Ein Neues ringt sich durch! Die Anfänge der in Recklinghausen 1946–1948

70. Ruhrfestspiele Recklinghausen Ein Neues ringt sich durch! Die Anfänge der Ruhrfestspiele in Recklinghausen 1946–1948 IMPRESSUM INHALT

Herausgeber Stadt Recklinghausen Einleitung: So fing es an – Ein Verwaltungsbeispiel 6

Auflage Ursache: Der Katastrophenwinter 1946/47 8 2.500

Verantwortlich für den Inhalt Anlass: Die Notlage Hamburgs und der Hamburger Theater 11 Matthias Kordes, Institut für Stadtgeschichte Recklinghausen Fürsprecher und Förderer: Max Brauer, Regierender Bürgermeister von 14 Fotografische Reproduktionen Anton Winter, Vorläufer und Vorbild: Die Volksbühnenbewegung und das „Neue Altona“ der 1920er Jahre 16 Institut für Stadtgeschichte Recklinghausen

Satz und Gestaltung Gründer und Gründungsmythos: Otto Burrmeisters Weg nach Recklinghausen (1946–1947) 19 Unica Design Auftakt als Wagnis: „Dankgastspiele“ 1947 21 Druck Rainbowprint Institutionalisierung: Hans Böckler und die Rolle des DGB (1947–1948) 23 © Stadt Recklinghausen, März 2016 www.recklinghausen.de Ruhrfestspiele: Sinn und Idee (1948) 29

Resümee: Ein Neues ringt sich durch! 31

Anmerkungen, Quellen und Literatur 34

4 70. Ruhrfestspiele Recklinghausen 5 Dieser Vorschlag fand nach einigen Überlegungen Zu- Einleitung stimmung, und es wurde nun die Verpflegungsfrage bespro- chen. Irgendjemand machte den Vorschlag, dass die Zeche So fing es an – Ein Verwaltungsbericht den Künstlern täglich einen Bergmanns-Eintopf liefern solle. Oberbürgermeister Bitter versprach, seine Beziehungen zu hiesigen Unternehmen auszunutzen, damit diese der Zeche dabei helfen sollten. Ferner wurde in Aussicht genommen, mit Hilfe der Bauernschaft usw. eine zusätzliche Brotration an die Im Frühjahr 1947 rief mich der damalige Oberbürgermeister, Staatstheater. Es wurde uns folgendes mitgeteilt: Im vergange- Künstler auszugeben. Das übrige sollten sie dann von ihren Herr Bitter, an und bat mich, weil Herr Oberstadtdirektor Dr. nen Winter habe die Zeche König Ludwig unter persönlichen Lebensmittelkarten bestreiten. Auf dieser Grundlage kam Hellermann gerade abwesend war, mit ihm zur Zeche König Opfern der Belegschaft den Hamburger Staatstheatern Koks verhältnismäßig schnell eine Einigung zustande, und in den Ludwig I/II zu fahren. Es bestehe die Möglichkeit, daß die geliefert. Die Lieferung dieses Kokses sei für die Hambur- folgenden Tagen zeigte sich dann, dass der Plan in jeder Be- Hamburger Theater in Recklinghausen aufträten. Die Zeche ger Theater eine Lebensfrage gewesen, weil bei Einstellung ziehung realisierbar war. Die finanzielle Frage machte in der allein könne des Problems aber nicht Herr werden, und es der Heizung nicht nur die Winterspielzeit ausgefallen wäre, damaligen RM-Zeit gar keine Schwierigkeiten. Es entstand ein sei zu überlegen, ob die Stadt dabei nicht helfen könne. Wir sondern es wären auch verschiedene wichtige Apparaturen, vermutliches Defizit von ca. 25 000 RM, das der Hamburger fuhren zur Zeche und trafen dort Herrn Direktor Dr. Hillen- die nicht einfrieren durften, zu Bruch gegangen, so daß der Staat großzügig deckte. hinrichs und einige andere Herren der Verwaltung und des Be- Theaterbetrieb auf unabsehbare Zeit hätte eingestellt werden triebsrats der Zeche sowie die Herren Otto Burrmeister, Mendt müssen. Es wurde nun alles in diesem Sinne vorbereitet, und die und Zotzmann als Vertreter der Künstler der Hamburger Aufführungen waren ein beispielloser Erfolg. Insbesondere Markt Recklinghausen, Südseite, 1947 Infolgedessen hätten die Hamburger als Dank für die aber erwies sich das Zusammenleben der Künstler in den Lieferung versprochen, im Sommer nach Recklinghausen zu Privatquartieren mit der hiesigen Bevölkerung als besonders kommen, um vor der Belegschaft der Zeche zu spielen. Dieses fruchtbar, es entstand eine wirklich schöne Atmosphäre, die Michaelis, Sohn des von Juli bis November 1917 am- Versprechen hätten die Staatstheater auch wahrgemacht und dem Hamburger Regierenden Bürgermeister Brauer sofort tierenden Reichskanzlers Georg Michaelis, hatte seine sich mit ihrem gesamten Ensemble – etwa 150 Personen – auffiel, als er für einen Tag in Recklinghausen erschien. Er ersten Jahre in Recklinghausen als Syndikus des Groß- angemeldet. Da erst sei sich die Zeche über den Umfang des spürte das Zukunftsträchtige heraus und gab dem in einer unternehmens Carl Still verbracht. Doch ab Sommer Angebots klargeworden und glaube nicht, der Sache organisa- Rede auf der Zeche König Ludwig 4/5 und abends nach der 1945 ist er zuständig für Wirtschaft, Wohnungs- und torisch gewachsen zu sein. Insbesondere sei die Unterbringung Aufführung bei einem Zusammensein im Cafe Wien sofort Versorgungswesen der Stadt Recklinghausen. Unbe- einer so großen Zahl von Menschen – man muß die damalige prägnanten Ausdruck. So rief er am Abend, die Veranstaltung schadet der Tatsache, dass Recklinghausen nur mäßige Notzeit berücksichtigen – der Zeche allein unmöglich. Es sei so schön gewesen, dass man nur wünschen könne, dass eine Kriegszerstörungen zu verkraften hat, steht Michaelis‘ wurde nun an Oberbürgermeister Bitter und mich die Frage Dauereinrichtung daraus werde. Es müssten Festspiele des Amtsführung somit für Ressorts, deren Management gerichtet, ob die Stadtverwaltung da helfen könne. Oberbür- Arbeiters, es müssten „Ruhrfestspiele“ werden.1 Substanz und Überleben einer deutschen Nachkriegs- germeister Bitter erklärte sich sofort grundsätzlich bereit und stadt mitbestimmen. schlug vor, die Aufführung im Städtischen Saalbau stattfinden Zitierter Bericht, der sich frei von Pathos und Sub- zu lassen. Ich machte den Vorschlag, daß die Stadt und die jektivität persönlicher Augenzeugen-Erinnerungen hält, Michaelis‘ Anspielung auf Versorgungsengpässe und Zeche die Sache gemeinsam, und zwar halbpart, aufziehen trägt Züge einer nüchternen Sachverhaltsdarstellung im organisatorische Hürden bei der Bewirtung und Be- sollten. Wenn die Stadt für die sonstige städtische Bevölkerung Aktenstil. Er stammt von Dr. jur. Wilhelm Michaelis, herbergung der Hamburger Delegation wirft daher ein etwa die Hälfte der Plätze bekomme, so könne man durch die dem 1946 von der britischen Militärregierung ernannten Licht auf die Lebenssachverhalte der deutschen Zusam- Hergabe von Eintrittskarten genügend Bürger dazu bringen, 2. kommissarischen Bürgermeister und Ersten Beigeord- menbruchgesellschaft, innerhalb welcher die neuartigen Silhouette des Steinkohlenbergwerks König Ludwig, um 1950 die Mitglieder des Ensembles in Privatquartiere aufzunehmen. neten der Stadt Recklinghausen. Ruhrfestspiele entstehen werden.

6 70. Ruhrfestspiele Recklinghausen 7 Die wirtschaftlichen, sozialen und materiellen Lebens- ohne Raum – so das verheerende Schlagwort nationalso- Ursache umstände erreichen im besiegten, zerstörten und besetz- zialistischer Expansionspolitik – ist 1945/46 jedenfalls ten Deutschland, aber nicht nur dort, im Winter 1946/47 eine besiegte und weithin geächtete Nation ohne aus- Der Katastrophenwinter 1946/47 ihren absoluten Tiefpunkt. Die Gründe dafür sind viel- reichenden Wohnraum geworden, die zwischen Rhein fältig, sie kulminieren in einem meteorologischen Jahr- und Oder/Neiße ca. drei Millionen zurückkehrende hundertwinter, der die ohnehin prekären Nachkriegsver- Kriegsgefangene und zusätzlich sechs Millionen Flücht- hältnisse in Deutschland und Europa auf das Äußerste linge und Vertriebene aus den abgetrennten Ostgebieten belastet. aufnehmen muss.

