Stadt Ist Migration. Die Berliner Route Der Migration
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Stadt ist Migration Die Berliner Route der Migration – Grundlagen, Kommentare, Skizzen Der Beauftragte des Senats für Integration und Migration (Hrsg.) Stadt ist Migration Die Berliner Route der Migration – Grundlagen, Kommentare, Skizzen Der Beauftragte des Berliner Senats für Integration und Migration Inhaltsverzeichnis Grußworte Carola Bluhm, Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales . 4 André Schmitz, Staatssekretär für Kultur . 5 Einleitung Günter Piening: Stadtgeschichte als Migrationsgeschichte erkennbar machen – Zu diesem Buch . 6 Erinnerungskultur I: Der Blick der Wissenschaft Rainer Ohliger: Sinn und Deutung – Erste Schritte auf der Berliner Route der Migration . 10 Wolfgang Kaschuba: Stadt „ist“ Migration – Überlegungen zur „Berliner Route“ . 27 Paul Nolte: Berlin – Stadt aus Migration . 32 Manuela Bojadzijev, Hanno Hochmuth und Olga Sparschuh: Die Berliner Route der Migration – Sechs Stopps auf einer Stadtrundfahrt . 34 Erinnerungskultur II: Der Blick der Museen und der Kulturschaffenden Claudia Gemmecke: Museen und Vielfalt . 42 Cilly Kugelmann im Gespräch: Auf der Suche nach den Orten der jüdischen Migration . .47 Katja Weniger: Die Hugenotten – Erfolgsgeschichte der Einwanderung nach 10 Generationen . 51 Martin Düspohl im Gespräch: Spannende Orte und neue Perspektiven . 54 Çağla İlk: Einige Gedanken zur Route der Migration . 58 Erinnerungskultur III: Migrationsgeschichte biografisch Mehmet Alpbek: Ankunft und Neubeginn in Berlin . 62 Bosiljka Schedlich: Waterloo-Ufer 5–7 . 65 Mohamed Zaher: Von der Bedeutung, Geschichte zu vermitteln oder Vergangenheit als Geschichte, um die Gegenwart zu verstehen . 68 Anhang Rainer Ohliger: 150 Orte, die nicht vergessen werden sollten – Ergebnisse einer Expertenbefragung . 72 Impressum . 88 3 Grußwort Viele Debatten zum Thema Migration be- ihr kollektives Gedächtnis? Diese gesell- schäftigen sich mit den Defiziten bestimm- schaftspolitisch wichtigen Fragen nimmt ter Gruppen oder Individuen und mit all „Die Berliner Route der Migration“ auf und dem, was in den vergangenen Jahren ent- verwandelt sie in praktische Anschauung . weder versäumt, vernachlässigt oder igno- riert worden ist . Oft scheint es dann so, als So ein Prozess der Selbstverständigung im sei Integrationspolitik heute im Wesentli- öffentlichen Raum kann nur erfolgreich chen eine Reparaturwerkstatt . Diese Sicht- sein, wenn viele Institutionen eingebunden weise greift zu kurz und doch prägt sie nach sind . Ich freue mich sehr, dass sich zur Um- wie vor den öffentlichen Diskurs . setzung dieses Vorhabens Berliner Museen, Universitäten, Theater, Nichtregierungsor- „Die Berliner Route der Migration“ ist dem- ganisationen und nicht zuletzt die Berliner gegenüber erfrischend anders . Sie nimmt Kulturverwaltung sowie der Integrations- Migrations- und Integrationsprozesse von beauftragte zu einem fachlich hochqualifi- einer neuen Seite in den Blick, indem sie zierten Netzwerk zusammengeschlossen versucht, vergessene und verschüttete Ge- haben . Das ist eine neue Qualität im ein- schichte und Geschichten der Einwande- wanderungshistorischen Diskurs Berlins . rung auszugraben und einem breiten Publi- kum zugänglich zu machen . Hier werden Ich danke allen Akteurinnen und Akteuren Lebensgeschichten lebendig, Orte bekom- für ihr Engagement und hoffe sehr, dass die men eine neue Bedeutung und Parallelen Anstöße der „Berliner Route der Migration“ zwischen zurückliegenden Ereignissen und einen breiten Widerhall in der Stadt finden der Situation von heute werden möglich . werden . Damit erweist dieses Vorhaben dem Dis- kurs über Einwanderung einen großen Carola Bluhm Dienst: Es „veröffentlicht“ nicht nur die Berliner Senatorin für Integration, Arbeit und überaus bewegte, bunte und konfliktreiche Soziales Geschichte der Einwanderungsstadt Berlin . Vor allem wird deutlich, dass Berlin ohne Migration nicht existieren würde, zumin- dest nicht in der Form, in der wir die Stadt kennen und schätzen . Was aber passiert mit der etablierten Ge- schichte, wenn die, die bisher an den Rän- dern waren, ins Zentrum des historischen Gedächtnisses rücken? Welche Fragen stellt eine solche historische Neuinterpretation an das Selbstverständnis einer Stadt und an 4 Grußwort Am 30 . Oktober 2011 jährt sich zum 50 . Mal vor einem halben Jahrhundert sowie den das deutsch-türkische Abkommen zur An- Flüchtlingsbewegungen in den 1990er Jah- werbung türkischer Arbeitskräfte . Für Berlin ren bis heute . Sichtbar wird so eine seit mit seiner großen türkischstämmigen Ein- Jahrhunderten zu verfolgende Entwicklung, wandererbevölkerung ist dies ein besonde- die durchaus aktuelle Relevanz hat: Die Ein- res Datum . Die Berliner Route der Migration wanderung von Menschen aus anderen, wird