RUND > DAS FUSSBALLMAGAZIN_Nr. 20, MÄRZ 2007 2,80€ Nr. 20, MÄRZ 2007 20, Nr.

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Schalke 04 Darüber streiten die Altintop-Zwillinge

Dopingtest Wenn Profi s nicht pinkeln können

Hansa Rostock Reportage: Ein Klub überrascht sich selbst

Diego: Genie im Konfl ikt Wie der Vater die Karriere des Bremer Stars gefährdet

Schweiz_5,50sfr_Österreich_3,20€_Luxemburg_3,20€_Spanien_3,80€_Griechenland_4,00€_Italien_3,80€

rrund0307_001_Titel.inddund0307_001_Titel.indd 1 008.02.20078.02.2007 21:13:1621:13:16 UhrUhr RUND Einlaufen

LIEBE LESERINNEN, LIEBE LESER, der Bremer Diego war der überragende Spieler der Hinrunde in der Schleswig-Holsteins: in Wakendorf II, 1400 Einwohner, rund 40 Ki- Fußballbundesliga. Zu rechnen war damit nicht, schließlich kam der lometer nördlich von . RUND hat genau dies erkannt und ist Brasilianer bei seinem letzten Klub, dem FC Porto, nur unregelmäßig ab sofort Hauptsponsor der G-Jugend-Mannschaft des TuS Wakendorf- zum Einsatz und saß dort monatelang auf der Tribüne. Angeblich pass- Götzberg. Mit Hilfe eines ausgeklügelten und fl ächendeckenden Sich- te er nicht in das taktische Konzept von Trainer . In Bre- tungssystems wurden die besten Vier- bis Siebenjährigen des Dorfes men musste der 22-Jährige die Nachfo lge von Werder-Dirigent Johan gescoutet. Doch überzeugen Sie sich selbst: Unsere große Fotostrecke Micoud antreten, was ihm viele Skeptiker nicht zugetraut hatten. Aber ab Seite acht zeigt, wie sich das RUND-Perspektivteam auf die Welt- Diego hat sich im kalten Bremen gut zurechtgefunden, wenn ihn auch meisterschaft 2026 vorbereitet. heute noch der Alltag im Norden Deutschlands vor Rätsel stellt. Dass Es war nicht einfach, den Schalker Mittelfeldprofi Hamit Altintop auf den Straßen so viele Fahrradfahrer unterwegs sind, denen sogar für das Interview am RUND-Lügendetektor (ab Seite 74) zu treffen. die Autofahrer mit Respekt begegnen, hatte er weder in Brasilien noch Gleich zweimal musste der bereits vereinbarte Termin abgesagt wer- in Portugal erlebt. Wir haben dem Mittelfeldstar, der schon mit 17 mit den. Zunächst brannte das Haus des 24-Jährigen, das nächste Mal ver- dem großen Pelé verglichen wurde, unsere Titelgeschichte gewidmet hinderten heftige Schneefälle das Treffen. Das RUND-Reporterteam und ausführlich in Brasilien, Portugal und Bremen recherchiert. Le- fuhr kurz entschlossen ins benachbarte und sah sich das sen Sie das außergewöhnliche Porträt ab Seite 20 – die erstaunliche Spiel Tunesien gegen Island bei der Handball-Weltmeisterschaft an. Erkenntnis: Diegos größtes Problem ist sein eigener Vater, der in Bra- Island gewann 36:30. Und Altintop entschuldigte sich am nächsten silien jetzt sogar wegen Mordversuchs verhaftet wurde. Tag mit Süßigkeiten für die abermalige Verschiebung. Auch wenn Sie es womöglich nicht glauben werden: Die Zukunft Viel Spaß beim Lesen und bleiben Sie so heiter, wie wir es sind! des deutschen Fußballs liegt in einem kleinen Dorf mitten im Herzen IHRE RUND-REDAKTION<

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rrund0307_002_003_Einlaufenund0307_002_003_Einlaufen Abs1:3Abs1:3 008.02.20078.02.2007 21:16:2121:16:21 UhrUhr RUND Aufstellung

Inhalt 03 07

AM BALL 08 SCHNELLSCHUSS RUND hat die Stars der WM 2026 getroffen 74 14 FELDSALAT Marcelinho, Beckenbauer und was macht Gomez? 20 DIEGOS WELT Wunderkind, Pelé-Nachfolger, Bremens Hoffnung 32 LAGE DER LIGA Aktuelle News von allen 18 Bundesligisten 36 STARGAST Rogério Ceni ist der torgefährlichste Torwart der Welt 38 AUFSTIEG OST Hansa Rostock auf dem Weg in die 45 KOMMENTAR Adidas oder Nike – der DFB soll sich der Welt öffnen

GLEICHE HÖHE 48 DER PROFI SPRICHT Sibusiso Zuma über Deutsche und die WM 2010 54 AUSLANDSREPORTAGE ist Hollands kuriosester Profiklub 60 TAKTIKREPORT Die Choreografien der Eckballvarianten 64 HEIMSPIEL Aachens Torwart träumt beim Angeln von Barcelona 66 FUNDSTÜCK Helmut Schultes Trainingshose wurde geklaut 60 69 AUF DER LINIE über die Schmerzen des Keepers 70 ERBSENZÄHLER Fahrstuhltrainer und korrupte Fußballnationen

IM ABSEITS 74 LÜGENDETEKTOR Hamit Altintop über die Türkei und Fruchtzwerge 78 DER 23. MANN Schiedsrichterlegende Ahlenfelder im Porträt 80 GIB STOFF! hat über 300 Trikots gesammelt 84 ZEITUNGSENTE Wie Ronaldinho eine Frau liebte, die er gar nicht kannte 86 PFERDENATUR Nationalspielerin Kerstin Stegemann liebt das Reiten 88 PINKELPAUSE Was bei der Dopingkontrolle alles passieren kann 91 SPIEL MIT PUPPEN eröffnet eine neue Torwartdisco 92 WELTKLASSE Schafsklau in England und Schirischläge in Polen

96 SPIELKULTUR 96 INTERVIEW Hobbythekler Jean Pütz erklärt uns den Fußball 102 SINGEN WIE DIE STARS Zafer Yelen singt a cappella am RUND-Mikrofon 104 EX-HOOLIGAN Autor Cass Pennant über seine Zeit als Hooligan 106 HYMNE DER FANS So kam „You’ll Never Walk Alone“ in die Stadien 110 BÜCHER Worte über Toni Polster und Johan Cruijff 112 DVD Fußball-Dokumentationen in der Kritik 113 IMPRESSUM/VORSCHAU Und das erwartet Sie im April in RUND 114 LESERBRIEFE/RUNDE PRESSE Das sagen Sie über die RUND-Ausgabe Nummer 19 116 AUSLAUFEN MIT THADEUSZ Es wird Zeit, zu klonen

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rrund0307_004_005_Inhalt.inddund0307_004_005_Inhalt.indd 4 008.02.20078.02.2007 17:38:0517:38:05 UhrUhr RUND Aufstellung

DIEGOS WELT: HANDICAP DES ZAUBERERS Bremen hat mit Diego den wohl besten Einkauf seiner Vereinsgeschichte getätigt. Diegos Vater will 20 ihn aber zu einem Weltklub transferieren

AUSLANDSREPORTAGE: UNABSTEIGBAR Fortuna Sittard wurde in der zweiten holländischen Liga dreimal Letzter, stieg aber nie ab. Ein Fan spendete dem Verein sogar einen Lottogewinn von 500.000 Euro 54

DER PROFI SPRICHT: „DEUTSCHE FAHREN VIEL ZU SCHNELL“ 38 In Bielefeld lieben sie Stürmer Sibusiso Zuma so sehr, dass selbst die Politessen Strafmandate gegen die Autogramme des Südafrikaners tauschen 48

AUFSTIEG OST: HANSA IM WUNDERLAND Hansa Rostock hatte in der Hinrunde die beste Abwehr im deutschen Profi fußball. Mit jungen Spielern, Frank Pagels- dorf und Stefan Beinlich als Wegweisern und hansea- tischem Teamgeist will der Verein zurück ins Oberhaus

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rrund0307_004_005_Inhalt.inddund0307_004_005_Inhalt.indd 5 008.02.20078.02.2007 17:38:2617:38:26 UhrUhr RUND Am Ball

AM BALL HARTNÄCKIG NAH DRAN AKTUELL

„Ich habe den Schritt nach Bremen nicht eine Sekunde bereut“ DIEGO

8 SCHNELLSCHUSS Die wilden Kerle – RUND zeigt die Zukunft: Die G-Jugend des TuS Wakendorf-Götzberg

20 DIEGOS WELT Das Handicap des Zauberers – Auf einen wie Diego hat die Liga lange gewartet. Ein Porträt

32 LAGE DER LIGA Neuanfang – Einige Klubs haben neue Trainer. Unsere Experten sagen, ob’s geholfen hat

38 AUFSTIEG OST Hansa im Wunderland – Hansa Rostock schickt sich an, in die Bundesliga zurückzukehren

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rrund0307_006_007_VorschalBallund0307_006_007_VorschalBall 7 009.02.20079.02.2007 12:53:1712:53:17 UhrUhr AM BALL Schnellschuss

Rein ins Trikot, raus auf den Platz: Gut gepolstert geht die Nummer eins zwischen die Pfosten

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DIE WILDEN KERLE SIE SIND VIER BIS SIEBEN JAHRE ALT UND MACHEN GERADE IHRE ERSTEN SCHRITTE MIT DEM BALL. RUND WEISS: DIE HOFFNUNG DES DEUTSCHEN FUSSBALLS LIEGT IN EINEM DORF MITTEN IN SCHLESWIG-HOLSTEIN. DAHER IST DIE G-JUGEND DES TUS WAKENDORF-GÖTZBERG UNSER NEUES

PERSPEKTIVTEAM – DIE WM 2026 KANN KOMMEN FOTOS STEFAN SCHMID

„Alles ist gut, so lange du wild bist! Eins, zwei drei: Uaaaaaaaaah“: Gemeinsam sind die Kleinsten die Größten

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Mit dem Kopf: Vor dem Ball hat fast keiner mehr Angst

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Mit der Faust: Lehmanns Nachfolger zeigt schon jetzt spektakuläre Paraden

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Wie bei den Großen: Die neuen Trikots und Hosen passen

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Wilder Weltmeister 2026: Das Jubeln muss das RUND-Team nicht mehr üben

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Hansa-Rostock-Trainer hat sich offenbar nachhaltig über einen Text aus dem Jahr 2005 geärgert. FOTO HOCHZWEI

DAS BESONDERE INTERVIEW „Deisler soll einfach mal anrufen“ Die Spielergewerkschaft VDV beschäftigt seit August 2006 den LAUFBAHNCOACH FRANK GÜNZEL. Dieser soll Fußballprofis als Ideengeber und Berater für das Leben nach der aktiven Laufbahn zur Seite stehen INTERVIEW SEBASTIAN KOCH, FOTO MARTIN KRÜGER

Herr Günzel, wie kommt es, dass gerade ein diese Vermutung der Wahrheit entspricht, Was raten Sie einem durchschnittlichen ehemaliger Kunstturntrainer Fußballprofi s in dürfte sich doch die Zukunftsplanung der Regionalligaspieler höheren Alters, der kein puncto Karriereende beraten soll? Sportler als recht schwierig gestalten, oder? prickelndes Vertragsangebot mehr bekommt, FRANK GÜNZEL Prinzipiell gibt es ja durch- Was das Klischee betrifft, will ich mir hier wenn er zu Ihnen kommt? aus Parallelen im Profi sport, sei es nun Tur- nicht die Zunge verbrennen. Aber viele Profi s Wir versuchen eine sogenannte Berufsfi ndung. nen oder Fußball. Dank meiner Tätigkeit als denken eher kurzfristig und machen sich kei- Hierbei werden individuelle Fähigkeiten erör- Laufbahnberater im Olympiastützpunkt Dres- ne Gedanken über die Zeit nach dem Sport. tert und der Blick auf das persönliche Umfeld den/Chemnitz und der Anfertigung einer em- Hier gilt es dann anzusetzen und außerfuß- des Spielers gerichtet. Gibt es die Möglichkeit, pirischen Studie für die VDV zu dem Thema ballerische Fähigkeiten und Qualitäten der Pro- mit Hilfe des Bekanntenkreises oder bei Spon- „Berufsplanung von Fußballprofi s“ habe ich fi s zu erarbeiten. soren unterzukommen? Bietet sich eine Fort- diesbezüglich gewisse Erfahrungen. oder Ausbildung an? Wozu brauchen Profi fußballer überhaupt ei- Ist der heutige Durchschnittsprofi sogar in nen Laufbahnberater? Ist es nicht offensicht- manchen Fällen anfällig für Hartz IV? lich auf welche Tätigkeitsbereiche sich die Job- Das hat es auch schon gegeben. Neben einer möglichkeiten für Spieler reduzieren? möglichen fi nanziellen Degradierung spielen Sicherlich denken viele Profi s, sie könnten aber auch des Öfteren mentale Probleme der später entweder als Trainer, Berater oder Ma- Spieler eine Rolle. Das Gefühl, plötzlich nicht nager unterkommen und vergessen dabei, dass mehr gebraucht zu werden, kann auch gestan- diese Jobs nur in geringem Maße vorhanden dene Exprofi s zermürben. sind. Hier gilt es unter dem Motto „kratze dich, Fallbeispiel Sebastian Deisler. Was raten Sie bevor es juckt“ anzusetzen. Der Versuch, die ihm für seine berufl iche Zukunft? Profi s für eine Planung nach der aktiven Kar- Nachdem Herr Deisler jetzt seine Schuhe an riere zu sensibilisieren, ist eine große Heraus- den Nagel gehängt hat, vermute ich, dass er forderung. Im Idealfall wird der Plan noch in ein weiteres Eisen im Feuer hat. Jedoch stehe der aktiven Zeit geschmiedet. ich ihm auch gerne mit einigen Geistesblitzen Ein Klischee besagt, dass eine Vielzahl von zur Seite. Er soll einfach mal anrufen, und dann Fußballern nicht die Hellsten sind. Sofern Schuhe am Nagel: Günzel hilft Profi s nach der Karriere sehen wir weiter.

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rrund0307_014_019_Feldsalaund0307_014_019_Feldsala 1414 008.02.20078.02.2007 21:23:4221:23:42 UhrUhr AM BALL Feldsalat ++KLEINKLEIN++ ATLANTA – Die Heilsarmee, der englische FC und die Atlanta Silverbacks haben gemeinsam ein Pro- jekt gestartet, um für unterprivilegierte Hispanic-Jugend- liche im amerikanischen Georgia eine Fußballliga einzu- richten. Als Teil des Heilsarmee-Projekts entsendet Liverpool Trainer, die bei der Entwicklung des Fußball- sports helfen sollen. ++++++++++ PREISVERLEIHUNG RHODE ISLAND – Bunter Kopf Wellenreiten ist ge- sünder als Fußball, hat Jürgen Klinsmann ist gelernter Bäcker eine Studie von Wis- senschaftlern aus und ein großer Reformer. RUND verleiht daher dem amerikanischen Rhode-Island-Hospital jeden Monat DIE GOLDENE BUNDESBREZEL herausgefunden. Nach an Menschen, die sich besonders verdient 1000 Stunden Surfen seien durchschnittlich 6,6 ernsthafte Verletzungen zu gemacht haben um den deutschen Fußball beklagen, beim Fußball wesentlich mehr. FOTOS IMAGO MALTE OBERSCHELP, FOTO IMAGO ++KLEINKLEIN++ Um seinetwillen wünscht man, die Kulturtechnik des Haarefärbens wäre nie erfunden BUENOS AIRES – Eine Penisabbildung als Tattoo worden. Marcelinho ist wieder da, kein ganzes Jahr seit seinem unfreiwilligen Abschied von fand ein Fan des argentinischen Fußballvereins Boca Juniors auf seinem Rücken, obwohl er doch beim Hertha BSC Berlin. Defensivarbeit hat er verrichten müssen bei Trabzonspor, und das hat Tätowierer ein Boca-Symbol bestellt hatte. Der aber ihm gar nicht gefallen. Nun hat ihn ausgerechnet der Trainer mit einem Rentenvertrag in ist Fan von Bocas Erzrivalen River Plate. „Unglaublich“, befand ein Polizeisprecher. die Bundesliga zurückgeholt, der vor nicht allzu langer Zeit Marcelinhos Geistesverwand- ten Andrés D’Alessandro in die Wüste geschickt hat. Stichwort: Defensivarbeit. Vielleicht ++++++++++ ist ja Stefan „Effe“ Effenberg der nächste, der bei sein Comeback gibt. Jetzt leuchtet er wieder auf den Plätzen der Republik, der alle zwei Wochen abwechselnd WASHINGTON – Harshaan Singh Athwal, ein religiöser Sikh aus Washington, darf mit seinem Turban im offi zi- silberne, rote, gelbe, grüne oder wüst gestreifte Haarschopf. Darum und weil künftig und ellen Jugendfußball mitkicken. Nachdem er zunächst mit endlich auch das Sommerloch in Wolfsburg mit allerlei Spekulationen über seinen pünkt- Hinweis auf die Verletzungsgefahr, die von dem Turban- knoten ausginge, ausgeschlossen worden war, erreichte lichen Wiederarbeitsbeginn gefüllt werden wird, bekommt Marcelinho in diesem Monat der „Sikh American Legal Defense and Education Fund“ von RUND die Bundesbrezel. im November letzten Jahres die Zulassung Athwals. ++++++++++

MÜNCHEN – Max Breitner, Sohn von Paul, der als Nach- UNTER DER ZEITLUPE wuchsjournalist für die Münch- ner „tz“ die haltlose Behaup- tung einer Verwicklung Bastian Schweinsteiger in einen Wett- skandal sagen wir: recherchiert hat, ist die neue rechte Hand von Pressesprecher Markus Hörwick beim FC Bayern. Was verwundert: Paul Breit- ners Sohn hatte nach der „tz“-Affäre eine Weile Hausver- bot dort. Aber so ist das im Amigo-Land. FOTO IMAGO ++KLEINKLEIN++ LONDON – „Ein Idiot, eher dazu geeignet, sich um eine Kamel- herde in der Wüste zu kümmern, als ein WM-Spiel zu leiten.“ Das ist Ali Ben Nasser, tunesischer Schiedsrichter des WM-Spiels von 1986 zwischen England und Argentinien, bei dem Diego Mara- donas „Hand Gottes“ die Füh- rung brachte. Der Ben Nasser so beleidigt, ist sein damaliger Lini- enrichter, der Bulgare Bogdan Dotchev, der in einem Interview mit der Londoner „Sun“ sagte, er habe Maradonas Handtor gesehen, das aber dem Schiedsrichter nicht anzeigen können: „Damals wa- ren die Regeln anders.“ FOTO IMAGO Vom Scheitel zum Sturmschaden: Schwer gezeichnet sieht er aus, der Leverkusener Carsten Ramelow. 13 Profi jahre machen ihm zu schaffen. ++++++++++ FOTOS IMAGO

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rrund0307_014_019_Feldsalaund0307_014_019_Feldsala 1515 009.02.20079.02.2007 12:56:1812:56:18 UhrUhr AM BALL Feldsalat

UMFRAGE JEDEN MONAT FRAGT SIE

RUND NACH IHRER 32,5% MEINUNG. DIESES MAL Sepp Blatter als Fifa-Präsidenten ablösen WOLLTEN WIR VON IHNEN Für den Fußball hat er alles getan. 11,9% WISSEN: WAS SOLLTE Er soll sich als Nachfolger für Horst Köhler anbieten IM

JAHR 2007 MACHEN? Sabine Christiansen bei der ARD beerben 10,4% (die RUND-Online-Umfrage im Januar) und ihre Talkshow am Sonntagabend moderieren

Er sollte sich scheiden lassen, 21,4% damit er der nächste Papst werden kann Jeden Monat stellen wir Ihnen auf unserer Homepage eine RUND-Frage zum aktuellen Fußballgeschehen. Das Ergebnis folgt im Heft darauf. Unter www.rund-magazin.de/voting können Sie jederzeit abstimmen. Im ver- Er sollte nur noch Lichtgestalt sein, weniger 23,8% gangenen Monat nahmen 4155 Personen teil. arbeiten und sich mehr um seine Ehefrau kümmern

WAS MACHT GOMEZ? „Wenn es um Leben geht“ Neunationalspieler MARIO GOMEZ kommt auf rund 60 Ligaeinsätze für den VfB Stuttgart und zählt zu den Top-Torjägern dieser Saison. Seit letztem Sommer begleitet RUND den 21-jährigen Stürmer auf seinem Weg und fragt jeden Monat: Was macht Gomez? VON ELKE RUTSCHMANN, FOTO AXL JANSEN

en“, sagt der Jungnationalspieler. Die Medien schlecht und schießt ein Tor, ist die Note meist sind nicht so zurückhaltend: „Es ist viel mehr okay, spielt er gut und trifft nicht, dann reicht geworden mit den Interviewanfragen. Ich ver- es nur für ausreichend. suche dem gerecht zu werden, empfi nde das Er selbst könnte sich kaum vorstellen, selbst aber nicht als Belastung.“ einmal in die Tasten zu greifen und Details In der Winterpause gab es zwei Wochen kei- aus seinem Innenleben zu verraten. „Ich denke ne Fans, keine Kameras, keine Interviews, und nicht, dass ich das machen muss. Aber die Fans doch blieb ein großes Vorhaben auf der Stre- interessiert schon, was uns so bewegt.“ Zuletzt cke. Nein, Mario Gomez hat es wieder nicht hat ihm die Kolumne in RUND vom Kollegen ge schafft, endlich einmal ein Buch zu Ende zu Hildebrand zum Thema Arroganz gefallen. „In lesen. „Ich weiß nicht, woran es liegt, aber nach diesem Zwiespalt habe ich mich auch wieder- einigen Seiten schlafe ich immer ein.“ Ein Phä- gefunden“, sagt Gomez. Über das aktuelle Zeit- „Die Leute erkennen mich“: nomen, für das der Torjäger keine Erklärung geschehen informiert er sich über das Inter- Gomez (li.) ist jetzt so beliebt wie Fritzle (re.) hat, denn er ist kein Lesemuffel. Wenn er Zeit- net oder im Autoradio. schriften wie „Stern“ oder „Spiegel“ liest, blei- Dort hat er auch erfahren, dass sich der Bre- Mario Gomez sitzt in der Sportbar im neu- ben die blauen Augen offen. Der fl eißigste Le- mer Ivan Klasnic einer Nierentransplantation en Carl-Benz-Center, wartet auf einen Salat ser im Team sei jedoch Thomas Hitzlsperger. unterziehen musste. „Da sieht man, wie schnell mit Putenbruststreifen, der dann doch nicht „Der liest nicht nur die ,Zeit‘, sondern über- das gehen kann und der Fußball in den Hin- kommt, und nippt an seinem Orangensaft. Die rascht uns immer wieder mit coolen Magazi- tergrund rückt, wenn es um dein Leben geht“, anderen Gäste werfen neugierige Blicke in sei- nen, die ich gar nicht kenne“, erzählt Gomez. so Gomez. Seine Popularität nutzt er nicht, ne Richtung. Sie stecken die Köpfe zusammen, Er selbst hat den „Kicker“ abonniert und fühlt um sich bei den Medien anzubiedern, sondern respektieren aber letztlich die Privatsphäre des sich meist ganz fair beurteilt. „Das liegt dar- unterstützt lieber den zweijährigen Justin, der Profi s. „Das ist fast immer so. Die Leute erken- an, dass das Bewertungssystem bei Stürmern an Leukämie erkrankt ist, bei dessen Suche nen mich zwar, aber es bleibt meist beim Schau- sehr durchschaubar ist“, sagt Gomez. Spielt er nach einem Knochenmarkspender.

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rrund0307_014_019_Feldsalaund0307_014_019_Feldsala 1616 008.02.20078.02.2007 21:24:0921:24:09 UhrUhr AM BALL Feldsalat

CHRISTIAN OKPALA JAHN RICHARD NITTER Immer wenn Christian Okpala in seine Nähe kam, fi ng Sa- Wie man spätestens seit dem „Sakrileg“ weiß, kasteien scha Benda beherzt zu furzen an. Schwer gereizt schlug VIKASH DHORASOO sich die katholischen Rechtsaußen von Opus Dei. Der Nor- Okpala zu und wurde bei den gefeu- weger Jahn Richard Nitter vom Drittligisten Aamot geht ert. Schon beim FC Augsburg konnten sich die beiden Der Vizeweltmeister, Freigeist und Publikumsliebling bei ebenfalls streng mit sich ins Gericht. Aus Reue darüber, nicht riechen. Benda musste 250 Euro Strafe bezahlen, Paris-Saint-Germain und Trainer Guy Lacombe, der Werner dass er seinen Gegenspieler zu Boden gestreckt hatte, wegen notorischer Geruchsbelästigung. Lorant Frankreichs – das konnte nicht gut gehen. Dhorasoo suspendierte er sich 2004 freiwillig bis zum Saisonende. nannte ihn einen „Lügner“ und kritisierte dessen Training. Seinem Klub hatte er damit den Kündigungsgrund geliefert: Weitergabe von Trainingsplänen an die Presse.

ELF SUSPENDIERUNGEN UND DU BIST RAUS! FOTOS IMAGO, PIXATHLON, HOCHZWEI, WITTERS Sachbuchautor wollte er werden, der Keeper der Natio- Er pöbelte im April 2002, kurz vor seinem Abgang bei den nalelf und des 1. FC Köln, und die Wahrheit über den Fuß- Bayern, im „Playboy“ gegen Arbeitslose. ball schreiben: In seinem Buch „Anpfi ff“ las man, wer dopt, schmiss ihn dafür aus dem Kader. Das Stadionheft gegen wer säuft, wer pokert und wer in den Puff geht. „Anpfi ff“ Hertha war zu diesem Zeitpunkt leider schon gedruckt. Es wurde 1987 ein Bestseller, aber Beckenbauer fand das zeigte Blondie und die Schlagzeile: „Servus Effe! Eine Werk „primitiv“. Der Torwart war nicht mehr haltbar. große Spielerpersönlichkeit verlässt den FC Bayern“.

OKOCHA, YEBOAH UND GAUDINO Maurizio Gaudino, Jay-Jay Okocha und Toni Yeboah wa- CACAU ren in besseren Tagen der Eintracht Garanten für schönes ULI STEIN Spiel. Bis Trainer die drei der Arbeitsverwei- Der Brasilianer war leicht muskelverletzt. Klaus Augen- gerung bezichtigte, als diese erst zum Sondertraining und Zwei Suspendierungen in einem Jahr, das hat kaum einer thaler, damals Trainer beim 1. FC Nürnberg, hatte eine Pau- dann zum sonntäglichen Serienspiel nicht antreten wollten. geschafft. Uli Stein schon. Erst fl og er 1986 aus dem WM- se und Massage verordnet. Doch Cacau hörte nicht, ging Der Absturz von Frankfurt war die natürliche Folge. Kader, weil er Teamchef Beckenbauer einen Suppenkas- ins Schwimmbad toben und log am nächsten Tag, dass er par nannte, dann entließ ihn 1987 der HSV, nachdem er zu Freunden nach Stuttgart gefahren sei. Pech, dass er im Supercup-Finale Jürgen Wegmann mit der Faust nie- beim Baden gesehen worden war, denn nun tobte Auge. dergestreckt hatte. Da war Alarm bei der Kobra.

HANY RAMZY Acht Monate auf Bewährung – so lautete die Strafe für Ha- JAN ŠIMÁK ny Ramzy, der vor Gericht die sexuelle Nötigung einer Frau zugab. Der 1. FC Kaiserslautern zog den Abwehrspieler Er wurde gleich mehrfach aus der Mannschaft geschos- daraufhin sofort aus dem Verkehr. Erst als das Opfer und Mario Basler und das Bier – diese seit Jahrzehnten glück- sen, hat der Tscheche doch gerne einen getrunken oder sein Ehemann sich dafür einsetzten, dass er wieder für den lich geführte Ehe wurde dem Pfälzer 1999 zum Verhäng- zeigte nicht das erforderliche Engagement. Einmal aber FCK spielen solle, lenkte der Klub ein. nis. Da er um kurz nach drei pöbelnd in einer Trattoria statt fl og er aus dem Kader, weil er eine Stadt beleidigt hatte: schlafend in der Rehaklinik angetroffen wurde, zog der da- Hannover, sagte er, sei öde und hässlich. Er wechselte malige Trainer Ottmar Hitzfeld unfreiwillig doppeldeutig die nach der Saison nach Leverkusen. Ehrlich: Leverkusen. Reißleine: „Das Maß ist voll.“

*Wir suchen: Harte Hunde! Wer hat trotz schlimmster Verletzung weiter gespielt? Schreiben Sie an: [email protected]. Stichwort: Wunde.

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rrund0307_014_019_Feldsalaund0307_014_019_Feldsala 1717 008.02.20078.02.2007 21:24:1021:24:10 UhrUhr AM BALL Feldsalat

BILDERRÄTSEL WELCHE FLÄCHE PASST ZUM ORIGINAL?

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Hier gibt’s Gewinne!!!!!

ABC

Erkennen Sie den Champions-League-Pokal auch nachts oder im Gegenlicht? Schauen Sie genau hin und senden Sie den Lösungsbuchstaben bis zum 19. März 2007 an: Redaktion RUND, Pinneberger Weg 22-24, 20257 Ham burg; Fax 040-80 80 686-99 oder [email protected], Stichwort: Pokal. Wir verlosen zwei D-Jugend-Trikotsätze der Firma Takko (www.takko.de), bestehend aus je 14 Feldspieler- und einem Torwarttrikot. Das Lösungswort des Februarrätsels lautet: Daum. Die Gewinner der DVD „Profi s“ werden im nächsten Heft bekanntgegeben. Die Gewinner der fünf Axe-Mas-„Click“-Sets aus dem Januarrätsel (Stichwort: Fehler) sind: H.P. Petersen, Hollingstedt; K. Nethemeier, Northeim; S. Knabe, Beneckenstein; J. Pochert, Berlin; T. Jürgl, Köln. Die Gewinner werden von uns benachrichtigt.

TRAUMSPIEL „Ein Tor für Afrika“ Der Kameruner ROGER MILLA ist einer der großen alten Männer des afrikanischen Fußballs. Bei der WM 1990 schaffte er auch international seinen Durchbruch. In RUND erzählt der 54-Jährige vom schönsten Moment seiner Karriere

Ich weiß noch, dass wir schon hätte ich damals nie gedacht. Wir sind Afrika- ein oder zwei Tage vorher unge- ner, da jubelt man vielleicht ein bisschen an- wöhnlich konzentriert waren. ders als die Europäer. Wir haben über nichts anderes Dieser Erfolg war für uns, aber auch für ganz nachgedacht als die Frage: Wie Afrika extrem wichtig. Durch das Tor kam erst- können wir diesen Kolumbia- mals ein afrikanisches Team ins Viertelfi nale nern beikommen? Das Spiel be- einer WM. Das ist mir sofort bewusst gewe- gann mit mir auf der Auswech- sen. Danach kamen ja auch all die Glückwün- „Habe Fußballgeschichte geschrieben“: selbank. Das war in Ordnung, sche, nicht nur aus Kamerun. Am meisten ge- Roger Milla traf gegen Kolumbien schließlich war ich ja nicht mehr freut habe ich mich, dass der kolumbianische der Jüngste. Aber als ich ins Spiel Kapitän, Carlos Valderrama, zu den ersten Gra- kam, war ich sofort voll da! Und als tulanten gezählt hat. Wir haben uns vorher der kolumbianische Torwart René Higuita in schon gut verstanden, aber seitdem ist er ein der Verlängerung wieder mal einen seiner Aus- echter Freund von mir. Das bedeutendste Spiel meines Lebens? Da fl üge auf dem Spielfeld machte, habe ich gar 16 Jahre ist das nun her, aber wenn ich ir- muss ich wirklich nicht lange überlegen, denn nicht lange nachgedacht. Ich habe ihm den gendwo hinkomme und mich vorstelle, sehe es ist auch mein bekanntestes gewesen. An das Ball abgenommen, und danach war es natür- ich immer sofort, was die Leute denken: Sie Match mit meiner Nationalelf bei der Welt- lich einfach, ihn ins Tor zu schießen. Ich mei- den ken an mein WM-Tor gegen Kolumbien. meisterschaft 1990 im Achtelfi nale gegen Ko- ne, ohne Torwart, das hätten andere auch ge- Ich glaube, ich habe da ein Tor gemacht, das lumbien wird man sich immer erinnern, wenn schafft. Der Jubel an der Eckfahne danach? Fußballgeschichte geworden ist. mein Name fällt. Dass der einmal so berühmt werden würde, AUFGEZEICHNET VON PETER AHRENS, FOTO GETTY

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rrund0307_014_019_Feldsalaund0307_014_019_Feldsala 1818 008.02.20078.02.2007 21:24:4121:24:41 UhrUhr AM BALL Diegos Welt

Das Handicap des Zauberers Als 17-Jähriger galt Diego beim FC Santos als Nachfolger Pelés. In Porto saß er auf der Tribüne. In Bremen zeigt er nun, dass er der beste Fußballer der Welt sein könnte – doch das größte Problem ist der eigene Vater

VON SVEN BREMER UND RAINER SCHÄFER, MITARBEIT OLIVER LÜCK, MALTE OBERSCHELP UND VÍTOR SANTOS, FOTOS MAAK ROBERTS, IMAGO, WWW.DIEGO10.COM.BR, ACTIONPRESS, PIXATHLON

Der kleine Mann hat großen Hunger. „Mehr Makkaroni“, fl üstert er bestimmt zu seiner Freun- din Bruna. Viel Nudeln und Fleisch, das braucht ein Zauberer wie Diego zwischen zwei Trai- ningseinheiten. Vor allem Fleisch. Heute ist sein Hunger besonders groß. Bruna ist aus Brasi- lien eingefl ogen und steht am Herd. Dabei hat die Schöne Geburtstag. Und noch nicht einmal an diesem besonderen Tag hat Werders Nummer zehn ihre Ruhe: Interview im Hause Ribas da Cunha in Bremen. Routiniert wirft sich Diego beim Foto-Shooting in Pose. Diego ist einer der Frühreifen im Fußball. Mit 17 wurde er Profi , als gerade einmal 22-Jäh- riger weiß er genau, wie er sich außerhalb des Spielfelds verhalten muss. Er kann sekunden- schnell ein reizendes Lächeln anstellen. Das Diego-Lächeln, auf Kommando. Funktioniert per- fekt. Er antwortet ausschweifend und verrät dabei nicht viel. Seine gepfl egten Hände sprechen dabei nicht mit, sie bleiben reglos auf dem Tisch liegen. „Ich bin absolut glücklich in Bremen“, sagt er mit dem Elan eines Angestellten der Deutschen Bahn, der im Bahnhof Itzehoe die Ver- spätungsmeldungen verliest. Wer ist dieser Diego Ribas da Cunha, der auf dem Platz alle vorführt und daneben nicht auf- fallen will? „Er wirkt immer so lieb und brav“, erzählt sein ehemaliger Berater Dino Lamber- ti. „Aber er ist wie ein Hund, wie ein Pitbull. Wenn du ihn böse machst, wird er nur noch stär- ker.“ Noch stärker? Die Konkurrenz wird es mit Schrecken vernehmen.

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„Wie ein Pitbull“: Wird Diego gereizt, dann wird er noch stärker

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Ribeirão Preto liegt 320 Kilometer nördlich von São Paulo und gilt als das Kalifornien Brasiliens. Die Stadt mit rund 500.000 Einwoh- nern ist ein großer Umschlagsplatz für Getreide, Sojabohnen, Bier und Schnaps. Diego war fünf, als er mit allem Fußball spielte, was er vor die Füße bekam. Er jonglierte alles durch die Wohnung, was er fand. Als seine Eltern abends einmal ausgingen, fanden sie bei der Rückkehr einen glücklichen Sohn und eine verwüstete Wohnung vor. Diego muss grinsen, als er diese Geschichte erzählt: „Dabei sind einige Statuen Es läuft ausnehmend gut für den Brasilianer. Kaum in der Bundes- meiner Mutter zu Bruch gegangen.“ liga angekommen, wurde er zum neuen Superstar erkoren, sodass Wer- Elf Jahre war Diego alt, als sich die Familie da Cunha entschloss, das der-Manager sich verpfl ichtet fühlte, die Aufregung um Angebot des FC Santos anzunehmen, dem Klub des großen Pelé. Für den Neuzugang etwas abzumildern. Aber Allofs sagte auch, nachdem Diego war es nicht, wie für viele andere brasilianische Fußballstars, ihm längst die Ohren geschmerzt hatten von all den Unkenrufen, die der einzige Weg, um der Armut und dem Elend zu entkommen. Die besagten, der Neue könne Werder-Dirigent Johan Micoud nicht erset- Familie gehörte der gehobenen Mittelschicht an. Vater Djair arbeite- zen: „Jetzt merkt vielleicht auch der Letzte, was er für einer ist.“ So ei- te als Wirtschaftsingenieur, Mutter Cecília kümmerte sich um das Nest- nen wie Diego hatte die Bundesliga in 43 Jahren noch nicht gesehen. häkchen Diego und seine beiden älteren Schwestern Djenane und Dai- Es ist der siebte Spieltag der laufenden Saison: Bochums versam- ane. Der Schritt aus der heilen Familie hinaus ins Internat fi el Diego, melte Defensive liegt mutlos am Boden. Gezeichnet von der Demüti- der gerade einmal so groß war, dass er über die Tischkante schauen gung, die ihnen der wahnwitzige Diego gerade zugefügt hatte. Eine konnte, schwer. „Die erste Zeit war sehr schwierig für mich. Es gab Ungerechtigkeit war es, dass sich diese wackeren Fußballarbeiter aus Momente, in denen ich aufgeben wollte, weil ich so starkes Heimweh Bochum gegen diesen Virtuosen zur Wehr setzen sollten. hatte“, gesteht er. „Aber der Wunsch, Profi zu werden, war stärker. Und Es ist die 77. Minute, als einige im Werder-Block darüber zu lamen- mit der Hilfe meiner Familie habe ich es geschafft, mir diesen Traum tieren beginnen, dass Diego einmal mehr das Spielgerät zu lange halte. zu erfüllen.“ Damals dachte auch sein Vater Djair Ribas da Cunha noch Zu selbstverliebt sei er, heißt es, dieser Fummelkönig, dieser Micoud nicht daran, seinen Sohn mit den Augen eines Managers zu betrach- im Taschenformat. Da umkurvt Diego vier Abwehrspieler des VfL in ten: als Talent, das man zu Geld machen konnte. halsbrecherischem Tempo, um dann auch noch Keeper Skov-Jensen zu narren. Mit der Sohle nimmt er den Ball mit, zieht am herausstür- zenden Torwart vorbei und vollendet eine Demonstration der Extra- nicht nur auf dem klasse. Kein Spieler der Welt – Ronaldinho ausgenommen – schafft es, Effektivität mit solch außerirdisch anmutenden Tricks zu verbinden. fussballplatz waren In Porto hat Diego einmal ein Tor vorbereitet, indem er den Pass in die Spitze mit dem rechten Fuß hinter dem Standbein schlug. diego und robinho Werders Spielmacher ist mit den ganz Großen des Weltfußballs ver- ein duo infernale glichen worden. Brasilianische Journalisten forderten, doch bitte ei- ne DNA-Probe bei Diego vornehmen zu lassen. Denn nur ein Sohn von Zico, dem weißen Pelé, wäre in der Lage, so Fußball zu spielen. Tostão, Weltmeister von 1970, sagt über Diego: „Es scheint, als spiele Vor wenigen Tagen ist Djair Ribas da Cunha in Brasilien wegen Mord- er mit Augen auf den Füßen.“ Am ähnlichsten kommt Diegos Spiel- versuchs festgenommen worden. Er soll einen Motorradfahrer absicht- weise der von Diego Armando Maradona. lich angefahren haben. Ein Schock für Diego, der schon öfter unter Diego besitzt die seltene Begabung zu wissen, was der Gegner im Papas Ausrastern zu leiden hatte. Trotzdem sagt er beim Gespräch in nächsten Moment macht – und dann genau das zu tun, womit er nicht Bremen: „Mein Vater ist der wichtigste Mensch für mich. Er ist mein rechnet. „Ich habe solche Dinge nie besonders geübt. Ich glaube, es großes Vorbild.“ Diego blickt dabei regungslos aus großen braunen Au- ist einfach eine Gabe, die mir mitgegeben wurde“, sagt Diego. Es ist gen. Was er fühlt, zeigt er nicht. Magie, es ist eine Kunst, die man nicht erlernen kann. Über die ein Aufstehen, Frühstück, Schule, Mittagessen, Fußball, Abendessen Künstler nicht gerne spricht. „Es gibt große Spieler wie Ronaldinho und Schlafen. Der Tagesablauf im Internat bot keine Abwechslung. oder Zidane. Wenn man will, kann man die als Zauberer bezeichnen. Diego war ein mittelmäßiger Schüler. Einen Großteil des Unterrichts Aber ich, ich bin kein Zauberer“, wiegelt Diego ab. verbrachte er damit, mit Robinho herumzualbern (siehe auch Inter- Rote Erde, überall rote Erde, die in der Hitze fl immert. In Ribeirão view auf Seite 28). Der Nationalspieler bei Real Madrid ist immer noch Preto spielen die Kinder barfuß auf dieser roten Erde Fußball. Hier hat sein bester Freund. Erst gestern telefonierten die beiden miteinander. Diego schon früh gelernt einzustecken. Weil er schon immer schnel- Nicht nur auf dem Fußballplatz waren sie ein Duo infernale. ler und besser war als die anderen. Weil der Ball ihm nicht von der Seite wich, wie ein abgerichtetes Hündchen seinem Herrn. Weil er oft nur durch Fouls daran gehindert werden konnte, seine Überlegenheit auszuspielen. Häufi g kam Diego mit rot verfärbten Füßen nach Hau- se, mit aufgeschürften Knien. Und lächelte zufrieden.

