Glashütte und Glaswerk „“ Glasproduktion im 18. und 19. Jahrhundert

Links: Ein Trinkglas aus der Kah- ler Produktion, das sich heute im Spessartmuseum in Lohr bein- det.

Rechts: In Privatbesitz einer Klein- kahler Familie ist dieses Trinkglas, das seine Ähnlichkeit zu dem Glas im Spessartmuseum nicht ver- Oben: Die Glashütte Kahl leugnen kann. auf einem zeitgenössi- schen Glas im Schloss- museum Büdingen (links Zeitweise übernahm Beck auch die Glashütten in Breitenborn bei Büdin- oben vergrößert). gen, Gettenbach (OT Gründau), Emmerichsthal und kooperierte mit der Links: Das älteste Foto des Glashüttengeländes löwensteinischen Mondglashütte in Einsiedel im Hafenlohrtal. Zusätzlich zeigt die bis nach dem zu den Gebäuden für den Glashüttenbetrieb, zu der auch die „Liqueur und 2. Weltkrieg erhaltenen Köllnisch Wasserfabrik auf dem Kahler Glaswerk“ gehörte, befand sich Hauptgebäude. dort „ein Waaren-Lager an Spezereyen, Schnittwaaren, Leder pp.“, das Der Glashüttenhof am gegenüber liegenden Kahlufer geht auf die so ge- teilweise mit Umgehung der Zollgebühren aus dem nahen Hessen gefüllt nannte „Kahler Glashütte“ zurück. wurde. Neben einer Brauerei und Gastwirtschaft auf dem Glaswerk betrieb Auf dem Schönbornschen Territorium am rechten Kahlufer gründete 1761, Beck auch eine musterhafte Landwirtschaft auf dem ihm gehörenden Gut zwanzig Jahre nach der Aufgabe der Glasproduktion am Habersbach der Reuschberg oberhalb Schöllkrippen. älteste Sohn eines früheren Mitpächters namens Abraham Mann mit den Zwei weitere Gläser aus Brüdern Kaspar und David Scheinast sowie ihrem Schwiegervater, dem Kleinkahler Privatbesitz: (Klein-) Kahler Müller Hans Adam Hubert, eine Glashütte nahe des Zusam- Links: Ein farbloser Kelch menlusses von Lindenbach und Kahl. 1762 stieß aus dem Steigerwald mit den Initialen P. B. und der erfahrene Flachglasmacher Franz Michael Hoffer hinzu. Aufgrund der der Jahreszahl 1813. Wünsche seiner Finanziers in Nürnberg änderte er die Produktion in eine „Spiegelhütte“, in der keine vollkommenen Spiegel nach dem Vorbild der Rechts: Eine braune Fla- kurmainzischen Spiegelmanufaktur in Lohr gefertigt, sondern nur schleif- sche in Bocksbeutelform und polierbare Glastafeln bester Güte zur Weiterverarbeitung in Nürnberg wurde ebenfalls mit den Initialen P. B. verziert. erzeugt werden sollten. Hoffer wechselte jedoch im Sommer 1766 nach Es handelt sich dabei Hessen und gründete in Altengronau eine dort bis 1791 arbeitende „Spie- vermutlich um den Glas- gelhütte“. macher Peter Büttner. Die Gründung einer speziellen Flachglashütte unterblieb danach. Ab 1775 war der bisherige Hüttenmeister Kaspar Scheinast Glashüttenpächter, Abhängig vom Marktgeschehen in Frankfurt geriet Becks erfolgreicher der 1779 Nikolaus Elsässer aus (Klein-)Kahl für drei Jahre als Mitpächter Betrieb ab 1824 in Schwierigkeiten und 1829 in Konkurs. Wenige Jahre aufnahm. 1787 zwangen inanzielle Schwierigkeiten Scheinast zur Aufga- später starb Beck in . 1837 ersteigerten die bereits in der be der bescheidenen Hohlglasproduktion. Der folgende Pächter war der ysenburgischen Glashütte zu Breitenborn als Pächter engagierten Brüder aus Wiesthal stammende Peter Sternheimer. Der „gelernte Jäger“ war Heinrich Ernst und Philipp Ernst Stübing das Kahler Glaswerk. Nachdem bereits vorbestraft und hatte sich 1784 durch den Kauf eines adeligen sich die beabsichtigte Gemeinschaftsproduktion mit Breitenborn in vollem Gutshofes in Schöllkrippen mit elterlichem Vermögen außerhalb des ihm Umfang nicht realisieren ließ, kamen auch die neuen Besitzer in Zahlungs- versperrten Kurmainzer Territoriums einen neuen Wohnsitz geschaffen. schwierigkeiten, die 1854 zur Pfändung des Kahler Werks führte. Damit Sternheimer war von Frankfurter Finanziers abhängig und führte die in war das Ende der Glasproduktion an diesem Ort nach fast einem vollen Frankfurt gewünschte Mondglasfertigung ein. Zur Produktion der unter Jahrhundert gekommen. Durch Versteigerung geriet der Besitz an Im- dem Markenbegriff „Lohrer Glas“ begehrten Flachglassorte wurden Fach- mobilien-Spekulanten und nach mehreren Besitzerwechseln 1934 an die leute aus und Rechtenbach abgeworben, weswegen er evangelische Stadtpfarrei der