Alberto De Michelis wurde am 7. Februar Kommission an wichtigen internationalen die Organisation des ESS. Ferner war er für die Eurostat Data Shops 1938 in Rom (Italien) geboren. Er studierte Verhandlungen teil (GATT, Kennedy-Runde, Entwicklung des Projekts zur Ausbildung Politische Wissenschaften und assoziierte Länder in Afrika, im karibischen europäischer Statistiker (TES) verantwortlich. Wirtschaftswissenschaften an der Universität Raum und Pazifischen Ozean). BELGIQUE/BELGIË FRANCE NEDERLAND UNITED KINGDOM EUROSTAT HOME PAGE www.europa.eu.int/comm/eurostat/ Florenz (Italien) sowie Im Januar 1993 wurde Alberto De Michelis Eurostat Data Shop INSEE Info service Centraal Bureau voor de Statistiek Eurostat Data Shop Wirtschaftswissenschaften und Statistik am Nachdem Alberto De Michelis zwischen 1983 zum Direktor der Direktion Bruxelles/Brussel Eurostat Data Shop Eurostat Data Shop — Voorburg Office for National Statistics MEDIA SUPPORT Institut IPSOA in Turin. Nach seinem Studium und 1987 fünf Jahre lang Leiter der Abteilung „Wirtschaftsstatistik, Wirtschafts- und Planistat Belgique 195, rue de Bercy Postbus 4000 Room 1.015 Cardiff Road EUROSTAT trat er im Jahr 1962 in die Dienste der „Landwirtschaftliche Gesamtrechnung und Währungskonvergenz“ ernannt. Seine Direktion Rue du Commerce 124 Tour Gamma A 2270 JM Voorburg Newport NP10 8XG (only for professional journalists) Alberto De Michelis Europäischen Kommission (Generaldirektion Strukturen“ war, wurde er im Jahr 1987 zum war verantwortlich für die wichtigen Projekte Handelsstraat 124 F-75582 Paris Cedex 12 Nederland B-1000 Bruxelles/Brussel Tél. (33) 1 53 17 88 44 South Wales Postal address: Generaldirektor Tel. (31-70) 337 49 00 für Soziale Angelegenheiten) und kam 1963 zu Leiter der Abteilung „Planung, Haushalt, zur statistischen Information für die Tél. (32-2) 234 67 50 Fax (33) 1 53 17 88 22 United Kingdom Jean Monnet building ehrenhalber der Fax (31-70) 337 59 84 Eurostat. Beziehungen zu anderen Wirtschafts- und Währungsunion (ESVG '95, Fax (32-2) 234 67 51 E-mail: [email protected] Tel. (44-1633) 81 33 69 L-2920 Luxembourg Europäischen Kommission, E-mail: [email protected] Fax (44-1633) 81 33 33 Gemeinschaftsinstitutionen und Finanzkonten, HVPI), für den E-mail: [email protected] Member of the MIDAS Net Office: BECH A4/017 — URL: www.cbs.nl/eurodatashop E-mail: [email protected] Europäischer Bürger Während seiner ersten zwanzig Jahre bei internationalen Organisationen“ ernannt. Gemeinschaftshaushalt (BSP für Eigenmittel), URL: http://www.datashop.org/ 5, rue Alphonse Weicker italienischer Nationalität Eurostat (1963-1983) war Alberto De Michelis Alberto De Michelis, der unmittelbar dem für den internationalen Dienstleistungsverkehr ITALIA - ROMA L-2721 Luxembourg PORTUGAL NORGE DANMARK Tel. (352) 43 01-33408 in zahlreichen Arbeitsbereichen von Eurostat Generaldirektor von Eurostat, Yves Franchet, (GATS) und für internationale Preisvergleiche ISTAT Statistics Norway Eurostat Data Shop Lisboa tätig (Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, unterstand, war zuständig für die (KKP und Berichtigungskoeffizienten). Danmarks Statistik Centro di informazione statistica Library and Information Centre Fax (352) 43 01-35349 Preisstatistik, Außenhandelsstatistik, Reorganisation der Programmierung und Bibliotek og Information — Sede di Roma INE/Serviço de Difusão Eurostat Data Shop E-mail: Av. António José de Almeida, 2 Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern) und Planung der Ressourcen von Eurostat und der Alberto De Michelis verließ Eurostat im April Eurostat Data Shop Eurostat Data Shop Kongens gate 6 [email protected] Sejrøgade 11 Via Cesare Balbo, 11a P-1000-043 Lisboa nahm als Statistiker der Europäischen auf Ratsebene erfolgenden Aussprachen über 2000 auf eigenen Wunsch. Boks 8131 Dep. DK-2100 København Ø I-00184 Roma Tel. (351) 21 842 61 00 N-0033 Oslo Tlf. (45) 39 17 30 30 Tel. (39) 06 46 73 32 28 Fax (351) 21 842 63 64 Tel. (47) 21 09 46 42/43 Fax (45) 39 17 30 03 Fax (39) 06 46 73 31 01/07 E-mail: [email protected] Fax (47) 21 09 45 04 E-post: [email protected] E-mail: [email protected] E-mail: [email protected] URL: http://www.ssb.no/ Alain Chantraine wurde am 19. Dezember Fragen zuständigen persönlichen Assistenten sowie für die Zusammenarbeit mit den ost- URL: http://www.dst.dk/bibliotek URL: http://www.istat.it/Prodotti-e/ SUOMI/FINLAND Allegati/Eurostatdatashop.html biblioteket/datashop/ 1940 in Lüttich (Belgien) geboren. Er hat die ernannt wurde. und mitteleuropäischen Ländern sowie der DEUTSCHLAND Member of the MIDAS Net Statistics Finland École des Hautes Études Commerciales in Gemeinschaft Unabhängiger Staaten. Eurostat Data Shop Helsinki SCHWEIZ/SUISSE/SVIZZERA Statistisches Bundesamt Lüttich (Belgien) absolviert (Abschluss 1962, Anschließend war Alain Chantraine für zwei Tilastokirjasto Eurostat Data Shop Berlin ITALIA - MILANO Statistisches Amt des Kantons Schwerpunkt Finanzwissenschaften). Referate von Eurostat verantwortlich: zunächst Ab 1997 war Alain Chantraine zuständig für Otto-Braun-Straße 70-72 ISTAT PL 2B Zürich Im November 1962 trat er in die Dienste von 1977 bis 1980 für das Referat die statistische Programmplanung, die interne (Eingang: Karl-Marx-Allee) Ufficio regionale per la Lombardia FIN-00022 Tilastokeskus Eurostat Data Shop Bleicherweg 5 von Eurostat. „Industriekonjunktur“ und danach bis 1986 Verwaltung, Rechtsfragen und die Verwaltung D-10178 Berlin Eurostat Data Shop Työpajakatu 13 B, 2. kerros, Helsinki CH-8090 Zürich Tel. (49) 1888-644 94 27/28 Via Fieno, 3 P. (358-9) 17 34 22 21 für das Referat „Volkswirtschaftliche von Personal und Haushaltsmitteln. Tel. (41) 1 225 12 12 Alain Chantraine (49) 611 75 94 27 I-20123 Milano F. (358-9) 17 34 22 79 In seinen Anfangsjahren bei Eurostat Gesamtrechnungen“. Fax (41) 1 225 12 99 Sähköposti: [email protected] Generaldirektor hat Alain Chantraine die ersten Input-Output- Während seiner Zeit als Direktor war Alain Fax (49) 1888-644 94 30 Tel. (39) 02 80 61 32 460 E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] Fax (39) 02 80 61 32 304 URL: ehrenhalber der Tabellen der Gemeinschaft (die damals 1987 wurde Alain Chantraine zum Direktor Chantraine Mitglied von zahlreichen internen URL: http://www.statistik.zh.ch URL: http://www.eu-datashop.de/ E-mail: [email protected] http://tilastokeskus.fi/tk/kk/datashop/ Europäischen Kommission, sechs Mitgliedstaaten zählte) erstellt ernannt und war für die Information und die Ausschüssen der Kommission (Sound and URL: http://www.istat.it/Prodotti-e/ USA Europäischer Bürger und an der Erarbeitung der ersten Fassung Informationsverbreitung zuständig. Im Zuge efficient management, Disziplinarausschuss, ESPAÑA Allegati/Eurostatdatashop.html SVERIGE Haver Analytics belgischer Nationalität des Europäischen Systems der Umstrukturierung von 1993 wurde er zum Beförderungsausschuss, Member of the MIDAS Net INE Statistics Sweden Eurostat Data Shop Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen Direktor für allgemeine Angelegenheiten, Weiterbildungsausschuss) und in den Eurostat Data Shop Information service 60 East 42nd Street (ESVG) mitgewirkt. 1970 war er im Rahmen internationale und interinstitutionelle Mitgliedstaaten (Statistical advisory Committee Paseo de la Castellana, 183 LUXEMBOURG Eurostat Data Shop Suite 3310 Despacho 011B Eurostat Data Shop Luxembourg New York, NY 10165 der Agrarstatistik zuständig für den Sektor Beziehungen sowie für die Statistik des des Vereinigten Königreichs und Centrale Karlavägen 100 Bodennutzung sowie die pflanzliche Erzeugung Außenhandels und des Commissie voor de Statistiek der Niederlande). Entrada por Estébanez Calderón 46 A, avenue J. F. Kennedy Tel. (1-212) 986 93 00 Box 24 300 Fax (1-212) 986 69 81 und Versorgungsbilanzen pflanzlicher innergemeinschaftlichen Handels ernannt. In E-28046 Madrid BP 1452 Tel. (34) 915 839 167 / 915 839 500 L-1014 Luxembourg S-104 51 Stockholm E-mail: [email protected] Erzeugnisse, bevor er von Generaldirektor diesem Zeitraum war er unter anderem Alain Chantraine ist im Dezember 2000 in den Fax (34) 915 830 357 Tél. (352) 43 35-2251 Tfn (46-8) 50 69 48 01 URL: http://www.haver.com/ Jacques Mayer zu seinem für statistische zuständig für die Einführung von Intrastat Ruhestand getreten. E-mail: [email protected] Fax (352) 43 35-22221 Fax (46-8) 50 69 48 99 URL: http://www.ine.es/prodyser/ E-mail: [email protected] E-post: [email protected] datashop/index.html URL: http://www.datashop.org/ URL: http://www.scb.se/tjanster/ Member of the MIDAS Net Member of the MIDAS Net datashop/datashop.asp Alberto De Michelis und Alain Chantraine

Erinnerungen Eurostats

Fünfzig Jahre im Dienst Europas Die geäußerten Ansichten spiegeln ausschließlich die Meinung der Autoren wider und sind nicht als offizielle Stellungnahmen der Europäischen Kommission anzusehen.

Zahlreiche weitere Informationen über die Europäische Union sind auf dem Internet-Server „Europa“ verfügbar (http://europa.eu.int).

Informationen über Eurostat sind im Internet abrufbar unter der Adresse http://europa.eu.int/comm/eurostat/

Luxemburg: Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, 2003.

ISBN 92-894-5113-0

© Europäische Gemeinschaften, 2003 Nachdruck mit Quellenangabe gestattet. Für die Photographien ist der Bildnachweis zu berücksichtigen. „Die Hohe Behörde … schuf ein leistungsfähiges Werkzeug, indem sie bis dahin zurückgehaltene oder ungenügend beobachtete Daten veröffentlich- te. Unsere statistischen Erhebungen auf europäischer Ebene brachten für grundlegende Bereiche überraschende Erkenntnisse.“

Jean Monnet, Mémoires, Kapitel XV Danksagung

Die Verfasser dieses Werkes danken allen, die zu ihrer Verwirklichung beigetragen Beiträge aus den Nationalen Statistischen Ämtern (NSÄ) und haben. Wir denken hierbei vor allem an Frau Jocelyne Collonval und Herrn internationalen Organisationen von: Biagio Duello, Beamte in den Geschichtsarchiven der Kommission, die uns bei Claudia Cingolani (I), Teresa Clode (P), Bruno Dietsch (F), Enrico Giovannini (I), Sabine Köhler (D), Inge Kramer (A), unserer Recherche behilflich waren. Unser Dank gilt ferner Sylvie Gori und Ada van Krimpen (NL), Olav Ljones (NO), Veronika Lorré, die uns bei der Recherche in den Archiven von Eurostat und der Margarida Madaleno (P), Matti Niva (S), Kommission geholfen haben. Antero Pohjola (FIN), Leah Pybus (UK), Pedro Ruiz Salvador (E), Malcom Sorrel (UK), Herzlichen Dank an Maria Kessanoglou und Gregor Kyi für ihre kluge und Kim Volby Pedersen (DK). konstruktive Hilfe bei der Vollendung des Manuskripts. In der Vergangenheit Verantwortliche aus den NSÄ: Jean-Pierre Behmoiras (F), Correa Gago (P), Danken wollen wir ferner all denen, die so freundlich waren, unseren Fragebogen Tom Linehan (IRL), Edmond Malinvaud (F), auszufüllen: unseren ehemaligen Kollegen sowie den (ehemaligen und neuen) Lord Claus Moser (UK), Donal Murphy (IRL), Leitern der nationalen statistischen Ämter, die uns mit ihrer Sicht der Geschichte Luigi Pinto (I), Heikki Salmi (FIN), Vincenzo Siesto (I), Manuel José Vilares (P). von Eurostat — von innen und von außen — unterstützt haben. Leiter der NSÄ: Unser Dank gilt den Kollegen vom Amt für amtliche Veröffentlichungen für ihr Luigi Biggeri (I), Paul Champsaur (F), Donal Garvey (IRL), beeindruckendes Know-how und ihre professionelle Beratung und Anleitung bei Johann Hahlen (D), Heli Jeskanen-Sundström (FIN), der Vorbereitung dieses Werkes. Wir danken auch dem Übersetzungsdienst für Ewald Kutzenberger (A), Svein Longva (NO), Svante Öberg (S), Jan Plovsing (DK), seine wie immer unentbehrliche Unterstützung. Hallgrimur Snorrason (IS), Ruud Van Noort (NL), Robert Weides (L). Dank auch unseren Ehefrauen, die nur für kurze Zeit glauben konnten, wir seien im Ruhestand. Vormalige und gegenwärtige Kollegen aus Eurostat: Giuseppe Calò (I), Jean Darragon (F), François Desgardes (F), Und schließlich gilt unser Dank all denjenigen, die uns bei der Erstellung dieser Aage Dornonville de la Cour (DK), Piero Erba (I), Bernard Eyquem (F), Pieter de Geus (NL), François de Geuser (F), Broschüre Mut gemacht haben, insbesondere unseren Freunden Yves Franchet Paolo Gugliuzza (IT), Jacques Mayer (F), Marcel Mesnage (F), und Daniel Byk, ohne die diese kleine Geschichte nur in unserer Erinnerung Gilles Rambaud-Chanoz (F), Silvio Ronchetti (I), lebendig geblieben wäre. Günther Thiede (D).

& Jean Monnet und Robert Schuman vor dem Sitz der Hohen Behörde der EGKS in Luxemburg, Place de Metz. An alle, die am Aufbau von Eurostat beteiligt waren, Generaldirektoren, Direktoren, Referatsleiter, leitende Verwaltungsbeamte, Assistenten und Verwaltungssekretäre, Sekretärinnen, die uns geduldig unterstützt haben, Fahrer, die uns immer sicher und wohlbehalten nach Hause gebracht haben, Übersetzer und Dolmetscher, die uns den Dialog erst ermöglicht haben, Techniker und Amtsdiener sowie an alle Statistiker der NSÄ, die seit fünfzig Jahren dazu beigetragen haben, meist mit Überzeugung und Hartnäckigkeit, dass Eurostat zu dem wurde, was es heute ist. 6 Erinnerungen Eurostats

Vorwort

eim Ausarbeiten seines Unternehmensplans im Jahr 1994 definierte Eurostat seine BAufgabe: „Die Bereitstellung eines hochwertigen statistischen Informationsdienstes für die Europäische Union“.

Liest man die Geschichte Eurostats aus der Feder zweier seiner besten Kenner und Protagonisten — Alberto De Michelis und Alain Chantraine —, erkennt man sofort, dass diese Definition für alle darin beschriebenen Entwicklungsphasen Eurostats gilt.

Die Fähigkeit Eurostats, seiner Aufgabe gerecht zu werden, ist eng an die europäische Integration geknüpft. So wird beispielsweise die Zeit der Krise, die Eurostat zwischen 1981 und 1985 durchlebte, von einer politischen Stagnation der europäischen Integration begleitet.

Die europäische Integration bekam Mitte der 80er Jahre neuen Schwung, der bis heute anhält. Wie Alain Chantraine schreibt, erleben wir eine Liebesgeschichte zwischen dem Euro und der Statistik. Und wie alle Liebesgeschichten durchlebt auch diese Augenblicke heftiger Spannungen.

Stendhal schreibt in seiner Beschreibung des Lebens von Napoleon, dass es Europa (1) Stendhal, Vie de Napoléon, zwar nicht an guten Absichten, jedoch an der erforderlichen Energie fehle, um die herausgegeben gewaltige Masse der Gewohnheiten in Bewegung zu versetzen (1). Das gilt von V. Del Litto uneingeschränkt für die heutige Phase der europäischen Integration, in der alle in im Cercle du bibliophile, Edito-Service SA, Genf, Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam die gewaltige Masse ihrer Gewohnheiten 1970, Seite 75. umkrempeln müssen, um eine gemeinsame Zukunft aufzubauen. Vorwort 7

Wie die gesamte Kommission steht Eurostat vor der Notwendigkeit tiefgreifender Reformen, wenn es die Herausforderungen der ehrgeizigen Ziele Europas annehmen will. Die Geschichte Eurostats wird künftig von fünfundzwanzig Mitgliedstaaten geschrieben — im nächsten Jahrzehnt könnten es möglicherweise noch um die zehn mehr werden. Im Geiste des Konvents und der europäischen Verfassung wird das Europäische Statistische System weiter als Netzwerk ausgebaut und damit noch leistungsfähiger. Mit den Erinnerungen Eurostats geben Alberto De Michelis und Alain Chantraine allen gegenwärtigen und künftigen Mitstreitern der europäischen Statistik das nötige Wissen, damit diese neuen Veränderungen greifen werden. Im Namen der gesamten europäischen statistischen Gemeinschaft bin ich ihnen für ihren Beitrag zur Welt des Wissens zutiefst verbunden.

Yves Franchet Generaldirektor von Eurostat 8 Erinnerungen Eurostats

Inhalt

10 Die Pioniere in Luxemburg 50 Neuformierung in Luxemburg Von 1952 bis 1958 Von 1968 bis 1972 Alberto De Michelis Alberto De Michelis 11 Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl 51 Der politische Rahmen der Gemeinschaft 12 Die Statistik im EGKS-Vertrag 53 Die Einrichtung des Statistischen Amtes in Luxemburg 14 Die europäische Statistik in den Startlöchern 57 Aufbau des Statistischen Amtes zum Zeitpunkt des 15 Die Abteilung Statistik richtet sich ein und nimmt ihre Umzugs Arbeit auf 59 Die Arbeit des Statistischen Amtes 17 Die ersten Veröffentlichungen 64 Die Leiter der NSÄ beraten über die Zukunft der 20 Die ersten Sitzungen der Leiter der NSÄ, wo von einem Gemeinschaftsstatistik gemeinsamen statistischen Dienst die Rede ist 67 Die Datenverbreitung und die Anfänge der EDV 69 Aus dem Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften wird Eurostat 24 Das Statistische Amt der Europäischen 70 Erste Erweiterung und der Einzug der EDV Gemeinschaften zwischen Brüssel und Luxemburg Von 1973 bis 1980 Von 1958 bis 1968 Alberto De Michelis Alberto De Michelis 71 Der politische Rahmen der erweiterten Gemeinschaft 25 Die Römischen Verträge und die drei Exekutivorgane 73 Die Organisationsstruktur von Eurostat verändert sich 26 Das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschafen 79 Die statistischen Prioritäten und Leistungen 29 Das Statistische Amt organisiert sich 86 Die EDV setzt sich durch — allerdings mit Schwierigkeiten 30 Die Prioritäten der 60er Jahre und die 90 Publikationen und elektronische Verbreitung: Cronos! Rechtsvorschriften zur Statistik 92 Internationale Zusammenarbeit 36 Personal, Haushalt und maschinelle Datenverarbeitung 94 Die Beziehungen zu den NSÄ 39 Die Verbreitungspolitik 96 Umzug ins Jean Monnet-Gebäude und das soziale Leben 41 Die Beziehungen zu den NSÄ und zur Amtsleiterkonferenz 100 Die schwierigen Jahre 45 Internationale Beziehungen und Von 1981 bis 1985 Entwicklungszusammenarbeit: das CESD Alberto De Michelis 47 Die Verlegung des Statistischen Amtes nach Luxemburg 101 Von der Thorn- zur Delors-Kommission mit einem neuen Generaldirektor 102 Eurostats Organisation von 1981 bis 1985: drei Generaldirektoren Inhalt 9

108 Die statistischen Programme werden fortgesetzt 158 Fortsetzung folgt! 114 Dezentralisierte Datenverarbeitung und der Einzug der Von 1999 bis 2002 Mikrocomputer Alain Chantraine 116 Verbreitungspolitik und Cronos im Euronet 159 Die Kommission wankt ... und stürzt 116 Erste Versuche einer Gesamtplanung der Aktivitäten: 159 Eine neue Kommission, ein neuer Vertrag, ein neuer SPAR Konvent 160 Der Europäische Konvent und die Statistik 118 Übergang und neuer Schwung 161 Von Fünfzehn auf Fünfundzwanzig Von 1985 bis 1991 163 Die Kommission reformiert sich ... nach dem Vorbild Alain Chantraine von Eurostat 119 Eine neue Kommission 165 Ankündigung: Die Büros für Technische Unterstützung 119 Statistiker in Aufruhr sollen verschwinden 121 Ein Generaldirektor für den Übergang 173 Auf dem Weg zu einem echten Europäischen 123 Den Wandel gestalten Statistischen System 124 Die Grundlagen des Europäischen Statistischen Systems 174 Der „besondere Weg“ der Agrarstatistik der entstehen Gemeinschaft 127 Verwaltung des Statistischen Programms und der Giuseppe Calò Ressourcen 129 Umbau von Eurostat 181 Außenhandel — ein Spiel der Spiegel 133 Die Datenverarbeitung wird umstrukturiert Gilles Rambaud-Chanoz 134 Blick nach Osten 185 Datenverbreitung: Entwicklung und technische 136 Liebesgeschichte zwischen dem Euro Revolution und der Statistik François de Geuser Von 1992 bis 1998 189 Schlussfolgerungen Alain Chantraine Alain Chantraine und Alberto De Michelis 137 Von Maastricht bis Amsterdam 139 Statistiker in Aktion 195 Anhänge 142 Das Europäische Währungsinstitut, die Europäische 196 Die Europäischen Gemeinschaften und Eurostat: Zentralbank, der Ausschuss für Währungs-, Finanz- und ein halbes Jahrhundert Geschichte Zahlungsbilanzstatistiken 212 Die Präsidenten der Kommission 145 Internationale Zusammenarbeit 213 Eurostat und die Kommissare 148 Das Statistikgesetz und das Programm 1993-1997 214 Die Generaldirektoren 149 Zusammenarbeit mit den Nationalen Statistischen Ämtern 214 Die Direktoren 152 Explosion der Datenverbreitung und Kommunikation 216 Organigramme von Eurostat 153 Interne Organisation, Unternehmensplan, Qualistat 219 Belegschaft aus 50 Jahren Die Pioniere in Luxemburg

Am 18. April 1951 beginnt der Aufbau der Europäischen Union.

Sechs Länder unterzeichnen in Paris den Vertrag zur Von Anfang beschäftigen die Statistiker Themen, Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle die sich wie ein roter Faden durch ihr statistisches und Stahl, um mit „Solidarität der Tat“ den Krieg Programm ziehen werden: Harmonisierung, zwischen ihnen materiell unmöglich zu machen. Die Beziehungen zu den nationalen statistischen Verträge von Paris sehen die Einrichtung eines Ämtern (NSÄ), internationale Beziehungen. Die Mechanismus vor, der die Maßnahmen in den Aufgaben der Abteilung Statistik sind bereits der Bereichen Kohle und Stahl transparenter machen Kern dessen, was zur raison d'être Eurostats und soll. Am 1. Oktober 1952 beschließt die Hohe seines umfassenden Arbeitsprogramms geworden Behörde, zwölf Abteilungen und Dienste ist: „Europa informieren“, von der europäischen einzurichten, darunter die Abteilung Statistik. Verwaltung bis hin zum europäischen Bürger.

Die enge Zusammenarbeit mit den nationalen statistischen Systemen hat schnell große Bedeutung erlangt. Seit 1955 treten die Leiter der NSÄ mindestens zweimal pro Jahr zusammen, denn diese Sitzungen haben für die gegenseitige Information und die Festlegung der Grundzüge der künftigen Maßnahmen große Bedeutung.

1958 wird beschlossen, drei gemeinsame Dienste für die drei Exekutivorgane (EGKS, EWG und Euratom) einzurichten: den juristischen Dienst, den Presse- und Informationsdienst und ... den statistischen Dienst.

Im selben Jahr müssen die Mitarbeiter der Abteilung Statistik in Luxemburg in ein Gebäude umziehen, welches all denjenigen, die dort gearbeitet haben, für immer im Gedächtnis haften bleiben wird: das Hôtel Staar.

18. April 1951: Der Vertrag von Paris ruft die EGKS (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl) ins Leben 1952>1958 von 1952 bis 1958

Die Europäische Gemeinschaft man hierfür gewählt hatte, bestand darin, gemeinsa- me Entwicklungsgrundlagen für Maßnahmen zu für Kohle und Stahl schaffen, die sich auf zwei wichtige Sektoren beschränkten — auf Energie (d. h. Kohle) und Der 18. April 1951 ist der offizielle Auftakt zum Aufbau Schwerindustrie (d. h. Stahl). Man wollte das Expe- der Europäischen Union. In Paris unterzeichnen sechs riment einer allgemeinen Integration wagen, indem Länder den Vertrag zur Gründung der Europäischen man anhand von konkreten Fällen für Probleme die Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Mit dem Vertrag wird besten Lösungen finden wollte. der Krieg durch eine „Solidarität der Tat“ nicht nur undenkbar, sondern materiell unmöglich. Eine Vorausset- Wenn man sich die Pariser Verträge ansieht, findet zung für den Binnenmarkt: qualitative und quantitative man dort die gesamte Problematik der Funktionswei- Informationen, um politische Maßnahmen transparenter se einer Gemeinschaft wieder, die anschließend in zu machen. den Römischen Verträgen weitergedacht wurde, sowie in den übrigen Verträgen, die die Römischen Am 18. April 1951 begann offiziell die bis heute Verträge erweitern und ergänzen sollten. andauernde Geschichte des Aufbaus der Europäi- schen Union. In Paris unterzeichneten sechs Länder den Vertrag zur Gründung der Europäischen Ge- Der Grundgedanke, auf dem die Pariser Verträge meinschaft für Kohle und Stahl. Diese sechs Länder beruhten, war die Entwicklung eines freien Handels (Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxem- in einem Raum, der größer war als der Raum jeder burg und die Niederlande) beschlossen, ein politi- Nation für sich genommen. Dies war der Kern des sches Ziel anzustreben, das auch von grundlegender Binnenmarktes, der am 1. Januar 1993, 40 Jahre wirtschaftlicher Bedeutung war. Durch die Solida- danach, für die gesamte Wirtschaft entstanden ist. rität der Tat, wie Jean Monnet es nannte, sollte durch die Pariser Verträge ein Krieg zwischen diesen Außerdem mussten die Bedingungen für die Schaf- europäischen Ländern nicht nur undenkbar, sondern fung und Aufrechterhaltung des Binnenmarktes auch materiell unmöglich werden. Der Weg, den geschaffen werden: 12 Erinnerungen Eurostats

• Verschmelzung uneinheitlicher Volkswirtschaften später, in einem größeren Rahmen, in den Verträgen mit ausreichend langen, jedoch zeitlich befristeten von Rom wiederfindet. Übergangsfristen zur Beseitigung der Unterschiede.

• Festlegung gemeinsamer Regeln zur Verhinderung Die Statistik im EGKS-Vertrag von Monopolstellungen und Förderung der Kon- kurrenz zwischen den Unternehmen. Artikel 46 der Pariser Verträge nennt Ziele, die die Verfügbarkeit von statistischen Daten erforderlich machen. • Festlegung gemeinsamer Regeln zur Schaffung Nach Artikel 47 kann die Hohe Behörde die für die einer echten sozialen Gerechtigkeit, mit deren Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Auskünfte einholen. Hilfe die Beschäftigten dem anstehenden wirt- Am 1. Oktober 1952 legt die Hohe Behörde mit der schaftlichen Wandel folgen konnten. Bildung von zwölf Abteilungen und Diensten, darunter auch die Abteilung „Statistik“, ihren Aufbau fest. • Förderung von Investitionen in Wirtschafts- zweigen, in denen hohe und langfristig zu planen- Zur Umsetzung dieser Bestimmungen wurden mit de Investitionen erforderlich sind, durch den Pariser Verträgen Institutionen geschaffen, Erschließung neuer Finanzierungsquellen, zu denen deren bedeutendste die Hohe Behörde als die Unternehmen keinen direkten Zugang haben. Exekutivorgan war; die Übrigen waren der EGKS- Rat, die Gemeinsame Versammlung und der • Schaffung von Eingriffsmöglichkeiten zum Schutz Gerichtshof der EGKS, die später zum Ministerrat, der Produktionsfähigkeit in Krisenzeiten, Vermei- zum Europäischen Parlament und zum Gerichtshof dung von Versorgungsengpässen und eventuellen der Europäischen Gemeinschaft wurden. Preisschwankungen in Zeiten des Mangels.

• Und schließlich Erläuterung all dieser Maßnah- Am 13. August 1952 trat die Hohe Behörde der men anhand von qualitativen und quantitativen EGKS erstmals in Luxemburg unter Vorsitz von Jean Informationen, mit deren Hilfe die Umsetzung ver- Monnet zusammen, der als Kommissar auf der Ebene folgt und neue Maßnahmen geplant werden kön- der französischen Regierung zu ihren eifrigsten nen, die sich aufgrund des Strukturwandels und der Verfechtern gehörte. Der Hohen Behörde gehörten Konjunkturentwicklung in den betroffenen Wirt- neun Mitglieder an: zwei Belgier (Albert Coppé und schaftszweigen ergeben, aber auch in Sektoren, die Paul Finet), zwei Deutsche (Heinz Potthoff und mit Kohle und Stahl mittelbar verbunden sind. Franz Etzel), zwei Franzosen (Jean Monnet und Léon Daum), ein Niederländer (Dirk Pieter Spierenburg), Diese Zusammenfassung des Vertrags von Paris zeigt ein Italiener (Enzo Giacchero) und ein Luxemburger bereits die Orientierung auf, die sich einige Jahre (Albert Wehrer). Die Pioniere in Luxemburg: von 1952 bis 1958 13

Wie wir gesehen haben, sahen die Pariser Verträge die Einrichtung eines Mechanismus vor, um die in den Bereichen Kohle und Stahl getroffenen Ziele der Hohen Behörde Maßnahmen anhand von qualitativen und nach Artikel 46 der Pariser Verträge quantitativen Informationen transparenter zu gestalten. Besonders in Artikel 46 wurden die Ziele verankert, die die Grundlage für die Erstellung einer — Marktentwicklung und Preistendenzen Umgestaltung frei gewordenen statistischen Dokumentation bildeten. fortlaufend zu untersuchen; Arbeitskräfte in den bestehenden Industrien oder in neu zu schaffenden Siehe „Ziele der Hohen Behörde nach Artikel 46 der Pariser — in regelmäßigen Zeitabständen & Arbeitsplätzen wiederzubeschäftigen; Verträge“ Programme für Erzeugung, Verbrauch, Ausfuhr und Einfuhr unter — die Auskünfte einzuholen, die zur Im Bericht der Vorbereitungsgruppe der Hohen Behörde Berücksichtigung der voraussichtlichen Beurteilung der Verbesserungs- vom 25. September 1952 — einer Gruppe, die von Entwicklung aufzustellen; diese möglichkeiten für die Lebens- und Jean Monnet im August 1952 eingerichtet worden Programme dienen als Hinweis; Arbeitsbedingungen der Arbeiterschaft in den zu ihrem Aufgabenkreis war, um die Arbeit dieser Institution in Gang zu — in regelmäßigen Zeitabständen gehörenden Industrien und zur allgemeine Ziele für die Modernisierung, setzen — ging es darum, vorübergehend eine Beurteilung der Gefahren erforderlich die Orientierung der Fabrikation auf Hilfsabteilung Statistik zu errichten, die die sind, die diese Lebensbedingungen lange Sicht und die Ausweitung der Abteilungen Wirtschaft und Industrie, die gerade bedrohen. Produktionskapazität anzugeben; installiert worden waren, unterstützen sollte. Die Hilfsabteilung Statistik sollte der Hohen Behörde — sich auf Antrag der beteiligten Darüber hinaus hieß es in Artikel 47, dass statistische Informationen zur Vorbereitung des Regierungen an der Untersuchung die Hohe Behörde „die für die Erfüllung darüber zu beteiligen, welche ihrer Aufgaben notwendigen Auskünfte Berichts über die allgemeine Lage in der Möglichkeiten bestehen, die durch die einholen“ kann. „Sie kann die erforder- Gemeinschaft bereitstellen, den sie der Marktentwicklung oder die technische lichen Nachprüfungen vornehmen lassen“. Parlamentarischen Versammlung innerhalb von sechs Monaten nach ihrer Gründung vorlegen musste. Am 1. Oktober 1952 legte die Hohe Behörde auf ihrer vierzehnten Sitzung ihre Organisationsform mit der Bildung von zwölf Abteilungen und Diensten fest, darunter auch der statistische Dienst. Erst am 25. Juni 1954 sollte die Hohe Behörde eine Namensänderung beschließen: aus dem Dienst wurde die Abteilung Statistik. 14 Erinnerungen Eurostats

Die europäische Statistik In seinem Werk aus dem Jahr 1967 La statistica in Europa (1) berief sich Professor Wagenführ auf die in den Startlöchern Anfangsschwierigkeiten, die insbesondere darauf zurückzuführen waren, dass die Fachabteilungen der In einer dienstlichen Mitteilung aus dem Jahre 1952 sind Hohen Behörde damit begannen, aus den Mitglied- bereits die Themen aufgeführt, die sich in den kommenden staaten völlig ungeordnet und ohne jede Abstimmung fünfzig Jahren wie ein roter Faden durch das europäische mit dem Statistischen Dienst statistisches Material statistische Programm ziehen werden: Harmonisierung, anzufordern. Am 13. März 1953 beschloss die Hohe Beziehungen zu den NSÄ, internationale Beziehungen. Behörde, diesem Ausufern von Fragebögen, die von Erster offizieller Akt der Koordinierung durch eine unterschiedlichen, nicht statistischen Abteilungen an Gemeinschaftseinrichtung im Bereich Statistik: eine die Mitgliedstaaten verschickt wurden, Einhalt zu Mitteilung des statistischen Dienstes vom 31. Dezember gebieten, und setzte einen Ausschuss unter Vorsitz von 1952, in der eine Sitzung in Luxemburg angekündigt wird. Albert Coppé ein, der die statistischen Tätigkeiten der Ende September 1952 wurde der Statistische Dienst Hohen Behörde leiten sollte. Dieser Ausschuss ergriff aufgebaut. Ihm gehörten sieben Mitarbeiter an: sofort drei Maßnahmen. Professor Wagenführ (Deutscher), der für die Leitung zuständig war, Camille Legrand (Belgier), Fritz Grotius Zunächst legte er für die verschiedenen politischen Rolf Wagenführ, (Deutscher), Hans Freitag (Deutscher), Ferdinand Dienste der Hohen Behörde Bestimmungen Generaldirektor Schön (Luxemburger), Helmut Reum (Deutscher) (Mitteilung Nr. 69 vom 26. März 1953) fest, wonach von 1952 bis 1966. und Theodorica von Buttlar (Deutsche), die das sämtliche statistischen Tätigkeiten beim Statistischen Sekretariat von Professor Wagenführ und der Dienst konzentriert werden sollten. In dieser Dienststelle leitete. Viele Deutsche arbeiteten am Mitteilung hieß es, dass jede — von den sektoriellen Aufbau des künftigen Eurostat mit! Dienststellen — geplante statistische Erhebung methodisch rechtzeitig mit dem Statistischen Dienst Zum gleichen Zeitpunkt (September 1952) erstellte abgeglichen werden muss und dass jeder Fragebogen der statistische Dienst eine Mitteilung an die Hohe dem statistischen Dienst vor seiner Verbreitung zur Behörde über „die Eingliederung der Statistik in die Nachprüfung und Zusammenfassung zurückgeschickt Organisation der Hohen Behörde“. Darin wurden die werden muss. Themen genannt, die sich in den fünfzig Jahren seines Bestehens wie ein roter Faden durch das europäische Anschließend organisierte der Dienst die Erhebung statistische Programm und seine Beziehungen zu den der ersten statistischen Daten aus den bestehenden NSÄ ziehen sollten. internationalen Quellen: der Wirtschaftskommission (1) Rolf Wagenführ, La statistica in Europa, Ferro & Siehe „Auszug aus der Mitteilung über ‚die Eingliederung der für Europa in Genf und der europäische Organisation Edizioni Milano, 1967. Statistik in die Organisation der Hohen Behörde’“ für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Paris. In diesem Die Pioniere in Luxemburg: von 1952 bis 1958 15

Rahmen ist die Lektüre einer Mitteilung des Statisti- Auszug aus der Mitteilung schen Dienstes vom 31. Dezember 1952 interessant, über ‚die Eingliederung der Statistik in die Organisa- mit der die Mitglieder der Hohen Behörde über seine tion der Hohen Behörde’. Absicht informiert werden, am 13. und 14. Januar 1953 in Luxemburg eine Vorbereitungssitzung abzuhal- ten, zu der die Statistiker aus den Mitgliedsländern der Gemeinschaft geladen werden, um sich auf eine gemeinsame Linie zu verständigen; diese Sitzung sollte im Vorfeld zur Sitzung der Wirtschaftskommission für Europa in Genf über Kohlestatistik stattfinden. Dies ist der erste offizielle Koordinierungsakt einer Gemein- schaftsinstitution im Bereich Statistik.

