No. 27/2016

Horst Hrubesch und Silvia Neid: Jetzt lockt das GOLD von Rio 2 CDN-MAGAZIN 27/2016

EDITORIAL Kampf um Medaillen: Generationen deutscher Zum 9. Mal seit 1912 ist Nationalspieler mussten den DFB-Präsident Reinhard die Männer-Auswahl des Albtraum „Italia“ erleben – Grindel über den CdN und DFB bei Olympia dabei // bis Jonas Hector im dessen Bedeutung // BRONZE 1988 EM-Viertelfinale 2016 zum „Unsere Nationalspieler – als einzige Ernte 14 Elfmeterpunkt ging // Leitbilder für Freude und Der Dammbruch zum Begeisterung am Fußball“ 04 Bannbruch: Neue Lust auf Bella Italia 22

AKTUELL IM BLICKPUNKT

OLYMPISCHE SOMMER- SPIELE 2016 IN RIO

Mit der Operation GOLD wollen und Silvia Neid ihre erfolgreichen Karrieren auf und neben dem Spielfeld abrunden // Letzte Ausfahrt RIO 06

UEFA EURO 2016 über IN FRANKREICH die Nationalmannschaft, die EURO 2016 und Als kühler Stratege, Taktgeber das „Jahrhundertteam“ und Spielmacher bestätigte von 1972 // Toni Kroos seine Sonder- „Hätten mit allen klasse im Weltfußball // Eckpfeilern den Cool – Cooler – KROOS 18 EM-Titel geholt“ 26

Die unglaubliche Geschichte vom Olympiasieg der DDR- Fußballer 1976 in Montreal // GOLD, das niemals glänzen durfte 10 3

Der Europameister von DIAGONALPÄSSE 1996 feierte als Trainer mit den Ungarn ein beacht- Günter Netzer: Herz-OP und liches Comeback // Hall of Fame-Aufnahme 44 Das soll noch nicht alles gewesen sein! 30

Auszeichnung für Rohr, Schnellinger und Can 44

FUSSBALL.DE mit 50 Jahre „Wembley-Tor“ Saison der Rekorde 45 mit Spiel der Legenden und 7:2-Sieg der DFB-All-Stars // Thomas Dolls Erfolgsstory Ballack und Co. auf in Ungarn: „In Budapest Tore-Jagd in London 38 mein Glück gefunden“ 45 Europameister von 1996 trafen sich in Paris DFB-Präsident Reinhard zum 20. Jubiläum des Grindel beim CdN-Stamm- 3. EM-Titelgewinns // tisch in // Besondere Aura der „Dieser Club ist richtig „Helden von Wembley“ 34 und absolut wichtig“ 41

IN MEMORIAM 46

JUBILÄEN/ RUNDE GEBURTSTAGE 48

IMPRESSUM 51 4 CDN-MAGAZIN 27/2016

DFB-Präsident Reinhard Grindel über den CdN und dessen Bedeutung

„Unsere Nationalspieler – Leitbilder für Freude und Begeisterung am Fußball“

Das Schöne an meinem neuen Amt dern und mich nach ihrem aktuellen bild und Fixpunkt für Freude und ist die Begegnung mit spannenden Befinden zu erkundigen. ­Begeisterung am Fußball sorgt. Menschen, darunter so manchem Idol meiner Jugend. Ein echtes High- Mit diesem Club der Nationalspieler Ganz nebenbei will ich mit einem light war dabei meine erste Begeg- bringt der DFB seine große Wert- Schmunzeln nicht unerwähnt lassen, nung mit dem Club der Nationalspie- schätzung und sein Dankeschön zum dass die Disziplin in der heutigen ler, einer ganz besonderen Institution Ausdruck für das, was unsere Natio- ­Nationalmannschaft sich deutlich unseres DFB. Auf Schalke war’s beim nalspieler in den vergangenen Jahr- unterscheidet von den tollen Ge- regionalen CdN-Treffen, als sich zehnten für den deutschen Fußball schichten und Erlebnissen, die sich ­ehemalige Nationalspieler aus der geleistet und damit dessen weltweit um die Trainingslager und Turniere Gegend im Rahmen des Länderspiels hohes Ansehen geprägt und immer der Altinternationalen ranken und gegen Ungarn zum Stammtisch in wieder untermauert haben. häufig zum Besten gegeben werden … der Veltins-Arena trafen. Es war eine Freude mitzuerleben, wie die Heroen Zudem wissen wir, dass unsere heute Im Ernst aber muss ich mit großer von einst in lockerer Atmosphäre so erfolgreichen aktuellen National- Bewunderung herausstellen, welch miteinander kommunizierten und alte spieler irgendwann diese verdienten unglaublich hohe Sympathie viele Zeiten wieder aufleben ließen. Altinternationalen als Vorbilder und dieser ehemaligen Nationalspieler Idole vor Augen hatten, über sie den nach wie vor in einer breiten Öffent- Mir persönlich bereitete es großes Weg in den Fußball fanden und ihnen lichkeit genießen, welch große Be- Vergnügen, mit früheren erfolg­ dort nachzueifern versuchten. So wie deutung sie für zahllose Fußballfans reichen Nationalspielern, zu denen heute die Generation um Neuer, haben, von denen die meisten diese ich als Jugendspieler aufgeschaut ­Boateng, Schweinsteiger, Hummels, Matadoren von einst nie haben spie- und mir wie zum Beispiel von Willi Khedira, Özil oder Kroos unseren len sehen. Das zeigt, dass viele von Schulz am Hamburger Rothenbaum ­Kindern und Jugendlichen den Zu- ihnen mit ihrer großen Persönlichkeit Autogramme ergattert habe, zu plau- gang in die Vereine weist, als Leit- einen prägenden Eindruck und Ein- 5

fluss weit über das Ende ihrer Spie- 50er-Jahren bei der FIFA noch um die Medaillen. Das Gold von Rio, lerkarriere hinterlassen und Tugen- selbstständigen vor allem es wäre nicht nur den Spielerinnen den wie eine gewisse Verbundenheit auch die zahlreichen Internationalen und Spielern, sondern ganz beson- mit ihrem Verein, Bodenständigkeit der DDR versammelt sind, womit ein ders auch Horst Hrubesch und Silvia und Authentizität verkörpern und zusätzlicher und völlig unverkrampf- Neid zu gönnen, die beide in Brasilien vermitteln. ter Beitrag zur Vereinigung des deut- ihre ungemein erfolgreiche und ver- schen Fußballs geleistet wurde und dienstvolle Karriere auf und neben Daneben bringen es die ­regelmäßigen wird. Ich kann jungen Nationalspie- dem Spielfeld beenden werden. Es Zusammenkünfte des Clubs, seien es lern nur empfehlen, die Einladungen wäre schön und ich wünsche es mir die regionalen Stammtische oder die zu den unterschiedlichen CdN-Tref- sehr, dass ich beiden Teams beim großen Jahrestreffen mit oft mehr fen anzunehmen und die besondere Kampf um die Medaillen vor Ort die als 250 Mitgliedern, mit sich, dass so Atmosphäre dort zu genießen. Daumen drücken kann. mancher, der sich zurückgezogen und sich für vergessen gehalten hatte, über Das Gold von Rio – diesen Weg aus dem Abseits heraus- Neid und Hrubesch ist es Herzliche Grüße kam und wieder Anschluss an die zum Abschied ganz große Familie des DFB gefunden hat. besonders zu wünschen Ihr

Auch aus diesen Gründen fühle ich Junge Nationalspieler, die sehr wahr- mich persönlich dem Club der Natio- scheinlich demnächst aus unserer nalspieler sehr verbunden, der sich Olympia-Mannschaft für die in Kürze auch in Zukunft auf die volle Unter- beginnenden Spiele in Brasilien hervor­ stützung des Präsidiums verlassen gehen werden. Dort kämpfen ja erst- kann. Zumal ja in ihm neben den mals in der DFB-Geschichte gleich- Reinhard Grindel ­einstigen Nationalspielern des in den zeitig ein Männer- und ein Frauenteam­ DFB-Präsident AKTUELL IM BLICKPUNKT 6 DFB-AUSWAHL BEI OLYMPIA 2016 IN BRASILIEN

Mit der Operation GOLD wollen Horst Hrubesch und Silvia Neid ihre erfolgreichen Karrieren auf und neben dem Spielfeld abrunden

Letzte Ausfahrt R IO

Ein Highlight haben sie sich für das Ende ihrer Trainertätigkeit aufgehoben. Mit den Olympi- schen Spielen in Brasilien beendet Silvia Neid (52) nach elf Jahren ihre Aufgabe als Bundes- trainerin. Danach wird sie als Leiterin der Scouting-Abteilung in der DFB-Direktion Frauen- und Mädchenfußball arbeiten. U 21-Nationaltrainer Horst Hrubesch (65) wird sich im Anschluss an Olympia 2016 in den Ruhestand verabschieden. Nach knapp 30 Jahren als Vereins- und DFB-Trainer. Als Spieler war er 1980 Europameister geworden, hatte zudem mit dem Ham­ burger SV drei deutsche Meisterschaften und den Europapokal der Landesmeister gewonnen. Mit Maximilian Schwartz blickt er zurück auf eine großartige Karriere – und voraus auf sein letztes Ziel Olympia.

Wer Horst Hrubesch kennt, der weiß, Den ersten großen Schritt machte Europameistertitel für Deutschland dass er immer nur an den nächsten der gebürtige Westfale im Alter von holte, nicht zuletzt aufgrund der Schritt denkt. Daher verschwendet er 24 Jahren. Recht spät wurde er Fuß- ­beiden Hrubesch-Treffer im Finale noch keinen Gedanken an das Rent- ballprofi bei Rot-Weiss Essen. Nach zum 2:1-Erfolg über Belgien. Der gro- nerdasein, bevor er seinen Trainerjob drei Jahren und 80 Toren in 83 Liga­ ße Meilenstein in der Karriere des beim DFB noch nicht beendet hat: spielen für die Essener ging es 1978 damals 29-jährigen Mittelstürmers. „Ich weiß noch nicht, was ich ma- weiter zum Hamburger SV. Der zwei- chen werde und lasse das einfach auf te große Schritt. Gleich in seiner Klar, dass es damals Offerten von mich zukommen. Meine Aufgabe ist ­ersten Saison in wurde europäischen Top-Klubs gab. „Wenn noch nicht vorbei. Wir haben uns für Hrubesch Deutscher Meister, 1980 du zwei Tore in einem EM-Finale Rio qualifiziert, aber jetzt wollen wir schaffte er den Sprung in den EM- machst, bist du automatisch begehrt. dort noch ein gutes Ergebnis einfah- Kader von . „Wir waren Damals gab es einige Angebote, unter ren. Daher habe ich mir noch keine eine sehr junge Mannschaft und neu anderem aus Italien. Aber das war Gedanken über die Zukunft nach formiert. Wir haben einfach von Spiel für mich kein Thema“, erklärt Hru- Olympia gemacht. Eins kommt nach zu Spiel gedacht, haben uns reinge- besch. Lieber habe er dem HSV das in dem anderen.“ Einen Schritt nach bissen und an uns geglaubt, das war ihn gesetzte Vertrauen zurückzahlen dem anderen machen. Von Spiel zu der entscheidende Faktor. Wir waren wollen, anstatt zu wechseln. Spiel denken. Simple Sätze, die zu je- uns einfach sicher, dass wir jeden be- der Zeit auf Horst Hrubeschs Spieler- siegen können“, so Hrubesch zur „Ich habe meine Karriere immer und Trainerkarriere anwendbar sind. Mannschaft, die in Rom den zweiten schon als großes Privileg gesehen. 7

HRUBESCHS BISLANG GRÖSSTER ERFOLG ALS TRAINER: SEINE U 21-EUROPAMEISTER VON 2009 BILDETEN DAS GERIPPE DES WELTMEISTERTEAMS 2014.

Es war ja gar nicht mehr damit zu auf junge Spieler zurückgreifen, weil eben manchmal nicht mehr der Fall.“ rechnen, dass ich noch National­ die etablierten Kicker verletzt waren. Ehrlichkeit und Fairness sind dabei spieler werde. Ich habe immer hart Da ihm die Arbeit mit entwicklungs- wichtige Komponenten, auf die Hru- an mir gearbeitet und dann das Glück bereiten Talenten so viel Spaß mach- besch immer wieder Wert legt. Diese gehabt, noch eine EURO und später te, wechselte er zum DFB. Tugenden sollte sich jeder junge eine Weltmeisterschaft zu spielen. Spieler zu Herzen nehmen, zumal Ich wurde Europameister, Vize-Welt- „Habe Fehler immer sich der 65-Jährige schon als Spieler meister, dreimal Deutscher Meister zuerst bei mir gesucht“ durch eine selbstkritische Einstel- und einmal Europapokalsieger mit lung ausgezeichnet habe: „Ich habe dem HSV. Als kleiner Junge habe ich Seit 1999 arbeitet Hrubesch nun als die Fehler immer zuerst bei mir von all dem geträumt. Dass es auch Trainer im deutschen Juniorenbe- ­gesucht und habe alles für den Er- so gekommen ist, dafür muss ich reich, eine kurze Ausnahme bildet die folg getan. Das fordere ich auch als noch heute demütig und dankbar sein.“ Europameisterschaft 2000. Hier be- Trainer von meinen Spielern ein.“ treute er die A-Nationalmannschaft Diese Einstellung hat Hrubesch in als Co-Trainer. „Es hat mir schon im- Der aktuelle Trainer der U 21-Natio- den letzten 30 Jahren auch erfolg- mer Spaß gemacht, mit jungen Spie- nalmannschaft erwartet aber nicht reich an junge Talente vermittelt. Auf lern zu arbeiten. Im Optimalfall neh- nur Einstellung und Leistung, son- den ersten Trainerstationen, unter men sie Ratschläge an und profitieren dern hat auch immer ein offenes Ohr anderem in , Tirol und von meiner Erfahrung als Spieler und für seine Talente. Die jungen Kicker Wien, musste er noch notgedrungen Trainer. Bei älteren Kickern ist das sollen wissen, dass sie sich auf ihren AKTUELL IM BLICKPUNKT 8 DFB-AUSWAHL BEI OLYMPIA 2016 IN BRASILIEN

DOPPEL-TORSCHÜTZE IM FINALE GEGEN BELGIEN: HRUBESCH SCHOSS DAS NATIONALTEAM 1980 IN ITALIEN ZUM ZWEITEN EM-TITEL.

Coach verlassen können: „Das haben Dinge von mir einfordern und ich den ständigen Austausch mit Trai- die Spieler über die Jahre auch im- ­fordere sie im Gegenzug auf, immer nerkollegen immer wieder neue An- mer so angenommen. Sie wussten, alles für ihre Entwicklung und den sätze verinnerlicht hat. Auch die An- dass sie mich Tag und Nacht anrufen Erfolg zu tun.“ forderungen an die sich wandelnden konnten, wenn es Probleme gab, und Spielergenerationen hat er stets be- ich bin dann in Einzelfällen sogar zu Ein gegenseitiges Geben und Neh- dacht. Von den aktuellen U 21-Natio- ihnen gefahren.“ men also, bei dem sich der eine auf nalspielern ließ sich der 65-Jährige den anderen verlassen kann. Bei WhatsApp beibringen, um sich den Der Trainer Horst Hrubesch wird in dem im Endeffekt aber jeder selbst modernen Kommunikationswegen den Medien oft als Vaterfigur für für den Erfolg verantwortlich ist: nicht zu verschließen. Für den 21-­ ­seine Spieler bezeichnet. Vor allem „Natürlich freue ich mich riesig und maligen Nationalspieler ein weiterer im Zusammenhang mit der so­ es macht mich stolz, wenn diese positiver Aspekt an der Arbeit mit genannten „Goldenen Generation“, Spieler später Titel mit der A-Natio- jungen Menschen: „Dadurch bin ich mit der er 2009 den Europameister- nalmannschaft und ihren Vereinen nicht eingerostet und habe immer schafts-Titel in Schweden gewann. gewinnen. Das haben sie selber ge- wieder neue Dinge dazugelernt. Nur Das Gerüst jenes U 21-Jahrgangs leistet, da ist weder der Hrubesch wenn man dazulernt, kommt man bildeten die späteren Weltmeister noch sonst ein Trainer verantwort- auch weiter.“ Manuel Neuer, Jérôme Boateng, lich. Genau das versuche ich immer ­Benedikt Höwedes, Mats Hummels, weiterzugeben, dass jeder für seine Dieses besondere Verhältnis zu den Sami Khedira und Mesut Özil. Hru- eigene Leistung und für sein eigenes Spielern trägt dazu bei, dass Hru- besch selbst beschreibt das Verhält- Leben an sich arbeiten muss.“ besch sein Team nach wie vor er- nis zu seinen Spielern jedoch anders: reicht und motiviert. Im Anschluss „Ich würde das Verhältnis nicht mit Dieses ständige Weiterentwickeln an die erfolgreiche Olympia-Qualifi- dem von Vater und Sohn vergleichen. lebt Hrubesch selbst vor. Nicht nur kation bei der U 21-EM 2015 in der Es ist eher das Verhältnis von gleich- auf fußballerischer Ebene, auf der er Tschechischen Republik führte er berechtigten Partnern. Sie können durch Hospitationen im Ausland und sein Team mit einer Bilanz von sieben 9

Olympia-Fußballturnier 2016 Das olympische Fußballturnier der Männer läuft vom 4. bis 20. August 2016. Deutschland trifft in der Vorrunden-Gruppe C auf Mexiko (4.8., 22 Uhr MESZ in Salvador), Südkorea (7.8., 21 Uhr MESZ in Salvador) und Fidschi (10.8., 21 Uhr MESZ in Belo Horizonte).

Das Olympia-Turnier der Frauen findet vom 3. bis 19. August statt. Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft spielt in der Gruppe F gegen Simbabwe (3.8., 23 Uhr MESZ in São Paulo), Australien (6.8., 23 Uhr MESZ in São Paulo) und Kanada (9.8., 21 Uhr MESZ in Brasilia).

ZWEI GLANZVOLLE TRAINER­ KARRIEREN GEHEN ZU ENDE:­ WELTMEISTERIN SILVIA NEID UND U 21-EUROPAMEISTER HORST ­HRUBESCH ORIENTIEREN SICH NEU.