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Immer am Ball: Ein Tag ohne Fußball ist für Diego ein verlorener Tag

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Sein liebstes Hemd: Diego galt in Brasilien als Gehirn der Nationalmannschaft

Diegos Karriere

Diego als Fünfjähriger im Als Elfjähriger im Internat Der 16-Jährige Haus seiner Eltern in des FC Santos. Diego zaubert bei Ribeirão Preto. Natürlich verspürt starkes Heimweh der U17-WM in mit Ball Trinidad und Tobago 2001 1996 1990 Diego, 9, natürlich Der frühreife Diego mit wieder mit Ball, in der 1998 13 Jahren im Internat Jugend mannschaft in in Santos. Mädchen sind 1994 Ribeirão Preto längst ein Thema

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aber 2002 kippte die stimmung. diego gefi el sich in der rolle des lebemanns

Fußballerisch schien es für Diego keine Grenzen zu geben. Als er 16 sagt Lamberti. 2003 spielte der Santos-Regisseur erstmals in der A-Na- war, holte ihn der damalige Santos-Coach Celso Rott in den Profi ka- tionalmannschaft. Ein Jahr später sollte die Olympiaauswahl Brasili- der des Klubs. Unter dem nächsten Trainer, Émerson Leão, holte Di- ens auf die Mission Gold nach Athen geschickt werden. Doch Diego, ego bereits in seinem zweiten Jahr als Profi mit dem FC Santos die bra- Robinho & Co. schafften noch nicht einmal die Qualifi kation, vor allem silianische Meisterschaft. Alle verglichen den neuen Star mit Pelé, auch, weil dem Spielmacher gar nichts gelingen wollte. auch der beste Fußballer aller Zeiten sagte, es käme wohl niemand so Diegos Vater, Djair Ribas da Cunha, geriet zunehmend in die Kritik. nahe an ihn heran wie Diego. Er lag im Clinch mit dem FC Santos, versuchte den Transfer Diegos Ricardo Setyon kennt Diego seit vielen Jahren. Der ehemalige Pres- nach Europa einzufädeln und sorgte mit seiner Verhandlungstaktik sechef der brasilianischen Nationalmannschaft gerät ins Schwärmen, für negative Schlagzeilen. Da Cunha senior hatte inzwischen das Ma- wenn er den frühen Diego beschreibt: „Er war ein Genie, er hat die nagement des Ausnahmetalents von Dino Lamberti übernommen. „Der besten Seiten von Kaká, Ronaldinho und Robinho vereint. Diego galt Junge wollte, dass ich sein Berater bleibe“, behauptet Lamberti, „aber als die Zehn, als Gehirn und Seele der Selecão. Er war dabei, der bes- der Vater wollte es nicht mehr. Das ist ja irgendwo auch nachvollzieh- te Fußballer der Welt zu werden.“ Sogar Gedichte wurden über ihn ge- bar. Die Eltern haben schließlich auch Träume. Sie wollen schnell an schrieben, weil eine andere Sprache als die poetische dieses roman- das große Geld kommen.“ tische Gefühl nicht beschreiben könne, das der göttliche Diego mit Im Sommer 2004 wechselte Diego für gute sieben Millionen Euro einem Ball auslösen kann. Längst waren etliche Klubs aus Europa auf Ablöse zum Champions-League-Sieger FC Porto. Außerdem soll ein ihn aufmerksam geworden. Handgeld in Millionenhöhe an Diegos Familie gefl ossen sein. Für Lam- Aber 2002 begann die Stimmung zu kippen. Diego, der in Ribeirão berti kam der Wechsel zu früh. „Ein Jahr später hätte er zu einem der Preto das Image des gut erzogenen, aus guten Verhältnissen stam- ganz großen Klubs in Europa gehen können“, sagt der lizenzierte Spie- menden Jungen hatte, gefi el sich plötzlich in der Rolle des Lebemanns: lerberater aus der Schweiz. Werder gehörte noch nicht dazu, trotz des „Im Vergleich zu Kaká, der immer als sauberer Junge galt“, sagt Sety- Double-Gewinns in Deutschland. Klaus Allofs gesteht: „Das war nicht on, „hatte er damals das Image des Bad Boys. Partys, Mädchen, eine umzusetzen. Werder war noch zu unbedeutend. Warum er dann erst Rangelei mit Fans in einem Kaufhaus trugen dazu bei. Diego wollte zu Porto gegangen ist, weiß ich bis heute nicht.“ Bei Robinho sei die schon ein Mann sein, als er noch ein Kind war.“ nächste Station Real Madrid gewesen, und Diegos Stellenwert hätte Kein brasilianischer Fußballer vor ihm wurde so verhätschelt, an weit über dem von Robinho gelegen. Dass Diego beim Exverein des keinen waren die Erwartungen so groß. Diego war schon als Teenager neuen Chelsea-Trainers José Mourinho geparkt werden sollte, um spä- öffentliches Eigentum. „Das war Wahnsinn. Eine Weile lang war kei- ter bei entsprechenden Leistungen an die Stamford Bridge transferiert ne andere Person häufi ger im brasilianischen Fernsehen zu sehen“, zu werden, vermuten nicht nur portugiesische Journalisten.

Das Duo infernale: Kurzes Glück in Porto: Lutscher (rechts) Diego und Robinho Diego und Carlos und der Zwerg vor dem Länder- Alberto Gomes als (links) können nicht spiel gegen Mexiko Weltpokalsieger nur streiten

2004 2007 2003 Im Sommer 2006 Diego mit 19 beim Meister in Bremen. Die FC Santos. Kurz darauf 2006 wenigsten wussten, wechselte er zum FC Porto 2004 was Diego kann

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Nicht Madrid, Mailand oder London: Diego ist Bremer

Sesselsitzer: Diego in seiner Wohnung in Bremen-Schwachhausen

in porto hätte der zauberer fast seine magie verloren. diego musste die wm abschreiben

Diego hatte den FC Santos im Unfrieden verlassen, körperlich und zen, vertraute der Trainer lieber Spielern aus der zweiten Mannschaft mental nicht auf der Höhe. Das Pokerspiel um seinen neuen Vertrag oder aus der Jugend. „Ich hätte es ja sogar noch akzeptiert, auf der hatte wohl seine Spuren hinterlassen. Doch der Wechsel zum FC Por- Bank zu sitzen“, erzählt Diego, der sich noch immer ungerecht behan- to schien ihm zunächst gut zu bekommen. In seiner ersten Saison war delt fühlt. „Aber dass ich zwei Monate lang noch nicht einmal im Ka- der Brasilianer unumstrittener Stammspieler, in der zweiten saß er der war, kann nichts mit sportlichen Dingen zu tun haben. Da muss deprimiert auf der Bank oder Tribüne. Das Elend, das ab Sommer 2005 irgendetwas anderes gelaufen sein.“ seinen Lauf nahm, hatte einen Namen: Co Adriaanse. Diego ist über- Eines steht fest: In Porto hätte der Zauberer beinahe seine Magie zeugt, dass er unter jedem anderen Trainer dieser Welt weiter zur verloren. Diego musste sogar die WM in Deutschland abschreiben. Stammelf gezählt hätte. Adriaanse aber ignorierte ihn mit der Begrün- „Es war ein Schock für ihn. Trotzdem hat er sich absolut vorbildlich dung, dass Diego nicht mehr in sein taktisches System passe. „Wenn verhalten“, sagt der damalige Kapitän des FC Porto, Jorge Costa, „aber es allein die Taktik gewesen wäre, dann hätte es eine Lösung gegeben“, mit dem Trainer konnte er nicht glücklich werden.“ Adriaanse verwei- sagt Diego rückblickend. gert inzwischen jede Auskunft über das Kapitel Diego. Wahrschein- Diego trainierte so hart wie noch nie, Co Adriaanse schaute weg und lich hat der sture Niederländer, der jetzt den ukrainischen Erstligis- setzte den Brasilianer auch dann auf die Tribüne, wenn er keine elf ge- ten Metalurg Donezk trainiert, einmal zu oft die deutsche Bundesliga sunden Spieler auf den Platz schicken konnte. Anstatt Diego einzuset- im Fernsehen gesehen. Mit dem überragenden Diego.

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Diego selbst beschwerte sich nie öffentlich. Manchmal, erzählt er Karriere seines Sohnes ruiniert“, fasst Ricardo Setyon die öffentliche heute, hätte er am liebsten seine Fußballschuhe an die Wand gewor- Meinung zusammen. fen. Aber er hat – voll und ganz Profi – gelernt, sich zu disziplinieren In ihrem Zorn machen viele fußballverrückte Brasilianer Djair Ri- und zu kontrollieren. Und seine Gefühle für sich zu behalten, der Karrie- bas da Cunha sogar dafür verantwortlich, dass Brasilien 2006 nicht re wegen. „Djair Ribas da Cunha war immer die Stimme von Diegos Weltmeister wurde. Wäre Diego bis zur WM bei Santos geblieben, hät- Gefühlen“, beschreibt ein portugiesischer Journalist das Dilemma. te er seinen Platz in der Selecão nicht verloren. Und er hätte für Bra- Es scheint, als trüge Diego eine Last, eine Verpfl ichtung, die er mit silien das sein können, wozu er auserkoren ist: der Heilsbringer einer den Wunderkindern dieser Welt teilt. Deren Leben aufgrund ihrer au- ganzen Nation. „Alle waren so genervt, dass es keinen mehr interes- ßergewöhnlichen Begabung, aber vor allem aufgrund der an sie gestell- sierte, was Diego in Porto macht. Er war innerhalb von zwei Jahren ten Erwartungen vorbestimmt ist. Diegos Leben ist von Disziplin und von einem Superstar zu einem Nobody geworden“, sagt Setyon. Zwängen geprägt, um das gesteckte Ziel zu erreichen. Das in seiner Bremen-Schwachhausen, eines der besten Viertel der Hansestadt. Kar riere zunehmend vom ehrgeizigen Vater entworfen wurde. Die Rolläden an Diegos Haus sind geschlossen. Hinter den Jalousien Sogar als der FC Porto sein Gehalt verspätet bezahlte, blieb Diego wird gekocht. Wenn Diego vom Training kommt, wird er Hunger ha- ruhig. Anders der Papa. Der verfasste auf der Homepage von Diego po- ben. Einer der beiden Gartenzwerge, die vor der Eingangstür stehen lemische Texte gegen den Trainer und kritisierte öffentlich die Klub- sollen, ist heute nicht da. Ist er als Andenken in die Hände eines Fans führung. Beim FC Porto reagierte man gereizt auf die Sticheleien. Der gefallen? Schwachhausen ist nicht Madrid, Mailand, London oder Bar- Vater bestätigte alle diejenigen, die ihn schon vorher als Last des Wun- celona, aber Diego wirkt zufrieden. Er mag das beschauliche Bremen, derkindes kritisiert hatten. „Er hat in Brasilien den Ruf, dass er die liebt die Spaziergänge im nahen Bürgerpark.

Tricksen mit Diego

DIEGOS EINGEKLEMMTE-KUGEL-TRICK Den Ball mit der Sohle nach hinten ziehen (Bild 1), mit dem nach hinten gestreckten Bein zwischen Spann und Boden einklemmen (2) und aufditschen lassen. Durch diese schnelle Bewegung bekommt der Ball einen Drall, springt nach vorne (3) und kann nun jongliert werden (4)

DIEGOS KNOTEN-IN DIE-BEINE-TRICK: Den Ball mit der Sohle nach hinten ziehen (Bild 1) und in der gleichen Bewegung mit dem Innenrist hinter dem Standbein nach oben lupfen (2 und 3). Dann das Gewicht schnell auf das andere Bein verlagern (4), um den Ball nun wieder jonglieren zu können (5)

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rrund0307_020_031_Titelgeund0307_020_031_Titelge 2727 008.02.20078.02.2007 21:33:0421:33:04 UhrUhr AM BALL Diegos Welt

„Diego war der Schlimmere“

Robinho ist Diegos bester Freund. Gemeinsam spielten sie beim FC Santos und wurden brasilianischer Meister. Im Interview erzählt der Stürmerstar von Real Madrid von einer Verfolgungsjagd mit der Polizei und wie er dem Bremer Spielmacher mal die Hose runterzog

Robinho, stimmt es, dass Sie und Diego fast Wir haben oft die Schule geschwänzt, um Das war bloß ein Spaß, löste in der Öffent- täglich miteinander telefonieren? Fußball zu spielen – am Strand, auf unseren lichkeit aber großen Wirbel aus. Viele hielten ROBINHO Ja, uns verbindet eine tiefe und Zimmern, auf der nächsten Wiese. Das eine uns anschließend vor, dass wir unseren Beruf langjährige Freundschaft. Wir haben unsere Mal sind wir an einem Freitag schon um neun nicht ernst genug nehmen würden, da wir die Jugend im Internat des FC Santos miteinan- Uhr über die Mauer abgehauen, obwohl wir Qualifi kation für die Olympischen Spiele in der verbracht. Und er ist clever: Meistens ruft noch bis elf Unterricht gehabt hätten. Gerade Athen verpassten. Doch Sie können mir glau- er mich per R-Gespräch an, so dass ich die Kos- als wir über die Mauer kletterten, sahen uns ben, dass wir unsere Aufgabe auf dem Platz ten tragen muss. Doch was wenige wissen: aber einige Polizisten, die wohl dachten, dass immer ernst genommen haben, manchmal so- Diego war damals einer der wichtigen Grün- wir etwas Böses im Schilde führen würden. gar zu ernst. Wir haben gemeinsam zweimal de für mich, vom FC Santos zu Real Madrid Sie nahmen sofort die Verfolgung auf und rie- die brasilianische Meisterschaft gewonnen. zu wechseln. Er spielte damals noch beim FC fen: „Stehen bleiben!“ Doch wir waren viel zu Wenn Diego und ich zusammen spielen, ent- Porto, der Weg zu meinem besten Freund war schnell für sie und entkamen. steht ein Zauber, unsere Fantasie mit dem Ball dann also nicht weit. Bitte beschreiben Sie Diegos Art. ist dann grenzenlos. Warum hatte er so große Probleme, in Portu- Um Ihnen die Wahrheit zu sagen: Diego war Wann werden Sie wieder gemeinsam für ei- gal Fuß zu fassen? der Schlimmere von uns beiden, auch wenn nen Klub spielen? Er erzählte mir damals, dass es eine enorme er in der Öffentlichkeit immer ernster wirkte Das wäre ein Traum. Jeder Verein der Welt, Umstellung von Brasilien nach Europa für ihn als ich. Der hatte immer nur Streiche im Kopf, der Diego und mich im Team hätte, könnte war. Die Kultur ist anders, die Art, Fußball zu hat einen nie schlafen lassen, hat andere mit sich glücklich schätzen. Das dürfte in abseh- spielen ebenfalls. Es geht viel professioneller Wasser bespritzt. Er hat auch nicht lange über- barer Zeit allerdings schwierig werden. Ich bin zu als in Südamerika. Zunächst hatte er auch legt und immer das gemacht, was ihm gerade zufrieden in Madrid, Diego in Bremen. Doch großes Heimweh. Wenn wir telefonierten, ge- in den Sinn kam. Auch wenn wir beide in den wir haben uns das Versprechen gegeben, ir- rieten wir oft ins Schwärmen über unsere ge- letzten Jahren um einiges erwachsener gewor- gendwann noch einmal gemeinsam für den meinsame Zeit beim FC Santos. Das ist auch den sind, werden wir unser Lachen ganz be- FC Santos zu spielen. Wir sind noch jung, bis heute noch so. stimmt nie verlieren. dahin wird noch viel passieren. Das Privileg, Gemeinsam sollen Sie eine Menge Blödsinn Einmal haben Sie ihm vor laufender Fernseh- uns in einer Elf zu haben, wird vorerst nur die angestellt haben damals. kamera die Hose runter gezogen. brasilianische Nationalmannschaft haben.

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Wiedergeburt in Bremen: Diego wurde wieder in die Nationalmannschaft berufen

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rrund0307_020_031_Titelgeund0307_020_031_Titelge 2929 008.02.20078.02.2007 21:33:1321:33:13 UhrUhr AM BALL Diegos Welt

diegos vater soll schon am nächsten transfer arbeiten

Wenn er etwas gelernt hat in Porto, dann Demut. „Ich habe den Schritt nach Bremen nicht eine Sekunde bereut. Alles, was man mir versprochen hatte, ist eingetreten“, sagt Diego, der endlich auch wie- der in die Selecão berufen wurde. Diego hat mit wie- der einen Trainer, dem er vertraut. „Wir haben ein sehr gutes Verhält- nis. Er ermuntert mich stets, meine Meinung zu sagen.“ Weihnachten verbrachte Diego in Brasilien, Gelegenheit für Ricar- do Setyon, mit ihm zu reden. „Er ist wirklich glücklich. Bremen ist wie eine Wiedergeburt für ihn. Bislang hatte er immer Angst vor seinem Vater, jetzt ist er dabei, ein Mann zu werden.“ Diego hat bei Werder einen Vertrag bis 2010 unterzeichnet, Djair da Cunha soll schon vor Auf Wiedersehen: Bleibt Diego bis 2010 in Bremen? seiner Verhaftung begonnen haben, am nächsten Transfer zu arbeiten – egal wie glücklich sein Sohn in Bremen auch sein mag. Dieses Mal soll es einer der ganz großen Klubs sein. Diegos Marktwert wird auf 20 Millionen Euro geschätzt. Man darf gespannt sein, wer sich dieses Mal in der Familie da Cunha durchsetzt: der Vater oder der Sohn. RUND IM NETZ Mehr von und über Diego lesen Sie unter www.rund-magazin.de

Zwei legendäre Ziffern Diego trägt bei Werder Bremen die Nummer zehn wie so viele andere große Fußballer vor ihm. Aber trägt er sie auch zu Recht?

Diego Maradona hat sie getragen, Günter Net- wurde kurzerhand das traditionelle 2-3-5-Sys- der Nummer sechs – egalisierte. Im Lauf die- zer, Zico, Roberto Baggio, Michel Platini und tem von rechts hinten nach links vorne durch- ser Entwicklung ist die Spielmacherfunktion Zinédine Zidane – die Nummer zehn, das Zei- nummeriert, sodass der Angreifer zwischen weiter nach hinten ins defensive Mittelfeld chen der Regisseure. Wer an die zehn denkt, Mittel- und Außenstürmer die zehn bekam. gewandert; hierfür sind Stefan Effenberg und hat den klassischen Spielmacher vor Augen, Doch der Fußball wurde im Lauf der Zeit de- gute Beispiele. Aber außerge- wie er mit dem Ball am Fuß das Mittelfeld fensiver, und der halblinke Stürmer ließ sich wöhnliche Spieler haben es immer wieder ge- durchquert, die Stürmer mit tödlichen Pässen ins Mittelfeld zurückfallen. In diesem Sinne schafft, die Faszination des Spielgestalters hin- einsetzt und selber spektakuläre Tore schießt. war der Ungar Ferenc Puskás der erste große ter den Spitzen wiederzubeleben. Einen wie Diego. Zehner. Doch erst seit Pelé suchten sich auf Werder Bremen hat eine große Tradition auf Eigentlich ist das ein Missverständnis. Denn der ganzen Welt die besten Spieler das Trikot dieser Position. Andreas Herzog war so ein derjenige, der den weltweiten Mythos der Zahl mit der zehn aus, vom Dorfklub bis zum Cham- Zehner, auch Johan Micoud. Diegos Vorgän- begründete, war ein Stürmer: Pelé. Als der Bra- pions-League-Teilnehmer. ger spielte allerdings kühler, strategischer und silianer 1958 bei seiner ersten WM wie aus In den vergangenen 15 Jahren ist viel über ging selten ins Dribbling. Diego verkörpert da dem Nichts auftauchte, war es international das Verschwinden der Zehner diskutiert wor- stärker die südamerikanische Tradition der noch keine 20 Jahre üblich, dass Fußballer den, weil das moderne Spiel die Unterschiede Zehn: trickreich, schwer vom Ball zu trennen, überhaupt Rückennummern trugen. Damals von Künstlern und ihren Wasserträgern – meist technisch perfekt und torgefährlich.

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rrund0307_020_031_Titelgeund0307_020_031_Titelge 3030 008.02.20078.02.2007 21:33:2221:33:22 UhrUhr rrund0307_032_035_Lage_de 32 u n d AM BALL Lage der Liga 0 3 0 7 _ 0 3 2 _ 0 3 5 _ L a g e _ d e

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DIE LAGE DER LIGA

Wie geht es Ihrem Verein? Und wie der Konkurrenz? Unsere Experten haben den 18 BUNDESLIGISTEN auf die Füße geschaut. Dieses Mal: Berliner Pfiffe, Leverkusener Zauber und verwirrte Bayern

FOTOS MARTIN SIGMUND UND BENNE OCHS

1 ZITAT DES MONATS 2 DIESER SPIELER FEHLT 3 DIE WAHRHEIT AUF DEM PLATZ 4 DER FEIND DES MONATS 008.02.2007 19:21:12 Uhr 8 . 0 2 . 2 5 WAR SONST NOCH WAS? 0 0 7

1 9 : 2 1 : 1 2

U h r rrund0307_032_035_Lage_de 33 u n d 0 3 0 7 _ 0 3 2 _

0 BAYERN MÜNCHEN BORUSSIA FC SCHALKE 04 VFB STUTTGART 3 5

_ MÖNCHENGLADBACH L a g e _ d e

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1 Zitat des Monats: 1 Zitat des Monats: 1 Zitat des Monats: 1 Zitat des Monats: 1 Zitat des Monats: 1 Zitat des Monats: „Wir sind ein Fußballklub und keine „Ich spiele lieber gegen große „Nicht käufl ich zu sein, ist auch ein „Wir halten zusammen, weil wir ein „Als Fußballer wurde ich überall „Wir dürfen nicht so tun, als wenn Bank.“ Das hochrangige Maskott- Stürmer. Die kleinen weinen Wert, und was wollen uns die Bay- Ziel haben.“ Nahezu alle Schalker hingeschickt und hatte für alles ei- wir mit dem Abstieg nichts zu tun chen Franz Beckenbauer gibt so schnell.“ Steve Gohouri, Abwehr- ern denn bieten? 4-5-6 Millionen? Spieler beten diesen Satz seit Be- nen vorgefertigten Plan. Heute bin hätten. Wir sind keineswegs über- mal wieder sachdienliche Hinweise recke, hat kein Taschentuch dabei. Nöö. Mir san mir.“ Schrieb „Littlefat- ginn der Rückrunde herunter. ich selbst der Chef, kann gestalten heblich, aber Hannover 96 ist auch an die Abteilung Strategie und man“ im Fanforum, als Uli Hoeneß Wenn die Beobachter des Klubs in und habe natürlich eine größere wer“, meint . Mit Einkauf. Im Sommer wird die Mitte Januar mit dem Postsparbuch der Hinrunde nicht so oft Zeuge Verantwortung.“ nach dieser Einstellung bringen es die Dieser Spieler fehlt: Mannschaft komplett umgebaut 2 wedelte und Jan Schlaudraff sogar des Gegenteils hätten sein müs- einem Jahr im Amt als Sportdirek- Niedersachsen zwischenzeitlich auf In der Innenverteidigung regieren werden müssen. per sofort holen wollte – erfolglos. sen, könnte man es den Spielern tor über den Wandel vom Profi zum den zehnten Tabellenplatz. So wer mit Zé António und Gohouri die nun fast glauben. Manager. war man lange nicht. Zweikampfspezialisten. Der beste 2 Dieser Spieler fehlt: Fußballer, , sitzt auf 2 Dieser Spieler fehlt: Erstaunlicherweise ein Abwehr- der Bank. Zwangsläufi g leidet Jeglicher Nachkauf. „Neuverpfl ich- 2 Dieser Spieler fehlt: 2 Dieser Spieler fehlt: 2 Dieser Spieler fehlt: spieler. Das Gegentorkonto weist deshalb die Spiel-Eröffnung aus tungen“, sagt selbstbewusst Trai- Ein erfahrener zweiter Torhüter? Auch Horst Heldt. Eine Rückkehr Thomas Buffel. Der Mittelfeldspie- abstiegstaugliche Dimensionen der Abwehr heraus. ner , „sind auf Mit Ralf Fährmann,19, und Dennis aufs Feld scheint nach 359 Bun- ler von den Glasgow Rangers war aus. Der Rückrundenauftakt verriet dem Niveau, das wir erreicht ha- Lamczyk,19, stehen lediglich zwei desligaspielen endgültig ausge- schon beinahe in Hannover gelan- ungeahnte Schwächen in der nomi- ben, ein schwieriges Unterfangen.“ Nachwuchsleute zur Verfügung, die schlossen, denn die Nummer 16 det. Doch dessen Berater schien Die Wahrheit auf dem Platz: nell besten Hinterreihe der Liga. 3 Bei Mikkel Thygesen scheiterte keine Bundesligaerfahrung haben. trägt jetzt Benjamin Lauth. das mit Christian Hochstätter ver- Eine neue Qualität bei der Auftakt- Alemannia an Gladbachs größerem Das könnte, wenn Manuel Neuer handelte Angebot nicht mit Buffel niederlage in Cottbus: Gladbach Portemonnaie. sich verletzen oder ein Formtief abgesprochen zu haben. Der wollte Die Wahrheit auf dem Platz: erspielte sich, anders als in der Die Wahrheit auf dem Platz: 3 durchlaufen sollte, ein Nachteil im 3 mehr Geld, das Hannover für einen Das Übergangsjahr nimmt so lang- Hinrunde, Torchancen. Wenn’s so Auf dem Transfermarkt war man zu- Kampf um die Champions-League- vorzeitigen Wechsel in der Winter- sam Formen an. Natürlich darf man bleibt, wäre die Verpfl ichtung eines Die Wahrheit auf dem Platz: rückhaltend, man sicherte sich auf 3 Plätze oder gar um den Titel sein. pause nicht ausgeben wollte. die Bayern nie aufgeben, gerade echten Stoßstürmers vielleicht Die „knüppelharte Rückrunde“, die Leihbasis die Dienste des in Ham- dann sind sie plötzlich wieder da. doch sinnvoll gewesen. Michael Frontzeck angekündigt burg unglücklichen Lauth inklusive Aber irgendwie spürt jeder, dass hatte, begann mit einem ernüch- 3 Die Wahrheit auf dem Platz: einer Kaufoption ab Sommer 2007. 3 Die Wahrheit auf dem Platz: es diesmal nix mehr wird. Der Ka- ternden 2:3 gegen Leverkusen und Manuel Neuer ist durch seine aus- Eine mögliche Alternative für den In der gesamten Hinrunde gelan- Der Feind des Monats: der ist schlecht zusammengestellt. 4 einer etwas erfreulicheren Nieder- geglichene Art ein beruhigendes Sturm, in dem bislang nur Mario gen den 96ern ganze sieben Tore Gleich deren sieben. Auf einen Ob daran die Haupt- lage mit 1:2 auf Schalke. und leistungsförderndes Element Gomez überzeugte. Dass der Jung- vor eigenem Publikum. Nach dem Streich gewann Borussia alle Test- schuld trägt, ist mehr als fraglich. im Schalker Team. Er hält überzeu- spund mal in ein Formtief fällt, kann 5:0-Erfolg gegen Hertha BSC im spiele. Mit einem gefährlichen Doch vielleicht sorgt ja sein Nach- gend. Seine blitzschnellen und mil- man nicht ausschließen. Selbst bei ersten Heimspiel nach Weihnach- Selbstbewusstsein fuhr die Der Feind des Monats: folger Ottmar Hitzfeld wenigstens 4 limetergenauen Abwürfe, die locker ihm nicht. ten konnten Spaßvögel hochrech- Heynckes-Elf in den wilden Osten Der Barkeeper in Aachens „Café für eine bessere Atmosphäre. bis zu 50 Meter weit reichen, leiten nen, wie lange sie kein Tor mehr er- – und verlor zum Auftakt gegen Madrid“. Der mixte großzügig, wor- regelmäßig Konter ein. warten dürfen. Cottbus. Als man sich beim darauf auf Moses Sichone mit seinem 4 Der Feind des Monats: 4 Der Feind des Monats: folgenden Heimspiel torlos von Audi überpromillig einen Zaun bar- Kommt mal wieder aus dem Frei- Klaus Allofs und Thomas Schaaf. Nürnberg trennte, lief in Bielefeld bierte, vom „Suff-Skandal“ („Bild“) 4 Der Feind des Monats: staat Bayern. Diesmal sind es aller- 4 Der Feind des Monats: Weil sie zeigen, wie man auch eine Luhukay-Elf auf. und „Cocktail-Moses“ („Express“) Diese furchtbare Ungewissheit: dings die Franken, die dem VfB er- Für einige Spieler Trainer Dieter mit überschaubarem Budget voran- lesen und den Führerschein ablie- Gelingt es den Schalkern in dieser neut einen Fehlstart verpassten. Hecking. Mit seinen erfolgreichen kommt. Indem man genau die fern musste. Vom Verein gab es Saison, Meister zu werden? Zer- Gleich sieben Tore hat der VfB ge- Wechselspielchen sagte er eta- War sonst noch was? Spieler scoutet, die man braucht. 5 eine Abmahnung obendrauf. mürbende 49 Jahre warten einige gen Nürnbergs Remiskünstler in blierten Spielern den Motivations- Nach dem honorigen Abgang von Und sie dann verpfl ichtet. Fans bereits darauf. Und das zwei Partien kassiert. Es könnte kampf an. „Das gibt nicht mir recht, Jupp Heynckes dürfte in so Schlimmste daran: Dieses unange- noch schlimmer kommen, wenn sondern der Mannschaft. Bei uns mancher Sportredaktion laut ge- War sonst noch was? 5 nehme Gefühl wird den Monat ein- beide Teams das Halbfi nale im haben alle eine Chance.“ War sonst noch was? jubelt worden sein. Zumal unter Eine 24-seitige Analyse der Fan- 5 fach überdauern, wenn das Team DFB-Pokal erreichen und das Los Einige wirre Statements. Karl-Heinz Nachfolger , den IG zum geplanten Stadionneubau. noch länger oben steht. es schlecht mit Stuttgart meint. Rummenigge bezeichnete Zukauf Heynckes wenige Wochen zuvor Frithjof Kraemer, der neue 5 War sonst noch was? Schlaudraff als „jungen nachwuchs- an den Bökelberg geholt hatte, Geschäfts führer der Alemannia Ein Dank von Michael Tarnat an Uli vollen Nationalspieler“. Extrainer gleich ein völlig verdienter Aus- GmbH, schrieb dem Papier „eine 5 War sonst noch was? 5 War sonst noch was? Hoeneß. „Er hat mir grünes Licht Felix Magath erwartete hingegen in wärtssieg gefeiert werden konnte. bemerkenswerte Akribie“ zu. Doch Beim offi ziellen Sponsoreinstieg Corporate Identity gilt beim VfB für ein weiteres Jahr gegeben“, be- Dortmund „80.000 Fans in blau- Doch auch Luhukay ist ein sach- schon der Stadionname ist konfl ikt- von Gasprom, der mit einer gigan- auch für die kleinen Dinge. So trägt gründete der 19-malige National- 008.02.2007 19:21:18 Uhr 8

. schwarz“. Als eine Woche später licher, fachlich kompetenter Ver- trächtig – das Wort Tivoli muss tischen Feier im Schalker Stadion selbst das Rasenheizungshäus- spieler seine Entscheidung, noch 0 2

. sogar der VfL Bochum einen Punkt treter der Zunft. Schlecht für den nach Fanbegehr zwingend bleiben. zelebriert wurde, dürfte fast das chen auf dem neuen Trainingsge- eine Saison bei 96 dranzuhängen. 2 0

0 aus der stibitzte, Boulevard, gut für die Borussia. Optimistischer Zeitplan: Ausschrei- ganze Ruhrgebiet mit Gratistrikots lände jetzt einen roten Brustring Die Bayern verzichten damit für ein 7

bekam Magath seine Papiere. BERND SCHNEIDERS bung 2007, Erstbespielung 2009. der Königsblauen ausgestattet samt Vereinswappen. weiteres Jahr auf seine Dienste als

1

9 worden sein. Talentsichter.

: DETLEF DRESSLEIN BERND MÜLLENDER JÖRG STROHSCHEIN ELKE RUTSCHMANN OKE GÖTTLICH 2 1 : 1 8

RUND U 33 h r rrund0307_032_035_Lage_de 34 u n d AM BALL Lage der Liga 0 3 0 7 _ 0 3

2 VFL WOLFSBURG HAMBURGER SV HERTHA BSC BERLIN _ 0 3 5 _ L a g e _ d e

3 4

1 Zitat des Monats: 1 Zitat des Monats: 1 Zitat des Monats: 1 Zitat des Monats: 1 Zitat des Monats: 1 Zitat des Monats: „Wir spielen doch schließlich alle „Das war die bisher beste Mann- „Der VfL ist ein Topverein in „Ich sag nichts. Tschüss.“ Die „Am Ende der Schlacht werden die „Wir verlieren kein Spiel mehr.“ Der ein weiteres Jahr in der Bundes- schaft, die sich hier vorgestellt hat“, Deutschland. Ich denke schon an letzten Worte von als Toten gezählt.“ Der Vorstandsvorsit- Pantelic des Monats, gesprochen liga.“-Stürmer Abdelaziz Ahanfouf sagte Aachens Trainer Michael den Uefa-Cup und die Champions Trainer des Hamburger SV. Ein zende Heribert Bruchhagen mein- vor Beginn der Rückrunde. Neues glaubt nicht, dass es der Arminia Frontzeck, nachdem sein Team mit League.“ Marcelinho, zur Rück- trauriger Abgang in der Nacht nach te: Abgerechnet wird zum Schluss. zum Thema Selbstüberschätzung durch den angekündigten Ab- 2:3 gegen Leverkusen verloren runde aus Trabzon verpfl ichtet, ist einem trostlosen Spiel. Man hätte in der nächsten Ausgabe. schied des Trainers die Rückrunde hatte. Große Worte, nachdem am offenbar ein Nonkonformist, der es sich anders gewünscht für Doll, Dieser Spieler fehlt: verhagelt. Tivoli schon Teams wie die großar- bereit ist, eine Meinung auch mal der den HSV in seinen zwei Jahren 2 Keiner. Das erste Mal in dieser Dieser Spieler fehlt: tigen Stuttgarter und die starken gegen die überwältigende Mehr- und vier Monaten in ungeahnte 2 Saison konnte Trainer Friedhelm Alexander „Mad“ Madlung. Nach Bremer vorgespielt hatten. heit im Land und auf dem Globus Höhen führte, dann aber an der 2 Dieser Spieler fehlt: Funkel personell aus dem Vollen seinem Abschied aus Berlin ist der zu vertreten. Personalpolitik des Vorstands Zum Rückrundenauftakt in einem schöpfen. Es gab keine Verletzten, etwas, ähem, eigenwillige Verteidi- scheiterte und letztlich auch daran, gleichsam historischen Moment Dieser Spieler fehlt: Beladenen oder Gesperrten. Und ger nicht nur zum Nationalspieler 2 zu gutmütig zu sein. Doll übernahm überhaupt keiner. Ende Januar Neben Juan klafft eine Lücke. Dieser Spieler fehlt: damit auch keine Ausreden mehr. aufgerückt. Der ehemalige Berliner 2 den HSV als Tabellenletzter, und waren alle Spieler dermaßen ge- Karim Haggui und Ahmed Madouni Ein beziehungsweise zwei Außen- Knöllchenkönig schießt für die er übergab ihn als Tabellenletzter. sund, dass gegen den Hamburger spielen konstant fehlerhaft, Roque verteidiger, die nicht nur hinten Wölfe auch noch ein Tor im Olym- Die Wahrheit auf dem Platz: SV mit Tobias Rau, Petr Gabriel, Júnior verletzt sich alle paar Spiel- dichtmachen, sondern auch 3 piastadion. Einen solch robusten Im Grundsatz hat sich nichts Jonas Kamper und Jörg Böhme vier minuten, und Jan-Ingwer Callsen- individuelle Möglichkeiten im Spiel 2 Dieser Spieler fehlt: Rebounder könnte Hertha noch geändert. Der Klub gewinnt seine namhafte Spieler nicht mal auf Bracker ist noch nicht so weit. nach vorne haben, um es über Ein Torwart wurde noch geholt, ganz gut vertragen. Heimspiele nicht, kann gegen die der Ersatzbank saßen, sondern auf Bayer könnte einen Innenverteidi- Marcelinho hinaus unberechen- , ein Stürmer, Ivica Olic, ´ Spitzenvereine nicht siegen und tut der Tribüne. ger gebrauchen. barer zu machen. Derzeit passiert ein Verteidiger, Mathias Abel: Wann sich gegen gleichwertige Gegner Die Wahrheit auf dem Platz: das so selten, dass alle Mitspieler hört Sportchef Beiersdorfer mit 3 schwer. „Wir pendeln zwischen Hertha macht nach der Rückrunde ganz perplex sind, wenn auf den dem wahllosen Einkaufen und Aus- 3 Die Wahrheit auf dem Platz: Die Wahrheit auf dem Platz: Platz neun und 14“, sagt Funkel. so weiter, wie man vor Weihnach- 3 Außenbahnen ausnahmsweise wirk- leihen auf? Spieler sind da, eine Thomas von Heesen hat mit Uwe Nachdem Carsten Ramelow ope- Es spricht die graue Maus. ten aufgehört hat. Zu Hause wird lich mal was Unerwartetes passiert. Mannschaft wird gesucht. Rapolder einst die fl ügellastige riert werden musste, inszenierten nicht dolle gespielt, aber knapp Systemoffensive ausbaldowert und Bernd Schneider und Simon Rolfes gewonnen. Doch was bringt das, 4 Der Feind des Monats: sie nach dessen Weggang ver- (defensiv) mit Sergej Barbarez 3 Die Wahrheit auf dem Platz: 3 Die Wahrheit auf dem Platz: wenn man auswärts 0:5 verliert? Die Commerzbank Arena. Es fällt feinert. Das soll der nächste Trainer (offensiv) regelrechten Zauberfuß- Ist der Kreativspieler Marcelinho Es passt einfach nicht zusammen der Mannschaft dort sichtlich auch tun, weshalb die Fortführung ball in der Mittelfeldzentrale. Es hinter den Spitzen längerfristig das bei diesem HSV, da konnte Doll schwer, drei Punkte einzufahren. Der Feind des Monats: der strategisch-taktischen Ausrich- scheint, als forme sich aus tollen Missing Link in Klaus Augenthalers probieren, was er wollte. Selbst 4 Von 17 Bundesligaheimspielen Der gemeine Hertha-Fan. Den tung oberste Maßgabe bei der Fußballern langsam aber sicher VfL-Konzeption? Jedenfalls verän- jetzt, wo die Verletzten zurück- 2006 gewann die Eintracht nur Bundesligarückkehrer Marcelinho Fahndung nach dem Neuen ist. eine funktionierende Einheit. dert er das VfL-Spiel fundamental. kehren, mit langer Vorbereitung im ganze drei. Das könnte man eigent- bei jeder Ballberührung im Olympi- Er bringt die bisher fehlende Fähig- Rücken, sieht man, dass das Team lich zum Anlass nehmen, sich astadion auszupfeifen, sagt alles keit ein, Offensivzweikämpfe zu kein System, keine Hierarchie, 4 Der Feind des Monats: Der Feind des Monats: Sorgen zu machen – wenn sich über den charakterlichen Horizont 4 suchen, zu gewinnen und damit für wenig Ordnung hat. In Sachen Der Trainer selbst. Von Heesen Ist der hohe Ball. Eintracht Frankfurt nicht auswärts dieser Supporter. Wo der Verein den Gegner gefährliche Situati- Taktik muss Doll jetzt dringend hatte zwar an einem Sonntag Ende verlangt ein konsequentes und zuweilen leichter täte. ohne den Brasilianer in den vergan- onen entstehen zu lassen. Nachhilfestunden nehmen, um den Januar der Mannschaft seinen möglichst schnelles Spiel am genen Jahren herumgekickt hätte, nächsten Job besser zu machen. Abgang zum Saisonende verraten, Boden. Bis zur letzten Minute, auch möchte man lieber nicht wissen. 5 War sonst noch was? aber nicht dem Klubvorstand. Die in Rückstand. Er weiß genau: 4 Der Feind des Monats: Ein bisschen Dankbarkeit und ein Bemerkenswert sind die Frankfur- Herren dort erfuhren die Neuigkeit Barbarez und Schneider sind zwei Skeptiker. Die erzählen jetzt be- 4 Der Feind des Monats: freundlicher Applaus wären da das ter Fans: Es gibt für die Mann- erst gemeinsam mit der anonymen der größten Virtuosen in der Kunst reits, wie es mit Marcelinho laufen Thomas von Heesen. Wunschkan- Mindeste gewesen. Immerhin sah schaft zu Hause einfach keine Masse aus dem Internet. des fl achen Passes. werde: ein, zwei große Spiele, didat der Führung um Vorstand das der Verein auch so und ver- Pfi ffe – egal, wie das Spiel gehörige Euphorie, dann Durch- Hoffmann. Von Heesen wollte öffentlichte auf der Homepage eine ausgeht. Und es gäbe durchaus hänger, dann Ärger, dann größerer seinen Freund Doll nicht beerben. Zuschrift von Hertha-Fan „Ralle“ 5 War sonst noch was? War sonst noch was? Grund, mal seinen Unmut zu 5 Ärger. Und dann werde es wieder Vorstand Hoffmann hätte da unter dem Titel „Diese Pfi ffe hat Während klar war, dass der Trainer In Köln grassiert ein massives äußern. Doch die Hütte ist immer ruhig in Downtown Wolfsburg. offenbar weniger Skrupel gehabt. Marcelo nicht verdient.“ nicht zu halten sein würde, wurden Unbe hagen angesichts der Nach- voll, das Stadion hat eine Auslas- die auslaufenden Verträge mit richten aus Leverkusen. Lukas tung von rund 90 Prozent (Schnitt: Markus Schuler, Bernd Korzynietz Sinkiewicz soll zu Bayer kommen, 5 War sonst noch was? 5 War sonst noch was? 46.500). Dabei gewinnt die Ein- 5 War sonst noch was? und Fatmir Vata zwecks Stabilisie- und das Kommen von Patrick Der panasiatische VfL-Fanclub Nachdem er sich in Dortmund ver- tracht wie gesagt nur jedes sechs- Van Burik und Pantelic gingen sich 008.02.2007 19:21:22 Uhr 8

. rung der Perspektiven fl ugs verlän- Helmes ist schon sicher. Da „Asian Wolves-Premium-Suppor- geblich ins Gespräch gebracht te Heimspiel. Ist es fürs Wohlfühl- im Trainingslager auf Marbella an 0 2

