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Anschrift Dr. Christa Kolokytha, Tel. (0 97 21) 2 62 00, der Redaktion email: [email protected] Historischer Verein e.V. Petersgasse 3 („Schrotturm“), 97421 Schweinfurt Geschäftszeiten: Mo.+ Mi. 15-17 Uhr, Tel. (09721) 18 66 28 ______Inhalt Geleitwort - „Das Mittelalter in Schweinfurt – 1003 bis 1554“ 1 Wissenschaftliches Mittelalter-Kolloquium ...... 3 Aufsätze Erich Schneider: Die Befestigungsanlagen von Schweinfurt im Mittelalter ...... 6 Frank Feuerhahn: Die archäologischen Untersuchungen am „Oberen Wall“ – ein Beitrag zur Entwicklung der Stadtbefestigung von Schweinfurt .. 25 Uwe Müller: Das älteste Siegel der Reichsstadt Schweinfurt (1306) ...... 30 Andrea Brandl: Urtümliche Wasserfahrzeuge aus Unterfranken – Der Schweinfurter Einbaum von 1207 ...... 38 Ernst Petersen: Von einem „bescheydin manne Fritzen Smide, eyme burger zu Swinfurt“. Vita des Schweinfurter Finanziers im 14. Jahr- hundert ...... 48 Reinhold Jordan: Neue Kunstmedaille der Numismatischen Gesellschaft Schweinfurt ...... 61 Vereinsnachrichten Studienfahrten ...... 63 Personalia ...... 64 W. Böhm: Nachtrag zu E. Kästner ______„Erhart war sein vierter Name“ ...... 65 Impressum Schweinfurter Mainleite Herausgeber: Historischer Verein Schweinfurt e.V. Redaktion: Dr. Christa Kolokytha, Wilhelm Böhm, Ernst Petersen, Dr. Erich Schneider Umschlaggestaltung: Isi Huber Druck: Weppert GmbH & Co. KG, Schweinfurt Der Verkaufspreis ist durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten. ______Geleitwort Wilhelm Böhm „Das Mittelalter in Schweinfurt – 1003 bis 1554“

Der Historische Verein Schweinfurt möchte mit diesem Doppel- heft 2/2003 seiner Vierteljahresschrift einen Beitrag zu dem „Mittelalterprojekt“ leisten, das der Schul- und Kulturausschuss der Stadt bereits 2001 befürwortete und das seitdem Frau Ober- bürgermeisterin Grieser und der Stadtrat konsequent förderten. In zahlreichen Arbeitssitzungen der zuständigen städtischen und privaten Gremien wurden die Planungen vorangetrieben. Unter der Federführung des Initiators Dr. Erich Schneider, des Leiters des Kulturamtes, wurde ein Konzept entwickelt mit dem Ziel, „ein facettenreiches Bild dieser Zeit zu zeichnen“ und ein „attraktives Programm für ein Fachpublikum wie für breite Bevölkerungs- schichten“ zu entwerfen. (Dr. Erich Schneider, Projektbeschrei- bung 18.10. 2002)

Spannung, Dynamik, zusätzliches Interesse gewinnt das Unter- nehmen durch die Tatsache, dass das Mittelalter gerade in Schweinfurt als „verlorene Epoche“ (E. Schneider) zu betrachten ist. Besonders das große Stadtverderben von 1554 hat die mittel- alterliche Bausubstanz getilgt, jedes Haus, jedes Stadttor wurde zerstört. Alle offiziellen städtischen Bauten, die die Luftangriffe von 1943/ 45 unbeschadet überstanden, stammen aus der Zeit nach 1554, aus der „Neuzeit“. Auch die Archivbestände wurden damals durch Brand und Plünderung dezimiert – die noch vorhandenen, nicht unbedeutenden Reste (besonders Urkunden) wird Archivdirektor Uwe Müller in einer Sonderausstellung zeigen.

„Das unsichtbare Wer die mittelalterliche Stadt erforschen will, muss in die Tiefe Mittelalter in steigen, „das unsichtbare Mittelalter“ (E. Schneider), das in und Schweinfurt“ unter den Fundamenten ruht, archäologisch entdecken. Eine reizvolle Aufgabe, eine Arbeit, die manche Überraschung erwar- ten lässt, etwa im Bereich des „Weißen Turmes“ der östlichen Befestigung (vgl. Aufsatz Feuerhahn, S. 25) oder bei der Erfor- schung der Gadenanlagen um St. Johannis (vgl. Aufsatz Schnei- der, S. 6) Diese bedeutende Kirche ist ja das einzige, große Zeugnis des Mittelalters, das den Wandel überstand und das Stadtbild bis heute prägt. ______1 ______

Den Auftakt der Aktivitäten wird vollgewichtig das wissenschaftliche Symposi- on „Vor 1000 Jahren. Die Schweinfurter Fehde und die Land- schaft am Obermain“ bilden. (Einladung und Programm S. 3-5) Bei dieser öffentlichen Veranstaltung werden namhafte Wissen- schaftler unter Leitung von Dr. Erich Schneider und Prof. Dr. Bernhard Schneidmüller über Forschungsergebnisse zur frühen Geschichte der Stadt und der Schweinfurter Markgrafen referie- ren. Die Gesamtveranstaltung „Mittelalterjahr“ stellt freilich neben 1003 noch das Jahr 1254 (erste Erwähnung der Stadt als Reichs- stadt) und das Jahr 1554 (Vernichtung des alten Schweinfurt im Markgräflerkrieg). So entsteht brennpunktartig ein Spannungsfeld, von dem aus das „unbekannte, vergessene Mittelalter in Schweinfurt“ neu entdeckt und vermessen werden soll.

Themen des Heftes Das vorliegende Heft 2/2003 will, wie oben erwähnt, einen Beitrag zu dem Gelingen des Projektes leisten. Die Aufsätze befassen sich alle mit dem Thema Mittelalter und zeigen wesent- liche Aspekte der Geschichte der Stadt. Die frühe Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte (Schneider, Feuerhahn), die Bedeutung des Mains für das Leben in Schweinfurt (Brandl), interessante, prägende Persönlichkeiten (Petersen), das bis heute gültige Wappen im Siegel der Stadt (Müller) u.a.m. Eine zweite umfängliche Veröffentlichung zu dem Thema Mittelal- ter wird 2004 erscheinen.

Der Historische Verein wünscht der Auftaktveranstaltung „Sympo- sion“ gutes Gelingen – ebenso dem ganzen Projekt in seiner großen Spannweite von strenger Wissenschaftlichkeit bis hin zum großen „Mittelalterfest“ im Juli 2004 im Herzen der Stadt – hoffentlich ein echtes „Volksfest“, an dem unsere Bürger teilneh- men und das das „Mittelalter in Schweinfurt“ für alle lebendig machen, zu neuem Leben erwecken wird.

______2 ______Wissenschaftliches Kolloquium

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Wissenschaftliches Mittelalter-Kolloquium

Das Jahr 1003 markiert ein wichtiges Ereignis der Geschichte von Schweinfurt: Vor 1000 Jahren unterlag der Schweinfurter Markgraf Hezilo im Rahmen der Schweinfurter Fehde König Heinrich II. Der Markgraf hatte sich zuvor berechtigte Hoffnungen auf die bayerische Herzogswürde gemacht. Im Kräftespiel der Mächte unterlegen, starb das Schweinfurter Geschlecht später Mannesstamm aus. Abgesehen von Schweinfurt selbst künden aber bis heute Ortsnamen wie z. B. Banz, Creussen, oder Heidenfeld von der einstigen Bedeutung der Schweinfurter Markgrafen. Es ergeht deshalb herzliche Einladung zur Teilnahme an folgen- dem Kolloquium: Vor 1000 Jahren Die Schweinfurter Fehde und die Landschaft am Obermain 1003

Eine Tagung der Stadt Schweinfurt und des Zentrums für Mittel- alterstudien der Universität Bamberg am 04. und 05. Juli 2003

Tagungort Bibliothek Otto Schäfer, Judithstr. 16, 97422 Schweinfurt, Tel. 09721/3985 Organisation Dr. Erich Schneider und Prof. Dr. Bernd Schneidmüller (in Verbindung mit Mathias Hensch M.A.) Programm

Freitag, 04. Juli 2003 Sitzungsleitung: Prof. Dr. Stefan Weinfurter (Heidelberg)

13.00 Uhr Oberbürgermeisterin der Stadt Schweinfurt – Direktor des ZEMAS Bamberg: Eröffnung Prof. Dr. Bernd Schneidmüller (Bamberg): Einführung in das Tagungsthema

13.30-14.15 Prof. Dr. Rolf Bergmann (Bamberg): Ortsnamen am Obermain

14.15-15.30 Dr. Matthias Hardt (Leipzig): Deutsche und Slaven in Oberfranken

15.30-16.00 Kaffeepause

16.00-16.45 Dr. Hubertus Seibert (München): Adlige Herrschaft um die Jahrtausendwende. Die Grafen von Schweinfurt ______4 ______

16.45-17.30 Prof. Dr. Wilhelm Störmer (München): Der Adel in der Obermain- region im Umkreis der „Schweinfurter“ während der ausgehenden Ottonenzeit

17.30-18.15 Prof. Dr. Helmut Flachenecker (Würzburg): Schweinfurter Haus- und Gedächtnisklöster

20.00 Uhr Prof. Dr. Rudolf Endres (Bayreuth): Die Schweinfurter Fehde und ihre Folgen [Öffentlicher Festvortrag im Friedrich-Rückert-Bau am Martin- Luther-Platz, Leopoldina-Saal]

Empfang der Stadt Schweinfurt

Samstag, 05. Juli 2003 Sitzungsleitung: Dr. Jochen Haberstroh (Memmelsdorf)

09.00-09.45 Prof. Dr. Peter Ettel (Jena): Burgenbau in Franken um 1000

09.45-10.30 Mathias Hensch M.A. (Bamberg): Die Burg Sulzbach (Opf.) – Hauptsitz der Nordgaugrafen des 9. bis frühen 11. Jahrhunderts? Eine archäologisch-historische Quellenkritik

10.30-11.00 Kaffeepause

11.00-11.45 Jochen Scherbaum M.A. (Bamberg): Die Peterstirn in Schweinfurt

11.45-12.30 Dr. Erich Schneider (Schweinfurt): „... eine hübsche zimlich grosze kirch“ – Zur Kunstgeschichte von Schweinfurt im Mittelal- ter

12.45 Uhr Ausklang im Weingut auf der Peterstirn Schweinfurt

Die Tagung ist für alle Interessierten zugänglich. Aus organisatorischen Gründen wird eine Anmeldung erbeten: Dr. Erich Schneider, Städtische Sammlungen, Obere Str. 11-13, 97421 Schweinfurt, Fax: 09721/51320, email: [email protected]

______5 ______Aufsätze Erich Schneider Die Befestigungsanlagen von Schweinfurt im Mittelalter

Ausgangslage Wenigstens drei sog. „Stadtverderben“ in der Mitte des 13. Jahrhun- derts, in den Jahren 1553/54 und von 1943 bis 1945, bzw. der danach erfolgte Wiederaufbau, haben das Bild von Schweinfurt so gründlich überformt, dass sich nur spärliche Zeugnisse mittelalterlichen Bauens erhalten haben. Die wichtigsten Beispie- le bilden die beiden Kirchen St. Johannis und St. Salvator. Von den Stadtmauern und Befestigungsanlagen haben sich dagegen kaum nennenswerte mittelalterliche Spolien in das 21. Jahrhun- dert gerettet. Die wenigen Überreste fielen spätestens der Indu- strialisierung des 19. oder dem Verkehrsausbau des 20. Jahrhun- derts zum Opfer. Dennoch lassen in der Erde verborgene Reste noch manche Überraschung erwarten, wie sich unlängst im Bereich des Unteren Walles gezeigt hat. Stets lohnt deshalb für den Mittelalterhistoriker auch der Blick in Baugruben der Altstadt. Eine respektable archivalische Überlieferung und zahlreiche Nachrichten in den Chroniken der Reichsstadt ermöglichen es außerdem, ein differenzierteres Bild der Schweinfurter Befesti- gungsanlagen im Mittelalter zu zeichnen.

Markgrafenburg Der Name „suinuurde“ erscheint erstmals im Codex Edelini des und Altstadt Klosters Weißenburg im Elsaß.1 Man vermutet daher, dass diese östlich des heutigen Stadtkerns am flach ansteigenden Südhang des Kiliansberges zwischen Marienbach und Höllenbach gelege- ne Ansiedlung bereits im 8. Jahrhundert bestanden hat. Über deren Befestigungsanlagen wissen wir sehr wenig. Lediglich der Reichsvogt Paul Rosa (1532 – 1606) berichtet davon: „Vor wenig Jahren seindt die Weinberg, so vnten herab in Mayn ziehen, an etlich Orten mit einer starcken Mauern versetzt gewesen, welche man dafür gehalten, es seyen die statt mauern gewesen.“2 Ähnlich verhält es sich mit dem genauen Aussehen der sich auf steilem Bergsporn ostwärts davon erhebenden Burg der Markgra- fen von Schweinfurt bzw. deren Vorgänger.

Während diese markgräfliche Burg3 nach den Ereignissen von 1003 zunächst in ein Kloster und nach 1263 in eine Burg des Deutschen Ordens4 umgewandelt wurde, die bis in das 15. Jahrhundert erhalten blieb, war der auf dem gleichen Bergsporn, direkt darüber gelegenen Reichsburg keine so lange Dauer ______6 ______

Die Reichsburg auf der Peterstirn. Stark romantisierende Darstellung von 1852.

beschieden. Hervorgegangen möglicherweise aus einem bereits in fränkischer Zeit errichteten Wachtturm und vielleicht schon nach dem niedergeschlagenen Aufstand Hezilos von 1003 erbaut, haben wir über diese Reichsburg urkundliche Nachrichten erst aus dem Jahr 1258.5 Das ist nicht weiter verwunderlich, denn wenigstens bis zum Aufenthalt Heinrichs III. in Geldersheim hatte dieser Ort für das Reich größere Bedeutung als Schweinfurt. 1259 wird die Reichsburg auf der Peterstirn bereits die „alte Burg“ genannt und verfiel seitdem zunehmend. 1371 erhielt Schweinfurt das Recht, von der „Steingrube gen. die Altenburg“ Steine zu brechen. Der noch heute vorhandene „Alte Schlossgraben“, ein Wassertümpel unterhalb des Aussichtsturmes, ist der letzte Rest des einstigen Halsgrabens der Burg, der sich als vertiefende Geländewelle am Südhang der Mainleite weiter abzeichnet.6

Anfänge der Erste Konturen der Geschichte von Schweinfurt an seinem heu- Reichsstadt tigen Standort lassen sich seit dem zweiten Drittel des 13. Jahr- hunderts zeichnen. 1234 erlässt König Heinrich (VII.) ein Mandat, in welchem Schweinfurt aufgefordert wird, vom Würzburger Bischof Hermann I. von Lobdeburg beklagte Rechtsverletzungen wegen der Münze und der Umleitung einer Straße abzustellen. Aufgrund der Nennung königlicher Beamter wird durch dieses Mandat indirekt belegt, dass Schweinfurt die Pfalz Geldersheim als Mittelpunkt des umliegenden Reichsgutes abgelöst hat.7 In einem Brief vom 9. Januar 1254 informierte der deutsche König ______7 ______

Peterstirn, „Altstadt“ und Reichsstadt Schweinfurt im 13. Jahrhundert. Zeichnung von Raimund Röthlein nach Angaben von Dr. Dirk Rosenstock, 1992.

Wilhelm von Holland Bischof Hermann I., dass er Gottfried von Eppstein als seinen Marschall mit dem Auftrag nach Schweinfurt gesandt habe, um für „Wiederaufbau und Wiederherstellung der Stadt Schweinfurt, die einst eine Stadt des Reiches gewesen war, alle Mühe und Sorge aufzuwenden.“8

Verlegung oder Daraus lassen sich mehrere Szenarien ableiten: Um 1250 wurde Verlagerung der die zwischen Marienbach und Höllenbach gelegene Altsiedlung Altstadt nach von Schweinfurt im Rahmen einer hennebergisch-würzburgischen Westen? Fehde zerstört und anschließend weiter „einen guten Büchsen- schusz“ westlich an der heutigen Stelle, wo „vor Zeiten eitel Gehölz und Wildnus gewesen“9, neu errichtet. Plausibler als die u.a. von Hans Hahn immer wieder vertretene Ansicht10 erscheint jedoch mit Uwe Müller die Vorstellung, dass eine im späteren 12. Jahrhundert „wohl“ von Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1152 – 1190) westlich des Marienbaches unter dem Schutz des Reiches angelegte Siedlung um 1250 von den beiden genannten Mächten zerstört und danach wieder aufgebaut wurde.11

Kirchenburganlage Der Platz der „Neustadt“ von Schweinfurt war zumindest teilweise um St. Johannis als bereits vor dieser Verlegung besiedelt.12 Gelegentlich ist die Rede Siedlungskern davon, dass sich beim Mainübergang an der Mündung des Pfann- grabens im Bereich des für das Jahr 1383 in Nikolaus Sprengers Annalen so benannten Fischerrain eine ältere Fischer-Siedlung befunden hat.13 Ein weiterer Siedlungskern könnte um die ______8 ______

Johanniskirche gelegen haben.14 Darauf lassen u. a. im Jahr 1987 durch Grabungen von Markus Lohr in St. Johannis erhärtete Befunde von älteren Vorgängerbauten dieser Kirche schließen:15 Ein romanischer Chor und zwei Türme wurden gegen Ende des 12. Jahrhunderts errichtet.16

Ein weiteres Indiz für eine frühere Bebauung der „Neustadt“ von Schweinfurt ist die in der älteren Literatur angeführte, doch nie eingehender untersuchte Gadenanlage um St. Johannis. So wurde der Überlieferung zufolge das Alte Gymnasium17 nördlich der St. Johanniskirche 1581 auf dem Fundament von drei solcher Gaden errichtet,18 von denen zwei tatsächlich erhalten sind und ein dritter sich erschließen lässt. Zwei weitere, ebenfalls unbe- achtete Kellerabteile solcher Gaden befinden sich unter dem sog. Stadtschreiberhaus. Reste von Kellern, die auf eine Gadenanlage schließen lassen, tauchten außerdem 1972 bei Erdarbeiten im Hofraum der Schreinerei Kleinhenz am Martin-Luther-Platz auf.19

Daraus lässt sich mit Erich Saffert20 eine frühe Kirchenburganlage rekonstruieren, in die die Schweinfurter sich und ihre Habe in den Anfangsjahren flüchteten21, bevor ihnen eine richtige Stadtbefesti- gung Schutz bot. Für eine solche Kirchenburg spricht neben der Struktur der Bebauung rund um St. Johannis auch die Topogra- phie, denn das Gelände steigt nördlich der Zehntstraße und

Mittelalterliche Gadenkeller einer Kirchenburganlage um St. Johannis unter dem Museum im Alten Gymnasium. ______9 ______

„Blinder“ Treppen- aufgang aus dem östlichen Gadenkeller unter dem Stadtschrei- berhaus in Richtung Martin-Luther-Platz.

östlich der Kirchgasse merklich an. Die ebene Nordgrenze aber wird vom „Graben“ gebildet.

Im Zusammenhang mit dieser Gadenanlage um St. Johannis ist außerdem eine von Paul Rosa überlieferte Nachricht von Interes- se, der zufolge 1581 nördlich der Kirche „hinden oben bey dem Pfarrhof vf dem halben theil eine steinerne rundelen, eines stockwercks hoch, den halben theil herum von steinen angefan- gen, gehabt, darein auch ein fundament eines thurns belegt“ abgerissen werden musste. Die Steine wurden „zum Rathhauß vnd zur Newen Schuel verbraucht“.22 Während Rosa vermutete, „dass die alten in Vorhabens gewesen, die Kirchen zu erweittern“, diskutiert Hubert Schöffel als mögliche Erklärung „die Reste eines halbrunden offenen Basteiturms“ als Teil der ersten Stadt- mauer.23 Sehr gut denkbar wäre es aber auch, einen solchen Turm mit der Kirchenburgbefestigung in Verbindung zu bringen.

