2.3 Waldlandschaften
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2.3 Waldlandschaften 2.3 Waldlandschaften tische Veränderungen der Kleinen Eiszeit sowie Bevölkerungs- rückgänge durch Seuchen und Kriege dazu zwangen. In diesen Wälder nehmen – trotz eines Zuwachses seit 1990 – lediglich Jahrhunderten dehnte sich der Wald erneut aus. Demnach sind 493.000 ha oder ca. 24 % der Landesfläche ein. Sachsen-Anhalt ist viele der heutigen Wälder spät- und nachmittelalterliche „Neu- damit eines der waldärmsten Flächenländer Deutschlands, obwohl wälder“ auf ehemaligen Ackerstandorten, die als „Wölbäcker“ rund 91 % der Landesfläche potenzielle Waldstandorte sind. vor allem in der Altmark heute noch unter der Bestockung erkennbar sind (Greger 2015). Das Dessauer Landregister von 2.3.1 Standorte der Wälder und ihre Potenziell 1547/49 gibt für verschiedene Marken der Mosigkauer Heide an, Natürliche Vegetation dass von der früheren Ackereinteilung noch die Stücken, Fur- chen und Rücken erkennbar gewesen seien (Heese 1940). Etwa ein Drittel der aktuellen Waldvegetation siedelt auf armen Von größter Bedeutung für die Zusammensetzung und Struk- und sauren Standorten des Hainsimsen-Buchenwaldes. Mit tur der historischen Wälder war die Waldweide, in der Regel in Labkraut-Traubeneichen-Hainbuchenwald und Waldmeister- Verbindung mit Nieder- und Mittelwaldbewirtschaftung. Die Buchenwald prägen zwei weitere Waldtypen wiederum etwa ein natürlichen Wälder dienten über Jahrtausende als Weideflächen Drittel der Standorte der aktuellen Waldvegetation. Diese sind für das Vieh. Durch die oftmals mit hohem Besatz und über die vor allem auf Flächen mit höherer Reliefenergie erhalten geblie- gesamte Vegetationsperiode durchgeführte Beweidung wurde ben. Hinzu treten die Hainsimsen-Straußgras-Traubeneichen- die Verjüngung der Wälder verhindert, so dass überalterte, wälder auf armen, sauren und trockenen Standorten. Zusammen weitständige Bestände mit breitkronigen Bäumen entstanden. nehmen diese Waldtypen auf ackerbaulichen Ungunststandorten Zugleich kam es zur Förderung von Mastbäumen, so insbeson- etwa drei Viertel der aktuellen Waldstandorte ein. Die restlichen dere Eichen, Rotbuchen und Wildobst. Insbesondere die Förde- Flächen prägen natürliche Standorte der Erlen-Eschenwälder, rung der Eiche führte zur Ausbreitung von durch diese Baumart Sternmieren-Stieleichen-Hainbuchenwälder und Pfeifengras- geprägten Wäldern. Im Zusammenhang mit der Nieder- und Eichenwälder auf überwiegend nassen und teilweise nährstoff- Mittelwaldbewirtschaftung erfolgte zusätzlich eine Förderung armen Standorten. der Eiche gegenüber der konkurrenzstärkeren Rotbuche. Ein Verzeichnis der Gehölze im Amt Düben von 1538 lässt auf 2.3.2 Nutzung der Waldlandschaften und deren großflächige lockere Bewaldung aus überwiegend Birken und Bedeutung für die Avifauna Kiefern schließen, die von mehr oder weniger großen Baum- gruppen aus Eiche mit Hainbuchen durchmischt waren. Auch Nach den großen vorgeschichtlichen und geschichtlichen Ent- die Buche wird in dem Verzeichnis aufgeführt. In feuchteren waldungsphasen, in denen vor allem die Altsiedlungsgebiete Bereichen wuchsen Erlen und auch Fichten. Dabei waren die Pio- der Löss- und