Moser war einer der bedeu- tendsten deutschen Staatsrechtslehrer und auch der stärksten Vielschreiber Deutschlands“399.

Achenwall, Gottfried400. 1719 – 1772. (4 Titel). Ab 1738 studierte A. in Jena, dann in Halle, wieder in Jena und schließlich in Leipzig. 1743 – 1746 war er Hofmeister in Dresden. 1746 erlangte er die Magisterwürde in Leipzig. A. war Historiker und Jurist. Er vertrat naturrechtli- che Vorstellungen. 1746 ging er als Privatdozent für Geschichte, Statistik, Naturrecht und Völkerrecht nach Marburg. 1748 folgte er einem Ruf nach Göttingen als Dozent und ao. Pro- fessor an der philosophischen Fakultät. Er war Freund und Kollege Johann Stephan Pütters (s. nächsten Eintrag). 1753 wurde er ao. Professor an der juristischen Fakultät und ordentlicher Professor an der philosophischen Fakultät. 1761 erhielt er eine ordentliche Professur für Na- turrecht und Politik, 1762 wurde er zum Dr. iur. utriusque promoviert. 1750 brachte er zu- sammen mit Pütter eine Schrift zum Naturrecht heraus „Elementa iuris naturae“. Eine Über- setzung ist unter dem Titel „Anfangsgründe des Naturrechts“ 1995 erschienen (in der UBFU vorhanden). Achenwalls zweibändiges Werk „Ius naturae“ von 1767/68 ist im Fachbereich Rechtswissenschaft der FU vorhanden. Achenwall wird auch als „Vater der Statistik“ be- zeichnet401. Von den statistischen Werken ist allerdings in der FU nichts vorhanden.

Pütter, Johann Stephan402. 1725 – 1807. (29 Titel). Pütter studierte in Marburg, Halle und Jena. 1744 habilitierte er sich in Marburg. 1746 wurde er ao. Professor, 1753 ordentlicher Professor in Göttingen. Von David Georg Struve gefördert ist er trotz guter beruflicher Ange- bote in Göttingen geblieben. Mit seinem großen Lehrerfolg hat er zum guten Ruf der Juristen- fakultät Göttingens beigetragen. Seinerzeit war er der bedeutendste und erfolgreichste Staats- rechtslehrer. Er war einer der ersten, die Deutsch statt Latein als Unterrichtssprache benutz- ten. Er hat germanisches Recht neben dem römischen anerkannt. Das Wohlfahrtswesen hat er aus dem zu der Zeit umfassenden Polizeibegriff ausgegliedert und für ein vom Verfassungs- recht getrenntes Verwaltungsrecht plädiert. Pütters Schriften sind vorwiegend aus seinen Vor- lesungen hervorgegangen. Über seine Reise zu den Reichsgerichten wird berichtet in „Patrio- tische Abbildung des heutigen Zustandes beyder höchsten Reichsgerichte. 1749“ (in der UBFU vorhanden). Zu seinen wichtigen Werken zählen: „Vollständigeres Handbuch der teut- schen Reichshistorie. 1762“ (in der UBFU vorhanden), „Historische Entwickelung der heuti- gen Staatsverfassung des Teutschen Reichs.“ (Bde 2 und 3 in der UBFU vorhanden), „Bü- chernachdruck nach aechten Grundsätzen des Rechts geprüft. 1774“ (in der Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden). Ein Lehrbuch, das einen Überblick über die gesamte Rechtswissenschaft gibt, erschien unter dem Titel „Neuer Versuch einer juristischen Encyclopaedie und Methodo- logie.1767“ (in 2. Auflage in der UBFU vorhanden).

Selchow, Johann Heinrich Christian von403. 1732 – 1795. (7 Titel). S. studierte ab 1751 in Göttingen. 1755 wurde er dort zum Dr. iur. promoviert. 1757 wurde er ao. Professor, 1762

399 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.322 400 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 354; Noten, S. 225 401 ADB, Bd 1 (1875) S. 30 402 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.331ff; Noten. S. 217ff 403 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 354ff; Noten, S. 226f: ADB Bd 33 (1891) S. 670f

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 80 ordentlicher Professor in Tübingen. 1782 ging er nach Marburg und wurde dort als Nachfol- ger Emil Ludwig Hombergk zu Vachs (s. oben S. 63) Kanzler. S. hat sich hauptsächlich mit römischen und deutschen Rechtaltertümern beschäftigt.

Hofacker, Karl Christoph404. 1749 – 1793. (13 Titel). 1771 erwarb H. die Doktorwürde in Göttingen mit der Dissertation „De originibus et fatis successionis ex iure primogeniturae in familiis illustribus Germaniae“ (im Dissertationenbestand vorhanden). 1773 wurde er nach Tübingen berufen. Dort hat er Vorlesungen gehalten. Wie Eberhard Habernikkel, von dem nur die Dissertation „De methodo iuris privati quo per Germaniam utimur“ von 1759 im Disserta- tionenbestand vorhanden ist, hat er in der Fortentwicklung der Ideen von Johann Stephan Püt- ter römisches und deutsches Recht auch auf dem Gebiete des Privatrechts getrennt und ein allgemeines System erstellt. Dazu gehört ein umfangreicher Allgemeiner Teil. Sein System kennt nicht mehr die Verschmelzung des Usus modernus, vielmehr stehen germanistische und romanistische Elemente nebeneinander.

15 Aufklärung

15.1 Katholisches Kirchenrecht

Die aufklärerischen Bestrebungen beeinflussen vor allem das katholische Kirchenrecht in unterschiedlicher Weise. Sie führen einerseits zum innerkirchlichen Febronianismus, der die umfassende Machtstellung des Papstes in Frage stellte und auf dem Emser Kongress von 1786 (unter 06.06.03) in der Forderung einer selbstständigen Stellung der deutschen Bischöfe ge- genüber Rom gipfelte. Andererseits entsteht der absolutistisch geprägte Josephinismus, der auf die kirchliche Gesetzgebung Kaiser Josephs II. zurückgeht und eine bestimmende Stel- lung des Landesherrn gegenüber der Kirche vorsieht.

Hahn, Johann Philipp405. 1690 – 1774. (17 Titel). H. studierte zunächst in Erfurt, dann in Mainz. 1718 wurde er in Mainz Lizentiat, 1719 ao., 1726 ordentlicher Professor. 1730 wurde er zum Dr. iur. promoviert. Von ihm stammen Dissertationen aus verschiedenen Rechtsgebie- ten.

Barthel, Johann Caspar406. 1697 – 1771. (8 Titel). B. war erst Priester, studierte dann in Rom und wurde 1727 dort zum Dr. iur. utriusque promoviert. Anschließend wurde er Profes- sor des Kirchenrechts in Würzburg. 1729 erwarb er den Doktor der Theologie. Er lehrte, dass das Fundamentale in der Kirche vom Unwesentlichen zu trennen sei. Quellen des deutschen Kirchenrechts sind ihm zufolge Konkordate einerseits, Reichsgrundgesetze, Religions- und Westfälischer Friede andererseits.

Neller, Georg Christoph407. 1709 – 1783. (33 Titel). N. bezog 1726 das Klerikalseminar Würzburg und absolvierte gleichzeitig ein theologisches und juristisches Studium an der Uni- versität. Er war Schüler von Barthel und führte dessen Richtung der kanonistischen Studien fort. 1733 wurde er Priester, 1747 erhielt er seine Ernennung zum Professor des kanonischen Rechts in Trier mit der Auflage, innerhalb von 6 Monaten die Würde des Dr. iur. utriusque zu erwerben.

404 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.359f; Noten, S. 229f 405 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.376; Noten, S. 242 406 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.368f; Noten, S. 235f 407 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.369f; Noten S. 236f

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 81

Becker, Hermann408. 1719 – 1797. (8 Titel). B. studierte von 1736 – 1739 Rechtswissen- schaft in Rostock. Von 1739 – 1741 war er Hofmeister in Güstrow und begleitete die Brüder Gosmann an die Universitäten Halle und Leipzig. Dann setzte er sein juristisches Studium in Jena fort und wurde 1746 in Rostock promoviert. Er lehrte nach seiner im Jahr darauf erfolg- ten Habilitation an der von Rostock nach Bützow verlegten Universität. 1768 wurde er Pro- fessor und Direktor des Konsistoriums in Greifswald. B. beschäftigte sich hauptsächlich mit dem Kirchenrecht. Bemerkenswert ist auch seine im Bestand vorhandene Dissertation zur Verbindung zwischen Straf- und Zivilprozess „De tertia specie processus. mixti scilicet, seu denunciatorii, eiusque indole et differentia, a processu tam civili quam criminali. Resp.: Hein- rich Georg Hansen. Rostock 1760“.

Schloer, Johann Georg409. 1722 – 1783. (7 Titel). S. studierte Philosophie und Theologie in Mainz, erhielt hier die Priesterweihe und verbrachte dann einige Zeit im Seminar Ingolstadt. Er wurde 1746 Aushilfsgeistlicher in Mainz und 1750 Pfarrer des Militärhospitals St. Johann. 1753 wurde er Lic. theol., 1755 ao. Professor des geistlichen Rechts in Mainz, 1772 Dr. iur. und 1777 ordentlicher Professor des geistlichen Rechts.

Dürr, Franz Anton410. 1729 – 1805. (21 Titel). D. hat erst Philosophie in Mainz studiert, 1744 wurde er zum Dr. phil. promoviert. Dann studierte er Rechtswissenschaft in Mainz und in Göttingen. Anschließend machte er eine größere akademische Rundreise durch Deutsch- land, auch nach Padua und Bologna und hielt sich eine Weile in Wien, Regensburg und Wetz- lar auf. 1751 wurde er zum Lic. iur. promoviert. 1753 wurde er ao. Professor, 1755 Dr. iur. utriusque und 1757 ordentlicher Professor des Staatsrechts und der Geschichte sowie Beisitzer der Juristenfakultät in Mainz. 1762 wurde er Syndikus des Mainzer Domkapitels. Seine Ab- handlungen zum Kirchenrecht gehören zu den gründlichsten seiner Epoche.

Endres, Johann Nepomuk411. 1731 – 1791. (13 Titel). E. studierte humanistische Fächer, später Theologie und Recht in Würzburg. 1754 erhielt er die Priesterweihe. 1760 wurde er ao., 1771 ordentlicher Professor für Kirchenrecht an der juristischen Fakultät in Würzburg. Er hat eine christliche Naturrechtslehre entwickelt. Seine kanonistische Dissertation von 1761 mit dem Titel „De necessario jurisprudentiae naturalis cum ecclesiastica nexu et illius in hac usu“ ist im Dissertationenbestand vorhanden.

Hedderich, Philipp412. 1744 – 1808. (9 Titel). H. studierte Theologie und Jurisprudenz in Köln und Trier. 1774 ging er als Lehrer des Kirchenrechts an das Gymnasium Bonn, das 1777 Akademie und 1786 Universität wurde. 1778 wurde er zum Dr. theol. promoviert, 1786 er- hielt er die Würde des Dr. iur. 1803 ging er an die Rechtsakademie in Düsseldorf. Hedderich war Vertreter des Josephinischen Systems. Er hat eine Reihe von Abhandlungen über kirchen- rechtliche Gegenstände geschrieben. Nach seiner Auffassung hat der Papst zur Wahrung der religiösen Einheit die Letztentscheidung in allen Glaubenssachen. Die Bischöfe regieren kraft göttlichen Rechts. Die Staatsgewalt ist unabhängig von der kirchlichen und souverän in allen zeitlichen Dingen. Obwohl Jesus Christus Staat und Kirche vollständig geschieden hat, hat der Staat ein „ius circa sacra“, um die Gesellschaft zu regieren und die Kirche zu schützen.

408 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 266; WBIS, DBA, Teil 3, S. 96: Killy [Hrsg.]: Enzyklopaedie. Bd 1. 1995 409 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.377; Noten, S. 244 410 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.377; Noten, S. 244; ADB Bd 5 (1877) S. 489f 411 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.369; Noten, S. 236; ADB Band 6 (1877) S. 110 412 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.374f; Noten, S. 240f

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 82

15.2 Strafrecht

Banniza, Johann Paul413. 1707 – 1775. (10 Titel). B. studierte in Heidelberg und Mainz und war dann würzburgisch-bambergischer Hofrat. 1734 wurde er Professor des Lehnrechts, der Civil- und Kriminalpraxis in Wien. Seit 1755 war er dort Prof. der Pandekten und des Krimi- nalrechts. In seinem Strafrechtssystem folgte er J. S. F. Böhmer (oben S. 76).

Michaelis, Johann David414. 1717 – 1791. (1 Titel). Ab 1733 hat M. in Halle zunächst Medi- zin und Geschichte, dann orientalische Sprachen und Theologie studiert. 1739 wurde er mit einer Arbeit über hebräische Vokalzeichen promoviert. 1745 wurde er ao., 1750 ordentlicher Professor in Göttingen. In seinem Werk „Mosaisches Recht“, 6 Bände (in der UBFU vorhan- den), betrachtet er die Gesetze Moses’, die lediglich ein rein nationales Recht des Jüdischen Volkes seien, als Beleg für Montesquieus „Geist der Gesetze“. Im 6. Band äußert er Gedan- ken über Zweck und Umfang der Strafen: nicht die Vergeltung, sondern die Zweckmäßigkeit müsse Art und Umfang der Strafe bestimmen, wichtig sei die Abschreckung, aber auch die Entfernung oder Ausrottung gefährlicher Menschen kämen in Betracht. Die Todesstrafe sieht er als kostengünstige Sanktion an.

Hommel, Carl Ferdinand415. 1722 - 1781. Sohn von Ferdinand August Hommel, Professor der Rechte (oben S. 70). (25 Titel). H. studierte Rechtswissenschaft in Leipzig und in Halle. 1744 wurde er zum Dr. iur. in Leipzig promoviert und wurde danach zum Oberhofgerichtsad- vokaten ernannt. 1750 wurde er ao. Professor für Staatsrecht, 1752 ordentlicher Professor des Lehnrechts, 1756 Professor für die Institutionen. und schließlich Ordinarius der Juristischen Fakultät in Leipzig. Als solcher hatte er die Professur der Dekretalen und einen Sitz in der Gelehrtenbank des Oberhofgerichts inne. Seine Antrittsrede „De ordinariis facultatis juridicae Lipsiensis“ ist im Bestand vorhanden.

H. wollte den alten Glanz der Leipziger Juristenfakultät zu Carpzovs Zeiten wiederherstellen. Gelegenheit bot sich bei einer öffentlichen Disputation, an der der noch minderjährige Kur- fürst Friedrich August mit großem Gefolge teilnahm. Hommel hat dort die Streitschrift „Prin- cipis cura legis“ (im Dissertationenbestand vorhanden) verteidigt. Er führte aus, dass alle fürstliche Gewalt auf Recht und Gesetz beruhe und der Pflege durch den Fürsten bedürfe416. Die Gesetzgebung müsse ständig verbessert, überholte Gesetze beseitigt werden. Unerträglich sei es, unanwendbar gewordene Gesetze formal aufrechtzuerhalten. So wären die Gerichte gezwungen, Hexen zu verbrennen und Ketzer hinzurichten, obwohl man seit Thomasius wis- se, dass es keine Hexen gibt und Ketzerei kein bürgerliches Verbrechen ist. Er hat drei Prinzi- pien für das Strafrecht aufgestellt: 1. Strafrechtsdrohungen helfen nicht bei großer Not (er verweist auf Diebstähle, die während der Hinrichtung von Dieben begangen werden). 2. Kei- ne Strafbarkeit dürfe es geben bei Delikten, die bloß ziviler Natur oder Verstöße gegen An- stand, Moral oder kirchliche Frömmigkeit sind. Die Christenheit dürfe nicht mehr an mosai- sche Gesetze gebunden sein, vielmehr gehörten mosaische Strafen abgeschafft. Bei Gottesläs- terung gilt: „deorum iniuriae dis curae“. 3. Bei Vorliegen eines Verbrechens solle ein gerech- tes Maß und eine vernünftige Art der Strafe gewählt werden. Persönliche Umstände des Tä- ters sind zu berücksichtigen. Die Todesstrafe kommt nur ausnahmsweise in Betracht, nämlich bei Hochverrat, Raub, Brandstiftung, Totschlag und Münzverschlechterung. Es soll keine

413 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 400; Noten, S. 262 414 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 405f 415 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.386ff; Noten, S. 253ff 416 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 390

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 83 körperlichen und entehrenden Strafen geben, d. h. keine Landesverweisung und auch kein Gefängnis, da die Täter dort arbeitslos verlottern. Zuchthaus und Galeerenstrafe sind daher zu bevorzugen. In leichteren Fällen kommt gemeinnützige Arbeit in Betracht. Hommels Disputa- tion stieß auf Kopfschütteln.

