MEIN SV WERDER DIE GRÖSSTEN MOMENTE MEIN SV WERDER DIE GRÖSSTEN MOMENTE Impressum

EIN OFFIZIELLES LIZENZPRODUKT DES SV WERDER

Copyright @ 2018 spobucom Redaktionsbüro München Am Kugelspiel 14 86938 Schondorf

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion/Produktion 88 Spobucom, Schondorf

Autoren Stefan Freye Heinz Fricke Ulrich Kühne-Hellmessen

Mit Gastbeiträgen von , Frank Baumann, Rune Bratseth, , , Willi Lemke, Frank Ordenewitz, , , , Hans Schulz, Mirko Votava, Rudi Völler, 114 Korrektorat Michael Köhler, am Main

Fotos Witters Sportfotografie picture alliance

Grafik/Layout Véronique de Céa, Berlin

Technische Umsetzung Impress Media, Mönchengladbach Projektmanagement Vera Terfeld

Vertriebspartner Die Werkstatt Verlagsauslieferung, Rastede 37 172

Zu bestellen unter www.werderbuch.de

Alle statistischen Daten haben den Stichtag 30.6.2018 (Saisonende 2017/18).

Weitere Informationen finden Sie unter www.spobucom.de

ISBN 978–3–7307–0448–6 118

MEIN SV WERDER 6 MEIN SV WERDER 12 Das ist Chefsache

Max Kruse ist der Spezialist für die Standards. Während sich die Berliner Abwehr formiert, ist sein Blick auf den Strafraum fixiert. Wo ist mein Mann? Gut nur, dass der Schiedsrichter nicht eingreift. Die Lage des Balles entspricht zugegebenermaßen nicht ganz den Regeln.

13 MEIN SV WERDER Die Lage ist einmalig. Wenn auch die Zufahrt über den Osterdeich so manchen Fan nervt, so ist das Stadion direkt an der Weser dennoch ein besonderes, gern besuchtes Schmuckstück. Seit dem 2012 abgeschlossenen Umbau, fasst die Arena 42.000 Zuschauer und gehört der Bremer Weser-Stadion GmbH, an der zur je 50 Prozent die Stadt Bremen und der SV Werder beteiligt sind.

MEIN SV WERDER 18 Das stolze Schmuckstück

19 MEIN SV WERDER Bremen ist Werder

Wenn das Flutlicht angeht oder Werder zum Heimspiel bittet, fällt eine ganze Stadt ins Fußballfieber. Wie weit die Identifikation der Bremer mit Werder reicht, zeigt auch dieses Haus: Auf der Fassade der Fußballkult- stätte sind unter anderem und Thomas Schaaf verewigt, mit Meisterschale und DFB-Pokal dekoriert. Das Foto stammt aus dem Mai 2016, als ganz Bremen solidarisch gegen den Abstieg kämpfte.

MEIN SV WERDER 20 21 MEIN SV WERDER DIE GROSSEN REGISSEURE

DIEGO RIBAS DA CUNHA: Antreiber im Bremer Mittelfeld von 2006 bis 2009.

Wer kannte einen Johan Micoud, wer einen Diego, bevor sie in Bremen explodierten? Wer hätte auf einen in Schalke auf der Tribüne sitzenden Mesut Özil gezählt? Klaus Allofs hat sie alle geholt. Er hat damit ein beson- deres Näschen bewiesen und außerordentlichen Fußballverstand. Hier erzählt er, wie er drei große Regisseure gefunden und nach Bremen geholt hat.

MEIN SV WERDER 62 JOHAN MICOUD: »Le Chef« von 2002 bis 2006. MESUT ÖZIL: Dribbler, Passgeber, Vorbereiter und Torjäger von 2008 bis 2010.

