Die Neue Ordnung Erscheint Alle Manfred Spieker, Der Legalisierte Kinder- 2 Monate Mord
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Herausgeber: Institut für DIE NEUE Gesellschaftswissenschaften Walberberg e.V. Redaktion: ORDNUNG Wolfgang Ockenfels OP (verantw.) Heinrich Basilius Streithofen OP begründet von Laurentius Siemer OP Bernd Kettern und Eberhard Welty OP Redaktionsbeirat: Stefan Heid Nr. 1/2005 Februar 59. Jahrgang Martin Lohmann Edgar Nawroth OP Herbert B. Schmidt Günter Triesch Rüdiger von Voss Editorial Wolfgang Ockenfels, Redaktionsassistenz: Andrea und Hildegard Schramm Die heißen Eisen der deutschen Sprache 2 Druck und Vertrieb: Verlag Franz Schmitt, Postf. 1831 Paul-Josef Cordes, Wie christlich ist 53708 Siegburg Europa? 4 Tel.: 02241/64039 – Fax: 53891 Die Neue Ordnung erscheint alle Manfred Spieker, Der legalisierte Kinder- 2 Monate mord. Zur Problematik der Spätabtreibungen 15 Bezug direkt vom Institut oder durch alle Buchhandlungen Hans Braun, Not als kollektive Erfahrung. Jahresabonnement: 25,- € Einzelheft 5,- € 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs 28 zzgl. Versandkosten ISSN 09 32 – 76 65 Bericht und Gespräch Bankverbindungen: Jürgen Wahl / Horst Langes, Der „Fall Sparkasse Bonn Konto-Nr.: 11704533 Buttiglione“ 40 (BLZ 380 500 00) Postbank Köln Max Wingen, Elterngeld zwischen familien- Konto-Nr.: 13104 505 (BLZ 370 100 50) politischen „Alternativattrappen“? 53 Anschrift der Maridi el Nahas, Kopftuch als Kulturkampf 58 Redaktion und des Instituts: Simrockstr. 19 Christina Agerer-Kirchhoff, Christliche 53113 Bonn Tel. + Fax Redaktion: 0228/222323 Martyrer im 20. Jahrhundert 61 Tel. Institut: 0228/21 68 52 Fax Institut: 0228/22 02 44 Unverlangt eingesandte Manuskripte und Besprechungen 74 Bücher werden nicht zurückgesandt. Verlag und Redaktion übernehmen keine Haftung Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Nachdruck, elektronische oder photome- chanische Vervielfältigung nur mit Genehmigung der Redaktion http://www.die-neue-ordnung.de 1 Editorial Die heißen Eisen der deutschen Sprache Zugegeben, schön klingt es nicht, das Wort „Humankapital“, das unsere Sprach- polizisten zum „Unwort des Jahres“ erklärten. Die es verwarfen, wollten damit wohl eine vermeintlich unsaubere Wortverbindung von „Humanität“ und „Kapi- tal“ untersagen – in der Annahme, Kapital sei immer inhuman. In ihrer Vorein- genommenheit haben sie den analogen Charakter eines ökonomischen Begriffs nicht begriffen, der ja gerade auf Erziehung, Bildung und Wissen von Menschen abzielt, die im Wirtschaftsleben wesentlich mehr Bedeutung haben als irgendein Sachkapital. Nicht das Kapital arbeitet, sondern Menschen mit ihm. Und diese müssen erst einmal geboren und erzogen werden, bevor die Wirtschaft funktio- niert und Universitäten finanziert werden können. Darum ist die „Investition in Humankapital“ eine vorrangige Angelegenheit – so scheußlich und technisch dieser Ausdruck auch einem weltfremden Sprachwis- senschaftler vorkommen mag. Ohnehin sollte man besser von „Humanvermö- gen“ sprechen und dabei zunächst an die Kinder denken. In diesem Zusammen- hang, also im Kontext der massenhaften Vernichtung ungeborener Kinder, wäre es naheliegend, euphemistische Wörter