In seiner Schrift “Epitome iuris canonici” wird die Kirche als Verein betrachtet und damit die Trennung von Staat und Kirche als notwendig angesehen. Jede religiöse Anschauung kann sich gleichberechtigt als Kirche organisieren. In „Differentia causarum politiae et iustitiae“ von 1770 wird vor Verwechslung von Polizei- und Ordnungsstrafen mit Kriminalstrafen und vor polizeilicher Willkür gewarnt. In seinem Werk „Über Belohnung und Strafe nach türki- schen Gesetzen. 1770“, das erst unter dem Pseudonym Alexander von Joch erschien (Neudr. d. 2. Ausg. Von 1772 ist in der UBFU vorhanden), wird seine aufklärerisch-kriminalistische Gesinnung begründet. Er verteidigt den Determinismus, indem er sagt, dass menschliche Handlungen ein notwendiges Ergebnis der Kausalität seien. H. hat Cesare Beccarias „Dei delitti e delle pene” übersetzt. Er hat sich gegen Folter und Inquisitionsprozess ausgespro- chen, Tierquälerei hat er als Delikt angesehen417.

Mit dem Ziel einer Verbesserung der Gerichtssprache hat er in Anlehnung an Gnaeus Flavius (Sekretär des römischen Staatsmannes Appius Claudius Caecus), der angeblich die geheimen römischen Prozessformeln veröffentlichte, eine viel benutzte Anleitung zur Abfassung von Urteilen in Zivil- und Strafrechtsurteilen verfasst: „Teutscher Flavius, das ist vollständige Anleitung sowohl in bürgerlichen als peinlichen Fällen Urtheil abzufassen.1763“ (in der Staatsbibliothek Pr. K. sind unterschiedliche Ausgaben des „Flavius“vorhanden.)

Win(c)kler, Karl Gottfried418. 1722 – 1790. (18 Titel). W. studierte seit 1740 in Leipzig und wurde dort 1744 Magister der Philosophie. 1745 wurde er in Leipzig zum Doktor der Rechte promoviert und wurde kursächsischer Advokat am Oberhofgericht und am Konsistorium.1758 -1762 war er Beisitzer am Schöppenstuhl, dann Beisitzer an der Juristenfakultät. Er war auch Mitglied des Ratskollegiums und wurde 1775 Bürgermeister der Stadt Leipzig und Vorsteher der Kirche und Schule St. Nikolai. 1781 kehrte er als ordentlicher Professor und ständiger Dekan an die Juristenfakultät zurück. Damit war das Kanonikat in Merseburg, die erste Bei- sitzerstelle auf der gelehrten Bank am Oberhofgericht und die Professur der Dekretalen ver- bunden. Er hat viele Abhandlungen verfasst, darunter auch kriminalistische. In seinen straf- rechtlichen Ansichten folgte er den Fakultätskollegen C. F. Hommel (oben S. 82) und Josias Ludwig Ernst Püttmann (unten S. 89).

Sonnenfels, Joseph von419. 1733 – 1817. (kein Titel, aber „Gesammelte Schriften“ als elekt- ronische Ressource in den FU E-Medien). S. hat erst die Soldatenlaufbahn eingeschlagen. Von 1754 – 1756 studierte er Rechtswissenschaft in Wien. Als Schriftsteller der Aufklärung ist er für ein humanes Strafrecht eingetreten: Strafen dürfen nicht schwerer als nötig sein, sonst sind sie als grausam anzusehen. Gemeinnützige Strafen für Straftäter und Arbeitsscheue sind für ihn das Mittel der Wahl. 1775 hat er seine Schrift „Über Abschaffung der Tortur“ veröffentlicht (ein Nachdruck ist in der UBFU vorhanden). 1763 wurde er Professor für Poli- zei- und Kameralwissenschaft in Wien. Er hat sich als Justiz- und Verwaltungsreformer einen Namen gemacht. Seine Werke sind über den FU-Katalog online zugänglich.

417 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 397 418 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 261; WBIS, S. 248ff: Meusel, Johann Georg: Lexikon.. Bd 15.1816 419 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 401ff

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 84

Malblanc, Julius Friedrich420. 1752 – 1828. (12 Titel). M. hat ab 1769 an der Landesuniver- sität Tübingen studiert. 1773 verteidigte er seine selbst geschriebene verdienstliche Inaugural- Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde: „De iudiciis, quae Rüge-Gerichte vocantur. Tü- bingen 1773“ (im Dissertationenbestand vorhanden). Er hat zunächst eine Anwaltstätigkeit ausgeübt. 1779 wurde er als ordentlicher Professor nach Altdorf gerufen. Er beschäftigte sich mit römischem Recht, Zivilprozess und Strafrecht. Sein bekanntestes Werk ist die „Geschich- te der peinlichen Gerichtsordnung Kaiser Karls des Fünften.“ Nürnberg 1753 (in der UBFU vorhanden). Dabei handelt es sich um einen kritischen Bericht über die Geschichte des deut- schen Strafrechts aus aufklärerischer Sicht und eine intensive Würdigung der Arbeit von Schwarzenberg. Der letzte Teil berichtet über den Sieg der Aufklärung in Wissenschaft, terri- torialer Gesetzgebung und gemeinrechtlicher Praxis. Später hat er sich dem Pandektenrecht gewidmet. 1813 – 1817 war er am Obertribunal tätig.

15.3 Zivilrecht

Günther, Christian August421. 1758 - 1839. (6 Titel). Ab 1776 studierte G. in Leipzig und dann in Göttingen Rechtswissenschaft und weitere Fächer. 1781 kehrte er nach Leipzig zu- rück, wurde dort 1785 zum Doktor der Rechte promoviert, 1786 ao. Professor der Rechte und ging 1788 als ordentlicher Professor der Rechte nach Helmstedt. 1804 wurde er als Appel- lationsrat nach Dresden berufen, 1815 als Kgl. Preußischer Ober-Landesgerichtsrat nach Naumburg und 1818 als Tribunalsrat nach Berlin.

15.4 Staatsrecht

Die Aufklärung beeinflusst das deutsche Staatsrecht nur in geringem Umfang. An der Spitze der Bewegung steht Karl Friedrich Moser (1723 – 1798), von dem sich keine Titel im Disser- tationenbestand, wohl aber zahlreiche Werke im allgemeinen Bestand der UBFU befinden. Auch von den übrigen namhaften Vertretern der deutschen Strafrechtswissenschaft dieser Zeit sind nur wenige Titel im Dissertationenbestand. Bei Moser finden sich unter dem Einfluss der Aufklärung Forderungen nach einem vernünftigen Regiment durch den Fürsten und nach ei- ner guten Verwaltung. Darauf habe die Bevölkerung einen Anspruch. Die Rechtsstellung der Fürsten wird nicht angetastet, die viel weiter reichenden Verfassungs- und Menschenrechts- vorstellungen aus der Französischen Revolution finden kaum eine Berücksichtigung.

Treuer, Gottlieb Samuel422. 1683 – 1743. (28 Titel). T. wurde 1702 Magister, 1707 Assessor an der Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig und im selben Jahr Professor für Got- tesgelehrsamkeit, Philosophie und Geschichte an der Ritterakademie in Wolfenbüttel. 1713 erhielt er eine Professur für Moral und Politik. 1728 wurde er Professor für Geschichte an der Universität Helmstedt, 1730 dort Professor der Rechte und der Philosophie. 1734 wurde er Professor für Staatsrecht, Moral und Politik an der Universität Göttingen.

Reuss, Johann(es) August423. 1751 – 1820. (2 Titel). R. studierte in Tübingen und erwarb dort 1772 die Doktorwürde. 1776 wurde er Professor des Staats- und Lehnrechts an der dama-

420 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 417ff, 447ff; Noten, S. 271ff 421 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text S. 446, Noten S. 260; WBIS BDA Teil 1, S. 283f: Weidlich: Nachrichten, Bd 4. 1785 422 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 275. WBIS DBA Teil 3, S. 194: Hartkopf, Werner: Die Berliner Akademie der Wissenschaften. 1992 423 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 428, Noten, S. 275

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 85 ligen herzoglichen Militärakademie. Ab 1788 war er im diplomatischen und im Verwaltungs- dienst tätig. R. hat die rechtshistorisch bedeutsamen Sammlungen „Teutsche Staatskanzlei“ (in der UBFU als Mikroform vorhanden) und die „Deductions- und Urkundensammlung“ (im allgemeinen Bestand der UBFU vorhanden) herausgegeben. Vorhanden sind auch seine „Bei- träge zur neuesten Geschichte der Reichsgerichtlichen Verfassung und Praxis, mit litterari- schen Nachrichten“, 3 Bände. 1785 – 1790.

Häberlin, Karl Friedrich424. 1756 – 1808. (4 Titel). H. studierte in Helmstedt und wurde 1778 promoviert. Ab 1779 war er Justizkanzleiassessor in Wolfenbüttel, 1782 wurde er Pro- fessor in Erlangen und las dort über Staatsrecht. Häberlin hat in seinen Schriften auf Mißstän- de im Staatswesen hingewiesen. Von seinen bedeutenderen Werken zum Staatsrecht und zu den kaiserlichen Wahlkapitulationen ist in der FU nichts vorhanden

15.5 Sonstiges

Rössig, Carl Gottlob425. 1752 – 1806. (6 Titel). R. studierte in Leipzig, wurde zum Doktor der Rechte promoviert. 1793 wurde er ordentlicher Professor für Natur- und Völkerrecht. R. gehört zu der Gruppe der späteren liberalen Eklektiker. Er hat zahlreiche Schriften über Öko- nomie, Finanzwissenschaft und verschiedene Gebiete der Rechtswissenschaft veröffentlicht.

16 Die Herrschaft des Naturrechts

16.1 Zivilrecht

Wahl, Johann Friedrich426. 1693 – 1755. (29 Titel). W. studierte ab 1710 in Gießen Theolo- gie, ab 1713 die Rechte und wurde 1720 Advokat und Dr. iur., 1724 ao. Professor, 1725 or- dentlicher Professor der Rechte. 1743 kam er in Göttingen auf die Stelle Tobias Jacobs Rein- harths als Hofrat und Ordinarius der Juristenfakultät.

Uhl, Johann Ludwig427. 1714 – 1790. (7 Titel). U. studierte in Jena und in Halle Philosophie und Recht und arbeitete an der Herausgabe von Werken von Johann Gottlieb Heineccius mit. Er wurde dann Hofmeister beim preußischen Feldmarschall v. Kalkstein und 1743 Rechtsleh- rer am Gymnasium in Hamm. Ab 1744 bis zu seinem Tode war er Hochschularchivar, Beisit- zer der Juristenfakultät und Professor in Frankfurt/Oder. Seine Promotion zum Dr. iur. erfolg- te 1744 in absentia durch die Universität Königsberg.

Schott, Christoph Friedrich428. 1720 – 1775. (5 Titel). S. studierte in Tübingen ab 1737 Humaniora und philosophische Wissenschaften und wurde 1739 Magister. Dann wechselte er zur Theologie. Ab 1743 war er acht Jahre Hofmeister beim Grafen Henkel von Oderberg. Ende 1750 wurde er Diakon in Göppingen, dann in Tübingen, wo er 1753 an der Universität ordentlicher Professor der Sittenlehre, Beredsamkeit und Dichtkunst wurde. 1754 wurde ihm

424 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 430ff, Noten, S. 276f 425 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 393, Noten, S.257f 426 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 284. WBIS DBA Teil 1, S. 312f: Pütter, Johann Stephan: Versuch einer academischen Gelehrtengeschichte… Bd 1. 1765 427 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 482, Noten, S. 306f. ; WBIS DBA Teil 3, S. 332: Bosl, Karl [Hrsg.]: Bosl’s Bayerische Biographie. 1983 428 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 306; WBIS DBA Teil 1, S. 14ff: Meusel, Johann Georg: Lexikon der vom Jahr 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller. Bd 12. 1812

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 86 die Aufsicht über die Universitätsbibliothek übertragen, 1756 ernannte ihn der Herzog zum Schulaufseher. Zugleich war er Prediger in der Stadtkirche. 1761 wurde er auch ao. Professor der Theologie, 1762 Doktor der Theologie.

Madihn, Georg Samuel429. 1729 – 1784. (8 Titel). Er ist der weniger bedeutende ältere Bru- der von Ludwig G. Madihn. Georg S. Madihn studierte in Helmstedt und in Halle. In Halle wurde er 1754 zum Dr. iur. promoviert und war dort anschließend als Dozent tätig. 1757 wur- de er zum Beisitzer am Hallenser Schöppenstuhl ernannt, 1758 wurde er Professor der Rechte in Halle, 1772 Professor der Rechte in Frankfurt/Oder. Er befasste sich vor allem mit dem römischen Recht und dem Naturrecht.

Westphal, Ernst Christian430. 1737 – 1792. (14 Titel) 1753 – 1757 studierte W. in Halle. Dort wurde er 1757 zum Dr. iur. promoviert. 1761 wurde er ao. und im selben Jahr ordentli- cher Professor der Rechte. 1771/1772 war er Prorektor der Hallenser Universität. Er hat Kompendien zu verschiedenen Rechtsgebieten und Monographien zum Zivilrecht verfasst. Er galt als bedeutendster Schüler Daniel Nettelbladts und legte wie sein Lehrer großen Wert auf Methodik. Eine Festschrift von Westphal für Nettelbladt von 1791 mit dem Titel „Programma in memoriam viri perillustris D. Daniel Nettelbladtii“ befindet sich im Dissertationenbestand.

Runde, Justus Friedrich431. 1741 – 1807. (6 Titel). R. studierte zunächst ab 1763 Theologie in Halle. 1764 ging er nach Göttingen und studierte dort ab 1765 Rechtswissenschaft. 1770 wurde er in Göttingen zum Dr. iur. promoviert. Ab 1771 war er Professor am Carolinum in Kassel, ab 1784 ordentlicher Professor der Rechte in Göttingen. Er hat sich besonders mit dem gemeinen deutschen Privatrecht und mit der Natur der Sache beschäftigt. Seine „Grunds- ätze des gemeinen deutschen Privatrechts“ sind in der 7. Auflage von 1824 in der UBFU vor- handen. R. hat auch staatsrechtliche Schriften verfasst und sich zu Zeitfragen geäußert. Vgl. die Einladung zu den Antrittsreden von zwei Professoren beim Collegio illustri Carolino über „Verteidigung der Rechtmäßigkeit der Todesstrafen, aus Grundsätzen des allgemeinen Staat- rechts“. 1776 (im Dissertationenbestand vorhanden).