Die historische Bühne, die den späteren Ruhrfestspie- Unzählige Menschen leben in notdürftig regenfest len bereitet wird, entspricht somit einer ausgehungerten, gemachten Ruinen und Baracken, in Kellerlöchern oder steifgefrorenen Ruinenlandschaft. Diese trägt apokalyp- in sog. Wellblechhütten, landläufig benannt nach ihrem tische und lebensbedrohliche Züge, die Daseinsbewäl- „Erfinder“, dem kanadischen Militär-Ingenieur Peter tigung von Millionen Menschen steht am Abgrund. In- Norman Nissen. Das besitz- und obdachlose Subsis- ternationale Quellen sprechen vom kältesten Winter seit tenzdasein von Millionen Flüchtlingen, Vertriebenen, Beginn der Wetteraufzeichnungen, das zertrümmerte entlassenen Kriegsgefangenen, Kriegsversehrten, Aus- Europa hat, kaum dass es dem sechsjährigen Kriegsin- gebombten, Trümmerfrauen und anderen Kriegsopfern ferno entkommen ist, eine weitere kontinentale Katastro- bestimmen somit die Verhältnisse in Deutschland. phe zu bewältigen. Wiewohl noch im Oktober 1945 das United States Doch zunächst zu den menschengemachten Fakto- Strategic Bombing Survey mit gewissem Erstaunen feststel- ren: Ein Drittel des gesamten Wohnungsbestandes in len muss, dass das moderne und hocheffektive deutsche Deutschland ist zerstört, in den Großstädten und in- Industriepotenzial durch die Wirkungen des strategi- dustriellen Ballungsräumen liegen, hervorgerufen durch schen Luftkrieges allenfalls zu einem Fünftel zerstört das flächendeckende Zerstörungswerk der alliierten worden war, lag in der britischen Zone die industrielle Luftkrieges, die Werte sogar bei 50-60 Prozent, örtlich Produktion 1946 allenfalls zwischen 30 und 40 Prozent auch darüber. Der Gebäudebestand von Dortmund und der Zahlen von 1938/39. Sie sackt im Laufe desselben Duisburg ist beispielsweise zu zwei Dritteln vernichtet, Jahres, auch hervorgerufen durch Reparationsleistungen wohingegen das nur mäßig, hauptsächlich im Nord- und die Demontage von Produktionsanlagen, weiter ab. viertel getroffene Recklinghausen keinen repräsentativen Befund liefert. Dramatisch entwickelt sich überdies die Ernährungs- situation in der unmittelbaren Nachkriegszeit: Lag die Ein Drittel der restlich noch existierenden Wohnhäu- Kalorienversorgung der deutschen Bevölkerung 1938 ser sind in Deutschland dringend reparaturbedürftig, noch bei 3.000 Kalorien pro Kopf und Tag, kann sie 4-5 Prozent des intakten Wohnungsbestandes ist über- sich von 1942 bis zum Kriegsende noch bei ca. 2.000 dies von den Besatzungsmächten für eigenen Unterbrin- Kalorien täglich halten. Bis zum Kriegsende hatten näm- gungsbedarf requiriert. Ende 1946 stehen für vierzehn lich die Deutschen auf Kosten der eroberten und ausge- Millionen Haushalte nicht mehr als acht Millionen plünderten Länder noch recht gut gelebt, weil sich die Kunibertistraße Recklinghausen, 1947 Wohnungen zur Verfügung, aus einem (Herren-) Volk rücksichtslosen Nahrungsmittelkontributionen aus den

8 70. Ruhrfestspiele Recklinghausen 9 besetzten Gebieten (zum Schluss vor allem aus den Nie- Zum Ende des Jahres 1946 etabliert sich ein großes, derlanden und Dänemark) positiv auf die innerdeutsche stabiles, ungewöhnlich langlebiges Hochdruckgebiet Anlass Versorgungslage auswirken. Die Versorgungslage ver- über Nord- und Westeuropa, das über Wochen und un- schlechtert sich jedoch schon ab Sommer 1945 auf Wer- unterbrochen kontinentale bzw. arktische Luftmassen Die Notlage Hamburgs und te unterhalb des Existenzminimums von 1.800 Kalorien einströmen lässt. pro Tag, im Frühjahr 1946 spitzt sich die Bemessung der Normalverbraucherration nochmals zu. Mitte Dezember hält klirrender Frost Einzug. In der Hamburger Theater Deutschland – aber nicht nur dort – kommt es zum Zu- Während die USA, Kanada und Argentinien im sammenbruch der Energie- und Brennstoffversorgung. Zur Jahreswende 1946/47 kennen die Menschen in ganz ohne Grund vom strategischen Ziel der „Hamburgisie- Spätsommer 1946 Rekordmengen bei der Weizen- und Die nur spärlich gewonnene Ruhrkohle (im Jahre 1946 Europa kein anderes Thema mehr als die grimmige rung“ deutscher Großstädte. Maisernte gemeldet hatten, folgt auf dem europäischen sind es nur 40 Prozent der Vorkriegstonnage pro Schicht, Kälte. Hamburg wiederum gehört zu den am härtesten Kontinent einem heißen und trockenen Sommer eine u.a. wegen unzureichender Kalorienversorgung der Berg- getroffenen Städten im und nach dem Zweiten Weltkrieg. Der bereits angesprochene Katastrophenwinter Missernte im Bereich Roggen, Weizen, Hafer und Kar- arbeiter, für deren Arbeitskraft eigentlich rund 3.000 Ka- Die dortigen Zustände und Vorgänge bilden schließlich 1946/47, der ganz Europa, somit Sieger und Besiegte, toffeln. Deren ernährungswirtschaftliche Tragweite wird lorien veranschlagt wurden) kann mangels funktionie- den Anstoß und die Initiative für das, was später die gleichermaßen heimsucht, kommt über eine im buch- durch fehlende Düngung, zu wenig Saatgut, den Mangel render Verkehrsinfrastruktur (zerstörte Straßen, Brücken Ruhrfestspiele sein würden – man kann deren Anfänge stäblichen Sinne skelettierte und ausgebrannte Elbmetro- an Viehfutter, einen verminderten Schlacht- und Milch- und Bahnhöfe, durch Eisgang blockierte Binnenwasser- nicht erklären, ohne die dramatischen Verhältnisse in pole, in die trotz allem immer mehr geflüchtete Einwoh- viehbestand sowie durch das Fehlen von Landarbeitern, straßen) und durch die wirtschaftliche Abschnürung der Hamburg in den Blick zu nehmen. ner zurückwandern. Auch für den Nordseeraum gilt der Zugpferden und Trak- vier Besatzungszonen nicht ausreichend an die Verbrau- Winter 46/47 als der kälteste im 20. Jahrhundert. In drei toren noch erheblich cher ausgeliefert werden. Auch Sonder- und Sonntags- Die Elbmetropole hatte schon im Sommer 1943 die Wellen erreichte der Frost die Hansestadt: Im November verschärft: Der Tiefstand schichten auf den Zechen, die über Arbeitskräftemangel vernichtende Wirkung des alliierten Bombenkrieges er- 1946 setzt zunächst leichte Kälte ein, die aber bereits des agrarischen Erzeu- zu klagen haben, helfen nicht mehr. lebt, die sonst vielfach erst ab 1944 flächendeckend auf Mitte Dezember kurzfristige Tiefstwerte von -10° bis -20° gungsniveaus im 20. Deutschlands Städte niedergeht. Im kollektiven Gedächt- erreicht. Nach einer zeitlich eng bemessenen Tauwetter- Jahrhundert ist damit Konrad Adenauer, seit Oktober 1946 Fraktionsvor- nis Hamburgs verbindet sich die Zerstörung der Stadt periode um die Weihnachtszeit geht es im Januar 1947 erreicht. Einschlägige sitzender der CDU im Landtag Nordrhein-Westfalens, mit der „Operation Gomorrha“, mittels welcher die Royal wieder deutlich bergab mit den Temperaturen, bis in der deutsche Statistiken bringt die Verhältnisse auf den Punkt: Am 10. Dezember Air Force vom 25. Juli bis 3. August 1943 in fünf hoch- zweiten Januarhälfte 1947 Dauerfrost bei bis zu -20° bis sprechen von gerade 1946 berichtet er dem 1934 in die Schweiz emigrierten sommerlichen Nächten Hamburg in Schutt und Asche -30° Celsius herrschen, die bei Tageshöchsttemperaturen noch 1.500 Kalorien pro jüdisch-rheinischen Braunkohle-Industriellen Paul Sil- gelegt hatte. von -10° bis weit in den Februar unerträgliche, ja tod- Person im Spätsommer verberg brieflich darüber, daß das deutsche Volk sich in bringende Lebensbedingungen mit sich führen. 1946 und von nur noch einem tiefen Tal [befindet…] wegen Hunger, Krankheiten, Zur Bilanz dieser mit tausenden Bombern durchge- 1.200-1.000 Tageskalo- Kälte, Wohnungsnot, Mangel an Kleidung und Schuhwerk. führten Luftoffensive, die unter „günstigen“ klimatischen Ab Mitte Dezember ist die Elbe durch Eisgang blo- rien im beginnenden Adenauer hoffte jedoch, daß der größte Teil des deutschen Bedingungen einen die ganze Innenstadt verzehrenden ckiert, erst recht trifft das auf Kanäle und sonstige Winter, selbst diese Volkes diesen Winter übersteht. Aber die Verhältnisse sind Feuersturm entfacht hatte, gehören 30-40.000 Tote, da- Wasserstraßen zu. Die Folge davon ist, dass für die Werte werden zu Beginn sehr ernst und auch sehr traurig. Namentlich die Tuberkulose runter auch ca. 7.000 Kinder und die Vernichtung von existentielle Versorgung Hamburgs die Eisenbahnlinien des Jahres 1947 noch greift in entsetzlicher Weise um sich, und sie macht vor nie- etwa zwei Dritteln des Hamburger Wohnraums, was nach Süden immer wichtiger wurden, zumal die versor- unterschritten, so z.B. manden halt. Standesunterschiede gibt es dabei nicht. Sie sind wiederum rund 900.000 Einwohner veranlasst, die Stadt gungswirtschaftlichen Verbindungen in die sowjetische im dicht besiedelten ja überhaupt im heutigen Deutschland fast verschwunden.2 zu verlassen. Ein öffentliches, gesellschaftliches Leben Besatzungszone, d.h. ins östlich und südöstlich benach- Rhein-/Ruhrgebiet. findet seit Mitte 1943 in Hamburg nur mehr rudimentär barte Mecklenburg und Sachsen-Anhalt, aus politischen statt; die siegesgewissen und von ihrem Tun überzeugten Gründen immer schwächer werden. Oberbürgermeister Wilhelm Bitter britischen Befehlshaber sprechen ab Sommer 1943 nicht