Die erste Stadtbe- Von einer Stadtbefestigung24 von Schweinfurt ist erstmals in festigung und ihr einem zwischen den Grafen von Henneberg und dem Würzburger Verlauf Bischof Iring am 17. Februar 1258 in Herschfeld geschlossenen Vergleich die Rede. Der Bischof durfte demzufolge eine vorher „zu Schweinfurt aufgeführte Befestigung“ vor Jahresfrist nicht ______10 ______

Nördlicher und westlicher Verlauf der ältesten Stadtbefesti- gung von Schweinfurt (gestrichelt). Zeichnung von Raimund Röthlein nach Angaben von Dr. Dirk Rosenstock, 1990.

zerstören. Danach erst war es ihm erlaubt, gerichtlich dagegen vorzugehen.25 In der bekannten Urkunde König Rudolfs von Habsburg aus dem Jahr 1282 spiegelt sich somit der vorläufige Abschluss der Verlegung und Befestigung der Reichsstadt Schweinfurt am neuen Ort.26 Der König bestätigt nicht nur die reichsunmittelbare Stellung der Stadt, sondern legt zugleich fest, „dass der Reichsboden mit Mauer und Graben aufhört.“27

Paul Rosa schreibt über die Errichtung dieser ersten Stadtmauer im 13. Jahrhundert in seiner „Alten Chronik“: „Weilen nun die Stadt gar ... verstört worden, und schon lang zuvor ... viele Bürger ihre häuszliche Wohnung zu der neuen Burg ... um die jetzige Stadt gebaut hatten, geschahe solches nunmehro länger und mehr, als dasz mit der Zeit die Burger einen Graben und Schindt28 um sich machten, und aus den Steinen, die sie da ausgruben, eine Städt-Mauer, wiewohl schlecht29, baueten. Nahm also die alte Stadt allgemach ab, und wurden die Stein und anders davon zu der neüen Stadt gebrauchet ...“.30 ______11 ______

Lage und Führung Dieser Stadtgraben führte vom Main31 aus auf der rechten Seite des mittelalterlichen des Marienbaches als Grenze gegen die Altstädter Mark zum Stadtgrabens Mühltor und von da aus weiter nordwärts bis zum Weißen Turm.32 Von dort aus bogen Mauer und Graben westwärts an der Brauerei Roth vorbei in die Obere Straße, wo in Höhe der Hauses Nr. 15 bzw. 26 und 28 ein Torturm, das sog. innere Obertor,33 stand.34 Von dort zog sich der Stadtgraben weiter in Richtung Hilpersdorfer Markung entlang der heute noch den Namen Graben führenden Straße und über den Postplatz erneut zu einem weiteren Torturm, der sich am Ende der Spitalstraße bei der Hausnummer 41 erhob.35 Von hier führte der Graben süd- ostwärts zwischen der Rosengasse und dem erst 1437 in den Mauerbering einbezogenen Fischerrain. In Höhe der Petersgasse schwenkte der Graben dann in östliche Richtung, wo bei der später erbauten Mainmühle sich ein weiterer Turm, das Maintor genannt, befand.36

Das Mühltor Über einige der mittelalterlichen Türme und Tore aus dem 13. und 14. Jahrhundert haben wir verlässlichere Nachrichten. Als „Thurm, durch welchen das Thor nach dem Deutschhause“ geht, wird das nachmals so bezeichnete Mühltor in der mehrfach angeführten Urkunde König Rudolfs von Habsburg vom 29. Juni 1282 erwähnt. Es muss damals bereits länger gestanden haben, denn in der gleichen Urkunde ist die Rede davon, dass es bereits „vor Zeiten“ errichtet worden ist.37 1337 ist erstmals der Name Mühltor dafür überliefert.38 Dieses älteste Mühltor lag jenseits der Einmündung der Burggasse und der Krummen Gasse in die heutige Rückert-Straße.39 Es bestand aus einem inneren Tor und aus einem gegen den Marienbach vorgeschobenen Außentor. Seinen Namen führte es nach einer dem Deutschen Orden gehörenden Mühle, die auf der Ostseite des Marienbaches vor diesem Tor stand.40

Paul Rosa beschreibt dieses mittelalterliche Tor und seine nähere Umgebung in seiner Chronik aus der Erinnerung heraus mit folgenden Worten: „Daß Mühlthor ... ist vor dem krieg [von 1553/ 54] ein schlecht Thor, ... doch zimblich verwahret [gewesen], dorauf gegen der statt vnd gaßen herein ein sehr hoher, Starcker vnd wohlformirter vireckichter thurn gestanden, dorauf man stettig, wie iezt, einen thürner gehalten, vnd ist solcher thurn vorn herab der Statt gleich ... gestanden. Von dißem innersten thor ______12 ______

hinaußwerts, etwa vf 30 oder 40 gerten Lang, ist abermals ein Thorheußlein vf zwey stockwerck hoch gestanden, do ein Burger vf gewohnt hatt, vndt ist vor solchem Oberen biß zu diesem mitt- lern Thor dass Höhlein vnd Berglein gewesen, welches hernacher im Bawen vnd graben in die statt herein vors Thor gemacht wor- den ist. ... Vor disem erstgemelden andern Thorheüßlein war ein geringer, vnaußgegrabener, seichter waßergraben, so noch aldo vorhanden ... . Über solchem Graben stunt zur lincken Hand ein geringes thorhüttlein, dorinnen der thorwart wohnet. Zur rechten Hand, do iezt der wahl gegen der zigelhütten, do war ein zimblich lustiger gart, welchen der Thorwarth innen hatte vnd Brauchte. Außen über dem zigelgraben nicht fern vom Bach stundt aber ein Thor, dorauf oben ein Hüttlein vnd neben daran zur Lincken hand ein klein hüttlein, darinnen ein Thorwarth wohnt, und war also der Plaz vor und zwischen solchen Thoren verwahret vnd vor der zigelhütten gegen dem Mäjn mit einem hülzernen thor verschlos- sen, dass man des Nachts Böser Buben in der zigelhütten gefreyet war“.41

Im Jahr 1554 völlig zerstört, reparierte man das Mühltor sofort provisorisch. Dennoch stürzte es wegen Baufälligkeit 1563 ein und musste 1564 – 66 neu errichtet werden.42 1682 wurde das Mühltor in barocken Formen renoviert. 1768 entfernte man die Fallgitter.43 Im Juni 1806 wurde auf die Wachstube am Mühltor ein Stockwerk aufgesetzt.44 1860 demolierte man das Vortor.45 Von Januar bis November 1876 brach der Maurer Georg Blendinger das ganze Tor ab. Bei dieser Gelegenheit wurde der Stadtadler, wegen seiner ungewöhnlichen Form „Eule“ genannt, sicherge- stellt und an das Museum überwiesen.46 1878 legte man schließ- lich beiderseits Steintreppen zu dem nun unterbrochenen Wall an.

„Eule“ Der Stadtadler (Städt. Sammlungen) ______13 ______

In den Zusammenhang mit diesem Stadttor im Osten gehört eine Brücke über den Marienbach, die der Rat 1383 in derjenigen Gegend der Altstadt errichten ließ, „welche man St. Kiliansberg oder den Beerfrieden“ nannte. Wegen ihrer Funktion als „Landes- grenze“ zwischen der Reichsstadt und dem Deutschen Orden in der Zeit zwischen 1263 und 143747 wurde die Brücke mit einem Verschluss versehen und mit einem Hüter besetzt.48 Diese Kiliansbrücke musste 1577 wegen des hier zweigeteilten Baches mit zwei Schwibbogen erneuert werden.49 Im Jahr 1891 brach man die Brücke ab und ersetzte sie durch eine Eisenkonstruktion. Fundamentreste des die Brücke sichernden „Bergfriedes“ fand man 1933 bei einer Marienbachkorrektion.50

Das innere Obertor In der Oberen Straße in Höhe der Häuser Nr. 15 bzw. 26 und 28 stand der Torturm des sog. inneren Obertores,51 dessen Errich- tung ebenfalls mit der Errichtung der ältesten Stadtmauer angenommen werden kann. Kilian Göbel beschreibt das Ausse- hen dieses Tores für das Jahr 1554: „Es stund ein alter Thurm bey der Vogtey und auf demselben ein kleines Stücklein, wurd auch [am 3. Juni 1554] abgeschossen.“52 Von Paul Rosa stammt die Beschreibung: „Daß ... Thor ist gestanden gleich dem Weißen thurn an der Oberen gaßen, do iezunt des Stattschreibers vnd gegenüber Wolff Häins Hauß erbawet ist. Do ist ein großer, hoher, viereckichter, starcker thurn vor dem krieg gestanden, darunter ein hübsch, wohlverwahrtes thor, auch außen darvor ein großer, weiter, tiefer graben, der zu beyden seiten oben beym Weißen thurn biß an die Stattmawer vndt vnten hinter der alten Vögtey den Anger hinab gegangen, darüber vor dem ieztgemel- den Thor ein starcker, gewaltiger, gemawert- und gepflasterter Schwibbogen ginge vnd zu Beyden seiten noch meines geden- ckens noch keine Heüßer gebawet waren ...“.53

Das 1554 zerstörte Innere Obertor wurde bald darauf abgebro- chen.54 Vor 1894 befand sich an dem Anwesen Obere Str. 26 eine Marmortafel mit der Inschrift „Hier stand bis zur Zerstörung der Stadt im Jahre 1554 das innere obere Thor“.55 Bei Straßenarbei- ten im Jahr 1964 konnten im Erdreich noch stattliche Reste der einstigen Toranlage gefunden und dokumentiert werden.56 Mit dem Tor verbunden war eine nördlich vorgelagerte zweibogige, steinerne Brücke über den Stadtgraben, deren Fundamente ebenfalls direkt unter der Straßendecke entdeckt wurden. Hubert ______14 ______

Schöffel57 zufolge könnte diese Brücke nach 1330 anstelle einer älteren errichtet worden sein.

Das innere Spitaltor Das innere Spitaltor, zwischen dem westlichen Ende der Spital- straße zwischen den Häusern Edelmann-Belschner und Dees gelegen, wurde in unbekannter Zeit, wohl aber vor der Stadter- weiterung von 1437, errichtet und 1554 im Markgräfler Krieg zerstört. Bis 1555 provisorisch wieder aufgebaut, wurde es 1567 endgültig abgebrochen. Paul Rosa zufolge ist das Tor „... gestan- den an der Spithalgaßen ... vndt ist ebenmäßig ein großer, starcker viereckichter Thurn darüber gestanden vndt ist außen darvor ein zimblich weiter graben (darüber ein starcker, gewelbter, vbergepflasterter Schwibbogen gangen ist) gewesen, der vnten hinter den Fischerhaüßern hinginge, wie noch zu sehen ...“.58

Das Brückentor Wahrscheinlich mit dem Bau der ersten Mainbrücke im Jahr 1397 wurde das oder die erste(n) Brückentor(e) errichtet. Nach der Beschreibung von Paul Rosa war das Brückentor vor 1554 „... ein wenig anderst dann iezunder erbawet, der Thurn zwar stehet fast dergleichen, auch daß ander vnd äußerste Thor wie vor dem krieg, aber am innersten thor war zur lincken Hand, do iezunt der armbrustzwinger ist, ein verschlossener Plan zwischen der Stattmawern vndt =graben, welchen man zu den Eseln, so man

Das Pfandhaus am Unteren Wall kurz vor dem Abbruch in der Mitte des 19. Jahrhunderts. (Gemälde in den Städt. Sammlungen Schweinfurt.) Dort, wo heute der Straßenverkehr auf dem Paul-Rummert- Ring tost, erstreckte sich im Mittelalter zwischen Brücken- und Mühltor der Armbrustzwinger. ______15 ______

zur mühlen nüzt, daß getreit hinein vnd heraus zu tragen, auch die Schwein, so man Jährlich in der mühlen mästet, dorein zu sperren gebrauchte. Vff der rechten seiten war kein gebew ..., nur allein der ledige eingang zur mühlen. Nach vnd vor dem andern Thor da stunt zur rechten Hand gegen der mühlen ein Haus, dorinnen der Thorwart wohnet ...“.59 1554 im Markgräfler Krieg zerstört, wurden die beiden Tore 1556 bzw. 1568 neu erbaut und 1832 das äußere und 1833 das innere Brückentor wegen des Baues einer neuen Mainbrücke abgebrochen.60

Die Reichsburg im In den Kontext der Befestigungswerke von Schweinfurt gehört die Zürch endgültige Verlegung der Reichsburg von der Anhöhe der Peter- stirn herunter in die Reichsstadt im 14. Jahrhundert. Unklar ist, ob es in der Stadt bereits vor dem 2. Drittel des 13. Jahrhunderts eine Reichsburg gegeben hat. Die Alte Chronik überliefert näm- lich, dass im Gebiet der Reichsstadt eine neue Burg gestanden habe, die die Bürger nach dem Stadtverderben von ca. 1250 veranlasst habe, sich dort anzusiedeln.61 Die gleiche Chronik berichtet für das Jahr 1310 außerdem davon, dass damals ein „altes Schloß verbessert“ worden sei.62 Tatsächlich erteilte König Heinrich VII. dem Grafen Berthold II. von Henneberg-Schleusin- gen, dem er 1309 die Stadt Schweinfurt verpfändet hatte63, 1310 die Erlaubnis, innerhalb der Stadt eine neue Reichsburg64 zu erbauen, die die alte Burg auf dem Hainberge65 ersetzen sollte, und versprach, die dafür aufzuwendenden Baukosten von Reichs- wegen zu vergüten.66 Die im Stadtteil Zürch gelegene Burg diente der Aufnahme von Burgmännern zur Verteidigung der Reichs- stadt. Sie dürfte sich im Südosten der Stadt etwa in dem von Unterem Wall und Zwinger sowie dem östlichen Teil der Rittergas- se und dem Zürch umschlossenen Gelände befunden haben. Als Zugang wird man die Burggasse annehmen dürfen.67

Diese Burg hatte jedoch nicht lange Bestand. 1361 und 1383 gelang es Schweinfurt, sich aus eigener Kraft der hennebergi- schen und der würzburgischen Pfandschaft zu lösen und damit eine neue Blütezeit reichsstädtischer „Unabhängigkeit“ einzulei- ten. 1409 erlaubte König Ruprecht, Schweinfurt von der Reichs- burg 200 Fuder Steine abzubrechen und zu städtischen Zwecken zu verwenden.68 1427 genehmigte schließlich König Sigmund den völligen Abbruch der (hennebergischen) Reichsburg im Zürch. Bedingung war, dass die Abbruchsteine zur Verstärkung der ______16 ______

Stadtbefestigung verwendet würden.69 Einige Reste überstanden jedoch die Ereignisse von 1553/54 und wurden erst im Zusam- menhang mit dem Wiederaufbau der Stadt endgültig beseitigt. So wurde im Jahr 1570 eine rund 50 Meter lange und rund 2 Meter dicke Burgmauer abgebrochen und deren Steine für den Bau des Schweinfurter Rathauses verwendet.70 Weitere Mauerreste, „die vom Zürch her über die Breite der Frauengasse nach dem Wall zu ... verliefen“, konnte Friedrich Beyschlag bei Pflaster und Kanali- sierungsarbeiten sogar noch in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts konstatieren.71 Zu Lebzeiten des Reichsvogtes Paul Rosa befand sich „hinten in der Ecken der ringmawer gegen Sennfelt über den Mäjn herüber in der Statt ... Bey meinen gedencken noch ohngefehr Ao. 1536 oder 38 einen zimblich großen, weiten plaz von Vnßer lieben frawen ... gegen den Mäjn an der Mawern herümb biß schier an den Ebracher Münchshoff, welches man den Zürch nennet biß vf den heütigen Tag vnd auch zu meiner zeit Bey der Burgk oder auch vf dem Burggraben vor dem krige ist genennt worden. Ist hie zu mercken, das es Bey meiner Jugent einen zimblich tieffen graben gegen den mawern vnd dem Mäjn zu hatte, darinnen sich auch winters vnd anderen nassen zeiten zimblich daß wasser samblet, aber durch die Mawer gegen den Mäjn hinauß verfluße, auch viel gemewer, rudera vnd anderes aldo gesehen wurden etc. daraus wol abzunehmen, dass vor zeiten ein gewaltig Hauß, die Burgk genant, deß orts gestanden ... Dieser Plaz ist in meiner Jugent noch ledig gestanden ... biß in ao. 1536 oder 38 ohngefehr man den graben mit erden gefüllt vndt ... mit Bürgerheüßlein zu verbauen ... erlaubt hatt.“72 An größeren Überresten dieser Reichs- burg im Zürch sind lediglich Teile der einstigen Burgkapelle - der nachmaligen Liebfrauenkirche – im Chor der heutigen Salvatorkir- che erhalten.

Verbesserungsmaß- Seit der Auslösung aus der Verpfändung unternahm Schweinfurt nahmen an der große Anstrengungen zur Verbesserung der Verteidigungseinrich- Stadtbefestigung tungen. Kaiser Karl IV. legte der Stadt in einem Privileg von 1361 die Verpflichtung auf, „die stat an toren, an turnen und in anderen Sachen zu bessern.“73 Nach den Beobachungen von Hubert Schöffel könnte die Reichstadt um 1362 außerdem eine Sperr- schanze im Bereich des Fischerrains vor der Stadtmauer errichtet haben, die fast bis zum reichte.74 „Sehr bald nach 1371“ müsste außerdem der Mauerabschnitt im Bereich des Unteren ______17 ______

Chor von St. Salvator

Walles einschließlich zweier Pulvertürme erbaut worden sein.75 1384 verordnete der Rat zwei Ratsherren als Grabenmeister zu Bau und Instandhaltung des Stadtgrabens.76

„Springbüchsen Nach Aufnahme in den Schwäbisch-Fränkischen Städtebund im und Feuerpfeile“ Jahr 1385,77 wurden Sprengers „Annalen“ zufolge „... die Spring- werden angeschafft büchsen und Feuerpfeile zu machen gelehrt ... Auch hat der hie- sige Rath einen namens Hans Zimmermann nach Poppenhausen geschickt, um dort Schirme [zu Verteidigungszwecken] machen zu lernen.“78 Ferner wurden vom Rat Bürger als Berittene be- stimmt und ihnen auf Kosten der Reichsstadt sog. „Bürgerpferde“ gestellt. Um den Bündnispflichten nachzukommen, nahm man zusätzlich zehn Reiter aus ritterschaftlichem Adel in städtischen Sold.79 Als Waffenarsenal und Marstall diente das in der Mitte der Südseite des Marktplatzes gelegene, erstmals 1387 im Zusam- menhang mit dem sog. „Städtekrieg“ nachweisbare Rathaus. In diesem Jahr ließ Schweinfurt in Suhl 60.000 eiserne Pfeile an- fertigen und im Rathaus niederlegen.80 Weitere Waffen lieferte Konrad d. J., Büchsenmacher und Armbruster des Würzburger Bischofs, der 1389 dafür entlohnt wurde.81 Weniger der äußeren Verteidigung als von der Durchsetzung des Rechts gegenüber ______18 ______

Büchse

Detail (Städt. Sammlungen)

den eigenen Einwohnern erzählt die Nachricht aus dem Jahr 1401, wonach „...ein Rhatt ein besonder Richtschwert [haben] machen laszen“.82 Außerdem legte der Rat 1405 fest, dass Ein- wohner von Schweinfurt, die nicht Bürger sind, keine lange Wehr, also keine Spieße, tragen dürfen.83 1418 hielt zumindest im mili- tärischen Bereich die Neuzeit ihren Einzug in Schweinfurt, denn damals „... hatt man ... ein Buchszen zw Bamberg laszen gieszen, im Fall der Notturfft hett zu gebrauchen, darzu ein Rath von Nurm- berg Kupffer hatt laszen prengen ...“.84

Die Schweinfurter Für das Jahr 1433 lässt sich in Schweinfurt ein von einem Schützengesell- Schützenfest umrahmtes „Kleinodschießen“ belegen, das den schaft und ihre ersten Beleg der bis in die Gegenwart existierenden Schweinfur- Schießplätze ter Schützengesellschaft darstellt.85 1454 wird von einem Arm- brustschießen in Schweinfurt berichtet, bei dem der Hauptpreis aus einem silbernen Becher im Wert von acht Gulden bestand. Auch in den folgenden Jahrzehnten wird immer wieder von der erfolgreichen Teilnahme Schweinfurter Schützen um das sog. Landkleinod berichtet.86 Solche Wettbewerbe waren natürlich auch gesellschaftliche Ereignisse, dienten aber – heutigen Manö- vern vergleichbar – in erster Linie der Ausbildung der Schützen für den Ernstfall. Den Angaben des Chronisten Paul Rosa zufolge befanden sich die mittelalterlichen Schießplätze im Bereich der Anlage des weiter oben beschriebenen Mühltores: „... ist zur rechten Hand [gegen das Brückentor] der armbrustzwinger mit schönen Lust- gärten, Beümen vndt Weinstöcken vnd allem Burgerlust, kalten ______19 ______

Brunnen, kellern vndt andern zugehörungen gewesen. Zur Lincken seiten [in Richtung Obertor] hatt es ein verwart gewelb gehabt, welches man zu verwahrung Pulvers, Salpeters, Bechs vnd Schwefels gebraucht hatt. Do man eine Steinern Stigen hinaufgangen, haben die Büchßenschützen mit Schießtafeln und anderm ihren lust gehabt, Aldo Sie vnten im graben ihren standt zum Schißen vnd oben bey dem Weißen thurn ihre scheüben stehen gehabt haben, do an Beyden örtten alle Sontage die Bürger ihre exercitia vnd übungen, dann Bürgerliche Zechen mit allerley gunten ordnung gehabt habent.“87

