Das Vergessen Der Pazifistischen Antisemitismusabwehr
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DAS VERGESSEN DER PAZIFISTISCHEN ANTISEMITISMUSABWEHR EINE MEDIENKRITISCH-HISTORISCHE ANALYSE VOR DEM HINTERGRUND ENGAGIERTER PÄDAGOGEN Christoph Panzer Inauguraldissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Philosophie der Philosophischen Fakultät der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Dekan Prof. Dr. Thomas Stamm-Kuhlmann Erstgutachter Prof. Dr. Andreas Pehnke Zweitgutachter Prof. Dr. Heinz-Werner Wollersheim Datum der Disputation 06.07.2015 Inhaltsverzeichnis 1 Objekt und Standpunkt v 2 Einführung 1 2.1 Grundannahmen . .2 2.2 Fragestellung . .3 2.3 Methode . .9 2.3.1 Politische Antizipation . 10 2.3.2 Erinnerungskultur . 19 2.3.3 Datenerhebung . 20 2.3.4 Exkurs: Konfuzius . 28 3 Medienanalyse 31 3.1 Beispiel Johan Galtung . 37 3.2 Beispiel Richard Falk . 41 3.3 Beispiel Richard Goldstone . 45 3.4 Weitere Personen . 49 3.4.1 Ken Jebsen . 49 3.4.2 Jakob Augstein . 51 3.4.3 Bernd Senf und Franz Hörmann . 52 3.4.4 Günter Grass . 57 3.5 Nachrichtenagenturen . 61 3.6 Medienkommunikation als Machtmittel . 68 3.6.1 Überwachung von Kommunikation und Raum . 68 3.6.2 PRISM, Tempora . 70 3.7 Neue Mediennutzung und deren Behinderung . 72 3.7.1 Verlage: Melzer, Homilius, Kopp, editio de facto . 73 3.7.2 Leistungsschutzrecht . 76 i Inhaltsverzeichnis 3.7.3 Kommentare, Talkback und deren Manipulation . 77 3.7.4 Distributed Denial of Service . 83 3.7.5 Vorenthaltung gebührenfinanzierter Inhalte . 84 4 Historisch-politische Betrachtung 87 4.1 Deutsche Juden und ihr Weg in die deutsche Gesellschaft . 91 4.1.1 Politisches Engagement von Juden außerhalb des Zionismus am Beispiel des Bundes .......................... 99 4.2 Zionismus . 101 4.2.1 Großisrael . 104 4.2.2 Das Empire und Balfour . 108 4.2.3 Die Welt schließt die Tore . 111 4.3 Die Nazis und das Ha’avara-Abkommen . 112 4.4 Angelpunkt Eichmann . 119 4.4.1 Eichmann, der Judenmörder – von Zionisten umworben . 120 4.4.2 Eichmann, Verbindungen vor seinem Prozess . 122 4.4.3 Nachkriegsentwicklungen, insbesondere bis zum Eichmann-Prozess 134 4.4.4 Eichmann-Prozess als Projektionsfläche für Nationbuilding und Selbstverständnis von Israel und BRD . 143 4.4.5 Von Eichmann bis heute . 149 5 Die Pädagogen 161 5.1 Sprachliche und gedankliche (Un-)Ordnung durch Kategorisierung und Umfeld . 162 5.2 Der Verein zur Abwehr des Antisemitismus . 164 5.2.1 Rudolf Steiners Engagement gegen Antisemitismus . 166 5.3 Friedrich Wilhelm Foerster . 170 5.3.1 Foerster und die Religion . 171 5.3.2 Foerster in den USA . 180 5.3.3 Pädagoginnen . 189 6 Schlussbetrachtung 199 Literatur 211 ii Wer meint, den Antisemitismus bekämpfen zu sollen, vermeide es vor “ allem, Israel, Judentum und Zionismus, mithin Antisemitismus, Antizio- nismus und Israel-Kritik wahllos in seinen deutschen Eintopf zu werfen, um es, je nach Lage, opportunistisch zu verkochen und demagogisch einzusetzen . ” Moshe Zuckermann 1 Objekt und Standpunkt Soll ein Thema wie Antisemitismus und dessen Bekämpfung in die Perspektive genommen werden, entpuppt sich der Standpunkt des Betrachters schnell als wankendes Schiff. Der Boden unter seinen Füßen ist solide, eine Konstruktion aus