Jugendliche Gestalten Ihre „Lieblingsplätze“ in Ihrer Gemeinde Dr
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Jugendliche gestalten ihre „Lieblingsplätze“ in ihrer Gemeinde www.teensopenspace.at Dr. Karin Standler In der österreichischen LEADER-Region Eferding kooperierten zehn Gemeinden bei der Gestaltung jugendgerechter Treffpunkte im öffentlichen Raum. Das Besondere dabei: Die Jugendlichen planten und gestalteten ihre Treffpunkte mit Unterstützung von Landschaftsplanerinnen und Architekten selbst. Rund 150 Jugendliche im Alter von 13 bis 19 Jahren beteiligten sich an diesem Projekt und wurden damit aktiv in die Entwicklung ihrer Gemeinde und die Verbesserung ihrer Lebensqualität eingebunden. Abb. 6: Modell Freiraum Pupping: neuer Jugendtreff Abb. 5: Modell Freiraum Scharten: neuer Jugendtreff In nur acht Monaten haben die Jugendlichen der Region Eferding Plätze, an denen sie immer schon einen Großteil ihrer Freizeit verbrachten, in attraktive Treffpunkte verwandelt. Flexibel verstellbare Bänke, Stühle und Tische in modernem, „futuristischem“ Design ermöglichen unterschiedliche Nutzungen – auch für mehrere kleine Gruppen gleichzeitig. Liegen laden zum Entspannen und „Abhängen“ ein. Überdachungen bieten Schutz gegen Regen und Sonne. Ein lichtdurchfluteter, bunter Pavillon bietet Rückzugsmöglichkeiten und eine gute Aussicht in die Umgebung. Weitere von den Jugendlichen selbst geplante und gebaute Attraktionen sind Aussichts- und Sonnenterrassen, Grillplätze, ein Freilichtkino auf dem Fußballplatz. An einigen Plätzen wurden neue Bepflanzungskonzepte realisiert oder die Fassade eines Sportvereinslokal umgestaltet. Dies sind nur einige Beispiele aus den zehn beteiligten Gemeinden, die eines zeigen: Jugendliche können mit ihren kreativen Ideen viel zur Ortsentwicklung beitragen. Man muss ihnen nur die Möglichkeit geben. Abb. 1: Liegeplattform mit Sitzkegeln in Aschach Abb. 2 Bemalung der Union, Bauwerkstatt Pupping www.teensopenspace.at Dr. Karin Standler, tel: +43-(0) 69913554566 Seite 1 Die Ausgangssituation Wie in vielen ländlichen Regionen gehörten Jugendliche auch in den Gemeinden der Region Eferding nicht unbedingt zu den wichtigsten Zielgruppen der Gemeindeentwicklung und Ortsgestaltung. Und das, obwohl Jugendliche zu den Bevölkerungsgruppen gehören, die den Freiraum in Gemeinden am intensivsten nutzen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Jugendliche wollen sich unbeobachtet von Erwachsenen und ungestört von Kleinkindern treffen können. Sie haben ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Bewegung. Und: Sie verfügen nur über geringe Mobilität und Kaufkraft und sind daher oft auf das Angebot an Treffpunkten im öffentlichen Raum (z.B. Parks, Plätze usw.) angewiesen. Mit dem Projekt „Jugendliche gestalten Freiräume“ wurde das Angebot an attraktiven Treffpunkten für Jugendliche in zehn Gemeinden der Region Eferding nun nachhaltig verbessert. Jugendliche kooperieren mit Landschaftsarchitektinnen Den Anstoß zu diesem Projekt lieferte ein Workshop der österreichischen LEADER Network Unit zum Thema „Jugend und ländliche Entwicklung“. Im Rahmen dieses Workshops präsentierten zwei Landschaftsplanerinnen, Karin Standler und Eva Schwab, wie mit der von ihnen entwickelten Methode „teens_open_space“ Jugendliche erfolgreich in die jugendgerechte Planung und Gestaltung von Plätzen in Gemeinden eingebunden werden können. Gerlinde Grubauer, die Managerin der LAG Eferding, war davon so beeindruckt, dass sie die beiden Landschaftsarchitektinnen zu einem Workshop in ihre Region einlud. Danach beschlossen der Vorstand der LAG und zehn Gemeinden die Zusammenarbeit ihrer Jugendlichen mit den beiden Planerinnen im Rahmen des LEADER-Programms zu unterstützen. Gemeinsam sollten sie die Lieblingsplätze der Jugendlichen – also Plätze auf denen sich diese besonders häufig aufhielten – neu gestalten. Abb. 3: wetterfester Pavillon Eferding Abb. 4: „Tube“, vandalensichere Sitzröhren Hartkirchen Information schafft Beteiligung Das Projekt „Jugendliche gestalten Freiräume“ startete im April 2005 mit einer intensiven Informationskampagne, um die Jugendlichen für das Projekt zu begeistern. Durchgeführt wurden unter anderem: Ein Info-Abend für MultiplikatorInnen, zu dem die Jugendverantwortlichen von regionalen Vereinen, JugendreferentInnen der Gemeinden, LehrerInnen und VertreterInnen von Jugendeinrichtungen eingeladen wurden. Diese MultiplikatorInnen sollten die Projektinformation an „ihre“ Jugendlichen weitertragen. Besonders wichtig waren auch die Projektvorstellungen vor Jugendlichen direkt. In neun Präsentationen in Schulen wurden rund 500 SchülerInnen über das Projekt informiert. Die SchülerInnen konnten so ersten Kontakt zu den Projektleiterinnen aufbauen und sich ein Bild www.teensopenspace.at Dr. Karin Standler, tel: +43-(0) 69913554566 Seite 2 von deren Arbeitsweise machen. Zudem