2.3 Waldlandschaften

2.3 Waldlandschaften tische Veränderungen der Kleinen Eiszeit sowie Bevölkerungs- rückgänge durch Seuchen und Kriege dazu zwangen. In diesen Wälder nehmen – trotz eines Zuwachses seit 1990 – lediglich Jahrhunderten dehnte sich der Wald erneut aus. Demnach sind 493.000 ha oder ca. 24 % der Landesfläche ein. Sachsen-Anhalt ist viele der heutigen Wälder spät- und nachmittelalterliche „Neu- damit eines der waldärmsten Flächenländer Deutschlands, obwohl wälder“ auf ehemaligen Ackerstandorten, die als „Wölbäcker“ rund 91 % der Landesfläche potenzielle Waldstandorte sind. vor allem in der Altmark heute noch unter der Bestockung erkennbar sind (Greger 2015). Das Dessauer Landregister von 2.3.1 Standorte der Wälder und ihre Potenziell 1547/49 gibt für verschiedene Marken der Mosigkauer Heide an, Natürliche Vegetation dass von der früheren Ackereinteilung noch die Stücken, Fur- chen und Rücken erkennbar gewesen seien (Heese 1940). Etwa ein Drittel der aktuellen Waldvegetation siedelt auf armen Von größter Bedeutung für die Zusammensetzung und Struk- und sauren Standorten des Hainsimsen-Buchenwaldes. Mit tur der historischen Wälder war die Waldweide, in der Regel in Labkraut-Traubeneichen-Hainbuchenwald und Waldmeister- Verbindung mit Nieder- und Mittelwaldbewirtschaftung. Die Buchenwald prägen zwei weitere Waldtypen wiederum etwa ein natürlichen Wälder dienten über Jahrtausende als Weideflächen Drittel der Standorte der aktuellen Waldvegetation. Diese sind für das Vieh. Durch die oftmals mit hohem Besatz und über die vor allem auf Flächen mit höherer Reliefenergie erhalten geblie- gesamte Vegetationsperiode durchgeführte Beweidung wurde ben. Hinzu treten die Hainsimsen-Straußgras-Traubeneichen- die Verjüngung der Wälder verhindert, so dass überalterte, wälder auf armen, sauren und trockenen Standorten. Zusammen weitständige Bestände mit breitkronigen Bäumen entstanden. nehmen diese Waldtypen auf ackerbaulichen Ungunststandorten Zugleich kam es zur Förderung von Mastbäumen, so insbeson- etwa drei Viertel der aktuellen Waldstandorte ein. Die restlichen dere Eichen, Rotbuchen und Wildobst. Insbesondere die Förde- Flächen prägen natürliche Standorte der Erlen-Eschenwälder, rung der Eiche führte zur Ausbreitung von durch diese Baumart Sternmieren-Stieleichen-Hainbuchenwälder und Pfeifengras- geprägten Wäldern. Im Zusammenhang mit der Nieder- und Eichenwälder auf überwiegend nassen und teilweise nährstoff- Mittelwaldbewirtschaftung erfolgte zusätzlich eine Förderung armen Standorten. der Eiche gegenüber der konkurrenzstärkeren Rotbuche. Ein Verzeichnis der Gehölze im Amt Düben von 1538 lässt auf 2.3.2 Nutzung der Waldlandschaften und deren großflächige lockere Bewaldung aus überwiegend Birken und Bedeutung für die Avifauna Kiefern schließen, die von mehr oder weniger großen Baum- gruppen aus Eiche mit Hainbuchen durchmischt waren. Auch Nach den großen vorgeschichtlichen und geschichtlichen Ent- die Buche wird in dem Verzeichnis aufgeführt. In feuchteren waldungsphasen, in denen vor allem die Altsiedlungsgebiete Bereichen wuchsen Erlen und auch Fichten. Dabei waren die Pio- der Löss- und Schwarzerderegionen schon seit der Jungsteinzeit nierbaumarten Kiefer, Birke und Eiche am stärksten vertreten. geschaffen wurden, erreichte der Waldanteil im Mittelalter als Waldbrände, übermäßige Nutzung und Verbiss durch Weidevieh Folge der Landeserschließung seinen Tiefststand. Im Spätmit- hatten zu dieser Zeit starke Schäden verursacht. Eine natürliche telalter mussten viele Acker- und Siedlungsflächen im Rahmen Waldverjüngung glückte nur ausnahmsweise. Zur Verbesserung eines Wüstungsprozesses aufgegeben werden, weil die Leistungs- der Situation sollten die „verstummelten“ Bestände abgetrieben, kraft der nährstoffärmeren Sandböden erschöpft war und klima- nur die alten Masteichen, das Bauholz sowie brauchbare Jung- hölzer verschont und die erhoffte Naturverjüngung gepflegt und 35 gehegt werden. Zudem war eine 30 Einteilung des Waldes in Schläge geplant (Bendix 2001). Diese 25 Beschreibungen lassen für die %

n 20 Heidegebiete ein den aktuell in i l i

e Sukzession befindlichen Trup- t 15 n penübungsplätzen vergleichbares A 10 Waldbild erahnen. Ob die Wald- verjüngung zu dieser Zeit nur von 5 selbst oder auch aktiv erfolgte, ist 0 nicht feststellbar. Bei Dessau ließ ) ) ) - - d d t a a a l e r r e r a h h h e n d Fürst Johann Casimir zur Zeit a

d l l u n l

r 5 4 9 w ä - ä E 8 7 5 h w w u . H des Dreißigjährigen Krieges zur . 3 . 8 . 4

(223 ha) - u e n u c 4 7 7 e n ( ( r (2.537 ha) (7.728 ha) (1.312 ha) (2.186 ha) e n a h l 2 ( r (29.620 ha) (71.274 ha) (25.017 ha) (42.200 ha) (57.523 ha) Moore und z b c h

l Festlegung von Flugsanddünen Pfeifengras- E (136.729 ha) c Hainsimsen- e i o s Waldmeister- e n Kippenwälder l Fichtenwälder h Buchenwälder Buchenwälder E W r Kienäpfel ausstreuen, woraus die E Moorbirkenwald Stieleichenwälder und Dünenwälder Blockschutt-, Fels- Hainbuchenwälder Hainbuchenwälder heutigen Kienheiden entstanden Traubeneichenwälder Eichen-Trockenwälder

Hainsimsen-Straußgras- (Heese 1940). Sternmieren-Stieleichen- Labkraut-Traubeneichen- Die Betriebsform des Nieder- Biotope waldes bestand darin, die Bestände Prozentuale Anteile der Vegetationseinheiten der Potenziell Natürlichen Vegetation an der aktuellen in kurzen Abständen von etwa Waldfläche Sachsen-Anhalts (LAU 2000). 10 bis 25 Jahren zu schlagen und

1 2 Landschaften und ihre historische sowie aktuelle Besiedlung durch Vögel

Moore und Moorbirkenwald Erlenbruch- und Erlenwälder Erlen-Eschenwälder E E E E EEE E E E E EEE Weich- und Hartholzauenwald Sternmieren-Stieleichen-Hainbuchenwäler Labkraut-Traubeneichen-Hainbuchenwälder Pfeifgras-Stieleichenwälder Hainsimsen-Straußgras-Traubeneichenwälder Eichentrockenwälder Hainsimsen-Buchenwälder Waldmeister-Buchenwälder Blockschutt-Fels- und Dünenwälder Fichtenwälder Kilometer Kippenwälder 0 5 10 20 30 40 50

Aktuelle Waldstandorte Sachsen-Anhalts und ihre Potenziell Natürliche Vegetation (LAU 2000, 2009).

2 2.3 Waldlandschaften

Hainbuchenniederwald bei Eisleben. 16.05.2015. Foto: U. Patzak.

Durchgewachsener Mittelwald im Saalberghau bei Dessau. 01.09.2008. Foto: U. Patzak.