63 MEIN SV WERDER »IHRE VERPFLICHTUNG WAR LETZTLICH NUR MÖGLICH, WEIL SIE BEI IHREN VEREINEN DAVOR WOHL UNTERSCHÄTZT, WENN NICHT SOGAR VERKANNT WURDEN.« (Klaus Allofs)

von Klaus Allofs

» Wer wie ich 13 Jahre in einem -Club als Sport- chef arbeitet, der hat viel erlebt und ebenso viel zu erzählen. Das gilt auch für meine Werder-Zeit von 1999 bis 2012. Sie komplett in Erinnerung zu rufen würde jeden Rahmen spren- gen, deswegen will ich mich hier auf ein Kapitel beschrän- ken, das mir besonders am Herzen liegt und dem ich die Überschrift »Meine drei großen Spielmacher« geben möchte. Sie wissen schon, wovon ich rede? Natürlich ist die Rede von Johan Micoud, Diego und Özil – von jenen drei Weltklasse- TRAUM- UND ERFOLGSDUO: Manager Klaus Allofs mit Trainer Thomas Schaaf. fußballern, die alle zwei Dinge gemeinsam hatten: Sie waren die Dirigenten ihrer Zeit in der Werder-Mannschaft. Und ihre Verpflichtung war letztlich nur möglich, weil sie bei ihren Ver- überragenden Dirigentenfähigkeiten auf ein Niveau, das man einen davor wohl unterschätzt, wenn nicht sogar verkannt vorher an der Weser nicht gekannt hatte. Irgendwann war wurden. Johan für die Medien »Le Chef«, und diesen Ehrennamen hatte er verdient, er war auf dem Platz der unbestrittene Boss. JOHAN MICOUD (2002–2006) Etwas schwerer als die Fans taten sich die Medien mit Johan. Man muss sich in meinem Job ja ständig umhören, sich Er war nicht unbedingt pflegeleicht, und anfangs hieß es, er ein Netzwerk aus Freunden, Spielerberatern, Medienleuten gebe überhaupt keine Interviews. Dann wollte er angeblich aufbauen, wenn man in der ersten Liga erfolgreich mitmi- nur auf Französisch und Englisch reden. Doch Fakt ist: Nach schen will. Viele Informationen bringen im Nachhinein oft einiger Zeit verstand Johan sehr gut deutsch, doch nicht gut wenig ein, doch als ich eines Tages so um die Jahreswen- genug, um es auch öffentlich zu sprechen. Nach vier Jahren de 2001/2002 erfuhr, dass Johan Micoud Probleme beim kam dann ein Angebot aus Bordeaux, es zog ihn zurück zu AC Parma habe, läuteten bei mir sofort die Alarmglocken. seinem alten Verein. Und in der Region lebt er heute immer Micoud? Da musste ich mich mal schlauer machen, denn