STADTRUNDGANG GESCHICHTE UND MUSEEN Zum Bad Waldsee: Stadtrundgang Kleine Stadt Mit Großer Vergangenheit
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
BAD WALDSEE STADTRUNDGANG GESCHICHTE UND MUSEEN Zum Bad Waldsee: Stadtrundgang Kleine Stadt mit großer Vergangenheit Unsere kleine Broschüre soll Wenn die bekannte Chronik eine Hilfe sein, die Sehens- der Grafen von Zimmern die würdigkeiten der Stadt zu er- Waldseer als "Herren" , die kunden. anderen oberschwäbischen Selbstverständlich müssen Städter aber abfällig als nicht alle Highlights abgelau- „Roßtäuscher, Weber, Bauern fen werden, sie dienen ledig- oder Ledergerber" bezeichnet, lich der Strukturierung und so ist hier - bei aller Beschei- Orientierung. denheit - die besondere Stel- Machen Sie sich also auf den lung der Stadt innerhalb der Weg, schauen Sie sich dieses umliegenden, ähnlich struktu- oder jenes an, kommen Sie rierten Städte bereits vor mehr wieder, wenn Sie interessiert als vierhundert Jahren erkannt sind. Neben der genannten worden. Literatur sind Ihnen bei Ihren Oberflächlich betrachtet, Fragen die Kurverwaltung, die scheint aber Waldsee das ehrenamtlichen Mitarbeiter im Geschick und die Zeitläufte Städtischen Museum im Korn- gleichrangiger Geschwister zu haus oder das Stadtarchiv teilen: Da taucht es im Zuge gerne behilflich. der Befriedungsmaßnahmen der Franken in Schwaben als Besitz eines fränkischen Klo- sters erstmals auf, wird gleich anderen von den noch heidni- schen Ungarn zerstört (926), kann mit Hilfe erst welfischer, dann staufischer Dienstleute, den Herren von Wallsee (Waldsee), so recht und schlecht gedeihen. Dank der Lage an einer Römer- straße, die die Alpenpässe, den Bodensee mit der Donau und Ulm verbindet, entsteht durch genossenschaftliches Bewusst- sein 1298 die Stadt Waldsee, die gleich ihrem Stadtherrn schon bald in den Sog habs- burgischer Politik gerät. Dies geschah vor mehr als 700 2 Jahren. Das Gemeinwesen Sie baut eine weitere, die erhielt von König Albrecht von "unserer lieben Frau auf dem Habsburg die Rechte der Stadt Berge". Auch hier sieht das Ravensburg. Kloster nicht untätig zu, als Im Laufe weniger Jahrzehnte seine Felle weg zu schwimmen konnte sich die junge Stadt drohen. Die FrauenbergkapeIle namhafte Privilegien sichern, wird nicht neue städtische doch die Reichsfreiheit erlang- Pfarrkirche sondern Filialkirche ten die Waldseer nicht. Die der Propstei. Die Stadt distan- alten Stadtherren, die Wallseer, ziert sich wenigstens von dem verkauften 1331 das Städtchen alten Stiftspatron, dem an Habsburg. hl. Petrus, stellt sich unter den Fast 500 Jahre lang, bis 1806, Schutz Mariens, sie wird Für- ist man gut österreichisch, ein sprecherin der Stadt. Teil Schwäbisch-Österreichs. Diese Absicht tut die Bürger- Nach der erzwungenen Flurbe- schaft im Stadtwappen kund: reinigung des deutschen Süd- Zum alten Schwarz-Silber- westens durch das Eindringen Schwarz geteilten Schild der Napoleons kommt die Stadt Herren von Wallsee, den die erst an Bayern, wenige Monate Stadt als ihr Wappen übernom- danach an Württemberg. Man men hat, kommt ein Beizei- solle dies als höhere Fügung chen, der sechsstrahlige betrachten, beschwichtigen die Marienstern („Stella Maris = neuen Herren aus Stuttgart die Stern des