Woltaer, Johann Christian432. 1744 – 1815. (8 Titel). W. studierte bereits ab 1757 Theolo- gie, Mathematik und Sprachwissenschaft und wechselte 1761 mit 17 Jahren zum Rechtsstudi- um in Frankfurt/Oder. 1763 übernahm er juristische Aufgaben in Berlin. Im Gefolge des Kur- brandenburgischen Gesandten nahm er 1764 an der Wahl Josefs II. zum Römischen König bei. 1766 beendete er seine Tätigkeit in Berlin und besuchte als Begleiter eines jungen Han- noverschen Edelmannes viele Fürstenhöfe in Deutschland, Holland, England und Frankreich. 1770 kehrte er über Leipzig und Wittenberg nach Berlin zurück, um dort familiäre Angele- genheiten zu ordnen. 1771 erwarb er in Halle die juristische Doktorwürde und begann dort 1772 mit juristischen Vorlesungen. 1773 wurde er Beisitzer am Schöppenstuhl des Herzog- tums Magdeburg, 1775 ordentlicher Professor der Rechte in Halle.

Madihn, Ludwig Gottfried433. 1748 – 1834. (3 Titel). M. studierte in Halle und wurde 1772 zum Dr. iur. promoviert. 1773 – 1785 war er ao. Professor in Frankfurt/Oder, dann Ordinari- us. 1811 wurde er bei der Verlegung der Universität nach Breslau dorthin übernommen. 1822 emeritierte er. M. hat auf mehreren Gebieten gearbeitet. Aus den von ihm verfassten Kom-

429 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 440; Noten S. 281 430 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.438ff: Noten S. 280f; ADB Bd 42, S. 197f 431 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 451ff; Noten S. 288f 432 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S. 288; WBIS DBA Teil 1, S. 170ff: Weidlich, Nachrichten, Bd 2. 1781 433 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 440f; Noten S. 282

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 87 pendien zum Gebrauch bei Vorlesungen ragt heraus „Principia iuris Romani in usum praelec- tionum disposita“ (eine Ausgabe von 1781 ist in der Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden). M. hat das wichtige juristische Bücherverzeichnis von Lipenius „Bibliotheca iuridica“ fortgesetzt (in der UBFU vorhanden).

Glueck, Christian Friedrich434. 1755 – 1831. (3 Titel). G. studierte von 1770 – 1776 in Hal- le und schloß das Studium mit der Schrift „Woltaer, Johann C. : de vita petendae restitutionis in integrum praetoriae secundum doctrinam Romanorum praecipue quadriennali hodie vero perpetua, defendet auctor responsurus Christian Friedr. Glück“ ab. 1777 erwarb er den Dok- tortitel mit seiner Dissertation „De testamenti privati solemnis, a testatore conditi, probatione per septem testes, in eo ordinando adhibitos instituenda“. Er blieb sieben Jahre als Privatdo- zent in Halle und wurde 1784 Professor in Erlangen. Sein Hauptwerk, dessen erster Band 1790 herauskam, ist die „Ausführliche Erläuterung der Pandekten“ (aus unterschiedlichen Auflagen gemischtes Exemplar im Fachbereich Rechtswissenschaft der FU vorhanden). 34 Bände waren erschienen, der 35. bis zum 28. Buch der Pandekten gediehen, als Glueck starb.

16.2 Staats-, Kirchen- und Lehnrecht

Majer, Johann Christian435. 1741 – 1821. (5 Titel). M. studierte zunächst Theologie in Tü- bingen, später Rechtswissenschaft in Jena. 1771 wurde er zum Dr. iur. promoviert. 1776 wur- de er Professor für Institutionen in Jena, 1778 Professor für Staatsrecht und Kirchenrecht in Tübingen. Er hat staatskirchenrechtliche und kirchenrechtliche Verhältnisse gleichberechtigt nebeneinander gestellt und die von Pütter begründete Unterscheidung von Staats- und Regie- rungsrecht deutlich ausgeprägt. Später hat er sich dem Lehnrecht zugewandt.

Schnaubert, Andreas Joseph436. 1750 – 1825. (4 Titel). Ab 1765 studierte S. in Mainz Phi- losophie und Geschichte und wurde dort 1767 Magister. Anschließend erfolgte seine Auf- nahme in das kurfürstliche Seminar, dort hat er Theologie und juristische Kollegien gehört. Dann ging er nach Gießen, um Recht zu studieren. 1780 wurde er dort zum Dr. iur. promo- viert und wurde 1783 ao. Professor. 1784 wurde er ordentlicher Professor der Rechte in Helmstedt, 1786 wechselte er als Professor des Lehnrechts nach Jena, wo er blieb. 1809 berief man ihn zum Mitglied des Schöppenstuhls und zum Rat am Gesamt-Oberappellationsgericht. S. hat sich mit Staatsrecht, Lehnrecht und Kirchenrecht beschäftigt.

Gregel, Johann Philipp437. 1750 – 1841. (6 Titel). G. studierte in Würzburg Theologie und Rechtswissenschaft. 1773 wurde er Priester. Er ging mit dem Grafen von Schenk als dessen Hofmeister auf Reisen und wurde 1787 zum Dr. iur. utriusque in Mainz promoviert. Kurze Zeit nach seiner Promotion wurde er Bibliothekar und ao. Professor des Kirchenrechts in Würzburg. 1789 wurde er geistlicher Rat und 1791 ordentlicher Professor als Nachfolger von Endres. Er war einer der gründlichsten Kanonisten seiner Zeit. Insbesondere bemühte er sich darum, den durch die Säkularisation entstandenen Verhältnissen Rechnung zu tragen.

434 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 444ff; Noten S. 285f; WBIS, DBA, Teil 1, S. 41ff: Neuer Nekrolog der Deutschen, Jg. 9. 1831 (1833) 435 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 454f ; Noten, S.290 436 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 455f; Noten, S. 290 437 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 458; Noten, S. 293; ADB Bd 9, (1879) S. 625f

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 88

16.3 Strafrecht

Erhard, Christian Daniel438. 1759 – 1813. (16 Titel). E. studierte ab 1778 in Leipzig. 1782 wurde er Magister der Philosophie und Doktor der Rechte. Dann war er Obergerichtsadvokat und Beisitzer am Niederlausitzer Landgericht. 1787 wurde er ao. Professor, 1793 ordentlicher Professor der Rechte in Leipzig, damit verbunden Beisitzer des Oberhofgerichts. Sein „Hand- buch des chursächsischen peinlichen Rechts. Bd 1 1789“ (mehr nicht erschienen) ist in der UBFU vorhanden. Er hat die Notwehr im Allgemeinen Teil des Strafrechts angesiedelt. Eine Bonner Dissertation von 1962, die sich mit Erhard und seinem Entwurf eines Gesetzbuchs über Verbrechen und Strafen für das Königreich Sachsen befasst, ist ebenfalls in der UBFU vorhanden (Friedhelm Krüger: Christian Daniel Erhard und sein Entwurf eines Gesetzbuches über Verbrechen und Strafen für das Königreich Sachsen).

Kleinschrod, Gallus Aloys439. 1762 – 1824. (6 Titel ). K. studierte in Würzburg und in Göt- tingen. Durch die Schriften von Beccaria (über Beccaria sind 2 Titel im Dissertationenbestand vorhanden), Montesquieu, Voltaire und Filangieri wurde er zum Rechtsstudium angeregt, vor allem zum Studium des Strafrechts. Er blieb längere Zeit in Göttingen und ging dann zu ei- nem Aufenthalt am Kammergericht nach Wetzlar. Mit 23 Jahren wurde er von Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal zum Professor der Institutionen und des Kriminalrechts in Würz- burg berufen. 1801 legte er den Entwurf eines Strafgesetzbuches vor. Dieser „Entwurf eines peinlichen Gesetzbuches für die kurpfalz-baierischen Staaten. München 1802“, ist in der Humboldt-Universität und in der Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden. Das von Kleinschrod u. a. herausgegebene „ Archiv des Criminalrechts“ 1. 1798/99 (1799) – findet sich im Fachbereich Rechtswissenschaft der FU. Ebenfalls dort vorhanden ist sein Hauptwerk „Systematische Entwickelung der Grundbegriffe und Grundwahrheiten des peinlichen Rechts nach der Natur der Sache und der positiven Gesetzgebung“. Erlangen, 3 Teile, 1794 – 1796. Mit seinem Le- ben und Wirken beschäftigt sich eine in der UBFU vorhandene Hamburger Dissertation: „Schneider, Erika: Gallus Aloys Kleinschrod. Hamburg 1976“.

17 18. Jahrhundert, 2. Hälfte

Neben der naturrechtlichen Hauptströmung gab es in der Rechtswissenschaft weiterhin die Beschäftigung mit römischen und germanistischen Antiquitäten unter Berücksichtigung von literaturgeschichtlichen und philosophischen Elementen.

Wunderlich, Johann440. 1708 (so Thiess) bzw. 1717 (so Stintzing-Landsberg) – 1778. (6 Titel). W. besuchte das Gymnasium in Hamburg und studierte ab 1730 in Leipzig. Nach sei- nem Studium unternahm er eine Reise durch Deutschland und war dann in der juristischen Praxis tätig. 1744 wurde er zum Dr. iur. in Marburg promoviert. Ab 1753 lehrte er in Jena und wurde dort 1758 ao. Professor der Rechte. 1760 erhielt er eine ordentliche Professur in Rin- teln, ab 1761 war er ordentlicher Professor der Moralphilosophie am Hamburger Gymnasium. Ab 1770 nahm er die Aufsicht über die Hamburger Stadtbibliothek wahr.

438 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.461; Noten, S. 261, 295 439 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S.461ff; Noten, S. 295f 440 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 477, Noten, S. 302; WBIS DBA Teil 1, S. 374ff: Thiess. Johann Otto: Versuch einer Gelehrtengeschichte von Hamburg. 1783

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 89

Uhl, Johann Ludwig441. 1714 – 1790. (7 Titel). U. studierte in Jena und Halle Rechtswissen- schaft und Philosophie. Zunächst in privaten Ämtern tätig, wurde er 1744 als Rechtslehrer und Beisitzer der Juristenfakultät an die Universität in Frankfurt/Oder berufen. Außerdem wurde er Archivar der Universität. Seine literarische Haupttätigkeit bestand in der Herausgabe fremder Werke.

Jugler, Johannes Friedrich442. 1714 – 1791. (6 Titel). J. studierte Rechtswissenschaft, Philo- sophie und schöne Wissenschaften in Leipzig, wo er die Magisterwürde erwarb und sich habi- litierte. 1744 verlieh ihm der Herzog von Weißenfels eine Professur des Naturrechts, der Be- redsamkeit, Politik und Geschichte der Gelehrsamkeit am Gymnasium illustre in Weißenfels. 1745 wurde er als Inspektor und Lehrer an die Ritterakademie Lüneburg gerufen. J. beschäf- tigte sich insbesondere mit Rechtsaltertümern und juristischer Gelehrtengeschichte. Er hat Burkhard Gotthelf Struves „Bibliotheca historiae litterariae selectae“ in stark ergänzter und verbesserter Form neu herausgegeben (Jena 1754 – 63) und selbst ein umfangreiches biogra- phisches Werk unter dem Titel „Beyträge zur juristischen Biographie, oder genauere litterari- sche und kritische Nachrichten von dem Leben und den Schriften verstorbener Rechtsgelehr- ter und Staatsmänner, welche sich in Europa verdient gemacht haben“ (Leipzig 1773 –80) verfasst. Beide Werke sind in der Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden.

Schneidt, Joseph Maria443. 1727 – 1808. (13 Titel). S. studierte ab 1746 in Würzburg, wo er 1749 Lizentiat der Rechte wurde. 1754 übernahm er für 11 Jahre die Stelle eines Konsulenten an der Abtei Brombach, 1765 wurde er ordentlicher Professor der Pandekten und des fränki- schen Rechts in Würzburg. Er hat germanistische Quellen des fränkischen Gebiets erschlos- sen. Hier liegen seine Hauptverdienste. Als Anhänger der Wolf(f)schen Richtung hat er sich um die systematische Umbildung des romanistischen Rechtsstoffes bemüht.

Püttmann, Josias Ludwig Ernst444. 1730 – 1796. (54 Titel). P. studierte ab 1748 Rechtswis- senschaft in Leipzig, wurde nach bestandenem Examen Notar und Advokat und ab 1757 Do- zent. 1761 wurde er in Leipzig zum Doktor beider Rechte promoviert. 1764 wurde er Ober- hofgerichts- und Konsistorialadvokat, 1765 ao. und im selben Jahr ordentlicher Professor der Rechte. Er steht den eleganten Juristen nahe. Er hat zahlreiche humanistische Dissertationen geschrieben, dabei hat er immer Wert auf praktische Anwendbarkeit gelegt. Er war äußerst vielseitig und hat deutsche und römische Antiquitäten behandelt. Das römische Strafrecht der klassischen Autoren hat er mit dem Studium des geltenden gemeinen Strafrechts verbunden. P. steht auf dem Boden der Aufklärung, er hat versucht, die überlieferte Abschreckungstheo- rie mit Humanitätsideen zu verbinden. Er hat sich in diesem Rahmen mit Cesare Beccaria beschäftigt: „Stricturae in inclytum Beccariae de delictis et poenis libellum. 1789“(im Disser- tationenbestand vorhanden).

Walch, Karl Friedrich445. 1734 – 1799. (49 Titel). W. studierte ab 1748 in Jena und wurde dort 1753 zum Dr. iur. promoviert. 1756 wurde er ao. Professor, 1759 ordentlicher Professor und Mitglied des Schöppenstuhls und des Hofgerichts in Jena. Er ging von der eleganten Ju- risprudenz aus und wandte sich dann dem deutschen Recht zu.

441Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 482, Noten, 306f ; ADB 14 (1881) S. 661f 442 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 482f, Noten, 308f 443 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 480f; Noten S. 305f 444 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 477ff; Noten S. 303f 445 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 479; Noten, S. 304f

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 90

Schott, August Friedrich446. 1744 – 1792. (41 Titel). S. studierte ab 1761 in Wittenberg, ab 1762 in Leipzig. Dort wurde er 1765 Magister phil., etwas später Dr. iur. 1767 berief man ihn zum ao. Professor der Rechtsaltertümer, 1778 zum ordentlichen Professor des sächsischen Rechts und 1779 zum Assessor am Oberhofgericht. 1782 wurde er Professor der Pandekten ebenfalls in Leipzig. Er hat zahlreiche Dissertationen sowie andere Schriften und Sammlun- gen veröffentlicht und die Zeitschriften „Juristisches Wochenblatt“ (im Fachbereich Rechts- wissenschaft vorhanden) sowie “Unparteiische Kritik über die neuesten juristischen Schriften ...“ (Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden) herausgegeben. Auch ein Supplement zu „Lipenius: Bibliotheca iuridica“ mit etwa 20.000 neuen Titeln stammt von ihm.

Richter, Christian Gottlob447. 1745 – 1791. (12 Titel). R. studierte ab 1764 in Leipzig, wur- de 1769 Kandidat der Rechte und hielt Vorlesungen. 1773 wurde er dort zum Dr. iur. promo- viert, 1786 wurde er ao. Professor der Rechte. Er verfügte über gute Kenntnisse der römischen und griechischen Rechtsaltertümer, war jedoch kein Praktiker. Da in Leipzig für die umfang- reiche Gutachtertätigkeit schnell arbeitende mit der Praxis vertraute Männer gebraucht wur- den, blieb ihm die Anerkennung seiner Gelehrsamkeit versagt.

18 Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert

18.1 Allgemeines

In dieser Zeit entsteht eine wissenschaftliche Strömung gegen den Rationalismus, d. h. gegen die Vorstellung von einer Mathematisierung der Erschließung von Rechtssätzen und vom Recht als Folge philosophischer Grundsätze. Sie wendet sich damit gegen Aufklärung, Natur- recht und elegante Altertümelei. Zweck der Rechtswissenschaft soll die unvoreingenommene Erkenntnis des geltenden Rechts ohne naturrechtliche Vorgaben sein.