10 70. Ruhrfestspiele Recklinghausen 11 Die Eisenbahn kann wiederum durch Schneeverwe- behörde für eigenen Unterkunftsbedarf beschlagnahmt hungen, eingefrorene Weichen und ein kriegsbedingt wird. Das Ensemble des Schauspielhauses weicht dar- lädiertes Schienennetz die erwarteten Transportleistun- aufhin ins Gewerkschaftaus am Besenbinderhof aus und gen, darunter auch die begehrten Steinkohlelieferungen kooperiert in dieser Phase eng mit dem Thalia-Theater. aus dem Ruhrgebiet, immer weniger erbringen. Mangels Schließlich die Hamburgischen Staatsoper: Sie war in Heizmitteln beginnt die Hamburger Bevölkerung spä- der Nacht vom 2. auf den 3. August 1943 zwar ebenfalls testens zu Jahreswende 46/47 auf unbewohnten Ruinen- schwer getroffen worden, kann aber ab 1946 im intakt grundstücken nach verschütteten, vermeintlich noch mit gebliebenen Bühnenhaus einen notdürftig eingerichteten Vorräten aus dem Winter 1942/43 gefüllten Kohlenkel- Zuschauerraum vorhalten, bis ab Dezember 1946 auch lern zu graben. Wie überall bersten die wenigen intak- die dortige Bühnenhydraulik irreparabel einzufrieren ten Wasserleitungen im Dauerfrost; die schwankende droht. Gasversorgung funktioniert, wenn überhaupt, nur auf kleinster Flamme. Als geradezu aussichtslos muss daher vor diesem Hintergrund der verzweifelte Versuch des Verwaltungs- Zu den sonstigen Auswirkungen und verheerenden direktors des Hamburger Schauspielhauses, Otto Burr- Kettenreaktionen gehört die Schließung von Schulen, meister, erscheinen, bei der Verwaltungsspitze der Stadt zahlreiche Betriebsstilllegungen mit rasantem Anstieg Hamburg um Sonderzuteilungen von Kohle und Koks der Arbeitslosigkeit, die allenfalls stundenweise mögliche für die Beheizung der Bühnentechnik zu ersuchen, um Energieleistung der Hamburgischen Electricitäts-Werke, technische Schäden und die plötzliche Arbeitslosigkeit das nur mehr phasenweise Beheizen von Krankenhäu- des gesamten Ensembles zu verhindern. sern, der Verlust letzter Kartoffelvorräte, die im Dauer- frost schnell ungenießbar werden, was wiederum die Hamburgs Regierender Bürgermeister Max Brauer, als Hungersituation verschärft. vormaliger Exilant erst seit wenigen Wochen im Amt, kann aber gar nicht anders als die Priorität der Kohle- Inmitten einer solchen Eis- und Elendslandschaft, die kontingentierung bei den Krankenhäusern und den dem allein in Hamburg mehrere hundert Tote durch Erfrie- Kollaps nahen Wohlfahrtseinrichtungen setzen. Jedoch rung zur Folge hat, stehen Ende 1946 die drei großen sollte, wie noch zu zeigen ist, gerade die Konstellation Hamburger Bühnenhäuser, die im Bombenkrieg durch zwischen dem abgewiesenen Bittsteller Burrmeister und einen glücklichen Zufall keine Totalverluste hinnehmen Bürgermeister Brauer dasjenige Tandem bilden, das von mussten. Das Thalia-Theater spielt in einem Bau von Hamburg aus die Idee von volksnahen Theatergastspie- 1912 noch bis 1945 und kann im Sommer 1946 eine len in die Bergarbeiterstadt Recklinghausen tragen wird. provisorischen Wiedereröffnung unter der Intendanz von Willy Maerten begehen, der mit Shakespeares Was Ihr wollt den Bühnenbetrieb der Nachkriegszeit auf- nimmt. Ähnlich verhält es sich mit dem Deutschen Schau- spielhaus Hamburg, das in einem 1899/1900 errichteten Zweckbau in St. Georg den Krieg leidlich überlebt hatte Thalia Theater Hamburg, 1945 und ab Sommer 1945 von der britischen Besatzungs-

12 70. Ruhrfestspiele Recklinghausen 13 Fürsprecher und Förderer Max Brauer, Regierender Bürger- meister von Hamburg

Mit Max Brauer betritt im Juni 1947 ein zweiter, zumal in der Arbeiterjugend und Arbeiterbildung engagiert. am eigenen Leibe kennen gelernt. Arbeitslosigkeit, Wohnungs- der Weimarer Republik (1924–1929). In die Amtszeit prominenter und sehr früher Protagonist der Ruhrfest- Wie Otto Burrmeister ist auch Brauer kultureller Au- elend, alles was die breiten Schichten unserer Bevölkerung Brauers, die man mit dem Modernisierungsprogramm spiele die historische Bühne, gehört er doch zusammen todidakt, dessen selbstgewählter Literaturkanon nicht bedrückt, ist mir bekannt. Ich habe wie viele junge Arbeiter des „Neuen Altona“ verbindet, fallen seit 1925 nicht nur mit Ernst Reuter in Berlin, Wilhelm Kaisen in Bremen nur Marx, Engels, Kautsky und Bernstein, sondern auch gehungert und gedürstet nach Bildung und Wissen.3 neue Arbeitersiedlungen, sondern auch Bau resp. Ausbau und Ernst Schwering in Köln zu den herausragenden Goethe, Schiller, und Gerhard Haupt- einer Stadthalle, des Arbeitsamtes, eines Stadt- und Hei- Kommunalpolitkern der Vor- und Frühphase der Bun- mann umfasst. Ebenso heißt es in der Antrittsrede Brauers, er sei ge- matmuseums (heute Altonaer Museum für Kunst- und desrepublik. Seine Le- willt, jene, die mit heißer Sehnsucht nach Wissen und Bildung Kulturgeschichte), des Stadtarchivs (heute: Altonaer bensstationen lesen sich Im November 1918 wird Brauer in den Magistrat drängen, den Weg frei zu machen.4 Demzufolge widmet Stadtarchiv e.V., Max-Brauer-Allee 134), der Volkshoch- wie ein Kompendium Altonas gewählt. Die im preußischen Regierungsbezirk sich Brauer bis zu seiner Amtsenthebung im Jahr 1933 schule, Volksbücherei und eines Berufsschulzentrums der deutschen Zeitge- Schleswig-Holstein gelegene Stadt bleibt – zumal nach – zusammen mit Kultursenator August Kirch (ebenfalls („Haus der Jugend“), in dem auch Theatervorführungen schichte des 20. Jahr- Einverleibung einiger steuerkräftiger, wohlhabend- Abkömmling einer Altonaer Arbeiterfamilie und Ge- stattfinden. hunderts, zugleich wie großbürgerlicher Elbgemeinden im Jahre 1927 – bis werkschafter, vor dem Ersten Weltkrieg auch Vorsitzen- die Musterbiografie eines April 1938 mit rd. 230.000 Einwohnern das selbständi- der der Arbeiterbildungskommission sowie sozialdemokratischen ge, kreisfreie „Groß-Altona“ in unmittelbarer Nachbar- erklärter Theaterliebhaber), dem Stadtbausenator Gustav Bürgermeisters vor und schaft Hamburgs und gilt in der Weimarer Republik als Oelsner nebst dessen Amtsvorgänger und Theaterarchi- nach 1933/45, in welcher Hochburg der Sozialdemokratie und der Gewerkschafts- tekten Werner Kallmorgen – dem Ausbau einer kulturel- die Idee von Kultur- und bewegung. len, sozialen und schulischen Infrastruktur im „roten“ Theaterfesten für die Ar- Altona, dessen Rang er gegen das wachsende Hamburg beiterschaft schon früh Im März 1920 ist Brauer an der Organisation des behaupten will. angelegt ist. Generalstreiks gegen den sog. Kapp-Putsch beteiligt. Im Mai 1924, nach plötzlichem Tod Bernhard Schnacken- Brauer gehört damit in die – nur aus wenigen Köpfen Brauer wird 1887 in burgs, wird er zum Oberbürgermeister der Stadt Altona bestehende und wohlgemerkt nicht im Ruhrgebiet behei- Altona als Sohn eines gewählt. In Brauers Rede zum Amtsantritt vom 17. Mai matete – Riege sozialdemokratischer Oberbürgermeister Glasbläsers geboren. Seit 1924 spiegelt sich eine selbstbewusste Arbeiter-Biografie, deutscher Großstädte, zu denen auch Magdeburg (Ernst 1904 ist er Mitglied der ebenso seine – der späteren Idee der Ruhrfestspiele spür- Reuter), Kassel (Philipp Scheidemann), Harburg (Walter Gewerkschaft sowie der bar zugutekommende – Vision einer Affinität zwischen Dudek) und Hannover (Robert Leinert) zählen. SPD in der Ortsgruppe Arbeiterschaft, Humanität und kultureller Bildung: Ottensen, einem Indust- Ich bin in Altona geboren: Altona ist meine Vaterstadt. Als Erkennbar wird dabei eine ‚expansive‘ Kultur- und rievorort von Altona, wo Arbeiterkind bin ich hier groß geworden; durch die Volksschu- Bildungspolitik, die kaum anders geartet ist als diejenige Hamburgs Regierender Bürgermeister Brauer bittet um er sich – den Beruf des le bin ich gegangen, um selbst Arbeiter zu werden. Die widri- der Oberbürgermeister der größten Ruhrgebietskommu- Privatunterkunft bei Oberbürgermeister Bitter in Reckling- Max Brauer Vaters ergreifend – auch gen sozialen Verhältnisse der unteren Volksschichten habe ich nen in den wenigen stabilen und prosperierenden Jahren hausen, Juni 1947