3 2 Landschaften und ihre historische sowie aktuelle Besiedlung durch Vögel

Bäume sowie Gehölze aus dem Stock ausschlagen zu lassen. So in unsrer Gegend eben keine Seltenheit und in den ebenen Dessaui- entstanden buschförmige Wälder aus ausschlagfreudigen Arten, schen, Zerbster […] Waldungen, wo viel Birken wachsen, und unter wie z. B. der Eiche, der Hainbuche, der Linde oder der Hasel. welchen sich einzelne alte Eichen befinden, ist sie sogar häufig […]“ Hinzu traten viele Straucharten. Diese Bewirtschaftungsart kam (J. A. Naumann 1802). Zum Steinkauz schreibt J. A. Naumann dem Haselhuhn zugute, das in Sachsen-Anhalt in der Vergan- (1803), „Man findet diese kleine Eule nicht allein in den Wäldern genheit zumindest im Brutvogel war. „Die Haselhühner hal- […]“. Die Klappergrasmücke bezeichnet J. F. Naumann (1822) ten sich gewöhnlich in niedrigem Gesträuch und Dickungen […] als „[…] wahren Waldvogel […]“, ebenso die Sperbergrasmücke, auf, […] man trifft sie im Harze, aber nicht zu häufig, an“ (J. A. welche die Laubholzwälder liebe, „[…] die aber allezeit […] viel Naumann 1796). Buschholz, doch wenig oder nicht zu dicht stehende hohe Bäume Im Mittelwald, der im 12. Jahrhundert als Betriebsform ein- haben […]“ müsse. Diese Beschreibungen drücken den lichten geführt wurde, verband man die Niederwaldnutzung der unte- Charakter und Strauchreichtum der damaligen Wälder aus. ren Baumschicht mit der Förderung von Kernwüchsen, d. h. aus Die Waldbewirtschaftung war in der ersten Hälfte des 19. Samen entstandener Verjüngung, die zu einer oberen Baum- Jahrhunderts den jagdlichen Interessen nachgeordnet. Hinzu schicht aufwachsen konnte. Diese Bäume wurden nach etwa trat noch die Beweidung des Waldes mit Nutztieren. Dennoch 100 Jahren geschlagen und erbrachten Bauholz. Der Unterstand hat offensichtlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts der wurde weiterhin im Nutzungszyklus des Niederwaldes geschla- Beweidungsdruck durch den schrittweisen Übergang zur Stall- gen, wobei aber der Erhaltung sogenannter Lassreitel Beachtung haltung des Viehs abgenommen. Dazu kam, dass für die großen geschenkt wurde, die den Oberstand ergänzen sollten. Am Bei- Schafherden Offenländer zur Beweidung durch Rodung von spiel der Hartholzauenwälder des Mittelelbegebietes beschreiben Wald geschaffen worden waren. Die Verordnung 350 (Sammlung Reichhoff & Reichhoff (2010) diese historische Bewirtschaf- Landesherrlicher Verordnungen, welche im Herzogtum Anhalt- tungsform für Sachsen-Anhalt. Im 18. Jahrhundert prägten die Dessau ergangen sind) belegt, dass zu dieser Zeit eine positive Mittelwälder die Auen an der in Anhalt. Im Dessauer Raum Entwicklung der Holzvorräte festzustellen war. Das führte dazu, wurde die Mittelwaldnutzung im 16. Jahrhundert eingeführt dass eingeführtes Holz nicht mehr durch Erlass von Abgaben (Heese 1940). Neben dem Mittelwald bestand weiterhin aber und Zöllen begünstigt zu werden brauchte. Dennoch mahnte auch Niederwald. Oberjägermeister Otto von Saldern 1834 die Notwendigkeit der Zu Beginn des 18. Jahrhunderts war die Belastung der Wälder Einrichtung der Wälder an, um festzulegen, „wie hoch sich bei durch Waldweide erheblich. In einem Bericht von Oberforst- meister von Kreyz aus dem Jahre 1715 wird mitgeteilt, dass in den an Anhalt-Dessau angrenzenden Lödderitzer Waldungen bei voller Mast etwa 100 Schock (= 6.000) Schweine fett gemacht werden könnten (Minckwitz 1954). Dies unterstreicht die enorme Bedeutung der Eichelmast für die Landwirtschaft, hinter welche die Ziele der Forstwirtschaft in dieser Zeit zurücktraten. Die Viehhaltung war aber Ende des 18. Jahrhunderts immer noch auf die Beweidung der Brachen und der Wälder ange- wiesen. Das Beispiel aus den preußischen Forsten in Lödderitz macht die Intensität der Beweidung des Waldes deutlich. Dort wurden je Hektar Waldfläche etwa 12 Stück Großvieh zuzüglich Schafen und Schweinen eingetrieben (Schauer 1970). Die hierdurch aufgelichteten Wälder mussten aufgrund der Durchsonnung und des Viehdungs einen enormen Insekten- reichtum zur Folge haben, was Arten wie Blauracke oder Wie- dehopf, aber auch Steinkauz entgegenkam. „Die Mandelkrähe ist

4% 1%

Jährlicher Viehein- trieb zwischen 1790 und 1800 in den Löd- 95% deritzer Forst. Hinzu trat noch die Schweine- Aus Hudewald hervorgegangener Mittelwald in der Elbeaue bei Dessau mast im Herbst (nach mit uralter Hudeeiche im Vordergrund. 19.04.1859. Foto: G. Völkerling Rinder Pferde Schafe Schauer 1970). (aus Erfurth 1991).

4 2.3 Waldlandschaften einer nachhaltigen Wirtschaft das jährl. zu hauende Quantum wald der Rabeninsel in Halle erreichte das Ulmensterben 1966 belaufen darf“. seinen Höhepunkt (Gnielka 1978). In der Folge wuchsen in den Der allgemeine Übergang vom Mittel- zum Hochwald voll- entstandenen Lichtungen verstärkt Brennnesseln sowie Wurzel- zog sich etwa ab 1800. Das auenwaldreiche Herzogtum Anhalt brut der Feldulme auf, so dass Fasan, Gelbspötter, Mönchs- und verfügte aber noch am Ende des 19. Jahrhunderts an Elbe und Gartengrasmücke, Heckenbraunelle, Girlitz, Stieglitz und Feld- Mulde über die ausgedehntesten Auenmittelwälder. Grund dafür sperling zunahmen, der Buchfink hingegen ab. dürfte die konservative Haltung des regierenden Herzogs Leo- Hinsichtlich der historischen Entwicklung der Wälder im pold Friedrich und dessen Vorliebe für Alteichen gewesen sein Fläming ist zu bemerken, dass die Verteilung mittelalterlicher (Reichhoff 2010). Nach 1871 begann aber die zielstrebige Ansiedlungen in der Landschaft deutlich dichter war als heute. Umwandlung der Mittel- in Hochwälder. Bedeutend war die flämische Besiedlung im 12. Jahrhundert (die In den Mittelwäldern des Reviers Wörlitz herrschte im Ober- Bezeichnung Fläming rührt daher). Waldrodungen, dem Boden holz die Eiche vor, beigemengt waren hauptsächlich Rüstern und Nährstoffe entziehender Ackerbau und Verbrachung nach Auf- Eschen, seltener Hainbuche, Ahorn, Birke, Kastanie, Obstbäume gabe der Siedlungen sowie nachfolgende Hutung schufen Vor- und Weichhölzer. Das Unterholz wechselte stark, es bestand aus aussetzungen für die Ausbildung großflächiger offener Heiden. Obstholzarten, Schlehe, Hartriegel und Hasel (Wagner 2000). Das Landschaftsbild im ausgehenden Mittelalter und in den Der Übergang von der Betriebsform Mittel- zu Hochwald ver- nachfolgenden Jahrhunderten war geprägt von weiten, kargen lief auf den Wegen der Umwandlung und der Überführung. Bei Heideflächen, die außer mageren Weiden nur der Zeidlerwirt- der Umwandlung erfolgte der Abtrieb der Bestände mit nachfol- schaft, bei der Honig von in Bäumen lebenden wilden Bienen gender Umstellung auf Kernwuchsbetrieb (d. h. die Aufforstung). gewonnen wurde, als Grundlage dienten. Erst mit der Auffors- Die Überführung geschah hingegen durch ein „Durchwachsen- tung schlossen sich die Wälder um die Orte und vermittelten den lassen“ mit nachfolgender Vereinzelung der aus Stockausschlag Eindruck von Rodungsinseln. Um 1700 begann die Entwicklung hervorgegangenen Stämme. der Kiefernforste. Zunächst waren die Erfolge gering, da vor Die Auswirkungen des Strukturwandels der Hartholzauenwäl- allem die Streunutzung die Forste belastete. Die Entnahme der der vom lockeren, parkartigen Aufbau der Mittelwälder zu den organischen Streuschicht durch Abharken und ihre Verwendung vorratsreichen Hochwäldern auf die Brutvögel konnten Patzak als Einstreu für die Ställe verstärkte den Nährstoffmangel der & Seelig (2006) beispielhaft für die Wälder der mittleren Elbe Waldböden und ließ kaum die Herausbildung wüchsiger Wälder aufzeigen. Sie stellten markante Veränderungen der Artenzu- zu. Sie förderte aber das Vorkommen bestimmter Pilze, z. B. Pfif- sammensetzung zwischen 1972/73 (Dornbusch & Heidecke ferlinge, und schuf Bedingungen für das Auftreten heute seltener, 1974) und 2003/2004 fest. So haben sich aus Auenwäldern mit konkurrenzschwacher Pflanzen, wie z. B. der Bärlapp- oder Win- eher parkartigem Charakter um 1960 infolge reduzierter Nut- tergrünarten. Erst nach Mitte des 19. Jahrhunderts konnte die zungen und dadurch bedingter kontinuierlicher Erhöhung der Streunutzung unterbunden werden. Gehölzgrundflächen bzw. Holzvorräte wesentlich dichtere Auen- Damit wurde die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einer wälder entwickelt, die z. B. für Arten wie Wendehals, Grünspecht, Zeit der Entwicklung der schlagweise genutzten Kiefernforste, Goldammer, Baumpieper, Klapper- oder Dorngrasmücke heute die, abgesehen von den Buchenwaldgebieten im Hohen Fläming, maximal noch in Randbereichen besiedelbar sind. absolut dominant die Nutzung bestimmten. Mischbaumarten Allerdings kommt es nicht ausschließlich bewirtschaftungsbe- wurden nicht geduldet. Nach Erreichung der Hiebsreife erfolgte dingt zu Veränderungen der Waldstruktur. So trat seit den 1960er Kahlschlag, der dann erneut mit Kiefern aufgeforstet wurde. Die Jahren in den Hartholzauenwäldern das Ulmensterben auf. Seit- intensive Bewirtschaftung basierte auf den Theorien der Boden- her fiel die Feldulme als eine der natürlichen Hauptbaumarten reinertragslehre, die ab 1858 von Max Preßler (1815-1886) in dieser Waldgesellschaft im Oberstand weitgehend aus. Im Auen- Tharandt begründet wurde. Auf Grundlage der Berechnung

