No. 16/2013

Torjäger-Gipfel beim CdN-Jahrestreffen in München 2 CDN-NEWSLETTER 16/2013

EDITORIAL über SERIE SCHLÜSSELSPIELER , 100 Länderspiele Von Wolfgang Niersbach und die Rolle als Kapitän // Teil 5: Zentrales offensives Mittelfeld „Ein kleiner Kerl als Wiedersehen voller große Persönlichkeit“ 14 Einführung: Vom alles Charme und Vitalität 04 dominierenden Strategen zum kreativen Allrounder des 21. Jahrhunderts // AKTUELL IM BLICKPUNKT Leiser Ausklang am Dirigentenpult 18 CdN-Jahrestreffen in München

Ein Meeting mit besonderem Charme und Charakter // 167 Tore an einem Tisch: Müller, Streich, Polster 06

Als die Genies in der Schaltzentrale noch freie Hand auf dem Spielfeld hatten // Netzer, Overath und der Zauber der „10“ 20

Viel Prominenz beim Abschieds- Bilderbogen // spiel von // Münchner G’schichten 10 16 Tore und große Emotionen 17

Das zentrale offensive Mittel- feld als Terrain für Vielfalt, Dynamik und Mannschaftsgeist Özil, Götze und die Wandlung der „10“ 26 3

Kaum einer hat den deutschen DIAGONALPÄSSE FC Schalke 04 ehrt Klaus ­ Fußball und die Mittelfeld- Fischer und Adolf Urban 39 Zentrale seit 2000 so geprägt // „Vorbilder wie Heynckes : braucht der Fußball“ 38 Kein Typ wie jeder andere 31

Ribéry bei Bayern als ­Rummenigge-Nachfolger 39

AKTUELL IM BLICKPUNKT Franz Beckenbauer griff Viel Masse an großer Klasse: Ringsport unter die Arme 38 Großes Hallo und viel Schröter, Sammer, Thom, Harmonie beim CdN-Stamm- Doll – und Jürgen Nöldner // München mit „sehr guten tisch in Kaiserslautern // „Der Chancen“ für EURO 2020 38 Welt- und Europa- des Ostens“ 34 meister im Kreis der FCK-Legenden 40

Vier Nationalspieler der Stolz von Jubilar Strutz 39

JUBILÄEN/ RUNDE GEBURTSTAGE 42

IN MEMORIAM 44

IMPRESSUM 47 4 CDN-NEWSLETTER 16/2013

Wiedersehen voller Charme und Vitalität

Liebe Freunde,

das 6. Jahrestreffen des Clubs der Ganz besonders hat mich bei dem gesehen hat. Den Bernd Rupp zum Nationalspieler, es war, erstmals in diesmaligen Treffen in der Allianz Beispiel, den Herbert Laumen, Bernd München, erneut ein harmonisches Arena eine Aussage von Jupp Patzke, Katsche Schwarzenbeck, und stimmungsvolles Zusammen- ­Heynckes gefreut: „So eine Ver­ , Karlheinz Förster, sein unserer ehemaligen Internatio- anstaltung führt kein anderer Fuß­ Hans Siemensmeyer und, und, und ... nalen aus dem Bereich des DFB, der ballverband für seine ehemaligen DDR und des Saarlands. Dass diese ­Na­tionalspieler durch“, erklärte er Jupp rief mich direkt danach an, be- Veranstaltung schon bei ihrer ersten mir. Ich hatte ihn nach München dankte sich und bestätigte mir, welch Auflage 2008 in Dortmund eine her- einge­laden, um ihm dort mit dem ein tolles Forum des Wiedersehens vorragende Beteiligung zu verzeich- Fairness-Preis des DFB zu ehren diese Zusammenkunft sei. Für uns in nen hatte und seitdem immer grö­ ­(siehe Seite 38). Diese Auszeichnung der DFB-Zentrale ist das natürlich ßeren Zuspruch findet mit diesmal wollte er in seiner­ Bescheidenheit­ Ansporn und Motivation, auf diesem 250 „Ehemaligen“, zeigt mir, dass wir zunächst gar nicht annehmen. Weg weiterzugehen und auch im mit der Gründung dieses Clubs eine nächsten Jahr im Rahmen eines richtige und wegweisende Entschei- Dann aber war er wirklich froh, dass ­attraktiven Länderspiels dieses dung getroffen haben. Weil offen- er nach München gekommen ist. ­Mitgliedertreffen durchzuführen. Wir sichtlich das große Bedürfnis und Nicht nur wegen der Ehrung, sondern wissen genau, wem wir den hohen­ ein immer stärkerer Wunsch nach weil er danach beim CdN-Jahrestref- weltweiten Stellenwert des deut- Kommunikation unserer Ex-National- fen im großen VIP-Bereich gute alte schen Fußballs ganz besonders zu spieler untereinander bestehen. Freunde und Weggefährten wieder verdanken haben. Wenn wir davon ausgehen, dass jetzt einzuladen, denn viele von ­ihnen ­Aussagen vom großen und kleinen im Oktober die Teilnahme unserer ­haben nicht nur mit der National- Nachbarn nicht mehr hören. Wir sind Nationalmannschaft an der WM 2014 mannschaft Berührungspunkte zum ganz einfach Freunde. in Brasilien gesichert sein wird, dann deutschen Fußball gefunden, son- betone ich auch an dieser Stelle, dass dern auch als Bundesligaspieler enge So war auch das 6. Jahrestreffen die WM-Qualifikation alles andere Kontakte geknüpft. Dies zeigte sich in ein rundum gelungenes Ereignis. Und als eine Selbstverständlichkeit ist. vielen Gesprächen und herz­lichen ein Beweis dafür, wie richtig wir 2008 Denn es gibt nur zwei Nationen, die ­Begegnungen in der Allianz Arena. mit der Gründung des Clubs der das große Ziel WM-Endrunde immer Ich fand es sehr schön, wie sich die ­Nationalspieler lagen, der jetzt schon erreicht haben. Brasilien und Spieler untereinander mischten und seit fünf Jahren besteht und sich mit Deutschland. Diese tolle Bilanz ist miteinander plauderten. Klar, wir wa- immer größerer Vitalität präsentiert. dem großen Einsatz und der fuß­ ren bei Länderspielen immer Rivalen ballerischen Klasse vieler unserer gewesen, und es gab vor- und nach- Herzliche Grüße CdN-Mitglieder zuzuschreiben. her stets den einen oder anderen Spruch, bei den Österreichern mit dem Besonderen Charme hatte das dies- unverwechselbaren Wiener Schmäh. jährige Jahrestreffen mit der Teil­ Doch letztlich bestehen viele Freund- nahme eines guten Dutzends frü­herer schaften und ein außergewöhnlich Nationalspieler aus Österreich. Es gutes Verhältnis zwischen unseren Wolfgang Niersbach war eine glänzende Idee, diese Jungs beiden Verbänden. Ich kann die DFB-Präsident AKTUELL IM BLICKPUNKT 6 CDN-JAHRESTREFFEN IN MÜNCHEN

CdN-Jahrestreffen in München: ein Meeting mit besonderem Charme und Charakter

167 Tore an einem Tisch: Müller, Streich, Polster

Es war eine Premiere der ganz besonderen Art. Erstmals kamen die Rekordtorschützen der drei Nationalmannschaften von Deutschland, Österreich und der DDR zusammen und saßen an einem Tisch. Gerd Müller (68 Tore), (55) und (44). Zustande gekommen war diese Zusammenkunft beim 6. Jahrestreffen des Clubs der Nationalspieler, das im Rahmen des WM-Qualifikationsspiels gegen Österreich am 6. September in München stattfand.

„Dieses Foto muss ich haben, ich bin tionäre beim DFB leisten.“ Das sagte Gläschen Rot- und Weißwein unter- so stolz, dass es zu dieser Be­gegnung DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, hielten sie sich auf Spanisch über gekommen ist“, erklärte Toni Polster als er 250 Alt-Internationale ebenso ­aktuelle Themen. nach der Gesprächsrunde mit Gerd herzlich willkommen hieß wie 14 Müller und Joachim Streich. Zuvor ­prominente Ex-Nationalspieler als Großen Anklang fand zudem die hatte Österreichs Rekordtorschütze „Special Guests“ aus Österreich. ­„Erlebniswelt“ von Bayern München, die deutsche Torjäger-Legende mit Auf Niersbachs damalige Initiative die der aktuelle Triple-Gewinner zu seiner stürmischen Umarmung bei als Generalsekretär war der Club Ehren der versammelten Fußball- der herzlichen Begrüßung fast er- der Nationalspieler 2008 gegründet Prominenz exklusiv geöffnet hatte. drückt. Sichtlich bewegt plauderte worden. Mehr als 100 CdN-Gäste machten Rekordtorjäger Achim Streich, der von diesem großzügigen Angebot mit 102 Einsätzen auch der Rekord- Als Überraschungsgast wurde dies- ­Gebrauch und ließen sich von der spieler der DDR-Auswahl ist, mit mal Jean-Marie Pfaff, der belgische ­imponierend aufbereiteten Ge- dem früheren „Bomber“ über ein erst Vize-Europameister von 1980 und schichte des erfolgreichsten deut- kürzlich ebenfalls in München statt- langjährige erfolgreiche Münchner schen Fußballklubs beeindrucken gefundenes Treffen. Es sind Szenen wie -Torhüter, vor allem von (siehe Seite 46). diese mit den drei charismatischen seinen ehemaligen Teamkameraden Mittelstürmern, die den besonderen des FC Bayern um die Weltmeister Charme und Charakter der alljähr­ und Klaus Augen­ DREI REKORDTORSCHÜTZEN lichen CdN-Mitgliederversammlung thaler begrüßt. Und am Rande der AN EINEM TISCH: JOACHIM ausmachen. Veranstaltung kam es zum ersten STREICH, GERD MÜLLER UND ausführlichen Gedankenaustausch TONI POLSTER (OBEN). „Was ihr auf dem grünen Rasen ge- zwischen Bayerns Erfolgscoach BEGRÜSSUNG DER ZAHL- leistet habt, das ist viel wichtiger und und seinem Trainer- REICHEN GÄSTE: DFB-PRÄSIDENT wertvoller als alles, was wir Funk­ Nachfolger Pep Guardiola. Bei einem WOLFGANG NIERSBACH (UNTEN).

AKTUELL IM BLICKPUNKT 8 CDN-JAHRESTREFFEN IN MÜNCHEN

TALK UNTER TOP-TRAINERN: JUPP HEYNCKES UND PEP GUARDIOLA.

Einmal mehr war das „Who is who“ mann sowie weiteren Legenden wie VfB Stuttgart meinte: „Ein phänome- des deutschen Fußballs der vergan- Joachim Streich, , nales Fest. Ich habe mich über diese genen 50 Jahre hochkarätig vertre- , , Jür- Einladung gefreut wie ein kleines ten. Die 60er-Jahre zum Beispiel mit gen Nöldner oder Jürgen Sparwas- Kind.“ Und Alfred „Gigi“ Ludwig, der Hans Tilkowski, der Symbolfigur des ser an der Spitze. Aus Magdeburg Generaldirektor des Österreichi- legendären Wembley-Tors bei der war eine große Abordnung, angeführt schen Fußball-Bundes versicherte im WM 1966, oder Hans Cieslarczyk und von Dr. Hans-Georg Moldenhauer, Rückblick: „Vielen Dank, es war toll! Willi Giesemann. Die glorreichen angereist. Und die neunköpfige Vertre­ Unsere Spieler haben die Einladung Siebziger mit Welt- und Europameis- tung aus um Torwart Jürgen sehr genossen. Einige waren bei die- tern wie Gerd Müller, , Uli Heinsch hatte die 900 Kilometer sem Fest wirklich persönlich berührt.“ Hoeneß, Katsche Schwarzenbeck ­gemeinsam im Bus zurückgelegt. und Günter Netzer. Bei einem Fest, dem Ettmayer und Sie alle mischten sich untereinander seine österreichischen Kollegen um Europa- und Vize-Weltmeister wie und plauderten miteinander, wie zum Friedl Koncilia, „Schoko“ Schachner, Karl-Heinz Rummenigge, Karlheinz Beispiel auch mit den DFL-Vorstands- Willi Kreuz, Gustl Starek, Thomas Förster, Hans-Peter Briegel, Bernard mitgliedern Harald Strutz, Peter Parits, , Franz Hasil, Roland Dietz oder Hansi Müller repräsen­ ­Peters und Andreas Rettig. Otto Reh- Hattenberger oder natürlich Toni tierten die erfolgreichen achtziger hagel war ein ebenso gefragter Ge- Polster diesmal eine ganz besondere Jahre. Die Helden der siegreichen sprächspartner wie Rainer Calmund. Note und Stimmung verliehen. Beim WM 1990 waren mit Klaus Augentha- Mit dem seit langem in München be- CdN-Jahrestreffen in München, ler, An­dreas Brehme, Jürgen Kohler, heimateten und Jürgen ­einem Ort des Beisammenseins und Uwe Bein oder eben- Nöldner fanden zwei gebürtige Ber­ einem Anlass zur Erinnerung der so hochrangig vertreten wie die liner beim Smalltalk zueinander. ganz besonderen Art. ­Ikonen des EM-Triumphs von 1996 „Meine Großeltern haben in Prenz- Wolfgang Tobien mit , oder lauer Berg gewohnt, und ich habe als Andreas Köpke. Und nicht zu ver­ Fußballer einst bei Minerva 93 in gessen die jüngere Generation um Berlin mit dem Fußball angefangen“, ­ihre Aus­hängeschilder Jens Leh- erzählte der Vize-Weltmeister von mann und Michael Ballack, den Vize- 1966 und WM-Dritte von 1970 dem Weltmeister von 2002 (siehe Extra­ großartigen Spielmacher des DDR- story auf Seite 31). Bronzeteams bei Olympia 1964. ALPEN-TRIO: FRIEDL KONCILIA, FRANZ HASIL UND ­ROLAND Nicht minder ausgeprägt war die „Diese alljährliche Zusammenkunft HATTENBERGER (OBEN). ­Prominenz der ehemaligen DDR-­ ist wie ein Klassentreffen. Einfach TORWART- UND ABWEHRLEGENDEN: Nationalspieler um die Olympiasieger ­eine tolle Sache“, sagte Pierre Litt- HANS-JÜRGEN DÖRNER, KLAUS von 1976 mit Dixie Dörner, Jürgen barski. Buffy Ettmayer, der frühere ­AUGENTHALER, JEAN-MARIE PFAFF Croy, und Martin Hoff- österreichische Nationalspieler des UND ANDREAS BREHME (UNTEN).

