Liberal-Rechtsstaatliche Normen Und Das EU-Politikfeld Innere Sicherheit

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Liberal-Rechtsstaatliche Normen Und Das EU-Politikfeld Innere Sicherheit Liberal-rechtsstaatliche Normen und das EU-Politikfeld Innere Sicherheit Inauguraldissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln 2009 vorgelegt von Daniel Schraad-Tischler, M.A. aus Wuppertal 1 Referent: Prof. Dr. Wolfgang Wessels Korreferent: Prof. Dr. Wolfgang Leidhold Tag der Promotion: 3. Juli 2009 2 Danksagungen Die vorliegende Arbeit wurde Anfang 2009 an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln angenommen. Zu den guten Traditionen gehört es, zunächst denjenigen Personen und Institutionen zu danken, die zum erfolgreichen Abschluss der Arbeit beigetragen und mir in vielerlei Hinsicht geholfen haben. Der erste Dank gilt dabei meinem Doktorvater Prof. Dr. Wolfgang Wessels, der mein For- schungsvorhaben von Beginn an mit Rat, konstruktiver Kritik, Humor und stets mit den rich- tigen Fragen begleitet hat. Als Mitarbeiter an seinem Jean Monnet Lehrstuhl in Köln habe ich viel gelernt und etliche Anregungen mitgenommen, die weit über die wissenschaftliche Aus- einandersetzung mit Fragen der europäischen Integration hinausreichen. Nicht weniger möchte ich Prof. Dr. Dr. Jörg Monar danken, der mich über weite Strecken meiner Promotion ebenfalls ganz maßgeblich unterstützt und in meinem Vorgehen immer ermutigt hat. Nicht nur während meines Aufenthalts an der Université Robert Schuman in Straßburg im Jahr 2007 hat er mir viele richtungsweisende Ratschläge gegeben, für die ich ihm sehr dankbar bin. Herrn Prof. Dr. Wolfgang Leidhold danke ich herzlich für die Über- nahme des Zweitgutachtens zu meiner Arbeit. Viele hilfreiche Tipps haben mir meine ehemaligen Kollegen am Jean Monnet Lehrstuhl, die Mitstreiter im Oberseminar von Prof. Wessels sowie die Teilnehmer der „Securint Summer School“ im Juli 2007 in Straßburg gegeben. Auch der Friedrich-Ebert-Stifung, die mich während meiner Forschung materiell und ideell mit einem großzügigen Promotionsstipendium gefördert hat, bin ich zu großem Dank ver- pflichtet. Fast noch wichtiger als alle fachlichen Ratschläge und finanziellen Hilfestellungen ist jedoch die moralische Unterstützung, die ich in den letzten Jahren von vielen Seiten erfahren habe. Allen voran hat mir Julia geholfen, manch eine Sinnkrise zu überwinden. Ohne den Rückhalt und den pragmatischen Optimismus, den sie mir stets vermittelt hat, wäre meine Arbeit wohl jetzt noch nicht fertig. Auch meinen Eltern danke ich für ihr uneingeschränktes Vertrauen. Ihre bedingungslose Unterstützung hat mir dies alles erst ermöglicht. Daniel Schraad-Tischler Bielefeld, Juli 2009 3 Abstract Die vorliegende Studie untersucht die Entwicklung liberal-rechtsstaatlicher Leitvorstellungen im EU-Politikfeld Innere Sicherheit. Die in den letzten Jahren verstärkt diskutierte Frage nach dem Stellenwert liberal-rechtsstaatlicher Normen im Zusammenhang mit dem Ziel einer wirk- samen Gewährleistung Innerer Sicherheit ist längst keine rein nationalstaatliche Problematik mehr. Vielmehr muss man auch die Ebene der Europäischen Union mit in den Blick nehmen, in der sich innerhalb der letzten drei Jahrzehnte ein durchaus eigenständiges Politikfeld Innere Sicherheit entwickelt hat. Viele Untersuchungen zum „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ (RFSR) betonen dabei, dass der Fokus der Union in diesem Bereich allzu sehr auf das Ziel der „Sicherheit der Bürger“ (vgl. Art. 29 EUV) ausgerichtet ist. Aus einer wissen- schaftlichen Perspektive werden sowohl auf einer diskursiven als auch auf einer politikprakti- schen Ebene starke Versicherheitlichungsprozesse konstatiert, die sich negativ auf die Dimen- sion von Grundrechten und bürgerlichen Freiheiten auswirken. Diese Einschätzungen kontrastieren jedoch in gewisser Weise mit dem ebenfalls grundlegen- den Bild der Union als einer betont freiheitlich-rechtsstaatlichen Gemeinschaft. Demokratie, Freiheit, Achtung der Menschenrechte und Rechtstaatlichkeit sind Kernprinzipien des „Ge- meinschaftsethos“ der Europäischen Union, wie es sich klar etwa in Art. 6 EUV ausdrückt. Angesichts der bereits recht intensiven Diskussion über Sicherheitsdiskurse im Rahmen des RFSR ist ein wesentliches Ziel der Arbeit somit, gerade auch die mögliche Konstruktion eines eigenständigen liberal-rechtsstaatlichen Leitbildes im EU-Politikfeld Innere Sicherheit stärker in den Blick zu nehmen. Inwiefern hat sich im Bereich Innere Sicherheit womöglich im Laufe der Zeit eine solche liberal-rechtsstaatliche Dimension entwickelt? Wie hängt dies unter Um- ständen mit der Entwicklung eines sicherheits- und performanzorientierten Leitbildes zusam- men? Bei diesen Fragen wird von einer auf den ersten Blick kontraintuitiven Orientierungs- these ausgegangen. Während man angesichts des