40 8 7 1972/73 2003/04 6 a 30 / h

2 5 m 4 i n g

BP/10ha 3

n 20 l u

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E 10 0 s t r l r r ck h se e e e e le g e tz e al c i t ck ck ck al l in p li ku h e e t ü ü ü ig e rl e ir m c e p m ö t n e i G d s z p m m m h p am Ku n n s rau sp e ü an lb ras ras ras ac b d m ld r e g g g N n l au o W G w G r e e B G h en e rn k F 0 Sc t p o c D e ar lap H 1984 1996 2003/07 G K Entwicklung der durchschnittlichen Gehölzgrundfläche im Hartholz­ Vergleich der Abundanzen von Brutvögeln der Hartholzauenwälder auenwald zwischen 1984 und 2003/07 (nach Dornbusch 1988 und in den Jahren 1972/73 bzw. 2003/04. Dargestellt sind Vogelarten mit Patzak­ et al. 2008). Bevorzugung aufgelockerter, strauchreicher Laubwälder (nach Dorn- busch & Heidecke 1974, Patzak & Seelig 2006). 5 2 Landschaften und ihre historische sowie aktuelle Besiedlung durch Vögel des maximierten Kapitalzinses ergab sich für den 100% „Normalwald“ mit strengem Altersklassenverhält- nis reiner Bestände und Kahlschlagbetrieb, dass die 80% „rentabelsten Holzarten“ die Fichte und die Kiefer seien. Diese Lehre hatte einen großen Einfluss auf die Forstwirtschaft und spiegelt sich noch heute 60% in den ausgedehnten Kiefernforsten des Flämings, aber auch der Dübener Heide oder der Altmark wider. 40% Flächenanteil Ein aussagekräftiges Beispiel für die beschriebe- nen Verhältnisse ist das Revier Bärenthoren, von 20% dem ca. 64 % der 1926 vorhandenen 600 ha erst nach 1790 aufgeforstet worden waren. Aus diesem Revier wurden insgesamt 800 Fuhren von etwa 0% 1837 1873 1893 1921 1922 1934 1949 1992 100 ha streugenutzter Fläche geholt. Dies bedeutet, dass die gesamte Fläche aller fünf bis sechs Jahre Eiche Buche Kiefer Fichte Lärche Erle Sonstige streugenutzt war (Pietschmann 1997). Vergleich- Prozentuale Anteile der Baumarten im Zeitraum von 1837 bis 1992 im Bereich der Ober- bare Entwicklungen vollzogen sich auch in den försterei bzw. des Forstamtes Tornau/WB (Dübener Heide). Nach 1837 erfolgte eine Wäldern der Altmark und Dübener Heide. Zurückdrängung von Buche und Eiche zugunsten des Kiefernanteils (Bendix 2001). Die Waldgeschichte des Harzes ist eng mit der Entwicklung des Bergbaus verbunden (Wegener 2001, Beug et al. 1999, Bornhardt 1943). Innerhalb von drei Das führte weiterhin dazu, dass selbst in abgelegenen Revie- verschiedenen Bergbauphasen zwischen dem 13. und 17. Jahr- ren im Jahre 1798 kein überständiges Holz mehr vorhanden war. hundert wurde der zuvor noch überwiegend dichte Harzwald Die Umtriebszeit der Rotbuche wurde schließlich mit 12 bis 30 stark zurückgedrängt (vgl. Kapitel Harz). In der Folge musste Jahren festgelegt. Die Übernutzung des Waldes wurde deutlich sich im 16. und 17. Jahrhundert der Wald ausschließlich durch und schwächte den Bergbau und das Hüttenwesen. Ohne Ener- Naturverjüngung erneuern. Damit verbunden war in jener gie- und Bauholzbasis drohte dem Bergbau der vollständige Zeit ein Baumartenwechsel zu mehr Weiden und Zitterpappeln Bankrott. Im kursächsischen Ostharz wurde deshalb bereits 1587 (Schleicher 2002, Kortzfleisch 2008). eine Holzordnung erlassen, welche die Schonung des Oberhol- zes, einen frühestens 12-jährigen Umtrieb des Unterholzes und 31 eine fünfjährige Schonung vor Vieheintrieb nach Holzeinschlag beinhaltete. Damit sollte die Mittelwaldwirtschaft gesichert werden. Allmählich entstand Mitte des 18. Jahrhunderts durch Holz- und Forstordnungen ein vielfältigeres Waldbild, das aber 104 30 bis 50 Jahre später durch den schlagweisen Hochwald, der die Anteil erstaufgefor- Pflanzung von Fichten vorsah, abgelöst wurde. Das offene und steter Hutungen und vielgestaltige Landschaftsbild des Harzes bestimmten nun groß- Äcker (in Hektar) im flächige Fichtenforste. Noch 1870 gingen 70 % des Einschlags in Revier Bärenthoren den Bergbau und das Hüttenwesen und nur 29 % gelangten in 250 in den Jahren 1790 bis den Hausbrand und den Holzhandel. Der schlagweise Fichten- 1810, 1850 und 1875 forst als Monokultur besteht bis heute im Harz und ist mit viel- (nach Pietschmann fältigen Problemen, wie Windwurf und Borkenkäferkalamitäten, 1790 bis 1810 1850 1875 1926).

Artenzahl und Siedlungsdichten in Kiefernforsten ändern sich in Abhängigkeit vom Alter bzw. Stadium sowie der Strukturierung der Bestände. Alter bzw. Wuchsklasse Erfassungsjahr(e) absolute absolute bzw. Dominante Arten Quelle bzw. mittlere mittlere Abun- Artenzahl danz (BP/10 ha) Dickung aus Naturverjüngung, teils 1992 16 41,1 Fitis, Buchfink, Gartengrasmücke, Patzak (1992) dicht, teils lückig mit Birken- und Rotkehlchen Ginsteranteilen Dickung im Übergang zum Stan- 1964-1967 10 24,5 Fitis, Heckenbraunelle, Rotkehl- Dornbusch genholz (Mischbaumartenanteil chen, Buchfink, Klappergras- (1972) max. 10 %) mücke, Ziegenmelker Mittleres bis starkes Stangenholz 1961-1963 11 23,5 Buchfink, Baumpieper, Gartenrot- König (1968) (geschlossener Reinbestand) schwanz, Misteldrossel, Tannen- meise Altbestand 1972 31 125,7 Buchfink, Fitis, Baumpieper, Star, Schwarze & Kohlmeise, Zilpzalp Kolbe (2006)

6 2.3 Waldlandschaften

Eiche, Hainbuche Fichte Kiefer Rotbuche 0 5 10 20 30 40 50 Kilometer sonstige Baumarten

Verteilung der Hauptbaumarten in den Wäldern Sachsen-Anhalts (nach der CIR-Luftbildinterpretation,LAU 2009).