Biener, Christian Gottlob448. 1748 – 1828. (21 Titel). B. studierte in Wittenberg und in Leipzig. 1777 wurde er mit seiner Dissertation „De iurisdictione ordinaria et exemta“449 (nicht im Bestand, aber in der Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden) zum Dr. der Rechte promoviert, 1782 wurde er ao. Professor des Natur- und Völkerrechts, 1790 ordentlicher Professor der Rechte in Leipzig. B. hat sich mit dem gesamten deutschen Recht beschäftigt, insbesondere mit seiner Geschichte. Er hat viele Einzelaspekte intensiv bearbeitet. In seinen Schriften hat er sich noch des Lateins bedient, obwohl es inzwischen ungebräuchlich geworden war. Er mein- te aber, die lateinische Sprache sei die einzig richtige für wissenschaftliche Erörterungen.

Martens, Georg Friedrich450. 1756 –1821. (1 Titel). M. studierte in Göttingen und wurde dort 1780 zum Dr. iur. promoviert. 1783 wurde er ao. und 1784 ordentlicher Professor. 1808 gab er seine Professur auf und wechselte in die staatsmännische und diplomatische Laufbahn. Im Völkerrecht hat er an J. J. Moser (s. S. 78) und dessen positive Richtung angeknüpft. Das Völkerrecht ist für ihn das Ergebnis des Herkommens und von Staatsverträgen zwischen christlichen Völkern des Abendlandes und Nordamerikas. Sein Lehrbuch „Précis du droit des gens moderne de l’Europe fondé sur les traités et l’usage. 1789“, die Quellensammlung „Re- cueil des principaux traités... (1791- )“, der „Grundriss einer diplomatischen Geschichte...“

446 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 481; Noten S. 306 447 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 477; ADB Bd 28, (1889) S. 453ff 448 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 501ff, Noten, S. 317 449 s. Professorenkatalog der Universität Leipzig = http://www.unileipzig.de/unigeschichte/professorenkatalog/leipzig_1420 450 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 487ff; Noten, S. 314ff

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 91 von 1807, die „Sammlung der wichtigsten Reichsgrundgesetze...“, von der nur Band 1. 1794 erschienen ist, und der „Versuch einer historischen Entwickelung des wahren Ursprungs des Wechselrechts“ (Nachdr. der Ausgabe 1797 von 1966) sind in der UBFU vorhanden. Vorhan- den ist auch eine Biographie von Walter Habenicht: „Georg Friedrich von Martens, Professor des Natur- und Völkerrechts in Göttingen.“ von 1934.

18.2 Kantianer

Platner, Friedrich451. 1730 – 1770. (8 Titel). P. studierte ab 1748 in Leipzig. 1751 wurde er dort Magister, 1752 Doktor der Rechte und im selben Jahr ao. Professor der Rechte. 1762 wurde er kurfürstlich-sächsischer Appellationsrat und Professor codicis substitutus. 1764 wurde er Professor ordinarius für die Titel de verborum significatione et de regulis juris und ordentlicher Beisitzer der Juristenfakultät. 1765 wurde er ordentlicher Professor der Instituti- onen, 1769 Pandectarum et Canonum, sowie Domherr in Naumburg.

Hufeland, Gottlieb452. 1760 – 1817. (1 Titel). In Danzig geboren, studierte H. ab 1780 in Leipzig, unternahm dann eine längere Reise und setzte 1783 in Göttingen, 1784 in Jena sein Studium fort. 1785 wurde er zum Dr. phil. und zum Dr. iur. in Jena promoviert. 1788 wurde er dort ao., 1790 ordentlicher Professor, 1793 Professor des Lehnrechts und Beisitzer des Schöppenstuhls. 1803 trat er als Professor der Pandekten in die Würzburger Juristenfakultät ein. Als Würzburg 1806 von Bayern abgetrennt und an den Herzog von Toscana abgetreten wurde, setzte er seine Lehrtätigkeit in Landshut fort. 1808 wählten ihn die Danziger Bürger zum Senatspräsidenten und Bürgermeister. Er nahm die Wahl an und kehrte in seine Vater- stadt zurück. Hufeland war der erste, bei dem der Kantische Einfluss sichtbar wird in seinem „Versuch über den Grundsatz des Naturrechts. Leipzig 1785“. In der UBFU befindet sich auch der Titel „Lehrsätze des Naturrechts und der damit verbundenen Wissenschaften“, ein Neudruck der Ausgabe Jena 1790.

Kohlschütter, Karl Christian453. 1764 – 1837. (3 Titel). Ab 1784 studierte K. in Wittenberg Jura, Geschichte und Philosophie. 1788 bestand er das Notarexamen, 1791 wurde er zum Dr. iur. promoviert. Ab 1792 war er in Wittenberg Privatdozent für Enzyklopädie, Naturrecht, sächsisches Privatrecht und römisches Recht, ab 1795 ao. Prof. für sächsisches Recht. 1798 ging er als zweiter Supernumerar-Oberkonsistorialrat nach Dresden, wurde dort 1800 Justiz- und Hofrat und setzte sich in dieser Funktion für die Einschränkung der Todesstrafe ein. 1806 wurde er geheimer Kabinettssekretär. In den „Vorlesungen über den Begriff der Rechtswis- senschaft. Leipzig 1798.“ (als Mikroform-Ausgabe in der Staatsbibliothek Pr. K.) hat er Kants metaphysische Anfangsgründe benutzt.

19 Neue Zeit

19.1 Allgemein

Trendelenburg, Adolph Friedrich454. 1737 – 1803. (12 Titel). T. studierte in Göttingen vor allem als Schüler der Brüder Becmann und wurde dort Dr. iur. und Dozent. 1661 wurde er ao. Professor der Rechte in Helmstedt, 1762 ordentlicher Professor in Bützow, 1768 Kaiserlicher

451 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Noten, S.318; WBIS BDA Teil 1 S. 434: Jöcher. Bd 6. 1819 452 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 512ff; Noten S. 318ff 453 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 1. Halbband: Text, S. 517f; Noten, S. 321; ADB Bd 16 (1882) S. 453ff 454 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Noten, S. 19

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 92

Pfalzgraf, 1774 Assessor des Wismarer Tribunals, 1775 ordentlicher Professor in Kiel und dänischer Etatrat.

Daniels, Heinrich Gottfried Wilhelm455. 1754 – 1827. (5 Titel). D. studierte in Köln, wo er zunächst 1769 Lizentiat und ein Jahr später Doktor der Philosophie wurde. Danach widmete er sich dem Studium der Mathematik und der Rechtswissenschaft. 1775 wurde er beim kur- kölnischen Hofrats-Dikasterium in Bonn als Advokat zugelassen. 1780 wurde er Mitglied des Appellations-Kommissariats in Köln und 1783 ordentlicher Professor der Rechte an der Aka- demie in Bonn, die 1784 in eine Universität umgewandelt wurde. Er las über die Pandekten, die gerichtliche und außergerichtliche Praxis, das Wechselrecht und die Provinzialrechte des Erzstiftes Köln und der benachbarte Fürstentümer.

Hugo, Gustav456. 1764 – 1844. (nur seine Doktordissertation ist vorhanden). Ab 1782 stu- dierte H. in Göttingen, 1788 erfolgte seine Promotion und die Berufung zum ao. Professor in Halle. 1792 wurde er ordentlicher Professor in Göttingen. Er bekämpfte die Naturrechtslehren und den Usus modernus Pandectarum. Naturrecht und positives Recht will er streng vonei- nander trennen, auch verlangte er die Trennung des historischen römischen Rechts vom ge- genwärtigen Recht. Im Anschluss an Kant hält H. eine vernunftmäßige Ableitung eines Rechtssystems aus der menschlichen Natur nicht für möglich457. Sein „Lehrbuch des Natur- rechts. 4. Auflage, Berlin 1819.“ ist als Nachdruck von 1971 in der UBFU vorhanden.

Haubold, Christian Gottlieb458. 1766 – 1824. (22 Titel). H. studierte ab 1781 in Leipzig Jura und Philologie. 1786 habilitierte er sich in der philosophischen Fakultät der Universität Leipzig und las dort über römisches Recht. 1788 wurde er zum Doktor der Rechte promoviert. 1789 wurde er ao. Professor der Antiquitates iuris, 1791 Beisitzer des Oberhofgerichts, 1796 ordentlicher Professor des sächsischen Rechts in Leipzig. H. schließt sich an Hugo an, den der bei einem kurzen Aufenthalt in Göttingen kennen lernte. Er strebt nach einer lebendigen Er- fassung der Antike. Neben Savigny und Hugo ist er Begründer der historischen Schule.

Weis(s)e, Christian Ernst459. 1766 – 1832. (18 Titel). W. studierte Rechtswissenschaft in Leipzig und Göttingen. 1786 wurde er mit der Dissertation460 „De legibus post perfectam po- testatis territorialis in Germania plenitudinem ingenio populorum salubrius accomodandis“ unter dem Praeses Joh. Theoph. Seger promoviert. 1788 wurde er Privatdozent in Leipzig. Ab 1790 hielt er sich für zwei Jahre in Wetzlar, Regensburg und Wien auf, um sich auf Veranlas- sung der sächsischen Regierung mit der Staatsrechtspraxis vertraut zu machen. Wieder in Leipzig hielt er Vorlesungen zur Geschichte und zum Staatsrecht. 1796 wurde er in Leipzig ao. Professor der Rechte, 1800 Assessor am Oberhofgericht, 1805 Professor des Lehnrechts, 1811 ordentlicher Professor des Kriminalrechts. W. hat über sächsische Geschichte, Literatur und Staatskunde geschrieben und eine Einleitung in das gemeine deutsche Privatrecht ver- fasst. (Staatsbibliothek Pr. K. Ausg. 1817 und 1832 vorhanden). Die zweibändige Ausgabe seines Lehrbuchs des Sächsischen Staatsrechts von 1827 ist ebenfalls in der Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden.

455 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 99, Noten, S. 48-50 456 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 1ff 457 Kleinheyer/Schröder: Juristen, S. 130 458 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 49ff; Noten S. 15ff 459 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 56; Noten, S. 193f; Wigand’s Conversation-Lexikon für alle Stände. Bd 15 (1852), S. 128 460 s. Professorenkatalog der Universität Leipzig = http://www.unileipzig.de/unigeschichte/professorenkatalog/leipzig/Weisse_1312

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 93

Zachariae von Lingenthal, Karl Salomo461. 1769 – 1843. (5 Titel). Z. hat ab 1787 in Leipzig Philosophie studiert. 1792 ging er nach Wittenberg, wurde dort 1794 Magister und hat 1795 als Baccalaureus der Rechtswissenschaften Vorlesungen an der juristischen Fakultät gehalten. 1795 wurde er zum Dr. iur. promoviert. 1800 wurde er ao. Professor an der juristi- schen Fakultät, 1802 ordentlicher Professor und Assessor am Schöppenstuhl in Wittenberg und am Landgericht der Niederlausitz in Lübben. 1807 berief man ihn als Professor der Rech- te nach Heidelberg. Z. war Vertreter des Kantianismus. Im allgemeinen Bestand der UBFU befinden sich mehrere seiner vielgestaltigen Werke: „Handbuch des chursächsischen Lehn- rechts. 1776“, „Handbuch des französischen Civilrechts“ in der von Carl Crome bearbeiteten 8. Auflage von 1894 – 1895, „Vierzig Bücher vom Staate“ von 1820 - 1832, „Lucius Corneli- us Sulla, genannt der Glückliche, als Ordner des römischen Freystaates“ von 1834 und die Schrift „Wissenschaft als Gesetzgebung. 1808“ als Nachdruck von 1997.

Thibaut, Anton Friedrich Justus462. 1772 – 1840. (1 Titel). T. studierte seit 1792 in Göttin- gen, dann in Königsberg, wo er Kant hörte, und ab 1794 in Kiel. 1796 erfolgte seine Doktor- Promotion in Kiel mit der Dissertation „De genuina iuris personarum et rerum indole“ (im Dissertationenbestand vorhanden). Er schlug die akademische Laufbahn ein, wurde 1798 in Kiel ao. Professor, 1801 ordentlicher Professor. 1802 folgte er einem Ruf nach Jena. 1806 ging er als Professor für römisches Recht nach Heidelberg, wo er bis zu seinem Lebensende blieb. Hauptgegenstand seiner Studien waren die Pandekten, die er zu einem wissenschaftli- chen System fortentwickeln wollte. Anders als Hugo hat er die Methodologie und die Syste- matik unter dem Gesichtspunkt ihrer praktischen Brauchbarkeit betrachtet. Er war wissen- schaftlicher Positivist463 und hat Naturrecht und positives Recht streng geschieden. Positive Rechtssätze sind ihm zufolge nicht aus dem Naturrecht herzuleiten. Wichtiger sind ihm die Erfahrung und die praktische Vernunft. Darin wird der Einfluss Kants deutlich.

Mit seinem Werk „Über die Notwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für Deutschland“ (ein Nachdruck von 1914 ist in der UBFU vorhanden) trat T. für die Kodifikati- on des Zivilrechts in Deutschland ein. Diese Forderung ergibt sich für ihn aus dem herrschen- den Einheitsdrang in Deutschland. Dagegen wandte sich Savigny mit seiner Schrift „Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft“ von 1814 (in der UBFU sind mehrere Ausgaben vorhanden). Dass Savignys Auffassung obsiegte, lag an den schwierigen politischen Verhältnissen in Deutschland, nicht an der seiner Theorie innewohnenden objekti- veren Wahrheit464. Auch wenn Thibaut ein Gesetzbuch forderte, das aus deutschem Geiste geschaffen sein sollte, beherrschte er doch das gesamte Gebiet des römischen Rechts. Das beweisen seine Werke „Versuche über einzelne Teile der Theorie des Rechts. 1798“ (Nach- druck von 1970 der 2. Ausgabe von 1817 ist in der UBFU vorhanden) und sein „System des Pandektenrechts“ (mehrere Ausgaben und Auflagen sind in der Humboldt-Universität und in der Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden). Thibaut war einer der Protagonisten im Kodifikations- streit zwischen der historischer Schule und dem wissenschaftlichem Positivismus.

Wenck, Karl Friedrich Christian465. 1784 – 1828. (8 Titel). Ab 1800 studierte W. erst Phi- losophie, dann Jura in Leipzig, vor allem bei Haubold. 1805 wurde er Magister, 1809 Doktor beider Rechte in Leipzig. Seiner Dissertation „De traditione inter possessionis et proprietatis transferendae modum fluctuante“ (im Dissertationenbestand vorhanden) liegen Savignys Theorien über den Besitz zugrunde. 1810 wurde er zum ao. Professor ernannt, 1813 zum Mit-

461 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 100ff; Noten, S. 52ff 462 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 69ff; Noten, S. 29ff 463 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 72 464 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 83 465 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 62f; Noten, S. 25f

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 94 glied des Leipziger Obergerichts. 1821 wurde er ordentlicher Professor für Natur- und Völ- kerrecht, 1824 Nachfolger Haubolds als Professor für sächsisches Recht. Sein „Lehrbuch der Encyclopädie und Methodologie der Rechtswissenschaft. 1810“ (in der Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden) will Kant, Fichte, Hugo, Thibaut, Eichhorn und Klüber gerecht werden. Mit seiner Inaugural-Dissertation und der Schrift „Magister Vacarius“ (im Dissertationenbestand vor- handen)hat er sich an Savignys Arbeitsstoffe angeschlossen. In „Magister Vacarius“ zeigte er den Zusammenhang zwischen der kontinental-romanistischen und der englischen Rechtsent- wicklung auf und leistete damit Vorarbeit für Savignys „Rechtsgeschichte des Mittelalters“466.