noch – als Besitzer und Betreiber eines Weinguts. ich wusste aus meiner französischen Fußballvergangenheit in Bordeaux, wie viel man in Frankreich von Johan Micoud DIEGO (2006–2009) hielt – für viele galt er dort als der Kronprinz des unnach- Die Geschichte seiner Verpflichtung begann schon einige ahmlichen Zidane. Also bin ich aktiv geworden. Und irgend- Jahre früher. Da reiste ich durch Südamerika auf der Suche wann trafen wir uns in Nizza, im legendären »Negresco« an nach Talenten für Werder. Dabei sah ich auch ein Spiel des der ebenso legendären Promenade des Anglais. Johan hatte FC Santos, in der mir ein 18-Jähriger sofort auffiel. Weil er seinen Berater und Ehefrau Anna mitgebracht, die vor allem den Ball perfekt behandelte, sehr dribbelstark war und weil er alles über Bremen wissen wollte – Schulangebote, Einkaufs- unglaubliche Pässe schlagen konnte. Und er trug trotz seines möglichkeiten, Erholungswert und so weiter. Und es erwies jugendlichen Alters schon die Rückennummer 10 – wie einst sich als sehr vorteilhaft, dass meine Französischkenntnisse auch Pelé. Seither ist sie in Brasilien eine besondere Auszeich- noch ausreichten, alles zu erzählen. Jedenfalls hatte ich beim nung. Ich habe dann auch seinen Vater kennengelernt, der Rückflug schon das Gefühl, dass die Geschichte zu stemmen die geschäftlichen Dinge für den Sohn regelte. Doch Diego wäre. Es kam dann noch zu einem zweiten Treffen in Bremen. ging zum FC Porto nach Portugal – er wollte wohl erst einmal Auch das passte, danach war alles in trockenen Tüchern. dort sein Glück versuchen, wo man wie daheim portugiesisch Johan erfüllte bei Werder alle Erwartungen, obwohl die Skep- sprach. Ich habe dann seinen Weg weiter verfolgt und daher sis anfangs noch groß war. Denn international war er für viele auch mitbekommen, dass es in Porto so einige Probleme gab. ja ein unbeschriebenes Blatt, obwohl er sofort Spitzenverdie- Diego verstand sich nicht mit dem holländischen Trainer, sein ner bei Werder war. Doch er hatte im Team schnell Kontakt, Vater stritt sich mit dem Präsidenten, und Diego saß immer schoss Tore und hob das Bremer Spiel vor allem dank seiner öfter auf der Tribüne. Ich habe dann versucht, einen neuen