7 2 Landschaften und ihre historische sowie aktuelle Besiedlung durch Vögel

50% 16 Anzahl der Arten 70 45% 14 Gesamtabundanz (BP/10ha) 60 G e 40% n s

e 12 t 50 a r 35% m A

10 t r 30% 40 a e b d 8 u

l

25% n

h 30 d

a 6 a

20% z n n

20 z

15% A 4

Flächenanteil in % 10% 2 10 5% 0 0 0% Kontroll-Flächen Nistkasten-Flächen Eiche, Fichte Fichte Kiefer Rotbuche Sonstige Hainbuche > 600 m (25.319 ha)(220.994 ha)(45.368 ha)(102.087 ha) Vergleich der Artenzahl sowie der Gesamtabundanz der Brutvögel in (60.664 ha) (27.347 ha) Kiefernjungbeständen bei Steckby in Flächen ohne bzw. mit Nistkästen. Prozentuale Anteile der Hauptbaumarten an der aktuellen Waldfläche Vor Ausbringung der Nistkästen betrug der Freibrüteranteil nahezu Sachsen-Anhalts (LAU 2009). 99 % (nach Dornbusch 1972). behaftet. Erst in jüngster Zeit werden standortgerechte Laubwäl- 100 der und stabilere Mischwälder gefördert. Anteil der Freibrüter (%) Von den 493.000 ha Wald in Sachsen-Anhalt werden gegen- wärtig etwa 60 % von Nadelholz eingenommen. Die Nadelholz- 80 Anteil der Höhlenbrüter (%) forsten setzen sich überwiegend aus Kiefernbeständen zusam-

men, die Fichte ist deutlich nachgeordnet. Lediglich im Hoch- %

60 n i harz kommen natürliche Fichtenwälder vor. l i e

Bestimmende Baumart der Wälder insgesamt ist die Kiefer mit t n 40 einem Anteil von ca. 46 % an der Waldfläche. Sie stockt vor allem A auf den pleistozänen Standorten des Tieflandes. Danach folgt die Gruppe der sonstigen Baumarten, die z. B. Pappel, Robinie, Rot- 20 Eiche, Lärche, Douglasie enthält, mit ca. 22 %. Durch systematisches Aufhängen von Nistkästen stieg in jün- geren Kiefernbeständen der Steckbyer Heide die mittlere Arten- 0 zahl auf 14 (11 bis 17) und die mittlere Gesamtabundanz auf Kontroll-Flächen Nistkasten-Flächen 66,5 BP/10 ha (40 bis 123 BP/10 ha). Begrenzender Faktor der Vergleich des Anteils an Höhlenbrütern in Kiefernjungbeständen bei Siedlungsdichte in Jungbeständen war demnach das Brutplatz- Steckby in Flächen ohne bzw. mit Nistkästen (nach Dornbusch 1972).

Kieferndickung bei Bösdorf/BK. 11.05.2015. Foto: A. Arnhold.

8 2.3 Waldlandschaften

Waldbild der Steckbyer Heide in den 1930er Jahren. Foto: M. Behr (Archiv Staatl. Vogelschutzwarte).

Waldbild der Steckbyer Heide im Jahr 2007. 16.05.2007. Foto: S. Fischer.

9 2 Landschaften und ihre historische sowie aktuelle Besiedlung durch Vögel

Artenzahl und Siedlungsdichten von Brutvögeln verschiedener Laubwälder. Waldtyp/Struktur Erfassungsjahr(e) absolute absolute Abun- Dominante Arten Quelle Artenzahl danz (BP/10 ha) Buchenmischbestand im Flechtinger 1970 19 49 Waldlaubsänger, Rotkehlchen, Buch- Brennecke Höhenzug (86-jährig) fink, Star (1971) Hartholzauenwald Biederitzer Busch 1968 29 134 Mönchsgrasmücke, Rotkehlchen, Star, Stein (1968) (110-jährig, stieleichendominiert) Buchfink, Singdrossel Hartholzauenwald Plötzkau 1968 35 187 Star, Kohl- und Blaumeise, Buchfink, Koop (1968) (eschendominiert) Feldsperling Hartholzauenwald – 1964–1977 42–49 132–172 Star, Buchfink, Singdrossel, Feldsper- Gnielka Rabeninsel Halle ling, Kohl- und Blaumeise (1978) Hartholzauenwald Mittellelbe (130- 2003/04 44 65-124 Star, Buchfink, Kohl- und Blaumeise, Patzak & bis 250-jährig, stieleichen­dominiert) Mönchsgrasmücke, Kleiber Seelig (2006) Eichenreinbestand bei Ballenstedt 1976 23 91,1 Kohlmeise, Feldsperling, Blaumeise, George (collin, ca. 140-jährig) Star, Kleiber, Baumpieper, Trauer- (1984) schnäpper, Buchfink Weichholzauenwald Mittelelbe 2003/04 44 62-162 Buchfink, Sumpfrohrsänger, Star, Gar- Patzak & tengrasmücke, Kohl- und Blaumeise Seelig (2006) Pappelforst Biederitzer Busch 1968 16 61 Dorn- und Gartengrasmücke, Fitis, Stein (1968) (13-jährig) Goldammer, Zilpzalp Pappelforste Mittelelbe (älter, einmal 2003 30 67,6 Mönchsgrasmücke, Buchfink, Garten- Patzak & lückig, mit Pionierwaldcharakter und grasmücke, Star, Amsel Seelig (2006) einmal mit Eichenbeimischung) angebot für Höhlenbrüter, nicht die Nahrungsverfügbarkeit. südlichen und nördlichen Rand des Harzes. Generell gehören die Häufigste Höhlenbrüter waren Trauerschnäpper und Kohlmeise naturnahen Laubwälder Sachsen-Anhalts zu den Lebensräumen (Dornbusch 1972). mit den höchsten Artenzahlen und Siedlungsdichten der Brut- Bemerkenswert ist der relativ hohe Anteil der von Eiche und vögel. Bestimmende Parameter hierfür sind neben der Baum­ Hainbuche bestockten Waldfläche Sachsen-Anhalts mit ca. 13 %. artenmischung und Altersstruktur auch die Schichtung der Dies sind vor allem die Hartholzauenwälder, die Eichen-Hainbu- Bestände, Bestockungsdichte und Holzvorräte sowie der Höh- chenwälder des Hügellandes und die vergleichbaren Wälder am lenbaumanteil. Die Wälder mit höheren Anteilen älterer Eichen

Hartholzauenwald bei Wörlitz/WB. 03.10.2011. Foto: U. Patzak.

