Subrosionssenken zwischen Harz und Leine-Bergland

Abgetaucht: Ur-Nordsee im Oligozän Schwierig: Moschusochsenschädelvergleiche Selten: Plesiosaurierfunde in Hildesheim Verflogen: Huhn mit Migrationshintergrund

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Ausgabe 160 2018

Herausgegeben von der Naturhistorischen Gesellschaft Hannover Naturhistorica BERICHTE DER NATURHISTORISCHEN GESELLSCHAFT HANNOVER

Ausgabe 160 (2018) Erschienen 2019 Hannover · Germany ISSN 1868-0828 www.Naturhistorica.de

Herausgeber Naturhistorische Gesellschaft Hannover

Redaktion Dieter Schulz

Lektorat Franz-Jürgen Harms (Geowissenschaften) Hansjörg Küster (Botanik und Ökologie) Annette Richter (Paläontologie, Geologie, Zoologie) Dieter Schulz (Biologie)

Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren verantwortlich.

Design, Satz, Umschlag Matthias Winter, vemion.de

Druck Beltz Grafische Betriebe GmbH, Bad Langensalza

Umschlagbild Duderstadt © 12019 · pixabay Bild S. 1 Plesiosaurierzahn © Sven Sachs, Christian J. Nyhuis

© Naturhistorische Gesellschaft Hannover Gesellschaft zur Pflege der Naturwissenschaften Willy-Brandt-Allee 5 30169 Hannover Germany E-Mail: [email protected] www.N-G-H.org Naturhistorica BERICHTE DER NATURHISTORISCHEN GESELLSCHAFT HANNOVER 160 ·2018

Dieter Schulz Vorwort 5

Josef Paul Subrosionssenken zwischen Harz und Leine-Bergland (Känozoikum, Niedersachsen) 7

Lea Weßel Die Oligozän-Sammlung Harms des Landesmuseums Hannover Ein Tauchgang durch die Ur-Nordsee 43

Jannik Weidtke Moschusochsenschädel (Ovibos moschatus) aus dem Landesmuseum Hannover und dem Dinopark Münchehagen – Vergleich und Interpretation 69

Sven Sachs, Christian J. Nyhuis Plesiosaurier-Funde aus dem Mittleren Jura von Hildesheim 115

Burkhard Schäfer Schottisches Flugwild in Ostfriesland Ein Beitrag zur frühen Geschichte des Knyphauser Waldes 129

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Aufstellung des Schweden-Findlings am Deisterkamm am 6. Mai 2018 136

Exkursionsberichte

139 Ein Idyll in der (Groß)stadt. „1001 Rosenblüte in einem Stadtgarten in Ricklingen“ (2. und 30. Juni 2018)

148 „Geest, Marsch, Watt und Meer – Nordsee, Weser und Elbe bei Cuxhaven“ (15. – 17. Juni 2018)

154 „Von Hexen, Teufeln und romanischen Kirchen im Harzvorland bei Quedlinburg“ (11. August 2018)

156 „Lüneburg – eine Perle unter den Hansestädten. NatUrgeschichtliche Exkursion VIII“ (1. September 2018)

158 „Von der Rübe zum Kristallzucker in nur 12 Stunden – Die Zuckerfabrik Nordstemmen“ (6. Oktober 2018)

Nachruf Heiner Engel (21.3.1959 – 5.12.2017) 162

Die Naturhistorische Gesellschaft Hannover 164

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Plesiosaurier-Funde aus dem Mittleren Jura von Hildesheim Sven Sachs, Christian J. Nyhuis

Zusammenfassung

Plesiosaurier-Reste aus dem Mittleren vermutlich ebenfalls von einem Vertreter Jura der Tongrube Temme in Hildesheim diese Gruppe. Weitere isolierte Cervical- werden beschrieben. Das Material umfasst wirbel können cryptoclididen Plesiosauri- einen großen unvollständigen Zahn sowie ern zugeordnet werden. Die Hildesheimer diverse postcraniale Reste. Eine sichere Reste ergänzen die spärlichen Plesiosauri- Zuordnung zur Gattung ist er-Funde aus dem Mittleren Jura Deutsch- für den Zahn möglich. Isolierte Cervical- lands. Nach Kenntnis der Autoren sind das wirbel zeigen typische Merkmale der Fa- die ersten Belege dieser Gruppe aus dem milie , und ein unvollständiges Mittleren Jura von Niedersachsen. distales Ende eines Propodiums stammt

Abstract

Plesiosaurian remains from the Middle large, incomplete tooth and a number of of the claypit Temme in Hildes- postcranial remains. Only the tooth could heim (Lower Saxony, northern Germa- unambiguously be referred to the genus ny) are described. The material includes a Liopleurodon. Isolated cervical vertebrae

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show typical features of pliosaurids and Hildesheim supplement the sparse record an incomplete distal end of a propodial of this group from the Middle Jurassic of might likewise derive from a member of Germany. Furthermore they are the first this group. Further isolated cervical verte- such finds from the Middle Jurassic of the brae can be referred to cryptoclidid plesio- federal state of Lower Saxony. saurians. The plesiosaurian remains from

Einleitung

Marine Reptilien sind in den meisten (z. B. Hermann 1907; von Huene 1934; Stufen des Mittleren Jura selten (z. B. Bu- Schatz 1982; Michelis et al. 1996; Metz- chy 2004; Sachs & Hornung 2015). Eine dorf 1997; Schatz 2010). Ausnahme bildet jedoch das Callovium. Eine Gruppe der marinen Reptilien sind Aus dieser Stufe, speziell aus der Oxford die Plesiosaurier. Sie traten erstmals in der Clay Formation von Großbritannien, sind Obertrias in Erscheinung, sind bis in die mehrere Funde bekannt (z. B. Andrews obere Oberkreide dokumentiert und hat- 1910, 1913). In Deutschland sind entspre- ten eine globale Verbreitung (Ketchum & chende Reste bisher primär aus der Or- Benson 2010). Der Körperbau der Plesio- natenton-Formation beschrieben worden saurier war vollständig an die aquatische

Abb. 1 A Umrisskarte der Bundesrepublik Die Fundschicht ist mit Stern gekennzeichnet Deutschland, die den Fundort Hildesheim zeigt (nach Mönnig 1995). (Stern), B Stratigrafie der Tongrube Temme.