. gert. Große Verlustängste beste- bahnen sich neue Dimensio nen ters-TDI“ hat das 100.000ste Mit- hatte, hat nun doch gefühl der Fans womöglich egal, die Gurgel. Nach einer kurzen 2 0

0 hen bei Sibusiso Zuma und Heiko einer alten Feindschaft an. glied aufgenommen. Na ja, das wieder einen Bundesligajob. wie die eigene Mannschaft spielt? Entschuldigung hatten sich aber 7

Westermann. ULI HARTMANN DANIEL THEWELEIT war jetzt ein Witz. PETER UNFRIED FRANK HEIKE THOMAS KILCHENSTEIN alle wieder lieb. PETER AHRENS

1 9 : 2 1 : 2 2

U h r rrund0307_032_035_Lage_de 35 u n d 0 3 0 7 _ 0 3 2 _

0 ENERGIE COTTBUS VFL BOCHUM 1. FC NÜRNBERG SV WERDER BREMEN FSV MAINZ 05 3 5 _ L a g e _ d e

3 5

1 Zitat des Monats: 1 Zitat des Monats: 1 Zitat des Monats: 1 Zitat des Monats: 1 Zitat des Monats: 1 Zitat des Monats: „Wir müssen es durchziehen bis „Wir wissen, dass er einige Spiele „Wenn wir immer so spielen wie „Was hat die Sonne mit den Bay- „In meiner Kindheit kannten viele „Es gibt gewisse Voraussetzun gen, zum glorreichen oder bitteren braucht, um auf die richtige heute, können Sie ruhig schreiben, ern gemeinsam? Beide gehen im deutsche Mitschüler den Namen die dazu führen, dass ich Menschen Ende. Und wenn es schiefgeht? Betriebstemperatur zu kommen.“ dass wir Europacup-Sieger wer- Westen unter.“ Lokale Zeitungsan- Mirek nicht, deshalb haben sie begeistern kann, und andere, die Was soll‘s. Für uns ist die Bundes- Trainer meint seinen den.“ Ein geradezu euphorischer zeige des Dortmunder Hauptspon- mich oft Viereck genannt.“ Der dazu führen, dass ich genau so gut liga ja immer noch wie Champions Nochspielmacher Zvjezdan nach dem 4:1-Sieg sors unmittelbar nach dem trium- bedauernswerte mit einer Mikrowelle reden League.“ Für den stets wortgewal- Misimovic, ´ könnte das Urteil aber gegen Stuttgart. phalen Sieg zum Rückrundenstart. beim Erklärungsversuch, warum ihn könnte.“ Jürgen Klopp über seine tigen Expräsidenten Dieter Krein auch locker auf die gesamte die Fans Miro, die Familie und die rhe tori schen Fähigkeiten. wäre der Abstieg kein Malheur. Mannschaft erweitern. alten Freunde aber Mirek nennen. 2 Dieser Spieler fehlt: 2 Dieser Spieler fehlt: Ab 1. Juli also defi nitiv Raphael Der BVB hielt in der Winterpause 2 Dieser Spieler fehlt: 2 Dieser Spieler fehlt: 2 Dieser Spieler fehlt: Schäfer. Nach 80 nicht immer das Portemonnaie fest verschlos- 2 Dieser Spieler fehlt: Drei weniger als noch im Dezem- Ervin Skela, der Neueinkauf, hätte Demnächst Zvjezdan Misimovic. ´ überragenden Bundesligaeinsätzen sen, weil der dringend notwendige Ivan Klasnic. ´ Nachdem ihm ber. Mit Leon Andreasen, Moham- die Mannschaft schon zu Beginn Der Bosnier unterschrieb beim war dem Kapitän und Sympathie- Neuaufbau erst im Sommer begin- zunächst eine Spenderniere trans- med Zidan und Elkin Soto sind der Rückrunde verstärken sollen. 1. FC Nürnberg. Der Mannschaft träger rund eine Million Euro pro nen wird. Denn die Einkaufsliste plantiert worden war, der Körper drei Topspieler dazu gekommen. Doch ein mysteriöses Leberleiden, fehlt somit bald ein Spielmacher Jahr einfach zu wenig. Dabei hätte darf der Trainer schreiben, der sie aber nicht angenommen hatte, das nach (!) Vertragsabschluss ent- und den Fans eine Reizfi gur. sich der Club, so des Torwarts dann im Amt ist. Er benötigt: ein wird Klasnic ´ nun länger ausfallen. Die Wahrheit auf dem Platz: deckt wurde, machte einen Einsatz Rechtfertigung, doch nur wieder Mittelfeld-As, einen Stürmer und 3 Mit den Neuzugängen haben die erst einmal unmöglich. Der 30-jäh- verschulden müssen, um ihn lang- – wenn Metzelder geht – einen Die Wahrheit auf dem Platz: Die Wahrheit auf dem Platz: 05er mehr taktische Möglichkeiten. rige Offensive will beim FC Energie 3 fristig zu binden. Heiko Westermann, oder wahlwei- 3 Trainer Marcel Koller hat sich Dass man die Bremer offensichtlich Die Freude über die Rückkehr auch Imagepfl ege betreiben. Das se einen Manuel Friedrich. vorgenommen, die Mannschaft von problemlos im eigenen Sechzehner Zidans ist so groß, dass er Narren- Bild des geldgierigen Legionärs hinten neu aufzubauen. Torhüter Die Wahrheit auf dem Platz: umhauen kann (was natürlich keine freiheit eingeräumt bekommt. Muss sei grundfalsch, sagt Skela. Daran 3 Jaroslav Drobn´y und Manndecker Jawhar Mnari ist zweitbester Die Wahrheit auf dem Platz: Empfehlung sein soll). Die fälligen man also damit leben, dass er seien „falsche“ Berater schuld. 3 Anthar Yahia geben der Defensive Abräumer in der Bundesliga nach Im Frühjahr kommt der BVB über Elfer versieben Werders Profi s in kaum nach hinten arbeitet und oft mehr Stabilität. Außerdem soll der . Ruhe und Kraft die Flügel, nachdem es im Herbst der Regel sowieso. noch im Abseits steht, wenn der 3 Die Wahrheit auf dem Platz: Kameruner Joël Epalle die Außen- zieht der Tunesier aus seinem durch die Mitte nicht geklappt hat. verschoss ebenso wie Mirek K. Ball schon lange zurückerobert ist? Trainer Petrik Sander lässt nun bahnen absichern. Das Problem: Glauben, weshalb der Moslem Dass das eine gute Idee wäre, hät- gleich zwei Elfer, Diego patzte ein- Man muss, denn ein spielfreudiger offensiver spielen: mit zwei Spitzen das zum Ende der Hinrunde end- unlängst sogar nach Mekka te man auch vorher wissen können. mal, versenkte aber auch den ein- Zidan entschädigt auch für diese – Francis Kioyo und Sergiu Radu lich zusammengewachsene Mann- pilgerte. „Ich fühle mich, als wäre zigen der letzten sechs Strafstöße. Unterlassungssünden. Sogar wenn –und einem Spielgestalter – schaftsgefüge wurde auseinander- ich im Leben einen Schritt er, wie beim Sieg gegen den BVB, Der Feind des Monats: Daniel Gunkel oder Shao Jiayi. gerissen. Bereits im zweiten Spiel weitergekommen“, sagt Mnari. 4 mit frischem Muskelfaserriss Wer aus dem Westfalenstadion Der Feind des Monats: nach der Winterpause gab es den 4 pausiert, aber auf dem Zaun feiert. einen Signal Iduna Park macht, Die Rasenheizung auf den Trai- ersten Punkt – bei den Bayern. 4 Der Feind des Monats: 4 Der Feind des Monats: erntet in Dortmund keine Zustim- ningsplätzen am Osterdeich. Seit Wochen das gute, alte Ein schläfriger Terminplaner. Das mung. Wer das Rad der sprach- Vor zwei Jahren wurde sie instal- 4 Der Feind des Monats: Abstiegsgespenst. Die Cottbuser 4 Der Feind des Monats: Bayern-Spiel wurde drei Tage vor lichen Sünden aber freiwillig liert, richtig funktioniert hat sie noch Die Politik, die unberechenbare. betreiben einen besonderen Der grüne Rasen. Seit vier Jahren Beginn des Vorverkaufs mal eben zu einem „SIP“ weiterdreht, gehört nie. „Wenn ich wüsste, woran Die Stadt hat die Bürgschaft Exorzismus: Sie heißen das umtrie- beschäftigt der VfL einen Green- von Sonntag auf Freitag vorverlegt. sogar in diese Rubrik, liebe Presse- es liegt, würde ich selbst dran für den Stadionneubau zurückge- bige Wesen willkommen. Liga keeper, um den vermutlich schöns- Offi zielle Begründung: Überschnei- stelle des BVB. rumschrauben“, knurrte Thomas zogen. Damit ist das bisherige zwei sei auch okay, sagt Sander. ten Rasen der Liga zu pfl egen. Lei- dungen mit der Handball-WM. Schaaf entsprechend genervt. Konzept so brauchbar wie ein der fühlen sich vor allem die Gäste Konnte man wirklich nicht ahnen. Parteiprogramm nach der Wahl. War sonst noch was? im Ruhrstadion wohl. „Das hat 5 War sonst noch was? hat bei den Fans einen War sonst noch was? 5 mal richtig Spaß gemacht“, wurde 5 Bei der Wahl zur Cottbuser Mann- War sonst noch was? Stein im Brett, der Mann ist „Höret die Wünsche der Kurve“, War sonst noch was? Mainz-Coach Jürgen Klopp nach 5 5 schaft des Jahres haben die Zweit- Günter Vogt, der allseits nur schließlich gebürtiger Dortmunder. war beim Rückrundenauftakt zu Dimo Wache hat die zeitweilige dem 1:0-Erfolg in Bochum zitiert. liga-Kegler von Lok Cottbus den „Chicco“ gerufene Zeugwart, ist 55 Nach der Inthronisierung von lesen. Die Wunschliste der Fans Degradierung durch Trainer Klopp FC Energie ausgestochen. Die geworden. Seit 14 Jahren kümmert Jürgen Röber, der ihn ausgiebig für den Stadionausbau: ein fan- nicht vergessen. Jeden Abend Hallensportler landeten auf Platz 5 War sonst noch was? sich die treue Seele beim Club um gelobt hatte, schöpfte er Mut, end- freundlicher Gästeblock, mehr habe er es sich vor dem Kamin mit drei, die Fußballer dahinter. „Die Das Derby gegen Reviernachbar Ausrüstung und gute Stimmung. lich zum Stammspieler zu werden. Fahnenplätze, freier Umlauf, einem Glas Rotwein bequem eingeschworene Gemeinschaft der Schalke 04 Anfang Mai ist so gut Mit Busfahrer Udo „Bomber“ Rauh Vergebens, denn wie eh und je keine Fangnetze, ein grün-weißer gemacht, erzählte er nach seiner 008.02.2007 19:21:32 Uhr 8

. Kegler ist eben größer“, sagt wie ausverkauft. Nur in der Bochu- hat der Nürnberger sogar schon kommt Ricken allenfalls kurz vor Anstrich, ein Vorsängerpodest, exzellenten Leistung gegen den 0 2

. Gerald Schmidt von Lok. Es gab mer Fankurve gibt es noch Karten. eine CD aufgenommen. Titel: „Für Schluss zum Einsatz. Mit nunmehr mehr sanitäre Anlagen, keine BVB. Zusammen mit seiner Frau, 2 0

0 auch schon Jahre, da rangierte Vielleicht aus Angst, nur Statist immer soll’s so sein – der FCN ist 30 Jahren ist Ricken jetzt endgültig Preiserhöhung, weniger Wellenbre- „einem der wenigen Freunde, die 7

Energie hinter einem Team von bei der königsblauen Meisterfeier mein Verein.“ Ob Raphael Schäfer vom ewigen zum ehemaligen Talent cher, Erhalt der Flutlichtmasten. mir aus der Vorrunde geblieben

1

9 Armdrückern. zu sein? mitsingt? mutiert. sind“.

: MARKUS VÖLKER HOLGER PAULER WOLFGANG LAASS OLAF SUNDERMEYER SVEN BREMER CHRISTOPH RUF 2 1 : 3 2

RUND U 35 h r AM BALL Stargast

ER TRIFFT UND TRIFFT UND TRIFFT ROGÉRIO CENI ist der torgefährlichste Torwart der Welt. Bereits 68-mal jubelte der Brasilianer über seine eigenen Tore. Doch wie schafft es der 34-Jährige, so häufi g zu treffen? VON MATTHIAS GREULICH UND LUIS AUGUSTO MONACO, ILLUSTRATION BERND SCHIFFERDECKER

immer nur der Spieler mit der Nummer zehn Angebot von Arsenal London erhielt, bekam schießen will und die Torleute selten vom Pu- er sehr viel Ärger. 28 Tage wurde er vom Trai- blikum geliebt werden. „Mir ist es geglückt, ning suspendiert, weil er es gewagt hatte, vom die Geschichtsschreibung ein wenig zu än- allmächtigen Klubboss Paulo Amaral eine Ge- dern“, sagt Ceni ganz unbescheiden. haltserhöhung zu verlangen. „Es war eine kon- Diese revolutionäre Geschichte nimmt ih- fuse Episode mit Arsenal, ich wollte immer in ren Anfang mit Telê Santana, dem ehemaligen Brasilien bleiben“, sagt er im Nachhinein. Und Nationalcoach, der den FC São Paulo 1996 trai- tatsächlich, kaum jemand in der Elfmillionen- nierte. Nach jedem Training ging er mit sei- metropole glaubt, dass Ceni mit seiner Hei- nem damaligen Ersatztorhüter auf den Ten- matliebe nur kokettiert. Als er aus der tiefsten Sieger bei der Klub-WM: Rogério Ceni nisplatz, denn Ceni hatte schon im Alter von Provinz in die Großstadt kam, hatte er lange vier Jahren in seiner Heimat Pato Branco be- mit Heimweh zu kämpfen, Experten bezwei- gonnen, Tennis zu spielen. Als Santana São felten deshalb, ob er sich trotz seiner Klasse je In der 42. Spielminute passierte endlich, was Paulo verließ, verlegte sich Ceni auf das Frei- in Europa hätte durchsetzen können. alle erwartet hatten. Seit Wochen hatten die stoßtraining. 80, 100, 120 Stück schoss er – Es wäre faszinierend gewesen, den schmal- Fans in Brasilien über nichts anderes disku- nach jedem Training. Anfangs noch um die lippigen Arsène Wenger bei Cenis Ausfl ügen tiert: Wann würde ihr Schlussmann aus São Mauer herum, wie er es bei Chilavert gesehen in die gegnerische Hälfte zu erleben. Von sei- Paulo endlich zum torgefährlichsten Torwart hatte, später auch über sie hinweg. nen Torleuten verlangt der Arsenal-Coach, ak- aller Zeiten werden? Die einen meinten, Ro- Es ist nicht nur die gute Schusstechnik, die tiv mitzuspielen – aber wenn einer bei jedem gério Ceni würde wie so oft vom Elfmeterpunkt Ceni zu einem so treffsicheren Freistoßschüt- Freistoß in aussichtsreicher Position quer übers treffen, andere malten sich aus, wie er einen zen macht. Er kann sich leichter als ein Feld- Feld spurtet? Ceni schüttelt den Kopf, wenn Freistoß direkt in den Torwinkel verwandeln spieler in sein Gegenüber hineinversetzen. Er er Zweifl ern begegnet, die sein Spiel als zu ri- würde. Das kam der Wahrheit im Mineirão- weiß, wie weit der Keeper aus dem Tor her- sikoreich erachten. „Inzwischen steht es 68:2 Stadion in Belo Horizonte am nächsten. Ceni auskommen wird und wie er seine Mauer zu für mich, die Statistik ist eindeutig“, sagt der tippte den Ball kurz an, ein Mitspieler stopp- stellen pfl egt. Er hat ein Gefühl für Entfernun- Mann der Zahlen, der mit 14 Jahren bei der te, dann war es passiert. Wer dabei war an die- gen und die Bewegungen von Gegenspielern Banco do Brasil ins Tor ging, weil der Bankdi- sem heißen Augustabend im vergangenen Jahr, in der Distanz. Dieses Gefühl hat er beim Ten- rektor als Keeper der Betriebssportmannschaft bestaunte die kühle Perfektion, mit der Ceni nis und Volleyball geschult: Mit 16 wurde er ausfi el. Aus dem ersten Gegentor, als er mit auch dieses Mal traf. Der Keeper hatte gegen sogar ins Auswahlteam des riesigen Bundes- den Mitspielern auf der Bank feierte und ihn den Cruzeiro EC sein 63. Tor erzielt und da- staates Mato Grosso berufen, heute noch spielt Branco von Fluminense mit einem Schuss von mit eins mehr als der bisherige Rekordhalter er gelegentlich Beachvolleyball. der Mittellinie überlistete, hat er gelernt. Wenn José Luis Chilavert aus Paraguay. Der 34-Jährige trifft nicht nur spektakulär, Ceni nach seinem Schuss zurückläuft, hat er Nein, er habe in dem Moment nichts Be- auch auf der Linie und in der Strafraumbe- schon viele Mitspieler umgerannt. Ob bei sei- sonderes gefühlt, sagte er danach. „Ich lief nur herrschung gehört er zu den momentan bes- nen 16 Einsätzen in der Nationalelf oder bei wie immer zurück ins Tor und feuerte dabei ten Keepern der Welt. Als São Paulo 2005 die São Paulo: Es gab nur einen Trainer, der ihn meine Mitspieler an – wir lagen doch 1:2 zu- WM für Klubteams gewann, wurde er zum bes- nicht aufs Tor schießen ließ. Mario Sergio rück.“ Dennoch ist mit diesem Tor mehr pas- ten Spieler gewählt. Hinter dem großen Kon- konnte die Jagd nach dem Weltrekord nur kurz siert, als es der nackte statistische Eintrag ins kurrenten Dida, dem Keeper von Milan, war unterbrechen, er wurde nach zwei Monaten Guinnessbuch aussagen kann. „Ich wollte das Ceni lange die Nummer zwei im Tor der Se- entlassen. Rogério Ceni traf weiter. Vorurteil, dass Torleute ihre Füße nicht benut- leção, mit der er 2002 Weltmeister wurde. zen können, widerlegen. Denn das ist eine Lü- Aber anders als Dida ist der Rekordspieler ge.“ Die Wahrheit ist, dass Ceni mittlerweile des FC São Paulo – über 700 Pfl ichtspiele hat RUND IM NETZ als bester Freistoßschütze der brasilianischen er für den brasilianischen Klub bestritten – Mehr von und über Rogério Ceni Liga gilt. Unglaublich in einem Land, in dem nicht nach Europa gegangen. Als er 2001 ein lesen Sie unter www.rund-magazin.de

RUND 36

rrund0307_036_037_Stargasund0307_036_037_Stargas 3636 007.02.20077.02.2007 16:57:2616:57:26 UhrUhr Mit vielfachem Talent: Rogério Ceni hält Bälle, schießt Tore und spielt Gitarre

rrund0307_036_037_Stargasund0307_036_037_Stargas 3737 007.02.20077.02.2007 16:57:2916:57:29 UhrUhr AM BALL Aufstieg Ost

SIE STEHEN ZU ROSTOCK: AUF AMIR SCHAPOURZADEH, KEVIN HANSEN UND ZAFER YELEN (VON LINKS) RUHEN DIE HOFFNUNGEN EINER GANZEN REGION

HANSA IM WUNDERLAND

VÖLLIG ÜBERRASCHEND ZÄHLT HANSA ROSTOCK ZU DEN BESTEN TEAMS DER ZWEITEN LIGA. FANS REIBEN SICH ERSTAUNT DIE AUGEN. KÄME DER AUFSTIEG ZU FRÜH? EIN AUSFLUG AN DIE OSTSEE VON STEFFEN DOBBERT, FOTOS MARTIN KUNZE

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rrund0307_038_045_Vereins.inddund0307_038_045_Vereins.indd 3838 008.02.20078.02.2007 19:29:1419:29:14 UhrUhr AM BALL Aufstieg Ost

AUF DER SUCHE: DIE ROSTOCKER ELF SCHWÖRT SICH IM OSTSEESTADION AUF DEN AUFSTIEG EIN

In Hansa-Trainingshose, Regenjacke und mit schwarzer Pistole steht der Platzwart im Ost- Heute, am Tag vor dem ersten Rückrunden- seestadion. Sieben Uhr, drei Grad. Auf den Sitzen liegt kalter Tau, hinter der Ostkurve geht spiel, hängt der Himmel grau über dem Ost- die Sonne auf. Seine rechte Hand führt die Pistole in die Luft: „Peng“. seestadion, doch die Aussicht von Hansa ist ro- „Jetzt fl iegen sie hoch, warten bis der dumme Platzwart weg ist und setzen sich wieder hin“, sig. In der gesamten Hinrunde verlor das Team sagt Dieter Schneider, der Platzwart. „Peng“, ein zweiter Schreckschuss aus der Pistole. Schnei- von Frank Pagelsdorf kein einziges Spiel. Han- der schießt auf Krähen. Nicht direkt, die Tiere stehen unter Naturschutz, aber oft. Der Platz- sas Abwehr war die sicherste im deutschen wart schießt jeden Morgen. Die schwarzen Biester sammeln sich im Ostseestadion, fl iegen zu Profi fußball. „Das Wort Angst zählt nicht zu den Trainingsplätzen des FC Hansa und hacken den Rasen kaputt. unserem Sprachgebrauch“, sagt der Trainer in „Vielleicht sind die Krähen momentan unser größtes Problem.“ Stefan Studer schaut vom Pressemikrofone, ohne mit der Wimper zu zu- Büro auf den Trainingsplatz. Der Manager lacht über die eigenen Worte: „Das schreiben Sie cken. Ist der FC Hansa auf direktem Weg in besser nicht.“ Es ist unlogisch, Chef beim FC Hansa zu sein und keine anderen Probleme zu die Erste Liga? haben, als schwarze Vögel. Die Hansa-Kogge kämpfte schon immer mit Gegenwind: Zu Vor- Manager Stefan Studer zögert mit der Ant- wendezeiten fehlten den „Fischköbben“ immer ein paar Tore, um die Nummer eins der DDR wort. Mit grauem Rollkragenpullover und Bril- zu sein. Direkt nach der Wende, zum Start der ersten gesamtdeutschen Bundesliga besiegten le sitzt er an seinem Schreibtisch. „Ich denke, die Rostocker Nürnberg mit 4:0, demütigten als Tabellenführer den FC Bayern mit 2:1 und wir sind auf dem richtigen Weg.“ Der Bank- fertigten Dortmund 5:1 ab. Die Fans grölten: „Hansa forever number one“. Am Saisonende kaufmann spielte vor einigen Jahren selbst für stieg Rostock ab. Es folgten zwei Jahre Zweite Liga, Aufstieg, ein Jahrzehnt Erstklassigkeit und Rostock. Spitzname: Professor. An Hansa hängt im Jahr 2005 der erneute Abstieg. sein Herz. Wenn er spricht, drückt er sich

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rrund0307_038_045_Vereins.inddund0307_038_045_Vereins.indd 3939 008.02.20078.02.2007 19:29:2019:29:20 UhrUhr AM BALL Aufstieg Ost

DER TRAINER ALS STAR: IN ROSTOCK NENNEN SIE DEN ERFOLG „PAGEL“

„PROFESSOR“ AM GELÄNDER: MANAGER STEFAN STUDER gewählt aus: „Neues Stadion, Geschäftsstelle, WILL SOLIDE HANSEATISCHE Jugendinternate, wir liefern solide Arbeit mit ARBEIT LEISTEN hanseatischer Gelassenheit ab.“ Das große Geld kann man in Rostock nicht machen. Aber gu- te Spieler: Nach Streich, Doll, Jancker, Akpo- borie, Neuville, Barbarez und Rehmer heißen die neuen Stars: Gledson, Langen, Bülow, Ye- de im dicken Anorak. „Ihr könnt auch hochspringen“, brüllt der Trainer durch den kalten Re- len, Stein, Shapourzadeh. Manager Studer gen. Wie bei jedem Training und Wetter stehen am Zaun vor dem Platz ein paar Fans. Sie meint, der Verein passt zur Region und die Re- glauben, „der Pagel muss hier aus Scheiße Bonbons machen“. Einige Spieler seien nicht mal gion passt zum Verein. Bezogen auf die erste zweitligatauglich. Unter blau-weißen Regenschirmen beobachten die Hartz-IV-Empfänger die Mannschaft heißt das weniger gewählt: „Die Profi s. „Ich hab mal nachgerechnet“, sagt der eine, „in der Rückrunde reichen uns fünf Nie- Jungs sind nicht überkandidelt, die bekommen derlagen, fünf Unentschieden und sieben Siege für den Aufstieg.“ – „Fußball ist kein Eiskunst- hier nichts gepudert.“ Auf einmal schreckt der laufen, Punkte interessieren nicht“, erwidert ein anderer. Und ein Dritter: „Ach, wir können Professor auf. „Oh nein“, raunt er mit bösem doch nur froh sein, dass wir überhaupt noch Profi fußball haben.“ Alle nicken. Wo Geld fehlt, Blick. Er meint die Krähen. erwartet man keine Wunder. Draußen vor dem Fenster läuft der Platz- wart über den Rasen. Dieter Schneider bereitet DER FC HANSA ROSTOCK IST EIN die Tore fürs Abschlusstraining vor. Kurz vor elf laufen sie an ihm vorbei: Pagel, Paule, Gled- SACHSENVEREIN, di, Rydle, Schobi und die anderen. Der Platz- wart meint, man spürt es. Er meint die gute DIE SED HAT DEN KLUB GEKLAUT Stimmung in der Mannschaft. Die Männer klatschen ab. Dann wird trainiert. Sollte Hansa aufsteigen, werden sie Frank Pagelsdorf, Spitzname Pagel, ein Denkmal bau- Wie ein Fels steht Frank Pagelsdorf am En- en. Er ist der Trainer mit Bonus, seine Autogrammkarten fast immer vergriffen. Als der Ver- de der Mittellinie, Basecap im Gesicht, Hän- ein vor zwölf Jahren in der Zweiten Liga spielte, dachten viele, die Kogge strandet endgültig.

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ROSTOCKER RASENACKER: DIE KRÄHEN SIND DERZEIT DAS GRÖSSTE PROBLEM

LEGENDE HINTERM LENKRAD: DIETER SCHNEIDER WAR HANSA-TORWART, HEUTE IST ER PLATZWART

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GRÄTSCHEN FÜR LIGA EINS: IM ERSTEN SPIEL DER RÜCKRUNDE GEWANN FREIBURG MIT ANDREAS IBERTSBERGER (RE.) IN ROSTOCK

Töchtern sagte, es gehe noch einmal an die Ostsee, jubelten die „kleinen Mäuse und liefen vor Freude ums Haus“. Familie Beinlich fühlt sich wohl in Rostock. Vor dem Trainingsplatz, unter den blauweißen Regenschirmen, wissen sie, was sie an ihrem Dann kam der Weingummi essende Hannove- Ältesten haben: „Der ist die rechte Hand und der verlängerte Arm von Pagel. Besser, der geht raner. Aus jungen Nobodys formte Pagelsdorf zum Schiri als eine der anderen Blitzbirnen.“ Fragt man Paule nach seiner Rolle im Team, ant- ein Team, stieg auf und erreichte in der Bun- wortet der gelernte Elektriker so, wie ihn alle kennen: freundlich, furchtlos und bescheiden. desliga den sechsten Platz. Aus der Kogge wur- Er sagt dann: „Der Erfolg ist da, wo der Teamgeist ist.“ Oder: „Auch verlieren gehört dazu.“ de der Leucht turm des Ostfußballs. Erfolg nen- Und: „Wir zählen nicht zu den drei Besten der Liga, aber Geschlossenheit macht uns stark.“ nen sie seitdem Pagel. Der Torwart pariert. „Gut Schobi“, lobt ihn einer der Spieler. Es ist Stefan Beinlich, Spitz- DER VEREIN PASST ZUR REGION, name: Paule. Sofort bietet sich Paule wieder an, bekommt den Ball und spielt einen Pass WO GELD FEHLT, ERWARTET MAN KEINE WUNDER in die Tiefe. Paule läuft nicht viel und spielt am effektivsten. 35 Jahre ist er alt. Als Pagel Es regnet stärker, der Ball rollt weiter. „Bewegt euch“, ruft der Trainer. Die Fußballer laufen. vor zwölf Jahren das erste Mal den Aufstieg Keiner murrt. Als Christian Rahn, Rostocks Linksfuß, vor einem Jahr bei Köln spielte, verab- schaffte, war er einer der „jungen Dachse“ im redete sich das Team gelegentlich, um gemeinsam Champions League zu schauen – von 25 Team. „Uns hatten auch damals nicht viele auf Spielern kamen fünf. Wenn Paule in Rostock einen Mannschaftsabend organisiert, kommen dem Zettel. Zu den ersten Heimspielen kamen alle – und bleiben bis zum Schluss. Weil Gledson, der Lucio der zweiten Liga und einer von 6000 Zuschauer. In der Rückrunde peitschten Hansas jungen Wilden, keinen Führerschein hat, fährt er immer bei Zafer Yelen im schwar- uns 22.000 zum Aufstieg, die Fans hatten wir zen Golf mit. Yelen sagt, Gleddi ist ein Fall für sich, aber ein überragender Typ. René Rydlewi- uns zurückerarbeitet“, so Paule. Zwei Jahre spä- cz, Spitzname: Rydle, heißt in Fankreisen auch „der Taucher“. Die „Bild“ schrieb vor einiger ter verließ er zusammen mit Pagel den FC Han- Zeit, die Rostocker Rotlichtmafi a erpresse Rydle. Eines Nachts sollen die Bösen den Fußbal- sa. Als der Braunhaarige mit dem Igelschnitt ler ins Warnowwasser geschubst haben. Eine Ente aus der Zeitung, sagt Rydle. Am nächsten im vergangenen Sommer seinen drei jungen Tag fand er vor seinem Kabinenspind ein paar Schwimmfl ossen.

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WEICH GEBETTET: CHRISTIAN RAHN SCHÄTZT DEN ZUSAMMENHALT IM VEREIN

LIZENZSPIELER UND TORJÄGER: ENRICO KERN ZÄHLT IN ROSTOCK ZU DEN LEISTUNGSTRÄGERN

Zuletzt überraschte einer der jungen Spie- ler das ganze Team. Der Tag der Weihnachts- feier fi el auf den Geburtstag von Abwehrspie- ler Dexter Langen. Bei Auswärtsfahrten teilt sich Langen, Spitzname Reggi, das Zimmer immer mit Zafer Yelen. Nachdem Mannschaft, Betreuer, Angehörige und Trainer festlich ge- feiert die Legende 50-jähriges Jubiläum – ein halbes Jahrhundert in blau weiß. Schneider fährt speist hatten, ging der selbst erst 20-jährige am Ostseestadion vorbei, ein kontrollierender Blick, die Krähen hacken woanders. Dann parkt Yelen auf die Bühne, nahm das Mikrofon und er den kleinen Wagen in der Garage. Vom Lachen hat Schneider viele Falten, sein Haar schim- sang a cappella eine spezielle R’n’B Version mert grau. Er freut sich, auch wenn es regnet. von „Happy Birthday“. Das ganze Team trau- Eigentlich ist die Rostocker Legende ein Sachse. Eigentlich ist der ganze FC Hansa ein Sach- te den eigenen Ohren nicht. Alle klatschten senverein. Die SED hat den Klub geklaut. 1954, Dieter Schneider war vier Jahre alt, sein Vater vor Begeisterung. spielte als Mittelfeldmann bei Empor Lauter. Lauter – eine Kleinstadt im Erzgebirge, Empor Auf dem Trainingsplatz hat es sich eingereg- Lauter – einer von neun DDR-Oberligisten aus Sachsen. Im Norden der sozialistischen Repu- net. Pagel schickt die Jungs in die Kabine. Am blik lebte man fußballerisch im Niemandsland. Rostocks SED-Bonzen gefi el das wenig, so er- Zaun vor dem Platz herrscht hanseatische Zu- fasste die Planwirtschaft den Fußball. „Es hieß, wir fahren an die Ostsee. Alles in den Koffer, rückhaltung. Die Fans besprechen die Chan- alles in den Bus“, erinnert sich Schneider. Empor Lauter stand damals auf Platz eins der Ober- cen heute Abend gegen Freiburg: Man hört, liga. Wenige Tage später hieß der Verein Empor Rostock. „Wir wurden delegiert,“ sagt Schnei- dass „jede Serie einmal endet.“ Und: „Die müs- der und: „Es gab böses Blut.“ sen auch mit Niederlagen umgehen können.“ Seine Eltern wurden als Verräter beschimpft. Lauterer Fans versuchten die Möbelwagen um- Platzwart Dieter Schneider fährt auf einem zuschubsen. Es dauerte Jahre, bis die Schneiders wieder Urlaub in der Heimat machen konn- grünen Elektrowagen vorbei. Für einen kurzen ten. 1965 wandelte sich Empor Rostock dann in Hansa Rostock. „Klar bin ich ein richtiger Plausch bleibt heute keine Zeit. „Das war noch Sachse, aber vom Herzen her auch ein richtiger Hanseat“, sagt Schneider. Als Torwart stand ein Torwart, der könnte unserem Schober noch er bei 279 Oberligaspielen für Hansa zwischen den Pfosten, im Europapokal hielt er gegen Flo- was beibringen“, sagen die Fans. Viele bei Han- renz, Nizza, Athen und Mailand, in den 70ern lief Schneider mit dem Nationaltrikot der DDR sa nennen den heutigen Platzwart einfach nur auf den Rasen. Jetzt hat er gleich Feierabend. Er tauscht den grünen Elektrowagen gegen sei- die Legende. Seit Schneider sieben Jahre alt nen blauen Fiat Punto, fährt zu seinem Haus an der Steilküste, zieht sich um und kommt am ist, gehört er zum Verein. Im nächsten Jahr Abend als Zuschauer zurück ins Ostseestadion.

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HANSA IM HERZEN: BODO UND PETER LEITEN DAS FANPROJEKT DES VEREINS

CHEF DER JUNGEN GARDE: STEFAN BEINLICH IST DER VERLÄNGERTE ARM DES TRAINERS

SPITZNAME „DER TAUCHER“: HANSAS MITTELFELDMANN RENÉ RYDLEWICZ SOLL VON DER MAFIA UNTER DRUCK GESETZT WORDEN SEIN „An der schönen Ostsee gibt es einen Fuß- ballverein, der heißt FC Hansa, und da wollen wir sein!“ In der Fankurve der Rostocker „Sup- tras“ hüpft und singt die Jugend. Wer nicht springt, spürt, wie die Zehen einfrieren. Lan- ge haben die Fans nach der erfolgreichen Hin- runde auf den Rückrundenstart gewartet. Ob- wohl das Spiel im Fernsehen übertragen wird, zittern knapp 20.000 Zuschauer im Stadion: „Nie meeehr Zweite Ligaaaa, nie meeehr!“ Sie ihm. Professor und Legende hoffen auf die Fitness der Mannschaft. In der Hinrunde lag das wissen: Um oben dran zu bleiben, ist das erste Team in Karlsruhe 13 Minuten vor Schluss mit 1:4 zurück. Vor dem Abpfi ff schoss der Rosto- Spiel wichtig. Die Fans sehnen sich nach Liga cker Cetkovi´´ c das 4:4. Heute Abend trifft kein Rostocker. Ein Lupfer vom jungen Shapourza- eins. Vor kurzem lasen sie in einem Fuß ball- deh platscht auf den zerhackten Rasen, gegen den Pfosten, nicht ins Tor. magazin, Cottbus sei der Leuchtturm des Ost- Nach dem Spiel humpelt Paule zur Fankurve. Die Suptras pfeifen nicht. Pagel hatte dreimal fußballs, daneben stand ein Foto vom Leucht- gewechselt, der Routinier musste trotz Schmerzen die letzten 20 Minuten spielen. Er sagt: turm in Rostock-Warnemünde. „Das gehört dazu, da musste ich bis zum bitteren Ende durchziehen.“ Früher wollte Paule nach „Hansa“, brüllt die Masse aus der Kurve, „Ro- solchen Spielen auf dem Platz ein Loch buddeln und im Tunnel zur Kabine kriechen. Heute stock“, schmettert es aus dem Nebenblock zu- stellt er sich vor die Kameras und sagt, dass morgen am freien Tag keiner mit gesenktem Kopf rück. Auf dem Platz bewegt sich wenig. Pagels durch die Stadt laufen muss. Er selbst wird morgen im Stadion sein, lange im heißen Wasser Truppe spielt im eigenen Stadion wie eine Aus- liegen und sich von den Therapeuten fi t massieren lassen. wärtsmannschaft. Auf dem Rasenacker kom- Platzwart Dieter Schneider wird auch wieder im Stadion stehen. Ab sieben Uhr, mit Han- biniert Freiburg besser. Paule Beinlich grätscht sa-Trainingshose, Regenjacke und Pistole. Wenn sich jemand über seine Plätze beschwert, sagt in der Defensive die Bälle ab. Immer wieder er immer: „Man kann aus einer Oma kein junges Model machen.“ Aber er denkt, dass alles gut versucht er, seine junge Garde anzustacheln. wird: Im Sommer verlegen sie einen neuen Rasen – für die Erste Liga. Dann kommen die Krä- Nach dem 0:1 holt er den Ball aus dem Netz hen bestimmt nicht mehr. und rennt zur Mittellinie. Manager Studer steht im grauen Mantel auf RUND IM NETZ der Tribüne, Platzwart Schneider sitzt über Mehr über den FC Hansa Rostock lesen Sie unter www.rund-magazin.de

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rrund0307_038_045_Vereins.inddund0307_038_045_Vereins.indd 4444 008.02.20078.02.2007 19:29:5919:29:59 UhrUhr AM BALL Kommentar

Der DFB hat ein Problem: Er ist drauf und dran, viel Geld einzunehmen. Sollte Nike der neue AUSRÜSTER des Verbands werden, verschreckt man aber den jahrzehntelangen Partner Adidas VON MARTIN KRAUSS DAS ENDE DER GEMÜTLICHKEIT

Ums Geld ging es. Der Mann vom DFB, ohne Zweifel der einfl ussreichste Experte im gesam- nicht irgendwer, der sich mit der Verlockung ten deutschen Fußball, stritt sich plötzlich mit dem Chef des großen Sportartikelherstellers. auf viel Geld modernisieren muss, es ist der Der Streit war nicht zu kitten. Also wechselte Bundestrainer 1951 als Berater DFB. Also ein trotz Jürgen Klinsmann und jetzt von Puma zu Adidas, und der Aufstieg des Konzerns begann. Nun geht es wieder ums Geld, Joachim Löw immer noch derart altmodisch die Trennung der über 50 Jahre alten Partnerschaft zwischen Adidas und dem DFB steht an, verfasster Verband, dass einem die katholische denn nun hat sich mit Nike ein Ausrüster gefunden, der bereit ist, mehr zu zahlen. Kirche daneben wie ein Start-Up-Unterneh- Das Bündnis zwischen Adidas und DFB war stets so stabil wie die Bundesrepublik unter men vorkommt. Und der schon seit fast 20 Adenauer, unter Schmidt und unter Kohl. Oder unter Herberger, unter Schön und unter Be- Jahren alle Modernisierungszwänge entweder ckenbauer. Mit den legendären Schraubstollen wurden die deutschen Jungs Fußballweltmacht ausgesessen oder sich ihnen, wenn es gar nicht und die Firma aus der fränkischen Provinz Weltkonzern. Mit drei Streifen dreimal Weltmeis- anders ging, derart seicht gebeugt hat, dass es ter – so etwas, so dachte man zumindest in Franken und Frankfurt, schweißt doch auf ewig auch ja niemandem weh tat. zusammen. Doch die Globalisierung raubt dem DFB seine Gemütlichkeit. Ein Global Player Als Nike schon im Jahr 2002 dem DFB ein namens Nike tritt auf und macht dem DFB ein Angebot über 600 Millionen Euro für die Jah- gutes Angebot machte, ließ man das noch ver- re 2011 bis 2019. Fast sechsmal so viel wie Adidas derzeit zahlt. streichen – die Beziehungen nach Fran ken soll- Abgesehen von der Kleinarbeit für Juristen, wie der Verband aus dem erst noch im letzten ten nicht leiden. Auf Jürgen Klinsmanns sym- Jahr mündlich verlängerten Vertrag rauskommt, ist die Sache klar. Eigentlich. Doch es ist ja pathische Forderung, man müsse „den ganzen Laden auseinandernehmen“, inthronisierte der DFB mit einen Sportdirek- tor, der das Modernisierungstempo wieder auf deutschfußballerische Art drückte. Als der lang- jährige DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfel- der partout nicht mehr zu halten war, wurde er nicht an den Rentnerstammtisch im Wein- lokal gesetzt, sondern der DFB leistete sich ei- ne Doppelspitze mit zwei Präsidenten. Und auch nun, wo Theo Zwanziger alleine regiert, wird immer noch Rücksicht genommen, ab- gefedert und auf Zeit gespielt. Dabei steht Theo Zwanziger, obwohl er wie alle seine Vorgänger dem rechtskonservativen Milieu entstammt, durchaus für Öffnung. Dass Nike auch den Mädchenfußball fördern will, entspricht auch der Linie Zwanzigers. Im vergangenen Sommer war, so lautete be- kanntlich das WM-Motto, die Welt zu Gast bei Freunden. Mit der Nike-Offerte ist nun der Weltmarkt zu Gast bei Freunden – mit allem, was ihn ausmacht: die Jagd auf das schnelle Geld, aber auch die Verachtung nationaler Bor- niertheiten. Soll der DFB ruhig weltoffen blei- Der Weltmarkt zu Gast bei Freunden: Der DFB muss entscheiden, zu wem er will ben. Oder werden.