anlässlich dieses Jubiläums eröffnet tatsächlich oder vermeintlich fremden Kul- und für ein breiteres Publikum begehbar . turen ist für die Einwandernden, aber auch für die aufnehmende Gesellschaft häufig Die Idee einer Berliner „Route der Migration“ mit Ängsten und gegenseitigen Vorurteilen fußt auf dem europäischen Konzept der verknüpft . Andererseits ist gerade die kultu- Kulturrouten und soll in den kommenden relle Vielfalt der Transmissionsriemen, der Jahren auch in anderen Städten Europas die Entwicklung der Stadtgesellschaften umgesetzt werden . vorantreibt und immer wieder aufs Neue Berlin als internationale Metropole und Ein- stimuliert . wanderungsstadt wird ihren eigenen, ganz speziellen Beitrag dazu leisten . Die „Route der Migration“ will nicht nur ei- nem interessierten Publikum von außen ei- Das Konzept „Route der Migration“ nähert nen Einblick ermöglichen, sondern auch für sich dem Thema „Integration“ auf sehr an- die Einwanderer und ihre Kinder, die nach schauliche und für Berlin bislang einmalige den Wurzeln ihrer eigenen Einwanderungs- Weise . Im Fokus steht die Visualisierung der geschichte suchen, eine Informationsplatt- kulturellen Vielfalt unserer urbanen Stadt- form schaffen . gesellschaft, die vielfältige Einflüsse auf die demografische Struktur der Stadt und ihre Durch die „Route der Migration“ wird eine soziale Entwicklung hatte und hat . Verbindung zwischen dem einstigen Hei- matland und der heutigen Heimat Berlin Mit dem Mittel eines inszenierten Stadtspa- hergestellt . So kann Zuwanderungsge- ziergangs will die „Route der Migration“ die schichte individuell wahrgenommen und Geschichte der Einwanderung nach Berlin nachvollzogen werden . für Besucherinnen und Besucher, Studie- rende, Schülerinnen und Schüler und wei- Mein Dank gilt den Expertinnen und Exper- tere interessierte Berliner Bürgerinnen und ten, die durch ihre Arbeit und persönliches Bürger konkret erfahrbar machen . Dabei Engagement die Entwicklung des Modells schlägt sie einen Bogen von der Einwande- der „Route der Migration“ wesentlich mit rung der Hugenotten im 17 . Jahrhundert gestaltet haben . über die Anwerbeverträge für die so ge- nannten Gastarbeiter aus der Türkei, Grie- André Schmitz chenland und weiteren Mittelmeerstaaten Staatssekretär für Kultur 5 Günter Piening Einleitung Stadtgeschichte als Migrationsgeschichte nen unter 18 Jahren Einwandererfamilien . erkennbar machen – Zu diesem Buch Integrationspolitik ist daher heute mehr denn je Gesellschaftspolitik . Sie umfasst alle Berlin wäre ohne Migration nicht denkbar, gesellschaftlichen Institutionen . Es muss jen- die Stadt lebt von der im Zuge von Einwan- seits der klassischen Integrationsstrategien derung entstandenen Pluralität und Diver- im Bildungssystem und auf dem Arbeits- sität, den kulturellen Überlieferungen, Iden- markt auch darum gehen, die Erinnerung an titäten und Lebensstilen . die Geschichte dieser Stadt und dieses Lan- Die großen Sprünge in der Entwicklung der des unter dem Blickwinkel einer Einwande- Stadt sind immer einhergegangen mit dem rungsgesellschaft neu zu erzählen . Als Ein- Zuzug von Menschen, die neue Ideen und wanderungsgesellschaft brauchen wir ein Sichtweisen in die Stadt brachten . Die Hu- neues Verständnis darüber, wie kollektive genotten legten Ende des 17 . Jahrhunderts Erinnerung, wie die Vermittlung von Kultur den Grundstock für Berlin als Handels- und gesamtgesellschaftlich gestaltet werden soll . Handwerksmetropole . Die Industrialisie- Das aber erfordert – soweit noch nicht ge- rung wäre ohne die Zehntausende von Ar- schehen – ein geändertes Selbstverständnis beitsmigranten, die aus den umliegenden der für Geschichts- und Kulturvermittlung Ländern in die Preußenmetropole strömten, zuständigen Institutionen . nicht möglich gewesen, und die russisch- Die besondere Bedeutung einer neuen Er- jüdische Einwanderung rund um die Wen- innerungskultur als Teil von Integrationspo- de vom 19 . zum 20 . Jahrhundert prägte das litik wird auch durch das Berliner Integrati- quirlige Berlin der 20er Jahre entscheidend . onskonzept von 2007 unterstrichen . Dort In den Sechzigern war die Anwerbung von heißt es: „Erinnerung ist jedoch nicht nur Arbeitskräften vor allem aus den mediterra- die Erinnerung an die kulturellen Traditio- nen Ländern aber auch aus Südkorea die nen der Herkunftsregionen der Einwande- Grundlage für den Aufschwung Westberlins, rer, sondern umfasst auch das kollektive und ohne die Arbeitnehmer/innen aus Viet- Gedächtnis der Einwanderungen nach nam, Mozambique und anderen sozialisti- Deutschland . Die Einwanderungsgeschich- schen Bruderländern wäre die Wirtschaft te ist ein Teil der deutschen und der Berliner der DDR in den letzten Jahren ihres Beste- Geschichte und muss als solche angemes- hens nicht mehr funktionstüchtig gewesen . sen reflektiert und dargestellt werden . (…)