Annahmen und Grundlagen, die Wissenschaft und Medien mit der Zeit zusammengefügt haben und die sich als tragfähig erwiesen hat. Dieses Schiff aber befindet sich längst nicht in sicherem Fahrwasser. Mächtige Kräfte, die mehr oder weniger offensichtlich agieren, machen dieses Schiff zu ihrem Spielball. Wer Gast auf diesem Schiff ist, kann nun eine Momentaufnahme vom Objekt seines Interesses machen, wie es sich mehr oder weniger fern gerade abzeichnen mag. Der Wert solcher Momentaufnahmen scheint aber begrenzt, denn sie sind im nächsten Moment längst überholt. Dies ist umso deutlicher herauszustellen, da auch das hier betrachtete historische Objekt schon ein umkämpftes war. Dieser Umstand verbindet den Wissenschaftler mit dem betrachteten Objekt, und so kann die Klärung des eigenen Standpunktes und dessen Determinanten Aufschluss und Hinweise geben, die auch das Objekt damals schon mitbestimmten. Nun vollzieht sich Wissenschaft stets als Revision. Einmal gewonnene Erkenntnisse – selbst die sogenannten Naturgesetze1 – werden wieder und wieder überprüft, wandeln 1Sheldrake weist darauf hin, dass wichtige, unserem wissenschaftlich begründeten Weltbild und unserer Wissenschaft als Fundament dienende Konstanten und Gesetze weder konstant noch gesetzmäßig sind. Er schlägt daher vor, eher von Naturgewohnheiten zu sprechen und zu ergründen, wofür uns durch unsere dogmatische Sicht der Blick bisher versperrt blieb. Beispielhaft führt er aus, dass die sogenannte Naturkonstante Lichtgeschwindigkeit tatsächlich zu unterschiedlichen Zeiten im vergangenen Jahrhundert Messungen folgend unterschiedlich beziffert wurde. Die Metrologen konnten das nicht glauben und ihre Reaktion war eine definitorische: Im Jahr 1972 [sic, eigentlich 1973 vorgeschlagen, 1983 angenommen] wurde die Definition der Lichtgeschwindigkeit geändert, bzw. das Meter wurde definitorisch an die Lichtgeschwindigkeit gekoppelt. Jede möglicherweise auftretende Veränderung der Lichtgeschwindigkeit kann daher heute nicht mehr ausgedrückt werden, vgl. Sheldrake 2013a, ab 10. Min. Die Wissenschaft hatte sich mit anderen Worten entschieden, in dieser Angelegenheit blind zu werden. Genannte Quelle wurde vom Lizenzgeber der Veranstaltung, TED, von youtube entfernt. Das ist insofern bemerkenswert, da TED ursprünglich gemäß der Vision seiner Schöpfer, der Sapling Foundation, das Ziel haben sollte, den klügsten Denkern, größten Visionären und inspirierendsten Lehrern der Welt eine Plattform zu bieten und damit in Millionen Menschen den Wunsch zu schaffen, an einer besseren Zukunft mitzuarbeiten (vgl. Selbstdarstellung in www.ted.com/pages/42). Adams 2013 nennt den Sheldrake-Vortrag als ein Beispiel für den Mainstream v 1 Objekt und Standpunkt ihren Wert im Lichte neuer Erkenntnisse und verändern ihre Bedeutung sowohl für die Wissenschaft selbst als auch für das Bewusstsein der Menschen, ihr Bild von der Welt und ihr Handeln. Der Erkenntnisgewinn zum Zweck der besseren Orientierung in der Welt, war und ist das edle Ziel der Wissenschaft. Die Komplexität einer Materie darzustellen ist eine Tugend für den Wissenschaftler, mehr als die Produktion trefflicher Momentaufnahmen. Darum soll es in dieser Arbeit zu weiten Teilen darum gehen, den Hintergrund