AKTUELL IM BLICKPUNKT 10 CDN-JAHRESTREFFEN IN MÜNCHEN Münchner G’schichten

FLAVIO BATTISTI, ANDREAS KÖPKE

JÜRGEN NÖLDNER, OTTO FRÄSSDORF

JÜRGEN SPARWASSER MIT EHEFRAU,

BERND PATZKE, HANS-GEORG SCHWARZENBECK

JONNY OTTEN, JIMMY HARTWIG

THOMAS KROTH, PIERRE LITTBARSKI 11

KARL ALLGÖWER, BERND DÖRFEL

MANFRED RITSCHEL,

RUDI BOMMER, THOMAS KROTH

OTTO REHHAGEL

HANSI MÜLLER, MANFRED SCHWABL AKTUELL IM BLICKPUNKT 12 CDN-JAHRESTREFFEN IN MÜNCHEN Münchner G’schichten

GUSTL STAREK, GEORG VOLKERT, JOHANN ETTMAYER

UWE BEIN

KARLHEINZ FÖRSTER,

FRANCO FODA

DR. HANS-GEORG MOLDENHAUER, WOLFGANG SEGUIN, JOACHIM STREICH, MARTIN HOFFMANN, MANFRED ZAPF

JÜRGEN KOHLER, RAINER CALMUND 13

EBERHARD VOGEL, RAINER SCHLUTTER

WALTER SCHACHNER, BERND PATZKE, THOMAS PARITS

OLIVER KAHN

HANS SIEMENSMEYER, HORST TRIMHOLD

KARLHEINZ FÖRSTER, HANS-PETER BRIEGEL, JOHANN „BUFFY“ ETTMAYER AKTUELL IM BLICKPUNKT 14 INTERVIEW MIT FRANZ BECKENBAUER

Franz Beckenbauer über Philipp Lahm, 100 Länderspiele und die Rolle als Kapitän

„Ein kleiner Kerl als große Persönlichkeit“

Franz Beckenbauer bestritt 1976 als erster deutscher Fußballer sein 100. Länderspiel. Seit dem WM-Qualifikationsspiel gegen Österreich am 6. September 2013 in München gehört Philipp Lahm als elfter Spieler dem Club der Hunderter an. Dass Beckenbauer und bislang auch Lahm alle ihre Länderspiele in der Startformation begannen, was ansonsten nur Jürgen Kohler gelang, ist nicht die einzige Gemeinsamkeit der beiden gebürtigen Münchner. Im CdN-Interview mit dem „Kaiser“ wird aber auch der eine oder andere Unterschied ­zwischen dem heutigen und dem früheren Kapitän der deutschen Nationalmannschaft deutlich.

CdN-Magazin: Philipp Lahm im 100 Länderspiele – was bringen sie ­leichter, auf 100 Länderspiele zu kom- kleinen Kreis der Hunderter. Was zum Ausdruck, wofür stehen sie? men. Früher war dies kaum möglich,­ sagen Sie zum neuen Mitglied in weil es weniger Länder­spiele pro Jahr diesem exklusiven Club? Franz Beckenbauer: Philipp Lahm gab. In den 60er- und noch in den verkörpert alles, was einen Spieler zu 70er-Jahren waren zehn und mehr Franz Beckenbauer: Dazu kann ich 100 und in seinem Fall sicherlich Länderspiele pro Jahr die Ausnahme. ihm nur aufrichtig gratulieren. Auch noch weitaus mehr Länderspielen Inzwischen sind 15 und mehr Be­ zu dem perfekten Timing, dass er befähigt. 100 Länderspiele stehen gegnungen vor allem in Jahren mit dieses Jubiläum kürzlich in seiner für Konstanz, für gute Leistungen großen Turnieren die Regel. Ich hatte Geburtsstadt München und in seinem vor allem im Klub, weil du ja nur dann das Glück, dass ich während meiner Heimstadion feiern konnte. in die Nationalmannschaft berufen zwölf Jahre im ­Nationalteam fast alle wirst. Es ist sicherlich nicht einfach, ­Länderspiele mitmachen konnte. Glück Sie waren der erste deutsche Natio­ heute in den Kreis der Nationalmann- heißt in diesem Fall, dass man ver­ nalspieler mit 100 Länderspielen. schaft zu gelangen. Weil die Auswahl letzungsfrei und damit in Form bleibt. Welche Erinnerung haben sie an an guten Spielern viel größer gewor- dieses Jubiläum am 20. Juni 1976? den ist und es eine unglaublich starke Deshalb sind einige hochklassige Leistungsdichte gibt. Das heißt, du Nationalspieler wie zum Beispiel Franz Beckenbauer: Zu jenem Zeit- musst schon ein besonderer Spieler zuletzt Michael Ballack mit 98 oder punkt konnte von einer Feier leider sein, um berufen zu werden. früher Karl-Heinz Rummenigge mit keine Rede sein, weil wir damals das 95 Länderspielen kurz vor dem EM-Endspiel 1976 in Belgrad gegen Und dann? Hundertsten gestoppt worden? die Tschechen verloren haben. Im Elfmeterschießen – wobei der Ball, Franz Beckenbauer: Dann wird es Franz Beckenbauer: Genau. Des­ den Uli Hoeneß in den Nachthimmel einfacher. Wenn du nämlich einmal wegen finde ich es bei Philipp Lahm schoss, wohl noch heute dort unter- drin bist im Nationalteam und dich besonders eindrucksvoll, dass er den wegs ist (lacht). dort halten kannst, ist es etwas schweren Rückschlag 2005 über- wunden und seinen Stammplatz War für Sie Philipp Lahms ein- ­zurückerkämpft hat. 2004 war er drucksvolle Karriere schon bei ­gerade erst Nationalspieler gewor- ­seinem ersten Länderspiel abzu­ den und konnte dann 2005 das ganze sehen? Jahr lang wegen schlimmer Verlet- zungen überhaupt kein Länderspiel Franz Beckenbauer: Natürlich noch bestreiten. Bei seinem Comeback nicht. Er war ja damals, wie auch ich kam ihm sicherlich auch seine Kör- bei meinem Länderspieldebüt 1965, perstatur zugute. Je wendiger du bist gerade erst 20 Jahre alt mit nur ein und je leichter, desto einfacher ge- paar Bundesligaspielen. Es gibt nur lingt es dir, wieder zurückzukommen. ganz wenige Spieler, bei denen man eine solche Karriere auf Anhieb Welchen besonderen Stärken und ­voraussagen kann. Bei Pelé oder bei Voraussetzungen verdankt Lahm Johan Cruyff war das der Fall. Der darüber hinaus diese Dauerleistung? Philipp ist ja, mit ihnen verglichen, kein spektakulärer Spieler und auch Franz Beckenbauer: Ganz sicher kein Torjäger. Seine Stärken, seine Mit Lahms Jubiläum verbindet sich ­seiner Vielseitigkeit und Spielinte­l­ Qualitäten sind seine Ausgeglichen- die eindrucksvolle Feststellung, ligenz. Ganz besonders aber seiner heit in allen fußballerischen Be­ dass er alle seine bisherigen Län- Konstanz. Ich kenne keinen Spieler, reichen. Man sieht bei ihm keine derspiele in der Startformation der seit Jahren so beständig auf Schwächen. Er spielt nie schlecht. ­begonnen hat. Das haben vorher ­hohem Niveau spielt wie er. Keinen Egal, auf welche Position man ihn mit nur Jürgen Kohler und Sie selbst einzigen! Natürlich gibt es auch bei seiner Vielseitigkeit stellt. Die einzige geschafft. Genoss und genießt er ihm hin und wieder Formschwankun- Position, für die er nicht in Frage bei seinen bisherigen Teamchefs gen. Doch die sind ganz minimal und kommt, ist der Torhüter. Weil: Dafür und Bundestrainern ein beson­ nur von Experten festzustellen. wäre er zu klein (lacht). deres Vertrauen? AKTUELL IM BLICKPUNKT 16 INTERVIEW MIT FRANZ BECKENBAUER

Franz Beckenbauer: Er ist als Spiel- Zuspieler ist, der die Offensivspieler, führer ein echter Anführer, der mit speziell die Stürmer, in Szene setzt Leistung vorangeht, in kämpferischer und in Ballbesitz bringt. Wenn ich und spielerischer Hinsicht ein wirk­ jetzt richtig darüber nachdenke, gibt liches Vorbild ist. Vielleicht war ich es in der Tat viele Gemeinsamkeiten als Kapitän ein bissel lauter und in unserer grundsätzlichen Spiel­ ­unbequemer. auffassung.

Wie würden Sie Lahms Führungs- Sehen Sie bei Lahm die Chance, stil also beschreiben? neuer Rekordnationalspieler des DFB zu werden? Franz Beckenbauer: Kapitän werden und bleiben kannst du in der Natio- Franz Beckenbauer: Philipp Lahm nalmannschaft nur durch Leistung. blickt auf eine fantastische Karriere Der Philipp beeindruckt nicht mit beim FC Bayern und DFB zurück. ­großen Gesten und lauten Worten Vor allem aber hat er mit seinen auf dem Spielfeld, ist aber trotzdem 29 Jahren noch etliche erfolgreiche ein absolut durchsetzungskräftiger Jahre vor sich. Ich traue ihm zu, Kapitän. Ein kleiner Kerl als große dass er in den nächsten vier Jahren Persönlichkeit, die durch Leistung Deutschlands Rekordnationalspieler ERSTER „100ER“ DES DFB: DER „KAISER“ glaubwürdig ist und damit überzeugt. wird. Wenn es einer schafft, Lothar ABSOLVIERTE ZWISCHEN 1965 UND 1977 Was heute, im Gegensatz zu früher Matthäus mit dessen 150 Länder- 103 LÄNDERSPIELE. mit dem damaligen Leistungsgefälle, spielen zu überholen, dann ist es angesichts einer durch die Bank mit Lahm. Natürlich hat auch Klose mit hervorragenden Spielern gleich­ seinen 130 Länderspielen eine große Franz Beckenbauer: Klar, weil an- mäßig besetzten Mannschaft sicher- Chance. Doch der Miro ist schon 35, fangs Rudi Völler, danach Jürgen lich nicht einfach ist. und wir wissen nicht, ob er nach Klinsmann und jetzt Jogi Löw genau der WM in Brasilien weitermacht im wussten und wissen, was sie an ihm An welches der bisherigen Lahm- Nationalteam. Irgendwann wird der hatten und haben. Auf seine Zuver- Länderspiele erinnern Sie sich Philipp meiner Meinung nach, so oder lässigkeit und Zielstrebigkeit war ganz besonders? so, Rekordnationalspieler werden. ­immer Verlass. Umgekehrt spürt Ihm traue ich es am ehesten zu. man bei Philipp Lahm, dass er es Franz Beckenbauer: Gerade weil ­genießt und sich freut, im National- Philipp Lahm alle seine Länderspiele Im Gegensatz zu Ihnen vermisst team zu spielen. Auch, weil dort auf hohem und höchstem Niveau man bei Philipp Lahm als Mitglied alles stimmt und Jogi Löw einen ­absolviert, gibt es kaum eine Begeg- im Klub der Hunderter noch die ­hervorragenden Job macht. nung, die ich besonders in Erinnerung Krönung seiner Karriere. Oder? habe. Unvergessen ist natürlich das Das Amt des Kapitäns ist eine Eröffnungsspiel bei der WM 2006 Franz Beckenbauer: Mit dem FC ­weitere Gemeinsamkeit. Wie übt in München gegen Costa Rica. In Bayern hat er ja alles an Titeln und er diese Rolle im Vergleich mit ­unserem WM-Organisationskomitee Triumphen erreicht. Der National- ­Ihnen aus? haben wir alle auf einen guten Start mannschaft aber blieb mit Philipp unserer Mannschaft gehofft. Da war Lahm trotz guter Leistungen bei den es der Philipp, der mit seinem fulmi- vergangenen EM- und WM-Turnieren nanten Tor zum 1:0 den Bann brach der ganz große Erfolg bisher versagt. und mithalf, dass dieses Turnier In Brasilien unternehmen sie ge- sportlich und für uns alle auch meinsam nun einen neuen Anlauf. ­atmosphärisch so toll verlief. Ich schätze die Chancen, dass es endlich klappt, als sehr hoch ein. Als vielseitige Defensivspieler Wenn eine Mannschaft aus Europa stößt man bei Ihnen beiden auf bei der WM im nächsten Jahr in Süd- ­etliche Gemeinsamkeiten ... amerika Weltmeister wird, dann ist es nicht Spanien, der Titelverteidiger. Franz Beckenbauer: Wobei ich mehr Dann wird es unsere Mannschaft im Zentralbereich spielte und er sein, die ich dort auf einem Höhe- ­häufiger auf den Außenpositionen punkt ihrer Entwicklung erwarte. Mit agiert. Ich sehe mich vielleicht etwas einem starken Kapitän Philipp Lahm. anders. Obwohl, auch der Philipp ist einer, der nach vorne geht, der ein Interview: Wolfgang Tobien AKTUELL IM BLICKPUNKT 17 ABSCHIEDSSPIEL TORSTEN FRINGS

Viel Prominenz beim Abschiedsspiel von Torsten Frings

16 Tore und große Emotionen

Mit vielen Toren und großen Emotionen hat Torsten Frings seine aktive Karriere am 7. September 2013 endgültig­ beendet. „Ich bin überwältigt“, sagte der sichtlich bewegte frühere Nationalspieler und Vizeweltmeister von 2002 nach seiner Auswechslung im Abschiedsspiel zwischen den Werder­ All-Stars und Frings & Friends (9:7) vor 40.000 Zuschauern­ im ausverkauften Bremer Weserstadion.