Und drittens beschäftigte er sich mit der Einführung einer koordinierten Vorgehensweise für die Statistik zusammen mit den nationalen Behörden in den Mitgliedstaaten. Der Ausschuss beschloss, erste Koordinierungsstrukturen einzurichten: am 19. Mai 1953 trat erstmals der „Ausschuss für Stahlstatistik“ zusammen, zwei Tage später, am 21. Mai, der „Ausschuss für Kohlestatistik“. Diese Ausschüsse ergänzten die beiden bereits bestehenden Ausschüsse für Sozialstatistik (Löhne und Beschäftigung), die bereits im März 1953 zusammengetreten waren. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass sich diese Ausschüsse im Wesentlichen aus Vertretern der betroffenen Industriezweige (Arbeitgeberschaft und Gewerkschaften) und der zuständigen Ministerien zusammensetzten und die statistischen Ämter nur als Beobachter geladen worden waren. Rolf Wagenführ schrieb dazu: Dies war der Beginn einer ständigen Zusammenarbeit der Sozialpartner im Bereich Statistik, die zu einer Klärung der Diskussion zwischen ihnen führte. Der Dialog zwischen der Gemeinschafts- 16 Erinnerungen Eurostats

statistik und den Sozialpartnern, der 1953 seinen Das Hôtel Staar war Ende des 19. Jahrhunderts ein Anfang nahm, setzt sich vor allem im Rahmen der Luxushotel gewesen, konnte jedoch dem Zahn der Sozial- und Industriestatistik bis heute fort. Zeit nicht standhalten. Während des Krieges war es Hauptquartier der Gestapo, und als sich die Abteilung Die Abteilung Statistik richtet sich Statistik dort einrichtete, wollte niemand in den Kel- ler hinuntergehen, wo man das statistische Material ein und nimmt ihre Arbeit auf lagern musste, so finster war die Atmosphäre (Aussage des Zeitzeugen Silvio Ronchetti, künftiger Generaldi- Zur Beschaffung vergleichbarer Daten für die sechs Länder rektor von Eurostat, damals ein junger Verwaltungsbe- Ab 1953 befindet sich müssen neue, einheitliche und unabhängige Statistiken amter der Hohen Behörde). Wir werden später im der Statistische Dienst erstellt werden; die zugrunde liegenden einzelstaatlichen Zusammenhang mit der Aussage zweier Beamter des in dem Gebäude Statistiken sind noch zu bruchstückhaft und nicht in der Rue Aldringen 29. Statistischen Amtes, die in diesem Gebäude zehn vergleichbar. Aufgrund einer wachsenden Zahl von lange Jahre tätig waren, nochmals auf das Hôtel Staar Statistikern muss ein Teil der Abteilung Statistik 1958 in ein Gebäude umziehen, das allen, die dort jemals zu sprechen kommen. gearbeitet haben, für immer im Gedächtnis bleiben wird: das Hôtel Staar. Die Arbeit des Dienstes nahm im Mai 1953 mit dem ersten „Statistischen Bericht zur Kohle- und Stahlin- Während die Hohe Behörde der EGKS Place de Metz dustrie“, der der Hohen Behörde vorgelegt und dem Quartier bezog, richtete sich der Statistische Dienst ab ersten allgemeinen Tätigkeitsbericht der Gemein- 1953 in der Rue Aldringen ein. Einige Jahre später, schaft als Anhang beigefügt wurde, konkret Gestalt Der Statistische Dienst der 1958, sah sich ein Teil der Abteilung Statistik an. Dieser Bericht war in zwei Teile unterteilt. Der angesichts der wachsenden Zahl von Beamten der erste Teil zum Thema „Die Gemeinschaft im Rahmen Hohen Behörde wird nach und Hohen Behörde gezwungen in ein Gebäude der Weltwirtschaft“ umfasste eine Reihe allgemeiner nach ausgebaut umzuziehen, welches allen, die jemals dort tätig waren, Vergleichstabellen zwischen der Gemeinschaft, den für immer im Gedächtnis haften bleiben wird: das USA, der UdSSR und Großbritannien. Der zweite November 1952& 7 Bedienstete von 60 Hôtel Staar an der Kreuzung der Avenue de la Liberté Teil enthielt Statistiken über die Struktur, Produktion und der Avenue de la Gare. Es wurde zum Sitz der Juli 1953 & 15 Bedienstete von 305 und den Außenhandel aller Mitgliedsländer in den Abteilung Statistik bis zur Fusion der Exekutivorgane Bereichen Kohle und Stahl. Diese Daten wurden bei Februar 1954 & 18 Bedienstete von 500 und der Verlagerung des Statistischen Amtes der der OEEC (Paris) und der Wirtschaftskommission für April 1956 & 23 Bedienstete von 600 Europäischen Gemeinschaften (SAEG, im folgenden als Statistisches Amt bezeichnet) von Brüssel nach Europa in Genf erhoben. Januar 1958 & 41 Bedienstete von 750 Luxemburg im Jahre 1968, wie wir später noch sehen & Siehe „Der Statistische Dienst der Hohen Behörde wird nach werden. und nach ausgebaut“ Die Pioniere in Luxemburg: von 1952 bis 1958 17

Erst im Februar 1953 gehörte der erste französische Die statistischen Arbeiten über den Lebensstandard leitende Verwaltungsbeamte, Jacques Charrayre, zum wurden in den Folgejahren fortgesetzt mit der Ein- Kreis der leitenden Beamten von Eurostat, und erst führung im Juni 1954 wurde der erste italienische leitende • der Erhebung über Personal (seit 1953 jährlich), Verwaltungsbeamte, Silvio Ronchetti, eingestellt. • der Erhebung über Familieneinkommen von Mit der Schaffung gemeinsamer, einheitlicher gewerblichen Arbeitnehmern 1956/1957, Methodiken für die Erstellung der Industrie- und • der Erhebungen über Preise und Wirtschafts- Stahlstatistik entwickelte sich die Tätigkeit der paritäten 1954 und 1958 und der Abteilung Statistik weiter. Hier setzte die europäi- sche Harmonisierung ein, für die unter Mitwirkung • Erhebung über die Wohnbedingungen 1958. der nationalen Statistiker und der Sozialpartner der & Siehe „Die drei Zweige der Abteilung Statistik“ Weg bereitet wurde.

Die Sozialstatistik hatte eine ganz besondere Ausprä- Die ersten Veröffentlichungen gung. Der EGKS-Vertrag sprach von einem sehr hohen Lebensstandard der Arbeitnehmer im Bereich Die Abteilung Statistik legt ihre Datenverbreitungspolitik Kohle und Stahl. Zur Messung und zum Vergleich der fest: sämtliche Veröffentlichungen sind kostenlos, mit für diese Bewertung erforderlichen Daten berief der Ausnahme des Statistischen Bulletins. Ihre Tabellen sind Statistische Dienst im Mai 1954 den ersten Experten- im ersten Jahresbericht der EGKS abgedruckt. ausschuss zum „Vergleich der Reallöhne“ ein. Auf der Tagesordnung dieser Sitzung stand die Harmonisie- Am 20. Dezember 1952 begann die Abteilung Stati- rung der jährlichen Erhebungen über die Löhne, Prei- stik mit der regelmäßigen Veröffentlichung eines se und Familieneinkommen der Beschäftigten der wöchentlichen Statistischen Bulletins, anhand dessen Kohl- und Stahlindustrie. die Entwicklung der Situation im Kohlenbergbau in der Gemeinschaft verfolgt werden konnte. Dieses Professor Wagenführ nahm zu den Ergebnissen dieser erste Bulletin (ein paar Seiten, die mittels Matrizen und der folgenden Sitzungen dieses Ausschusses in sei- vervielfältigt wurden) enthielt Daten über die Pro- nem Werk wie folgt Stellung: Man stellte fest, dass es duktion; die Zahl der Untertagearbeiter; die durch- zur Beschaffung vergleichbarer Daten für die sechs schnittliche tägliche Leistung unter Tage; den Länder ... notwendig war, neue, einheitliche Statisti- Gesamtbestand in den Bergwerken. ken unabhängig von den nationalen, allzu bruch- (1) Rolf Wagenführ, Die Abteilung Statistik war für die Erstellung der La statistica in Europa, stückhaften und nicht vergleichbaren Statistiken zu Ferro Edizioni Milano, 1 erstellen. ( ) Tabellen zuständig, die im ersten Jahresbericht der 1967. 18 Erinnerungen Eurostats

EGKS enthalten waren. Diese Tabellen wurden ab Die drei Zweige der Abteilung Statistik dem Allgemeinen Bericht 1956 in einem sehr umfas- senden Anhang zusammengefasst.

Wie bereits erwähnt, änderte der Statistische • Preise, Seit 1955 gestaltete sich das Programm der Veröffent- Dienst im Juni 1954 seinen Namen und wurde • Vorkommen. lichungen der Abteilung Statistik — ein Programm, zur Abteilung Statistik, die in drei Bereiche das mehrere Jahre lang erscheinen sollte — so, wie es untergliedert war: 3)Allgemeine Statistik unter der Leitung von im Kasten beschrieben wird. Pierre Gavanier (F), die zuständig war für die 1)Statistik des Kohlenbergbaus unter der Themen: & Siehe „Programm der Veröffentlichungen der Abteilung Sta- tistik ab 1955“ Leitung von Camille Legrand (B) und • Investitionen, 2)Statistik der Eisen- und Stahlindustrie • Löhne, Die Abteilung Statistik legte im Einklang mit den unter der Leitung von Fritz Grotius (D). • Kosten und Einnahmen, Empfehlungen der Gruppe „Finanzen — Budget — • Beschaffung und Bedarf, Verwaltung“ der Hohen Behörde ihre Verbreitungspo- Die von diesen beiden Bereichen erzeugten • Verkehr, statistischen Daten betrafen: • Verbraucherpreise, litik fest. Sämtliche Veröffentlichungen waren kosten- • Produktion und Bestände, • Konjunktur, los, mit Ausnahme des Statistischen Bulletins, dessen • Auftragseingänge und Auftragsbestände (Stahl), • Kaufkraftparitäten, Preis auf 300 FB für sechs Ausgaben pro Jahr festgelegt • innergemeinschaftliche Lieferungen und Käufe, • Familieneinkommen, wurde. • Handel mit Drittländern, • Außenhandel. • Nutzer des Kohlenbergbaus, Dieser Bereich war außerdem für Fragen der 1955 wurden monatlich rund 3800 Exemplare aufge- • Energiebilanzen, Methodik, Statistik und für internationale legt und kostenlos rund 2800 Exemplare verbreitet, • Beschäftigung und Ertrag, Vergleiche zuständig. wobei sich das kostenpflichtige Abonnement auf rund 730 Exemplare pro Jahr beschränkte. Die Notizen aus der Statistik, die einem Jahrbuch entsprachen, hatten eine Auflage von durchschnittlich 10 000 Exempla- ren, wovon 7000 Exemplare kostenlos verteilt wurden, die Übrigen wurden eingelagert in Erwartung einer Nachfrage, die häufig auf sich warten ließ...

Alle statistischen Veröffentlichungen wurden tech- nisch von den Druckereidiensten der Hohen Behörde, dem künftigen Amt für amtliche Veröffentlichungen, hergestellt. Das Statistische Bulletin und die Notizen aus Die Pioniere in Luxemburg: von 1952 bis 1958 19

Programm der Veröffentlichungen der Abteilung Statistik ab 1955

Statistische Informationen: Bulletin des Außenhandels: eine monatlich erscheinende Veröffentlichung zu eine monatlich erscheinende, sehr ausführliche Fragen der Methodik bzw. in der ein Thema Veröffentlichung über den Außenhandel der allgemein abgehandelt wird. Mitgliedstaaten. Statistisches Bulletin: Quartalshefte zu Kohle und Stahl: erschien alle zwei Monate mit einem Überblick interne Veröffentlichung für die Hohe Behörde über die allgemeine Statistik. und die Experten der Ausschüsse. Statistisches Memento: Ad-hoc-Veröffentlichungen: eine jährlich erscheinende allgemeine analog zu den Wirtschaftsparitäten in der Veröffentlichung. Gemeinschaft. Statistische Schnellmeldungen: erschienen zweimal monatlich zu speziellen Themen wie Kohle, Stahl, Koks, Erz. 20 Erinnerungen Eurostats

der Statistik erschienen in vier Sprachen (Französisch, der Sektoren) und die Sozialpartner sowie Vertreter Deutsch, Italienisch und Niederländisch). Die Veröf- von Ministerien andererseits einen entscheidenden fentlichung Statistische Informationen, deren Auflage Einfluss ausübten. 1955 ergab sich für die Ausschüsse und Verbreitung innerhalb von fünf Jahren (1953- und Arbeitsgruppen folgendes Bild: 1958) von 700 auf 15 000 Exemplare anstieg, erschien • ein „Statistischer Ausschuss Kohle“ mit einem zunächst in zwei Sprachen (Französisch und Deutsch), Unterausschuss, anschließend in vier (zusätzlich noch Italienisch und Niederländisch). • ein „Statistischer Ausschuss Stahl“ mit sechs Arbeitsgruppen, Die ersten Sitzungen der Leiter der • ein „Ausschuss Beschäftigung und Löhne“ mit neun Arbeitsgruppen, NSÄ, wo von einem gemeinsamen statistischen Dienst die Rede ist was bereits zum damaligen Zeitpunkt etwa fünfzehn Sitzungen in Luxemburg bedeutete, die in jedem Zunächst wird die Zusammenarbeit mit den nationalen Quartal von der Abteilung Statistik organisiert statistischen Systemen von der Hohen Behörde, den wurden. Sozialpartnern und den Ministerialvertretern dominiert. 1953 beruft die Abteilung Statistik erstmals die Die Abteilung Statistik beschloss 1953, die „Arbeitsgruppe der Direktoren der NSÄ“ ein. Koordinierung mit den nationalen statistischen Ämtern voranzutreiben, und berief erstmals die 1958 wird die Entscheidung getroffen, drei gemeinsame „Arbeitsgruppe der Direktoren der NSÄ“ ein. Dienste für die drei Exekutivorgane (EGKS, EWG und Euratom) einzurichten: Juristischer Dienst, Presse- und Diese Sitzung fand am 15. Juli 1953 in Luxemburg in Informationsdienst und ... Statistischer Dienst. Am 20. Mai den Räumlichkeiten der Abteilung Statistik, 29, Rue 1958 informiert Präsident Hallstein die Europäische Aldringen, statt. Zwei Punkte standen auf der Parlamentarische Versammlung über das Vorhaben, ein Tagesordnung: externes statistisches Amt einzurichten. • Bericht der Abteilung Statistik über ihre Aufgaben Im Anfangsstadium der Arbeit der EGKS beschränkte innerhalb der Hohen Behörde. sich die Zusammenarbeit mit den nationalen statistischen Systemen auf deren Beteiligung an • Fragen, die gemeinsame Arbeiten zu Preisen, Ausschüssen, in denen im Wesentlichen Beamte der Beständen, Familieneinkommen, Handel und Hohen Behörde einerseits (Statistiker und Vertreter Außenhandel erforderlich machten. Die Pioniere in Luxemburg: von 1952 bis 1958 21

An dieser ersten Sitzung nahmen vier Direktoren von Sitzungen der von der Hohen Behörde eingerichteten NSÄ teil: André Dufrasne (Belgier), Lanfranco Maroi Ausschüsse geladen wurden, jedoch keine Mitglieder (Italiener), Philippus Jacobus Indenburg dieser Ausschüsse waren. Die Abteilung Statistik trug (Niederländer) und Antoine Bastian (Luxemburger) für die Einhaltung dieser Entscheidung der NSÄ sowie die beiden Vertreter Raymond Dumas — der Sorge, trotz der Widerstände insbesondere von Seiten einige Jahre später der zweite Generaldirektor von der nationalen Vertreter in den Ausschüssen. Eurostat wurde — für das INSEE (1), welches damals unter der Leitung von Francis-Louis Closon stand, und Ab 1955 beschlossen die Leiter der NSÄ, mindestens Kurt Herrmann für das Statistische Bundesamt unter zweimal jährlich zusammenzutreten, nicht zuletzt der Leitung von Gerhard Fürst. wegen der Bedeutung solcher Sitzungen für die gegen- seitige Unterrichtung und die Festlegung der Grund- Die Sitzung fand unter Vorsitz von Heinz Potthoff, züge der künftigen Maßnahmen, die das Protokoll der Mitglied der Hohen Behörde, statt. Die Leiter der Sitzung vom 3. und 4. März in Luxemburg unter- NSÄ beschlossen, sich einige Wochen später erneut streicht. zu treffen, wiederum in Luxemburg, um die Diskussion über die Organisation der statistischen Zusammen- Von den weiteren Sitzungen der Direktoren der NSÄ, arbeit in der Gemeinschaft fortzusetzen. die im Anschluss stattfanden, sind einige durchaus erwähnenswert. Dieses zweite Treffen fand am 17. September 1953 in Luxemburg unter Vorsitz von Albert Coppé, dem Aufgrund der besonderen Situation im Saarland Vizepräsidenten der Hohen Behörde, statt, der von beschloss die Hohe Behörde, zur Sitzung im Januar Jean Monnet damit betraut worden war, den Vorsitz 1956 gleichberechtigt mit den übrigen Leitern der über die Arbeiten des statistischen Dienstes zu führen. NSÄ auch Rudolf Köster einzuladen, den Direktor für Punkt 6 der Tagesordnung der Zusammenkunft lautete Statistik aus dieser Region, deren Status noch nicht Arbeitsmethode und Zusammensetzung der statis- genau festlag — französisch, deutsch, autonom? Diese tischen Ausschüsse, und auf Wunsch von Gerhard Entscheidung wurde aufgrund des Widerstands einiger Fürst, dem Präsidenten des Statistischen Bundesamtes, Länder und auch deshalb, weil die Frage politisch beantragten die Leiter der NSÄ offiziell, dass die NSÄ gelöst werden konnte, in den weiteren Sitzungen kein zu allen Sitzungen, auf denen über Statistik zweites Mal mehr getroffen. gesprochen wird, geladen und die Ergebnisse den NSÄ zur Kenntnisnahme vorgelegt werden mögen. Dies ist Am 28. und 29. Mai 1956 fand die Sitzung der Leiter die einzige Möglichkeit, um zu einer Harmonisierung der NSÄ auf Einladung von Francis-Louis Closon, (1) Institut national zu gelangen. Wir haben ja gesehen, dass die Generaldirektor des INSEE, in Paris statt. Auf diese de statistique et études nationalen Statistiker zuweilen als Beobachter zu den erste Sitzung folgten weitere, und ab 1957 beschlossen économiques. 22 Erinnerungen Eurostats

Genf erteilten die Direktoren der NSÄ in der Gemeinschaft der Abteilung Statistik den Auftrag, Statistische Aufgaben infolge der europäischen Integration ein Dokument zu erstellen, in dem Leitlinien aufge- zeigt werden sollten, die der politischen Behörde im — Einrichtung eines gemeinsamen statistischen Mitgliedstaaten ihren Statistikbedarf Hinblick auf eine gemeinsame Organisation der Dienstes für den Gemeinsamen Markt, die anmeldeten, europäischen Statistik vorgeschlagen werden könn- EGKS und Euratom, — zunächst Nutzung der in den Ländern ten. — Schaffung eines „statistischen Rates der verfügbaren Daten zusammen mit Gemeinschaft“ als beratendes Organ, dessen Kommentaren zur Methodik, Das Dokument „Statistische Aufgaben infolge der Mitglieder die Direktoren der nationalen — im Fall neuer Arbeiten sollte die europäischen Integration“ war für die Entwicklung des statistischen Ämter in der Gemeinschaft sein Harmonisierung der Begriffe und Methoden künftigen statistischen Amtes der Europäischen sollten, und wenn möglich auch der Gemeinschaften, wie es im Werk von Professor — Schaffung klar festgelegter und abgegrenzter Erhebungsverfahren an erster Stelle stehen Wagenführ (1) heißt, von maßgeblicher Bedeutung. Arbeitsbeziehungen zwischen dem ... um zu einer gemeinsamen Analyse der Nach der Analyse der Situation infolge des Inkrafttre- Fakten zu gelangen, gemeinsamen statistischen Dienst und den tens der Römischen Verträge (Wirtschaftsgemein- Mitgliedstaaten ... zur Bearbeitung — Orientierung an den Arbeiten internationaler schaft), insbesondere in den drei Bereichen Außen- sämtlicher Anträge, in denen die Organisationen. handel, Agrarstatistik und Sozialstatistik sowie Ener- gie, was den Euratom-Vertrag betraf, stellte das Doku- ment eine Reihe von organisatorischen Betrachtun- die Leiter der NSÄ, mindestens einmal pro Jahr in gen an. einer der Hauptstädte der Länder der Gemeinschaft außerhalb von Luxemburg zusammenzutreffen. & Siehe „Statistische Aufgaben infolge der europäischen Integration“

Eine sehr wichtige Sitzung war diejenige vom 12. und Es handelt sich um ein Dokument (geschrieben im 13. Februar 1957 in Den Haag, wo erstmals die The- April/Mai 1957), das ein Vorbote der künftigen men der gemeinschaftlichen statistischen Integration Entwicklung des Europäischen Statistischen Systems besprochen wurden. Mit dem Enthusiasmus dieser Zeit (ESS) ist. — zwei Monate danach sollten die sechs Länder die Römischen Verträge unterzeichnen — versicherte Es ist der Vorabend der Unterzeichnung der Francis-Louis Closon, man müsse einen einheitlichen Römischen Verträge zur Gründung der Europäischen statistischen Dienst für die Gemeinschaft einrichten. Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der (1) Rolf Wagenführ, La statistica in Europa, Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom), die am Ferro Edizioni Milano, Die Diskussion zu diesem Thema wurde in den folgen- 1. Januar 1958 in Kraft treten sollten. Am 10. Januar 1967. den Monaten fortgesetzt, und am 19. Juni 1957 in wurden in Brüssel die neuen Kommissionen der EWG Die Pioniere in Luxemburg: von 1952 bis 1958 23

und von Euratom gebildet, und Ende Januar wurde vom 10. März 1958, die die Nummer 1 trug, der beschlossen, drei gemeinsame Dienste für die drei Abteilung Statistik folgende Aufgaben: Exekutivorgane (EGKS, EWG und Euratom) einzurichten: der juristische Dienst, der Presse- und • Erstellung von Erhebungsbögen bei den Informationsdienst und der gemeinsame statistische Mitgliedsländern, Dienst, der dem Direktor der Abteilung Statistik der Hohen Behörde unterstellt war. • Entscheidung bezüglich der Methodik, die den Erhebungen zugrunde gelegt werden sollte, Die Hohe Behörde hat zunächst beschlossen, eine kleine Gruppe von Beamten (u. a. auch Jean Petre) • Einberufung der statistischen Ausschüsse der der Abteilung Statistik von Luxemburg nach Brüssel Mitgliedsländer, zu versetzen, um dort den neuen Dienst aufzubauen. • Auswertung der Antworten auf die Fragebögen,

Die Euratom-Kommission ihrerseits beschloss die • Veröffentlichung der Ergebnisse. Einrichtung einer Abteilung Kernenergiestatistik (Protokoll vom 9. Juli 1958) im Rahmen ihrer Ein paar Tage später, am 20. Mai 1958, informierte Organisation, wobei alle anderen Bereiche weiterhin Präsident Hallstein die Europäische Parlamentarische der Leitung der Abteilung Statistik unterstellt waren, Versammlung in Straßburg (das künftige Europäische der Anfang 1958 41 Bedienstete aller Kategorien Parlament) darüber, dass ein Statistisches Amt (18 A, 13 B und 10 C) angehörten. innerhalb der drei Exekutivorgane eingerichtet werden sollte. Die Kommission der EWG unter Vorsitz von übertrug in einer dienstlichen Mitteilung Das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften ...

... zwischen Brüssel und Luxemburg

Die Verträge zur Gründung der Europäischen erheblich. Das Statistische Amt knüpft daher ein Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen engmaschigeres Netz mit den NSÄ und den Atomgemeinschaft (Euratom) werden am 25. März statistischen Referaten der verschiedenen 1957 in Rom unterzeichnet. Ministerien. Im Mai 1962 wird aus der halbjährlichen Sitzung der „Arbeitsgruppe der Leiter der NSÄ“ die Mit dem EWG-Vertrag entstehen die europäischen „Konferenz der Generaldirektoren“, der auch heute Rechtsvorschriften zur Statistik, die der Keim dessen noch übliche Begriff. sind, was heute mit gemeinschaftlicher Besitzstand der Statistik bezeichnet wird. Von Anfang an bekundet das Statistische Amt seinen Willen zur Zusammenarbeit mit allen internationalen Am 10. März 1958 informiert die dienstliche Organisationen, die über einen statistischen Dienst Mitteilung Nr. 1 darüber, dass seit Anfang März 1958 verfügen. Dabei wird Entwicklungszusammenarbeit ein externer statistischer Dienst besteht. Dieser wird besonders groß geschrieben. ab dem 11. Juni 1959 die Bezeichnung „Statistisches Amt der Europäischen Gemeinschaften“ (SAEG) tragen, wobei die drei Gemeinschaften die EGKS, die Im Juni 1966 geht Professor Wagenführ in den EWG und Euratom sind. Ruhestand. Sein Nachfolger im Statistische Amt des Generaldirektors wird Raymond Dumas. Das Motto des Statistischen Amtes der Europäischen Gemeinschaften: Harmonisierung der Verfahren. Aufgrund des Fusionsvertrags für die drei Arbeitspläne auf zahlreichen statistischen Gebieten Exekutivorgane, am 8. April 1965 unterzeichnet und und eine Verbreitungspolitik werden ausgearbeitet. am 1. Juli 1967 in Kraft getreten, wird die Das Statistische Amt wird größer, seine Mittel werden gemeinschaftliche Verwaltungsorganisation in sich Unterzeichnung in Brüssel des Fusionsvertrages für die drei aufgestockt, auch wenn die Ausweitung des geschlossener: die Exekutivfunktionen werden in : einer einzigen Institution zusammengefasst, der 5 Aufgabenspektrums wegen Personalmangels an seine 6 Grenzen stößt. Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Die 9

1 Fusionsentscheidung löst einen regelrechten Kuhhandel aus ... der sich auch auf die Statistik l Anfang der 60er Jahre prägen die Prinzipien der i erstreckt. Die Büros des Statistischen Amtes, die

r Subsidiarität und Proportionalität bereits die p Beziehungen zwischen dem Statistischen Amt und damals auf Luxemburg und Brüssel verteilt waren, A werden fast alle in Luxemburg zusammengeführt. den nationalen statistischen Systemen. Die Lage der . 8

Exekutivorgane der EGKS, EWG und Euratom (in Kraft getreten am 1. Juli 1967). Statistik unterscheidet sich von Land zu Land 1958>1968 von 1958 bis 1968

Die Römischen Verträge (Euratom). Aufgabe der Europäischen Wirtschaftsge- meinschaft (EWG) war es, über die Schaffung eines und die drei Exekutivorgane Gemeinsamen Marktes für einen ständigen und ange- messenen Ausbau, eine erhöhte Stabilität, eine Am 25. März 1957 unterzeichnen die sechs Gründerstaaten beschleunigte Anhebung des Lebensstandards und den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschafts- engere Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten zu gemeinschaft (EWG) und den Vertrag zur Gründung der sorgen. Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom). Damit werden die Institutionen geschaffen, darunter zwei Kommissionen: Auf der Grundlage der am 18. April 1951 unterzeich- die Kommission der EWG und die Euratom-Kommission. neten Pariser Verträge zur Errichtung der Europäi- Letztere richtet zunächst ihren eigenen statistischen schen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) Dienst ein, wobei die übrigen statistischen Bereiche wei- wurde mit den Römischen Verträgen das Feld der terhin der Zuständigkeit der Abteilung Statistik der Hohen supranationalen Zusammenarbeit erweitert, wodurch Behörde unterliegen. Welche Struktur für den statistischen der Aufbau Europas neuen Schwung erhielt. Der wirt- Dienst, unter welcher politischen Behörde, für welche Auf- schaftliche Bereich, der weniger als andere dem gabe, an welchem Standort? Dies sind Fragen, die man Widerstand einzelner Mitgliedstaaten ausgesetzt war, sich während einer langen Übergangsphase stellte. schien geeignet zu sein für eine Zusammenarbeit, die auf Konsens beruhte. Am 25. März 1957 beschlossen die sechs Gründerstaa- ten der Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Belgien, Die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) war Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und anders geartet. Dabei ging es nicht um eine Zusam- Niederlande), ihre Zusammenarbeit auszubauen, und menlegung der bereits vorhandenen Wirtschaftstätig- unterzeichneten die Römischen Verträge. Diese Ver- keiten, sondern um einen Beitrag zur Bildung und zum träge umfassten zwei unterschiedliche Bestandteile: Wachstum einer europäischen Atomindustrie. den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirt- schaftsgemeinschaft (EWG) und den Vertrag zur Mit den beiden neuen Verträgen wurden Institutionen Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft geschaffen, darunter zwei Kommissionen als Exekutiv- 26 Erinnerungen Eurostats

organe, die de facto die Exekutivorgane waren, die der Sitz? So lauteten die Fragen, auf die die Arbeitsgruppe Hohen Behörde der EGKS entsprachen: die Kommis- „Allgemeine Angelegenheiten“ (die später „Kommis- sion der EWG unter Vorsitz eines Deutschen, Walter sion für die Zusammenarbeit der drei Exekutivorgane“ Hallstein, und die Euratom-Kommission unter Vorsitz hieß) eine Antwort finden musste; die Arbeitsgruppe eines Franzosen, Louis Armand. Den Vorsitz der war von den drei Institutionen damit beauftragt wor- Hohen Behörde der EGKS führte damals Paul Finet den, gemeinsame Dienste aufzubauen: „Juristischer aus Belgien. Dienst“, „Presse- und Informationsdienst“ und „Statis- tischer Dienst“. Zu Beginn ihrer Arbeit beschloss die Euratom-Kom- mission, ihren eigenen statistischen Dienst einzurich- ten, der bis Mitte 1959 unabhängig blieb. Die Abtei- Das Statistische Amt lung Kernenergiestatistik hatte die Aufgabe, sämtliche der Europäischen Gemeinschaften Informationen über diesen besonders sensiblen Bereich zusammenzutragen. Im Euratomvertrag waren Am 10. März 1958 unterzeichnet Präsident Hallstein die äußerst ehrgeizige Ziele für die Gemeinschaft veran- dienstliche Mitteilung Nr. 1, in der die politischen Abtei- kert: „Aufgabe der Atomgemeinschaft ist es, durch die lungen der Kommission davon in Kenntnis gesetzt werden, Schaffung der für die schnelle Bildung und Entwick- dass Anfang März 1958 der externe statistische Dienst ein- lung von Kernindustrien erforderlichen Voraussetzun- gerichtet wird. Am 11. Juni 1959 erhält dieser Dienst die gen zur Hebung der Lebenshaltung in den Mitglied- Bezeichnung Statistisches Amt der Europäischen Gemein- staaten und zur Entwicklung der Beziehungen mit den schaften; bei den drei Gemeinschaften handelt es sich um anderen Ländern beizutragen“. die EGKS, die EWG und Euratom.