Siegen aus sieben Spielen bei 26:4- muss schon Motivation genug sein“, kann sich austauschen. Allein die Toren an die Spitze der EM-Qualifika- so Hrubesch über die Faszination Vorstellung macht doch schon un- tion zur EURO 2017 in Polen. „Es war Olympia. In der Gruppenphase trifft glaublichen Spaß.“ das Ziel, die Mannschaft mit einer sein Team auf Mexiko, Südkorea und weißen Weste in der Qualifikation an Fidschi, die Zielvorgabe ist klar. „Wir Zusätzliche Motivation für Hrubeschs einen jüngeren Kollegen abzugeben, fahren auf jeden Fall zum Turnier, um Team, das sich aus der aktuellen das haben wir geschafft.“ so weit wie möglich zu kommen. U 21-Mannschaft und einigen Spie- Wenn es geht, wollen wir bis zum lern, die sich bei der EURO 2015 Im Anschluss an diesen Schritt folgt Ende bleiben, die Qualität dazu haben ­qualifiziert haben, zusammensetzen im August nun das große Highlight wir. Aber wenn wir am Ende alles ge- wird, gibt es zudem: Das olympische in Rio. Olympische Spiele! Eine deut- geben haben, andere Teams besser Fußballturnier bedeutet die Rückkehr sche Männermannschaft beim größ- waren und es nicht für eine Medaille einer deutschen Mannschaft nach ten Sportereignis der Welt vertreten! gereicht hat, könnte ich trotzdem zu- Brasilien, an den Ort, an dem Joa- Ehemalige Teamkollegen und Weg- frieden sein.“ chim Löws Team vor zwei Jahren den gefährten haben ihm bereits von der Weltmeistertitel feierte. Wenn seine einzigartigen Atmosphäre vorge- „Olympia – das ist eine Jungs nun noch die deutsche­ olympi- schwärmt. ganz andere Dimension“ sche Bestleistung, Bronze 1988 in Seoul, toppen können, wäre der Ab- „Die Jungs von damals kriegen noch Da ist es wieder: ein Spiel nach dem schied beim DFB für ­Hrubesch perfekt. heute leuchtende Augen. Ich weiß es anderen! Von Schritt zu Schritt den- auch nicht genau, was uns da erwar- ken! Und dabei selbstverständlich die Aber halt. Natürlich müssen seine tet, aber es muss gigantisch sein, ein Atmosphäre aufsaugen. „Alle wich­ Jungs immer einen Schritt nach dem einmaliges Erlebnis. Jeder Spieler tigen Sportarten sind bei Olympia anderen machen. So wie es ihr Trainer kann in der Regel nur einmal in sei- vertreten, das ist einfach eine ganz immer gehalten und vorgemacht hat. nem Leben für sein Land an den andere Dimension. Man lebt mit Olympischen Spielen teilnehmen, das ­anderen Sportlern zusammen und Maximilian Schwartz AKTUELL IM RÜCKBLICK 10 40. JUBILÄUM DES „UNERWÜNSCHTEN“ TRIUMPHS

Die unglaubliche Geschichte vom Olympiasieg der DDR-Fußballer 1976 in Montreal

G O L D , das niemals glänzen durfte

Für 17 junge Kicker aus der DDR ist es der Sommer ihres Lebens und für den DDR-Fußball der größte Triumph. Zwei Jahre nach der WM-Teilnahme 1974 gewinnt die Mannschaft von Trainer im Finale des olympischen Fußballturniers mit dem 3:1-Erfolg gegen Titel­ verteidiger Polen die Goldmedaille. 40 Jahre nach dem Olympiasieg – dem bislang einzigen für eine deutsche Fußball-Mannschaft – verdeutlicht der Rückblick von Uwe Karte die merk- würdigen Umstände dieser Erfolgs-Story. Und verweist darüber hinaus auf entscheidende Gründe, warum die ­Nationalmannschaft nach 1976 nie wieder daran anknüpfen sollte und konnte.

Sommer 1976. Eine ungewöhnliche sache, nicht verloren! Das hätte in so tobt er weiter: „Am liebsten würde lange Hitzewelle lässt die Deutschen dieser Dreiergruppe das sichere Aus ich Euch mit der nächsten Maschine in Ost und West stöhnen. Autobahn- bedeutet. Sambia hatte – wie andere nach Hause schicken!“ beton bröckelt. Die Binnenschifffahrt afrikanische Verbände auch – seine meldet historische Tiefststände. Sportler zurückgezogen. Stumm ertragen die Kicker aus ­Erfrischungsgetränke sind in den ­Dresden, Jena oder Leipzig diese DDR-Kaufhallen längst Mangelware. Gleich nach der Rückkehr ins Olym­ ­Tiraden. Widerspruch ist zwecklos, Und noch immer kein Regen in Sicht. pische Dorf ergeht an das Kollektiv das wissen sie gut genug. Schließlich Dafür melden die Meteorologen am um Auswahlkapitän „Dixie“ Dörner ist es irgendwann auch vorbei. Bevor 17. Juli: Hitzerekord – so heiß wie nie eine unmissverständliche Anwei- sich alle auf ihre Zimmer zurück­ seit 1893! In Montreal eröffnet an sung: „Alle zu Ewald, sofort!“ Der ziehen, ruft der Coach seine Männer diesem Tag die englische Königin die DDR-Sportboss ist ob der Darbietung noch einmal kurz zusammen. Georg Olympischen Sommerspiele. Erst in der Buschner-Truppe reichlich unge- Buschner hebt den Zeigefinger: englischer, dann in französischer halten: „Das Auftreten und die Art „Lasst diese Lattenhorcher quat- Sprache. und Weise Eures Spieles war eine schen. Damit wir uns richtig ver­ Schande und eine Beleidigung für die stehen: Es gilt, was ich gesagt habe! Die DDR-Fußballer erleben die Er­ DDR-Olympioniken!“ Und ich sage es noch einmal. Dieses öffnungsfeier nur am Bildschirm mit. 0:0 ist für uns ein gutes Ergebnis! Sie sind in Toronto. Müssen am Manfred Ewald will Medaillen sehen. Habt Ihr verstanden?“ nächsten Tag gegen das brasiliani- So wie bei den Pistolenschützen, sche Olympiateam ran und mühen die Stunden zuvor Gold und Silber Der Konflikt zwischen den Fußbal- sich beim Turnierauftakt zu einem holten. Zudem zählt der schneidige lern und den Sportoberen vom Deut- torlosen Unentschieden. Torhüter Funktionär nicht unbedingt als Fuß- schen Turn- und Sportbund (DTSB) Jürgen Croy (Sachsenring Zwickau) ballfreund: 17 Sportler für einmal ist nicht neu. Zur Eskalation kommt ist der beste Mann. Kein schönes Edelmetall? Das entspricht einfach es nach der WM 1974. Erstmals hatte Spiel, das wissen sie selbst: Haupt­ nicht seinem Effizienzgedanken und sich die DDR-Elf für eine Endrunde 11

SIEGEREHRUNG BEI OLYMPIA 1976: DIE DDR-AUSWAHL GEWINNT NACH DEM 3:1 GEGEN POLEN DIE GOLDMEDAILLE.

der weltbesten Teams qualifizieren erfolgreichen Ruderer oder Kanuten. 1:2-Pleite in Reykjavík werden sie von können. Wird nach dem 1:0 im An Hauptbelastungstagen am besten den staatlich gelenkten Medien deutsch-deutschen Duell von Ham- gleich dreimal! ­zerrissen: „Blamabel! Der absolute burg sogar Gruppensieger. Agiert auf Tiefpunkt im Fußball ist erreicht!“ Augenhöhe mit Argentinien, unter- „Trainer Heinz Krügel landet liegt Brasilien nur denkbar knapp. im beruflichen Abseits“ Im Frühjahr 1976 ist der Machtkampf Damit gilt das Team von Georg entschieden – der DTSB hat gewon- Buschner nach dem WM-Dritten Wie aber das Problem lösen, wenn nen. Die Hauptaufgabe im Fußball ­Polen als der Aufsteiger im euro­ die Positionen beider Seiten unver- lautet nun: Verstärkung der politisch- päischen Fußball. Wird Monate einbar sind? 18 Monate geht es hin ideologischen Arbeit! Dazu wird auch ­später sogar zum Jubiläumsspiel und her. Sogar im SED-Politbüro und die „Erhöhung des politischen und „75 Jahre CF Barcelona“ ins Camp im Zentralkomitee wird darüber dis- fachlichen Niveaus der Trainer“ pro- Nou eingeladen. kutiert. Nur die Fußballer haben kein pagiert. Diese Forderung findet ein Mitspracherecht. Warum eigentlich? prominentes Opfer. Heinz Krügel – „Keine Ahnung, das war halt so. Den zwei Jahre zuvor mit dem 1. FC Mag- Die DDR-Fußball-Funktionäre wollen Grund kann ich nicht sagen“, sagt deburg noch Europapokalsieger ge- die Gunst der Stunde nutzen, fordern Hans-Jürgen „Dixie“ Dörner, der ab worden – landet kurz vor den vom DTSB mehr Eigenständigkeit. 1975 die Nationalmannschaft als Olympischen Spielen von Montreal Im Kern geht es um die selbstständige ­Kapitän auf den Rasen führt. im beruflichen Abseits. Degradiert Anmeldung zu internationalen Wett- zum Objektleiter einer Kegelbahn. bewerben und die finanzielle Selbst- Die Ergebnisse in der EM-Qualifika­ Offizielle Begründung: „Ungenügen- ständigkeit. Die Sportbosse halten tion sprechen für sich. Gegen Belgien de Entwicklung der Olympiakader!“ dagegen. Finden die politisch-ideo­ und Frankreich holen Dörner und Co. Dazu wird den DDR-Fußballern auch logische Erziehung verbesserungs- jeweils drei von vier möglichen Punk- noch ein neuer Generalsekretär vor würdig. Zudem müssten Fußballer ten – geben gegen Island aber auch die Nase gesetzt. Er kommt direkt nun endlich so viel trainieren wie die drei von vier Zählern ab. Nach der vom Kanuverband. AKTUELL IM RÜCKBLICK 12 40. JUBILÄUM DES „UNERWÜNSCHTEN“ TRIUMPHS

JUBELSPRUNG: DER DRESDENER ERZIELT DAS 1:0 IM OLYMPIA-FINALE 1976.

Unter diesen Umständen ist schon haben Silber bereits sicher, wollen 31. Juli 1976 liegen sich Dörner, die Qualifikation für das Turnier in aber Gold! Der Start der DDR-Aus- ­Häfner, Croy und all die anderen Montreal ein Erfolg. Beim olym­ wahl ist furios. Mit schnellem und glücklich in den Armen. Damit be- pischen Turnier erlebt auch Dörner, ­direktem Spiel gelingt es, den Titel- ginnt auch ihre Partytime. die Dresdner Libero-Legende, den verteidiger zu überrumpeln. Gekrönt Sommer seines Lebens. Zum einen: wird diese Taktik durch zwei Tore von Erst am frühen Morgen kehren die Drei Wochen Kanada – für jeden „nor- Hartmut Schade () Fußball-Olympiasieger ins Quartier malen“ DDR-Bürger ein unerreich­ und Martin Hoffmann (1. FC Magde- zurück. Noch einmal Dixie Dörner: barer Traum! Zum anderen: der große burg). Nach nur 14 Minuten steht „Als wir in den Fahrstuhl einsteigen Erfolg. Nach mühsamem Beginn stei- es 2:0. Vielleicht sind es die besten wollten, es war vielleicht halb sechs gert sich die Buschner-Elf von Spiel 45 Minuten einer DDR-Auswahl über- oder so, kam da plötzlich Manfred zu Spiel. Schlägt Spanien (mit Arco- haupt. Noch dazu in einem Spiel, in Ewald raus. Er war wohl auf dem Weg nada), dann Frankreich (mit Platini) dem es um sehr viel geht. zum Frühstück.“ und im Halbfinale auch die UdSSR (mit Blochin). Abwehrchef Dörner wird Das Fußball-Finale ist die letzte Wortlos passiert der DDR-Sportboss zudem mit vier Treffern der erfolg­ ­- ­Entscheidung dieser Olympischen die freudetrunkenen Kicker, die da- reichste Torschütze in seinen Reihen. Spiele. Polens Stürmer-Star Lato – nach die Folgen ihres „unerwünsch- Vor dem Finale – gegen leicht favo­ zwei Jahre zuvor WM-Torschützen- ten“ Triumphs zu spüren bekamen. risierte Polen – sind sich die DDR- könig – verkürzt. Kurz vor Schluss Der DDR-Fußball durfte die kräftige Jungs einig: volle Pulle! 1964 in Tokio aber macht Reinhard Häfner (Dyna- Anschubhilfe durch das Gold von und 1972 in München hatten ihre mo Dresden) alles klar – 3:1 für die Montreal nie nutzen. Vorgänger jeweils Bronze geholt. Sie DDR! Kurz vor Mitternacht an diesem Uwe Karte 13

Die Olympioniken von 1976: Das machen sie heute

BERND BRANSCH (70 JAHRE/72 LÄNDERSPIELE): lebt in Halle/Saale, zuletzt Vizepräsident im Stadtsportbund Halle, seit 2007 Sportlicher Berater bei HFC Chemie, Rentner.

JÜRGEN CROY (69 JAHRE/94 LÄNDERSPIELE): lebt in Zwickau, war Sport-Bürgermeister von ­Zwickau und Präsident beim FSV, zuletzt Manager der Stadthalle Zwickau, Rentner.

HANS-JÜRGEN DÖRNER (65 JAHRE/100 LÄNDERSPIELE): lebt in Freital (bei Dresden), heute Abteilungs­leiter Fußball bei Einheit Dresden-Mitte und Aufsichtsratsmitglied bei Dynamo Dresden.

HANS-ULRICH GRAPENTHIN (72 JAHRE/21 LÄNDERSPIELE): nach der Wende Veranstaltungsleiter für Coca-Cola, lebt heute als Rentner in Bad Saarow.

WILFRIED GRÖBNER (66 JAHRE/8 LÄNDERSPIELE): war Trainer und Manager beim SSV Reutlingen, zuletzt als Scout für den 1. FC Nürnberg tätig. Selbstständiger Finanzberater.

REINHARD HÄFNER (64 JAHRE/56 LÄNDERSPIELE): lebt in Dresden, zuletzt Trainer beim 1. FC Rade- beul und als Reha-Trainer tätig.

GERT HEIDLER (68 JAHRE/12 LÄNDERSPIELE): lebt in Tharandt bei Dresden, lange Zeit Nachwuchs- trainer bei Dynamo, heute Trainer in der „Soccer Academy“ von Sohn Peter.

MARTIN HOFFMANN (61 JAHRE/68 LÄNDERSPIELE): bis 2013 A-Jugend-Trainer beim 1. FC Magde- burg, lebt in Gommern bei Magdeburg.

GERD KISCHE (64 JAHRE/63 LÄNDERSPIELE): war Präsident und Manager beim FC Hansa Rostock, ­später Manager bei Anker Wismar, lebt heute in Güstrow/Mecklenburg, Geschäftsmann.

LOTHAR KURBJUWEIT (65 JAHRE/66 LÄNDERSPIELE): lebt in Jena, zuletzt Trainer bei Carl Zeiss Jena (2014), Spielerbeobachter beim 1. FC Nürnberg, ab und an aktiv bei der Traditionsmannschaft.

REINHARD LAUCK (33 LÄNDERSPIELE): 1997 verstorben im Alter von 51 Jahren.

WOLFRAM LÖWE (71 JAHRE/43 LÄNDERSPIELE): lebt in Leipzig, nach 1989 Sonderbeauftragter der Sparkassenvereinigung Sachsen (Hauptsponsor des VfB Leipzig), heute Rentner.

DIETER RIEDEL (68 JAHRE/4 LÄNDERSPIELE): lebt in Dresden, 1995 Dynamo-Präsident, später Sport- lehrer an einer Mittelschule, heute Manager der Dynamo-Traditionsmannschaft.

HANS-JÜRGEN RIEDIGER (60 JAHRE/41 LÄNDERSPIELE): lebt in Ahrensfelde bei Berlin, letzte ­Trainerstation: Eintracht Königs Wusterhausen (2001), heute Versicherungsvertreter.

HARTMUT SCHADE (61 JAHRE/31 LÄNDERSPIELE): lebt in München, bis 2001 Trainer der Amateure von 1860 München, heute Geschäftsführer einer Firma und Messe-Ausrichter.

GERD WEBER (60 JAHRE/37 LÄNDERSPIELE): saß 1981 im Gefängnis (geplante Republikflucht), lebt seit 1989 im Schwarzwald. Zuletzt beim SV Oberweier/Alte Herren aktiv.

KONRAD WEISE (64 JAHRE/86 LÄNDERSPIELE): lebt in Jena, bis 2010 sportlicher Berater der Frauen­ mannschaft des USV Jena, bis 2013 Geschäftsführer eines Sportgeschäfts in Greiz.

TRAINER GEORG BUSCHNER: Unbequem, aber erfolgreich wie kein anderer DDR-Fußballcoach, wurde er mit der DDR-Auswahl zwischen 1970 und 1981 Olympiadritter (1972), Olympiasieger (1976) und da­ zwischen Teilnehmer an der WM-Endrunde 1974. Starb 2007 mit 81 Jahren in Jena. AKTUELL IM BLICKPUNKT 14 OLYMPIA-HISTORIE DES DEUTSCHEN FUSSBALLS

Kampf um Medaillen: Zum 9. Mal seit 1912 ist die Männer-Auswahl des DFB bei Olympia dabei

B R O N Z E 1988 als einzige Ernte

2016 ist der DFB bei Olympia erstmals mit einem Männer- UND einem Frauenteam vertreten. Im vom 4. bis 20. August stattfindenden Turnier müssen die Spieler der Männer-Auswahl nach dem 1. Januar 1993 geboren sein. Zusätzlich können drei ältere Akteure eingesetzt werden. Trainer Horst Hrubesch (65) hofft bei seiner Abschiedstour, seine Jungs als Turnierteam zu präsentieren und will mit ihnen versuchen, erstmals in der Olympia-Historie des DFB das ­Finale zu erreichen und „das Endspiel dann auch zu gewinnen.“

Deutschland eine Turniermann- es gedauert, in denen sechs Olym­ DFB-Auswahl das entscheidende schaft! Bei WM- und EM-Endrunden pische Spiele ohne männliche DFB- Spiel gegen die DDR mit 2:3. Die hat die jeweilige Auswahl des Deut- Beteiligung stattfanden, ehe sich die Tore erzielten Jürgen Pommerenke, schen Fußball-Bundes dieses Etikett, U 21-Nationalmannschaft unter Trai- und von wenigen Ausnahmen abgesehen, ner Horst Hrubesch durch den Halb­ für das Sieger-Team, die Gegen­ in der Regel gut bis imponierend be- finaleinzug bei der EM im vergan­ treffer gelangen vor 80.000 Zu- stätigt. Vier globale und drei konti- genen Jahr mal wieder für Olympia schauern Hoeneß und Hitzfeld. nentale Titel unterstreichen dies ein- qualifizieren konnte. drucksvoll. Bei Olympischen Spielen Zwölf Jahre später wurde sie, zu- dagegen trat das Männer-Team des Wenn vom 4. August an in Brasilien nächst nicht qualifiziert, nach dem DFB als Turniermannschaft nur ein- zum 24. Mal seit 1908 um die Me­ Boykott der Ostblockländer für mal positiv in Erscheinung, als es daillen Fußball gespielt wird, ist der Olympia in Los Angeles nachnomi- 1988 nach vielversprechendem Tur- DFB erst zum neunten Mal dabei. niert und erreichte unter Trainer nierverlauf unglücklich und ganz 1972 profitierte die von Trainer Jupp mit knapp den Eintritt ins Finale verpasst Derwall geführte Amateur-Natio- und , die sechs Jahre hatte und in Seoul schließlich im nalmannschaft des DFB vom Status danach Weltmeister werden sollten, Spiel um Platz drei mit dem 3:0-Sieg als Veranstalter der Spiele und war immerhin das Viertelfinale. über Italien Bronze als erste und automatisch qualifiziert, schied aber bislang einzige Medaille gewann. mit dem späteren Weltmeister Uli Die Olympia-Historie des deutschen Hoeneß, dem späteren Erfolgs­ Fußballs begann 1912, als die Natio- Allein schon die Qualifikation für das trainer sowie zu- nalmannschaft des DFB mit 22 Spie- olympische Fußballturnier stellt sich künftigen A-Nationalspielern wie lern, aber ohne Trainer, nach Stock- aus Sicht des DFB als ein in der Ver- , Ronnie Worm, Klaus holm gereist war. Gleichwohl begann gangenheit eher glückloses bis nega- Wunder und in der das erste „Pflicht-Länderspiel“ der tives Unterfangen dar. 28 Jahre hat ­Zwischenrunde aus. Dabei verlor die DFB-Geschichte gegen Österreich 15