wie „ergebnisoffen“ und „flächendek- kend“ in das „Wörterbuch des Unmenschen“ aufzunehmen. Dieses nach dem Zweiten Weltkrieg entstandene Wörterbuch enthielt auch das Wörtchen „einmalig“, denn es spielte „in Hitlers Reden eine große und inflatio- näre Rolle“ (W. E. Süskind). Als „einmalig“ oder „singulär“ werden aber heute auch die Verbrechen Hitlers bezeichnet. Sie wurden in Nürnberg als „Verbre- chen gegen die Menschlichkeit“ verurteilt, wenngleich, wie Johannes Gross spitzfindig bemerkte, alle Verbrechen gegen die Menschlichkeit verstoßen. Viel- leicht gehört das Wort „Unmensch“ selber in ein noch zu schreibendes „Wörter- buch der Unmenschlichkeit“. Aber Wortverbote nützen nichts, auf die Begriffe kommt es an und vor allem auf jene Kräfte, die sie prägen und damit eine semantisch-kulturelle Herrschaft aus- üben, die weit in den politischen und rechtlichen Raum ausstrahlt. Wer früher als Tabubrecher sich einen Jux daraus machte, mit „heißen Eisen“ zu hantieren, sorgt heute dafür, daß man sich daran die Finger verbrennt. Inzwischen ist ein Kampf um die Begriffe „Volksverhetzung“ und „Diskriminierung“ entbrannt. Sehr leicht handelt sich öffentliche Anklagen oder Strafanzeigen ein, wer ein „falsches“, d. h. völlig zutreffendes Wort in den Mund nimmt. Ein Beispiel für verfehlte Sprachkritik bot jüngst Paul Spiegel, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland. Seine Kommentare zu einer Predigt, die Kardinal Joachim Meisner am Dreikönigsfest im Kölner Dom gehalten hatte, verdienen es, in ein „Lexikon der leichtfertigen Mißverständnisse und überzoge- nen Reaktionen“ eingetragen zu werden. In einem Interview erklärte er, Kardinal Meisner habe „den millionenfachen Mord an Juden relativiert“; „der direkte 2 Vergleich“ der Abtreibungen „mit dem systematischen und fabrikmäßigen Mas- senmord der Nazis “ sei „unzulässig und in höchstem Maße empörend“. In einer Nachrichtensendung drohte Spiegel dem Kardinal sogar mit rechtlichen Schrit- ten. Spätestens hier - und bevor der christlich-jüdische Dialog vor Gericht ausge- tragen wird, wäre es Herrn Spiegel anzuraten, den Meisner-Text sorgfältig zu lesen und gewissenhaft zu reflektieren. Was hatte der Kardinal gesagt? Hier der Wortlaut: „Mein Leben, mein Herz, mein Leib gehört nicht mir. Es ist sein (Gottes) Eigentum. Ich kann über mein eigenes Leben und über das Leben anderer nicht verfügen. Ich kann es immer nur dankend empfangen. Es ist bezeichnend: Wo der Mensch sich nicht relativie- ren und eingrenzen läßt, dort verfehlt er sich immer am Leben: zuerst Herodes, der die Kinder von Bethlehem umbringen läßt, dann unter anderem Hitler und Stalin, die Millionen Menschen vernichten ließen, und heute, in unserer Zeit, werden ungeborene Kinder millionenfach umgebracht. Abtreibung und Euthana- sie heißen die Folgen dieses anmaßenden Aufbegehrens gegenüber Gott.