14 70. Ruhrfestspiele Recklinghausen 15 Vorläufer und Vorbild Die Volksbühnenbewegung und das „Neue Altona“ der 1920er Jahre

Besonders fällt ins Auge – gerade im Hinblick auf Brau- höchsten Wert erkennen und deshalb jede Unterordnung Der „Reichsjugendtag der deutschen Arbeiterjugend- 1926 dort tätige Germanist Dr. Paul Theodor Hoffmann, ers späteres Engagement für Recklinghausen –, dass das des Strebens nach seiner Gestaltung unter politische und bewegung“, der am 8. und 9. August 1925 in Hamburg in den 1940er Jahren auf Grundlage einschlägiger his- 1876 privat gegründete Altonaer Stadttheater, das bis konfessionelle Gesichtspunkte ablehnen – und die zugleich im veranstaltet und vermutlich auch von Max Brauer und torischer Sammlungen einen theaterwissenschaftlichen 1919 unter der Direktion des Hamburger Stadttheaters Theater ein mächtiges Werkzeug zur Weiterentwicklung der Otto Burrmeister besucht wird, bietet zusätzlichen An- Lehrauftrag an der Universität Hamburg ausübt. Nicht gestanden hatte, in den 1920er Jahren gefördert und menschlichen Gesellschaft im Sinne einer neuen, freiheitlichen lass, von höherer Stelle aus dieses neuartige Verständ- von ungefähr erhält das mit wachsendem Renommee entwickelt wird. Die Grundlage dafür bilden die Zentral- Gemeinschaftskultur erblicken.5 nis großstädtischer Arbeiterfestkultur zu propagieren. versehene Stadttheater, in dem auch die Volksbühne kommission für das Arbeiterbildungswesen Hamburg- Gustav Radbruch, ehemaliger sozialdemokratischer regelmäßig spielt, 1928/30 einen repräsentativen, von Altona, der Arbeiterbildungsausschuss Hamburg-Altona Reichsjustizminister und Heidelberger Rechtsphilosoph, Bausenator Oelsner entworfenen Zweckbau. Dabei und die 1923 gegründete, gemeinnützige Freie Volks- bemüht in seiner dortigen Rede unter dem Titel „Sozi- entspricht diese Architektur des „Neuen Bauens“ nicht bühne Altona e.V. und die schon vor dem Ersten Welt- alismus und Kultur“ einen Begriff von Kultur, die eine von ungefähr dem ‚Staatsstil‘ der Weimarer Republik krieg von Leopold Jessner und besagter Zentralkommis- persönliche Notwendigkeit für jedermann, nicht aber Ge- und soll eine großstädtische, moderne, weil partei- und sion organisierten Altonaer Volksschauspiele. genstand des Snobismus und der ästhetisierenden Feinschme- schichtenübergreifende Kultur- und Theatergemeinde ckerei darstellen solle.6 aufnehmen. Insbesondere die in Berlin 1890 entstandene und Aus solchen und anderen Ressourcen sollen im Sinne ab 1920 reichsweit organisierte Volksbühnenbewe- konkreter Arbeiterbildung und ‚Volkserziehung‘ prakti- gung (Motto: „Die Kunst dem Volke“) bildet dabei den sche, sprich: preiswerte Angebote auch für die ‚einfachen entscheidenden Schrittmacher. In Abkehr vom rein Leute‘ in Altona entwickelt werden; eine ‚Demokratisie- proletarischen, hauptsächlich von der KPD instrumen- rung‘ des Theaterbesuchs ist dabei das erklärte Ziel, das talisierten „Kampftheater“ einerseits und der seichten rund zwanzig Jahre später in Recklinghausen weiter- Unterhaltungskultur der neuartigen Kinos andererseits wirkt. Proletarisch-klassenkämpferische Theaterkonzep- soll der klassischen Bühnenkunst und dem bürgerlichen te oder rein ideologische Programmvorhaben, die sich Bildungsgut ihre allgemeine zivilisatorische Erziehungs- vornehmlich für die politische Emanzipation der Arbei- funktion bewahrt bleiben. terklasse verwenden, stehen jedoch nicht im Interesse Brauers und seines Kulturdezernenten Kirch. Vielmehr Erwin Piscators Maximen als Oberspielleiter der Berli- ist es eine eigenständige Kultur- und Theaterpolitik, die ner Volksbühne am Bülowplatz decken sich mit den von der sozial heterogenen Stadtbevölkerung Altonas Rech- Julius Bab und Siegfried Nestriepke konzipierten und nung tragen soll und das bürgerliche Kunstideal nicht 1925 in Jena beschlossenen Leitsätzen der Volksbühnen- grundsätzlich in Frage stellt. bewegung. Dort heißt es entsprechend: Die Volksbühne wendet sich an alle Volksgenossen, die in der Offenbarung des Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, Menschlich-Großen in der Kunst, besonders im Drama, einen Plakat Freie Volksbühne Altona, 1929 dass Altonas erster hauptamtlicher Stadtarchivar, der seit „Haus der Jugend“ Altona, um 1930

16 70. Ruhrfestspiele Recklinghausen 17 Gründer und Gründungsmythos Otto Burrmeisters Weg nach Recklinghausen (1946–1947)

Zurück zu Altonas Oberbürgermeister: Max Brauers In seiner Rede zum Abschied aus dem Amt des künst- sche war, tritt er nach einer kaufmännischen Ausbildung Lebens- und Emigrationsstationen nach gewaltsamer lerischen Leiters der Ruhrfestspiele erinnert sich Otto noch während des Ersten Weltkrieges in die Arbeiterju- Amtsenthebung und Flucht aus Altona im März 1933 Burrmeister im Jahre 1965 an ebendiese ‚Dialektik‘ der gend, wenig später in die Freie Proletarische Jugend ein sind außergewöhnlich: Sie reichen von Asyl in Genf, Geschehnisse, die in buchstäblich höchster Not und und ist nach kurzeitigem Fronteinsatz 1918/19 zeitweilig einer zweijährigen Völkerbundsmission zwecks admi- durch Kohle- und Kokstransporte per LKW den ent- Mitglied im Hamburger Arbeiter- und Soldatenrat. In die nistrativer ‚Entwicklungshilfe‘ bei der Kuomintang- scheidenden Konnex zwischen Hamburg und Reckling- späteren 1920er Jahre fällt seine zunehmende Distanz Regierung im chinesischen Nanking über mehrere Auf- hausen herstellt: zum orthodoxen Marxis- enthalte in Paris und anschließender Emigration in die mus-Leninismus, damit USA (März 1936 – Sommer 1946), bis Brauer zusammen Wäre damals Max Brauer unseren leidenschaftlichen Re- auch sein Engagement für mit seiner amerikanischen Ehefrau im Juli 1946 als Ab- dekünsten erlegen, hätte er uns Koks für die Theater zugewie- die – in Hamburg und Alto- gesandter des amerikanischen Gewerkschaftsbundes in sen, so wären wir nie auf den Gedanken gekommen, hätten na ohnehin tonangebende – seine Heimat zurückkehrt und dabei das erschütternde nicht auf ihn zu kommen brauchen, eine Kohlensuchexpediti- SPD, die Gewerkschaftsbe- Bild unüberschaubarer Ruinen vor Augen hat.7 on ins Ruhrgebiet zu organisieren, auszurüsten und durchzu- wegung und, seit 1931, für führen. Es gäbe keine Ruhrfestspiele in Recklinghausen ohne Aktivitäten zugunsten der Ende Oktober 1946 finden die ersten freien und das kategorische Nein des Ersten Bürgermeisters der Freien Erwerbslosenselbsthilfe. In demokratischen Wahlen in Hamburg nach 1933 statt. und Hansestadt Hamburg plus Altona. Sein Nein zwang uns, denselben Zeitabschnitt fal- Am 15. November wird Brauer, der erst am 25. Oktober andere Wege zu suchen, um unser sehnliches Verlangen nach len auch Kontakte zu Erich 1946 die deutsche Staatsbürgerschaft wieder angenom- Brennstoffen zu erfüllen. Und einer dieser Wege führte nach Ollenhauer, dem Sekretär men hatte, in das Amt des Regierenden Bürgermeisters Recklinghausen. Er führte in der Folge zu den Ruhrfestspielen. der Sozialistischen Arbeiter- gewählt – just zu dem Zeitpunkt, zu welchem die un- Gescheite Naturen könnten in diesem Nein, hegelisch gespro- jugend. gewöhnliche Kälte über ganz Deutschland und Europa chen, eine List der Geschichte sehen, und ich denke, es steht kommt, sich die Lebensumstände in Hamburg extrem unserem Ersten Bürgermeister nicht schlecht an, ihr persona- Auf dem Weg von Weiter- verschlechtern und der neue Bürgermeister vor gleich- les Werkzeug gewesen zu sein.8 bildung und Autodidaktik, sam unlösbaren Problemen der Daseinsvorsorge für die die ihm auch eine intime, Hamburger Bevölkerung steht. Doch gerade dieser Um- Die Biografie Otto Burrmeisters, der herausragenden seine spätere Entwicklung stand führt ihn bekanntlich ein Dreivierteljahr später Schlüsselfigur der Ruhrfestspiele für die ersten 20 Jah- prägende Affinität zu den nach Recklinghausen. re, ist bislang nur in Umrissen und hauptsächlich aus Klassikern der deutschen retrospektiven Selbstzeugnissen bekannt, deren Quel- Literatur- und Theaterge- lenkritik nicht unerheblich ist. Burrmeister wird 1899 schichte bescheren, avan- als Sohn eines Hamburger Bauhilfsarbeiters geboren und ciert er zum Prokuristen Straßenszenen in Altona, 1946 hat sieben Geschwister. Nachdem er zunächst Laufbur- einer Hamburger Export- Otto Burrmeister, um 1950