Die übrigen Bereiche der Statistik verblieben im Am 6. März 1958, einige Wochen nach ihrer Einrich- Zuständigkeitsbereich der Abteilung Statistik der tung, lud die EWG-Kommission unter Vorsitz von Hohen Behörde, die damit begann, eine kleine Grup- Walter Hallstein den Direktor des statistischen Dien- pe von Beamten von Luxemburg nach Brüssel zu ver- stes der Hohen Behörde ein, um ihn zum Aufbau des setzen, um den hohen Bedarf der Dienststellen der gemeinsamen statistischen Dienstes zu hören. Sie EWG-Kommission an Daten zu befriedigen. Diese nimmt zur Kenntnis, dass Rolf Wagenführ ihr einen begann bereits Anfang 1958 mit dem Aufbau ihrer Entwurf einer dienstlichen Mitteilung vorlegen wird, Dienste in der belgischen Hauptstadt. in der die Bedingungen festgelegt sind, unter denen die Abteilungen und Dienste der Kommission den sta- Dann begann eine lange Zeit des Übergangs und der tistischen Dienst in Anspruch nehmen können. Ver- Reibereien zwischen den drei Institutionen, die bis einbart ist außerdem, dass die Gruppe für Wirtschafts- Ende 1959 dauerte. Welche Struktur, unter welcher und Finanzfragen (die später zur Generaldirektion politischen Behörde, für welche Aufgabe, an welchem Wirtschaft und Finanzen wurde) diesen Punkt prüfen Das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften zwischen Brüssel und Luxemburg: von 1958 bis 1968 27

und gegebenenfalls der Kommission diesbezüglich Bericht erstatten wird.

Die EWG-Kommission misstraute dem Einfluss der Hohen Behörde der EGKS auf den statistischen Dienst und forderte die künftige Generaldirektion für Wirt- schaft und Finanzen auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Statistik ein echter interinstitutioneller Dienst blieb.

Am 10. März 1958 unterzeichnete Präsident Hallstein die dienstliche Mitteilung Nr. 1, in der er die politi- schen Abteilungen der Kommission darüber infor- mierte, dass seit Anfang März 1958 ein externer stati- stischer Dienst unter der Leitung von Professor Wagenführ eingerichtet wurde. Damit steht den Abteilungen der EWG von Anfang an ein wirksamer statistischer Dienst für ihre Arbeit zur Verfügung. Die Bedeutung des Adjektivs „extern“ ist unklar; mögli- cherweise handelt es sich dabei um ein Wort, das damals gewählt wurde, um zu zeigen, dass der statisti- sche Dienst nicht einer einzigen Institution angehörte, sondern allen dreien.

Nach der Sitzung der Hallstein-Kommission vom 6. März 1958, die Rolf Wagenführ um einen Bericht über den Aufbau der Statistik gebeten hatte, legte dieser der Arbeitsgruppe „Allgemeine Angelegenheiten“ am 8. Mai ein Dokument vor, das Vorschläge zu einem gemeinsamen statistischen Amt für die drei Institutio- nen enthielt. In diesem Dokument wurden drei The- men angeschnitten:

— Aufbau eines statistischen Amtes im Rahmen der Dienstliche Mitteilung Institutionen: Nr. 1 vom 10. März 1958. 28 Erinnerungen Eurostats

• Einrichtung einer Generaldirektion innerhalb Bezeichnung Statistisches Amt der Europäischen der EWG-Kommission, Gemeinschaften an, wobei es sich bei den drei • Erhebung, Erstellung und Verbreitung von Gemeinschaften um die EGKS, die EWG und Eura- Statistiken im Rahmen des Geltungsbereichs der tom handelte. Die Abteilung Statistik von Euratom Verträge, wurde damit in den Aufbau des Statistischen Amtes eingegliedert. Dies ist seitdem seine offizielle • Koordinierung sämtlicher „statistischer“ Akti- Bezeichnung, obwohl der Name Eurostat, der ihm vitäten der Institutionen, erst 1973 verliehen wurde, sehr viel bekannter ist. • Einrichtung eines „Aufsichtsausschusses“ aus drei Mitgliedern der Institutionen; Nach seiner Einrichtung wurde das Statistische Amt bis März 1960 einem geschäftsführenden Ausschuss Das Direktionskomitee — Umwandlung der Konferenz der Direktoren der unter Vorsitz von Giuseppe Petrilli, Mitglied der 1958. NSÄ in einen echten „Direktorenrat“, der die sta- EWG-Kommission, unterstellt. Die erste Ausschuss- tistischen Tätigkeiten der Gemeinschaft ausrichtet sitzung fand am 24. Juli 1959 in Brüssel im Büro von und anleitet; Giuseppe Petrilli statt, der die Sitzung leitete. Die Tagesordnung umfasste fünf Punkte: Ziel und — Gliederung des gemeinsamen statistischen Amtes Arbeitsweise des Ausschusses, Fortgang der Arbeiten in sieben Direktionen: allgemeine Statistik, der Abteilung Statistik, Arbeitsprogramm und Veröf- Agrarstatistik, Energiestatistik, Industrie- und fentlichungen für 1960, Aufteilung der Mittel auf die Handwerksstatistik, Außenhandelsstatistik, Sozial- Institutionen und Verschiedenes, darunter Personal- statistik sowie Kosten-, Preis-, Finanz- und Kredit- fragen. statistik.

Die Idee der Abteilung Statistik bestand darin, einen Ende 1959 beschlossen die drei Exekutivorgane, ihre wirklich integrierten Dienst, eine zentrale statisti- gemeinsamen Dienste neu zu strukturieren. Die sche Organisation im Dienste der drei Institutionen wichtigste Frage in der Debatte betraf den Stellen- zu schaffen. Wie Professor Wagenführ in seinem wert der beiden anderen gemeinsamen Dienste, des bereits zitierten Buch schreibt: „Angesichts der Presse- und Informations- sowie des juristischen schnell steigenden Anforderungen von Brüssel konn- Dienstes. Die EWG-Kommission schaffte es nach te man sich nicht mit einer kleinen ‚Abordnung‘ in einem langwierigen Tauziehen mit der Hohen Behör- die Hauptstadt Belgiens begnügen, wo die beiden de, diese beiden Dienste unter ihre „Fittiche“ zu neh- (1) Neuübersetzung auf der neuen Exekutivorgane ihren Sitz hatten.“ (1). men, und überließ die Statistik der Hohen Behörde. Grundlage von: Rolf Wagenführ, La statistica in Europa, Ferro Edizioni Am 11. Juni 1959 nahm der statistische Dienst Im März 1960 ging die Verwaltung des Statistisches Milano, 1967. gemäß der Entscheidung der drei Exekutivorgane die Amtes damit in den Zuständigkeitsbereich eines Ver- Das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften zwischen Brüssel und Luxemburg: von 1958 bis 1968 29

waltungsrates über, der aus drei Mitgliedern bestand zusetzen, der einem Generaldirektor, Rolf Wagenführ, (ein Mitglied pro Institution) und dem Albert Coppé unterstellt war. Er hatte Barbara Frese als Sekretärin vorsaß, Vizepräsident der Hohen Behörde; die beiden eingestellt. Der Dienst umfasste vier Direktionen. Die Direktionen und „Spezialabteilungen“ des anderen Mitglieder waren Giuseppe Petrilli (der sei- & Siehe „Die Direktionen und ‚Spezialabteilungen’ des ‚stati- nen Platz im folgenden Jahr Lionello Levi-Sandri stischen Dienstes’ 1958“ „statistischen Dienstes“ 1958 überließ) für die EWG und Paul De Groote für Eura- tom. Der Verwaltungsrat blieb bis zur Fusion der Exe- Die Büros des Statistischen Amtes waren damals auf DIREKTIONEN: kutivorgane 1967 in genau dieser Zusammensetzung zwei europäische Hauptstädte verteilt. In Luxemburg bestehen. Am 19. Juli 1960 gab sich der Rat eine hatten der Generaldirektor, die Sozialstatistik sowie Allgemeine Statistik Geschäftsordnung und begann, zwei- oder dreimal ein Teil der Industrie- und Energiestatistik, die es seit Raymond Dumas, Frankreich jährlich zusammenzutreten, um organisatorische, dem EGKS-Vertrag gab, ihren Sitz. In Brüssel waren Handels- und Verkehrsstatistik finanzielle und personelle Probleme zu erörtern. Die die Allgemeine Statistik, die Außenhandelsstatistik, Vittorio Paretti, Italien Entscheidungen mussten einstimmig von den drei die Agrarstatistik und der überwiegende Teil der Indu- Energiestatistik Mitgliedern getroffen werden (Artikel 2 Geschäfts- strie- und Energiestatistik untergebracht. Diese Situati- Camille Legrand, Belgien ordnung), insbesondere in Fragen der Bestellung und on dauerte bis 1967, als die Fusion der drei Exekutivor- Industriestatistik Beförderung der Beamten des Statistischen Amtes gane dazu führte, dass nahezu alle Dienste des Statis- Fritz Grotius, Deutschland auf Vorschlag des Generaldirektors. Diese Einstim- tisches Amtes von Brüssel nach Luxemburg umzogen. migkeit führte 1966 zu Problemen, als Rolf Wagen- SPEZIALABTEILUNGEN: führ in den Ruhestand trat und der Verwaltungsrat Während die Dienste des Statistisches Amtes in sich mit seiner Nachfolge auseinander setzen musste. Agrarstatistik Luxemburg in einem einzigen Gebäude untergebracht Roger Steylaerts, Belgien waren, im Hôtel Staar, waren die einzelnen Bereiche Sozial- und Preisstatistik Das Statistische Amt organisiert sich des Statistisches Amtes in Brüssel auf verschiedene Gebäude verteilt; zwischen 1958 und 1967 mussten sie Pierre Gavanier, Frankreich Die Abteilung Statistik von Euratom wird in die mehrmals umziehen. Zunächst war das Statistische Die Abteilung Kernenergiestatistik unter der Organisation des Statistisches Amtes eingegliedert. Bei der Amt in der Rue des Marais mitten im Stadtzentrum Leitung des Franzosen Jean Darragon blieb Fusion der drei Exekutivorgane im Jahre 1967 werden die untergebracht. Die Adresse der Abteilung Statistik verwaltungstechnisch vorläufig weiterhin der Dienste des Statistisches Amtes aus Brüssel und aus von Euratom zusammen mit den anderen Diensten Euratom-Kommission unterstellt, war jedoch seit Luxemburg in drei verschiedenen Gebäuden in Luxemburg dieser Institution war die Rue Belliard. Es ist bemer- April 1959 der Direktion Energiestatistik unter untergebracht: Centre Louvigny, Rue Aldringen und das kenswert, dass Präsident Hallstein in seiner Mitteilung der Leitung von Camille Legrand angegliedert. Tour-Gebäude auf dem Kirchberg. Nr. 1 darauf hinweist, dass die Rue Belliard der offizi- Die beiden Fachabteilungen wurden 1963 in elle Sitz des Statistischen Amtes sei, während die mei- Direktionen umgewandelt. Der Vorschlag der Abteilung Statistik wurde nur zum sten der Beamten in dem Gebäude der Rue des Marais Teil übernommen: Im Oktober 1958 beschlossen die bleiben. Ab 1962 wurden die Direktionen des Statisti- drei Exekutivorgane, einen „statistischen Dienst“ ein- schen Amtes in der Rue des Marais in drei unter- 30 Erinnerungen Eurostats

schiedliche Gebäude verlagert: Avenue de Tervueren Avenue de la Liberté. Die Beschreibung eines jungen (wo heute die deutsche Botschaft in Brüssel residiert) Verwaltungsbeamten aus dieser Zeit ist recht amüsant. für die allgemeine Statistik, die Handelsstatistik und & Siehe „Das Hôtel Staar“ die Energiestatistik. Die Verkehrsstatistik war in eine zweistöckige Wohnung umgesiedelt, die am Ende der Eine solche Aufbruchstimmung herrschte im Hôtel Avenue de Tervueren angemietet worden war. François Staar in den Anfangszeiten des Statistisches Amtes. Desgardes erinnert sich an diese Räumlichkeiten, die Ende 1966 reichten die Beamten, die dort zehn lange völlig unangemessen waren, mit einem Telefon auf Jahre tätig waren, eine Petition beim neuen General- jeder Etage und einem nur sporadischen Postdienst. direktor des statistischen Amtes, Raymond Dumas, Die Agrarstatistik war im Erdgeschoss des Gebäudes in Eines der Gebäude des ein, in der sie sich über den erbärmlichen Zustand der Statistischen Amtes in Brüssel der Avenue de Broqueville in der Nähe der Dienststel- Büros ... und die echte Gefahr, die von der Zentral- in der Avenue Tervueren, len der Generaldirektion für Landwirtschaft unterge- heizung ausging ... beschwerten. Diese Räumlichkei- 1962. bracht, die sowohl in politischer Hinsicht (in dieser ten sind einer Institution wie der Hohen Behörde und Zeit ist die gemeinsame Agrarpolitik entstanden) als den Beamten, die dort arbeiten, unwürdig ... Der auch im Hinblick auf die Größe ihrer Dienste an Antrag, das Hôtel Staar aufzugeben, wurde von der Bedeutung gewann. 1966 sah sich das Statistische Amt Hohen Behörde aber erst zwei Jahre später genehmigt, gezwungen, die Avenue de Tervueren zu verlassen und als die drei Exekutivorgane fusionierten, und die in zwei unterschiedliche Gebäude, Avenue de Cortem- Dienste des statistischen Amtes aus Brüssel und berg, vor allem aber Rue de la Loi in den Neubau Luxemburg wurden in drei verschiedenen Gebäuden Charlemagne umzuziehen. Zum Zeitpunkt des Umzugs untergebracht, im Centre Louvigny unweit der nach Luxemburg Mitte 1968 nach der Fusion der Exe- Hauptpost, in der Rue Aldringen, dem ersten Sitz des kutivorgane waren die Dienste des Statistischen Amtes statistischen Dienstes der EGKS, und im Tour-Gebäu- in Brüssel also auf vier Gebäude verteilt: Charlemagne, de, welches seit einigen Monaten auf dem Plateau du Belliard, Cortemberg und Broqueville. Ein echter Kirchberg stand. Leckerbissen für Umzugsspediteure... Die Prioritäten der 60er Jahre und Doch nochmals zurück zum Hôtel Staar. Am Ende des vorangegangenen Kapitels haben wir gesehen, dass die die Rechtsvorschriften zur Statistik in Luxemburg ansässigen Dienste des statistischen Die Ziele des Statistischen Amtes des Jahres 1959 lauten: Amtes gezwungen waren, die Rue Aldringen zu ver- verfügbare Daten in den verschiedenen Ländern lassen und sich in diesem Gebäude vom Ende des 19. zusammentragen; Grundsätze, Definitionen und Methoden Jahrhunderts niederzulassen, gegenüber dem Bahnhof vergleichbar machen; Lücken schließen. Das Motto: von Luxemburg und an der Ecke von zwei Hauptver- Harmonisierung der Methoden. Das Statistische Amt beruft kehrsadern der Stadt, der Avenue de la Gare und der alle sechs Monate die „Konferenz der Leiter der NSÄ“ ein. Das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften zwischen Brüssel und Luxemburg: von 1958 bis 1968 31

Das Hôtel Staar Von François Desgardes Der Aufbau der sektoralen Ausschüsse beginnt. Das Arbeits- programm des Statistischen Amtes gewinnt an Bedeutung. Wenn man sagte, man arbeite im Hôtel Staar, verzogen die Luxemburger die Mundwinkel zu Mit dem EWG-Vertrag entstehen die europäischen einem leichten Grinsen. Der Grund hierfür war Rechtsvorschriften im Bereich Statistik, die der Keim dessen einfach: Das Hôtel Staar war vor dem Krieg ein sind, was heute als gemeinschaftlicher Besitzstand der Etablissement von schlechtem Ruf gewesen. Statistik bezeichnet wird. Ich weiß nicht, ob es sich um eine Legende handelte oder der Wahrheit entsprach. Auf alle Fälle war dieses Gebäude im Krieg das Einzige, Das Statistik-Programm auf das eine Bombe gefallen war, ein Zeichen immanenter Gerechtigkeit, das vom Himmel Im Rahmen der vorbereitenden Arbeiten zur Grün- fiel, wie es sich gehörte, und welches vielleicht dung des Statistischen Amtes ist ein im April 1959 bestätigte, dass an den Gerüchten doch etwas dran war. Dieser Akt der Gerechtigkeit hatte erarbeitetes Dokument mit dem Titel „Ziele, Aufbau Direktoren ihre Sitzungen abhielten, falls diese eine praktische Folge: das Gebäude war bis in am späten Nachmittag stattfanden. Bei diesen und Arbeitsplan des SAEG“ hervorzuheben. Darin seine Grundfesten erschüttert worden, die Sitzungen ging gewöhnlich ganz plötzlich die wird das Ziel wie folgt beschrieben: „Im Rahmen der Mauern waren völlig schief, keine Decke war Tür auf, und ein Mann trat ein, dessen zunehmenden wirtschaftlichen Integration ... hat das waagrecht, und wenn ein Stift zu Boden fiel, Kleidung darauf schließen ließ, dass er Statistische Amt die Aufgabe, ... in den einzelnen rollte er in eine Ecke des Büros, wobei er eine Mechaniker war; er grüßte, indem er einen Ländern die verfügbaren Daten zu erfassen, die komplizierte Bahn beschrieb. Aus demselben Finger an den Schirm seiner Mütze hielt, Grund fuhr auch der Aufzug nicht einfach nach Grundsätze, Definitionen und Methoden vergleichbar durchquerte entschlossenen Schrittes den oben oder unten. Es war ein vorsintflutliches Raum, kauerte hinter dem Sessel des Direktors zu machen, die in einigen Ländern oder insgesamt vor- Modell, das einem Metallkäfig glich, wie es sie nieder, öffnete eine Art Kasten, der am Boden handenen Lücken in der Statistik zu schließen und die im zoologischen Garten gab; er bewegte sich befestigt war, förderte einen langen Qualität der statistischen Daten zu verbessern …“. ächzend fort und schlingerte und schwankte Lochstreifen zu Tage, schraubte den beängstigend. Jeden Morgen fuhr Rolf Kastendeckel wieder zu und verließ ohne ein Im gleichen Zeitraum beruft das Statistische Amt Wagenführ, der Direktor des Dienstes, in weiteres Wort den Raum. Er hatte die diesem Käfig in sein Büro, was mutig, wenn regelmäßig halbjährlich die „Konferenz der Leiter der Laufschrift in Gang gesetzt, die am Balkon auf nicht sogar waghalsig war ... Der Heizkessel der ersten Etage des Hôtel Staar entlanglief, NSÄ“ ein. Eines der Hauptanliegen dieser Konferenz wurde mit Koks beheizt (EGKS verpflichtet) und gegenüber dem Bahnhof, mit der die Reisenden ist „die Frage, wie die große Zahl der von den ver- war vom gleichen Stil wie der Aufzug, vor und Passanten über die neuesten Neuigkeiten schiedenen Generaldirektionen der EWG kommen- allem genauso alt. Während der Kältewellen aus dem Großherzogtum und der Welt den Anfragen zentral erfasst werden kann“ (Sitzung des luxemburgischen Winters explodierte er, die informiert wurden. Die Sitzungen der vom 4. Mai 1959 in Luxemburg). Es erörtert das Rohre zerbarsten, und es lief Wasser aus; Direktoren fanden damals also vor einer daraus stieg eine Dampfwolke empor, die nach surrealistischen Kulisse statt, und die Arbeitsprogramm und die im kommenden Jahr durch- verfaulten Eiern stank. Doch diese Umstände Silhouette des Direktors hob sich vor den zuführenden Erhebungen und gibt Anleitungen dazu. schienen der Stimmung und der Arbeit der Lichtflecken der Laufschrift ab, die die „Pensionäre“ des Hôtel Staar keinen Abbruch neuesten Katastrophenmeldungen aus aller Die sektoralen Ausschüsse beginnen mit ihrem Auf- zu tun. Im ersten Stock zur Vorderseite hin Welt abspulte, aber umgekehrt von rechts nach bau und der Arbeit in ihren Zuständigkeitsbereichen. befand sich ein großer Raum, in dem die links. 32 Erinnerungen Eurostats

Der Ausschuss für Agrarstatistik (1) unter dem Vor- In großen Zügen sah der Arbeitsplan des Statistischen sitz von Stephanus Louwes führt im Januar 1961 Amtes in den 60er Jahren folgendermaßen aus: seine erste Tagung durch, und im Mai desselben Jah- res trat der Ausschuss für Industriestatistik unter dem Vorsitz von Fritz Grotius erstmals zusammen. Die Allgemeine Statistik Ausschüsse für Sozialstatistik (Vorsitzender: Pierre Entwicklung von Konjunkturstatistiken mit Veröf- Gavanier), für Verkehrsstatistik (Vorsitzender: fentlichung monatlicher Schnellberichte, Erfassung Camille Legrand) und für Außenhandelsstatistik der Daten der überseeischen Länder und Gebiete (die (Vorsitzender: Vittorio Paretti) nehmen ebenfalls später durch das Abkommen von Jaunde der EWG ihre Arbeit auf. Zwischen 1960 und 1961 bildet das assoziiert werden) sowie eine Reihe von Publikationen Statistische Amt zahlreiche Arbeitsgruppen: volks- über die Länder Osteuropas (Sowjetblock). wirtschaftliche Gesamtrechnung, Input-Output- Tabellen, Außenhandel, Nomenklaturen, Haushalts- rechnungen, Agrarproduktion, Agrarstruktur und Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung landwirtschaftliche Arbeitskräfte usw. Zu Beginn des Harmonisierung der volkswirtschaftlichen Gesamt- Jahrzehnts nehmen die Grundlagen für die Entwick- rechnungen, einschließlich der Gesamtrechnung lung des künftigen europäischen Statistiksystems Soziale Sicherheit und der landwirtschaftlichen Gestalt an und lassen die Funktionsweise des Systems Gesamtrechnung, Harmonisierung der Zahlungsbilan- erkennen. zen und der Finanzierungsrechnungen. Auf der Tagung der Leiter der nationalen statistischen Ämter Die in dieser Zeit durchgeführten Arbeiten standen vom September 1963 legte das Statistische Amt ein unter dem Motto „Harmonisierung der Methoden“. Dokument mit dem Titel „Harmonisierung der volks- Alle NSÄ erkennen die Bedeutung der Erarbeitung wirtschaftlichen Gesamtrechnungen der Sechs“ vor, gemeinsamer Methoden an, wenngleich sie noch das mit Hilfe eines Experten des INSEE, André Vano- zögern, sich über eine bestimmte Schwelle hinaus zu li, erarbeitet wurde. Nach einer Analyse des Bedarfs engagieren, da die Veränderung für einige Länder zu der EWG-Nutzer machte dieses Dokument auf die groß wäre und der Bruch der Reihen negative Folgen Lücken in den vorhandenen Systemen der OECD für die Wirtschaftsanalyse hätte. Gleichwohl sind in (Organisation for Economic Cooperation and Develop- sehr vielen Statistiksektoren beachtliche Fortschritte ment — Organisation für Wirtschaftliche Zusammen- (1) Nicht zu verwechseln zu verzeichnen, und die regelmäßig in der Reihe Sta- arbeit und Entwicklung) und der UNO (United Nati- mit dem „Ständigen tistische Informationen veröffentlichten methodi- ons Organization — Vereinte Nationen) aufmerksam Ausschuss für die Agrarstatistik“, der 1972 schen Dokumente zeugen von der Fülle der in den und schlug eine „anspruchsvolle moderne Lösung“ durch Ratsbeschluss einzelnen Arbeitsgruppen des Statistisches Amtes vor: ein eigenes System der volkswirtschaftlichen gegründet wurde. diskutierten Ideen und Vorschläge. Gesamtrechnung der Gemeinschaft. Die Arbeiten Das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften zwischen Brüssel und Luxemburg: von 1958 bis 1968 33

werden aufgenommen und verlaufen im Geiste der Kaufkraftparitäten Zusammenarbeit und des Wettstreits mit dem Stati- Was die Kaufkraftparitäten anbelangt, so wurden in den stikbüro der Vereinten Nationen, das seinerzeit die 60er Jahren zwei Projekte entwickelt. Zunächst die Erarbeitung des Systems volkswirtschaftlicher Ge- Erhebungen zu den Dienstorten der Beamten in den samtrechnungen der vereinten Nationen (SCN) leite- Ländern der Gemeinschaft, um den Berichtigungskoef- te. Sie finden 1968 mit dem Beschluss der Leiter der fizienten für die Vergütung dieser Beamten zu berech- nationalen statistischen Ämter über die erste Ausgabe nen. Diese Preisniveauerhebungen wurden von Stati- des ESVG (Europäisches System volkswirtschaftlicher stikern des SAEG durchgeführt, die mit dem Auto Gesamtrechnungen) ihren Abschluss. durch ganz Europa von Stadt zu Stadt fuhren wie Brüs- sel, Luxemburg und Straßburg, aber auch Varese, Aix- Input-Output-Tabelle en-Provence, Amsterdam, Karlsruhe usw., d. h. die Anfang der sechziger Jahre 1967 veröffentlichte das Statistische Amt eine Input- wichtigsten Städte in der Nähe der Gemeinsamen organisierte das Statistische Amt eine Output-Tabelle der Gemeinschaft für das Jahr 1959 in Forschungsstellenzentren. Die Europa-Rundreise dau- Erhebung für die 37 Wirtschaftszweigen. Damit wurde erstmals von erte etwa drei Monate. Berechnung der einer internationalen Einrichtung eine Input-Output- Koeffizienten zur Tabelle einer Ländergemeinschaft veröffentlicht. Diese Das zweite Projekt, an dem sich das Statistische Amt Anpassung der Gehälter. Es entsandte hierzu eine 1 Arbeit wurde von einem kleinen Team ( ) unter der beteiligte, war das von der Weltbank und dem Stati- Gruppe von Beamten in Leitung von Raymond Dumas von Hand ohne Rech- stikbüro der Vereinten Nationen weltweit durchge- die verschiedenen ner und mit externer Hilfe durch eine der besten führte Projekt zu internationalen Preisvergleichen, Dienstorte in den sechs europäischen Input-Output-Tabelle-Spezialistinnen besser bekannt als Berechnung der Kaufkraftparitäten Ländern (einschließlich in die Dienstorte Euratoms). ausgeführt, Professorin Cao-Pinna von der Universität zwischen den Ländern. Diese Reisen dauerten Rom. etwa drei Monate. Um in Energiestatistik der einheimischen Bevölkerung aufzugehen, Preisstatistik Energie- und Kohleindustriebilanzen und vergleichba- trug die Mannschaft 1966 führte das SAEG eine Erhebung zu 250 Erzeug- re Nomenklaturen für Kernenergie. Es wird mit Arbei- regionale Kleidung… ten zur Erdölwirtschaft, zur Rohölversorgung und zur (Vollendam, Niederlande, nissen zum Vergleich ihres absoluten Preisniveaus 1963). durch, um zum Monitoring der Auswirkungen des Benzinproduktion begonnen. Gemeinsamen Marktes auf die Verbraucher beizutra- gen. Zu nennen sind auch die Studien zur „Harmoni- Außenhandelsstatistik sierung der Strukturen und Methoden der Verbrau- Statistiken für die GATT-Verhandlungen (Allgemei- (1) Alain Chantraine, cherpreisindizes der sechs Mitgliedsländer“. Diese nes Zoll- und Handelsabkommen), Arbeiten zu den Hans-Heinz Gärner und Gérold Junior, zu dieser Harmonisierung wurde erst 1995 im Rahmen der Kon- Preis- und Volumenindizes, Korrektur der saisonalen Zeit als „die drei vergenzkriterien von Maastricht erreicht. Schwankungen, Statistiken der Vertriebswege und Musketiere“ genannt. 34 Erinnerungen Eurostats

insbesondere Schaffung einer einheitlichen Nomen- und Verfolgung der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), klatur der Außenhandelsstatistik in Zusammenarbeit über die seinerzeit zwischen den Mitgliedsländern ver- mit dem Customs Cooperation Council (Rat für die handelt und die 1962 beschlossen wurde. Das Statisti- Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens). sche Amt beginnt mit der Vorbereitung von Versor- gungsbilanzen, insbesondere von Getreidebilanzen Anfang der 60er Jahre spielten diese Statistiken eine (Gesamtbilanzen, Produktions-, Nutzungs- und bedeutende direkte Rolle im gemeinschaftlichen Auf- Marktbilanzen), die für die Durchführung der gemein- bauwerk, erinnert sich Marcel Mesnage, seinerzeit samen Agrarpolitik in diesem zur damaligen Zeit größ- Chef der Außenhandelsabteilung. „Insbesondere ten und wichtigsten Sektor unerlässlich sein werden. wurde eine scharfe Polemik zum Thema der relativen 1965 führten die Mitgliedsländer die erste Erhebung Zollschutzniveaus der EWG, der Vereinigten Staaten über die Struktur der Landwirtschaftsbetriebe durch. und des Vereinigten Königreichs geführt, ohne dass Auf diese Statistik werden wir unter „Der ‚besondere man über quantitative Vergleiche zur Klärung der Weg‘ der Agrarstatistik der Gemeinschaft“ zurück- Debatte verfügte. Das Statistische Amt erbrachte die kommen. ersten objektiven Daten, die ... in der Folge regulär als Grundwerkzeug für die GATT-Verhandlungen der Industriestatistik Kommission dienten“. Erstellung der gemeinsamen Systematik der Zweige Verkehrsstatistik des Produzierenden Gewerbes in den Europäischen Gemeinschaften (NICE: nomenclature des industries Die Arbeiten befassten sich in erster Linie mit der établies dans les Communautés européennes) und Aufteilung des Verkehrs auf die einzelnen Verkehrsar- Durchführung einer gemeinsamen Industrieerhebung ten und der Erarbeitung einer gemeinsamen Verkehrs- von 1963, Studien zur Struktur und zur Marktlage nomenklatur. Darüber hinaus wurde eine Korrespon- einiger Wirtschaftszweige unter Anwendung der denz zwischen dieser Nomenklatur und der vorhande- neuen gemeinsamen NICE, gefolgt von der Kohle- nen Außenhandelsnomenklatur hergestellt (CST: und Stahlindustrie. 1962 veröffentlichte das Statisti- Internationales Warenverzeichnis für den Außenhan- sche Amt erstmals ein Jahrbuch der Industriestatistik, del), die die regelmäßige Erstellung von synoptischen das Angaben zu Produktion und Versorgung in der Übersichten Handel/Verkehr ermöglicht. Industrie der Gemeinschaft enthielt.