Erweiterung Noch immer aber endeten die Grenzen der Reichsstadt Schwein- des Stadtgebietes furt an den Mauern der ältesten Befestigung aus dem 13. Jahr- 1436/37 hundert. Erst 1436 wurde von den Brüdern von Thüngen Obern- dorf und im Jahr darauf vom Deutschen Orden die Burg auf der Peterstirn einschließlich der Dörfer Zell und Weipoltshausen so- wie großer Waldgebiete erworben. Gegen den Widerstand des Würzburger Fürstbischofs begann die Stadt sofort danach mit der völligen Demolierung der Deutschordensburg.88 Außerdem wur- den bis gegen 1500 folgende heutige Straßen und Plätze in den Mauerring einbezogen: Alter Friedhof, Johannisgasse, Jägers- brunnen, Hirtengasse, Wolfsgasse, Hadergasse, Manggasse, Neue Gasse, Rossmarkt, Am Zeughaus, Bauerngasse und Korn- markt.89 Das damit neu gewonnene Terrain war zumindest teil- weise schon vorher bebaut gewesen. Dazu gehört u.a. die 1391 errichtete Kilianskapelle auf dem oberen Anger.90 Diese Erweiterung von Schweinfurt ging nicht ohne Streit mit den Nachbarn ab: Vor dem Nürnberger Landgericht beschuldigte der Ritter Hans von Wenkheim die Reichsstadt Schweinfurt in einem Schriftsatz vom 10. April 1442, dass diese ihm „auch sein eckere gegraben jn irer stat graben“ haben sollen. Beyschlag schließt daraus, dass die Reichsstadt Schweinfurt unmittelbar nach der Stadterweiterung von 1437 mit dem Ausheben von neuen Stadtgräben im Norden und Westen begonnen und dazu unrecht- mäßig auf nahe der Stadt gelegene Äcker Wenkheims zurückge- griffen hat.91

Neue Tore im Als Folge dieser Stadterweiterung wurde vor 144692 am Nordende Norden und Westen des Kornmarktes ein neues, äußeres Obertor errichtet. 1554 zer- stört, konnte dieses zunächst 1556 provisorisch repariert werden. Es wurde dann jedoch 1562 abgebrochen und bis 1564 neu er- ______20 ______

richtet. 1648 verwendete man für die Reparatur des im Dreißig- jährigen Krieg durch Beschuss beschädigten Obertores die Stei- ne der zuvor abgebrochenen Kirche St. Bartholomäus in Obern- dorf.93 1872 schließlich erfolgte der Abbruch durch den Maurer Georg Blendinger.94 Paul Rosa zufolge war das äußere Obertor „... fast vf art vnd weise, alß vor dem krige [von 1553/54] gewe- sen, erbawet; der Thurn gleich, wo vnd wie er vorhin gestanden, noch stehet vnd eben daß alte gemewer ist, allein das er oben an der Spitzen abgenommen hat vnd nidriger gemacht worden, dann zuvor ein lange, hohe, viereckichte, doch eben zugeführte zigl- spizen hatte.95

Gegen Westen musste nach 1437 die Anlage des Spitaltores erweitert werden. Das Äußere Spitaltor (auch „Basteiturm“ ge- nannt) lässt sich erstmals für das Jahr 1446 belegen.96 Es befand sich zwischen der heutigen Hl.-Geist-Kirche und dem Ämterge- bäude in der Schultesstraße. Das 1554 beschädigte Tor wurde im gleichen Jahr wieder passierbar gemacht, aber 1563-64 abgebro- chen und durch einen Neubau ersetzt. Dieser Neubau wurde 1614-15 ebenfalls abgebrochen und musste einem von dem Ul- mer Stadtbaumeister Gideon Bacher entworfenen Renaissance- bau weichen. Nordwestlich neben dem Äußeren Spitaltorturm erhob sich der Innere Spitalturm, der 1555 erbaut wurde und außen halbrund und zur Stadtseite flach war. Zwischen diesen beiden Toren lag das Mittlere Spitaltor aus unbekannter Bauzeit, das 1554 zerstört, im Jahr 1558 wieder benutzbar gemacht wurde. Im Jahr 1870 wurde der halbrunde Turm abgebrochen und 1880 folgte der „Basteiturm“.97

Die Schweinfurter Nachdem die Reichsstadt Schweinfurt seit 1436/37 über ein Landwehr größeres Landgebiet verfügte, mussten hier ebenfalls Maßnah- men zur Befestigung ergriffen werden. Spätestens im Jahr 1412 wurde an der Breiten Wiese erstmalig eine Landwehr aufgeworfen und errichtet.98 Dabei handelte es sich vermutlich um eine seit dem Spätmittelalter übliche Art der Feldbefestigung mit Wall, Graben und dichter, undurchdringlicher Hecke. Im Zuge der Erwerbung von Oberndorf durch die Reichsstadt Schweinfurt richtete man 1439 an der Markungsgrenze gegen Schweinfurt zu die Landwehr her.99 1564 wurde diese Landwehr ausgebaut und konnte in Resten noch im 20. Jahrhundert nachgewiesen ______21 ______

werden.100 Heute erinnert daran nur noch die 1892 so benannte Landwehrstraße zwischen Ernst-Sachs- und Georg-Schäfer- Straße.101 Auch die „Alter Wartweg“ bezeichnete Straße südöst- lich des Stadtteils Gartenstadt lässt auf eine frühere Befestigung im Rahmen einer Landwehr schließen.102

Anmerkungen 1 Zur Geschichte der mittelalterlichen Reichsstadt Schweinfurt siehe zusammenfassend und mit weiter führenden Literaturangaben versehen Uwe Müller, Reichsstadt Schweinfurt, in: Peter Kolb und Ernst-Günter Krenig (Hg.), Unterfränkische Geschichte, Bd. 2, Würzburg 1992, S. 169 – 194. 2 Friedrich Stein (Hg.), Monumenta Suinfurtensia historica inde ab anno DCCXCI usque ad annum MDC. Denkmäler der Schweinfurter Geschichte bis zum Ende des sechzehnten Jahrhunderts, 1875, künftig MSh abgekürzt, S. 400. 3 Die Auseinandersetzung mit der markgräflichen Burg und ihren Nachfolgern sowie mit der oberhalb gelegenen Reichsburg auf der Peterstirn bleibt im Rahmen dieses Beitrags vorläufig ausgeklammert. Nähere Aufschlüsse werden insbesondere durch Herrn Jochen Scherbaum M.A. (Bamberg), im Rahmen seines Beitrages über „Die Peterstirn in Schweinfurt“ während des von der Universität Bamberg und der Stadt Schweinfurt gemeinsam veranstalteten Kolloquiums am 4. und 5. Juli 2003 erhofft. 4 Dieter J. Weiß, Das Deutsche Haus in Schweinfurt und die Ballei Franken, in: Uwe Müller (Hg.), Schweinfur- ter Forschungen. Beiträge zur Stadt- und Wissenschaftsgeschichte, Veröffentlichungen des Stadtarchivs Schweinfurt, Nr. 8, Schweinfurt 1993, S. 7 – 23. 5 Achim Fuchs, Schweinfurt. Die Entwicklung einer fränkischen Villula zur Reichsstadt, Mainfränkische Studien Bd. 2, Würzburg 1972, S. 16 f. 6 Erich Saffert, Reichsburg, in: Schweinfurter Heimatkundliches Wörterbuch, 1969, Nr. 266. 7 MSh, Nr. 20. 8 Wilhelm Engel, Das ‚Schweinfurter Stadtverderben’ um 1250, in: Festschrift E. E. Stengel, 1952, S. 534- 543. Siehe außerdem Die Mainleite, 1954/5, S. 96 f. 9 MSh, S. 429. 10 Siehe u.a. Hans Hahn, Die Verlegung der Reichsstadt Schweinfurt, in: Schweinfurter Heimatblätter, 32. Jg., 1963, S. 5-11 und 13-15. 11 Müller, Reichsstadt, 1992, S. 171. 12 Hans Hahn: Die Johanniskirche und ihre Vorgängerbauten – Gedanken über die Besiedlung der Schweinfur- ter Gemarkung, in: Schweinfurter Mainleite, 1991/II, S. 44 – 49. 13 Erich Saffert, Fischerrain, in: Schweinfurter Heimatkundliches Wörterbuch, 1959 ff., Nr. 114 14 Erich Saffert konnte am Beispiel eines Zehntverzeichnisses aus dem Jahr 1542 zeigen, dass sich „die dem Stift Haug zehentpflichtigen Fluren wie ein Kranz um die Stadt ziehen, wie sie am Ort der heutigen Innenstadt gegründet wurde.“ Vgl. Erich Saffert, Gedanken zur frühen Schweinfurter Stadtgeschichte, in: Frankenland. Zeitschrift für fränkische Landeskunde und Kulturpflege, 36, 1984, S. 130 – 137. 15 Helmut Schoßwald, Romanische Chormauern in der St. Johanniskirche freigelegt, in: Schweinfurter Mainleite, 1987/I, S. 17 f. 16 Wiltrud Wössner, Wie sah der romanische Chor der Johannis-Kirche in Schweinfurt aus? In: Evangelische Perspektiven, Zeitung des Dekanats Schweinfurt, Nr. 43, November 1987, S. 2 f. 17 Erich Schneider, Das „Alte Gymnasium“ und das „Gymnasium Academicum“. Schweinfurter Schulbauten des 16. und 17. Jahrhunderts, in: Festschrift „350 Jahre Celtis-Gymnasium Schweinfurt“, Schweinfurt 1984, S. 27 – 40. 18 Stadtarchiv Schweinfurt, RP 4, 1580/81, fol. 167. 19 Hubert Schöffel, Materialien zur Entstehungsgeschichte der Reichsstadt Schweinfurt, Schweinfurt 1989, S. 156 – Hubert Schöffel, Schweinfurt – Deine Heimat Einst und Jetzt. Neue Berichte, Schweinfurt 1999, S. 19 und Abb. 14. ______22 ______

20 Erich Saffert, Die Reichsstadt Schweinfurt von 1554 bis 1615. Der Wiederaufbau der Stadt nach dem Stadt- verderben im Markgräfler Kriege, phil. Diss. Würzburg 1951 (Ms.), S. 53 f. 21 N.N., Gaden sind Reste der Kirchhofbefestigungen. Von den Bauern als Vorrats- und Zufluchthäuser benutzt. Heute schutzwürdige geschichtliche Denkmäler. In: Schweinfurter Tagblatt, 1965, 24. Juli. 22 Friedrich Beyschlag, Paul Rosas historische Schriften, in: Archiv für Stadt und Bezirksamt Schweinfurt, Beilage zum Schweinfurter Tagblatt, künftig AS abgekürzt, 1909, S. 79. 23 Schöffel, Materialien, 1989, S. 155. 24 Hubert Schöffel, Wie sah die älteste Befestigung der Schweinfurter Neustadt aus? in: SHB, 37. Jg. 1968, S. 33-44 und 46-48. 25 MSh, Nr. 22 – Friedrich Stein, Geschichte der Reichsstadt Schweinfurt, 2 Bde., 1900, S. 82 f. 26 Vgl. hierzu auch Dirk Rosenstock, Frühgeschichte der Stadt Schweinfurt von 700 bis 1500. Führer zur Ausstellung der Städtischen Sammlungen Schweinfurt im Alten Gymnasium, Schweinfurt 1992, S. 52 ff. 27 Erich Saffert, Schweinfurt Stadtführer, Schweinfurt 1963, S. 9 f. 28 Für „Wall“ gebraucht. 29 Im Sinne von „schlicht“ zu verstehen? 30 MSh, S. 423. 31 MSh, S. 43. 32 Zum Weißen Turm siehe den Beitrag von Herrn Frank Feuerhahn M.A. in diesem Heft. 33 1503 so benannt in MSh S. 432 und MSh, Nr. 5, S. 516. 34 MSh, S. 432. Das 1554 zerstörte Tor wurde bald danach gänzlich abgebrochen. 35 MSh, S. 433. 36 Stein, Geschichte, 1900, S. 112 f. und S. 115 f. 37 MSh Nr. 26. 38 MSh Nr. 64. 39 Schöffel, Materialien, 1989, S. 62. 40 Stein, Geschichte, 1900, S. 118. 41 Beyschlag, Rosa, AS 1909, S. 77. 42 Erich Saffert, Miszellen aus den Ratsprotokollen, SHB 1950, S. 17. 43 Schöffel, Heimat, 1999, S. 66. 44 Friedrich Stein, Chronik der Stadt Schweinfurt im neunzehnten Jahrhundert, Schweinfurt 1901, S. 10. 45 Schöffel, Schweinfurt, 1999, S. 66. 46 Schöffel, Schweinfurt, 1999, S. 67. 47 Schöffel, Schweinfurt, 1999, S. 62. 48 Stein, Geschichte, 1900, S. 231 f. 49 Schöffel, Materialien, 1989, S. 191. 50 Dr. Ludwig, Historischer Fund am Marienbach. in: Schweinfurter Heimatblätter, Nr. 11, November 1933, S. 44. 51 1503 so benannt in MSh, S. 432 und MSh, S. 516. Das 1554 zerstörte Tor wurde bald danach gänzlich abgebrochen. 52 MSh, Nr. 433. 53 Beyschlag, Rosa, AS 1909, S. 78. 54 Beyschlag, Rosa, AS 1909, S. 76. 55 Hermann Schlundt, Locales und aus dem Kreise, in: Schweinfurter Tagblatt, 16.6.1894, S. 898. 56 Schöffel, Materialien, 1989, S. 149. 57 Schöffel, Materialien, 1989, Einleitung und S.143 ff. 58 Beyschlag, Rosa, AS 1909, S. 78. 59 Beyschlag, Rosa, AS 1909, S. 77 f. 60 Saffert, Wiederaufbau, 1954, passim. 61 Stein, Geschichte, 1900, S. 427 ff. 62 Stein, Geschichte, 1900, S. 438. 63 MSh Nr. 37 I – Erich Saffert, Die Urkunde von 1310. Aus dem Schatz des Stadtarchivs, in: Die Mainleite, 1959/3, S. 2 f. ______23 ______

64 Stein, Geschichte, 1900, S. 117 f. und S. 141 f. 65 Nach Stein, Geschichte, 1900, S. 141 und S. 214 befand sich diese Reichsburg „außerhalb der ummauerten Reichsstadt auf dem Hainberge oberhalb der früher markgräflichen ... Peterstirn.“. Sie wurde bereits in Urkunden von 1330 (MSh, Nr. 55) das „alte Haus“ bzw. von 1330 (MSh, Nr. 71) die „Alte Burg bei Schwein- furt“ genannt. Die unbewohnte Burg scheint bald darauf verfallen gewesen zu sein und wurde bereits 1371 (MSh, Nr. 125) als eine „Steingrube, genannt die Altenburg bei dem Deutschhause gelegen“ bezeichnet. Kaiser Karl IV. gestattete damals den Schweinfurtern, von dort für die Befestigung der Stadt Steine zu brechen. Burggut und Burglehen an dieser Burg besaßen bis in das 15. Jahrhundert hinein die Ritter von Wenkheim. 1445 erwarb die Reichsstadt Schweinfurt diese von Ritter Hans von Wenkheim (MSh, Nr. 300 f.). 66 MSh, Nr. 41. 67 Friedrich Beyschlag, Die Entwicklung des Schweinfurter Stadtbildes im Mittelalter. 3. Die Geschichte der Reichsburg im Zürch, in: SHB 1925, S. 26. 68 Stein, Geschichte, 1900, S. 309 f. nach MS S. 332. 69 MSh, Nr. 237. 70 MSh, S. 454. 71 Beischlag, Reichsburg, 1925, S. 27. 72 Beyschlag, Rosa, AS 1909, S. 82. 73 Anton Oeller, Die Befestigungen Schweinfurts, in: SHB 29, 2.7.1960, S.29. 74 Schöffel, Materialien, 1989, S. 173 ff. 75 Schöffel, Schweinfurt, 1999, S. 54 und S. 62 ff. 76 Schöffel, Materialien, 1989, S. 25. 77 Stein, Geschichte, 1900, S. 238 f. 78 MSh, S. 320 f. 79 Stein, Geschichte, 1900, S. 246. 80 Max Ludwig, 500 Jahre Schützengesellschaft, Schweinfurt 1933, S. 6. 81 Stein, Geschichte, 1900, S. 275. 82 MSh, S. 329. 83 Stein, Geschichte, 1900, S. 315. 84 MSh, S. 339. 85 Festschrift aus Anlass des 525jährigen Jubiläums der Schweinfurter Schützengesellschaft, Schweinfurt 1958. 86 Ludwig, Schützengesellschaft, 1933, S. 6 ff. 87 Beyschlag, Rosa, AS 1909, S. 77. 88 Stein, Geschichte, 1900, S. 374. 89 Stein, Geschichte II, 1900, S. 4 - Friedrich Beyschlag: Die Entwicklung des Schweinfurter Stadtbildes im Mittelalter, in: AS 10, 1912, S. 68 f. 90 Erich Schneider, Die ehemalige Kilianskapelle auf dem Anger in Schweinfurt, in: Schweinfurter Mainleite, 1991/II, S. 34 - 43 91 Beyschlag, Entwicklung, AS 1912, S. 75. 92 Beyschlag, Entwicklung, AS 1912, S. 75. 93 Hubert Schöffel, Oberndorf, in: Schweinfurter Heimatkundliches Wörterbuch, 1967, Nr. 221. 94 Schöffel, Schweinfurt, 1999, S. 67. 95 Beyschlag, Rosa, AS 1909, S. 78. 96 Beyschlag, Entwicklung, AS 1912, S. 75. 97 Erich Saffert: Spitaltor, in: Schweinfurter Heimatkundliches Wörterbuch, 1966, Nr. 22. 98 Stein, Geschichte, 1900, S. 336 f. 99 MSh, Nr. 349 - Stein, Geschichte II, 1900, S. 6. 100 MSh Nr. 26, S. 545 - Schweinfurter Heimatkundliches Wörterbuch, III, Nr. 381. 101 -g/ -a/ -t, Landwehrstraße, in Schweinfurter Heimatkundliches Wörterbuch, 1978, Nr. 388. 102 Alfons M. Borst, Ostfränkische „Landwachten“, Warten, Wart, und Turmberge, in: Die Mainlande, 13. Jg. Nr. 8, 25. April 1962. ______24 ______

Frank Feuerhahn Die archäologischen Untersuchungen am „Oberen Wall“ – ein Beitrag zur Entwicklung der Stadtbefestigung von Schweinfurt

Die Stadt Schweinfurt beabsichtigte, im Bereich der Grünanlage „Am Oberen Wall“ beziehungsweise „Weißer Turm“ eine grundle- gende Sanierung des teilweise desolaten Mauerbestandes vorzunehmen. Von der Planung waren auch Mauerabschnitte betroffen, die als Teil der mittelalterlichen Stadtmauer anzusehen waren. Das Gelände liegt an der Ostflanke der historischen Altstadt von Schweinfurt. Bereits im Frühjahr 2002 hatte unmittelbar westlich des Straßen- zuges „Am Oberen Wall“ im Bereich der Grundstücke Krumme Gasse 24 – 32 eine archäologische Untersuchung stattgefunden. Es bestand daher die Gelegenheit, neben Aufschlüssen über das Alter der verschiedenen Mauerzüge und des sogenannten „Weißen Turms“ in Fortsetzung der älteren Ausgrabung einen durchgehenden Profilschnitt durch das Gelände bis in den Bereich des ehemaligen Stadtgrabens hinein zu gewinnen. Die Durchführung der archäologischen Untersuchungen lag in Abstimmung mit der Sanierungsstelle der Stadt Schweinfurt und unter fachlicher Aufsicht durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, Archäologische Außenstelle Würzburg, beim Büro für Ausgrabungen und Dokumentationen Heyse aus Würzburg. Die Arbeiten konnten bauvorgreifend im September und Oktober 2002 vorgenommen werden, kurze Beobachtungen waren ferner bei der Verlegung von Versorgungsleitungen im Straßenbereich „Am Oberen Wall“ möglich. Neben den im Zuge der Baumaßnahmen gemachten Beobachtun- gen wurden zur Klärung des zeitlichen Verhältnisses der einzel- nen Mauerzüge zwei Flächen im Hangbereich zwischen dem Oberen Wall und der Grünanlage am Marienbach, die dem alten Stadtgrabenverlauf entspricht, archäologisch sondiert. Hier waren neben der mutmaßlichen Stadtmauer, die zugleich die Begrenzung des Oberen Walls zum östlich sich anschließenden abfallenden Gelände bildet, auf halber Höhe des Hanges einzelne, parallel zur Stadtmauer verlaufende Mauerzüge zu erkennen. Des weiteren ist der „Weiße Turm“ zu nennen. Wie die Untersuchungen aufzeigen konnten, liegt hier ein im Laufe der Zeit „gewachsener“ Bestand vor, indem die Stadtbefestigung immer wieder an die aktuellen Erfordernisse der Wehrtechnik ______25 ______

Bild 1: angepasst wurde. Fasst man die Ergebnisse der Archäologie un- Geländeprofil auf ter Berücksichtigung der bildlichen und schriftlichen Quellen zu- Grundlage der sammen, ergibt sich das im Folgenden skizzierte Bild. [Bild 1 und 2] archäologischen Am Anfang der baulichen Aktivitäten steht die Errichtung der Schnitte in der Nord-Süd verlaufenden Stadtmauer. Sie war auf einer Länge von Krumme Gasse, dem rund 15 m südlich an den Weißen Turm anschließend noch im Oberen Wall und am Aufgehenden erhalten, wenn auch mit etlichen Ausflickungen und Weißen Turm. inzwischen wieder abgetragenen Anbauten. Die Verwendung unterschiedlichen Steinmaterials, zum Weißen Turm hin Kalk- stein, weiter nach Süden Sandstein, markiert einzelne Bauab- schnitte. Dieser Teilbereich wurde im Zuge der Sanierung wieder hergerichtet. Wie die Ausschachtungen zum Bau einer neuen Betonstützmauer zeigten, waren im weiteren Verlauf nach Süden Bild 2: noch Teile der alten Stadtmauer unterhalb des Straßenniveaus Rekonstruktionsversuch vorhanden, die jedoch nicht erhalten werden konnten. Der des Geländeprofils in Mauerverlauf zieht hier leicht zur Stadt hin ein, weshalb die Mittelalter und heutige Breite des Straßenzuges „Am Oberen Wall“ über die früher Neuzeit. Mauer hinweggeht.