Spangenberg, Ernst Peter Johann467. 1784 – 1833. (1 Titel). S. studierte von 1803 –1806 in Göttingen. 1806 hat er eine Dissertation zur Erlangung der juristischen Doktorwürde über römische Frauen geschrieben: „Historiae feminarum Romanorum civilis specimen“ (im Dis- sertationenbestand vorhanden). 1808 wurde er im neu errichteten Königreich Westfalen in seiner Vaterstadt Assessor am Tribunal erster Instanz. 1809 war er dort Greffier, 1810 wurde er Tribunalrichter am Distriktsgericht Verden. 1812 war er als Generaladvokat am von Frank- reich eingerichteten kaiserlich französischen Gerichtshof in Hamburg tätig. Nach der Wieder- herstellung des Königreichs Hannover ging er in seine Heimat zurück und wurde 1814 Asses- sor, 1815 Rat bei der Justizkanzlei Celle. 1824 wurde er zum Rat auf der gelehrten Bank des Oberappellationsgerichts und 1831 zum Beisitzer des geheimen Rathskollegiums ernannt. In seinen Mußestunden entfaltete er eine umfangreiche literarische Tätigkeit.

Günther, Karl Friedrich468. 1786 – 1864. (10 Titel). G. war nach dem Studium der Rechte ab 1808 Oberhofs- und Konsistorialadvokat in Leipzig. 1823 wurde er Beisitzer der Juristen- fakultät, von 1828 – 1862 war er ordentlicher Professor in Leipzig 19.2 Strafrecht

Stübel, Christoph Karl469. 1764 – 1828. (11 Titel). 1785 – 88 studierte S. Rechtswissen- schaft in Wittenberg, 1789 habilitierte er sich als Privatdozent, 1791 wurde er zum Dr. iur. promoviert. 1795 wurde er ordentlicher Professor der Rechte bis zur Vereinigung der Univer- sität Wittenberg mit Halle. Außerdem war er Beisitzer am Schöppenstuhl und am Hofgericht. Seine Tätigkeitsfelder waren Rechtsencyclopädie, Institutionen, Pandekten, sächsisches und deutsches Kriminalrecht sowie Prozessrecht. Nach Auflösung der Wittenberger Universität ging er 1815 nach Leipzig. Vorher war er noch beauftragt worden, einen Entwurf zu einem Strafgesetzbuch für das Königreich Sachsen zu erarbeiten. 1817 wurde er zum Hof- und Jus- tizrat in der sächsischen Landesregierung befördert. 1819 hat er dieVorbereitung für die Ge- setzgebung fortgesetzt und sie 1826 abgeschlossen. Der Entwurf behandelte den allgemeinen und speziellen Teil des Strafrechts und den Prozess. S. war ein Vertreter der Kantischen Schu- le.

Feuerbach, Paul Johann Anselm470. 1775 – 1833. (nur Doktordissertation). 1792 begann F. in Jena das Studium der Kantischen Philosophie und erwarb 1795 den philosophischen Dok- torgrad. Danach studierte er aus finanziellen Gründen die „abstoßende Jurisprudenz“ als Brotwissenschaft. Mit der Schrift „Philosophisch-juridische Untersuchung über das Verbre- chen des Hochverraths. Erfurt 1798“ wurde er habilitiert. Mit seiner Dissertation „De causis

466 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 63 467 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 64ff; Noten, S. 26f 468 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text S. 51, Noten S. 18; WBIS DBA, Teil 1, S 185: Stepf, Bd 3. 1822 469 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 139ff; Noten, S. 69f 470 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 112ff; Noten, S. 60ff; Kleinheyer/Schröder, Juristen, S. 79; ADB Bd 6 (1877) S. 731ff

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 95 mitigande ex capite impeditae libertatis. Jena 1799“ (im Dissertationenbestand vorhanden) wurde er zum Dr. iur promoviert. Anschließend war er Privatdozent, ab 1801 ao. Professor der Rechte in Jena und Beisitzer des Schöppenstuhls. Bald danach wurde er ordentlicher Pro- fessor des Lehnrechts. 1802 folgte er einem Ruf nach Kiel. 1804 ging er nach Landshut mit dem Auftrag, den Entwurf eines Strafgesetzbuches auszuarbeiten. 1805 wurde er in das Mi- nisterialjustiz- und Polizeidepartment nach München versetzt. 1806 erarbeitete er zunächst einen Entwurf zur Abschaffung der Folter. Aber erst das ebenfalls von ihm entworfene Straf- gesetzbuch für das Königreich Bayern von 1813 brachte deren förmliche Abschaffung zu- sammen mit einer Humanisierung der Strafpraxis. Ab 1807 arbeitete er den Code Napoleon in ein bürgerliches Gesetzbuch für Bayern um. Dieses wurde zwar teilweise gedruckt, trat aber nicht in Kraft. Die ihm 1812 zugewiesene Redaktion des Codex Maximilianeus hat er zusam- men mit Freiherrn von Aretin und Staatsrat von Gönner durchgeführt. 1814 wurde er zweiter Präsident des Appellationsgerichts in Bamberg, 1817 erster Präsident des Appellationsge- richts in Ansbach.

F. ist der Begründer der modernen deutschen Strafrechtslehre und der psychologischen Ab- schreckungstheorie. Er trennt streng Moral und Recht471. Aus dieser Trennung ergibt sich für ihn, dass nur der Gesetzgeber befugt ist, das Recht zu verbessern, und der Richter nicht unter Rückgriff auf Sittlichkeitserwägungen das Recht verändern darf. 1832 hat er sein berühmtes Buch „Kaspar Hauser. Beispiel eines Verbrechens am Seelenleben des Menschen“ (in der UBFU vorhanden) geschrieben. Weitere bedeutende Werke Feuerbachs im Bestand der UBFU sind: „Lehrbuch des gemeinen in Deutschland gültigen peinlichen Rechts“ in ver- schiedenen Auflagen und Ausgaben, „Revision der Grundsätze und Grundbegriffe des positi- ven peinlichen Rechts“ (die Ausgabe 1799 - 1800 ist im Fachbereich Rechtswissenschaft der FU, ein Nachdruck dieser Ausgabe von 1966 ist in der UBFU vorhanden), „Aktenmäßige Darstellung merkwürdiger Verbrechen“ (2 Bände, 1828 – 1829). Klien, Karl472. 1776 – 1839. (7 Titel). K. studierte ab 1795 in Wittenberg und wurde dort 1798 zum Dr. iur. promoviert. 1803 wurde er ao., 1807 ordentlicher Professor und Mitglied des Schöppenstuhls und des Hofgerichts. Als die Universitäten Halle und Wittenberg zusam- mengelegt worden waren, wurde er 1817 als ordentlicher Professor nach Leipzig übernom- men und war dort bis zu seinem Tode unermüdlich sowohl wissenschaftlich als auch im Spruchkollegium tätig.

19.3 Öffentliches Recht, Lehnrecht, Völkerrecht

Klüber, Johannes Ludwig473. 1762 – 1837. (nur Band 2 seiner Doktordissertation). K. stu- dierte in Erlangen, Gießen und Leipzig und ging dann als Jurisconsulte de l’Empereur und Leiter der Diplomatenschule an den St. Petersburger Hof. 1784 kehrte er nach Erlangen zu- rück, um die akademische Laufbahn einzuschlagen. 1785 wurde er dort mit einer rechtsge- schichtlichen Dissertation über die Hermannschaften bei den Langobarden („De Arimannia“) promoviert. 1786 wurde er ao., 1787 ordentlicher Professor der Rechte in Erlangen. Daneben wurde er mit diplomatischen Aufgaben betraut. 1807 siedelte er nach Heidelberg über und wurde dort Mitglied des Lehrkörpers der Universität. Auf Einladung Hardenbergs und nach Beurlaubung durch die badische Regierung nahm Klüber in Wien als Berater der preußischen Seite an den Vorbereitungen des Wiener Kongresses teil. Im Rahmen dieser Tätigkeit knüpfte er zahlreiche Verbindungen, die ihm den Zugang zu Materialien ermöglichten, die er in Hei-

471 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 114 472 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 141; Noten, S. 70 473 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 165ff; Noten, S, 84ff

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 96 delberg bearbeitete und veröffentlichte. 1817 trat er auf Hardenbergs Betreiben in den preußi- schen Staatsdienst. Er verließ ihn bald nach Hardenbergs Tod wegen eines aufgrund einer Denunziation gegen ihn in Gang gekommenen Disziplinarverfahrens. Ursache für die Anfein- dungen waren die liberalen Anschauungen, die seinem 1822 erschienenen Werk „Öffentliches Recht des Deutschen Bundes“ (in der UBFU vorhanden) zugrunde lagen. Anschließend lebte er als Privatmann in Frankfurt am Main. K. gehört zu den bedeutendsten Staatsgelehrten sei- ner Zeit; seine Quellensammlungen zum deutschen Staatsrecht und zum Wiener Kongress (in der UBFU vorhanden) sind von bleibendem Wert.

20 Historische Schule, Allgemein

Die Historische Rechtsschule entstand als Reaktion auf naturrechtliche Anschauungen. Wäh- rend das Naturrecht von einer übergeordneten allgemeinverbindlichen Werteordnung ausging, sieht die Historische Rechtsschule das Recht als Gesamtheit der Normen, die aus der Ge- schichte eines Volkes erwachsen sind. Dabei stützt sich der germanistische Zweig auf die Entwicklung der deutschen Rechtsquellen, der romanistische auf die Entwicklung des rezi- pierten römischen Rechts.

Savigny, Friedrich Karl von474. 1779 – 1861. (nur Doktordissertation). S. studierte ab 1795 Rechtswissenschaft zunächst in Marburg, dann in Jena, Leipzig, Göttingen und Halle. 1800 kehrte er nach Marburg zurück. Dort wurde er im selben Jahr mit der Dissertation „De con- cursu delictorum formali“ promoviert (im Dissertationenbestand vorhanden). Anschließend wurde er Privatdozent für Strafrecht und Pandekten in Marburg. Hier waren die Brüder Grimm seine Schüler. 1803 erschien seine berühmte Untersuchung „Das Recht des Besitzes“. (Nachdruck ist in der UBFU vorhanden). 1804 hat er Gunda Brentano geheiratet. 1808 wurde er ordentlicher Professor für römisches Zivilrecht in Landshut. 1810 folgte er einem Ruf an die neu gegründete Berliner Universität als Professor für römisches Recht. 1814 publizierte er eine Streitschrift mit dem Titel „Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissen- schaft“ (mehrere Ausgaben in der UBFU vorhanden) als Antwort auf Thibauts Vorschläge zur Kodifizierung des deutschen bürgerlichen Rechts (oben S. 93).

1815 gründete er zusammen mit Eichhorn und Göschen die „Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft“ als Organ der historischen Rechtsschule, deren Begründer und Hauptver- treter des romanistischen Zweiges er war. 1817 wurde Savigny Staatsrat im preußischen Jus- tizministerium, 1819 Mitglied des Obertribunals für die Rheinprovinzen, 1820 Mitglied der Kommission für die Revision des Allgemeinen Landrechts für die preußischen Staaten. 1835 hat er mit dem „System des heutigen römischen Rechts“ begonnen (in der UBFU vorhanden). Im 8. Band dieses Werks entwickelte er das moderne internationale Privatrecht. 1842 erfolgte seine Ernennung zum Großkanzler, zugleich war er preußischer Minister für die Revision der Gesetzgebung. 1848 ist er bei Ausbruch der Revolution von seinen Ämtern zurückgetreten. 1851 -1853 erschien sein Werk „Das Obligationenrecht als Teil des heutigen römischen Rechts“ (Nachdruck von 1973 in der UBFU vorhanden) als Ergänzung zum „System des heu- tigen römischen Rechts“.

Eichhorn, Carl Friedrich475. 1781 – 1854. (nur Doktordissertation). Ab 1797 studierte E. Rechtswissenschaft in Göttingen und wurde dort 1801 mit der Dissertation zum Prozessrecht „De differentia inter austraegas et arbitros compromissarios“ promoviert (im Dissertationen-

474 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 186ff; Noten S. 94ff 475 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 253ff; Noten, S. 110ff

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 97 bestand vorhanden). Er ging dann auf Reisen nach Wetzlar, Regensburg und Wien und wurde nach seiner Rückkehr 1803 in Göttingen habilitiert. Er las über Geschichte und Staatsrecht des Deutschen Reichs. 1805 erhielt er einen Ruf als ordentlicher Professor nach Frankfurt an der Oder. 1806 – 1811 wirkte er dort als Professor der Rechtswissenschaften und hielt Vorle- sungen über alle Rechtsgebiete mit Ausnahme des Strafrechts. 1811 wurde er an die Universi- tät Berlin berufen. Hier wirkte er neben Savigny, Schmalz und anderen und hielt Vorlesungen über deutsche Rechtsgeschichte, deutsches Privatrecht, Lehnrecht und Zivilprozess. Er nahm an den Freiheitskriegen teil und kehrte 1817 nach Göttingen zurück. Er blieb bis 1829 an der Universität Göttingen und trug zur zweiten Blütezeit der Universität bei.

Aus Gesundheitsgründen ließ er sich im April 1829 entlassen. Nach Besserung seines Zustan- des übernahm er auf Zureden Savignys ein Lehramt für Staats- und Kirchenrecht 1832 – 1833 in Berlin. Er wechselte dann in das auswärtige Ministerium. 1838 wurde er Mitglied des preußischen Staatsrats, 1843 und 1844 war er Mitglied des Oberzensurgerichts. Eichhorn war Vertreter des germanistischen Zweiges der Historischen Rechtsschule. Sein mehrbändiges Hauptwerk „Deutsche Staats- und Rechtsgeschichte“ ist in 4. bzw. 5. Auflage in der UBFU vorhanden, ebenso seine „Grundsätze des Kirchenrechts der Katholischen und der Evangeli- schen Religionspartei in Deutschland“ von 1831 – 1833, sowie andere Titel.

21 Frühzeit Historische Schule

Eckardt, Johann Ludwig476. 1732 – 1800. (9 Titel). Ab 1749 studierte E. in Coburg, von 1752 bis 1755 in Jena. 1756 wurde er Advokat, 1758 Syndikus der Stadt Coburg. 1759 wurde er in Jena zum Doktor beider Rechte promoviert. Nach einigen Jahren wurde er zum Sachsen- Weimarischen Hof- und Regierungsrat bestellt.

Runde, Christian Ludwig477. 1773 – 1849. Sohn von Justus Friedrich Runde (oben S. 86). (2 Titel). Ab 1791 studierte R. in Göttingen. 1795 wurde er mit seiner Dissertation „Principia doctrinae de interimistica praedii rustici administratione“ zum Dr. iuris utriusque promoviert (im Dissertationenbestand vorhanden). 1799 trat er als Landesarchivar in oldenburgische Dienste, 1803 wechselte er in die Regierungskanzlei und ging während der französischen Be- setzung nach Eutin als Mitglied der Regierung des Fürstentums Lübeck. 1814 kehrte er nach Oldenburg zurück und wurde dort 1817 Direktor der Justizkanzlei und 1829 Oberappellati- onsgerichtspräsident. Weitere germanistische Arbeiten von ihm, die in der UBFU vorhanden sind: „Die Rechtslehre von der Leibzucht oder dem Altentheile auf deutschen Bauerngütern nach gemeinen und besonderen Rechten“ von 1805 und „Die kurzgefasste oldenburgische Chronik“ von 1823.