grundsätzlichen, häufig mehr polemisch als theoretisch fundiert diskutierten Spannungsfelds von Freiheit und Sicherheit annehmen könn- te, dass bei einer sich verstärkenden Sicherheits- und Performanzorientierung liberal- rechtsstaatliche Leitvorstellungen eher marginalisiert werden, erscheint auch eine andere Per- spektive denkbar: So wird in der vorliegenden Arbeit untersucht, ob nicht gerade auch ein verstärkter Fokus auf das Ziel einer möglichst effizienten und effektiven Sicherheitsgewähr- leistung gleichzeitig zu einer Aufwertung liberal-rechtsstaatlicher Leitvorstellungen führen kann. Ein solches Muster ließe sich dann gewissermaßen als eine liberal-rechtsstaatliche Sen- sibilisierung bezeichnen. Nicht zuletzt stellt sich hier die Frage, ob das Verhältnis von Sicher- heit, Effizienz und Effektivität einerseits und liberal-rechtsstaatlichen Normen andererseits im Laufe der Zeit nicht auch vermehrt als mögliches Positivsummenverhältnis betrachtet wird. Die Untersuchungsperspektive ist diachron ausgerichtet. Der Untersuchungszeitraum reicht von den Anfängen der Kooperation im Bereich der Inneren Sicherheit Mitte der 70er Jahre bis in die Gegenwart, wobei die Unterzeichnung des Vertrags von Lissabon Ende 2007 – abgese- hen von einigen Ausblicken – den Endpunkt der eigentlichen Analyse markiert. 4 Im ersten Teil der empirischen Analyse werden die wesentlichen Etappen der Leitbildent- wicklung innerhalb der offiziellen Selbstdarstellung und Rhetorik der Europäischen Union herausgearbeitet. Im zweiten Teil der empirischen Analyse wird dann vor dem Hintergrund der zuvor herausgearbeiteten langfristigen Argumentationsstrukturen eine vertiefende Unter- suchung anhand zweier Fallstudien zur Etablierung liberal-rechtsstaatlicher Normen im EU- Politikfeld Innere Sicherheit vorgenommen. Die erste Fallstudie bezieht sich auf die Diskus- sion um einen einheitlichen Datenschutzstandard im Bereich der polizeilichen und strafjusti- ziellen Zusammenarbeit. Die zweite Fallstudie betrachtet die Frage von Verfahrensrechten von Verdächtigen und Angeklagten im Strafprozess und die entsprechende Problematik sol- cher liberal-rechtsstaatlicher Schutzstandards mit Blick auf den Europäischen Haftbefehl. Die empirische Analyse zeigt dabei, dass die Herausbildung eines liberal-rechtsstaatlichen Leitbildes den theoretischen Annahmen der Arbeit entsprechend immer im direkten Zusam- menhang mit der Entwicklung sicherheits- und performanzorientierter Argumentationsstruk- turen beurteilt werden muss. Die These einer liberal-rechtsstaatlichen Sensibilisierung bestä- tigt sich in mehreren Kontexten. 5 Inhalt 1. Einführung.......................................................................................................................... 12 2. Theoretischer und analytischer Rahmen – das Spannungsfeld zwischen einem sicherheits- und performanzorientierten und einem liberal- rechtsstaatlichen Leitbild ................................................................................................ 27 2.1. Leitbilder und argumentative Strukturen – eine Brücke zwischen Konstruktivismus und Rationalismus ...................................................................... 27 2.1.1. Leitbilder........................................................................................................... 27 2.1.2. Legitimität als Schlüsselkategorie .................................................................... 30 2.1.3. Metatheoretische Verortung............................................................................. 33 2.2. Leitbild I: Die Union als effizienter und effektiver Sicherheitsproduzent............ 37 2.3. Leitbild II: Liberal-rechtsstaatliches Leitbild – Die Union als demokratische (Grund-)Rechtsgemeinschaft..................................................................................... 45 2.4. Hypothesen und theoretische Annahmen ................................................................ 53 2.4.1. Welche Implikationen kann das liberal-rechtsstaatliche Leitbild besitzen? ........................................................................................................... 53 2.4.2. Der Zusammenhang zwischen Sicherheits- und Performanzorientierung und liberal-rechtsstaatlichen Normen – angenommene Mechanismen ................... 58 2.4.2.1. Sicherheit, Performanz und liberal-rechtstaatliche Sensibilisierung? ... 58 2.4.2.2. Ein mögliches Positivsummenverhältnis.................................................. 63 2.4.2.3. Legislativer Bereich ................................................................................. 64 2.4.2.4. Operativer Bereich................................................................................... 65 2.4.2.5. Weitere Argumentationskategorien.......................................................... 66 2.4.2.6.
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