MEIN SV WERDER 64 SCHARFSCHÜTZE AUF UND AUSSERHALB DES PLATZES: Der Brasilianer Diego ließ sich im Heidepark Soltau zum Cowboy machen.

Kontakt herzustellen, das glückte auch ir- gendwann, doch ich muss sagen: Es war VORSTELLUNG AM 1. FEBRUAR 2008: Trainer Thomas Schaaf, Neuzugang Mesut Özil und Manager Klaus Allofs. wesentlich schwie- riger als bei Micoud. Wir brauchten einen und Diego, alle drei haben große Verdienste darum, dass Dolmetscher, die an- Werder in ihrer Zeit eine deutsche Spitzenmannschaft war. dere Mentalität der Mir war ziemlich früh klar, dass Mesut Özil irgendwann für Südamerikaner, vor allem die des Vaters, machte es auch uns eine Nummer zu groß sein würde, und so kam es dann ja nicht einfacher. Doch wir blieben hartnäckig, wir suchten auch: Real Madrid klopfte an, es gab praktisch keine Chance, ja einen internationalen Klassemann als Nachfolger für Jo- Mesut zu halten. Das Trostpflaster von 15 Millionen Euro war han. Werder musste dann auch ziemlich tief in die Tasche ja schön. Und was für viele neu sein wird: Letztlich ist es Wer- greifen, doch es rechnete sich im Nachhinein vielfach. Weil der zu verdanken, dass Mesut Özil viele Jahre zu einer Stütze Diego zum Star und Publikumsliebling in Bremen wurde, weil der deutschen Nationalmannschaft wurde. Denn wir hatten er unglaubliche Tore schoss. Und weil wir – als er dann zu ziemlich früh mitbekommen, dass sich auch der türkische Juventus wechselte – über 20 Millionen und damit gut das Fußballverband bei Mesut gemeldet hatte und ihn für seine Vierfache dessen bekamen, was wir einst nach Porto über- Nationalmannschaft wollte. Wir haben den DFB darüber in- wiesen hatten. formiert, es kam zu einem Gespräch in Frankfurt, Mesut ent- schied sich für den DFB. Und der profitierte davon jahrelang. MESUT ÖZIL (2008–2010) Dass es im Sommer 2018 zum Bruch kam, ist meiner Mei- Für mich ist Mesut auch heute noch, trotz der bekannten nung nach nicht vor allem Mesut anzulasten, so wie es teil- Querelen nach der verkorksten WM 2018, ein Weltklasse - weise dargestellt wurde. Es wurden überall Fehler gemacht, spieler. Einer, den jede Mannschaft gebrauchen kann, auch die und das Bild, das viele bei uns nun von ihm haben, stimmt deutsche Nationalmannschaft. Ich sage das mal vorab, weil einfach nicht. Mesut ist keiner, der falsch spielt – er will vor er damals, bei seiner Verpflichtung durch uns, auch umstrit- allem nur Fußball spielen. Und das kann er immer noch bes- ten war. Er galt zwar als ein großes Talent – mehr aber nicht. ser als die meisten seiner Berufskollegen. « Er war keinesfalls Stammspieler bei Schalke 04, saß sogar auf der Tribüne, doch ich war mir sicher: Das kann ein Großer werden. Es gab allerdings erst einmal interne Diskussionen Klaus Allofs (geb. am 5. Dezember 1956 in Düsseldorf) bei Werder. Vier Millionen für einen Nobody, der in Schal- spielte von 1990 bis 1993 für Werder (78 Bundesliga-Spiele, ke nur sporadisch spielte? Es gab Bedenken, doch ich habe 18 Tore). Otto Rehhagel holte den Stürmer, Vizeweltmeis- mich bekanntlich durchgesetzt. Mesuts Einstand in Bremen ter von 1982 und 1986 und Europameister von 1980 aus war allerdings nicht gerade überzeugend. Er ist ein Junge, der Frankreich zurück. Allofs schoss in 424 Bundesliga-Einsätzen sich nicht sofort an eine neue Umgebung gewöhnt, er war 177 Tore, er wurde 1979 und 1985 Torschützenkönig der und ist auch heute noch ein eher schüchterner Mensch. Und Bundesliga. schließlich: Wir hatten damals noch Diego. Zwei Spielmacher Im Oktober 1999 wurde Allofs Nachfolger von Willi Lemke als sind für jeden Trainer ein Problem. Das wusste auch Thomas Vorstand Profifußball bei Werder, im Mai 2003 Geschäfts- Schaaf. Als 2009 das Angebot von Juventus für Diego kam, führer und im März 2009 Vorsitzender der Geschäftsfüh- passte es uns bestens ins Konzept. Plötzlich hatte Mesut den rung. Unter seiner Regie gewann Werder das Double (2004), Raum, den er für seine genialen Pässe und seine blitzschnellen wurde Pokalsieger (2009) und zog zehnmal in einen europä- Dribblings in die Tiefe brauchte, Mesut blühte richtig auf. Ich ischen Pokalwettbewerb ein. Am 14. November 2012 wurde behaupte mal: Er lieferte die logische Fortsetzung für Micoud sein Vertrag vorzeitig aufgelöst.