Stiftskirche in Stuttgart, die es noch heute 1790 zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt wurde. Die von Kurmainz mit (2008) inklusive eines Forstes von etwa 1000 Hektar besitzt. Ein zustän- allen Mitteln bekämpfte Kahler Mondglasproduktion wurde in diesem Jahr diger Förster hat seinen Wohnsitz in den noch eingestellt und hatte somit maximal 15 Monate gedauert. erhaltenen Gebäuden der zum Denkmal einer Der verdienstvolle Büdinger frühen Industriegeschichte im ge- Kaufmann und Unternehmer wordenen Glashüttenreste. Carl Beck (ca. 1758-1834), der sich vorher um die Ei- Links: Gartenarbeit ist auf dem Gelände des Glashütten- hofes eine gefährliche Sache: Stets besteht die Gefahr, in senverarbeitung im Huckel- eine Scherbe zu greifen. heimer Wald gekümmert und bereits zu den Finanziers In 1761 the Kahl glassworks was founded on Schönborn territory on the Sternheimers gehört hatte, right bank of the Kahl River, in competition of the Mainz glassworks beyond übernahm nach der Verstei- the river, in the central Mts. In the irst 30 years mainly plate glass gerung im September 1793 was produced and shipped to Nuremberg. It lourished under the ownership of the Büdin- die Glashütte. Beck ist die in gen entrepreneur Carl Beck (~ 1758 – 1834), when as much as 100 workers produced plate glass and glass vessels. In the village oder ist das da schon eine town gewesen?, persönlich verantwortlicher, Beck also operated a general store, a brewery, an inn, and also a farmstead. Beck went patriarchalischer Führung Oben: Das Hauptgebäude hatte Bestand bis nach dem 2. Weltkrieg. bankrupt in 1829, due to inancial involvements in Frankfurt. Under a new ownership the realisierte Blütezeit der Kah- glassworks never got off the ground again and was shut down in 1854. Following a num- ler Glashütte zu verdanken Unten: Eine alte Aufnahme zeigt das Jagdzimmer im ber of changes of ownership, the grounds, with the forest belonging to it, were bought in und alle noch existierenden ehemaligen Herrenbau. 1934 by the regional Lutheran church administration at Stuttgart. Abbildungen zeigen das C’est en 1761 qu’on a fondé «la Verrerie de Kahl» à la rive droite de la Kahl, c’est-à-dire dans le territoire des comtes de Schönborn. Elle entrait en con- von ihm geschaffene „Glas- currence avec les verreries des archevêques de Mayence qui se trouvaient werk“. Beschäftigt wurden dans le Spessart, au-delà de la rive gauche de la Kahl. Pendant les 30 premières années, dort in den besten Jahren on produisait surtout le verre plat qui était transporté à Nuremberg. Sous la gérance de bis zu 100 Arbeiter, die M. Carl Beck (~ 1758 – 1834), entrepreneur de Büdingen (en ), l’entreprise loris- Hohlglasmacher kamen aus sait. On y comptait jusqu’à 100 ouvriers qui produisaient le verre plat et de la verrerie en bouteilles. M. Beck y avait aussi installé un grand magasin, une brasserie et une auber- dem Odenwald, die Mond- ge; en sus, il y gérait aussi une exploitation agricole. A cause d’opérations spéculatives glas- und Tafelglasmacher à Francfort, l’entreprise de M. Beck a fait faillite en 1829. Quoiqu’il y ait eu une nouvelle aus dem Spessart. gérance, la production de verre n’avait plus de succès, et, en 1854, l’entreprise a été fermée. Ensuite, il y a eu plusieurs propriétaires jusqu’à ce que, en 1934, l’Eglise prote- stante régionale de Stuttgart ait acheté non seulement l’ancienne verrerie mais aussi la forêt avoisinante.

© Archäologisches Spessart-Projekt e.V. Weitere Informationen bei: Der europäische Kulturweg in wurde realisiert im Rahmen des Projekts «Pathways to Cultural Landscapes» mit Förderung von: Gemeinde Archäologisches Kleinkahl, Amt für Landwirtschaft und Forsten Karlstadt, Forstbetrieb Hei- Spessart-Projekt e.V. European Pathways to Cultural Landscapes genbrücken, Amt für ländliche Entwicklung Würzburg, Sparkasse Aschaffen- Treibgasse 3 burg-, -Spessart-Gas, Raiffeisenbank Schöllkrippen, Gemeinde 63739 Aschaffenburg . Spessartkarte aus dem Pinzing-Atlas, Staatsarchiv Nürnberg (Nürnberger Karten und Pläne, Rep. 58, 230). Mit Unterstützung von Joach- www.spessartprojekt.de im Lorenz, Peter Steppuhn, Thomas Küntzel und des Bezirks Unterfranken. [email protected]