GRÖSSTER ERFOLG EINER DFB-AUSWAHL BEI OLYMPIA: DAS TEAM VON HANNES LÖHR (HIER AUF DEN SCHULTERN VON , JÜRGEN KLINSMANN UND ) GEWANN 1988 IN SEOUL BRONZE.

recht verheißungsvoll. Adolf Jäger, mit einem Hitzschlag das Spiel vor- piasieg bereits im zweiten Spiel mit „eines der größten Genies des deut- zeitig beenden. Da Auswechslungen der 0:2-Niederlage gegen Norwegen schen Fußballs und Schöpfer des längst noch nicht erlaubt waren, platzten. modernen­ Kombinationsspiels“,­ wie musste Mittelstürmer Willi Wor­ der erste Reichstrainer den pitzky den Schlussmann von Vor- DFB-Amateur-Nationalteam spielintelligenten Torjäger von Altona wärts Berlin ersetzen und konnte die zunächst sehr beachtlich 93 später mal einordnete, hatte in der 1:5-Niederlage nicht verhindern. 38. Minute für die 1:0-Führung gesorgt. Von 1952 an nahmen die westlichen Somit ausgeschieden, trat Deutsch- Länder nicht mehr mit ihren A-Natio- Der Sohn eines Schusters aus dem land noch in einer Trostrunde an, wo- nalteams, sondern mit der National- Hamburger Stadtteil Eimsbüttel war bei vor allem weitere mitgereiste mannschaft der Amateure teil. Aus einer der größten Fußballstars jener Spieler zum Einsatz kamen. Dabei deutscher Sicht schlug sich diese zu- frühen Jahre, erzielte elf Tore bei kam mit dem 16:0-Sieg über Russ- nächst beachtlich, als sie in Helsinki seinen 18 Länderspieleinsätzen und land der bis heute höchste Sieg einer das Spiel um die Bronzemedaille er- war als erster Spieler zehnmal Kapi- deutschen Nationalmannschaft zu- reichte (und mit 0:2 gegen Schweden tän der Nationalelf. Doch auch der stande, bei dem Gottfried Fuchs die verlor). Vier Jahre später kam in damals 23 Jahre alte Angriffskünst- bis heute unerreichte Rekordzahl von ­Melbourne, abermals angeführt von ler, der noch bis 1924 im National- zehn Treffern gelang, ehe mit dem Bundestrainer , im team spielte, stand dem Pech hilflos 1:3 gegen Ungarn der erste deut- Achtelfinale gegen die sogenannten gegenüber, das die deutsche Mann- sche Olympia-Auftritt zu Ende ging. Staatsamateure vom späteren Olym- schaft in Person ihres Torwarts ereil- Ebenfalls mit seiner Eliteauswahl piasieger UdSSR das Aus. te. Albert Weber stieß zunächst bei trat der DFB bei den Olympia-Turnie- einer Rettungsaktion mit dem Pfos- ren 1928 in Amsterdam (Aus in der In den zwei Jahrzehnten bis 1980 ten und einem Gegenspieler zu­ Zwischenrunde) und 1936 in Berlin war es die Auswahl der DDR, die sammen und musste später zudem an, wo die Hoffnungen auf den Olym- ­herausragende und unübersehbare AKTUELL IM BLICKPUNKT 16 OLYMPIA-HISTORIE DES DEUTSCHEN FUSSBALLS

DIE MEISTEN OLYMPIA-EINSÄTZE IM DFB-TRIKOT: 1988 IM HALBFINALE GEGEN BRASILIENS ADEMIR.

olympische Akzente setzte. Zwar Nachdem das deutsche Olympia- Als das erste Qualifikationsspiel im verlor sie 1959 in zwei Spielen gegen Team 1984 wegen des Olympia-Boy- April 1987 mit 0:1 in Rumänien verlo- die DFB-Auswahl die interne Aus- kotts der Ostblock-Staaten lediglich ren ging, dachte so mancher Vereins- scheidung für Olympia 1960 in Rom durch die Hintertür nach Los Angeles verantwortliche, das Thema Olympia vor leeren Rängen 0:2 und 1:2, war gekommen war, hatte es sich nach würde sich von selbst erledigen. aber danach auf ihrem Weg zu Edel- Doch die von Trainer Hannes Löhr metall nicht mehr aufzuhalten: «Eigentlich ist Olympia mit großer Überzeugungsarbeit ge- ­Bronze 1964 in Tokio und 1972 in ein einmaliges Erlebnis. genüber dem Profifußball aufgebau- München, Gold 1976 in Montreal und Ich habe es genossen und te und mit viel Herzblut betreute Silber 1980 in Moskau. bin stolz darauf, zweimal Mannschaft steigerte sich und ihren dabei gewesen zu sein.» Stellenwert in der Öffentlichkeit mit Für 1980 und die folgenden Turniere Frank Mill, immer stärker werdenden Leistungen wurde der Teilnahmemodus aber- Olympia-Teilnehmer 1984 und 1988 und kontinuierlichen Erfolgen gegen mals geändert. Zunächst durften in Griechenland, Dänemark, Polen und der Olympia-Auswahl nur Spieler ein- 32 Jahren mal wieder sportlich di- schaffte mit einem 3:0 beim letzten gesetzt werden, die zuvor an keiner rekt qualifiziert, stand aber 1988 vor Qualifikationsspiel gegen Rumänien WM teilgenommen hatten. Und seit dem großen Problem, dass die Olym- in den Sprung nach Korea. 1990 ist für die Kandidaten aus Euro- pischen Spiele in Südkorea von Mitte pa ihr Abschneiden bei der vorausge- September bis Anfang Oktober, also Beim DFB musste nunmehr ein Kom- gangenen U 21-EM das entscheiden- mitten während der -Vor- promiss mit der Bundesliga gefunden de Kriterium für die Qualifikation. runde, stattfanden. werden. In , dem 17

Teamchef der A-Nationalmann- schaft, hatte Löhr, wie schließlich auch bei den meisten Bundesligisten, Kleine Olympia-Statistik einen verständnisvollen Kollegen. Mit Jürgen Klinsmann, Frank Mill und Die meisten Spiele überließ er Löhr drei Spieler aus dem EM-Aufgebot, das FRANK MILL 9 (1984 und 1988) drei Monate zuvor bei der EURO in 7 (1984 und 1988) Deutschland das Halbfinale gegen die Niederlande (1:2) erreicht hatte. Die besten Torschützen Dazu stellte er in Thomas Häßler, GOTTFRIED FUCHS 10 (1912) und Karl-Heinz Riedle FRITZ FÖRDERER 5 (1912) drei weitere Newcomer aus jenem OTTMAR HITZFELD 5 (1972) Team ab, mit dem er sich auf den Weg BERND NICKEL 5 (1972) zur WM 1990 in Italien machte. Ein JÜRGEN KLINSMANN 4 (1988) Trio, das zwei Wochen vor der Abrei- se nach Korea noch beim gelungenen Die Trainer WM-Qualifikationsstart in Finnland (4:0) debütiert hatte. OTTO NERZ 1928 und 1936 SEPP HERBERGER 1952 und 1956 So geriet, was ursprünglich als un- JUPP DERWALL 1972 wägbares Abenteuer erschien, zur ERICH RIBBECK 1984 erfolgreichsten Olympia-Mission des HANNES LÖHR 1988 Deutschen Fußball-Bundes, wurde HORST HRUBESCH 2016 1988 endlich auch mal im Fußball zu einem die deutschen Fans ungemein positiv bewegenden Ereignis. Die „Bronze“, die erste Olympia-Medaille aber mit seiner Ballsicherheit, Kopf- Mannschaft um Frank Mill, Rudi für den DFB überhaupt, „strahlt wie ballstärke und sauberem Tackling ein Bommer und Christian Schreier, die Gold“, so die Schlagzeile im kicker- Vorkämpfer der besonderen Art war, nach 1984 zum zweiten Mal bei sportmagazin nach dem 3:0 gegen wurde Olympia 1988 zum Ausgangs- Olympia dabei waren, besiegte nur Italien im Spiel um Platz drei. punkt einer glänzenden Profikarriere einen Tag nach ihrer Ankunft in Korea Kamps (Borussia Mönchengladbach); mit dem Aufstieg zum A-National- und gerade mal vier Tage nach dem Hörster (Bayer Leverkusen), Funkel spieler in der Ära von . letzten Bundesliga-Spieltag vor der (Bayer Uerdingen), Schulz (1. FC Kai- Olympia-Pause China nach Toren von serslautern), Kleppinger (Uerdingen); Hannes Löhr: „Das war eine Kapitän Mill, Klinsmann und Wuttke ­Sievers (/86. Bom- ganz besondere Mannschaft“ mit 3:0. Gegen Schweden gab es mer, Viktoria Aschaffenburg), Häßler zwar beim 1:2 einen Rückschlag, (1. FC Köln), Wuttke (Kaiserslautern/ Der unlängst mit 73 Jahren überra- doch zwei klare Siege gegen Tune­ 63. Schreier, Leverkusen), Graham- schend verstorbene Hannes Löhr, der sien und mit dem dreifachen Tor- mer (Bayern München); Klinsmann als Kumpeltyp und zugleich große schützen Klinsmann im Viertelfinale (VfB ) und Mill (Borussia Respektperson mit dem nötigen gegen Sambia machten den Weg frei Dortmund) hatten sie am 30. Sep- Händchen nicht gerade einfache fürs Halbfinale. tember 1988 vor 60.000 Zuschauern Spieler wie Wolfram Wuttke oder in Seoul erkämpft. Frank Mill zu integrieren verstanden In einer dramatischen Begegnung hatte, sagte seinerzeit im Rückblick: mit Brasilien brachte Fach die DFB- Eine anfangs zunächst ungeliebte „Das war schon eine ganz besondere Auswahl in Führung, die Romario Notelf hatte sich über zwei Jahre in Mannschaft.“ Eine Turniermann- ausglich, ehe vier Fehlschüsse vom die Herzen der Fans gespielt. Und schaft eben, nun endlich auch bei Elfmeterpunkt den Weg Richtung war zu einer Fundgrube und Bewäh- Olympia. Goldmedaille verbauten. Zunächst rungsstelle für die A-Nationalmann- hätte mit einem schaft geworden. Klinsmann, Häßler, Horst Hrubesch, ebenfalls Kumpel- Foulelfmeter kurz vor Ende der 90 Riedle und Mill waren zwei Jahre typ und unumstrittene Respektper- Minuten schon alles klar machen später beim WM-Triumph 1990 in son, ist mit seinem Team 28 Jahre können. Doch er scheiterte an Taf­ Italien dabei. Fach sollte auf dem später in Brasilien ein ähnlich positi- farel, der im Elfmeterschießen auch Weg zur WM eine feste Größe als ves Fazit zu wünschen. Sportlich wie noch gegen Olaf Janßen und Wolf- ­Libero werden. Und für Michael atmosphärisch. Mit einem Turnier- ram Wuttke glänzte. Jürgen Klins- Schulz, der 16 Monate zuvor noch für team, das dieses Etikett verdient. mann traf zu allem Unglück vom den VfB Oldenburg in der Amateur- ­Elfmeterpunkt nur den Pfosten. gespielt hatte, in Südkorea Wolfgang Tobien AKTUELL IM BLICKPUNKT 18 TONI KROOS – PASSGEBER, TAKTGEBER, SPIELMACHER

Als kühler Stratege bestätigte Toni Kroos bei der EM 2016 seine Sonderklasse im Weltfußball

Cool – Cooler – KROOS

Er ist Weltmeister, er hat die Champions League gewonnen, von den ganz großen Titeln fehlt Toni Kroos nur noch der Erfolg bei der EM. Daran hat auch das Turnier in Frankreich nichts geändert. Deutschland unterlag im Halbfinale den Gastgebern, unglücklich, unverrückbar. Die EM hat aus deutscher Sicht dennoch viele positive Erkenntnisse gebracht – und eine ­Bestätigung: Mit Toni Kroos, einer der Gewinner im Team, das das Double in Frankreich so knapp verpasst hat, verfügt der Weltmeister über den weltbesten Passgeber als zentrale Figur und Spielgestalter. Ein Porträt von Steffen Lüdeke.

Für Toni Kroos ist die Sache im Grun- destrainer Joachim Löw über Kroos: wesen bin“, sagt Kroos. Der Deutsche de sehr simpel: es liegt nur an ihm. „Ich kenne keinen Spieler, der so cool stand im Finale der Champions Wer zwischen den Pfosten steht, ist ist wie der Toni.“ League, im Finale der Fußball-WM, da fast schon bedeutungslos. Ob im im „El Clásico“ zwischen Real Madrid Garten sein Sohn Leon, im Training Auf halbem Weg hustet Kroos kurz, und dem FC Barcelona. Er hat die Thomas Müller oder eben Gianluigi bei anderen würde dies als Über- großen Spiele gespielt – und ge­ Buffon im Elfmeterschießen des EM- sprunghandlung, als Zeichen der wonnen. Und immer ist er dabei kühl Viertelfinales. Kroos weiß: Macht er Nervosität gedeutet, bei ihm wird geblieben, als Fels in einem Meer der alles richtig, hat sein Gegenüber das Husten als Folge der Kälte inter- Aufregung. ­keine Chance. Und weil Toni Kroos pretiert. Sekunden später zappelt der von Toni Kroos alles Mögliche er­ Ball im Netz, Buffon hatte die Ecke So war es auch im Viertelfinale gegen wartet, nur keine Fehlbarkeit, ist sich geahnt und schnell reagiert – doch Italien. Nach dem Elfmeterkrimi hat Toni Kroos seiner Sache ziemlich gegen Präzision und Geschwindigkeit er seine Empfindungen mit diesen ­sicher. Sein Puls geht kaum nach des Schusses von Kroos hatte auch Worten beschrieben: „Wenn ich an- oben, als er sich in Bordeaux aus der viermalige Welttorhüter keine trete, bin ich fest davon überzeugt, dem Kreis seiner Mitspieler löst und Chance. Kroos’ Jubel fällt sehr dass es klappt.“ zum Elfmeterpunkt schreitet. ­dezent aus. Er dreht ab – und trabt zurück zu den Kollegen am Mittel- Warum sollte es auch nicht klappen? EM-Viertelfinale, Deutschland gegen kreis. Auftrag erledigt, war was? Schließlich hat Kroos den Ball schon Italien, Elfmeterschießen. Kroos unzählige Male erfolgreich über eine geht voran, er ist der erste Schütze Kroos ist kein Schauspieler, seine Distanz von elf Metern von A nach B des Weltmeisters. Anzeichen der Ruhe ist authentisch, bei ihm war das befördert. Über viel größere Distan- Aufregung sind nicht zu erkennen, nie anders. „Ich kann mich auf dem zen sogar, mit viel mehr Druck durch Kroos ist spürbar unbeeindruckt. Fußballplatz an keine Situation erin- den Gegner. Kroos ist die Pass­ ­Wegen Szenen wie dieser sagt Bun- nern, in der ich so richtig nervös ge- maschine im deutschen Spiel, im STRATEGE, TAKTGEBER, SPIELMACHER: TONI KROOS BESTÄTIGTE BEI DER EURO 2016 IN FRANKREICH SEINEN RUF ALS WELT­BESTER PASSSPIELER. AKTUELL IM BLICKPUNKT 20 TONI KROOS – PASSGEBER, TAKTGEBER, SPIELMACHER

Ist bei Kroos nicht der Fall. Kroos spielt viele Pässe – obwohl der ­Gegner genau dies verhindern will. Seine Passquote nähert sich lang- sam und stetig den 100 Prozent, im Karrieremittel sind es 91,1 Prozent, in Frankreich waren es 93 Prozent. Allerdings, für Kroos haben auch ­diese Zahlen lediglich begrenzten Aussagegehalt. Mit der Summe der Pässe und dem Prozentsatz der an- gekommenen Bälle ist für ihn nicht mehr als die Quantität beschrieben, nicht die Qualität. „Die reine Pass­ erfolgsquote trifft darüber keine Aussage“, sagt er. „Wenn ich nur zu- rück und quer spiele, kann meine Quote bei 100 Prozent liegen. Ein ­gutes Spiel muss es dann dennoch nicht gewesen sein.“

Kroos ist daher angetan vom Vorstoß mit dem „Packing“, einer neu ent­ wickelten Analyse-Methode, die da- nach fragt, wie viele Gegenspieler mit einem Pass auf eine Weise überspielt wurden, dass sie in diesem Angriffs- zug nicht mehr hindernd eingreifen können. „Mir gefällt der Ansatz, mit ihm kann die Qualität von Pässen eher bewertet werden“, sagt Kroos.

Ach, so – auch nach Packing-Krite­ rien ist Kroos der Beste, an seine Werte kommt kein anderer Spieler heran. Fast überflüssig zu sagen, dass Kroos (zusammen mit Boateng und Kimmich) von der UEFA in die Mannschaft des Turniers gewählt wurde.