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Im südlichen der beiden archäologisch untersuchten Bereiche wurde ein an die Stadtmauer angesetzter Stützpfeiler entdeckt, der obertägig nicht mehr zu erkennen gewesen war. Auf einem Holzschnitt von 1595 eines unbekannten Künstlers, der Schwein- furt von Osten zeigt, sind zwei Stützpfeiler an der Stadtmauer zu erkennen, deren Existenz nun gesichert ist.1 Wegen der topogra- phischen Situation mit dem Geländeabfall zum Marienbach ist die Stadt Schweinfurt in östliche Richtung bis ins 19. Jahrhundert nicht weiter gewachsen. Daher geht dieser Stadtmauerzug noch auf die erste bis 1437 vollendete Befestigungsmaßnahme zurück,2 wenn auch Reparaturen nach den schweren Schäden, die Schwein- furt im Markgräflerkrieg 1554 erlitten hat, anzunehmen sind.3 Im Vorfeld der Stadtmauer fällt das Gelände relativ steil zur heutigen Parkanlage, dem ehemaligen Grabenbereich ab. An einzelnen Stellen waren auf halber Höhe des Hanges noch etwa parallel zur Stadtmauer Nord-Süd verlaufende Mauerzüge zu erkennen. In einem Abschnitt, in dem an der Oberfläche nichts mehr von einer solchen Mauer zu erkennen war, konnte sie im Boden noch archäologisch erfasst werden. Auch in den übrigen, nicht untersuchten Bereichen dürften zumindest Reste entspre- chender Mauerzüge im Boden stecken, die sich insgesamt zu einem einheitlichen Mauerverlauf zusammenfügen. Eine solche, vor die mittelalterliche Stadtmauer vorgesetzte zweite Mauer findet sich auch im Merianschen Vogelschauplan von Schweinfurt 1646/484. Diese Mauer begradigt den an der Ostflanke der Stadt etwas konkaven Verlauf der alten Stadtmauer, so dass hier eine Art Zwinger entsteht. Ähnlich wie bei der oberen Stadtmauer finden sich auch bei der Hangmauer im archäologischen Befund und auch im Aufgehenden angebaute Stützpfeiler. In der Errich- tung dieser vorgeschobenen Mauer darf man einen Versuch sehen, den aus dem Mittelalter überkommenen Bestand an die sich rasch entwickelnde Feuerwaffen- und Geschütztechnik anzupassen, gegen die eine einfache Steinmauer allein keinen ausreichenden Schutz mehr gewährte. [Bild 3] Bei Merian schließt sich unmittelbar östlich an die zweite Mauer der Stadtgraben an. Dies kann durch die Befunde der archäologi- schen Sondage um ein im Merian-Plan nicht erkennbares Detail ergänzt werden. Demnach stößt der Stadtgraben nicht unmittel- bar an die Mauer, wodurch diese zugleich die Funktion einer Gra- benfuttermauer erhalten hätte. Vielmehr ist der Hangmauer noch eine etwa 1,20 m starke, leicht abfallende Berme vorgelagert. ______27 ______

Bild 3: Im Bildhintergrund die Stadt- Bild 4: Schnitt durch den Ansatz des mauer mit dem Stützpfeiler links. Im Stadtgrabens am Weißen Turm. Mittelgrund die Hangmauer.

Diese wird durch einen einzelnen Quader abgeschlossen. Erst dann fallen die Schichten steil in den ehemaligen Stadtgraben ab. Der Stadtgraben konnte nur in seinen Ansätzen erfasst werden, da eine weitere Untersuchung des Grabens eine Ausdehnung der Untersuchungsfläche bis in die Grünanlage hinein erfordert hätte. Relativ steil ist der Graben hier in den anstehenden Keuperfels eingearbeitet worden. Eine rund 30 cm starke, auf dem natürli- chen Verwitterungshorizont aufliegende Schicht rötlichen Lehms dürfte zur Abdichtung des Grabens aufgetragen worden sein, so dass der Graben wohl dauerhaft Wasser führte. Die Verfüllung des Grabens erfolgte nach dem geborgenen Fundstücken erst im 19. Jahrhundert. [Bild 4] Der Weiße Turm ist so gebaut, dass er mit seinem Fundament leicht bis in den Graben vorspringt. Die oben beschriebene Hangmauer läuft etwa auf die Mitte der Südwand des Weißen Turmes zu. Von den erhaltenen oder durch Fotografien bekannten Schweinfurter Stadttürmen unterscheidet er sich durch seine rechteckige Gestalt. Jedoch zeigen die historischen Abbildungen, dass einst neben den runden beziehungsweise halbrunden auch weitere rechteckige Türme vorhanden waren. Für den Weißen ______28 ______

Turm sind für die Jahre 1563/64 Ausbesserungsarbeiten aus den schriftlichen Quellen bekannt, die nach Zerstörungen im Mark- gräflerkrieg notwendig geworden waren. Veränderungen des Weißen Turms haben sich unter anderem durch seine Nutzung als Brauereikeller ergeben. Wie die Beobachtungen der Erdaufschlüsse im Straßenzug „Am Oberen Wall“ zeigen, wurden hier zwischen der alten Stadtmauer und der heute den Oberen Wall zur „Krummen Gasse“ hin begrenzenden Stützmauer mächtige Aufplanierungen vorgenom- men, so dass der Straßenzug zu Recht als „Wall“ bezeichnet wird. Nach den geborgenen Keramikfunden sind diese Maßnah- men ins 15./16. Jahrhundert zu datieren. Auch hierin kann man einen Versuch sehen, die mittelalterliche Stadtmauer durch Anschüttung einer starken Erdpackung gegen einen Beschuss mit Feuerwaffen „aufzurüsten“. Erst durch den Bau der bastionären Befestigungsanlagen um die Stadt Schweinfurt im 17. Jahrhundert verlor die mittelalterliche Stadtmauer ihre Bedeutung, wenn sie auch als eine zweite Verteidigungslinie eine gewisse Funktion behielt. Als Ergebnis der Untersuchungen am Oberen Wall bleibt also der folgende Bauablauf festzuhalten: Die älteste Bausubstanz stellt die Stadtmauer im oberen Hangbereich dar. In der frühen Neuzeit wird eine zweite Mauer auf halber Höhe des Hanges hinzugefügt und die Stadtmauer durch eine angeschüttete Erdpackung verstärkt. Spätestens in diesem Zusammenhang dürfte auch der Weiße Turm entstanden sein. Dieser wird nach Verlust seiner fortifikatorischen Bedeutung für die Zwecke einer Brauerei umgestaltet. Der Stadtgraben wird im 19. Jahrhundert verfüllt und hier entsteht eine Grünanlage. Literatur Lösch, Edgar: Die Schweinfurter Altstadt: Geschichte, Zerstörung, Erneuerung. Dokumentation zur Altstadtsanie- rung (Schweinfurt 2001). Rosenstock, Dirk: Frühgeschichte der Stadt Schweinfurt von 700 bis 1500. Schweinfurter Museumsschriften 49 (Schweinfurt 1992). Scherbaum, Jochen: Zur Mittelalterarchäologie in Schweinfurt, Beiträge zur Archäologie in Unterfranken 2000. Mainfränkische Studien 67 (Büchenbach 2000), S. 87 – 101.:

Anmerkungen 1 Abgebildet bei Lösch 2001, S. 15. 2 Entgegen der Annahme von Rosenstock, der an der Ostseite der Stadt nicht mehr mit mittelalterlichen Bauphasen der Stadtmauer rechnete; s. Rosenstock 1992, S. 52 3 Lösch 2001, S. 374; Scherbaum 2000, S. 94. 4 Abgebildet bei Lösch 2001, S. 16. ______29 ______

Uwe Müller Das älteste Siegel der Reichsstadt Schweinfurt (1306)

I. Das älteste Siegel der Reichsstadt Schweinfurt wurde erstmals von Carl Heffner 1871 beschrieben: „In einem dreieckigen, an den Seiten etwas ausgebogenen Schilde ein einfacher, rechtsgewen- deter Adler, dessen Schwingen drei einzelne Federn tragen und Ältestes Siegel der am oberen Ende schneckenförmig auslaufen. Das Siegelfeld ist Reichsstadt mit Sternen besäet. Umschrift in Majuskeln: S. Bvrgensivm. De. Schweinfurt in einem Sweinvort. Qd. Habent. De. Gra. Regis. Rund. Größe: 7 Centim. 2 Abdruck aus dem Millim. In ungefärbtem Wachs an zwei Urkunden des k. Archivs zu Jahre 1364 Würzburg von 1325 und 1330 und ebenso an einer Urkunde des (AvS, U 36) k. Reichsarchivs zu München von 1364.“1

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Die von Heffner benutzten Urkundenbestände fränkischer Provenienz im Kgl. Archiv zu Würzburg (Staatsarchiv Würzburg) und im Kgl. Reichsarchiv zu München (Bayerisches Hauptstaats- archiv) wurden im Zuge der archivischen Beständebereinigung in Bayern 1993 im Staatsarchiv Würzburg zusammengeführt.2 Von den genannten drei Urkunden sind dort zwei nachweisbar3:

1325 Januar 12 Hildegunde, genannt von Thulbe4, Bürgerin von Schweinfurt, ver- macht dem Frauenkloster Heiligenthal5 19 Juchert Ackerland und 8 Juchert Wiesen in der Schweinfurter Markung gelegen. (Staatsarchiv Würzburg: WU 4410; Teildruck: Regesta Boica VI, S. 151)6 1364 Juli 2 Die Verwandten der Kunigunde, Witwe des Peter Esel, Bürgerin von Schweinfurt, verzichten auf alle Ansprüche gegen die freie Verfügung der Kunigunde Esel über ihr Vermögen.7 (Staatsarchiv Würzburg: WU 7692; Druck: MSh, Nr. 113; Regest: QF 12, Nr. 175)

Das Schweinfurter Siegel dient in beiden Fällen der Bezeugung der Handlung eines Dritten (sog. Siegelung in fremder Sache). Aufgrund der eigentümlichen Führung der (Pergament)Pressel über die Siegellegende läßt sich das von Heffner abgebildete Siegel als zur Urkunde von 1325 gehörig bestimmen.8

II. In seinen „Monumenta Suinfurtensia historica“ wies Stein 1875 auf die Übereinstimmung des von Heffner beschriebenen Siegels mit dem Schweinfurter Siegel an einer im Hennebergischen Archiv zu Meiningen liegenden Urkunde von 1309 hin. Seither galt dies als ältester Nachweis der Verwendung eines Siegels – hier in eigener Sache – der Reichsstadt Schweinfurt9: 1309 November 28 Vogt, Schultheiß und Bürgerschaft zu Schweinfurt entbinden den Wasunger Bürger Wolf von Landeswer von der Verpflichtung, einer Ladung ans Gericht zu Schweinfurt zu folgen, nachdem ihnen ein Freiheitsbrief König Albrechts vorgelegt worden war, wonach Wasungen dieselben Rechte, Gerichte und Freiheiten10 genießen soll, wie die Stadt Schweinfurt. (Thüringisches Staatsarchiv Meiningen: GHA, Urk. Nr. 89 (Kriegs- verlust); Druck: Schöppach, Nr. LXXXII; Regest: MSh, Nr. 36) ______31 ______

Schenkungsurkunde für das Kloster Mariaburghausen mit dem ältesten Siegel der Reichsstadt Schweinfurt aus dem Jahre 1306 (Staatsarchiv Würzburg, WU 5466; Abb. mit freundlicher Genehmigung des Staatsarchives Würzburg)

Die Urkunde, die zudem auch vom ersten namentlich bekannten Reichsvogt Gutend von Seckendorff11 besiegelt wurde, gilt seit Ende des Zweiten Weltkrieges als verschollen.12

III. Nach Ausweis der Aussteller- und Sieglerkartei des Bayerischen Hauptstaatsarchives13 allerdings stammt die älteste, mit einem Schweinfurter Stadtsiegel versehene Urkunde in den Beständen der staatlichen Archive Bayerns aus dem Jahre 1306. Für das abhängende Siegel wurde offensichtlich das gleiche Typar wie bei den vorgestellten Urkunden von 1309, 1325 und 1364 verwendet.

1306 [ohne Monat und Tag] Kunigunde, Witwe des Marquard v. Wenkheim14, und ihre Kinder Gottfried und Elisabeth verkaufen der Äbtissin Gertrud und dem Konvent des Cisterzienserinnenklosters Mariaburghausen15 ihr in der Gemarkung Gochsheim liegendes Gut, das eine jährliche Abgabe von 8 Malter Korn und 4 Malter Hafer Gochsheimer Maß zu leisten hat, um 54 Pfund Heller.16 Zeugen17: Theoderich, Pfarrer von Gochsheim, Gottfried, Pfarrer von Euerheim, Heinrich von Euerheim18, Richolf von Wenkheim19, Hugo, Wolfelin, Berthold, Konrad Gebrüder, Söhne des Hugo von Zabelstein20. (Staatsarchiv Würzburg: WU 546621; Teilabdruck: Regesta Boica V, S. 107f.) ______32 ______

IV. Der erste – nur fragmentarisch erhaltene – Abdruck dieses Typars im Stadtarchiv Schweinfurt stammt aus dem Jahre 1330:

1330 Januar 30 Schultheiß und Schöffen von Schweinfurt beurkunden die von dem Ehepaar Kunigunde und Heinrich vollzogene Übergabe von Haus und Gütern an Kundigundes Schwiegermutter Kunigunde gen. Wissesmidin und deren Sohn Fritzelin. (Stadtarchiv Schweinfurt: U 3; Druck: MSh, Nr. 52)

Der erste vollständig erhaltene Abdruck22 im Stadtarchiv Schwein- furt stammt aus dem Jahre 1364:

1364 April 26 Schultheiß, Rat und Bürgerschaft der Stadt Schweinfurt stiften eine Frühmesse in der Pfarrkirche zu St. Johannis. (Stadtarchiv Schweinfurt: U 36; Druck: MSh, Nr. 111)

V. Obgleich die Verwendung des Siegels (derzeit) erst ab 1306 belegt ist, so ist doch aufgrund sphragistischer und stilistischer Indizien davon auszugehen, daß das Typar bereits im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts gefertigt wurde23: Das runde, mit Sternchen besetzte Siegelfeld ist mit dem einköpfigen (heral- disch) rechtsblickenden Adler im Wappenschild belegt. Siegelin- schrift: S[IGILLVM] B[VR]GENSIV[M] DE SWEINVORT Q[VOD] HABENT DE GRA[TIA] REGIS. Durchmesser: 7,2 cm. Das Siegel repräsentiert den an der Wende von 13. zum 14. Jahrhundert zu konstatierenden gewissen Abschluß der allmählichen Stadtwer- dung in verfassungsrechtlicher Hinsicht: Den königlichen Stadt- herren vertritt der Vogt und unter ihm der Schultheiß, das Satzungsrecht liegt beim Rat, zwölf Ratsherren fungieren zugleich als Schöffen des Stadtgerichts.

Safferts Vermutung24, dass die Erlaubnis zum Führen des Siegels mit dem Spruch König Rudolfs I. vom 29. April 128225 zusammen- hängt, der die königliche Bestätigung der reichsstädtischen Autonomie beinhaltet und in dem die Stadt und ihre Bürger erstmals als politisch handelnde Subjekte greifbar sind, blieb nicht unwidersprochen. Ziegler verweist darauf, dass sich die Formulierung der Siegellegende „DE GRATIA REGIS“ nicht auf eine „schriftlich erteilte Erlaubnis zur Siegelführung“26 beziehen ______33 ______

Typar des erstmals 1345 bezeugten Sekretsiegels der Reichsstadt Schweinfurt (Städtische Sammlungen Schweinfurt, M-3080 (alt))

könne, da solche Privilegien erst im Spätmittelalter erteilt wurden, und schlägt deswegen eine freiere Übersetzung vor: „ ... welches sie von Reiches wegen, im Auftrag des Reiches, unter Rechtsab- leitung des Reiches, führen“27. Ziegler macht auch darauf aufmerk- sam, dass die verwendete Bezeichnung „BURGENSES“ (Burgan- siedler) auf eine größere Unselbständigkeit der Stadtgemeinde hindeutet – d. h. im Falle Schweinfurts die starke Stellung des Reichsvogtes – als etwa die Bezeichnung „CIVITAS“ (Bürgerschaft). Der Begriff „civis“ taucht im Siegelwesen der Reichsstadt erst- mals im seit 1345 nachweisbaren kleineren Sekretsiegel (Durch- messer: 3,3 cm) auf, das den Adler im Wappen übernimmt, die Umschrift aber variiert28: „S[IGILLVM] SECRETV[M] CIVIV[M] IN SVEINFORT“. Das silberne Typar wird heute in den Städtischen Sammlungen Schweinfurt verwahrt.29 Der Sprachgebrauch des Sekretsiegels entspricht dem der Inscriptio der Privilegienbestäti- gung Kaiser Ludwig des Bayern vom 14. Mai 1330: „Ludowicus Dei Gracia Romanorum imperator semper augustus prudentibus viris magistris consulum, consulibus et vniuersitati ciuitatis Swin- furthe, fidelibus suis et imperii dilectis, graciam suam et omne bonum.“30

VI. Während das Sekretsiegel bis in die Zeit nach dem sog. Zweiten Stadtverderben im Markgräflerkrieg 1554 in Gebrauch blieb31, ist das erste Siegel im Stadtarchiv Schweinfurt nach 136432 nicht mehr nachweisbar. Ob die Kassation dieses anachronistischen Siegels im Zusammenhang mit der fortschreitenden Entwicklung der Stadtverfassung33, insbesondere nach der Auslösung aus der Pfandschaft 1361/1386, erfolgte, oder ob das Typar auf andere Weise unbrauchbar wurde oder verloren ging, muss dahingestellt bleiben. Unmittelbar nach dem Stadtverderben vom Juni 1554 wurde ein neues großes Stadtsiegel34 – parallel zum alten Sekretsiegel – in Gebrauch genommen. ______34 ______

Quelleneditionen

Monumenta Boica, Vol VI, München 1899 (=Monumenta Boicorum collectio nova, Vol. XVIII) MSh: Friedrich Stein (Hg.), Monumenta Suinfurtensia historica inde ab anno DCCXCI usque ad annum MDC. Denkmäler der Schweinfurter Geschichte bis zum Ende des sechzehnten Jahrhunderts, Schweinfurt 1875 QF 12: Wilhelm Engel (Bearb.), Urkundenregesten zur Geschichte der Städte des Hoch- stifts Würzburg (1172-1413), (Regesta Herbipolensia III), Würzburg 1956 (=Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg, Bd. XII) Regesta Boica: Regesta sive Rerum Boicarum Autographa, Vol. V, München 1836; Vol. VI, München 1837 Karl Schöppach (Hg.), Hennebergisches Urkundenbuch, I. Theil, Die Urkunden des gemeinschaftlichen Hennebergischen Archivs zu Meiningen von DCCCCXXXIII. bis MCCCXXX., Meiningen 1842