65 MEIN SV WERDER Deutsche Meisterschaft 1988 DER TROTZ- TITEL

»Antreten zum Abtakeln«, hatte der Stern getitelt und vor der Saison 1987/88 den Abgesang auf Werder angestimmt. Es kam anders. Vollkommen überraschend dominierte Werder die Liga und wurde Meister. Die Gründe beschreibt Frank Ordenewitz.

DAS MEISTERSTÜCK: Nach drei zweiten Plätzen in den Achtzigern holt Otto Rehhagel 1988 endlich die Meisterschale an die Weser.

MEIN SV WERDER 76 77 MEIN SV WERDER »DIESER TITEL IM JAHR EINS NACH VÖLLER, PEZZEY, MÖHLMANN KAM FÜR ALLE ÜBERRA- SCHEND. AUCH FÜR UNS.« (Frank Ordenewitz)

von Frank Ordenewitz

» Es war unbeschreiblich. Mit dem Au- tokorso durchs Viertel zum Rathaus, und dann vor Zehntausenden auf dem Marktplatz die Schale zeigen – mehr kannst du als Bremer Fußballer wohl nicht erleben. Die ausgelassene Feier nach dem letzten Saisonspiel war allerdings nur der Abschluss eines mehrwöchigen Party-Marathons. Wir hatten die Meisterschaft ja schon am 31. Spieltag perfekt gemacht, beim 1:0 in Frankfurt. Danach wurde der Rückflug auf den Nachmittag des kom- menden Tages verschoben und unser Hotel in Wiesbaden auseinander- genommen. Der eine oder andere war am Ende nicht mehr Herr seiner Sinne, daran erinnere ich mich genau. Aber SEIN BESTES JAHR: Frank Ordenewitz, hier gegen den Hamburger Man- fred Kaltz, erzielte 15 Saisontreffer, so viele wie nie. dieser Titel kam ja für uns alle überraschend. Klar, wer die ganze Zeit oben mitspielt, gewöhnt sich irgendwann daran und entwickelt dann auch viel Selbstvertrauen. Doch vor der drübergesprungen. Aber letztlich war es natürlich nicht nur Saison hatten wir einen Umbruch. Deshalb traute man uns die Qualität der einzelnen Spieler, die uns so stark gemacht nicht zu, dass wir an die erfolgreichen Vorjahre mit diversen hat. Es war Otto Rehhagel. Er hatte einen Riesenanteil an Vizemeisterschaften anknüpfen würden. Wir eigentlich auch diesem Erfolg, weil er uns einmal mehr zu einer mannschaft- nicht. Leute wie Rudi Völler, Benno Möhlmann, Wolfgang lichen Geschlossenheit geführt hat, die man in den meisten Sidka oder Bruno Pezzey lassen sich schließlich nicht so leicht anderen Teams vergeblich suchte. Das war damals ja seine ersetzen. Auch der Torwartwechsel vom erfahrenen Dieter große Stärke. Otto hat die richtigen Spieler geholt, und dann Burdenski zum jungen sorgte für ein Fragezei- passte das eigentlich immer. So standen in jedem Jahr auch chen. Es wusste im Sommer 1987 eben niemand, wie die immer Leute auf dem Platz, die das Heft in die Hand genom- Zugänge einschlagen würden und ob wir jungen Spieler die men haben, wenn es mal nicht so lief. Das konnte schon Lücken schließen konnten. Aber es funktionierte. Ich feierte vorkommen. Damals hat der Trainer nämlich nie viel auf den mit mittlerweile 23 Jahren meinen Durchbruch und erzielte Gegner geachtet. Matchpläne und solche Sachen waren 15 Tore. Auch Spieler wie Thomas Wolter und noch weitgehend unbekannt. Wir brauchten sie auch nicht. sollten viel mehr Einsatzzeiten erhalten. Sie bewährten sich Es konnte aber vorkommen, dass wir es mit einer Mannschaft ebenfalls. Bei den Neuen denke ich vor allem an drei Namen: zu tun bekamen, die plötzlich viel stärker auftrat als erwartet Uli Borowka, der durch seine Spielweise für viel Respekt beim und uns Probleme bereitete. In der Meistersaison haben dann Gegner sorgte, Kalle Riedle, Siegtorschütze in Frankfurt und Spieler wie Mirko Votava, Manni Burgsmüller, Uli Borowka ein echt außergewöhnlicher Stürmer, und schließlich auch oder auch Rune Bratseth gesagt, wo es langgeht. Solche Rune Bratseth. Er war im Sommer aus Norwegen gekommen. Stützen in eine Mannschaft einzubauen war ein Verdienst Die Schnelligkeit des »Elchen« galt als herausragend, ebenso von Otto Rehhagel, dessen Training übrigens nicht für Über- wie seine Sprungkraft. Wir sind nach einem Training mal bei raschungen gesorgt hat. Wir wussten nämlich immer, was den Leichtathleten vorbeigekommen. Die Hochsprunglatte kam, und unsere Konditionseinheit fand jeden Montag auf lag bei 1,80 Meter. Da hat Rune nur gegrinst und ist einfach der Finnenbahn im Stadtwald statt. Das war es dann. Aber

MEIN SV WERDER 78 SIEGESTAUMEL: Frank Ordenewitz und Gunnar Sauer (r.) mit Otto Rehhagel.