Agrarstatistik Sozialstatistik Arbeiten zur Erfassung der vorhandenen Daten und Weiterführung der im Rahmen der EGKS durchge- zur Harmonisierung der Statistiken in allen Bereichen führten Arbeiten: Erhebungen zu den Haushaltsrech- (Strukturen, Preise, Produktion usw.) zur Vorbereitung nungen der Bergarbeiter- und Stahlarbeiterfamilien, Das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften zwischen Brüssel und Luxemburg: von 1958 bis 1968 35

Erhebungen zu den Preisen und Wirtschaftsparitäten Die einzige Pflicht bestand darin, die zuständigen Sta- für die Löhne dieser Berufsgruppen und Arbeitskos- tistikausschüsse (Ausschuss für Stahlstatistiken und tenerhebungen (Verordnung Nr. 10 des Rates vom 31. Ausschuss für Kohlestatistiken) zu konsultieren, August 1960). Letztere wird auf die gesamte Wirt- denen — wie wir im bereits gesehen haben — die Ver- schaft der EWG ausgedehnt. Weitere Erhebungen treter der Berufsverbände der betreffenden Sektoren kommen hinzu: Beschäftigung und Arbeitskräfte, angehörten. Diese Situation bestand während der Gesamtkaufkraftparitäten, Stundenlöhne, Berufs- gesamten Geltungsdauer des EGKS-Vertrags fort. Das krankheiten usw. Statistische Amt führte auf dieser Grundlage die Erhe- bung der Kohle- und Stahldaten bis 2002, d. h. bis zum Bevölkerungsstatistik Auslaufen dieses Vertrags, weiter durch. 1960 führte das Statistische Amt eine Erhebung zu Umfang und Struktur der Erwerbsbevölkerung in den Die Situation war im Rahmen des EWG-Vertrags sehr sechs Ländern durch. unterschiedlich. Der diesbezügliche Artikel des Vertrags (es handelte sich um Artikel 213, der nach der Verab- Dieses bereits Anfang der 60er Jahre erstellte Pro- schiedung des Vertrags von Amsterdam durch die Mit- gramm zeigt deutlich den Umfang der Arbeiten, die gliedstaaten im Jahre 1999 zu Artikel 284 wurde) sah vom Statistischen Amt mit Zustimmung der Konfe- und sieht weiterhin folgendes vor: „Zur Erfüllung der ihr renz der Leiter der NSÄ aufgenommen wurden. übertragenen Aufgaben kann die Kommission alle erforderlichen Auskünfte einholen und alle erforderli- Die Rechtsvorschriften zur Statistik chen Nachprüfungen vornehmen; der Rahmen und die nähere Maßgabe hierfür werden vom Rat gemäß den Im Rahmen dieses statistischen Programms ist an die Bestimmungen des Vertrags festgelegt.“ bestehenden Vorschriften zu erinnern, die die Mit- gliedstaaten zur Lieferung von Daten verpflichten. Die einschränkende Bedingung gegenüber dem EGKS-Vertrag betraf die vorherige Zustimmung des Im EGKS-Vertrag war dies Artikel 47, der folgendes Ministerrates, und das Statistische Amt musste die in besagte: „Die Hohe Behörde kann die für die Erfüllung diesem Vertrag vorgesehenen Verfahren anwenden, ihrer Aufgaben notwendigen Auskünfte einholen. Sie um die für statistische Erhebungen in den Mitglied- kann die erforderlichen Nachprüfungen vornehmen staaten notwendigen Dokumente durch den Rat lassen“. Hierbei handelt es sich um eine sehr weitrei- beschließen zu lassen. Mit dem EWG-Vertrag (und chende Befugnis ohne Zwang, und die Statistikabtei- auch dem Euratom-Vertrag) entsteht die europäische lung der Hohen Behörde nutzte sie, um die Erhebung Statistikgesetzgebung, die Bestandteil dessen ist, was bestimmter statistischer Daten bei den Kohle- und heute im Gemeinschaftsjargon als gemeinschaftlicher Stahlunternehmen selbst vorzunehmen. Besitzstand im Bereich der Statistik bezeichnet wird. 36 Erinnerungen Eurostats

Zahl der Beamten Die erste Erhebung, die auf der Grundlage einer Ver- wegen Personalmangels an seine Grenzen. 1959 beschließt des Statistischen Amtes ordnung des Rates der EWG (Verordnung Nr. 10) die EWG-Kommission, im Rahmen der Zuständigkeit des durchgeführt wurde, hatte einerseits die Erfassung des Statistischen Amtes eine maschinelle Datenverarbeitung zu Arbeitsaufwands und andererseits die Vergütung der schaffen. Die Ausstattung der Dienststellen des Statisti- schen Amtes besteht aus rund vierzig Maschinen. Das Sta- Laufbahngruppe A Laufbahngruppe B Laufbahngruppe C Arbeiter und Angestellten zum Gegenstand. Diese 226 Erhebung umfasste 14 Wirtschaftszweige. tistische Amt erstellt als Erstes in ganz Europa detaillierte Außenhandelsstatistiken per Computer. 179 91 Zum Schluss dieses Abschnitts sei noch an eine Über- legung erinnert, die der Generaldirektor des Statisti- Personal 74 schen Amtes, Professor Wagenführ, in seinem bereits 110 genannten Werk anstellte: „Wir müssen uns eine Das Statistische Amt nimmt mehr und mehr Gestalt 89 75 46 grundlegende Frage stellen: Wäre es nicht von Vorteil an, und zwischen 1959 und 1967 steigt die Zahl der 62 36 für die Kommission (oder auch ein selbständiges Statis- Beamten schrittweise an (Durchschnitt in der Jahres- 35 29 tikinstitut, was die statistischen Fragen anbelangt), Ein- mitte). 43 60 24 29 zeldaten direkt zu erheben, da dies das einzige Mittel zur & Siehe „Zahl der Beamten des Statistischen Amtes“ 1959 1960 1963 1967 effizienten Koordinierung und Harmonisierung der von den Mitgliedstaaten stammenden Dokumentation Dennoch beklagt sich der Generaldirektor beim Ver- wäre? ... Die Frage nach der Zweckmäßigkeit der Verab- waltungsrat: „Wenn man die Tätigkeit des Statistischen schiedung eines speziellen ‚Statistikgesetzes‘ für die Amtes nicht gefährden will, müssen große Anstrengun- Gemeinschaft würde einer eingehenderen Prüfung gen zur Aufstockung des Personals unternommen wer- bedürfen“ (1). Wir befinden uns im Jahre 1967 und das den. Andernfalls werden die einzelnen Generaldirek- Statistikgesetz der Gemeinschaften wird erst 30 Jahre tionen selbst Personal zur Ausführung der statistischen später des Licht der Welt erblicken. Arbeiten suchen, was sicherlich nicht mit der Idee eines koordinierenden Statistisches Amtes vereinbar ist“. Am 29. Juni 1959 schreibt der Generaldirektor des Personal, Haushalt und maschinelle Datenverarbeitung

Das Statistische Amt wächst, sein Budget wird aufge- stockt, doch die Ausweitung des Aufgabenspektrums stößt (1) Neuübersetzung auf der Grundlage von: Rolf Wagenführ, La statistica in Europa, Ferro Edizioni Milano, 1967. Das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften zwischen Brüssel und Luxemburg: von 1958 bis 1968 37

Organisationsstruktur Ende 1959

Die Organisationsstruktur umfasste Ende 1959 Italiener 17 %, Belgier 13 %, Niederländer 9 % Die Direktion „Industrie- und folgende Untergliederung nach Laufbahngruppen und Luxemburger 9 %. Handwerksstatistik“ unter der Leitung von Fritz und Referaten: Grotius umfasste 3 Unterabteilungen: 13 A, 11 B Am 5. September 1967, d. h. wenige Monate vor und 8 C. — Generaldirektion: 1 A1, 1 A (Assistent), seiner Verlegung nach Luxemburg, war das 4 B und 6 C Statistische Amt wie folgt aufgebaut: Die Direktion „Sozialstatistik“ unter der Leitung von Pierre Gavanier umfasste 3 — Allgemeine Statistik: 1 A2, 8 A (davon Der Generaldirektor (Raymond Dumas) mit Unterabteilungen: 13 A, 8 B und 5 C. 4 Referatsleiter), 5 B und 2 C seinem Sekretariat (2 A: Helmut Schumacher und — Handel und Verkehr: 1 A2, 5 A (davon Egide Hentgen, 1 B und 4 C). Das Büro des Die Direktion „Agrarstatistik“ unter der 2 Referatsleiter), 3 B und 2 C Generaldirektors umfasste auch einen Berater für Leitung von Stephanus Louwes umfasste mathematische Methoden (Guy Bertaud), einen 3 Unterabteilungen: 17 A, 16 B und 13 C. — Energie: 1 A2, 6 A (davon 2 Referatsleiter), Berater für Regionalstatistik (Jean Reynier), eine 3 B und 4 C Es wird deutlich, dass die Direktion Dienststelle Publikationen, eine Dienststelle Agrarstatistik sich aufgrund der zunehmenden — Industrie: 1 A3, 5 A (davon 2 Referatsleiter), Archive, eine Dienststelle Bibliothek und das Bedeutung der gemeinsamen Agrarpolitik im 8 B und 5 C Zeichenbüro, d. h. insgesamt 2 A, 4 B und 6 C. statistischen Programm des Statistischen Amtes — Soziales: 1 A3, 7 A (davon 2 Referatsleiter), Die Direktion „Allgemeine Statistik und Statistik in den zehn Jahren des Bestehens der EWG zur 4 B und 5 C der assoziierten Staaten“ unter der Leitung von zahlenmäßig stärksten Direktion entwickelt hat. Vittorio Paretti umfasste 6 Unterabteilungen: — Landwirtschaft: 1 A3, 2 A (davon 2 Dieser Aufbau wurde mit dem Umzug nach 21 A, 12 B und 10 C. Referatsleiter), 4 B und 4 C Luxemburg leicht verändert, um den durch die Insgesamt 108 Beamte (49 A, 31 B und 28 C), Die Direktion „Energiestatistik“ unter der Prioritäten der neuen Kommission davon 57 in Brüssel (einschließlich Leitung von Camille Legrand umfasste 2 vorgenommenen Änderungen sowie dem Generaldirektor) und 51 in Luxemburg. Unterabteilungen: 10 A, 11 B und 5 C. Weggang einiger Unterabteilungsleiter im Rahmen der Personalfreisetzung Rechnung zu Es kann geschätzt werden, dass die Aufteilung Die Direktion „Handels- und Verkehrsstatistik“ tragen. nach Staatsangehörigkeit damals wie folgt unter der Leitung von Silvio Ronchetti umfasste aussah: Deutsche 30 %, Franzosen 22 %, 3 Unterabteilungen: 12 A, 12 B und 9 C. 38 Erinnerungen Eurostats

Haushalt Der Haushalt des Statistischen Amtes Der Haushalt des Statistischen Amtes, damals in Bel- gischen Franc aufgestellt, wird ebenfalls aufgestockt. Gesamtausgaben Ausgaben nach Institutionen & Siehe „Der Haushalt des Statistischen Amtes“ (in Millionen Belgischen Franc) (in %)

EWG EGKS Euratom Der Haushalt setzt sich aus den Beiträgen der drei 300 Institutionen zusammen, die sehr detailliert je nach 270 250 dem Interesse berechnet werden, das jede dieser 1959 50 40 10 Institutionen an den Ergebnissen der im Programm 220,2 200 vorgesehenen Arbeiten hat.

157,3 150 1960 53 39 8 Der Anteil der EGKS ist erheblich zurückgegangen, 100 und zwar noch stärker als der von Euratom; er bestand 64,0 77,5 1963 68 25 7 50 hauptsächlich aus der Gehaltssumme der unter das EGKS-System fallenden Beamten gegenüber der zunehmenden Zahl von Beamten, die von der EWG 1966/1967 78 16 6 1959 1960 1963 1966 1967 eingestellt und aus deren Haushalt bezahlt wurden.

Ausrüstung und maschinelle Datenverarbeitung

Die Ausrüstung der Dienststellen des Statistischen Amtes für die Rechenarbeiten besteht aus etwa vierzig Statistisches Amtes an den Generaldirektor der Ver- Maschinen, vor allem der Marken Monroe und Oli- waltung: „Der Prozess der Erweiterung unserer Aufga- vetti. ben ist nicht abgeschlossen, weil ständig neue Anfra- gen an uns gerichtet werden...“. Dieselben Argumente Die EWG-Kommission beschloss die Gründung der werden von dem Statistischen Amt im Verlaufe seiner Lochkartenstelle im Jahre 1959 unter der Verantwort- gesamten Geschichte verwendet werden, um die Zahl lichkeit des Statistischen Amtes (Professor Wagen- seiner Mitarbeiter zu erhöhen. führ übertrug ihre Leitung Vittorio Paretti), die vor- rangig mit der Berechnung der Bezüge der Beamten & Siehe „Organisationsstruktur Ende 1959“ der Kommission betraut war. Die ersten statistischen Das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften zwischen Brüssel und Luxemburg: von 1958 bis 1968 39

Arbeiten, die von der Lochkartenstelle ausgeführt lich in der Veröffentlichung von herkömmlichen wurden, bezogen sich auf den Außenhandel und die Dokumenten auf Papier bestand. Erstellung von Sozialerhebungen. & Siehe „Das Statistische Amt gab folgende Publikationen heraus.“ Die internen Mittel der Kommission zur maschinellen Aufbereitung erwiesen sich allerdings bald als nicht Neben den laufenden Publikationen im Rahmen der ausreichend für die zu verarbeitende Datenmenge. Ab EGKS (Schnellberichte zu Kohle, Stahl und Eisenerz; 1963 nutzte das Statistische Amt die EDV-Anlagen zweimonatliches Statistisches Bulletin; Außenhandels- des Zentrums für wissenschaftliche Datenverarbeitung bulletin für Kohle, Stahl, Alteisen, Eisenerz; Statisti- in Ispra in Norditalien (der größten der im Rahmen scher Jahresabriss zu denselben Produkten) veröffent- des Euratom-Vertrags gegründeten Forschungsstellen) licht das Statistische Amt auch Spezialveröffentli- zur Erstellung der analytischen Außenhandelsüber- chungen. sichten. Diese Zusammenarbeit erstreckte sich über mehrere Jahre, bis die Europäische Kommission Mitte Es ist darauf hinzuweisen, dass die Publikationen in der 70er Jahre ein leistungsfähiges Rechenzentrum den vier Amtssprachen der Gemeinschaft verbreitet einrichtete, das die Verarbeitung dieser Daten über- wurden, also auf Deutsch, Französisch, Italienisch und nehmen konnte. Wie der damalige Leiter der Abtei- lung Außenhandelsstatistik, Marcel Mesnage, erin- nert, „erstellte das Statistische Amt als erstes in Euro- pa detaillierte rechnergestützte Außenhandelsstatisti- ken ... Nachdem die Datenverarbeitung heute etwas ganz Alltägliches darstellt, ist die seinerzeit einsetzen- de radikale Veränderung der Arbeitsmethoden schwer vorstellbar“. Die Verbreitungspolitik

Anfang der 60er Jahre entwickelt das Statistische Amt seine Verbreitungspolitik. Kostenlos verteilt wird lediglich das Statistische Memento und das Bulletin Statistische Informationen. Die Veröffentlichungen erscheinen in den vier Sprachen der Gemeinschaft.

Anfang der 60er Jahre entwickelte das Statistische Amt seine Verbreitungspolitik, die selbstverständ- 40 Erinnerungen Eurostats

Niederländisch. Amüsanterweise betraf die erste schriftliche Anfrage, die im Zusammenhang mit der Das Statistische Amt gab folgende Publikationen heraus: Statistik von einem Mitglied der Parlamentarischen Versammlung (dem künftigen Europäischen Parla- — Statistischer Monatsbericht über die beschloss das Statistische Amt, diese ment) an die Hohe Behörde gerichtet wurde, die in Wirtschaft der Mitgliedsländer Metadaten zu veröffentlichen, die später in das Bulletin Statistische Informationen den Publikationen verwendeten Sprachen. — Außenhandelsstatistik aufgenommen werden sollen (siehe unten). • Handel der Mitgliedsländer nach Im September 1958 fragte der Abgeordnete Wilhelm — Ad-hoc-Berichte über Drittländer Ursprungs- und Bestimmungsländern Lichtenhauer (Niederländer) an, „…weshalb die seit Die ersten dieser Berichte betrafen vor allem • Handel nach Warengruppen und Produkten die Sowjetunion; später befassten sie sich fünf Jahren erscheinenden Statistischen Informatio- mit anderen Volkswirtschaften, insbesondere nen nicht auf Niederländisch herausgegeben wer- Jedes dieser Hefte erschien zweimonatlich. den Ländern, die 1963 im Rahmen des den?“; worauf die Hohe Behörde antwortete: „alle — Zweimonatliches Statistisches Bulletin Abkommens von Jaunde der Gemeinschaft amtlichen Veröffentlichungen würden in den vier assoziiert wurden. Im Abschnitt über die Amtssprachen der Gemeinschaft herausgegeben ... — Allgemeines Statistikbulletin in den Außenbeziehungen des Statistischen Amtes und die Publikation Statistische Informationen werde Bereichen Wirtschaft und Sozialem werden wir dies eingehender behandeln. künftig ebenfalls in den vier Sprachen erscheinen.“ — Statistisches Memento — Statistische Informationen Diese Praxis wurde vom Statistischen Amt bis zu Hierbei handelte es sich faktisch um das Sie erschienen erstmals im Jahre 1960 als Beginn der 70er Jahre weitergeführt. Statistische Jahrbuch, das den Titel der echte Publikation, nachdem sie zuvor seit EGKS-Publikation aufgriff und ihn auf die 1954 als „Wachsmatrizenabzug“ für eine gesamte Wirtschaft ausdehnte. Eine weitere Frage betraf die Politik der unentgeltli- begrenzte Zahl von Nutzern herausgegeben chen Verbreitung und des Verkaufs der Publikationen — Methodische Hefte worden waren. Sie entwickelten sich rasch zu des Statistischen Amtes. Hierbei handelte es sich um Hierbei ging es für das Statistische Amt um einer der Leitpublikationen des Statistischen ein allgemeines Problem, das alle Publikationen von die Verbreitung der Methoden, die den in Amtes — Verbreitung in über 30 000 drei Exekutiven berührte. Es wurde der Beschluss den verschiedenen Bulletins veröffentlichten Exemplaren — und enthielten methodische gefasst, das Statistische Memento und das Bulletin statistischen Reihen zugrunde liegen. Um Arbeiten, Ergebnisse von Studien, der Nachfrage der Nutzer und der nationalen Kommentare zu Drittländern usw. Mitte der Statistische Informationen kostenlos zu verbreiten, statistischen Ämter zu entsprechen, 70er Jahre wird die Publikation eingestellt. während die übrigen Publikationen verkauft wurden, selbstverständlich mit Ausnahme der bevorrechtigten Nutzer wie NSÄ, Ministerien der Mitgliedsländer und internationale Organisationen im Rahmen des Aus- tauschs von Publikationen. Das mit dem Verkauf beauftragte Organ war der Publikationsdienst, der spä- ter zum Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften wurde. Das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften zwischen Brüssel und Luxemburg: von 1958 bis 1968 41

Die Beziehungen zu den NSÄ und zur Artikel 213 eingeschränkt, der dem Rat das letzte Amtsleiterkonferenz Wort zu den Vorschlägen der Kommission gab. Ständige Mitarbeiter der NSÄ 1 Zu Beginn der 60er Jahre ist die Lage der Statistik in den Das Statistische Amt beschloss daher, sein Netz mit im Jahre 1962 ( ) verschiednen Ländern sehr unterschiedlich. Das Statisti- den NSÄ und den Statistikabteilungen der einzelnen sche Amt entscheidet daher, das Netz auszubauen. Im Mai Ministerien zu verstärken, um die durchzuführenden 1962 wird die halbjährliche Sitzung der „Arbeitsgruppe der Arbeiten zu erörtern und die Beschlüsse vorzuberei- 5700 Leiter der NSÄ“ zur „Konferenz der Leiter“. Die Grundsätze ten, die vom Rat hätten gefasst werden müssen. Nicht der Subsidiarität und Proportionalität bestimmen bereits alles lief über den Rat, ganz im Gegenteil. Zu Beginn die Beziehung zwischen dem Statistischen Amt und den seiner Tätigkeit strebte das Statistische Amt eher eine nationalen statistischen Systemen. Die Beziehungen sanfte Harmonisierung der gemeinsamen Statistikpro- bleiben die ganzen 60er Jahre hindurch gut; trotz der jekte der sechs Länder über Beschlüsse der nationalen 2 451 politischen Schwierigkeiten, die die Einrichtung von Sachverständigen und der Amtsleiter an. 1 448 Gemeinschaftserhebungen zwar verlangsamen, jedoch nie 1 216 750 stoppen. Gleichwohl ist zu unterstreichen, dass die Lage der 50 Statistik zu Beginn der 60er Jahre in den einzelnen 2 Das Netz der NSÄ hatte im Rahmen des EGKS-Ver- Ländern der Gemeinschaft sehr unterschiedlich war. Deutschland ( ) Frankreich Italien Niederlande Belgien Luxemburg trags seine Arbeit aufgenommen. Die Statistikabtei- Dies galt nicht nur für die administrative Organisati- lung der Hohen Behörde hatte mehrere Arbeitsgrup- on, an der nicht viel geändert werden konnte, sondern (1) Schätzungen, entnommen dem Buch La statistica in Europa von pen gebildet, in denen offizielle Statistiker der Mit- auch und vor allem für die Qualität der von den Län- Professor Rolf Wagenführ, Ferro Edizioni, Milano, 1967. gliedstaaten mitarbeiteten. Sie hatte auch die Initiati- dern erstellten Statistiken. Wiederholt wies das Statis- (2) Einschließlich Bundesländer. ve für regelmäßige Treffen der Leiter der nationalen tische Amt in sowohl an die Kommission als auch an statistischen Ämter ergriffen, um über Strategie und die NSÄ gerichteten Dokumenten darauf hin, dass Prioritäten zu diskutieren. Die erste Tagung der große Anstrengungen in Bezug auf „die Qualität der „Arbeitsgruppe der Leiter der NSÄ“ fand am 15. Juli für wichtige wirtschaftliche Entscheidungen herange- 1953 in Luxemburg statt. zogenen Daten“ unternommen werden müssen. Pro- fessor Wagenführ unterstreicht, dass „in allen Ländern Wir haben bereits gesehen, dass einerseits der Stati- der Gemeinschaft für die Erstellung von Statistiken stikbedarf mit der Gründung der EWG-Kommission, bestimmte Regeln eingehalten werden müssen, die … deren Zuständigkeiten auf die gesamte Wirtschaft der von Land zu Land sehr unterschiedlich sind. Beson- sechs Mitgliedsländer ausgedehnt wurden, beträcht- ders streng sind die Vorschriften in der Bundesrepublik lich angestiegen war. Andererseits wurde jedoch ihre Deutschland, wo jede neue Statistik ein neues Gesetz Fähigkeit zur direkten Erhebung der für die Erfüllung erfordert; uns scheint, dass das in Luxemburg geltende ihres Auftrags notwendigen statistischen Daten durch System das flexibelste ist. Zwischen diesen beiden 42 Erinnerungen Eurostats

Extremen liegen die Systeme Frankreichs, Italiens, der Diese Konferenz hatte keinen Rechtsstatus, da es sich Niederlande und Belgiens unter Mitwirkung eines um eine einfache „Arbeitsgruppe“ der EWG handelte, Statistikrates. Die unzureichenden Finanzmittel für jedoch spielte sie große Rolle bei der Schaffung der die Durchführung der Projekte sind überall das größte Grundlagen dessen, was 30 Jahre später das Europäische Hindernis“ (1). Statistische System werden sollte. & Siehe „Ständige Mitarbeiter der NSÄ im Jahre 1962“ Zu jener Zeit war noch nicht von Subsidiarität und Die Beziehungen zu den NSÄ blieben während der 60er Verhältnismäßigkeit die Rede; diese Grundsätze wur- Jahre sehr gut, obwohl es zwischen der Kommission und den erst 1992 mit dem Vertrag von Maastricht einge- einigen Mitgliedsländern auf der einen und Frankreich führt. Dennoch wurden bei der vom Statistischen Bei der Arbeit in den Büros auf der anderen Seite politische Schwierigkeiten gab: Amt Anfang der 60er Jahre eingeführten Organisation der Avenue Tervueren die Politik des leeren Stuhls und Beitrittsverhandlun- seiner Beziehungen zu den nationalen Statistiksyste- im Jahr 1964. gen mit dem Vereinigten Königreich. Diese Politik men bereits die Grundlagen dieser Prinzipien beach- bewirkte, dass die Durchführung einiger gemeinsamer tet, d. h. die Erfassung der Daten erfolgte besser durch Erhebungen zwar langsamer erfolgte, wenn sie auch die nationalen Stellen, und die Maßnahme ging nicht nicht gänzlich eingestellt wurde. Hingegen trafen die über das hinaus, was zur Erreichung der Ziele der sechs Mitgliedsländer im Jahre 1963 eine sehr wichtige Gemeinschaft notwendig war. politische Entscheidung: die Einführung der Gemeinsa- men Agrarpolitik. Sie sollte in den nächsten 25 Jahren Die wichtigsten Tagungen der Leiter der nationalen einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der statistischen Ämter im ersten Jahrzehnt des Bestehens Agrarstatistik in Europa haben. Von Anfang an erfor- des Statistischen Amtes waren folgende: derte die Durchführung der GAP sehr detaillierte, aktu- elle und vor allem vergleichbare Statistiken als Grund- Auf der Konferenz vom Oktober 1958 in Rom befas- lage für alle Beschlüsse im Zusammenhang mit der Ent- sten sich die Leiter der NSÄ (2) mit dem Verfahren wicklung der Agrarstrukturen der Mitgliedsländer und der Beschlussfassung über die neuen statistischen 1 mit der gemeinsamen Marktorganisation. ( ) Rolf Wagenführ, La Erhebungen. statistica in Europa, Ferro Edizioni, Milan, 1967. Die Halbjahrestagung der „Arbeitsgruppe der Leiter der — Zustimmung der Europäischen Kommission zum (2) Gerhard Fürst (D), nationalen statistischen Ämter“ wurde in den 60er Jah- Erhebungsprojekt, André Dufrasne (B), ren zunächst in „Rat der Direktoren“ umbenannt — Treffen der Statistiker zur Prüfung der vorhande- Raymond Dumas (F), (siehe Achter Bericht über die Tätigkeit der Gemein- Benedetto Barberi (I), nen Möglichkeiten, Gérard Schlechter (L) schaft, 1960) und im Mai 1962 schließlich in „Konfe- und Philippus Jacobus renz der Leiter“, ein Name, der bis heute beibehalten — Treffen mit den Interessenten (Verbände, Ministe- Indenburg (NL). wurde. rien usw.), um ihren Bedarf zu prüfen, Das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften zwischen Brüssel und Luxemburg: von 1958 bis 1968 43

— Treffen der Statistiksachverständigen zur Erarbei- einer gemeinsamen Politik auf dem Gebiet der Land- tung der Erhebungsmethoden, wirtschaft..., für die die Vergleichbarkeit der Ergebnis- se von größter Bedeutung ist, ergeben; ohne diese Ver- — große Abschlusssitzung, um die Ergebnisse der gleichbarkeit seien von einzelnen Mitgliedsländern Erhebungen mit den Interessenten zu prüfen. lebhafteste Widerstände zu befürchten“. Hans-Broder Krohn zählte die Statistiken auf, die die Generaldirek- Dieses Verfahren ist demjenigen sehr ähnlich, das fast tion für die Überwachung der neuen GAP anfordern 40 Jahre später im Rahmen des Statistikgesetzes von werde. Interessanterweise nahmen die Amtsleiter auf 1997 eingeführt wurde, wobei jedoch ein großer dieser Tagung eine sehr reservierte Haltung zu diesen Unterschied hinsichtlich der Präsentation der Ergeb- Vorschlägen ein und gaben „ihrer Besorgnis darüber nisse gegenüber den Auftraggebern besteht. Ausdruck, dass es zu einem gewissen Ungleichgewicht zwischen den aufzubereitenden Daten im Agrarbe- Als zweiter Punkt wurde auf dieser Tagung darüber reich und den Daten für die übrige Wirtschaft kom- beraten, inwieweit es zweckmäßig ist, in den interna- men könnte“. In den folgenden 20 Jahren wird die tionalen Organisationen eine gemeinsame Haltung Agrarstatistik ein beträchtliches Ausmaß erreichen, zu beziehen. Dieser Vorschlag des Statistischen das durch die Erfordernisse der einzigen wirklich Amtes wurde aufgrund des entschiedenen Wider- gemeinsamen Politik und die dafür aufgewendeten stands des niederländischen Statistikdienstes abge- Finanzmittel (mehr als zwei Drittel des Gemein- lehnt, der „angesichts des technischen Charakters schaftshaushalts) gerechtfertigt ist. der Probleme“ seine Entscheidungsfreiheit bewahren wollte. Barrie Davies, Direktor für Statistik der ECE- Im Oktober 1962 erörterte die Amtsleiterkonferenz in Genf (Commission économique pour l’Europe), zeig- Wiesbaden erstmals das Langfristige Arbeitsprogramm te sich ebenfalls sehr zurückhaltend in bezug auf eine des SAEG. Sechzehn Monate später (Februar 1964) gemeinsame Haltung der Gemeinschaft, es sei denn verabschiedeten die Amtsleiter in Brüssel dieses Pro- sie unterstützt die Programme der Statistikabteilung gramm, das einige interessante Gedanken enthält, die der Wirtschaftskommission für Europa gegenüber fast vierzig Jahre lang ihre Spur in der Tätigkeit des ihren Mitgliedern. Statistischen Amtes hinterlassen sollten. Zunächst

steckt das Dokument die Aufgaben des Statistischen (1) Gerhard Fürst (D), Im Februar 1962 tagte die Konferenz der Leiter der Amtes ab: „zentrales Koordinierungsorgan, um die André Dufrasne (B), NSÄ (1) in Paris. Wichtigster Tagesordnungspunkt amtlichen Statistiken der Mitgliedsländer, die für den Claude Gruson (F), war die Agrarstatistik. Der stellvertretende Generaldi- Fortschritt der europäischen Integration von Bedeu- Benedetto Barberi (I), Gérard Schlechter (L), rektor der Generaldirektion Landwirtschaft, Hans- tung sind, zu vereinheitlichen, zu ergänzen und zu ver- Philippus Jacobus Broder Krohn, erläutert den Amtsleitern die Konse- bessern“, und „innerhalb der europäischen Exekutiven Indenburg (NL) und quenzen, die sich für die Statistik aus der „Einführung ist das Statistische Amt das Zentrum, an das der Petros Couvelis (EL). 44 Erinnerungen Eurostats

Statistikbedarf der Exekutiven herangetragen wird, ... marktes und seine Auswirkungen auf die Statistiken es ist allein zuständig für die Durchführung statisti- über den Intra- und Extra-Handel der Gemeinschaft scher Erhebungen“. warten.

Weiterhin grenzt das von den Amtsleitern verabschie- Schließlich tagte die Konferenz der Leiter der natio- dete Dokument die Aufgaben des Statistischen Amtes nalen statistischen Ämter im November 1967 in ab: Paris unter dem Vorsitz des neuen Generaldirektors des Statistischen Amtes, Raymond Dumas. Raymond „Nicht zu den Aufgaben des Statistischen Amtes Barre, Vizepräsident der EG-Kommission nach der Konferenz der Leiter der gehören NSÄ in Wiesbaden 1968. Verschmelzung der Exekutiven, nimmt als Verant- • Wirtschafts- und Sozialanalysen …, wortlicher für Wirtschafts-, Währungs- und Finanz- • Meinungsumfragen …, fragen sowie für Statistik an der Tagung teil. Er • Vorausschätzungen ….“ unterstrich, wie wichtig es für die Kommission ist, über „ein funktionelles Ensemble von Statistiken Hier ist der Einfluss des deutschen Leiters des Statisti- verfügen zu können, die Aufschluss über die Wech- schen Amtes, Professor Wagenführ, zu erkennen: Sta- selwirkungen geben, welche sich aus ihren Maßnah- tistik im eigentlichen Sinne des Wortes ohne nen- men in den Bereichen Konjunkturpolitik, mittelfri- nenswerte Einflüsse anderer Disziplinen … stige Politik, Regional- und Agrarpolitik, sektorale Strukturpolitik, Kapitalmärkte, Einkommen, soziale Zwischen 1964 und 1968 befassten sich die Konfe- Sicherheit, Außenhandel, Verkehr usw. ergeben“. renzen der Amtsleiter vor allem mit den gemeinsam Ein umfangreiches Programm … durchzuführenden statistischen Arbeiten in allen wirtschaftlichen und sozialen Bereichen der europäi- Dies ist nicht das erste Mal, dass ein Kommissions- schen Integration. 1965 widmeten sie sich einem mitglied und überdies noch Vizepräsident der Kom- sehr wichtigen Thema: der Erstellung von Außenhan- mission an einer Tagung der Leiter der nationalen delsstatistiken nach dem Wegfall der Zollkontrollen zwi- statistischen Ämter teilnimmt. Albert Coppé hatte schen den Mitgliedstaaten. Hierbei ging es darum, sich dies als Präsident des Verwaltungsrates des Statisti- auf die Auswirkungen des vom Vertrag von Rom für schen Amtes ebenfalls mehrmals getan. Gleichwohl 1967 vorgesehenen einheitlichen Binnenmarkts machte die Teilnahme von Raymond Barre an dieser ohne Grenzen auf die Statistik einzustellen. Dieses Tagung deutlich, welche Bedeutung dieser namhafte Thema blieb einige Monate lang aktuell, bis man zu Wirtschaftswissenschaftler, der zehn Jahre später der Überzeugung gelangte, dass dieser Binnenmarkt französischer Premierminister werden sollte, der noch nicht so bald entstehen werde ... Tatsächlich Rolle der Statistik im europäischen Aufbauwerk bei- müssen wir bis 1993 auf die Schaffung des Binnen- maß. Das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften zwischen Brüssel und Luxemburg: von 1958 bis 1968 45

Internationale Beziehungen und Ent- ten Nationen bei den Außenhandelsnomenklaturen wicklungszusammenarbeit: das CESD aufgebaut worden. Von Anfang an bringt das Statistische Amt seinen Willen Im Laufe der 60er Jahre entstand eine sehr enge zum Ausdruck, mit allen internationalen Einrichtungen, Zusammenarbeit des Statistischen Amtes mit dem die über einen statistischen Dienst verfügen, zusammenzu- Statistikdienst Griechenlands, das mit Blick auf sei- arbeiten. Außerdem gilt der Entwicklungszusammenarbeit nen künftigen Beitritt zur Gemeinschaft offizielle und der technischen Unterstützung bis hin zur Ausbildung Kontakte als assoziierter Staat aufgebaut hatte. Diese von statistischen Führungskräften ein besonderes Augen- Kooperation fand ihren Höhepunkt in der Ausrich- merk. tung der Konferenz der Leiter der nationalen statisti- schen Ämter in Athen im Oktober 1963. Der griechi- Seit Aufnahme seiner amtlichen Tätigkeit bekundete sche Statistikdienst war maßgeblich am Statistischen das Statistische Amt seinen Willen zur Zusammenar- Programm der Gemeinschaft beteiligt. Das war vor beit mit allen internationalen Gremien, in denen ein dem Obristenregime… statistischer Dienst tätig war. Einen Schwerpunkt in der Arbeit des Statistischen Mit der OECD war die Zusammenarbeit besonders Amtes bildete die Entwicklungszusammenarbeit. Die rege im Bereich der volkswirtschaftlichen Gesamt- europäische Gemeinschaft hatte enge Beziehungen rechnung, bei den Energiebilanzen und bei den zu den Ländern hergestellt, die ehemals Kolonien der methodischen Fragen zu Saisonschwankungen. Mitgliedstaaten waren, insbesondere in Afrika. Dies fand seinen formellen Niederschlag bereits 1963 in Das Statistische Amt nahm regelmäßig an den Tagun- dem ersten Abkommen von Jaunde und später, ab gen der Konferenz der Europäischen Statistiker teil 1975, nacheinander in den vier Lomé-Abkommen. und arbeitete mit den Statistikern in Genf auf mehre- Am Abkommen von Jaunde waren 18 Länder betei- ren Gebieten zusammen: volkswirtschaftliche ligt, die sich als assoziierte Staaten Afrikas ein- Gesamtrechnung, Input-Output-Tabellen, Außen- schließlich Madagaskars (États Africains et Malga- handel, Verkehr usw. che Associés — EAMA) (1) zusammengeschlossen

hatten. Die zuständige Generaldirektion der Kom- (1) EAMA: Senegal, Mali, Eine systematische Zusammenarbeit war mit dem mission, die Generaldirektion für Assoziierte Länder Obervolta, Niger, Tschad, Internationalen Arbeitsamt bei den Klassifikationen (die dann zur Generaldirektion für Zusammenarbeit Elfenbeinküste, Togo, zu Beschäftigung und Arbeitslosigkeit und den Stati- und schließlich zur Generaldirektion für Entwick- Dahomey, Kamerun, Gabun, Kongo, stiken über die soziale Sicherheit, mit der Food and lung werden sollte), forderte beim Amt statistische Zentralafrika, Somalia, Agricultural Organisation (FAO) auf dem Gebiet der Daten zur Erarbeitung der Entwicklungspläne für Zaire, Ruanda, Burundi, Agrarstatistik und mit dem Statistikbüro der Verein- diese Länder ein. Madagaskar. 46 Erinnerungen Eurostats

Das CESD und seine Kinder

Seit Gründung der EWG im Jahre 1959 ging es Zentrum eingestellt und an Afrika abgegeben das CESD in den EU-Ländern die Gründung Eurostat darum, die Entwicklung des (Abidjan, Jaunde, Kigali), wohingegen die weiterer Ausbildungs- und statistischen Apparates in den gerade Ausbildung von Wirtschaftsstatistikern 1995 Forschungsunterstützungszentren für die unabhängig gewordenen afrikanischen Ländern gänzlich eingestellt wurde. Die Schulen in Entwicklungsländer gefördert. 1972 wurde in zu fördern, zumal die Statistik die Kigali (IAMSEA) und in Jaunde (ISPEA) waren München die zentrale Einrichtung für Voraussetzung für deren wirtschaftlichen und auf Initiative von Eurostat, der französischen Ausbildungen geschaffen. Allerdings kam es sozialen Fortschritt war. So beschloss Eurostat Entwicklungshilfe und des CESD gegründet erst in den 90er Jahren zur Gründung einer gemeinsam mit den französischen Behörden worden. Seit seiner Gründung hat das CESD 221 größeren Zahl von CESD-Abkömmlingen, des (Institut National de Statistique et Études Diplom-Statistiker aus 22 Ländern und 410 CESD-Lissabon 1990, des CESD der Économiques „INSEE“ und dem Ministerium für Diplom-Wirtschaftsstatistiker aus 29 Ländern Gemeinschaft in Luxemburg 1992, des CESD- Zusammenarbeit) die Gründung eines ausgebildet. Den Vorsitz im Verwaltungsrat Madrid 1995 und schließlich des CESD-Rom ab Ausbildungszentrums für Statistiker der hatten nacheinander inne: Rolf Wagenführ 1998. Aus diesem Grunde erhielt seit Beginn Entwicklungsländer (CESD) mit Sitz in Paris, (1962-1966), Vittorio Paretti (1966-1989), der 90er Jahre der „Stammvater“ aller CESD die und zwar in den Räumlichkeiten der ENSAE Yves Franchet (1989), Jean-Pierre Behmoiras Bezeichnung CESD-Paris… (École Nationale de la Statistique et de (1989-1996) und Xavier Charoy (seit 1996). l'Administration Économique), um sich die Geleitet wurde das Zentrum jeweils von Serge- Kompetenz dieser Statistik-Lehranstalt zunutze Christophe Kolm (1962), Guy Le Hégarat (1962- zu machen. Die Gründungsversammlung des 1972), Gérard Maarek (1972-1976), Pierre CESD, auf der auch die Satzung als Vereinigung Delorme (1976-1977), Yves Franchet (1977- ohne Erwerbszweck angenommen wurde, fand 1980), Lamine Diop (1980-1994) und André am 2./3. Oktober 1962 in Wiesbaden statt. Die Belon (1995-2002). Die bedeutende Wende Finanzierung erfolgte durch den EEF erfolgte 1980, als der Verwaltungs- (Europäischer Entwicklungsfonds) und den FAC ratsvorsitzende Vittorio Paretti einen (Fonds d'aide et de coopération) der afrikanischen Direktor ernannte, Lamine Diop, französischen Regierung. Seitdem hat das CESD der heute Direktor von Afristat (1) ist. Seit Statistiker auf zwei Stufen ausgebildet: Diplom- 1980 spielt das CESD eine Rolle in der Wirtschaftsstatistiker (Ingénieurs Statisticiens Statistikforschung für die Entwicklungsländer Économistes, ISE) — Abitur plus fünf — und und seit 1990 bei der Programmkoordinierung Diplom-Statistiker (Ingénieurs de Travaux der afrikanischen Statistikschulen. Von den Statistiques, ITS) — Abitur plus drei. Die ITS- 70er Jahren an haben das Statistische Amt und Ausbildung wurde im Jahre 1977 an diesem (1) Afristat: Entsprechung für Eurostat für die Länder des frankophonen Afrikas mit Sitz in Bamako, Mali. Das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften zwischen Brüssel und Luxemburg: von 1958 bis 1968 47