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GLEICHE HÖHE HINTERGRÜNDIG FACHLICH KEIN ABSEITS

„Die meisten meiner alten Freunde wurden erschossen“ SIBUSISO ZUMA

48 DER PROFI SPRICHT „Deutsche fahren viel zu schnell“ – Bielefelds Sibusiso Zuma über Deutschland und Südafrika

54 AUSLANDSREPORTAGE Unabsteigbar – Zweitligist Sittard aus Holland wird ständig Letzter und steigt doch nicht ab

64 HEIMSPIEL „Die Karpfen lachen über mich“ – Der Aachener Keeper Kristian Nicht ist passionierter Angler

69 AUF DER LINIE

Schmerz, lass nach! – RUND-Kolumnist Timo Hildebrand besiegt den inneren Schweinehund

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rrund0307_046_047_Vorschaund0307_046_047_Vorscha 4747 005.02.20075.02.2007 15:57:0115:57:01 UhrUhr „In Südafrika erkennt mich jeder“: Zuma the Puma ist in der Heimat ein Superstar

rrund0307_048_053_ProfiZuund0307_048_053_ProfiZu 4848 008.02.20078.02.2007 21:40:2321:40:23 UhrUhr GLEICHE HÖHE Der Profi spricht

„DEUTSCHE FAHREN VIEL ZU SCHNELL“ In Bielefeld tauschen sogar Verkehrspolizisten die Strafzettel gegen seine Autogrammkarten. SIBUSISO ZUMA ist der Publikumsliebling der Arminia und der Nationalelf Südafrikas. Im Interview spricht der 31-Jährige über die WM 2010, wann er sich bewaffnen muss und über ein legendäres Fallrückziehertor

INTERVIEW MATTHIAS GREULICH UND NICLAS WESTPHAL, FOTOS STEFAN SCHMID

Herr Zuma, wir sind eben hinter Ihnen dann wieder Probleme, wenn ich eines Tages hergefahren. Ihr Fahrstil ist sehr ruhig, Sie mein Auto wechsle. fahren fast etwas lahm. Was machen Sie, wenn Sie in Südafrika zu SIBUSISO ZUMA Ich fi nde, dass die Deut- Besuch sind? schen viel zu schnell unterwegs sind. Beson- In Südafrika erkennt mich jeder. Wenn ich ders auf der Autobahn. Ich fahre einen BMW, am Flughafen ankomme, rufen die Leute mei- aber neulich wurde ich von einer älteren Da- nen Namen. Es ist faszinierend und nett, dort me überholt – in einem Polo! Sie fuhr unglaub- zu sein. Erholen kann ich mich aber nur, wenn lich schnell. Als ich das meinen Freunden in ich in meiner Heimatstadt Durban bin, weil Südafrika erzählt habe, wollten die sich darü- die Leute daran gewöhnt sind, mich zu sehen. ber kaputtlachen. Bei uns wird wirklich viel In Durban treffe ich auch meine alten Freunde. langsamer gefahren. Sie fragen dann nach meinen Fußballschuhen Sie haben dann direkt vor der Geschäftsstelle und Trikots. Ich kaufe jedes Mal 20 Trikots mit der Arminia geparkt. In Bielefeld scheint dem Namen „Zuma“ im Fanshop und nehme es wirklich nicht einfach zu sein, einen freien meine alten Schuhe mit. Wenn ich ankomme, Parkplatz zu fi nden. warten viele Freunde schon darauf. Das stimmt. Ich hatte am Anfang große Pro- Fahren Sie auch in die Township, wo Sie bleme, weil ich so viele Strafzettel bekommen aufgewachsen sind? habe. Inzwischen kennen viele Polizistinnen Wenn ich zwei Wochen in Südafrika bin, fah- mein Auto. Sie sagen, wenn ich ihnen eine Au- re ich vielleicht fünfmal hin. Ich muss die At- togrammkarte gebe, werfen sie den Strafzet- mosphäre spüren, das Stadion sehen, wo ich tel weg. Das ist doch großartig. Ich kriege erst angefangen habe, und meine alte Schule.

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rrund0307_048_053_ProfiZuund0307_048_053_ProfiZu 4949 008.02.20078.02.2007 21:40:3121:40:31 UhrUhr GLEICHE HÖHE Der Profi spricht

Ist es dort immer noch gefährlich? Ja, immer noch. Obwohl sich die Lage in den letzten Jahren verbessert hat. Abends nehme ich immer noch eine Waffe mit, um mich zu schützen. Man weiß eben nie, was passiert. Die meisten meiner alten Freunde wurden er- schossen. Ich komme aus einer sehr armen Ge- „Die WM wird eine große Überraschung …“ gend und musste hart arbeiten, um Profi fuß- baller zu werden. Ihr Vater war auch Fußballer und hat Sie gefördert. Lebt er noch? Nein, er starb an dem Tag, an dem ich das erste Mal für mein Land spielen sollte. Für mich war es sehr wichtig, dass mein Vater mich für Südafrika spielen sehen konnte. Doch es kam nicht dazu. Das ist auch in dem dänischen Dokumentarfi lm „Zuma the Puma“ beschrie- ben, der Stationen meiner Karriere zeigt. Als ich zum ersten Mal für den FC Kopenhagen spielte, war es unglaublich kalt und ich sah das erste Mal in meinem Leben Schnee. In Dänemark wird Ihr Fallrückziehertor 2001 für den FC Kopenhagen gegen Brøndby immer wieder als schönstes Tor aller Zeiten gezeigt. Sind Sie dort eine Legende? Eine große, nicht nur wegen des Tors. Ich ha- be in Dänemark eine Menge erreicht: Wir wa- ren mehrfach Meister und haben die Royal League gewonnen. Das Tor habe ich in einem sehr wichtigen Spiel gegen den Lokalrivalen Brøndby geschossen, als wir zum ersten Mal Meister wurden. Es war der entscheidende Tref- fer. Im Stadion war es einige Sekunden lang ganz still, dann gab es einen Riesenjubel. Ich schaue mir das Tor immer mal wieder an, es ist wunderschön. Es erschreckt mich sogar manchmal beim Zuschauen. Ich habe später „… Südafrika ist bereit für 2010“: Zuma voller Zuversicht

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rrund0307_048_053_ProfiZuund0307_048_053_ProfiZu 5050 008.02.20078.02.2007 21:40:3121:40:31 UhrUhr GLEICHE HÖHE Der Profi spricht

ken sie, dass wir nicht rechtzeitig fertig wer- den. Viele wissen nicht, wie schön das Land ist. Sie glauben, dass die Stadien nicht so gut sind. Aber wir sind seit langer Zeit bereit, die WM auszurichten. Deshalb wird es keine Pro- bleme geben. Die Arbeiten an den Stadien lie- gen nicht im Plan, aber ich denke, das werden „Für mich ist das Wichtigste, sie schon hinbekommen. In Durban haben sie das alte Stadion bereits ausgebaut, es liegt ne- dass die Füße mit dem Ball gut ben dem Strand, sie werden es sicher neuer und schöner bauen. befreundet sind“ Werden Sie mitspielen? Ich möchte es. Ich werde dann 34 Jahre alt sein und denke, dass ich dann immer noch Fußball spielen kann. Wenn ich spiele, ist es gut, aber wenn nicht, ist es sogar noch netter, dann könnte ich als Zuschauer ins Stadion ge- hen. Das Stadion in Durban ist in der Nähe, noch einmal so getroffen, weil man mich frag- habe ich schon länger nicht mehr gesprochen. ansonsten könnte ich mit meinen Freunden te, ob mir so etwas noch einmal gelingen könn- Wir treffen uns aber im Nationalteam und sind durch Südafrika reisen. te. Ich sagte ja, denn als ich in der Schule spiel- auch befreundet. Was kann die Nationalmannschaft Bafana te, habe ich häufi ger solche Tore geschossen. Und Delron Buckley, der inzwischen beim Bafana 2010 erreichen? Deshalb wusste ich einfach, dass es klappen FC Basel spielt? Im Moment sind wir nicht besonders gut, weil wird, wenn ich die Gelegenheit bekomme. In Er kommt aus meiner Heimatstadt, wir se- viele alte Spieler aufgehört haben. Wir spie len einem Freundschaftsspiel gegen Galatasaray hen uns die ganze Zeit über Weihnachten. Wir mit jungen, unerfahrenen Leuten. Das Schwie- Is tanbul in Kopen hagen ist es mir dann tat- wollten in Bielefeld zusammenspielen, aber rige ist, dass die meisten in Südafrika spielen. sächlich noch einmal gelungen. dann ging er nach Dortmund. Ich war ziem- Wegen des Tempos ist es hart für sie, wenn sie Haben Sie das geübt? lich sauer, weil er ja gesagt hatte, dass ich zur gegen Spieler aus europäischen Klubs antre- Häufi g. Nicht gerade diese Aktion, weil der Arminia kommen sollte. Ich hoffe immer noch, ten. Aber seit ich in der Nationalmannschaft Schuss soviel Kraft hatte, dass er direkt in den dass wir bald zusammen in einem Team spie- dabei bin, haben wir jedes Mal gut ausgese- Winkel ging. Das war etwas ganz besonderes. len werden. Leider lief es in Dortmund nicht hen, wenn große Gegner nach Südafrika ka- Aber als Kind haben meine Freunde die Flan- für ihn, auch wenn ich ihn wirklich für einen men, gegen Schweden, Argentinien, Brasilien ken geschlagen, und ich habe mich in die Luft sehr guten Spieler halte. Ich denke, man muss oder Frankreich. Dann spielen wir immer gu- gelegt. Nur aus Spaß. Schon nach zehn Versu- ihn aber auch verstehen. Man muss einen Spie- ten Fußball und schießen Tore. Wir greifen chen tat mir der Rücken weh, weil es kein Ra- ler auf der Position einsetzen, die er spielen den Gegner früh an, weil wir ein Heimspiel senplatz war, wo wir übten. Wenn du den Ball kann. Einige Trainer kaufen einfach jemanden, haben. Der Heimvorteil wird für uns den gro- verfehlst, dann wird die Landung schrecklich. weil er in der Saison davor gut gespielt hat, ßen Unterschied ausmachen. Das ist das Schlimmste. Aber wenn du so triffst, aber sie wissen nichts über ihn. Man muss wis- Welcher Druck wird auf den Spielern lasten? schmerzt es nicht. sen, wie ein Spieler spielt, wie er läuft, und Es wird schlimmer als bei den Deutschen wer- Laufen die Spiele der Arminia in Südafrika ihn dann richtig einsetzen. Wenn ich mit Del- den. Bei uns sind die Leute so leidenschaftlich im Fernsehen? ron zusammenspielen könnte, würde ich häu- beim Fußball. Jedes Mal, wenn wir uns für die Nicht in voller Länge, aber sie bekommen fi g treffen, einfach weil wir uns gut kennen. Weltmeisterschaft qualifi zieren, sagen die Fans: die Höhepunkte zu sehen. Meine Schwester Wollen Sie denn im Hinblick auf die WM „Gewinnt den Pokal!“ Es ist ihnen egal, ob die ruft mich immer an und lobt mich, wenn wir 2010 nicht noch einmal in der südafrika- WM in Spanien oder sonst wo ist, sie fordern gewonnen haben. In der vergangenen Saison nischen Liga spielen? den Titel. Sie glauben so sehr an ihre Spieler, kritisierte sie, dass wir so viele Spiele verlie- Nein, ganz im Gegenteil. Wenn ich bei der dass sie Druck ausüben. Für uns ist das manch- ren. Ich sagte ihr, dass wir nur ein kleiner Klub WM spielen will, ist es für mich besser, in Eu- mal ein unmöglicher Auftrag. sind. Mein jüngerer Bruder und meine jünge- ropa zu blei ben, wegen des Trainings und des Waren Sie bei der WM 2006 im Stadion? re Schwester ärgern mich, wenn wir verlie- Spieltempos. Der Fußball in Südafrika ist et- Ich war in Südafrika mit meiner Familie. Die ren. Sie machen mir Druck. Selbst wenn ich was langsamer. Darum spielen auch so viele südafrikanische Botschaft in Berlin hatte mich für die Nationalmannschaft spiele. Nationalspieler in Europa. Unser neuer Natio- eingeladen, aber ich war im vergangenen Jahr Haben Sie Kontakt zu den südafrikanischen naltrainer Parreira wird sie hier beobachten. viel unterwegs, mit der Nationalmannschaft Spielern in der Bundesliga? Wie wird die WM in Südafrika werden? beim Afrika-Cup. Ich konnte nicht viel Zeit Ich telefoniere häufi g mit Steven Pienaar vom Es wird eine große Überraschung werden. mit meiner Familie verbringen und habe die BVB, mit Bradley Carnell vom Karlsruher SC Wenn ich die Leute in Europa reden höre, den- Spiele deshalb im Fernsehen gesehen.

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rrund0307_048_053_ProfiZuund0307_048_053_ProfiZu 5151 008.02.20078.02.2007 21:40:3521:40:35 UhrUhr GLEICHE HÖHE Der Profi spricht

Vor der WM hat Nürnbergs Trainer Hans Meyer in RUND kritisiert, dass in Deutsch- land im Training häufi g immer noch zu wenig mit dem Ball gearbeitet wird. Teilen Sie seine Meinung? Ich denke ja. Ich glaube, dass es wichtig ist, mit dem Ball zu arbeiten. Man braucht natür- lich schon die Konditionseinheiten. Die Trai- „Deutsche Teams ähneln einander ner könnten das im Trainingslager in der Vor- bereitung machen. Bevor die Saison beginnt, immer mehr. Den spanischen Fußball kann man Läufe machen, um das Tempo hoch- zuhalten. Aber die meiste Zeit muss man im finde ich im Moment aufregender“ Training mit dem Ball arbeiten. Wenn man sich Mannschaften wie Barcelona anschaut, dann sieht man, dass sie immer mit dem Ball trai- nieren, stundenlang, denn sie könnten sonst nicht so Fußball spielen, wie sie es tun. Die Trainer sollten sich ansehen wie Barcelona trai- niert. Für mich ist das Wichtigste, dass die Fü- Als Kind waren Sie Bayern-Fan. Schauen Sie Mögen Sie eigentlich die Einlaufmusik ße mit dem Ball gut befreundet sind. Wenn sich heute noch gerne die Münchner an? „Enter Sandman“ von Metallica in Bielefeld? der Ball den Fuß berührt, dürfen sie einfach Mit den Jahren hat sich ihre Spielweise, ihr Privat sind Sie Anhänger der großen Rapper. nicht miteinander kämpfen. Die beiden Füße ganzer Stil verändert. Vor längerer Zeit haben Ich habe mich dran gewöhnt. Ich würde mir müssen mit dem Ball umgehen können, auf sie einfach und sehr effektiv gespielt. Jetzt ha- ein anderes Lied aussuchen, etwas von Snoop engem Raum, wenn die Gegner Druck auf dich ben sie einige jüngere Spieler, die sehr gut mit Dogg. Ich denke aber, die anderen Spieler wür- ausüben. Wenn man das nicht im Training übt, dem Ball umgehen können. Es ist wieder aufre- den es nicht so mögen, dazu einzulaufen. Mei- bekommt man Probleme. Dann kommt der gend, ihnen zuzusehen. Als ich Bayern als Kind ne Lieblinge sind Jay-Z, Snoop Dogg, Busta Pass, und der Ball springt weg. im Fernsehen sah, haben sie fünf Torchancen Rhymes, P. Diddy. Ich höre aber alle möglichen Ist der FC Barcelona Ihr Lieblingsverein? in fünf Minuten herausgespielt. Es gibt aller- Arten von Musik, nicht nur HipHop. Den hö- Manchmal träume ich davon, mit diesen Ker- dings schon die Tendenz, dass deutsche Mann- ren sowieso nicht viele in meiner Mannschaft. len nur einmal einige Minuten zusammenzu- schaften einander immer mehr ähneln. Ich Wenn wir Krafttraining machen, bringe ich spielen. Nur um zu spüren, wie das wäre, ei- fi nde den spanischen Fußball im Moment auf- gewöhnlich eine CD mit. Dann sieht mich Mat- nen Pass von Deco zu bekommen. Manchmal regender. Ich mag auch den englischen Fuß- ze Hain an, lacht über meine Musik und schüt- wünschte ich, eine Woche mit ihnen trainie- ball, der genau wie die Bundesliga sehr wett- telt den Kopf. Das ist wirklich nicht sein Sound. ren zu können. Ich denke, dass ich eine Men- kampfstark ist. In Spanien ist der Unterschied Was HipHop betrifft, sind es nur Aziz Ahan- ge lernen könnte. Es ist traumhaft, sie spielen zwischen den wenigen Spitzenvereinen und fouf und ich, die das mögen. zu sehen. Im Moment spielen sie mit Mittel- dem Rest sehr groß, in der Bundesliga ist das Sie haben sich die Haare anfangs blond feldspielern, die nicht so gut verteidigen. De- nicht so. Da läuft es gerade für die kleinen Ver- gefärbt, damit Ihre Oma, die nicht so gut sehen co, Giuly, Ronaldinho und Iniesta leisten kei- eine sehr gut, während selbst Teams wie die konnte, Sie jederzeit auf dem Platz erkennen nerlei Abwehrarbeit. Das brauchen sie aber Bayern oft Probleme haben, ihre Spiele aus- kann. Eigentlich wäre es mal wieder soweit. auch nicht, weil sie sowieso immer den Ball wärts zu gewinnen. Schalke und Bremen sind Machen Sie das eigentlich selbst? haben. Und wenn sie ihn dann doch einmal stark, und es ist ein spannender Wettbewerb. Nein, das macht meine Frau, wenn ich abends verlieren, gehen sie dahinter, sie verschieben Und die kleineren Klubs haben aufgeholt. Die vor dem Fernseher sitze. Stimmt, es ist mal gut, und dann bekommen sie den Ball auch Großen sind nicht so überlegen, es gibt eine wieder soweit, ich werde sie bitten, sie gleich ganz schnell wieder zurück. Chance von 50 zu 50 zu gewinnen. heute Abend zu färben.

SIBUSISO ZUMA wurde am 23. Juni 1975 in Durban geboren. In der Township, wo er aufwuchs, sprach sich schnell herum, dass hier einer sehr gut mit dem Ball umge- hen konnte. Als 20-Jähriger bekam er den ersten Profi vertrag als Angreifer bei den Orlando Pirates und wechselte dann vier Jahre später zu den African Wanderers. 2000 kam er zum FC Kopenhagen, mit dem er zweimal dänischer Meister wurde. Bei Arminia Bielefeld spielt Zuma mittlerweile in der zwei- ten Saison. In bislang 39 Bundesligaspielen für die Arminia erzielte er sieben Tore. Für Südafrika nahm Zuma am Afrika-Cup und der WM 2002 in Ja- pan und Südkorea teil. Für die Bafana Bafana absolvierte er 52 Länderspiele, in denen er 3-mal traf.

RUND IM NETZ Mehr über Sibusiso Zuma lesen Sie unter www.rund-magazin.de

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rrund0307_048_053_ProfiZuund0307_048_053_ProfiZu 5252 008.02.20078.02.2007 21:40:3521:40:35 UhrUhr „Ich träume davon, bei Barcelona zu trainieren“: Zuma voller Ehrfurcht

rrund0307_048_053_ProfiZuund0307_048_053_ProfiZu 5353 008.02.20078.02.2007 21:40:3621:40:36 UhrUhr GLEICHE HÖHE Auslandsreportage

Jubel vor leeren Rängen: Fortuna Sittard hat ausnahmsweise mal gewonnen

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rrund0307_054_059_Auslandund0307_054_059_Ausland 5454 008.02.20078.02.2007 19:53:2819:53:28 UhrUhr GLEICHE HÖHE Auslandsreportage

Der niederländische Zweitligist Fortuna Sittard wurde dreimal in Folge Tabellenletzter – und stieg nicht ab. Auch in dieser Saison rangiert der Klub unter ferner liefen – und hat noch alle Chancen aufzusteigen. Eine Reportage aus dem holländischen Profi fußball UnabsteigbarVON RAIMUND WITKOP, FOTOS URBAN ZINTEL

Jürgen Heinrichs hat da noch ein paar Fragen. Er hat sie zu stellen Aber es gibt auch eine gute Neuigkeit: Das macht gar nichts. Der vergessen, gestern, als er seine Unterschrift unter den Profi vertrag Abstiegskampf, auf den sich Jürgen Heinrichs bereits mit der nötigen beim niederländischen Zweitligisten Fortuna Sittard gesetzt hat. Sein Entschlossenheit eingestellt hat, fi ndet nämlich in Sittard gar nicht erster Punktspieleinsatz gegen Haarlem steht in anderthalb Stunden statt. Hier steigt niemand ab. bevor. Man steht zusammen im Foyer des Stadions, die Anspannung „Wie jetzt“, sagt Heinrichs. „Keine Absteiger?“ Nein, wirklich nicht. steigt. Vielleicht nicht der beste Moment für Wahrheiten. Der Profi fußball der Niederlande ist eine geschlossene Gesellschaft, Die Tabelle hat sich Heinrichs immerhin angeschaut, bevor er vom wie man es sonst nur aus dem Profi sport der USA kennt. Der Vergleich 1. FC Kleve aus der Oberliga Nordrhein über die Grenze wechselte: mit jener glitzernden Showwelt verbietet sich in allen anderen Bezie- Drittletzter nach der Hinrunde, 16 Punkte. Das sieht nicht gut aus, hungen, in diesem Punkt stimmt er. Es war schon immer so: Man fand, auch wenn der Abstand nach oben nicht zu groß ist. Was Heinrichs wer ein Stadion, einige Fans und etwas Geld hat, dessen Existenz dür- nicht wusste: in den letzten drei Spielzeiten war sein neuer Arbeitge- fe nicht durch Abstiege gefährdet werden. Wer nicht komplett pleite ber jeweils abgeschlagen Tabellenletzter der Jupiler League. „Wusste ist, kann verlieren, so oft er will. Beides, fast Konkurs gehen und oft ich damals auch nicht“, sagt sein Teamkamerad Raschid al-Hammu- verlieren, hat Fortuna Sittard in den vergangenen Jahren ausgiebig vor- chi, der im Sommer 2006 von Aachens Amateuren aus der gleichen gemacht. Vor der letzten Saison hatte der Verein 24 Millionen Euro Oberliga kam und inzwischen Leitwolf und Star des Teams ist. „Sonst Schulden, das überforderte Personal aus der eigenen Jugend erlitt ei- hätte ich es wohl gelassen.“ ne Serie von 28 Spielen ohne Sieg.

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rrund0307_054_059_Auslandund0307_054_059_Ausland 5555 008.02.20078.02.2007 19:53:3319:53:33 UhrUhr GLEICHE HÖHE Auslandsreportage

Gefürchtete Zweikampfstärke: Jürgen Heinrichs (r.) im Spiel gegen Haarlem

Rekordaufsteiger: Trainer Frans Körver (r.) hat es sechs Mal in die Erste Liga geschafft

Star der Nobodys: Raschid al-Hammuchi kam von Aachens Amateuren

Spieler – trotz fragwürdigen Leistungsniveaus – Vollprofi s sind, pass- te das nicht gut zusammen. An der Seitenlinie erschien Frans Körver, knapp 70 Jahre alt und ei- ne Legende des limburgischen Fußballs: Mit sechs Aufstiegen in die erste Liga hält er den Rekord. Der je nach Bedarf äußerst charmante oder auch sehr laute Körver gilt als Motivationskünstler. Doch biswei- DAS SCHMUCKETRUG DEM SCHULDENBERGSTADION KLUB FÜHRTEDEN RANDSITTARD EIN UND DES AN RUINS DEN len zweifelt er an sich selbst: „Ich habe einen schönen Caravan und eine schöne Frau, die mir sagt, ich sei verrückt.“ Im Sommer sei nun Aus deutscher Perspektive ist das System skurril, aber auch etwas wirklich Schluss: „Ich dachte, ich könnte das locker angehen. Aber da gespenstisch. Während hierzulande knapp die Hälfte der Mannschaften ist nichts locker, wenn man an der Linie steht.“ Den sicheren Klas- im bezahlten Fußball zur Winterpause mit der Möglichkeit eines Ab- senerhalt weiß er zu schätzen – „anders geht es in so einem kleinen stiegs kalkulieren muss und sich die Konzepte der Manager, die Ge- Land nicht“ –, aber mit der aktuellen Spielergeneration hat er Pro- spräche und Ängste der Anhänger darauf beziehen, geht es jenseits der bleme: „Ich selbst hatte nicht so viel Talent, habe aber hart gearbeitet. Grenze ruhiger zu. Warum auch sollte ein niederländischer Zweitli- Die Jungen heute wollen das nicht, die halten sich für Künstler.“ gist seinen Trainer rauswerfen, wenn der argumentieren kann, dass in Wie verwegen dieser Gedanke ist, zeigt sich am Abend gegen Haar- der nächsten Saison bestimmt alles besser werde? Warum sollte ein lem. Robust und herzhaft geht es zu; Heinrichs kann seine am ganzen Fan nach sechs schlechten Spielen zum Auftakt noch hingehen, wenn Niederrhein gefürchtete Zweikampfstärke ausspielen und hat mangels er sich überzeugt hat, dass sein Team es mal wieder nicht bringt? War- erkennbarem System auch kaum Anpassungsschwierigkeiten. 2000 um sollte er überhaupt ein Fan bleiben? Zuschauer im neuen Stadion auf der Wiese vor der Stadt feiern beim Im Umgang mit Trainern halten sie hier aber genau wie anderswo. 2:0 ein seltenes Glück; wären die 12.500 Plätze belegt, könnte das Gan- Der zu Saisonbeginn in Sittard verpfl ichtete Rob Hutting hielt sich ze recht stimmungsvoll sein. Das schmucke und grotesk überdimen- ganze vier Wochen. Die Gründe sind umstritten, doch informierte sionierte Stadion allerdings ist Kern des Problems: Es trug dem Klub Fans meinen, die Ursache zu kennen: Hutting wollte nur nachmittags den Schuldenberg ein, führte ihn an den Rand des Ruins und wurde trainieren, um vormittags einem anderen Job nachzugehen. Da die jetzt mit knapper Not an einen Investor abgetreten.

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rrund0307_054_059_Auslandund0307_054_059_Ausland 5656 008.02.20078.02.2007 19:53:3419:53:34 UhrUhr GLEICHE HÖHE Auslandsreportage

Loge im Fortuna-Stadion: Die ganze Mannschaft hat unterschrieben

Immun gegen Resultate: die „Lateral Boys“ Guido Erens, Ralf van Laar, Peter Meijers, Michel Hennen (v.l.)

„Froh, dass sie überhaupt noch spielen“: Lotto-Sponsorin Christel Derks

Dabei ist Fortuna Sittard nicht irgendein Verein. Im heutigen Orts- purer Wut über die kaltherzige Äußerung organisierte Christel Derks, teil Geleen spielte die erste offi ziell bezahlte Mannschaft der Nieder- seit ihrem 13. Lebensjahr Hardcore-Fan, eine Spendensammlung zum lande, es gab zwei Pokalsiege sowie in den 60er- und 80er-Jahren je- Kauf von Losen. Dreimal setzte sie rund 100 Euro in der Lotterie ein, weils kurze Gastspiele im Europapokal. Huub Stevens und Erik Meijer beim dritten Mal gewann sie den Hauptgewinn – 500.000 Euro. Die wurden hier groß. Ende der 90er-Jahre gab es dann noch einmal eine niederländischen Medien ließen die komplizierte Vorgeschichte gern stolze Zeit, als unter dem aufstrebenden Trainer die weg, weshalb Christel Derks bis heute Menschen trifft, die sie für kom- jungen und Kevin Hofl and auftrumpften. Doch mit plett verrückt halten. Ihr Partner Erik-Jan verstärkte das noch, indem van Marwijks Wechsel zu Feyenoord Rotterdam im Jahr 2000 begann er durchblicken ließ, gegen einen Karibikurlaub habe er auch nichts der allmähliche Niedergang. einzuwenden. Erik-Jan, obendrein Ajax-Fan, hätte es aber schon 1998 Früher gab es Geld in der Stadt, das aus dem Bergbau und einem fl o- wissen können, nachdem er seine Frau während der WM in Frank- rierenden Mittelstand stammte; auch heute ist Sittard-Geleen eine reich auf einem Campingplatz kennengelernt hatte: Das erste Weih- recht wohlhabende Gemeinde. Etliche Bauprojekte auf den Wiesen nachtsgeschenk war die Dauerkarte für ihn. entlang der Maas künden von großen Ambitionen, das Stadion mit Also leiteten die beiden den Gewinn brav an Fortuna Sittard weiter, dem Namen Wagner + Partners, geplant noch zu Erstligazeiten, fügt wo der Betrag sich natürlich umgehend in Dampf aufl öste. Immerhin sich da durchaus ein. Die Firma, die die Namensrechte am Stadion für konnte Christel einen bis heute wirksamen Teil für die Jugendarbeit zehn Jahre gekauft hatte, existiert längst nicht mehr, ihre Anlagefonds beschäftigen nur noch die niederländischen Gerichte. Geldgeber Jos Nuijen, der auch etliche Spieler fi nanziert hatte, ist abgetaucht. Da- bei hält man ihn in Sittard als sportlichen Wohltäter durchaus in Eh- ren: „Er war eine schillernde Figur, aber er hat den Verein gerettet“, sagt Pressesprecher Roland Hintzen. Rettung erfuhr der Klub auch von ganz anderer, aber ebenfalls un- verhoffter Seite. Ein hoher Funktionär des Fußballverbands empfahl dem siechen Sittard 2002 als letzte Rettung einen Lottogewinn. Aus IM JAHR 2002CHRISTEL GEWANN500.000 DERKS EUROUND RUND GAB IM DENLOTTO DAS VEREIN GELD ANWEITER

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Holländisch wie aus dem Bilderbuch: Trainingsplatz von Fortuna Sittard

Vorwärts Sittard: Graffi ti im Fortuna-Stadion

Das größte Talent: Der pfeilschnelle Rechtsaußen Cedric Olondo aus der DR Kongo

abzweigen. Kaum gespendet, begannen die drei grausamen Jahre auf solut immun gegen Resultate“, sagt Guido Erens, „wenn wir gewinnen, dem letzten Tabellenplatz. Christel Derks verfolgte das in einer der ist es ein Fest. Und sonst fi nden wir selbst unser Vergnügen.“ Sky-Logen des Stadions, zu der sie als eine Art Ehren-Sonder-VIP-Mit- Bei selbst geschaffenen Höhepunkten sind sie wirklich einfallsreich. glied des Vereins einen Schlüssel hat. Aber was hat sie gedacht, als sie Da gibt es zum Beispiel den kleinen Pokal, den sie jährlich an den geg- ihrer halben Million beim Versickern zusah? Nun, die deutsche Re- nerischen Spieler aushändigen, der das peinlichste und demütigends- densart „für die Katz’“ ist Christel durchaus geläufi g, aber so will sie te Tor gegen ihre Fortuna erzielt hat. Ihre Transparente haben ligawei- das nicht sehen: „Ich bin jedes Mal froh, dass sie überhaupt spielen.“ te Berühmtheit: mal spanisch, mal italienisch gehalten, sind sie immer Als viele der Profi s auf ihr Gehalt verzichten mussten, richtete die Lot- eine intellektuelle Herausforderung. Besonders gut gelingen ihnen nie- tokönigin ein gediegenes Abendessen für die Geprellten aus. Ein Bei- derländische Aufschriften mit raffi nierten Anspielungen und Doppel- spiel für die feine Ironie, die im limburgischen Fußball zu Hause ist. bedeutungen. Es sollen schon Zuschauer über eine komplette Spiel- Natürlich ist die Fähigkeit zur Selbstironie eine notwendige Bedin- dauer an ihnen herumgerätselt haben. Die „Lateral Boys“ – lateral, gung, um sein Herz dauerhaft an diesen Klub zu hängen. Michel, Pe- weil sie Latein können und am Rand sitzen – sind eine subtile Spaß- ter, Guido und Ralf nennen sich die „Lateral Boys“, betreiben eine vor Guerilla mit depressiven Untertönen. Witz und Esprit sprühende Fan-Site (www.fortuna-online.nl) und ma- Bestürzt verfolgen die Fans, wie sich immer neue Spieler zum Pro- len die größten Transparente weit und breit. „Wir sind inzwischen ab- betraining einfi nden, offenbar meist auf eigene Empfehlung. „Einer war da, der erzählte allen, er sei ein Goalgetter“, sagt Michel Hennen. „Es stellte sich heraus: Er ist nur ein Mann, der Fußballschuhe hat.“ Ein schöner Satz, der auf viele Spieler der Jupiler League passt. Män- ner mit Fußballschuhen. Dass diese zusammen mit ihren ewig kriseln- den Kleinstklubs auch weiterhin nicht absteigen werden, hat vor allem INING UND zwei Gründe. Erstens passt es den Zweitligisten gut, und zweitens

KAM ZUMETRA möchte niemand so recht in die zweite Liga aufsteigen. Zum Verständnis ist ein kleiner Exkurs in die pralle Welt der Ama- EINER PROB WOLLTE SEIN.EIN TORJÄGER DASWAREN BESTE SEINE SCHUHE teurfußballer aus dem Land der Tulpen und des Matjesherings nötig.

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rrund0307_054_059_Auslandund0307_054_059_Ausland 5858 008.02.20078.02.2007 19:53:5819:53:58 UhrUhr GLEICHE HÖHE Auslandsreportage

Vereinsgeschichte I: Denkmal für den Vorgängerverein Fortuna 54 Geleen, den ersten Profi klub des Landes

Vereinsgeschichte II: Elf Fußabdrücke erinnern an Sittardia, das 1968 mit Fortuna Geleen fusionierte

Seltenes Glück: Fortuna Sittard gewinnt 2:0 gegen Haarlem

Die erwähnten Produkte dienen hier nicht als Hollandklischees, sie sind vielmehr wirklich der Treibstoff der höchsten Amateurklasse. Bei RÜHREN den Derbys in der „Bollenstreek“, den Blumenzuchtgebieten entlang ESPIELT, WEIL RTE SONNTAGS der Nordseeküste, geht es ebenso hoch her wie bei den Fischerderbys FUSS rund um das Ijsselmeer. Ausgesprochene Knüller wie Ijsselmeervogels BALL G gegen Spakenburg – Fisch – oder Noordwijk gegen Lisse – Tulpen- IN DER ZATERDAGSLIGAWIRD NURFUSS AM SAMSTAG REFORMIE KEINEN zwiebeln – haben mehr Zuschauer, mehr Atmosphäre und ein höheres Niveau als nahezu alles in der zweiten Profi liga. Die Spieler sind – wie einst in Deutschland – pro forma Angestellte in der Firma des Spon- eine vielleicht manchmal bequeme, aber nicht leichte Aufgabe. Die sors und haben ihrerseits wenig Neigung, bei den Profi s mehr zu trai- Jüngeren sehen es wie Raschid al-Hammuchi: „Man spielt auch für nieren und womöglich weniger zu verdienen. Dann schon umgekehrt: sich selbst.“ Er möchte entdeckt werden und glaubt, das ginge hier „Geh’ ich eben zu den Amateuren“, ist bei Vertragsverhandlungen in leichter als in der deutschen Oberliga. Sittards Verteidiger Ronald Das- der zweiten Liga meist keine leere Drohung. sen, seit 15 Jahren dabei, hat eine andere Philosophie: „Man muss ein- Die höchste Amateurklasse gibt es sogar zweifach, aufgeteilt nicht fach jedes Mal wieder glauben, dass es in diesem Spiel, in diesem Mo- nach Regionen, sondern nach Spieltagen. Aus Gründen von Religion nat, in dieser Saison besser wird.“ und Tradition spielt die Zaterdagsliga ausschließlich samstags, weil Doch es gibt da noch etwas. Es ist nun Zeit – auch auf die Gefahr strenggläubige Reformierte am Sonntag keinen Fuß rühren. Am Tag hin, Jürgen Heinrichs, den Neuen, vollends zu verwirren – ein letztes des Herrn übernehmen dann die Katholiken die Bühne. Das religiöse Mysterium der Liga zu enthüllen: den Periodentitel. Über den Auf- Fundament hindert die diversen Geldgeber der Amateurvereine übri- stieg in die Ehrendivision entscheidet am Ende nicht die Tabelle. Die gens nicht an einem steuerlich höchst suspekten Vorgehen. Um kor- Saison wird vielmehr in sechs Abschnitte unterteilt, deren jeweilige rekte Buchführung und die strengen Sicherheitsvorschriften der Pro- Gewinner in eine Aufstiegsrunde kommen. Wer also nach fünf Sechs- fi s muss sich keiner scheren. teln einer verkorksten Saison sechs gute Wochen hat, kann immer Also bleiben die Profi s in ihrer nicht sehr beneidenswerten sport- noch einiges erreichen: „Hey“, sagt Rachid al-Hammuschi zu Hein- lichen Unsterblichkeit unter sich. Für die Spieler von Fortuna Sittard richs, „wir können immer noch aufsteigen!“

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rrund0307_054_059_Auslandund0307_054_059_Ausland 5959 008.02.20078.02.2007 19:54:2219:54:22 UhrUhr GLEICHE HÖHE Taktikreport UM DIE ECKE GEDACHT

„Mein Hobby: Tore schießen“ und ging sei- nem Steckenpferd prompt am zweiten Pfos- ten nach. Oder wie Harig schreibt: „Der ein- studierte Eckball verwirrte Ungarns Elf mit kryptischer Parabel.“ Heute ist die enorme Bedeutung der Stan- dardsituation allgemein anerkannt. Mehr noch: Ein Drittel aller Tore Sie ist zu einem Spiel im Spiel geworden. Ein fällt im modernen Fußball Drittel aller Tore fällt im modernen Fußball nach Standardsituationen, etwa jede dritte da- nach Standardsituationen, von ist eine Ecke. In der Hinrunde der Saison „Ein jeder Eckball barg teutonische Gefahr“, waren das 42 Treffer nach Eckbällen, und die- viele davon nach einem heißt es in einem Sonett des deutschen Schrift- se verteilen sich höchst ungleichmäßig. Her- stellers und Fußballfans Ludwig Harig über tha BSC traf zum Beispiel fünfmal nach Ecken, ECKBALL. Dabei gibt es das WM-Endspiel 1954. In der Tat war es die Hannover überhaupt nicht. Fünf Tore in 17 scheinbar nur wenige deutsche Nationalmannschaft, die den Wert Spielen mehr oder weniger – das kann gleich dieser Standardsituation als erste erkannte. mehrere Spiele entscheiden. Varianten, den Ball in den Schon in seiner Diplomarbeit von 1930 hatte Warum diese Tore fallen oder nicht fallen, Sepp Herberger die große Bedeutung der Eck- ist für die Zuschauer selten nachzuvollziehen. Strafraum zu schlagen. bälle beschrieben und empfahl unter anderem Vieles sieht nach Zufall aus: Die Ecke kommt das Freisperren aussichtsreich postierter Spie- herein, alles stürzt in Richtung Ball, irgendein Doch was im Sechzehner ler. Seinen Kapitän machte er spä- Spieler köpft ihn weg oder aufs Tor. Doch was passiert, ist choreografi ert ter zum besten Eckballschützen seiner Zeit. im Strafraum passiert, ist so streng choreogra- 1954 in der Schweiz fi elen im Halbfi nale ge- fi ert wie modernes Tanztheater. „Bei fünf oder wie im Tanztheater gen Österreich zwei Tore nach Ecken, im Fi- sechs Spielern werden die Laufwege zum Tor nale gelang das 2:2 nach einer feststehenden klar defi niert“, erklärt Jupp Heynckes, „jeder VON MALTE OBERSCHELP, FOTOS IMAGO Variante. „Corner Nummer eins war kurz ge- hat seine Position, seinen Raum.“ Bei seinem kommen, also kam – verabredungsgemäß – Exklub Mönchengladbach hat zumindest das die zweite lang“, berichtet Helmut Rahn in recht gut geklappt. In der Eckenstatistik der

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HERTHA BSC: 83 ECKEN IN DER HINRUNDE, FÜNF TORE

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VFL WOLFSBURG: 75 ECKEN IN 17 SPIELEN, ZWEI TORE

Hinrunde steht Gladbach mit vier Toren in der Spitzengruppe und hat nach 86 Versuchen des Gegners nur ein Tor zugelassen – ein sehr guter Wert. Vielleicht lag es ja daran, dass der Heynckes. Mindestens einmal die Woche stand Trainer während seiner aktiven Laufbahn ein Eckballtraining bei allen seinen Vereinen auf paar Dutzend Treffer nach Ecken erzielt hat. dem Programm. Grundsätzlich viel geändert hat sich seitdem Dieses Arsenal der Möglichkeiten hat sich von der TSG Hoffenheim hat nicht, sagt Heynckes. Die Varianten sind be- im Lauf der Jahre allerdings verfeinert. Heu- sich vorgenommen, diese Übungen in der Rück- grenzt: Ecken können entweder mit Schnitt te gibt es in jeder Mannschaft Eckballspezia- runde noch zu intensivieren. „Wie viele Tore zum Tor hin oder vom Tor weg getreten wer- listen. „Sie brauchen jemand, der den Ball mit durch Standards fallen, spiegelt sich kaum in den, das ist der wichtigste Unterschied. Sie Ve hemenz vors Tor schlagen kann“, sagt Heyn- der Trainingszeit der meisten deutschen Ver- landen vergleichsweise weich am kurzen Pfos- ckes, „angeschnitten, aber mit Druck.“ Ideal eine wider“, sagt er, „und wenn, werden eher ten, um von dort verlängert zu werden, oder sind Bälle auf jener imaginären Linie, bei der die eigenen Standards geübt als die Abwehr scharf zentral vor dem Tor. Seltener sind das die Torhüter nicht wissen, ob sie herauskom- gegnerischer.“ Auch Rangnick ist der Ansicht, Zuspiel in den Rückraum – Lothar Matthäus men sollen oder nicht. Sebastian Deisler war dass sich bei der Ausführung von Ecken we- hat danach mit einer Direktabnahme mal ein ein Spieler, der das perfekt konnte. Seine Eck- nig verändert hat – abgesehen davon, dass Ab- Tor des Jahres geschossen – und die kurze Ecke, bälle fi elen im Strafraum herunter wie einst wehrspieler und Stürmer größer und athle- die einen besseren Winkel für die Hereingabe die Freistöße von Zico. Gleichzeitig versuchen tischer geworden sind. Tatsächlich sieht man erlaubt oder kurz vor dem Abpfi ff gespielt wird, die Angreifer, jeweils in ihrer Zone den Gegen- in den deutschen Stadien immer wieder das um Zeit zu gewinnen. Nach 1924, als die Fifa spieler durch einen angetäuschten Laufweg gleiche Bild. Einer führt die Ecke aus, fünf ver- die direkte Verwandlung einer Ecke erlaubte, loszuwerden. Auch das Herberger’sche Frei- suchen im Strafraum das Tor zu machen, zwei ist eine weitere Variante dazugekommen. Da- sperren von Spielern wird heute noch prakti- warten vor dem Sechzehner auf zu kurz abge- mit waren so unterschiedliche Spieler wie Die- ziert. „Das sind alles Dinge, die intensiv trai- wehrte Bälle und zwei bewachen den gegne- go Maradona und Mario Basler erfolgreich. niert, die automatisiert werden müssen“, sagt rischen Stürmer an der Mittellinie.