Biener, Friedrich August478. 1787 – 1861. Sohn von Christian Gottlob Biener (oben S. 90) . (2 Titel). B. studierte in Leipzig und Göttingen. Er wurde 1804 in Leipzig mit seiner Disserta- tion „De differentiis itineris actus et viae genuinis“ promoviert (ist im Dissertationenbestand vorhanden) und hat sich hier auch habilitiert. 1810 wurden er auf Empfehlung Savignys nach Berlin berufen. Ab dem WS 1810/11 hat er dort Lehnrecht und Kriminalrecht gelesen, später auch Strafprozess und juristische Literaturgeschichte. In der UBFU vorhanden sind seine „Beiträge zur Geschichte des Inquisitionsprozesses und der Geschworenengerichte“ von 1827

476 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Noten, S. 142; WBIS DBA Teil1, S. 331ff: Weidlich: Nachrichten 477 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 321; Noten, S. 148; ADB Bd 29,(1889) S. 674ff 478 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 300ff, 637ff; Noten, S. 275f; ADB Bd 2, (1875) S. 626f

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 98 als Neudruck von 1965. Er war ein vorzüglicher Kenner der Rechtsgeschichte, insbesondere des späteren römisch-griechischen Rechts. Die Dissertation „Historia authenticarum Codici R. P. et Institutionibus Iustiniani a. insertarum“ von 1807 befindet sich im Dissertationen- bestand. Sein Hauptwerk: „Geschichte der Novellen Justinians“ von 1824 ist als Neudruck von 1970, seine „Beiträge zur Revision des Justinianischen Codex“ von 1833 sind als Neu- druck von 1970 im allgemeinen Bestand der UBFU. Wegen Krankheit ist er 1834 in den Ru- hestand getreten und lebte dann als Privatmann in Dresden.

Bethmann-Hollweg, Moritz August479. 1795 – 1877. (nur Doktordissertation). Ab 1813 stu- dierte B. Rechtswissenschaft in Göttingen und ab 1815 Berlin, hier vor allem bei Savigny. 1818 wurde er in Göttingen mit seiner Dissertation „De causa probatione“, gedruckt 1820, promoviert (im Dissertationenbestand vorhanden). 1819 hat er sich in Berlin für römisches Recht habilitiert. Dort hielt er Vorlesungen als ao. Professor, ab 1823 als ordentlicher Profes- sor. 1829 ließ er sich nach Bonn versetzen. Seine Hauptgebiete waren römisches Recht und Zivilprozess. In der Prozesswissenschaft hat er neue Wege gewiesen. Die Fruchtbarkeit histo- rischer Betrachtung zeigte er mit seinem grundlegenden Werk zur Geschichte des Zivilpro- zesses, durch das er einer der bedeutendsten Vertreter der historischen Rechtsschule wurde. „Der Civilprozess des gemeinen Rechts in geschichtlicher Entwicklung“ ist als Nachdruck der Ausgabe von 1859 in der UBFU vorhanden.

Homeyer, Carl Gustav480. 1795 – 1874. (1 Titel). H. studierte in Berlin, Göttingen und Hei- delberg. Er wurde 1821 in Berlin mit seiner im Dissertationenbestand vorhandenen Arbeit „Historiae iuris Pomeranici capita quaedam“ promoviert. Im selben Jahr habilitierte er sich und wurde Privatdozent an der juristischen Fakultät. 1824 wurde er zum ao., 1827 zum or- dentlichen Professor der Rechte ernannt. 1845 wurde er Obertribunalsrat, 1850 Mitglied der Akademie der Wissenschaften. H. hat sich insbesondere der germanistischen Quellenkunde gewidmet. Zu nennen sind vor allem seine Ausgabe des Sachsenspiegels, das „Verzeichnis deutscher Rechtsbücher des Mittelalters und ihre Handschriften“ und seine Schrift „Die Stel- lung des Sachsenspiegels zum Schwabenspiegel“, die 1853 aus einer Kontroverse mit dem Oberrevisionsrat Alex von Daniels in der Akademie der Wissenschaften hervorging. Alle drei Werke sind in der UBFU vorhanden.

Blume (Bluhme), Friedrich481. 1797 – 1874. (1 Titel). B. studierte ab 1817 in Göttingen, Berlin und Jena. Seine Doktordissertation „De geminatis et similibus, quae in Digestis inven- iuntur capitibus“, die 1820 an der Universität Jena entstand, ist im Dissertationenbestand vor- handen. Nach seiner Promotion war B. Advokat in seiner Vaterstadt Hamburg. Auf Anregung von Hugo und Savigny beschloss er, die Gelehrtenlaufbahn einzuschlagen. 1823 wurde B. ao., 1825 ordentlicher Professor in Halle, 1831 in Göttingen. 1833 wurde er Oberappella- tionsgerichtsrat am Oberappellationsgericht der vier Freien Städte in Lübeck. Nach zehnjähri- ger Tätigkeit dort folgte er 1843, seiner eigentlichen Neigung entsprechend, einer Berufung zum Professor der Rechte nach Bonn, wo er auch starb.

B’s erste Schaffensperiode galt der Romanistik. Europäische Berühmtheit erlangte er mit sei- ner Abhandlung „Über die Ordnung der Fragmente in den Pandektentiteln“ die 1820 im 4. Bande der von Savigny u. a. herausgegebenen „Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissen- schaft“ (in der UBFU vorhanden) erschien. Die Ergebnisse dieser Untersuchung gehören zu

479 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S.295ff, 474f; Noten, S. 129ff; NDB Bd 2 Behaim – Bürkel. (1955) S. 187f 480 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 311ff; Noten, S. 141f; ADB Bd 13, (1881) S 44ff 481 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S.294f, 475f; Noten, S. 127f

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 99 den größten Erfolgen der historischen Schule. Nach seiner Tätigkeit am Oberappellations- gericht beschäftigte er sich mit verschiedenen Rechtsgebieten wie Straf- und Zivilprozess- recht, Kirchenrecht und juristischer Encyclopädie. (ein Exemplar der „Encyclopädie der in Deutschland geltenden Rechte“ befindet sich in der Staatsbibliothek Pr. K.)

Laspeyres, Ernst Adolph Theodor482. 1800 - 1869. (nur Doktordissertation). L. studierte in Berlin und Göttingen. 1824 wurde er in Berlin mit der Dissertation: „Dissertatio inauguralis canonicae computationis et nuptiarum propter sanguinis propinquitatem ab ecclesia christiana prohibitarum sistens historiam“ promoviert (im Dissertationenbestand vorhanden). 1825 habi- litierte er sich in Berlin für Kirchenrecht und deutsches Privatrecht. 1821 – 1830 war er zu- nächst Lehrer für Forstrecht an der Forstlehranstalt. 1830 erhielt er ein Extraordinariat an der Universität Berlin, 1831 wurde er ordentlicher Professor für Privat- und Kirchenrecht in Hal- le. Dort las er 13 Jahre über deutsche Rechtsgeschichte, deutsches Privatrecht, Kirchenrecht und preußisches Landrecht. 1844 wechselte er in gleicher Funktion nach Erlangen. 1846 ging er als Rat ans Oberappellationsgericht in Lübeck. Nach einer Erkrankung zog er sich ins Pri- vatleben nach Halle zurück und ist dort 1869 gestorben. L. hat vor allem über Kirchenrecht und Lehnrecht geschrieben. Er gilt als Beispiel musterhaft genauer Forschung. Seine synopti- sche Ausgabe der Lex Salica von 1833 ist im allgemeinen Bestand der UBFU vorhanden, ebenso die Werke „Über die Entstehung und älteste Bearbeitung der libri feudorum“ von 1830 als Nachdruck von 1969 und seine Ausgabe der „Summa Decretalium“ des Bernardus Papiensis von 1860 als Nachdruck von 1956.

22 Hochblüte Historische Schule

Einert, Carl483. 1777 – 1855. (6 Titel). Einert wurde nach dem Studium zunächst 1802 Ad- vokat und wurde 1807 zum Doktor der Rechte promoviert. 1816 wurde er Mitglied der Juris- tischen Fakultät, 1828 Mitglied des Handelsgerichts. 1835 wurde er ins Justizministerium berufen und mit der Erarbeitung eines Entwurfs einer Wechselordnung für das Königreich Sachsen betraut. Der Entwurf erschien 1841 im Druck. Ab 1843 war E. Vizepräsident des Oberappellationsgerichts. Grundlegend für ein neues Verständnis des Wechselrechts ist sein Werk „Das Wechselrecht nach dem Bedürfnis des Wechselgeschäfts im neunzehnten Jahr- hundert“ von 1839 (in der Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden). Vorausgegangen war eine Rei- he von Dissertationen, die er ab 1824 unter dem Titel „Meditationum ad ius cambiale“ veröf- fentlichte. Davon sind mehrere im Dissertationenbestand.

Bethmann-Hollweg, Moritz August. 1795 – 1877, s. o. Frühzeit Historische Schule (S. 98).

Gaupp, Ernst Theodor484. 1796 – 1859. (3 Titel). Nach Gymnasium und Ritterakademie nahm er an den Befreiungskriegen teil und bezog 1816 die Universität Breslau. 1817 wechsel- te er zur Universität Berlin und machte sich dort als Schüler Savignys mit dem römischen Recht vertraut. 1819 ging er nach Göttingen, wo er unter dem Einfluss Eichhorns seine Nei- gung für die deutsche Rechtsgeschichte entdeckte. 1820 kam er nach Berlin zurück und wurde mit seiner Dissertation „De nominis pignore“ promoviert (im Dissertationenbestand vorhan-

482 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 330f; Noten, S. 150f; ADB Bd 17 (1883) S. 739f 483 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 620ff; ADB Bd 5 (1877) S. 759 484 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 521, 532f; ADB Band 8 (1878) S. 425ff

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 100 den). Im selben Jahr habilitierte er sich in Breslau als Privatdozent der Rechte und wurde 1821 zum ao., 1826 zum ordentlichen Professor ernannt. Seine Lehrtätigkeit erstreckte sich auf mehrere Rechtsgebiete, schriftstellerisch beschränkte er sich weitgehend auf die deutsche Rechtsgeschichte. Zu verdanken sind ihm wichtige Ausgaben deutscher Rechtsquellen, von denen sich mehrere im allgemeinen Bestand der UBFU befinden.

Puchta, Georg Friedrich485. 1798 – 1846. (1 Titel). P. besuchte 1811 – 1816 das Gymnasi- um in Nürnberg, an dem Hegel Rektor war. Ab 1816 studierte er Rechtswissenschaft in Er- langen und wurde dort 1820 mit „De itinere, actu et via“ promoviert (nicht im Dissertationen- bestand). 1821 unternahm er eine Deutschlandreise, auf der er mit bedeutenden Rechtswissen- schaftlern seiner Zeit bekannt wurde. Ab 1823 war er ao. Professor der Rechte in Erlangen, ab 1828 ordentlicher Professor für römisches Recht in München. 1835 folgte er einem Ruf nach Marburg für römisches Recht und Kirchenrecht. 1837 siedelte er nach Leipzig über, wo er bis 1842 als Professor für römisches Recht wirkte. 1842 wurde er Nachfolger Savignys in der Berliner Universität. Als Verehrer Savignys und Hugos war Puchta Anhänger der Histori- schen Schule und der wichtigste Vertreter der Pandektenwissenschaft. Das antike Recht muss ihm zufolge durch wissenschaftliche Durchdringung an die praktischen Bedürfnisse der Wer- tegemeinschaft (den Volksgeist) weiterentwickelt werden. Die Rechtswissenschaft soll ein rationalisiertes, anwendungssicheres Privatrecht zur Verfügung stellen. Mit dem gleichbe- rechtigten Aufkommen des deutschen Rechts neben dem römischen verband sich dann aller- dings eine deutliche Abnahme der Hochschätzung der Lehren von Puchta und Savigny486.

Wilda, Wilhelm Eduard487. 1800 – 1856. (nur Habililitationsschrift vorhanden). 1825 wurde W., der dem germanistischen Zweig der historischen Rechtsschule zuzurechnen ist, in Hei- delberg promoviert und ging dann zu Ergänzungsstudien nach Kiel und Kopenhagen. Nach längerer Reise durch Deutschland, die Schweiz und Frankreich ließ er sich als Advokat in Hamburg nieder. Nach dem Erfolg seiner Schrift über das Gildenwesen (im allgemeinen Be- stand der UBFU vorhanden) ging er nach Halle, um die Gelehrtenlaufbahn einzuschlagen. Er habilitierte sich in Halle 1831 mit der Schrift „De libertate Romana, qua urbes Germaniae ab imperatoribus sunt exornatae dissertatio“ (im Dissertationenbestand vorhanden) und wurde dort im selben Jahr ao., 1842 auf Empfehlung von Savigny und Jakob Grimm in Breslau or- dentlicher Professor. Sein Hauptwerk ist die „Geschichte des deutschen Strafrechts“ (im all- gemeinen Bestand der UBFU vorhanden), die allerdings nur das Strafrecht aller germanischen Stämme bis zur Ablösung des fränkischen Reiches umfasst. Zu der geplanten Fortführung ist es nicht gekommen.

Böcking, Eduard488. 1802 – 1870. (1 Titel). B. studierte in Heidelberg, Bonn, Berlin und Göttingen. In Göttingen wurde er 1822 promoviert. B. war seit 1826 Privatdozent, ab 1829 ao. Professor in Berlin. 1829 wurde er in gleicher Eigenschaft nach Bonn versetzt, 1835 wurde er dort ordentlicher Professor. Seine Berliner Habilitationsschrift von 1826 mit dem Titel „De mancipii causis commentatio“ ist im Dissertationenbestand vorhanden. B. gehört zu den Ver- tretern der historischen Schule und hat sich besonders mit römischen Rechtsquellen befasst. Mehrere seiner Werke sind im allgemeinen Bestand der UBFU vorhanden. Außer seinen ju- ristischen Publikationen hat er auch die Werke A. W. Schlegels und U. von Huttens herausge- bracht.

485 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 439ff, Noten, S. 202f; ADB Bd 26, (1888) S. 685ff 486 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 461 487 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 503ff, Noten, S. 225 488 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text S. 476ff; Noten, S. 211f

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 101

Rudorff, Adolf Friedrich489. 1803 – 1873. (nur Doktordissertation). R. studierte in Göttingen und Berlin Rechtswissenschaft. 1825 wurde er in Berlin mit einer mustergültigen Studie über die lex Cincia490 promoviert (im Dissertationenbestand vorhanden). Er wurde dann Dozent, 1829 ao. Professor und 1833 ordentlicher Professor in Berlin. Rudorff folgt Savigny in rechtshistorischer und Puchta in rechtsdogmatischer Hinsicht. Mehrere Schriften von Rudorff sind in der UBFU vorhanden: „Das Recht der Vormundschaft aus den gemeinen in Deutsch- land geltenden Rechten entwickelt, Bde 1 – 3, 1832 –1834“, „Römische Rechtsgeschichte, Bde 1 – 2, 1857 – 1859“, „Grundriss zu Vorlesungen über die Geschichte des Römischen Rechts bis Justinian, 1841“. Nach Puchtas Tod hat er dessen Werk „Pandekten“ herausgege- ben.

Heimbach, Carl Wilhelm Ernst491. 1803 – 1865. (3 Titel). H. studierte in Leipzig und wurde dort mit der Dissertation „De Basilicorum origine“ von 1825 promoviert (im Dissertationen- bestand vorhanden). 1828 erhielt er eine Professur für sächsisches Recht, zeitweise auch für römisches Recht an der Universität Jena. 1832 wurde er in Jena Oberappellationsgerichtsrat. H. hat eine fünfbändige Ausgabe der Basiliken publiziert. „Aelii Galli de verborum, quae ad ius pertinent, significatione fragmenta“ (in der Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden). H. war Mitarbeiter am Nachschlagewerk „Weiske, Julius [Hrsg.]: Rechtslexikon für Juristen aller teutschen Staaten“(aus unterschiedlichen Auflagen gemischtes Exemplar in der UBFU vor- handen).

