Gegen Das Hissen Der Roten Flagge Auf Dem Rathaus Erheben Wir Keinen Einspruch.« Novemberrevolution 1918 in Thüringen Inhalt

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Gegen Das Hissen Der Roten Flagge Auf Dem Rathaus Erheben Wir Keinen Einspruch.« Novemberrevolution 1918 in Thüringen Inhalt THÜRINGEN ROSA LUXEMBURG STIFTUNG Mario Hesselbarth »GEGEN DAS HISSEN DER ROTEN FLAGGE AUF DEM RATHAUS ERHEBEN WIR KEINEN EINSPRUCH.« NOVEMBERREVOLUTION 1918 IN THÜRINGEN Mario Hesselbarth »GEGEN DAS HISSEN DER ROTEN FLAGGE AUF DEM RATHAUS ERHEBEN WIR KEINEN EINSPRUCH.« NOVEMBERREVOLUTION 1918 IN THÜRINGEN INHALT Vorwort 6 Einleitung 8 Die Generalprobe im Januar/Februar 1918 17 Ein Vorspiel in Jena 17 Machtfrieden oder Verständigungsfrieden 18 Die Aufstandsbewegung für den Frieden 26 Zum Entstehen der revolutionären Situation im Herbst 1918 34 Sommer/Herbst 1918 – Das Zusteuern auf die Revolution 34 Die Regierung Max von Baden 40 Die Rückwirkung der innenpolitischen Reformen der Regierung Max von Baden auf die Thüringer Kleinstaatenwelt 46 Die Arbeiter und der Frieden 55 Wer hat eigentlich gemeutert? 62 Die Novemberrevolution in Thüringen 65 Die Soldatenaufstände in Weimar, Altenburg und Gotha am 7 und 8 November 1918 65 Die Ausweitung der Soldatenaufstände zur Revolution Der 8 November 1918 in Thüringen 67 Die Entscheidung: Der 9 November 1918 73 Formen des Übergangs: Von der Fürsten­ herrschaft zur Demokratie in Thüringen 83 Provisorische Räteherrschaft in Sachsen-Weimar-Eisenach, Reuß j L und Reuß ä L und Sachsen-Gotha 83 »Transformation« in Sachsen-Altenburg 89 »Gesetzlicher Übergang« durch die Landtage in Sachsen-Meiningen, Schwarzburg-Sondershausen und Schwarzburg-Rudolstadt 90 4 INHALTSVERZEICHNIS Die »Räteherrschaft« in Thüringen im November/Dezember 1918 95 Die flächendeckende Bildung von Arbeiter-, Soldaten- und Bauernräten und deren lokale Machtübernahme ab dem 10 November 1918 95 Ansätze des Aufbaus einer Räte-Organisation für die Übergangszeit 102 Zur Frage der Mitarbeit des Bürgertums in den Arbeiter- und Soldatenräten 110 Das Wirken der Arbeiter­ und Soldatenräte in Thüringen 113 Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit 113 Die Sicherung der Lebensmittelversorgung 120 Maßnahmen der Arbeiter- und Soldatenräte zur Verbesserung der sozialen Lage der arbeitenden Bevölkerung 125 Weichenstellungen im Dezember 129 Die Konferenz der Arbeiter- und Soldatenräte am 10 Dezember 1918 in Erfurt als Anstoß zur Bildung des Landes Thüringen 129 Nationalversammlung oder Rätesystem 132 Die Gründung der KPD 141 Anstelle eines Nachwortes ein Ausblick 143 5 VORWORT Warum an ein Ereignis erinnern, das einhundert Jahre zurückliegt, weit- gehend unbeliebt war und im letzten Vierteljahrhundert fast vergessen schien? Ende der 1960er Jahre, auf dem Höhepunkt der gesellschaftlichen und geschichtswissenschaftlichen Diskussionen über die Novemberrevolution 1918 in der damaligen Bundesrepublik veröffentlichte der Journalist Sebas- tian Haffner seine in der Zuspitzung umstrittene, aber auch heute noch lesenswerte Reportage über das Revolutionsdrama Eine Anfang der 1990er Jahre erschienene Neuausgabe trägt den Untertitel »Als Deutschland wurde, wie es ist« Nicht nur für Haffner war die Barbarei des deutschen Faschismus und der von ihm begangenen singulären Menschheitsverbre- chen Ausgangspunkt der