18 70. Ruhrfestspiele Recklinghausen 19 firma, nach diversen Phasen der Erwerbslosigkeit später ratsvorsitzenden der Hamburger Staatsoper, Karl Rosen- auch zum Werbefachmann eines nicht näher bekannten gart, jene später zur Legende gewordenen Hamster- und Auftakt als Wagnis Hamburger Unternehmens. Eine besondere Affinität Bettelfahrten ins nördliche Ruhrgebiet, die den kleinen zum Theaterwesen lässt sich in den Jahren der Weimarer Konvoi eher zufällig, d.h. durch Anblick einer von der Die „Dankgastspiele“ von 1947 Republik jedoch noch nicht feststellen, einen klassischen Autobahn aus weithin sichtbaren Zechensilhouette, zum Linksintellektuellen verkörpert er ohnehin nicht. Steinkohlenbergwerk „König Ludwig“ in Recklinghausen führt. Von dort aus will man mit illegal, d.h. ohne Ge- Wenig bekannt ist über den Lebensabschnitt, der von nehmigung der North German Coal Control resp. lokaler 1933 bis 1945 reicht; die vorhandene Literatur spricht britischer Besatzungsbehörden erworbenen Kohle- und Nach allem, was aus fragmentarischen Überlieferungen Naturalienlieferungen einerseits und kultureller ‚Dienst- von sporadischen Inhaftierungen und nicht näher er- Koks-„Deputaten“ die Hamburger Bühnen beheizen. zu rekonstruieren ist, steht bei den ersten Versorgungs- leistung‘ andererseits zusammengesetzten Kompensati- forschten Kontakten zu Widerstandskämpfern bzw. fahrten von Hamburg nach Recklinghausen noch nicht onsgeschäftes. Dessen geldwerte Leistungen sollen somit Emigranten in Schweden, bis Burrmeister – offenbar Der Erinnerungs- und Augenzeugenbericht Karl Bier- zur Debatte, als spätere Anerkennung für großzügige den Zahlungsverkehr mit der inflationären Reichsmark politisch völlig unbelastet und mit erheblichem Organi- manns, der zusammen mit Stanislaus Jendrowiak den Kohlelieferungen vor der Belegschaft der Zeche „Kö- ersetzen, woraus Theodor Heuss im Nachhinein eine be- sationsgeschick begabt – 1945 zum Verwaltungsdirektor Betriebsrat der Zeche König Ludwig verkörpert, liest sich nig Ludwig“ Theater zu spielen. Erst Anfang 1947 – rühmte Formel entwickeln wird: des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg aufsteigen folgendermaßen: die Hamsterfahrten und „Kohle-Expeditionen“ nach Ich habe für diesen Vorgang […] vor ein paar Jahren ein- kann. Spielplangestaltung, Fragen der Dramaturgie bzw. Im Winter 1946 fahren eines Tages zwei holzgasgetriebene Recklinghausen hatten offenbar ihren erhofften Erfolg mal den Slogan gebraucht, und der Burrmeister hat gesagt, künstlerische Konzepte gehören zu diesem Zeitpunkt LKW‘s bei unserer Schachtanlage vor. Zwei Leute steigen erbracht – koordiniert Burrmeister eine wegweisende ich solle ihn ruhig wieder sagen: ‚Kohle gab ich für Kunst – allerdings nicht zu seinen Tätigkeiten. aus und verlangen den Betriebsrat zu sprechen. Es waren Besprechung in Hamburg, auf welcher erstmals die Idee Kunst gab ich für Kohle’. Da wird eine Legende, da wird leicht Otto Burrmeister, damals Direktor am Hamburger Schau- von sog. Dankgastspielen ventiliert wird; Begleitmotiv ein Mythos um die Ruhrfestspiele werden.10 1948, die entstehenden Ruhrfestspiele sind durch sein spielhaus, und Karl Rosengart, der Betriebsratsvorsitzende dieser Initiative ist vermutlich die Option, gegebenen- entscheidendes Mitwirken gerade aus der Taufe gehoben der Hamburger Staatsoper. Sie fragten uns, ob sie hier auf falls auch im darauffolgenden Winter 1947/48 ähnlich Eine weitere Unterredung findet am 25. April 1947 in worden, wird Burrmeister zum Kulturreferenten beim König Ludwig 4/5 Kohle bekommen könnten. Sie wollten uns klandestine Beschaffungsaktionen mit Recklinghäuser Recklinghausen statt, damit sind die Weichen gestellt. DGB-Bundesvorstand in Düsseldorf ernannt, ab 1951/52 dafür bezahlen. Aber an Geld hatten wir kein Interesse, es Bergleuten durchführen zu können. Die Realisierung dieser noch nicht institutionalisier- bekleidet er schließlich die – informelle – Funktion des war damals überhaupt nichts wert. Trotzdem wollten wir den Zeittypisch und von hoher Wahrscheinlichkeit ist ten Dankgastspiele – einen besonderen Namen hatte „Künstlerischen Leiters der Ruhrfestspiele“, nachdem Kollegen helfen. Wir haben ihnen illegal, hinter dem Rücken die erst im Frühjahr 1947 gereifte Imagination eines aus das Ganze noch nicht – erfolgt im Sommer 1947: Der Karl Pempelfort, Chefdramaturg der Kölner Bühnen der englischen Besatzungsmacht, Kohle zukommen lassen. Eintrittspreis von 4 bis 5 RM wird zugunsten der Un- und erster inoffizieller Theater-„Manager“ der werden- Hinter der Zeche befand sich ein zweites Tor. Dort stand eine terstützungskasse der Zeche „König Ludwig“ entrichtet. den Festspiele, Spielleiter der Städtischen Bühnen Bonn Kokskippe, die keine Waage besaß. Die beiden LKW‘s wur- Ein erstes, noch unbebildertes Plakat geht in den Druck, geworden und dafür seine Funktion in Recklinghausen den drunter gefahren. Kippe los, Koks drauf, fertig ab nach ebenso bescheidene, in eigentümlich anachronistischen niedergelegt hatte. Burrmeister erhält 1959 das Bundes- Hamburg.9 Frakturlettern gedruckte Programmblätter, die den Spiel- verdienstkreuz und 1966, kurz vor seinem Tod, die Eh- plan dieser ungewöhnlichen Gastspiele wiedergeben. renbürgerschaft der Stadt Recklinghausen und erlebt in seinen letzten beiden Lebensjahren die Inbetriebnahme Ein Mann der ersten Stunde, der schon an den le- des „Hauses der Ruhrfestspiele“. gendären LKW-Fahrten Ende 1946 beteiligt gewesen war, ist Burrmeisters enger Freund und Weggefährte Zurück zum Gründungsmythos der Ruhrfestspiele: Adolf Zotzmann (1912–1989): Als führender deutscher Vermutlich in der zweiten Dezemberhälfte des Jahres Bühnenarchitekt der Nachkriegszeit, der auch interna- 1946, als in Hamburg schon für längere Zeit klirrender tional Beachtung findet und mit zahlreichen Ehrungen Frost herrscht, initiiert er zusammen mit dem Betriebs- Städtischer Saalbau, Außenansicht, Dorstener Straße (darunter Recklinghausens Stadtplakette) versehen