Beseler, Georg492. 1809 – 1888. (ein Titel). B. studierte in Kiel und München Rechtswissen- schaft und legt 1831 in Kiel sein Staatsexamen ab. Seine Zulassung als Anwalt und die Bestä- tigung seiner Promotion von 1833 mit einer Dissertation über Eideshelfer (nicht im Disserta- tionenbestand) werden vom dänischen König verweigert, da B. den von ihm geforderten Lehnseid verweigert. B. siedelte nach Göttingen über, betrieb dort germanistische Studien und wurde 1834 promoviert. Im selben Jahr habilitierte er sich in Heidelberg und begann seine Vorlesungstätigkeit im Sommer 1835. Dann wurde er Professor in Basel. 1837 übernahm er eine Professur in Rostock. Als er für die Göttinger Sieben eintrat, wäre er fast seines Amtes enthoben worden. 1842 nahm er einen Ruf nach Greifswald an. B. entfaltete eine rege politi- sche Tätigkeit, zunächst als Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung. 1859 wurde er an die Universität Berlin berufen, wo er bis zu seinem Tode lehrte. Mit seiner Schrift „Volksrecht und Juristenrecht“ hat er sich an die Spitze der germanistischen Richtung der Historischen Schule gesetzt. Darin betont er die Bedeutung des Volksgeistes für die Rechts- entstehung und kritisiert die Theorie Savignys von einer Repräsentation des Volkes durch die Juristen. Das Werk ist in der UBFU nicht vorhanden, wohl aber mehrere andere seiner ger- manistischen Werke.

Heimbach, Gustav Ernst 493. 1810 – 1851. Bruder von Carl Wilhelm Ernst Heimbach. (3 Titel). H. wurde 1834 mit der Verteidigung seiner Dissertation „Observationum iuris Romani liber, in quo de certi conditione disputatio est, et ad legis quae de Gallia cisalpina dicitur , cap. XXI Commentar“494 promoviert (im Dissertationenbestand vorhanden) und reiste dann durch

489 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 462ff; Noten, S. 206f 490 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 462f 491 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S.482f; Noten, S. 214; ADB Bd 11, (1880) S. 326f 492 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 507ff, Noten, S. 226ff; Kleinheyer/Schröder, Juristen, S. 29ff 493 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S.482f; Noten, S. 214f; ADB Bd 11 (1880) S. 327 494 s. Professorenkatalog der Universität Leipzig = http://www.uni-leipzig.de/unigeschichte/professorenkatalog/leipzig/Heimbach_1242 und WBIS DBA Teil 1 S. 315ff: Neuer Nekrolog der Deutschen. Jg. 29. 1851 (1853))

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 102

Deutschland, Frankreich und Italien, um handschriftliche Bestände der Bibliotheken für eine Ausgabe der Basiliken kennen zu lernen. 1840 wurde er ao. Professor. Er hat eine Sammlung von 134 Novellen, die im 11. Jahrhundert in lateinischer Übersetzung auftauchten und unter der Bezeichnung „Authenticum“ ihre Verbreitung fanden, herausgegeben (im allgemeinen Bestand der UBFU vorhanden). H. war wie sein Bruder Mitarbeiter an dem von Julius Weiske herausgegebenen Rechtslexikon.

Gengler, Heinrich Gottfried Philipp495. 1817 – 1901. (ein Titel). G. studierte in Würzburg und in Heidelberg. 1843 wurde er mit der Dissertation „De Morgengaba secundum leges anti- quissimas Germanorum“ in Erlangen promoviert (im Dissertationenbestand). Dort habilitierte er sich auch und wurde erst ao., später ordentlicher Professor. Im allgemeinen Bestand der UBFU sind Schriften zur deutschen Rechtsgeschichte, insbesondere zu den Stadtrechten des Mittelalters vorhanden.

Schulte, Johann Friedrich496. 1827 – 1914. (nur Doktordissertation). S. studierte in Berlin und wurde dort im Jahre 1851 mit der Dissertation „De rerum ecclesiasticarum domino secundum praecepta iuris ecclesiastici catholicorum communis“ promoviert (im Dissertatio- nenbestand vorhanden). Ab 1854 war er Professor für Kirchenrecht in Prag, 1872 wechselte er in derselben Funktion nach Bonn. S. gehörte zu den Häuptern der Laienorganisation der altka- tholischen Bewegung. Auch gehörte er einige Zeit als Vertreter der Nationalliberalen Partei dem Deutschen Reichstag an. Er stand also mitten im kirchlichen und politischen Leben und vereinte seine praktischen Erfahrungen mit großer Gelehrsamkeit. Er hinterließ ein umfassen- des und bedeutendes Werk zum Recht der katholischen und der evangelischen Kirche, vor allem auch in Gestalt von Lehrbüchern, Quellenausgaben und Abhandlungen zur Geschichte der Quellen. Darunter befindet sich auch ein Lehrbuch zur deutschen Reichs- und Rechtsge- schichte. Sein Werk steht auf dem Boden der Historischen Rechtsschule. Eine größere Zahl seiner Werke ist im allgemeinen Bestand der UBFU vorhanden.

23 Positivismus, Hegelianismus

Gegen die historische Schule wendet sich eine rechtswissenschaftliche Richtung, die sich mit der historischen Entwicklung als Begründung des geltenden Rechts nicht begnügt, sondern eine philosophische Grundlegung fordert497. Dazu müsse zunächst das tatsächlich angewende- te Recht gesammelt und bearbeitet werden498.

Einert, Christian Gottlob499. 1747 – 1823. (17 Titel). Ab 1763 studierte E. in Leipzig Latein und Rechtswissenschaft. 1767 erwarb er die Magisterwürde, 1769 habilitierte er sich mit einer feierlichen Disputation als Privatdozent. 1771 wurde er mit der Dissertation „Legum rationes earumque investigandarum regulae“ zum Doktor beider Rechte promoviert (im Dissertatio- nenbestand vorhanden). 1777 wurde er Beisitzer an der Juristenfakultät und hielt seitdem Vor- lesungen. 1778 wurde er Mitglied des Leipziger Ratskollegiums, in dem er 1794 zum Stadt- richter, 1798 zum Syndikus und 1801 zum Prokonsul aufrückte. 1802 wurde er dritter Bür- germeister und Beisitzer am Schöppenstuhl.

495 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 533, Noten, S. 233 496 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 579f, Noten, S. 256 497 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 587 498 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 591 499 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Noten, S. 270; WBIS DBA Teil 1, S. 25ff: Neuer Nekrolog, Jg 1. 1823 (1824)

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 103

Seuffert, Johannes Adam500. 1794 – 1857. (ein Titel). S. studierte erst Geschichte, dann Rechtswissenschaft in Würzburg, wo er nach der Teilnahme an den Befreiungskriegen 1815 erst an der philosophischen, dann an der juristischen Fakultät promoviert wurde. Darauf ging er nach Göttingen und habilitierte sich dort zum Wintersemester 1815/16. Er kehrte als Pri- vatdozent nach Würzburg zurück und wurde dort 1817 ao. Professor für Geschichte, Pandek- ten und bayrisches Zivilrecht, 1819 für dieselben Fächer ordentlicher Professor. 1831 wurde S. zum Vertreter der Universität im bayrischen Landtag gewählt. Da er in den Verdacht de- mokratischer Neigungen geriet, wurde er zum Opfer der Reaktion. Aus der akademischen Laufbahn wurde er entfernt und in die Gerichtsbarkeit versetzt.

Hahn, Friedrich von501. 1823 – 1897. (ein Titel). H. studierte in Jena und in Heidelberg. 1846 wurde er in Heidelberg promoviert und war dort von 1847 – 1872 Lehrer der Rechte und ab 1850 Beisitzer am Schöppenstuhl, ab 1862 des Oberappellationsgerichts. Ao. Professor wurde er 1861, ordentlicher Professor 1862. Er wurde dann Mitglied des Reichsoberhandels- gerichts, 1879 Mitglied des Reichsgerichts. Dort wurde er 1891 Senatspräsident. Er war so- wohl Romanist als auch Germanist und verfasste 1856 eine bemerkenswerte Schrift über die Übereinstimmung von römischen und germanischen Rechtsprinzipien. Sein Lebenswerk, der große Kommentar zum Handelsgesetzbuch, der ab 1862 erschien, (im Fachbereich Rechts- wissenschaft der FU vorhanden), ist vom Positivismus geprägt.

24 Krise der historischen Schule

Es entwickelt sich eine neue rechtswissenschaftliche Richtung, die Elemente des Positivismus mit den Grundgedanken der historischen Schule verbindet502. Die bedeutendsten Vertreter dieser Entwicklung sind der Romanist Rudolf Jhering und der Germanist Karl Friedrich Wil- helm Gerber. Von Jhering ist kein Titel im Dissertationenbestand, im allgemeinen Bestand der UBFU ist er allerdings seiner Bedeutung entsprechend mit zahlreichen Schriften vertreten.

Gerber, Karl Friedrich Wilhelm503. 1823 – 1891. (2 Titel). G. wurde bereits nach sechse- mestrigem Jurastudium im Jahre 1843 in Heidelberg promoviert und habilitierte sich im da- rauffolgenden Jahre in Jena. Seine Habilitationsschrift „De unione prolium observationes“ von 1844 ist im Dissertationenbestand vorhanden. 1847 wurde G. Nachfolger Laspeyres auf dem Lehrstuhl für deutsches Recht in Erlangen, 1851 Nachfolger Wächters und Vizekanzler in Tübingen. 1857 – 1861 war er Vertreter Württembergs bei der Erarbeitung eines allgemei- nen deutschen Handelsgesetzbuchs. Er wurde dann Professor und Oberappellationsrat in Jena und wechselte 1863 nach Leipzig als Professor des deutschen Privatrechts, des Staatsrechts und des Kirchenrechts. Dort blieb er bis zu seiner Berufung zum sächsischen Kultusminister im Jahre 1871.

Schon 1846 veröffentlichte er seine aufsehenerregende Schrift „Das wissenschaftliche Prinzip des gemeinen deutschen Privatrechts“ (in der Staatsbibliothek Pr. K. vorhanden), in der er die Überzeugung vertritt, dass die rechtserzeugende Kraft des deutschen Volkes durch die Rezep-

500 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 597ff, Noten, S. 261ff 501 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 636f, Noten, 275 502 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 735 503 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 778ff, 825ff; Noten, S. 334ff, 346ff

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 104 tion nicht zum Stillstand gekommen sei, sondern sich darauf konzentrierte, das römische Recht in das einheimische Rechtbewußtsein zu integrieren. Für das Staatsrecht lehnte er die Übertragung privatrechtlicher Grundsätze ab. Er sieht zwischen dem mittelalterlichen Patri- monialstaat und dem modernen Souveränitätsstaat eine unüberbrückbare Kluft, die eine Neu- bewertung und Neukonstruktion der staatlichen Rechtsverhältnisse erfordere504. Der allge- meine Bestand der UBFU enthält mehrere seiner Werke zum Privatrecht und zum öffentli- chen Recht („System des deutschen Privatrechts“ und „Über öffentliche Rechte“). Ebenfalls vorhanden ist sein Briefwechsel mit Jhering, mit dem er die Auffassungen vom Rechtsbe- wußtsein des deutschen Volkes teilte und mit dem er gemeinsam ab 1857 die „Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen deutschen und römischen Privatrechts“ herausgab (im allgemeinen Bestand der UBFU vorhanden).

25 Jüngere historisch-praktische Richtung

Die jüngere historische Richtung, die um die Mitte des 19. Jahrhunderts ihren Anfang hatte, beschränkt sich bei der geschichtlichen Betrachtung nicht auf das römische Recht, sondern nimmt auch die Rechtsentwicklung bei den älteren europäischen Kulturvölkern in den Blick505. Da das Disputationswesen längst seine Bedeutung verloren hatte, sind die namhaften Vertreter dieser Bewegung nur mit einer Schrift, in der Regel ihrer Doktordissertation, im Dissertationenbestand zu finden. Dafür befindet sich die Mehrzahl ihrer vorhandenen Werke im allgemeinen Bestand. Zu nennen sind hier:

Leist, Burkard Wilhelm506. 1819 – 1901. L. ist im Dissertationenbestand nur mit einer Pro- grammschrift vertreten („Observationes de acquirenda vel omittenda hereditate“), seine Wis- senschaftslehre findet sich in Heft 1 seiner im allgemeinen Bestand enthaltenen „Civilis- tischen Studien auf dem Gebiete dogmatischer Analyse“.

Brinz, Alois507. 1820 – 1887. (ein Titel). Im Dissertationenbestand befindet sich B.’s Doktor- dissertation „Notamina ad usumfructum“, im allgemeinen Bestand nur wenige Titel. Darunter die „Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft“, an der er mit- gearbeitet und von der er die Bände 14 – 29 herausgegeben hat. Sein Lehrbuch der Pandekten, dem eine auf der Grundlage eines klassisch-philologischen Studiums erworbene umfassende Quellenkunde zugrunde liegt, und das zu seinen zentralen Werken gehört, ist in der Staatsbib- liothek Pr. K. vorhanden.

Bekker, Ernst Immanuel508. 1827 – 1916. (ein Titel). Von 1844 –1847 studierte B. Rechts- wissenschaft in Berlin und Heidelberg und ging dann in den Justizdienst. 1849 wurde er mit der Dissertation „De evictione citra stipulationem praestanda“ in Berlin promoviert (im Dis- sertationenbestand vorhanden). 1853 habilitierte er sich für römisches Recht in Halle. 1855 wurde er dort ao. Professor, 1857 ordentlicher Professor in Greifswald. 1874 kehrte er nach Heidelberg zurück. Dort blieb er bis zu seinem Tode. 1908 emeritierte er. Dank des intensiven Sprachunterrichts durch seinen Vater, den bekannten Altphilologen August Immanuel Bekker, war Ernst Immanuel B. der philologisch am gründlichsten vorbereitete Romanist. Als univer- saler Geist veröffentlichte er neben Arbeiten zum römischen Recht, zum deutschen Recht und

504 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 826ff 505 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 980 506 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 835, Noten: S. 350f 507 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 842ff, Noten, 352ff 508 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 692ff, 847ff; Noten, S. 354ff

Teil 3: Wissenschaftsgeschichte 105 zum Völkerrecht auch philosophische Abhandlungen und naturwissenschaftliche Betrachtun- gen.

Maurer, Konrad509. 1829 – 1903. (ein Titel). Im Dissertationenbestand befindet sich die Doktordissertation von M. „Über das Wesen des ältesten Adels der deutschen Stämme, in seinem Verhältnis zur gemeinen Freiheit“. M. hat zur deutschen und nordischen, hier vor al- lem zur isländischen Rechtsgeschichte eine Reihe von Schriften verfasst, die in durchaus nen- nenswertem Umfang im allgemeinen Bestand vorhanden sind.

Boretius, Alfred510. 1836 – 1900. (ein Titel). Im Dissertationenbestand befindet sich die Dok- tordissertation von B. „De iure bellorum privatorum ex legibus imperii Romano-Germanici“, im allgemeinen Bestand seine bedeutende Neuausgabe der fränkischen Kapitularien in den Monumenta Germaniae historica.

Gierke, Otto Friedrich von511. 1841 – 1921. (nur Doktordissertation). Nach Besuch des Gymnasiums in Bromberg und Stettin studierte Gierke von 1857 bis 1860 in Heidelberg und Berlin. In Berlin wurde er 1860 mit seiner Doktordissertation „De debitis feudalibus“ promo- viert. Anschließend praktizierte er in Stettin und wurde 1865 Gerichtsassessor in Berlin. 1867 habilitierte er sich als Privatdozent in Berlin und wurde dort 1871 ao. Professor. 1872 ging er als ordentlicher Professor nach Breslau, 1884 nach Heidelberg und kehrte 1887 in derselben Funktion nach Berlin zurück.