Meeres“ als Marien- irritierten Alt-Österreicher. symbol). Bald gesellen sich Man wird Oberamtsstadt, zieht weitere Beizeichen zum Wap- noch 1866 mit Österreich pen, die auf wichtige Gewer- gegen Preußen in den Krieg be- und Handelszweige hin- und geht schließlich 1871 in deuten. Die Kornschaufel steht dem neu geschaffenen Deut- für den schwunghaften Getrei- schen Reich auf. dehandel, vor allem mit der Schürft man tiefer, so stößt Eidgenossenschaft der man auf ein Webstück mit vie- Schweiz, der Fisch wird Zei- len farbigen Fäden, die die chen des Stadtsees und seines Geschichte der Stadt gegenü- Fischreichtums. ber anderen Landstädten bunt und faszinierend machen. Da ist nämlich das Augustiner- kloster St. Peter, das bereits 1181 von Kaiser Friedrich Bar- barossa bestätigt worden ist. Es ist auch Pfarr- und Kirchenherr. Die Stadt unternimmt viele Bemühungen, sich vom Kloster zu trennen, baut eine Kapelle zur eigenen geistlichen Betreu- ung. Sofort wird sie vom Propst dem Stift einverleibt. 3 Erst mit der Auflösung des Augu- nung "Herren" verdienen. In die- stiner-Chorherrenstifts 1788, das sen Kämpfen bleiben sie die übrigens ausschließlich auf Meister, die Pfandschaft kann Drängen der Patres säkularisiert 1680 auf "immerwährende wird, gelangt Waldsee in den Weltzeiten" gelöst werden. Der Besitz einer städtischen Stadt- Stadtherr Österreich hat dabei pfarrstelle. Jahrhunderte langer keineswegs tatenlos zugeschaut. Streit ist somit beendet. Das Stift, Anfangs des 16. Jahrhunderts das seit 1181 Tief- und Höhen- beruft er selbstverständlich auch flüge durchgemacht hat, hinter- die Waldseer in den schwä- lässt der Stadt eine eben durch bisch-österreichischen Landtag; bedeutende Barockkünstler wie eine Entfremdung von Habsburg Dominikus Zimmermann umge- während der Zeit der Verpfän- staltete prächtige Kirche und dung ist damit Illusion. Von der umfangreiche Klostergebäude. Innsbrucker und Wiener Regie- Zum anderen ist da das Schloss rung profitiert der Rat und die Waldsee, in dem seit 1386 die Gemeinde überdies: fast alle der Truchsessen von Waldburg, die beträchtlichen Rechte und Frei- heutigen Fürsten zu Waldburg- heiten gewährt oder garantiert Wolfegg, wohnen. Nachdem das Erzhaus. Waldsee von Österreich - Habs- Die Stadt muss nach 1806 ihre burg erworben worden ist, kann Selbstständigkeit mit den wich- es sich dieser neuen Landesherr- tigsten Privilegien wie der Hals- schaft nicht lange ungeteilt gerichtsbarkeit, der Maut-, Zoll- erfreuen. Wie schon kurz vorher und Steuerrechte aufgeben. Sie wird es 1386 wieder verpfändet, wird bis 1938 württembergische diesmal an die Waldburger. Die Oberamtsstadt. Ihre Mittelpunkt- österreichische Landeshoheit funktion für das bäuerliche bleibt erhalten, doch die Nutz- Umland behält sie in Form des nießung der Stadt gereicht dem regen Getreideverlags im Korn- Haus Waldburg. haus und der Viehmärkte. Eine Pfandherrschaft, sei sie Die 30er Jahre können auch hier noch so befristet, ist drückend unter das Motto „von und schwer, wenn der Inhaber der Zentrumspartei zur NSDAP“ des Pfandes hart an der Stadt- eingeordnet werden; Gottsei- mauer wohnt, in die Suppentöp- dank kann aus der Zeit des Drit- fe der Waldseer blicken kann, ten Reiches nichts Spektakuläres wenn er