„Hey Papa, jetzt ist Schluss“, forderte fühle beim hanseatischen Publikum. 119 Tage nach seiner Trennung vom seine Tochter Lena-Alina Frings via Mit ihnen sorgten weitere ehemalige SV Werder betrat der Coach, mehr Stadionmikrofon, ihre Schwester Weggefährten wie der deutsche Re- als 14 Jahre lang Cheftrainer an der ­Lisa-Katharina ergänzte unmiss­ kordnationalspieler Lothar Matthäus, Weser, seine alte Wirkungsstätte – verständlich: „Es wird Zeit, dass du der langjährige Nationalmanschafts- gelöst wie ganz, ganz selten und runterkommst.“ Und weil 40.000 Kapitän Michael Ballack oder For- ­gefeiert wie kaum zuvor. „Es war ein ­Zuschauer Ohrenzeugen dieser ulti- mel-1-Rekordweltmeister Michael Abend, wie er so noch nicht statt­ mativen Aufforderungen geworden Schumacher für ein Fußball-Festival. gefunden hat und den es in Bremen waren, hatte Vater Torsten keine Und über allem: Thomas Schaaf. noch nicht gab. Aber Torsten hat ihn Wahl. In einem kleinen Lichtkegel absolut verdient“, sagte der 52-Jährige. drehte das Trio Arm in Arm eine Der WM-Teilnehmer von 2002 und ­Ehrenrunde durch die abgedunkelte 2006 absolvierte 402 Bundesliga­ Arena, und nicht nur bei so manchem spiele für Werder Bremen, Borussia Besucher wurden die Augen feucht. Dortmund und Bayern München. ­Danach spielte er noch für den FC Für viele Fans von Werder Bremen Toronto in der nordamerikanischen war das Farewell des 79-maligen Profiliga. Der 36-Jährige ist aktuell Nationalspielers im ausverkauften Co-Trainer von Werders U 23-Mann- Weserstadion mehr als das Ende schaft und will in Kürze seinen ­einer großen Spielerkarriere. Elf ­Trainerschein machen. ­Jahre lang prägte Frings zunächst als Mittelfeldspieler, später auch als Michael Ballack macht sich keine Kapitän, die erfolgreichste Dekade Sorgen um die Zukunft seines lang- der grün-weißen Vereinsgeschichte. jährigen Kumpels: „Man braucht ein , Diego, Ailton, Naldo, bisschen Zeit zur Neuorientierung, , , Frank Bau- ich spreche da aus Erfahrung. Aber mann, , Fabian Ernst – Torsten wird den für ihn richtigen sie alle bewirkten nostalgische Ge- Weg wählen.“ SERIE SCHLÜSSELSPIELER (TEIL 5) 18 ZENTRALES OFFENSIVES MITTELFELD

EINFÜHRUNG: Vom alles dominierenden Strategen zum kreativen Allrounder des 21. Jahrhunderts

Leiser Ausklang am Dirigentenpult

Während der Entwicklung des Fußball haben sich Schlüsselpositionen herausgebildet, auf denen das dem Spiel von Natur aus innewohnende Risiko und seine Fehlerhaftigkeit mini- miert und das eigentlich nicht Vorhersehbare einem planbaren Ergebnis zugeführt werden soll. Zuständig­ hierfür sind die Schlüsselspieler. Akteure, die zum einen für das unerlässliche ­Zusammenwirken der verschiedenen Mannschaftsteile sorgen und damit für die funktio­ nierende taktische Organisation große Verantwortung tragen. Die zum anderen aber auch mit ihrem Talent, ihrer Persönlichkeit und Erfahrung die besondere Dramaturgie und Ästhetik sowie die Effizienz eines Fußballspiels prägen und dabei entscheidende Impulse geben.

Im fünften Teil unserer Serie wird macher , einer der Mit ihm fiel und kollabierte es aber deutlich, dass keine andere Aufgabe besten seiner Art. Wolfgang Overath auch, wenn er als alles dominieren- im Fußball in den vergangenen drei war, wie Fritz Walter, , der Stratege mit seinen Eingebungen Jahrzehnten einen solch inhaltlichen Günter Netzer oder Bernd Schuster, das Spiel nicht lenken konnte, weil Bedeutungswandel erfahren hat wie wie , Jürgen Grabowski, ihm mal die nötige Tagesform fehlte die Schlüsselposition im zentralen Uwe Bein oder in ihren späteren oder weil er von seinen Kontrahenten offensiven Mittelfeld. Der Wandel ­Jahren Pierre Littbarski und Lothar aus dem Spiel genommen wurde. vom alles bestimmenden Spiel­ Matthäus, der „Zehner“ an sich. Auch macher zum offensiven Teamwork wenn er und andere der großen Diese totale Abhängigkeit vom mit verteilten kreativen Rollen. ­Regisseure nicht immer das Trikot ­Denker und Lenker des Teams, von mit der 10 getragen haben. dem Overath mal sagte, „es konnte „Der klassische Spielmacher war der nur einen geben in der Mannschaft“, absolute Mittelpunkt des Spiels. Nur Der klassische „Zehner“ als Lieb- hat die Überfigur in der Regiezentrale er hat entschieden, ob das Spiel ver- lingsspieler der Feingeister und Äs- allmählich verschwinden lassen. zögert werden musste oder ob es mit theten war Ausdruck eines Zeit­alters, Nicht mit einer Palastrevolution des einem Steilpass schnell weiterging. als im Fußball dem Genie die totale untergeordneten Führungspersonals Er war der wichtigste Spieler der Priorität zugebilligt wurde. Mit ihm oder durch einen Aufstand der Mannschaft“, so der einstige Spiel- stand und triumphierte das Team. ­kämpfenden Truppe. Es war der 19

„MEISTER DES TÖDLICHEN PASSES“: TECHNISCHE BRILLANZ, ÜBERSICHT UWE BEIN IM JAHR 1993. UND TORDRANG: MARIO GÖTZE.

schrittweise Wandel der taktischen auf dieser Königsposition im früheren ­Fußball des 21. Jahrhunderts starke Systeme während der vergangenen DDR-Fußball mit ihren Schlüssel­ Persönlichkeiten mit Führungsqua­li­ drei Jahrzehnte, die den „schlei­ figuren ausgesehen hat. täten wie beispielsweise Michael Bal- chenden Tod auf dem ­Feldherrenhügel lack unverzichtbar. Und: Um die tak­ bewirkte.“ So Bernd Nickel, der her­­- Wie immer sich das strategische tischen „Kaputtmacher“ des Spiels zu vorragende Spielmacher des groß­ ­Zahlenwerk im modernen Fußball über­listen, sind Spielwitz, technische artigen Offensivfußballs der Frank- darstellt, ob 4-3-3, 4-5-1, 4-2-3-1 Brillanz, Übersicht und Tordrang – bei- furter Eintracht während der 70er- oder 4-4-2, ob mit Raute oder Dop- spielsweise die eines ­Thomas Häßler, und anfänglichen 80er-Jahre, zum pelsechs – das Mittelfeld ist keine Andy Möller, Bernd Schneider, Mario leisen Ausklang am Dirigentenpult. Durchgangsregion mehr, in dem die Götze oder Mesut Özil – gefragt wie eh Auf den folgenden Seiten analysiert absolute Zentralfigur die Weichen und je. Allerdings nicht mehr wie einst Roland Zorn, der langjährige Fußball- stellt. Stattdessen ist dort eine mit klar abgestimmten Besetzungs- chef der FAZ die Entwicklung im ­Gruppe multifunktionaler Akteure schemata unter dem Kommando des ­zentralen offensiven Mittelfeld, erin- permanent in Bewegung und treibt das einsamen Strategen auf dem Feld­ nert der preisgekrönte Journalist Spiel mit fliegenden Positionswech- herrenhügel, sondern viel mehr als ein ­Oskar Beck an den Mythos und Zau- seln und immer effektvolleren „flan­ Spiel ohne Grenzen für jeden einzelnen ber der einstigen großen „Zehner“ kierenden“ Maßnahmen nach vorne. im Offensivbereich des Mittelfelds. und beschreibt Willy Seliger, wie es Dennoch sind und bleiben auch im Wolfgang Tobien SERIE SCHLÜSSELSPIELER (TEIL 5) 20 ZENTRALES OFFENSIVES MITTELFELD

Als die Genies in der Schaltzentrale noch freie Hand auf dem Spielfeld hatten

Netzer, Overath und der Zauber der „10“

Der klassische Zehner war lange die Königsposition des Fußballs. Pelé und Maradona. Fritz Walter, Overath und Netzer. Platini oder Zidane. Magath oder Balakov. Sie waren, auch wenn sie nicht alle und immer die „10“ trugen, in der Zentrale des offensiven Mittelfelds alles auf einmal. Feldherr, Ballverteiler und Vollstrecker, also salopp gesagt Denker, Lenker und Henker. Sie waren großes Kino und vollendete Kunst. Heute regieren im modernen ­ Fußball statt der stolzen Zehner jetzt andere. Doch ihr Mythos lebt.

Wenn Herbert Grönemeyer nicht ein Spiel lesen, aber auch entschei- diese Zahl einfing, die alles erklärte – Schauspieler („Das Boot“) und Sän- den. Man frage nach bei Juventus die „10“. Es war, als hätte die Regie ger („Bochum“) geworden wäre, Turin. Und weil der glückliche Felix den Reset-Knopf ins vorige Jahr­ ­hätte er es vermutlich mit seiner das alles konnte, trug er auf dem tausend gedrückt – denn genauso ist drittliebsten Kunst versucht: „Mein ­Rücken diese Zahl, die schon in den schon König Pelé gehüpft. Traum“, hat er verraten, „war es alten Schriften des Spiels erwähnt ist, ­immer, Fußballer zu sein. Einmal als Erkennungsmarke der genialen „Sogar der Ball bat Pelé um ein Auto- ­eingewechselt werden vor 50.000, Strategen und großen Feldherren. gramm“, hat in jener glorreichen Zeit dann ein guter Trick ...“ Wir reden vom Zauber der „10“. ein nach Luft japsender brasilia­ nischer Reporter verkündet und Wer so viel Herz hat, den belohnt der Diese Magie geht so weit, dass sich ­vermutlich den WM-Endspielball von Fußballgott. Eines Abends kreuzte sogar Linksaußen dieser Nummer 1958 gemeint. Ein Geschichtsschrei- bei einem Grönemeyer-Konzert plötz- bisweilen bedienen, um den Spielwitz ber notierte damals in Stockholm: lich Felix Magath auf, schenkte dem mit dem Torinstinkt und die Genialität „Die Zuschauer sperrten Mund und Musiker ein Trikot mit der „10“ und mit dem Wahnsinn zu verbinden – Augen auf. Das war Fußball wie Jazz- sagte: „Du bist der richtige Kracher wie Neymar diesen Sommer beim musik, aber ohne Noten – nur nach für diese Position.“ Confederations Cup. Nach jedem dem Ohr, mit dem Herz, dem Gefühl. ­seiner Streiche streckte der brasilia- Es war Schaubühne. Varieté. Hexe- Magath war selbst so ein Kracher. nische Wunderknabe den Zeigefinger rei.“ Und die Krönung des Zaubers Als HSV-Feingeist konnte er jeden zum Himmel, und die Engel legten war dieser Wunderknabe mit der „10“ Trick und Zuckerpass, er war mit dem ergriffen die Harfen beiseite, wenn und Schuhgröße 38. Es waren die Ball per du und laufstark, hatte er zur Seitenlinie hüpfte und die Latschen eines großen Kindes. ­Augen vorne und hinten und konnte Großbildkamera auf seinem Buckel Er war 17. Von da an war Fußball 21

UNERMÜDLICHER ANTREIBER: WOLFGANG OVERATH IM WM-FINALE 1974.

MITTELFELD-STRATEGE ZUM EM-TITEL 1972: DER GLADBACHER GÜNTER NETZER.

mehr als ein Spiel im Gras. Fußball, ­abgedankt. Fritz Walter war 38, und ­sorglosen Helmut Rahn auf die Bude, das war jetzt Pelé. die meiste Zeit davon hatte er ver- den „Boss“, eine Stimmungskanone. bracht als die Verkörperung des „Helmut“, sagte der Chef, „baue Se Pelé war das achte Weltwunder. ­klassischen Zehners (auch wenn er mir den Fritz auf“. Also hat der Boss Als fußballverrückte Buben haben „versehentlich“ immer wieder mal die Ungarn vor dem WM-Endspiel wir uns diesen Edson Arantes do mit der „8“ auflief), als Stratege, 1954 tagelang klein geredet – und als Nascimento fehlerlos auf der Zunge ­Ballverteiler und Schütze. „Meister- am Mittag auch noch Walters Lieb- zergehen lassen. Er war komplett. haft hat er einem Spiel seinen lingswetter einsetzte, kurz: es schiff- Er schlug die besten Haken, die per­ ­Stempel aufgedrückt“, pflegte Sepp te, tönte der Boss: „Fritz, die putzen fidesten Freistöße, die filigransten Herberger zu sagen. wir weg.“ Der Rest ist bekannt. Pässe, er hantierte beidfüßig und hielt zum Kopfball die Stirn hin. Als er In die Heldengalerie des Welt­ Als in jenen Zeiten das Fernsehen am Ende des Tages Weltmeister war, fußballs hat es der Pfalzgraf vom seinen Siegeszug antrat, hat man heulte er an der Brust von Torwart Betzenberg geschafft, obwohl er auch bald die Zeitlupe erfunden, um Gylmar Rotz und Wasser. Und Mutter das Berufsrisiko vieler Künstler und die Welt in den vollen ästhetischen B. musste ihrem Buben daheim in Kreativen teilte – er konnte an sich Genuss dieser Ideengeber, Pelés und Deutschland eine „10“ auf ein Turn- zweifeln, ja mitunter geradezu ver- Alleskönner zu bringen, die mit ihrem leibchen nähen. zweifeln unter dem Druck der Ver- peripheren Blick und dem Gefühl für antwortung, die auf einem lastet, er den Raum auf alle Fragen eine Antwort Exakt in jenen historisch wertvollen weiß: Das Team steht und fällt mit hatten, vom aus der Hüfte geschüt- WM-Tagen anno 1958, als Pelé sich mir. Doch Herberger, der Bundes­ telten Scherenschlag bis zum töd­ krönen ließ zum König in der Zentrale trainer, fand das Rezept: Er legte lichen Steilpass oder einem finalen, in der Offensive, hat sein Vorgänger ­seinem grandiosen Grübler den die Dreiangel geschnibbelten Freistoß. SERIE SCHLÜSSELSPIELER (TEIL 5) 22 ZENTRALES OFFENSIVES MITTELFELD

ZEIGT DIE RICHTUNG AN: FÜR VIELE IST PELÉ DENKER UND LENKER DER 54ER-WELTMEISTER: NOCH IMMER DER BESTE FUSSBALLER ALLER ZEITEN. FRITZ WALTER IM DUELL MIT GYULA LORANT.