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rrund0307_060_063_Taktikr.inddund0307_060_063_Taktikr.indd 6262 008.02.20078.02.2007 21:48:5121:48:51 UhrUhr GLEICHE HÖHE Taktikreport

derlegt: Selbst Regionalligist Hessen Kassel deckt bei Ecken in der Zone. Eine seltsame Einstellung hat man hierzu- lande auch bei der Frage, ob die Pfosten abge- „BEI ECKEN deckt werden sollen. Steht kein Feldspieler in einer der Ecken und fällt dort das Tor, wird WIRD IN das oft als Fehler ausgelegt. Heynckes verweist DEUTSCHLAND, dann auf den FC Porto, der unter José Mou- rinho mit verwaisten Pfosten die Champions wähnt eine Variante, die Volker Finke mit dem ANDERS ALS BEI League gewann. Denn man kann die Sache SC Freiburg ausprobierte. Da blieb das Gros auch so sehen: Beide Pfosten zu besetzen führt der Spieler auf der Torlinie stehen und lief erst MANCHEN zu Kompetenzgerangel mit dem Torhüter und dann in den Strafraum, als der Eckball ausge- EUROPÄISCHEN bindet unnötig Personal. Mourinho ließ statt- führt wurde. Die andere Mannschaft blieb, ih- dessen drei Spieler vorne und zwang den Geg- rer Gegenspieler verlustig gegangen, einiger- SPITZENKLUBS, ner, aus Angst vor einem schnellen Gegenstoß maßen verwirrt zurück. Andere Bundesligaklubs seinerseits Spieler aus dem Strafraum abzu- versammeln ihre Akteure weit vor dem Straf- KAUM MIT ziehen. „Wenn Sie Spieler haben, die kopfball- raum und laufen anschließend – bei Ecken RAUMDECKUNG stark sind und antizipieren können, dann kön- vom Tor weg – wie eine Welle nach vorne. „Bei nen Sie aus einem Eckball des Gegners auch den Standards geht es auch um Kreativität und GESPIELT“ RALF RANGNICK einen Konter einleiten“, sagt Heynckes. Variabilität“, meint Rangnick, „das ist ganz si- Ralf Rangnick nennt das „die Flucht nach cher noch nicht ausgereizt.“ vorne“. Manöver, die intelligent den Stärken Eine Variante allerdings gibt es schon längst des Gegners begegnen. Denkbar ist zum Bei- nicht mehr. Vor über 100 Jahren, als man in spiel, zwei Offensive vorne zu lassen, sie aber, manchen Teilen des Deutschen Kaiserreichs Trotzdem glaubt Rangnick, dass das Poten- statt wie üblich zentral, an den Seiten zu pos- die englischen Regeln noch nicht allzu genau zial dieser Standardsituation längst noch nicht tieren. Schon weiß der Gegner nicht, wie er kannte, entschied nach 90 Minuten bei einem erschlossen ist, gerade was die Verteidigung seine drei Spieler verteilen soll. Rangnick er- Unentschieden – die Zahl der Eckbälle. angeht. „In Deutschland wird bei Ecken, an- ders als bei manchen europäischen Spitzen- klubs, kaum mit Raumdeckung gespielt“, sagt Rangnick. Konkret heißt das: Vor dem Spiel teilt der Trainer den größten Spielern des Geg- ners jeweils seine größten Spieler zu. Wenn etwas schiefgeht, sagt der Trainer dann in der Fernsehanalyse den berühmten Satz: Da hat die Zuordnung nicht gestimmt. Mit anderen Worten, einer der Bewacher hat geschlafen. Doch was tun, wenn der Gegner – sagen wir: Werder Bremen – so viele Riesen in der Mannschaft hat, dass man ihnen gar nicht ge- nug ebenbürtige Spieler zuordnen kann? Dann

könnte sich eine Zonendeckung anbieten, weil GLADBACH: die kopfballstärksten Spieler in dieser Forma- 77 ECKEN, tion von vorneherein dort stehen, wo der Ball VIER TORE vermutlich hinkommt. Anstatt als Mannde- cker nur auf die Aktionen der Angreifer zu re- agieren und am Ende vielleicht abgehängt zu werden, können die Abwehrleute von sich aus in den Ball hineingehen. „Dafür braucht man Spieler, die antizipieren können“, sagt Jupp Heynckes, der bei Gladbach gleichwohl lieber mit klarer Zuordnung gearbeitet hat. Dass die Raumdeckung bei Ecken zu kompliziert sei, wie es ähnlich auch vor der Einführung der Viererkette behauptet wurde, ist jedoch wi-

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rrund0307_060_063_Taktikr.inddund0307_060_063_Taktikr.indd 6363 008.02.20078.02.2007 21:49:0021:49:00 UhrUhr GLEICHE HÖHE Heimspiel „Die Karpfen lachen über mich“ Kristian Nicht, Torwart von Alemannia Aachen, ist ein ruhiger Geselle: Am liebsten angelt er. Dabei träumt er Ereignisse auf dem Fußballplatz vorweg – und vom FC Barcelona

AUFGEZEICHNET VON BERND MÜLLENDER, FOTOS ANNA-LISA MAURIELLO

Das Tolle am Angeln ist zuallererst: draußen ein Schöner, schade. Aber dafür freut sich na- sein in der Natur, an der frischen Luft, mal nur türlich der Fisch wie nichts Gutes. für mich sein. Ich glaube, das tut jedem hin Angefangen hat das in meiner Jugend in Je- und wieder gut, ganz wegzukommen von al- na. Mit Papa im Urlaub, der erste Stock mit lem, genießen und komplett stressfrei in Ru- einer Schnur dran, und dann die erste richti ge he nachdenken zu können. Manchmal gehe Angel geschenkt bekommen. Manchmal gehe ich mit ein oder zwei anderen zum Angeln, ich zwei Monate gar nicht, dann zweimal in aber manchmal auch nur für mich. einer Woche. Aus der Mannschaft angelt nur Ich angle an Seen und Flüssen und fast nur noch der Reghe, also Lauren¸tiu Reghecampf. auf Friedfi sche, das heißt auf Karpfen, Bras- Hemmungen beim Töten: Nicht ist ein friedlicher Angler Wir waren aber komischerweise noch nie zu- sen und Rotaugen. Nicht auf Raubfi sche wie sammen unterwegs, obwohl wir schon zwei Zander oder Hechte, obwohl die jetzt im Win- Das ist es. Aber wenn du plötzlich einen am Jahre zusammen in Aachen spielen. Die Mit- ter ganz gut beißen würden. Warum die Fried- Haken hast, das ist sofort das volle Adrenalin, spieler lästern schon mal etwas über uns, aber fi sche? Weiß ich auch nicht genau. Gewohn- der Zweikampf. Jagdtrieb ein bisschen, klar, für großartige Sprüche ist Angeln einfach nicht heit. Für andere Fische bräuchte man auch Mensch gegen Natur. spektakulär genug. andere Köder statt Maismehl, Brötchen oder Ich hab mal einen Karpfen von 85 Zentime- Eine Hochseetour fände ich hingegen gar Maden. Ich angle auch nicht mit Blinker: Im- tern am Haken gehabt. Solche Kerle haben nicht so aufregend wie viele andere Angler. mer wieder reinwerfen und rausziehen – das schon ein anständiges Gewicht und wissen sich Reizt mich einfach nicht so. Ich bin ganz klar ist mir viel zu anstrengend. tüchtig zu wehren. Manchmal schafft man es ein Süßwassertyp. Ein Traum von mir ist aber, Nein, lieber so: Haken mit Köder auf Grund auch überhaupt nicht, wenn die es sehr clever in Spanien im Ebro-Stausee zu angeln. Da muss legen, warten, nach der Pose gucken, dem anstellen. Oder wenn die Sehne reißt, der Ha- es riesige Exemplare von Karpfen geben. Der Schwimmer, nach einer halben Stunde mal ken nicht richtig im Maul ist oder der Knoten See gilt auch als Paradies für Wels-Angler, das einholen und nachsehen. Ganz in Ruhe alles. platzt. Dann sagst du: Oh, das war aber jetzt sind Raubfi sche und keine angenehmen Zeit-

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rrund0307_064_065_HeimAngund0307_064_065_HeimAng Abs2:64Abs2:64 008.02.20078.02.2007 20:11:2720:11:27 UhrUhr GLEICHE HÖHE Heimspiel

„Ich bin ein Süßwassertyp“: Kristian Nicht angelt lieber an Flüssen und Seen – und am liebsten alleine

genossen. Aber auf Welse gehe ich ja nicht, da „Ob die Fische wirklich komisch: ein Kopfschlag zum Betäuben, Herz- bräuchte man auch eine besondere Ausrüstung stich von unten hoch. Gerne mach ich das na- und eine ganz ausgefeilte Technik. Vielleicht Schmerzen haben?“ türlich nicht, und ich werfe die meisten ja auch wechsle ich mal in die Primera División zu Sa- KRISTIAN NICHT lebend wieder rein. Wenn die Maas-Karpfen ragossa – das ist es nicht so weit zum Stausee. mich sehen, lachen sie wahrscheinlich: Ach FC Barcelona ginge auch noch. Und jetzt wis- da kommt der blöde deutsche Torwart wieder, sen alle, warum der Nicht nach Spanien geht. Außenstehende fi nden es kurios, dass ich da haben wir aber Glück. Aber ernsthaft: Als ich in Stuttgart bei den Ki- die gefangenen Fische meistens wieder ins Was- Meine Frau sagt: Angeln ist Tierquälerei. ckers gespielt hab, in Nürnberg und jetzt hier ser schmeiße. Außer wenn sie schlimm ver- Mich würde interessieren, ob die Fische wirk- in Aachen, in jeder neuen Stadt habe ich mich letzt sind und sich quälen würden. Dann hast lich Schmerzen haben. Die sagen ja nichts – sehr schnell erkundigt, wo es gute Möglich- du sogar die gesetzliche und auch die mora- stumm wie sie sind. Aber Nerven haben die keiten zum Angeln gibt. lische Pfl icht, dem ein Ende zu machen. Aber auch, und wenn sie am Haken im Maul durch Ich bin meistens in Holland an den Maas- wenn der noch bei ordentlicher Gesundheit den halben See gezogen werden, angenehm Seen, das ist eine gute halbe Stunde Fahrt von ist, darf er weiterleben. Ich bereite Fische auch ist das wohl wirklich nicht. Aachen. Da gibt es eine überragende Stelle, nicht zu und esse sie sehr selten. Auf dem Tel- Mit meinem Beruf als Torwart hat Angeln ein Steg, mit Gras überwachsen, auf der einen ler, nee, da könnte ich mit einem Karpfen nicht nichts zu tun. Rute auswerfen, Fische wieder Seite die Maas und auf der anderen ein See. viel anfangen. Meine Frau ist da auch nicht so reinwerfen, Ball abwerfen, das wäre kühn. Ich Manchmal sitze ich da fünf, sechs Stunden, scharf drauf. Aber wenn Freunde zu Besuch kann dabei aber gut auch über Fußball nach- im Extremfall auch mal neun. Nachtangeln sind oder die Eltern zu uns nach Aachen kom- denken, warum ich dieses oder jenes gemacht dauert noch länger, das haben wir als Jugend- men, dann bring ich mal einen mit. habe. Mit geschlossenen Augen dasitzen, träu- liche gemacht: Das Ding raushauen ins Was- Beim Töten der Fische gibt es eine Hemm- men – das ist mein Ding. Das ging so weit, dass ser, Zelt aufbauen mit zwei, drei Kumpels, dann schwelle. Es ist zwar nicht, als würde man ein ich letztes Jahr beim Angeln sogar unseren Auf- bis zum Sonnenaufgang dabeibleiben. Schwein schlachten, aber es ist schon etwas stieg schon vorweggeträumt hab.

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rrund0307_064_065_HeimAngund0307_064_065_HeimAng Abs2:65Abs2:65 008.02.20078.02.2007 20:11:2820:11:28 UhrUhr GLEICHE HÖHE Fundstück

DANKE FÜR DIE HOSE, LANGER!

JAHRELANG LAG DIE BLAUE TRAININGSHOSE UNBENUTZT IM SCHRANK, BIS DER ORKAN KYRILL EINEN BAUM AUF EIN AUTO STÜRZEN LIESS. DA ERST ERINNERTE SICH UNSER RUND-REDAKTEUR, WEM ER DIE HOSE EINST GEKLAUT HATTE

VON EBERHARD SPOHD, FOTO BENNE OCHS

unseren Hausmeister Ingo, der im eigentlichen Sportlerleben als Mittelfeldspieler des SV Ru- genbergen die Freistöße in den Winkel zim- merte, wegen eines verschossenen Strafstoßes anpfl aumte: „Elfer schießt man fl ach. Drüber kann er gehen, drunter nicht.“ Wahre und wei- se Worte eines Bundesligatrainers, die ich fort- an beherzigen sollte. Eines Tages war es relativ kühl, und ich hat- te wie üblich keinen Trainingsanzug mit. Um nicht zu frieren, bat ich mir eine lange Hose aus. Schulte sagte sofort: „Kannst meine ha- ben.“ Nun wird er nicht umsonst Langer ge- nannt, mich jedenfalls überragt er deutlich. Die Hose war natürlich viel zu lang, ich muss- te sie mir knapp unterhalb der Brustwarzen festzurren. „Aber gewaschen wiederbringen“, ermahnte er mich noch freundlich. Das habe ich ihm natürlich fest versprochen. Eine Reusch-Hose war das. Die waren da- mals Ausstatter von . Das legt den Schluss nahe, dass die Ho- se auch nicht zurückgegeben hat, als er Dres- den verließ. Ich jedenfalls habe sie einfach ge- klaut. Na ja, richtig geklaut natürlich nicht. „Aber gewaschen wiederbringen“: Gewaschen ist die Hose, wiedergebracht nicht Erst einmal habe ich sie vergessen. Dann woll- te ich sie unbedingt wieder zurückbringen, musste sie aber noch waschen. Dann lag sie Es muss im Herbst 1994 gewesen sein. Ich saß in dieser halben Stunde die Archiv-Beleg- irgendwo herum. Irgendwann hatte ich mich ver diente mir das Studium, das ich niemals schaft vor der Glotze und riet bei Frank Elst- daran gewöhnt, dass das blaue Teil in meinem abschließen sollte, als „Runner“ beim Fernseh- ners „Jeopardy“ mit. Eine Störung hätte Miss- Kleiderschrank lag. Zuletzt wurde Schulte Ma- sender Sat.1. Die Arbeit eines Runners – man mut hervorgerufen und dafür gesorgt, dass der nager beim VfB Lübeck, und ich habe ihn nicht muss schon Anglizismen lieben, wenn man entsprechende Redakteur die Woche darauf wieder gesehen – und er seine Hose nicht. beim Fernsehen arbeitet – war eigentlich ganz benachteiligt behandelt worden wäre. Da lag sie also. Anziehen wollte ich sie nicht, einfach: Ich bekam vierstellige Nummern ge- Wahrscheinlich gehört meine denn gewachsen bin ich in den letzten zwölf nannt, die mit Aufklebern auf dem Rücken Jahren keinen Millimeter mehr. Wegwerfen Trainingshose Dynamo Dresden von Videokassetten korrespondierten. Damit wollte ich sie auch nicht, dazu hatte ich mich ging ich gemächlich in den Keller, suchte die Gerannt wurde allerdings beim Betriebs- zu sehr an sie gewöhnt. Doch nun habe ich sie entsprechenden Tapes heraus, und stieg wie- sport. Fußball natürlich, schließlich hieß die wieder herausgeholt, am Tag nach dem Orkan der nach oben in den zweiten Stock, wo die Sendung, die wir produzierten, „Ran“ und be- Kyrill. Auf Helmut Schultes Mercedes war im Archivare arbeiteten und die Redakteure ihr schäftigte sich mit der Bundesliga. Und eines Sturm ein Baum gestürzt und hatte den Chef Material für ihre Berichte abholten. Tages tauchte Helmut Schulte auf. Er war vor- der Nachwuchsabteilung von Schal- Gerannt wurde bis auf wenige Ausnahmen her Trainer beim FC St. Pauli, Dynamo Dres- ke 04 verletzt. Grund genug, sich nie, auch wenn die Berufsbezeichnung auf an- den und Schalke 04 gewesen und wurde zum an Helmut Schulte zu erinnern deres hindeutet. Stattdessen wussten alle, dass zweiten Mal Kokommentator und Experte für und ihm gute Besserung zu wün- zwischen 17.30 Uhr und 18 Uhr gefälligst nie- alles Mögliche bei „Ran“. Dass er wirklich ein schen. Und sich endlich für die mand Kassetten zu bestellen hatte, schließlich Experte war, zeigte sich zum Beispiel, als er Hose zu bedanken.

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rrund0307_066_069_Fundstuund0307_066_069_Fundstu 6666 008.02.20078.02.2007 20:16:2720:16:27 UhrUhr GLEICHE HÖHE Auf der Linie

SCHMERZ, LASS NACH! Nationaltorhüter TIMO HILDEBRAND vom VfB Stuttgart schreibt alle zwei Monate in RUND über sein Leben auf der Torlinie. Dieses Mal fragt sich der 27-jährige Keeper, warum er seinen Körper eigentlich

jeden Tag aufs Neue zu Boden schikaniert FOTO ÖZGÜR ALBAYRAK

Alle Jahre wieder kann man sich auf eines verlassen: Genau dann, im Urlaub: „Vergiss einfach den Trainingsplan, bleib liegen.“ Dann zu wenn die Terminplaner der Fußballbundesliga das Ende der Winter- widerstehen kann auch ganz schön wehtun. pause festgesetzt haben, dann kommt der Wintereinbruch. Eis, Schnee, Kommt Qualität denn wirklich von Qual? Sind Schmerzen immer fi ese Kälte und natürlich knallhart gefrorene Trainingsplätze, die vor ein Warnsignal des Körpers? Oder manchmal doch nur die Botschaf- allem uns Torhütern gewaltig zusetzen. Unser Job spielt sich nun mal ter der Bequemlichkeit? zwangsläufi g und sehr häufi g am Boden ab. Auf und nieder, immer Schmerzen. Kein Tag ohne. Sie gehören zu meinem Berufsalltag wie wieder. Und weil sich niemand von uns in Watte packen lässt, enden der Winter zu den vier Jahreszeiten. Und ich weiß: Der Körper ist mein unsere Flugübungen zu dieser Jahreszeit genau so, wie es den Anschein Kapital, er ist wie eine Bank, die mir zwar Kredite gewährt, aber ir- hat: mit unsanften Landungen. gendwann dafür auch den fälligen Zins einfordert. Ich würde gern in Neulich hat ein Sportmagazin die Hände aller Bundesligatorhüter Raten zahlen – wenn möglich, jeden Tag ein bisschen weniger. Und fotografi ert und wollte wissen, wie malträtiert unser Handwerkszeug ganz am Schluss, wenn die Karriere irgendwann vorbei sein sollte, kein im Lauf der Jahre ausschaut. Einige haben ziemlich krumme Dinger, künstliches Hüftgelenk, keinen Bandscheibenschaden, das Knie okay, sorry: Finger in die Kamera gehalten, und die Tapeverbände an den die Sprunggelenke ohne Arthrose. Grundgelenken waren mehr als offensichtlich. Was niemand sieht, Der innere Schweinehund kann dann meinetwegen sogar weiter- aber jeder Torhüter kennt, sind die Verschleißerscheinungen am Fahr- bellen, so lange er will. Man braucht schließlich auch abseits des Fuß- gestell. Hüfte, Knie, Sprunggelenke – das ist unser gefürchtetes Trio. balls noch bezwingbare Gegner. Dicht gefolgt vom Duo Handgelenk und Ellbogen. Wer schon mal beim Schlittschuhlaufen aufs Eis geknallt ist, der kennt die Härtegrade gefrorener Bodenbeläge. Und womöglich hat er/ sie auch Bekanntschaft mit unseren ständigen Wegbegleitern gemacht, die zwar keiner gern hat, aber trotzdem jeder mit sich herumschleppt: Schmerzen hier, Schmerzen da. Kein Tag vergeht, ohne dass sich ei- ner von diesen Biestern lauthals bei dir meldet und dir seine Leidens- geschichte klagt. Die Hüfte links sagt: „Bitte heute nicht auf mich fal- len“, die rechte: „Lass mich ja in Ruhe!“ Und vom Rücken kommen ebenfalls unmissverständliche Signale: „Besser ist, du kümmerst dich jetzt erstmal um die Bizepse.“ Dort funkt der Ellbogen SOS: „Heute auf gar keinen Fall in den Kraftraum.“ Ich höre zwar immer genau hin, was der Körper mir sagt – aber nicht selten hat er, vor allem wenn es kalt oder auch hart ist, nur seinen mir ebenfalls sehr bekannten Kumpel vorgeschickt. Er heißt innerer Schwei- nehund. Den zu besiegen ist immer wieder ein Kampf. Und hast du ihn heute gewonnen, kann er morgen schon wieder an ganz anderer Stelle auftauchen. Dann meldet er sich nicht beim Frühstück mit Schmerzen, sondern abends in der Kneipe mit Kumpels: „Komm, trink noch einen, ist gerade so gemütlich. Das Bett kann warten.“ Oder vor der Pommesbude: „Los, mit Ketchup und Mayo.“ Oft säuselt er auch „Das Bett kann warten“: Hildebrand und der Schweinehund

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rrund0307_066_069_Fundstuund0307_066_069_Fundstu 6969 008.02.20078.02.2007 20:16:2920:16:29 UhrUhr rrund0307_067_068_Postkar 67 u n d 0 3 0 7 _ 0

6 POSTKARTEN ABTRENNEN, VERSENDEN UND FREUDE BEREITEN! 7 _ 0 6 8 _ P o s t k a r

6 7 008.02.2007 20:19:25 Uhr 8 . 0 2 . 2 0 0 7

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U h r rrund0307_067_068_Postkar 68 u n d „Fairplay – das Foul so versteckt machen, „Die Kugelform des Fußballs ist zu einem Symbol des 0 3

0 dass es der Schiedsrichter nicht sieht“ unberechenbaren Zufalls geworden“ 7 _

0 DIETER HILDEBRANDT PETER HANDKE 6 7 _ 0 6 8 _ P o s t k a r

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RUND > DAS FUSSBALLMAGAZIN RUND > DAS FUSSBALLMAGAZIN FOTO URBAN ZINTEL FOTO URBAN www.rund-magazin.de FOTO ANDREAS TEICHMANN www.rund-magazin.de

„Der Ball hat keine Seele, der ist leblos.“ „Gar hoher Sinn liegt oft im Kind’schen Spiele“ HELMUT SCHÖN FRIEDRICH SCHILLER

008.02.2007 20:19:37 Uhr RUND RUND

8 > DAS FUSSBALLMAGAZIN > DAS FUSSBALLMAGAZIN . 0 FOTO STEFAN SCHMID FOTO STEFAN www.rund-magazin.de FOTO MAAK ROBERTS www.rund-magazin.de 2 . 2 0 0 7

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U h r GLEICHE HÖHE Erbsenzähler Fahrstuhltrainer Eine Menge Trainer sind für den Auf- und Abstieg aus der Zweiten in die Erste Bundesliga oder umgekehrt verantwortlich. Aber nur wenige saßen gleich mehrfach am letzten Spieltag der jeweiligen Spielzeiten noch auf der Bank. Ganz vorne mit dabei: Fiffi Kronsbein, Volker Finke und , die je dreimal auf- und abstiegen QUELLEN: KICKER, WWW.FUSSBALLDATEN.DE

O. REHHAGEL 3 K. KLÖTZER 4 A. RISTIC 3

R. SAFTIG 2 H. KRONSBEIN 3 K. TOPPMÖLLER 2

H. KRONSBEIN 3 Z. CAJKOVSKI 2 F. FUCHS 2

H. LUCAS 2 M. KRAFFT 2

H. BURDENSKI 2

F. RAUSCH 2

T. V. HEESEN 2 2 V. FINKE 3 H. BUHTZ 3 K. SCHLAPPNER

H. BUHTZ 2 V. FINKE 3

G. GAWLICZEK 3

G. GAWLICZEK 2 W. WOLF 2

C.-H. RÜHL 2 J. SUNDERMANN 2 E. LIENEN 2

S. CENDIC 2 W. KRÄMER 2

U. MASLO 2

J. BERGER 2 F. FUNKEL 3 R. ZOBEL 2

F. FUNKEL 3

B. MÖHLMANN 2 P. NEURURER 2

L.-G. KÖSTNER 2 P. NEURURER 2

W. REIMANN 2

Neue Preisfrage: Wie viele Vereine stiegen noch nie aus der Ersten Bundesliga ab? Antworten bis zum 19. März 2007 an: !!! Redaktion RUND, Pinneberger Weg 22-24, 20257 Hamburg, [email protected], Stichwort: Immer oben. Hier gibt’s Wir verlosen drei DVDs „Kickern Deluxe“ (www.kneipensportler.de). Die Antwort auf die Preisfrage im Februarheft lautet: Feyenoord Rotterdam. Die Gewinner der DVDs „Fifa Fußball-Weltmeisterschaft Deutschland 2006“ werden im nächsten Heft bekannt gegeben. Gewinne Der Gewinner des Diebels-Kickers ist: S. Abt, Donzdorf. Die Zapfanlagen gehen an: H. Simon, Hamburg, und N. Müller, Berlin. !!!

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rrund0307_070_071_Erbsenzund0307_070_071_Erbsenz 7070 009.02.20079.02.2007 13:33:3713:33:37 UhrUhr GLEICHE HÖHE Erbsenzähler Schmutzige Punkte Der tschechische Statistiker und Fußballfan Radovan Jelínek, bekannt durch seinen „Fußball-Weltatlas“, hat eine Tabelle europäischer Fußballnationen, geordnet nach dem jeweiligen Korruptionsniveau, aufgestellt. Das Verfahren mag ein wenig fragwürdig wirken. Doch seine Ergebnisse korrelieren sehr gut mit der Rangliste von Transparency International QUELLE: CˇTK

BOSNIEN HERZEGOWINA 32,3 MOLDAWIEN 6,3 ALBANIEN 29,7 SLOWAKEI 5,4 BULGARIEN 22,7 ASERBAIDSCHAN 5,3 GEORGIEN 12,4 GRIECHENLAND 5,0 RUMÄNIEN 12,3 LITAUEN 4,7 SERBIEN 12,2 ESTLAND 4,1 FRANKREICH 2,2 MAZEDONIEN 11,8 POLEN 3,6 SCHWEIZ 2,2 KROATIEN 8,3 WEISSRUSSLAND 3,2 TÜRKEI 1,4 NIEDERLANDE 0,5 ARMENIEN 7,4 RUSSLAND 3,1 NORWEGEN 1,2 ENGLAND 0,4 UKRAINE 6,8 TSCHECHIEN 3,1 SPANIEN 1,2 WALES 0,4 ZYPERN 3,0 DEUTSCHLAND 0.9 DÄNEMARK 0,0 LETTLAND 2,9 PORTUGAL 0,9 IRLAND 0,0 SLOWENIEN 2,9 ISLAND 0,8 NORDIRLAND 0,0 UNGARN 2,7 ÖSTERREICH 0,8 MALTA 2,5 SCHOTTLAND 0,8 SCHWEDEN 2,4 FINNLAND 0,7 ITALIEN 2,3 LUXEMBURG 0,7 ISRAEL 0,6 BELGIEN 0,5

Das Verfahren, das Radovan Jelínek ange- durchschnittlich häufi g siegten, erhalten ei- sein müssen, sondern natürlich auch durch wandt hat, ist denkbar einfach: Er untersuch- nen höheren Korruptionsindex und stehen in einschüchterndes Publikum oder durch klima- te die vergangenen zwölf Spielzeiten in insge- der Tabelle daher weiter oben. tische und geografi sche Bedingungen. Deut- samt 47 Uefa-Mitgliedstaaten, wobei Serbien Jelínek gibt selbst zu, dass diese Unterschie de lich sei jedoch, wie stark seine Rangliste mit und Mon te negro noch als ein Staat zählte. Die nicht unbedingt durch Schiedsrichterbeste- der der Antikorruptionsinitiative Transparen- Ligen, in denen die Heimmannschaften über- chung oder ähnliche Dinge zustande gekommen cy International korreliert.

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rrund0307_070_071_Erbsenzund0307_070_071_Erbsenz 7171 008.02.20078.02.2007 20:21:5720:21:57 UhrUhr RUND Im Abseits

IM ABSEITS ABSEITIG ORIGINELL KOMISCH

„Superman fand ich schon immer cool“ HAMIT ALTINTOP

74 LÜGENDETEKTOR „Fruchtzwerge sind absolute Pfl icht“ – Schalkes Star Hamit Altintop kennt keine Notlügen

78 DER 23. MANN Im Schatten des schwarzen Mannes – Exschiri Wolf-Dieter Ahlenfelder lebt im Gestern

80 GIB STOFF! Eine Karriere in Polyester – Michael Tarnat hat 300 Trikots seiner Gegenspieler im Schrank

84 ZEITUNGSENTE „Diese Frau ist eine Verrückte“ – Auch „Bild“ fi el auf eine falsche Ronaldinho-Freundin herein

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„FRUCHTZWERGE SIND ABSOLUTE PFLICHT“

„Schnell raus hier“: Hamit Altintop skeptisch am RUND-Detektor

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rrund0307_074_077_Luegendund0307_074_077_Luegend 7474 008.02.20078.02.2007 20:26:3920:26:39 UhrUhr IM ABSEITS Lügendetektor

Warum trifft Hamit Altintop seinen Zwillingsbruder Halil mitten in der Nacht am Kühlschrank? Und wieso ist kürzlich sein Haus abgebrannt? Im RUND-Lügendetektortest beantwortet der Noch-Schalker beinahe alle Fragen wahrheitsgemäß

INTERVIEW SVEN BREMER UND OLIVER LÜCK, FOTOS ANJA OTTO Der Lüge auf der Spur: Der RUND-Polygraf sieht, hört und riecht alles

Sie sind ein Handy-Mensch. Ich fuhr sofort hin, die Feuerwehr war schon LÜGENLEGENDE Ja, könnte man so sagen. Die Rechnung ist da. Das war wie ein schlechter Film. Vor allem, Pippi Langstrumpf ++++ entsprechend hoch. weil ich Mama gesehen habe, wie sie dann Pinocchio ++++ Haben Sie ihr Handy schon mal verloren? abends zusammengebrochen ist. Mit dem Haus Baron Münchhausen ++++ Ja, einmal, als ich mit meinem Bruder zur haben wir ihr einen Wunsch erfüllen wollen. Robert Hoyzer ++++ Nationalmannschaft in die Türkei gefl ogen bin. Sie wollte immer ein Haus mit Garten, um mal Ich habe es auf dem Weg ins Hotel im Taxi lie- Ruhe zu haben. genlassen. Als ich fünf Minuten später meine Haben Sie das Haus wieder aufgebaut? Nummer anrief, war es schon aus. Blöd gelau- Ja, jetzt ist es fertig. Und es ist sogar noch fen. Da war ich eine Woche ohne Handy. Aber schöner geworden. mein Bruder war ja bei mir, und so war ich im- Was war der dreckigste Ort, an den es Sie je HAMIT ALTINTOP Meine Hände zittern. Ich mer erreichbar. verschlagen hat? bin gespannt, was für Fragen jetzt kommen. Was war das Aufregendste, was Ihnen in letz- Das weiß ich gar nicht mehr. (++++) Herr Altintop, entspannen Sie sich bitte. Ihr ter Zeit passiert ist? Hören Sie das Gerät piepen? Puls ist tatsächlich etwas hoch, bei 108. Ich war in Dubai im Urlaub. (++++) Wie die Schon gut. Als ich mit einem Freund eine Ich bin halt sehr emotional. (++++) da bauen und investieren, ist einfach gigan- Last-Minute-Reise in die Türkei gebucht hat- Ihre Lippen sind auch ganz trocken. tisch. Ein Hochhaus nach dem anderen. Ir- te. Ich wusste gar nicht, was das jetzt für ein Haben Sie einen Labello dabei? gendwie hat es mir auch Angst gemacht. Da Hotel war. Ich muss schon zugeben, dass ich Ja, aber wollen Sie den wirklich nehmen? geht die Entwicklung so schnell. Hier im Ruhr- durch die Reisen mit Schalke oder der Natio- Einer der Inhaltsstoffe könnte schließlich auf gebiet geht es doch um einiges ruhiger zu. nalmannschaft verwöhnt bin. Die Hotels sind der Dopingliste stehen. Im vergangenen Jahr ist das Haus abge- halt immer top. Und dann sind wir beide da Ich warte besser, bis ich zu Hause bin. brannt, das Sie gemeinsam mit Ihrem Bruder in so eine Kaschemme gekommen: zwei Bet- Haben Sie Ihr Handy gerade an? gekauft und umgebaut haben. War das nicht ten, ein einsamer Schrank, die Dusche kaputt, Ja, das ist an. noch aufregender? kein Fernseher, gar nichts. Das war erst ein- Wann machen Sie es aus? Ja, das war ein Schock. Es gab einen Kurz- mal ein Schock, ich dachte nur: „Schnell raus Nur bei den Spielen. Auch wenn wir trainie- schluss im Dachboden. Wir waren mit dem hier!“ Wir sind dann aber doch geblieben. ren, ist es an, dann aber auf lautlos. Das ist das Erdgeschoss und dem ersten Stock so gut wie Ist die Gefahr groß, dass man als Fußballpro- Erste, was ich nach dem Training mache: Ich fertig. Es sollten auch schon die ersten Möbel fi den Bezug zur Realität verliert? gucke, ob jemand angerufen hat. Vor allem ob kommen. An diesem Tag waren wir sogar noch Einige Sachen werden schon zur Selbstver- Mama angerufen hat, ob sie etwas braucht. Sie bis 15 Uhr im Haus. Um 18 Uhr kriege ich dann ständlichkeit, die andere gar nicht kennen. ist alleine zu Hause. einen Anruf: „Dein Haus fackelt gerade ab.“ Aber da haben Halil und ich unsere Mama

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rrund0307_074_077_Luegendund0307_074_077_Luegend 7575 009.02.20079.02.2007 13:16:1413:16:14 UhrUhr IM ABSEITS Lügendetektor

„Hey, ich bin glücklich mit euch“

und unsere Freunde, bei denen wir dann wie- auch einen anderen Stellenwert in der Bun- da sind, die Kinder spielen sehen, es uns ge- der normal denken. Für mich ist es ein Rie- desliga und einen ganz anderen Marktwert. mütlich machen und stolz auf unsere Familie senvorteil, dass ich beide Seiten kenne: Frü- Und ich hätte eine WM zu Hause gespielt. sind. „Hey, ich bin glücklich mit euch“ – dieses her war die Kasse knapp, jetzt kann ich mir Wie hart war es für Sie, die WM-Relegation Gefühl möchte ich meiner Familie geben. mehr erlauben. Ich weiß aber auch, dass man gegen die Schweiz zu verlieren? Essen Sie Ihren Döner lieber mit oder ohne schnell abheben kann. Wenn man zum Bei- Das hat mich wirklich sehr getroffen. In der Zwiebeln? spiel nicht mehr die intensiven Gespräche mit Kabine habe ich geweint. In Deutschland, wo Ohne. Freunden oder der Familie führt. wir sehr viele türkische Fans haben, eine WM Können Sie über Türkenwitze lachen? Was muss immer im Kühlschrank sein? spielen zu können, wäre das Größte gewesen. Ja, schon. (++++) Als wir aber einmal bei Fruchtzwerge sind absolute Pfl icht. Ich ste- Was mich aber noch viel wütender gemacht der türkischen Nationalmannschaft beim Es- he auch nachts oft auf, um Fruchtzwerge zu hat, war das, was nach dem Spiel passiert ist. sen zusammen saßen, erzählte einer einen essen. Ich habe einen unruhigen Schlaf und Haben Sie sich für Ihre Kollegen geschämt, Witz, den ich gar nicht verstand. Ich lachte gehe dann automatisch immer dieselbe Stre- die die Schweizer Spieler angegriffen haben? aber trotzdem mit. Und als ich mit meinem cke zum Kühlschrank, esse Fruchtzwerge, ge- Nein, geschämt ist nicht der richtige Begriff. Bruder wieder auf dem Zimmer war, erzählte he zurück und schlafe weiter – manchmal drei- Aber es war wirklich traurig, was da passiert ich ihm, dass ich den Witz gar nicht verstan- oder viermal die Woche. Und wenn ich mal ist, denn das hat auf dem Platz nichts zu su- den hatte. Beim Abendessen tratschte mein nicht Fruchtzwerge esse, dann fragt Mama chen. Allerdings waren nur drei oder vier Leu- Bruder das brühwarm weiter. Die anderen ha- gleich nach, was los war. te an der Sache beteiligt. Danach wurden dann ben sich schlapp gelacht. Und jetzt werde ich Isst Ihr Bruder auch Fruchtzwerge? alle Türken mit deren Verhalten gleichgestellt. bei jeder Gelegenheit angequatscht: „Hey Ha- Oh ja, auch wenn er nachts nicht so oft wach Aber an solchen Sachen erkennt man die Cha- mit, hast du es auch wirklich verstanden?“ wird wie ich. raktere von Spielern: Wie die sich auf dem Haben Sie sich schon mal vorgestellt, jemand Treffen Sie Ihren Bruder etwa nachts am Platz benehmen, so sind sie auch privat. anderes zu sein. Kühlschrank? Wie gehen Sie mit Niederlagen um? Nein, eigentlich nicht. (++++) Das ist auch schon passiert. Ich kann nur sehr schlecht verlieren, haue Wirklich? Auch keine Figur aus dem Kino? Und wenn nur noch ein Fruchtzwerg da ist. dann aber sicher niemandem in die Fresse. Ich Also, Superman fand ich immer schon cool. Dann teilen wir. (++++) habe schon Wut im Bauch. Gerade wenn ich Der konnte ja alles: fl iegen, alles abwehren, Das glauben wir Ihnen nicht. beim Backgammon verliere, bin ich richtig sau- die Welt retten und so weiter. Den habe ich Doch, wirklich, ich würde den letzten Frucht- er. Dann sage ich zu Halil: „Hau ab, geh weg! schon bewundert und mir manchmal vorge- zwerg teilen. Ich weiß allerdings nicht, wie es Jetzt will ich alleine sein.“ stellt, wie er zu sein. bei Halil wäre. (++++) Welchen Wunsch möchten Sie sich dem- Haben Sie früher heimlich in die Mädchen- Haben Sie mal daran gedacht, für die deut- nächst erfüllen? duschen geguckt? sche Nationalmannschaft zu spielen? Wir wohnen jetzt seit Dezember im neuen Wieso früher? Nein, Quatsch, das habe ich Nein. Haus. Ich hoffe, dass wir bald alle zusammen nicht. Ich bin eher ein Spätstarter. Bis ich 18 Wieso nicht? im Garten grillen können, alle meine Schwes- oder 19 war, habe ich mich kaum für Frauen Der türkische Verband kam zuerst auf mich tern, meine Mama natürlich. Wo wir einfach interessiert. Aber auch nicht für Männer! zu, da dachte ich nicht daran, dass ich viel- leicht auch für Deutschland spielen könnte. Das war gleich ganz klar, weil ich halt Türke bin. Klar, wenn ich für die Türkei gar nicht ge- FAZIT DES TESTS: Obwohl sein Puls von Beginn an hoch war und auch die Schweißbildung spielt hätte und es wäre eine Anfrage vom DFB auf den Handinnenfl ächen deutlich über dem normalen Wert lag, sagte Hamit Altintop nur gekommen, hätte ich vielleicht für Deutsch- ganz selten die Unwahrheit. Der 24-Jährige, übrigens zehn Minuten älter als sein Bruder Halil, land gespielt. Dann hätte ich heute vielleicht ist das beste Beispiel für einen Profi , der gut mit Stresssituationen umgehen kann.