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Lebensweise angepasst, was durch die Um- hierbei um Altfunde aus den Sammlungen wandlung ihrer Extremitäten in Paddel zu des Roemer-Pelizaeus Museums in Hil- erkennen ist (Sachs & Nyhuis 2015). desheim (RPMH), sowie des Instituts für Aus dem Mittleren Jura von Deutsch- Geowissenschaften der Universität Tübin- land sind bislang nur wenige Plesiosau- gen (GPIT). Die genauen Fundumstände rier-Funde bekannt (von Huene 1934; sind nicht bekannt. Obwohl nur unvoll- Wellnhofer 1970; Michelis et al. 1996; ständig erhalten, lohnt es sich, die Funde Buchy 2004; Sachs & Hornung 2015). In aus Hildesheim zu beschreiben, denn sie der vorliegenden Arbeit werden entspre- bieten die Gelegenheit, unsere Kenntnis chende Reste aus dem Mittleren Jura von über die Plesiosaurier des Mittleren Jura Hildesheim beschrieben. Es handelt sich Deutschlands zu ergänzen.

Fundstelle und Geologie

In der ehemalige Tongrube Temme süd- Aspidoides-Ton (Ober-Bathonium) bis in lich der Stadt Hildesheim (Abb. 1) am die obere Siltsteinfolge der Ornatenton- Westrand des Galgenberges gelegen (52° Formation (Unter-Callovium) (Menzel 8'16.27"N, 9°58'27.08"E) wurden Tone 1901). des Mittleren Jura abgebaut. Der ers- Der mutmaßliche Fundpunkt des hier te Tonabbau erfolgte im Jahre 1856. 1914 beschriebenen Zahnfragments befindet wurde der Abbau in der „Alten Tongru- sich innerhalb der Macrocephalen-Schich- be“ aufgeben und die Tongewinnung be- ten des Unter-Callovium. Die Macro- gann in der ca. 200 m südöstlich gelegenen cephalen-Schichten werden durch eine „Neuen Tongrube“, südlich der Bromber- nicht mehr als 3 m mächtige Abfolge von ger Straße. Gegen Ende der 1970er-Jah- braunen Tonen gebildet. Sie gelten als ein re wurde der Betrieb schließlich einge- Leithorizont innerhalb der Ornatenton- stellt. Die alte Tongrube ist heute verfüllt Formation. Ihre Liegend- und Hangend- und die neue Tongrube steht unter Was- grenze wird jeweils durch eine Geodenlage ser. Die ca. 100 m mächtige Schichtenfol- definiert (Mönnig 1995). ge beider Tongruben reichte vom obersten

Systematische Paläontologie

Sauropterygia Owen, 1860 Beschreibung: Der erhaltene 78 mm de Blainville, 1835 hohe Teil des Zahns umfasst den größ- Pliosauroidea Seeley, 1874 ten Teil der Krone, sowie den oberen Teil Pliosauridae Seeley, 1874 der Wurzel. Der Apex des Zahnes fehlt allerdings. Die Krone ist nach lingual ge- Liopleurodon Sauvage, 1873 krümmt und besitzt somit eine konvexe la- Liopleurodon sp. biale und eine konkave linguale Seite. An der Basis der Krone ist der Zahnschmelz Material: RPMH ohne Nummer. Un- beschädigt, dennoch ist zu erkennen, dass vollständiger Zahn (Abb. 2 A – F). dieser auf der lingualen Seite weiter nach

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Abb. 2 Unvollständige Zahnkrone von Liopleuro- E apikaler und F basaler Ansicht. don sp. (RPMH ohne Nummer) in A lingualer, Abkürzungen: ca – Carina; nk – Nervenkanal; B seitlicher (mesialer oder distaler), C labialer sl – Schmelzleisten. und D seitlicher (mesialer oder distaler), Der Maßstab entspricht 5 cm.

basal reichte. Sowohl an der apikalen B, D), die sich von dem basalen Ende der Bruchfläche (Abb. 2 E), als auch am un- Krone bis zur apikalen Bruchfläche zie- teren Ende besitzt die Krone einen fast hen. Da es nicht klar ist, ob der Zahn aus runden Querschnitt (Abb. 2 F). Der Zahn- dem Ober- oder Unterkiefer stammt, kann schmelz trägt je eine kräftige Carina auf nicht mit Sicherheit ermittelt werden, wel- der mesialen und distalen Seite (Abb. 2 ches die mesiale oder die distale Seite ist.