Auch Alfredo di Stefano, der „Blonde wärtiger Dominanz und kaltschnäu­ Erzählen wir kurz die Anekdote Pfeil“, war so ein Denker, Lenker ziger Torgefahr hat man erst wieder aus jener deutschen Dreikönigszeit: und Henker. Der Aktionsradius des bei Johan Cruyff erlebt. Der Jaguar E gehörte zunächst Argentiniers war grenzenlos, er war ­Günter Netzer („Das schönste Auto der Drahtzieher aller Angriffsmanö- „Grazie einer Primaballerina, der Welt“). Für 10.000 Mark ver­ ver des ersten „weißen Balletts“ von Intelligenz eines Einstein“ kaufte der den flotten Flitzer an Real Madrid, das von 1956 bis 1960 Franz Beckenbauer. Dann, erinnert fünf Mal Europacupsieger wurde. Der Holländer war offiziell Mittel- sich Netzer immer wieder gern, ist Über jenen Sturm – Canario, del Sol, stürmer, regierte als „König Johan“ ­Folgendes passiert: „Am nächsten di Stefano, Puskas, Gento – schrieb mit der „14“ auf dem Buckel aber Morgen ruft der Franz mich an und ein Bewunderer hymnisch: „Man überall, schlug vorne zu, ließ sich tobt: „Günter, du bist ein Betrüger! muss sich vorstellen, Bach, Mozart, ­zurückfallen, servierte wie auf dem Es regnet rein, und die Bremsen funk- Beethoven, Haydn und Händel hätten Tablett seine Pässe, bestimmt das tionieren nicht.“ Ich habe ihm ge- alle zusammen für den Fürstbischof Tempo, und Weltmeister ist er 1974 sagt: Franz, was willst du, es ist ein von Salzburg komponiert. Zur glei- nur deshalb nicht geworden, weil eng­lisches Auto? Da hat er dieses chen Zeit, das gleiche Concerto, am Bundestrainer Helmut Schön vor ­wunderschöne Auto für 8.000 Mark gleichen Klavier. Mit Brahms auf der dem Endspiel zu seinem Terrier sag- an Wolfgang Overath verkauft. Und Reservebank.“ te: „Na, Berti?“ „In Ordnung. Herr was macht dieser Ignorant? Er lässt Schön“, nickte . den Jaguar lila lackieren. Lila! Da hat Alfredo di Stefano war Beethoven in man entzündete Augen gekriegt.“ jenem Ensemble. Vor allem beim Es lag aber auch an Wolfgang 7:3 gegen Frankfurts Eintracht vor ­Overath, den man den „linken Fuß Netzer war einen Hauch genialer, 120.000 Fassungslosen im 1960er- von Kölle“ nannte und über den eine aber an seinen schwächeren Tagen, Landesmeister-Finale in Glasgow. Er ­brasilianische Zeitung hingerissen so ein meckernder Kritiker, durchaus trug die „9“, der Ungar Puskas ­neben schrieb: „Er hat die Grazie einer Prima- auch mal „ein Rolls Royce mit dem ihm die „10“, aber umgekehrt wäre ballerina und die Intelligenz eines Motor eines Rasierapparats“ – wäh- richtiger gewesen, denn noch breiter Einstein.“ Jedenfalls war er so gut, dass rend Overath schwache Tage (fast) als sein Scheitel war das Feld, das er wir in der Schaltzentrale eines Tages nie hatte, keine Drecksarbeit scheute beackerte. Diese seltene Mixtur aus ein Luxusproblem bekamen: Overath und wie ein Geißbock galoppierte. raumgreifender Eleganz, allgegen- oder Netzer? Mercedes oder Jaguar? „Der Wolfgang“, sagte Beckenbauer, 23

MIXTUR AUS GENIALITÄT UND KALTSCHNÄUZIGKEIT: LAUFSTARKER FEINGEIST: FELIX MAGATH IM JOHAN CRUYFF IM WM-ENDSPIEL 1974. WM-HALBFINALE 1986 GEGEN FRANKREICH.

„reißt uns immer mit“. Schon bei der übrig von der spießigen Enge der Trainerlegende Cesar Luis Menotti: WM 1966: Angesichts des Mittelfeld- Nachkriegszeit. Spielmacher war „Was Diego mit den Füßen kann, trios Beckenbauer – Haller – Overath gar kein Ausdruck mehr – er war schaffen wir Sterblichen nicht einmal läuteten damals die Kirchenglocken, ­unser Playboy. mit den Händen.“ Als später der All- ergriffen vom Hauch der Einmaligkeit. mächtige dem Begnadeten auch noch Die beeindruckendste Erin­nerung ist Die Genies hatten noch freie Hand. die Hand Gottes reichte, war dem der aber eine Szene aus der 120. Minute Launisch durften sie sein und eigen- ewige Ruf als sagenhafte Gestalt des Wembley-Finales: Beim letzten willig, exzentrisch und extravagant, der Fußballgeschichte sicher. Seine Konter der Engländer, zum 4:2, ist nur oder streitbar wie Bernd Schuster. bekennendsten Jünger gründeten zu Overath noch einmal mit heraushän- Der schwebte als „Blonder Engel“ Ehren ihres Heiligen sogar eine eigene gender Zunge mit nach hinten gerannt. über das Feld. Alles sah mühelos aus. Kirche, die „Iglesia Maradoniana“. Er schüttelte den Ball aus dem Netzer und die neue ­Fußgelenk und legte ihn, wie vor dem Eine Skandalnudel war aber auch er. deutsche Weltoffenheit 1:0 im EM-Finale 1980 gegen Bel­ Und eine Primadonna. Gelegentlich gien, mundgerecht war zu befürchten, dass ihm der Netzer lief kraftsparender. Er konnte „auf die Zunge“. Wenn man Schuster Wurstbelag auf dem Halbzeitbröt- eine Diva sein, aber als „King vom sagt, muss man auch von Magath chen nicht passte. Er hat dann mit Bökelberg“ war er stets großes noch mal kurz reden und darf Hansi dem Kicken jedoch gerade noch Kino. Er war der erste Popstar des Müller nicht weglassen, oder Asgeir rechtzeitig aufgehört – als abzuse- Fußballs, mixte in seiner Disco Sigurvinsson, dessen meisterlichen hen war, dass die Narrenfreiheit der ­„Lovers Lane“ feuchte Drinks, wurde Nachfolger in Stuttgart – und für die Genies und Wahnsinnigen im neuen umzingelt von schönen Frauen, und nächste La Ola sorgten dann die Disziplinfußball keinen Platz mehr wenn er mit flatternder Mähne aus Kreuzgefährlichen und Torhungrigen hatte. Die Räume wurden enger, vor der Tiefe des Raumes kam und mit unter den Zehnern, wie Michel Platini allem für die Feldherren der alten Schuhgröße 47 gegen den Ball trat, und Zico, der Zauberer vom Zuckerhut. Schule. den ihm Berti zugegrätscht hatte, ging die Luftpost ab: Netzers weite Aber vor allem die Hand Gottes. Antrittsschnelle Dynamiker wie Pässe standen für die neue deutsche ­. Schon mit 16 war ­Lothar Matthäus oder ehemalige Weltoffenheit, er schlug sie hem- „El Pibe de Oro“, der Goldjunge, alt ­Flügeldribbler wie Pierre Littbarski mungslos und liberal, da blieb nichts genug für das Lob der argentinischen (der Pionier diesbezüglich war ­Jürgen SERIE SCHLÜSSELSPIELER (TEIL 5) 24 ZENTRALES OFFENSIVES MITTELFELD

GENIALER MITTELFELD- STRATEGE: DER „BLONDE ENGEL“ BERND SCHUSTER.

Grabowski) schlüpften plötzlich ins Knochenbrecher- und Holzfäller- oder spielt die Gegner dicht hinter der Hemd mit der „10“ und gruben den hemd verteufelt worden war. Spitze schwindlig, um der Barrikade klassischen Zehnern das Wasser ab. ihrer Doppel-Sechs zu entgehen. Der Drittletzte war Uwe Bein, der Die glorreichen Zehner der alten Vorletzte Krassimir Balakov – und Schule gaben die Löffel ab. Ronal­ Doch jetzt die gute Nachricht: Der der Letzte der Gott in Frankreich: dinho hat kurz noch mal aufbegehrt, klassische Zehner ist tot, aber wenigs- ­Zinedine Zidane. doch der Realismus des Taktikfuß- tens der Zauber der Zahl lebt peu à balls trieb auch diesen letzten Para- peu wieder auf. Immer mehr Licht­ Der „10er“ ist tot, diesvogel in die Flucht, das Spiel gestalten, die etwas auf sich halten, sein Mythos lebt versank im Nummernchaos. „Die 7 stärken sich damit den Rücken, ist die neue 10“, behauptete eines ­darunter Linksaußen und Vollblut- Der sah noch mal aus wie eine Tages das Fachorgan „kicker“ mit stürmer, denen pingelig betrachtet ­Kreuzung aus dem alten Pelé und Hinweis auf Beckham und Raul. die „10“ gar nicht zusteht, wir sagen dem schlanken Maradona. Zidane Die „doppelte 6“ und die „falsche 9“ nur Julian Draxler, Lionel Messi oder war komplett, und seine Lieblings- kamen auf. Zlatan Ibrahimovic. nummer ging so: Er eroberte an der Mittellinie den Ball, wie beim Wehmut machte sich breit, Trauer- Oder Neymar. Der war immer die „11“, Jojo tanzte der an seinen Füßen – gottesdienste wurden anberaumt. aber dann soll es mit seinem Natio- und irgendwann, wenn die Stolper- Als Nostalgiker war man jedem zä- naltrainer Luis Felipe Scolari zu beine, Rempler und Blutgrätschen hen Alt-Zehner dankbar, der sich ­folgendem Dialog gekommen sein. vor dem gegnerischen Strafraum noch eine Nische suchte, wie der alte Neymar: „Warum trägt Oscar die überhandnahmen, stellte er sich auf Gaucho Roman Riquelme, der Hol­ 10?“ – Scolari: „Er ist unser Spiel­ die Kugel, drehte sich da oben um länder Wesley Sneijder oder Diego macher.“ – „Aber ich bin Neymar“, hat die eigene Achse und schlenzte das in Wolfsburg. Neymar ungefähr geantwortet. Also Runde dann im Umfallen durch die bekam er die „10“. Der Mythos lebt. hohle Gasse zum freien Mann. Und Mesut Özil natürlich. „Er ist die beste 10 der Welt“, hat neulich sein Oskar Beck Bald aber spürte man: Irgendwas alter Real-Trainer José Mourinho ge- stimmt nicht mehr. Denn Zidane, sagt. Notgedrungen zelebriert dieser ­dieser geborene Zehner, trug bei Real junge Deutsche jedoch seine Kunst EINER DER LETZTEN AUS DER plötzlich die „5“ – also ein Trikot, das nicht mehr dort, wo noch Fritz Walter, ZUNFT DER „KLASSISCHEN zu Zeiten unseres unvergessenen Overath und Netzer ihre Kreise dreh- ZEHNER“: WELT- UND EUROPA- Ausputzers noch als ten. Özil weicht auf die Flügel aus MEISTER ZINEDINE ZIDANE.

SERIE SCHLÜSSELSPIELER (TEIL 5) 26 ZENTRALES OFFENSIVES MITTELFELD

Das zentrale offensive Mittelfeld als Terrain für Vielfalt, Dynamik und Mannschaftsgeist

Özil, Götze und die Wandlung der „10“

Die Bühne des privilegierten Ästheten, genialen Solisten und unumschränkten Alleinherr- schers auf der Spielmacherposition ist inzwischen nahezu verwaist. Stattdessen teilen heute mehrere Spezialisten mit unterschiedlicher Qualifikation auf hohem Niveau die Arbeit im ­Kreativzentrum des Teams als Dienstleister untereinander auf. Mit unerlässlicher taktischer Disziplin, perfekter Technik und höchstem läuferischen Aufwand.

Schon als Kind spürte der kleine schmückte ihn dafür im Vereinstrikot Sechser, Achter, Zehner, „falscher ­Mesut Özil, wohin er auf seinem Lieb- von Real Madrid, ehe er diese Edel- Neuner“: Die Regisseure der Neuzeit lingsspielplatz gehörte. „Noch bevor marke des internationalen Klubfuß- leben ihre Kreativität mit unter- der Ball zu mir kam“, hebt der Natio- balls Anfang September 2013 nach schiedlichen Schwerpunktaufträgen nalspieler von heute hervor, „wusste drei Jahren völlig überraschend ver- aus und dürfen doch wie ihre Vorfah- ich, wo meine Kameraden stehen. ließ und zum FC Arsenal in die eng­ ren, die auf vermeintlich einsamer Das ist meine große Qualität, eine lische Premier League wechselte. Höhe mit Geniestreichen und Geis- Art Instinkt, den man nicht lernen tesblitzen die Massen verzückten kann und den ich immer hatte.“ Arbeitsteilung im und den Gegner verwirrten, bei Gele- ­Darum war dem Gelsenkirchener Kreativzentrum genheit Funken und Kapital aus ihrer Sohn türkischer Eltern früh klar, Überdosis an Klasse und Ballfertig- dass er sein „Talent auf der zentralen Özil ist, obwohl ein weltweit aner- keit schlagen. Weil in den zwischen Position als Spielmacher am besten kannter Spiellenker, allerdings nicht Pressing und Gegenpressing ange- entfalten“ könne. „Ich habe“, sagt er der klassische Typ Boss an seinem siedelten 4-2-3-1- oder 4-3-3- oder beim Blick zurück auf seine Fußball- Arbeitsplatz. Das mag auch mit 4-4-2-Systemen von heute kaum laufbahn, „als Stürmer angefangen, ­seinem zurückhaltenden Naturell zu noch exklusiv Platz ist für den von aber die Trainer merkten bald, dass tun haben, rührt aber ebenso aus der seinen Kollegen geschützten Solisten ich auf die Zehn gehöre.“ arbeitsteiligen Spielweise im moder- und Vordenker. nen Fußball. Darin bilden meist meh- Die „10“ als mythische Rücken­ rere Profis das Kreativzentrum eines nummer für den Mann, der sein Spiel Teams: ob in der Funktion des Vor­ zum Wohle aller in der Mannschaft arbeiters mit dem Blick fürs große gestaltet, trägt er in der deutschen Ganze oder in der Rolle des pflicht­ Nationalelf aber nicht. Dort tritt bewussten Künstlers, der sich nicht nur BEGANN ALS STÜRMER UND der Kombinationskünstler mit der als Ideenlieferant, sondern auch als WECHSELTE SPÄTER INS ZENTRALE ­Rückennummer 8 an und auf. Die „10“ Zuarbeiter für das Kollektiv versteht. MITTELFELD: MESUT ÖZIL.