10 2.3 Waldlandschaften

Rotbuchenaltholz, Nordharzrand südwestlich von Ilsenburg. 30.06.2011. Foto: B. Nicolai. sind die artenreichsten Waldgesellschaften. Zugleich werden 4,5 hier die höchsten Siedlungsdichten erreicht. Im Vergleich zu den 4,0 Auenwäldern aus Gehölzarten der natürlichen Vegetation wur- 3,5 den die zwischen 1950 und 1990 auf größeren Kahlschlägen der a h / Auenwälder begründeten schnellwüchsigen Pappelforsten durch ³ 3,0 m

weniger Vogelarten und in geringerer Dichte besiedelt. n i 2,5 s

Die Rotbuche, die von Natur aus dominierende Baumart der h c

Wälder Sachsen-Anhalts, erreicht aktuell nur einen Flächenanteil a 2,0 w von ca. 9 %. Die Vorkommen verteilen sich sowohl auf Standorte u Z 1,5 des Tief- und Hügellandes als auch auf solche des Berglandes. Fichten stocken auf etwa 11 % der sachsen-anhaltischen Wald- 1,0 fläche, ihr Vorkommensschwerpunkt liegt im Harz. Die dortigen 0,5 Bestände sind je zur Hälfte als Forsten auf Buchenstandorten unter 600 m bzw. als naturnahe bis natürliche Wälder oberhalb 0,0 e e e e h h m m ic c er er 600 m ü. NN einzustufen. E u äu äu B b au b au b sd b sd Wurden die Wälder jahrhundertelang zurückgedrängt und n n au e au e L b L b übernutzt, nahmen nach Einführung einer geregelten und nach- re e re e e r L e r L d e d e h g haltigen Forstwirtschaft etwa ab Mitte des 19. Jahrhunderts die an o an ri h d ie Holzvorräte allmählich zu. Nach den Ergebnissen der letzten n Bundeswaldinventur steigerte sich in den Wäldern Sachsen- Veränderung des Derbholzvorrates der Laubhölzer zwischen 2002 und Anhalts allein zwischen 2002 und 2012 der Holzvorrat der Laub- 2012 in Sachsen-Anhalt (Basis: begehbarer Wald, mit Lücken, Bäume ab holzarten um ca. 11 m³/ha und der Nadelholzarten um ca. 20 m³/ 7 cm Brusthöhendurchmesser; BMEL 2012). ha (BMEL 2012).

Artenzahl und Siedlungsdichte der Brutvögel natürlicher Fichtenwälder. Waldtyp/Struktur Erfassungsjahre Mittlere mittlere Abundanz Dominante Arten Quelle Artenzahl BP/10 ha Fichtenwald am Ost- 1994–1996 26 20,4 Buchfink, Rotkehlchen, Tannenmeise, Zaunkönig, Hellmann hang des Brockens Wintergoldhähnchen et al. (1998)

11 2 Landschaften und ihre historische sowie aktuelle Besiedlung durch Vögel

Jüngerer Fichtenforst mit Birkenbeimischung im Harz südwestlich Ilsenburg. Die Fichten im Hintergrund bilden nach Borkenkäferbefall bereits seit 2010 stehendes Totholz. 13.06.2015. Foto: B. Nicolai.

Davon profitieren viele Waldvogelarten, beispielsweise einer „Reliktart“ alter Wälder eine große Wertigkeit (Günther Bunt-, Mittel- und Schwarzspecht, bis heute. Andererseits wer- et al. 2004). Diese Art kannte bereits J. A. Naumann (1797) den dadurch Arten, die lockere Strukturen bzw. lichtere Ver- in den Wäldern als Bewohner „[…] hoher, hohler Eichen […]“. hältnisse beanspruchen, zurückgedrängt (Patzak & Seelig Nachdem in den 1990er Jahren die forstwirtschaftliche Nut- 2006). Eine ähnliche Entwicklung kann für die Eichen-Hainbu- zung aufgrund der fehlenden Nachfrage nach Holz eher extensiv chenwälder Sachsen-Anhalts angenommen werden. Dennoch betrieben und „naturnahe Waldwirtschaft“ und „Dauerwald“ sind Laubwaldbestände mit einem Alter >160 Jahre landesweit propagiert wurden (Landesforstverwaltung Sachsen-Anhalt o. J., sehr selten. Sie besitzen u. a. im Selketal im Harz und in der Thomasius 1996), hat sich der Nutzungsdruck als Folge der Ent- Colbitz-Letzlinger Heide für baumbrütende Mauersegler als wicklung holzverarbeitender Betriebe und Biomasseheizkraft-

20,0

18,0

16,0

14,0 a h / ³ 12,0 14 m 12 a n i

10,0 h 10 / s ³

h 8 m c

a 8,0 6 n i w 4 u g Z 6,0 n 2 u

r 0 4,0 e -2 d

n -4 2,0 Ä -6 e -8 re re re e e e e r re r r r r 0,0 ah ah ah ah ah ah ah ah ah 1-20 J 160 J -2,0 2-40 J 41-60 J 61-80 J > 81-100 J 01-120 J 21-140 J 41-160 J Fichte Douglasie Kiefer Lärche 1 1 1

Veränderung des Derbholzvorrates der Nadelhölzer zwischen 2002 und Veränderung des Derbholzvorrates nach Baumaltersklassen in Sach- 2012 in Sachsen-Anhalt (BMEL 2012). sen-Anhalt zwischen 2002 und 2012 (BMEL 2012).

12 2.3 Waldlandschaften werke in Mitteldeutschland seit dem Jahr 2000 wieder erhöht, Sachsen-Anhalts mindestens ein bis zwei von ihnen vor, auch was neben einer stärkeren Durchforstung junger und mittelal- wenn dort größere zusammenhängende Laubwälder fehlen. ter Bestände auch einen erhöhten Einschlag von Althölzern, Zudem brüten weitere Arten auch in Nadelwäldern, wenn diese insbesondere bei der Buche, zur Folge hatte. Hinzu tritt die flä- einen gewissen Laubholzanteil aufweisen, zum Beispiel Wald- chige Verjüngung der Buche. Hierdurch werden einer weiteren laubsänger oder Weidenmeise. Zunahme von an Althölzern gebundenen Vogelarten Grenzen Dennoch sind anhand der Anzahl der vorkommenden cha- gesetzt. Dennoch nimmt der Holzvorrat der Wälder insgesamt rakteristischen Brutvogelarten die wichtigsten größeren Waldge- weiterhin zu, insbesondere durch starke Zuwächse in den mit- biete mit höheren Anteilen an Laubwäldern erkennbar. So heben telalten Beständen. sich im Osten die Buchenwaldbestände der Dübener Heide und des Hohen Flämings und dazwischen die Hartholzauenwälder 2.3.3 Leitbrutvogelarten der Waldlandschaften der mittleren Elbe ab. Im Südwesten zeigt die Karte der Arten- dichte die Eichen-Hainbuchen- und Buchenwälder des - Auf den eher geringen Waldanteil von etwa 24 % der Landesflä- Unstrut-Gebietes sowie des Südharzes an, während sich im Wes- che konzentrieren sich die Vorkommen der Waldvögel. Insge- ten die entsprechenden Wälder des Harzes abheben. Gut erkenn- samt 20 Arten können als Charaktervögel der Wälder des Landes bar sind auch die TK25 mit Hakel und Hohem Holz. Im Nordteil angesehen werden, davon 12 der Laub- und 9 der Nadelwälder. Sachsen-Anhalts heben sich die Buchenwälder des Flechtinger Höhenzuges und östlich Klötze sowie die Eichen-Hainbuchen- 2.3.4 Verbreitung der charakteristischen Brutvogel- wälder der Colbitz-Letzlinger Heide heraus. Zudem führen hier arten in den Wäldern des Landes die Laubwälder der Niederungen zu einer höheren Dichte der Charakterarten. Da viele der charakteristischen Brutvogelarten der Laubwälder In den Karten der charakteristischen Brutvogelarten der (Waldkauz, Kleinspecht, Sumpf- und Schwanzmeise, Kleiber, Nadelwälder spiegelt sich die Waldverteilung Sachsen-Anhalts Gartenbaumläufer und Grauschnäpper) auch in anderen laub- realistischer wider als bei den Arten der Laubwälder. So wird waldähnlichen Habitaten brüten können, z. B. in Flurgehölzen, der waldarme Ackerlandgürtel, der das Land von Südosten nach Parkanlagen oder auf Friedhöfen, kommen auf jedem TK25 Nordwesten durchzieht, gut abgebildet. Sehr gut heben sich die

Charakteristische Arten der Brutvogelgemeinschaften der Laubwälder in Sachsen-Anhalt nach Flade (1994). Leitarten Birken- Erlen- Weiden- Hartholz- Eichen- Tiefland-Buchen- collin/montane Auen- Hainbuchen- Buchen- Bruchwald Wälder Hohltaube x x Waldkauz x Kleinspecht x x x Mittelspecht x x x Grauspecht x x x x Sumpfmeise x x x x x Weidenmeise x x Schwanzmeise x Waldlaubsänger x x x Kleiber x x x x Gartenbaumläufer x x x Grauschnäpper x Zwergschnäpper x