zu beleuchten, herauszustellen, wer die treibenden Kräfte in dieser Konstellation sind. Was macht die See so stürmisch? Warum gibt es hinter dem Konsens Widersprüchliches? Welche Zwecke verfolgen die, die um die Deutungshoheit über die Geschichte streiten, sie verkürzt oder in ihrem Lichte wahrgenommen wissen wollen? Soviel sei vorausgeschickt: Es geht um Macht und Einfluss und für manche Akteure in diesem Spiel geht es um das Ende der Welt, das sie – herbeisehnen. Eine so harmlose Frage wie die, wie sich Pädagogen gegen Antisemitismus engagierten, liegt auf dem Kampfplatz der offen politischen und der verdeckt geheimdienstlich verfolgten und der religiösen Interessen, wenn auch keinesfalls in deren Zentrum. Trotzdem soll nicht nur das Objekt betrachtet, sondern die Landschaft kartografiert werden. Dies ist heute, trotz, wie sich zeigen wird, beachtlicher Desinformation und Propaganda eher möglich als damals. Zu Lebzeiten der in dieser Arbeit betrachteten Pädagogen, formierten sich jene Kräfte gerade erst, die heute den Diskurs um Juden und Antisemitismus bestimmen. Doch möglicherweise ist mit dem derzeit erreichbaren Verständnis der Sachlage, die Leistung der Pädagogen weit besser einzuschätzen, nämlich dann, wenn sie schon damals und aus wenigen Informationen visionäre Schlüsse zogen. herausfordernde, durch TED zensierte Beiträge. Das fragliche Video ist inzwischen als Re-Upload verfügbar: Sheldrake 2013b. vi 2 Einführung Bislang ist wenig darüber bekannt, wie (deutsche) Pädagogen, die selbst nicht Juden waren, Juden halfen. Große Aufmerksamkeit richtet sich dagegen auf die Massenvernichtung der Juden im Zuge des Zweiten Weltkrieges, der großen Katastrophe unserer Zeit. Die Betrachtung „jüdischer Fragen“ blieb seither verbunden mit großen macht- und formalpolitischen Fragen, einem (geforderten) moralischen Impetus und der Mahnung gegen das Vergessen und die populäre Forderung an die Zivilcourage des Einzelnen. Bevor sich diese Arbeit ihrem zugrundeliegenden Thema, eben der Kenntlichmachung des Engagements nichtjüdischer Pädagogen für Juden, widmet, soll ein thematischer Bezugsrahmen geschaffen werden. Dieser soll zwei Perspektiven ermöglichen. Zum einen soll die mediale Situation erörtert werden, die und wie sie die Öffentlichkeit heute über Fragen zu Juden, Antisemitismus und Israel vermittelt, zum anderen soll – eben die Schwierigkeit der medial vermittelten Erinnerung bzw. des Umgangs bedenkend – ein historischer Blick auf Fragen der jüdischen Geschichte gegeben werden. Dabei wird darauf eingegangen, wie sich die Situation der Juden in Deutschland (und Europa) von der Aufklärung an gestaltete, wie sie lebten und wirkten, wie ihre politische Ausrichtung und Stellung zu beschreiben ist und wie die europäischen „Mehrheitsgesellschaften“ mit ihnen und der Erinnerung an ihr Wirken und die Shoah umgehen. Es soll ebenfalls betrachtet werden, wie sich der Staat Israel formte und wie die europäischen Staaten daraufhin den Kontakt zu Juden und dem Staat Israel gestalteten. Den Kern dieser Darlegungen wird jedoch die Nachzeichnung der deutsch-zionistischen Zusammenarbeit vom Aufkommen des Zionismus als politischer Faktor bis zur Pflege der militärischen Beziehungen im Atomzeitalter darstellen,