SERIE SCHLÜSSELSPIELER (TEIL 5) 28 ZENTRALES OFFENSIVES MITTELFELD

EINE DER PRÄGENDEN FIGUREN DES DEUTSCHEN MITTELFELDS DER 60ER-JAHRE: DER 2012 VERSTORBENE AUGSBURGER HELMUT HALLER.

Die Bühne der privilegierten Ästhe- Attackieren ihrer Gegenspieler auch scheider mit dem Gefühl für den öff- ten, die wie einst der Mönchenglad- als uneigennützige Dienstleister im nenden Pass, für den Moment, da der bacher Starregisseur Günter Netzer Spiel ohne Ball. Bei den Größen von Gegner ausgespielt oder ausgetrickst mit einem öffnenden Pass die „Tiefe gestern, etwa dem Kölner Wolfgang werden konnte, für die Sekunde, da des Raumes“ überbrücken konnten, Overath, Netzer, dem Niederländer aus dem Spiel ernst wurde. Fähig­ ist heutzutage fast verwaist. Der mo- Johan Cruyff, dem Franzosen Michel keiten, die in Deutschland eine Fülle derne Zehner muss, will er sein Spiel Platini oder später dessen Lands- von Koryphäen an ihrem Arbeits- und durchsetzen, athletisch und läu­ mann Zinédine Zidane, wurde da­ Regieplatz im Stadion besaßen: ferisch dieselben Höchstleistungs­ gegen auf den ersten Blick sichtbar, ansprüche einlösen wie jene Spieler, wer hier der Chef war. Das fing 1954 rund um das „Wunder die einst eine Spur herablassend zu von Bern“ mit dem weltmeister­ Wasserträgern deklariert wurden. Sie hatten das gewisse Etwas in ihrer lichen Strategen Fritz Walter, dem Persönlichkeit und gefielen sich feinfüh­ligen Kapitän der Weltmeister­ Uneigennützige manchmal sogar in ihrer unbestreit- mannschaft, an, setzte sich fort über Dienstleister baren, unangefochtenen Hauptrolle. die 60er-Jahre, die der spätere Die Spielmacher der deutschen ­Libero aller Liberos, Franz Becken- Oft heißt es, dass es den klassischen ­Europa- und Weltmeisterauswahl bauer aus dem Mittelfeld heraus Zehner in dieser Zeit des Ballerobe- 1972 und 1974 konnten, flankiert von prägte wie auch der Augsburger rungsfußballs nicht mehr gebe. Das vorzüglichen Kollegen, auf die jeder- ­Helmut Haller, ging über zur gol­ mag bis auf Ausnahmen so sein, zeit Verlass war, mit ihren Pfunden denen 70er-Generation, zu der auch misst man das Charisma der Zaube- wuchern. So wie sich auch Per­ noch der vor kurzem verstorbene rer von heute an der Magie, die den sönlichkeiten wie Platini, Zidane Kölner Overath-Kompagnon Heinz Strategen von damals zu eigen war. oder dem unwiderstehlichen Diego Flohe zählte, und fand in den 80er- Özil, aber auch der ähnlich geniale Maradona aus Argentinien kaum und 90er-Jahren, gekrönt durch den ehemalige Dortmunder und heutige ­jemand in den Weg zu stellen wagte. Weltmeistertitel 1990, weitere Münchner Mario Götze profilieren Bis weit in die 90er-Jahre blieb genug ­Protagonisten in so unterschied­ sich durch ständiges Rochieren und Raum und Platz für diese Spielent- lichen Spielmachertypen wie Bernd 29

Schuster, Hansi Müller, Felix Magath, ­Offensivaktionen Momente für die und Kopfballstärke, als unermüd­ Uwe Bein, Jürgen Grabowski, Thomas Ewigkeit machen zu können, wie etwa­ licher Kämpfer die Räume zu besetzen Häßler, , Pierre Littbarski beim deutschen 1:0 zum 4:1-Sieg pflegte, in denen Fußballspiele ent- und Lothar Matthäus. über Jugoslawien im ersten Grup- schieden werden. Ballack, in Chem- penspiel bei der WM 1990 in Italien. nitz und Kaiserslautern ausgebildet, Matthäus als Vorbote des in Leverkusen, bei den Bayern und heutigen Spielgestalters Der spätere Libero Matthäus profi- beim FC Chelsea als Anführer hoch- tierte bei seinem Spiel von seiner de- geschätzt, verkörperte in einer Zeit, Matthäus, der sich die „10“ als fensiven Schulung auf der Position da die Nationalmannschaft unter ­Kapitän der Nationalmannschaft des defensiven Mittelfeldspielers. ­kreativen Mangelerscheinungen litt, ­erkämpfte, leitete den Wandel in Dort hatte er die Räume vor sich, in beste deutsche Fußballtugenden. ­punkto Anforderungen an den Mann die er auf dem Weg zu einem Achter Er führte die Nationalmannschaft zu im Mittel­punkt des Spiels ein. Der mit Zehner-Potenzial oft genug ent- Platz zwei bei der WM 2002 in Japan Franke, als Spieler bei Borussia schlossen und unaufhaltsam voran- und Südkorea und quälte sich not- ­Mönchengladbach, dem FC Bayern stürmte. Er war damit auch eine Art falls zum Erfolg. Es war die Zeit, in München und Inter Mailand zu­ Vorbote der Spielgestalter von heute. der für die gestalterische Freiheit nur einem dynamischen Antreiber von So wie später der Sachse Michael wenige Spieler wie der Münchner Weltklasse gereift, brauchte all seine Ballack, der, gesegnet mit einer ex- oder der Lever­ unbändige Kraft, um aus seinen quisiten Technik, Passqualität, Schuss- kusener Bernd Schneider standen.

WELTSTARS AUF DER 10ER- POSITION: DER FRANZOSE MICHEL PLATINI (OBEN) UND DER ARGEN­ TINIER DIEGO MARADONA (UNTEN). SERIE SCHLÜSSELSPIELER (TEIL 5) 30 ZENTRALES OFFENSIVES MITTELFELD

MODERNE INTERPRETATION DER SPIELMACHER-FUNKTION: DER DORTMUNDER ILKAY GÜNDOGAN (OBEN) UND DER MÜNCHNER TONI KROOS (UNTEN).

Erst der Wandel der Systeme und Liebhaber des Spiels erfreut in der leisten und müssen sich möglichst die nach dem Flop bei der Europa- Bundesliga aber zumindest noch ein oft auch an der Defensivarbeit ihrer meisterschaft 2000 deutschland- Regisseur der alten Schule: der Bra- Mannschaften beteiligen. Extratouren weit intensivierte Nachwuchsarbeit silianer Diego, der einst in Bremen oder gar ein Päuschen wie sie den brachten wieder Spieler hervor, die und jetzt in Wolfsburg aus Ideen begabtesten Spielmachern anno sich am Regiepult wohlfühlen. Sei es ­Taten macht und sich dafür auch die ­dazumal zugestanden worden sein mit der Fähigkeit, das Spiel aus dem nötige Zeit nimmt. Eine Gabe, die mögen, sind nicht mehr drin. Hinterland zu entwickeln, gut zu be- auch Hamburgs Holländer Rafael obachten an den Münchnern Bastian van der Vaart an seinen guten Tagen Weil die Ursachen für große Erfolge Schweinsteiger und Toni Kroos oder besitzt. Wie unterschiedlich die im Spitzenfußball nur noch selten an den Dortmundern Ilkay Gündogan ­Zehnerrolle heutzutage interpretiert über individuelle Unterschiede, dafür und Nuri Sahin, sei es in der allseits werden kann, beweist der Frankfurter umso mehr aber über die kollektive bewunderten Artistenrolle des Künst- Alexander Meier, der aus dem zentra- Gemeinschaftsleistung definiert lers auf engem Raum, der seine ge- len Mittelfeld kommend, immer wieder werden, ordnen sich auch die Genies ballte Offensivpower und sein hohes die Lücke findet, Angriffe der Eintracht dieser Tage dem Gesamtauftrag an Tempo, gepaart mit dem Blick für den mit einem Torschuss abzuschließen. ihre Mannschaften unter. Solange tödlichen Pass hinter der oder den ­ihnen dabei genügend Raum bleibt, Spitzen und unterstützt von rasanten Die Zehner von heute sind also eine ihre ganz besondere Klasse aus­ Flügelspielern ausspielt. Mesut Özil heterogene Gesellschaft, die eines zuspielen, genießen sie ihre harte und Mario Götze führen diese Kate- eint: Sie dürfen sich inmitten ihres Arbeit an der Fußballkunst trotzdem. gorie der realen Playstation-Wunder- umkämpften zentralen Operations- knaben mit Vollstreckerquali­täten an. gebiets möglichst keine Ballverluste Roland Zorn SERIE SCHLÜSSELSPIELER (TEIL 5) 31 ZENTRALES OFFENSIVES MITTELFELD

Kaum einer hat den deutschen Fußball und die Mittelfeld-Zentrale seit 2000 so geprägt

Michael Ballack: Kein Typ wie jeder andere

Der „Capitano“ wurde verabschiedet. Im Rahmen des WM-Qualifikationsspiels gegen Öster- reich in München sagten am 6. September 2013 auch der DFB und seine Nationalmannschaft Servus zum langjährigen Kapitän Michael Ballack, der in 98 Länderspielen 42 Tore erzielte, unter anderem Vizeweltmeister 2002 und Vizeeuropameister 2008 wurde sowie dreimal Deutschlands „Fußballer des Jahres“ war. Und mit seiner Spielweise und Torgefährlichkeit markante Spuren im zentralen offensiven Mittelfeld hinterlassen hat.

Wer die Leistung von Michael Ballack meterschießen im Champions- war gelöst. Es sollte ein lockerer Auf- würdigen will, auf den stürzen die League-Finale 2008, Ballack ver- takt zum Ereignis des Jahres werden. Bilder nur so ein. Da ist der gelockte wandelte und musste mit ansehen, Bundestrainer Joachim Löw begrüß- Jüngling, den 1997 wie am Ende trotzdem Manchester te die Spieler und ihre Familien. Nur in Kaiserslautern erstmals in die United triumphierte. einige Profis, die noch Pokalspiele zu Bundesliga warf. Der verzweifelte absolvieren hatten, fehlten noch. Blick, als Ballack im Jahr 2000 für Es ist leicht, Michael Ballack zu Auch Michael Ballack, der mit Bayer Leverkusen ein Eigentor im ­würdigen. Denn kaum jemand hat ­Chelsea im Endspiel des englischen Spiel in Unterhaching schoss, das die den deutschen Fußball in den ver­ FA-Cups gegen den FC Portsmouth Werkself die Meisterschaft kostete. gangenen 15 Jahren so geprägt wie stand. Dort kam es in der 44. Minute Die wilde Entschlossenheit bei der er, kaum jemand ihn so nach vorne zu einem folgenschweren Zweikampf. Weltmeisterschaft 2002, als Ballack gebracht. Vielleicht sollten wir ­ Im Mittelfeld grätschte Kevin-Prince die deutsche Mannschaft bis ins darum an jener Stelle beginnen, von Boateng den deutschen Spielmacher ­Finale führte – wo er wegen einer ihm zu erzählen, an der eine Verletzung um, mit schmerzverzerrtem Gesicht Gelben Karte aus dem Halbfinale Ballacks die Fußballbegeisterten in musste Ballack ausgewechselt wer- nicht spielen durfte. tiefe Verzweiflung stürzte. den. Schon nach wenigen Minuten kam die Nachricht im sizilianischen Sein überzeugendes Auftreten bei Der 15. Mai 2010 war ein sonniger Trainingslager an. der WM 2006, seine Tränen nach dem Tag auf Sizilien. Die deutsche Mann- Halbfinal-Aus gegen Italien. Seine schaft bereitete sich auf die Welt- Wer verstehen möchte, welchen Erfolge mit dem FC Bayern, der meisterschaft in Südafrika vor, die Stellenwert Michael Ballack zu die- Wechsel zum FC Chelsea, das Elf­ Atmosphäre im Mannschaftshotel sem Zeitpunkt hatte, braucht sich SERIE SCHLÜSSELSPIELER (TEIL 5) 32 ZENTRALES OFFENSIVES MITTELFELD

ABSTECHER AUF DIE „INSEL“: BALLACK IM TRIKOT DES FC CHELSEA.