G. war Anhänger der Historischen Rechtsschule und deren Vorstellung von der Entstehung des Rechts aus dem Volksgeist. Das romanistische Juristenrecht entsprach für ihn nicht dem deutschrechtlichen Gedankengut, deshalb lehnt er den ersten Entwurf des BGB als höchste Steigerung der romanistisch-individualistischen Privatrechtstheorie ab. Seine Kritik in „Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht. 1889“ ist im allgemeinen Bestand vorhanden. Vorhanden sind dort auch weitere Schriften, insbesondere seine überaus bedeutenden Werke zur Geschichte, zur Theorie und zum Recht der Genossenschaft, in denen die individualistische Behandlung von Personenvereinigungen im römischen Recht verworfen und ersetzt wird durch einen weiten Begriff der realen Verbandspersönlichkeit, die mehr ist als die Summe ihrer Mitglieder. Die Genossenschaft findet sich seiner Lehre zufolge in unter- schiedlichen Ausprägungen als Strukturprinzip im gesamten Staatskörper.

509 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 902ff; Noten, S. 380ff 510 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 900ff; Noten, S. 378f 511 Stintzing-Landsberg, 3. Abt., 2. Halbband: Text, S. 912ff; Noten, S. 383

Anhang 106

Anhang

Verzeichnis der in Teil 3: Wissenschaftsgeschichte mit Kurzbiographien genannten Personen

Achenwall, Gottfried ...... 79 Brunquell, (Johann) Salomon ...... 64 Arumaeus, Dominicus ...... 36 Buddeus, Johann Franz ...... 65 Ayrer, Georg Heinrich ...... 68 Buder, Christian Gottlieb ...... 55 Bachoff von Echt, Reiner ...... 34 Caroc, Alexander ...... 47 Balthasar, Augustin ...... 70 Carpzov, August Benedikt ...... 38 Banniza, Johann Paul ...... 82 Carpzov, Benedikt II (der Jüngere) .. 37 Bardili, Burckhard ...... 40 Carpzov, Friedrich Benedikt ...... 38 Barthel, Johann Caspar ...... 80 Carpzov, Konrad ...... 38 Barthold(i), Friedrich Jakob ...... 45 Cludius, Johann Thomas ...... 34 Bastineller, Gebhard Christian ...... 72 Cocceji, Heinrich von ...... 53 Bauer, Heinrich Gottfried ...... 75 Cocceji, Samuel ...... 65 Bauer, Johann Gottfried ...... 75 Conradi, Franz Karl ...... 67 Bec(k)mann, Gustav Bernhard ...... 74 Conring, Hermann ...... 37 Bechmann, Johann Volkmar ...... 40 Cramer, Johann Ulrich ...... 73 Beck, Caspar Achatius ...... 63 Crell, Christoph Ludwig ...... 73 Becker, Hermann ...... 80 Daniels, Heinrich Gottfried Wilhelm 92 Beckmann, Lucas ...... 36 Dürr, Franz Anton ...... 81 Beier (Beyer), Adrian ...... 41 Eck, Cornelius ...... 62 Bekker, Ernst Immanuel ...... 104 Eckardt, Johann Ludwig ...... 97 Berchtold, Stephan ...... 33 Eckolt, Amadeus ...... 42 Berger, Christoph Heinrich ...... 61 Eichel (von Rautenkron), Johannes . 42 Berger, Johann Heinrich ...... 60 Eichhorn, Carl Friedrich ...... 97 Beseler, Georg ...... 101 Einert, Carl ...... 99 Bethmann-Hollweg, Moritz August 98 Einert, Christian Gottlob ...... 102 Beyer, Georg ...... 56 Eisenhart, Johann ...... 47 Biener, Christian Gottlob ...... 90 Eisenhart, Johann Friedrich ...... 71 Biener, Friedrich August ...... 97 Endres, Johann Nepomuk ...... 81 Bitsch, Caspar ...... 33 Engau, Johann Rudolph ...... 75 Blume (Bluhme), Friedrich ...... 98 Erhard, Christian Daniel ...... 88 Bocer, Heinrich ...... 35 Estor, Johann Georg ...... 70 Böcking, Eduard ...... 100 Eyben, Hulderich ...... 42 Bode (Bodinus), Heinrich ...... 45 Feltz, Johann Heinrich ...... 52 Boecler, Johann Heinrich, der Ältere 49 Feuerbach, Paul Johann Anselm ...... 94 Böhmer, Georg Ludwig ...... 76 Finckelthaus, Sigismund ...... 35 Böhmer, Johann Samuel Friedrich .. 76 Fleischer, Johann Laurenz ...... 58 Böhmer, Justus Henning ...... 57 Floercke, Heinrich Ernst ...... 44 Borcholten, Johann ...... 31 Floercke, Johann Ernst ...... 69 Boretius, Alfred ...... 105 Fomann, Ortolph ...... 36 Born, Jakob ...... 45 Forster, Valentin Wilhelm ...... 32 Brinz, Alois ...... 104 Gärtner, Karl Wilhelm ...... 59 Brückner (Bruckner), Georg Heinrich 43 Gasser, Simon Peter ...... 72 Bruckner (Brückner), Wilhelm Gaupp, Ernst Theodor ...... 99 Hieronymus ...... 60 Gebauer, Georg Christi ...... 67 Brückner, Wilhelm Hieronymus ..... 45 Gengler, Heinrich Gottfried Philipp 102 Brunnemann, Jakob ...... 44 Gerber, Karl Friedrich Wilhelm ..... 103 Brunnemann, Johann ...... 39 Gerdes, Friedrich ...... 68

Anhang 107

Gerdes, Philipp Balthasar ...... 68 Kemmerich, Dietrich Hermann ...... 57 Gierke, Otto Friedrich von ...... 105 Kestner, Heinrich Ernst ...... 56 Glaeser, Enoch ...... 42 Klein, Johann ...... 44 Glafey, Adam Friedrich ...... 58 Kleinschrod, Gallus Aloys ...... 88 Glueck, Christian Friedrich ...... 87 Klien, Karl ...... 95 Goebel, Johann Wilhelm ...... 67 Klüber, Johannes Ludwig ...... 95 Gregel, Johann Philipp ...... 87 Knorre, Carl Gottlieb ...... 59 Gribner, Michael Heinrich ...... 60 Koch, Johann Christoph ...... 77 Grotius, Hugo ...... 46 Köhler, Heinrich ...... 72 Gundling, Nicolaus Hieronymus ..... 54 Kohlschütter, Karl Christian ...... 91 Günther, Christian August ...... 84 Kortholt, Franz Justus ...... 78 Günther, Karl Friedrich ...... 94 Kortte (auch Cortte, Corte, Cortius), Häberlin, Karl Friedrich ...... 85 Gottlieb ...... 64 Haeberlin, Franz Dominicus ...... 72 Kress, Johann Paul ...... 57 Hahn, Friedrich von ...... 103 Kulpis, Johann Georg ...... 43 Hahn, Heinrich ...... 42 Laspeyres, Ernst Adolph Theodor ... 99 Hahn, Johann Philipp ...... 80 Lauterbach, Wolfgang Adam ...... 39 Hamberger, Lorenz ...... 63 Leist, Burkard Wilhelm ...... 104 Harpprecht, Christoph Friedrich ..... 77 Leyser (Leiser), Wilhelm ...... 52 Harpprecht, Ferdinand Christoph .... 59 Leyser, Augustin ...... 66 Hartung, Johann Christoph ...... 44 Leyser, Polycarp IV ...... 63 Haubold, Christian Gottlieb ...... 92 Linck, Heinrich ...... 50 Hedderich, Philipp ...... 81 Ludewig, Johann Peter von ...... 54 Heimbach, Carl Wilhelm Ernst ..... 101 Ludovici, Jacob Friedrich ...... 57 Heimbach, Gustav Ernst ...... 101 Ludwell, Wilhelm ...... 36 Heimburg, Johann Caspar von ...... 75 Lyncker, Nicolaus C...... 59 Heineccius, Johann Gottlieb ...... 66 Madihn, Georg Samuel ...... 86 Hellfeld, Johann August ...... 77 Madihn, Ludwig Gottfried ...... 86 Helwig, Joachim Andreas ...... 68 Majer, Johann Christian ...... 87 Hertius, Johann Nicolaus ...... 51 Malblanc, Julius Friedrich ...... 84 Heumann, Johann (Edler von Teutschen- Mantzel, Ernst Johann Friedrich ...... 73 brunn) ...... 71 Martens, Georg Friedrich ...... 90 Hofacker, Karl Christoph ...... 80 Mascov, Gottfried ...... 67 Hoffmann, Christian Gottfried ...... 64 Mascov, Johann Jakob ...... 54 Hoffmann, Gottfried Daniel ...... 78 Maurer, Konrad ...... 105 Hoffmann, Johann Wilhelm ...... 68 Mauritius, Erich ...... 42 Hofmann, Johann Andreas ...... 71 Meiern, Johann Gottfried von ...... 69 Hombergk zu Vach, Emil Ludwig .. 64 Meister, Christian Friedrich Georg .. 76 Hombergk zu Vach, Johann Friedrich 63 Mencke, Gottfried Ludwig ...... 71 Homborg, Andreas ...... 62 Mencke, Lüder ...... 52 Homeyer, Carl Gustav ...... 98 Mevius, David ...... 39 Hommel, Carl Ferdinand ...... 82 Michaelis, Johann David ...... 82 Hommel, Ferdinand August ...... 70 Mollenbeck, Bernhard Ludwig ...... 60 Hoppe, Joachim ...... 43 Moser, Johann Jacob ...... 78 Horn, Caspar Heinrich ...... 56 Müller, Peter ...... 41 Hufeland, Gottlieb ...... 91 Musaeus, Simon Heinrich ...... 48 Hugo, Gustav ...... 92 Mylius, Gustav Heinrich ...... 58 Hunnius, Helfricus Ulricus ...... 33 Mylius, Johann Heinrich, der Jüngere 64 Jenichen, Gottlob August ...... 74 Neller, Georg Christoph ...... 80 Jugler, Johannes Friedrich ...... 89 Nettelbladt, Christian ...... 69 Kapff, Sixt Jacob ...... 76 Nettelbladt, Daniel ...... 74

Anhang 108

Noodt, Gerard ...... 61 Schott, August Friedrich ...... 89 Obrecht, Georg ...... 35 Schott, Christoph Friedrich ...... 85 Obrecht, Ulrich ...... 50 Schrag, Friedrich ...... 46 Oldekop, Justus ...... 41 Schubart, Georg ...... 55 Otto, Everhard ...... 63 Schulte, Johann Friedrich ...... 102 Pauli, Theodor ...... 48 Schur(t)zfleisch, Konrad Samuel ..... 49 Perizonius, Jacobus ...... 62 Schwarz, Christian Gotttlieb ...... 66 Pertsch, Johannes Georg ...... 58 Schweder, Gabriel ...... 50 Platner, Friedrich ...... 91 Schwendendörffer, Bartholomaeus Puchta, Georg Friedrich ...... 100 Leonhard ...... 45 Pufendorf, Samuel ...... 46 Selchow, Johann Heinrich Pütter, Johann Stephan ...... 79 Christian von ...... 79 Püttmann, Josias Ludwig Ernst ...... 89 Senckenberg, Heinrich Christian ..... 70 Rachel, Samuel ...... 47 Seuffert, Johannes Adam ...... 103 Rebhan, Johann ...... 41 Slevogt, Johann Philipp ...... 51 Rechenberg, Karl Otto ...... 58 Sonnenfels, Joseph von ...... 83 Reinharth, Tobias Jacob ...... 69 Spangenberg, Ernst Peter Johann ..... 94 Reusner, Bartholomäus ...... 34 Stein, Johann ...... 48 Reusner, Jeremias ...... 35 Strauch, Johann ...... 42 Reusner, Nikolaus ...... 34 Strube, David Georg ...... 69 Reuss, Johann(es) August ...... 84 Struve, Burkhard Gotthelf ...... 55 Reyher, Samuel ...... 54 Struve, Friedrich Gottlieb ...... 55 Rheden, Caspar ...... 63 Struve, Georg Adam ...... 40 Rhetius, Johann Friedrich ...... 49 Stryk, Samuel ...... 40 Richter, Christian Gottlob ...... 90 Stübel, Christoph Karl ...... 94 Richter, Christoph Philipp ...... 41 Tabor, Johann Otto ...... 41 Riemer, Valentin ...... 41 Tafinger, Friedrich Wilhelm ...... 76 Rin(c)k, Eucharius Gottlieb ...... 60 Tesmar, Johannes ...... 47 Rittershausen, Konrad ...... 31 Textor, Johann Wolfgang ...... 49 Rivinus, Andreas Florens ...... 46 Theodoricus (Theoderich), Petrus Rivinus, Johann Florens ...... 46 (Peter) ...... 35 Rösler, Johann Eberhard ...... 48 Thibaut, Anton Friedrich Justus ...... 93 Rössig, Carl Gottlob ...... 85 Thomasius, Christian ...... 52 Rudorff, Adolf Friedrich ...... 101 Thomasius, Jacob ...... 44 Runde, Christian Ludwig ...... 97 Titius, Gottlieb Gerhard ...... 56 Runde, Justus Friedrich ...... 86 Trendelenburg, Adolph Friedrich .... 91 Sahme, Reinhold Friedrich ...... 68 Treuer, Gottlieb Samuel ...... 84 Savigny, Friedrich Karl von ...... 96 Treutler, Hieronymus ...... 33 Schaumburg, Johann Gottfried ...... 61 Uhl, Johann Ludwig ...... 85, 88 Scheidt, Christian Ludwig ...... 71 Vulteius, Hermann ...... 32 Scherz, Johann Georg ...... 52 Wächtler, Christfried ...... 62 Schierschmidt, Johann Justinus ...... 73 Wahl, Johann Friedrich ...... 85 Schilter, Johann ...... 51 Walch, Karl Friedrich ...... 89 Schloer, Johann Georg ...... 81 Weis(s)e, Christian Ernst ...... 92 Schmi(e)del, Johannes ...... 47 Wenck, Karl Friedrich Christian ...... 93 Schmid(t), Achat(ius) Ludwig Karl 74 Werlhof, Johann ...... 48 Schnaubert, Andreas Joseph ...... 87 Wernher, Johann Balthasar ...... 60 Schneidt, Josef Maria ...... 75 Westenberg, Johannes Ortwin ...... 62 Schneidt, Joseph Maria ...... 89 Westphal, Ernst Christian ...... 86 Schoepffer, Johann Joachim ...... 45 Westphalen, Ernst Joachim ...... 70 Schorch, Hieronymus Friedrich ...... 72 Wilda, Wilhelm Eduard ...... 100

Anhang 109

Wildvogel, Christian ...... 59 Zachariae von Lingenthal, Karl Willenberg, Samuel Friedrich ...... 48 Salomo ...... 92 Win(c)kler, Karl Gottfried ...... 83 Zaunschliffer, Otto Philipp ...... 43 Wolf(f), Christian ...... 65 Ziegler, Kaspar ...... 50 Woltaer, Johann Christian ...... 86 Wunderlich, Johann ...... 88

Abkürzungen:

ADB Allgemeine Deutsche Biographie FU Freie Universität Berlin HU Humboldt-Universität zu Berlin MPI Max-Planck-Institut OPAC Online Public Access Catalogue RAK-WB Regeln für die alphabetische Katalogisierung an wissenschaftlichen Bibliotheken RKH Rheinischer Revisions- und Kassationshof Staatsbibliothek Pr. K. Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz UBFU Universitätsbibliothek der Freien Universität

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