Charakteristische Arten der Brutvogelgemeinschaften der Nadelwälder in Sachsen-Anhalt nach Flade (1994). Leitarten Laubholzreiche Reine Kiefern-Jungwuchs/ Fichtenreiche Fichtenforste Hochmontane Kiefernforste Kiefernforste Dickungen Kiefernforste Fichtenwälder Sperlingskauz x x x Raufußkauz x x x x Tannenmeise x x x x x Haubenmeise x x x x x Sommergoldhähnchen x x x Wintergoldhähnchen x x x Misteldrossel x x x Fichtenkreuzschnabel x x Erlenzeisig x x x

13 2 Landschaften und ihre historische sowie aktuelle Besiedlung durch Vögel

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31 32 Artenzahl 31 32 46 46 1 - 8 Revierzahl 33 33 47 9 47 1 - 200

48 10 48 201 - 400

11 401 - 600 34 49 34 49

12 601 - 1000 35 36 5040 35 36 5040

37 38 39 13 37 38 39 > 1000 Verbreitung der charakteristischen Brutvogelarten* der Laubwälder in Häufigkeit der charakteristischen Brutvogelarten* der Laubwälder in Sachsen-Anhalt anhand der Summe der Charakterarten je TK25. Sachsen-Anhalt anhand der Reviersummen der Charakterarten je TK25. *(insgesamt folgende Arten berücksichtigt: Hohltaube, Waldkauz, Kleinspecht, Mittelspecht, Grauspecht, Sumpfmeise, Weidenmeise, Schwanzmeise, Waldlaubsänger, Kleiber, Gartenbaumläufer, Grauschnäpper, Zwergschnäpper)

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31 32 31 32 46 Artenzahl 46 1 - 4 33 33 Revierzahl 47 5 47 1 - 100

48 6 48 101 - 250

7 34 49 34 49 251 - 500

35 36 5040 8 35 36 5040 501 - 1500

37 38 39 9 37 38 39 > 1500 Verbreitung der charakteristischen Brutvogelarten* der Nadelwälder in Häufigkeit der charakteristischen Brutvogelarten* der Nadelwälder in Sachsen-Anhalt anhand der Summe der Charakterarten je TK25. Sachsen-Anhalt anhand der Reviersummen der Charakterarten je TK25. *(insgesamt folgende Arten berücksichtigt: Sperlingskauz, Raufußkauz, Tannenmeise, Haubenmeise, Sommergoldhähnchen, Wintergoldhähnchen, Misteldrossel, Fich- tenkreuzschnabel, Erlenzeisig)

14 2.3 Waldlandschaften größeren nadelholzdominierten Flächen des Harzes und Hohen 35.000 Flämings ab. Auch die Heidegebiete der Altmark im Nordwes- 30.000 ten sowie der Dübener und Annaburger Heide im Osten sind deutlich erkennbar. Im Nordosten zeigen sich etwas geringer 25.000 ausgeprägt weitere Nadelwaldgebiete, wie Altengrabower oder Klietzer Heide. 20.000

estand 15.000 2.3.5 Charakterisierung der Vogelarten ausgewähl- B ter Waldlandschaften 10.000

Zu den naturnahen Laubwäldern gehören einerseits die Sumpf- 5.000 bzw. Bruchwälder, bei denen Baumarten kürzerer Lebensdauer dominieren (Erle, Birke, Weiden), und andererseits die eichen- 0 und buchendominierten Waldtypen aus überwiegend langlebi- gen Baumarten. Kleiber HohltaubeWaldkauz Für Hartholzauen- und Eichen-Hainbuchenwälder Sach- MittelspechtSumpfmeise Gelbspötter Schwanzmeise WaldlaubsängerGrauschnäpper sen-Anhalts sind Mittelspecht, Waldkauz, Schwanzmeise und Gartenbaumläufer Grauschnäpper, teils auch Waldlaubsänger, charakteristisch Bestände typischer Laubwald bewohnender Brutvogelarten in Sachsen- und erreichen hohe Dichten. Bei Vorhandensein von Laub- Anhalt in den Jahren 2005 bis 2009 (nach Gedeon et al. 2014). holzbeimischungen können diese Arten teilweise aber auch in nadelholzdominierten Wäldern vorkommen. In Buchenwäldern können Hohltaube und Zwergschnäpper als Charakterarten gel- Für Bruch- und Weichholzauenwälder können nur einzelne ten, wobei letzterer am Rand seiner südwestlichen Arealgrenze Vogelarten und auch das nur bedingt als Charakterarten gelten. landesweit nur geringe Bestände und unstete Vorkommen auf- Kranich, Waldschnepfe, Kleinspecht und Weidenmeise errei- weist (Gnielka & Zaumseil 1997, Fischer & Pschorn 2012). chen in den Erlen- und Birken-Bruchwäldern der Niederungen Sumpfmeise, Kleiber oder Gartenbaumläufer kommen in allen Sachsen-Anhalts höhere Dichten. Obwohl sich die Verbreitungs- naturnahen Eichen- und Buchenwaldgesellschaften in guten grenze beim Kranich in Sachsen-Anhalt immer weiter nach Beständen vor (Gnielka & Zaumseil 1997). Der Kleiber ist Südwesten verschiebt, ist er dennoch nicht im gesamten Land dabei die häufigste laubwaldbewohnende Charakterart Sachsen- verbreitet. Waldschnepfe und Weidenmeise besiedeln neben Anhalts.

Hartholzauenwald mit wasserführender Flutrinne bei Wörlitz/WB. 03.10.2011. Foto: U. Patzak.

15 2 Landschaften und ihre historische sowie aktuelle Besiedlung durch Vögel

4.000 und Tannenmeise, Misteldrossel sowie Erlenzeisig beschränkt. 3.500 In den Fichtenforsten des Harzes brütet zudem der Fichten- kreuzschnabel. Dieser hält sich nach J. A. Naumann (1796b) 3.000 „Winter und Sommer in unsern Fichtenwäldern auf“. Nach 2.500 Gnielka & Zaumseil (1997) brütet er fast ausschließlich in d

n Fichtenbeständen, wobei die Zahl der Brutpaare in Abhängig- a

t 2.000 s keit vom Zapfenbehang beträchtlich schwankt. Schwerpunkt e

B des Vorkommens ist der Unterharz, aber auch in Fichtenbe- 1.500 ständen innerhalb der Kieferngebiete des Nordostens brüten 1.000 in günstigen Jahren Fichtenkreuzschnäbel. Heidelerche und Ziegenmelker kommen innerhalb von Nadelwaldgebieten nur 500 in Waldrandbereichen, Kiefernjungwuchs bzw. lückigen Kie- 0 ferndickungen sowie auf Leitungstrassen innerhalb von Wäl- Waldschnepfe Kleinspecht Weidenmeise dern vor. Aufgrund des Rückgangs der Kahlschlagwirtschaft seit 1990 ist der Bestand des Ziegenmelkers in diesen Gebieten Bestände von Bruchwald bewohnenden Brutvogelarten in Sachsen- rückläufig. In größeren Nadelwaldkomplexen werden eingela- Anhalt in den Jahren 2005 bis 2009 (nach Gedeon et al. 2014). gerte kleinere Buchen- und Eichenaltbestände von Hohltaube oder Raufußkauz besiedelt, da der Schwarzspecht hier eher den Erlen- und Birkenbruchwäldern regelmäßig auch ausge- Höhlen zimmern kann als in den umgebenden, oft nur jüngeren dehnte Laub- und Nadelwaldgebiete, die Waldschnepfe etwa den oder mittelalten Nadelholzbeständen. Der Raufußkauz besie- Flechtinger Höhenzug, Fläming und Harz (Fischer & Pschorn delte ebenso wie der Sperlingskauz Sachsen-Anhalt erst in den 2012), die Weidenmeise die großen Nadelwaldgebiete des Alt- letzten Jahrzehnten. Dichtezentren des Raufußkauzes sind die markkreises Salzwedel. Dabei brütet Letztere in morschen Bir- Harzregion, der Fläming und verschiedene Heidegebiete. Die ken (Erlen) innerhalb der Waldgebiete (Gnielka & Zaumseil Bestände des Raufußkauzes schwanken jahrweise teils erheb- 1997, Gnielka 2005), die einerseits in eingelagerten Bachtälern lich. Neben dem Harz, wo weiterhin der Verbreitungsschwer- und Brüchen und andererseits als Sukzessionswald auf Truppen- punkt des Sperlingskauzes liegt, gibt es weitere punktuelle Vor- übungsplätzen und Beimischungen in Nadelholzforsten vorkom- kommen im Fläming, der Dübener und Oranienbaumer Heide men. Der Klein­specht kommt auch im Hartholzauenwald vor. sowie im Altmarkkreis Salzwedel (Kolbe 2008, Pschorn 2011, Weitgehend auf Nadelwälder bzw. -forsten sind die Brutvor- Fischer & Dornbusch 2014). Landesweit ist die Tannenmeise kommen von Winter- und Sommergoldhähnchen, Hauben- die häufigste charakteristische Nadelwaldart.