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Eine der beiden Carinae befindet sich in zuordnen (vgl. Andrews 1913; Knutsen der Mitte der mesialen/distalen Seite der 2012). Aus dem Mittleren Jura Europas Krone (Abb. 2 D), die zweite ist etwas wei- sind bisher sechs valide Pliosaurier-Gat- ter labial lokalisiert (Abb. 2 B). Auf der tungen bekannt: Anguanax Cau & Fanti, lingualen Seite der Krone befinden sich 2016, Peloneustes Lydekker, 1889, Pachy- zwischen den beiden Carinae 27 Schmelz- costasaurus Cruickshank, Martill & Noè, leisten (Abb. 2 A). Von diesen verbleiben 1996, Marmornectes Ketchum & Benson, fünf im basalen Viertel der fragmentari- 2011, Simolestes Andrews, 1909 und Lio- schen Krone, 21 enden etwa 1 cm von der pleurodon Sauvage, 1873. Die von Angu- apikalen Bruchfläche entfernt, und eine anax zignoi Cau & Fanti, 2016 beschrie- Schmelzleiste erreicht diese. Die Schmelz- benen Zähne sind mit einer apikobasalen leisten stehen in der Mitte der lingualen Höhe der Kronen von maximal 12 mm Seite dichter zusammen und sind ver- (Cau & Fanti 2014) deutlich kleiner als gleichsweise dünner als die Schmelzleisten, der Hildesheimer Zahn. Der Querschnitt die nach außen hin platziert sind. Grund- wird bei den Zähnen von Anguanax als sätzlich gabeln sich die Schmelzleisten oval beschrieben, und es sind nur schwache nicht. Lediglich zwei äußere Leisten ver- Schmelzleisten ausgebildet (Cau & Fanti schmelzen apikal nahe einer Carina. Die 2014). Dies unterscheidet Anguanax von meisten Schmelzleisten haben einen gera- dem Hildesheimer Fund. Die Zahnmor- den apikobasalen Verlauf, zwei sind jedoch phologie von Peloneustes philarchus (Seeley leicht sigmoidal gekrümmt. Die Oberflä- 1869) wurde detailliert von Ketchum & che der Carinae ist etwas gewellt. An der Benson (2011) beschrieben. Ähnlich wie Basis des Schmelzes befinden sich auf der der Hildesheimer Zahn besitzen die Zähne lingualen Seite mehrere Rugositäten. Die dieser Gattung einen runden Querschnitt. labiale Seite der Krone weist so gut wie Allerdings ist neben der geringeren Grö- keine Ornamentierung auf und trägt einen ße ein Unterschied darin zu finden, dass glatten Schmelz (Abb. 2 C). Lediglich drei bei Peloneustes die Schmelzleisten weniger dünne Schmelzleisten sind in der Nähe der stark ausgebildet und diese auf allen Sei- Carinae angedeutet. An der 50 mm brei- ten der Krone zu finden sind. Die Zähne ten basalen Bruchfläche der Krone ist ein von Pachycostasaurus dawni Cruickshank, zirkulärer Nervenkanal sichtbar (Abb. 2 F). Martill & Noè, 1996 sind kaum bekannt. Diskussion: Obwohl der Zahn nur frag- Noè (2001) gibt an, dass die Schmelzleis- mentarisch erhalten ist, zeigt er doch eini- ten der Zähne sehr grob sind. Dies wird ge Merkmale, die zur taxonomischen Be- auch in der Abbildung bei Cruickshank et stimmung beitragen können. Die Krone ist al. (1996, Fig. 1) gezeigt. Außerdem ist die konisch geformt und trägt je eine kräftige Basis des Zahnschmelzes glatt (Noè 2001) Carina an der mesialen und distalen Sei- und somit verschieden von der des Fun- te. Die labiale Seite der Krone besitzt fast des aus Hildesheim. Ketchum & Benson keine Ornamentierung und der Zahnquer- (2011) geben eine detaillierte Beschrei- schnitt ist rundlich. Auf der lingualen Sei- bung der Zahnkronen von Marmornectes te sind basal zwischen den Schmelzleisten candrewi Ketchum & Benson, 2011. Ein Rugositäten ausgebildet und die Schmelz- diagnostisches Merkmal dieser Gattung leisten gabeln sich nicht. ist, dass die Schmelzleisten (außer auf der Die konische Form des Zahns sowie sei- mesialen oder distalen Seite) mit einigem ne Größe lassen ihn einem Pliosauriden Abstand von der Basis des Zahnschmelzes

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beginnen. Außerdem sind auch auf der für die Cervicalrippen vorhanden (Abb. 3 lingualen Seite, weniger auf der labialen B). In den vermutlich aus dem distalen Teil Seite der Zähne von Marmornectes, mehr des Halses stammenden Wirbeln sind die Schmelzleisten vorhanden (Ketchum & Rippenfacetten laterodorsal platziert und Benson 2011, Fig. 5). Dies unterscheidet bei einem Wirbel ist eine Verbindung zwi- den Hildesheimer Zahn von diesem Ta- schen der Diapophyse und den Neuralbo- xon. Die Zähne von Simolestes vorax An- genfacetten angedeutet. Bei diesem Wirbel drews, 1909 ähneln dem Hildesheimer sind die Parapophysen und Diapophysen Fund in der Größe und der fehlenden Or- miteinander verbunden. Bei anderen Wir- namentierung auf der labialen Seite, sowie beln befindet sich zwischen den Parapo- dem runden Querschnitt (Tarlo 1960; Noè physen und Diapophysen ein länglicher 2001). Sie unterscheiden sich jedoch da- Einschnitt oder eine anteriore und poste- durch, dass die Schmelzleisten feiner sind riore Einschnürung. In artikularer Ansicht und Rugositäten an der Basis des Schmel- überragen die Rippenfacetten deutlich den zes fehlen (Tarlo 1960, S. 172; Noè 2001, Bereich der Artikulationsfläche der Cen- Fig. 116 – 117). Sämtliche bei dem Hil- tra. Bei den distalen Cervicalwirbeln sind desheimer Zahn vorhandenen und ein- sie außerdem nach lateroventral gekippt. gangs erwähnten Merkmale finden sich bei Die Rippenfacetten besitzen einen schar- den Zähnen von Liopleurodon ferox. Letz- fen Rand und ihre Oberfläche ist konkav. tere sind auch in ähnlicher Größe bereits Bei allen Wirbeln okkupiert die Rippen- bekannt (Andrews 1913; Noè 2001). Der facette etwa 2/3 der lateralen Fläche des Hildesheimer Fund kann daher mit einiger jeweiligen Centrums. Bei zwei distalen Sicherheit der primär aus der englischen Centra und einem proximalen Centrum Oxford Clay Formation bekannten Gat- ist die ventrale Seite transversal konvex. tung Liopleurodon zugeordnet werden. Bei den proximalen Wirbeln ist die Ven- tralseite eher flach und nur in der Mitte Gen. et sp. indet. leicht konkav. Zwei Foramina subcentra- lia sind auf der Ventralseite sichtbar. Die- Material: RPMH ohne Nummer. Sechs se werden von einem breiten Kiel getrennt, Cervicalwirbel (Abb. 3 A – D), GPIT der in den proximalen Centra nicht wei- RR03103. Distalende eines Propodiums ter verbreitet ist. Die Basen des Neuralbo- (Abb. 3 E). gens sind gut zu erkennen (Abb. 3 C). Sie Beschreibung: Alle Wirbelcentra sind sind gleich lang wie das jeweilige Centrum amphicoel, breiter als hoch/lang und hö- und besitzen in dorsaler Ansicht eine ova- her als lang. Die Größe von wenigstens le Form. Ihre Fläche ist konkav und wird drei Wirbeln lässt eine Position im vor- von einem scharfen Rand umgeben. Der deren Teil des Halses vermuten. Die Ar- Rest einer Cervicalrippe ist auf der Arti- tikulationsflächen aller Wirbel sind deut- kulationsfläche eines Wirbels eingebettet. lich konkav und besitzen einen noch weiter Der Rippenkopf hat eine länglich ovale vertieften Mittelteil, der bei zwei Wirbeln Form und ist konvex. Die dorsoventral ab- eine notochordale Grube aufweist (Abb. 3 geflachte Cervicalrippe verbreitert sich im A). Von der Mitte zu den Außenseiten hin distalen Bereich. sind die Artikulationsflächen leicht ver- Ein 130 mm langes distales Fragment dickt. Letztere werden von einem scharfen eines Propodiums ist erhalten (Abb. 3 E). Rand umgeben. Lateral sind zwei Facetten Es ist stark dorsoventral abgeflacht und