ERSTER TITEL: BALLACK (2. V. L.) DEUTSCHER MEISTER 1998 MIT DEM 1. FC KAISERSLAUTERN.

nur die Bilder von damals vor Augen Tage später stand fest: WM-Aus für Der Mittelfeldspieler aus Sachsen führen. Joachim Löw trat zu ersten Ballack. „Fußball-Deutschland unter führte den deutschen Fußball durch Stellungnahmen vor die Presse und Schock“, schrieb die „Bild“. ein Jahrzehnt, das kein leichtes war. äußerte die vage Hoffnung, seinen Heute, wo bestens ausgebildete Kapitän in Südafrika doch noch ein- Er war immer da, Spieler wie Özil, Müller, Götze und setzen zu können. Nach der Tages- wenn es eng wurde Reus die deutsche Mannschaft mit- schau lief ein „ARD-Brennpunkt“ zur unter Zauberfußball spielen lassen, Verletzung des Kapitäns. In Deutsch- Das Entsetzen über Ballacks Ausfall ist es kaum noch vorstellbar, mit land zitterten die Fans, doch zwei zeigt, wie wichtig der Chemnitzer welchen Schwierigkeiten die Bundes- für die Nationalmannschaft war. In trainer , Rudi Völler und 98 Länderspielen war er vorangegan- auch Jürgen Klinsmann zu kämpfen gen, oft als „Capitano“, wie Jürgen hatten. Und alle drei waren froh, dass Klinsmann ihn 2006 taufte. Bei der sie einen wie Ballack hatten, der so WM 2002 schoss er im Halbfinale manches Spiel umbog. Denken wir gegen Südkorea den Siegtreffer und nur an die Play-off-Spiele in der opferte sich bereits zuvor, als er ­Qualifikation zur WM 2002. In der ­einen gegnerischen Angriff nur noch Ukraine rettete ein Ballack-Treffer mit einem Foul unterbinden konnte das 1:1, im Rückspiel in Dortmund und dafür die Gelbe Karte sah, die ihn traf er gleich zweimal beim 4:1-Sieg. das Endspiel kostete. Sechs Jahre Die deutsche Nationalmannschaft später bei der Europameisterschaft hatte einen neuen Anführer. Und den wurde ein Fernsehbild von ihm welt- brauchte sie auch. bekannt: Im letzten Vorrundenspiel gegen Österreich drosch er einen Dass Ballacks Karriere etwas Un­ Freistoß zum 1:0 ins Netz. Die Ent- vollkommenes anhaftet, ist ebenso schlossenheit, die im Moment des tragisch wie ungerecht. Ballack war Schusses in seinem Blick lag, sprach es, der die Nationalmannschaft zu- Bände. Ballack war immer jemand, rück in die Weltspitze führte. Mit 42 der da war, wenn es eng wurde. Treffern ist er der torgefährlichste 33

Mittelfeldspieler der DFB-Geschich- Michael Ballack bleibt ein Beispiel verkaufte Allianz Arena in München, te. In Deutschland und England dafür, dass internationale Titel allein die jahrelang Ballacks Heimstätte ­wurde er Meister und Pokalsieger, zur Bewertung einer Karriere nicht während seiner Zeit beim FC Bayern dreimal – 2002, 2003 und 2005 – reichen. Ballacks Bedeutung für den war, war genau der richtige Rah- Deutschlands „Fußballer des Jah- deutschen Fußball geht weit über men für diesen offiziellen Abschied.“ res“. Bei je zwei Welt- und Europa- Pokale und Konfettiregen hinaus – Seine letzte Partie hatte Ballack meisterschaften gehörte er zum das hat er im Übrigen auch mit einem schon zweieinhalb Monate zuvor in „All-Star-Team“. gemein, der seine Lauf- bestritten. Zu seinem Ab- bahn ohne internationalen Triumph, schiedsspiel in der ausverkauften Und dass ihm dieser große interna­ aber als deutscher Fußballheld und Leipziger WM-Arena kamen Joachim tionale Titel fehlt, ist sicher nicht ihm Identifikationsfigur beendete. Löw und Philipp Lahm. José Mou­ vorzuwerfen. Zweimal stand er im rinho betreute eine Mannschaft, Champions-League-Finale: 2002 un- „Mehr als ein Jahrzehnt Rudi Völler die andere, und auf dem terlag er mit Bayer Leverkusen nach Weltklasse verkörpert“ Feld lieferten sich Weltstars wie einem brillanten Spiel gegen Real ­Didier Drogba, Andrej Schewtschenko Madrid mit 1:2. 2008 war er noch Vor dem Länderspiel gegen Öster- und Pavel Nedved ein munteres ­näher am Triumph. Doch seinen reich wurde Ballack nun offiziell von Spielchen. Und als Schiedsrichter ­Chelsea-Kollegen John Terry und DFB-Präsident Wolfgang Niersbach Bernd Heynemann abgepfiffen hatte, Nicolas Anelka versagten im Elf­ verabschiedet. „Er hat mehr als ein erklang Sinatras „My Way“, die meterschießen gegen Manchester Jahrzehnt lang Weltklasse ver­ ­Tränen kullerten. Ordentlich Pathos, United die Nerven. Und auch hier ging körpert und kann mit Stolz auf seine klar, und doch hätte kein Lied die Kar- ein Bild von Ballack um die Welt, wie große Karriere zurückblicken“, sagte riere von Michael Ballack besser be- er im Mittelkreis zusammensackt, Niersbach. Teammanager Oliver schreiben können. als habe ihn ein Blitz getroffen. Bierhoff sagte: „Die mit 68.000 aus- Lars Wallrodt

HERZLICHE VERABSCHIEDUNG: JOACHIM LÖW, MICHAEL BALLACK UND WOLFGANG NIERSBACH AM 6. SEPTEMBER IN MÜNCHEN.

LEITWOLF IM DFB-TRIKOT: MICHAEL BALLACK BEI DER EM 2008 GEGEN ÖSTERREICH. SERIE SCHLÜSSELSPIELER (TEIL 5) 34 ZENTRALES OFFENSIVES MITTELFELD

Viel Masse an großer Klasse: Schröter, Sammer, Thom, Doll – und Jürgen Nöldner „Der Fritz Walter des Ostens“

Die „10“ – auch im DDR-Fußball war sie eine gefragte, symbolische Rückennummer und wurde mit dem glänzenden Spielgestalter identifiziert. Primadonnen waren auf dieser Position im Osten Deutschlands nicht gefragt, vor allem nicht geduldet, denn das Kollektiv stand nun ­einmal (übertrieben) im Mittelpunkt. Dennoch hingen auch hier Wohl und Wehe einer Oberliga- mannschaft und des Auswahlteams weitgehend von der Form und den Ideen des Dirigenten ab.

In der Ära unter dem defensiv ­besonders aufgefallen, Schröter hieß Empor Lauter nach Rostock) führten ­orientierten Auswahltrainer Georg er wohl.“ Mit diesem Namen hatte auch zur Schaffung von Dynamo­ ­Buschner verkümmerten in den sich der spätere Verteidiger in der ­Berlin, für das Schröter nach einem 70er-Jahren die Spielgestalter mehr Nationalmannschaft des DFB nicht Umweg über Dynamo Dresden von und mehr, wurde das Mittelfeldspiel geirrt. Günter „Moppel“ Schröter war November 1954 bis zum Ende seiner anders interpretiert, war Schöngeist der Spielgestalter bei Dynamo Berlin Karriere kickte. nicht mehr gefragt. Und die letzten und in der DDR-Auswahlmannschaft. Spiele des DDR-Auswahl bis zur Schröter war schon beim ersten ­Auflösung 1990 waren auch in der 1927 in Brandenburg geboren, geriet ­Länderspiel der DDR im September DDR schon von einem anderen Spiel- der 1,68 Meter große perfekte 1952 in Warschau gegen Polen system als in den Anfängen geprägt, ­Techniker nach Ende des Kriegs bis (0:3) als Halbstürmer dabei. Ins­ wurde Spielintelligenz zusätzlich auf 1948 in polnische Gefangenschaft, gesamt brachte er es auf 39 Ein- die Außenbahnen verschoben oder bevor er seine fußballerische Kar­ sätze (13 Tore), im Herbst 1962 trug der dynamische Offensivspieler hin- riere entfalten konnte. „Weil ich klein er das Trikot zum letzten Mal im ter den Spitzen eigentlich mehr als gewachsen war und mich deshalb ­damaligen Europapokal der National- verkappter Torjäger installiert. sehr intensiv mit dem Ball beschäf­ mannschaften beim sensationellen tigen musste, sagten die anderen 2:1-Sieg gegen den frisch gebacke- Der damalige West-Berliner Bernd ­immer, der moppelt uns zu viel. Dar- nen Vize-Weltmeister CSSR. Beim Patzke erinnert sich noch an die aus wurde der Spitzname Moppel.“ Rückspiel in Prag im Frühjahr 1963 50er-Jahre in seiner Geburtsstadt. Die ständigen Veränderungen im saß er noch einmal auf der Bank, „Natürlich haben wir damals auch DDR-Fußball in den 50er-Jahren bis ­hatte seine Position inzwischen an immer zum Fußball im Osten ge- hin zu Umsiedlungen ganzer Mann- Jürgen Nöldner abgetreten. Im Som- guckt. Dabei ist mir ein Spieler schaften und Klubs (zum Beispiel mer 1963 wurde Günter „Moppel“ 35

„FRITZ WALTER DES OSTENS“: JÜRGEN NÖLDNER VON DREI GEGNERN NICHT ZU STOPPEN.

Schröter vor dem Freundschaftsspiel musterten Manfred Kaiser und Gün- Der Newcomer bedankte sich für das gegen England in Leipzig nach dem ter Schröter zurück. Jürgen Nöldner Vertrauen mit dem Ausgleichstor. Ehrenanstoß mit Standing Ovations spielte stattdessen in der B-Mann- im ausverkauften Zentralstadion aus schaft gegen die CSSR – das war Bald aber stellte sich heraus, dass der DDR-Auswahl verabschiedet. sein Glück. Später nämlich sperrte ihm bei aller Torgefährlichkeit – ins- die FIFA alle Spieler, die an EM- gesamt 16 Treffer in 30 Länderspie- Als glänzender Regisseur und und WM-Qualifikationsspielen teilge- len – die Rolle des Spielgestalters auf ­perfekter Techniker hatte sich auch nommen hatten, für Olympia. den Leib geschneidert war. Schnelle Lothar Meyer aus der jungen Berliner Dribblings aus dem Mittelfeld heraus, Vorwärts-Meistermannschaft (1958 Nöldners Stern ging bereits 1959 als der exakte Pass in die Tiefe für die und 1960) in den Vordergrund ge- 18-Jähriger auf. Mit der Juniorenaus- Mitspieler, der genaue Rückpass von spielt und sich bis 1961 in 16 Länder- wahl stand er im Halbfinale des der Grundlinie, die Präzision bei spielen die zweite Halbstürmer-­ UEFA-Turniers, der heutigen Europa- ­Standards waren seine Markenzei- Position in der DDR-Auswahl erobert. meisterschaft. Und die Junioren von chen. Er überblickte die Situationen, Vorwärts Berlin führte er zu Meister- las das Spiel und dirigierte es. Für Als der Fußballverband der DDR im schaft und Pokal. Dennoch über- den ungarischen Auswahltrainer Mai 1961 vor dem EM-Qualifikations- raschte, dass Trainer Harald Seeger ­Karoly Soos wurde er zur ausführen- spiel gegen die Niederlande dem den international unerfahrenen Bur- den Hand auf dem Platz, zum Beispiel Auswahltrainer Heinz Krügel den schen im Herbst im Europapokal der beim Gewinn der Bronzemedaille ­Ungarn Karoly Soos über Nacht vor Landesmeister gegen den englischen 1964 bei Olympia in Tokio. die Nase setzte, änderte der das Champion Wolverhampton Wande- Team im letzten Moment und holte rers beim 2:1-Hinspielsieg in Berlin Weil der Dirigent aus Berlin mit sei- die „Alten“ und von Krügel ausge- als Mittelstürmer ins Wasser warf. nem starken linken Fuß die west- SERIE SCHLÜSSELSPIELER (TEIL 5) 36 ZENTRALES OFFENSIVES MITTELFELD

ABSCHIED: GÜNTER SCHRÖTER (RECHTS) 1992 IM DFB-TRIKOT: BEENDET GEGEN ENGLAND 1963 SEINE DER DDR-AUSWAHLSPIELER LÄNDERSPIEL-KARRIERE. WECHSELTE 1990 IN DIE BUNDESLIGA.

deutschen Journalisten in Tokio – die ball. Damit war für den Berliner die tippte auf die DFB-Auswahl. Sein DDR-Elf spielte damals als letzte Zeit im Nationalteam mit gerade mal Nachbar versprach fünf Flaschen gesamtdeutsche Olympia-Mann- 28 Jahren beendet. Whisky, wenn dies einträfe. Nach der schaft – zu einem Vergleich animier- WM wurde Kreische auf die Dresdner te, stand in der Bild-Zeitung, die im Kreische: Mehr Torjäger Geschäftsstelle zitiert, wo die fünf Olympischen Dorf als Lektüre aus- als Spielmacher Whisky-Pullen eingetroffen waren. lag, über den DDR-Spielmacher zu Absender: Hans Apel, der damalige lesen: „Der Fritz Walter des Ostens“. Einen ganz anderen Typ des offen­ Finanzminister der Bundesrepublik. siven Mittelfeldspielers verkörperte Soos beurteilte dies mehr aus unga­ der Dresdner Hans-Jürgen Kreische. Körperlich fast der gleiche Typ war rischer Sicht. 1954 bei der WM war er Er gehörte zum „Goldenen Jahrgang“ der gebürtige Neustrelitzer Rainer Co-Trainer der Magyaren. „Nöldner der ostdeutschen Junioren, als die Ernst, der schon mit 14 Jahren zu erinnert mich an Puskas mit seinem DDR-Auswahl 1965 in der Bundes­ Dynamo Berlin delegiert wurde. Als linken Bein, damit kann er alles.“ Kein republik das UEFA-Turnier gewann 17-Jähriger debütierte er in der Ober­ Wunder, dass der Ur-Berliner diesen und auch Torhüter Jürgen Croy und liga, agierte zunächst als Mittel­ Vergleich mit Puskas besonders Mittelstürmer Jürgen Sparwasser stürmer, bevor es ihn dann doch ins ­liebte: „Ein linkes Bein ist besser als zum Erfolgs-Team gehörten. Das Mittelfeld zog. Mit dem BFC Dynamo zwei schwache rechte.“ Dresdner „Goldköpfchen“ war aber wurde er zehnmal DDR-Meister und trotz seiner Position im Mittelfeld nach der Wende 1991 Deutscher Mit dem WM-Qualifikationsspiel nicht der große Vorbereiter und Diri- Meister mit dem 1. FC Kaiserlautern. 1969 in Berlin gegen Italien been­ gent, vielmehr entpuppte er sich als 20 Tore in 56 Länderspielen sprachen dete er seine Laufbahn im DDR-Team, echter Torjäger. Viermal wurde er für seine Torgefährlichkeit als offen- wobei ein klares Abseitstor von Riva Torschützenkönig in der DDR-Oberliga, siver Mittelfeldspieler. dem späteren Vize-Weltmeister ein in 50 Länderspielen traf er 25-mal. glückliches Remis bescherte und die Wolfgang Seguin, Jürgen Pomme- ostdeutschen WM-Chancen der DDR Kurios war die Whisky-Wette bei der renke und Axel Tyll bildeten über minimierte. Nöldner und der spätere WM 1974. Auf dem Flug nach Jahre das Mittelfeld des 1. FC Magde­ Auswahltrainer Buschner fanden nie ­Hamburg zum innerdeutschen Duell burg, dem einzigen Europacup-­ zu einem gemeinsamen Nenner und fragte ihn sein Sitznachbar, wer denn Gewinner der DDR (1974 2:0 gegen einer einheitlichen Sprache über Fuß- Weltmeister werden würde. Kreische AC Mailand). Trotz der namhaften 37