LEDIGLICH DER EUROPAMEISTER-TITEL FEHLT NOCH IN SEINER SAMMLUNG: Der 26-Jährige ist Passgeber, Takt- TONI KROOS GEWANN IM MAI MIT REAL MADRID DIE CHAMPIONS LEAGUE. geber, Tempomat und Metronom im Spiel der Mannschaft von Joachim Löw. Nicht erst seit Frankreich. ­Regal ist sogar der Griff in die höchs- Kroos in den sechs Turnierspielen Schritt für Schritt ist der gebürtige ten Etagen gerechtfertigt. Kroos ist gespielt, auf den Plätzen folgen Greifswalder im Zentrum des deut- die Passmaschine schlechthin, nicht ­Jerome Boateng (438) und der Fran- schen Spiels angekommen. Die WM nur im deutschen Spiel. zose Paul Pogba (433). 2010 in Südafrika und die EM 2012 in Polen und der Ukraine wurden aus Ein Vergleich, den Kroos scheuen Ein Freund von nackten Statistiken deutscher Sicht noch von anderen müsste, existiert nicht. Im Rahmen ist Kroos nicht, er weiß, dass eine Spielern geprägt, seit der WM 2014 der Qualifikation für die EM in Frank- hohe Anzahl von Pässen auch dafür in Brasilien dreht sich das Spiel reich hat er 1.058 Pässe gespielt, mit sprechen kann, dass der Gegner den um Kroos. Und nie war das auffälliger Abstand die meisten. Der Spanier Spielaufbau genau über diesen als bei der EM 2016. Sergio Busquents folgt auf Platz ­Spieler lenken will. Weil der mit der zwei, mit 745 Pässen. Noch deut­ Konstruktion des Vorwärtsspiels Kroos setzt die Tradition der großen licher das Bild während der vier überfordert sein und Fehlpässe Spielmacher in der Nationalmann- ­Wochen in Frankreich. 653 Pässe hat ­produzieren könnte. schaft fort. Er steht in einer Reihe mit 21

Fritz Walter, Günter Netzer, Wolfgang extrem gut geht“, sagt er. „Dieses auf Gastgeber Frankreich. Und nach Overath und Lothar Matthäus. Große Glück haben viele andere nicht, viele dem 0:2 durch zwei Treffer von Vergleiche, Kroos sträubt sich nicht andere haben im Gegenteil sehr viel ­Antoine Griezmann war der Traum dagegen. Er erzählt: „Jupp Heynckes Pech. Für mich ist es auch ein großes vom Double aus WM und EM für hat immer zu mir gesagt, dass ich Glück, dass ich durch meinen Beruf Deutschland ausgeträumt. Und Günter Netzer ähnle. Er soll ein toller und meine Bekanntheit in der Lage Kroos ließ Emotionen zu. Bei aller Spielmacher gewesen sein, aber ich bin, vielen Menschen zu helfen, die Nüchternheit: Kroos ist extrem ehr- habe ihn leider nicht mehr spielen Hilfe benötigen.“ geizig, der Erfolg ist sein Antrieb, sehen. Der Jupp hat aber meistens Misserfolge hakt er nicht schnell ab. Recht, deswegen verlasse ich mich „Fußball ist wichtig, „Es ist sehr bitter. In der ersten Halb- gerne auf sein Urteil.“ aber Fußball ist nicht alles“ zeit haben wir hervorragend Fußball gespielt und Frankreich klar dominiert. Mit allem, was ihn auszeichnet, ist Die Arbeit für seine Stiftung hilft Ich glaube, dass wir unser bestes­ Kroos im deutschen Team ein Leader. Kroos auch dabei, die Dimensionen Spiel bei dieser EM gemacht haben.“ Und er ist Vorbild für die jungen richtig einzuschätzen. Etwa bei den ­Spieler. Etwa für Julian Weigl. Über Besuchen im Kinderkrankenhaus in Gewonnen haben die anderen, ge- Kroos sagt der Dortmunder: „Auf ihn Köln oder in dem Kinderhospiz in wonnen hat Frankreich. Und Europa- achte ich schon lange im Fernsehen, Düsseldorf, die durch seine Stiftung meister wurde später Portugal, und für mich ist es toll, mit ihm jetzt ge- gefördert werden. Fußball ist Fuß- nicht Toni Kroos und Deutschland. meinsam auf dem Platz zu stehen.“ ball, Fußball ist wichtig, aber Fußball Der viele Lorbeer, den Kroos geerntet Joshua Kimmich sieht es nicht an- ist nicht alles. „Beim Fußball geht es hat, die vielen Auszeichnungen, die ders. „Es ist extrem beeindruckend, um 1:0, um mehr nicht. Durch meine vielen guten Spiele – all das zählt wie entspannt und überlegt er auch Stiftung erfahre ich von Schicksalen nicht. Kroos weiß das – und ist seiner unter extremen Druck agiert. Auf aus dem wahren Leben. Da geht Zusammenfassung der EM 2016 dem Platz ficht ihn gar nichts an.“ es um ganz andere Dinge als ein ­wieder ganz der nüchterne, der kühle verlorenes­ Fußballspiel.“ Toni Kroos. Für ihn ist auch diese Abseits des Platzes gilt dies nicht. ­Sache im Grunde sehr simpel. „Wir Der Privatmensch Toni Kroos lässt Neulich hat Kroos ein Fußballspiel sind angetreten, um den Titel zu Emotionen durchaus zu. „Ich bin ja verloren. Es war das Spiel, das auf ­gewinnen“, sagt er. „Das haben wir kein Eisblock“, sagt er. „Mir ist der seinen Elfmeter in Bordeaux folgte. nicht geschafft. Und deswegen sind Fußball unheimlich wichtig, aber im Bei der EM in Frankreich traf das wir alle enttäuscht.“ Vergleich zu allem Privaten ist er un- DFB-Team im Halbfinale in Marseille Steffen Lüdeke wichtig. Meine Familie ist mit Ab- stand das Wertvollste in meinem ­Leben. Und in diesem Bereich gibt es viele Situationen, in denen ich sehr emotional sein kann. Und auch viele Momente, in denen ich sehr emotio- nal sein kann.“

In diese Kategorie fallen auch die Begegnungen im Rahmen der Arbeit mit seiner Stiftung. Seit mehr als ­einem Jahr engagiert sich Kroos für schwerkranke Kinder und deren Familien. Den inneren Antrieb dazu hat er schon lange gespürt, mit der „Toni Kroos Stiftung“ hat er eine ­Möglichkeit gefunden, wie er dem nachkommen kann. „Ich glaube, dass es aus dem Bewusstsein entstanden ist, dass es meiner Familie und mir

ENGAGEMENT AUCH AUSSERHALB DES SPIELFELDS: KROOS SETZT SICH MIT SEINER STIFTUNG FÜR SCHWER KRANKE KINDER EIN. AKTUELL IM BLICKPUNKT 22 „ANGSTGEGNER“ ITALIEN ENDLICH BESIEGT

Generationen deutscher Nationalspieler mussten den Albtraum „Italia“ erleben – bis Jonas Hector im EM-Viertelfinale 2016 zum Elfmeterpunkt ging

Der Dammbruch zum Bannbruch: Neue Lust auf Bella Italia

Jonas Hector hat mit dem letzten Elfmeter beim „Drama in Bordeaux“ das deutsche Fußball- gefühl verändert: Italien kann künftig kommen! Das Zittern und Zähneklappern war jahrzehnte­ lang grausam, jetzt aber lassen wir die scheinbar so unausweichlichen Tiefschläge hinter uns und sagen zu den vielen Tragödien laut adieu. Seit dem Dammbruch beim Bannbruch im EM-Viertelfinale am 2. Juli 2016 geht es allen Deutschen wie früher – unser WM-Held von Bern hatte immer schon große Sehnsucht nach Bella Italia. Der mehrfach ­preisgekrönte Sportfeuilletonist Oskar Beck erinnert sich und blickt voraus.

Es soll ein paar Deutsche geben, die Endlich! Ende des Albtraums. Seeler schon 1962 bei der WM in seit diesem Juli den Rüssel hängen Schluss mit dem Zähneklappern. ­Chile am eigenen Leib verspüren lassen, weil unsere Weltmeister ohne ­Jonas Hector, unser linksfüßiger musste: Die Unmöglichkeit, gegen den EM-Titel aus Frankreich heimge- ­Husar aus Köln, hat mit seinem Italien bei einem großen Turnier zu kehrt sind. Freunde, kommt zu Euch! ­letzten Elfmeter beim „Drama von gewinnen. In vier Vorrunden hatten Europameister können wir noch oft Bordeaux“ diese schon fast in den wir es vergebens versucht – und genug werden, und künftig leichter Stein der Ewigkeit gemeißelte Angst wenn es um die Wurst ging, sind wir denn je – denn unser Hauptziel haben schlagartig aus unseren deutschen viermal k. o. gegangen, das letzte Mal wir bei der EURO 2016 in Frankreich Hinterköpfen geballert – sein Schuss bei der EM 2012. erreicht: Die Italiener rauben uns war zugleich historischer Bannbruch nicht mehr den Schlaf. und emotionaler Dammbruch, oder „Die Zeit ist gekommen, um Italien sagen wir es mit „Bild“ im Namen zu besiegen“, beruhigte Bundes­ Um unser Gefühl der Erleichterung des Volkes: „In seinem 19. Länder- trainer Joachim Löw vor dem dama­ zu beschreiben, lassen wir am besten spiel schießt sich Hector in die ligen Halbfinale die deutsche Fuß- ein paar ausgesuchte Überschriften ­deutsche Fußball-Geschichte. Und ballseele. Aber ein Angstgegner ist sprechen: „Der Fluch ist gebannt“, uns frei! Wir zittern nicht mehr vor ein Albtraum, bei dem es kein ein­ jubelte in der Stunde der Befreiung Italien.“ faches Aufwachen gibt. Und kein das Fachblatt „kicker“. „Der Fluch ­anständiger Deutscher wird jemals ist besiegt“, frohlockte „Die Zeit“. Die Jüngeren unter uns können sich dieses furchtbare Bild aus Warschau „Geschafft! Das Trauma Italien ist das Ausmaß dieses Aufatmens beim verkraften: Mario Balotelli, wie er besiegt“, stöhnten „11Freunde“ – und 1:1 nach 120 Minuten und insgesamt sich nach seinen zwei Toren das „Die Welt“ verkündete im Rahmen 18 Elfmetern zum Herbeiführen der ­Trikot vom Waschbrettbauch riss, der neugewonnenen Lebensfreude: Entscheidung nicht einmal annä- den Bizeps hüpfen ließ und seine zwei „Wir schlagen ein neues Kapitel auf hernd vorstellen. Durch die Gnade Fäuste derart vor der Lende ballte, in der deutsch-italienischen Fußball- der späten Geburt ist ihnen erspart dass sie aussahen wie Straußen-Eier Geschichte.“ geblieben, was beispielsweise Uwe aus Keramik. 23

ANFANG UND ENDE DER „SCHWARZEN SERIE“: GIANNI RIVERA ERZIELT IM WM-HALBFINALE 1970 IN MEXIKO DAS 4:3-SIEGTOR FÜR DIE ITALIENER ...

... JONAS HECTOR SETZT BEIM ELFMETERSCHIESSEN IM EM-VIERTEL- FINALE AM 2. JULI 2016 IN BORDEAUX DEN ENDPUNKT.

Italien – mamma mia. Dieser Gegner beim Drama von Dortmund wieder Stimmungstötern bei unseren tolls- war nie das, was der durchschnittlich erreicht, aber in den Schlussminuten ten Jahrhundertspielen und Sarg­ veranlagte Deutsche als das höchste der Verlängerung des WM-Halb­ nägeln unserer schönsten Träume. seiner Glücksgefühle empfand, auch finales 2006 hat dann, wie unaus- 1970 ging es los. Halbfinale, WM in wenn Jogi Löw immer mal wieder weichlich, doch noch der Blitz aus Mexiko. Noch heute steht auf einer sagte: „Der Tag rückt näher, an dem azurblauem Himmel eingeschlagen Gedenktafel im Aztekenstadion: wir Italien bei einem Turnier besie- und unser Sommermärchen war zer- „17 junio 1970. Italia – Alemania. gen.“ Der Tag kommt, nickten dann stört. Man ist ja als Journalist zur Juego del siglo.” Das Spiel des Jahr- alle – aber werden ihn unsere Enkel Distanz verpflichtet, aber als der Ball hunderts. Roberto Boninsegnas 0:1 noch erleben, dachten sie insgeheim? an vorbei zweimal ins war dank des Ausgleichs durch Karl- Netz flog, saß ich auf der Tribüne wie Heinz Schnellinger gerade noch aus- Drei Null-Nummern als entmannt, bin vom Glauben abge- zuhalten, in der Verlängerung aber magere Erfolgserlebnisse kommen und habe mich fassungslos griff sich mein Vater im Fernseh­ gefragt, welch schräge, höhere sessel ans Herz: „Ich muss ins Bett.“ Schon Sepp Herberger wollte diesen ­Gewalt da nun schon im zweiten Auch dort ließ das Infarktrisiko nicht wunderbaren Tag einst erleben, und Jahrhundert auf unsere Kosten diese nach, dank des unaufhörlichen Stak- sein 0:0 als Bundestrainer bei der Azzurris küsst. Tags darauf war ich katos der Jubelschreie von den WM 1962 mithilfe der Eckpfeiler bei meinem Lieblingsitaliener im Nachbarbalkonen: „I-ta-li-a!“ 2:1 ­Seeler, Schäfer, Schnellinger und „Dolce Vita“, und der schwor mir im Müller. 2:2 Burgnich. 2:3 Riva. 3:3 „World Cup-Willi“ Schulz war immer- Rahmen des Beileids: „Italia hätte Müller. 3:4 Rivera! hin mit das Beste, was uns gegen Ita- verloren im Elfmeterschießen.“ lien je gelang; neben dem 0:0 bei der Gianni Rivera war ein toller Fußballer, WM 1978 und dem 0:0 bei der EM 1996. Mille grazie – aber das war der gön- aber dieses letzte Tor gegen den un- nerhafte Trost, der uns gerade glücklichen im deutschen Um ein Haar hätten wir dieses traum- noch gefehlt hat in unserem Dauer- Kasten war noch fürchterlicher als hafte 0:0 dann auch vor zehn Jahren unglück mit den Italienern, diesen der Schiedsrichter. Arturo Yamasaki AKTUELL IM BLICKPUNKT 24 „ANGSTGEGNER“ ITALIEN ENDLICH BESIEGT

„ENGE KISTE“: UND FRANCESCO TOTTI IM WM-HALBFINALE 2006; IM HINTERGRUND ANDREA PIRLO.

WM-FINALE 1982: DER ITALIENER MARCO TARDELLI BEJUBELT SEINEN TREFFER ZUM 2:0.

hieß der Schlawiner, der uns circa das Lachen einmal nicht vergangen. Heimvorteil, unsere späteren Welt- drei gefühlte Elfmeter verweigerte, Dennoch; unaufhaltsam nahm unser meister Kohler, Berthold, Buchwald, wie ein Kriegsversehrter schleppte Unwohlsein gegen die Italiener Matthäus, Klinsmann, Völler, Litt­ sich der gefoulte Beckenbauer ­immer mehr Fahrt auf. Bei der barski, Thon und Brehme (der auch ­irgendwann mit einer Armschlinge WM 1978 schafften Helmut Schöns das Tor schoss) kamen über ein 1:1 übers Feld, und unbelohnt ließ der Titelverteidiger, darunter Bonhof, nicht hinaus. Schiedsrichter auch die tapfere Kaltz, Rummenigge, Fischer und Gegen­wehr von Berti Vogts, Wolf- Hölzenbein, zwar zwischendurch Der einzige, der diese Angst vor Italia gang Overath, Jürgen Grabowski noch ein erträgliches 0:0. Gar keine nie verstand, war Fritz Walter, der oder Uns Uwe, der deshalb nie Welt- Chance hatten wir aber vier Jahre WM-Kapitän unserer 54er-Helden. meister wurde. später in einem der einseitigsten Gelacht hat er immer und gesagt: WM-End­spiele, 1982 in Madrid: „Man muss sich nur trauen.“ So wie Halbwegs hinweggetröstet über verkürzte kurz vor er, als er vor einem Altar in Kaisers- ­diese finstere Nacht hat uns später Schluss wenigstens noch auf 1:3, lautern der gutaussehenden Italia der herrliche TV-Spot, den Olli („Ditt- doch auf der Tribüne des Bernabeu- Bortoluzzi das Jawort gab, obwohl sche“) Dittrich für eine große Elek­ Stadions haben wir uns als Deutsche die ganze Pfalz angesichts der feuri- tronikfirma drehte. Er verkörperte lieber gar nicht mehr zu erkennen gen Italienerin tuschelte: „De schwarz ­darin einen italienischen Toni, wie der gegeben und uns die Ohren zu­ Hex mit de rot Fingernäschel, hoffent­ normal veranlagte Fußballdeutsche gehalten, denn da war es wieder, lich macht se de Fritz net fertig.“ ihn sich vorstellt: glitzernde Gold­ dieses die Seele wundscheuernde kette, Mafia-Sonnenbrille, einen Eimer Geräusch: „I-ta-li-a!“ Stattdessen hat die Signora unseren Gel im Haar und immer einen cleve- alten Fritz mit seiner unauslösch­ ren Spruch auf den Lippen. Und Toni Zum Wesen eines Angstgegners ge- lichen Sehnsucht zu seiner Bella lachte uns Deutsche dafür aus, dass hört es, dass er einem immer gigan­ ­Italia so richtig in Schwung gebracht, wir uns für den Fußball Flachbild- tischer vorkommt – bis man sich ir- und kurz danach wurden wir in Bern schirme kaufen. „Was kaufen die Ita- gendwann fragt, ob Gegenwehr bekanntlich Weltmeister. 2002 ist liener?“, grinste Toni. „Sie kaufen die überhaupt noch Sinn macht. Bei der Fritz Walter dann gestorben, aber Schiedsrichter.“ Wenigstens da ist uns EM 1988 half nicht einmal mehr der keiner hat danach mehr auf ihn ge- 25

„KEINE ANGST VOR ITALIA“: FRITZ WALTER UND SEINE FRAU WAREN ÜBER 50 JAHRE VERHEIRATET.

EM-HALBFINALE 2012: MARIO BALOTELLI ERZIELT DAS 2:0 FÜR ITALIEN, HAT DAS NACHSEHEN.

hört, denn die Dramen gingen weiter. Wie von einer Zentnerlast befreit rief Köpke jetzt unser Italien-Trauma, 0:2 in Dortmund 2006. 1:2 in War- einer durch den Saal: „Jetzt können acht Turnierspiele ohne einen einzi- schau 2012. wir Weltmeister werden!“ gen Sieg, mit der These im Hinblick auf 1996: War das nicht in Wahrheit „Hört dieser Fluch nie auf?“, fragten Elfmeter-„Töter“ und ein Sieg? Gab es den Fluch womög- nun erstmals auch kopfschüttelnd Therapeut Andy Köpke lich gar nicht? War er eine Erfindung die Leitartikler im Land, die sich nor- der Medien und der Italiener, um uns malerweise nur um den Weltfrieden Vor dem Hintergrund all dieser trü- verrückt zu machen? War der Tag, sorgen. Und sie fanden die Erklärung: ben Erinnerungen konnten sich selbst von dem Jogi Löw immer sprach, Der Fußballgott ist Italiener – wir die Spätgeborenen halbwegs aus­ viel näher, als wir alle dachten? Deutschen waren nur mal kurz Papst, malen, welche Aufbauarbeit nun War es womöglich schon der Abend und das reicht halt nicht. Balotelli, ­neulich vor dem EM-Duell in Bor- in Bordeaux? Er war es! der Doppelpack-Triumphator von deaux in unseren deutschen Köpfen Warschau, spielte danach sogar in geleistet werden musste. Und bei der Der Wind hat gedreht, und die Ita­ Kickstiefeln, in die der Gruß graviert Mannschaft ohnehin. Die aber hatte liener spüren, was das heißt. Die war: „Bye Bye .“ als Therapeuten ja wenigstens Andy „Gazzetta dello Sport“ versuchte die Köpke. Maßgeblich war der heutige Trendwende tags darauf mit dem Alles in allem waren wir jedenfalls Bundes-Torwart-Trainer am bis dahin Satz zu verniedlichen: „Die Deut- immer froh, wenn uns einer die Ita­ letzten unserer drei größten Erfolge schen brechen den Fluch, aber nur im liener, bevor wir ihnen begegnen gegen die Italiener beteiligt, als Elfmeterschießen.“ Die passende konnten, vom Hals geschafft hat – Schlussmann beim 0:0 bei der EM Antwort darauf gab der „Spiegel“: wie in Brasilien bei der WM 2014. 1996. Mirakulös parierte er im deut- „Fluch? Welcher Fluch?“ Im Pressezentrum saßen wir dort schen Kasten seinerzeit in der Vor- vor zwei Jahren vor dem Bildschirm, runde, als es um alles oder nichts Verfluchen werden eher die Italiener als der Uruguayer Luis Suarez dan- ging, einen Elfmeter von Gian- diesen 2. Juli 2016 – denn in den kenswerter Weise seinen Gegen­ franco Zola, die Italiener waren nächsten hundert Jahren geht es spieler Chiellini in die Schulter und ­draußen, wir wurden Europameister. jetzt andersherum ... die Italiener aus dem Turnier biss. Mit einer gewissen Logik bekämpfte Oskar Beck AKTUELL IM BLICKPUNKT 26 INTERVIEW MIT JUPP HEYNCKES

Jupp Heynckes über die Nationalmannschaft, die EURO 2016 und das „Jahrhundertteam“ von 1972

„Hätten mit allen Eckpfeilern den EM-Titel geholt“

Im CdN-Interview mit Wolfgang Tobien blickt Jupp Heynckes (71) zurück auf die EURO 2016 in Frankreich, beurteilt das Abschneiden des deutschen Nationalteams und analysiert dessen Gesamtvorstellung. Er sagt, was er von Portugals Titelgewinn hält und umreißt die Perspek­ tiven der Mannschaft von Joachim Löw im Hinblick auf die WM 2018. Und er gestattet sich eine Reminiszenz an das „Jahrhundertteam“ 1972, das mit ihm damals Europameister wurde.