Betrachtungen Die aus der Revolution 1918 hervorgegangene Weimarer Demokratie entwickelte kein wirkliches gesell- schaftliches Fundament Ihr eigentlicher sozialer Träger, die sozialistische Arbeiterschaft, hatte sich infolge der Niederlage der Revolution endgültig in einen sozialdemokratischen und einen kommunistischen Flügel gespal- ten Die ökonomischen und politischen Eliten des untergegangenen Kaiser- reiches konnten hingegen ihre Machtpositionen retten, von denen aus sie in den nachfolgenden Jahren die junge Demokratie attackierten und desta- bilisierten Aus dieser Perspektive war die Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts durch rechtsextreme Freikorpssoldaten am 15 Ja nuar 1919 das eigentliche geschichtsträchtige Ereignis des Revolutionsdramas Als Personen hatten diese beiden Vorkämpfer der radikal-linken Spartakus- gruppe keinen wirklichen Einfluss auf den Ereignisverlauf Aber mit Aus- nahme des drei Wochen nach ihnen ermordeten bayrischen Ministerprä- sidenten Kurt Eisner symbolisierte niemand die Revolution mehr als Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht Rückblickend konnte und kann ihre Ermordung als eine weitere Wende hin zur Katastrophe des 20 Jahrhun- derts gedeutet werden Eine gerade Linie von der Niederlage der Revolution im Frühjahr 1919 hin zum Untergang der Weimarer Republik am 30 Januar 1933 zu ziehen, hieße jedoch die Offenheit geschichtlicher Prozesse zu verdecken Sowohl die Leistungen der Novemberrevolution 1918 als auch ihre demokratischen und sozialistischen Potentiale traten und treten aus dieser Perspektive all- 6 VORWORT zu schnell in den Hintergrund Zu konstatieren ist jedoch zunächst, dass die Novemberevolution den Ersten Weltkrieg beendete und Deutschland vor einem »nationalen Verteidigungskrieg« mit noch größeren Opfern be- wahrte Die Revolution stürzte das Kaiserreich und etablierte die Republik mit allgemeinem Wahlrecht, nun auch für die Frauen Demokratische und soziale Rechte, jahrzehntealte Forderungen der Arbeiterbewegung, wurden durch sie verwirklicht All das stellte einen wesentlichen historischen Fort- schritt im Vergleich zu dem von Bismarck 1871 begründeten preußisch- deutschen Obrigkeitsstaat dar Seinen Ausgangspunkt hatte dieser Fort- schritt nicht in Beschlüssen von Parlamenten, sondern in den spontanen Massenaktionen der revolutionären Soldaten, Arbeiterinnen und Arbeiter Insofern besaß die Novemberrevolution einen ausgeprägten sozialen und basisdemokratischen Grundzug, der sich besonders in der Bildung und dem anfänglichen Wirken der Arbeiter- und Soldatenräte [nachfolgend: ASR; M. H ] niederschlug Im Kern ging es im November 1918 um Frieden und Demokratie, um die republikanische Staatsform, um indi viduelle und kollektive staatsbürgerliche Freiheiten und Rechte, um Emanzipation und Partizipation, um die Lösung der sozialen Frage einschließlich der Eigen- tumsfrage Diese doppelte Bilanz – die Niederlage mit ihren dramatischen Folgen für die deutsche und europäische Geschichte des 20 Jahrhunderts und zugleich der gesellschaftliche Fortschritt gegenüber dem Bismarckreich – macht den Umgang und die Auseinandersetzung mit der Novemberrevolution 1918 auch nach 100 Jahren aus demokratisch-sozialistischer Perspektive zu einer Herausforderung 7 EINLEITUNG Noch immer könne sich die Welt eine Revolution »nicht anders vorstellen, als