Schwarzerderegionen schon seit der Jungsteinzeit nierbaumarten Kiefer, Birke und Eiche am stärksten vertreten. geschaffen wurden, erreichte der Waldanteil im Mittelalter als Waldbrände, übermäßige Nutzung und Verbiss durch Weidevieh Folge der Landeserschließung seinen Tiefststand. Im Spätmit- hatten zu dieser Zeit starke Schäden verursacht. Eine natürliche telalter mussten viele Acker- und Siedlungsflächen im Rahmen Waldverjüngung glückte nur ausnahmsweise. Zur Verbesserung eines Wüstungsprozesses aufgegeben werden, weil die Leistungs- der Situation sollten die „verstummelten“ Bestände abgetrieben, kraft der nährstoffärmeren Sandböden erschöpft war und klima- nur die alten Masteichen, das Bauholz sowie brauchbare Jung- hölzer verschont und die erhoffte Naturverjüngung gepflegt und 35 gehegt werden. Zudem war eine 30 Einteilung des Waldes in Schläge geplant (Bendix 2001). Diese 25 Beschreibungen lassen für die % n 20 Heidegebiete ein den aktuell in i l i e Sukzession befindlichen Trup- t 15 n penübungsplätzen vergleichbares A 10 Waldbild erahnen. Ob die Wald- verjüngung zu dieser Zeit nur von 5 selbst oder auch aktiv erfolgte, ist 0 nicht feststellbar. Bei Dessau ließ ) ) ) - - r r d d t a a a l e n r e n a h h h e d Fürst Johann Casimir zur Zeit a d l l u l r 5 4 9 w ä H - ä E 8 7 5 . n h w 3 8 4 w e u c des Dreißigjährigen Krieges zur . (223 ha) n - n u u 4 7 7 e ( ( r (2.537 ha) (7.728 ha) (1.312 ha) (2.186 ha) e a h l 2 ( r (29.620 ha) (71.274 ha) (25.017 ha) (42.200 ha) (57.523 ha) Moore und z b c h l i Festlegung von Flugsanddünen Pfeifengras- E (136.729 ha) c Hainsimsen- n e o s Waldmeister- e Kippenwälder l Fichtenwälder h Buchenwälder Buchenwälder E W r Kienäpfel ausstreuen, woraus die E Moorbirkenwald Stieleichenwälder und Dünenwälder Blockschutt-, Fels- Hainbuchenwälder Hainbuchenwälder heutigen Kienheiden entstanden Traubeneichenwälder Eichen-Trockenwälder Hainsimsen-Straußgras- (Heese 1940). Sternmieren-Stieleichen- Labkraut-Traubeneichen- Die Betriebsform des Nieder- Biotope waldes bestand darin, die Bestände Prozentuale Anteile der Vegetationseinheiten der Potenziell Natürlichen Vegetation an der aktuellen in kurzen Abständen von etwa Waldfläche Sachsen-Anhalts (LAU 2000). 10 bis 25 Jahren zu schlagen und 1 2 Landschaften und ihre historische sowie aktuelle Besiedlung durch Vögel Moore und Moorbirkenwald Erlenbruch- und Erlenwälder Erlen-Eschenwälder E E E E EEE E E E E EEE Weich- und Hartholzauenwald Sternmieren-Stieleichen-Hainbuchenwäler Labkraut-Traubeneichen-Hainbuchenwälder Pfeifgras-Stieleichenwälder Hainsimsen-Straußgras-Traubeneichenwälder Eichentrockenwälder Hainsimsen-Buchenwälder Waldmeister-Buchenwälder Blockschutt-Fels- und Dünenwälder Fichtenwälder Kilometer Kippenwälder 0 5 10 20 30 40 50 Aktuelle Waldstandorte Sachsen-Anhalts und ihre Potenziell Natürliche Vegetation (LAU 2000, 2009). 2 2.3 Waldlandschaften Hainbuchenniederwald bei Eisleben. 16.05.2015. Foto: U. Patzak. Durchgewachsener Mittelwald im Saalberghau bei Dessau. 01.09.2008. Foto: U. Patzak. 