Die meisten dieser Länder waren ehemalige Koloni- ter der Kommission und Frankreichs für den Bereich en Frankreichs. Sie pflegten zu diesem Staat weiter- Zusammenarbeit angehörten. Ab 1966 stand Vitto- hin gute Beziehungen. Das nationale Statistikamt rio Paretti, der damalige Direktor für „Energiestati- INSEE und das französische Ministerium für Zusam- stik und assoziierte Überseeländer“, dem CESD vor. menarbeit hatten ein Programm der technischen Hilfe aufgelegt, wohingegen das Statistische Amt Am stärksten engagierte sich das Statistische Amt zunächst vor allem im Bereich der Ausbildung von im Bereich der Zusammenarbeit unmittelbar damit, Statistikern dieser Länder tätig war. Begonnen wurde dass es ab 1965 alljährlich einige seiner Verwal- mit der Vergabe von Stipendien für Angehörige der tungsbeamten für fünf bis sechs Monate in afrikani- EAMA-Staaten zum Studium an europäischen sche Länder entsandte. Diese SAEG-Führungskräf- Hochschulen bzw. Statistikbildungszentren. Die te hatten die Teilnehmer des längeren Lehrgangs bedeutendste Maßnahme hinsichtlich der Heranbil- (fünf Monate) für die ITS-Stufe am CESD anzulei- dung eines statistischen Nachwuchses in Afrika war ten und gleichzeitig ein Programm der technischen indessen 1962 die Gründung des Europäischen Aus- Hilfe für die betreffenden Länder zu erarbeiten. Die bildungszentrums für Statistiker der Entwicklungs- ersten Schulungen wurden vom SAEG und vom länder (Europäisches Ausbildungszentrum für Wirt- CESD 1966 in Togo, in Dahomey (dem späteren schaftsstatistiker der Entwicklungsländer; französi- Benin) und in Mali, 1967 dann in Ruanda, in sche Abkürzung: CESD). Tschad und in Gabun organisiert. Diese Art Aktion wurde bis 1972 in mehreren Ländern Afrikas fortge- Das Ausbildungszentrum wurde auf Initiative des führt, so u. a. in Zentralafrika, in Zaire, in Kongo, in Statistischen Amtes und des INSEE ins Leben geru- Burkina Faso. fen und von ihnen finanziert. Eingerichtet wurde es in den Räumlichkeiten der École Nationale de la Statistique et le l’Administration Économique Die Verlegung des Statistischen (ENSAE), der damaligen (und heutigen) Hochschu- Amtes nach Luxemburg mit einem le für Führungskräfte der Statistik in Frankreich. Es bildete Statistiker auf zwei Stufen aus, die Ingénieurs neuen Generaldirektor des travaux statistiques — ITS (Diplomstatistiker) und die Ingénieurs statisticiens économistes — ISE Mit dem Vertrag über die Fusion der drei Exekutivorgane (Diplom-Wirtschaftsstatistiker). Das CESD wurde 1965 wird die gemeinschaftliche Verwaltungsorganisation von einem Verwaltungsrat geleitet, dessen Vorsitz in sich geschlossener: Die Exekutivfunktionen werden in der Generaldirektor des Statistischen Amtes einer einzigen Institution vereint, der Kommission der innehatte und dem als Mitglieder die sechs Direkto- Europäischen Gemeinschaften. Die Fusionsentscheidung ren der nationalen statistischen Ämter sowie Vertre- führt zu einem regelrechten Kuhhandel, der sich auch auf 48 Erinnerungen Eurostats

die Statistik erstreckt. Im April 1965 schließlich fällt die In diese Händel geriet dann auch die Statistik. Das Entscheidung, sämtliche Dienste des Statistischen Amtes Statistische Amt war bereits auf zwei Sitze aufgeteilt, in Luxemburg zusammenzuführen. Der Umzug wir drei in Brüssel befanden sich vier Direktionen mit einem Jahre später, 1968, stattfinden. Personalbestand von etwa 130 Beamten und in Luxemburg zwei Direktionen mit etwa 60 Beamten. Am 8. April 1965 unterzeichneten die Mitgliedstaa- ten in Brüssel den Vertrag über die Zusammenlegung Im April 1965 beschlossen die drei Exekutiven die der drei Exekutiven, der dann am 1. Juli 1967 in Kraft Zusammenlegung aller Dienststellen des Statisti- treten sollte. Unter Beibehaltung der drei Gründungs- schen Amtes in Luxemburg. Der Beschluss wurde am verträge (EGKS, EWG und Euratom) wollten die 1. September 1967 wirksam, traf jedoch von Anfang Regierungen der sechs Länder der gemeinschaftlichen an auf den heftigen Widerstand der meisten Direk- Verwaltungsstruktur mehr Kohärenz verleihen, indem tionen des Statistischen Amtes, die sich in Brüssel die bisher von den drei Exekutiven wahrgenommenen befanden, denn die „Brüsseler“ Statistiker befürchte- Aufgaben in einer einzigen Institution, der Kommissi- ten zu Recht die Entfernung zu den politischen Dien- on der Europäischen Gemeinschaften, zusammenge- sten der Kommission. fasst wurden. Es darf nicht vergessen werden, dass in den 60er Jah- Es ist sicher noch in Erinnerung, dass vorläufig der ren die Reise zwischen Luxemburg und Brüssel Sitz der aus den drei Verträgen hervorgegangenen mühevoll war: vier Stunden mit dem Zug, nicht drei Kommissionen Luxemburg für die EGKS bzw. benutzbare Straßen im Winter und natürlich … kein Brüssel für die EWG und Euratom war. Der Fusions- Internet. Die gesamte Strategie des Statistischen beschluss führte zu einem regelrechten Schachern Amtes hatte von Anfang an darauf gefußt, dass für zum einen zwischen Belgien und Luxemburg und zum die von den Dienststellen der Kommission in den anderen zwischen den Dienststellen zu beiden Seiten einzelnen Bereichen erarbeitete Gemeinschaftspoli- der Ardennen. Es ging darum, Hunderte Beamte von tik Zuarbeit zu leisten war, und zu diesen Dienststel- einer Hauptstadt in die andere zu versetzen, um die len bestanden rege Kontakte im Hinblick auf die aus der Fusion der drei Exekutiven hervorgegange- Besprechung des Bedarfs und die Vorlage der Ergeb- nen politischen und technischen Dienste kohärent nisse. Mit der Verlegung nach Luxemburg würden die zu organisieren. Luxemburg als erster Sitz der drei seit zehn Jahren aufgebauten Vorzugsbeziehungen in Institutionen der EGKS (Hohe Behörde, EGKS-Rat Gefahr geraten. und Gerichtshof; die Versammlung hatte ihren Sitz in Straßburg) verlangte den Verbleib von namhaften Der Verwaltungsrat des Statistischen Amtes Einrichtungen und einer großen Anzahl von Beam- beschloss auf Vorschlag von Rolf Wagenführ, die ten auf seinem Territorium. Zusammenfassung aller Amtsbereiche in der großher- Das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften zwischen Brüssel und Luxemburg: von 1958 bis 1968 49

zoglichen Hauptstadt zu unterstützen. Kultur und Beschluss mit Einstimmigkeit zu fassen. Sein Vorsit- Organisation der Statistik in Deutschland haben die zender Coppé war heftig gegen jede Bewerbung aus Haltung von Professor Wagenführ sicher beeinflusst. den eigenen Dienststellen der Kommission und In Deutschland hatte das Statistische Bundesamt sei- damit auch aus dem Statistischen Amt selbst; er nen Sitz in Wiesbaden, während sich die politische sprach sich mithin dafür aus, einen Bewerber außer- Hauptstadt und die Ministerien in Bonn befanden. halb zu suchen. Dagegen waren die beiden anderen Warum sollte man Angst haben, Politik und Statistik Mitglieder (Lionello Levi-Sandri und Paul De Groo- räumlich voneinander zu entfernen, wenn dies doch te) für einen Bewerber aus den eigenen Reihen. in Deutschland so gut klappte? Um den Einwänden Nach langen Beratungen innerhalb des Verwaltungs- der Brüssel-Verfechter entgegenzukommen, ging die rates musste Albert Coppé einen internen Kandida- Kommission der EG auf Vorschlag von Raymond ten akzeptieren. Barre 1968 einen Kompromiss ein: das Statistische Amt sollte in Brüssel ein Verbindungsbüro zu den Professor Wagenführ wurde also als Generaldirektor Dienststellen der Kommission unterhalten. Dieses des Statistischen Amtes am 1. Juni 1966 von Ray- Büro wurde aus drei Abteilungen der Direktion von mond Dumas, Direktor des Bereiches Allgemeine Vittorio Paretti (Allgemeine Wirtschaftsstatistik) Statistik, abgelöst. Dessen Sekretärin wurde Marie- gebildet, der an der Spitze der Gegner der Luxem- Louise Gillot. burg-Entscheidung gestanden hatte. Nun mischte Raymond Dumas, sich allerdings die luxemburgische Regierung ein, Wie bereits zu erkennen war, traten mit der Ver- Generaldirektor von 1966 bis 1973. denn vom Grundsatz her war ein Verbindungsbüro in schmelzung der Exekutiven einige Veränderungen den Dokumenten über eine ausgewogene Neuauftei- hinsichtlich der Zuständigkeit der einzelnen Dienst- lung der Dienststellen zwischen Brüssel und Luxem- stellen der Kommission ein. Die neuen Kommissare burg nicht vorgesehen. Wir kommen darauf noch erhielten andere Befugnisse; so wurde die politische zurück. Zuständigkeit für das Statistische Amt Raymond Barre als Vizepräsident übertragen, dessen Kompe- Professor Wagenführ nahm im Juni 1966, ein Jahr tenzbereich auch „Wirtschaft und Währungsangele- nach der Entscheidung über die Umsiedlung nach genheiten“ war. Kommissionspräsident war damals, Luxemburg, seinen Abschied und kehrte an die Uni- seit Juli 1967, der Belgier Jean Rey, der bis 1973 im versität Heidelberg zurück. Vier Bewerber bemühten Amt blieb, als mit Dänemark, Irland und dem Verei- sich um die Nachfolge, die drei internen Kandidaten nigten Königreich die erste Erweiterung der Gemein- Raymond Dumas, Fritz Grotius und Vittorio Paretti schaft erfolgte. sowie ein Direktor der Montanunion, Pierre Maillet. Der Verwaltungsrat, der 1966 das Statistische Amt noch führte, hatte laut Geschäftsordnung einen Neuformierung in Luxemburg

Mit dem Fusionsvertrag für die drei Exekutiven gibt auf die Bürger und Sozialstatistik. Die ersten es nur noch eine Kommission, und das Statistische europäischen statistischen Nomenklaturen werden Amt siedelt sich geschlossen in Luxemburg an. Die verabschiedet. Bereiche der europäischen Politik konkretisieren sich — und verlangen nach immer umfassenderen Die Zusammenarbeit zwischen dem Statistischen und präziseren statistischen Angaben: Gemeinsame Amt der Gemeinschaft und den nationalen Agrarpolitik und Agrarstatistik; Handelsgespräche statistischen Systemen nimmt Gestalt an. Die im Rahmen des GATT und Außenhandelsstatistik; Ergebnisse einiger Überlegungen werden umgesetzt, verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit und andere sollen erst zwanzig Jahre später Wirklichkeit volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, Konjunktur- werden. Es beginnt die große Umwälzung durch den und Strukturstatistiken sowie Preisstatistik; Einsatz der EDV… Auswirkungen der wirtschaftlichen Entwicklungen Zeichnung auf der Neujahrskarte der Kommission 1970. 1968>1972 von 1968 bis 1972

Der politische Rahmen der Gemeinschaft In der zweiten Jahreshälfte begannen zwischen den drei Institutionen (Rat, Kommission und Parlament) Diskussionen über die Notwendigkeit, die institutio- In der zweiten Hälfte der 60er Jahre wird das SAEG mit nellen Mechanismen der Gemeinschaft demokrati- dem umfangreichen Statistikbedarf konfrontiert, der sich scher zu gestalten. Im Gespräch war auch die politi- aus der politischen Entwicklung Europas ergibt: sche Union, und der Rat erteilte Anfang 1970 einem gemeinsame Agrarpolitik; stärkere Harmonisierung im Sachverständigenausschuss unter dem Vorsitz von Bereich Sozialpolitik; verstärkte wirtschaftliche Etienne Davignon (Belgier) den Auftrag, Vorschläge Zusammenarbeit; Vorbereitung der ersten Erweiterung, in dieser Richtung zu unterbreiten. Handelsrunden im Rahmen des GATT, die im Wesentlichen von der Kommission geführt werden… Man beginnt auch von einer Wirtschafts- und Wir haben gesehen, dass am 1. Juli 1967 der Vertrag Währungsunion (WWU) zu sprechen. Nach dem über die Zusammenlegung der drei Exekutiven in Gipfel von Den Haag im Dezember 1969, auf dem die Kraft getreten ist. Es gibt nur noch eine Kommission Staats- und Regierungschefs die Verstärkung ihrer mit dem Belgier Jean Rey als Präsidenten, und vom wirtschaftlichen Zusammenarbeit vereinbaren, setzt gleichen Zeitpunkt an beginnt der turnusmäßige, der Rat Anfang 1970 einen Sachverständigenaus- halbjährliche Wechsel des Vorsitzes im Rat. Bis Ende schuss ein, der Vorschläge hierzu unterbreiten soll; den 1967 übernimmt Deutschland die erste Präsident- Vorsitz hat der luxemburgische Finanzminister Pierre schaft. Im Juli 1968 tritt die Zollunion in Kraft, d. h. Werner inne. Der so genannte Werner-Plan wird vom die letzten Einfuhrsteuern zwischen den sechs Mit- gliedstaaten werden 18 Monate früher abgeschafft, als es im Vertrag von Rom festgelegt worden war. Zudem tritt für Einfuhren aus Ländern außerhalb der Zolluni- on der Sechs der Gemeinsame Zolltarif an die Stelle der einzelstaatlichen Zölle. 52 Erinnerungen Eurostats

Rat 1971 angenommen. Auf dem Gipfel von Paris im aus Drittländern bilden künftig die Grundlage des Dezember 1972 einigen sich die sechs EG-Mitglieder neuen Haushalts der Gemeinschaft. sowie die drei Länder, die ab 1973 Mitglieder der Gemeinschaft sein werden, auf die Verwirklichung der In den 60er Jahren war durch die Gemeinsame Agrar- WWU bis spätestens 1980. Inzwischen ist im April politik eine ganze Reihe von Fördermechanismen ein- 1972 die so genannte Währungsschlange entstanden, gerichtet worden, deren Finanzierung der Europäische deren Teilnehmer für die Währungen eine Kurs- Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirt- schwankungsbreite von 2,25 % fest vereinbaren. Es schaft (EAGFL) übernahm und die hauptsächlich die herrscht allgemeine Euphorie, und niemand kann sich gemeinsame Organisation der Märkte, die Garantie die schwierigen Bedingungen vorstellen, die ein Jahr der Preise und die Unterstützung der Ausfuhr der EG- später mit dem Ölschock eintreten sollen, der auch Agrarerzeugnisse betrafen. Bereits 1968 wurde in dem das Inkrafttreten der Währungsunion um mehr als Mansholt-Memorandum darauf hingewiesen, dass die zwanzig Jahre hinausschieben wird. Preis- und Marktpolitik Grenzen habe und keine völ- lig befriedigende Antwort auf die Probleme der 1967 beantragten das Vereinigte Königreich, Irland, europäischen Landwirtschaft geben könne. Das wirt- Dänemark und Norwegen die Aufnahme von Ver- schaftliche und soziale Umfeld der landwirtschaftli- handlungen über den Beitritt zur Gemeinschaft. Nach chen Betriebe und die Entwicklung der anderen Sek- einigen Jahren der Unentschlossenheit und Diskussio- toren seien für ihre Entwicklung genauso wichtig. Dar- nen der sechs EG-Mitglieder untereinander begannen aus resultierte die Notwendigkeit einer Politik zur Ver- die Verhandlungen im Juni 1970 in Luxemburg. Im besserung der Agrarstrukturen, zumal diese strukturel- Januar 1972 fanden sie mit der Unterzeichnung des len Unterschiede mit der Schaffung der GAP nicht Beitrittsvertrags der vier Länder ihren Abschluss. Nor- verschwunden waren. In einigen Fällen waren sie wegen zog nach einer Volksabstimmung mit negati- sogar krasser geworden. Ab 1972 werden die ersten vem Ausgang seine Bewerbung zurück. Die übrigen soziostrukturellen Richtlinien verabschiedet, die dar- drei Länder ratifizierten ihren Beitritt, der ab 1973 auf abzielen, zur effizienteren Bewirtschaftung die wirksam werden sollte. Das ist die erste Erweiterung Fläche der landwirtschaftlichen Betriebe zu ver- der Gemeinschaft. größern, die Schulung der Betriebsleiter zu verbessern bzw. ihnen eine Umschulung für einen anderen Wirt- 1969 unterbreitete die Kommission Vorschläge für die schaftszweig anzubieten. Schaffung eines Systems der Eigenmittel zur Finanzie- rung der Politikbereiche der Gemeinschaft. Der Rat Auf dem Gipfel von Den Haag im Dezember 1969 ver- nahm den Vorschlag an, der im April 1970 in Kraft pflichteten sich die Staats- und Regierungschefs auch, trat: Ein Teil der Mehrwertsteuer (MWSt.) und alle für eine stärkere Harmonisierung in der Sozialpolitik Zölle auf die Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse zu sorgen, insbesondere in den Bereichen Beschäfti- Die Neuformierung in Luxemburg: von 1968 bis 1972 53

gung, sozialer Schutz und Löhne. Auf Vorschlag der Nach der Brüsseler Unterzeichnung des Vertrags über Kommission gelangten die sechs Mitgliedstaaten Ende die Verschmelzung der drei Exekutiven im April 1965 1970 zu einer Vereinbarung über die Reform des sollten die in Brüssel ansässigen Abteilungen des Sta- Europäischen Sozialfonds sowie zur Einrichtung eines tistischen Amtes nach Luxemburg umsiedeln. Die Regionalfonds. Verschmelzung der Exekutiven war für den 1. Juli 1967 geplant. Zum gleichen Zeitpunkt wurde die neue, einheitliche Kommission ins Leben gerufen. Inzwischen gingen die Handelsgespräche im Rahmen Diese beschloss den zeitlichen Ablauf für die Verle- des GATT weiter, und die Gemeinschaft schloss eine gung der einzelnen Dienststellen von Luxemburg nach Reihe von Vereinbarungen über Präferenzzölle mit Brüssel und umgekehrt; der Umzug des Statistischen nichteuropäischen Ländern sowie Freihandelsabkom- Amtes war für den Sommer 1968 vorgesehen. men mit mehreren europäischen Ländern. Diese Abkommen wurden hauptsächlich von der Kommissi- Einige Monate vor dem Umzug brachte Raymond on ausgehandelt, die eine riesige Menge statistischer Dumas die Kommission dazu, unter Berücksichtigung Daten aufzubereiten hatte, die vom Statistischen Amt der Weiterentwicklung der Politikbereiche der geliefert worden waren. Zudem zeigte sich die Kommis- Gemeinschaft eine erhebliche Umstrukturierung der sion überaus aktiv bei den Verhandlungen in der Unc- Dienststellen seines Statistischen Amtes zu genehmi- tad (UNO-Konferenz für Handel und Entwicklung). gen. Zum einen wurden mehr Referate in der Direkti-

Die Einrichtung des Statistischen Raymond Dumas beim ersten Fest des Statistischen Amts Amtes in Luxemburg im ehemaligen Kasino in Luxemburg 1969. Das Statistische Amt lässt sich in Luxemburg nieder: 1974 erfolgt der erste Spatenstich für das künftige „Jean Monnet“-Gebäude, in dem 1975 die ersten Dienststellen von Eurostat untergebracht werden sollen. Das gesellschaftliche Leben der ersten Ankömmlinge beginnt mit der Suche nach einer der raren Wohnungen ... doch eine Befürchtung kann nicht ausgeräumt werden: die Entwicklung statistischer Zellen innerhalb der einzelnen Generaldirektionen in Brüssel, die mit der Zeit größer werden und die Tätigkeiten des Statistischen Amtes an den Rand drängen könnten. 54 Erinnerungen Eurostats

on Landwirtschaft eingerichtet, „da die Entwicklung Brüssel kleinere Statistikeinheiten herausbilden könn- der Gemeinsamen Agrarpolitik den Bedarf an Erhe- ten, die mit der Zeit wachsen und die Arbeit des bungen beträchtlich erhöht hat und vor allem immer eigentlichen Statistischen Amtes an den Rand drän- öfter Erhebungen verlangt“, wie es in einer Note von gen könnten. Daraufhin gab Jean Rey im April 1968 Raymond Barre, Vizepräsident der Kommission und eine Dienstanweisung heraus, die den Gedanken wie- zuständig für das Statistische Amt, an den Kommis- der aufgriff, den Walter Hallstein bereits zehn Jahre sionspräsidenten Jean Rey heißt. In der gleichen Note zuvor ausgedrückt hatte: Das Statistische Amt hat die wird auch die Einrichtung einer Abteilung Regional- Aufgabe, die Informationen zentral zusammenzustel- statistik und regionale Gesamtrechnung angeregt, um len, die Methoden und Ergebnisse zu harmonisieren, dem erhöhten Datenbedarf der zuvor von der neuen die statistischen Maßnahmen zu koordinieren und Kommission geschaffenen Generaldirektion „Regio- darüber hinaus zu den zuständigen nationalen statisti- nalpolitik“ entsprechen zu können. schen Ämtern ständig Kontakt zu halten. Also eigent- lich nichts Neues. Diese Dienstanweisung sollte Im Übrigen wollten einige Beamte des Statistischen zugleich die Verantwortungsträger im Statistischen Amtes in Brüssel nicht nach Luxemburg gehen und Amt die der NSÄ beruhigen, als diese zum Zeitpunkt wurden in anderen Generaldirektionen der Kommissi- des Umzuges der Dienststellen von Brüssel nach on untergebracht. Damit büßte das Statistische Amt Luxemburg und in dem damit verbundenen Durchein- insgesamt an Qualität ein, und es sollten einige Jahre ander plötzlich mit Datenanfragen aus den Dienststel- vergehen, ehe es wieder ein angemessenes Qualitäts- len der Kommission ohne Zwischenschaltung des Sta- niveau erreichte. In umgekehrter Richtung (von tistischen Amtes überschwemmt wurden. Luxemburg nach Brüssel) geschah das Gleiche: einige Beamte der EGKS-Direktionen, die ihren Dienststel- Zeitgleich mit dem Statistischen Amt fasste die Kom- Beim ersten Fest des Statistischen Amtes im len nach Brüssel folgen sollten, zogen Luxemburg vor mission in Luxemburg die beiden Datenverarbeitungs- ehemaligen Kasino in und wurden vom Statistischen Amt aufgenommen. Es abteilungen zusammen, die sich wie das Amt jeweils in Luxemburg 1969: handelte sich im Wesentlichen um Beamte der Lauf- Brüssel und in Luxemburg befanden. Angedacht war, Vittorio Paretti, bahngruppen B und C, die ohne weiteres einen Posten dass die so entstandene vereinte Rechenabteilung in Monique Simeoni, Guy Bertaud, im Statistischen Amt fanden. die Zuständigkeit des Statistischen Amtes gehen soll- Egide Hentgen te. Am Ende langer und schwieriger Auseinanderset- und seine Ehefrau. Hinsichtlich der Koordinierung der Tätigkeiten mit zungen zwischen den Dienststellen beschloss die Kom- denen der übrigen Dienststellen der Kommission hatte mission jedoch, eine eigenständige Direktion ins das Statistische Amt seine Bedenken gegenüber Ray- Leben zu rufen, die als Rechenzentrum der Verwaltung mond Barre wie auch dem Präsidenten Rey direkt zum unterstehen sollte. Im Statistischen Amt selbst waren Ausdruck gebracht. Die Hauptbefürchtung war, dass die Meinungen geteilt darüber, ob die Erweiterung der sich innerhalb der einzelnen Generaldirektionen in Datenverarbeitung in der Kommission unter Leitung Die Neuformierung in Luxemburg: von 1968 bis 1972 55

Souvenirs, souvenirs: des Statistischen Amtes erfolgen sollte, oder ob man Luxemburg bei der Ankunft der „Brüsseler“ die bereits am Horizont dieser neuen Disziplin auftau- und deren Familien chenden Sorgen und Schwierigkeiten lieber anderen überlassen sollte. Die Verfechter der letztgenannten Wenn der Samstag nahte, verbrachten die frisch Ausstellungen gezeigt werden. Kam der Meinung hatten die Vorstellung, das Amt mit einem versetzten Mitarbeiter des Statistischen Amtes Nikolaustag heran, dann breitete sich auf dem eigenen Rechenzentrum auszustatten, das ausschließ- den Vormittag, wenn nicht den ganzen Tag, bei Platz der Weihnachtsmarkt aus, der all der Agentur Weckbecker auf der Suche nach diejenigen verzauberte, die hier die Traditionen lich statistische Vorgänge bearbeiten sollte; insgeheim einer Wohnung oder einem Haus. Es setzte ein des Nordens entdeckten. Hier wurden die guten hofften sie, auf diese Weise leichter Zugang zu ver- regelrechter Streckenlauf durch die Straßen von Adressen ausgetauscht: für Schrauben kam nur traulichen Daten von den nationalen statistischen Luxemburg ein. ein Name in Frage, Gilbert; für Ämtern zu erhalten. Schraubenmuttern hingegen Lassner; und Luxemburg, wenn auch Hauptstadt, war Gardinen kaufte man bei Hertz. Die Einrichtung des Statistischen Amtes in Luxem- hinsichtlich der Einkaufsmöglichkeiten, wie wir burg verlief reibungslos. Die meisten aus Brüssel kom- sie seit Jahren besonders für Lebensmittel Für Lebensmittel und vor allem für italienische kennen, recht ärmlich. Das Bestreben der Spezialitäten lautete die Empfehlung Economat menden Dienststellen bezogen Räume im Louvigny- Regierung bestand damals darin, den am Place de Strasbourg, wo man als Kunde Gebäude gegenüber der Hauptpost, über dem Sitz der Kleinhandel in Wohngebieten zu fördern. So beim Eintreten stets von den Eigentümern BIL (Banque Internationale à Luxembourg), und im fuhren die Beamten zum Einkaufen entweder höflich begrüßt wurde. Die beliebtesten Nachbargebäude in der Rue Aldringen, dem ersten nach Trier oder Thionville, um eine größere Feinkostläden waren Sœurs Weber, Grand Rue, Sitz des statistischen Dienstes der Montanunion 1953. Auswahl und günstigere Preise zu haben, oder Bourkel und Kempf-Kohler wegen seines Außer- Die übrigen Direktionen, die das Abenteuer Hôtel aber zum GB-Supermarkt in Arlon, um ihren Haus-Verkaufs, des Wildbrets und der zarten Staar miterlebt hatten (siehe oben), richteten ihre Gewohnheiten als moderne „Brüsseler“ Makronen. Fisch und Käse hingegen konnte Konsumenten treu zu bleiben. Wieder andere man nur in Thionville einkaufen. Büros am Plateau du Kirchberg im neuen Hochhaus — und das waren die meisten — gingen auf des Europäischen Parlaments ein. den Markt am Place Guillaume, nachdem sie Das einzige Geschäft, das am Sonntagvormittag ihren Wagen in der Nähe des Maison moderne geöffnet hatte, war Epilux im Viertel am Diese Aufsplitterung erleichterte nicht gerade die Kom- oder des alten Gerichtsgebäudes, Rue du Fossé, Bahnhof. Dort fand sich alles, was man in der munikation zwischen den Dienststellen, wie dies auch oder in der Grand Rue, die noch keine Woche vergessen hatte, und eine Unmenge an schon der Fall war, als das Statistische Amt zum Teil in Fußgängerzone war, abgestellt hatten. Damals Erzeugnissen „von anderswo“. Zudem wurde gab es weder Parkuhren noch Tiefgaragen. man von einer ganzen Familie sympathisch Brüssel (fünf verschiedene Gebäude!) und zum Teil in betreut. Luxemburg saß. Von Generaldirektor Raymond Dumas Nach Erledigung der Einkäufe fanden sie sich werden nun monatlich Informationstagungen für die bei schönem Wetter mit ihren Päckchen auf der Elektrische Haushaltgeräte sind die Bediensteten des Statistischen Amtes einberufen, auf Terrasse eines Cafés am Place d'Armes vor dem traditionelle Handelsware der nicht zu denen jede Direktion aufgefordert war, den Kollegen Musikpavillon ein. Man speiste mit der Familie übergehenden Läden Reisch et Lessel, die ihre Haupttätigkeiten darzulegen. Für diese Art von im „europäischen Foyer“, wo heute (Fortsetzung S. 56) Tagungen und für die Arbeitsgruppen in Verbindung mit den nationalen statistischen Ämtern erwies sich die 56 Erinnerungen Eurostats

Raumfrage als problematisch, denn die Räume im Cen- (Fortsetzung von S. 55) tre Louvigny und in der Rue Aldringen waren für die zahlreichen Teilnehmer nicht groß genug. Im Bâtiment damals noch nicht von japanischen und Nach der Vorstellung fand man sich im damals Tour wiederum gab es nicht genügend Räume für alle südostasiatischen Erzeugnissen überschwemmt einzigen italienischen Restaurant am Place de Tagungen des Statistischen Amtes. So fanden die waren. la Foire zusammen, um gute Pasta-Gerichte zu Tagungen über dem Cinéma Europe am Place de la verspeisen, die von der Familie Rossi frisch Gare oder in der obersten Etage des neuen Postamtes Für Kleidung empfahl man sich das Geschäft zubereitet worden waren. ebenfalls am Platz vor dem Hauptbahnhof statt. Zu Brasseur oder Lady Shop, damals in der Galerie Beginn der 70er Jahre beschloss die luxemburgische Louvigny, oder auch Rosenstiel, ein Kaufhaus Das war Luxemburg in den Sechzigern. Die zwischen der Grand Rue und der Rue Philippe „Alten“ beim Statistischen Amt, die die Stadt Regierung die Errichtung eines neuen Gebäudes am II. Die Hocheleganten wagten sich zu Freddy zu Beginn der 50er Jahre kennengelernt Kirchberg, das im Prinzip alle Dienststellen der Kom- Eisen, Rue Louvigny, und gefährdeten damit hatten, als sich hier die EGKS einrichtete, mission in Luxemburg und damit natürlich auch das den Familienetat. wussten von „Charly“ zu berichten, dem Statistische Amt aufnehmen sollte. 1974 erfolgte der kleinen Dampfzug, der aus Echternach erste Spatenstich für das künftige „Jean Monnet“- In der Rue Philippe II ging das Angebot der kommend die Verbindung zur Stadt herstellte, Gebäude, in das 1976 die ersten Eurostat-Dienststellen Fleischerei Hoffmann nie aus für diejenigen, oder auch von den Kuhherden, die über die einzogen. Der Umzug war 1977 abgeschlossen. die vom besten Beinschinken in Luxemburg Adolphe-Brücke zogen, oder von den kosten wollten. Zwei Schritte weiter fanden Wildschweinen, die in die Gärten des sich in den Auslagen des Geschäftes Moïtzeim Rundfunkgebäudes einfielen. Das war eine Das soziale Leben beginnt damit, dass alle, die gerade neben Brillen aller Art Gehhilfen und Rollstühle andere Zeit. erst von Brüssel nach Luxemburg umgezogen sind, auf unter dem Aushängeschild „Hoflieferant“ — Wohnungssuche gehen. Die großherzogliche Haupt- recht sonderbar! Heute nun finden sich neben den Banken, die stadt bot nicht die gleiche Auswahl wie die belgische das Gesicht Luxemburgs in jeder Hinsicht Namur in der Grand Rue war ein verändert haben, die Einkaufszentren Auchan, Metropole. Zudem machte den Neuankömmlingen die Anziehungspunkt für Liebhaber guter Cactus, Match, die unzähligen internationalen geringe Qualität des Angebotes zu schaffen. Die Agen- Schokolade und üppiger Frühstücke, während Restaurants, die Luxusgeschäfte, die Bebauung tur Weckbecker, damals eines der ganz seltenen Grund- die geschäftigen Ehefrauen die am Plateau du Kirchberg, die Autobahn- stücksmaklerbüros, stand einer wahren Flut von Anfra- Kurzwarenhandlung Schäffer stürmten. Am Infrastrukturen und und und. Welch ein Weg gen gegenüber, und die „Neuen“ stritten sich geradezu Samstagabend, manchmal auch Freitags oder seit 50 Jahren… um die wenigen verfügbaren Wohnungen. Vittorio Sonntags, fanden sich die Beamten des Paretti dagegen machte keine Umschweife: er be- Statistischen Amtes im Nouveau Théâtre ein, wo überraschenderweise die luxemburgischen schloss, an der Grenze zu Belgien, im Dorf Septfontai- Damen ihre schönsten langen Kleider auf den nes, ein (fast) zur Ruine verkommenes Schloss aus dem Karsenty-Galas zur Schau trugen. Blanche und Anne Marie 11. Jahrhundert zu erwerben und sich dort wohnlich einzurichten. Die Kantine für die Beamten befand sich im Gebäude des ehemaligen Casinos, Rue Notre Dame, und wurde von der Kommission in „Le Foyer“ umge- Die Neuformierung in Luxemburg: von 1968 bis 1972 57

tauft. Die Direktionen am Plateau du Kirchberg hatten aus. Die Außenstelle bleibt bis 1980 in Brüssel; ihre Kantine in der obersten Etage des Bâtiment Tour. anschließend wird sie erheblich verkleinert. & Siehe „Die Direktionen und Referate“ Die „Alteingesessenen“ nahmen die „neuen Luxem- burger“, den Einzelnen wie die Gemeinschaft, äußerst Aus dem Vorangehenden wird ersichtlich, dass einige warmherzig auf. Das traditionelle Jahresfest des Statis- Führungskräfte des Statistischen Amtes, darunter tischen Amtes wurde in neuer Form erweitert, im Generaldirektor Raymond Dumas — der eine Entschei- „Foyer“ oder in schönen Schlössern in der Umgebung dung seines Vorgängers Rolf Wagenführ mit zu tragen von Luxemburg fanden Bälle statt. Man veranstaltete hatte —, sehr besorgt waren über die Konsequenzen, die „Schnitzeljagden“ in den Fluren und Wäldern des sich aus der geografischen Entfernung für die Beziehun- Großherzogtums. Es gab auch ein Fußballspiel, zu dem gen mit den übrigen, in Brüssel verbliebenen Dienst- (fast) alle Bediensteten des Statistischen Amtes stellen der Kommission als Nutzer ergeben könnten. erschienen. Hier gingen die „Alten“ unter der Auf Vorschlag des für das Statistische Amt zuständigen Führung von Silvio Ronchetti in ihrer Freundlichkeit Vizepräsidenten der Kommission Raymond Barre so weit, dass sie sich von den „Neuen“, die überlegen beschloss die Kommission, in Brüssel eine Reihe von von Stephanus Louwes angeführt wurden, 5:1 schla- Beamten zurückzulassen, um unter optimalen Bedin- gen ließen! (Doch bei diesem Ergebnis bin ich mir gungen die Verbindung zu den Generaldirektionen als nicht so sicher, denn schriftlich gibt es darüber Nutzer sicherzustellen. So wurde damals das so genann- te Verbindungsbüro („Antenne“) ins Leben gerufen. nichts…, das Ergebnis könnte anders herum lauten!). Das Fußballspiel, Kurzum, das Leben organisierte sich, ungeachtet des Nach internen Auseinandersetzungen, die nicht immer das in Anwesenheit (fast) Rufes als „Stadt, in der nichts los ist“, der dem Ein- leicht waren, wurde die Entscheidung getroffen, drei des ganzen Personals treffen der „Brüsseler“ in Luxemburg vorausgeeilt war. Abteilungen der Direktion A von Vittorio Paretti nicht des Statistischen Amts nach Luxemburg zu verlegen, und zwar die Abteilungen organisiert wurde, die „alten“ geführt durch von Jean Petre, Piero Erba und Marcel Mesnage. Dafür Silvio Ronchetti gegen Aufbau des Statistischen Amtes zum gab es einen einfachen Grund: die Beziehungen zur die „neuen“ geführt durch Generaldirektion für Wirtschaft und Finanzen galten Stephanus Louwes:1-5. Zeitpunkt des Umzugs als vorrangig (Raymond Barre war für die Wirtschafts- und Währungspolitik zuständig), und das Statistische Die Kommission beschließt, eine Reihe von Beamten des Amt wiederum befürchtete, dass mit dem Abwandern Statistischen Amtes in Brüssel zu belassen, um die nach Luxemburg die Herausbildung einer eigenständi- Verbindung zu den Generaldirektionen zu gewährleisten, gen „statistischen“ Struktur innerhalb dieser Generaldi- die die Dienste des Statistischen Amtes in Anspruch rektion begünstigt würde. Übrigens beginnt zu eben nehmen. Doch die Einrichtung dieser „Außenstelle“ löst diesem Zeitpunkt die Generaldirektion für Wirtschaft negative Reaktionen bei den luxemburgischen Behörden und Finanzen mit den Konjunkturerhebungen; das Statis- 58 Erinnerungen Eurostats