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Abb. 3 Pliosauridae gen. et sp. indet. A – E Cervi- bel (GPIT RR 03104) in F artikularer, G lateraler calwirbel (RPMH ohne Nummer) in A artikularer, und H dorsaler Ansicht. B lateraler, C dorsaler und D ventraler Ansicht. Abkürzungen: cr – Cervicalrippe; da – Diapophyse; E Distales Fragment eines Propodiums (GPIT lk – longitudinaler lateraler Kiel; nf – Neuralbogen- RR03103) in dorsaler oder ventraler Ansicht. facette; nk – Neuralkanal; pa – Parapophyse. Cryptoclididae gen. et sp. indet. F – H. Cervicalwir- Die Maßstäbe entsprechen jeweils 5 cm.

weist an der proximalen Bruchfläche ei- voneinander abgegrenzt. Das erhaltene nen ovalen Querschnitt auf. Der anteriore distale Ende des Propodiums besitzt eine Rand des Fragments ist in dorsaler Ansicht größte Breite von 142 mm. fast gerade und besitzt ein abgerunde- Diskussion: Die Proportionen der am- tes anterodistales Ende. Der posteriore phicoelen Cervicalwirbel in Kombinati- Rand des Fragments ist nach posterodi- on mit der Ausbildung von zwei Rippen- stal geschwungen, allerdings ist der unte- facetten und eher flachen ventralen Seiten re Bereich abgebrochen. Die distalen Ar- der Centra sind diagnostische Merkmale tikulationsflächen für die Epipodien sind der Familie Pliosauridae (z. B. Tarlo 1960, nur schwach konkav und nicht deutlich Ketchum & Benson 2010). Eine genauere

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Bestimmung ist allerdings nicht möglich. schwach angedeutet (Abb. 3 G). Die Arti- Bei dem fragmentarischen Propodium ist kulationsflächen der Centra sind fast eben die schlanke Gestalt ein typisches Merk- (platycoel) und werden von einem dünnen, mal dieser Familie (Tarlo 1960, 152). Die aber abgerundeten Ring umgeben (Abb. 3 Propodien der plesiosauroiden Taxa der F). Sowohl die Zygapophysen als auch der Oxford Clay Formation weisen oft fä- Dornfortsatz fehlen bei allen Wirbeln, aber cherförmig verbreiterte distale Enden so- die mit dem Centrum verwachsenen Basen wie deutlich abgewinkelte Facetten für die des Neuralbogens sind erhalten. Letzte- Epipodien auf (vgl. Andrews 1910, Abb. re begrenzen beim vollständigsten Wirbel 63, 69 und 91). Diese Merkmale unterlie- einen runden Neuralkanal, sind transversal gen jedoch einer ontogenetischen Variati- dünn und weiter mittig platziert als der la- on und sind bei juvenilen Individuen nicht terale Rand des Centrums. Die Artikula- so deutlich ausgeprägt (Brown 1981). Die tionsflächen des Centrums sind dorsal, auf Größe des erhaltenen Fragments weist al- Höhe des Neuralkanals etwas eingesenkt lerdings darauf hin, dass es nicht von ei- (Abb. 3 F). Auf der ventralen Seite der nem juvenilen Individuum stammt. Insge- Centra sind zwei Foramina subcentralia zu samt zeigt die Gestalt von GPIT RR03103 erkennen, die durch einen gerundeten Kiel große Ähnlichkeiten zu den Propodien von getrennt werden, der bei einem Wirbel Peloneustes philarchus, im speziellen durch eher schmal und bei den anderen Wirbeln die gerade anteriore Seite mit dem abge- breiter ist. Reste der ventrolateral sitzenden rundeten anterodistalen Rand und die nur Cervicalrippen sind erhalten (Abb. 3 G). schwach voneinander getrennten Facetten Diese sind mit den Centra verwachsen und der Epipodien (Andrews 1913, Abb. 23; transversal dünn. Linder 1913, Abb. 18). Die taxonomische Diskussion: Sowohl die Cervicalrippen, Verwertbarkeit der genannten Merkmale als auch die Neuralbögen sind mit den ist allerdings bisher unbekannt. Sowohl die Centra verwachsen was erkennen lässt, Wirbel als auch das fragmentarische Pro- dass es sich um ein adultes Individuum ge- podium stammen von einem kleineren In- handelt hat (Brown 1981). Die Proportio- dividuum als der Zahn. nen der Centra unterscheiden sie von jenen der Pliosauriden (siehe oben) und ermögli- Plesiosauroidea Gray, 1825 chen eine Zuordnung zu den Plesiosauroi- Cryptoclididae Williston, 1925 dea (Brown 1981). In der phylogenetischen Analyse der Plesiosauria von Benson & Gen. et sp. indet. Druckenmiller (2014) werden vier plesio- sauroide Taxa aus dem Callovium genannt, Material: GPIT RR 03104. Sechs Cer- die alle der Familie Cryptoclididae zuge- vicalwirbel und eine Cervicalrippe (Abb. 3 ordnet wurden: Cryptoclidus Seeley, 1892, F – H). Tricleidus Andrews, 1909, Muraenosau- Beschreibung: Alle Wirbelcentra sind rus Seeley, 1874 und Picrocleidus Andrews, breiter als lang/hoch und länger als hoch 1909. Sowohl die Cervicalwirbel von Cryp- (bei dem vollständigsten Exemplar beträgt toclidus eurymerus (Phillips 1871), als auch die größte Höhe 57 mm, die Breite 67 jene von Tricleidus seeleyi Andrews, 1909 mm und die Länge 65 mm). Die laterale wurden von Brown (1981: 256, 294) als re- Seite der Centra ist konkav und ein lon- lativ amphicoel beschrieben und die Cen- gitudinaler Kiel ist nur bei einem Wirbel tra sind, speziell bei Cryptoclidus, oft nicht