20 70. Ruhrfestspiele Recklinghausen 21 wird, ist er seit 1945 maßgeblich am Wiederaufbau des Thalia-Theaters beteiligt, ab 1949 zusammen mit dem Institutionalisierung bereits erwähnten Altonaer Theater-Architekten Werner Kallmorgen auch am Wiederaufbau der Oper in Hanno- Hans Böckler und die Rolle des DGB ver. Zur gleichen Zeit übernimmt er auch die technische Direktion der Ruhrfestspiele, mittels derer er ab 1960 (1947–1948) den Bau des „Hauses der Ruhrfestspiele“ maßgeblich mitgestaltet. Zum schlichten Eröffnungsfestakt auf dem Gelände Rund 6.400 zahlende Besucher werden am Ende der Böckler, der seit dem 26. April 1947 Vorsitzender des besagten Bergwerkes am 27. Juni 1947 erscheint auf Festwoche gezählt. Erfolg und Resonanz der ungewöhn- „Gewerkschaftsbundes in der Britischen Zone“ sowie Drängen Burrmeisters auch Hamburgs Regierender Bür- lichen Dankgastspiele sind offenbar größer als erwartet. des sog. bizonalen Gewerkschaftsrates ist und auch dem germeister Max Brauer (1887–1973). Brauer ersucht, da Antrag auf ordnungsamtliche Genehmigung einer Abend- Der Zeitraum von Sommer 1947 bis Frühjahr 1948 wird ursprünglichen „Dankgastspiel“ in Recklinghausen bei- es an Hotelzimmern mangelt, förmlich um Privatquartier veranstaltung zur Eröffnung der „Dankgastspiele“ 1947 daher entscheidend für die Verstetigung und Instituti- gewohnt hatte. in der Wohnung des Recklinghäuser Oberbürgermeis- onalisierung des Festspielprojektes. Ende August 1947 ters Wilhelm Bitter. Brauer hatte ja im Dezember 1946 und vier Theaterstücke aufgeführt. Veranstalter ist eine kommt es auf Betreiben von Otto Burrmeister und Her- dafür gesorgt, wenigstens aus dem Fuhrpark der Stadt Dachorganisation namens „Staatstheater Hamburg“, be- mann Mendt, des Technischen Leiters der Hamburger Hamburg zwei LKW für die ominöse „Kohle-Expedition“ stehend aus der Hamburgischen Staatsoper, dem Thalia- Staatsoper – beide kennen sich aus den Zeiten der Ham- zur Verfügung zu stellen; er soll die richtungweisenden Theater und dem Deutschen Schauspielhaus. burger Arbeiterjugend –, in Recklinghausen zu einer Worte gesagt haben: Festspiele in Bayreuth und in Salzburg ersten Nachbesprechung bezüglich der gerade erst absol- – Warum nicht auch in Recklinghausen? Zur Eröffnung spielt die Hamburgische Staatsoper vierten Gastspiele. An dem Treffen nimmt auch der Lei- mit dem Philharmonischen Orchester am Abend des ter des städtischen Fremdenverkehrsbüros, Willi Winter, Vom 27. Juni bis 2. Juli 1947 werden im Städtischen 28. Juni die Mozart-Oper Figaros Hochzeit. Unter der Re- teil. Auch wird hier die Bezeichnung „Ruhr-Festspiele“ Saalbau an der Dorstener Straße, der 1925 errichtet wor- gie von Kurt Puhlmann und dem Dirigat von Wilhelm gezielt für eine Fortsetzung des Auftrittes der Hamburger den, im Krieg unversehrt geblieben war und in seinem Brückner-Rüggeberg agieren in der Oper unter ande- Bühnen ins Spiel gebracht; die künstlerische Leitung soll Konzertsaal bis zu 1.500 Besucher fasst, zwei Opern rem Alfred Pfeifle und Gustav Neidlinger. Am nächsten dabei weiterhin in Hamburg liegen. Vormittag führte das Thalia Theater, welches unter der Intendanz von Willy Maertens steht, das Lustspiel Das Im Frühjahr 1948, das genaue Datum ist nicht be- verschlossene Haus von Michael Harward unter der Regie kannt, gelingt es Burrmeister auf einer Tagung von von Heinz Sailer auf. Gemeinsam mit dem Philharmo- Gewerkschaftsfunktionären der britischen Zone in der nischen Orchester spielt die Staatsoper am Abend Don sog. Elbschloss-Brauerei in Nienstedten, einem Vorort Pasquale von Gaetano Donizetti. Die Stücke werden an von Altona, den zunächst noch zögerlichen DGB für den folgenden zwei Tagen wiederholt. Am 1. Juli schließt eine Unterstützung der Projektidee zu gewinnen. Ver- das Deutsche Schauspielhaus unter der Regie von Willy mittler und Unterstützer ist dabei der Gewerkschafts- Meyer-Fürst einen „Russischen Komödienabend“ mit den funktionär Franz Spliedt, der am Ende der Weimarer Einaktern Er ist an allem schuld von Leo Tolstoi und Der Republik Vorstandsmitglied des ADGB sowie Mitglied Heiratsantrag sowie Der Bär von Anton Tschechow an, des Reichstages gewesen war und seit 1945 Vorsitzender der am folgenden Nachmittag wiederholt wird. Mit der des Verwaltungsausschusses der Freien Gewerkschaft Städtischer Saalbau Recklinghausen, Austragungsort der erneuten Aufführung Figaros Hochzeit beendet die Staats- Hamburg ist. Erfolgreiche Überzeugungsarbeit leisten Ruhrfestspiele 1947-1964 oper am Abend des 2. Juli das Programm. Spliedt und Burrmeister insbesondere gegenüber Hans Spielplan der Dankgastspiele 1947

22 70. Ruhrfestspiele Recklinghausen 23 In seiner Erinnerungsrede auf den Tod Hans Böcklers eine hochwertiges Theaterprgramm bieten soll. In der ( 16. Februar 1951) stellt Burrmeister die entscheidende Präambel des Vertrages, der ein Jahr später, am 31. März Gesprächsszene folgendermaßen dar: 1949 ,in die Satzung der „Ruhrfestspiel GmbH“ über- In der Mittagspause der Tagung standen wir Hans Böck- führt wird, heißt es ganz im Sinne der kulturpolitischen ler gegenüber und berichteten ihm von den Gastspielen, die Postulate Burrmeisters: Entsprechend der soziologischen Hamburgische Theater als Dank für geleistete Hilfe vor Reck- Zusammensetzung des Ruhrgebietes soll insbesondere den im linghausener Bergarbeitern im Jahre 1946 gegeben hatten. Bergbau tätigen Bevölkerungskreisen die Teilnahme an den Wir legten ihm klar, daß es wünschenswert sei, diese Spiele Festspielaufführungen ermöglicht werden.12 alljährlich zu wiederholen und sie in die Obhut der deutschen Gewerkschaften zu nehmen. Unser Vortrag dauerte knapp Die Durchführung der nunmehr sogenannten „Ruhr 20 Minuten. Wir erwarteten vom Kollegen Böckler nicht eine Festspiele Recklinghausen“ vom 5. bis 18. Juni 1948 sofortige Entscheidung und waren darum höchst erstaunt ergeben nicht nur eine deutliche Erweiterung des Spiel- und beglückt, als er uns sagte: Wartet, ich werde die Frage plans – nun sind neben den drei Hamburger Häusern dem Bundesausschuß zur Entscheidung vorlegen. Nach einer auch die Städtischen Bühnen Köln beteiligt – sondern Stunde hörten wir ein klares ‚ja‘. Das gewerkschaftliche Kul- bescheren dem neuen Festival 22.800 Zuschauer (knapp turwerk Ruhr-Festspiele war geboren. Wir fuhren stolz und die Hälfte davon Gewerkschaftsmitglieder) und ein froh nach Hamburg zurück. So einfach war also der Vorgang beachtliches überregionales Presse-Echo. Die Überwin- zur Gründung der Ruhr-Festspiele, und dem ‚Historiker‘ mag dung der Improvisation zugunsten einer dauerhaften wenig Bemerkenswertes an ihm erscheinen.11 Kulturleistung zeichnet sich damit ab. Großbürgerliches zeigt sich überdies in klassischen Opernaufführungen, Nachdem am 1. April 1948 Vertreter des bizonalen die bis 1953 zum Repertoire der Ruhrfestspiele gehören. Gewerkschaftsrates (Burrmeister und Mendt), der sich Die erschwinglichen Eintrittspreise und Verzehrkosten erst im November 1947 konstituiert hatte, und der Stadt berechnet man – nur zwei Wochen vor der Währungs- Recklinghausen (Oberbürgermeister Bitter und Stadt- reform nebst Einführung der D-Mark als neuem gesetz- amtmann Winter) über die regelmäßige Fortsetzung der lichem Zahlungsmittel – letztmalig in Reichsmark. Der Gastspiele handelseinig geworden waren, ist das wich- erhöhte Bedarf an Lebensmittelrationen und schlichter tigste Ergebnis der Verhandlungen die Übereinkunft, Eintopfverpflegung aus Konservenbeständen bilden je- das finanzielle Risiko für erneute Festspiele gemeinsam doch weiterhin eine logistische Herausforderung. zu tragen. Nicht nur der DGB, sondern auch die Stadt Otto Burrmeister und Max Brauer bei den Ruhrfestspielen, Recklinghausen ist als Träger der Ruhrfestspiele von da Dass die deutsche Gewerkschaftsbewegung längst 1950er Jahre an substanziell und mit erheblichen Eigenmitteln am auch ein eigenes Interesse am Ort des neuartigen The- Festspielprojekt beteiligt. Hinzu kommt die Bereitschaft aterfestes gefunden hat, belegen zwei weitere Veran- des Landes Nordrhein-Westfalen, vertreten durch Kul- staltungen: Die Landeskonferenz der Arbeiterwohlfahrt Dankschreiben des Thalia-Theaters an den Recklinghausens tusministerin Christine Teusch, weitere Unterstützung in Nordrhein-Westfalen unter Vorsitz von Willi Wolf Oberbürgermeister Wilhelm Bitter, Juli 1947 zu leisten. sowie der außerordentliche, mit 186 Delegierten besetzte Von weitreichender Bedeutung ist der Beschluss, mit Bundeskongress des DGB zur Frage des Verhältnisses Wirkung zum 1. April 1948 einen Vertrag zur Gründung zwischen Industrie- und Angestellten-Gewerkschaften einer „Gesellschaft zur Durchführung der Ruhrfestspie- finden vom 15. bis 18. Juni 1948, also am Ende der le“ abzuschließen, die der Bevölkerung des Ruhrgebietes ersten „Ruhr Festspiele“, in Recklinghausen statt.