Die Direktionen und Referate

Zum Zeitpunkt des Umzugs war das Statistische DIREKTION B — Sozialer Schutz, Arbeitsunfälle (Joachim Amt folgendermaßen strukturiert: Energiestatistik, Direktor: Camille Legrand Wedel) Raymond Dumas, Generaldirektor (Sekretärin: — Feste, flüssige und gasförmige Brennstoffe DIREKTION F Marie-Louise Gillot, danach Monique Bour) (Kees Zijlstra) Agrarstatistik, Direktor: Stephanus Louwes Egide Hentgen (L), sein Assistent — Elektroenergie und Kernindustrie — Agrarpreise, landwirtschaftliche (Jean Darragon) Gesamtrechnung, Methoden (Helmut Guy Bertaud (F), Berater für mathematische Schumacher) Methoden DIREKTION C Handels- und Verkehrsstatistik, Direktor: — Erzeugnisse, Bilanzen (Günther Thiede) Dem Generaldirektor direkt unterstellt waren die Silvio Ronchetti Dienstbereiche Haushalt, Zeichenbüro, — Landwirtschaftliche Betriebe und Strukturen Veröffentlichungen, Bibliothek, Poststelle sowie — Binnenhandel (Theodor Schwarz) (Luciano Baroncelli) sämtliche Bediensteten der Laufbahngruppe C. — Außenhandel (Rolf Sannwald) Insgesamt hatte das Statistische Amt 220 Insgesamt: 1 A1, 1 A3, 1 A4, 2 B (die Graphiker) Beamte, davon 84 der Laufbahngruppe A, 72 der — Verkehr (Helmut Reum) und 62 Bedienstete der Laufbahngruppe C Laufbahngruppe B und 64 der Laufbahngruppe C. DIREKTION D DIREKTION A Bei den Führungskräften sah die geografische Industrie- und Handwerksstatistik, Direktor: Allgemeine Statistik und Statistik der Verteilung folgendermaßen aus: Fritz Grotius assoziierten Staaten, Direktor: Vittorio Paretti — 1 französischer Generaldirektor — Eisen- und Stahlindustrie und verwandte — Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Industriezweige (Jacques Charrayre) — 1 luxemburgischer Assistent Mitgliedstaaten (Jean Petre) — Metallverarbeitung, Industriestruktur, — 1 französischer Berater — Finanzkonten, Geldbestand und Währung, Handwerk (Victor Schetgen) Zahlungsbilanz (Piero Erba) — 6 Direktoren, davon 2 Italiener, 1 Deutscher, — Konsumgüter, Indizes und Klassifikationen 1 Franzose, 1 Niederländer und 1 Belgier — Intersektorale Beziehungen der Industrie (Mattheus Burger) (Hugo Krijnse-Locker) — 20 Referatsleiter, davon 5 Deutsche und DIREKTION E 5 Franzosen, 4 Niederländer, 2 Italiener und — Regionalstatistik und -konten (Jean Reynier) Sozialstatistik, Direktor: Pierre Gavanier 2 Belgier, 1 Luxemburger und 1 Schweizer — Konjunkturstatistik, Informationsverarbeitung (Rolf Sannwald), bei dem die Kommission — Löhne (Joseph Nols) (Marcel Mesnage) eine Ausnahme vom Grundsatz der — Lebensstandard, Beschäftigung (Wil van der Zugehörigkeit zu einem EU-Land eingeräumt — Assoziierte Staaten (Raymond Salvat) Weerden) hatte. Die Neuformierung in Luxemburg: von 1968 bis 1972 59

tische Amt sieht sich von dieser bedeutenden statisti- zu den Ausschüssen für Währung und Wirtschaftspoli- schen Maßnahme ausgeklammert. Da seine Direktion tik); zudem erklärt er, warum die Wahl auf diese drei zur Hälfte in Brüssel sitzt, sieht sich Vittorio Paretti Abteilungen gefallen ist (auf dem Gebiet der Gesamt- gezwungen, allwöchentlich zwischen dem Gebäude rechnungen und der Konjunktur sei das Statistische Charlemagne in Brüssel, wo sich das Verbindungsbüro Amt dabei, die statistischen Rahmen zu konzipieren befindet, und dem Centre Louvigny in Luxemburg, in und auszuarbeiten, die für das Vorankommen auf dem dem seine übrigen drei Abteilungen sitzen, hin und her Wege zur Harmonisierung und Abstimmung der Wirt- zu fahren. Über die Ardennen zu kommen — ohne schaftspolitiken notwendig sind), und gibt dem Autobahn — war im Winter nicht immer ganz leicht. Wunsch Ausdruck, dass sobald wie möglich der Sitz Zum Glück gab es da auf halbem Wege das Schloss von der drei betreffenden Abteilungen nach Luxemburg Septfontaines. verlegt wird. Bis 1980 besteht das Verbindungsbüro in Brüssel in einer den drei Abteilungen entsprechenden Auf die Schaffung des Verbindungsbüros (etwa fünf- Größe. Ab dann wird es weiterhin ein Brüsseler Ver- zehn Beamte) reagierten die luxemburgischen Behör- bindungsbüro von Eurostat geben, allerdings in ver- den negativ. Als die Entscheidung über die Fusion der kleinerter Ausführung. Exekutiven fiel, hatte die Regierung des Großherzog- tums unter Pierre Werner eine Beamtenumsetzung Der Organisationsplan des Statistischen Amtes, wie er am zwischen Brüssel und Luxemburg in gleicher Anzahl Anfang dieses Abschnitts dargelegt war, bleibt prak- verlangt, damit in der großherzoglichen Hauptstadt tisch unverändert, bis 1973 die drei neuen Mitglied- zahlreiche Beamte in den Dienststellen der EU-Insti- staaten hinzukommen. tutionen verblieben. Das Statistische Amt war dabei mit einer festen Zahl von etwa 220 Beamten einkal- kuliert worden. Was die Luxemburger nun fürchteten, Die Arbeit des Statistischen Amtes war nicht so sehr der Umstand, dass 15 Bedienstete des Statistischen Amtes in Belgien blieben, als viel- Zwischen 1967 und 1973 setzt das Statistische Amt seine mehr die Entstehung eines Präzedenzfalls, der mit wei- Harmonisierungsbemühungen in mehreren Bereichen fort: teren Abwanderungen nach Brüssel Schule machen Agrarstatistik, Industriestatistik, Volkswirtschaftliche könnte. Am 4. Juli 1968 sandte Raymond Barre an Gesamtrechnungen, Preis- und Kaufkraftstatistik. Die den damaligen ständigen Vertreter Luxemburgs bei Sozialstatistik macht mit den zahlreichen neu eingeführten den Europäischen Gemeinschaften, Albert Borchette, Erhebungen und den harmonisierten Sozialschutzkonten einen eine Note zur Erläuterung des Beschlusses der Kom- großen Sprung nach vorne. Es entstehen drei neue mission. Darin legt Raymond Barre die Gründe für die Klassifikationen: Nimexe, NIPRO und NACE. Doch für die Schaffung des Verbindungsbüros dar (Verbindung zur Außenhandelsstatistik zeichnet sich eine Gefahr ab: Die Generaldirektion für Wirtschaft und Finanzen sowie Beneluxländer legen bereits 1969 einen Bericht über die 60 Erinnerungen Eurostats

„besonders schwerwiegenden“ Folgen der Abschaffung der lung der gemeinschaftlichen Agrarstatistik geprüft Zollkontrollen an den Grenzen zwischen den drei Ländern vor... und gesteuert und gehörte zusammen mit Eurostat zu deren Triebkräften (siehe „Der ‚besondere Weg‘ der Von 1967 bis 1973 setzt das Statistische Amt seine Agrarstatistik der Gemeinschaft“). Bemühungen um die Harmonisierung in mehreren Bereichen fort. Die Entwicklung der Agrarstatistik stand dabei aufgrund der Festigung der Agrarpolitik Im Bereich der Wirtschaftsstatistik ist die zweite Hälf- hinsichtlich der Märkte und Preise für die Erzeugnisse te der 60er Jahre durch Arbeiten zur Harmonisierung sowie der neuen Ausrichtungen bei den landwirt- der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung gekenn- schaftlichen Strukturen selbstverständlich im Mittel- zeichnet. Das Statistische Amt arbeitete im Rahmen punkt. Die Versorgungsbilanzen für alle Erzeugnisse der UN-Wirtschaftskommission für Europa in Genf an waren fertiggestellt. Die „zusammenfassenden Ergeb- der Erstellung eines Systems volkswirtschaftlicher nisse“ der ersten großen Erhebung über die landwirt- Gesamtrechnungen der Vereinten Nationen (SNA — schaftlichen Betriebe (1968) wurden 1971 und 1972 englische Abkürzung) mit, das 1968 in Kraft treten veröffentlicht; sie gaben nun Aufschluss über die 55 sollte. 1963 unterbreitete das Statistische Amt den Regionen und die 199 Verwaltungsbezirke der Leitern der nationalen Statistikämter die Idee eines Gemeinschaft. Weiter gehende Ausarbeitungen bei eigenen Systems wirtschaftlicher Rechnungsführun- dieser Erhebung erfolgten in Verbindung mit der gen für die sechs Mitgliedstaaten; die Grundlage dafür Generaldirektion Landwirtschaft, um die jeweiligen bildete ein Arbeitspapier, das ein Gesamtrechner des möglichen Optionen im Rahmen der Gemeinsamen französischen INSEE, André Vanoli, ausgearbeitet Agrarpolitik auszuloten. Während dieses Zeitraums hatte. Es bildete sich ein Team aus Statistikern des wurden vom Rat mehrere Rechtstexte zur Agrarstatis- Statistischen Amtes: Jean Petre, Piero Erba, Hugo tik verabschiedet, mit dem Ziel einer stärkeren Har- Krjinse-Locker, Alain Chantraine, Gustav Löhmann monisierung bestimmter Erhebungen: Schweineerzeu- und Letizia Cattani unter Leitung von Vittorio Paret- gung, Milch und Milcherzeugnisse, Bruteier und Küken, Rinderbestand, Schlachtung von Schlachtrin- ti, sowie den höchst kompetenten europäischen Sach- dern usw. Die Agrarstatistik genoss zu jener Zeit einen verständigen Vincenzo Siesto, Günter Hamer, Franz solchen Stellenwert (der EAGFL gibt allein dafür Goevaerts, Kees Oomens und natürlich André Vano- nahezu 90 % der Haushaltsmittel aus!), dass der Rat li. Dieses Team arbeitete unermüdlich, verbrachte beschloss, einen Ständigen Ausschuss für die Agrarsta- aber auch „schöne Momente denkwürdiger lukulli- tistik einzusetzen, der seine erste Sitzung unter dem scher Zusammenkünfte“, wie sich Vincenzo Siesto und Vorsitz von Stephanus Louwes Anfang September André Vanoli erinnern. Drei Jahre später wird das 1972 abhielt. Dieser heute noch bestehende Aus- ESVG-69, das Europäische System Volkswirtschaftli- schuss hat fast dreißig Jahre lang die gesamte Entwick- cher Gesamtrechnungen, aus der Taufe gehoben. Die Neuformierung in Luxemburg: von 1968 bis 1972 61

Eine Sitzung über KKP im Jahre 1972 Von Donal Murphy, ehemaliger Generaldirektor des zentralen Statistikamts (CSO) Irlands

Ich habe fast 30 Jahre lang, von 1972 (vor Verfahrensweise löste einen wahren Schock aus strikten Gewährleistung der Vergleichbarkeit dem Beitritt) bis zu meiner letzten Sitzung des und gab Anlass zu der Befürchtung, dass das wurde bei der Feststellung der Preise damals Ausschusses für das Statistische Programm neue Arbeitsumfeld in der Gemeinschaft nach einem komplexen, sich teilweise (ASP) im November 2000, an Sitzungen des offenbar ein hohes Maß an physischem überlappenden multinationalen Team-Ansatz Statistischen Amtes auf allen Ebenen und zu Durchhaltevermögen erfordern würde. Am verfahren. Unter anderem standen zwei den verschiedensten Themen teilgenommen. ersten Tag wurden die Preise für jeden Artikel kommissionseigene Mercedes-Wagen mit Am deutlichsten in Erinnerung ist mir meine sorgfältig bis ins letzte Detail überprüft. Wie Chauffeur für Fahrten in die Vororte der erste Sitzung im Jahre 1972. Es war eine ich mich erinnere, nahm der Artikel einzelnen Hauptstädte, in denen die Preise dreitätige Zusammenkunft der Arbeitsgruppe „Erdbeerkonfitüre“ mehr als einen halben Tag erhoben wurden, zur Verfügung — seinerzeit Preise in Luxemburg unter dem Vorsitz von in Anspruch — es gab lange Diskussionen über spielte Geld offenbar keine Rolle! Silvio Ronchetti, der seinerzeit Direktor beim die Vergleichbarkeit der Qualität der in den Statistischen Amt war und später einzelnen Ländern angebotenen Konfitüre! Am Mein erster und wichtigster Beitrag zum KKP- Generaldirektor wurde. Wie ich mich entsinne, zweiten Tag gestaltete sich das Verfahren Projekt bestand zunächst darin, „Guinness wohnte ich in einem Hotel mit dem exotisch bereits zügiger und ging am letzten Tag dann Stout“ und „Irish Whiskey“ (ich beharrte auf klingenden Namen „El Dorado“, das sich damals in einen rasanten Endspurt über, um alle noch der Schreibweise mit „e“) in die Preisliste neben dem Luxair-Gebäude am Bahnhof befand. ausstehenden Erzeugnisse prüfen zu können. aufzunehmen, um sicherzustellen, dass Irland Die Sitzung fand praktischerweise in einem gebührend vertreten war! Als junger Konferenzraum im obersten Stockwerk des auf Im Nachhinein hat sich diese Arbeitsgruppe als Familienvater war mir außerdem aufgefallen, der gegenüber liegenden Straßenseite eine ausgezeichnete Einführung in das dass die Artikel „Babynahrung“, befindlichen Postamtes statt. Auch für die Europäische Statistische System erwiesen. Da „Babybekleidung“ und „Windeln“, die für mich Kollegen Fin Forsyth aus dem die Gruppe häufig zusammenkam (was auch damals einen recht bedeutenden Arbeitsministerium des Vereinigten Königreichs heute noch der Fall ist) und die Mitglieder sich Haushaltsposten bildeten, nicht auf der Liste und John Jensen vom statistischen Amt als Beobachter direkt an den einzelstaatlichen standen! Dänemarks war dies die erste Sitzung. Preiserhebungen beteiligten, sind feste Freundschaften entstanden. Die nationalen An diese Anfangszeit meiner Arbeit, die später Auf der Tagesordnung stand die Prüfung der Vertreter zur damaligen Zeit waren u. a. dann zu einer langjährigen Befassung mit dem Vergleichbarkeit der Preise von über 700 Siegfried Guckes aus Deutschland, Hugues statistischen System der Europäischen Verbrauchsgütern und Dienstleistungen, die für Picard aus Frankreich, Jan Vollebregt aus den Gemeinschaft werden sollte, erinnere ich mich die sechs Gründerstaaten erhoben wurden, um Niederlanden und Luciana Tappi Giovannini aus heute noch gern. die Kaufkraftparitäten (KKP) zu schätzen. Die Italien. Leiter des zuständigen Referats beim dafür festgelegte peinlich genaue Statistischen Amt war Richard Kuhner. Zur 62 Erinnerungen Eurostats

In den gleichen Jahren veröffentlichte das Statistische strie die Lohnkosten zu erfassen, die bisher alle zwei Amt unter der Federführung von Piero Erba eine Jahre nach Industriezweigen erarbeitet worden waren. Reihe von Monographien über die Methodik der Zah- Am 19. November 1971 verabschiedete der Rat das lungsbilanz und den Versuch einer detaillierteren har- Dreijahresprogramm für die Sozialstatistik. Seit mehre- monisierten Methodologie der Finanzkonten. ren Jahren wurde eine Arbeitskräfteerhebung durchge- führt, die ermöglicht, vergleichbare Statistiken zur Im Bereich Preise führte das Statistische Amt zusam- Beschäftigung zu erstellen. Mit der Erhebung von 1968 men mit den NSÄ im November 1970 eine Erhebung übermittelten die nationalen statistischen Ämter die über die Preise sämtlicher Güter des privaten Ver- Ergebnisse erstmals auf Magnetband. Das führte zu brauchs (420 Grunderzeugnisse) in Geschäften jeder Schwierigkeiten, denn die Informationsverarbeitung in Art in etwa fünfzig Städten der sechs Mitgliedstaaten der Kommission konnte nicht Schritt halten (wir kom- durch. Dies war die erste große Gesamterhebung über men darauf weiter unten zurück), und die nationalen Preise, aus der sich allgemeine Schlussfolgerungen statistischen Ämter lehnten es ab, die Ergebnisse für zum Stand der Verbraucherpreise in der Gemeinschaft das Statistische Amt aufzubereiten. Verhandelt wurde ziehen ließen. In seiner Arbeit über die Kaufkraftpa- auch über die Finanzierung der Arbeitskräfteerhebung. ritäten (KKP) war das Statistische Amt in Bezug auf Für die Erhebung 1969 erhalten die NSÄ Zuschüsse je Methodik und Auswertung der Erhebungsergebnisse nach Stichprobengröße der gezählten privaten Haus- gut vorangekommen. Die in fast zwanzig Jahren halte, und zwar 80 BFR pro Haushalt; so erhielten gesammelten Erfahrungen (die ersten Erhebungen zur Deutschland 16,8 Millionen für 210 000 Haushalte, Äquivalenz der Reallöhne im Bergbau und in der Frankreich 4,8 Millionen für 60 000 Haushalte, Italien Eisen- und Stahlindustrie stammten aus dem Jahre 10,8 Millionen für 135 000 Haushalte, Belgien 2,5 Mil- 1954) verhalfen dem Statistischen Amt zu einer welt- lionen für 31 000 Haushalte und Luxemburg 1,4 Mil- weit führenden Stellung in diesem Bereich der Stati- lionen für 5 000 Haushalte (hier betrug der Einzelsatz stik, und Hugo Krijnse-Locker war der allgemein aner- 280 BFR). Die Niederlande nahmen an dieser Erhe- kannte große Experte. bung nicht teil.

Ein Bereich, der in Anknüpfung an die Arbeiten der 1972 setzte das Statistische Amt bei den nationalen sta- EGKS eine einschneidende Entwicklung erlebte, ist tistischen Ämtern eine grundlegende Überarbeitung die Sozialstatistik. Das Team unter der Leitung von der verwendeten Begriffe und einiger technischer Pierre Gavanier, dem Joseph Nols, Joachim Wedel und Modalitäten für die Durchführung von Erhebungen ab Wil van der Weerden angehörten, unterbreitet mehre- 1973 durch. Im Rahmen des Dreijahresprogramms bil- re Vorschläge. Ab 1969 ermöglicht die Verordnung Nr. ligte der Rat auch die Erstellung von Lohnstatistiken, 101 über die Erhebung der Löhne in der Industrie, im die sich mit zwei neuen Erhebungen vergleichen lassen, Verlauf ein und desselben Jahres für die gesamte Indu- zum einen mit der Erhebung über die Lohnkosten im Die Neuformierung in Luxemburg: von 1968 bis 1972 63

Bereich Handel und Dienstleistungen und zum anderen Zusammenstellung kohärenter, vergleichbarer Ergeb- mit der Piloterhebung über die Verdienste der Landar- nisse zur Analyse der Situation und der wirtschaftli- beiter. Zudem konnte das Statistische Amt die Vorbe- chen Entwicklung der einzelnen Industriezweige. Es reitungsarbeiten zu zwei weiteren, äußerst wichtigen wurden die Anzahl der Beschäftigten, der Personalauf- Erhebungen abschließen, eine über die Arbeitskosten, wand sowie alle Daten für die Errechnung des Wertzu- die alle Unternehmen mit mindestens 50 Arbeitneh- wachses in den Branchen erfasst. Mit der erstgenann- mern erfasste, die andere über die Lohnstruktur und ten Richtlinie sollte die regelmäßige Erarbeitung von -verteilung in der Industrie (Arbeiter und Angestellte). kurzfristigen Statistiken der Industrie und des Hand- werks eingeführt werden, die für die Beobachtung der In diesem Zeitraum veröffentlicht das Statistische Amt konjunkturellen Entwicklung in den Ländern der regelmäßig unter der Federführung von Bernard Gemeinschaft erforderlich sind. Eyquem die von der Gemeinschaft harmonisierten Rechnungen über den Sozialschutz. Die so entstandene Im Bereich der Klassifikationen schloss das Statistische Statistik war der Vorläufer des Ratsbeschlusses vom 9. Amt seine Arbeit am Gemeinsamen Verzeichnis der November 1972 über die Einrichtung eines europäi- industriellen Erzeugnisse (NIPRO) ab, mit dem ein schen Sozialbudgets, für das die Sozialrechnungen die Definitionsrahmen für die Industriezweige der NACE statistische Grundlage bilden sollten. Die Piloterhe- (Allgemeine Systematik der Wirtschaftszweige der bung über die Berufsbildung von Erwachsenen wurde Europäischen Gemeinschaft) gegeben werden kann. 1970 durchgeführt; hinzu kamen zwei weitere Erhebun- Diese Systematik war 1969 zur Auswertung und Darle- gen, denen der Rat maßgebliche Bedeutung beimaß, um gung der Ergebnisse der einzelstaatlichen Erhebungen die sozialen Sicherungssysteme der sechs Mitgliedstaa- für den Gemeinschaftsbedarf verabschiedet worden. ten vergleichen zu können. Es handelte sich um die Doch erst Anfang der 90er Jahre kam die erste Syste- Erhebung über die potenziellen Gewinne und die Lei- matik der Wirtschaftszweige, die NACE, auch für den stungen der Sozialversicherung und über die Leistungs- Bedarf der einzelnen Mitgliedstaaten heraus. arten in jedem Land sowie um die Erhebung über die Arbeitsunfälle in der Eisen- und Stahlindustrie. Auch der Außenhandelsstatistik kam eine ganz beson- dere Bedeutung zu. Auf der Tagung der Amtsleiterkon- Im Bereich Industriestatistik nahm der Rat im Juni ferenz im Mai 1969 in Wiesbaden unterstrichen die 1972 zwei Richtlinien an; die eine zur Durchführung nationalen statistischen Ämter und das Statistische koordinierter statistischer Erhebungen über die Kon- Amt die Bedeutung einer gemeinsamen harmonisierten junktur in der Industrie und im Handwerk (3. Juni), Methodik für die Erstellung der Außenhandelsstatisti- die andere zur Durchführung koordinierter jährlicher ken auf der Grundlage verbindlicher Rechtsvorschrif- Erhebungen über die Tätigkeit der Industrie (6. Juni). ten. Man zeigte sich aber auch besorgt über mögliche Ziel der letztgenannten Erhebung war die jährliche Auswirkungen des Wegfalls der Zollkontrollen an den 64 Erinnerungen Eurostats

Grenzen im Zuge der Vollendung des im Vertrag vorge- verschiedenen Gesichtspunkten: dem einzelstaatlichen und sehenen gemeinsamen Binnenmarktes. Die Benelux- dem gemeinschaftlichen. Dabei zeichnen sich die Konturen Länder legten auf der Brüsseler Konferenz im November der Zusammenarbeit bereits ab: 1972 wird in einem desselben Jahres einen Bericht über die „besonders Dokument eine gesetzliche Grundlage für das Programm, schwerwiegenden“ Auswirkungen vor, die der Wegfall dessen Finanzierung und die Behandlung vertraulicher Daten der Zollkontrollen zwischen den drei Ländern ab dem 1. vorgeschlagen. Bereits 1971 wird die Schaffung des September 1970 für die Statistik haben könnte. Das künftigen Ausschusses für das Statistische Programm (ASP) Statistische Amt (das Team Silvio Ronchetti, Rolf sowie des beratenden Ausschusses für statistische Sannwald, Jacques Dispa) begann unverzüglich, an die- Informationen im Wirtschafts- und Sozialbereich ser Hypothese zu arbeiten und legte ein Jahr später der (französische Abkürzung: CEIES) ins Auge gefasst. Amtsleiterkonferenz in Luxemburg ein Arbeitspapier Jedes Land ist mit dem Grundsatz der Harmonisierung über die Nutzung der Mehrwertsteuer-Daten anstelle einverstanden ... sofern dies auf der Grundlage seiner der Zölle als Quelle vor. Die Amtsleiter lehnten diese eigenen Methodik geschieht! Die Rolle des Statistischen Methode ab, und das Statistische Amt prüfte daraufhin Amtes als honest broker wird noch nicht von allen andere Möglichkeiten. Unter der Federführung von anerkannt. Hierfür bedarf es weiterer 20 Jahre... Gerard Vandeplassche hatte das Statistische Amt inzwischen mit der Vorarbeit zur Nimexe (1)-Verord- Wie wir bereits gesehen haben, war die Debatte über nung begonnen, die den NSÄ dann im Mai 1971 in die Zukunft der europäischen Statistik Gegenstand Rom unterbreitet wurde. Der Rat verabschiedet diese interessanter Debatten auf den Amtsleiterkonferenzen Verordnung am 24. April 1972. Das war ein überaus in Den Haag und Brüssel. Die Frage stand im Mai großer Erfolg für die Gemeinschaftsstatistik, denn zum 1969 in Wiesbaden erneut auf der Tagesordnung der ersten Mal wurde eine Systematik, d. h. eine der Grund- Leiter der NSÄ. Man spricht allerdings nicht von der lagen der Statistik, zum gemeinsamen Instrument der sechs Mitgliedstaaten. Während dieser Zeit arbeitete Organisation des europäischen statistischen Systems; das Statistische Amt selbstverständlich weiter an einer dieser Begriff tauchte zu jener Zeit noch nicht im gemeinsamen Methodik. Die „Methoden“-Verordnung Sprachgebrauch und noch viel weniger in der Vorstel- wird zwei Jahre später, am 24. Juni 1975 angenommen lung der Statistiker auf. Die Idee damals war, stufen- [Verordnung (EGK) Nr 1736/75]. weise zu einer Übereinstimmung der Arbeitsmethoden zu kommen, weniger eine gemeinsam abgestimmte Struktur und Organisation. Das ist ein interessanter (1) Nimexe — Die Leiter der NSÄ beraten über die Warenverzeichnis für die Ansatz, der aber auf lange Sicht seine Grenzen zeigen Statistik des Außenhandels Zukunft der Gemeinschaftsstatistik wird, insbesondere in den Krisenzeiten der europäi- der Gemeinschaft und des schen Integration. Handels zwischen ihren Die Leiter der NSÄ machen sich Gedanken über ihre Mitgliedstaaten. Aufgaben und betrachten die Frage unter zwei Die Neuformierung in Luxemburg: von 1968 bis 1972 65

Die Leiter der NSÄ schlugen vor, „bei den Überle- • den Preis der angeforderten Information und gungen davon auszugehen, dass die NSÄ folgende • den wirtschaftlichen Nutzen des Zahlenergebnisses Aufgaben haben: kennen. • sich zu informieren, In diesem Zusammenhang entsteht die Idee eines • die Informationen zu verarbeiten, mehrjährigen Statistischen Programms. Die Konfe- • die Verbreitung, renz der Leiter der NSÄ in Rom diskutierte im Mai • das Personal auszubilden, 1971 über das geeignetste Verfahren zur Prüfung des Programms. „Den Arbeitsgruppen des Rates, die zu • die Koordinierung, spezifischen Bereichen (Sozialbereich, Landwirt- … und zwar zunächst aus nationaler und dann aus schaft, Industrie) Stellung nehmen müssen, fehlt der gemeinschaftlicher Sicht.“ allgemeine Überblick. … Es kommt darauf an, die Nutzer an der Prüfung des Programms zu beteiligen…. Aus der Debatte ergeben sich interessante Schlussfol- Vor allem sollte man über eine Instanz auf der Ebene gerungen, die die Argumente ahnen lassen, die dann der Exekutive verfügen, die das gesamte Programm von den NSÄ verwendet wurden, um die Vorschläge überschauen soll und der auch Vertreter der NSÄ des Statistischen Amtes voranzubringen, aber auch angehören, die über eine Gesamtsicht verfügen. Man um sie zu stoppen: könnte auch die Bildung eines breiten Ausschusses • Der Drang nach Zahlen ist sehr groß, aber man nach dem Vorbild des Währungsausschusses oder des sollte ihm nicht nachgeben, Ausschusses für Wirtschaftspolitik anregen.“ • die Datenlieferanten dürfen nicht überstrapaziert werden, Einige Monate später äußerten das Statistische Amt • die NSÄ müssen diejenigen aufklären, die die und die Leiter der NSÄ in Brüssel die Idee der Bil- Erhebungen beantragen und …, dung einer „Statistischen Konferenz“ mit dem Ziel, Verbindungen zwischen der europäischen Statistik • ... ungerechtfertigte Anfragen bremsen oder stop- und den Nutzern zu knüpfen bzw. zu festigen. So pen und …, dachte man also bereits 1971 an die Schaffung des • …die Marktforschungseinrichtungen, die Fachver- künftigen Ausschusses für das Statistische Programm bände, die Forschungsinstitute und (natürlich) die (ASP) und des Europäischen Beratenden Ausschusses europäischen Institutionen warnen. für statistische Informationen im Wirtschafts- und Sozialbereich (CEIES— französische Abkürzung). Bevor eine neue Erhebung durchgeführt wird, muss Allerdings bekamen die Leiter der NSÄ einige Mona- man: te später im Mai 1972 Angst vor ihrer eigenen Cou- • die Höhe des Bedarfs, rage und fassten folgende Beschlüsse: 66 Erinnerungen Eurostats

• Die Befragung der europäischen Nutzer erfolgt Auszug aus dem Dokument des niederländischen Ratsvorsitzes durch den Wirtschafts- und Sozialausschuss. an die Konferenz der Leiter der NSÄ • Es wäre gegebenenfalls angebracht, ein Mitglied des Europäischen Parlaments zur Teilnahme an den „Um die statistischen Aktivitäten der • die Delegierung der Debatten der Konferenz zum Programm einzula- Gemeinschaften sowie die Koordinierung der Durchführungskompetenzen an den Rat den. nationalen Statistiken zu begleiten und ihre und/oder die Kommission, wobei der Rat in Was den ASP und den CEIES betrifft, so sollte es Vergleichbarkeit zu fördern, wird der Rat eine dieser Frage nach noch festzulegenden noch 20 Jahre dauern … Entscheidung auf der Grundlage von Artikel 235 Modalitäten zu entscheiden hat; des Vertrags treffen. Hauptpunkte dieser Zum Thema Statistisches Programm, seiner Entscheidung könnten sein: • das Berufsgeheimnis; Umsetzung, der notwendigen Mittel, der Aufteilung • ein Beratender Ausschuss (z. B. der Ausschuss • die gemeinschaftlichen der Zuständigkeiten zwischen den NSÄ und dem Finanzierungsmodalitäten nach der bisher von der Amtsleiter, der in der Lage wäre, die Statistischen Amt gibt das Papier, das der fünf Delegationen festgelegten Formel Koordinierung der nationalen und niederländische Ratsvorsitz im zweiten Halbjahr (Deutschland ist dagegen), wonach die neuen gemeinschaftlichen Programme zu 1972 an Konferenz der Leiter der NSÄ richtete, Statistiken und Erhebungen, die einmalig gewährleisten); interessante Aufschlüsse. durchgeführt werden, aus dem & Siehe „Auszug aus dem Dokument des niederländischen • die Verpflichtung der Kommission, jährlich ein Gemeinschaftshaushalt finanziert werden Ratsvorsitzes an die Konferenz der Leiter der NSÄ“ sollten, während die periodischen neuen Dreijahresprogramm vorzulegen, um zu einem Statistiken und Erhebungen aus den gleitenden System zu gelangen; Dieses Dokument war interessant, da es Dinge anreg- nationalen Haushalten bestritten werden; te wie: Mehrjahres- und Jahresprogramme, den ASP, • die Notwendigkeit einer Entscheidung vor und die „Komitologie“, die verbindliche Rechtsgrundlage • der verbindliche Charakter des Programms; außerhalb der Haushaltsdebatten.“ des Programms, seine Finanzierung und die Behand- lung vertraulicher Daten, die 20 Jahre später Wirk- lichkeit werden sollten und im „Statistikgesetz“ von • Dass die Konferenz der Leiter der NSÄ selbst dazu 1997 festgeschrieben wurden! Wie Jean Monnet in der Lage ist, das Programm zu bewerten und sagen würde: „Es gibt keine verfrühten Ideen, son- seine Verwirklichung zu beobachten. dern nur günstige Momente, die man abwarten kön- • Zur Amtsleiterkonferenz der Kommission können nen muss…“ auch Statistiknutzer eingeladen werden. Die Beziehungen zwischen dem Amt und den sechs • Man kann die bereits bestehenden Ausschüsse für NSÄ waren insgesamt gut. Das allgemeine politische Beschäftigung, mittelfristige Politik, Währungsfra- Klima blieb günstig; allerdings machte sich ein schlei- gen usw. konsultieren. chendes, aber zunehmendes Misstrauen der mittleren Die Neuformierung in Luxemburg: von 1968 bis 1972 67