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länger als hoch. Diese Merkmale unter- Die Erhaltung lässt keine sichere Zuord- scheiden sich somit von den Wirbeln aus nung zu. Die drei isolierten Dorsalwirbel- Hildesheim. Außerdem ist bei beiden Taxa centra aus der RPMH Sammlung (Abb. 4 kein lateraler longitudinaler Kiel zu finden A, B) sind breiter als lang/hoch und hö- (Brown 1981, 289). Die Cervicalwirbel von her als lang. Sie haben eine konkave La- Muraenosaurus leedsii Seeley, 1874 entspre- teralseite. Die leicht konkaven Artikulati- chen hingegen den Hildesheimer Wirbeln. onsflächen der Centra werden von einem Die Centra sind länger als hoch, die Arti- scharfen Rand umgeben und besitzen eine kulationsflächen sind flach, und bei adul- vertiefte Mitte. Ventral sind zwei mittig ten Individuen kann ein longitudinaler la- positionierte runde Foramina subcentra- teraler Kiel ausgebildet sein (Brown 1981, lia sichtbar (Abb. 4 B). Sie werden von ei- 289). Picrocleidus beloclis (Seeley 1892) ist nem breiten, niedrigen und transversal ge- von Brown (1981, 292) als Synonym von rundeten Kiel getrennt. Auf der dorsalen Muraenosaurus angesehen worden, wurde Seite befinden sich die Facetten für den allerdings in der phylogenetischen Analyse Neuralbogen. Der Neuralbogen war so- der Plesiosauria von Benson & Drucken- mit nicht mit dem Centrum verwachsen. miller (2014) als separates Taxon behan- Die Neuralbogenfacetten besitzen die glei- delt. Die von Brown (1981, 293) für Pi- che Länge wie die Centra. Sie sind konkav crocleidus beloclis (= Muraenosaurus beloclis) und weisen eine länglich ovale Form auf. beschriebenen Cervicalwirbel entsprechen Möglicherweise könnte es sich daher um im Wesentlichen jenen von Muraenosaurus die Wirbel von pliosauroiden Plesiosauri- leedsii und damit auch den Hildesheimer ern handeln. Funden. Somit lassen sich die Wirbel aus Ein fragmentarischer posteriorer Teil Hildesheim morphologisch von Tricleidus einer rechten Scapula ist in der RPMH- und Cryptoclidus abgrenzen, es ist aber kei- Sammlung erhalten (Abb. 4 C – E). Das ne klare Unterscheidung zu Muraenosaurus Fragment umfasst den ventralen Bereich und Picrocleidus möglich. Daher können mit der posterioren Glenoid- und Cora- die Wirbel GPIT RR 03104 hier nur als coidfacette, sowie die Basis des dorsalen Cryptoclididae gen. et sp. indet. bestimmt Fortsatzes. Die Coracoidfacette ist unvoll- werden. ständig und besitzt einen transversal ova- len Umriss sowie eine fast flache, nur leicht Plesiosauria indet. rugose Artikulationsfläche. Die Glenoid- facette ist größtenteils abgebrochen, den- Material: RPMH ohne Nummer. Drei noch ist zu erkennen, dass beide Facetten Dorsalwirbelcentra, unvollständige Sca- nicht deutlich voneinander abgewinkelt pula, Gürtelknochenfragment, fragliches waren, was ein Indikator für ein juveni- Propodium. GPIT RE 03101 unvollstän- les ontogenetisches Stadium ist (Andrews diger fraglicher Cervicalwirbel, Schaft- 1895). Die Basis des dorsalen Fortsatzes ist fragment eines Propodiums, Knochenfrag- in anteriorer Ansicht nach lateral hin abge- mente. winkelt (etwa 56° zur horizontalen Ebene, Beschreibung und Diskussion: Dem Abb 4 C). Die Unterseite des Fragments fraglichen Cervicalwirbelcentrum GPIT der Scapula ist fast eben und verjüngt sich RE 03101 fehlen der dorsale und ventrale transversal in anteriorer Richtung. Die Teil. Das Centrum ist deutlich breiter als fragmentarische Natur der Scapula lässt lang und besitzt konkave laterale Seiten. sie nicht mit Sicherheit einem bestimmten

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Abb. 4 Plesiosauria indet. Dorsalwirbel (RPMH eines Gürtelknochens (RPMH ohne Nummer) und ohne Nummer) in A lateraler und B ventraler G fragliches Propodiumfragment. Abkürzungen: Ansicht. Scapula (RPMH ohne Nummer) in C anteri- df – dorsaler Fortsatz; fs – Foramen subcentrale. orer, D lateraler und E dorsaler Ansicht. F Fragment Der Maßstab entspricht jeweils 5 cm.

Taxon zuordnen. Ein Fragment eines nicht halb so groß wie die erstere und hat eine näher bestimmbaren Gürtelknochens be- dreiseitige Form. Die größere Facette ist findet sich in der RPMH-Sammlung (Abb. deutlich rugos und leicht konkav. Von der 4 E). Das isolierte Fragment ist durch die Spitze der dreiseitigen, kleineren Facette Ausbildung von zwei Artikulationsflächen geht ein scharfer Rand aus, der eine Öff- als Teil eines Gürtelknochens zu erkennen. nung begrenzte. Somit saß die kleinere Fa- Die eine Artikulationsfläche ist größer und cette auf der medialen Seite. Der von der transversal oval in Gelenkansicht. Die be- anderen Facette ausgehende laterale Rand nachbarte Artikulationsfläche ist nur etwa ist eher gerade, verdickt und dorsoventral

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abgerundet. Die Morphologie des Frag- werden. Ein längliches Fragment in der ments stimmt nicht mit der des Restes RPMH-Sammlung könnte gleichfalls von der Scapula überein, sodass es sich hierbei einem Extremitätenknochen stammen höchstwahrscheinlich um den Teil eines (Abb. 4 G). Es besitzt eine abgeflachte anderen Gürtelknochens (Coracoid, Ischi- Form, wobei eine Seite etwas verdickt ist. um oder Pubis) handelt. Das Exemplar ist allerdings sehr schlecht GPIT RE 03101 umfasst ein Bruch- erhalten und kann nicht näher identifiziert stück des Schaftes eines Propodiums mit werden. Weitere zum Teil zersägte Frag- einem ovalen Querschnitt. Das Fragment mente in der GPIT-Sammlung können kann taxonomisch nicht näher bestimmt gleichfalls nicht näher identifiziert werden.