Konkurrenz konnte sich der junge die sich später auch in der Bundes- konnte, lag an der enormen Spielintel­ dort die Offen- liga durchsetzten. Steinmann, der ligenz des Dresdners von Jugend an. siv-Rolle erobern. „Ich wurde zum 23 Länderspiele bestritt, kickte nach Vorstopper und machte den Platz für der Wende in der Bundesliga für den Anders angelegt war die Rolle von Maxe frei“, so Seguin über seine Hilfe- 1. FC Köln und später in Holland bei Andreas Thom und auch Thomas stellung. Steinbach bestimmte von FC Twente. Doll, die als Stürmer das Spiel einer nun an den FCM-Rhythmus, obwohl Mannschaft maßgeblich steuern er mit seinen 1,65 Metern (fast) Sammers Aktionen aus konnten, die Regie in Strafraumnähe ­immer der Kleinste auf dem Platz der Tiefe des Raums übernahmen, oft die Außenbahnen war. In 28 Länderspielen war er für den Spielaufbau nutzten, um sich ­dabei, gewann 1980 in Moskau olym- In der Auswahl-Ära unter Bernd der zentralen Abwehr des Gegners zu pisches Silber. Seine Popularität ließ Stange und danach entziehen. „Thom spielte damals die sich ­daran ermessen, dass „Maxe“ ­änderten sich auch die taktischen gleiche Rolle bei uns, wie sie heute Steinbach 2006 in einer Fan-Umfrage Aufgaben, wurden die neuen Anfor- Marco Reus innehat“, urteilt Harald zum besten FCM-Spieler aller Zeiten derungen von den nachdrängenden Irmscher, Ex-Nationalspieler und gewählt wurde. jungen Spielern verlangt und verin- langjähriger Co-Trainer der DDR- nerlicht. , mit der Auswahl unter , mit Wenn Michael Ballack ihn als Vorbild Jugend-Auswahlmannschaft der dem er momentan die Nationalelf in seiner Jugend nennt, dann spricht DDR 1986 Europameister und 1987 Singapurs betreut. das für das Können von Rico Stein- WM-Dritter, debütierte in der DDR- mann. Perfekte Technik, glänzende Auswahl noch als Mittelstürmer, Sammer, Thom und Doll waren Übersicht und genaues Passspiel ehe ihm die offensiven Aufgaben im ­Vorreiter einer modernen Spielge­ ­waren die Stärken des einstigen Mittelfeld übertragen wurden, bei staltung und Repräsentanten der ­Mittelfeld-Regisseurs vom FC Karl- denen er aus der Tiefe des Raumes ­erstklassig ausgebildeten Fußballer Marx-Stadt. 1987 wurde er mit der kam wie später ein Michael Ballack. der DDR, von denen letztlich nach der DDR-Auswahl Dritter bei der Junio- Wende auch die Bundesliga und die ren-Weltmeisterschaft in Chile, an Dass Sammer in seiner weiteren Ent- gesamtdeutsche Auswahl profitierten. der Seite von Ritter, Schuster, Neitzel wicklung zum Allrounder avancierte, Kracht, Wosz, Bonan und Sammer, vielfältige Aufgaben gleich gut erfüllen­ Willy Seliger

MATTHIAS SAMMER IM DDR-TRIKOT: DER HEUTIGE BAYERN- SPORTDIREKTOR BEI EINEM SEINER 23 AUSWAHLSPIELE. 38 DIAGONALPÄSSE

„Vorbilder wie Heynckes braucht der Fußball“

Jupp Heynckes hat Titel und Aus- zeichnungen abonniert. Auf das Triple mit dem FC Bayern folgten die Ehrung als „Trainer des Jahres“ und der Ehrenpreis der Bundesliga. In München wurde ihm nun am 6. September 2013 die große ­Fairplay-Medaille des Deutschen Fußball-Bundes verliehen. DFB- Präsident Wolfgang Niersbach überreichte Heynckes (68) die ­Medaille für „sein faires Verhalten auf und außerhalb des Platzes“. Neben Liga, Pokal und Champions League belegten die Bayern auch in FÜR VORBILDLICHES VERHALTEN GEEHRT: MEISTERTRAINER JUPP HEYNCKES. der Fairplay-Tabelle den 1. Platz. ­erlebt, die so aufmerksam mit war der „Kaiser“ Mitglied einer „Jupp Heynckes hat vorgelebt, den Fans umgegangen ist. Unser Kampagne, die das im Februar vom dass man die großen Erfolge mit Erfolg erklärt sich nicht nur über IOC beschlossene Olympia-Aus für Disziplin, Respekt und Fairness die spielerische Klasse.“ den Ringsport rückgängig machten. ­erringen kann“, sagte Wolfgang Den jahrtausendealten Traditions- Niersbach und betonte: „Er ist nicht sport nahm die IOC-Vollversamm- nur ein ausgezeichneter Trainer, Franz Beckenbauer griff lung am 8. September 2013 wieder sondern auch ein außergewöhn­ Ringsport unter die Arme ins olympische Programm auf. licher Mensch, der für Respekt und „Der Ringsport erfüllt seit vielen Fairplay steht. Vorbilder wie Jupp Als Kapitän führte er die deutsche Jahrzehnten eine wichtige Aufgabe Heynckes braucht der Fußball.“ Nationalmannschaft 1974 zum für den Breitensport in aller Welt. In seiner Dankesrede sagte WM-Titel. Als Teamchef formte er Kinder und Jugendliche erlernen ­Heynckes: „Fairplay ist für mich die DFB-Auswahl 1990 zum Welt­ bei dieser ansprechenden Sport- selbstverständlich. Das ist etwas, meister. Und als Präsident des art, mit ihren Kräften in einem ge- was ich als Spieler und Trainer WM-Organisationskomitees war er regelten Rahmen umzugehen“, be- ­immer gelebt habe. Etwas, das 2006 der Vater des Sommer­ gründete Beckenbauer (68) seinen ich auch von meinen Eltern mitbe- märchens in Deutschland. In den hilf- und erfolgreichen Griff unter kommen habe.“ Zudem sprach der vergangenen Monaten engagierte die Arme der Ringer. frühere Welt- und Europameister sich Franz Beckenbauer nunmehr seinen ehemaligen Spielern für ihr für das olympische Überleben Auftreten in der vergangenen der klassischen Sportart Ringen – München mit „sehr guten ­Saison ein großes Lob aus: „Ich auch diesmal mit Erfolg. Zusam- Chancen“ für EURO 2020 habe noch nie eine Mannschaft men mit zahllosen Unterstützern Mit München als Ausrichterstadt geht der Deutsche Fußball-Bund in das Bewerbungsverfahren für die EURO 2020. Offiziell wird sich der DFB mit der bayerischen Landes- hauptstadt bei der UEFA für zwei alternative Veranstaltungspakete bewerben. Die erste Option um- fasst drei Gruppenspiele und eine Begegnung des Viertelfinales, das zweite Paket beinhaltet die beiden Halbfinals und das Endspiel. Das Exekutivkomitee der UEFA wird im September 2014 bekannt geben, welche 13 Städte die EM-Endrunde ausrichten werden, die aus Anlass GUTE CHANCEN AUF SPIELE DER EURO 2020: DIE MÜNCHNER ALLIANZ ARENA. des 60-jährigen Jubiläums der DIAGONALPÄSSE 39

wurden mit dem spanischen Super- star Raúl und Adolf Urban zwei ehemalige Schalker Spieler in die Ehrenkabine, die „Hall of Fame“ des Klubs, aufgenommen. Urban war als Mitglied der legendären „Kreisel-Elf“ zwischen 1934 und 1942 fünfmal Deutscher Meister mit Schalke geworden und bestritt in dieser Zeit 21 A-Länderspiele für den DFB. Im Mai 1943 ist Adolf ­Urban im Zweiten Weltkrieg in Russland gefallen.

Ribéry bei Bayern als ­Rummenigge-Nachfolger IM SCHALKER EHRENRAT: DER 45-MALIGE NATIONALSPIELER . 32 Jahre musste Karl-Heinz Rum- Fußball-Europameisterschaft nach Manuel Friedrich, André Schürrle, menigge warten, ehe die UEFA jetzt der Idee von UEFA-Präsident Lewis Holtby oder zuletzt Nicolai mit Franck Ribéry erstmals wieder ­Michel Platini erstmals und ein­ Müller zu A-Nationalspielern einen Profi des FC Bayern München malig europaweit in 13 verschie­ ­berufen wurden. zu „Europas Fußballer des Jahres“ denen Ländern stattfinden wird. kürte. Der frühere Kapitän der „Wir sind sicher, dass wir mit deutschen Nationalmannschaft ­München als Spielort bei der UEFA FC Schalke 04 ehrt Klaus hatte 1980 und 1981 diese Trophäe sehr gute Chancen haben, ein Paket­ ­Fischer und Adolf Urban gewonnen. Zuvor waren Gerd Mül- der EURO 2020 zu erhalten“, ler (1970) und Franz Beckenbauer ­erklärte DFB-Präsident Wolfgang Die Schalker wissen, was sie an (1972 und 1976) diese Ehre zuteil Niersbach ihm haben. 30 seiner 45 Länder- geworden. Bislang letzter deut- spiele hat Klaus Fischer für die scher Sieger war 1996 Matthias ­Königsblauen bestritten, daneben Sammer als Libero und überra­ Vier Nationalspieler der 295 seiner 535 Bundesligaspiele, gender Spieler beim EM-Triumph Stolz von Jubilar Strutz in denen er 182 Tore für Schalke der Nationalmannschaft in jenem erzielte. So ist die ­Torjäger-Legende Jahr. Franck Ribéry setzte sich Als Dreispringer gelang ihm 1970 bei der jüngsten Mitgliederver- jetzt bei der Abstimmung in ­ mit 16,21 Metern eine Junioren- sammlung des FC Schalke 04 erst- Monaco mit deutlichem Vorsprung Weltbestleistung. Noch eindrucks- mals in den Ehrenrat des Bundes­ gegen Lionel Messi und Cristiano voller ist der Sprung, den Harald ligisten gewählt worden. Außerdem Ronaldo durch. Strutz (62) als Dauerleister im höchsten Ehrenamt des 1. FSV Mainz 05 geschafft hat. Am 18. September vor genau 25 Jahren wurde der Rechtsanwalt erstmals zum Präsidenten des Mainzer ­Traditionsvereins gewählt. Seitdem steht der Jubilar ohne Unter­ brechung an der Spitze des rhein- hessischen Klubs. In dieser Ära haben sich die 05er aus der Zweit- klassigkeit zu einem etablierten Bundesligisten entwickelt und ­dabei in den vergangenen zehn Jahren die durchschnittliche ­Zuschauerzahl auf 31.000 ver­ dreifacht. Besonders stolz ist der leidenschaftliche Rocksänger ­zudem, dass in seiner Amtszeit als Präsident „Meenzer Buben“ wie „EUROPAS FUSSBALLER DES JAHRES“ 2013: FC BAYERN-PROFI FRANCK RIBÉRY. AKTUELL IM BLICKPUNKT 40 REGIONALER STAMMTISCH IN KAISERSLAUTERN

Großes Hallo und viel Harmonie beim CdN-Stammtisch in Kaiserslautern

Welt- und Europameister im Kreis der FCK-Legenden

Der vierte Regionale Stammtisch des Clubs der Nationalspieler. In Kaiserslautern hat ihn der DFB am 14. August im Rahmen des Länderspiels gegen Paraguay durchgeführt. Und auch das Treffen der ehemaligen Nationalspieler des 1. FC Kaiserslautern war ein schöner ­Erfolg. Weil auch dieser Stammtisch, wie zuvor die regionalen Zusammenkünfte der Altinternationa- len bei Länderspielen in Nürnberg, Berlin und Bremen, seinen Zweck erfüllt hat: in harmo­ nischer Atmosphäre den Kontakt der einstigen Nationalspieler untereinander zu ­pflegen und zu verstärken,­ wie DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und der CdN-Vorsitzende Uwe Seeler ausdrücklich auf den Sinn dieser Maßnahme verwiesen.

Klar, es konnten nicht alle kommen, großen Teil der insgesamt 343 A-Län- Schatzmeister und Ehrenvizepräsi- die eingeladen waren zum Regio­ derspiele seiner 22 Nationalspieler dent des DFB, inzwischen ebenfalls nalen CdN-Stammtisch auf dem zu verdanken hat. Jene „Helden von 81 Jahre alt, nahm wie Horst Eckel ­Betzenberg. Doch die, die gekommen Bern“ waren 1951 und 1953 Deut- ­voller Vitalität an diesem Treffen teil. waren, bildeten im VIP-Bereich des scher Meister geworden und bildeten Fritz-Walter-Stadions einen feinen 1954 beim WM-Triumph in der Nicht fehlen durfte natürlich Hans- und hochkarätigen Kreis. Auch wegen­ Schweiz den Kern der deutschen Peter Briegel, neben Horst Eckel die ihrer großen internationalen Erfolge. ­Nationalmannschaft. zweite lebende Legende des Lau­ terer Fußballs. 53 ihrer 72 Länder- An der Spitze natürlich Horst Eckel, Auch Karl Schmidt, der ein Jahr nach spiele hat die „Walz aus der Pfalz“ als der Weltmeister von 1954. Der in­ dem WM-Gewinn 1954 seine Länder- Spieler des FCK bestritten, wurde zwischen 81-Jährige ist der letzte spiel-Karriere begann und bis 1957 dabei Europa- und Vize-Weltmeister. Nationalspieler aus jener legendären acht Berufungen durch Sepp Her­ Walter-Elf der 50er-Jahre um Fritz berger zu verzeichnen hatte, konnte Mit saß ein weiterer (61 Länderspiele) und Ottmar Walter jetzt am CdN-Stammtisch einiges Europameister (1996) mit am (21), (16) und Werner erzählen aus jenen glorreichen Lau- Stammtisch. Als FCK-Präsident war Kohlmeyer (22), denen der FCK einen terer Fußballzeiten. Der langjährige er Hausherr bei diesem exquisiten 41

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ZUSAMMENTREFFEN VON FCK-LEGENDEN AM RANDE DES LÄNDERSPIELS GEGEN PARAGUAY: STEFAN KUNTZ, UWE SEELER, , MARTIN WAGNER (1); HANS-PETER BRIEGEL, OTTO REHHAGEL (2); JÜRGEN GROH, FRANCO FODA, MARTIN WAGNER, THOMAS KROTH, UWE SEELER, WOLFGANG NIERSBACH, HANS-PETER BRIEGEL, OTTO REHHAGEL, STEFAN KUNTZ (3); FRANCO FODA, KARL SCHMIDT, HANS-PETER BRIEGEL, HORST ECKEL (4); JEWEILS VON LINKS NACH RECHTS.