wurden Berichte über das geplante Jugendprojekt in regionalen Medien und in den Gemeindenachrichten veröffentlicht. Das Ergebnis der Informationsarbeit: In den zehn beteiligten Gemeinden entschlossen sich insgesamt 150 Jugendliche zwischen 13 und 19 Jahren zur Mitarbeit. Analysieren, planen, präsentieren, bauen Die Umsetzung des Projektes erfolgte in vier Schritten: In jeder der zehn Gemeinden zeigten die Jugendlichen im Rahmen einer kritischen Ortsbegehung (city walk) ihren „Lieblingsort“ . In einigen Gemeinden hatten die Jugendlichen bisher keinen Lieblingsort und machten sich mit den Planerinnen auf die Suche nach einem geeigneten Ort für einen Treffpunkt. Mit Unterstützung der Landschaftsplanerinnen Karin Standler und Eva Schwab wurden die „Lieblingsorte“ von den Jugendlichen genau analysiert (welche Atmosphäre hat der Ort? wie nutzen wir ihn? wie möchten wir ihn nutzen? was gefällt uns? was stört uns? Welche Ideen können wir entwickeln für eine bessere Nutzbarkeit?)Danach ging es in die Planungswerkstatt (planning workshop). In zwei zweitägigen Workshops entwickelten die Jugendlichen in Zusammenarbeit mit fünf Landschaftsplanerinnen und drei Architekten Entwürfe und Modellbauten für die Neugestaltung ihrer Lieblingsorte. VertreterInnen der Gemeinden besuchten die Jugendlichen in der Planungswerkstatt und konnten miterleben, mit welcher Begeisterung die Jugendlichen an der Gestaltung „ihres Ortes“ arbeiteten. Gleichzeitig wurden in Gesprächen zwischen den Jugendlichen und den GemeindevertreterInnen zu „abgehobene“ Gestaltungsideen etwas angepasst, die Rahmenbedingungen und Nutzungsregeln diskutiert sowie der finanzielle Rahmen abgesteckt. Auf die Planungswerkstatt folgte die „city line“: die Jugendlichen präsentierten ihre Modelle für die künftige Gestaltung ihres Lieblingsortes der Öffentlichkeit und diskutierten diese mit KommunalpolitikerInnen, DirektorInnen, LehrerInnen, Eltern, Freunden und sonstigen Interessierten. Ergebnis dieser öffentlichen Präsentation war die Genehmigung der Gestaltungsvorschläge der Jugendlichen durch die GemeindevertreterInnen. Danach gingen die PlanerInnen an die Detailplanung: Technische Detailpläne wurden gezeichnet, Materiallisten und Kostenvoranschläge mussten erstellt werden, damit im Sommer im Rahmen von Bauwerkstätten (construction workshops) das Inventar für die Neugestaltung der Plätze gebaut werden konnte. Nach und nach setzten die Jugendlichen mit der Unterstützung der Landschaftsplanerinnen und Architekten sowie der Mitarbeiter der jeweiligen Gemeindebauhöfe und ortsansässigen Firmen ihre Modelle in die Realität um. Im Herbst 2005 waren alle Treffpunkte nach den Plänen der Jugendlichen gebaut. Einem großen gemeinsamen Eröffnungsfest stand nichts mehr im Wege. Zusätzlich zu diesem Jugendbeteiligungsprojekt erhielten die Gemeinden auch eine Beratung für die Verbesserung der Freiraumsituation in der Gemeinde insgesamt – unter Berücksichtigung der Ansprüche von Jugendlichen an die Ortsentwicklung und -gestaltung. LEADER-Finanzierung Mit LEADER-Mitteln wurde der gesamte vierstufige Prozess dieses Projektes finanziert, die fachliche Betreuung bzw. Moderation von Analyse, Planung/Modellbau, Präsentation und Umsetzung der Neugestaltung ihrer Lieblingsorte durch die Jugendlichen. Die erforderlichen Baumaterialien wurden von den Gemeinden und zu einem kleinen Teil vom Landesjugendreferat des Landes Oberösterreich finanziert. Die Gesamtkosten pro Gemeinde beliefen sich auf 2.000,- bis 14.000,- Euro. Erfahrungen: Vorher und nachher Bei Projektstart war für viele GemeindevertreterInnen und Jugendbeauftragte eine umfassende Jugendbeteiligung wie „teens_open_space“ Neuland. Damit einher gingen www.teensopenspace.at Dr. Karin Standler, tel: +43-(0) 69913554566 Seite 3 Neugierde, Motivation aber auch Fragen und Skepsis. Einige Bürgermeister dachten, dass die Jugendlichen ihrer Gemeinde viel zu wenig Interesse an der Entwicklung ihres Ortes hätten und sich daher kaum jemand an so einem Projekt beteiligen würde. Zum Teil bestanden auch Zweifel an der Kompetenz der Jugendlichen. Das heißt: Man traute ihnen nicht zu, vernünftige, machbare und kreative Gestaltungsideen zu entwickeln, diese umzusetzen und verantwortlich mit den neuen Freiraumobjekten umzugehen. Die Jugendlichen waren von Anfang mit Interesse dabei und sahen Verbesserungschance: Einige hatten sich in ihrer Gemeinde schon für Jugendanliegen eingesetzt, ein gleichberechtigte Einbindung in die Entwicklung ihrer Gemeinde war jedoch auch für sie etwas Neues. Die anfängliche Unsicherheit ist mittlerweile einer allgemeinen Begeisterung gewichen. GemeindevertreterInnen und Jugendbeauftragten ist durch den Prozess klar geworden, was ein partizipativer Freiraumplanungsprozess für die Gemeindeentwicklung leisten kann und welche zentrale Stellung die Ortsentwicklung in der Regionalentwicklung einnimmt. Ein anfänglich