Diskussion

Wie bereits eingangs erwähnt, gibt es zu. Gleichfalls aus Baden-Württemberg bisher nur verhältnismäßig wenige Plesio- beschrieb Schatz (1982, 2010) einen Plio- saurier-Funde im Mittleren Jura Deutsch- saurier Zahn, der ebenfalls Liopleurodon lands. Die meisten dieser Reste stammen zugeordnet wurde. Die gleiche Lokalität aus der Ornatenton-Formation des Callo- lieferte postcraniale Plesiosaurier-Reste, vium. Die bisher größte Anzahl an Einzel- die Schatz (2010) als Plesiosaurus sp. be- funden ist aus dem ehemaligen Steinbruch stimmt hat. Letztlich beschrieb Hermann Störmer in Wallücke im Wiehengebirge (1907) einen Zahn aus dem Ornatenton (Nordrhein-Westfalen) bekannt. Miche- von Bayern. Er bestimmte den Rest als lis et al. (1995) gaben den bisher einzi- Pliosaurus sp. und beschrieb einen drei- gen Überblick über das Vertebratenmate- eckigen Querschnitt, der an die Zähne von rial von dieser Lokalität. Sie ordneten die Pliosaurus spp. und Gallardosaurus itur- Plesiosaurier-Funde sowohl Plesiosauro- raldei Gasparini, 2009 erinnert (Gasparini iden als auch Pliosauriden zu. Während 2009; Knutsen 2012). die Bestimmung der Plesiosauroiden of- Aus Niedersachsen waren Plesiosaurier fen gehalten wurde, bestimmten Michelis bisher primär aus der Unterkreide bekannt et al. (1995) einige Pliosaurier-Funde bis (Koken 1887, 1896; Sachs et al. 2016; Sachs auf die Gattungsebene. Dementsprechend et al. 2017; Sachs et al. im Druck). Die hier konnten die Gattungen Liopleurodon und beschriebenen Reste stellen nach Kennt- Peloneustes nachgewiesen werden. Nebst nis der Autoren die einzigen dementspre- Einzelknochen und einem Zahn ist auch chenden Funde aus dem Mittleren Jura des ein Teilskelett bekannt, das Michelis et Bundeslandes dar. Obwohl die Erhaltung al. (1995) Liopleurodon pachydeirus (Seeley nur bedingt eine taxonomische Zuordnung 1869) zuordneten. Aus dem Ornatenton zulässt, ergänzen die Hildesheimer Funde von Baden-Württemberg liegt ein weite- doch die spärlichen Nachweise und somit res unvollständiges Skelett vor. Von Hue- das Wissen über die Verbreitung und Di- ne (1934) beschrieb den Fund und ordnete versität der Plesiosaurier im Mittleren Jura ihn Pliosaurus ferox (= Liopleurodon ferox) Deutschlands.

Naturhistorica BERICHTE DER NATURHISTORISCHEN GESELLSCHAFT HANNOVER 160 · 2018 126 Sven Sachs, Christian J. Nyhuis

Danksagung Literatur

Wir bedanken uns bei Dr. Jürgen Andrews, Charles William (1895): On the de- Vespermann (Roemer-Pelizaeus Museum velopment of the shoulder-girdle of a ple- siosaur (Cryptoclidus oxoniensis, Phillips, sp.) Hildesheim) und Dr. Davit Vasylian (Insti- from the Oxford Clay. – Annals and Maga- tut für Geowissenschaften der Universität zine of Natural History, 15 (6): 333 – 346; Tübingen) für den Zugang zu dem hier be- London. schriebenen Material in ihrer Sammlung. Andrews, Charles William (1909): On some Frau Dr. Annette Richter (Landesmuseum new Plesiosauria from the Oxford clay of Hannover) und Herrn Dr. Dieter Schulz Peterborough. – Annals and Magazine of (Naturhistorischen Gesellschaft Hanno- Natural History, Series VIII 4: 418 – 429. Andrews, Charles William (1910): A Cata- ver) danken wir für das Lektorat. logue of the Marine Reptiles of the Oxford Clay, Part I; London. Andrews, Charles William (1913): A Cata- logue of the Marine Reptiles of the Oxford Clay, Part II; London.

Glossar amphicoel Wirbelkörper auf der vorderen Notochordalgrube Vertiefung im Wirbel- und hinteren Seite konkav körper, die beim lebenden Tier von den anterior vorderer, nach vorne hin Resten der rückgebildeten Chorda dorsalis anterodistal vorne und von der Körper­ (knorpeliger Achsenstab) eingenommen mitte entfernt wurde. apikobasal von der Zahnspitze zur Zahn- Parapophyse untere Gelenkfläche am basis Halswirbel zur Artikulation mit der Artikulationsflächen Gelenkflächen Halsrippe Carina verstärkte, vorspringende Leiste platycoel Wirbelkörper auf der vorderen Cervicalrippen Halsrippen und hinteren Seite fast eben Coracoidfacette Verbindungsfläche zum postcranial das Skelett hinter dem Schädel Rabenbein betreffend Diapophyse obere Gelenkfläche am Hals- posterior hinterer, nach hinten hin wirbel zur Artikulation mit der Halsrippe Propodium oberer Extremitätenknochen distale (Seite) Zahnrückseite proximal / distal zur Körpermitte hin / Foramen (Foramina subcentralia) Gefäß- von der Körpermitte entfernt öffnungen auf der Unterseite der Wirbel- Rugosität / rugos Rauigkeit körper Scapula Schulterblatt Glenoid-Facette Verbindungsfläche zu Schmelzleiste(n) verstärkte Leisten im den vorderen Extremitäten Zahnschmelz labiale (Seite) Zahnaußenseite sigmoidal S-förmig lateraldorsal seitlich oben ventrolateral unten-seitlich linguale (Seite) Zahninnenseite Zygapophyse paarige Gelenkfläche mesiale (Seite) Zahnvorderseite oberhalb des Rückenmarkskanals des Wirbelkörpers