Weichholzauenwald bei Roßlau. 28.06.2011. Foto: U. Patzak.

16 2.3 Waldlandschaften

Insbesondere für an Alt- und Totholz gebundene waldbewoh- 35.000 nende, aber auch für störungsempfindliche Arten mit großem Raumbedarf stellen ausgedehnte Waldlandschaften mit naturna- 30.000 hen und möglichst ungenutzten Beständen wichtige Brutgebiete 25.000 dar. Aus diesen Gründen sind solche Wälder vielfach als Euro- päische Vogelschutzgebiete ausgewiesen oder neben anderen d

n 20.000 a bedeutenden Habitaten in diesen enthalten. t s e

Im Bereich ausgedehnter Nadelwaldgebiete wurden EU SPA B 15.000 vor allem im Bereich größerer ehemaliger oder aktiver Trup- penübungsplätze ausgewiesen, vorrangig zum Schutz heidebe- 10.000 wohnender Brutvogelarten. Diese Gebiete umfassen neben den Heideflächen vor allem bedeutende Nadelwaldbestände und in 5.000 geringerem Umfang auch naturnahe Laubwälder. Folgende SPA 0 l Sachsen-Anhalts in Heidegebieten schließen größere Nadel- se se - - e i i ld ld ss e e o o o m m g en en r waldbestände ein (Mammen et al. 2013): Klietzer, Glücksburger, n r h h ld e te c c e n n n n st Annaburger, Mittlere Oranienbaumer sowie Colbitz-Letzlinger an i i T Hauben W äh äh M und Altengrabower Heide. h Sommerh g Bestände typischer Nadelwald bewohnender Brutvogelarten in Sach- 2.3.6 Beschreibung ausgewählter Waldgebiete und sen-Anhalt in den Jahren 2005 bis 2009 (nach Gedeon et al. 2014). ihrer Vogelwelt

Trotz Fichtendominanz finden sich im Bereich des Harzes noch Als eines der größten Vogelschutzgebiete Sachsen-Anhalts ausgedehnte Laubwaldgebiete, die zu großen Teilen innerhalb erstreckt sich das EU SPA Nordöstlicher Unterharz zwischen von Europäischen Vogelschutzgebieten liegen. Dabei handelt es Meisdorf, Gernrode, Thale, Harzgerode, Friedrichsbrunn und sich um folgende Flächen: Hasselfelde. Das Gebiet weist Höhen zwischen 190 und 590 m • Nordöstlicher Unterharz ü. NN auf. Der Waldanteil beträgt mehr als 90 %, wobei Nadel- • Vogelschutzgebiet zwischen Wernigerode und Blankenburg holzbestände überwiegen. Als Stillgewässer sind Stau- oder sowie Fischteiche zahlreich vorhanden (Katthöver 2005). Die tiefen • Buchenwälder um Stolberg. Einschnittstäler von und Selke sind landschaftsprägend.

Aufgelockerter Kiefernaltbestand auf Sanddünen bei Aken/ABI. 24.04.2015. Foto: U. Patzak.

17 2 Landschaften und ihre historische sowie aktuelle Besiedlung durch Vögel

Europäische Vogelschutzgebiete mit hohen Flächenanteilen naturnaher Wälder. SPA Flächengröße in ha Anteil naturnaher Wälder Anteil naturnaher Wälder gesamt (LRT) in ha* in Prozent Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst 19.070 4.788 ** 25 Hakel 6.441 1.248 19 Auenwald Plötzkau 385 267 69 Vogelschutzgebiet Hochharz 6.112 2.265 37 Nordöstlicher Unterharz 16.989 5.694*** 34 Mahlpfuhler Fenn 1.210 246 20 Fallsteingebiet nördlich Osterwieck 1.390 1.038 75 Huy nördlich Halberstadt 2.005 1.489 74 Vogelschutzgebiet zwischen Wernigerode und Blankenburg 3.613 2.317 64 Buchenwälder um Stolberg 3.677 2.538 69 Zeitzer Forst 1.718 624 36 Summe 62.610 22.514 Prozentualer Anteil naturnaher Wälder in SPA mit Wäldern 36 * Angaben aus Managementplänen für die EU SPA (Triops et al. 2015; LPR 2015; Rana 2012, 2013; Prof. Hellriegel Institut e.V. 2011) sowie Jentzsch & Reichhoff (2013) ** zusätzliche Angaben aus Patzak & Seelig (2006) *** Angaben aus Managementplänen für die FFH-Gebiete mit Anteilen im EU SPA (Salix 2010; Bieter­gemeinschaft Bodetal 2011a-c)

Die schattigen, oft geröllüberdeckten Steilhänge der Harzbäche Thyra und Lude sowie ihrer Nebenbäche stocken auch Schlucht- und ihrer Seitentäler werden vielfach von besonders totholz- und Hangmischwälder, während sich in den Bachtälern Erlen- reichen natürlichen Schlucht- und Hangmischwäldern sowie Eschenwälder finden. Blockhaldenwäldern besiedelt. Neben typischen Buchenwäldern Die zahlreichen Bäche und stellenweise kleinere Stauteiche kommen auch Eichen-Hainbuchenwälder als naturnahe Waldge- begünstigen als permanente Nahrungshabitate das Vorkom- sellschaften vor. Ein besonderer Waldtyp an den Oberhängen des men des Schwarzstorches in den Laubwaldgebieten des Harzes. Selketals ist der Färberginster-Eichenwald. In den Talgründen Die Laubwälder werden auch vom Grauspecht regelmäßig und finden sich Erlen-Eschenwälder. Im Kernbereich des Bodetals in teils hoher Dichte bewohnt. Das gilt gleichermaßen für den kommen als Besonderheit noch wenige autochthone Eiben und Mittelspecht, dessen Vorkommen sich aber auf Wälder mit alten auf Felsklippenstandorten bei Gernrode autochthone Kiefern des Eichen konzentrieren. Typische Bewohner der Buchenwälder im Felsheide-Kiefernwaldes vor (Jentzsch & Reichhoff 2013). Unterharz sind zudem Hohltaube und Zwergschnäpper. Eine Besonderheit von Bode- und Selketal bildet das Vorkommen Das EU SPA Vogelschutzgebiet zwischen Wernigerode und baumbrütender Mauersegler (Günther & Hellmann 1991). Blankenburg ist nahezu vollständig bewaldet, wobei die Wälder überwiegend forstlicher Nutzung unterliegen (Pschorn 2008). Der Hochharz beherbergt die einzigen natürlichen Fichten- Großflächig ausgebildet sind vor allem Buchenwälder, denen an wälder Sachsen-Anhalts. Diese kommen als montane Fich- den Hängen nicht selten Traubeneichen beigemischt sind. Die tenwälder der Harzhochlagen etwa zwischen 800 und 1.100 m selteneren Eichen-Hainbuchenwälder sind durch anthropogene ü. NN vor. Im Bereich der Brockenkuppe lösen sie sich auf und Förderung mit dem Ziel der Bauholzgewinnung und Waldweide erreichen hier höhenklimatisch und waldbedingt eine natürli- entstanden. Natürlicherweise würden sich daraus ebenfalls che Waldgrenze (Jentzsch & Reichhoff 2013). Das EU SPA Buchenwaldgesellschaften entwickeln (Jentzsch & Reichhoff Vogelschutzgebiet Hochharz umfasst neben dem Brockengip- 2013). Die Bäche, welche das Gebiet durchziehen, werden von fel auch unterhalb davon gelegene Wälder. Die montane Stufe Erlen-Eschenwäldern gesäumt. Schlucht- und Hangmischwälder der Buchen-Fichten-Mischwälder in Höhenlagen zwischen sind nur kleinflächig vorhanden. 500 und 800 m ü. NN wird derzeit hingegen von naturfernen Fichtenforsten dominiert. Hoch- und Übergangsmoore kom- Das EU SPA Buchenwälder um Stolberg erstreckt sich im Süd- men trotz früherer Torfgewinnung noch in großer Naturnähe harz um die Ortschaft Stolberg. Es wird durch geschlossene Wäl- vor (Schulze et al. 2008). Neben den Fichtenwäldern und der gekennzeichnet. Neben naturnahen Beständen kommen auch -forsten sind in geringerem Umfang auch naturnahe Buchen- Nadelholzforsten vor (Schulze et al. 2007). Die deutlich größten sowie Eichen-Hainbuchenwälder vorhanden. Das Gebiet wird Teile des Gebietes werden von Waldmeister-Buchenwäldern mit von Bode, Wormke, Ilse und Ecker in teils feuchten und stei- Mischbaumarten, wie Berg- und Spitzahorn, Hainbuche, Win- len Tälern durchflossen. Der Hochharz ist Lebensraum mon- terlinde oder Gemeiner Esche und zumeist deutlich ausgepräg- taner Brutvogelarten wie Ringdrossel und Grünlaubsänger ter Strauchschicht eingenommen. In Höhenlagen über 400 m und beherbergte bis zu dessem Aussterben um 2005 das letzte ü. NN überwiegen hingegen die Hainsimsen-Buchenwälder, die Vorkommen des Auerhuhns in Sachsen-Anhalt (Schulze et al. nach Abschluss der Jugendphase als Hallenbuchenwälder ausge- 2008, Fischer & Dornbusch 2014). Infolge der guten Schwarz- prägt sind (Jentzsch & Reichhoff 2013). An Steilhängen der spechtbestände besiedelt neben der Hohltaube auch der Raufuß-