Anmerkungen

1 Carl Heffner, Würzburgisch-Fränkische Siegel, in: Archiv des Historischen Vereins von Unterfranken und , 27. Bd., Heft 2, Würzburg 1871, S. 73-232 (S. 209-213, Tafel XVI), S. 209. 2 Walter Jaroschka, Zentralisierung und Dezentralisierung im bayerischen Archivwesen. Voraussetzungen und Ergebnisse der Beständebereinigung, in: Werkhefte der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg, Serie A, Heft 3, Stuttgart 1993, S. 37-51; Albrecht Liess, Geschichte der archivischen Beständebereinigung in Bayern, in: Landesgeschichte und Archive, München 1998 (=ZBLG 61/1), S. 123-145; Gerhard Rechter, Beständebereinigung in Franken, in: ZBLG 61/1, S. 165-177; Staatsarchiv Würzburg, bearb. v. Hatto Kallfelz u. a., München 1998 (Kurzführer der Staatlichen Archive Bayerns Neue Folge). 3 Urkunde von 1330 nicht nachweisbar; vermutlich handelt es sich bei Heffner (wie Anm. 1) um einen Druckfehler (s. a. Anm. 12). Ich danke Frau Dr. Ingrid Heeg-Engelhart (Staatsarchiv Würzburg) sehr herzlich für vielfältige Unterstützung meiner Recherchen und anregende fachliche Diskussion. 4 Zur Familie v. Thulbe: Friedrich Stein, Geschichte der Reichsstadt Schweinfurt, 2 Bde., Schweinfurt 1900 (Reprint 1992), S. 144. 5 Zur Geschichte des 1234 gestifteten Zisterzienserinnenklosters Heiligenthal bei Schwanfeld: Die Geschichte des ehemaligen Klosters Heiligenthal, in: Archiv für Stadt und Bezirksamt Schweinfurt. Beilage zum Schweinfurter Tagblatt, 11. Jg., Schweinfurt 1913, S. 13-19 (S. 15); Edgar Krausen, Die Klöster des Zisterzienserordens in Bayern, München-Pasing 1953 (=Bayerische Heimatforschung, Heft 7), S. 48f.; H. F. L. Lippert, Skizze einer Geschichte des erloschenen Klosters Heiligenthal, in: Archiv des Historischen Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg, Bd. IV, Heft 3, Würzburg 1838, S. 39-53 (S. 45); Alfred Tausendpfund, Niedergang und Aufhebung des Klosters Heiligenthal, in: Jahrbuch für fränkische Landesfor- schung 34/35 (Festschrift Gerhard Pfeiffer), 1975, S. 501-517 (mit weiterer Literatur); M. Wieland, Kloster Heiligenthal, Schweinfurt 1898 (S. 15). 6 Zugehörige Bestätigung des Klosters (WU 4411) in Stein, MSh, Nr. 50. 7 Die Urkunde steht in Zusammenhang mit der Vorbereitung der Gründung des Schweinfurter Karmeliterklos- ters (s. Stein (wie Anm. 4), S. 202-206). 8 Heffner (wie Anm. 1), Tafel XVI, N. 4. Die aus dem Siegelkörper herausragenden Enden der Pressel wurden offensichtlich wegretuschiert. Heffners Abbildung wurde in der lokalgeschichtlichen Literatur wiederholt (ohne Nachweis) übernommen (z. B.: Erich Saffert, Wappen, Siegel und Farben unserer Stadt, in: Schweinfurter Tagblatt 28.08.1953/29.08.1953/01.09.1953; Zeitreise: Schweinfurt – von der Freien ______35 ______

Reichsstadt zur Industriestadt. Materialien aus über 1200 Jahren Stadtgeschichte bis in die Anfänge der Industrialisierung, Schweinfurt 1985, S. 8). Der Historische Verein Schweinfurt e. V. verwendet sie auf der Rückseite des Umschlags der „Schweinfurter Mainleite“ und in seinem Briefkopf. 9 Stein (wie Anm. 4), S. 134f.; Erich Saffert, Schweinfurt Reg.-Bez. Unterfranken, kreisfei, in: Erich Keyser, Heinz Stoob (Hg.), Bayerisches Städtebuch, Teil 1, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1971, S. 499-526, S. 511; Saffert (wie Anm. 8); ohne konkrete Jahreszahl: Hans-Ulrich Ziegler, Die Siegel und Wappen der Reichstäd- te, in: Rainer A. Müller (Hg.), Reichsstädte in Franken, Aufsätze 1, Verfassung und Verwaltung, München 1987, S. 217-228 (=Veröffentl. zur Bayerischen Geschichte und Kultur Nr. 15,1/1987), S. 220. 10 Zum Wasunger Recht: Hans W. Dirian, Über das Schweinfurter Stadtrecht und seine Verbreitung, in: Gedenkjahr der Stadt Schweinfurt. Zerstörung und Wiederaufbau in sieben Jahrhunderten. Wissenschaftli- che Festgabe: 700 Jahre Stadt Schweinfurt 1254-1954. Beiträge zu Kultur und Geschichte einer fränkischen Reichsstadt, Schweinfurt 1954 (=Neujahrsblätter hrsg. v. d. Gesellschaft für Fränkische Geschichte, Heft XXVI), S. 53-97, S. 69-71. 11 Stein (wie Anm. 4), S. 135; zu Gutend v. Seckendorff: Gerhard Rechter, Die Seckendorff. Quellen und Studien zur Genealogie und Besitzgeschichte. Bd. 1: Stammfamilie mit den Linien Jochsberg und Rinhofen, Neustadt a. d. Aisch 1987, S. 10f. 12 Freundliche Auskunft des Thüringischen Staatsarchivs Meiningen vom 26.03.2003 (s. a. AvS, Registratur, 4140-68). 13 Freundliche Auskunft des Bayerischen Hauptstaatsarchives vom 17.04.2003 (s. a. AvS, Registratur, 4140-68). 14 Stammtafel der Wenkheimer bei: Ekkehart Klement, Die Herren von Wenkheim, in: Ortsgeschichtlicher Arbeitskreis Schwebheim e. V. (Hg.), Beiträge zur Geschichte Schwebheims, Bd. 5, Schwebheim [2000], S. 61-112, S. 102; Friedrich Beyschlag, Ausgestorbene Adelsgeschlechter, in: Archiv für Stadt und Bezirksamt Schweinfurt. Beilage zum Schweinfurter Tagblatt, Schweinfurt, 11. Jg., 1907, S. 51-53, 68 f., 81 f., 91-94, 116-118, 128-130, S. 69-130. 15 Zur Geschichte des 1236/37 von Heiligenthal aus in Sturs gegründeten Zisterzienserinnenklosters Kreuzthal (Vallis Sanctae Crucis), das 1243 nach Mariaburghausen in den Haßfurter Mainauen verlegt wurde: Ignaz Denzinger, Geschichte des Nonnenklosters Mariaburghausen in: Archiv des Historischen Vereins für Unterfranken und Aschaffenburg, 10 Bd., 2. u.3. Heft, Würzburg 1850, S. 44-129 (S. 66); Der Besitz des Cisterzienser-Nonnenklosters Marienburghausen (Marburghausen) im Bezirk Schweinfurt, in: Archiv für Stadt und Bezirksamt Schweinfurt, 2. Jg., 1904, Nr. 7, S. 44, Nr. 8, S. 45-46 (S. 45); Jäger, Urkundliche Nachrichten von dem Cisterzienser-Nonnenkloster Marienburghausen im würzburgischen Bisthume, in: Archiv des Historischen Vereins für den Untermainkreis, 3. Bd., Würzburg 1836, S. 40-60 (S. 50); Krausen (wie Anm. 5), S. 72-74; Rainer Wailersbacher, 750 Jahre Kloster Kreuzthal-Mariaburghausen (Vallis Sanctae Crucis) 1237/43-1582, Haßfurt 1987 (S. 173f.). 16 Zur Orientierung unter allem Vorbehalt: Dittmar gibt für 1806 als Schweinfurter Maß einen Malter Korn mit 200 Litern an (Claus Dittmar, Die Einnehmerrechungen der freien Reichsstadt Schweinfurt (1554-1802), Schweinfurt 1961 (=Veröff. d. Histor. Vereins u. d. Stadtarchivs Schweinfurt, Sonderreihe – Heft 4, S. LV); Anton Oeller, Alt-Schweinfurter Maß, Münz und Gewicht, in: Unterfränkisches Heimatblatt. Heimatbeilage des „Volkswille“, 2. Jg., 1950, Nr. 8 u. 9; M. J. Elias, Umriß einer Geschichte der Preise und Löhne in Deutschland vom ausgehenden Mittelalter bis zum Beginn des neunzehnten Jahrhunderts, 1. Bd., Leiden 1936, S. 155-161, 428-538; Fritz Verdenhalven, Alte Meß- und Währungssysteme aus dem deutschen Sprachgebiet, Neustadt a. d. Aisch 21993, S. 34; Wolfgang Trapp, Kleines Handbuch der Maße, Zahlen, Gewichte und der Zeitrechnung, Stuttgart 1992, S. 228-230; zum Ertrag bäuerlicher Anwesen vgl. Rudolf Schlögl, Bauern, Krieg und Staat. Oberbayerische Bauernwirtschaft und frühmoderner Staat im 17. Jahrhundert, Göttingen 1988 (=Veröffentl. d. Max-Planck-Instituts für Geschichte 89), S. 117-197. Ich danke Herrn Prof. Dr. Rudolf Schlögl (Konstanz) für freundlichen Rat und Hilfe. 17 Namensauflösungen unter Vorbehalt und Rückgriff auf Wailersbacher (wie Anm. 15), S. 174, Anm. 1071. WU 5466: „Dominus Theodericus plebanus in Ghosheim. Gotfridus. Plebanus in Hurheim. Heinricus. dictus de Hurheim. Richolfus. de Wencheim. Hugo. Wolfelinus. Bertoldus. Cun[...] fratres filiis [?] Hugonis de Zabelstein.“ Die Urkunde ist hinsichtlich mehrerer Unstimmigkeiten bei Satzbau, Grammatik und Kürzungen, die auf eine gewisse Flüchtigkeit des Schreibers hindeuten, nicht problemlos zu erschließen. ______36 ______

18 Stammtafel der Euerheimer bei Wailersbacher (wie Anm. 15), S. 151; zu den Euerheimern s. a. Friedrich Beyschlag (wie Anm. 14), S. 68f. 19 Zu Richolf von Wenkheim, der in der Zeit der Hennebergischen Pfandherrschaft seit 1310 (?) das Amt des Reichsvogtes bekleidete: Klement (wie Anm. 14), S. 64-66 u. 102; Beyschlag (wie Anm. 14), S. 81f., Stein (wie Anm. 4), S. 148ff. (abweichende Angaben). 20 Nach Reimann gehörte der hier als Zeuge auftretende Hugo von Zabelstein nicht dem gleichnamigen ausgestorbenen Ministerialengeschlecht an, sondern fungierte als erster Amtmann nach dem Verkauf der Burg Zabelstein an den Würzburger Bischof Manegold von Neuenburg (1303 Mai 21) auf der Burg Zabelstein (Johanna Reimann, Zur Besitz- und Familiengeschichte der Ministerialen des Hochstifts Würzburg, in: Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst, 15, 1963, S. 1-117, S. 19, Anm. 145); Hermann Hoffmann (Bearb.), Das älteste Lehenbuch des Hochstifts Würzburg 1303-1345, 1. Teilbd., Würzburg 1972 (=Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg, Bd. XXV), S. 55, Nr. 301; Wailersbacher (wie Anm. 15), S. 174, Anm. 1071. Ich danke Frau Dr. Heeg-Engelhart für freundliche Auskünfte aus: Staatsarchiv Würzburg, Kartei adeliger Familien aus dem Nachlaß des Barons Hanns. v. Hessberg, Schub 28, Nr. 58. 21 Überliefert auch im 1413 entstandenen deutschsprachigen Kopialbuch des Klosters Mariaburghausen (Staatsarchiv Würzburg, Würzburger Standbücher 581, folio 57r, v); freundlicher Hinweis von Frau Dr. Heeg- Engelhart (Staatsarchiv Würzburg). 22 Farbig abgebildet z. B. in: Uwe Müller, Reichsstadt Schweinfurt, in: Peter Kolb, Ernst-Günter Krenig (Hg.), Unterfränkische Geschichte, Bd. 2: Vom hohen Mittelalter bis zum Beginn des konfesionellen Zeitalters, Würzburg 1992, S. 169-194 (Abb. S. 168; S.177, Anm. 51). 23 Saffert (wie Anm. 9), S. 511; s. a. Stellungnahme des Bayerischen Hauptstaatsarchivs vom 30.07.1952 (Nr. 1620/1291): „Siegelumschrift und Siegelbild (rechtsblickender Königsadler im Dreiecksschild) weisen auf königliche Verleihung des Siegels bzw. Wappenbildes hin. Da 1310 die Stadt durch König Heinrich VII. verpfändet wurde, andererseits die Führung des einfachen Adlers als königliches Symbol erst seit Friedrich II. in Übung kam, dürfte der Zeitraum für die Annahme des Wappens durch die Stadt Schweinfurt zwischen ca. 1240 und 1300 fallen.“ (AvS, Altregistratur, V.362.42(20); zitiert auch in Saffert (wie Anm. 8)); Ziegler (wie Anm. 9), S. 220. 24 Saffert (wie Anm. 9), S. 511. 25 Druck: MSh, Nr. 26. 26 Ziegler (wie Anm. 9), S. 221. 27 Ziegler (wie Anm. 9), S. 221; oder auch: „Siegel der Stadtbewohner, die [!] sie aus königlicher Rechtsherlei- tung haben.“ (S. 220). 28 Heffner (wie Anm. 1), S. 204 f.; Heffner weist je eine Urkunde aus dem Kgl. Archiv zu Würzburg von 1359 (=Staatsarchiv Würzburg, WU 4433 oder 4434, 1359 August 13) und aus dem Kgl. Reichsarchiv zu München von 1388 (=WU 7710, 1388 November 2) nach; AvS: U 11, 1345 März 7 (MSh, Nr. 70; Siegel fragmenta- risch), U 18, 1354 Mai 7 (MSh, Nr. 83 ½; Siegel fragmentarisch) [Die Urkunde ist abgebildet in: Ernst Petersen, Von einem „bescheydin manne Fritzen Smide, eyme burger zu Swinfurt“ - Vita des Schweinfurter Finanziers im 14. Jahrhundert, in diesem Heft], U 121, 1393 Februar 22 (MSh, Nr. 184; Siegel vollständig). 29 M-3080 (alt) (entspricht der Beschreibung von Heffner (wie Anm. 1), S. 210: „Der im Besitze der Stadt Schweinfurt befindliche silberne Stempel hat eine kleine etwas bogenartig ausgeschnittene, silberne Handhabe.“); M-1905 (alt) (Abguß). Ich danke Herrn Dr. Erich Schneider, dem Leiter der Städtischen Sammlungen Schweinfurt, herzlich für seine freundliche Unterstützung meiner Recherchen. 30 Zitiert nach MSh, Nr. 53. 31 Beispiele in AvS: U 516, 1556 Mai 1; U 528, 1561 Juni 2 (MSh, Nr. 94, S. 539). 32 Letzter Nachweis in AvS: U 36, 1364 April 26 (MSh, Nr. 111); letzter mir bekannter Nachweis im Staatsar- chiv Würzburg: WU 7692, 1364 Juli 12 (MSh, Nr. 113; QF 12, 175). 33 Zur Verfassungsentwicklung die knappe Skizze von Müller (wie Anm. 21), S. 177-186 (dort auch weitere Literatur. 34 Heffner (wie Anm. 1), S. 210, Nr. 3; Typar in den Städtischen Sammlungen Schweinfurt (M-3087 (alt)); Beispiele in AvS: U 500 – U 504, 1554 September 24 (MSh, Nr. 82, S. 536). ______37 ______

Andrea Brandl Urtümliche Wasserfahrzeuge aus Unterfranken – Der Schweinfurter Einbaum von 1207 Das Leben in Schweinfurt ist seit alters her vom Main geprägt. Bereits in der berühmten Weltchronik des Sebastian Münster von 1550 werden sowohl in dem von Dr. Johann Sinapius verfassten Begleittext als auch in der Illustration zu Schweinfurt (Abb. 1) explizit die Lage am Fluss hervorgehoben und die daraus re- sultierenden Vorteile bezüglich des Handels mit Waren.1 Die Was- serstraße bildete in den vergangenen Jahrhunderten die Existenz- grundlage für Fischer, Flößer und Schiffer. Erst in Folge der Eröffnung der Eisenbahnlinie 1852 änderte sich diese Situation, und der Main verlor seine Bedeutung als wichtigster Handelsweg, da nun Güter bevorzugt auf der Schiene befördert wurden.

Bild 1: Erste druckgrafische Ansicht von Schweinfurt aus der Cosmographey des Sebastian Münster, Basel 1550

Die Fischer Eine besondere Rolle im Wirtschaftsleben von Schweinfurt haben bis ins 20. Jahrhundert die Fischer gespielt, die seit frühester Zeit in einem eigenen nach ihnen benannten, südwestlich gelegenen Teil der Stadt lebten. Möglicherweise existierte diese Siedlung bereits vor der später gegründeten Reichsstadt, da sich der Straßenverlauf im Bereich des älteren Fischerrains in eigenartiger Weise vom Schema der übrigen Stadt abhebt.2 Mit ihrer Zunft ist auch das älteste für ein Gewerbe in Schweinfurt nachweisbare Privileg verbunden. Der 1282 von König Rudolf von Habsburg erteilte Schiedsspruch erlaubte ihnen, von Bamberg bis Mainz bei Tag und Nacht zu fischen.3 Die Schweinfurter übten die Mainfi- scherei jedoch nicht über große Entfernungen aus, sondern je ______38 ______

nach Fischangebot eher in der näheren Umgebung der Stadt. Im 19. Jahrhundert erweiterten sie ihre Fischgründe und legten kleinere Wegstrecken auf dem Main von 4-5 Stunden flussauf- und fluss-abwärts bis nach Theres bzw. Obereisenheim zurück.4 Nach Anton Oeller war es nicht ungewöhnlich, dass die Fischer, da sie auch gleichzeitig Schiffer waren, zudem während längerer Fahrten von ihren Frachtkähnen und Beibooten aus fischten. Als Fanggeräte benutze man „Netze, Zennen, Reusen, Waidluft und Angeln“.5 Fahne der Schweinfurter Aus heutiger Sicht, obgleich sich die Wasserqualität in den Fischerzunft vergangenen Jahren erheblich verbessert hat, will man kaum glauben, welchen Artenreichtum der Main bot: Rotaugen, Rot- federn, Lauben, Orfe oder Nörflinge, Schmerlen, Haseln, Rapfen, Brachsen, Barben, Barsche, Nasen oder Speier, Hechte, Maifi- sche, Welse, Aale, Flussneunaugen, Lachse, Störe, Plattfische, Karpfen und Schleie sowie Krebse.6 Jedem Schweinfurter bekannt sind die beiden Fresken in der oberen Diele des Rathauses, die jene außergewöhnlichen Fänge von Stören in Lebensgröße aus den Jahren 1575 und 1593 zeigen.7

Einbäume Neben Frachtkähnen und Beibooten hatten die Fischer Schelche und – was vielleicht eher ungewöhnlich klingen mag – auch im Allgemeinen Einbäume in Gebrauch. Die Nutzung von Einbäumen zum Fischfang ist für die oberbayerischen Seen (Starnberger See, Ammer-, Chiem-, Walchen-, Würmsee), die Westschweizer und vor allem für die österreichischen Seen bis ins letzte Jahrhundert belegt.8 Ihre weite Verbreitung im Alpenvorland in der Mitte des 19. Jahrhunderts dokumentiert anschaulich eine staatlich ange- ordnete Bestandsaufnahme von „kleineren Fahrzeugen“ im Auf- trag der Regierung von Oberbayern, die anlässlich eines Boots- unglücks mit mehreren Toten 1841 auf dem Chiemsee erfolgte. Im Jahr 1842 sind 50 (!) Einbäume aufgelistet.9

Wir können mit größter Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass diese eigentümlichen Boote auch bei der Fischerei im Main zum Einsatz kamen, was durch entsprechende Objekte in den Land- kreisen und Schweinfurt aus den vergangenen Jahrhun- derten bestätigt wird.(Abb. 2, S. 40) Einen sensationellen Fund in 4 m Tiefe des Mains gelang der ortansässigen Wasserwacht bzw. Joachim Tröster im Herbst 2001. Bei den Recherchen zu diesem ______39 ______

Bild 2: Der Schweinfurter Einbaum bei seiner Auffindung durch Joachim Tröster im Oktober 2001 im Main während ein- gestellter Schifffahrt.

neu entdeckten Einbaum zeigte sich, dass die Zahl der erhalte- nen Objekte in Unterfranken erstaunlicherweise nicht gering ist und diese Wasserfahrzeuge im Vergleich miteinander bezüglich ihrer ursprünglichen Nutzung neue Deutungsmöglichkeiten zulassen. Mit Unterstützung des Arbeitskreises Industriekultur planen die Städtischen Sammlungen einen exakten Nachbau dieses Einbaums, dessen Schicksal aufgrund der katastrophalen Winterhochwasser zum Jahreswechsel 2002/2003 trotz aufwen- digster Sicherung bislang noch ungewiss ist.