Führungskräfte der NSÄ gegenüber den Vorschlägen Die Datenverbreitung des Statistischen Amtes in vielen Bereichen bemerk- bar. Es zeichnete sich ein Phänomen ab, das sich im und die Anfänge der EDV Laufe der folgenden Jahre immer mehr ausweitete und Eine Datenbank, die Daten schnell und online verbreitet, das man so zusammenfassen könnte: Der Leiter des ist 1970 Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung von EDV NSA gibt sein prinzipielles Einverständnis zur Durch- und Datenvertrieb. Der Begriff der Verbreitungspolitik ist führung bestimmter Arbeiten; der junge Beamte, der damals allerdings noch völlig ungebräuchlich. Erst in der der vorbereitenden Arbeitsgruppe angehört, tritt mit zweiten Hälfte der 70er Jahre taucht im Organigramm eine einer gewissen Aufgeschlossenheit auf, verpflichtet Abteilung auf, die u. a. auch für die „Verbreitung“ sich aber zu nichts; der Abteilungsleiter oder Leiter zuständig ist, und erst Anfang der 80er Jahre wird eine des NSÄ, der an den Diskussionen nicht teilgenom- Direktion für die „Aufbereitung und Verbreitung“ men hat, blockiert den Vorschlag und veranlasst den sämtlicher Daten eingerichtet. Generaldirektor zu einer ablehnenden Haltung. Anfang der 70er Jahre verlor man das Bewusstsein für die Schwierigkeit der Aufgabe: Jedes Land ist mit dem Die Ansiedlung der verschiedenen Dienststellen des Prinzip der Harmonisierung einverstanden, wenn es Statistischen Amtes in Luxemburg bot Gelegenheit, auf der Grundlage seiner eigenen Methoden das Programm der Veröffentlichungen zu überarbeiten. geschieht… Die Rolle des Statistischen Amtes als Man begann sich bewusst zu werden, dass die Entfer- „ehrlicher Vermittler“ (honest broker), d. h. als Insti- nung zu Brüssel den Beziehungen zu den Hauptnutzern, tution, die den ehrlichen Kompromiss zwischen den den politischen Generaldirektionen der Kommission, mitunter stark abweichenden Positionen der NSÄ sehr abträglich sein könnte. Was allerdings verwundert, sucht, wurde immer weniger honoriert. ist die Tatsache, dass man daraus keine Konsequenzen

Übrigens kam es zu Veränderungen innerhalb der nationalen statistischen Ämter: vorrangige nationale Arbeiten, Vorbereitung großer Erhebungen (Bevöl- kerung, Industrie, Landwirtschaft), fehlende Mittel, Austausch von Rechnern, freie Stellen, … kurz, die Lage begann sich zu verschlechtern. Nur den Berei- chen mit einer starken politischen Komponente wie der Landwirtschaft (GAP) und dem Außenhandel (Zollunion und GATT-Handelsverhandlungen) gelang es, die statistische Harmonisierung voranzu- bringen. 68 Erinnerungen Eurostats

zog und die Struktur des Statistischen Amts sehr tradi- Europa war, wurde in die Arbeiten an Cronos und tionell blieb: Im neuen Organisationsplan findet man OSIRIS (Programm zur Generierung von Tabellen aus alle Direktionen nach Statistikbereichen gegliedert und der Datenbank) einbezogen. Wir kommen später darauf horizontale Fragen wie die Verbreitung werden in den zurück. operativen Referaten behandelt. Eine kleine Einheit (zwei Beamte der Laufbahngruppe C: Carla Wehren- Für die Verarbeitung der großen Datenmengen wandte berg und Irène Advenier-Schneider) und ein Graphi- sich das Statistische Amt an Ispra unweit von Varese in sches Büro (drei Graphiker der Laufbahngruppe B: Italien, wo die Gemeinschaft im Rahmen von Euratom Johannes Rackau, Ludovicus Schiphorst und Peter Anfang der 60er Jahre ein Forschungszentrum errichtet Schupp), die dem Generaldirektor direkt unterstellt hatte, das mit leistungsfähigen und relativ wenig sind, unterstützen die Direktionen bei der Vorbereitung genutzten Rechnern ausgestattet war. So konnte das der Publikationen. Den Begriff Verbreitungspolitik gibt Statistische Amt mit Ispra einen Vertrag über die Nut- es überhaupt nicht. Es sollte bis in die zweite Hälfte der zung seines Rechenzentrums abschließen. Die Außen- 70er Jahre dauern, ehe man im Organisationsplan eine handelsdaten wurden regelmäßig nach Italien geschickt Abteilung findet, die u. a. für die „Verbreitung“ zustän- (oder von Beamten des Statistischen Amtes persönlich dig ist, und zur Bildung einer Direktion für die „Verar- übergeben), dort analysiert und verarbeitet und an das beitung und Verbreitung“ der gesamten Daten sollte es Statistische Amt nach Luxemburg zurückgeschickt, wo erst Anfang der 80er Jahre kommen. ein kleines Team von Beamten unter Leitung von Hans Wittwer (aus der Abteilung von Rolf Sannwald) jeden Der Beginn des neuen Jahrzehnts ist auch gekennzeich- Monat Listen mit Tausenden von Seiten nach mögli- net durch den Einzug der EDV und der ersten Daten- chen Fehlern durchsahen. banken. Die Grundlagen wurden bereits 1970 gelegt, als das Statistische Amt mit der Arbeit am Cronos-Pro- Das war eine enorme Kleinarbeit: Alle von den sechs jekt begann, einer Online-Datenbank zur schnellen (später neun) Ländern übermittelten Daten wie Verbreitung. Dieses Projekt wird erst Mitte der 70er Werte, Mengen, Zusatzmengen, Herkunfts- und Be- Jahre funktionsfähig sein. stimmungsland, manchmal auch Transportart mussten auf verschiedenen Klassifikationsebenen (GZT — Die Konferenz der Leiter der NSÄ vom Mai 1969 in Gemeinsamer Zolltarif oder IWA — Internationales Wiesbaden beschloss auf Vorschlag des Statistischen Warenverzeichnis für den Außenhandel) überprüft Amtes die Einsetzung einer Arbeitsgruppe zur elektro- werden, um die Veröffentlichungen des Statistischen nischen Informationsverarbeitung, um gemeinsame Amts vorzubereiten: aggregierte Monatsübersichten Projekte zu entwickeln und nationale Erfahrungen aus- und sehr ausführliche Jahresberichte. Die jährliche zutauschen. Die Universität Grenoble, die damals Publikation zum Außenhandel bestand aus rund zehn bereits Vorreiter in der Entwicklung der Informatik in ziemlich dicken Bänden, von denen man damals sagte, Die Neuformierung in Luxemburg: von 1968 bis 1972 69

dass darin einige Hektar Wald steckten, die für das benötigte Papier abgeholzt werden mussten. Die Beamten, die im Val des Bons Malades (Direktion Sil- vio Ronchetti) arbeiteten, mussten manchmal über Berge von Listen steigen, um zu ihrem Schreibtisch zu gelangen. Immer noch Papier… Zum Glück hat die EDV das alles geändert!

Es sollte noch bis zur zweiten Hälfte der 70er Jahre dauern, ehe das Rechenzentrum der Kommission über eine elektronische Ausrüstung verfügte, die es ihm gestattete, die Außenhandelsdaten und die von den NSÄ an Eurostat übermittelten Daten großer Erhe- bungen in Luxemburg zu verarbeiten.

Aus dem Statistischen Amt der Europäi- schen Gemeinschaften wird Eurostat

Ein kurzer, klarer Name: Eurostat

Die Erweiterung der Gemeinschaft um drei neue Län- der (Vereinigte Königreich, Irland und die Dänemark) hatte zur Folge, dass die Zahl der Amtssprachen zunahm: zu Französisch, Deutsch, Italienisch und Nie- derländisch kamen Englisch und Dänisch hinzu. In den Veröffentlichungen des Statistischen Amtes musste die Abkürzung SAEG in allen Sprachen erscheinen. Das war nicht nur grafisch schwierig, son- dern vor allem für den sprachunkundigen Laien unverständlich: OSCE, ISCE, SAEG, BSEG, SOEC, SDEF… Generaldirektor Raymond Dumas setzte 1972 eine interne Arbeitsgruppe ein, um für diese Frage eine Lösung zu finden. Erste Erweiterung und Einzug der EDV

Die 70er Jahre…

… Europa kommt voran, selbst wenn die Euphorie verstärkt fort, stößt aber auf dornige der Anfangszeit etwas verflogen ist. Der Herausforderungen bei der Zusammenführung Europäische Rat tagt dreimal im Jahr, drei neue verschiedener „statistischer Kulturen“. Die Länder werden in die Gemeinschaft aufgenommen Zusammenarbeit mit internationalen (Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich), Organisationen wird vertieft und ein Programm zur drei weitere Länder klopfen an die Tür Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern (Griechenland, Portugal und Spanien). Der ECU und erarbeitet. das europäische Währungssystem werden geschaffen. Die Ölkrise lässt die Mitgliedsländer Zwischen 1976 und 1977 werden alle Eurostat- nur noch enger zusammenrücken. Dienststellen im „Jean Monnet“-Gebäude untergebracht. Die Atmosphäre unter den Bei Eurostat: Einführung der EDV; Geburtsstunde Mitarbeitern von Eurostat ist meist von Cronos. freundschaftlich. Dennoch kündigen sich fachlich schlechte Zeiten an… In den verschiedenen statistischen Bereichen setzt Eurostat seine Arbeit als Initiator und Katalysator Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich werden in die Gemeinschaft aufgenommen. 1973>1980 von 1973 bis 1980

Der politische Rahmen als Europäischer Rat zusammenzutreten, um die politi- (1) Kollegium: Bezeichnung schen Orientierungen der Gemeinschaft festzulegen. für die Gruppe der Kom- der erweiterten Gemeinschaft missionsmitglieder. Die erste Tagung des Europäischen Rates fand im März 1975 in Irland (Dublin) statt. Das zweite Ereignis war (2) OPEC: Organisation Die 70er Jahre in institutioneller Hinsicht: Tagungen der die Direktwahl des Europäischen Parlaments im Juni der erdölexportierenden Länder. Staats- und Regierungschefs im Rahmen des Europäischen 1979. Die Entscheidung für diesen Wahlmodus war Rates; Direktwahl des Europäischen Parlaments; Schaffung 1975 auf dem Gipfel in Rom gefallen. Das dritte Ereig- des Rechnungshofs der Europäischen Gemeinschaften in nis war die Gründung des Rechnungshofs der Europäi- Luxemburg. In politischer Hinsicht: Beitrittsverhandlungen schen Gemeinschaften im Oktober 1977 in Luxem- mit Griechenland, Portugal und Spanien; „Tindemans- burg. Bericht“ über die politischen Etappen der Union; Ölkrisen; „Tokio-Runde“ des GATT; Krise der gemeinsamen In politischer Hinsicht sind die Beratungen des Europäi- Agrarpolitik. In wirtschaftlicher Hinsicht: der ECU und das schen Rates zum „Tindemans-Bericht“, des belgischen europäische Währungssystem. Ministerpräsidenten, über die politischen Etappen der Union zu nennen. Die Kommission hatte ihrerseits Das Logo, 1972 von Johannes Rackau entworfen, wird heute noch benutzt. Die neue Kommission nahm Anfang 1973 ihre Arbeit bereits 1974 eine Erklärung an die Staats- und Regie- auf. Ihr Präsident war François-Xavier Ortoli (Franzo- rungschefs gerichtet, in der sie die Notwendigkeit se), der dieses Amt bis Januar 1977 innehatte. Zum betonte, das europäische Aufbauwerk durch eine ersten Mal zogen zwei britische, ein dänischer und ein Annäherung der einzelstaatlichen Politiken und die irischer Kommissar ins „Kollegium“ ein (1). Roy Jen- Entwicklung gemeinsamer Politiken voranzutreiben. kins (Brite) wurde 1977 Nachfolger von François- Xavier Ortoli und blieb es bis Januar 1981. In der zweiten Hälfte des Jahres 1973 zogen Wolken am internationalen Himmel auf. Im Oktober wurde In institutioneller Hinsicht ist das Jahrzehnt von drei der Nahe Osten durch den Jom-Kippur-Krieg erschüt- großen Ereignissen geprägt. Da war erstens die Ent- tert. Das war der Auslöser für den ersten Ölschock, scheidung der Staats- und Regierungschefs auf dem denn die OPEC-Länder (2) beschlossen, die Ölexporte Gipfel von Paris im Dezember 1974, drei Mal im Jahr in die westlichen Länder zu stoppen bzw. zu reduzieren 72 Erinnerungen Eurostats

und den Rohölpreis massiv anzuheben. Auf dem Gip- Position der Gemeinschaft zu vertreten. 1979 kommt fel von Kopenhagen im Dezember 1973 wurde im es schließlich zu einem Abkommen, das im Dezember Wesentlichen über Maßnahmen zur Bewältigung der von der Gemeinschaft unterzeichnet wird. Ölkrise beraten, und die Neun einigten sich auf eine gemeinsame Energiepolitik. Die entsprechende Ver- International nimmt die Gemeinschaft Gespräche mit einbarung kam allerdings erst 1979 auf der Tagung des den Ländern Afrikas, des karibischen Raums und des Europäischen Rates in Straßburg zustande. Pazifischen Ozeans (46 AKP-Länder) über ein neues Assoziationsabkommen auf. Das neue Abkommen wird In der Vorahnung einer beginnenden Krise mit dem im Februar 1975 in Lomé (Togo) unterzeichnet und Vereinigten Königreich hinsichtlich der Gemeinsamen tritt im April 1976 in Kraft. Im Oktober 1979 wird es Agrarpolitik legte die Kommission 1973 eine Reihe von erneuert (Lomé II). Gleichzeitig schließt die Gemein- Vorschlägen für ihre Ausrichtung und eine bessere schaft Kooperationsverträge mit anderen Entwicklungs- Beherrschung der Agrarmärkte vor. Ein Jahr später, im ländern wie den Maghreb-Ländern (Algerien, Marok- April 1974, forderte das Vereinigte Königreich ein- ko, Tunesien) oder den Maschrik-Ländern (Ägypten, schneidende Veränderungen in der GAP und gerech- Jordanien, Syrien) ab. tere Methoden zur Finanzierung des Gemeinschafts- haushalts. Mit anderen Worten, Großbritannien woll- Das Jahrzehnt ist auch gekennzeichnet von der Auf- te seinen finanziellen Beitrag zum Gemeinschaftshaus- nahme neuer Verhandlungen über den Beitritt zur halt neu verhandeln. Die Diskussionen über die Gemeinschaft: 1975 beantragte Griechenland seinen Reform der GAP beginnen. Die britische Regierung Beitritt und wird 1981 Mitglied; Portugal stellte im war mit dieser Initiative zufrieden und empfahl, bei März 1977 seinen Antrag und Spanien im Juli des glei- dem zuvor vorbereiteten Referendum über den Ver- chen Jahres. Ihre Aufnahme erfolgt neun Jahre später: bleib des Landes in der Gemeinschaft mit „Ja“ zu stim- 1986. men. Das Referendum fand im Juni 1975 statt und das Ergebnis war positiv: 67 % Ja-Stimmen. Die Neuver- Auf wirtschaftlichem Gebiet führte die Gemeinschaft ab handlung des britischen Beitrags zum Gemeinschafts- 1975 eine „europäische Währungseinheit“ (ECU) ein, haushalt zog sich noch einige Jahre hin und sollte erst die aus einem Währungskorb der Mitgliedsländer Mitte der 80er Jahre zum Abschluss kommen. besteht und vor allem im Rahmen des Abkommens von Lomé und für Operationen der Europäischen Die GATT-Ministerkonferenz im September 1973 in Investitionsbank genutzt wird, sich aber zunehmend Tokio beschloss eine neue Etappe der multilateralen auf andere Sektoren der gemeinschaftlichen Aktivitä- Handelsverhandlungen zur Liberalisierung des Handels. ten und insbesondere den Haushalt ausdehnte. Der Rat Die „Tokio-Runde“ beginnt, die Gespräche sind erörterte auch mögliche Strategien zur spürbaren Stei- schwierig und die Kommission wird beauftragt, die gerung des Wirtschaftswachstums und zur Schaffung Erste Erweiterung und Einzug der EDV: von 1973 bis 1980 73

eines europäischen Währungssystems (EWS) auf der führen. Raymond Dumas ging 1973 in den Ruhe- Grundlage des ECU, das im März 1979 in Kraft tritt. stand und überließ den Posten des Generaldirektors 1977 verabschiedete der Rat förmlich die 6. Richtlinie Jacques Mayer, ebenfalls Franzose und Direktor am zur Einführung einer einheitlichen Bemessungsgrund- INSEE. Jacques Mayer nahm eine Umstrukturierung lage der Gemeinschaft für die Mehrwertsteuer. seiner Arbeitsbereiche vor, um für die Beamten aus den drei neuen Ländern Platz zu schaffen. Er setzte Auf dem Pariser Gipfel im Dezember 1974 beschlossen Christel Simmet als Sekretärin und George W. Clar- die Staats- und Regierungschefs die Bildung eines ke vom britischen Central Statistical Office (CSO) als Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE), Hauptberater ein, der diesen Posten bis zu seiner der im folgenden Jahr eingerichtet wurde, obwohl die Pensionierung im Jahre 1988 innehaben sollte. gemeinschaftlichen Orientierungen in der Regional- George W. Clarke, der von den einen kritisiert und politik erst drei Jahre später im Februar 1979 verab- von den anderen geschätzt wurde, blieb 15 Jahre lang schiedet werden. Im November 1976 gelang es dem die graue Eminenz der verschiedenen aufeinanderfol- Rat, sich über die ersten Maßnahmen einer gemeinsa- genden Generaldirektoren und sicherte so eine Kon- men Fischereipolitik für die nächsten Jahre zu einigen. tinuität in der statistischen Politik von Eurostat. Jacques Mayer behielt Egide Hentgen als Verwal- tungsassistenten und ernannte Alain Chantraine zum persönlichen Assistenten. Er strukturierte die Jacques Mayer, Die Organisationsstruktur Direktionen um und ließ den Briten David Harris Generaldirektor von Eurostat verändert sich zum Direktor für Bevölkerungs- und Sozialstatistik von 1973 bis 1977. bestellen. So sieht also die Organisationsstruktur von Die Gründe für die internen Konflikte Ende der 70er Jahre Eurostat Mitte 1973 aus. gehen darauf zurück, dass Eurostat im Rahmen der Arbeit & Siehe „Die Organisationsstruktur von Eurostat 1973 — der Kommission zunehmend ins Abseits gerät, mit der Direktionen und Referate“ Folge, dass die NSÄ Eurostat für ohnmächtig halten. Ein Teufelskreis: mangelndes Verständnis zwischen den Die politische Zuständigkeit für Eurostat lag zwei Jahre leitenden Führungskräften, schlechtes Image nach außen, lang im Ressort des deutschen Kommissars Dahren- schlechte Beziehungen zu den Kommissionsdienststellen… dorf, der seit 1971 auch für Forschung, Wissenschaft Die Zündschnur zur Krise lodert, und keiner kommt auf den und Bildung sowie wissenschaftlich-technische Infor- Gedanken, sie auszutreten. mation zuständig war. Zwischen 1975 und 1980 folg- ten ihm zwei weitere Kommissare als Zuständige für Der Einzug der drei neuen Mitgliedstaaten in die Eurostat: , ebenfalls Deutscher, von Gemeinschaft sollte zu einer wesentlichen Verände- 1975 bis 1977 und François-Xavier Ortoli von 1977 rung in der Organisationsstruktur von Eurostat bis 1980. Letzterer war ab 1973 Präsident der Kom- 74 Erinnerungen Eurostats

Die Organisationsstruktur von Eurostat 1973 — Direktionen und Referate

Das Management von Eurostat setzte sich aus DIREKTION B DIREKTION D folgenden Nationalitäten zusammen: Allgemeine Statistiken und Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei: volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen: Stephanus Louwes — 1 Generaldirektor, Franzose: Jacques Mayer Vittorio Paretti — 1 Berater, Brite: George W. Clarke — Gesamtrechnungen der Landwirtschaft und — Sektorale Rechnungen und ergänzende landwirtschaftlichen Strukturen (Helmut — 1 Assistent, Luxemburger: Egide Hentgen Systeme (Jean Petre) Schumacher) — 6 Direktoren: 2 Italiener, 1 Franzose, — Finanzstatistik und -konten, Zahlungsbilanz — Agrarbilanzen und -erzeugnisse (Günther 1 Deutscher, 1 Brite, 1 Niederländer (Piero Erba) Thiede) — 22 Referatsleiter: 2 Belgier, 1 Däne, — Statistik über Güter und Dienstleistungen, 6 Deutsche, 4 Franzosen, 3 Italiener, Statistik des Anlagekapitals (Hugo Krijnse- DIREKTION E 1 Luxemburger, 3 Niederländer, 1 Brite, Locker) 1 Schweizer Energie, Industrie und Handwerk: — Regionale Statistik und volkswirtschaftliche Fritz Grotius Gesamtrechnungen (Raymond Salvat) — Energie (Jean Darragon) DIREKTION A — Umweltstatistik (Alberto De Michelis ab Statistische Methodik, 1975) — Eisen- und Stahlindustrie (Jacques Charrayre) Informationsverarbeitung: — Industriestruktur, Metallverarbeitung, Chemie Guy Bertaud und Baugewerbe (Victor Schetgen) DIREKTION C — Informationsverarbeitung (Marcel Mesnage) Bevölkerungs- und Sozialstatistiken: — Industriekonjunktur, Produktion, — Methoden, statistische technische Hilfe: David Harris Konsumgüterindustrie (Mattheus Burger) Diese Stelle bleibt lange unbesetzt (Helmut — Erhebungen über private Haushalte und Diehl amtiert f.f.) Beschäftigung (Wil van der Weerden) DIREKTION F — Schnellinformation, Konjunktur, Information — Löhne und Einkommen (Joseph Nols) Handel, Verkehr und Dienstleistungen: über Drittländer (Eric Snowdon) — Gesamtrechnungen und Indikatoren im Silvio Ronchetti Sozialbereich, Gesundheit (Joachim Wedel) — Außenhandel (Rolf Sannwald) — Statistik der Forschung, Wissenschaft, — Verkehr und Kommunikation, Fremdenverkehr Bildung (Hildegard Fürst) (Hans Georg Baggendorff) — Binnenhandel (Richard Kuhner) — Dienstleistungen (Cleto Simeoni ab 1975) Erste Erweiterung und Einzug der EDV: von 1973 bis 1980 75

mission, bis er Anfang 1977 als Vizepräsident die raldirektion Umwelt über die jeweiligen Zuständigkei- Zuständigkeit für Wirtschafts- und Finanzfragen und ten für die Datenerfassung — Vittorio Paretti und der für Eurostat übernahm. Generaldirektor für Umweltpolitik, Michel Carpen- tier, können sich nicht darüber einigen, was zur Statis- 1977 verließ Jacques Mayer Eurostat, um ans INSEE tik gehört und was nicht — beschloss Eurostat, das zurückzukehren. Die Nachfolge war ein weiteres Mal Referat „Umwelt“ aufzulösen und die entsprechende offen zwischen den Anhängern einer internen Lösung Statistik als untergeordnet in das Referat „Klassifika- und denen, die einen Kandidaten von außen bevorzu- tionen und Industrieproduktion“ einzugliedern. Alber- gen. Der interne Kandidat war Vittorio Paretti, dem to De Michelis wurde Leiter des Referats „Statistik der allerdings viele Führungskräfte des Statistischen Amtes AKP-Länder“ in der Direktion von Silvio Ronchetti. die Unterstützung versagten. Er übte die Funktion mehrere Monate kommissarisch aus, bis die Kommissi- Zu Beginn seines Mandats herrschte ein recht gutes on im September 1977 den Direktor des statistischen Einvernehmen zwischen Aage Dornonville de la Cour Instituts von Dänemark Aage Dornonville de la Cour und den Direktoren von Eurostat. Um Vittorio Paretti, Jacques Mayer und sein Nachfolger zum Generaldirektor ernannte. Die Amtseinführung eine sehr starke, aber auch wegen seiner sehr selbstbe- Aage Dornonville de la Cour. von Aage Dornonville de la Cour war ziemlich denk- wussten Art umstrittene Persönlichkeit, innerhalb des würdig, da Vizepräsident Ortoli persönlich nach Statistischen Amtes auf seine Seite zu ziehen, versuch- Luxemburg kam, um den im neuen Jean Monnet- te Aage Dornonville de la Cour ohne Erfolg, ihn zum Gebäude versammelten Mitarbeitern mitzuteilen, dass stellvertretenden Generaldirektor zu machen. Da ihm er „den besten Statistiker Europas“ an die Spitze von das aufgrund des Widerstands der Kommission und der Eurostat gestellt habe. italienischen Regierung gegen die Nominierung eines Italieners auf den Posten des — wenn auch nur stell- Zu Beginn seines Mandats nahm Aage Dornonville de vertretenden — Generaldirektors nicht gelang, la Cour einige Veränderungen in der Struktur von ernannte er Vittorio Paretti zum „Beauftragten Direk- Eurostat vor, indem er Helmut Schumacher als Nach- tor für technische Koordinierung der Direktionen A, B folger des in den Ruhestand verabschiedeten Fritz Gro- und F“. Eine Art Ausgleich im Organisationsplan des tius zum Direktor ernannte (Industrie- und Umweltsta- Statistischen Amtes. Anfang 1979 wurde der Organi- tistik). Zum Assistenten machte er seinen Landsmann sationsplan von Eurostat dann völlig verändert. Niels Ahrendt, und Egide Hentgen wurde Leiter des neuen Referats „Verbreitung“ in der Direktion von Mitte des Jahres 1979 richtete der für Eurostat zustän- Guy Bertaud. Alain Chantraine übernahm das Referat dige Kommissionsvizepräsident François-Xavier Ortoli „Industriekonjunktur“ und Eric Snowdon übernahm gemeinsam mit dem für Verwaltung zuständigen Kom- von Helmut Schumacher den Posten für Landwirt- missar Christopher Tugendhat eine Mitteilung an die schaft. Nach einer Auseinandersetzung mit der Gene- Kommission, in der er in zweischneidiger Weise auf die 76 Erinnerungen Eurostats

Der Organisationsplan von Eurostat 1979 — Direktionen und Referate

Generaldirektor: Aage Dornonville de la Cour — Regionale Statistik und volkswirtschaftliche DIREKTION E (Sekretariat: Sys Nymand) Gesamtrechnungen (Raymond Salvat) Statistik der Industrie, Umwelt und Direktor für Koordinierung der Direktionen A, B DIREKTION C Dienstleistungen: Helmut Schumacher und F: Vittorio Paretti Bevölkerungs- und Sozialstatistik: — Energie (Jean Darragon) Hauptberater: George W. Clarke David Harris Assistent: Niels Ahrendt — Eisen- und Stahlindustrie (Franz-Joseph Gnad — Erhebungen über private Haushalte und Be- Software-Planung und -Entwicklung: im Jahr 1980) schäftigung (Wil van der Weerden) Marcel Mesnage — Kurzfristige Industriestatistik (Alain Chantraine) EDV-Verwaltung: David Heath — Löhne und Einkommen (Gustav Löhmann) — Industriestatistik, Verkehr, Dienstleistungen und (hat den Posten ab 1980 inne) — Gesamtrechnungen und Sozialindikatoren, Umwelt (Victor Schetgen) Gesundheit (Joachim Wedel) DIREKTION A DIREKTION F Allgemeine Statistiken, Methodik und — Beschäftigung- und Bildungsstatistik (Hilde- Außenhandel, AKP- und Drittländer: Silvio Verbindungsaktivitäten: Vittorio Paretti gard Fürst) Ronchetti — Methoden, Klassifikationen, Untersuchungen DIREKTION D — Methodik und Klassifikationen des Außenhan- und Verbreitung (Egide Hentgen mit Mattheus Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei: dels (Rolf Sannwald) Burger als Bereichsleiter für Klassifikationen) Stephanus Louwes — Statistik des Außenhandels (Joseph Nols) — Preise und KKP (Hugo Krijnse-Locker) Berater: Günther Thiede — Analysen des Außenhandels, der AKP- und Dritt- — Verbindungsbüro in Brüssel (Piero Erba) — Gesamtrechnungen der Landwirtschaft und Agrarstrukturen (Eric Snowdon) länder (Alberto De Michelis) DIREKTION B Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen: — Agrarbilanzen und -erzeugnisse (Hans Georg Guy Bertaud Baggendorff) — Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen (ein- schließlich Zahlungsbilanzen und Finanzstatis- tik) (Jean Petre) Erste Erweiterung und Einzug der EDV: von 1973 bis 1980 77