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rrund0307_074_077_Luegendund0307_074_077_Luegend 7676 008.02.20078.02.2007 20:26:4520:26:45 UhrUhr IM ABSEITS Lügendetektor

Hoher Puls, trockene Lippen: Hamit Altintop im Wahrheitstest

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rrund0307_074_077_Luegendund0307_074_077_Luegend 7777 008.02.20078.02.2007 20:26:4520:26:45 UhrUhr IM ABSEITS Der 23. Mann Im Schatten des schwarzen Mannes

EINMAL BEENDETE ER NACH 29 MINUTEN EINE HALBZEIT. ER WAR BEKANNT FÜR SPRÜCHE WIE „ECHTE MÄNNER TRINKEN KEINE FANTA“: WOLF-DIETER AHLENFELDER IST LEGENDÄR. DOCH DER 62-JÄHRIGE HAT EIN PROBLEM: ER LEBT ZU SEHR IN DER VERGANGENHEIT VON BEN REDELINGS, FOTO ANDREAS TEICHMANN

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rrund0307_078_079_Portraiund0307_078_079_Portrai 7878 008.02.20078.02.2007 21:54:4121:54:41 UhrUhr IM ABSEITS Der 23. Mann

„DIE LEUTE SIND VON DEN PLÄTZEN HOCH UND HABEN GEKLATSCHT. DIE SAGTEN: DAS WAR DER BESTE SCHIEDSRICHTER, DER JE HIER WAR“

Wolf-Dieter Ahlenfelder kann es nicht lassen. Abends, wenn im Fern- zu geführt haben, dass ihn der DFB bereits nach einer kurzen Pause sehen Fußball läuft, sitzen er und seine Frau häufi g gemeinsam in der wieder einsetzte. Von Beginn an hatte sich der Schiedsrichter des Jah- akkurat eingerichteten Oberhausener Vorstadtwohnung und schauen, res von 1984 mit seiner ganz eigenen, von vielen kleinen Gesten und wie die Kollegen von heute pfeifen. Bei jedem Pfi ff wird aufgehorcht: viel Kommunikation geprägten Art ins Rampenlicht der immer noch „Meine Frau lacht immer, die weiß ganz genau, was kommt. Bei jeder jungen Liga katapultiert. Entscheidung fragt sie: Und?“ Ihr Mann erklärt ihr dann in aller Ru- Ahlenfelder selbst erinnert sich noch genau und mit viel Wehmut he, wie er in der Situation entschieden hätte. In den 70er- und 80er- in der Stimme an das Geschehen nach seiner Bundesligapremiere. Er Jahren blickten Hunderttausende auf den kleinen, immer etwas rund- erzählt: „Ich bin anschließend zum Abendessen gegangen, und da war lich wirkenden Mann aus dem Ruhrgebiet. Heute muss er nur noch stehender Applaus. Die Leute sind von den Plätzen hoch und haben vor seiner Frau bestehen, und die sagt stets nach seiner Entscheidung geklatscht. Die haben gesagt, so etwas haben wir noch nie gesehen. vor dem Fernsehgerät: „Stimmt!“ Das war der beste Schiedsrichter, der je hier war. Aber dann kam ja Es ist ruhig geworden um Wolf-Dieter Ahlenfelder. Für seinen Ge- auch schon das dritte Spiel.“ schmack zu ruhig: „Ich bin ein Mensch, der gerne in der Öffentlich- Ahlenfelder muss schlucken. Er leidet. Die Erinnerungen scheinen keit steht. Da bin ich ehrlich. Ahli, du bist der Beste. Ahli, du bist der ihm wieder einmal schmerzlich vor Augen zu führen, dass das Leben Schönste. Das liebe ich, das ist meine Welt“, gibt er freimütig zu und von früher nur noch Geschichte ist. Er ist Geschichte. Eine Tatsache, zupft an seinem schwarzen Schiedsrichterdress. „Der macht sich doch mit der er nur schwer zurechtkommt. An dem Tag, als er begriff, dass bestimmt gut für die Kamera“, hatte er kurz nach der Begrüßung aus der DFB ihn nie wieder einsetzen würde, ging für Ahlenfelder eine dem Schlafzimmer gerufen und sich schnell die originale Arbeitsbe- Welt unter: „Fußball war mein Leben. Fußball ist mein Leben. Damit kleidung von früher übergeworfen. Das verwaschene Trikot spannt et- bin ich groß geworden. Ich stand in der Öffentlichkeit, das hat man was, aber das scheint Ahlenfelder nichts auszumachen. Er wirkt ange- mir alles genommen. Das größte, was man mir genommen hat, war schlagen. Nur mühsam gelingt es ihm zu lächeln. Dreimal hatte er den der Fußball. Das ist das, was mir fehlt. Du bist nicht mehr da oben“, Termin absagen müssen, nun will er das Gespräch endlich durchzie- sagt er mit Tränen in den Augen und fügt noch etwas entscheidendes hen: „Ich freue mich doch, wenn man mich nicht vergessen hat.“ hinzu: „Ich war ein ganz Großer.“ Die Erinnerungen an früher, die vielen Anekdoten, die sich um sei- Damals aktive Spieler wie Vereinsoffi zielle sprechen mit Hochach- ne Person ranken, haben Ahlenfelder einen festen Platz in der kollek- tung von Ahlenfelder. Sie alle loben seine offene Art, sein Talent, auf tiven Erinnerung der Bundesligafans eingebracht. Immer wieder aufs die Spieler zuzugehen. „Der hat mit jedem gesprochen. Das war seine Neue muss Ahli, wie er sich selbst am liebsten nennt, auch heute noch Stärke“, erinnert sich der ehemalige Flügelstürmer des VfL Bochum, seine Geschichten in der Kneipe zum Besten geben. Er selbst weiß Heinz-Werner Eggeling, und sein damaliger Mitspieler Jupp Tenhagen manchmal gar nicht so genau, ob ihm das nun gefallen soll oder nicht. fügt schmunzelnd hinzu: „Spätestens wenn er sagte, ‚Jupp, bisschen Mitten im Gespräch meint er plötzlich mit einem nachdenklichen Ge- ruhiger, wir wollen doch gleich noch ein Bier zusammen trinken?‘, sichtsausdruck: „Dazu sage ich nichts mehr. Das habe ich hundertmal wusste ich, dass genug war.“ erzählt, jetzt muss es reichen.“ An die gemeinsamen Bierchen nach den Spielen mit den örtlichen Doch schon kurz darauf schildert Ahlenfelder noch einmal wie selbst- Gastgebern erinnert sich Ahlenfelder auch heute noch ganz besonders verständlich, mit vollem Einsatz und ohne Selbstschutz die mittler- gerne, und er lacht lauthals auf, als er daran zurückdenkt. Man ließ weile legendäre Anekdote aus dem Jahr 1975: „Werder Bremen gegen sich von den Vereinsoffi ziellen gebührend beköstigen und feierte ge- Hannover 96 habe ich nach 30 Minuten zur Halbzeit abgepfi ffen. Nicht meinsam rauschende Feste. „Meine Güte, das waren herrliche Abende. fragen, weshalb, wieso, warum. Lassen Sie uns in den Schrank gucken, Wir haben gesungen und getanzt, und einmal brach sogar der Tisch da steht Schnaps drin. Ach nee, da hatten wir wohl einen zuviel ge- unter uns zusammen“, schwelgt Ahlenfelder in Erinnerungen und klopft trunken, ich weiß es auch nicht. Ja, das ist Ahlenfelder.“ Das Einge- sich vor Begeisterung auf die Schenkel. ständnis Ahlenfelders, dass die fettige Gans zum Mittagessen mit ein Schließlich hält er inne. Wolf-Dieter Ahlenfelder hat einen Gedan- paar Gläsern Bier und einigen Malteser-Schnäpsen „bekämpft“ wor- ken im Kopf, der ihn nicht loszulassen scheint. Er strahlt übers ganze den war, nutzen fi ndige Bremer Kneipiers der Sage nach noch heute Gesicht. Nervös wippt er auf dem braunen Samtsofa hin und her. Man für ihre Geschäfte: „Wenn man in Bremen einen Ahlenfelder bestellt, merkt, Wolf-Dieter Ahlenfelder hat diesen Gedanken nicht zum ers- bekommt man ein Malteser-Bier-Gedeck. Da bin ich stolz drauf.“ ten Mal: „Ich würde heute gerne noch einmal ein Spiel pfeifen. Einen Der Deutsche Fußball-Bund fand die Angelegenheit damals natür- fi nde ich einmal, der das klar macht im RWO-Stadion. Der Ahlenfelder lich nicht so lustig. Es war erst das dritte Spiel Ahlenfelders, und so vor großer Kulisse. Dann zeig ich denen mal, wie ein Spiel gepfi ffen kann man im Nachhinein wohl davon ausgehen, dass eine gehörige wird. Mit Liebe, Regelkenntnis und mit Fingerspitzengefühl.“ So ei- Portion Glück, aber vor allem auch schnell wachsende Beliebtheit da- ner kann es eben nicht lassen.

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Jäger und Sammler: Niklas und Michael Tarnat mit ihren besten Stücken

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EINE KARRIERE IN POLYESTER

ÜBER 300 TRIKOTS HAT MICHAEL TARNAT VON HANNOVER 96 IN SEINER LAUFBAHN GESAMMELT. GETAUSCHT HAT ER ABER NUR MIT GEGENSPIELERN, VOR DENEN ER RESPEKT HATTE. ZIDANE WAR DABEI, RONALDINHO AUCH. DIE STARS VON MANCHESTER UNITED NICHT VON ROGER REPPLINGER, FOTOS KAI MÜLLENHOFF

Michael Tarnat, inzwischen 37 Jahre alt, hat von Anfang an gesammelt. Bei den Bayern fi ng er dann richtig an, weil „man da plötzlich auf Spieler traf, die man nur vom Fernsehen kann- te. In zehn, 15 Jahren werde ich in diesen Raum gehen und sagen: Da hast du mal gespielt, und Bielefeld. Die WM-Trikots aller Spieler von 1998 mit Unterschriften. Ein Trikot von Pizarro dort auch, und da war dieses und dort jenes“, aus Peru. Ein Beckham-Kindertrikot mit Unterschrift. Pavel Nedved von Juventus Turin und sagt Michael Tarnat. Ronaldinho vom FC Barcelona. In jedem Fach liegen 20 Hemden. Gewaschen, zusammenge- Niklas spielt eine große Rolle. Der Sohn, acht legt. „Würde ich die ungewaschen hier reinlegen, bekäme ich Schwierigkeiten mit meiner Jahre alt, spielt bei Hannover in der F-Jugend Frau“, lacht Tarnat. Selbst Beckhams Schweiß stinkt. Ist ein Gast da und will ein Trikot, be- im zentralen Mittelfeld und schläft in Bayern- kommt er es. Der Sohn zieht die Leibchen an, wenn er zum Kicken geht. Auch das echte von Bettwäsche. Als der Papa 2003/04 für Man- Zidane. Michael Tarnat hat ein entspanntes Verhältnis zu diesen Dingen. chester City in der kickte, in- Es gibt zehn, 15, an denen er hängt. Die verschenkt er nicht. Die zieht Niklas nicht an. „Da teressierte sich der Sohn für Torhüter. Darum sagt meine Frau: ‚Lass das mal liegen‘“, sagt Tarnat, „ich hab damit weniger ein Problem.“ hängt in Niklas‘ Zimmer eine Leine unter der Dem Schwager, der auf Mönchengladbach steht, hat er das Hemd von Stefan Effenberg ge- Decke. Parade der Handschuhe berühmter Kee- geben: „Der hatte Tränen in den Augen.“ Zum Geburtstag bekam er das Trikot von Oliver Neu- per: David Seaman, Manchester City, mit Wid- ville. „Es hat nicht jeder die Möglichkeit, sich ein Trikot von seinem Idol zu holen“, sagt Tar- mung: „To Niklas. Safe hands.“ David James, nat. Er hat sie, aber er hat auch keine Idole. ebenfalls Manchester City, Tim Howard, vom Lokalrivalen Manchester United, Jens Leh- BEIM WELTPOKALFINALE 2001, BAYERN MÜNCHEN GEGEN DIE mann, FC Arsenal, und Carlo Cudicini, FC BOCA JUNIORS IN TOKIO, WAR TARNAT NICHT DABEI. ER BAT Chelsea. Die Bundesligahandschuhe von , Toni Schumacher, , Tim ERSATZTORWART , IHM EIN TRIKOT MITZUBRINGEN Wiese, Timo Hildebrand, , Gabor Kiraly. Dazu an der Wand die Trikots von Shaun Im Raum zwischen dem Trikotzimmer und Niklas’ Bude liegt statt Teppich Kunstrasen, dar- Wright-Phillips, Steve McManaman, Nicolas auf sieben Bälle, zwei kleine Tore. Falls das Wetter so schlecht ist, dass die beiden nicht raus Anelka, die alle bei Manchester City unter Ver- können. An der Wand das auf vier Meter Breite und zwei Meter Höhe vergrößerte Bild der trag standen. In Niklas’ Zimmer sieht man die Bayern-Meistermannschaft von 2002 bei der Siegerehrung. Ballack mit Rückennummer 13. Tapete nicht. Bayern-Trikots sind die Tapete. mit Sohn, Tarnat mit dem vierjährigen Niklas auf den Schultern. Samuel Kuf- Im Zimmer des Vaters: Cafus Jersey von der four, Bastian Schweinsteiger, , der die Schale hält, Owen Hargreaves, Willy Sag- WM 1998. Slaven Bili´c, Kroatien, mit dem Tar- nol. Das Bild hing im VIP-Raum des Münchener Olympiastadions. Als die Bayern auszogen, nat beim Karlsruher SC zusammen gespielt fragte Tarnat, ob er es haben kann. hat, ebenfalls WM 1998, Viertelfi nale. Das ein- Beim Weltpokalfi nale 2001 in Tokio gegen die Boca Juniors war er nicht dabei. Tarnat bat zige gute Spiel der deutschen Mannschaft bei Ersatztorwart Bernd Dreher, ihm ein Trikot mitzubringen. Auch das Champions-League-Fina- dieser WM. Ausgeschieden. Mazedonien, Bar- le 2001 lief ohne ihn, damals gewann der FC Bayern nach 25 Jahren wieder mal den Europa- celona, Real Madrid, Bordeaux, Dortmund, pokal. Alle haben sich zu sehr gefreut, um ans Tauschen zu denken.

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rrund0307_080_083_trikotrund0307_080_083_trikotr 8181 007.02.20077.02.2007 19:23:1719:23:17 UhrUhr IM ABSEITS Gib Stoff!

KLEIDER MACHEN LEUTE UND TRIKOTS MACHEN SPIELER: JE HÄUFIGER DIE KOLLEGEN NACH DEM TRIKOT FRAGEN, DESTO BEGEHRTER IST MAN

Michael Tarnat fragt entweder den Gegenspieler oder wird von ihm gefragt. Als Tarnat mit Manchester City das Derby gegen United mit 4:1 gewann, hatte Cristiano Ronaldo sein Trikot schon einem anderen City-Spieler versprochen. „Sorry“, sagt Ronaldo. Holte sich Tarnat halt ein anderes. In der Halbzeit hat er sich noch nie um ein Trikot bemüht, weil das kein Tauschen Trikots mit Rückennummern gibt es seit Au- ist, sondern eine untertänige Bitte. Dabei geht es doch genau darum, als Gleiche zu tauschen gust 1928. Die Idee hatte der englische Trai- und sich die Hand zu schütteln. Das Spiel ist nämlich nicht dann zu Ende, wenn der Schieds- ner Herbert Chapman. Chapmans FC Arsenal richter abpfeift, sondern wenn sich die Spieler die Hand schütteln, alles begraben, was im Spiel kam im Hillsborough-Stadion in Sheffi eld erst- war, und ihre Trikots tauschen. mals mit Rückennummern auf den Trikots aus Oft ist es Zufall: „Es wird mit dem getauscht, der einem beim Schlusspfi ff gerade entgegen- der Kabine. Der Coach erhoffte eine Erhöhung kommt“, sagt Tarnat. Zwei- oder dreimal wollte Niklas unbedingt ein bestimmtes Trikot, da des Spieltempos, da sich seine Jungs dank der musste sich der Papa anstrengen. In einigen Teams gibt es Favoriten, deren Trikots alle möch- Nummern nun besser erkannten. Die Gentle- ten. Das kann schwierig werden. Bei Michael Tarnat hält sich fragen und gefragt werden die men der englischen Profi liga waren empört Waage. Daran, wie oft man von gegnerischen Spielern nach dem Trikot gefragt wird, merkt und verboten den neumodischen Kram. 1933 man, welches Ansehen man in Kollegenkreisen genießt. führte die Football Association Rückennum- Tarnat tauscht nicht mit jedem. Und nicht jeder tauscht mit ihm. Da gab es in einem Euro- mern für das Pokalfi nale FC Everton gegen papokalspiel einen spanischen Gegenspieler, der war schon im Spiel stinksauer. „Der schimpfte, Manchester City ein. Das einzige, in dem Di- ich hab ihn zwar nicht verstanden, aber ich konnte mir denken, was gemeint war“, sagt Tar- xie Dean je stand. Einer der berühmtesten Mit- nat. Den hat er gar nicht erst gefragt. Wenn ein Gegenspieler unfair spielt, oder sich so be- telstürmer Englands war die erste Nummer nimmt, dass man den Respekt vor ihm verliert, tauscht man nicht. „Nö, möchte ich nicht“, neun der Geschichte. Everton gewann 3:0. Die sagt Tarnat dann. Oder, wenn es ganz hart war: „Mit dir heute nicht.“ Nummern wurden eingeführt, um den Kom- „Durchs Tauschen zollt man dem Gegner Respekt. Man drückt aus: Gute Leistung von dir mentatoren von BBC Radio die Arbeit zu er- und fair benommen“, erklärt Tarnat. Ist es anders, kommt der Handel nicht zustande: „Meis- leichtern. Außerdem steigerten sie den Ver- tens haben beide ein Gefühl, ob man tauscht oder nicht.“ Da war zum Beispiel das Spiel gegen kauf der Stadionhefte, weil da drin stand, wer Real Madrid, Champions League. Bayern gewann 1:0 in Madrid und kam eine Runde weiter. welches Jersey trug. Namen auf den Trikots, „Die waren besser, aber Olli hat alles gehalten, und kurz vor Schluss ein Schuss von Elber, Ca- ein Beitrag zur Heroisierung der Spieler und ñizares lässt ihn rein. Die waren so enttäuscht, die haben nicht getauscht“, erinnert sich Mi- ein gewinnträchtiges Instrument des Merchan- chael Tarnat. Kann er verstehen. disings, gibt es in der deutschen Bundesliga Darum hat Tarnat auch kein Trikot vom Endspiel 1999 gegen Manchester United: „Da hat- seit der Saison 1995/96. Seit wann Trikots ge- ten wir schon den Henkel in der Hand. Was dann kam, war keine schöne Erfahrung. Da lagen tauscht werden, weiß allerdings niemand so wir im Gras und keiner hat an Trikottausch gedacht.“ Von diesen Spielen braucht Tarnat kein genau. Vermutlich schon immer. Trikot. Da ist die Erinnerung aus einem anderen Stoff.

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„Erinnerung aus Stoff“: Auch mit Zinédine Zidane hat Michael Tarnat das Trikot getauscht

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„Diese Frau ist eine Verrückte“ Im Sommer vergangenen Jahres spielte Ronaldinho bei der Weltmeisterschaft nicht den gewohnt sicheren Ball. Das liegt an seiner neuen Geliebten, meldeten europäische Boulevardmedien. Einziger Nachteil: Die gab es gar nicht

VON JOACHIM BARBIER

Alexandra Kabi alias Alexandra Paressant: die falsche Ronaldinho-Freundin

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rrund0307_084_085_ReportRund0307_084_085_ReportR 8484 008.02.20078.02.2007 20:36:5420:36:54 UhrUhr IM ABSEITS Zeitungsente

Ihre so genannte Beziehung mit Ronaldinho hat die Boulevardmedien im vergangenen Som- mer beschäftigt. Unter den Zeitungen, die dar- über berichteten, waren auch die englische „Sun“ und die „Bild“-Zeitung. Die hat Alexan- dra Paressant sogar gleich zweimal als Gelieb- te des brasilianischen Spielmachers vorgestellt. Paressant, so die Legende, sei ein berühmtes französisches Topmodel, das das Herz des Bra- Erotische WM: Auch die „Bild“ vom 27. Juni 2006 übernahm die Ente silianers in einem Nachtclub in Paris erobert habe, wo die Spieler von Barça den Finalsieg in der Champions League feierten. Ob Deutsch- land, England, Frankreich, Spanien – die Be- kenntnisse von Alexandra waren überall zu le- Alexandra Paressant kontaktierte die Medi- sen. Sie hätten sich unsterblich ineinander en und schlug ein Exklusivinterview vor. Sie verliebt, wollten ein Kind adoptieren und vor verwies dann auf ihre Agentin, Olivia Duc- allem sei Ronnie ein fantastischer Liebhaber. reux, hinter der sich als niemand anderes als se beschrieben wird, entfernt ist. Die einzige Jedes Mal vertraute Alexandra Paressant den Alexandra Paressant verbarg – unter einer an- Spur einer Vergangenheit als Model ist ihre Berichterstattern die intimsten Details ihrer deren Telefonnummer. Die falsche Agentin Teilnahme an einer Hochzeitsmesse in Creu- heißen Beziehung an. Ein Glücksfall für die war damit beauftragt, interessierte Medien, sot im Jahr 2003. Creusot ist eine kleine Indus- Zeitungen, die im Juli ihre WM-Berichterstat- die sich leimen ließen, mit Fotos von Alexan- triestadt mit 30.000 Einwohnern in Zentral- tung erotisch aufl aden konnten. dra Paressant zu beliefern. „Bild“ und die „Sun“ frankreich, wo sie geboren wurde. Im Übrigen Eine Kleinigkeit stört allerdings in der schö- haben deshalb Bilder einer gewissen Alexan- kennt keine Modelagentur auf der Welt eine nen Geschichte: Alexandra Paressant war nie- dra Kabi veröffentlicht, eines Exmannequins, Alexandra Paressant. Sie behauptete, bei den mals die Geliebte von Ronaldinho – nicht ein- das auf sexy Kalender spezialisiert war. Dreharbeiten zum nächsten Asterixfi lm mit- mal für eine Nacht. Der Schwindel wurde Auf Anfrage wollten sich die beiden „Bild“- zuwirken, der gerade in Spanien, in der Nähe gemeinsam vom französischen Fußballmaga- Mitarbeiter, Florian Scholz und Cathrin Gil- von Alicante gedreht wird. Bei der Filmpro- zin „So Foot“ und dem öffentlich-rechtlichen bert, nicht zu ihrem Schnitzer äußern, da ihr duktionsfi rma kennt niemand Alexandra, die Fernsehsender France 3 aufgedeckt. Es zeigte Vertrag ihnen verbiete „mit anderen Medien dennoch schwört, eine offensichtlich umfang- sich, dass Alexandra, zwar nicht mit Ronaldin- zu sprechen“. Sie verwiesen auf die Pressestel- reiche Sprechrolle als Tänzerin bekommen zu ho zusammen war, dafür aber eine Expertin le des Axel Springer Verlags, die sich zu die- haben: „Im Moment kann ich Sie nicht emp- der Medienmanipulation ist. Der jungen Fran- sem Thema nicht äußern wollte. Die „Sun“ fangen. Ich muss mehrere Stunden am Tag an zösin war es gelungen, insbesondere im Inter- gab ihrerseits nicht bekannt, wie sie an die in- meinem Text arbeiten.“ Alexandra gibt also nur net ein virtuelles Double zu schaffen, in dem timen Bekenntnisse der Alexandra gekommen Telefoninterviews, sie sei zu beschäftigt, um sich alle ihre Träume bündelten: Starmanne- ist. Was das Motiv für diese Geheimnistuerei ihre Verpfl ichtungen zu erfüllen. quin, Schauspielerin, Moderatorin für Sky TV ist, ist schwer zu sagen. Die Einzigen, die Alexandra leibhaftig gese- in Italien, Muse für Kosmetiklinien. Wie stell- Als die Affäre im vergangenen Sommer im- hen haben, sind einige Glückspilze aus der ers- te sie das an? Sie benutzte ein Pseudonym – mer mehr Wirbel verursachte, sah sich das Um- ten französischen Liga. Einer von ihnen, der Dany90 –, überschwemmte die Foren, in de- feld von Ronaldinho gezwungen, eine Presse- für Paris-Saint-Germain spielt, erzählt: „Mit nen über den brasilianischen Star diskutiert erklärung herauszugeben, um die Beziehung ihren Freundinnen war sie in den Hotels, in wurde, und infi ltrierte die unzähligen Web- zu dementieren. Jorge Pecourt, ein Anwalt aus denen wir übernachten. Sie ist irgendwie an sites, die den Freundinnen von Spielern ge- Barcelona, erklärte, „Maßnahmen ergriffen zu unsere Telefonnummern und E-Mail-Adressen widmet sind. Um die Informationen glaubhaft haben“. Am Telefon ist Roberto Assis de Mo- gekommen.“ Wie viele andere Fußballer der zu machen, die sie über das glorreiche Leben reira, der seinen Bruder Ronaldinho managt, Mannschaft, wird er im Blog von Alexandra des Mannequins Alexandra postete, zitierte sie immer noch wütend: „Diese Frau ist eine Ver- unter der Rubrik „Eroberung“ genannt. Die seriöse Quellen wie die französische Nachrich- rückte, alles an der Geschichte ist unwahr. Die- meisten Spieler lachen eher darüber. „Mit an- tenagentur AFP oder TV Globo, den brasilia- se Frau ist nicht die wahre Alexandra Pares- deren Mannschaftskollegen gehen wir von Zeit nischen Privatsender. sant, sie hat ihre Identität gestohlen.“ zu Zeit auf ihre Homepage, um zu sehen, wer Ob es Ronaldinhos Bruder gefällt oder nicht: von uns dieses Mal die Ehre hat. Aber offen Alexandra Paressant mag besitzergreifend sein, gestanden ist sie nicht besonders hübsch.“ aber sie ist wirklich sie selbst. Auch wenn ihr Umfeld ziemlich weit von der Welt der Paillet- ten und des Strasses, die in der Boulevardpres-

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rrund0307_084_085_ReportRund0307_084_085_ReportR 8585 008.02.20078.02.2007 20:36:5720:36:57 UhrUhr IM ABSEITS Pferdenatur

„ICH BIN KEINE ZYLINDERZICKE“ Mit über 150 Länderspielen ist Kerstin Stegemann eine der erfahrensten Nationalspielerinnen. Obwohl die 29-jährige Weltmeisterin von Topklubs umworben wird, hält sie ihrem Heimatverein Rheine die

Treue. Nebenbei gewinnt die Sportsoldatin„Ich habe noch Angst vor Reitturniere einem Rechtsruck“: BelaINTERVIEW B. KATHRIN STEINBICHLER, FOTOS MAREIKE FOECKING

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rrund0307_086_087_Stegemaund0307_086_087_Stegema 8686 008.02.20078.02.2007 20:42:5020:42:50 UhrUhr IM ABSEITS Pferdenatur

„Morgens um 7 Uhr reiten, um 11 ein Bundesligaspiel und dann um 15 Uhr wieder aufs Pferd“

„Reiten ist Entspannung“: Kerstin Stegemann und eines ihrer vier Pferde

Frau Stegemann, Sie sind eine der verdien- Ich bin in Duisburg einmal Meister geworden Klingt anstrengend. Wie bekommen Sie das testen Nationalspielerinnen, trotzdem stehen und weiß jetzt, wie das ist, dennoch fi nde ich denn körperlich alles hin? meist andere im Mittelpunkt. Stört Sie das? es viel schöner, jungen Spielerinnen etwas ver- Reiten ist für mich Entspannung. Deshalb KERSTIN STEGEMANN Das ist mir ganz mitteln zu können. habe ich auch Streit mit den Reitern hier in recht. Das hängt wohl auch mit meiner Posi- Neben dem Fußball reiten Sie auch auf ziem- der Sportfördergruppe der Bundeswehr. Weil tion zusammen: Über Defensivspieler spricht lich hohem Niveau. Wie machen Sie das denn ich immer sage: Reiten ist nicht anstrengend. man nur, wenn sie einen Fehler machen. Ich bei einem mehrwöchigen Turnier wie im Sep- Klar, die machen es natürlich intensiver als möchte auch gar nicht so in der Öffentlichkeit tember bei der WM in China? Haben Sie dann ich, aber im Vergleich zum Fußball ist die Be- stehen. So ruhig, wie es ist, gefällt es mir. Entzugserscheinungen? lastung gering. Bundestrainerin Silvia Neid sagt über Ihren Das kann man wohl sagen. Reiten ist einfach Machen Sie nur Springreiten oder auch Stand in der Nationalelf: „Wir wechseln in der eine große Leidenschaft von mir, das mache Dressur? Abwehr schon mal links oder in der Mitte, ich schon von klein auf. Bei der letzten WM Ich trainiere bei meinen vier Pferden beides, aber rechts nie.“ Ein größeres Kompliment gibt 2003 muss ich jedenfalls ziemlich unerträg- aber zu den ganz harten Dressurreiterinnen es wohl nicht? lich gewesen sein, einfach nicht ausgelastet. gehöre ich nicht, also zu denen, die im Frack Ich denke, dass es in der Nationalmannschaft Bei Turnieren sind ja die sportlichen Belas- und mit Zylinder reiten. Ich sage immer „Zy- grundsätzlich keine Stammplätze gibt. Und in tungen außer an den Spieltagen nicht so groß. linderzicken“, wenn wir im Verein über die Zukunft wird sie auch mehr testen müssen. Trainiert wird ja zwischendurch nicht mehr Dressurreiterinnen reden, weil da doch im- Mit mir oder Birgit Prinz plant sie vielleicht so viel. Und wenn man sonst täglich ein paar mer alles ganz leise sein und alles ganz streng noch zwei, drei Jahre, bis dahin muss der Nach- Stunden auf dem Pferd sitzt oder auf dem Fuß- zugehen muss. Ich sehe bei Turnieren aus wie wuchs ja auch mal eine Chance bekommen. ballplatz steht, hat man das Gefühl, man müss- sonst und gehe mit meinen Pferden auch ganz Sie werden als Weltklasseverteidigerin seit te jetzt was machen. Also haben sie damals in locker um. Umso mehr ärgert das dann diese Jahren von anderen Vereinen umworben. Nur den USA meiner Zimmerkollegin Pia Wunder- Zylinderzicken, wenn ich mal wieder ein Tur- einmal sind Sie für zwei Jahre von Rheine zum lich und mir zwei Pferde organisiert, und dann nier gewinne. Aber grundsätzlich bin ich eher FCR Duisburg gegangen und haben dort Ihre sind wir in Los Angeles reiten gewesen, das Springreiterin. einzige Deutsche Meisterschaft gewonnen. war echt nett. Ich konnte mich nie so richtig Hoffen Sie denn, dass Ihnen der DFB – so Was hält Sie in Rheine? zwischen den beiden Sportarten entschieden, wie in den USA – auch wieder bei der WM in Ich mag es, wenn ich am Wochenende so rich- aber im Fußball war ich eindeutig besser, also China ein Pferd besorgt? tig kämpfen muss. Und natürlich bin ich glück- muss der Reitsport eben so nebenbei klappen. In China geht das wohl eher nicht. Da haben lich, wenn es dabei ein Happy End gibt, was Da kann es schon vorkommen, dass ich am sie es ja leider nicht so mit der Tierliebe. Beim in Rheine oft nicht der Fall ist. Für uns ist je- Sonntag um elf Bundesligaspieltag habe mit letzten Einladungsturnier in China habe ich des Wochenende ein Endspiel angesagt, damit Rheine und ich morgens gegen sieben noch den Fehler gemacht, dort über den Tiermarkt wir nicht absteigen. Für meine eigene Leis- eben schnell zum Springen auf ein Reitturnier zu gehen. Das ist nicht schön für unsereins, tung ist das wahrscheinlich sogar besser. Auf gehe. Und nachmittags um drei bin ich dann das rate ich keinem. Da muss ich eben mehr Dauer kann ich damit aber nicht glücklich sein. auch schon wieder auf dem Pferd. Laufen gehen.

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rrund0307_086_087_Stegemaund0307_086_087_Stegema 8787 008.02.20078.02.2007 20:42:5620:42:56 UhrUhr IM ABSEITS Pinkelpause

Bis zum Erbrechen: Viele Profi s müssen stundenlang Flüssigkeit zu sich nehmen, bevor der Becher voll ist

LAUFEN LASSEN

DOPING – SEIT KNAPP 20 JAHREN EIN THEMA IM DEUTSCHEN PROFIFUSSBALL. DER UMGANG MIT DER ERNSTEN PROBLEMATIK HAT SICH IM LAUFE DER JAHRE STARK GEWANDELT. SEIT JEHER IST DAS THEMA EINE FUNDGRUBE

FÜR UNGLAUBLICHE ANEKDOTEN VON BRODER-JÜRGEN TREDE, FOTOS BENNE OCHS

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rrund0307_088_091_DopAnekund0307_088_091_DopAnek 8888 007.02.20077.02.2007 20:29:2120:29:21 UhrUhr IM ABSEITS Pinkelpause

Viele Verantwortliche erinnern sich mit ei- analysieren. Seit dem Januar 1995 gibt es zu- mit zahllosen Formularen, Umschlägen und nem Schmunzeln an den Dopingkontrollraum dem unangemeldete Trainingskontrollen. Ersatzzetteln hantieren. In Protokollen wird im Vereinsheim des FC St. Pauli. Noch zu Erst- Große Skandale blieben im deutschen Fuß- exakt festgehalten, wer wann den Dopingraum ligazeiten Mitte der 90er Jahre musste der ball bislang aus. Die meisten Vergehen stehen betritt und verlässt. Die Infrastruktur (Tisch, Spieler zur Urinabgabe in einen Kellerraum. in Zusammenhang mit dem Konsum von Dro- 4 Stühle, Waschbecken mit fl ießendem Was- Dieser hatte eine unverschlossene Hintertür. gen wie Marihuana und Kokain und lösen eher ser, Toilettenartikel (Seife, Handtücher etc., Theoretisch hätte also jeder vorbeikommende Belustigung über die Dämlichkeit der Erwisch- abschließbarer Schrank, Toilette) ist ebenso Fan oder Kiezgänger dort anstelle des Spielers ten als Besorgnis über einen womöglich ver- vorgeschrieben wie die Abgabe an sich. In Pa- Wasser lassen können. Typisch dafür, wie lax seuchten Sport aus. Im Januar 2000 fi el der ragraf 10, Absatz 3 heißt es: „Der Spieler uri- lange Zeit kontrolliert wurde. Gladbacher Zweitligaprofi Quido Lanzaat aus niert unter strikter Überwachung des Doping- Seit 1988 führt der Deutsche Fußball-Bund allen Marihuanawolken, als während des Hal- Kontrollarztes, der dasselbe Geschlecht wie regelmäßige Dopingproben im Profi bereich lenmasters Spuren von Tetrahydrocannabinol, der Spieler haben muss, in den Sammelbecher. durch. Dennoch wurde das Thema weiter läs- dem Wirkstoff von Haschisch, in seinem Urin Die Urinmenge hat mindestens 75 ml (A-Pro- sig gehandhabt, die Praxis wirkte halbherzig. ermittelt wurden. Die Folge: Drei Monate Sper- be 50 ml, B-Probe 25 ml) zu betragen.“ Nicht nur blieb die Frequenz der Kontrollen re für Lanzaat. Der Holländer verstand die Welt Diese notwendige Bürokratisierung eines mit knapp 100 pro Saison recht übersichtlich. nicht mehr, denn in seiner Heimat ist der Kon- nur allzu menschlichen Vorgangs sorgt immer Auch in Sachen Effi zienz bestanden Zweifel. sum von Haschisch bekanntlich legal. Für hoch- wieder für Verzögerungen. Dass Oliver Neu- In seinem 1994 erschienenen Buch „Rote Kar- gezogene Mund winkel sorgte auch der etwas ville nach dem Ecuador-Spiel nicht konnte, te für den DFB“ charakterisiert der ehemalige in die Breite geratene Bochumer Stürmer Ro- weiß man inzwischen aus Sönke Wortmanns Hammerwerfer Edwin Klein die Kontrollen land Wohlfahrth, der wegen der Einnahme WM-Film „Deutschland – ein Sommermär- als Farce und zitiert den damaligen Präsidenten eines verbotenen Appetitzüglers acht Wochen chen“. Ähnlich traumatisch hat sich im Ge- des FC Homburg, Manfred Ommer: „Bevor gesperrt wurde. Im vergangenen Jahr musste dächtnis von Klaus Augenthaler eingebrannt, ein gedopter Spieler ausgelost werden könnte, Nemanja Vuˇci´cevi´c von 1860 München sogar dass ihn im größten Moment seiner Karriere spricht unser Doc mit dem DFB-Doc und er- sechs Monate pausieren – wegen des falschen der lange Arm der Dopingfahnder zu fassen klärt ihm, ein bestimmtes Medikament sei er- Haarwuchsmittels. kriegte. Unmittelbar nach dem gewonnenen forderlich gewesen. Dann nehmen wir die Rü- Was genau Spieler einnehmen dürfen und WM-Finale von Rom 1990 musste er zur Kon- ckennummer aus dem Pott.“ was nicht, hat der Verband in seinen 40 Sei- trolle. „Ich durfte weder Alkohol trinken noch Dass solche Szenarien nicht weit hergeholt ten starken Antidopingrichtlinien aufgelistet. rauchen“, sagt Klaus Augenthaler. Er braucht sind, belegen die Erinnerungen des langjäh- Sie beschreiben zudem haarklein das Proze- geschlagene vier Stunden. „Immer, wenn ich rigen DFB-Schiedsrichters Bernd Heynemann dere der Kontrolle. Schon bei der Auslosung einen neuen Versuch gestartet habe, kam so an ein Oberliga-Spiel von RW Erfurt bei Che- der zu prüfenden Spieler wird nichts mehr dem ein 85-jähriger Kauz mit und hat mich beim mie Halle Anfang der 90er Jahre: „In Halle Zufall überlassen. Die Kontrolleure müssen Wasserlassen beobachtet.“ Als Augenthaler sind die Örtlichkeiten nicht so reich gesegnet. Das heißt, die Dusche von Erfurt und die der Schiedsrichter war eine. Und ein Spieler hat dann gesagt: ,Ich muss zum Doping und kriege nichts raus.‘ Da hat der Schiedsrichter gesagt: ,Gib mal her! Dann mach ich ein paar Trop- fen rein.‘ Damit war das Ding erledigt.“ Und wie es dann so ist: Die Dopingprobe war po- sitiv, das Ganze ging vors Sportgericht. Derartige Manipulationen scheinen heute unmöglich. In dem Maße wie das Thema Do- ping durch Skandale in der öffentlichen Wahr- nehmung an Bedeutung gewonnen hat, sind auch die Kontrollmechanismen im Fußball ver- schärft worden. Das deutsche Antidopingsys- tem gilt als eines der härtesten. Mittlerweile lässt der DFB pro Spielzeit mehr als 700 Pro- ben in den renommierten Dopinglabors in Kreischa und an der Kölner Sporthochschule

Statt Urinprobe: Bochums Extorwart Rein van Duijnhoven spielte mit den Dopingkontrolleuren erst mal Skat

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rrund0307_088_091_DopAnekund0307_088_091_DopAnek 8989 007.02.20077.02.2007 20:29:2620:29:26 UhrUhr IM ABSEITS Pinkelpause

weit nach Mitternacht ziemlich ernüchtert zur dann am Urinal bewusst ausatmen, um so den Mannschaft stößt, befi nden sich die Kollegen möglichen Flow zu unterstützen.“ größtenteils schon in anderen Sphären. Auge Gelassenheit als Schlüssel. Nimm dir Zeit! geht an die Bar, ordert Bier und raucht eine Als vorbildlich ist hier sicherlich das Beispiel Marlboro nach der anderen. des Oleg Salenko hervorzuheben. Nachdem Für das, was Neuville und Augenthaler wi- er sich bei der WM-Vorrunde 1994 gegen Ka- derfahren ist, haben Mediziner einen Fach- merun in die WM-Annalen geschossen hatte, ausdruck: Paruresis. Unter bestimmten Um- doch bei der Dopingprobe aber Ladehemmung ständen – unter Zeitdruck, der Anwesenheit zeigte, genehmigte sich der russische Stürmer anderer Personen in öffentlichen Toiletten und neben zwei Mineralwassern auch noch genüss- dem Gefühl, beim Pinkeln unter Beobachtung lich fünf alkoholfrei Biere – für jedes erzielte zu stehen – können manche Menschen ihre Tor eines. Die Ruhe weg hatte auch Rein van Blase nicht entleeren. Sie leiden unter einer Duijnhoven. Der ehemalige Bochumer Kee- so genannten schüchternen Harnblase. „Bei per musste zwar an der Kloschüssel passen, Stress kommt es naturbedingt zu einem Zu- nicht aber am Kartentisch. Als er ahnte, dass sammenziehen des Ringmuskels der Blase, wo- es bei ihm wohl etwas länger dauern würde, durch das Harnlassen erschwert wird“, erklärt kloppte er mit den Dopingkontrolleuren erst Dr. Philipp Hammelstein, Privatdozent an der einmal ein paar gepfl egte Runden Skat. Uni Düsseldorf, „mit Gewalt geht dann gar Wichtig ist auf jeden Fall, überhaupt etwas nichts. Pressen ist ein absolutes No Go und zu trinken. Nicht so wie Mariusz Kukiełka aus wirkt kontraproduktiv.“ Unter dem Titel „Lass Cottbus. Energies Defensivspezialist hat die es laufen“ hat Dr. Hammelstein einen Ratge- kuriose Angewohnheit, am Spieltag gar nichts ber zur Überwindung der Parureris verfasst. zu trinken. „Ich fühle mich so leichter, ein- Sein wichtigster Tipp: „Es hilft im Grunde ge- fach besser“, meint Kukiełka. Eine sportphy- nommen nur Entspannung. Die Fußballer soll- siologisch zumindest fragwürdige Einstellung ten etwa anderthalb Minuten vor dem Was- aus der Steinzeit der Trainingswissenschaft. serlassen tief einatmen, die Luft anhalten und Als der Pole im November beim Auswärtsspiel in Wolfsburg zur Dopingkontrolle ausgewählt wurde, lief natürlich gar nichts. Er musste erst sechs Liter Mineralwasser zu sich nehmen. Dann lief es aber richtig: Kukiełka übergab sich fürchterlich. Und wer wurde nur zwei Wochen später beim Gastspiel in Leverkusen erneut ausgelost und hatte nichts getrunken? Getoppt wird der Lausitzer durch Darius Kampa. Zu seiner Nürnberger Zeit musste der Keeper sogar sieben Liter Wasser in sich hin- einschütten, bis seine Blase auf Wasser Marsch umschaltete. Pressesprecher Martin Halter- mann erinnert sich: „Als es Darius endlich ge- schafft hatte, war es gegen ein Uhr. Der Heim- weg, rund 200 Kilometer kurz, verzögerte sich dann allerdings auch – jetzt drückte das Mi- neralwasser, und wir durften alle zehn bis 15 Minuten anhalten. Ließ sich aber mit dem 3:2-Sieg im Rücken gerade noch verkraften.“ Immerhin kennen die Clubberer nun dank Sex- tanerblase Kampa alle Haltebuchten und Rast- stätten entlang der A6: Wunnenstein, Hohen- lohe, Frankenhöhe und zuletzt – nomen est omen – Nürnberg-Feucht.

Wasser marsch: Gelassenheit ist wichtig, wenn ein Profi unter einer schüchternen Harnblase leidet

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rrund0307_088_091_DopAnekund0307_088_091_DopAnek 9090 007.02.20077.02.2007 20:29:3120:29:31 UhrUhr IM ABSEITS Spiel mit Puppen

Dancing in the Disco Dieses Mal in der samstagnächtlichen RUND-Puppen-Story: TANZPARADE UND TORWARTKANONE – Jens Lehmann

eröffnet in London eine neue Torwartdisco FOTOS STEPHAN PFLUG Monat für Monat erleben unsere runden Superhelden die wahnwitzigsten, tanzwütigsten Abenteuer des Alltags Jens Lehmann hat die Doch da klingelt es Aber Ballack darf Hmm, wo besten Torhüter der Welt auch schon an der Tür – Alles Gute nicht rein, weil er bleiben die Die Torte kannst zur Neu- in seine Disco eingeladen: denn alle? Superballack mit Torte: kein Torwart ist: du hier lassen. eröffnung! Tschüss!