Herr Heynckes, das angestrebte nier erst mal wieder ihre Wettkampf- gen Spielen richtig gut. Trotzdem Double hat die deutsche National- form finden, wobei sich dann zum hatte ich das Gefühl, dass irgend­ mannschaft bei der EURO 2016 Beispiel Khedira und Boateng erneut etwas fehlte. Beispielsweise generell verpasst. Als amtierender Welt- verletzt haben. Ich denke, wenn dem die Chancenverwertung. Und wenn meister ist sie im Halbfinale ausge- Bundestrainer alle Spieler, vor allem ich das Spiel gegen die Franzosen schieden. Wie bewerten Sie diese alle Eckpfeiler topfit zur Verfügung ­rekapituliere, waren es auch Ziel­ Platzierung des Löw-Teams? gestanden hätten, er zum Beispiel im strebigkeit, Tempowechsel und die Halbfinale nicht auf den gesperrten Aggressivität im gegnerischen Straf- JUPP HEYNCKES: Halbfinale, Mats Hummels hätte verzichten raum. Sieben Tore in sechs Spielen, ­damit wurde sicherlich zumindest müssen und sich auch Mario Gomez das steht in keinem richtigen Verhält- das Soll erfüllt. Bestimmt aber hat- nicht verletzt hätte, hätten wir den nis zu dem, was uns noch bei der WM ten sich Jogi Löw und die Mannschaft Titel geholt und wären Europa­ vor zwei Jahren in Brasilien ausge- mehr ausgerechnet, zumal sich unter meister geworden. Das steht für mich zeichnet hat. den Gegnern in diesem Turnier keine außer Zweifel. unschlagbare Mannschaft befand. Die Treffsicherheit und Effizienz Doch man muss beim Fazit die Handi- Zu welchem Ergebnis kommt Ihre waren also nicht vorhanden? caps berücksichtigen, mit denen unser fachliche Analyse über die Auf- Team in dieses Turnier gegangen ist. tritte der deutschen Mannschaft in HEYNCKES: Langer Ballbesitz Frankreich? ­allein ist keine Erfolgsformel, wenn Zum Beispiel? nicht das vertikale Spiel mit dem HEYNCKES: Über den gesamten ­erfolgreichen Abschluss als Effi­ Wichtige Spieler wie Boateng, Turnierverlauf gesehen waren wir zienz hin­zukommt. Bei aller spiele­ Schweinsteiger, Hummels oder Khe- spieltechnisch die beste Mannschaft. rischen Brillanz, die wir zweifellos dira waren vorher verletzt oder sogar Spieleröffnung, Ballbehauptung, hatten, müssen auch die Ergebnisse lange verletzt. Sie mussten im Tur- Passsicherheit – das klappte in eini- stimmen. 27

Jupp Heynckes – Torjäger und Meistertrainer

Er war ein Meistertrainer im Wort- sinn, der 1998 mit Real Madrid die Champions League und 2013 mit Bayern München das historische, weil bislang in Deutschland ­einzigartige Triple gewann. Zu- dem zählte Jupp Heynckes als Topstürmer zu Deutschlands er- folgreichsten Spielern. Viermal wurde er mit Borussia Mönchen- gladbach Deutscher Meister, ­gewann zudem den DFB-Pokal und den UEFA-Cup und ist nach Gerd Müller (365 Tore) und Klaus ­Fischer (268) bis heute der er­ folgreichste Bundes­liga-Torjäger (220). Vor allem aber: Mit der National­mannschaft gewann er als Europameister 1972 mit dem „Jahrhundertteam“ und Welt- meister 1974 das bislang einzige Double in der DFB-Länder­ spielgeschichte.

Die haben Ihrer Meinung nach ge- ausgepowert war. Ich weiß als ehe- beurteilen Sie die Perspektiven und fehlt? maliger nicht gerade erfolgloser Chancen für eine erfolgreiche Titel- Stürmer, welch hohe Konzentration verteidigung bei der WM 2018 in HEYNCKES: Zumindest gegen die vor dem gegnerischen Tor vonnöten Russland? starken Gegner. 0:0 in der Vorrunde ist. Diese schöpft man aus seiner gegen Polen, 1:1 nach 120 Minuten im ­inneren Ausgeglichenheit und Ruhe. HEYNCKES: Was ich in meiner Viertelfinale gegen Italien und nach Ich denke, dass bei Thomas eine Analyse zum Ausdruck gebracht dem erfolgreichen Elfmeterschießen entscheidende Rolle gespielt hat, ­habe, das gilt jetzt für den Weg zur dann im Halbfinale das 0:2 gegen dass er über die gesamte Saison WM und dann bei der WM 2018. Jogi Frankreich. Das unterstreicht meine wahnsinnig strapaziert war. Löw weiß selbst, dass er auf einigen These, dass wir unter dem Strich Positionen Alternativen suchen und trotz vieler Chancen zu wenig Tore Und andererseits …? bereitstellen muss, um den Spieler- erzielt haben. kader für die WM noch ausgegliche- HEYNCKES: … kam natürlich die ner zu gestalten. Worauf ist dieses Manko zurück­ Verletzung von Mario Gomez hinzu, zuführen? der zunächst ein überzeugendes An welche Positionen denken Sie Comeback gefeiert hat, dann aber dabei? HEYNCKES: Das hat sicher damit verletzt wurde und wir somit vorne zu tun, dass einerseits Thomas keinen absoluten Torjäger mit HEYNCKES: Als Mario Gomez nicht ­Müller zwar sehr fleißig war, unge- Wucht und Durchsetzungsvermögen mehr zur Verfügung stand, hat man mein viel Laufarbeit verrichtet hat, hatten. gesehen, dass vorne auf der Mittel- aber im Strafraum des Gegners nicht stürmerposition ein ähnlicher Spie- so cool und konzentriert agiert hat Wie erwartet hat Jogi Löw jetzt lertyp fehlte. Ich weiß nicht, ob unter wie von ihm gewohnt. Gerade bei ihm ­offiziell bekannt gegeben, weiter- deutschen Fußballern sich in nächs- hat man gesehen, dass er irgendwie hin Bundestrainer zu bleiben. Wie ter Zeit hierfür eine brauchbare AKTUELL IM BLICKPUNKT 28 INTERVIEW MIT JUPP HEYNCKES

heutigen Maßstäben bewerten. Das sollte man angesichts der rasanten Entwicklung des Spiels vermeiden. Trotzdem, um 1972 Europameister zu werden und zwei Jahre später Weltmeister brauchte man eine hochkarätige, eine wahnsinnig talen- tierte Mannschaft und große Spieler. Die haben wir in jener Dekade zwei- fellos gehabt. Mit den Bayern um Franz Beckenbauer, Gerd Müller und Sepp Maier, mit den Gladbachern um Günter Netzer, Berti Vogts und Hacki Wimmer, mit den beiden Frankfur- tern Grabowski und Hölzenbein, mit und all den anderen.

Also doch ein „Jahrhundertteam“?

HEYNCKES: Klar und unbestritten ist, dass wir zu jener Zeit einen wun- derbaren, einen traumhaften Fußball gespielt haben. Mit ganz außerge- wöhnlichen Spielern.

Zurück zur EM. Jene Endrunde 72 fand als Mini-Turnier mit vier Mann- schaften statt. In diesem Sommer waren in Frankreich bei der EURO 2016 erstmals 24 Teams am Start. Wie hat sich dies ausgewirkt?

„DOUBLE-GEWINNER“ MIT DER DEUTSCHEN NATIONALMANNSCHAFT: HEYNCKES: Natürlich kann man JUPP HEYNCKES BEI DER EUROPAMEISTERSCHAFT 1972 IN BELGIEN ... unterschiedlicher Meinung sein, ob 24 Teams das Niveau des Turniers verwässern. Auf der anderen Seite ­Alternative anbietet. Das gilt zudem wieder Bilder von jenem Ereignis ge- muss man aber herausstellen, dass für die Außerverteidiger-Positionen, sehen, als beim Finale in Brüssel eine die Isländer, die Iren, die Waliser, wo in den nächsten zwei Jahren zu- große Menschenmenge rund um das auch die Ungarn und Nordiren, zumal sätzliche ­Konkurrenz generiert wer- Spielfeld stand und den Schlusspfiff mit ihren enthusiastischen Fans, den muss. Das ist die Aufgabe von herbeisehnte. Dabei habe ich erst- ­Farbe, Freude und Begeisterung in Jogi Löw, der sich darüber im Klaren mals erlebt, wie die Fans voller Be- diese EM gebracht haben, weil sie mit ist, den Status quo zu analysieren und geisterung in großen Scharen das so viel Herz und Feuer gespielt ­haben. die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Spielfeld erstürmten, was absolut Das war Emotion pur. Der Fußballer ungewöhnlich war. Das zeigt schon, braucht dieses Ambiente und den WM- und EM-Turniere bewegen in welch große Freude damals über den Applaus der Fans. Deutschland wie kaum ein anderes ersten EM-Titel herrschte. Heute Ereignis die Massen, locken pro ­jedoch polarisiert und emotiona­- Was sagen Sie zu Portugal als Spiel um die 30 Millionen Zuschau- lisiert der Fußball noch viel mehr. ­neuem Europameister? er vor die Fernsehbildschirme. Wie Insbesondere junge Menschen. war das 1972, als sich die deutsche HEYNCKES: Natürlich sind die Nationalmannschaft erstmals für Wegen seines ungemein hohen ­Portugiesen nach den ersten sieg­ eine EM-Endrunde qualifizierte spieltechnischen Niveaus genießt losen Spielen für ihren Fußball zu und mit Ihnen auf Anhieb Europa­ das damalige Team auch heute Recht kritisiert worden. Der diesma­ meister wurde? noch den Ruf einer „Jahrhundert- lige Modus machte es möglich, dass mannschaft“. Zu Recht? sie als Gruppendritter, das muss man HEYNCKES: Solche Einschalt­ sich immer vergegenwärtigen, am quoten waren zu jener Zeit einfach HEYNCKES: Grundsätzlich kann Ende Europameister wurden. Sie undenkbar. Neulich aber habe ich mal man den damaligen Fußball nicht mit ­haben sich unter ihrem Trainer 29

­Fernando Santos, den ich noch von spielerischen Klasse viel Freude be- Halbfinale und Endspiel zum EM-­ meiner Zeit bei Benfica Lissabon als reitet hat. Ich denke dabei nicht nur Triumph geschossen hat, ist in ­Sachen Trainer des FC Porto kenne und an die absolute Weltklasseleistung Chancenverwertung und Zielstrebig- schätze, in das Turnier hineingear­ 2014 beim 7:1 im WM-Halbfinale ge- keit bis heute das Maß aller­ Dinge bei beitet. Im Finale hatten sie vor allem gen Brasilien. Doch man sollte die großen Turnieren. Doch man sollte es in der Verlängerung mehr zuzusetzen heutige Mannschaft nicht mit dem mit der Nostalgie nicht übertreiben. und gezeigt, dass sie auch gute EM-Siegerteam von 1972 verglei- Wir haben ein tolles Nationalteam, ­Fußballer in ihrem Team haben. Und chen. Das war damals eine ganz das nicht zufällig für unglaubliche TV- natürlich Christiano Ronaldo, auch ­andere Zeit. Einschaltquoten sorgt und eine riesige wenn er im Endspiel frühzeitig ver- Fan-Schar begeistert­ und hinter sich letzt raus musste. Für ein Land wie Trotzdem zum Schluss nachge- weiß. Dennoch sind Titelgewinne das Portugal ist es ein Segen, endlich mal fragt: Wie lange bleibt das „Jahr- A und O und müssen die Bestätigung mit der Nationalmannschaft etwas hundertteam“ von 1972, das zwei einer außergewöhnlichen Entwicklung ganz Großes gewonnen zu haben. Jahre später mit dem WM-Titel sein. Sie sind und bleiben der Maß- erstmals und bis heute einmalig stab, an dem sich auch die heutige Und auch ein Hinweis für die wei­ das Double gewann, in Sachen Generation der Weltmeister mit ihren tere Entwicklung des internatio­ Spielkunst und Effektivität bei gro- fantastischen Spielern in Zukunft nalen Fußballs? ßen Turnieren das Maß aller Dinge? messen lassen muss. Hierfür ist viel Arbeit angesagt und ist auch immer HEYNCKES: Ich denke nicht, dass HEYNCKES: Gerd Müller, der uns wieder selbstkritisches Hinterfragen dies ein Signal ist, wohin der Fußball 1974 zum WM-Titel und zwei Jahre unerlässlich. in Zukunft geht. Solche Ausnahmen zuvor mit seinen vier Treffern im Interview: Wolfgang Tobien hat es immer wieder mal gegeben. Zum Beispiel 2004 der EM-Titelge- winn für Griechenland, das unter Otto ... UND ZWEI JAHRE SPÄTER BEI DER WELTMEISTERSCHAFT 1974 IN Rehhagel ähnlich gespielt hat. Por­ DEUTSCHLAND, HIER IM ERSTEN SPIEL GEGEN CHILE IN BERLIN. tugal 2016, das ist sicher nicht die Zukunft des Fußballs, sondern eine für die Portugiesen höchst beglückende Momentaufnahme. Ich freue mich wirklich riesig für die Portugiesen, die bislang immer hinterhergehechelt sind mit großartigen Spielern wie Luis Figo, , Deco, Pauleta, Nuno Gomes, Joao Pinto und 2004 schon mit Ronaldo. Jetzt haben sie endlich was Großes erreicht.

Hält mit seinem Talent und seinem spielerischen Potenzial das heu­ tige Löw-Team einem Vergleich mit den EM-Titelträgern von 1972 stand?

HEYNCKES: Der deutsche Fußball hat im vergangenen Jahrzehnt ein Reservoir mit fantastischen jungen Spielern herausgebracht. Großartige Talente, die zu Weltklassespielern geworden sind. Mit solchen außerge- wöhnlichen Spielern, aber auch so tollen Charakteren zu arbeiten ist für jeden Trainer ein Privileg. Die Sym­ biose im Nationalteam zwischen Trai- ner, Trainerstab und Mannschaft hat bisher immer hervorragend funktio- niert, weshalb uns die Nationalmann- schaft unter Jogi Löw in den letzten zehn Jahren mit ihrer Kreativität und AKTUELL IM BLICKPUNKT 30 ANDREAS MÖLLERS RÜCKKEHR INS RAMPENLICHT

Der Europameister von 1996 feierte als Trainer mit den Ungarn ein beachtliches Comeback

Das soll noch nicht alles gewesen sein!

Andreas Möller, der zu seiner besten Zeit ein mitreißender offensiver Mittelfeldspieler war, hat bei der EURO 2016 in Frankreich mitgeholfen, die jahrelang international übersehenen Ungarn auf Touren zu bringen. Als Assistenztrainer von Bernd Storck, den er aus seinem ­ersten Profijahr in Dortmund gut kannte, hatte der 48 Jahre alte Fußball-Lehrer einen großen Anteil an dem für viele überraschend guten Abschneiden der einstigen Fußballweltmacht der 50er-Jahre bei ihrem und seinem Comeback auf der großen europäischen Fußballbühne, wie Roland Zorn, der frühere FAZ-Fußballchef, beobachtet hat.

Ein paar Tage danach ist ihm seine weniger über sich als über die Team- wir in Frankreich erreicht“, sagt Begeisterung über dieses Erlebnis leistung aller am Unternehmen EURO ­Möller über eine Mission, die die noch immer anzuhören. Auch wenn beteiligten Fachkräfte aus Budapest ­Ungarn ohne üppigen Vertrauens­ Andreas Möller als Spieler so gut wie und anderen Städten des Landes vorschuss in Angriff nahmen. alles gewonnen hat, was es für einen ­sowie ihren deutschen Fußball­ herausragenden Profi zu gewinnen lehrern, zu denen auch Torwart­ Was noch nicht war, das wurde bei gibt, und er im Laufe seiner Karriere trainer Holger Gehrke gehört. „Es dieser Tour de France etwas. Und 1990 den WM- und 1996 den EM-­ war eine schöne, intensive Zeit“, sagt wie! Gruppensieger Ungarn verlor Titel mit dem Nationalteam sowie Möller über das Turnier und den nicht eines seiner drei ersten Spiele, 1997 einen Champions League-­Tri­ ­gemeinsamen Weg dorthin, „das ging besiegte zum Auftakt den höher umph, zwei deutsche Meisterschaften ja schon im November nach den ­eingeschätzten größeren Nachbarn (1995, 1996) und den DFB-Pokalsieg ­beiden bestandenen Play-off-Spielen Österreich 2:0, erkämpfte nach 1989 mit hatte gegen Norwegen mit der erfolg­ ­einem 0:1-Rückstand noch ein 1:1 feiern können, war diese Europa- reichen EM-Qualifikation los.“ gegen die zunächst mehr noch als meisterschaft in Frankreich noch sie selbst unterschätzten Isländer ­einmal etwas ganz Besonderes für Seitdem präparierten sich Storck und knöpfte auch Portugal mit Super­ den Frankfurter. und Möller im engen Handlungs- star Cristiano Ronaldo vorneweg in und Meinungsaustausch bestmöglich einem spektakulären Duell ein 3:3 ab. Der 48 Jahre alte Hesse redet für ihre EURO-Abenteuerreise. „Unser aber, wenn es um die französischen Ziel war es, bei diesem Turnier kon- „Das ganze Land ist dadurch auf­ ­Wochen mit ungarischer Note geht, kurrenzfähig zu sein, und das haben geweckt worden“, sagt Möller beim 31

ENGAGIERT AM SPIELFELDRAND: DIE UNGARISCHE NATIONALMANNSCHAFT MIT CO-TRAINER ANDY MÖLLER RÜCKTE BEI DER EURO 2016 NACH WENIGER ERFOLGREICHEN JAHREN WIEDER STÄRKER IN DEN BLICKPUNKT.