mit Blutvergießen mit Flinten, Bajonetten und Barrikaden« konstatierte Hermann Müller, Redakteur der sozialdemokratischen Altenburger Volks- zeitung, seinen mit dem Abstand von fünf Jahren verfassten Rückblick auf die Novemberrevolution 1918 1 Er selbst hatte am Abend des 8 November 1918 eine Abordnung des Soldatenrats des Flugplatzes Leina relativ erfolglos aufgefordert, keine eigenständigen Aktionen durchzuführen Am darauf- folgenden Tag wurden die Soldaten dennoch aktiv, wobei es zu keinen gewaltsamen Auseinandersetzungen kam 2 Am Vormittag des 8 November befürchteten auch in Weimar die Führun- gen von Polizei und Militär gewaltsame Ausschreitungen Ihnen war die Absicht der Soldaten der Garnison bekannt geworden, am Abend durch die Stadt zu demonstrieren Deshalb baten sie den sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten August Baudert bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung um Unterstützung 3 Die im Anschluss an die Solda- tendemonstration in der Nacht zum 9. November vollzogene Machtüber- nahme durch den Weimarer Soldatenrat verlief jedoch »in größter Ruhe Die Ordnung wurde nirgends gestört« 4 Noch zwei Tage danach blickten viele Weimarerinnen und Weimarer mit Verwunderung »um sich und wollten es gar nicht glauben, was geschehen war! Der Großherzog abge- dankt und doch alles so ruhig!«5 Nachdem am Morgen des 9 November die in vielen Orten ablaufenden revolutionären Ereignisse Mühlhausen zu erreichen schienen, riefen Ober- bürgermeister Trenkmann und der Vorsteher der Stadtverordnetenver- sammlung mit Verweis auf die aus dem benachbarten Gotha gemeldeten »Ausschreitungen« zu Ruhe und Ordnung auf 6 Aber auch in Mühlhausen verlief die Übernahme der öffentlichen Gewalt durch die Revolutionäre 1 Müller, Hermann: Geschichte der Arbeiterbewegung in Sachsen-Altenburg. Jena 1923. S. 109. 2 Wolfrum, Andreas: Die Sozialdemokratie im Herzogtum Sachsen-Altenburg zwischen 1848 und 1920. Köln Weimar Wien 2003. S. 188. 3 Post, Bernhard; Werner, Dietrich: Herrscher in der Zeitenwende. Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar- Eisenach 1876–1923. Weimar 2006. S. 503. 4 Volkszeitung für Sachsen-Weimar-Eisenach, 09.11.1918. (nachfolgend: Volkszeitung) 5 Wallraf, Lothar: Vom Ausgang des Ersten Weltkrieges bis zur Befreiung des Faschismus 1917 bis 1945, in: Günther, Gitta; Wallraf, Lothar (Hrsg.): Geschichte der Stadt Weimar. Weimar 1976. S. 521. (S. 513–633). 6 Lösche, Dietrich: Materialien zur Geschichte der Novemberrevolution 1918 in Mühlhausen. Mühlhausen in Thüringen 1957. S. 12. Dok. 8. 8 EINLEITUNG nahezu ebenso gewaltfrei wie in fast allen Städten und Gemeinden, Kreisen und Provinzen sowie den Bundesstaaten und selbst in der Reichshauptstadt Berlin 7 Mehrfach betonte Mühlhausens Oberbürgermeister Trenkmann in seinem Bericht an das Erfurter Regierungspräsidium über die Ereig nisse zwischen dem 9 und 11 November, dass es in seiner Stadt zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Störungen von Ruhe und Ordnung gegeben habe 8 Gewaltlosigkeit, aber auch die Entschlossenheit zur Herbeiführung des Friedens, zur Beseitigung der überkommenen monarchistischen Struk- turen sowie zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung waren die wesentlichen Kennzeichen der ersten Revolutionstage Auch
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