Einbäume sind – wie der Name besagt – aus einem zurechtge- hauenen und mehr oder weniger ausgehöhlten Baumstamm gefertigt. Man bevorzugte in Süddeutschland als Material Eichen oder Tannen. Aus Texten ist ihre mittelalterliche Verwendung für den Fischfang, Personen- und Warentransport sowie als Schwimm- körper bei Fähren und als Sarg zu belegen. Die besondere Bau- weise, dicker mit Wasser vollgesogener Boden und dünnere teils getrocknete und deshalb leichtere Seiten, ergeben einen tieflie- genden Schwerpunkt. Ihr über Jahrtausende kaum verändertes Aussehen macht eine Datierung nach äußerlichen Kriterien schwierig. Sibylle Bauer unterscheidet zwei verschiedene Typen. Eine ältere Form, die im Querschnitt und in der Aufsicht noch den ausgehöhlten Baum erkennen lässt, und eine jüngere, mit einer starken Überarbeitung des Baumstamms sowie zumeist gerade ______40 ______

abgeschrägten Wänden. Sie bieten im Vergleich zum älteren Typus eine größere Stabilität, sind aber auch anfälliger. Beide Formen kommen außerdem parallel vor.10 Einbäume sind in Mit- teleuropa in einer Länge von über 13 m nachgewiesen worden, beispielsweise jener von der Roseninsel im Starnberger See, und bis auf eine Meereshöhe von 2000 m, wie im Falle des Fundes vom Osttiroler Obersee.11

Eine sichere Datierung erlaubt letztendlich nur die sog. C-14- Methode bzw. Radiokarbondatierung, sowie die Dendrochronolo- gie, auf die weiter unten noch eingegangen wird. Trotz der weltweiten Verbreitung von Einbäumen gibt es erstaunlich wenig Literatur über diese interessanten Wasserfahrzeuge. Einen wissenschaftlichen Katalog über die dokumentierten Einbäume in Mitteleuropa hat der Schweizer Archäologe Béat Arnold 1995 erstellt.12 Bei den aufgefundenen Objekten in Bayern handelt es sich in aller Regel um sog. „Zufallsfunde“, d. h. von Tauchern im freigespülten Seeboden entdeckte oder bei Tauchgängen aufge- spürte, in den Mainsedimenten steckende Einbäume. Als bislang ältester Fund in Bayern gilt der 1989 geborgene Einbaum von der Roseninsel im Starnberger See, der um 900 v. Chr. datiert (Ur- nenfelderzeit).13

Urtümliche Wasser- Seit den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts bis heute wurden fahrzeuge aus einige urtümliche Wasserfahrzeuge zwischen Schweinfurt und Unterfranken im Main aufgefunden.

Im Oktober 2001 hatte Joachim Tröster, Schweinfurt, bei einem Tauchgang in bzw. an der linksseitigen Uferbebauung des Mains am sog. II. Wehr – gegenüber der Peterstirn – einen trotz seiner langen Lagerung im Wasser gut erhaltenen Einbaum aus Eiche (L 350,45 cm, H 40,10 cm, B 48,04 cm) entdeckt, der seiner Form nach – der Baumstamm ist deutlich zu erkennen – dem „älteren“ Typus entspricht.14 Ob der Fundort genau gegenüber der ehemali- gen Markgrafenburg tatsächlich der ursprüngliche Standort ist, kann nicht beantwortet werden. Da nach dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz sowohl der Finder als auch der Besitzer des Fundortes zu gleichen Teilen Eigner des Fundes sind, teilen sich jetzt die Stadt Schweinfurt (Joachim Tröster hat großzügiger- weise seine Anteilsrechte an die Städtischen Sammlungen übertragen) und das Wasser- und Schifffahrtsamt Schweinfurt, ______41 ______

Schweinfurt, Wasserwacht Einbaum M 1:10

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als Eigner des Mains, die Eigentumsrechte. (Abb. 3) Das Bayer- ische Landesamt für Denkmalpflege in Thierhaupten, Labor für Dendroarchäologie, ermöglichte die Datierung des Einbaums mittels der Analyse von mehreren Bohrkernen auf das Jahr 1207.

Bei einer dendrochronologischen Untersuchung vergleicht man die Wachstumsringe verschiedener Bäume gleicher Art, die unter ähnlichen klimatischen Bedingungen und in der selben Region aufgewachsen sind. Man stützt sich dabei auf die Tatsache, dass bekanntlich jeder Baum einen bestimmten Jahresring ausbildet, der sich in Form und Breite von anderen unterscheidet. Äußerst erfolgreich erweist sich diese wissenschaftliche Methode bei der Datierung von Eichenholz aufgrund der vielen erhaltenen Exem- plare, da wir für Mitteleuropa auf eine nahezu lückenlose Doku- mentierung des Eichenwachstums bis in die Mittlere Steinzeit (8000 v. Chr.) zurückgreifen können. Die abgenommenen Maße der Ringe (je mehr desto besser) werden grafisch auf Papier bzw. in den Computer übertragen und zu einem Kurvenverlauf verbun- den. Dieser wird mit der Standartkurve für Süddeutschland nach Becker bzw. der bayerischen Eichenchronologie verglichen. Die Stelle, wo sich die Kurve der Jahresringe des untersuchten Bohr- kerns und die Standartkurven zur Deckung bringen lassen, fixiert das Fälldatum des Einbaums. Grundvoraussetzung für diese Ana- lyse sind jedoch mindestens 30-50 erhaltene Jahresringe. Der Schweinfurter Fund hat davon noch 267; die Waldkante, d.h. die Baumrinde ist an manchen Stellen vorhanden.

Bereits seit über 60 Jahren bewahren die Städtischen Sammlun- gen den im Heimatgeschichtlichen Museum Altes Gymnasium ausgestellten, unvollständigen Einbaum aus Eichenholz, (L 600 cm, B um 40 cm, H nicht mehr feststellbar) der 1938 in der Bucht Bild 3 (S. 42): von Schonungen aufgefunden und von Dirk Rosenstock 1992 Archäologische eingehend gewürdigt wurde.15 Er konnte mittels Dendrochronolo- Dokumentation durch gie und der 81 erhaltenen Jahresringe auf ein ungefähres Fäll- Franz Herzig BLfD, datum von 80 n. Chr. bzw. in die ältere römische Kaiserzeit datiert Thierhaupten, April werden. 2002. Umzeichnung des Einbaums mit Ebenfalls aus Mainsedimenten stammte der 1990 in einer Sand- Querschnitten, grube bei Astheim an der Volkacher Mainschleife von Karl Schnei- Aufsicht und der entdeckte und dokumentierte Rest eines Einbaums aus Tanne Seitenansicht. (L 290 cm, B 45 cm, H Wände 25 cm), der nach Sybille Bauer ______43 ______

bezüglich des Aussehens und des Materials zu den jüngeren Varianten gehört.16 Erst in den vergangenen Wochen haben wir Kenntnis von zwei Einbaumteilen aus dem Schleusenbereich von Dettelbach bekommen, die 1960 ausgebaggert wurden.17 Ein findiger Holzspezialist hat diese unterschiedlichen Fragmente aus Nadelweichholz geschickt auf einem Brett zusammengesetzt (L 125 cm, B 40 cm, H 25 cm sowie L 170 cm, B 38 cm, H 25 cm). Ihr Alter ist bislang noch nicht erforscht, nach Aussage von Karl Schneider datieren sie ins Mittelalter.

Neugierig stimmen auch mehrere Funde aus der näheren Umgebung von Schweinfurt. Bereits in den Jahren 1980-83 kamen bei Baggerarbeiten circa 20 unterschiedlich große Eichenfundstücke in Sandsedimenten mainaufwärts knapp hinter Obereisenheim zu Tage, die in der Archäologischen Staatssamm- lung in München von Hermann Dannheimer untersucht wurden.18 Der Archäologe hat einen Teil dieser sehr schmalen „Einbäume“ (23-36 cm) als Schwimmkörper einer Fähre interpretiert. Lediglich zwei Stücke weisen eine Breite von 52 cm auf und können somit tatsächlich als Boote angesprochen werden. In diesem Zusam- menhang sind auch drei „Einbäume“ aus dem Depot der Städti- schen Sammlungen von Interesse. (Abb. 4) Sie bestehen aus Na- delholz (L 340 cm, B 29 cm, H max. 22 cm; L 343 cm, B 32 cm, H 22 cm; L 366 cm, B 28 cm, H 20 cm) und sind in einem guten bzw. sehr guten Erhaltungszustand. Eine Altersbestimmung steht noch aus.

Bild 4: Weitere „Einbäume“ aus dem Besitz der Städtischen Sammlungen Schweinfurt. ______44 ______

Beim Vergleich aller bislang beschriebenen Einbäume, mit Aus- nahme des Schonunger Fundes, fällt trotz der unterschiedlichen Datierungen eine erstaunliche Gemeinsamkeit auf: Im abge- schrägten Bug- oder Heckverlauf befinden sich gleichmäßig verlaufende Bohrungen abweichender Anzahl, die bis an die Außenseite der Wand getrieben sind (Abb. 5). Bei einem haben sich zusätzlich zwei Holzzapfen erhalten, die exakt in diese Öffnungen passen. Zwei in den Maßen fast identische Objekte in den Städtischen Sammlungen (siehe Abb. S. 44) haben zusätz- lich an den Seiten knapp unter der Oberkante der Bootswand jeweils in nahezu gleichen Abständen drei bzw. vier Löcher. Diese Bohrungen deuten meines Erachtens darauf hin, dass diese „Einbäume“ mit Seilen als Schwimmkörper sozusagen im Verbund zusammengezurrt wurden. Schon in vorchristlicher Zeit hat man einzelne Stämme von Floßfähren wie Einbäume ausgehöhlt und mit einem Holzbohlenbelag abgedeckt.19

Bei der ersten Untersuchung des Schweinfurter Fundes von 1207 im April 2002 äußerte der Archäologe Franz Herzig die Möglich-

Bild 5: Detail mit schräg angelegten Bohrungen im Bereich Bug- bzw. Heckzone eines Schwimmkörpers aus den Städtischen Sammlungen ______45 ______

keit, dass dieser relativ schmale Einbaum mit „baugleichen Einbaumschwestern“ verbunden wurde und nun umfunktioniert als „Schwimmer“ für eine „Fähre“ genutzt werden konnte. Meiner Ansicht nach ist aber bei den Einbäumen mit etwas größeren Breite von 45-50 cm, in denen eine Person Platz hatte, ein Einsatz zum Fischfang durchaus denkbar. Thomas Reitmeier stellt im Zusammenhang mit dieser Tradition auf den österreichi- schen Seen fest, dass sich Einbäume hervorragend für das Fischen mit großen Zugnetzen eignen.20 Es liegt also die Vermu- tung nahe, dass diese Zugnetze durch Seile in den Bohrungen befestigt worden sind. Dies gilt es durch weitere Recherchen zu prüfen. Im Rahmen der Begleitveranstaltungen für das Projekt „Das Mittelalter in Schweinfurt – 1003 bis 1554 “ werden die mittelalterlichen Einbäume bzw. Pontons aus Unterfranken in der Vorhalle des Alten Rathauses ausgestellt.

Anmerkungen 1 Kat. d. Ausst. „Schweinfurt. Bilder einer Stadt in der Druckgraphik vom 16. bis 19. Jahrhundert“, bearb. von Erich Schneider und Andrea Brandl, Schweinfurter Museumsschriften 39/1991, Schweinfurt 1991, Kat. Nr. 2. 2 Dirk Rosenstock, Frühgeschichte der Stadt Schweinfurt, Schweinfurter Museumsschriften 49/1992, Erich Schneider (Hg.), Schweinfurt 1992, S. 74ff. 3 Erste Erwähnung der Zunft 1446, als die Fischer an einem Aufruhr gegen den alten Stadtrat teilnahmen. Anton Oeller, Das Schweinfurter Fischer- und Schifferhandwerk, in: Mainfränkische Hefte, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. (Hg.), Heft 28 1957, S. 39. 4 Oeller, 1957, S. 5 und Rosenstock, 1992, S. 74/75. 5 Oeller, 1957, S. 11. 6 Oeller, 1957, S. 7 und 31. 7 Johann Georg Hahn, Chronik der Stadt Schweinfurt aus verschiedenen Handschriften zusammengetragen von Johann Georg Hahn, 2. Teil, Schweinfurt 1818, S. 292: „Am nämlichen Tage [18. Mai 1575] fingen die hiesigen Fischer im Main, oberhalb der Stadt bey Untereuerheim, einen Stoer, der 9 Stadtwerkschuh lang uns 1 ¾ Elle dick war und 157 ½ Pfund wog. Er wurde sogleich dem Bischofe Julius, der sich damals in Waldaschach aufhielte, verehret. Das Bildnis dieses Fisches war auf dem hiesigen Rathhause im untern Saale zu sehen; allein in neuerer Zeit wurde es überweißet.“ Der Bischof ließ den Stör auch für die Küche auf Schloss Aschach abmalen. Sowie S. 319: „Im äusseren Maine wurde am 1. Junius [1593] wieder ein Stoer gefangen, welcher 170 Pfund an Gewicht hatte, der also 12 ½ Pfund schwerer war, als der im Jahr 1575 gefangene. Auch dieser war ehemals im untern Rathssaale abgemalet, aber mit dem vorigen wurde er überweißet.“ 8 Von rund 20 aus bayerischen Seen bekannten Einbäumen stammen mehr als die Hälfte aus dem Starnberger See; aus dem baden-würrtembergischen Federsee sogar 25. Sybille Bauer, Wasserfahrzeuge aus Bayerns Vorzeit, in: Das archäologische Jahr in Bayern 1991, Bayerisches Landesamt für ______46 ______

Denkmalpflege und Gesellschaft für Archäologie in Bayern (Hg.), Stuttgart 1991, S. 80-82. Herbert Schmied, Von Einbäumen des Starnberger Sees und vom Fischfang mit ihnen, in: Vom Einbaum zum Dampfschiff, Jahrbuch des Fördervereins Südbayerisches Schiffahrtsmuseum Starnberg (Hg.), Starn- berg 1981, S. 31-43. 9 Schmied, 1981, S. 32 10 Lexikon des Mittelalters, Band 3, München und Zürich 1986, Spalte 1730/ 1731. Detlev Ellmers, Binnenschiffahrt im Mittelalter, in: Europäische Technik im Mittelalter 800-1200 Tradition und Innovation, Uta Lindren (Hg.), Berlin 1996, S. 337ff. Bauer, 1991, S. 80. 11 Bauer, 1991, S. 82. Thomas Reitmeier, Ein mittelalterlicher Einbaum, in: triton newsline vom 24.4.2003, S. 10-13. 12 Béat Arnold, Pirogues monoxyles d´Europe centrale. Construction, typologie, évolution, Archéologie neuchâteloise, Neuchâtel 1995. 13 H. Beer, Unterwasserarchäologische Ausgrabungen und Bergung eines prähistorischen Einbaums aus der Flachwasserzone der Roseninsel, in: Das archäologische Jahr in Bayern 1989, Bayerisches Landesamt für Denkmal- pflege und Gesellschaft für Archäologie in Bayern (Hg.), Stuttgart 1989, S. 84-87. 14 Die Städtischen Sammlungen danken in erster Linie Joachim Tröster, Schweinfurt, und seinem Team von der Wasserwacht OG Schweinfurt für sein großes Engagement und seine Bereitschaft, seine Besitzansprüche an dem archäologischen Fund der Stadt Schweinfurt zu übertragen. Herzlicher Dank gilt Karl Schneider, , ehem. Restaurator des Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Außenstelle Würzburg, für die vielen Hinweise und den allseits gewährten Rat. Zu danken ist für die Unterstüt- zung bei den Recherchen Dr. Michael Hoppe und Dr. Stefan Gerlach, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Außenstelle Würzburg, sowie Franz Herzig, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Außenstelle Thierhaupten, der die archäologische Dokumentation des Schweinfurter Einbaums vornahm und uns jederzeit mit fachlichem Rat zur Seite stand. 15 Rosenstock, 1992, S. 76-78. 16 Bauer, 1991, S. 81. Um die Wende des 15. Jahrhunderts datiert. 17 Freundliche Mitteilung von Karl Schneider, Volkach. 18 Freundliche Mitteilung von Dr. Michael Hoppe, der mir dankenswerterweise auch Einsicht in die Ortsakten ermöglichte. Hermann Dannheimer datiert die Funde in einem Brief vom 11.4.1983 überwiegend in die Zeit um 1200-1300 n. Chr., lediglich ein kleines Bruchstück soll aus der Zeit um 1600-1400 v. Chr. stammen. 19 Ellmers, 1996, S. 341 20 Reitmeier, 2003, S. 13.

Fotos Joachim Tröster, Andrea Brandl, Städt. Sammlungen

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Ernst Petersen Von einem „bescheydin manne Fritzen Smide, eyme burger zu Swinfurt“ Vita des Schweinfurter Finanziers im 14. Jahrhundert

Gerade in Zeiten wie diesen wird in nicht wenigen Reden die ehemalige Wirtschaftskraft Schweinfurts1 gerühmt. Ins Blickfeld geraten dabei v.a. die Leistungen der Groß-Industrie, die nicht nur der Bevölkerung von Stadt und Umgebung seit 150 Jahren Arbeitsplätze und Einkommen sichern, sondern auch vermögen- de Familien hervorgebracht haben. Doch auch in früheren Jahrhunderten bewirkten die Strukturen einer Stadt als Handels- und Gewerbesiedlung, dass immer wieder Bürger Schweinfurts einen enormen Reichtum anhäufen konnten. In der Zeit der Gegenreformation brachten Glaubens- flüchtlinge aus den Hochstiften Würzburg, Fulda und Bamberg nicht nur ihren evangelischen Glauben mit nach Schweinfurt, sondern auch hochwillkommenes Kapital, mit dem sich die Reichsstadt nach dem Stadtverderben konsolidieren konnte. So soll z.B. der Exulant Balthasar Rüffer d.Ä. (1534–1599), der mit „Wein, Wolle, Zwilch und Dörrfleisch“2 handelte und im Familien- wappen drei Geldsäcke führte, bei seinem Tode die ungewöhn- lich hohe Summe von 300.000 Talern Erbe hinterlassen haben.3 Wird besagter Großhändler B. Rüffer von Max Ludwig als „Finanzgenie“ bezeichnet,4 so trifft diese Beschreibung auf einen Schweinfurter des 14. Jahrhunderts in noch größerem und genauerem Sinne zu: Fritz Schmitt.5 Erich Saffert weist ihm in seiner „Wirtschaftsgeschichte“ die Funktion „Bankier großen Stils“6 zu. Dies ruft die Assoziation zu den Augsburger Patrizier- familien „Fugger“ oder „Welser“ hervor und weckt Interesse an der Geschichte dieses kaum bekannten Mannes. Obwohl die Quellenlage zur mittelalterlichen Geschichte Schweinfurts relativ dünn ist, können aufgrund der Urkunden die Vita Fritz Schmitts und die Schwerpunkte seines Wirkens nachgezeichnet werden.7

Die Eltern Das Geburtsjahr Fritz Schmitts ist nicht bekannt. Die älteste – in lateinischer Sprache abgefasste – Urkunde, die seinen Namen erwähnt, stammt aus dem Jahr 1330.8 In Vollzug eines Kaufver- ______48 ______

trages übergibt das Ehepaar Heinrich und Kunigunde Schmitt vor dem Schweinfurter Schultheißen Haus, Äcker und Weingärten an Heinrichs Mutter, die ebenfalls Kunigunde hieß und den Beina- men „Weiße Schmiedin“ („dicte Wissesmiden“) führte. Sie war zu dieser Zeit wohl schon Witwe. In Erbnachfolge sollte der Besitz an den Bruder Heinrichs, Fritzchen („Fritzelinum“) gelangen. Fritz Schmitt war damals also noch jung an Jahren, im Kindesalter, ein Nachzügler, etwa um 1316 wird sein Geburtsjahr anzusetzen sein. Bei seinem Vater handelt es sich um Heinrich Schmitt, der in den Gült- und Zinsbüchern des Deutschordenshauses zu Schweinfurt 1313 einige Male als „der Wize Smiet“ (Zeile 91 und 206f und 364), „Wize der Smit“ (Zeile 258, vorher als Korrektur „der wize smit“), latinisiert „Henricus Albus faber“ (Zeile 205 und 209, Zusatz) genannt ist.9 Heinrich Schmitt hat laut den Eintragungen Besitz in der Hil- persdörfer Flur („Hildbuldesdor“), die zwischen der Bellevue und dem Marienbach anzusiedeln ist, in der Neustadt („Nuwenstat“), in der Altstadt („altem [!] stat“) bei der Peterstirn und in der „Rodehube zu Hildbuldesdor“. Als mit 10 Schilling Pfennige gültpflichtiger Besitz Heinrich Schmitts wird in Zeile 88f. eine Hube (= Ackerland von 60 Morgen) an der Hohenleite (=Galgen- leite) festgehalten: „Wir haben auch zwa hube ander Hohenliten, die geltent zehen schillinge phennige …“. Nach Zeile 205 muss Heinrich Schmitt durch den Besitz der „Winschroters Hube“ 2 Malter Korn und 1 Malter Hafer und aufgrund der später – nach 1313 – erworbenen Hube, die einst dem Sohn des Schultheißen Rucker gehörte, 4 Malter Korn entrichten. „Des Winschroters halbe hube davon git der Wize Smiet zwei malder cornes und ein malder haberen; er git auch vier malder cornes von hern Rukers des Schultheizen hube (Albus faber habet).“ Zum dritten besaß er nach 1313 auch „Des Durren halbe hube, davon git Heinrich hern Rukers snn zwei malder cornes und einez habern. / (Henricus Albus faber modo habet.)“ (Zeile 202-205). Die Rodehube erbrachte dem Deutschen Orden acht schillinge (Z. 365) und eine halbe Hube in der Altstadt vier Schillinge (Z. 258). Weitere Besitzungen der Eltern Fritz Schmitts werden in der letztwilligen Verfügung der Mutter Kunigunde, der „Wisze Smidin“, aus dem Jahr 1336 nur am Rande und nicht vollständig er- wähnt.10 So hat sie ihrem Sohn Heinrich, „Henzen“, „nvn vnd zvenzig eygen eckere in dem Bvchental“ gegeben. Wichtiger aber ______49 ______

Flurkarte aus: Müller, Gültbuch des Deutschen Ordens

ist, dass Fritz als ihr Haupterbe eingesetzt wurde. Ihr gesamter Besitz – mit Ausnahme der Äcker im Buchental – sollte auf ihn übergehen. Ja, sein Bruder Heinrich durfte den Ertrag der Äcker nur selbst nutzen („also das er di sal nissen vnd haben alleyne zv sime liebe vnd nicht lenger, er en habe dan kinder mit siner wirtin …“), nach seinem Tode gingen sie an seine Kinder; wenn er aber kinderlos bleiben würde, was wohl eingetreten ist, dann fällt sein Besitz wieder in die Hand Fritzens. Um dies zu gewährleisten, durfte Heinrich Schmitt weder Äcker noch den Ertrag verkaufen oder versetzen („Es en sal avch Henze Smit noch en mag di eckere noch den nvtz der eckere vir kavfen noch vir setzen noch sin lib gedinge da ran …“). Gleichzeitig musste Heinrich Schmitt seinem Bruder am Martinstag und an Fassnacht 10 schillinge Heller Gültzins bzw. zwei Hühner bezahlen. Durchaus im religiösen Sprach- und Denkhorizont der Zeit hofft sie, dass mit ihrer Gabe das Tun ihres Sohnes zum Nutzen ihrer Seele sei („…zv eyner luterlichen gabe, also das er da von tvn solde irre sele nvtz als in got gemante vnd gewiste.“).