Beisammensein. Mit Martin Wagner, Wechsel von Kaiserslautern nach takulärer Art wohl für immer dem WM-Teilnehmer von 1994, und Hamburg mit dem HSV 1983 Europa- ­verbunden: Bundesliga-Aufsteiger­ Franco Foda gesellten sich zudem pokalsieger der Landesmeister wurde. 1997 und Deutscher Meister 1998. weitere Akteure hinzu, die zusammen Damals gab der „Joschi“ in Athen mit Kuntz, dem Deutschen Meister ­gegen Juventus Turin Felix Magath „Ich finde es einfach große Klasse, von 1991, entscheidend an der FCK- die Vorlage zum entscheidenden dass man die ehemaligen National- Erfolgsgeschichte der 90er-Jahre 1:0-Torerfolg. Vor nunmehr 30 Jahren. spieler nicht nur zu dem tollen all- beteiligt waren. Foda war der Libero jährlichen Mitgliedertreffen des des Pokal-Gewinners von 1990, und Mit großem Hallo wurde Otto Reh­ Clubs der Nationalspieler zusam- Wagner schoss die Lauterer 1996 hagel als besonderer Ehrengast in menruft, sondern dass man sich auch beim 1:0 im Endspiel gegen Karls­ diesem Kreis begrüßt. Als eisen­ mit diesen regionalen Zusammen- ruhe zum abermaligen Gewinn des harter Abwehrrecke bestritt er bis künften um uns Ehemalige kümmert. DFB-Pokals. 1971 für den FCK 121 seiner 201 Dafür kann ich Wolfgang Niersbach Bundesligaspiele. Und mit „König und den DFB nur beglückwünschen Sie alle ließen die alten Zeiten hoch- ­Otto“ als Trainer bleiben die bis- und Dankeschön sagen“, meinte leben. Erst recht, als Jürgen Groh lang letzten ganz großen Erfolge Hans-Peter Briegel. sich hinzugesellte, der nach seinem des 1. FC Kaiserslautern in spek­ Wolfgang Tobien 42 JUBILÄEN / RUNDE GEBURTSTAGE

Runde Geburtstage 50 Jahre (In Klammern Anzahl der Länderspiele) ROLAND WOHLFARTH (2) am 11. Januar; RALF FALKEN­ 60 Jahre MAYER (4) am 11. Februar; PERRY BRÄUTIGAM (3) am (69) am 28. März; JENS SCHMIDT (1) am 6. Januar; DIETER HOENESS (6) 3. April; HENRY LESSER (4) am am 7. Januar; JÜRGEN POMME- 8. Mai; UWE WEIDEMANN (10) RENKE (57) am 22. Januar; am 14. Juni; HERBERT WAAS KLAUS MÜLLER (2) am 26. Ja­ (11) am 8. September; HEIKO nuar; CASPAR MEMERING (3) PESCHKE (5) am 18. September; THOMAS WOLTER (1) am 4. Ok­ tober; ­ (4) am 12. Oktober; CHRISTIAN HOCH- STÄTTER (2) am 19. Oktober; STEFFEN BÜTTNER (3) am 2. November; MARIO NEU­ HÄUSER (1) am 8. November; WALDEMAR KSIENZYK (1) am 10. November; DIETMAR BEIERS­ DORFER (1) am 16. November.

CASPAR MEMERING

am 1. Juni; HARALD NICKEL (3) am 21 Juli; AXEL TYLL (4) am 23. Juli; FELIX MAGATH (43) am 26. Juli; DITMAR JAKOBS (20) am 28. August, RONNY WORM (7) am 7. Oktober; HELMUT ­ROLEDER (1) am 9. Oktober; ­HERBERT NEUMANN (1) am 14. November. PERRY BRÄUTIGAM

RONNY WORM UWE WEIDEMANN HEIKO PESCHKE JUBILÄEN / RUNDE GEBURTSTAGE 43

THOMAS HÄSSLER ANDREAS MÖLLER

Jubiläen ­MÖLLER (85, 21 Jahre, Borussia RUDWALEIT (33, 31 Jahre, Ber­ (Spieler mit fünf und Dortmund) am 21. September liner FC Dynamo) am 21. Sep­ mehr Länderspielen) ­gegen die UdSSR (1:0); KNUT tember gegen Polen (1:2); ULI ­REINHARDT (7, 20 Jahre, Bayer BOROWKA­ (6, 26 Jahre, SV Wer- Debütantenball 04 Leverkusen) am 21. September der Bremen) am 21. Juni gegen die vor 25 Jahren (1988) gegen die UdSSR (1:0). Niederlande (1:2), (19, 27 Jahre, VfB Stuttgart) am ULI BOROWKA (insgesamt 6 Län- Abschiedsspiel 21. Juni gegen die Niederlande (1:2); derspiele, Alter und Verein beim vor 25 Jahren (1988) DIETER ECKSTEIN (7, 24 Jahre, 1. Länderspiel: 25 Jahre, SV Werder­ 1. FC Nürnberg) am 31. August Bremen) am 2. April gegen Argen­ MATTHIAS LIEBERS (insgesamt ­gegen Finnland (4:0); MATTHIAS tinien (1:0); (5, 59 Länderspiele, Alter und Verein HERGET (39, 32 Jahre, Bayer 05 25 Jahre, Bayer 05 Uerdingen) am beim letzten Länderspiel: 29 Jahre, Uerdingen) am 21. September 31. August gegen Finnland (4:0); 1. FC Lok Leipzig) am 2. März gegen ­gegen die UdSSR (1:0); HERBERT THOMAS HÄSSLER (101, 22 Marokko (1:2); UWE ZÖTZSCHE WAAS (11, 25 Jahre, Bayer 04 ­Jahre, 1. FC Köln) am 31. August (38, 27 Jahre, 1. FC Lok Leipzig) am ­Leverkusen) am 21. September gegen Finnland (4:0); KARLHEINZ 30. März gegen Rumänien (3:3); ­gegen die UdSSR (1:0); JÜRGEN RIEDLE (42, 22 Jahre, SV Werder KLAUS ALLOFS (56, 31 Jahre, RAAB (20, 29 Jahre, FC Carl Bremen) am 31. August gegen Olympique Marseille) am 31. März Zeiss Jena) am 29. Oktober gegen Finnland (4:0); A N D R E A S gegen Schweden (1:1); BODO Island (2:0).

KARLHEINZ RIEDLE MATTHIAS LIEBERS JÜRGEN RAAB 44 CDN-NEWSLETTER 16/2013

Wir trauern um Bernd „Bert“ Trautmann (89) und Kurt Ehrmann (91), die am 19. Juli in Almenara Playa/Spanien und am 2. August in Karlsruhe verstorben sind.

Der deutsche und der englische für immer in den Geschichts­ Manchester City würdigte Traut- Fußball trauern um „Bert“ Traut- büchern bleiben“, sagte DFB-­ mann als „wunderbaren Botschaf- mann. Der legendäre deutsche Präsident Wolfgang Niersbach. ter seines Landes“: „Bert war eine ­Torhüter, der nach seiner Kriegs­ Trautmann hatte in diesem Jahr wahre Klub-Legende im besten gefangenschaft eine große Karrie- zwei Herzinfarkte erlitten, diese Sinne des Wortes. Er war einer der re bei Manchester City machte und aber gut überstanden. großartigsten City-Torhüter aller im FA-Cup-Finale 1956 mit einem Zeiten und ein wunderbarer Bot- Genickbruch weiterspielte, starb „Bert“ Trautmann, geboren als Bern- schafter, nicht nur für sein Land, am Morgen des 19. Juli 2013 im hard Carl in Bremen am 22. Okto- sondern auch für Manchester City. Alter von 89 Jahren in seiner ber 1923, war 1956 im Pokalfinale Bert wird von jedem, der ihn ­ ­spa­nischen Wahlheimat Almenara gegen Birmingham City (3:1) zum kannte, und von der gesamten ­Playa in der Nähe von Valencia. „Hero“ aufgestiegen. Bei einem ­Fußball-Welt schmerzlich ver- „Bert Trautmann war ein großar­ ­Zusammenprall mit Birminghams misst werden“, hieß es auf der tiger Sportler und wahrer Gentle- Stürmer Peter Murphy brach er Klub-Homepage. man. Er kam als Soldat und damit sich das Genick, spielte aber weiter als Kriegsgegner nach England und zeigte noch einige fantastische Auch Franz Beckenbauer und und wurde auf der Insel ein um­ Rettungsparaden. Wegen dieser ­Joseph S. Blatter drückten ihr Mit- jubelter Held. Er war schon zu und anderer Glanztaten wurde er zu gefühl aus. „Ruhe in Frieden, Bernd ­Lebzeiten eine Legende. Seine Englands „Fußballer des Jahres“ Trautmann. Eine große Torwart- ­außergewöhnliche Karriere wird 1956 gewählt. Legende! Ich habe ihn 1966 erst- mals getroffen, damals war er ­unsere Kontaktperson für die WM“, twitterte Beckenbauer. FIFA-­ Präsident Blatter schrieb in einem Brief an Wolfgang Niersbach: „Es gibt kaum bessere Bilder als das von Bert, um zu zeigen, wie die Kraft des Fußballs Brücken bauen kann. Er kam nach England als Kriegs­ gefangener und wurde einer der besten und bekanntesten Spieler.“

Nach dem Ende seiner sportlichen Karriere war Trautmanns Kontakt zum DFB nie abgerissen. „Seit 1996, als er unserer offiziellen ­Delegation beim Gewinn der ­Europameisterschaft in England angehörte, hatten wir sehr engen Kontakt. Der DFB hatte ihn auch zum Bundestag im Oktober nach Nürnberg eingeladen, doch er hat abgesagt, weil er zum gleichen Zeitpunkt seinen 90. Geburtstag feiern wollte“, sagte Niersbach: „Umso überraschender trifft uns alle diese Nachricht.“ Trautmanns Ehefrau Marlies hatte den DFB über BERND „BERT“ TRAUTMANN den Tod ihres Mannes informiert. 45

Zu den zahlreichen Auszeich­ nungen, die Trautmann Zeit seines Lebens erhielt, gehörten das ­Bundesverdienstkreuz (1997) und die Aufnahme in die Hall of Fame des deutschen Sports (2011). ­Wegen seiner Verdienste um die deutsch-britischen Beziehungen zeichnete ihn Queen Elizabeth II. im Jahr 2004 ehrenhalber mit dem britischen Verdienstorden „Order of the British Empire“ (OBE) aus. Der Deutsche Fußball-Bund zeichnete Bert Trautmann 2008 in Berlin mit dem Ehrenzeichen in Gold mit Brillant aus.

Auch der Club der Nationalspieler (CdN) konnte sich von der ein- drucksvollen Persönlichkeit des legendären Torwarts überzeugen. Beim CdN-Jahrestreffen 2010 in Berlin war Bert Trautmann Ehren- gast und erzählte in der im eigenen bescheidenen Art aus seinem ­Leben als Torwart und Fußball- Globetrotter. Nach seiner Karriere als Spieler arbeitete Trautmann als Trainer unter anderem in Birma, Tansania und Pakistan. Seine KURT EHRMANN ­Heimat aber blieben bis zuletzt, auch an seinem spanischen Der spätere Stürmer wuchs in der gegen Luxemburg (3:0), an der ­Altersruhesitz, Deutschland und Karlsruher Oststadt auf. Zunächst ­Seite späterer 1954er-Weltmeister England. „Mein Herz schlägt für spielte Kurt Ehrmann in der Jugend wie Berni Klodt oder Jupp Posipal. beide Länder“, hatte er immer der Frankonia Karlsruhe, ehe er am Beim Olympiaturnier kam Ehrmann ­wieder betont. Einen besseren 2. Dezember 1940 zum Wehrdienst gegen Jugoslawien und Schweden ­Botschafter hätten sich beide eingezogen wurde. Nach dem Krieg zum Einsatz und erreichte mit der ­Länder nicht wünschen können. spielte er mit dem Karlsruher FV DFB-Elf den vierten Platz. Olympia- in der Oberliga Süd, der damals sieger wurde die „Goldene Elf“ aus höchsten deutschen Spielklasse. Ungarn mit Ferenc Puskas, von Mit der 1951 errungenen nord­ dessen Schusskraft Ehrmann noch *** badischen Vizemeisterschaft qua­ Jahrzehnte später schwärmte. lifizierte sich Ehrmann mit den ­Rot-Schwarzen für die erstmalig Nach den Olympischen Spielen ausgetragene Deutsche Amateur­ ­lagen ihm Angebote von Holstein In Karlsruhe war er eine Fußball- meisterschaft. Erst im Finale Kiel, Werder Bremen, Eintracht Legende. Er war Olympiateil­ mussten sich die Karlsruher mit Braunschweig, den Stuttgarter nehmer und Ehrenspielführer des dem herausragenden Kurt Ehr- ­Kickers und dem Freiburger FC vor. Karlsruher Fußballvereins, wo ihn mann dem ATSV Bremen 1860, vor Kurt Ehrmann blieb aber Karlsruhe alle nur „Kaddel“ nannten. Und er 70.000 Zuschauern im Berliner und dem KFV treu. An der Seite war bis zu seinem Tod am 2. August Olympiastadion, geschlagen geben. seiner Frau, mit der er mehr als 2013 mit 91 Jahren der älteste 50 Jahre verheiratet war, waren ­lebende Nationalspieler Deutsch- Aufgrund seiner guten Leistungen Karlsruhe und der Karlsruher FV, lands: Kurt Ehrmann. Unter Bundes­ nominierte ihn Bundestrainer Sepp der 1910 Deutscher Meister war trainer trug er Herberger für das Fußballturnier und dessen Spiele er sich zuletzt 1952 bei seinem einzigen A-Län­ der Olympischen Sommerspiele auch in der Kreisliga C nicht ent­ der­spiel gegen Luxemburg über 1952 in Helsinki. Im Vorfeld der gehen ließ, sein Leben und seine 90 Minuten das Trikot der deut- Spiele absolvierte Ehrmann am Leidenschaft. Ein KFV-Ehrenspiel- schen Nationalmannschaft. 20. April 1952 ein A-Länderspiel führer par excellence. Welch ein Erlebnis ...

... Danke, FC Bayern! IMPRESSUM

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