Otto hat eben diese verschworene Einheit geschaffen, auch durch eine lange Leine. Denn natürlich wusste der Trainer, WICHTIGER NEUZUGANG IN DER MEISTERSAISON: Uli Borowka, hier gegen den Hamburger , kam aus Mönchengladbach. dass wir einige Jungs dabeihatten, die gern mal um die Häu- ser zogen. Ich gehörte auch dazu. Das hat ihn nie gestört, solange die Leistung auf dem Platz stimmte. Und die stimmte (gegen Frankfurt) und des UEFA-Pokals (gegen Leverkusen) ja. Wir blieben nach dem 1:0 zum Auftakt bei knapp ausgeschieden waren, konnten wir uns dann auf die sieben weitere Spiele ungeschlagen und kletterten am sechs- Meisterschaft konzentrieren. Aber ganz ehrlich: Mit der ein- ten Spieltag auf den ersten Platz. Zwar fielen wir später noch gespielten Mannschaft der Vorjahre wäre es wahrscheinlich mal für zwei Wochen hinter den 1. FC Köln zurück. Aber ab leichter für uns gewesen, den Titel zu holen. Bei den Vize- dem 13. Spieltag hieß der Spitzenreiter damals Werder Bre- meisterschaften 1983, 1985 und 1986 waren wir ja auch men. Bemerkenswert war sicher, dass wir mit Rune Bratseth, sehr nahe dran. Aber wer weiß: Vielleicht haben uns diese Gunnar Sauer, Uli Borowka, Jonny Otten und Thomas Schaaf Erfahrungen und das böse Etikett des ewigen Zweiten erst fünf nominelle Abwehrspieler hatten, die auf mindestens richtig stark gemacht. In jedem Fall hätten wir diese Begeis- 30 Einsätze kamen. Damit lässt sich wohl ganz gut erklären, terung damals wohl nicht erlebt, wäre die Meisterschaft nur was Otto Rehhagel damals mit der »kontrollierten Offensive« eine von mehreren gewesen. Die Freude rund ums Rathaus gemeint hat. Am Ende kassierte die Mannschaft jedenfalls hätte sicher nicht diese Dimensionen angenommen. Das Bes- nur 22 Gegentreffer und stellte damit einen Rekord auf, der te daran: Meine Eltern waren extra aus Dorfmark angereist erst rund 20 Jahre später gebrochen werden sollte. Und nach und bekamen mit, wie ihr Sohn gefeiert wurde. Für sie war dem Sieg in Frankfurt lagen wir uneinholbar vorn. Wie ge- es bestimmt auch das größte Erlebnis. « sagt: Eine Überraschung war das nicht mehr, weil wir uns als Tabellenführer ja lange genug auf diesen Moment vorberei- ten konnten. Mit etwas Abstand betrachtet, musste man sich allerdings schon wundern: Wir wurden Meister und nicht die Frank Ordenewitz (geb. am 25. März 1965 in Dorfmark) Bayern! Dabei galten sie damals schon als Maß aller Dinge, kam 1981 vom TSV Dorfmark nach Bremen, schaffte es über hatten mit Spielern wie , die Jugend- und Amateurmannschaft zu den Profis, brachte oder Lothar Matthäus absolute Stars in ihren Reihen. Aber es zwischen 1983 und 1989 auf 125 Bundesliga-Spiele mit wir setzten ihnen eben ein echtes Team entgegen, und wir 37 Toren und machte 1987 zwei Länderspiele.1988 wurde waren dabei noch ziemlich locker, denn wir hatten nichts er mit dem Fairplay-Preis der FIFA ausgezeichnet. Er hatte in zu verlieren. So stellten sich die Erfolge beinahe von allein einem Spiel von Werder Bremen gegen den 1. FC Köln dem ein, und dabei ragte in der ersten Saisonhälfte sicher das 6:2 Schiedsrichter ein von ihm begangenes Handspiel im eige- gegen Spartak Moskau – nach 1:4 im Hinspiel – im UEFA- nen Strafraum gestanden und damit Köln einen Elfmeter Pokal heraus. Später, als wir im Halbfinale des DFB-Pokals ermöglicht.

79 MEIN SV WERDER HIER SCHREIBEN DIE STARS

Die größten Momente der Werder-Geschichte ist eine Chronik der besonderen Art. Hier schreiben Bremer Fußball-Legenden wie Thomas Schaaf, Rudi Völler, Willi Lemke, Frank Baumann oder Wynton Rufer über die Höhepunkte ihrer Zeit in Bremen. erzählt, wie das erste Wunder von der Weser gelang; Thomas Wolter beschreibt das Phänomen Rehhagel, und eine Trainer-Hitparade belegt, wie erfolgreich wirklich arbeitet. Knapp 40 Beiträge über die größten, spektakulärsten Ereignisse ma chen dieses Buch zu einem außerordentlichen Nachschlagewerk über Werder Bremen, packend erzählt und mit den schönsten Fotos illustriert.

ISBN 978-3-7307-0448-6 VERLAG DIE WERKSTATT