Aber schon Und die Stimmung kurze Zeit ist bombig: So Jungs, ich später sind hab noch ’ne sie alle da. Überraschung! Der Laden ist voll mit Torhütern und schönen Mädchen:

Als Dank wird der Goldene Handschuh Ich glaube, Und dann holt Nun drehen alle total Ich kann überreicht: ich liebe Olli Jens die Torwart- Direkt auf den durch und zeigen ihre fliegen!!! Kahn!! kanone raus: Mann! Den hab besten Glanzparaden: ich sicher! Dein Laden ist die Nr. 1, Jens!

G! PEN

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Wir danken der Firma Revell für die Bereitstellung der Kick-O-Mania-Puppen. Im nächsten Heft:•••

Miroslavzum Klose FC Barcelona wechselt

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rrund0307_088_091_DopAnekund0307_088_091_DopAnek 9191 007.02.20077.02.2007 20:29:3520:29:35 UhrUhr IM ABSEITS Weltklasse

NEUES & SKURRILES ausaus der derganzen ganzen runden runden WeltWelt des desFußballs Fussballs „Nach REGEN kommt SONNE“ STUTTGARTS MANAGER HAT EINES SEINER BILDER VERKAUFT – DIE VERARBEITUNG EINER NIEDERLAGE

t dadurch zu Kunst, dass sie jemand für Kunst hält. Horst Heldt hat nun auch die- r Manager des VfB Stuttgart hat sein erstes Gemälde verkauft. Für 80 Zentimeter mal 90 Zentimeter groß, Öl auf Leinwand. „Ich ha- ht nach einer Niederlage gemalt“, erzählt er, „durch die Anspannung nachts sehr schwer abschalten. Die Komposition zeigt, dass ich mit der Niederlage zu kämpfen hatte.“ Das jüngst für einen karitativen Zweck versteigerte Artefakt trägt den Namen „Nach Regen kommt 8 in einer Nachtschicht entstanden. Damals spielte Heldt bei 1860 München. Als Profi begann er mit dem Malen, in seiner aktiven Zeit beim 1. FC Köln, den Löwen, in Frankfurt und beim VfB entstanden rund 3gg30 Gemälde. Ausstellungen gab es schon in München und Frankfurt/Main. „Trotz vieler Anfragen habe ich aufgrund der persönlichen Geschich- te eines jeden Bildes keines verkauft“, sagt er. Der Sin- neswandel ist aber nicht der Versuch, Gelder für den Transfer des neuen Stuttgarter Torhüters Raphael Schä- fer zu generieren. „Für den guten Zweck tue ich das ger- ne“, meint Heldt, nachdem er sich nun doch von einem Werk getrennt hat. KLAUS TEICHMANN Willkommen in den Charts!

>Die Komoren sind das vorerst letzte Land, dem die Segnung der Fifa-Mitgliedschaft zuteil wurden. Ende 2005 hat der Weltverband die kleine Inselgruppe zwi- schen Madagaskar und der afrikanischen Ostküste als 207. Mitglied aufgenommen – doch erst jetzt taucht sie in der Weltrangliste auf. Das liegt daran, PROFIS dass die ersten und bisher einzigen beiden Länder- spiele erst Ende Dezember stattfanden, wobei das zweite gegen Dschibuti gewonnen wurde. Wir be- WERDEN grüßen also als Neueinsteiger in den Charts: Die Ko- moren! Von null auf 187! Weitere Spiele sind aller- dings nicht angesetzt, die bisherigen Auftritte der VERLOST Nationalelf hat Verbandsvize Salim Tourqui aus eige- ner Tasche fi nanziert. Einen Trainer gibt es bisher auch nicht. Vielleicht macht Monsieur Tourqui das ja In BRASILIEN kaufte der Fußballverband Spieler, ebenfalls selbst. Hauptsache Fifa-Mitglied!< um sie unter den Erstligaklubs zu verlosen. Fans durften über die Los-Chancen abstimmen FOTOS HENNING ANGERER Platz Staat +/– Itumbiara EC, AE Jataiense, Goiás EC und AE Canedense sind feste Größen der ersten Liga des zen- 185 Macau +/– 0 tralbrasilianischen Bundesstaates Goiás. Doch das nimmt man nicht mal in Goiás so richtig wahr. Der 186 Luxemburg +/– 0 dortige Fußballverband hat festgestellt, dass sein traditionell vor der nationalen Meisterschaft ausge- tragenes Turnier schlecht besucht ist. Deshalb wurde eine Marketingfi rma beauftragt, ein Konzept zu 187 Komoren + 20 erstellen. Die hatte eine tolle Idee: Der Verband kaufte zwölf als Topspieler angepriesene Profi s. Diese 188 Samoa – 1 wurden dann an die dortigen zwölf Erstligavereine verlost. Die Bewohner von Goiás wurden aufgeru- fen, für einen Verein zu stimmen. Der Klub mit den meisten Befürwortern erhielt das Recht, den ersten 189 Tonga – 1 der zwölf Spieler auszuwählen; der zweite hatte dann noch elf zur Auswahl und so weiter. Nach dem im Januar verkündeten Ergebnis hat der AE Canedense gewonnen und entschied sich für den Exnati- 190 Kaimaninseln – 1 onalspieler Túlio Maravilha – den wunderbaren Túlio. Der Stürmer hatte seine großen Tage Mitte der 191 Bhutan + 1 90er-Jahre, als er mit Botafogo brasilianischer Meister und Torschützenkönig wurde. Sein Tempera- ment machte ihm aber immer wieder zu schaffen, und so wechselte er schon 23-mal den Verein. Im Jah- re 2005 hatte er ein sensationelles Comeback, als er erneut Torschützenkönig von Rio de Janeiro wer- Stand: 1. Februar 2007 den konnte. Neben Túlio waren noch fünf weitere Altstars über 30 im Lostopf. MARTIN CURI

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rrund0307_092_093_Weltklaund0307_092_093_Weltkla 9292 007.02.20077.02.2007 20:47:3420:47:34 UhrUhr IM ABSEITS Weltklasse

SCHAF RÜCKSITZ AUF DEM

Der walisische Nationalspieler JOHN HARTSON hat alle Geschichten über Fußballer im Suff getoppt: Er klaute ein Schaf

Saufen und Fußball war schon immer eine gelungene Kombination. Was John Hartson, walisischer Nationalspieler, allerdings zu An- fang seiner Profi karriere beim Luton Town FC vollbracht hat, war schon etwas ganz Beson- zuladen. „Dann sind wir erst mal nach Hause deres. Zusammen mit zwei seiner Kumpels hat- gefahren, um zu schlafen“, so Hartson. Das te Hartson ordentlich einen gezwitschert. Auf Schaf wurde noch in der Nacht in den Garten hen war, packte John Hartson den wolligen dem Nachhauseweg hielten sie neben einem gestellt. Als Hartson am nächsten Morgen auf- Vierbeiner erneut in den Kleinbus und setzte Feld an, um ein herumstehendes Schaf ein- wachte, hatte er den Diebstahl des Tiers bei- das Schaf auf der nächstbesten Wiese aus. fach auf den Rücksitz ihres Kleinbusses ein- nah vergessen. Als ihm dämmerte, was gesche- SEBASTIAN KOCH, FOTOS HUBER/PUKU, IMAGO

NANANA ZDROWIE,ZDROWIE,ZDROWIE, SCHIRISCHIRISCHIRI

POLENS BESTE Vielleicht hatten die Schiedsrichter bloß Frust. Ist auch kein einfacher Job, SCHIEDSRICHTER ständig alleine gegen 22 Typen anzubrüllen, die alles besser wissen. Vielleicht TRAFEN SICH waren sie auch einfach enttäuscht, dass sie die eigenen Frauen nicht mit zur Party bringen durften, die anlässlich eines Jahresabschlusshallenturniers für sie ZUM GESELLIGEN organisiert wurde. Am Ende setzte es auf jeden Fall Haue, auch wenn nachher JAHRESABSCHLUSS: keiner mehr wusste warum. Möglicherweise, weil die sportlichen Friedensstif- EIN BESÄUFNIS ter erst fremde Frauen angemacht und dann noch für Stunk gesorgt haben. Auf MIT SPIRITUS UND jeden Fall wurde nach dem Polizeieinsatz in der Diskothek „Enklave“ in Płock ANSCHLIESSENDER ein nicht pfeifender Besucher schwer verletzt ins Krankenhaus gefahren und die polnischen Boulevardzeitungen mit Fotos des vorausgegangenen Saufgelages der PRÜGELEI Schiedsrichter zugepfl astert. Zum Beispiel mit dem Bild, auf dem sich die Schiris in entsprechend befl ockten Trainingsanzügen ihres Verbands an einer Spiritusfl asche – 80 Prozent! – laben: Kleiner Preis, große Wirkung. Der Verantwortliche des zustän- digen Schiedsrichterverbands aus Krakau jedenfalls wollte nachher nichts von dem Vorfall wissen. „Eine Schlägerei? Wodka? Kann gar nicht sein.“ Da passt es gut ins Bild, dass ein Schiedsrichterskandal in Polen immer größere Kreise zieht. OLAF SUNDERMEYER, FOTOS IMAGO, DPA

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rrund0307_092_093_Weltklaund0307_092_093_Weltkla 9393 007.02.20077.02.2007 20:47:3920:47:39 UhrUhr www.rund-magazin.de

Während der 90 Minuten schwankt mein Geisteszustand zwischen dem eines euphorischen Zehnjährigen und dem eines nörgelnden Rentners. Solange das Spiel läuft, verursacht dieses Auftreten kaum Probleme – die Umstehenden haben meine Gesellschaft im Normalfall selbst gewählt. Aber in den folgenden 9975 Minuten kommt es zu erheblichen Belastungen meiner Mitmenschen. In dieser Zeit analysiere ich das komplette Spiel mindestens 112 Mal.

Dank des RUND-Blogs manifestieren sich meine Fußball-Gedanken-Spiele: Das Kind in mir erfreut sich an ineffektiven Hackentricks, der Veteran in mir ärgert sich über Brasiliens verpassten WM-Titel von 1950. Ab und zu meldet sich mein wahres Ich: Fan von Hannover 96, stets auf der Suche nach einem Fußball und bei Worten der Sorte: „Wir wollen euch kämpfen sehen“, sofort

am Rande eines Nervenzusammenbruchs. ILLUSTRATION SONJA KÖRDEL, FOTOS PRIVAT

Sebastian Garn, 25, schreibt regelmäßig als einer von vielen RUND-Blogautoren auf www.rund-magazin.de

rrund0307_094_095_Vorschaund0307_094_095_Vorscha 9494 008.02.20078.02.2007 20:46:0720:46:07 UhrUhr RUND Spielkultur

SPIELKULTUR KÜNSTLERISCH VERSPIELT UNTERHALTEND

„Vor allem habe ich meine Bedenken, wenn so viel geköpft wird“ JEAN PÜTZ

96 INTERVIEW „Ich bin noch nicht am Ende“ – Jean Pütz hat mehr zu bieten als nur die „Hobbythek“

104 EX-HOOLIGAN „Ich habe überlebt“ – Früher war Cass Pennant West-Ham-Hool. Heute schreibt er Bestseller

106 HYMNE DER FANS Walk on, walk on – Wie der Song „You‘ll never walk alone“ vom Broadway in die Stadien kam

116 AUSLAUFEN Mit dem Klon kamen die Tränen – Jörg Thadeusz weiß, warum man Fußballer nicht klonen sollte

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rrund0307_094_095_Vorschaund0307_094_095_Vorscha 9595 008.02.20078.02.2007 20:46:0920:46:09 UhrUhr „Fußballer sind Gewinnertypen“: Jean Pütz in seinem Reich

rrund0307_096_101_jeanpue.inddund0307_096_101_jeanpue.indd 9696 008.02.20078.02.2007 20:52:0020:52:00 UhrUhr SPIELKULTUR Interview „ICH BIN NOCH NICHT AM ENDE“

In seiner Fernsehsendung „Hobbythek“ erklärte uns JEAN PÜTZ, wie Bauchtanz geht, wie man seinen Darm saniert und was Katzen wirklich brauchen. Also kann uns der 70-jährige Fan des 1. FC Köln sicher auch verraten, wie Fußball geht. Oder was hat Thermodynamik mit einem Sieg

von Alemannia Aachen über den FC Bayern zu tun? INTERVIEW JÖRN DUDDECK UND MARTIN KRAUSS, FOTOS STEFAN SCHMID

Herr Pütz, Sie wären doch bestimmt gerne Fußballer geworden. JEAN PÜTZ Wie kommen Sie da drauf? Sie haben in der Luxemburger Liga gespielt. Ja, in Luxemburg, wo ich aufgewachsen bin, war ich beim AS Remich. Das war die dritte und später die zweite Liga, aber ich war keine große Leuchte. Immerhin war ich so gut, dass die mich gelegentlich, als ich schon in Köln wird jedes Mal kräftig hin- und hergeschüttelt. Auf die Dauer sollte das Kopfballspielen des- studierte, wenn Not am Ball war, geholt ha- halb nicht übertrieben werden. Das ist aber heutzutage kaum erfüllbar, weil damit sehr schö- ben. Sie sagten: „Komm erivver!“ und haben ne und spektakuläre Tore erzielt werden können. Auch deswegen bin ich froh, dass ich kein mir dann sogar die Reise bezahlt. Aber sonst Fußballspieler geworden bin. gab es nichts, das waren ja reine Amateure. Aber Ihre Tochter spielt Fußball und trainiert bestimmt auch das Köpfen. Das stört Sie nicht? Und wir sollen Ihnen glauben, dass Sie wirk- Nein, erstens ist es für sie kein Leistungssport, und beim Frauenfußball ist der Kopfball auch lich nicht gerne Profi geworden wären? nicht halb so wichtig. Nein, wirklich nicht. Vor allem habe ich mei- Das ist etwas ganz anderes als beim Männerfußball? ne Bedenken, wenn so viel geköpft wird; ich Ja, ich fi nde schon. Der heutige Männerprofi fußball bringt schon eine enorme Auslese und kann mir nicht vorstellen, dass das besonders gleichzeitig eine Ausbeutung des eigenen Körpers. Deshalb ist die Karriere eines Fußballers ja gesund ist. Wenn ich sehe, wie die Spieler heut- zeitlich eng begrenzt, über 35 gehört man schon zum alten Eisen. Ich selbst bin mit meinen zutage im wahrsten Sinne des Wortes den Kopf 70 Jahren immer noch sehr gefragt und kann wunderbar Geld verdienen. Ich bin sozusagen hinhalten, fi nde ich das auf lange Sicht pro- noch voll im Saft, weil das gesunde Gehirn als einziges Körperteil nach neuesten wissenschaft- blematisch. Außerdem war ich im Köpfen sehr lichen Erkenntnissen nicht altert, vorausgesetzt man trainiert es täglich. Und was kann bes- schwach, Gott sei Dank, denn für den späteren seres Training darstellen, als in seinem Überzeugungsberuf weiterzumachen: Ich halte viele Journalisten ist der Kopf durchaus ein wich- Vorträge, mache eine Menge Sendungen und bin bei Weitem noch nicht am Ende. Auch des- tiges Körperteil. Bei Fußballern sollte das viel- halb bin ich glücklich, kein Fußballer geworden zu sein. Klar, ich bewundere die Selbstdiszip- leicht auch so sein. lin der Profi s, aber meine eigenen Knochen hinzuhalten, das wäre mir ein zu großes Risiko. Das Köpfen ist also richtig schlimm? Kopfball gefährlich, Knochen kaputt. Sie haben ja ein schlechtes Bild vom modernen Fußball. Ja, neben Knochenbrüchen und Bänderris- Nein, nein, es gibt ja auch viele positive Aspekte. Er fördert die Fitness, die jeder Mensch ha- sen ist das wohl langfristig das größte Problem ben muss. Aber auch da muss man natürlich bedachtsam sein und die Nebenwirkungen und des Fußballs. Jeder heftige Kopfball kann eine Risiken berücksichtigen. Stichwort Radfahren: Ich selbst betreibe es seit meiner Jugend, doch leichte Gehirnerschütterung auslösen. Denn die Profi s haben ein enorm vergrößertes Herz, sie sind deshalb zu lebenslangem Training ver- das Gehirn ist eine gallertähnliche Masse, die dammt. Hören sie zu schnell auf, dann wird das gefährlich. Es gibt dazu leider keine Statistik,

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rrund0307_096_101_jeanpue.inddund0307_096_101_jeanpue.indd 9797 008.02.20078.02.2007 20:52:0720:52:07 UhrUhr SPIELKULTUR Interview

aber ich habe den Eindruck, dass viele Fuß- baller nicht sehr alt werden. Ob das nur am Sport liegt, weiß ich nicht, vielleicht am Le- benswandel generell, denn die Versuchungen eines erfolgreichen Profi s sind vielfältig. Bei uns in Luxemburg liegt es vermutlich auch am Wein. Die Jungs haben geraucht und waren dem Moselwein mehr als üblich zugetan. Viele halten das Saufen wohl für „männlich“, ein Be- griff der unter Fußballanhängern offenbar ei- ne große Rolle spielt. Beschreiben Sie doch bitte dieses Männerbild der Fußballer. Es gibt Männer, die brauchen eine Clique und müssen darin ihre Männlichkeit bewei- sen. Ich selbst kann damit nichts anfangen, ich fi nde es viel schöner, Frauen zu integrie- ren. Ein kleiner persönlicher Tipp: Wer Frau- en anmachen will, soll das außerhalb der Cli- que tun – es sei denn, er will damit angeben. Es gibt ja das Vorurteil, Fußballer seien nicht allzu intelligent. Das ist Unsinn, oft liegt deren IQ sogar weit über dem Durchschnitt. Es gibt hochintelli- „Es gibt hoch intelligente Fußballer“: Jean Pütz erklärt den Fußball gente Fußballer. Dazu zähle ich viele ehema- lige Spieler, die Trainer oder Manager gewor- den sind. Ich nenne nur Franz Beckenbauer, Jörg Berger, Jupp Heynckes und Günter Net- kann ich dies einfach erklären. Es gibt ein interessantes Experiment in der Verhaltenspsycho- zer, aber auch derzeit aktive wie Christoph logie: Zwei Populationen von Ratten hat man hungern lassen. Dann hat man dem Leader, dem Metzelder von Dortmund. Den schätze ich Alphatier, der einen Gruppe beigebracht, wie es an Nahrung kommen kann. In der anderen sehr, weil er ein kleiner Philosoph ist, der ein- Gruppe hat man das Experiment in soweit verändert, dass man einem Tier von niederer Rang- zuordnen weiß, was er beobachtet. Aber was stufe beigebracht hat, wie es sich nach dem langen Hungern Futter verschaffen kann. Und was soll aus jungen Leuten werden, die noch völ- ist passiert? In der einen Gruppe haben die Ratten dem Leitvieh alles sofort nachgemacht – lig unreif sind und plötzlich reich werden? Die sie haben mitgelernt, wie man an Nahrung kommt. Das rangniedrigere Tier in der anderen werden oft schon als 15-Jährige hochgejubelt Gruppe jedoch wurde versklavt, das musste jetzt nur noch Nahrung für alle besorgen, die Rat- und sind plötzlich Millionen wert. Sie wäh- ten hatten nichts dazugelernt. nen sich im Schlaraffenland, dem ungünstigs- Das ist aber nicht sehr charmant, eine Fußballmannschaft mit Ratten zu erklären. ten Land, in dem junge Menschen heranwach- Wenn Sie wollen, kann ich es auch anders versuchen. Gemäß der Gauß’schen Verteilungs- sen können, dem Land ohne Phantasien. kurve kann man sagen, dass wir Menschen uns als Gruppe nach bestimmten Gesetzen verhal- Sie reden gerade über ! ten, dennoch hat das Individuum einen Freiheitsspielraum. Trotz dieses Freiraums muss sich Ja, ein bisschen. Aber im Ernst: Man wird jeder einordnen in das, was die Natur vorgibt, also in die menschlichen Sozialgesetze. sehen, ob er als Mensch eine gute Entwick- Wo sieht man diese Gesetzmäßigkeiten im Fußball? lung nimmt. Ich wünsche es ihm. Man wundert sich ja manchmal, wenn Alemannia Aachen plötzlich gegen Bayern München Stellen Sie sich vor, Sie wären in der „Hobby- spielt und siegt. Das ist nicht nur eine Frage extremsten Ehrgeizes. Ich will das mit der Ther- thek“ und erklärten eine Fußballmannschaft. modynamik erklären: Die Wärme ist eine unordentliche Energie, und wenn es uns gelingt, die Ja, wichtig sind einerseits schon die Physik Moleküle in eine Richtung zu führen, dann kann man damit eine enorme Fortbewegungsener- des Balls, der Impulserhaltungssatz, aber auch gie erzeugen. Beim Fußball ist es genauso. Der Trainer kann enorme psychische Energien frei- die Soziologie der Ingroup spielt eine große setzen, die Folge: Halb gespielt, ist schon fast gewonnen. Rolle. Nehmen wir zum Beispiel Schalke 04 Wir haben gelernt: Fußballer wollten Sie nicht werden, aber als Wissenschaftsjournalist erklä- in dieser Saison. , der Trainer, ren Sie uns den Fußball. Also wollten Sie doch bestimmt Sportjournalist werden. hatte zu Beginn der Saison noch keine feste Ich? Nein, nie. Position und musste sich die Autorität erst ver- Herr Pütz! schaffen und erkämpfen. Das hat er offenbar Nein, wirklich nicht. Dafür habe ich kein Talent. Man muss früh seine Schwächen erkennen, gut beherrscht. Ich bin ja auch Soziologe, da das erspart unnötige Anstrengungen.

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rrund0307_096_101_jeanpue.inddund0307_096_101_jeanpue.indd 9999 008.02.20078.02.2007 20:52:2720:52:27 UhrUhr „Der Kopf ist ein wichtiges Körperteil“: Jean Pütz passt auf

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Gründen. Hier, schauen Sie sich mal meine Visitenkarte an, da stehen die Gründe: Erstens: Et es, wie et es. Zweitens: Et kütt, wie et kütt. Drittens: Et hätt noch immer jot jejange. Vier- tens: Jeder Jeck es anders. Fünftens: Der eine sät su, der andere sät su. Sechstens: Watt fott es, es fott. Siebtens: Drink doch eine met. Köln ist eben echtes Multikulti. Es würde beim FC kaum passieren, dass sie jemanden als Neger beschimpfen. Das heißt: Ich will hoffen, dass es auch in Köln so nicht so möglich ist. Was Sie alles im 1. FC Köln erblicken, das hätten wir nicht gedacht. „ICH BIN FC-KÖLN-FAN, Ja, der FC ist nicht von der Stadt abgeschottet. Man sieht die Spieler auch beim Karneval, ob- wohl das zum Beginn der Karnevalssession für den FC ein Handicap ist. Aber der Karneval ist WEIL ICH SOLIDARISCH für mich auch wichtig. Mein Vater war zum Beispiel 1937 Jungfrau im Dreigestirn, die letzte BIN MIT VERLIERERN“ männliche Jungfrau vor dem Krieg. Danach haben die Nazis Männer in Frauenkleidung ver- boten. Leider hat das in Köln mächtige Festkomitee mitgemacht, und zwar aus purem Oppor- tunismus. Mein Vater hat sehr unter den Nazis gelitten, meine Mutter als Luxemburgerin sogar noch mehr. Das war der Grund, warum ich in Luxemburg aufgewachsen bin. Daher beherr- sche ich beide Dialekte perfekt, so dass die Luxemburger mich für einen Luxemburger halten, die Kölner für einen Kölschen. Übrigens, mein Luxemburger Großvater hat mit Freunden den Karnevalsumzug, die Kavalkade, nach Remich an der Mosel gebracht. Und zwar witzigerwei- se während der Fastenzeit. Da geht heute noch ein großer Zug am zweiten Sonntag vor Os- tern, dem Sonntag Lätare. Sie sind ja wie der FC: Wir wollen über Fußball reden, und Sie schwärmen vom Karneval! Der FC gehört halt zu Köln, wie der Karneval zu Köln gehört. Da ist ja auch klar, dass die Schwierigkeiten mit dieser extrem brutalen Form von Profi fußball haben, die immer nur nach Gab es nicht wenigstens mal den Traum, Weltgeltung schielt. Ich bin ja auch deswegen ein FC-Anhänger, weil ich Leute schätze, die Sportreporter zu werden? sich nicht nach vorne drängen. Ich bin solidarisch mit Verlierern. Man muss als FC-Köln-Fan Nein. Ich bin darin eher Realist. Als 13-, 14- sowieso leidensfähig sein. Jähriger wollte ich zunächst Handwerker wer- Ein schöner Zeitpunkt, Sie um einen Kommentar zu zu bitten. den. Wurde ich dann auch: Elektromechani- Wir haben eben schon vom Karneval gesprochen. Kreativität entsteht doch nur in einem ge- ker. Dann dachte ich an Ingenieur, auch das wissen genialen Chaos. Und das trifft auch auf Daum zu. Man hat bei Daum auf den psycho- hat geklappt. Nach meinem externen Abitur logischen Effekt gehofft. Vielleicht ist er ja ein Messias, aber hoffentlich stellt er sich nicht als wagte ich dann den Traum, Journalist zu wer- Mogelpackung, als Placebo heraus. den. Allerdings erfüllte sich der erst nach vie- Außerhalb von Köln wird das alles nicht so ganz verstanden. Da sieht man vor allem den Filz len Umwegen und langem Studium mit viel des Kölschen Klüngel. Glück. Und weil ich eben immer alles selbst Na! Filz und Klüngel muss man unterscheiden. Unter Klüngel verstehe ich etwas Positives. machen wollte und selbst gemacht habe, kam Man kennt sich, man hilft sich, ein Geben und Nehmen. Ich lasse nicht zu, dass das Wort Klün- ich dann auf die Idee zur „Hobbythek“. gel verhunzt wird. Aber alles andere halte ich für kriminell. Es ist eine Frage der Defi nition. Kennen Sie viele Fußballer persönlich? Der Duden sagt: Klüngel steht abwertend für „Gruppe, die Vetternwirtschaft betreibt“. Den Heiko Herrlich von Borussia Dortmund In Köln ist der Begriff nicht negativ besetzt. Vor allem darf Köln mit dem Begriff nicht ver- habe ich mal näher kennen lernen dürfen. Er unglimpft werden, negative Auswirkungen gibt es überall. trainiert ja jetzt die Jugend dort. Herrlich ist ein sehr sensibler Mensch, und ich glaube, der RUND IM NETZ Fußball hat ihn ziemlich stark beeinfl usst – Mehr von und über Jean Pütz lesen Sie unter www.rund-magazin.de nicht nur im Positiven. Sehen Sie einen Zusammenhang zu seiner Erkrankung? Er hatte ja einen Hirntumor. Möglicherweise hat es etwas damit zu tun, dass er ein sehr sensibler Mensch ist. Sensible Menschen bekommen viel öfter Krebs als Hau- degen. Das weiß man. Als Fußballer braucht JEAN PÜTZ man eine dicke Haut. wurde am 21. September 1936 in Köln geboren. Als Sohn einer Luxemburgerin und eines Deutschen wuchs er wäh- Herrlich, Metzelder - Sie loben ja nur Spieler rend der NS-Zeit in Luxemburg auf, wo er eine Lehre zum Elektromechaniker absolvierte. In Köln studierte er Ingenieur- wesen, später auch Physik, Mathematik und Chemie auf Lehramt. In den 60er-Jahren gründete er in Köln den „Republi- von Dortmund. Dabei sind Sie doch Kölner! kanischen Club“ und studierte noch Soziologie und Volkswirtschaft. 1970 fi ng er beim WDR an, wo er die Redaktion Mein Herz gehört natürlich dem FC. Köln Naturwissenschaft aufbaute. 1974 wurde erstmals die „Hobbythek“ ausgestrahlt – eine Sendung, in der man lernte, Bier zu brauen oder Kosmetik selbst herzustellen. Parallel zum Fernseherfolg wurde Pütz Bestsellerautor: Mit 80 Bü- ist die wunderbarste Stadt, die man sich vor- chern und einer Gesamtaufl age von sechs Millionen Exemplaren. Im Oktober 2001 wurde er vom WDR in Rente ge- stellen kann, und zwar aus ganz konkreten schickt und ist (nicht erst seitdem) ein gefragter Wissenschaftsjournalist. www.jean-puetz.net

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Rostocks Soulstimme

ZAFER YELEN vom FC Hansa Rostock singt seit seiner Kindheit. In seiner Heimatstadt Berlin hat der Mittelfeldspieler schon die ein oder andere Karaoke-Bar besucht. Am SWDS- Mikrofon von RUND überraschte er alle INTERVIEW STEFFEN DOBBERT, FOTOS MARTIN KUNZE

„Bin Fußballer und singe nur für mich“: Rostocks Zafer Yelen

Herr Yelen, haben Sie sich schon bei „Deutschland sucht den Die Songauswahl unserer Karaoke-Maschine hat Ihnen nicht so Superstar“ beworben? zugesagt. Was hört man in Rostock? ZAFER YELEN Nein, das mache ich nicht. Ich bin Fußballer und sin- Ich bin nicht so der Partygänger. In Rostock war ich erst einmal abends ge nur für mich. Die Mannschaft hat mich auch schon auf die Idee ge- unterwegs. Ich höre am liebsten R’n’B, Soul und HipHop. bracht. Die haben einen Zeitungsartikel von einem Teilnehmer aus- Zum Beispiel? geschnitten, ein Foto von mir darüber geklebt und an meinen Spind „Burn“ von Usher ist ein Lieblingslied von mir. Auch die Texte und geheftet. Aber keine Chance, das mache ich nicht. Lieder von Xavier Naidoo fi nde ich super. Dann verschenken Sie Ihr Talent, oder wo singen Sie sonst? Unter der Dusche, in der Kabine, unter Freunden, überall. Halt im- Hören Sie Zafer Yelen singen auf www.rund-magazin.de mer, wenn es gerade passt. Bei der Weihnachtsfeier der Mannschaft

habe ich für meinen guten Freund Dexter Langen ein kleines Ständ- Bewertung: Bisher lebten die SWDS-Aufnahmen immer mehr vom Humor chen gesungen. Freunde von mir haben ein Label in Berlin. Manch- der singenden Kicker als von deren Gesangsqualitäten. Fußballer sind Fußballer, mal schicken sie mir Instrumentals, dann schreibe ich zu Hause auf Sänger sind Sänger. Bei Zafer Yelen war alles anders. Erst schaute sich der 20-jährige Rostocker die 60 Songs des Karaoke-Geräts an, dann versuchte er es meiner Couch die Texte und singe dazu. mit Liedern von Pink und Laith Al-Deen – das klang schon gut –, schließlich zog Vor kurzem wurden Sie zur U21-Nationalmannschaft der Türkei er den Stecker aus der Maschine: „Die Lieder kenne ich alle nicht gut genug.“ Ohne Musik und mit viel Gefühl legte Yelen a cappella los. Seine Darbietung von eingeladen, sind in Deutschland geboren und aufgewachsen. Singen Sie Ushers „Burn“ und Michael Jacksons „Happy Birthday“ ließ alle im Raum am liebsten auf Deutsch, Türkisch oder Englisch? verstummen. Wenn die Karriere als offensiver Mittelfeldspieler scheitert, sollte Ich besitze die türkische Staatsbürgerschaft, weil meine Eltern Tür- es sich der schüchterne Yelen mit dem „Deutschland sucht den Superstar“- Casting noch einmal überlegen. Nicht nur Die ter Bohlen würde sich freuen. ken sind. Fußball würde ich aber genauso gerne für die deutsche Na- tionalmannschaft spielen. Wenn ich singe, dann tue ich das meist auf Deutsch oder Englisch. LEGENDE Superstar Heißdüse Ersatzbank

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Seine neue Autogrammkarte: Zafer Yelen wechselt den Beruf

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„Ich habe überlebt“

CASS PENNANT gehörte zu den führenden Köpfen der berüchtigten Hooligan- Gruppierung Inter City Firm von West Ham United. Heute ist der 48-Jährige ein Bestsellerautor, der über Hooligans schreibt. Und ein Literatur-Popstar, der gegen Klischees kämpft

INTERVIEW CARSTEN GERMANN, FOTO DOMINIK GIGLER „Ich habe mich verändert“: Cass Pennant schreibt seine Bücher aus der Sicht eines Grenzgängers

Mister Pennant, wann haben Sie sich zum letzten Mal so richtig in einem Fußballstadion mit anderen Fans geprügelt? CASS PENNANT In den 80ern, während meiner Aktivitäten in der Inter City Firm von West Ham United, kurz ICF. Aber heute bin ich nicht mehr dabei. Es war eine Erfahrung auf höchs- ter Ebene, aber ich habe mich verändert. Inwiefern? Ich schreibe heute meine Bücher aus der Sicht eines Grenzgängers. Ich habe eine Ära er- und überlebt. Gewalt gibt es für mich nur noch in meinen Büchern. Beschreiben Sie doch ein wenig die ICF. Wie viele Leute gehörten dazu? Zwischen 500 und 800. Bei den Londoner Derbys waren mitunter Tausende gewaltbereite West-Ham-Fans dabei. Die Gruppe selbst war organisiert wie eine Firma. Mit klaren Führungs-

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„ICH WAR DER ERSTE FAN IN GROSSBRITANNIEN, DER WEGEN GEWALT BEIM FUSSBALL INS strukturen, aber ohne Mitgliederliste. Das Lon- doner East End war damals überschaubar. Man GEFÄNGNIS MUSSTE. ICH SASS DREI JAHRE“ erkannte einfach, wer dazu gehörte und wer nicht. Eingeschleuste Undercover-Agenten hat- ten keine Chance. Was war Ihre Funktion? Ich bin 1972 zur ICF gekommen und schnell in den inneren Führungskreis vorgestoßen. Bei einem Spiel bei Sheffi eld United an der Bra- mall Lane warfen sie 1975 mit Backsteinen nach uns, jagten uns durch die Stadt zum Bahnhof. Ich habe dabei einer Menge Leute aus ernsten Schwierigkeiten geholfen und war von da an mittendrin. Außerdem organisierte ich Fahrten und habe über zehn Jahre lang an vorderster Front gekämpft. zwei Schwerverletzte gab, verhaftet und war der erste Fan in Großbritannien, der wegen Ge- Wie beeinfl ussten Hooligans den Fußballall- walt beim Fußball verurteilt wurde. Insgesamt habe ich drei Jahre im Gefängnis verbracht. tag in England? Die Verurteilung eine Hooligans muss damals in der britischen Öffentlichkeit mächtig viel Es wurde Woche für Woche um die Vorherr- Staub aufgewirbelt haben. schaft in der Szene gekämpft. Überall. In den Wir waren für die Öffentlichkeit wie eine Plage. Abschaum, der die Schlagzeilen schneller Stadien, in Pubs, auf Bahnhöfen, Parkplätzen machte, als die Zeitungen sie drucken konnten. Der Old Bailey Central Criminal Court in Lon- oder Autobahnraststätten. Wir, die ICF, waren don hat sich normalerweise mit Mördern befasst. Mich haben sie wie einen Verbrecher be- lange die Nummer eins, weil wir physisch die handelt, weil sie gedacht haben, Fußball-Hooligans sind sehr gefährliche Leute. Sie dachten, Besten waren. Dabei kam es zu echten Schlach- wir wären eine Horde Skinheads oder Rassisten. Kurzum, alle Stereotypen wurden benutzt, ten. Die ICF hat die Leute aus Manchester im aber alle waren falsch. Stadion Upton Park zunächst von den Tribü- Was waren die Besonderheiten der britischen Firm-Szene? nen geprügelt und dann bis zum Bahnhof Eus- Hooligans in Großbritannien sind nicht politisch motiviert. Sie waren und sind eine homo- ton gejagt. Auch ein Großaufgebot der Polizei gene, in sich geschlossene Gruppe. Politische Organisationen hatten kaum Einfl uss. Ihre größ- konnte uns nicht aufhalten. Unsere schlimms- te Zeit hatte die Szene in den 80er-Jahren. ten Feinde in der Szene aber waren die Bush- Wie steht es heute um die Szene? whackers vom FC Millwall. Die haben 1985 in Die ICF feierte 2001 in Manchester und 2006 in Palermo ein Wiedersehen. Ohne Gewalt. Luton nicht nur den kompletten Gästeblock, Davor war sie über ein Jahrzehnt nicht aktiv gewesen. Leute, die sich seit den 90er-Jahren nicht sondern auch das Stadion, eine angrenzende mehr gesehen hatten, machten eine Reise in die Vergangenheit. Für die totgesagte Firm-Sze- Reihenhaussiedlung und etliche Eisenbahn- ne war das ein massives Symbol, denn die Firms sind heute keine große Sache mehr. Heute waggons zertrümmert. Die Schlachten zwi- gehört viel Geheimhaltung dazu, denn die Gesetze haben sich geändert. Es wird härter durch- schen der ICF und Millwall gelten in der Sze- gegriffen. Außerdem geht heute eher die Mittelschicht zum Fußball. Die Leute sind gebildeter ne bis heute als legendär. und haben nicht mehr viel mit der Arbeiterklasse zu tun. Es ist eine Subkultur geworden, wie Was war der Grund für diese extreme Rivali- es sie mit den Mods, den Punks oder den Skinheads in Großbritannien zuhauf gibt. tät unter den Fangruppen? Klingt wie ein melancholischer Rückblick auf eine vergangene Ära, denn mittlerweile fi nden Es ging darum, sich den Ruf der härtesten sich über 50 Bücher von ehemaligen Hooligans auf dem britischen Markt... Firm in London zu sichern. Wir haben Mill- Es sind sogar mehr als 120. wall auf der Rückfahrt von einem Auswärts- Warum kaufen die Leute diese Bücher? spiel in Leyton Orient sogar auf den Bahngleisen Es geht darin um echte Personen und echtes Leben. Die normalen Leute kaufen die Bücher von Whitechapel, im Osten Londons, aufge- – nicht die Hooligans! Was wollen die schon über sich selbst lesen? Nichts! Die kennen die lauert. In den späten 70ern haben wir uns im Szene ganz genau. Aber die normalen Leute eben nicht. Sie gehen in den Buchladen und kau- Stadion The Den von Millwall dann am Ran- fen diese Titel, weil sie sich selber ein Urteil bilden möchten. Sie können dadurch ein Teil der de eines Freundschaftsspiels einen hasserfüll- Vergangenheit werden. ten Kampf geliefert. Ich wurde dabei von der Haben Sie je bereut, was Sie getan haben? Polizei aufgegriffen. Als ich 1985 die Bilder aus dem Heyselstadion in Brüssel im Fernsehen sah, habe ich Bedau- Gab es Konsequenzen? ern gefühlt. Bei den Sachen, in die ich verwickelt war, jedoch nie. Du kannst nicht immer mit Wenig später, ja. Ich wurde 1976 im Anschluss Bedauern zurückblicken, sondern musst Dich verändern. Es macht mich heute stolz, aus den an eine Schlägerei in Tottenham, bei der es richtigen Gründen Schlagzeilen zu machen, als Autor und Hooligan-Forscher.