Blick zurück auf eine berauschende das vor allem, weil dieses Team einen spielen und während seiner langen Zeit, „es gab Fanmeilen und Public mutigen, risikobereiten Offensiv­ Jahre als Bundesligaprofi und Spie- Viewing, und als wir zwei Tage nach fußball praktizierte, in dem sich die ler in Italiens die Höhen und unserer 0:4-Niederlage im Achtel­ Spieler bei ihren Kombinationsstafet- Tiefen seines Berufs genau kennen- finale gegen Belgien auf dem Buda- ten selbst vertrauten. „Wir wollten gelernt hat, war in Frankreich und pester Heldenplatz von 20.000 Fußball spielen“, sagt Möller, „und auch schon davor so etwas wie ein ­Menschen begeistert empfangen und nicht nur die Bälle nach vorn schla- Freund und Helfer jener ungarischen gefeiert wurden, war das der helle gen. Unsere Philosophie gründete auf Spieler, die in ihren Klubs nicht selten Wahnsinn.“ Ballbesitz, wir wollten handeln und auf der Ersatzbank hockten und ihr nicht gehandelt werden.“ neues Selbstbewusstsein vor allem Ungarn stand Kopf. Wegen seiner aus den spürbaren Fortschritten bei Fußballer. Es war unglaublich – „Kümmern uns um Menschen, den Trainingseinheiten im National- ­zumindest vor dem Turnierbeginn. nicht nur um Spieler“ team formten. Dann aber staunten alle, die es mit dieser Mannschaft hielten. Dass ein Team ohne große Namen „Ich bin davon überzeugt“, sagt wie Ungarn bei dieser EM erfrischen- ­Möller, „dass die Kombination Trai- „Wir standen für Leidenschaft und de spielerische Akzente setzen konn- ner/Spieler harmonieren muss. Das Herz“, hebt Möller hervor, „mit uns te, ist gewiss auch auf das Aufbau- war zu meiner Zeit teilweise ganz haben die Menschen gefeiert und werk seiner Trainer zurückzuführen: ­anders. Da stand oft die Frage im ­gelitten. Ungarn hat wieder Ge- sportlich wie psychologisch. Andreas Raum: Zweifelt der Trainer an dir? schmack am Fußball gefunden.“ Und Möller, der in seinen 85 Länder­ Die Rückendeckung indes, die ein AKTUELL IM BLICKPUNKT 32 ANDREAS MÖLLERS RÜCKKEHR INS RAMPENLICHT

KENNEN SICH AUS GEMEINSAMEN DORTMUNDER ZEITEN: UNGARNS TRAINERGESPANN BERND STORCK UND ANDREAS MÖLLER.

Spieler braucht, ist sehr wichtig. Wir hineinversetzen kann, schwärmt er akribisch geplant.“ Und doch kennt kümmern uns ja auch um Menschen geradezu von der täglichen Arbeit auf Möller auch die Stunden, da alles und nicht nur um Spieler.“ dem Trainingsplatz. „Es war für mich ­gesagt und alles getan war – und toll, das Turnier aus einer anderen das Ergebnis aller Mühen die große Storck und Möller verstanden es Perspektive erlebt zu haben, das Unbekannte bleibt. ­geschickt und mit Feingefühl, den Team auf die Spiele vorzubereiten, Ehrgeiz der Underdogs zu wecken. mit den Spielern zu reden und mit Jetzt aber weiß er, dass seine Ungarn „In vielen Sportarten“, lautet Möllers ­ihnen an den Feinheiten zu arbeiten. gut zugehört und aus ihrem Kapital Überzeugung, „kann man mit Herz, Ich habe die Zeit immer als intensiv das Beste gemacht haben. So wie Leidenschaft, Fleiß, Ehrgeiz, Moti­ und angenehm zugleich erlebt.“ Andreas Möller bei seiner besten vation und eisernem Willen mehr ­Europameisterschaft 1996 in Eng- ­er­reichen als man gedacht hat.“ Dabei habe ihm seine eigene Erfah- land, als die Mannschaft des dama­ So auch im Fußball, der bei der EM – rung als Spitzensportler sehr gehol- ligen Bundestrainers Berti Vogts siehe Island und Wales – auch zu fen, „denn ich habe viele Situationen nicht aus dem Vollen schöpfen konn- ­einem nicht unerheblichen Teil zur erlebt, mit denen man zurecht kom- te, weil sich eine Reihe von Stamm- Mentalitätssache wurde. men musste – positive wie negative. kräften während des Turniers ver- Diese Erfahrungen mit einzubringen, letzten und die, die sich, teils selbst Eine exzellente Grundlage, von der gehörte zu meinen Aufgaben. Wenn unter Schmerzen, gesund meldeten, auch Möller zehrte, der außer einem man weiß, da spricht jemand zu mir, ihre Erfolge über eine starke Psyche Jahr beim unterfränkischen Ama- der im Fußball schon viel erlebt hat, und den Glauben an sich feierten. teurklub Viktoria Aschaffenburg sind die Jungs für Tipps dankbar.“ (2007/2008) über keine weiteren „EM-Triumph 1996 war praktischen Erfahrungen im Trainer- Er selbst hat dabei viel über und für ein Titel des Willens“ beruf verfügt hatte. In Frankreich seinen Trainerberuf hinzugelernt. betrat der an alle möglichen Auftritte „Meine Sinne sind noch einmal er­ „Es war ein Titel des Willens und des auf den größten Fußballbühnen der heblich geschärft worden. Natürlich Zusammenhalts“, sagt Möller beim Welt gewöhnte Ex-Nationalspieler war die körperliche Anstrengung als Blick zurück auf ein Turnier, in dem er Neuland. Eine spannende Erfahrung Spieler größer, und auch die psy­ gesund blieb, in den ersten fünf Spielen für einen wie ihn, der nicht zu jenen chische Seite habe ich als sehr inten- immer in der Startformation stand, gehört, die von sich allzu viel her­ siv in Erinnerung. Dafür ist der Auf­ ehe er wegen einer Gelben Karte zu machen. gabenbereich eines Trainers größer – viel beim Halbfinalsieg per Elfmeter- mit seiner Verantwortung für eine schießen über England nicht am End- Weil er sich in die Gedanken und ganze Gruppe. Da wird das meiste spiel teilnehmen konnte. Und das, ­Gefühle der Spieler noch immer gut über den Kopf gesteuert und alles nachdem er den entscheidenden Elf- 33

meter verwandelt und ­seine Mann- 1990, als Deutschland nach dem sen.“ Davon konnte auch 1998 nicht schaft auf dem Rasen des Wembley- Mauerfall und kurz vor der offiziell die Rede sein, als Kroatien die Stadions als Kapitän an­geführt hatte, vollzogenen Wiedervereinigung in ­deutsche Nationalmannschaft bei weil Jürgen Klinsmann verletzt fehlte. der allgemeinen Hochstimmung auch der WM in Frankreich im Viertelfinale seine Weltmeister im Fußball hoch­ 3:0 besiegte. Es war Andreas Möllers „Ich hatte mit 28 Jahren und meiner leben ließ, war Möller mit 22 der letztes großes Turnier als Spieler. Erfahrung mit die meiste Verantwor- jüngste Spieler im Aufgebot des tung und habe gespürt, dass ich für Teamchefs Franz Beckenbauer. Er In Frankreich war seine große Kar­ die Mannschaft ein ganz wichtiger kam während der WM in Italien nur riere als EM- und WM-Spieler zu Spieler war. Das schlägt sich dann sporadisch zu kürzeren Einsätzen, ­Ende gegangen, in Frankreich begann auch auf dem Platz nieder, zumal ich nachdem er alle Qualifikationsspiele jetzt 18 Jahre später sein EM-Come- bei Berti Vogts in diesem Turnier mitgemacht hatte. „Trotzdem habe back in neuer Rolle als Trainer. Sie die volle Rückendeckung genoss.“ ich diese fantastische WM in Italien soll sich 2018 bei der Weltmeister- Verständlich, dass Möller „traurig genossen. Sie war für mich ein unver- schaft in Russland fortsetzen, wohin und enttäuscht war“, dass er beim gessliches Erlebnis.“ die Ungarn und ihr deutsches Trainer- Endspiel zuschauen musste. Umso Dreigestirn Storck, Möller und Gehrke mehr freut er sich noch heute, dass Verträge mit Ungarn bis liebend gern reisen möchten. nach seiner Einwech- zur WM 2018 verlängert selung das Finale gegen die Tsche- Die Verträge des Trios sind bis 2018 chische Republik mit seinen Treffern Dass es zwei Jahre später bei der verlängert worden, doch der Weg zum 1:1 und per Golden Goal zum EM in Schweden „nur“ zu Platz zwei nach Russland ist weit und be- 2:1-Sieg in der Verlängerung ent- reichte und 1994 bei der WM in den schwerlich angesichts von Qualifika- schied und danach die Party der allen Vereinigten Staaten schon nach dem tionsgegnern wie Portugal und der Widrigkeiten und Rückschlägen trot- Viertelfinale Schluss war, sei unnötig Schweiz. Andreas Möller ist beim zenden Deutschen beginnen konnte. gewesen, sagt Möller heute. „Da ersten Blick auf die Zukunft zumin- Es war das Jahr, in dem Möller auch ­haben wir uns selbst geschlagen. dest nicht bange. „Wir haben“, sagt er, von der „Anerkennung“ nach der ­Eigentlich hätten wir den Titelgewinn „erst einmal eine gute Basis geschaf- zweiten deutschen Meisterschaft mit von 1990 wiederholen müssen, denn fen und ein Ausrufezeichen in Europa Borussia Dortmund zehrte und vom wir traten jeweils mit guten Mann- gesetzt.“ Darauf lässt sich aufbauen. Hochgefühl, als reifer Profi mit schaften an, waren aber nicht so ­Führungsqualitäten gefragt zu sein. harmonisch wie es hätte sein müs- Roland Zorn

EINER DER LEISTUNGSTRÄGER BEIM GEWINN DER EURO 1996: DER 85-MALIGE NATIONALSPIELER ANDREAS MÖLLER. AKTUELL IM BLICKPUNKT 34 20. JUBILÄUM DER EUROPAMEISTER 1996

Europameister von 1996 feierten in Paris das 20. Jubiläum des 3. EM-Titelgewinns Besondere Aura der „Helden von Wembley“

Am 30. Juni 2016 jährte sich zum 20. Mal der Gewinn des dritten EM-Titels der deutschen ­Nationalmannschaft. Aus diesem Grund lud der DFB zum 20. Jubiläum das damalige Team von Bundestrainer Berti Vogts zu einem zweitägigen Treffen während der EURO 2016 rund um das Gruppenspiel gegen Polen ein. Auch wenn nicht alle der „Helden von Wembley“ ­kommen konnten – die, die kamen, waren begeistert.

Die Location war supérieur. Das „Das Spiel unserer Jungs war zwar in England den dritten EM-Stern nach ­Ambiente excellent. Die Atmosphäre nicht das Gelbe vom Ei. Doch das Deutschland geholt hatten, der Ein­ gleichermaßen geprägt von Nostal- Programm, das sich der DFB für uns ladung nach Paris Folge leisten. gie und Vorfreude. Am Nachmittag hat einfallen lassen, war vom Aller- ­Umso herzlicher hieß DFB-Chef vor dem zweiten Gruppenspiel der feinsten. Ich hätte vorher nicht ­Reinhard Grindel in dem eleganten deutschen Nationalmannschaft bei ­geglaubt, dass unser Wiedersehen in Restaurantschiff auf der Seine „ein der EURO 2016 gegen Polen konnte so einem prächtigen Ambiente, einer paar ganz wichtige Säulen aus jenem DFB-Präsident Reinhard Grindel im so harmonischen Stimmung mit Team, das geprägt war von leiden- DFB-EURO2016-CLUB auf der Seine ­einem wirklich guten Feeling statt- schaftlichem Kampfgeist“ im en­ in Paris eine exquisite Gästeschar finden würde. Alle, die diesmal nicht geren Kreis der DFB-Familie – Präsi- begrüßen. Mit den Europameistern dabei waren, haben einiges verpasst“, dium, Sponsoren, Partner, Family & von 1996 aus Anlass des 20. Jubi­ fasste das Zusammen- Friends sowie Special Guests – will- läums ihres Titelgewinns im Zentrum treffen mit den Kollegen von damals kommen. des Geschehens. Gemeinsam fuhren zusammen. Ähnlich gut versorgt sah sie von dort zum Spiel gegen Polen sich auch : „Ich kann „Schön, dass wir uns bei den Europa- ins nur wenige Kilometer entfernte dem DFB nur danken, was er für uns meistern von 1996 in diesem Rahmen Stade de France vor den Toren der hier veranstaltet hat. Nicht verstehen noch einmal bedanken können. Unser französischen Hauptstadt. Und Seite kann ich, warum nicht einige mehr aktuelles Team verbindet mit dem an Seite ging es nach dem Abpfiff von unserem damaligen EM-Team damaligen, dass wir auch 1996 bei zurück zum Mitternachtsimbiss mit erschienen sind.“ der EURO eine ‚Mannschaft‘ hatten, „Open End“ an der Bar der traumhaft in der sich jeder für den anderen ein- schönen Belle-Epoque-Lobby des Ho- In der Tat konnten längst nicht alle gesetzt hat“, sagte Reinhard Grindel tels Hilton Opéra im Zentrum von Paris. der „Helden von Wembley“, die 1996 und betonte: „Die meisten von Ihnen 35

ZUSAMMENTREFFEN VOR DEM GRUPPENSPIEL GEGEN POLEN: , , DFB-PRÄSIDENT REINHARD GRINDEL UND FREDI BOBIC.

haben nach dem Ende ihrer Fußball- stande gebracht hat und wir in die- ­aktuellem EM-Team unabkömmlich, Laufbahn bemerkenswerte Karrieren sem Kreis nach 20 Jahren erstmals ließ sich aber von seiner Gattin Birgit gemacht und leitende Funktionen wieder zusammenkommen konnten“, vertreten. und Positionen im Fußball übernom- freute sich , der lang­ men. Wie schön, dass Sie sich frei jährige Vorstandsvorsitzende des Zudem war Andy Möller wegen ­seiner gemacht und Zeit genommen haben 1. FC Kaiserslautern, der dieses Funktion als Co-Trainer beim EURO für dieses Zusammensein“, sagte ­Treffen mit initiiert hatte. 2016-Teilnehmer Ungarn verhindert. Grindel. Ebenso Jürgen Klinsmann, der als Auch der einstige Bundesliga-Tor- Nationaltrainer der USA bei der Copa So hatte sich Fredi Bobic, seit weni- schützenkönig bedauerte, dass bei- America unterwegs war – zusammen gen Wochen erst als Sportvorstand spielsweise Oliver Bierhoff, der da- mit Berti Vogts, dem einstigen Bun- bei Eintracht Frankfurt im Amt, mals mit seinem Golden Goal gegen destrainer als seinem Berater. Auch ­ebenso „eine Auszeit für dieses Tref- Tschechien im Finale von Wembley und fen genommen“, wie , den EM-Triumph perfekt gemacht mussten wegen ihrer TV-Einsätze in der Aufsichtsratsvorsitzende von hatte, nicht dabei war. Der heutige Frankreich absagen. Und Matthias Werder Bremen, Stefan Reuter, Manager der Nationalmannschaft Sammer fehlte aus ebenfalls nach- der Geschäftsführer Sport beim begrüßte aber jeden einzelnen der vollziehbaren Gründen wegen seiner FC Augsburg, Sport1-Moderator einstigen EM-Mitkämpfer persönlich Erkrankung. ­Thomas Helmer oder Jens Todt, der auf der Tribüne im Stade de France. Sportdirektor beim Karlsruher SC, Auch der 1996 überragende EM- Dafür ließen die, die gekommen um nur fünf Beispiele zu nennen. Schlussmann Andreas Köpke­ war ­waren in den DFB-EURO2016- „Ich finde es ganz toll, dass der DFB wegen seines Engagements als CLUB, unter ihnen auch der damalige dieses Jubiläumstreffen für uns zu- ­Torwart-Trainer in Joachim Löws Pressechef Wolfgang Niersbach, die AKTUELL IM BLICKPUNKT 36 20. JUBILÄUM DER EUROPAMEISTER 1996

„MEET & GREET“ AUF DER SEINE IN PARIS: DIE DFB-SPITZE FEIERTE MIT DEN 96ER-EUROPAMEISTERN.

englischen EM-Wochen vor 20 Jah- schlagenen , Jürgen Sportdirektor Hansi Flick fachkundig ren mit vielen Episoden noch mal Klinsmann sowie auch Thomas Hel- begleiteten Gesprächen dem aktuel- aufleben. mer unter Aufbieten ihrer letzten len deutschen EM-Team den gleichen Kräfte nur bedingt einsatzfähig im Erfolgsweg, wenn auch natürlich Jens Todt erinnerte sich, dass er Endspiel, für das Andy Möller und ­ohne die damaligen medizinischen ­damals mit seiner Frau in einem Res- Stefan Reuter zudem noch gelb­ Widrigkeiten, in Frankreich wünsch- taurant beim Abendessen saß, als gesperrt waren. „Zwei Tage vor dem ten. „Ich denke, alle, die dabei waren ihn vier Tage vor dem Anpfiff des Finale konnten wir nur noch mit acht bei dieser Zusammenkunft im Rah- Endspiels der Anruf von Berti Vogts gesunden Feldspielern trainieren. men der EURO 2016, haben es genos- erreichte. „Die UEFA hätte wegen der Doch alle diese Probleme zementier- sen, mit unseren Europameistern von gravierenden Verletzungsmisere in ten den großen Zusammenhalt in un- 1996 auf schöne und große Zeiten unserem Team gestattet, dass ein serer Truppe“, erinnerte sich Thomas zurückzublicken“, meinte DFB-Gene- Spieler nachnominiert werden dürfte. Helmer. ralsekretär Dr. Friedrich Curtius. Ich sollte am nächsten Morgen um halb acht den Flieger nach London Klinsmann: „Wir waren eine Als sich dann auch noch Jürgen nehmen. So habe ich, auch wenn ich richtig tolle Mannschaft“ Klinsmann aus den USA von der Copa nicht zum Einsatz kam, vier, fünf America per Videobotschaft zu Wort ­fantastische Tage während der Während draußen auf der Seine ge- meldete, waren auch die letzten der ­letzten Etappe zum EM-Triumph mit- waltige Regenschauer das Wasser rund 200 Ehrengäste im DFB-EU- erleben können.“ aufpeitschten, verriet Fredi Bobic, RO2016-CLUB von der ganz beson- wie als Vorsänger und deren Aura dieses verschworenen Stefan Kuntz, der mit seinem wichti- Experte für die damals populäre EM-Siegerteams von 1996 über- gen Treffer zum 1:1 im Halbfinale ge- „Deutsche Welle“ im Bus und in der zeugt. „Wir waren eine richtig tolle gen England den Weg ins (erfolgrei- Kabine für gute Stimmung sorgte. Mannschaft voller unglaublicher che) Elfmeterschießen ermöglichte, Energie und Leidenschaft“, verkün- erläuterte die in der Tat außerordent- Marco Bode und Stefan Reuter ließen dete der damalige Kapitän und er- lich hohe EM-Ausfallquote in Eng- zusammen mit dem damaligen Co- klärte: „Berti Vogts und ich wären land. Jürgen Kohler hatte sich im Trainer Erich Rutemöller noch einmal gerne dabei, haben hier in den USA ersten Spiel bereits nach 14 Minuten den legendären Spruch von Berti aber noch einen Job zu machen. Doch einen Innenbandriss im linken Knie Vogts vor dem Halbfinale im wir vermissen Euch sehr und hoffen zugezogen. Auch war ­Wembley-Stadion aufleben: „Wir auf das nächste Treffen in fünf, vier nach dem ersten Spiel, wegen einer wollten nach London. Jetzt sind wir oder noch weniger Jahren.“ schweren Knöchelverletzung, abge- in London­ und jetzt bleiben wir bis reist. Fredi Bobic konnte ab dem zum Schluss hier in London.“ Soll heißen: Spätestens zum 25. Jubi­ ­Viertelfinale wegen Schulterbruchs läum des Triumphs von Wembley nur noch zuschauen. Und Steffen Es versteht sich von selbst, dass die sieht man sich wieder – und dann in Freund hatte sich im Halbfinale Heroen von Wembley in den von möglichst kompletter Besetzung von einen Kreuzbandriss zugezogen. Sky-Frontmann Sebastian Hellmann Mannschaft, Trainer- und Betreuerstab. Daneben waren die schwer ange- locker moderierten und von DFB- Wolfgang Tobien VIDEOBOTSCHAFT: JÜRGEN KLINSMANN GRÜSST AUS DEN USA, IM VORDERGRUND STEFAN REUTER UND STEFAN KUNTZ.