Erste wirtschaft- Im Februar, am Valentintag eben dieses Jahres, wird Fritz das liche Aktivitäten erste Mal urkundlich selbständig aktiv. Für ein Haus am Markt- platz, das neben dem Gebäude des Schultheißen Apel Rucker sich befindet, und für Güter bei Grettstadt werden vom Vormund zweier Kinder des Kunen von Arnshausen Zins- und Gültzahlun- gen an Fritz Schmitt niedergelegt.11 Am Walpurgis- und am ______50 ______

Martinstag sind je zur Hälfte Geldzahlungen fällig, an Fassnacht zwei Hühner und an Ostern ein Stück vom Lamm („lammesbvch“). Im Detail werden dabei auch Eventualitäten geregelt, inwieweit und innerhalb welcher Fristen die Gülten von den beiden Kindern zurückgekauft und abgelöst werden können. Im Zinsbuch des Deutschen Ordens von 1337 wird jetzt auch – nach der letztwilligen Verfügung Kunigunde Schmitts konsequen- terweise – Fritz Schmitt als zinspflichtiger Besitzer genannt. Aus den Zeilen 1189-1202 geht er als Eigner von Gründen im „Stechgersgrunde“, im „Rietenzagel“ und in der „Nebelgrube“, alle in der Neuen Stadt gelegen, hervor. Offenbar ist Fritz Schmitt sehr daran interessiert, sein Eigentum durch Zukäufe zu vermehren. Es gelingt ihm kurz vor Lichtmeß, am 8. Februar 1344, dem Deutschen Orden Gründstücke, für die er z.T. schon gültpflichtig war, „mit allen rechten, also wir [Deut- sche Orden] sie biz her gehabet haben“ für 16 Pfund Heller pro Morgen („vmme iden morgen wingarten sechzehen phunt heller“) abzukaufen.12 Als Flurbezeichnungen dieses Kaufs finden sich: steyngruben, Heynliten und Nebilgruben, die an dem Holtzapphel liegt. Der Komtur des Deutschen Hauses von Schweinfurt, Heinrich von Kylholtz, der im Einverständnis des Landkomturs von Franken, Orlen von Heydecke, handelt, bezeichnet den Käufer als „bescheydin manne Fritzen Smide, eyme burger zu Swinfurt“. Das Wort „bescheiden“ ist allerdings in Vertragstexten Standard darf keinesfalls als Charaktereigenschaft Schmitts missverstanden werden. Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass aufgrund des Quellenmaterials, das zum allergrößten Teil aus Rechtstexten besteht, kaum Hinweise auf die Persönlichkeit Fritz Schmitts gewonnen werden können. Denn diese Texte sind überpersonal, das heißt Eigenschaftswörter wie „bescheiden“, „ehrbar“ etc. sind der Funktion und nicht der Person gewidmet.

Die Familie Schon mit jungen Jahren muss Fritz Schmitt geheiratet haben. Denn bereits im Mai 1554, also noch kaum vierzigjährig, übergibt er mit Einverständnis seiner Gattin dem Sohn die Nutzung und Verwaltung mehrerer Güter.13 Dies scheint nur sinnvoll zu sein, wenn der bedachte Sohn bereits die Geschäftsfähigkeit innehatte. In jener Urkunde werden seine Ehefrau Hilde („Hilten“) und der – wohl einzige – Sohn („Heintzen“) namentlich erwähnt. Bei den in der Urkunde ebenfalls summarisch erwähnten Geschwistern ______51 ______

handelt es sich um mindestens zwei Schwestern, deren spätere Ehemänner mit ihrem Schwiegervater Fritz Schmitt geschäftlich zu tun haben. Die Tochter Katharina heiratete Franz Ebner aus Nürnberg, der wie sein Schwiegervater mit großen Summen handelte. Genannt wird ihr Name 1387 anlässlich einer Sicher- heitsüberschreibung durch die Familie Haberkorn.14 Eher privater Natur ist ein Brief Franz Ebners, indem er seinen „liben sweher Fritzen dem Smid“ bittet, zu seinem Hauskauf, für den 570 Gulden aufgebracht werden mussten, es seinem Bruder Albrecht und seinem Vetter Hermann Ebner gleichzutun und ebenfalls 50 fl. beizusteuern: „daz ir euvr tohter vnd mir zu stevr dar zu gebt, daz wir ez desto paz vergelten, wann wir ez on evr hilff vnd ander vnser gut freunt hilff niht wol vermugen.“15 Wenn wir später hören, dass im Jahr 1390 Franz Ebner vor Fritz Schmitt (7.000 fl.) der größte Gläubiger der Stadt Schweinfurt war, mutet diese Bitte ein wenig seltsam an. Nach den Annalen Sprengers lieh Ebner der Stadt 14.000 fl., die von 1390-95 in sechs Raten zurückgezahlt wurden.16 Die andere Tochter Grete war mit Betz Kutzelspurer verheiratet. Fritz Schmitt hatte mehrere Male geschäftlich mit ihm zu tun. Ein Beispiel: Betz hatte Schulden bei seinem Schwiegervater. Gleichzeitig hatte Betz dem Bischof von Würzburg eine größere Summe geliehen. Am 13. November 1379 tut Kutzelspurer öffentlich kund,17 dass sofort nach Eingang der Würzburger Schuld, die am nächsten Michaelstag fällig ist, Fritz Schmitt ausgezahlt wird. Offenbar aber waren sich die Vertragspartner aus Erfahrung im Klaren, dass die Tilgung des Bischofs wohl ausbleiben könnte. Denn Betz behält sich vor, dass der Termin dann hinfällig wäre. Nur im Todesfalle – „do Got lange vor sye“ – würde sofort bezahlt. In einem Schreiben an den Schweinfurter Stadtrat aus dem Jahr 1388 nennt Schmitt Räte namentlich, u.a.: „liber eydem Betz Kutzelspurer“ und als ersten in der Reihe: „Liber swoger Apel Guberstat“. Bei diesem Guberstat könnte es sich also um den Bruder seiner Ehefrau Hilde handeln, die dann ebenfalls eine geborene Guberstat wäre.18 Fritz Schmitts Sohn Heinz/Heinrich soll also die Güter seines Vaters verwalten. Frühzeitig tritt er in dessen Fußstapfen. Immer wieder werden beide in einem Atemzuge genannt. Vor allem in einer Streitsache, bei der es um einen Besitz in Rothenburg geht. Beide, namentlich wird übrigens meist auch Hilde Schmitt genannt – Gleichberechtigung im Mittelalter –, also muss man ______52 ______

Fritz Schmitt korrekt formulieren alle drei, werden wiederholt auch als Rothen- überläßt seinem burger Bürger bezeichnet. Und in einem Brief des Rothenburger Sohn Heinz Güter. Rats an den Schweinfurter heißt es ausdrücklich über die drei Schenkungsurkunde Schmitts: „Vnd sie haben noch hüt tages ir burgerrecht nit vom 7. Mai 1354 uffgesagt.“19 Das setzt voraus, dass die Schmitts auch dort Haus, (AvS, U 18) Grund und Boden besessen haben.20 Die oben abgebildete Urkunde beschreibt die „Schenkung auf Zeit“. Sein Sohn soll Nutz- und Nießrecht auf seinen Hof („houe- reyt“), der neben „Hermannes hof con Wypolteshusen“ liegt, haben. Zudem bezieht er verschiedene Gülten. Vertraglich wird fixiert, dass Heinz das Gut bewirtschaftet, die Hälfte des Ertrages aber seinen Eltern abgibt. Fritz Schmitt zieht sich also schon beizeiten aus der Landwirtschaft zurück, wohl um sich seinen Finanzgeschäften zu widmen. Gewiß aber war ihm das Risiko zu groß, sich so früh wichtiger Einnahmequellen zu entledigen. Daher wird ein Vorbehalt formuliert, der heutigen Söhnen nicht so schmecken würde. Jederzeit kann sich Fritz Schmitt wieder zum ______53 ______

alleinigen Besitzer erklären. Er hat die Gewalt, dies zu tun oder zu lassen: „Auch han ich, der vorgenant Fritze, den gewalt, zu welcher zit ich mich zu den guten wider zihen will, so sal mir min sun glicher wise also vor.“21 Ob dieser Fall eingetreten ist, wissen wir nicht. Heinz Schmitt jedenfalls ist als Mitglied des Zwölfer-Rates der Stadt Schweinfurt in der wichtigen Urkunde vom 21. April 1361, in der der Stadtrat die Ablösung der „Johanneischen (Henneberg- ischen) Pfandschuld“ verspricht, zu erkennen.22

Politische Karriere In der eben beschriebenen „Schenkungsurkunde“ vom 7. Mai 1354 nennt sich Fritz Schmitt „Schultheizze“ zu Swinfurt“. Wann er genau dieses Amt übernahm, ist nicht bekannt. Eindeutig aber ist es, dass politische Umstände ihm zu diesem Amt verhalfen. Als Freie Reichsstadt war Schweinfurt dem Kaiser untertan. Geldmangel bewog die Kaiser immer wieder, ihre Reichsstädte zu verpfänden. 1309 verpfändete Heinrich VII. die Stadt Schweinfurt an Berthold IV. (VII.) von Henneberg-Schleusingen. Um seine Interessen in der Reichsstadt zu wahren, v.a. gegenüber den Versuchen des Würzburger Bischofs, hatte der Pfandherr das Recht, einen Amtmann einzusetzen. Nach dem Tod seines Sohnes 1347 wurde die Pfandschaft der Stadt auf die zwei Erben je zur Hälfte aufgeteilt. Nun konnte es zwei Amtmänner oder Schultheißen in Schweinfurt geben. 1553 kam der eine Teil der Pfandschaft in die Hände des Grafen Eberhard von Württemberg, dessen Frau aus dem Hause Henneberg stammte. Der Württem- berger hatte kein Interesse am abgelegen Schweinfurt und veräußerte sein Erbe, das neben der Pfandschaft auch einige fränkische Besitzungen enthielt, im Dezember 1554 an den Würzburger Bischof Albrecht II. für 90.000 Gulden.23 Es wäre einleuchtend, dass bereits Eberhard von Württemberg Fritz Schmitt als Schultheißen einsetzte. Denn Fritz Schmitt hätte sich in der halboffiziösen „Schenkung“ vom Mai 54, immerhin war sie mit dem kleinen Stadtsiegel versehen worden, nicht voreilig als Schultheißen bezeichnet. Zum zweiten wird die Stadt Schweinfurt von Graf Eberhard angewiesen, die fällige „Notbete“ von 300 Pfund Heller an Fritz Schmitt auszuzahlen,24 der sie wohl dem Grafen vorgestreckt hatte. Hatte ihm dieses Finanzgeschäft den Aufstieg zu dem politischen Amt ermöglicht? Eine Urkunde über die Bestellung Schmitts ist aber nicht erhalten. Immerhhin bezeichnet, wie aus den beiden Urkunden von 1359 ______54 ______

zu sehen ist, Bischof Albrecht Fritz Schmitt als „unsern schulthei- se zu Schweinfuth“.25

Aufstieg zum Amt- Wie bereits erwähnt, kaufte Albrecht II. die Pfandschaft, um den mann Einflussbereich seines Bistums zu vergrößern. Albrecht aber hatte offenbar chronischen Geldmangel. Lorenz Fries schreibt in seiner Würzburger Chronik über den 52. Bischof summarisch: „Bischof Albrecht stürzt das Stift Würzburg in eine große Schul- denlast und wird deshalb beim Pabste verklagt.“ Geld beschaffte er sich „durch Verpfändung und Verkauf von Stiftsgütern und außerordentliche Steuerauflagen.“ Und Fries beklagt, „daß Albrecht seit Beginne seiner Regierung 25 ganze Aemter mit allen darin liegenden Schlössern, Städten und Ortschaften … belastet habe.“26 Einer dieser Käufer war Fritz Schmitt. Am 14. Februar 1359 erwirbt er für 3.000 Pfund Heller die von Würzburg erkauften Rechtstitel mit ihren Gülten, Gerichten, Vogteirechten „…zu Swinfurt, in der Altenstat, zu Gretstat, zu Gockskeim [!], zu Sendelfelt, zu Ranfelt, zu Hiltpersdorff, zu Rotershusen vnd zu Geltersheim …“ Gleichzeitig wird Fritz Schmitt und seinen Erben das „vogtampt „do selbs mit allen sinen nutzen, reht vnd geuellen gar vnd gentzlich…“ solange zuerkannt, bis das Bistum einen Wiederkauf tätigen würde. Das war sicherlich ein lohnender Kauf. Die regelmäßigen Einnahmen Schmitts aus den Zinszahlungen allein aus „landwe- runge“ sind auf 150 Pfund Heller – 1375 lässt sich Schmitt diese Bethzahlungen durch den Stadtrat bestätigen27 – zu taxieren, also schon 5% des Kaufpreises. Eine gute, sichere Verzinsung seines eingesetzten Kapitals. Vor allem wenn man bedenkt, dass zusätzliche Einnahmen zu erwarten waren. Die erhaltene Quittung der Stadt aus dem Jahr 1384 zeigt an, dass Schmitt insgesamt 400 Gulden in diesem Jahr erlöste.28 Nur ein paar Tage später, in Vollziehung der Abmachung im Kaufvertrag, zeigt Bischof Albrecht dem Stadtrat Schweinfurts an, dass er Fritz Schmitt das „vogt-ampt, dasz wir undt unser stifft von dem halben theil, den wir jetzt an Schweinfurth haben, Albrecht II. empfohlen und geliehen haben, empfehlen und verleihen an Bischof v. Würzburg diesen brief ...“. (aus: Fries, Würz- Bischof Gerhard, der Nachfolger Albrecht II bestätigte die burger Chronik) Amtmannschaft Schmitts 1378.29 ______55 ______

Als Amtmann oder Vogt hatte Schmitt jetzt auch verstärkt rechtliche Verfügungen zu treffen. Erhalten sind einige Petitionen an ihn in seiner Eigenschaft als „dem erbern wissen mann Fritzen Smide amptman zu Swinfurt“, „liber her voygt“.30 Der Ritter Apel Fuchs zu Breitbach hofiert ihn als „meinen besunders guten frunde“.31 Ein Schlaglicht auf das Verhältnis Juden-Christen wirft die Bitte eines Würzburger Kaplans namens Heinrich: „Ich bite uch von dez iuden wegen, von dem uch min herre von Wirtzburg geschriben hat, daz ir dem gnedig sit …“32

Es liegt in der Natur der Ausübung eines öffentlichen Amtes, dass es immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten kommt. Es fällt allerdings auf, dass Fritz Schmitt ungleich öfter beschuldigt wird, als dass er selbst um sein Recht kämpfen muss. Einige Beschwerden betreffen angebliche Übergriffe durch Schmitt. Der Deutsche Orden greift ihn an, weil er ihre Leute gefangen genommen habe, obwohl sie doch vor ihr Gericht gehörten.33 Schmitt verteidigt sich, in dem er vorbringt, dass er dies zusammen mit dem Reichsamtmann getan habe und außerdem der Deutsche Orden seinen Leuten gegenüber nicht anders gehandelt habe. Vielen andern Vorwürfen setzt er schlicht entgegen: „Des hat Fritze Smyt nicht getan.“34 Dieser Streit wird schließlich ein gutes Jahr später von Bischof Gerhard geschlich- tet. Dieser will seinen Amtmann dazu bringen, schriftlich in Mainz den Verzicht auf weiteren Streit zu erklären. In gleicher Weise würde es der Deutsche Orden tun.35 In einem Schreiben, vielleicht vor diesem Brief, es ist undatiert, erklärt Schmitt dem Bischof ziemlich schroff, dass er von einem Abkommen nichts wisse und solange er den Inhalt nicht kenne, werde er es nicht annehmen. Im Übrigen bestehe er auf seinen vom Bischof verbrieften Rechte.36 Ein zweiter Fall mag ein Schlaglicht auf das Gebaren Fritz Schmitts werfen. Ihm und Endres Truchszes wird ein Fehdebrief durch Fritz von Wenkheim ausgestellt. Dieser erklärt darin öffentlich die beiden zu seinen Feinden. Sie würden durch Dietrich Kuchenmeister den Landfrieden stören, der seine Leute mutwillig von der Arbeit und vom Broterwerb abhielte. „Wiszt, her Endres Truchszes vnd Friz Schmitt, vogt zu Swinfurt, daz Dyetrich Kuchenmeyster, daz der meyn arm lutt zu Swebheim von irm korn vnd von ir arbeyt treybt vnd tribt mutwillen myt myr vnd myt meyn armen lutten; dar umb wil ich seyn find seyn.“ ______56 ______

Der Bankier Den wichtigsten Teil seiner Schaffenskraft wandte Fritz Schmitt für seine Geldgeschäfte auf. Insgesamt 23 Originalurkunden sind allein dazu im Stadtarchiv Schweinfurt erhalten. Sie erstrecken sich auf den Zeitraum zwischen 1368-1389. So bittet z.B. der Johanniter-Komtur Weybrecht von Riden um eine Verlängerung eines Darlehens um ein Jahr,37 eine Bürgschaft für ein Darlehen an den Würzburger Domherrn Eberhard v. Sawnsheim, der Schmitt 1.000 Gulden schuldet, geht ein,38 die Brüder Hans und Peter v. Wenkheim stimmen einem Kaufvertrag ihres Vaters mit Fritz Schmitt über 700 Gulden zu,39 Peter und Bartholomäus Haberkorn verkaufen um 1.000 Gulden Gülte im Wert von 100 Gulden von ihren Gütern in Kissingen.40 1376 verbürgen sich zwei Bürger Hassfurts wegen einer Forderung Schmitts an ihre Stadt,41 mit Gerolzhofen soll ein Geschäft über 1.000 Gulden angebahnt werden,42 am 25. Februar 1380 wird eine Bürgschaft wegen einer Forderung an die Stadt Karlstadt ausgestellt,43 auch zum Bamber- ger Rat unterhält er geschäftliche Beziehungen.44 Nachdrückliche Auseinandersetzungen um sein Gut und Geld hat er nicht gescheut. Den Händel mit Rothenburger Bürgern zieht er trickreich in die Länge. Unter allen Umständen will er vermeiden, in Rothenburg vor Gericht erscheinen zu müssen. Den Schwein- furter Stadtrat bringt er mit Hinweis darauf, dass er Schweinfurter Bürger sei, und er niemanden – auch sich nicht – ausliefere,45 zunächst dazu, sich auf seine Seite zu schlagen. Erst ein Erlass Kaiser Karl IV. gebietet der Stadt, Fritz Schmitt, „sein hausfrow vnd iren son gen Rotenburg wider antworten sullet vff ein recht, vnd yn furbas in ewer stat nicht schuzet noch schirmet.“46 Ansonsten hätte der kaiserliche Amtmann Hartmut Fuchs die Pflicht, die Familie Schmitt an Leib und Gut anzugreifen. Die Sache scheint nun für die Schmitts gefährlich zu werden. Ein Diener des Bischofs Albrecht jedenfalls warnt Fritz Schmitt, „ich han vernumen, daz dy burger von Swinfurt min hern [den Bischof] lozzen versten, sie daz der keyser dir [n]icht zue wolle sprechen …“ und rät ihm, „daz du morgen ader biz suntag frue zue min hern von Wirtzburg ritest gein Wernek vnd mit im herin gein Wirtzburg ritest, biz daz du din dinge gar oben bestellest.“ Wurde alles „oben“ geregelt? Man kann es wohl annehmen.