18 2.3 Waldlandschaften kauz als Nachnutzer der Höhlen die Wälder des Harzes. Neben bewirtschaftung die Hauptbaumart. Viele Alteichen im Gebiet dem Raufuß- kommt der Sperlingskauz im Hochharz in höherer stammen noch aus der Zeit der Hude- und Mittelwälder (Reich- Dichte vor. hoff et al. 2004).

Außer den Laubwäldern des Harzes sind weitere bedeutsame Auch zum EU SPA Auenwald Plötzkau gehören nennenswerte Laubwaldgebiete vorhanden, die zumindest teilweise innerhalb Hartholzauenwälder. Weichholzauenwälder finden sich nur von Europäischen Vogelschutzgebieten liegen. Dabei handelt es noch galerieartig entlang der Saale (Jentzsch & Reichhoff sich um folgende Gebiete: 2013). Das nordwestlich von Tangerhütte befindliche EU SPA • Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst Mahlpfuhler Fenn umfasst einen hohen Anteil an Bruch- und • Auenwald Plötzkau Sumpfwäldern (Mammen et al. 2013). Großräumige Trockenle- • Mahlpfuhler Fenn gungen in den 1970er Jahren beeinträchtigten das Gebiet, so dass • Hakel in der Folge u. a. Erlenbrüche zunehmend trocken fielen Lip( - • Fallsteingebiet nördlich Osterwieck pert 2007). • Huy nördlich Halberstadt und Die Auenwälder Sachsen-Anhalts werden von Rot- und • Zeitzer Forst. Schwarzmilan in teils sehr hoher Dichte besiedelt. Mit ihrem hohen Grenzlinienanteil und dominierenden Altbeständen bieten Die genannten Gebiete repräsentieren vor allem Auenwälder, sie ausreichend geeignete Brutplätze. Zugleich sorgen insbeson- Buchen- und Traubeneichen-Hainbuchen-Waldgesellschaften. dere an der Mittelelbe die Mischung aus Wald-, Grünland- und Gewässerflächen innerhalb sowie Acker- und dörflichen Sied- Das EU SPA Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer lungsflächen außerhalb der rezenten Überflutungsaue für ein brei- Forst umfasst den größten zusammenhängenden Auenwald- tes und reichhaltiges Nahrungsspektrum. Der Reichtum der Hart- komplex Mitteleuropas mit noch regelmäßig überfluteten holzauenwälder an alten Eichen ist die Voraussetzung für einen Hart- und Weichholzauenwäldern. Die dominierende Baumart hohen Bestand des Mittelspechts. Selbst in Gebietsteilen, in denen der Hartholzauenwälder ist die Stieleiche, was einerseits auf jüngere Waldbestände dominieren, ermöglichen die dann regel- ihre Standortangepasstheit an die extremen Auenbedingungen mäßig an den Waldrändern oder auf den angrenzenden Offenflä- zurückzuführen ist, andererseits aber auch auf die stärker wer- chen vorhandenen jahrhundertealten „Uralteichen“ eine Besied- dende anthropogene Förderung der Eiche. So wurden Eichen als lung. Die Alteichen werden auch aus entfernteren Revieren von Mastbäume geschont und bildeten für die spätere Mittelwald- Mittelspechten gezielt zum Nahrungserwerb angeflogen.

Höhlenreicher Alteichenbestand im Selketal/HZ, in dem die baumbrütenden Mauersegler vorkommen. 23.06.2009. Foto: M. Hellmann.

19 2 Landschaften und ihre historische sowie aktuelle Besiedlung durch Vögel

Der innerhalb des EU SPA Hakel gelegene Hakelwald bildet eine chen Harzvorland ist das Hohe Holz bei Eggenstedt. In diesen von vier Waldinseln im Nordharzvorland (Weber et al. 2007). drei Waldgebieten dominieren Buchenwaldgesellschaften, wäh- Der dominierende Waldtyp ist Eichen-Hainbuchenwald mit Bei- rend Eichen-Hainbuchenwälder nur in geringem Umfang vor- mischungen der Lindenarten, Gemeiner Esche, Berg- und Spitz- kommen (Jentzsch & Reichhoff 2013). Die Gebiete besitzen ahorn sowie Rotbuche. Diese Wälder wurden durch jahrhunderte- vor allem hinsichtlich der Bestände von Grau-, Schwarz- und lange Mittelwaldwirtschaft stark begünstigt. Aktuell vollzieht sich Mittelspecht besondere Bedeutung. Daneben ist im Fallsteinge- ein Übergang zu Buchenwaldgesellschaften (Jentzsch & Reich- biet das Vorkommen des Zwergschnäppers bemerkenswert. In hoff 2013). Bekannt ist der Hakel als bedeutender Greifvogelle- den zahlreichen Streuobstwiesen des Huy erreicht der Wende- bensraum. Während Rot- und Schwarzmilan sowie Wespenbus- hals hohe Siedlungsdichten (Mammen et al. 2013). sard im Hakel ihre Horste errichten, fungieren die umliegenden Acker- und Grünlandflächen als Nahrungshabitate der Greifvögel. Auch das EU SPA Zeitzer Forst im Süden Sachsen-Anhalts Seine Bedeutung als Siedlungsdichtezentrum des Rotmilans hat umfasst größere Buchenwaldgesellschaften mit Vorkommen der Hakel aufgrund der Änderungen der umliegenden landwirt- von Grau- und Mittelspecht (Mammen et al. 2013). Weitere schaftlichen Nutzungen seit 1990 mittlerweile verloren. Besonders bedeutende Laubwaldgebiete befinden sich u. a. im Bereich der hervorzuheben ist der Hakel als einziger langjährig besetzter Brut- Colbitz-Letzlinger Heide und des Flechtinger Höhenzuges. Der platz des Schreiadlers in Sachsen-Anhalt (Mammen et al. 2013). Colbitzer Lindenwald wird beispielsweise von lindenreichem Daneben hat er auch eine hohe Bedeutung für Schwarz- und Mit- Eichen-Hainbuchenwald mit knorrigen alten Eichen, Hain- telspecht sowie den Zwergschnäpper. buchen und Kiefern als Relikte ehemaliger Hudewaldnutzung geprägt (Jentzsch & Reichhoff 2013), wodurch auch hier der Die beiden EU SPA Fallsteingebiet nördlich Osterwieck und Mittelspecht teils hohe Dichten erreicht. Zudem beherbergt die- Huy nördlich Halberstadt bilden zwei weitere Waldinseln des ser Wald eines der letzten großen Vorkommen baumbrütender Nordharzvorlandes. Das vierte isolierte Waldgebiet im nördli- Mauersegler (Günther et al. 2004).

Blockfichtenwald im Hochharz (Nationalpark Harz). 07.06.2012. Foto: B. Nicolai.

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