24 70. Ruhrfestspiele Recklinghausen 25 Szenenfoto: Das verschlossene Haus, Aufnahme vom Cosi fan tutte, Aufführung der Städtischen Bühnen Köln, Szenenfoto vom 29. Juli 1947 15. Juni 1948

26 70. Ruhrfestspiele Recklinghausen 27 Ruhrfestspiele Sinn und Idee (1948)

1948 wird das Jahr großer programmatischer Reden, de- von konservativen bürgerlichen Kultur- und Festspiel- ren Grundgedanken bis über die 1950er Jahre hinaus im- formaten eine Bahn: mer wieder reflektiert werden. Auch Anspruch und geisti- An dieser Stelle und in diesem Augenblick die Bretter des ges Fundament des neuartigen Festivals werden wortreich deutschen Theaters aufschlagen, heißt klar und eindeutig do- und gedankenvoll vertieft. Die Schirmherrschaft üben kumentieren, daß die Ruhr nicht nur ein Wirtschaftsfaktor ist, Max Brauer, Christine Teusch, Hans Böckler, Wilhelm um den der Handel geht, sondern ein Kulturfaktor, der nicht Bitter und Hans Schwering aus: Damit nehmen sich Spit- auszuhandeln ist. Allzuleicht wird gegenüber dem übermäch- zenvertreter aus kommunalen, staatlichen und gewerk- tigen Eindruck der Förder- schaftlichen Kontexten schon früh der Festspiele an. türme und Schlote übersehen, daß die Erde hier nicht nur die In Anklang und ‚Erinnerung‘ an die eigene Bildungs- heißbegehrte kraftspendende motivation Altonaer Jugend- und Arbeiterjahre wieder- Kohle birgt, sondern auch holt Hamburgs Regierender Bürgermeister Brauer im Jahrhunderte alten Kulturbo- Grußwort zum zweiten Besuch in Recklinghausen am den trägt, dem die geistigen 5. Juni 1948 seine Vision: Energien entspringen, die un- Ich kann mir auch eine andere und neue Art der Festspiele sere Welt gestalten. […] vorstellen. Festspiele nicht nur für Literaten und Auserwählte, Wir haben uns bei unserem Währungsreform und Ruhrfestspiele 1948 sondern Festspiele inmitten der Stätten harter Arbeit, Fest- Vorhaben zu fragen: ist die spiele im Kohlenpott, vor den Kumpels, ja, Festspiele statt in Idee des Hamburger Bürger- Salzburg in Recklinghausen! Und ich könnte mir denken, dass meisters nur ein momentaner diese neuen Festspiele einen mindestens so tiefen Hunger stil- Einfall und ein selbstgefälliges len würden, wie ihn die feinsinnigen Ästheten empfinden.13 Versprechen, wie es häufig Bürgermeister zu geben pfle- In der Eröffnungsrede des Chefdramaturgen Karl gen, das sich am Ende als eine Pempelfort, der noch vor Burrmeister über drei Jahre für Seifenblase, als ein propagan- die programmatisch-künstlerischen Aufgaben des neuen distischer Trick herausstellt, Festivals verantwortlich zeichnet, kommen selbst Zweifel oder ist es ein fruchtbringen- und Ungewissheit über die Lebensfähigkeit und die in- der Gedanke, der eine tiefere nere Konsistenz des neuen Kulturprojektes unverblümt Wirklichkeit erschließt? Denn zur Sprache. Nichtsdestoweniger bricht sich bei ihm ein zunächst mag es ja reichlich Hans Böckler vor dem Einladung zur Eröffnung der Ruhrfestpiele 1948 geradezu politisches Selbstbewusstsein in Abgrenzung gewagt, ja abwegig erscheinen, Städtischen Saalbau, um 1950

28 70. Ruhrfestspiele Recklinghausen 29 diese Stadt im Kohlenrevier zu einem Festspielzentrum ma- Böckler beschreibt in einem rhetorischen Pathos, das chen zu wollen, wo hier jeder äußere Nimbus, jede wirkungs- heute fremd erscheint, das gedankliche Fundament der Resümee volle Szenerie und jede theatralische Atmosphäre fehlen. […] Ruhrfestspiele: Die traditionelle Festspielidee, wie sie sich vor allem in den Ein Neues ringt sich durch! Salzburger Festspielen manifestiert, ist bei dem eminenten Im Dunst der Schlote, im Hämmern und Brausen der künstlerischen Wert, der ihr durch die Mitwirkung von her- Arbeit! Ein neuer Ton im Konzert der Arbeit. Die Beetho- vorragendsten Kräften des deutschen Kulturlebens gegeben venspiele in Bonn, die Mozartspiele in Salzburg sind Zeugen wird, in ihrer soziologischen Bedeutung doch wohl fragwürdig alter Kultur des deutschen Bürgertums. Recklinghausen mit geworden. seinen Festspielen wird das Zeichen eines anbrechenden neu- Salzburg ist bereits seit 1945 wieder Standort von Fest- der Kunst ein hohes moralisches und demokratisches Ziel en Zeitalters sein, in das die harte Arbeit des Kumpels, in der spielen. Ab 1947 findet auch das Bonner Beethovenfest sein müsse. Denn für wen werden diese außerordentlichen Veranstal- das mutige Schaffen von Millionen fleißigen Händen und der alle zwei Jahre wechselweise mit dem Kammermusikfest tungen gemacht? Doch – abgesehen von einer kleinen Zahl Alltag der im Büro und Geschäft Tätigen ihre Verklärung und des Vereins Beethoven-Haus statt, während die bekannten Aufgrund einer sozialen und demokratischen Grund- echter Interessenten – hauptsächlich für ein internationales ihre Erhebung auf eine höhere Ebene des menschlichen Seins Münchner Opernfestspiele erst 1950 ihren Neuanfang haltung soll nunmehr eine schichtenübergreifende Gremium zufälliger Besucher, die mehr oder weniger zur finden. finden; die Bayreuther Festspiele ab 1951, die sog. Hei- Theater- und Kulturgemeinschaft entstehen, die – wie Befriedigung ihrer Sensationslust dort hinkommen […]. Ist es Ein Neues ringt sich durch! Die Seele des Volkes, des delberger Schlossfestspiele gar erst 1974. Nicht uner- schon zu Zeiten der Volksbühnenbewegung der 1920er in dieser Hinsicht nicht viel fruchtbarer, besondere kulturelle schaffenden Volkes einer neuen Zeit drängt trotz allem Leid, wähnt soll hier auch das im Sommer 1947 entstandene Jahre – keinen Partei-, Klassen- oder Politikzielen folgt. Leistungen an einer Stätte zur Wirkung zu bringen, an der aller Not ans Licht! Die Sehnsucht nach dem Schönen, dem Festival d’Avignon bleiben, das unter der Leitung von Jean Dazu müsse eben auch zählen, die Sinnvermittlung der heute die härteste, lebenswichtigste Arbeit geleistet wird und Wertvollen und Erhabenen, die, wenn auch hier und da ver- Vilar ebenfalls Konzepte eines Volkstheaters für die ‚einfa- Kultur weit über die angestammten bildungsbürgerlichen wo eine unverbrauchte, aufnahmebereite Besucherschicht vor- schüttet unter äußerer Rauheit und scheinbarer Verbissenheit, chen Leute‘ verfolgt. Schichten hinaus zu fördern und nach Maßgabe eines handen ist, die der kulturellen Durchdringung am stärksten im Kampf um das tägliche Brot, in all den Hunderten und sozialen Teilhaberechtes und Partizipationswillens mög- bedarf?14 Tausenden schaffenden Frauen und Männern an Rhein und Doch schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg tritt lichst breite Zugänge zu schaffen. Ruhr schlummert, bekommt ihren sichtbaren Ausdruck in – in einem noch weitgehend verwüsteten Land – als un- Es bleibt Dr. h.c. Hans Böckler, der als Vorsitzender diesen Festspielen.[...]. Schauspiel, Oper und Konzert sollen bekannte neue Kulturstadt auch Recklinghausen auf den Schon ein Jahr bevor Artikel 5 des Grundgesetzes das des Deutschen Gewerkschaftsbundes in der britischen dem schaffenden Menschen höchstes deutsches Kulturgut und Plan. „Kunst für Kohle – Kohle für Kunst“ heißt am Ende Freiheitsrecht der Kunst und der Kunstschaffenden for- Zone bis zu seinem Tod die Rolle des Schirmherrn der solches Europas wie der übrigen Welt vermitteln. […] Für die die einprägsame Formel, die dem im Winter 1946/47 muliert und garantiert, entfaltet sich diese Idee bei den Festspiele bekleidet, vorbehalten, das traditionelle Bil- Gewerkschaften ist es überdies die Pflicht, dem schaffenden komponierten Gründungsmythos einer Notgemeinschaft Ruhrfestspielen nicht als bloße Deklamation, sondern als dungs- und Humanitätsideal im Zeitalter der modernen Volke die Quellen wahrer Kunst wieder zu schließen. Hamburger Schauspieler und Recklinghäuser Bergleuten konkretes, wegweisendes Projekt. Arbeitswelt zu beschwören. hinterlegt wird. [Die Festspiele in Recklinghausen sollen ein machtvolles Theodor Heuss, Carlo Schmid und andere entwi- Auch Böckler kann auf eigene biografische Prägungen Bekenntnis der Schaffenden an Rhein und Ruhr zum Glauben Die Schatten der kaum bewältigten jüngsten Vergan- ckeln daraus später das Postulat einer besonderen Rolle zurückgreifen: Als Beauftragter des deutschen Metall- an das Edle und Erhabene sein; sie sollen so helfen, die Wirr- genheit sind 1946/47 natürlich noch sichtbar: Der ver- der Arbeitnehmerschaft in der Kultur, die zum einen arbeiterverbandes der Verwaltungsstelle Köln hatte er nisse der Vergangenheit in unserer Seele zu tilgen, um wahre heerende Missbrauch von Kunst und Kultur zwischen dem Bildungsegoismus des traditionellen Bürgertums sich bereits in den frühen 1920er Jahren auch für ge- Humanität anstelle von Neid, Haß und Vorurteil in unseren 1933 und 1945 hatte zur totalitären Vereinnahmung entgegentritt, zum anderen aber eben nicht mehr nur werkschaftliche Bildungsarbeit engagiert. Politisierte, Herzen einziehen zu lassen. Möge ihnen der Erfolg beschieden einerseits und zu ihrer Verfemung, Entwürdigung, sogar milieuspezifisch zu deuten ist: Zu dieser gehöre ein ge- rein proletarische Theaterauffassungen der Weimarer sein, der ihnen gebührt, und mögen sie, gleich ihren Vorbil- Zerstörung im Sinne vermeintlich ‚entarteter’ Ausdrucks- nuiner Kulturauftrag der Gewerkschaften, welcher der Zeit sind ihm jedoch fremd; die Hochkultur des europäi- dern in Bonn und Salzburg, zu einer bleibenden Einrichtung, formen andererseits geführt. Doch diese politischen Vermassung, Anonymisierung und Entfremdung der In- schen Theaters gibt die Richtung vor. zu einem jährlich wiederkehrenden Bekenntnis der Ruhrbe- Gewalthandlungen lassen bei den Wegbereitern und dustriearbeiterschaft im „seelenlosen“ Maschinenzeitalter völkerung zu Wahrheit und Schönheit und damit zu echter Pionieren der Ruhrfestspiele das Bewusstsein entstehen, entgegentreten müsse. Kunst zu werden.15 nach welchem die ungestörte Entfaltung und Pluralität