Verlust der Amt- Im Jahre 1386 konnte der Schweinfurter Stadtrat dem Würzburger mannsschaft Bischof die Verpfändung ablösen. Wie schon erwähnt, trug die Familie Schmitt mit Darlehen dazu bei. Von Bischof Gerhard ______57 ______

fordert er die geschuldete Summe zurück, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass er „euch vnd ewer stift bewart vor grossem schaden.“ Gleichzeitig unterrichtet und mahnt er die Bürgen über seine Rückforderung.47 Damit erledigte sich aber auch das Vogt- amt für Fritz und seine Erben. Offenkundig war ihm aber jetzt, er muss schon 70jährig gewesen sein, dieses Amt und die damit verbundene Ehre nicht mehr wichtig. Denn nahtlos hätte er eine neue Amtsmannschaft übernehmen können. Der Ritter Friedrich Wolfskehl bot ihm nämlich an, in Amtmannsweise Stadt und Amt Weikershein zu übernehmen, unter der Bedingung, ihm dafür 6.000-8.000 Gulden zu leihen. Zusätzlich würde er 10% Zins zahlen.48 Überhaupt machte es in Franken wohl schnell die Runde, dass die an Fritz Schmitt zurückfließenden Gelder einen neuen Schuldner gebrauchen könnten. Und der Adel hatte immer Geldnot. Bischof Gerhard selbst hätte die Summe wohl gerne länger gehabt, auch der Burggraf von Nürnberg, Friedrich, unternimmt eine Anfrage.49 Wahrscheinlich ging ein Großteil des Geldes an die Stadt Schweinfurt. Möglich aber auch, dass unser Bankier damit ein „Geschäft“ mit dem Bamberger Stift einfädelte – Stein vermutet eben das Jahr 1386 –, das ihm den Vorwurf des „Wuchers“ einbrachte. In einer Bittschrift an Bischof Lamprecht von Bamberg – den er in Würz- burg sprechen wollte, aber nicht antraf – legt er dar, dass er für den Bischof und das Stift einen Kauf „getan“ hätte. Ein Erzprie- ster zu Würzburg, der Junker von Mospach, beschuldigt ihn, „esz sey wucher“. Spitzfindig verschmitzt bezweifelt Schmitt, dass ein Geschäft, das vom Stifte ausgehe, Wucher sein könne: „Nu hoff ich, ewer fursichtikeit sey so fursichtig vnd auch ewer stift sey so fursichtig vnd so gottlichen, daz sy ymand kein wucher verschreib oder versigl, dann ich ein redlichen kauf vmb euch vnd vmb ewer stift hon getan.“50

Die letzte Urkunde, sie datiert auf 1389, die Fritz Schmitt erwähnt, gilt wieder einem Streit, diesmal zwischen der Stadt Schweinfurt auf der einen Seite und mehreren Bürgern, darunter die gesamte Verwandtschaft Schmitts, Kutzelspurer und Ebner auf der anderen. Auf Vorschlag König Wenzels sollen Räte aus Weißenburg und Borsiboy von Swinar die Entscheidung fällen. Wir können nur hoffen, dass die Unstimmigkeit ein versöhnliches Ende gefunden hat. ______58 ______

Was bleibt? Im Studium der Akten wird man feststellen, dass der Sohn Fritzens, Heinz/Heinrich, zum letzten Mal 1377 genannt wird.51 Er muss vor 1379 verstorben sein. Denn ab 1379 fehlt er in der Aufzählung der Familie, auch wenn er unbedingt genannt werden müsste. Seine Ehefrau Hilde wird letztmalig 1384 genannt. In einer undatierten Urkunde betreffs des Zehnt zu Gressinghausen erwartet Apel von Tungfeld von Fritz Schmitt, dass „tu oder deine tehter“ sich nicht daran vergreifen.52 Wir können also davon ausgehen, dass die Gattin nicht mehr lebt und die nächsten Erben Schmitts seine beiden Töchter waren. Er selbst wird in den Annalen Sprengers zuletzt für das Jahr 1390 bezeugt, in Zusammenhang mit dem Schuldenstand der Stadt Schweinfurt. Ob er mit dem Grundstock, den er von seiner Mutter ererbte, zu ihrer Seele Nutz gehandelt hat? Ob es Gott gefallen hat, wie er mit dem Geld umgegangen ist? Er selbst verzichtet auf religiöse Formeln, die nicht nur dahingesagt waren, sondern sicher immer ernst gemeint waren. Er taucht nicht, wie die Witwe Esel und andere, im Zusammenhang mit Stiftungen auf, mit einer Ausnah- me: Bei der Stiftung der Frühmesse zu St. Johannis wird er unter den 125 Namen auch genannt: Sein – wohl städtisch festgeleger – Beitrag: „Fritze Smit achtzehen pfenninge von eime virteil…“53

Anmerkungen 1 Vgl. dazu den prägnanten Überblick von Erich Saffert: Aus der Wirtschafts- geschichte Schweinfurts (1954), abgedruckt in: Saffert, Erich: Studien zur Geschichte der Stadt Schweinfurt, hg. von Uwe Müller, Schweinfurt 1993, S. 47-73 2 Wilhelm Böhm: Die Freie Reichsstadt Schweinfurt und die evangelischen Glaubensflüchtlinge im Zeitalter der Gegenreformation, in: Streiflichter auf die Kirchengeschichte in Schweinfurt, hg. J. Strauß u. K. Petersen, Schweinfurt 1992, S. 103. 3 a.a.O., S. 104. 4 Max Ludwig: Zur Geschichte der Familie Rüffer, in: Archiv für Stadt und Bezirksamt Schweinfurt, Februar 1908, Nr. 2, S. 75 5 In den Urkunden finden sich verschiedene Schreibweisen seines Namens, meist „Smit“. Im Aufsatz wird die heute übliche verwendet. 6 Saffert, Wirtschaftsgeschichte, a.a.O., S. 49 7 Friedrich Stein hat in seiner Geschichte der Reichsstadt Schweinfurt, Schweinfurt 1900, die meisten Quellen, die er in den „Monumenta“ zusammengestellt hatte, verarbeitet. Nicht nur ansatzweise hat er wesentli- che Teile der Vita Fritz Schmitts nachgezeichnet. Vgl. Bd. 1, S. 178 ff. 8 Im folgenden werden alle Urkunden zitiert nach: Friedrich Stein (Hg.), Monumenta Suinfurtensia historica inde ab anno DCCXCI usque ad annum MDC …, (MSh), Schweinfurt 1875, hier: MSH Nr. 52 ______59 ______

9 Gült- und Zinsbüchern des Deutschordenshauses zu Schweinfurt aus den Jahren 1313 und 1337, hg. von Ludwig Müller, [Schweinfurt 1874], S. 43 und 47 10 MSh Nr. 63 11 MSh Nr. 62 12 MSh Nr. 69 13 MSh Nr. 83 ½ 14 MSh Nr. 121 VII.c 15 MSh Nr. 121 VIII. 16 Friedrich Stein, MSh , a.a.O., S. 325, 444 17 MSh Nr. 133 18 MSh Nr. 163. Siehe auch MSh Nr. 140 („… hot mir beczalt Becz kuczelspu- rer meyn eydem …“). Der Name seiner Tochter „Grete“ wird in MSh Nr. 133 genannt: „Ich Betz Kutzerlspurer, burger zu Swinfurt, Gret myn eliche wirtin“. 19 MSh Nr. 120 XIV. 20 MSh Nr. 121 III. a: Fritz, seine Frau und Heinz, „… ir beider sune, burgern zu Rotenburg …“ 21 MSh Nr. 83½ 22 MSh Nr. 97 23 vgl. dazu: Uwe Müller, Reichsstadt Schweinfurt, in: Unterfränkische Geschichte, Bd. 2, hg. Von P. Kolb u. e. Krenig, Würzburg 1992, S. 174ff. 24 MSh Nr. 84 25 MSh Nr. 92 b. und 93 (richtig 92a) 26 Lorenz Fries: Würzburger Chronik, Bd. 1, Geschichte, Namen, .... der Bischöfe von Würzburg …, Würzburg 1848, S. 511 27 MSh Nr. 127 28 MSh Nr. 140 29 MSh Nr. 131 30 MSh Nr. 93 I. und III. 31 MSh Nr. 93 IV. 32 MSh Nr. 93 II. 33 MSh Nr. 139 und 147 34 MSh Nr. 139 35 MSh Nr. 147 36 MSh Nr. 147 c 37 MSh Nr. 121 I. a 38 MSh Nr. 121 III. b 39 MSh Nr. 121 V. a 40 MSh Nr. 121 VII, a 41 MSh Nr. 130 I. 42 MSh Nr. 130 II. a 43 MSh Nr. 130 III. 44 MSh Nr. 130 IV. a 45 MSh Nr. 120 VII. 46 MSh Nr. 120 47 MSh Nr. 148 48 MSh Nr. 148 III. 49 MSh Nr. 148 I. und II. 50 MSh Nr. 149 51 MSh Nr. 130 II. b, vom 20.12.1377 52 MSh Nr. 130 V. 53 MSh Nr. 111 vom 13. April 1364 ______60 ______

Reinhold Jordan Neue Kunstmedaille der Numismatischen Gesellschaft Schweinfurt

Nachdem das Städtische Kulturamt wegen einiger „runder Erinnerungsjahre“ der früheren Reichsstadt 2003 zum „Jahr des Mittelalters“ erklärt hatte, zogen die Münzensammler mit und widmeten ihre „Kunstmedaille 2003“ diesem Thema.

Als Medailleur gewann man Professor Hermann Zobl aus Wien, der als Schöpfer moderner Medaillen und als Entwerfer diverser Münzen seit Jahrzehnten bereits vielfach hervorgetreten ist. Der Künstler erhielt – abgesehen vom Rahmenthema „Mittelalter“ – keine Vorgaben, wurde aber gebeten zu prüfen, ob sich nicht eine Adlerdarstellung im Hinblick auf das Wappentier der Stadt und eine Erwähnung der ausgebenden Gesellschaft unterbringen ließe.

Professor Zobl entschied sich für eine in Hammerprägung gefertigte Silbermedaille, die er vom Konzept über den Stempel- schnitt bis zur Ausprägung mit einem Sechs-Kilo-Hammer und der Nachbehandlung selbst herstellte. Die Motive wurden direkt negativ in den Münzstahl geschnitten. Dabei arbeitete der Künstler ohne detaillierte Entwurfszeichnung; die Stempelbilder von Vorder- und Rückseite gewannen erst im Verlauf der Arbeit ihre endgültige Gestalt. Durch die Form der Schrötlinge und die Art der Prägung gleicht keine Medaille exakt der anderen.

Die Vorderseite zeigt den Adler des CIVITAS-Denars aus der königlichen Münzstätte Schweinfurt, wie er von der Numismati- schen Gesellschaft seit deren Gründung als Emblem geführt wird. Was zunächst als brave Übernahme eines feststehenden Motivs erscheint, entpuppt sich auf den zweiten Blick als pfiffige Interpretation. Durch zweifache Wiederholung der Schwingen wird aus dem statischen Adlerbild ein fliegender Vogel, der problemlos im Sinne einer Aufwärts- und Weiterentwicklung der Stadt Schweinfurt und ihres Münzvereins interpretiert werden kann. Die Umschrift ist durch einen Perlkranz vom übrigen Vorderseitenbild abgetrennt und lautet NUMISMATISCHE GESELLSCHAFT SCHWEINFURT. Der gewählte Schrifttyp ist für Zobl-Medaillen typisch. Die Rückseitendarstellung orientiert sich an einem Reiterbraktea- ten der Thüringer Landgrafen Ludwig II. oder Ludwig III. Diese ______61 ______

Darstellung eines gewappneten Ritters macht auch für das mittelalterliche Schweinfurt Sinn, da hier die Reichsritter des Kantons, die stets auf ihre Unabhängigkeit von den mächtigen Territorialherrn bedacht sein mussten, Zusammenkünfte und Versammlungen abzuhalten pflegten. Der Künstler verstand es ausgezeichnet, sich während des Stempelschnitts in seinen „Kollegen“ aus dem Hochmittelalter hineinzuversetzen. Er berichtete dem Verfasser am Telefon, dass er dem mittelalterlichen Stempelschneider während der Arbeit regelrecht „im Geiste begegnet“ sei und vor ihm höchsten Respekt habe. Bei dieser Seite lohnt sich ein genaueres Hinsehen ganz beson- ders! Im Feld verstreut finden sich nämlich z.T. winzige Figuren- paare, die für alle möglichen Werte und Sachverhalte stehen. Beispielsweise erkennt der genaue Betrachter unter dem Pferd zwei aufeinander zustürmende Turnierreiter, die an die im spätmittelalterlichen Schweinfurt abgehaltenen Ritterturniere erinnern sollen. Zwischen den Vorderhufen erscheint die Künstler- signatur H. ZOBL.

Die Medaillen bestehen aus Silber, haben einen Durchmesser von etwa 38 mm und wiegen ungefähr 36g. Die Auflage ist auf 42 Exemplare limitiert. Die Numismatische Gesellschaft Schweinfurt gab als Nr. 37 ihrer Sonderhefte- Reihe eine Publikation über die hier vorgestellte Medaille heraus.

______62 ______Vereinsnachrichten – Studienfahrten Halbtagesfahrt KMD Gustav Gunsenheimer Fahrt zu historischen Orgeln Dienstag, Die Fahrt, die diesmal zu überraschenden Besonderheiten der 8. Juli 2003 Umgebung führt, macht zunächst Halt in der restaurierten Kirche von Schnackenwerth, in der eine Orgel noch mit einem Seufertor- gelprospekt zu finden ist. Nach der Kaffeepause in steht ein Besuch der Schlosskirche (Prospekt der ehem. Seufertorgel) mit einem kleinen Orgelkonzert auf dem Programm. Ein Blick in das Schloss und ein Spaziergang durch den Park erinnern an Balthasar Neumann (250. Geburtstag). Ausklang in Zeuzleben. Abfahrt: 14.30 Peter und Paul, 14.40 Theater Anmeldung ab Montag, 23. Juni, Schrotturm, 15-17 Uhr Halbtagesfahrt Edgar Lösch Bildstöcke und Kirchen im Grabfeldgau um Bad Königshofen Samstag, 26.07.2003 Herr Edgar Lösch führt uns zu künstlerisch wertvollen Bildstöcken besonders aus der Zeit der Renaissance und des Rokoko, die sich im Gebiet um Bad Königshofen in großer Zahl finden. Besichtigt werden Merkershausen, Ipthausen, Althausen, Gabolzhausen. Abfahrt: 13.30 Theater, 13.40 Uhr St. Peter und Paul Anmeldung ab Montag, 7. Juli, im Schrotturm (14.30 - 17.00 Uhr) Ganztagesfahrt Dr. Anton Hirsch Der nördliche Spessart Samstag, Das Ziel der diesjährigen Studienfahrt ist der Nordspessart, ein 20. September 2003 Übergangsland, in das sich die Herren von Thüngen, von Hutten und die Grafen von Rieneck schoben. Waldglashütten, die Spessarter Holz, Sand und Pottasche nutzten, festigten sich zu Dörfern, von denen als Fuhrmannsort besonders bedeutsam wurde. Die von Gemünden ins Kinzigtal führende „Birkenhainer Straße“ fand bei Gelnhausen den Anschluß an „des Reiches Straße“. In der Barbarossapfalz von Gelnhausen beginnen wir unsere Studien. Abfahrt: 8.30 Uhr Peter und Paul, 8.40 Theater Rückkehr: gegen 20.30 Uhr Halbtagesfahrt Otto Rau Zurück ins Mittelalter: Mainbernheim bei Kitzingen Samstag, 27.09.2003 Herr Otto Rau, Pädagoge und Heimatforscher, Kenner des südlichen Steigerwaldes, führt uns nach Mainbernheim mit ______63 ______

seinen 21 Türmen, mit Rathaus, Kirche und altem Friedhof (Freikanzel). Einen Schwerpunkt bildet die Besichtigung einer einzigartigen Sammlung von historischen Schießscheiben, die geschichtliche Ereignisse seit der Reichsgründung 1871 wider- spiegeln. Abfahrt St.Peter und Paul 14.00 Uhr, Theater 14.15 Uhr Anmeldung ab Montag, 8. 09. 2003, ab 14.30 Uhr im Schrotturm

______Personalia

Der Verein begrüßt Herrn Gerhard Treier, Richter am als neues Mitglied: Bundesgerichtshof i.R.

Der Verein gratuliert 90 Jahre Frau Maria Lindner zum Geburtstag: (April bis Juni) 85 Jahre Frau Sieglinde Kunz Herrn Otto Tröster

80 Jahre Frau Evamaria Saffert Frau Magda Walter

75 Jahre Herrn Fritz Baumbach Herrn Walter Popp Herrn Prof. Franz Rupprecht Herrn Franz Schnobrich, MB a.D. Herrn Konsul Guenter Schwanhäuser Herrn RA Erwin Weit

70 Jahre Herrn Pfr. Hans-Dietrich Schorn

65 Jahre Herrn Ulrich Beerstecher Herrn Walter Bötsch Herrn Helmut Lindwurm Herrn Georg Müller Frau Isolde Schäffner Frau Erika Spittler

Der Verein Frau Gerlinde Grimm trauert um: ______64 ______Nachtrag Nachtrag zu ML I/2003 Wilhelm Böhm „Erhart war sein vierter Name“ In o.a. Aufsatz wagte der Verfasser die Vermutung, dass der Schriftsteller Kästner seinen dreifachen Vornamen Hermann, Heinrich, Ludwig zu dem Künstlernamen „Erhart“ zusammenzog. Dies trifft nicht zu. Der Irrtum wurde durch die Tatsache verur- sacht, dass das „Anzeigenblatt“ 1904 der Stadt Schweinfurt (die Hauptquelle des Verfassers) in seinem Namenregister nur drei Vornamen des am 13. März 1904 geborenen Sohnes des Gymnasialprofessors Heinrich Friedrich Kästner anführt. Frau Wiltrud Wößner, Kennerin der Geschichte der Pfarrei St. Johannis, forschte in den Taufbüchern der Pfarrei und fand im Taufbuch Nr. 31, Nr. 68, folgenden Eintrag: „Hermann Heinrich Ludwig Erhart Kästner, 3. Kind 1. Sohn, geb. Sonntag, 13. März, vorm. 11 ½ Uhr. Vater. Heinrich Friedrich Kästner, Kgl. Gymnasial- professor dahier, unterer Wall 6, prot. ..“ Dieser vierte Taufname „Erhart“, den zu registrieren der städti- sche Angestellte die Lust verloren hatte, war der Rufname des jungen Erdenbürgers, kein „Künstlername“ also, sondern echter Taufname, der den Schriftsteller durch sein Leben begleitete. Dies bestätigt Frau Marina Arnold1, die das „Erhart Kästner Archiv“ der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel leitet. Die Bibliothek betreut Kästners literarischen Nachlass, den die in Staufen lebende Gattin des Autors, die Restauratorin Anita Kästner, der Herzog August Bibliothek vermachte, – dem Institut, an dem ihr Mann viele Jahre erfolgreich wirkte. Zur Anmerkung „Geburtsort Schweinfurt“: Frau Arnold weist darauf hin, dass Erhart Kästner selbst in einigen Dokumenten Augsburg als seinen Geburtsort nannte. Scheute der Ästhet den Klang des Namens seines wirklichen Geburtsortes: „Weinfurt“ mit dem scheußlichen „Zischler“ davor, wie bereits Friedrich Rückert klagend vermerkte? W.B.

Anmerkung 1 Brief Frau Marina Arnold an die „Schweinfurter Mainleite“ vom 25. März 2003 sowie mündliche Mitteilungen an den Verfasser.

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