“ Kein Wort also über Auschwitz, kein „direkter Vergleich“ der Abtreibungen mit dem Massenmord an Juden, keinerlei Relativierung der Schoah. Statt dessen eine chronologisch geordnete, keineswegs vollständige Aufzählung von Beispielen, von Personen und Phänomenen, an denen sich die menschenverachtenden Fol- gen der Mißachtung Gottes zeigen. Unter diesem Aspekt können Hitler und Stalin durchaus in einem Atemzug genannt werden. Die Singularität der Verbre- chen Hitlers wird damit nicht negiert. Freilich setzt die Feststellung, die Verbre- chen beider seien nicht vergleichbar oder gar gleichzusetzen, bereits einen Ve r- gleich zwischen beiden voraus. Und die Abtreibung, die das Zweite Vatikanische Konzil vor vierzig Jahren als „verabscheuungswürdiges Verbrechen“ bezeichne- te, liegt auf einer anderen Ebene der Unmenschlichkeit, deren tragische Folgen immer deutlicher spürbar werden. Der „Rückzieher“ des öffentlich angeprangerten und eingeschüchterten Kardi- nals , der auch von seinen bischöflichen Kollegen keine hörbare Unterstützung erfahren hatte, erfolgte in einer Presseerklärung des Erzbistums Köln: „Wenn ich geahnt hätte, daß mein Verweis auf Hitler mißverstanden hätte werden können, hätte ich seine Erwähnung unterlassen. Es tut mir leid, daß es dazu gekommen ist. In der Dokumentation meiner Predigt werde ich darum auch den Hinweis auf Hitler tilgen lassen.“ Hier tritt ein peinliches Dilemma deutlich hervor. Hitler darf sechzig Jahre nach dem „Untergang“ weder genannt noch getilgt werden – wegen eines Miß- verständnisses, das sich in einem Telefongespräch leicht hätte klären lassen. Vielleicht in gemeinsamer Erinnerung an Clemens August Graf von Galen. Die- ser tapfer widerstehende Bischof von Münster schrieb am 4. November 1943 an Pius XII.: „Aber es ist doch nicht zu leugnen, daß im Großen gesehen, ganz er- hebliche Teile des deutschen Volkes dem Christentum, ja, dem wahren Gottes- glauben gleichgültig, sogar ablehnend gegenüberstehen und immer mehr die bisherigen sittlichen Bindungen der christlichen Vergangenheit beiseite setzen.“ Wolfgang Ockenfels 3 Paul-Josef Cordes Wie christlich ist Europa? Das Thema* möchte dazu bewegen, aktuelle politische und gesellschaftliche Probleme anzusprechen – etwa die Präambel der Europäischen Konstitution; die Implikationen einer möglichen Aufnahme der Türkei in die EU; die saloppe Diskreditierung der Vorsichtigen mit dem Ko mmentar, Europa sei kein „christli- cher Club“. Doch ist ein Bischof wohl kein geeigneter Referent, das politische Wohl und Wehe der EU zu analysieren sowie Staatslenkern und ihren Institutio- nen Lösungen anzubieten. Die Überlegungen des Hirten müssen sich spezifisch dem Evangelium und der Kirche widmen – auch wenn solche Erörterungen we- niger Chancen haben, Schlagzeilen zu machen. Politik zielt ja – nach Max Weber – auf Machterwerb und Machterhalt; sie beschränkt sich daher notwendig auf die irdische Wirklichkeit. Wer aber den Glauben zu verkündigen hat, bezieht eine – wie der Hebräerbrief schreibt – Überzeugung ein von „Dingen, die man nicht sieht“ (11,1); wobei die Beachtung der Transzendenz selbstredend auch das Diesseits ernstnimmt und ggf. auch politische Konsequenzen aus den Beobach- tungen fällig sind. Suche nach Indikatoren der Glaubensvitalität Die gewählte Glaubenssicht legt sich aus einem zweiten Grund nahe. Allem Anschein nach wurde unser Thema angestoßen von einer Artikelserie, die eine große deutsche Tageszeitung Anfang des Jahres 2004 veröffentlichte. Korres- pondenten beschrieben dabei die Religionspraxis in verschiedenen europäischen Ländern gewiß in dem angedeuteten politischen Kontext.