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rrund0307_104_105_Pennantund0307_104_105_Pennant 105105 008.02.20078.02.2007 21:01:0021:01:00 UhrUhr SPIELKULTUR Hymne der Fans WALK ON, WALK ON

Wussten Sie, dass „You’ll Never Walk Alone“ vom Broadway in die Stadien kam? Die Geschichte eines Liedes, das wie kein zweites die Stimmungen eines Fußballfans beschreibt und doch so gar nichts mit Sport zu tun hat

VON MALTE OBERSCHELP, FOTOS EMPICS, IMAGO, PIXATHLON, MCA RECORDS, PICTURE-ALLIANCE, WITTERS, TWENTIETH CENTURY FOX / ILLUSTRATION SONJA KÖRDEL

In Deutschland haben sie am Hamburger Millerntor damit angefan- zweimal auf: direkt nach Billys Tod und im groß angelegten Finale. gen, und auch heute noch singen sie dort am lautesten. Egal, ob der Die Story basierte auf dem ungarischen Theaterstück „Liliom“ von FC St. Pauli in der Bundesliga oder der spielt, ob er hoff- Ferenc Molnár, das 1930 von US-Regisseur Frank Borzage und 1934 nungslos zurückliegt oder haushoch führt, gegen Ende des Spiels stim- von Fritz Lang verfi lmt wurde. Dessen Version kam ein Jahr später men die Fans das Lied „You’ll Never Walk Alone“ an. Überzeugt, ma- ebenfalls in die amerikanischen Kinos, nachdem der deutsche Filme- jestätisch, von Herzen. Auch wenn das ein wenig paradox ist. macher in die USA emigrierte. Komponist Rodgers und Texter Ham- „You’ll Never Walk Alone“ – das begannen Ende der 80er-Jahre die merstein, die Molnár während der Proben in New York begegneten, Fans zu singen, die im stadionnahen Schanzenviertel den Bau eines verlegten die „Liliom“-Handlung aus dem Budapest des Jahres 1909 neuen Musicaltheaters verhinderten, weil sie „Kommerzkultur“ in ih- an die Küste von Maine und verpassten dem sozialkritischen Drama rem Stadtteil ablehnten. Jene, die nach dem Abpfi ff mitleidig auf die ein hoffnungsvolles Ende. „Carousel“ war ein großer Erfolg und lief in Busladungen voller Touristen herabschauten, die zur „Cats“-Vorstel- New York über zwei Jahre lang vor ausverkauftem Haus. lung ins Operettenhaus auf der Reeperbahn strömten. Dabei stammt das Lieblingslied der Fans selbst aus einem Musical, direkt aus dem „Carousel“ und „The Sound of Music“ – die klassische Musik Herzen der US-Unterhaltungsindustrie: „You’ll Never Walk Alone“ kommt aus der Feder von Richard Rodgers und Oscar Hammerstein, eines Staates, der gegründet wurde, als Mozart 20 Jahre war den erfolgreichsten Musical-Autoren der 40er- und 50er-Jahre. Ein junger Mann, wie er auf dem Jahrmarkt zum Mitreisen gesucht Rodgers und Hammerstein, beide aus großbürgerlich-jüdischen New wird, verliebt sich in eine junge Frau, sie erwartet ein Kind. Der jun- Yorker Elternhäusern, waren jeder für sich bereits bekannte Musical- ge Mann lässt sich zu einem Raubüberfall verleiten, weil er seine Ar- Autoren, als ihre Zusammenarbeit 1943 begann, weil sich Rodgers’ bis- beit auf dem Karussell verloren hat. Auf der Flucht bringt er sich vor heriger Librettist Lorenz Hart – ein Sohn Hamburger Einwanderer – der Verhaftung selbst um. Aus dem Himmel schaut er zu, wie die an- zu Tode getrunken hatte. Gleich das erste Projekt „Oklahoma!“ war deren Kinder seine Tochter hänseln, und bekommt die Erlaubnis, für ein Welterfolg. Bis zu Hammersteins Tod 1960 folgten außer „Carou- einen Tag zurückzukehren. Er erscheint zu ihrer Schulabschlussfeier, sel“ noch die Musicals „The King and I“, „South Pacifi c“ und „The Sound und die ganze Klasse verspricht, dass seine Tochter Louise ihren Le- of Music“ – die klassische Musik eines Staates, der gegründet wurde, bensweg niemals allein gehen wird. als Mozart 20 Jahre alt war. Von dieser tragischen Liebesgeschichte von Billy Bigelow und Julie 1956 kam „Carousel“ ins Kino. Verglichen mit den anderen Rodgers/ Jordan handelt das Musical „Carousel“, das am 19. April 1945 am Broad- Hammerstein-Verfi lmungen fl oppte der Streifen, weil die Amerikaner way Premiere hatte. „You’ll Never Walk Alone“ taucht darin gleich die Story zu negativ fanden. Besonders die Szene, in der ein Ehestreit

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Stationen einer Hymne: Ferenc Molnár (links und Mitte), Richard Rodgers und Oscar Hammerstein bei Radio und TV, Musical-Soundtrack und Film-DVD, Julie-Jordan-Darstellerin Shirley Jones (unten), Tor zum Vereinsgelände des FC Liverpool (oben)

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Stationen einer Hymne II: Interpreten Frank Sinatra und Elvis Presley (oben links), Gerry & The Pacemakers (Mitte links), Pink Floyd (Mitte rechts), Wappen des FC Liverpool, Trauerbekundungen nach den Stadionkatastrophen von Bradford und Hillsborough (oben rechts), St.-Pauli-Fans, Interpret Bela B. (unten rechts)

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mit einer Ohrfeige Billys endet, kam nicht besonders gut an. Daran konnten auch knallbunte Tanzeinlagen oberkörperfreier Matrosen und die rührende – mit heutigen Augen: kitschige – Szene nichts ändern, in der Cousine Nettie die völlig aufgelöste Julie am Leichnam ihres Mannes mit „You’ll Never Walk Alone“ tröstet. Der Soundtrack der Verfi lmung dagegen war ein landesweiter Hit und machte den Song so bekannt, dass sich allmählich die amerikanischen Pop- und Jazz- Später bescherte „You’ll Never Walk Alone“ Gerry Marsden ein Come- musiker für ihn zu interessieren begannen. back. Als 1985 beim Brand einer Tribüne im Stadion des FC Bradford Den Sprung nach Europa aber schaffte „You’ll Never Walk Alone“ 56 Menschen ums Leben kamen, nahm er den Song erneut auf und erst durch einen Beatmusiker aus Liverpool. Gerry Marsden hatte En- schaffte es mit der Benefi z-Single erneut an die Spitze der Charts. Vier de der 50er-Jahre die Formation Gerry & the Pacemakers gegründet. Jahre später, nach der Katastrophe von Hillsborough, als bei einem Damals konkurrierte er in der Liverpooler Merseybeat-Szene noch mit Spiel des FC Liverpool gegen Nottingham Forest 96 Menschen getö- den Beatles um die Vorherrschaft. Wie die späteren Fab Four wurden tet wurden, dirigierte Marsden die Zuschauer beim Pokalfi nale in die Pacemakers von Brian Epstein gemanagt, von George Martin pro- Wembley als Trauerchor. Um diese Zeit beschloss der FC Liverpool, duziert und tourten regelmäßig in den Hamburger Clubs auf St. Pau- den Songtitel in sein Vereinswappen zu integrieren, schließlich wa- li. Ihr Repertoire war etwas weniger rockig als das der Beatles, wes- ren die meisten der Opfer Fans des Klubs gewesen. Das Lied wurde so halb Marsden 1963 für die dritte Pacemakers-Single „You’ll Never Walk synonym mit der verarmten Hafenstadt, dass die Gästefans der Lon- Alone“ als A-Seite auswählte. doner Klubs an der Anfi eld Road mit der Persifl age „You’ll never fi nd a Job“ antworteten. Für Gerry Marsden blieb die Komposition eine Le- 1963 schafften es Gerry & The Pacemakers mit dem fast 20 bensversicherung: Seine 1993 veröffentlichte Autobiografi e nannte er „I’ll Never Walk Alone“. Jahre alten „You‘ll Never Walk Alone“ an die Spitze der Charts Zu dieser Zeit war „You’ll Never Walk Alone“ längst in Deutschland angekommen. Die anglophilen St.-Paulianer begannen mit dem Ritu- Der geniale Arrangeur George Martin wandelte das üppig orchestrier- al, und ihr damaliges Renommee als Benimmschule für politisch kor- te Original in eine schlichte Ballade um: nur mit Bass, Piano, Schlag- rekte, ironische und kommerzkritische Fußballfans sorgte für eine zeug, Streichern und einem Hauch Rock’n’Roll-Kopfstimme – eine Co- schnelle Verbreitung. Zu einer Zeit, in der über Sitzplätze und VIP- verversion, die den Song für junge Hörer zugänglich machte und bis Logen diskutiert wurde, schien der Song ein perfektes Statement der heute großartig klingt. Am 10. Oktober 1963 schaffte es die Band mit Basis zu sein: die Hymne der „Reclaim the Game“-Bewegung, die sich dem fast 20 Jahre alten „You’ll Never Walk Alone“ an die Spitze der das Spiel von den Geschäftemachern zurückholen wollte. englischen Hitparade. An diesem Punkt nahm die Geschichte des Songs „You’ll Never Walk Alone“ sollte zeigen, dass Fußballfans anders die entscheidende Wendung: Denn wer in den Charts ganz oben stand, funktionieren als passive Konsumenten im Theater – und barg in sei- wurde auch im Stadion des FC Liverpool gespielt. ner verschütteten Broadway-Vergangenheit doch den Hinweis, dass Was als himmlische Lebenshilfe für eine Halbwaise gedacht war, traf auch der Sport nur eine Bühne ist. Das wurde spätestens klar, als die den Nerv der Fans mit der Präzision eines Freistoßes in den Winkel. Sat.1-Sendung „Ran“ ihn im Hintergrund fast jeder Anmoderation aus Zu Beginn die Momente von Zuspruch – „When you walk through a den Stadien einblendete. Heute ist der Song längst Teil der Inszenie- storm, hold your head up high“ – und Zuversicht – „At the end of a rung Bundesliga geworden. Dazu haben selbst diverse Punkrock-Ad- storm, there’s a golden sky“ –, die höher und höher sich schraubende aptionen wie etwa die der Hamburger Lokalmatadoren Rubbermaids Dramatik der Melodie, schließlich der Refrain – war das nicht genau beigetragen, die die fein austarierte Komposition in Bierzeltmusik für das, was den Fußball ausmacht? Den triumphalen Heimsieg nach 0:2- linke Fußballfans verwandelten. Dabei ist in Strophe zwei vom silber- Rückstand? Die lebenslange Bindung an den Verein? Die Fans an der süßen Gesang einer Lerche die Rede – der Moment, in dem George Anfi eld Road sangen mit, und als ihr Klub 1964 zum ersten Mal seit Martin einst die Geigen einsetzen ließ. 17 Jahren wieder Meister wurde, hörten sie nicht wieder auf. Fortan führte der Song diesseits und jenseits des Atlantiks eine Par- Könnte Rodgers heute ein Stadion besuchen, er wäre verblüfft allelexistenz. In den Vereinigten Staaten war „You’ll Never Walk Alo- ne“ ein Klassiker. Die Liste der Interpreten ist lang und prominent: Louis Armstrong, Elvis Presley, Shirley Bassey, Ray Charles, Doris Day, „,You’ll Never Walk Alone‘ ist so etwas wie eine allgemein akzep- Aretha Franklin, Frank Sinatra, Nina Simone, Barbra Streisand und tierte Hymne geworden“, schrieb Richard Rodgers 1975 in seiner Au- Johnny Cash haben den Song zum Standard gemacht. Außerdem singt tobiografi e „Musical Stages“, vier Jahre vor seinem Tod. Der Begriff ihn der Komiker Jerry Lewis regelmäßig während einer TV-Spenden- Fußball taucht darin nicht ein einziges Mal auf. Könnte Rodgers, der gala, die jedes Jahr einige Millionen Dollar für Muskeldystrophie-Pa- wie jedes Kind in New York baseballbegeistert war und als Erwachse- tienten einbringt. Währenddessen taten es in England Woche für Wo- ner am liebsten Tennis spielte, heute ein Fußballstadion besuchen, er che Fußballfans den US-Stars gleich. Als Pink Floyd 1971 ihr Album wäre verblüfft. Mindestens so verblüfft wie im Sommer 2002 die deut- „Meddle“ aufnahmen, war der Stadiongesang schon so sehr nationales schen Fernsehzuschauer während der WM in Japan und Südkorea: Da Kulturgut geworden, dass die Musiker eine Aufnahme der singenden gaben die Fans in Seoul und Busan Ludwig van Beethovens „Ode an Liverpooler Fans als Sample in das Stück „Fearless“ einbauten. die Freude“ zum Besten.

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IM RUND-BÜCHERREGAL Toni Polster war nicht nur für seine Tore berühmt, sondern mehr noch für die unnachahmliche Art, wie er hinterher darüber redete. Seine besten Sprüche stehen

natürlich auch in der Biografi e des sympathischen Selbstdarstellers FOTOS KLEEFELD

LEGENDE Meister UI-Cup Platz 15

20 DOSEN BIER VON DER TANKE

Herrlich willkürlich ist die Abfolge der 90 botene Frühstückseier im Trainingslager, Pols- Stärke des Stürmers war. Der Aktionsradius Kapitel, die angeblich den Minuten eines Fuß- ter bricht einen Zehnmetersprint nach vier des bekennenden Stehgeigers ist es ja bekannt- ballspiels nachempfunden, aber keinerlei Chro- Metern ab und grinst Trainerlegende Ernst lich nicht gewesen. HOLGER HEITMANN nologie unterworfen sind. Und herrlich ehrlich Happel ins Gesicht: „Oh, heute bin ich aber Achim Schneyder Polster. Ein Leben in schreibt Toni Polsters Biograf Achim Schney- wieder spritzig.“ Alte Wegbegleiter wie Nati- 90 Minuten Egon Theiner Verlag der gleich zu Beginn seines Buches, welche onalmannschaftskollege Toni Pfeffer foppen 280 Seiten 24,20 € Ehre es für ihn sei, an des Tonis Tisch die „fa- Polster ihrerseits. Zum Beispiel damit, dass der mosen gebackenen Apfelspalten“ von Polsters als geizig verschriene Großverdiener 20 Do- Exfrau speisen zu dürfen. Vielleicht deshalb sen Bier von der Tanke geholt haben soll, als plätschert die erste Halbzeit des Buchs etwas er den Kollegen mal so richtig einen ausgeben dahin. Polster darf immer wieder seine Karrie- wollte. Solch gern erzählte Schnurren voller re mit dem eindimensionalen Mantra beschrei- Schmäh sind vielleicht Klischee, aber neben ben, dass er immer „felsenfest“ von sich über- Toren natürlich Tonis Spezialität. zeugt gewesen sei. Und mit all den „geistigen In den Schlussminuten bilden Biografi e und Nichtschwimmern“ und „verzichtbaren Trai- der Biografi erte dann auf unfreiwillige Weise nertypen“, die nicht so überzeugt waren, rech- eine Einheit, wenn von Polster als mittlerwei- net er im Buch unwidersprochen und zugege- le ergrautem Werbestar die Rede ist und im benermaßen unterhaltsam ab. Buch prompt zwei Werbeanzeigen auftauchen. Erst in der zweiten Hälfte des Buches nimmt Was bleibt ist der Verdacht, dass eine gewisse die Begegnung mit dem österreichischen Ex- Arroganz des „kleinen Ego-Schweinchens“ – Kölner Fahrt auf. Polster ergaunert sich ver- so Polster-Freund Andi Herzog – die größte

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DER MANN, DER IMMER dribbelnde Ballartisten etwa während der Han- RECHT BEHALTEN WOLLTE Dynastie (25 bis 220 n. Chr.) genossen. Der Die holländischen Journalisten Frits Barend Kunsthistoriker und Ostasienexperte Helmut und Henk van Dorp kennen Johan Cruijff – Brinker vermutet, dass sogar eine Meister- wie er in Holland geschrieben wird – seit sei- schaft, die „Bunte-Wolken-Liga“, in großräu- ner Zeit als junger Spieler. Im Buch „Ajax, Bar- migen Arenen ausgespielt wurde. Erst der be- celona, Cruijff“ haben sie Texte über ihn und wegungsfeindliche Konfuzianismus unter der Interviews mit ihm aus den Jahren 1974 bis Qing-Dynastie (1644 bis 1912) hat den Fußball 1997 versammelt. Der Ausnahmespieler und ins gesellschaftliche Abseits gestellt. Wer weiß, -trainer kann den totalen Fußball der Elftal so mit welchen chinesischen Herausforderern die erklären, dass ihn jeder versteht, aber man be- Abramowitsch-Dynastie sich heute sonst her- greift auch, warum er zu Hause umstritten war: umschlagen müsste? JÖRG SPÄTER Weil Cruijff im sportlichen Bereich keine Kom- Helmut Brinker Laozi fl ankt, Konfuzius dribbelt. promisse duldete, immer recht behalten woll- China scheinbar abseits: Vom Fußball und seiner te (was ihm meistens gelang) und nie ein Blatt heimlichen Wiege Peter Lang Verlag 180 Seiten vor den Mund nahm, eckte er an. Doch selten Als Jude muss er 1939 untertauchen, worüber 37,20 € Guttmann nie sprach. Nach 1945 widmete er sich wieder dem Fußball. „Weltgeschichte des INDIVIDUALISTEN UND Fußballs in einer Person“ hat Claussen sein EXZENTRIKER Buch im Untertitel genannt. Dabei gelingt es Obwohl die Thematik – Migration von Fuß- ihm, das 20. Jahrhundert – auch die Bedeu- ballern aus Exjugoslawien zu den Grazer Ver- tung, die der Holocaust darin einnimmt – in einen Sturm und AK – sehr speziell ist, liefert der Lebensgeschichte eines der bedeutends- ten Trainer darzustellen. Zu schreiben, Claus- sens Buch sei großartig, wäre untertrieben. MARTIN KRAUSS Detlev Claussen Béla Guttmann. Weltgeschichte des Fußballs in einer Person Berenberg Verlag 144 Seiten 19 €

DIE CHINESISCHE WIEGE DES FUSSBALLS hat ein Buch – gerade in den teils atemberau- Hinter dem albernen Titel „Laozi fl ankt, Kon- benden Interviews – so viele kluge Worte zum fuzius dribbelt“ versteckt sich ein kleines und Thema Fußball enthalten. Einziges Handicap: feines Buch über die heimliche Wiege des Fuß- Man muss mit dem Weg vieler holländischer Spieler ein wenig vertraut sein, um alle Nu- ancen zu verstehen. MALTE OBERSCHELP Frits Barend, Henk van Dorp Wolfgang Kühnelt in „Die Legionäre aus dem Ajax, Barcelona, Cruijff. Das ABC eines Süden“ ein formidables Konglomerat aus Fak- eigensinnigen Maestros Bombus Verlag ten und reichert dies mit Kurzinterviews sei- 288 Seiten 19,90 € ner „Traumelf“ an. Kühnelt verdeutlicht, dass die beliebten Legionäre mehr als nur eine fuß- BUDAPEST, WIEN, ballerische Bereicherung waren. Neben Trick- NEW YORK, LISSABON reichtum am Ball oder auf der Bank, glänzten Bekannt wurde Béla Guttmann vor allem als Spieler wie Ivica Vasti´c oder Trainer wie Oto Trainer: Zweimal gewann er mit Benfi ca Lissa- Bari´c auch als Individualisten und Exzentri- bon den Europapokal der Landesmeister. Doch ker. Der Autor komplettiert seine Recherche der Soziologe Detlev Claussen zeigt das ganze mit einer Aufl istung sämtlicher Spieler und Leben dieses großen Fußballers und Trainers. Trainer beider Klubs. Das Mischungsverhält- Geboren 1899 in Budapest, spielte er zunächst nis zwischen trockenen Fakten und feinen An- bei MTK Budapest, später beim jüdi schen Spit- balls. Die stand nicht in England, sondern in ekdoten ist gewiss gelungen. SEBASTIAN KOCH zenklub Hakoah Wien. Als 27-Jähriger wech- China. Möglicherweise traten hier bereits wäh- Wolfgang Kühnelt Legionäre aus dem Süden. selte er zu den New York Giants nach Amerika rend des 13./12. Jahrhunderts v. Chr. Spieler Slowenische, kroatische, serbische und bosnische und wurde nach Ende seiner aktiven Laufbahn mit Füßen gegen einen Ball. Zahlreiche Ab- Fußballer bei GAK und Sturm Graz Kulturverein Trainer in Wien, in Enschede und in Budapest. bildungen belegen, welch hohen Stellenwert für Steiermark 230 Seiten 20 €

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DAS KLEINE DERBY IST DAS IN UNVERFÄLSCHTEM EINZIG WAHRE AACHENER PLATT Wann immer es für die Aachener Alemannia in den letzten Jahrzehnten sportlich nicht so lief – und das war oft –, erinnerten sich selbst IM RUND-KINO die Fans, die sie nicht miterlebt hatten, weh- Alemannia Aachen ist mütig an bessere Zeiten. Die dauerten von 1967 bis 1970. Die Schwarz-Gelben hatten ziemlich wieder oben und blickt mühselig den Aufstieg in die Bundesliga ge- zurück. Vienna Wien will packt und wurden im zweiten Jahr Vizemeis- ter. In der folgenden Saison stiegen sie ab – wieder nach oben und vorausgegangen waren mannschaftsinterne schaut nach vorne. Zwei Zerwürfnisse, personelle Fehlentscheidungen und Machtkämpfe im Verein. Bestandsaufnahmen Auf der DVD „Tränen und Triumphe“ erzäh- FOTOS KLEEFELD len die damaligen Akteure um den nach der Vizemeisterschaft gefeuerten Coach Michel Pfeiffer, wie sie diese Zeit erlebten. Häufi g al- lerdings in unverfälschtem Aachener Platt, das 1955 war der First Vienna Football Club, der für Nicht-Rheinländer nicht immer verständ- erste österreichische Fußballverein, Landes- lich sein dürfte. Die Geschichten, entschei- meister. Heute hat er den Ruf als „sympathi- denden Spielszenen und Ausschnitte aus Sport- scher Loser-Klub“, wie die eigenen Anhänger sendungen jener Jahre verschaffen allerdings sagen. Seit 2000 versucht er, der dritten Liga auch dann einen Einblick in den Profi fußball TV-TIPPS zu entkommen. „Es geht sich immer nicht aus“ vor 40 Jahren, wenn der Zuschauer nicht son- ist eine Hommage an die leidensfähige Fansze- derlich an der Alemannia interessiert ist. » » » » » » » » » » » » ne, eine Schnittmenge der Klientel von St. Pau- Am Ende allerdings wird es ärgerlich. Un- „ELF MÄNNER UND EINE FRAU“ li, Altona 93, und Ba- ter der Rubrik „Die schönsten Tore“ laufen zu Tina Erkenrath ist ein Unikat. Als einzige Frau trainiert sie eine deutsche Männerelf. belsberg 03. „Der Assi- und Prollfaktor ist sehr Bar-Jazz lediglich lieblos-kurze und noch da- Ob sie mit ihren Jungs zusammen duscht, niedrig“, sagt ein Anhänger. Die Gesänge sind zu winzig kleine Spielsequenzen durchs Bild. wurde sie schon hundertmal gefragt. originell, eine Inspirationsquelle ist Bob, der Wer die Torschützen waren, erfährt man nicht. Die Reportage, entstanden im Team-Ur- laub auf Mallorca, klärt auch darüber auf. Baumeister. Und man singt „Yellow Submari- Und auch, was aus den Protagonisten der ers- Sonntag, 4. März, NDR, 15.45 Uhr ne“ im Originaltext. ten Aachener Bundesligaperiode geworden ist, » » » » » » » » » » » » Die Doku beginnt mit der Rückrunde der hätte man gern gewusst. ELKE WITTICH „ONE DAY IN EUROPE“ Saison 2005/06, in die Vienna als Herbstmeis- Wer den Film im Kino verpasst hat, kann ter geht. Drei Spieltage vor Schluss aber der „Tränen und Triumphe. Alemannia Aachen in der den deutschen Berlinale-Beitrag von 2005 jetzt nachholen: Vier Episoden aus Untergang in Waidenfeld. Die Autoren zeigen Bundesliga 1967-1970“ Moskau, Istanbul, Berlin und dem spa- nachhaltige Bilder – Jubelszenen aus dem (www.best-media-consult.de) nischen Santiago de Compostela, von Regisseur Hannes Stöhr kunstvoll um ein Block, ein Stilmittel, das man gern im TV sä- Champions-League-Finale verwoben. he – und vermitteln den Reiz des alten Fuß- Montag, 5. März, ZDF, 00.10 Uhr balls – Grashänge, keine Zäune, kaum Polizei » » » » » » » » » » » » – sowie einen Eindruck von der Wiener Sze- „CHURUBAMBA – FRAUEN AM BALL“ ne: Scheint so, als sei das vermeintlich kleine Reportage über eine Frauenelf in einem Derby gegen den Ligakonkurrenten Wiener SK kleinen peruanischen Dorf. Jeden Tag wird auf 3500 Meter Höhe gespielt, auch das einzig wahre. wenn ein Auswärtsspiel vier Stunden Fuß- „Der Film zum Nichtaufstieg“ leidet aber marsch bedeuten kann. Schließlich geht es um die Andenmeisterschaft! unter seiner eintönigen Struktur: Immer wie- Samstag, 10. März, Arte, 21.40 Uhr der ähnliche Fragen im Fanbus, immer wie- der dieselben Spielprognosen. Am 4. März star- tet Fernwärme Vienna, wie der Klub offi ziell heißt, in die Rückrunde 06/07. Als Herbstmeis- ter. RENÉ MARTENS

„Es geht sich immer nicht aus“ (www.gauchecaviar.at)

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IMPRESSUM RUND Nr. 20, März 2007 VERLAG: Olympia-Verlag GmbH, Badstr. 4-6, D-90402 Nürnberg, Tel. 0911/216-0, Fax 0911/216 27 39 REDAKTION: RUND Redaktionsbüro Hamburg GmbH & Co. KG, Pinneberger Weg 22-24, 20257 Hamburg Tel. 040/80 80 686-0, Fax 040/80 80 686-99 REDAKTIONSLEITUNG: Rainer Schäfer (verantwortlich für den Inhalt), Matthias Greulich (geschäftsführender Redakteur), Oliver Lück (stellv. Redaktionsleitung) ART DIREKTION: Tanja Poralla, Jan-Christoph Prilop REDAKTION: Martin Krauß (Chef vom Dienst), Eberhard Spohd (Textchef), Malte Oberschelp, Christoph Ruf (Redaktion Süd), Steffen Dobbert (Volontär) REDAKTIONSASSISTENZ: Sabine Richter GRAFIK: Anne-Katrin Ellerkamp, Sonja Kördel SCHLUSSGRAFIK/INFOGRAFIK: Sabine Keller BILDREDAKTION: Henning Angerer, Jochen Hagelskamp, [email protected] ILLUSTRATION: Eskåh, Sonja Kördel, Bernd Schifferdecker, Strellson AUTOREN: Peter Ahrens, Joachim Barbier, Sven Bremer, Martin Curi, Detlef Dreßlein, Jörn Duddeck, Carsten Germann, Oke Göttlich, Ulrich Hartmann, Frank Heike, Diego macht den Unterschied aus: Lesen Sie auf der Holger Heitmann, Thomas Kilchenstein, Sebastian Koch, RUND-Homepage exklusive Informationen über den Star Wolfgang Laaß, René Martens, Luis Augusto Monaco, Bernd Müllender, Holger Pauler, Ben Redelings, Roger Repplinger, Elke Rutschmann, Bernd Schneiders, RUND IM NETZ Vítor Santos, Jörg Später, Kathrin Steinbichler, Jörg Strohschein, Olaf Sundermeyer, Klaus Teichmann, Jörg Thadeusz, Diese Höhepunkte warten im Februar/März unter www.rund-magazin.de auf Sie: Daniel Theweleit, Broder-Jürgen Trede, Peter Unfried, WEBSITE-EXTRA: Lesen Sie weitere exklusive Auszüge aus den Interviews mit Sibusiso Markus Völker, Niclas Westphal, Raimund Witkop, Elke Wittich KORREKTORAT: Janina Jentz Zuma und Jean Pütz sowie Zusatzinformationen zu unserer Titelgeschichte über Diego, ÜBERSETZUNGEN: Stefanie Knauer, Heike Simon Stargast Rogério Ceni, der Vereinsreportage über den FC Hansa Rostock und dem FOTOS: Özgür Albayrak, Henning Angerer, Mareike Foecking, Dominik Gigler, Axl Jansen, Kleefeld, Martin Krüger, Martin Kunze, Schnellschuss über das RUND-Perspektivteam für die WM 2026. Ebenfalls nur hier: Anna-Lisa Mauriello, Kai Müllenhoff, Horst Müller, Benne Ochs, SWDS-Audio-Files von Zafer Yelen, der unsere Jury mit A-cappella-Gesang begeisterte Anja Otto, Stephan Pfl ug, Maak Roberts, Stefan Schmid, RUND-BLOG: Was bewegt die RUND-Blogautoren? Lesen Sie es nach – täglich! Martin Sigmund, Andreas Teichmann, Urban Zintel TITELFOTO: Maak Roberts VOTING DES MONATS: Wo soll Miroslav Klose in der nächsten Saison spielen? FOTOS INHALTSVERZEICHNIS: Maak Roberts (2), Anja Otto, Imago, Stefan Schmid, Urban Zintel, Martin Kunze SPIELE: Bei Gewinnspielen, die die RUND-Redaktion veranstaltet, ist der Rechtsweg grundsätzlich ausgeschlossen ANZEIGENLEITUNG: Werner A. Wiedemann (verantwortlich für Anzeigen), Tel. 0911/216 22 12 Ekkehard Pfi ster, Tel. 0911/216 27 49, Gültige Anzeigenpreisliste Nr. 3 vom 1.1.2007 REPRO: Fire Dept. GmbH, Hamburg DRUCK: heckel GmbH, Nürnberg VERTRIEBSLEITUNG: Andreas Bauer, Tel. 0911/216 22 60 ABONNEMENT UND KUNDENDIENST: VORSCHAU April 2007 Deutschland: RUND-Leser-Service, Badstr. 4-6, 90402 Nürnberg, [email protected], Tel. 0911/216 22 22, Preis des Einzelheftes 2,80 Euro, Jahresabonnement 33,60 Euro Am 21. März erscheint die nächste RUND- Österreich: RUND-Abonnenten-Service, Postfach 5, 6960 Wolfurt, [email protected], Tel. 0820/ 00 10 82, Fax 0820/00 10 86, Ausgabe, unter anderem mit folgenden Preis des Einzelheftes 3,20 Euro, Jahresabonnement 38,40 Euro Schweiz: RUND-Leser-Service, Postfach, 6002 Luzern, Themen: Bernd Schneider: Leverkusens [email protected], Tel. 041 3292233, Fax 041 3292204, Preis des Einzelheftes 5,40 sFr, Jahresabonnement 64,80 sFr Dynamiker ist privat ein wenig misstrauisch. Übriges Ausland: Jahresabonnement 33,60 Euro zzgl. Porto Erscheinungsweise: monatlich RUND hat er erzählt, warum. Bayern Für unverlangt eingesendete Manuskripte, Fotos, Dias, Bücher usw. wird nicht gehaftet. Die gesamte Zeitschrift einschließlich München: Der Abonnementsmeister vor dem aller ihrer Teile ist urheberrechtlich geschützt, soweit sich aus dem großen Umbruch. Tschechien: Ein kleines Urheber rechts gesetz und sonstigen Vorschriften nichts anderes ergibt. Jede Verwertung ohne schriftliche Zustimmung des Verlages Land als Fußballmacht – warum unsere Nach- ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspeicherung barn so viele Talente hervorbringen. Arsène Wenger: Mit dem und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Copyright für Inhalt und Gestaltung – falls nicht ausdrücklich Taktikfuchs kann man nicht nur über Fußball reden. Es sein zu anders vermerkt – by Olympia-Verlag 2007. ISSN 1860-9279 lassen, lohnt sich. Jens Lehmann: Kehrt Deutschlands Torhüter Nummer eins bald in die Bundesliga zurück?

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unbedingt als Farbiger zum Fußball rennen. sinnung unserer Mitspieler fi ndet sich in Das hat aber primär nix mit Lok zu tun. unserem Verein nicht wieder und ist deren René Scholten, Leipzig, per E-Mail „private Angelegenheit“. Seit Herbst 2006 konnte auch eine eigene Abneigung gegen Journalisten Nachwuchsmannschaft mit elf Spielerinnen RUND-Ausgabe 2/07 Man kann sich vorstellen, warum manche und Spielern im Alter von sechs bis neun Leute eine Abneigung gegen Journalisten Jahren ins Leben gerufen werden. Welche haben. Denn deren Blickwinkel ist doch Eltern schicken ihr Kind in einen „Nazi-Ver- meistens ein bisschen anders. Vor allem fällt ein“? Mit Ihrer Berichterstattung wird unser das auf, wenn man selbst den eigenen Verein in der Öffentlichkeit demontiert, und Verein jahrelang kennt. Trotzdem sind es das ist für den weiteren Ausbau des Kinder- nur Kleinigkeiten, die aus Chemnitzer und Jugendsportes schädlich. Fansicht stören und die Tatsachen etwas Der Vorstand des FSV Görlitz-Schlesien e.V. verfälscht darstellen. Insgesamt solide recherchiert, gut geschrieben und auf- schlussreich. Dass die Fanszene insgesamt nicht gut wegkommt, war abzusehen und mag auch berechtigt sein. Lutz Günther, Hamburg, per E-Mail Viel Unverständnis Mit viel Unverständnis reagieren wir auf die Berichterstattung in RUND zur Problematik „Nazis im Spiel“. Die angesprochene po- litische Ausrichtung des Jugendtreffs „Zum Augen auf und durch, RUND 2/07 Anstoß“ können wir so nicht nachvoll- ziehen. In keinster Art und Weise wird hier Strutz ist Mainz 05 Nazis im Spiel, RUND 2/07 rechtes Gedankengut verbreitet. Im Haus Mit Freude lese ich Monat für Monat die Kein Farbiger beim Fußball befi ndet sich auch eine Bürogemeinschaft oft großartigen und immer lesenswerten Ich habe gerade auf Ihrer Homepage das In- bestehend aus dem Stadtjugendring Görlitz Artikel in RUND. Auch die Reportage über terview mit Marco Rose gelesen. Sehr inter- e.V. und dem deutsch-polnischen Informa- Mainz 05 ist sehr gut recherchiert und essant, vor allem was er über Lok Leipzig tionsbüro. Auch zahlreiche junge Menschen ebenso gelungen verfasst. Leider etwas ober- und die rechte Szene sagt. Er sieht’s realis- aus der benachbarten Stadt Zgorzelec fl ächlich und ein verzerrendes Bild der tisch. Der Verein hat das Problem erkannt frequentieren ohne Berührungsängste das wahren Gegebenheiten allerdings liefert die und versucht, dagegen anzukämpfen. Auch Haus. Seit vielen Jahren versucht der Verein kurze Beschreibung von Präsident Harald wenn es sehr mühselig ist, wie ja auch in das „alte Image“ aus den Köpfen der Strutz am Ende des Artikels. Es entsteht der dem neuen Buch über den Verein rüberkam. Menschen zu verdrängen. Eindruck, als würde der Vereinsboss als Es hat mich übrigens auch erstaunt, dass in Unser Fußballverein wurde im Jahr 1998 Störfaktor fungieren, den man wegen seiner dem Text über die rechte Szene kaum etwas gegründet, mit dem alleinigen Ziel jungen guten Kontakte aber in Kauf nehmen müsse. über Lok kam, außer eben das eine Zitat Menschen die Möglichkeit zu bieten, ihrem Mit einer solchen Einschätzung wird man ganz am Anfang im Zusammenhang mit gemeinsamen Hobby „FUSSBALL“ organi- Harald Strutz nicht gerecht. Seit den 80er- dem BFC. Der Exkameradschaftler, der die- siert nachzugehen und am Spielbetrieb des Jahren ist er DIE Konstante in der Führung sen Satz gesagt hat, war bestimmt bei noch FV Görlitz teilzunehmen. Es wird natürlich des vor ihm nicht immer so solide gelenkten keinem Lok-Spiel. Aber im Ansatz hat er na- darauf geachtet, dass nur dieses Ziel im Vor- Clubs. Er führte ihn aus der Bedeutungslo- türlich recht, im Osten würde ich auch nicht dergrund steht. Die mögliche politische Ge- sigkeit der Oberliga in die Erste Liga und ist

Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe nicht oder nur gekürzt zu veröffentlichen. Zuschriften bitte mit Stichwort Leserbrief an: [email protected]; Redaktion RUND, Pinneberger Weg 22-24, 20257 Hamburg oder Fax: 040-808 06 86-99

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Das schreibt die Presse über RUND

bis heute DER starke Mann, der das Umfeld schafft, in dem die großartigen Jürgen Klopp und Christian Heidel und viele andere an seiner langen Leine so hervorragend wirken können. Das ist genau das, was diesen Club in der Führung ausmacht, dass dort jeder sprechen kann und darf, wie er empfi ndet, deshalb bekommen die Journalisten am Bruchweg auch keine begradigten, 100 Pro- zent abgestimmten und abgesegneten Phrasen zu hören. Nichts für ungut und weiter so! Die Qualität des Heftes ist enorm und macht mir große Freude. Daran rüttelt der kleine kritische Hinweis kein bisschen. Dirk Martin, Mainz, per E-Mail „Tödlicher Pass“ im Redaktionsbüro: Was meinen die Ball-Beobachter?

RUND Allgemein Kein 20 03 2007 mehr Der tödliche Pass, Heft 45 Meine Ausgabe des Monats Februar 2007, Runde Presse: HSV: Hamburger Schlussverkauf die am 19.1.2007 im Laden erschienen ist, 15 Uhr, Pinneberger Weg, Besuch in der RUND-Redaktion. Die den gestrigen Neujahrsfeier- habe ich erst am 25.1.2007 (!!!) erhalten. tag wieder hereinholen muss – das Februar-Heft will diese Woche zum Abschluss gebracht Fast eine Woche nach Erscheinungsdatum werden. Chef vom Dienst Martin Krauß nimmt sich dennoch fast eine Stunde Zeit, holt den das Heft zu erhalten, erscheint mir etwas Kollegen und HSV-Kenner Malte Oberschelp noch mit an den grauen Resopaltisch in der lang. Ich hoffe, dass sich die Verspätungen Redaktionsküche. Was meinen die Ball-Beobachter vor Ort? Ist der Niedergang des HSV wenigstens in Zukunft ändern – denn ihr spürbar? Zu meiner Überraschung kommt ein Nein: „Die Fans sind zu immun geworden.“ Heft ist inhaltlich wirklich spitze – es gibt kein vergleichbares auf dem Markt. La Stampa, 27.1.2007 Maike Hoheisel, per E-Mail Runde Presse: Rechte rekrutieren Anm. d. Red.: Ein verständliches Missverständ- Die Rekrutierung des Nachwuchses erfolgt beim Fußball über Amateur- und Nachwuchs- nis: Mit #19_02_2007 meinten wir eigentlich mannschaften. Wie das vonstatten geht, erzählt Christoph Ruf vom Monatsmagazin RUND: „Heft Nummer 19, Februar 2007“. Der Erschei- „Die Spezialität der Neonazis sind Freizeitturniere. Sie mieten öffentliche Plätze und Turn- nungstermin war nicht der 19. sondern der hallen an und laden Jugendliche, deren Weltbild noch nicht gefestigt ist, zum Fußballspielen 24. Januar. Sie haben Ihr Heft also, ärgerlich ein. Nach dem Spiel isst und trinkt man zusammen. So erkennen sie, wen sie auf ihre Seite genug, mit einem Tag Verspätung bekommen. ziehen können.“ Und wir haben das Problem verstanden. Deshalb lesen Sie gerade Nr. 20, März 2007 Neues Deutschland, 25.1.2007 Runde Presse: Nationale Fußballturniere Spannende Zweite Liga Bundesweit haben Kollegen des Fußballmagazins RUND recherchiert. Überall fanden sie Ich bin eine super begeisterte Leserin eures Belege dafür, wie die rechtsextreme NPD und vor allem ihr nahe Kameradschaften Magazins, das Courage beweist und Themen spielerisch Terrain gewinnen. Durch „Freundschaftsspiele von Kameradschaftsmitgliedern aufgreift, über die sonst selten bis nie gegen regionale Mannschaften und durch die Ausrichtung kompletter sogenannter natio- berichtet wird. Schade fi nde ich allerdings naler Fussballturniere wird die rechtsextreme Szene nicht nur gestärkt, sondern auch stabil wirklich, dass ihr über die Zweite Liga so vernetzt“, betont RUND-Kollege Steffen Dobbert. Das ließ sich unter anderem im branden- wenig berichtet, als ob sie gar nicht existiert. burgischen Rathenow beobachten. Eingeladen wurde zu einem „Turnier für Toleranz“. Die Anna Vogler, per E-Mail Kommune stellte dazu – sträfl ich ahnungslos – den Nazis die Havellandhalle zur Verfügung.

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rrund0307_114_115_Lesebriund0307_114_115_Lesebri 115115 007.02.20077.02.2007 22:02:3522:02:35 UhrUhr SPIELKULTUR Auslaufen mit Thadeusz

MIT DEM KLON KAMEN DIE TRÄNEN Jeden Monat terrorisiert TV- und Radiomoderator JÖRG THADEUSZ in RUND liebevoll den Fußball. Dieses Mal stellt er sich vor, was sich alles ändern würde, wenn man Profi kicker beliebig vervielfältigen könnte FOTO MAREIKE FOECKING

Es ist völlig richtig, dass das Klonen von Men- Jens-Nowotny-Replikanten mit 1a-Knien ste- noch auf einen Schweinsteigerlahmschneider- schen bei uns verboten ist. Mit ethischen Be- hen hätten? Wie würde sich Fußballdeutsch- Spielwitz-Mix passen kann. gründungen müssen wir uns da gar nicht ab- land über einen Zweit-Deisler freuen, während Wen möchte Uli Hoeneß noch spielverder- mühen. Von uns Normalmenschen reicht ein das geschundene Original hoffentlich auf ei- bend wegkaufen, wenn alle Vereine der Bun- Ein zelstück. Jeder, der Geschwister hat, weiß, nem anderen Lebensfeld glücklicher wird. desliga auf eine Zentrifuge zurückgreifen kön- was für einen Ärger es mit Leuten geben kann, Wenn wir gentechnisch dann schon mal los- nen, die ihnen mal kurz einen Schlaudrafffrings die einem genetisch nur ähneln. Der Zoff mit gelegt haben, könnten wir auch noch interes- zusammenschüttelt? Niemand müsste sich den einem identischen Verwandten müsste also santere Wege gehen: komplette Retortenfuß- Straßenfußball zurückwünschen, den die Jungs zwangsläufi g über den bisher bekannten Bru- baller! Mischungen aus den besten genetischen bitte spielen sollen, damit sie später toll mit derkrieg noch hinausgehen. Fußabdrücken! Mit wem wollen die Brasilia- dem Ball umgehen können. Spielkultur durch Aber muss das auch für die außerordentlich ner noch beeindrucken, wenn in einem Bun- Wissenschaft, der FC Frankenstein wird im- Begabten gelten? Für Männer, die auf so wich- desligalabor die DNA von Sammer, Ballack und mer Meister in Deutschland. tigen Beinen durch die Welt laufen, dass die Klose zusammengelötet wird? Da würde ein Am Ende dieses Gedankenspiels steht dann Unversehrtheit ihrer Schenkel teuer versichert spielgestaltender Strafraumvollstrecker her- doch die Entspannung. Klonen ließ sich bisher werden kann? Für Sportler, die 20 Jahre lang anwachsen, der sich ohne jede Weinerlichkeit zum Glück nur ein Schaf. Im bezahlten deut- keinen klugen Satz sagen müssen, die aber am Spielfeldrand die Augenbraue und alle an- schen Fußball sind in Ausnahmefällen aber mehrere hunderttausend Euro bekommen, deren offenen Stellen zusammentackern lässt. höchstens Hammel und Hornochsen spielbe- wenn sie ihr Gesicht auf Rasierschaumspen- Und die physische Wucht eines Robert Huth rechtigt. Also diejenigen, die aus sechs Me- der drucken lassen oder ihr Gesäß öffentlich ist doch nicht nur trainiert, sondern vor allem tern das leere Tor nicht treffen oder den eige- auf dem Fahrersitz eines bestimmten Automo- Anlage. Der Antritt eines Andi Möller muss nen Torwart mit einem extrem untalentierten dells unterbringen? Darf man das Nachwach- erblich sein, sonst würde das schon längst ein Rückpass in Bedrängnis bringen. sen von Topfußballern wirklich weiterhin dem Zweiter ähnlich können. Selbst an ihrem stärks- Das verschuldet aber jeder von denen in sei- Zufall überlassen? Oder anders gefragt: Wür- ten Tag wäre die Abwehr von Inter Mailand ner ganz persönlichen Einzigartigkeit. Und ist de Bayer Leverkusen aus ethischen Gründen chancenlos gegen das Möllerhuth-Dribbling- dabei für einen dunklen Moment eine Pfeife lange zögern, wenn sie irgendwo noch einen ungeheuer, das kurz vor dem Strafraum auch wie du und ich.

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