30 70. Ruhrfestspiele Recklinghausen 31 Burrmeister und Böckler bemühen eine übergreifende, harmonisierende Humanitätsidee, wie sie seit Johann Joa- chim Winckelmann, Wilhelm von Humboldt und Goethe zum Erbe der deutschen Klassik gehört und die schon von der Volksbühnenbewegung in Anspruch genommen worden war. Dieses Ideal soll die Verkürzung und Ver- kümmerung des Menschseins auf banale, oberflächliche Zweckhaftigkeit, die Veräußerlichung, Funktionalisierung und ‚Mechanisierung‘ des Individuums auf technisch- ökonomischem Gebiet und das vollständige ‚Aufgehen‘ seines ‚Inneren‘ in einer bildungsfernen, versachlichten, rationalisierten Arbeitswelt verhindern.

Doch diese Visionen verbinden sich bei den Ruhrfest- spielen auf einzigartige Weise mit geradezu verwegenen Anfängen, bodenständigen Beweggründen und prakti- schen Entstehungsfaktoren, die sich von den Anfängen anderer europäischer Theaterfestivals deutlich unterschei- den.

Die lebensnahe Entfaltung der Festspiele, die der Gründung der Bundesrepublik im Jahre 1949 ein neues, progressives Kultur- und Theaterkonzept in die Wiege legt, bleibt einzigartig. Der Gründungsmythos der Ruhr- festspiele ist robuster Natur und kaum von ‚des Gedan- kens Blässe angekränkelt‘: Vielleicht ist gut, sich manchmal daran zu erinnern, daß die Ruhrfestspiele nicht durch Pläne, Diskussionen und Theorien entstanden sind, sondern durch Zufälle, Wagemut und persönliche Entscheidungen – und letz- ten Endes durch ein Schwarzmarktgeschäft.16

Bergarbeiter am Werbeplakat für die Ruhrfestpiele 1949

32 70. Ruhrfestspiele Recklinghausen 33 Anmerkungen Quellen: Kaschuba, Wolfgang: Vacano, Wolfgang: Lebenswelten und Kultur der unterbürgerlichen Schichten im 19. und 350 Jahre Altona. Erfurt 2014. 1 Zitiert nach Sabais, Auf dem Weg zu einer gesellschaftlichen Kultur, Stadt- und Vestisches Archiv Recklinghausen 20. Jahrhundert. München / Wien 1990. S. 15-17. Bestand 18, Ruhrfestspiele: A 1-4,A 12; C 1-3; D 1-4; F 1-2; L 1-1a; Warstat, Matthias: 2 Zitiert nach Thomas Karlauf: Der historische Moment. Ein deutsches F 763: Geschichte der Ruhrfestspiele (Slg. von unveröffentlichten Klenke, Dietmar / Lilje, Peter / Walter, Franz: Milieu und Metropole: Theatrale Passagen der deutschen Arbeiterbewe- Lesebuh, Berlin 1991, S. 321. Typoskripten). Arbeitersänger und Volksbühnen in der Weimarer Republik. Bonn 1993. gung nach 1900, in: Paul Nolte (Hg.):Die Vergnügungskultur der Groß- stadt. Orte, Inszenierungen, Netzwerke (1880-1930), Köln / Weimar / 3 Zitiert nach https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Brauer. Langewiesche, Dieter: Wien 2016, S. 160-174. Arbeiterkultur. Kultur der Arbeiterbewegung im Kaiserreich und in der 4 Zitiert nach Schildt, Brauer, S. 25. Literatur: Weimarer Republik. Bemerkungen zum Forschungsstand, in: Arbeiter- 5 Zitiert nach Matthias Uecker: Zwischen Industrieprovinz und Groß- Allekotte, Karlheinz: kultur in Deutschland, Hamburg 1984, S. 9-29. stadthoffnung. Kulturpolitik im Ruhrgebiet der zwanziger Jahre. Die Bergbaugewerkschaften in Recklinghausen von 1945 bis 1997, in: Wiesbaden 1994, S. 282. Klaus Bresser / Christoph Thüer (Hg.): Recklinghausen im Industriezeit- Litt, Theodor: Abbildungsnachweis: alter, Recklinghausen 2000, S. 461-474. Das Bildungsideal der deutschen Klassik und die moderne Arbeitswelt, Titelbild, Abb. 1-5; 10-20: Institut für Stadtgeschichte Recklinghausen 6 In: Kulturphilosophische und kulturhistorische Schriften, bearb. von neu herausgegeben von Holger Burckhart, Darmstadt 2003. Abb. 6; 8; 9: Stadtarchiv Altona e.V. Günter Spendel, Heidelberg 2002, hier S. 165. Büttner, Ursula: Pächer, Stefan: 7 Zitiert nach Schildt, Brauer, S. 80. „Gomorrha“ und die Folgen. Der Bombenkrieg, in: Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (Hrsg.): Hamburg im „Dritten Reich“. Die Ruhrfestspiele Recklinghausen von 1946 bis 1965. Die theaterge- 8 Zitiert nach Gelsing, Burrmeister, S. 146. Göttingen 2005, S. 613–631. schichtliche, politische und gesellschaftliche Funktion eines kulturellen 9 Zitiert nach Franck, Kultur im Revier, S. 26. Neuanfangs, in: Vestische Zeitschrift 94-96 (1995-1997), S. 503-590. 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Frankfurt am Main 1971. 15 Zitiert nach Sabais, Auf dem Weg zu einer gesellschaftlichen Kultur, Kultur im Revier: Geschichte der Ruhrfestspiele in Recklinghausen Scherer, Herbert: S. 17-18. 1946-1956. Würzburg 1986. Die Volksbühnenbewegung und ihre interne Opposition in der Weima- 16 Zitat Walter Schmieding: Kunst gab ich für Kohle. Die Entstehung Gelsing, Wolfgang: rer Republik, in: Archiv für Sozialgeschichte XIV (1974), S. 213-251. der Ruhrfestspiele: Legende und Wirklichkeit, in: Frankfurter Allge- Otto Burrmeisters Volkstheater-Ideal als kulturelles Leitprinzip für meine Zeitung, Ausgabe vom 26.5.1977. den Entstehungs- und Integrationsprozeß der Ruhrfestspiele Reckling- Schildt, Axel: hausen. Diss. phil. Bochum 1975. Max Brauer (Hamburger Köpfe). Hamburg 2014. Glaser, Hermann: Schmid, Carlo: Kulturgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Bd. 1: Zwischen Vom Sinn der Ruhrfestspiele, Recklinghausen 1959. Kapitulation und Währungsreform 1945-1948. 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34 70. Ruhrfestspiele Recklinghausen 35 Haus der Ruhrfestspiele, neuer Fassadenvorbau, Ansicht von Osten, Dezember 2000, mit Skulptur „Die Liegende“ von Henry Moore (1964)