ständig bemüht ist, berichtet werden. seine Rechte bis zuletzt auszu- Nach dem Zweiten Weltkrieg kosten oder gar zu vermehren, endlich wird das "braune Gold bis hin zum Wunsch der Einver- Oberschwabens", das Moor, leibung der Stadt. entdeckt, nachdem die Indu- So gebührt der dritten Macht im strialisierung fast spurlos am Städtle, den Bürgern, die Aus- Städtchen zwischen den beiden zeichnung, dass sie in den Aus- Seen vorübergegangen ist. einandersetzungen, Fehden, Der Entwicklung der Stadt als Zerwürfnissen und Prozessen Kur- und Fremdenverkehrsort ist obsiegen und sich die Bezeich- damit Tür und Tor geöffnet. 4 Stadtrundgang ken zeugen vom Können des Waldseer Bildhauers Johann Georg Reusch (1730). Der Friedhof wurde 1628 angelegt, als in Waldsee die Pest wütete. Der alte Friedhof, der um die Stiftskirche herum lag, reichte damals nicht mehr 1. Station aus. Der Chronist berichtet, Friedhofkapelle dass neben der Kirche so viele Schädel und Knochen zum Vorschein kamen, dass 120 zweispännige Wagenfuhren notwendig waren, um die Überführung zum neuen Fried- hof zu schaffen. 2. Station Maximilianbad Der Parkplatz an der Friedhof- kapelle bietet sich als Aus- gangspunkt unseres Stadtrund- gangs an. Von hier gehen Sie Wenige Schritte nach Osten zur angrenzenden Friedhofka- sind es bis zum Maximilianbad. pelle. Sie wurde 1696 erbaut Es ist eine von drei städtischen und dem heiligen Michael Kurkliniken, benannt nach geweiht. Sie hat das Glück im Fürst Max zu Waldburg-Wol- Schutze einer der schönsten fegg-Waldsee, der hier 1923 Akazien zu stehen. Der Baum ein Grundstück für ein Bürger- wird auf 170 Jahre geschätzt. heim (Altenwohnheim) stiftete. Schon zweimal sollte er dem 1949 begann der Moorbadebe- Fortschritt geopfert werden, trieb im Bürgerheim. 1956 aber die Waldseer kämpften erhielt die Stadt das Prädikat um ihre Akazie, dass sie heute „Bad“, zugleich wurde dort ein fester steht denn je. Kurheim erbaut, das ab 1968 Die Kapelle wirkt durch den als Maximilianbad in ein Sana- dreiseitigen Chor sehr anmutig. torium umgewandelt wurde. Sie ist auch innen sehenswert 1974 wurde Bad Waldsee noch (tagsüber geöffnet). Die Plasti- Kneippkurort. 5 3. Station mit Pferden, Kühen, Schwei- Wurzacher Tor nen und den dazu gehörenden Misthaufen. Die Stadttore wur- den von zuverlässigen, verei- digten Männern bewacht. Am Gluthafentor gab es zwei Tor- warte. Sie hatten nicht nur aus- zuspähen, um Feinde und Feu- ergefahr zu melden, sie kassierten auch den Zoll für Getreide- und Salzwagen und die Maut („Pflastergeld“). 4. Station Franziskanerkloster Nördlich des Maxi-Bads erblicken Sie bereits das Wurz- acher Tor. Nach 1400, als die Stadtummauerung erweitert wurde, entstand der Wurza- cher Torturm. Der Ortskern von Waldsee war schon 1283 1650 entstand die für Klöster einfach ummauert. Die Erwei- „klassische“ Vierflügelanlage terung und der Bau der Tortür- mit Kreuzgang und Innenhof. me fällt in die Zeit des Bürger- Sie gehörte zur Tiroler Ordens - meisters Ulrich Kudrer. Da die provinz der Franziskaner. Als Wurzacher Vorstadt mehrfach Folge der Säkularisation von abbrannte, wurde der Torturm 1806 steht heute allerdings nur Gluthafentor genannt. Im noch ein hufeisenförmiges Volksmund heißt er Hafen- Gebäude auf der Hochstatt.