BEGRÜSSUNG DER GÄSTE: DFB-PRÄSIDENT REINHARD GRINDEL UND MODERATOR SEBASTIAN HELLMANN; IM VORDERGRUND STEFAN KUNTZ, HERMANN SELB- HERR, PROF. DR. FRITZ SCHERER UND FREDI BOBIC.

PRÄCHTIGE STIMMUNG BEIM JUBILÄUMS-TREFFEN IN PARIS: JENS TODT, ERICH RUTEMÖLLER UND MARCO BODE.

TOLLES BELLE-EPOQUE-AMBIENTE: DR. REINHARD RAUBALL MIT PETER PETERS UND THOMAS HELMER (RECHTS). AKTUELL IM BLICKPUNKT 38 DFB-ALL-STAR-TEAM

50 Jahre „Wembley-Tor“ mit Spiel der Legenden und 7:2-Sieg der DFB-All-Stars

Ballack und Co. auf Tore-Jagd in London

Feiertagsstimmung herrschte am 2. Mai, dem traditionellen Bank Holiday, in London. Vor ­allem im Team der DFB-All-Stars aus dem Club der Nationalspieler. Die Auswahl deutscher Ex-National- spieler bezwang das ebenfalls mit zahlreichen hochkarätigen Ex-Stars gespickte Traditions­ team Englands im Stadion von West Ham United mit 7:2. Der Anlass für dieses „Spiel der ­Legenden“ vor 22.500 Zuschauern war das 50. Jubiläum des WM-Finales von 1966 in Wembley.

„The Legends: England vs. Germany“. WM-Finale 1966 mit dem ominösen ­Burdenski, der Teammanager dieser So verkündeten es die Plakate und „Wembley-Tor“ zum 2:3 wichtige und Auswahl, als Kapitän Michael Bal- die Zeitungen in London. Und sie historische Siege gegen England in lack nach dem Abpfiff den Pokal für nannten auch gleich den Grund für London zustande gebracht. 1972 im den Sieg in Empfang nahm. diese Begegnung zwischen hoch­ EM-Viertelfinale zum Beispiel mit karätigen Ex-Nationalspielern auf dem ersten Länderspielsieg auf Zum einen unterstreicht allein schon beiden Seiten: „The 50th Anniversary ­englischem Boden überhaupt. Oder die Größe dieser knapp einen Meter of the 1966 World Cup Win“. Der im EM-Halbfinale 1996 im drama­ hohen Silbertrophäe die Bedeutung, 50. Jahrestag von Englands erstem tischen Elfmeterschießen. Nicht zu welche die Engländer dieser Ausein- und bislang einzigem WM-Triumph, vergessen das WM-Qualifikations- andersetzung zugemessen hatten. damals vor einem halben Jahrhun- spiel im Oktober 2000, als Didi Ha- Es ging gegen Deutschland, und „in dert am 30. Juli in Wembley gegen mann mit einem Freistoßtor aus gro- einem solchen Spiel kennen die Deutschland. ßer Distanz die drückend überlegenen ­Engländer zwischen Anpfiff und Ab- Gastgeber zum 1:0-Sieg bezwang. pfiff keine Freundschaften“, schärfte Revanche – dieses Wort ist jetzt kein als Trainer seinen einziges Mal gefallen an jenem Mon- Diese beachtliche Erfolgsserie setzte Spielern in der Mannschaftsbespre- tag, dem Bank Holiday in London. nunmehr das DFB-All-Star-Team chung ein. Revanche für 1966 – dieser Begriff fort, als es am Montag das englische wäre auch keiner Rede wert gewe- Traditionsteam mit 7:2 besiegte. Zum andern ging dieses Spiel der sen. Zu oft hat schließlich die deut- „Dies war der schönste und wert- ­Legenden mit dem Abschied von ei- sche Nationalmannschaft seit der vollste Sieg, den unsere All-Star- ner der legendärsten Fußball-Kampf- denkwürdigen und unglücklichen Truppe bisher erreicht hat“, freute bahnen Englands einher, dem Bo- 2:4-Niederlage gegen England im sich Ex-Nationaltorhüter Dieter leyn-Ground von West Ham United. 39

LOCKRUF DER LEGENDEN: WERBUNG FÜR DAS JUBILÄUMSSPIEL IN LONDON.

EIN LETZTES HURRA IM BOLEYN GROUND: DIE SIEGREICHEN DFB-ALL-STARS MIT REHMER, NEUVILLE, OSIECK, REICH, ODONKOR, DER AUF DEM BILD LINKS VOR GROSSER KULISSE ENGLANDS ­EX-NATIONALTORHÜTER JAMES ÜBER­ WINDET, BALLACK, HANNAWALD, LEHMANN, EILTS, OWOMOYELA, ALBERTZ UND HEINRICH (VON LINKS).

Hier am Upton Park, wo gleich um die Kontinenten live. Wie zum Beweis Doch der ehemalige Arsenal-Keeper Ecke die Statue mit den drei größten schickte Giovane Elber in der Halb- Jens Lehmann, der ebenso wie Chel- West-Ham-Ikonen steht, mit Bobby zeitpause seinem Freund und frü­ seas früherer Superstar Michael Moore, dem Kapitän der Weltmeister heren Stuttgarter Kollegen Fredi ­Ballack und andere Mitspieler mit von 1966 sowie mit Geoff Hurst und ­Bobic eine SMS: „Tolles Spiel von britischer Vergangenheit wie Fredi , die die vier Tore (Hurst euch. Sehe es gerade bei mir zu Bobic (Bolton Wanderers), Jörg Al- als Matchwinner allein drei) im da- ­Hause in Brasilien.“ bertz ( Rangers) und Marco maligen WM-Finale erzielt hatten, Reich (Crystal Palace) vom Publi- hier soll in den nächsten Monaten Giovane Elber grüßte kum freundlich empfangen wurden, nach dem Abriss ein Wohngebiet per SMS aus Brasilien glänzte mit tollen Paraden. Auf der ­entstehen. Dies bedeutet, dass West anderen Seite verhinderte David Ham United vom 1. Juli an seine 3:0 stand es zu diesem Zeitpunkt James, Englands EM-Torhüter 2004 Heimspiele im benachbarten Olym- nach zwei Toren von Hanno Balitsch und WM-Schlussmann 2010, einen piastadion austragen wird. und Marko Rehmers Treffer. Gegen höheren Rückstand. die überzeugende Mannschaftsleis- So waren also 22.500 Zuschauer zu tung der Deutschen hatten die eng­ Wie bei den Engländern unter ande- dieser stimmungsvollen Farewell- lischen Stars um , rem mit Rugby-World-Cup-Gewinner Party mit den beiden Legenden- die Ferdinand-Brothers Rio und An- Ben Cohen, der in der Schlussphase Teams um die früheren National- ton, Trevor Sinclair, Peter Beardsley, die beiden Gegentreffer erzielte, kam team-Kapitäne Rio Ferdinand und Dean Ashton, oder auch im deutschen Team in der zwei- Michael Ballack gekommen. Und: Graeme Le Saux erst gegen Ende der ten Halbzeit ein Weltmeister (und Das Fernsehen übertrug diese Partie zweiten Halbzeit ein paar Großchan- Olympiasieger) aus einer anderen in zahlreiche Länder auf allen fünf cen zu verzeichnen. Sportart zum Einsatz: Skiflug-Le­ AKTUELL IM BLICKPUNKT 40 DFB-ALL-STAR-TEAM

gende Sven Hannawald zeigte, dass beim WM-Triumph 1990 zu einem der (73. Unger) – Odonkor (73. Hanna- er auch mit Fußballschuhen an den international erfahrensten und hoch wald), Bobic (35. Neuville), Reich. ­Füßen recht beachtlich umzugehen geschätzten Trainer avancierte, Trainer: Osieck versteht. ­wurde von Rainer Milkoreit, dem DFB-Vizepräsidenten und Delega­ So konnte als Als mit dem 7:2 und den Toren von tionsleiter, bei der Spielanalyse be- ­abschließendes Fazit resümieren: Oliver Neuville (2), David Odonkor sonders herausgestellt: „Selten wur- „Dieses 7:2 war nicht nur ein großer und Reich das Spiel geendet hatte, de für ein Spiel dieser Mannschaft die Sieg, sondern auch ein toller Image- meldete sich Jamaikas National­ Taktik so exakt und intensiv vorgege- Gewinn für unser Team und ein wenig trainer Winfried Schäfer beim DFB- ben wie diesmal. Daher Dank an alle, auch für den deutschen Fußball.“ Experten für Internationales, Markus­ die diese Taktik so perfekt umgesetzt Klar, dass die DFB-All-Stars bei ihren Weidner, mit einer E-Mail: „Schaue haben.“ nächsten Einsätzen in Abu Dhabi ge- hier in Kingston bei ESPN euer Spiel. gen die Altinternationalen der Emi­ Toller Erfolg und viele Grüße an Dank an das DFB-All-Star-Team, das rate im September sowie im Okto- ­meinen Kollegen Holger.“ in London angetreten war mit: ber in Mexiko als Botschafter des ­Lehmann – Owomoyela, Rehmer deutschen Fußballs weiterhin über- Kollege Holger Osieck, der nach sei- (70. Herget), Nowotny, Albertz – zeugen wollen. nem Job als Beckenbauer-Assistent ­Balitsch (60.Eilts), Heinrich, Ballack Wolfgang Tobien

RASANTER ZWEIKAMPF: TREVOR SINCLAIR UND JÖRG HEINRICH; IM HINTERGRUND MICHAEL BALLACK.

TURM VOR DEM EIGENEN TOR: EX-NATIONALKEEPER JENS LEHMANN. AKTUELL IM BLICKPUNKT 41 REGIONALES CDN-TREFFEN „AUF SCHALKE“

DFB-Präsident Reinhard Grindel beim CdN-Stammtisch in Gelsenkirchen:

„Dieser Club ist richtig und absolut wichtig“

Hier ein freundliches Gespräch mit , dem WM-Dritten von 1970. Dort ein Small- Talk mit , dem Weltmeister von 1990. Am nächsten Tisch ein kurzer Plausch mit , Vizeweltmeister 1966. Und ein paar Meter weiter eine lockere Plauderei mit ­Hannes Bongartz, der 1976 mit Deutschland Vize-Europameister geworden war. Sieben ­Wochen nach seiner Wahl zum DFB-Präsidenten machte Reinhard Grindel beim letzten EM-Test von Joachim Löws Weltmeister-Team dem Club der Nationalspieler erstmals seine Aufwartung. Beim Regionalen CdN-Stammtisch der Schalker Alt-Internationalen im Rahmen des Länderspiels gegen Ungarn.

Dem neuen Chef des deutschen Fuß- nungen und Zusammenkünfte sind BVB bestritten hatte und mit dem ball-Bundes machte dieses Zusam- richtig – und der Club generell abso- Nationalteam 1992 Vize-Europa- mentreffen unübersehbar große lut wichtig, weil sich damit der Dank meister geworden war und sich jetzt Freude. Sichtlich genoss Reinhard und die Anerkennung verbindet für ebenfalls völlig unbekümmert im Grindel die entspannte Atmosphäre das, was diese Spieler, egal wie viele Schalker Hoheitsgebiet bewegte, und fröhliche Kommunikation unter Länderspiele sie absolviert haben, ­unterhielt sich mit Reinhard Grindel den Stars von gestern und vorges- für den deutschen Fußball geleistet buchstäblich auf Augenhöhe. „Hey tern. Wie beispielsweise Diethelm haben“, sagte Grindel. Langer, heute bist du ja mal aus- Ferner, der seine zwei Länderspiele nahmsweise nicht der Größte“, für Werder Bremen absolvierte hatte, , vor 50 Jahren wegen flachste einer, als Grindel und Schulz, später in den 80er-Jahren als Trainer des ominösen Wembley-Tores als mit 54 Jahren fast auf den Tag gleich- auf Schalke arbeitete, und jetzt mit Torwart „nur“ Vize-Weltmeister ge- altrig, ihre exakten Körpermaße aus- seinem damaligen Assistenten Klaus worden und eingefleischter Dort- tauschten: beide 1,92 Meter. Fichtel, dem großen Schalker Ab- munder, antwortete auf die Frage, wehr-Idol, über vergangene Zeiten wie er sich auf Schalker Boden fühle, Es war ein kleiner, aber feiner Kreis sprach. „Vor der sportlichen Lebens- dass er „heute keine Probleme mit bei diesem Regionalen CdN-Stamm- leistung jedes Einzelnen hier habe ich den Blauen“ habe. Michael Schulz, tisch, dem sich später noch Horst allergrößten Respekt. Diese Begeg- der seine sieben Länderspiele für den Eckel, der Weltmeister von 1954, AKTUELL IM BLICKPUNKT 42 REGIONALES CDN-TREFFEN „AUF SCHALKE“

GRUPPENBILD MIT PRÄSIDENT: MICHAEL SCHULZ, HANNES BONGARTZ, , OLAF THON, WILLI SCHULZ, REINHARD GRINDEL, HANS TILKOWSKI, KLAUS FICHTEL, DIETHELM FERNER, HANSI FLICK (VON LINKS).

DFB-Sportdirektor Hansi Flick oder kam der Uli (Hoeneß, Anm. d. Red.) Erinnerungen und Episoden wie diese der frühere U 21-Nationalspieler dran, mit dem ich damals das Zimmer sind es, die den Zusammenkünften Bernd Dierßen hinzugesellten. Und teilte. Was hätten wir ein Fass auf­ der Alt-Internationalen ihren beson- auch Manni Kreuz, eine Schalker machen können, wenn er getroffen deren Charme verleihen und damit ­Legende aus jenem Team um Berni hätte, anstatt den Ball in den Nacht- deren Richtigkeit und Wichtigkeit Klodt, das 1958 mit einem Kreuz-Tor himmel von Belgrad zu schießen. So ­zusätzlich unterstreichen. beim 2:0 im Endspiel gegen den Ham- musste ich ihn die ganze Nacht mit burger SV den letzten deutschen wohlmeinenden Worten trösten.“ Totale Einigkeit herrschte denn auch Meistertitel für SO4 geholt hatte. auf Schalke beim Urteil über die Oder Olaf Thon. Der nicht gerade als grundsätzliche Bedeutung dieses Auch Ex-Präsident Wolfgang Niers- körperlicher Riese aufgefallene eins- Clubs. „Eine ganz prima Sache“, so bach, der die CdN-Gründung 2006 tige Offensivkünstler erzählte, wie Fichtel. „Eine tolle Idee, ich komme initiiert hatte, sagte kurz „Guten Tag“ ihm bei der EM 1988 beim 2:0-Sieg immer wieder sehr gerne“, so Helmut und wurde dabei unter anderem von gegen Dänemark sein einziges Kopf- Kremers, der Weltmeister von 1974, Olaf Thon herzlich umarmt. Sie alle balltor gelang. „Ausgerechnet hier auf der aber wegen seiner damaligen staunten, als beim Gedankenaus- Schalke im damaligen Parkstadion.“ ­Reservistenrolle nicht als solcher tausch zwischen Schulz und Schulz bezeichnet werden will. „Eine fantas- der 23 Jahre jüngere Michael ge- Klaus Fichtel: „CdN ist tische Einrichtung, dieser Club, den stand, dass World-Cup-Willi einst eine ganz prima Sache“ ich nicht missen möchte“, sagte sein großes Vorbild war, von dem er ­Bongartz. „Absolut vorbildlich, was als neunjähriger Bub sein allererstes Drei WM-Turniere hat Willi Schulz im beim CdN geschieht“, erklärte Willi Autogramm erhielt. Verlauf seiner 66 Länderspiele ab­ Schulz. solviert. Allerdings nie eine EM-End- Natürlich spielte aus aktuellem An- runde. „Vor allem deswegen, weil wir Kein Wunder, dass DFB-Präsident lass die Europameisterschaft eine 1967 mit dem blamablen 0:0 beim Reinhard Grindel seine Premiere zentrale Rolle in den vielen Gesprä- damaligen absoluten Fußballzwerg beim Club der Nationalspieler mit chen. Vergangene Endrunden, wie Albanien in der Qualifikation kläglich dem Versprechen auf weitere Besu- zum Beispiel 1976 in Jugoslawien, gescheitert waren und für das wohl che abschloss: „Ich freue mich schon wobei Hannes Bongartz diese Anek- schlimmste EM-Debakel überhaupt auf die nächsten Zusammenkünfte dote zum Besten gab: „Beim Elf­ gesorgt hatten. An uns Abwehrspie- und ganz besonders auf das große meterschießen im Endspiel gegen die lern lag das aber nicht, unsere hoch- Jahrestreffen 2017, egal wo es statt- Tschechoslowaken hatte ich meinen karätigen Offensivspieler hatten die finden wird.“ Elfmeter sicher verwandelt. Nach mir besten Chancen verballert“. Wolfgang Tobien 43

KLAUS FICHTEL, OLAF THON

MICHAEL SCHULZ, DFB-PRÄSIDENT REINHARD GRINDEL

DIETHELM FERNER, MANFRED KREUZ

HANS TILKOWSKI, KLAUS FICHTEL, DIETHELM FERNER

OLAF THON, HANSI FLICK

WILLI SCHULZ, HANNES BONGARTZ 44 CDN-MAGAZIN 27/2016

Auszeichnung für Rohr, Schnellinger und Can

Den diesjährigen „Ehrenpreis“ der Initiative „Deutsche Fußball-­ Botschafter“ erhielt der vierma­ lige WM-Teilnehmer und Vize- Weltmeister von 1966, Karl-Heinz Schnellinger. Der seit Jahrzehnten in der Nähe Mailands lebende Weltpokal- und mehrfache Europa­ pokal­sieger sowie italienische und deutsche Meister nahm die Aus- zeichnung am 11. Mai im Auswär­ tigen Amt entgegen. Ebenfalls für sein sportliches und gesellschaft­ liches Engagement im Ausland wurde der für den FC Liverpool spielende deutsche Nationalspie- ler mit dem „Publikums- preis“ geehrt. Den Hauptpreis und damit die Auszeichnung als „Deut- scher Fußball-Botschafter 2016“ nahm beim Festakt in Berlin Ger- IN DER „HALL OF FAME“: GÜNTER NETZER, EUROPAMEISTER 1972. not Rohr aus den Händen der Außenminister­ Deutschlands und Frankreichs, Frank-Walter Stein- Günter Netzer: Herz-OP und richtung, wo er sich von einer meier und Jean-Marc Ayrault, Hall of Fame-Aufnahme ­Not-Operation am Herzen erholte. ­entgegen. Der 62-jährige Rohr, Bei diesem Eingriff waren dem ­gebürtiger Mannheimer, war nach Mit Günter Netzer hat eine weitere 37-­maligen Nationalspieler sechs Spieler-­Stationen bei Bayern Legende des Fußballs Eingang in Bypässe gelegt worden. ­München und die „Hall of Fame des deutschen Sports“ gefunden. Zusammen mit 15 anderen herausragenden Per- sönlichkeiten des Sports, darunter Reck-Weltmeister Eberhard Gien- ger, Fecht-Olympiasiegerin Corne- lia Hanisch, Golf-Ikone Bernhard Langer und der 2012 verstorbene „Handballer des Jahrhunderts ­Erhard Wunderlich, wurde Netzer (71) am 16. Juli offiziell in die ­nunmehr 102 herausragende Ath- leten umfassende Ruhmeshalle aufgenommen. Den Neuaufnahmen zugrunde lag die Zeit von 1972 bis zur Wiedervereinigung. Die offi- zielle Bekanntgabe dieser ehren- vollen Aufnahme erreichte den ­früheren Meister-Spieler von Bo- russia Mönchengladbach und Real Madrid Ende April während seines Aufenthalts in einer Reha-Ein­ MIT DEM PUBLIKUMSPREIS GEEHRT: NATIONALSPIELER EMRE CAN. DIAGONALPÄSSE 45