Naturhistorica BERICHTE DER NATURHISTORISCHEN GESELLSCHAFT HANNOVER 160 · 2018 Plesiosaurier-Funde aus dem Mittleren Jura von Hildesheim 127

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Naturhistorica BERICHTE DER NATURHISTORISCHEN GESELLSCHAFT HANNOVER 160 · 2018 128

Jurassic) Pliosauroidea (Reptilia, Sauroptery- Seeley, Harry Govier (1869): Index to the gia). PhD thesis. University of Derby. Fossil Remains of Aves, Ornithosauria, and Owen, Richard (1860): On the orders of fossil Reptilia in the Woodwardian Museum of the and recent Reptilia, and their distribution in University of Cambridge; Cambridge. time. – Reports of the British Association for Seeley, Harry Govier (1874): Note on some of the Advancement of Science, 29: 153 – 166; the generic modifications of the plesiosauri- London. an pectoral arch. – Quarterly Journal of the Phillips, John (1871): Geology of Oxford and Geological Society of London, 30: 436 – 449. the valley of the Thames; Oxford. Seeley, Harry Govier (1892): The nature of the Sachs, Sven; Hornung, Jahn (2015): Marine shoulder girdle and the clavicular arch in Tetrapoden aus dem Mittleren Jura (Aale- Sauropterygia. – Proceedings of the Royal nium und Bajocium) von Bielefeld (Nord- Society of London, 51: 119 – 151. westdeutschland). – Bericht des Naturwis- Tarlo, Lambert Beverly (1960): A review of the senschaftlichen Vereins für Bielefeld und Upper Jurassic pliosaurs. – Bulletin of the Umgegend, 53: 52 – 73. British Museum (Natural History), Geology Sachs, Sven; Nyhuis, Christian (2015): Belege Series, 4: 147 – 189. für riesige Pliosaurier aus dem Jura Deutsch- Wellnhofer, Peter (1970): Plesiosaurier-Reste lands. – Der Steinkern, 21: 74 – 82. aus dem Opalinuston von Amberg (Ober- Sachs, Sven; Hornung, Jahn; Kear, Benjamin pfalz). –Mitteilungen der Bayerischen (2016): Reappraisal of Europe’s most com- Staatssammlung für Paläontologie und his- plete Early Cretaceous plesiosaurian: Branca- torische Geologie, 10: 261 – 270. saurus brancai Wegner, 1914 from the “Weal- Williston, Samuel Wendell (1925): Osteology den facies” of Germany. – PeerJ, 4: e2813. of the Reptiles; Cambridge. Sachs, Sven; Hornung, Jahn; Kear, Benjamin P. (2017): A new basal elasmosaurid (Sauropte- Arbeit eingereicht: 20.03.2018 rygia: Plesiosauria) from the Lower Cretace- Arbeit angenommen: 18.10.2018 ous of Germany. Journal of Pale- ontology, 37: e1301945. Sachs, Sven; Hornung, Jahn; Lallensack, Jens; Anschrift der Verfasser: Kear, Benjamin P. (im Druck): First evidence of a large predatory plesiosaurian from the Sven Sachs Lower Cretaceous non-marine ‘Wealden Naturkunde-Museum Bielefeld facies’ deposits of northwestern Germany. Abteilung Geowissenschaften Alcheringa: An Australasian Journal of Pa- laeontology. Adenauerplatz 2 Sauvage, Henri Emile (1873): Notes sur les 33602 Bielefeld reptiles fossiles. – Bulletin de la Société Géo- und logique de France, 3: 365 – 380. Im Hof 9 Schatz, Rolf (1982): Ein Pliosaurier-Zahn aus 51766 Engelskirchen dem oberen Dogger von Kandern am süd- E-Mail: [email protected] westlichen Schwarzwaldrand. – Der Auf- schluß, 33: 81 – 83. Schatz, Rolf (2010): Beiträge zur Mineralo- Dr. Christian J. Nyhuis gie und Paläontologie von Baden und der E-Mail: [email protected] Schweiz 1967 – 2010, Selbstverlag; Lörrach.

Naturhistorica BERICHTE DER NATURHISTORISCHEN GESELLSCHAFT HANNOVER 160 · 2018

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Die Naturhistorische Gesellschaft Hannover Gesellschaft zur Pflege der Naturwissenschaften · Gegründet 1797 Die Naturhistorische Gesellschaft Hannover versteht sich als eine Vereinigung von Menschen jeden Alters mit besonderem Interesse an der Natur und den Naturwissenschaften.

Ein kurzer Blick zurück Im Jahr 1797 gründeten 25 Herren umfangreiche Bibliothek. und eine Dame aus der Bürgerschaft der Aus dieser Lesegesellschaft ging 1801 Stadt Hannover eine Lesegesellschaft. die „Naturhistorische Gesellschaft in Sie schafften gemeinsam kostspielige Bü- Hannover“ hervor. Sie hatte sich das Ziel cher an, die den Mitgliedern dann reih- gesetzt, „bei allen Bevölkerungsschichten um zur Verfügung standen. Daraus ent- eine genauere Kenntnis der Naturpro­ducte stand im Laufe des 19. Jahrhunderts eine hiesiger Lande zu befördern“.