3 2 Landschaften und ihre historische sowie aktuelle Besiedlung durch Vögel Bäume sowie Gehölze aus dem Stock ausschlagen zu lassen. So in unsrer Gegend eben keine Seltenheit und in den ebenen Dessaui- entstanden buschförmige Wälder aus ausschlagfreudigen Arten, schen, Zerbster […] Waldungen, wo viel Birken wachsen, und unter wie z. B. der Eiche, der Hainbuche, der Linde oder der Hasel. welchen sich einzelne alte Eichen befinden, ist sie sogar häufig […]“ Hinzu traten viele Straucharten. Diese Bewirtschaftungsart kam (J. A. Naumann 1802). Zum Steinkauz schreibt J. A. Naumann dem Haselhuhn zugute, das in Sachsen-Anhalt in der Vergan- (1803), „Man findet diese kleine Eule nicht allein in den Wäldern genheit zumindest im Harz Brutvogel war. „Die Haselhühner hal- […]“. Die Klappergrasmücke bezeichnet J. F. Naumann (1822) ten sich gewöhnlich in niedrigem Gesträuch und Dickungen […] als „[…] wahren Waldvogel […]“, ebenso die Sperbergrasmücke, auf, […] man trifft sie im Harze, aber nicht zu häufig, an“ (J. A. welche die Laubholzwälder liebe, „[…] die aber allezeit […] viel Naumann 1796). Buschholz, doch wenig oder nicht zu dicht stehende hohe Bäume Im Mittelwald, der im 12. Jahrhundert als Betriebsform ein- haben […]“ müsse. Diese Beschreibungen drücken den lichten geführt wurde, verband man die Niederwaldnutzung der unte- Charakter und Strauchreichtum der damaligen Wälder aus. ren Baumschicht mit der Förderung von Kernwüchsen, d. h. aus Die Waldbewirtschaftung war in der ersten Hälfte des 19. Samen entstandener Verjüngung, die zu einer oberen Baum- Jahrhunderts den jagdlichen Interessen nachgeordnet. Hinzu schicht aufwachsen konnte. Diese Bäume wurden nach etwa trat noch die Beweidung des Waldes mit Nutztieren. Dennoch 100 Jahren geschlagen und erbrachten Bauholz. Der Unterstand hat offensichtlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts der wurde weiterhin im Nutzungszyklus des Niederwaldes geschla- Beweidungsdruck durch den schrittweisen Übergang zur Stall- gen, wobei aber der Erhaltung sogenannter Lassreitel Beachtung haltung des Viehs abgenommen. Dazu kam, dass für die großen geschenkt wurde, die den Oberstand ergänzen sollten. Am Bei- Schafherden Offenländer zur Beweidung durch Rodung von spiel der Hartholzauenwälder des Mittelelbegebietes beschreiben Wald geschaffen worden waren. Die Verordnung 350 (Sammlung Reichhoff & Reichhoff (2010) diese historische Bewirtschaf- Landesherrlicher Verordnungen, welche im Herzogtum Anhalt- tungsform für Sachsen-Anhalt. Im 18. Jahrhundert prägten die Dessau ergangen sind) belegt, dass zu dieser Zeit eine positive Mittelwälder die Auen an der Elbe in Anhalt. Im Dessauer Raum Entwicklung der Holzvorräte festzustellen war. Das führte dazu, wurde die Mittelwaldnutzung im 16. Jahrhundert eingeführt dass eingeführtes Holz nicht mehr durch Erlass von Abgaben (Heese 1940). Neben dem Mittelwald bestand weiterhin aber und Zöllen begünstigt zu werden brauchte. Dennoch mahnte auch Niederwald. Oberjägermeister Otto von Saldern 1834 die Notwendigkeit der Zu Beginn des 18. Jahrhunderts war die Belastung der Wälder Einrichtung der Wälder an, um festzulegen, „wie hoch sich bei durch Waldweide erheblich. In einem Bericht von Oberforst- meister von Kreyz aus dem Jahre 1715 wird mitgeteilt, dass in den an Anhalt-Dessau angrenzenden Lödderitzer Waldungen bei voller Mast etwa 100 Schock (= 6.000) Schweine fett gemacht werden könnten (Minckwitz