1977 nach Frankreich übergesie- delt, wo er als Spieler und Trainer sowie als Nationalcoach von Ga- bun, Niger und Burkina Faso Karri- ere machte. „Wie sehr die Fußball- Kultur Deutsche und Franzosen verbindet, das weiß wohl kaum ­einer besser als Gernot Rohr. Wenn in seiner Brust zwei Herzen für den Fußball schlagen, dann ist wohl eines deutsch und eines ­französisch“, sagte Steinmeier. Als weitere Laudatoren traten bei der Veranstaltung im Auswärtigen Amt der EM-Torschützenkönig von 1976 und Ikone von Girondins Bordeaux, Dieter Müller, sowie DEUTSCHES ERFOLGSGESPANN IN UNGARISCHEN DIENSTEN: der DFB-­Ehrenspielführer und UND AUF DER TRAINERBANK VON FERENCVAROS BUDAPEST. CVN-Vorsitzender auf. 2015 waren Jürgen Klinsmann (Hauptpreis), Thomas Hitzlsperger Thomas Dolls Erfolgsstory in Ungarn: (Ehrenpreis) und Mesut Özil „In Budapest mein Glück gefunden“ ­(Publikumspreis) ausgezeichnet worden. Welch eine sensationelle Erfolgsstory für Thomas Doll! Am 19. Dezember 2013 übernahm der einstige Nationalspieler, der nach der Wiedervereini- gung 18 Länderspiele für den DFB und zuvor 26 für die DDR absolviert FUSSBALL.DE mit hatte, den ungarischen Erstligisten Ferencvaros Budapest als Trainer auf Saison der Rekorde dem fünften Tabellenplatz und führte danach den Rekordmeister mit einer Serie von neun Siegen aus neun Spielen bis zum Saisonende noch auf Rund zwei Jahre nach dem Re- Rang drei. Als jetzt am Schluss der Spielzeit 2015/16 Zwischenbilanz launch gehen die Abrufzahlen von ­unter seine Arbeit in Budapest gezogen wurde, stellte sich das Fazit FUSSBALL.DE weiter steil nach ­geradezu atemberaubend dar: Nach zwölf Jahren war Ferencvaros bereits oben. Das Portal des deutschen sechs Spieltage vor Schluss erstmals wieder ungarischer Meister ge­ Amateurfußballs blickt auf die worden. Mit dem Gewinn des Landespokals im Endspiel gegen den ­erfolgreichste Saison seiner Ge- ­Stadtrivalen Ujpest am 7. Mai hatte der Traditionsklub zudem erstmals schichte zurück und verzeichnete seit 2004 auch das Double geschafft. zum Beispiel im April mehr als 34 Millionen Seitenbesuche und Klar, dass der in Malchin geborene einstige Offensivkünstler, der am Ende knapp 440 Millionen Klicks in seiner ersten kompletten Saison bei Ferencvaros 2015 bereits den Pokal, Web und App. Das bedeutete den Liga-Pokal und Super-Cup gewonnen hatte, jetzt zu Ungarns „Trainer Rekord und ­eine Verdopplung ge- des Jahres 2016“ gekürt wurde. „Fünf Titel in zweieinhalb Jahren, das genüber dem April 2015. Ins­ hört sich doch gar nicht so schlecht an“, bilanziert der Vize-Europameister gesamt liegen die Werte 2016 von 1992 seine bisherige Arbeit in Ungarns Hauptstadt und sagt: „Ich habe um 60 Prozent über denen des hier mein Trainerglück gefunden. Budapest ist eine traumhafte Stadt und Vor­jahres – und das, nachdem bei Ferencvaros sind die Arbeitsbedingungen dank absoluter Top-Struk­ 2015 bereits ein Rekordjahr war. turen im Verein geradezu sensationell.“ Daneben vergisst der frühere Dr. Rainer Koch, 1. DFB-Vizeprä­ Bundesliga-Coach des Hamburger SV und von Borussia Dortmund nicht sident Amateure, sagt: „Die hohen auf die „hervorragende Zusammenarbeit“ mit seinem „Dauer-Assistenten“­ Zugriffszahlen unterstreichen, Ralf Zumdick hinzuweisen. wie richtig und wichtig es ist, den Amateurfußball angemessen So ist es kein Wunder, dass „derzeit intensive Gespräche mit dem Verein und professionell darzustellen.“ laufen, meinen bis 2017 datierten Vertrag bis 2019 zu verlängern“. Zumal DFB-Mediendirektor Ralf Köttker das deutsche Element bei Ferencvaros in der kommenden Saison noch ergänzt: „Diese positive Entwick- verstärkt wird: Der frühere U 21-Nationalspieler Theo Schneider wird dann lung ist Bestätigung und zugleich als Nachwuchskoordinator an der Donau arbeiten. Und damit noch nicht Motivation für uns. Wir wollen genug: Mit Rekordnationalspieler Lothar Matthäus, der seit etlichen noch besser werden, die Wünsche ­Jahren seinen festen Wohnsitz in Budapest hat und „sich hier ebenfalls der User sind uns dabei extrem sauwohl fühlt, treffe ich mich immer wieder mal zum Abendessen“. wichtig.“ Wolfgang Tobien 46 CDN-MAGAZIN 27/2016

Wir trauern um Bringfried Müller (85), (87), Berti Kraus (81) und Gerhard­ Harpers (88), die am 10. April in Chemnitz, 18. April in , am 14. Mai in Offenbach und am 27. Mai in Dortmund verstorben sind.

sen das Zimmer teilte und dem er Torwart für unabkömmlich. So vor jedem Spiel in der Kabine die ­bestritt der gebürtige Kölner, der Fußballschuhe schnürte. Tröger seine sportliche Karriere als Hand- war im Krieg von einer Granate die baller beim TV Dellbrück begann, rechte Hand abgerissen worden. 1946 mit 18 Jahren zum Fußball Um „Binges“ Müller trauert vor allem wechselte und über Dellbrück so- auch seine Frau Jutta Müller, die wie den 1. FC Köln 1952 zu RWE als einst erfolgreichste Eiskunst- kam, direkt nach der WM ’54 gegen lauf-Trainerin der Welt unter ande- Belgien sein erstes von 21 Länder- rem Katarina Witt betreut hatte. spielen. Auch optisch personifi­ wt zierte der Inbegriff des „seriösen Torhüters“, der später wegen sei- *** nes Berufs als Sportlehrer an einer Essener Schule auch „fliegender Er war der Mann, der nach Toni Schulmeister“ genannt wurde, den ­Turek, dem Torwart der „Helden Neuanfang des deutschen Fußballs von Bern“, seinen Dienst im deut- nach dem Zweiten Weltkrieg: be- BRINGFRIED MÜLLER schen Tor antrat. Eigentlich hätte schirmt gegen die Sonne von einer FRITZ HERKENRATH sogar an alten Soldatenmütze, die so deut- „Binges“ nannten sie ihn. Die Mit- ­Tureks Seite im Kader der deut- lich sein Markenzeichen wurde, spieler voller Bewunderung, die schen Nationalmannschaft den dass es auch später bei leicht er- Gegenspieler mit großen Respekt. Weg zum legendären WM-Triumph zielten Toren hieß, „den hätte Her- Denn BRINGFRIED MÜLLER war 1954 in der Schweiz mitmachen kenrath mit der Mütze gehalten“. ein großes und ein bärenstarkes sollen. Doch weil Rot-Weiß Essen Während seiner 12 Jahre währen- Stück der Geschichte des DDR- in jenem Sommer sich auf einer den Fußball-Karriere, die er 1958 Fußballs. Der Oberliga, in der der neunwöchigen Südamerika-Reise als Nr. 1 und dem vierten Platz bei hünenhafte Mittelläufer, wie die befand, stellte der DFB-Pokal­ der WM in Schweden beendete, zentrale Abwehrposition damals sieger von 1953 nur gewann Herkenrath zwei Jahre hieß, für Motor Gera, SC Wismut für die WM frei und erklärte seinen nach dem Pokalsieg mit RWE 1955 Karl-Marx-Stadt und Wismut Aue 287 Spiele bestritt. Und der DDR- Auswahl, für die er zwischen 1955 und 1960 18 A-Länderspiele absol- vierte. Mit Aue erlebte der gebür­ tige Langenberger glorreiche Zei- ten, als er mit Wismut dreimal Meister und einmal Pokalsieger wurde. Zudem hinterließ Müller, der bis zu seinem Wechsel zum Fußball im 19. Lebensjahr als Hand- baller aktiv war, später auch als Trainer in Aue und beim FC Karl- Marx-Stadt deutliche Spuren. Beim Nationalteam und in Aue konnte er auf eine enge Freundschaft mit der Stürmer-Legende Willy Schröder zurückblicken, mit dem er bei Rei- FRITZ HERKENRATH IN MEMORIAM 47

die deutsche Meisterschaft. Nach schaft erreichen konnte. Längst seiner Zeit als Lehrer bildete der schon war zu diesem Zeitpunkt Keeper, den neben tollen Reflexen Sepp Herberger auf die ebenso ro- und spektakulären Paraden ein buste wie elegante Spielweise des hervorragendes Stellungsspiel gelernten Drehers aufmerksam ge- ausgezeichnet hatte, als Professor worden. Nach dem Länderspielde- an der Pädagogischen Hochschule büt 1953 gegen Österreich berief Aachen und an der Uni Düsseldorf der Bundestrainer den gebürtigen von 1962 an bis zu Pensionierung Bochumer 1954 in den erweiterten 1990 Sportlehrer aus. „Meine beste­ Kader für die WM 1954, strich ihn und ruhmreichste Zeit habe ich im aber kurz vor der Abreise in die Ruhrgebiet verbracht“, hat der Schweiz wieder aus dem Aufgebot. Rheinländer den sportlichen Weg- Im Dezember 1954 kehrte Harpers gang ins „Revier“ nie zu bereuen aber zu fünf weiteren Länderspie- brauchen. wt len ins Nationalteam zurück, ehe er 1956 von Sodingen zu Fortuna Düs- *** seldorf wechselte. Fußball war BERTI KRAUS sein Leben und die Nationalmann- Ein echtes „Kind des Ruhrreviers“ schaft bis zu seinem Tod eine wirk- KRAUS als Teilnehmer an der Welt- war GERHARD HARPERS. Als Fuß- liche Herzensangelegenheit. Dem meisterschaft 1962 in Chile mit baller aufgewachsen und etabliert an Alzheimer schwer Erkrankten seinem Einsatz im Vorrundenspiel unterm Förderturm, wo Zechen sollte seine Frau Anne, wie sie dem gegen das Team des Gastgebers. und Fußball über Jahrzehnte un- Club der Nationalspieler mit der „Berti Kraus begeisterte die Mas- trennbar waren, war der Sohn ­eines Todesnachricht schrieb, „zuletzt sen, wenn er mit seiner unglaub­ Bergmanns das Aushängeschild noch das neue Vier-Sterne-Trikot lichen Schnelligkeit den Abwehr- des SVS im Bergbaustädtchen So- anziehen, das ihm der DFB zuge- spielern die Absätze zeigte. Er dingen, dessen Glück-Auf-Stadion schickt hat“. wt konnte aus vollem Lauf präzise sich direkt auf dem Gelände der flanken und verstand auch viel von Zeche Mont-Cenis befand. Neben *** der noch immer schwierigsten dem Stürmer Hans Cieslarczyk Übung im Fußball, dem „Tore­ hatte es der SV Sodingen vor allem Große Fußballspieler hatten die machen“, heißt es im Buch zum dem kampf- und laufstarken Har- Offenbacher Kickers während ihrer 100-jährigen Bestehen der Kickers. pers als linkem Außenläufer zu erfolgreichsten Zeit in den 50er-, Sternstunde, aber auch Trauma für verdanken, dass er als „kleines 60er- und 70er-Jahren etliche in Kraus und ganz Offenbach war das Licht“ in den Fünfzigern über Jahre ihren Reihen. Nationalspieler wie Endspiel der beiden Rivalen vom mit den ganz Großen des Reviers zum Beispiel Siggi Held, Erwin Main um die deutsche Meister- wie Schalke 04, Rotweiß Essen ­Kostedde und Manfred Ritschel schaft 1959 im Berliner Olympia- oder Borussia Dortmund in der oder das legendäre Fußball-Denk- stadion, als Berti Kraus zunächst erstklassigen Oberliga West mit- mal . Nur ein ein­ der 1:1-Ausgleich gelang, die Of- halten und 1955 sogar die End­ ziger OFC-Akteur hat es aber auch fenbacher Kämpfernaturen dann runde um die deutsche Meister- zu WM-Ehren gebracht: BERTI aber doch noch den Filigrantech­ nikern von Eintracht Frankfurt 3:5 nach Verlängerung unterlagen. Zum Start der Bundesliga 1963 holte Trainer den trick- reichen Rechtsaußen zu 1860 ­München, wo er mit den „Löwen“ 1965 im Endspiel beim 2:0 gegen Eintracht Frankfurt den DFB-Po- kalsieg mitfeiern konnte. Für die Münchner bestritt Engelbert ­„Berti“ Kraus 1964 das letzte sei- ner neun Länderspiele, ehe er 1965 nach Offenbach zurückkehrte, dort seine Karriere 1967 beendete, als Versicherungsvertreter arbeitete und den Bieberer Berg bis zu sei- nem Tod als seine Heimat ansah. GERHARD HARPERS wt 48 CDN-MAGAZIN 27/2016

RUNDE GEBURTSTAGE 21. August; LUDWIG MÜLLER FRANZ ROTH (4) am 27. April; (In Klammern Anzahl (6) am 25. August; GERHARD ­ERWIN KOSTEDDE (3) am der Länderspiele) KÖRNER (33) am 20. September; 21. Mai; MANFRED RITSCHEL HERBERT PANKAU (25) am (3) am 7. Juni; HORST WRUCK 4. Oktober; (68) am (6) am 18. Juni; DIETER HER- 75 Jahre 14. Oktober; THEO REDDER (1) ZOG (5) am 15. Juli; FERDINAND am 19. November; S T E FA N KELLER (1) am 30. Juli; RAINER RAINER OHLHAUSER (1) am REISCH (9) am 29. Novem- SCHLUTTER (5) am 18. Au- 6. Januar; HORST TRIMHOLD ber; PETER­ ROCK (11) am gust; (16) (1) am 4. Februar; JÜRGEN 16. Dezember. am 24. August; JÜRGEN CROY NÖLDNER (30) am 22. Februar; (94) am 19. Oktober; DIETER (15) am ZEMBSKI (1) am 6. November; 3. März; RAINER NACHTIGALL 70 Jahre (6) am (11) am 27. April; WOLFGANG 16. November; BERND GERS- FAHRIAN (10) am 31. Mai; HART- (41) am DORFF (1) am 18. November; MUT HEIDEMANN (3) am 5. Juni; 12. Februar; BERND HÖLZEN- (24) am 9. De­- DIETHELM FERNER (2) am BEIN (40) am 9. März; WILLI zember; BERTI VOGTS (96) am 13. Juli; LOTHAR HAACK (1) am ­NEUBERGER (2) am 15. April; 30. Dezember.

WOLFGANG FAHRIAN HORST TRIMHOLD JÜRGEN NÖLDNER

HARALD IRMSCHER WILLI ­NEUBERGER BERND GERSDORFF JUBILÄEN/RUNDE GEBURTSTAGE 49

WILFRIED GRÖBNER DIETER MÜLLER KARL-HEINZ ­RUMMENIGGE

EBERHARD VOGEL

JUBILÄEN slawien (4:2); KARL-HEINZ 21. April gegen Algerien (5:0); (Spieler mit fünf und ­RUMMENIGGE (95, 21 Jahre, DIETMAR DANNER (6, 25 Jahre, mehr Länderspielen)­ FC Bayern München) am 6. Oktober Bor. Mönchengladbach) am 17. Juni gegen Wales (2:0); HERBERT gegen Jugoslawien (4:2); BERND ZIMMERMANN (14, 22 Jahre, BRANSCH (72, 31 Jahre, FC Carl Debütantenball 1. FC Köln) am 6. Oktober gegen Zeiss Jena) am 31. Juli gegen vor 40 Jahren (1976) Wales (2:0); UDO SCHMUCK (7, ­Polen (3:1); HERBERT WIMMER 23 Jahre, Dynamo Dresden) am (36, 31 Jahre, Bor. Mönchen­ WILFRIED GRÖBNER (insgesamt 27. Oktober gegen Bulgarien (4:0). gladbach) am 31. Juli gegen die 8 Länderspiele, Alter und Verein Tschechoslowakei (5:7) nach Elf- beim 1. Länderspiel: 27 Jahre, meterschießen; ULI HOENESS 1. FC Lokomotive Leipzig) am Abschiedsspiel (35, 24 Jahre, FC Bayern 1. April gegen Algerien (5:0); vor 40 Jahren (1975) München) am 17. November ge- ­PETER KOTTE (21, 22 Jahre, gen die Tschechoslowakei (2:0); ­Dynamo Dresden) am 21. April EBERHARD VOGEL (insgesamt JUPP HEYNCKES (39, 31 Jahre, ­gegen Algerien (5:0); DIETER 74 Länderspiele, Alter und Ver- Bor. Mönchengladbach) am 17. MÜLLER (12, 22 Jahre, 1. FC ein beim letzten Länderspiel: ­November gegen die Tschecho­ Köln) am 17. Juni gegen Jugo­ 33 Jahre, FC Carl Zeiss Jena) am slowakei (2:0). Mission Gold: Traumziel Rio HERAUSGEBER: VERANTWORTLICH GASTAUTOREN: Deutscher Fußball-Bund FÜR DEN INHALT: Oskar Beck, Uwe Karte, Otto-Fleck-Schneise 6 Ralf Köttker Steffen Lüdeke, Roland Zorn 60528 Frankfurt/Main (DFB-Direktor Kommunikation Telefon: (0 69) 67 88-0 und Öffentlichkeitsarbeit) BILDQUELLEN: Telefax: (0 69) 67 88-2 04 Getty Images, E-Mail: [email protected] CHEFREDAKTION/ Imago Sportfoto www.dfb.de KONZEPTION: Wolfgang Tobien (c/o DFB) GESAMTHERSTELLUNG: PROJEKTLEITER CLUB DER Braun & Sohn NATIONALSPIELER: REDAKTIONELLE MITARBEIT: Druckerei GmbH & Co. KG Michael Kirchner (c/o DFB) Thomas Dohren, Gereon Tönnihsen Am Kreuzstein 85, 63477 Maintal

Die Ausgabe Nr. 27/2016 des CdN-Magazins ist, ebenso wie alle bisherigen Ausgaben, online unter „www.nationalspieler.dfb.de“ abzurufen.