Initiativen der NGH · Treibende Kraft für die Errichtung des · Bau eines Schlachthofs in Hannover „Museums für Kunst und Wissenschaft“ · Mitwirkung in einer „Commission für (das heutige Künstlerhaus) die allgemeine Gesundheitspflege“ · Gründungsmitglied des Niedersäch­ · Gründungsmitglied des Niedersäch­ sischen Landesmuseums Hannover sischen Heimatbundes · Gründung des Zoologischen Gartens · Aufstellung des Naturdenkmals „Schweden-Findling“ am Deisterkamm Die NGH heute Nach 220 Jahren verfolgt die NGH · Geologie immer noch die gleichen Ziele. · Paläontologie Sie bedient sich dabei allerdings zeitge­ · Archäologie mäßer Methoden und beschäftigt sich · Botanik mit aktuellen Fragen. In Berichten, · Zoologie Exkursionen und Vorträgen geht es um · Landschaftskunde naturwissenschaftliche Themen – · Umweltforschung unter anderem aus der · Technik

Naturhistorica BERICHTE DER NATURHISTORISCHEN GESELLSCHAFT HANNOVER 160 · 2018 165

Die Naturhisto­rica – Berichte der Natur- den Herbst führen sie zu den unterschied- historischen Gesellschaft Hannover ist das lichsten Zielen und werden von Fachleu- wissenschaftliche Sprachrohr der NGH. ten geleitet. Dabei kommen biologische, Sie befasst sich mit den verschiedensten geologische sowie techno­logische Themen Bereichen der Naturwissenschaften und zur Sprache, aber auch kulturgeschichtlich nicht zuletzt mit dem Schutz der Um- interessante Stätten werden besichtigt. welt. Dabei werden auch die besonderen Die NGH möchte dazu beitragen, über Verhältnisse in Hannover berücksichtigt. die Notwendigkeit und die Ergebnisse Besonders begehrt sind die geologischen naturwissenschaftlicher Forschung zu Wanderkarten. informieren. Dies geschieht vor allem Der Natur unmittelbar begegnen kann durch Vorträge im Winterhalbjahr, denen man auf den etwa zehn pro Jahr stattfin- sich spannende Diskussionen anschließen. denden Exkursionen. Vom Frühjahr bis in

Vorstand und Beirat Vorstand Beirat 1. Vorsitzender: Dr. Dieter Schulz Dr. Jochen Erbacher 2. Vorsitzender: Prof. Dr. Klaus D. Jürgens Prof. Dr. Bernd Haubitz Schatzmeister: Arne Bents Dr. Wolfgang Irrlitz Schriftführer: Dr. Florian Klimscha Dr. Franz-Jürgen Harms (Geowissensch.) Günter Oberjatzas Prof. Dr. Hansjörg Küster (Botanik, Dr. Hans Albert Roeser Ökologie) Ole Schirmer Dr. Annette Richter (Paläontologie, Ludger Schmidt Geologie, Zoologie) Dr. Renate Schulz Dr. Dieter Schulz (Biologie)

Naturhistorische Gesellschaft Hannover Gesellschaft zur Pflege der Naturwissenschaften­ Willy-Brandt-Allee 5 30169 Hannover Germany Telefon (0511) 9807-871 Fax (0511) 9807-879 E-Mail: [email protected] www.N-G-H.org

Naturhistorica BERICHTE DER NATURHISTORISCHEN GESELLSCHAFT HANNOVER 160 · 2018 Naturhistorica 160 · 2018

Die Themen in diesem Heft: Josef Paul Subrosionssenken zwischen Harz und Leine- · Salz verändert Landschaften, sowohl oberirdisch Bergland (Känozoikum, Niedersachsen) durch Abraumhalden, als auch durch Lösung des 7 Salzes im Untergrund. Das kann zu Subrosions- Lea Weßel senken führen, die mit Beispielen am Harzrand Die Oligozän-Sammlung Harms des anschaulich dargestellt werden. Landesmuseums Hannover · Aus der Sammlung Harms des Niedersächsischen Ein Tauchgang durch die Ur-Nordsee Landesmuseums Hannover wurde der stratigrafi- 43 sche Themenbereich „Oligozän“ ausgewählt. Die Jannik Weidtke Autorin führte alle notwendigen Arbeiten für die Moschusochsenschädel (Ovibos moschatus) aus Inventarisierung der Objekte durch. Das Ergebnis dem Landesmuseum Hannover und dem Dinopark steht in vorbildlicher Weise für Synergien zwi- Münchehagen – Vergleich und Interpretation 69 schen NGH, Landesmuseum und den beteiligten Universitäten. Sven Sachs, Christian J. Nyhuis Plesiosaurier-Funde aus dem Mittleren · Rezente und fossile Moschusochsenschädel aus Jura von Hildesheim dem Landesmuseum, dem Dinopark Müncheha- 115 gen und dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie wurden untersucht, verglichen und Burkhard Schäfer Schottisches Flugwild in Ostfriesland Alters- und Geschlechtsbestimmungen vorgenom- Ein Beitrag zur frühen Geschichte men – ein interinstitutionelles Forschungsprojekt. des Knyphauser Waldes · Plesiosaurier-Funde aus dem Mittleren Jura Nie- 129 dersachsens sind selten. Die Autoren beschreiben Aufstellung des Schweden-Findlings Funde aus dieser Formation von Hildesheim und am Deisterkamm am 6. Mai 2018 nehmen Gattungs- bzw. Familienzuweisungen vor. 136 · Kennen Sie das Schottische Moorhuhn? Wenn Exkursionsbericht: „1001 Rosenblüte in einem nicht, lesen Sie den Artikel „Schottisches Flugwild Stadtgarten in Ricklingen“ (02. und 30.06.2018) in Ostfriesland“. Einbürgerungsversuche, deren 139 Misslingen und der Landschaftswandel im ausge- Exkursionsbericht: Geest, Marsch, Watt henden 19. Jahrhundert werden angesprochen. und Meer – Nordsee, Weser und Elbe bei · Neue Serie: Exkursionen aus dem Jahr 2018 – Cuxhaven (15. – 17.06.2018) Frischen Sie Ihre Erinnerungen auf. 148 Exkursionsbericht: Von Hexen, Teufeln und roma- nischen Kirchen bei Quedlinburg (11.08.2018) 154

Exkursionsbericht: Lüneburg – eine Perle unter den Hansestädten. (01.09.2018) 156

Exkursionsbericht: Die Zuckerfabrik Nordstemmen (06.10.2018) 158

www.Naturhistorica.de ISSN 1868-0828