Rolle von Eurostat und seine Stärkung einging. Helmut Schumacher Eurostat nach längeren Ausein- Darin heißt es, dass „dank der Umstrukturierung, der andersetzungen mit dem Generaldirektor. Rationalisierung und des technischen Fortschritts Eurostat jetzt der Kommission einen besseren Statis- Die Gründe für diese wiederholten Konflikte lagen in tikdienst als früher liefert. … Allerdings bleibt die der zunehmend marginalen Rolle, die Eurostat in den Bereitstellung von Daten noch hinter der Nachfrage Arbeiten der Kommission spielte, und an dem Ein- zurück. Es gibt Koordinierungsprobleme und die Mit- druck von Ohnmacht, der dadurch bei den NSÄ ent- tel sind eindeutig nicht ausreichend, um die Fülle der stand. Geht man die Berichte über die Konferenzen der potenziell verfügbaren Statistiken zu verwerten. Der Leiter der NSÄ von Ende der 70er Jahre durch, ahnt Einsatz der EDV stößt auf wachsende, akute Schwie- man bereits die Krise, die Anfang der 80er Jahre aus- rigkeiten. … Die Kommission wird aufgefordert, die bricht und mit der wir uns später beschäftigen werden. Verabschiedung wachsende Abhängigkeit (ihrer Dienststellen) von Man muss auch das politische Umfeld des europäi- von Guy Bertaud. der statistischen Arbeit von Eurostat und auch die schen Aufbauwerks berücksichtigen, das sich rapide Notwendigkeit anzuerkennen, ihm die entsprechen- verschlechterte und die alten, aber fest verankerten de Technik und die erforderlichen Mittel zur Koordi- nationalen Egoismen sogar auf dem Gebiet der Statis- nierung und Ausführung der wesentlichen Aufgaben tik wieder aufkeimen ließ. Jacques Mayer berichtet: „... der Kommission zur Verfügung zu stellen“. Das klingt als ich 1977 ans INSEE zurückkam, stellte ich über- zunächst nach hohen Erwartungen, doch die Realität rascht fest, dass abgesehen von einigen Ausnahmen, sieht anders aus. die Probleme der europäischen Statistik alle kalt ließen“. Und dieses Gefühl teilten sicher alle NSÄ. Die Idylle innerhalb von Eurostat hielt nicht lange an, Was die Präsenz von Eurostat auf internationaler denn die Beziehungen zwischen Aage Dornonville de Ebene betraf, so spielte unser Institut nur eine la Cour und einigen Direktoren, insbesondere Vittorio zweitrangige Rolle. Im Vordergrund standen Institute Paretti, verschlechterten sich zunehmend. Letzterer mit einem weit ausgeprägteren Image wie der statisti- musste Eurostat 1980 verlassen — aufgrund einer Ent- sche Dienst der UNO mit seinem Genfer Ableger der scheidung der Kommission, Artikel 50 des Beamten- Wirtschaftskommission für Europa, die Statistikabtei- statuts über die Entlassung eines Direktors oder Gene- lungen der OECD und des IWF (Internationaler raldirektors auf ihn anzuwenden. Es war das erste Mal, Währungsfonds). dass diese Bestimmung des Statuts auf einen Beamten von Eurostat Anwendung fand, was zur Verschlechte- Es war ein Teufelskreis: schlechtes Verhältnis zwischen rung der Beziehungen zwischen den Führungskräften den Führungskräften, schlechtes Image nach außen — der Generaldirektion beitrug. Guy Bertaud und Step- NSÄ und internationale Organisationen — schlechte hanus Louwes gingen noch im selben Jahr vorzeitig in Beziehungen zwischen den Dienststellen der Kommis- den Ruhestand und 1981, einige Monate später, verließ sion, die der Fähigkeit von Eurostat, auf ihre Bedürf- 78 Erinnerungen Eurostats

nisse zu reagieren, oft kritisch gegenüberstanden, und Die Vorschläge von Aage Dornonville de la Cour schließlich das immer angespanntere Verhältnis zu den zuständigen Kommissaren, die über das traurige Bild von Eurostat innerhalb und außerhalb der Institution 1. Die Rolle von Eurostat Möglichkeiten für einen vorzeitigen Ruhestand sowie andere Veränderungen beim ungehalten waren. Die Krisenlunte glimmte und nie- — Es muss die Koordinierungsrolle innerhalb der Führungspersonal sind erforderlich. Eurostat mand machte sich ans Löschen. Kommission und der Gemeinschaft bekräftigt braucht dringend frisches Blut auf der und ... Direktoren- und Abteilungsleiterebene“. 1978 hatte die Kommission unter dem Vorsitz von Roy — ... mit der ineffizienten Nutzung von Jenkins eine umfassende interne Reform eingeleitet — Eurostat kann die Anzahl der Ressourcen anderer Generaldirektionen für Verwaltungseinheiten weiter reduzieren, und Dirk Pieter Spierenburg gebeten, einen Bericht statistische Arbeiten Schluss gemacht aber... über jede Generaldirektion nach einer Reihe von werden. Anhörungen mit allen Dienststellen anzufertigen. Dirk — … Eurostat muss gestärkt und das Personal Pieter Spierenburg war der niederländische Vertreter der Laufbahngruppe A aufgestockt werden. 2. Zuordnung von Eurostat in der ersten Hohen Behörde der EGKS (1952-1957) — Es sollte die interinstitutionelle Rolle von 4. Berufsperspektiven und wurde 1958 zum Ständigen Vertreter der Nieder- Eurostat unter der Zuständigkeit eines lande bei den europäischen Gemeinschaften ernannt. Statistikrats der Gemeinschaft geprüft und … — Die alten Beamten sollten verabschiedet Er ging einige Jahre später in die Niederlande zurück. werden, um jüngere Kräfte fördern zu können. — … Eurostat direkt dem Kabinett des Die Vorschläge des Berichts, den er nach umfangrei- chen Gesprächen mit den verschiedenen Dienststellen Präsidenten der Kommission unterstellt 5. Personalaustausch werden. der Kommission vorlegte, sollten wesentliche Auswir- — Es müssen befristete Stellen geschaffen kungen auf die Organisationsstruktur der Arbeitsberei- — Gleichzeitig muss der Status, die Zuordnung werden, um den Austausch mit Beamten der che haben. Dem „Spierenburg-Bericht“ folgte 1979 der und die Struktur der EDV im Rahmen von NSÄ zu ermöglichen. „Ortoli-Bericht“, der eine ganze Reihe von Maßnah- Eurostat geprüft werden. men zur Umsetzung vorschlug. 6. Europäisches Institut für Angewandte 3. Organisationsstruktur und Leitung von Statistik Eurostat Im Januar 1980 übergab Aage Dornonville de la Cour — Es muss die Schaffung eines Instituts in der Kommission einen Lagebericht über Eurostat, in — Die Struktur ist gut, aber die höheren Luxemburg geprüft werden, um die dem er seine Vorschläge unterbreitete. Führungskräfte müssen erneuert werden: „Die Weiterbildung europäischer Statistiker zu höhere Führungsebene ist schwach und fördern. & Siehe „Die Vorschläge von Aage Dornonville de la Cour“ Dieser Bericht, der von Aage Dornonville de la Cour ohne Absprache mit den Direktoren insbesondere hinsichtlich Punkt 3 — Stellenenthebung höherer Beamter — verfasst wurde, vergiftete die Beziehungen Erste Erweiterung und Einzug der EDV: von 1973 bis 1980 79

zwischen den höheren Beamten von Eurostat nur Satz weist das Generalsekretariat auf das eher negati- noch mehr und führte ab 1981 zu großen Veränderun- ve Image des Statistischen Amtes bei den Generaldi- gen in der Organisationsstruktur. Darauf soll später rektionen als Nutzern hin. „Eurostat nutzt uns nicht näher eingegangen werden. viel!“ und fügt hinzu (um das Maß voll zu machen, was die Fähigkeiten von Eurostat angeht, die Bedeutung Gleichzeitig bereitete die Kommission eine Reihe von der Daten zu verstehen): „... wenn auch die Analyse Maßnahmen vor, um auf den „Spierenburg-Bericht“ und Auswertung der Statistik von den Generaldirek- zu reagieren. Besonders aufschlussreich ist ein Doku- tionen vorgenommen werden können, die wohl im ment vom 31. Januar 1980, in dem zwei interessante Einzelnen kompetent sind, sollte die Datenerfassung Punkte erwähnenswert sind. Zur Informationsverar- weiter zentral bei Eurostat erfolgen.“ Amen! beitung schlugen die Verfasser des Dokuments (Lam- berto Lambert und Walter Verheyden vom Generalse- Die statistischen Prioritäten und kretariat der Kommission) vor, dass das CDIC (franzö- sische Abkürzung; deutsch: EDV-Leitungsausschuss Leistungen der Kommission) „einige dezentralisierte Rechneran- wendungen ... (in den politischen Generaldirektio- Aage Dornonville Der Beitritt der neuen Mitgliedstaaten wirkt sich auf de la Cour, nen) bestehen lassen und die Möglichkeiten des Zen- Programminhalte und die Einstellung der Statistiker aus. Generaldirektor tralrechners den administrativen, dokumentarischen Die „gemeinschaftliche“ Rolle Eurostats ist, Kompromisse von 1977 bis 1982. und statistischen Anwendungen vorbehalten sein zwischen verschiedenen Meinungen herbeizuführen, um sollten. Das Statistische Amt, das insbesondere unter die nationalen Besonderheiten zu überwinden... was in den gegenwärtigen Mängeln in der EDV-Ausrüstung den 70er Jahren immer schwieriger wird. Um abzuhelfen der Kommission leidet, wäre so weniger versucht, sei- wird das statistische Programm für die nen eigenen Rechner zu fordern“. Es sollte jedoch Kommissionsdienststellen und die NSÄ zu einem echten noch einige Zeit dauern, ehe eine dezentrale Daten- Dialog- und Entscheidungsinstrument. verarbeitung eingeführt wurde. Ab 1973 wurde das Statistische Programm zu einem Der zweite Punkt betrifft speziell Eurostat. Das Doku- echten Dialog- und Entscheidungsinstrument zwi- ment ist aufschlussreich für das Bild, das man in Brüs- schen den Dienststellen der Kommission und den sel von der Arbeit des Statistischen Amtes hatte. Es NSÄ. Es sei angemerkt, dass es zuvor bereits Arbeits- hieß: „… Eurostat sollte bestrebt sein, mehr zu einem programme des Statistischen Amtes gegeben hat, die Instrument zu werden, dessen Hauptaufgabe darin aber nicht über das Stadium von Orientierungshilfen besteht, den vertikalen Generaldirektionen das Statis- hinausgingen, obwohl die Kommission am 31. März tikmaterial zur Verfügung zu stellen, das sie für die 1971 ein Dokument zur Information an den Rat Durchführung ihrer Aufgaben brauchen“. Mit diesem gerichtet hatte, das den Titel trug: Arbeitsprogramm 80 Erinnerungen Eurostats

des Statistischen Amtes der Europäischen Gemein- Statistisches Programm für den Zeitraum 1976 bis 1978 schaften. Anfang 1974 richtete der für Eurostat zuständige Kom- Das Programm erstreckt sich auf die Jahre 1976 NSÄ keinen verbindlicheren Akt wünschen, bis 1978 mit einem genauen Zeitplan für die was nicht der Fall war). missar ein Dokument an die Kom- Vorbereitung: mission, in dem er den allgemeinen Rahmen eines Sta- Das an die Kommission gerichtete und von ihr tistischen Programms vorschlug, das die Kommission — März/April 1974: Vorbereitung des gebilligte Dokument enthält auch den umsetzen sollte (amüsanterweise wurde es vorsichts- Programmentwurfs durch Eurostat nach einer Standpunkt der Kommission zur Finanzierung: halber nicht „Erstes Statistisches Programm“ genannt, ersten Konsultation der Dienststellen der Kommission als Lieferanten und Nutzer der — keine Finanzierung und Beteiligung für die so hieß es erst nach dem Beschluss über das zweite Pro- Daten. großen Erhebungen, gramm zwei Jahre später). Die Mitteilung behandelte mehrere Themen: die Notwendigkeit eines Mehrjah- — Mai 1974: Beratung auf der erweiterten — begrenzte Finanzierung für operative resprogramms, Anwendungsgebiet und Hauptorientie- Konferenz der Leiter der NSÄ, wobei unter Aktionen, rungen für seine Aufstellung (Datenerfassung, Synthe- Erweiterung die Vertreter der sen, Harmonisierung, Forschung, Verbreitung) und — Anschubfinanzierung für neue periodische Generaldirektionen der Kommission, der schließlich die Etappen für seine Ausarbeitung. Ausschüsse für Wirtschaftspolitik, Aktionen. Konjunkturpolitik, Währungspolitik, & Siehe „Statistisches Programm für den Zeitraum 1976 Dieses Dokument wurde von der Kommission am mittelfristige Politik usw. zu verstehen sind. bis 1978“ 29. April 1974 (SEK 74 898/3) verabschiedet und es folgen ähnliche Mitteilungen: — Juni/Juli 1974: Beratung und Billigung durch Um die Bedeutung zu unterstreichen, die er der Stati- die Kommission, Übermittlung an den Rat. — Das zweite Statistische Programm war 1976 stik beimaß, nahm Ralf Dahrendorf an der ersten — September/November 1974: Konsultation des Gegenstand einer Mitteilung von Kommissar „erweiterten“ Konferenz der Leiter der NSÄ im Juni 1974 Europäischen Parlaments (EP) und des Brunner an die Kommission und bezog sich in Brüssel teil und führte teilweise den Vorsitz. Die Wirtschafts- und Sozialausschusses. auf den Zeitraum 1977-1979. Konferenz wurde so genannt, weil sie für die Teilnah- me aller Generaldirektionen der Kommission als Nut- — Dezember 1974/Januar 1975: Beratung im — Das dritte Programm (1978-1980) wurde 1977 von Vizepräsident Ortoli mitgeteilt. zer der Statistiken offen stand. So nahmen im Juni Rat — man schlägt vor, dass die Leiter der 1974 ein Dutzend Generaldirektionen mit hochrangi- NSÄ die Arbeitsgruppe des Rates werden —, — Das vierte Programm (1979-1981) 1979 gen Vertretern (Generaldirektor oder Direktor) an der der mit einer einfachen Entschließung wurde ebenfalls von François-Xavier Ortoli Zusammenkunft teil. Die Diskussion fand auf sehr zustimmt (wenn, wie in der Mitteilung von mitgeteilt. Ralf Dahrendorf betont wird, die Leiter der hohem Niveau statt und mündete in die Vorbereitung des ersten Programms. Die Teilnehmer seitens der Lei- ter der nationalen Statistischen Ämter waren: Renaat Dereymaeker (Belgien), Niels Verner Skak-Nielsen (Dänemark), Jean Ripert (Frankreich), Hildegard Bar- Erste Erweiterung und Einzug der EDV: von 1973 bis 1980 81

tels (Deutschland), Thomas Linehan (Irland), Luigi (Vereinte Nationen und OECD), auf das es einen Pinto (Italien), George Als (Luxemburg), Gijsbert nicht unerheblichen Einfluss ausübte. Dagegen spiel- Goudswaard (Niederlande) und Claus Moser (Verei- ten auf europäischer Ebene Frankreich und die ande- nigtes Königreich). ren alten Mitgliedsländer, vor allem Deutschland, eine große Rolle in den Erhebungsprogrammen und vor Ab 1979 verabschiedete die Kommission ihre allem bei den Tätigkeits- und Produktklassifikationen Beschlüsse zum Statistischen Programm in größeren als Stützpfeiler jeder nationalen Statistik und des Abständen; das fünfte Programm (1982-1984) wurde internationalen Vergleichs. auf Vorschlag von Kommissar O’Kennedy dem Rat erst 1981 vorgelegt. Ab 1980 gibt es kein gleitendes Zu den Spannungen mit dem Central Statistical Office Dreijahresprogramm mehr, sondern aufeinanderfol- kamen weitere mit dem dänischen statistischen gende Dreijahresprogramme. System, das vorrangig auf Datenerfassung aus Behör- denregistern und -archiven setzte, wohingegen die Bevor wir in die Details des Programms gehen, sei meisten der alten Mitgliedsländer ein System der Vor- daran erinnert, dass die Aufnahme der drei neuen Ort-Erhebungen anwandten. Die Hauptsorge von Länder und insbesondere des Vereinigten Königreichs Eurostat und den NSÄ der ersten Welle war die Auswirkungen auf den Inhalt des Programms und den Nichtvergleichbarkeit der Ergebnisse, wenn die Geist der Diskussion in der statistischen Gemeinschaft Methoden zu unterschiedlich sind, insbesondere auf hatte. Die Integration dieser drei neuen statistischen dem Gebiet der Landwirtschaft und im Sozialbereich. Systeme in das Gemeinschaftssystem der sechs Länder Übrigens sah sich das britische statistische System zwi- (das sich im Laufe von zwei Jahrzehnten ausgeprägt schen Mitte der 70er und Anfang der 80er Jahre und seine Gepflogenheiten herausgebildet hatte) stieß einem starken inneren Druck hinsichtlich der Mittel sofort auf Schwierigkeiten. Dafür gab es zweierlei ausgesetzt, die es zu schmerzlichen Entscheidungen Gründe: zum einen das politische Klima um das hinsichtlich der Prioritäten und der Arbeitsorganisati- europäische Aufbauwerk, das sich bis Mitte der 80er on zwangen. Das erklärt seinen heftigen Widerstand Jahre zunehmend verschlechterte, und zum anderen gegen die Veränderungen, zu denen es durch seinen das Aufeinanderprallen von zwei großen nationalen Beitritt gezwungen war. Statistiksystemen — INSEE (Frankreich) und CSO (Vereinigtes Königreich). Was die NSÄ des traditionellen harten Kerns betrifft, insbesondere Frankreich, Deutschland und Italien, Das britische System, das durch eine starke Dezentra- muss festgestellt werden, dass sie keine großen lisierung seiner Arbeitsbereiche gekennzeichnet war, Anstrengungen unternahmen, um ihre Programme besaß eine Tradition der Öffnung und Zusammenar- der neuen Rollenverteilung durch die Erweiterung beit mit dem internationalen statistischen System anzupassen. Die „gemeinschaftliche“ Rolle von 82 Erinnerungen Eurostats

Eurostat bestand und besteht nach wie vor darin, den nalisierung der Gesamtrechnungen, um die Entwick- Kompromiss zwischen den verschiedenen Parteien zu lung der Regionalpolitik zu berücksichtigen; die erleichtern, um neue statistische Aktionen, gemein- Quartalsrechnungen, bei denen Eurostat allerdings same Klassifikationen, Definitionen und Methoden eingesteht, dass die OECD hier große Fortschritte jenseits jedes nationalen Partikularismus durchzuset- macht und keine doppelte Arbeit geleistet werden zen. Das wurde immer schwieriger. muss. Das Jahrzehnt schließt mit der ersten Überar- beitung des ESVG (zweite Ausgabe 1979), das erst- Sehen wir uns nun den Inhalt der verschiedenen malig 1968 veröffentlicht worden war. Programme im Zeitraum 1973-1981 an und beschränken uns dabei auf die großen Linien. Bei der Erstellung der Input-Output-Tabellen gaben Verabschiedung Eurostat und die NSÄ trotz der bereits erheblichen von Jacques Mayer. Auf makroökonomischem Gebiet war noch immer Belastung durch die jährlichen Arbeiten dem Fünf- die von Vittorio Paretti geleitete Mannschaft mit jahreszeitraum 1975 bis 1980 den Vorzug (liegen vier Jean Petre, Piero Erba, Hugo Krijnse-Locker, Ray- Jahre später vor!). Die Arbeiten werden unter der mond Salvat, Gustav Löhmann, Walter Bianchi, Verantwortung von Marco De March ausgeführt. Jean-Claude Liausu, Jörg-Dieter Glatzel und Letizia Cattani auch für diese Statistik zuständig. Sorge Was die Zahlungsbilanz betrifft, so beteiligte sich bereitete Eurostat vor allem die Umsetzung des Eurostat zum einen an den methodischen Arbeiten Europäischen Systems der Volkswirtschaftlichen des vom IWF vorbereiteten „Handbuchs“ und unter- Gesamtrechnungen (ESVG) in allen Ländern. Die breitete im Einverständnis mit dem IWF Vorschläge, erste Ausgabe des ESVG war 1968 verabschiedet um die Ausarbeitung stärker harmonisierter Daten in worden. Erst 1975 wird das ESVG jedoch zum ersten der Gemeinschaft voranzubringen, was allerdings auf Mal von allen neun Mitgliedstaaten zur Datenüber- den Widerstand der drei neuen Länder stieß. tragung an Eurostat genutzt. Eurostat stand vor dem Problem, dass für einige NSÄ, die harmonisierte Sehr wichtig waren auch die Arbeiten zur Kaufkraft- Daten nach dem ESVG erstellen und gleichzeitig parität, um die Aggregate zwischen den Ländern bes- weiterhin Gesamtrechnungen nach nationalen ser vergleichen zu können. Die Arbeiten wurden Methoden ausarbeiten mussten, die Belastung über- nach leichten Jahreserhebungen nach den großen mäßig groß war. Es ging also darum, die Länder dazu Preiskategorien und umfangreichen Erhebungen zu ermuntern, das ESVG auch zur Ausarbeitung der zunächst alle fünf Jahre und später alle drei Jahre nationalen Gesamtrechnungen zu nutzen. Andere organisiert (80er Jahre). Was den organisatorischen Projekte: die Integration der Gesamtrechnungen der Aspekt betrifft, hat man mit multinationalen Teams Gemeinschaftsinstitutionen in das System; die Ver- begonnen, denen Statistiker der einzelnen NSÄ besserung der Ist-Messung der Aggregate; die Regio- angehörten (Erhebung von 1975). Für die jährlichen Erste Erweiterung und Einzug der EDV: von 1973 bis 1980 83

Erfassungen bevorzugte Eurostat jedoch aus Haus- — Familienhaushalte und haltsgründen „euronationale“ Teams, die sich aus — Bildung und Berufsausbildung. Mitarbeitern von Eurostat und nationalen Statisti- kern zusammensetzten. Diese Struktur wurde in den Auf dem Gebiet der Beschäftigung wurde die Ent- folgenden Jahren beibehalten. scheidung getroffen, alle zwei Jahre eine Arbeitskräf- teerhebung durchzuführen. Später sollte sie dann Im sozialen Bereich verabschiedete der Rat im Janu- jährlich durchgeführt werden. Verantwortlich für ar 1974 eine sehr wichtige Entschließung über ein dieses Projekt waren Joseph Nols, Wil van der Weer- soziales Aktionsprogramm der Gemeinschaft mit fol- den, Gustav Löhmann, Joachim Wedel, Hildegard genden Prioritäten: „Vollbeschäftigung und bessere Fürst und Bernard Eyquem unter der Leitung von Beschäftigung“, „Verbesserung der Arbeits- und David Harris. Lebensbedingungen, um eine zunehmende Anglei- chung zu ermöglichen“, „wachsende Beteiligung der Im Bereich Industriestatistiken galt die Hauptsorge Sozialpartner an den wirtschaftlichen und sozialpoli- von Eurostat der Umsetzung durch die NSÄ der bei- tischen Entscheidungen der Gemeinschaft und der den 1972 verabschiedeten Richtlinien des Rates über Arbeiter am Leben der Unternehmen und Betriebe“. die jährlichen Strukturerhebungen und die Konjunk- Der erste Ölschock zeitigte ernste negative Auswir- turdaten. Diese Sorge war berechtigt, denn bei kungen auf die Beschäftigung in allen Mitgliedslän- einigen Ländern waren bei den in der Richtlinie dern. Diese politische Entscheidung hatte Einfluss vorgesehenen Erhebungen in der ersten Phase Verzö- auf die Entwicklung der Sozialstatistik, denn aus der gerungen aufgetreten, während die zweite Phase mit Entschließung ergaben sich eine Reihe von Maßnah- weiteren Variablen, die in den Fragebogen später ein- men, die auf einer statistischen Grundlage vorberei- zufügen waren, bereits 1977 beginnen sollte. Die tet und eingeschätzt werden mussten. Im Mai 1974 Ergänzung des Fragebogens wurde auf einen wesent- stimmte die Konferenz der Leiter der NSÄ in Dublin lich späteren Zeitpunkt verschoben (1980). Der dem Mehrjahresprogramm der Sozialstatistik zu fol- Generaldirektor für Industriepolitik nahm persönlich genden Bereichen zu: an der Konferenz der Leiter der NSÄ im November 1974 in Luxemburg teil, um den Bedarf der Kommis- — „Soziale“ Klassifikationen, sion im Zusammenhang mit den laufenden Projekten — Sozialrechnungen, und zur Vorbereitung der Industrie- und Handels- politik erneut zu bekräftigen. Dennoch baten die — Sozialindikatoren (einschließlich qualitativer Amtsleiter Eurostat um einen weiteren Aufschub für Indikatoren), die Lieferung der Daten zu den Erhebungen und stell- — Arbeiten zur Beschäftigung, ten die erste Jahreserhebung über Betriebe mit weni- — Löhne und Einkommen, ger als 20 Beschäftigten bis 1979 zurück. Bei der sek- 84 Erinnerungen Eurostats

torbezogenen Entwicklung detaillierter Statistiken reagierten sehr ungehalten darauf, dass sie aus diesem der Industrieproduktion entschieden sich die NSÄ Projekt ausgeschlossen waren, denn es sah direkte für einen Quartalsrhythmus. In den Arbeitsgruppen Erhebungen der Kommissionsdienststellen bei den war auch erstmals von einer Studie über die „Unter- Transportunternehmen vor. Die Konferenz von 1977 nehmensverflechtungen“ die Rede, und Eurostat hatte das Ziel, diese Konflikte zu glätten und den NSÄ begann mit den Arbeiten zu Industriepreisen und wieder die zentrale Rolle bei den Untersuchungen der sektorübergreifenden Eckdaten. Die Schaffung eines NSÄ einzuräumen. 1980 verabschiedete der Rat zwei Betriebsregisters auf harmonisierter Grundlage wurde Richtlinien über die Statistik des Güterverkehrs auf von Eurostat 1978 in Rom angesprochen, aber von den Binnenwasserstraßen und per Eisenbahn. den Leitern der NSÄ als unrealistisch abgetan. Zuständig für die Industriestatistik sind nacheinan- Auf dem Gebiet der Agrarstatistik ist das Jahrzehnt der Fritz Grotius und Helmut Schumacher mit der gekennzeichnet durch die großen Erhebungen über Unterstützung von Victor Schetgen, Jacques Char- die Agrarstrukturen, die aufgrund von Entscheidun- rayre, Mattheus Burger, Franz-Joseph Gnad und gen des Rates von 1966 und 1967 begonnen wurden Alain Chantraine als Referatsleiter. und 1975 und 1977 stattfanden. Der Rat beschloss im Übrigen eine Reihe von Richtlinien über die Durch- Auf dem Gebiet der Verkehrsstatistik wurde den führung von Erhebungen zu Baumobstanlagen (1976 NSÄ 1977 ein neues Programm vorgestellt, mit der und 1977), Rinderbestand und Rindererzeugung Unterstützung des Generaldirektors der Generaldi- (1973), Schweinen (1976) und Milch und Milcher- rektion für Verkehr, der an der Konferenz der Leiter zeugnissen (1972) sowie Verordnungen über Reb- der NSÄ im Mai in Den Haag teilnahm und die flächen (1979) und Getreide (1976). Die hartnäcki- Bedeutung von statistischen Marktindikatoren ge Verteidigung der Richtlinien über das „Decken unterstrich. Die verantwortlichen Abteilungsleiter von Schweinen“ und „Eintagsküken“ machte Gertru- für diese Statistik waren seit Aufnahme der neuen de Hilf in europäischen Statistikerkreisen berühmt. Länder Hans Georg Baggendorff und danach Victor 1978 verabschiedete die Kommission nach langen Schetgen. Zu erwähnen ist, dass ein Jahr zuvor in Debatten in dem 1972 gebildeten Ständigen Aus- Wiesbaden die Generaldirektion Verkehr einen sehr schuss für Agrarstatistik eine sehr wichtige Entschei- schlechten Eindruck bei den Leitern der NSÄ hin- dung über die Typologie der landwirtschaftlichen terließ. In der Tat hatte die Generaldirektion Ver- Betriebe. Zu diesen spezifischen Erhebungen kamen kehr ohne Absprache mit Eurostat auf Entscheidung Anforderungen der Agrarpolitik an sehr detaillierte des Rates ein neues Beobachtungssystem für die Daten des Außenhandels mit landwirtschaftlichen Gütertransportmärkte eingeführt, um ein Warnsy- Erzeugnissen hinzu, was zur Folge hatte, dass die stem zur schnellen Aufdeckung von kritischen Situa- Nimexe ständig geändert wurden. Die 70er sind die tionen auf diesem Markt zu schaffen. Die Amtsleiter Jahre, in denen sich die Agrarmärkte formieren und Erste Erweiterung und Einzug der EDV: von 1973 bis 1980 85

sich die GAP festigt: Die Agrarstatistik expandierte Gemeinschaftspolitik auf Eurostat ausgeübt haben, sehr stark, worüber die NSÄ sich beunruhigt zeigten, damit detaillierte und vergleichbare Informationen zumal der Anteil der Landwirtschaft am Eurostat- verfügbar sind. Liest man den Bericht der ersten Haushalt immer größer wurde. Auf ihrer Tagung im erweiterten Zusammenkunft der Leiter der nationa- November 1977 in Brüssel forderten die Amtsleiter len Statistischen Ämter und der Generaldirektionen eine kritische Überprüfung im Rahmen der Prioritä- der Kommission unter Leitung von Ralf Dahrendorf ten des Statistischen Amtes und äußerten den im Jahre 1974, stellt man fest, dass die Diskussions- Wunsch nach einer knapperen und flexibleren beiträge fast aller Vertreter der Kommission sich um Agrarstatistik, damit etwas mehr Raum für die ande- ihr Fachgebiet und die Außenhandelsstatistik dreh- ren Bereiche der Gemeinschaftsstatistik bleibt. In ten, so wichtig waren diese Informationen für alle diesem Jahrzehnt waren Stephanus Louwes, Günther Bereiche der Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft. Thiede, Luciano Baroncelli und Helmut Schuma- cher, später Eric Snowdon und Hans Georg Baggen- Im Bereich der Energiestatistiken sind die 70er Jahre dorff für die Agrarstatistik verantwortlich. von einer Reihe von Entwicklungen gekennzeichnet, die auf den Erdölschock von 1973 zurückzuführen Auf dem Gebiet der Außenhandelsstatistik verab- sind. Gegenstand der unter der Leitung von Jean schiedete der Rat 1972 die Nimexe-Verordnung (1). Darragon und François Desgardes geleisteten Arbeit Sie wurde 1987 außer Kraft gesetzt und von einer sind einerseits die globale Energiebilanz (vor allem Entscheidung über die Schaffung einer Kombinierten Erdölerzeugnisse) und die Aufschlüsselung der ein- Nomenklatur (KN) abgelöst. 1975 verabschiedete zelnen Verbrauchsbereiche (vor allem Haushalte und der Rat die Verordnung (EGK) Nr. 1736/75 über die Gewerbe/Dienstleistungen) und andererseits die Methoden der Ausarbeitung der Statistik des Außen- neue dreijährliche Erhebung zum Energieverbrauch handels und des innergemeinschaftlichen Handels und zum Energieeinsatz (Heizung, Beleuchtung, zwischen den Mitgliedstaaten, die bei Eurostat als Industrieverfahren usw.). Diese Erhebung sollte ab „Methode“-Verordnung in Erinnerung blieb. 1977 1976 die Maßnahmen vorbereiten und begleiten, mit verabschiedet der Rat die Verordnung über die geo- denen die Gemeinschaft der 1973 einsetzenden grafische Nomenklatur, und ein Jahr später beschloss Ölkrise begegnen wollte. Es sei angemerkt, dass die die Kommission die „statistische Schwelle“. Verant- Energiestatistiken von jeher außerhalb der NSÄ wortlich für diese wichtige Harmonisierungsaktion geführt wurden. Eurostat hat gemeinsam mit den waren im wesentlichen Rolf Sannwald und Jacques zuständigen Ministerien und vor allem den Fachkrei- Dispa unter Leitung von Silvio Ronchetti. Diese sen ein sehr effizientes Netzwerk aufgebaut. Mit letz- Entwicklung in Richtung auf eine sehr gute Harmo- teren bestand ein Verhaltenskodex, wonach die (1) Verordnung (EG) Nr. nisierung der Handelsstatistiken geht im wesentli- Branchenverbände Eurostat die Daten liefern und 1445/72 der Rates vom chen auf den Druck zurück, den alle Bereiche der Eurostat ihnen im Gegenzug sich aus diesen Arbeiten 24.4.1972. 86 Erinnerungen Eurostats

ergebende Statistiken übermittelt. Die NSÄ waren diese neuen Bereiche erforderlichen Ressourcen zu davon nicht sehr angetan, denn sie fühlten sich von beschaffen. den Entscheidungen ausgeschlossen, aber das Verfah- ren erwies sich als sehr wirksam. Erst 1983 sollten die Energiestatistiken von den Amtsleitern auf die Die EDV setzt sich durch — allerdings Tagesordnung gesetzt werden. mit Schwierigkeiten

Ein weiteres umfangreiches Betätigungsfeld von Anfang der 70er Jahre beschließt die Kommission, das Eurostat in den 70er Jahren waren die Nomenklatu- Rechenzentrum mit europäischen Computern ren und Klassifikationen für den Unternehmensbe- auszustatten... mit der Folge, dass sämtliche alten reich. Die Arbeiten gingen in zwei Richtungen — Programme, die auf Rechnern des Quasi-Monopolisten IBM einerseits galt es, die Anpassung der nationalen liefen, neu geschrieben werden müssen. Mit dem Projekt Nomenklaturen an die NACE fortzusetzen, die 1996 Osiris gehört Eurostat zu den ersten internationalen von den Leitern der NSÄ angenommen worden war, Die EDV setzt sich durch… Organisationen, die eine generatorengebundene Sprache und andererseits mussten die NIPRO (Gemeinsames zur Beschreibung statistischer Tabellen entwickelt haben. Verzeichnis der industriellen Erzeugnisse) sowie die NACE-CLIO (französische Abkürzung; deutsch: Systematik für die Input-Output-Tabellen) erarbeitet Die 70er Jahre sind geprägt von der Einführung der werden. Schließlich arbeiteten Eurostat und die EDV bei der Kommission im Allgemeinen und bei NSÄ weiter an der NACE-NIPRO-Nimexe-Korres- Eurostat im Besonderen. Wir haben bereits gesehen, pondenz für die Statistiken der gewerblichen Produk- dass die Kommission nicht nur Eurostat nach Luxem- tion. ProdCom (PRODuction COMmunautaire) sollte burg überführt hat, sondern auch die so genannte erst Mitte der 90er Jahre eingeführt werden. Eurostat Lochkartenstelle, die 1971 in Rechenzentrum umbe- arbeitete im Bereich der Klassifizierung eng mit dem nannt wurde. Von 1968 bis 1972 übte die Kommission statistischen Büro der Vereinten Nationen zusam- über einen aus verschiedenen Generaldirektoren der men und veranstaltete mit ihm zusammen im Kommission zusammengesetzten Nutzerausschuss November 1977 in Brüssel eine Tagung der gemein- unter der Leitung der Generaldirektion „Verwaltung“ samen Arbeitsgruppe. die Kontrolle über die Arbeit des Rechenzentrums aus. 1973 erhielt dieser Ausschuss die Bezeichnung „Ver- waltungsausschuss des Rechenzentrums“, der dann Die Statistiken im Bereich Handel und Dienstleis- 1976 in CDIC (Lenkungsausschuss für Informatik in tungen sind gleichfalls Bestandteil der statistischen der Kommission) umbenannt wurde. Die Generaldi- Programme, allerdings ohne großen Erfolg, da die rektoren von Eurostat gehörten stets diesen verschie- NSÄ zunehmend auf Schwierigkeiten stießen, die für denen Ausschüssen an. Erste Erweiterung und Einzug der EDV: von 1973 bis 1980 87

Zu Beginn der 70er Jahre fasst die Kommission den versuchte, die NSÄ in die Entwicklung gemeinsamer Beschluss, das Rechenzentrum mit europäischen Instrumente einzubeziehen, allerdings ohne Erfolg. Rechnern auszustatten, um diesen Industriezweig zu Die nationalen Statistikämter suchten weiterhin nach fördern und das Monopol von IBM zu durchbrechen. eigenen Lösungen und schenkten den Vorschlägen Der Einsatz der französischen Großrechner BULL und von Eurostat nur wenig Aufmerksamkeit. Angesichts der britischen ICL hatte zur Folge, dass alle früheren der Verschiedenartigkeit der Ausrüstungen, die sich Programme, die auf IBM-Technik gelaufen waren, nicht miteinander verbinden ließen, und der jeweili- umgeschrieben werden mussten, was nicht nur im gen nationalen Informatikpolitiken, die in den 70er Bereich Statistik zu einem beträchtlichen Verzug bei Jahren völlig unkoordiniert entwickelt wurden, der Entwicklung neuer Arbeiten führte. bestand kein Anlass, sich große Illusionen zu machen.

Trotz dieser ungünstigen Rahmenbedingungen begann Mit dem Osiris-Projekt gehörte Eurostat (gemeinsam Marcel Mesnage, Eurostat, mit einem Zentralcomputer verbundene Ter- mit dem US Census Bureau) weltweit zu den ersten Jean-Claude Farget, minals einzusetzen. Damit setzte ein rascher Auf- Organisationen, die mit Unterstützung der Univer- Ovidio Crocicchi schwung ein. Der Einsatz des Terminal-Netzes stellte sität Grenoble eine mit einem Generator gekoppelte und Jean-Claude Petit einen bedeutenden Fortschritt hinsichtlich der Verar- Programmiersprache zur Beschreibung statistischer denken über die Zukunft der Informationssysteme beitung umfangreicher Datenmengen, wie sie beispiels- Tabellen entwickelten. Wie Marcel Mesnage betont, von Eurostat nach weise bei Außenhandelsstatistiken, größeren Erhebun- „konnte das in der Sprache Pascal geschriebene (1982). gen (Beschäftigung, Preise, Haushalte, Industrie, Land- System Osiris, das für die damalige Zeit möglicherwei- wirtschaft usw.) anfallen, oder Input-Output-Tabellen se einen zu hohen Anspruch an die Portabilität hatte, dar. Aber nicht alles lief glatt. Schwierigkeiten gab es dem bereits erwähnten Ärger nicht standhalten und im Zusammenhang mit den hohen Kosten und der die Nutzer nicht endgültig überzeugen, obwohl bereits mangelnden Betriebssicherheit der Hardware, deren ein hoher technischer Stand erreicht worden war“. Erprobung in aller Eile und ohne größere Erfahrung Folglich blieb sein Einsatz relativ begrenzt. erfolgt war. Hinzu kamen der Ärger mit der europäi- schen Computerindustrie, der dazu führte, dass die Ein weiteres Projekt mit der Bezeichnung Sigise, mit Ausrüstungen, die schnell veraltet waren und nicht dem die gesamte statistische Vorbereitungs- und gewartet wurden, ausgetauscht werden mussten, sowie Berechnungsarbeit über ein vernetztes System organi- die schwerfällige Programmierungstechnik und der siert werden sollte, gelangte nicht über das Stadium der Umgang mit den durch das Rechenzentrum gesetzten Projektierung und der Präsentation hinaus. Mit dem Prioritäten. Das war eine ganze Menge! Scheitern von Sigise fand auch, wie zu erwarten war, die Vormachtstellung der Informatiker ein Ende, und Trotz dieser Schwierigkeiten gingen die Aktivitäten es verbreitete sich ein Geist der Dezentralisierung der von Eurostat im Informatik-Bereich weiter. Eurostat Verantwortung, der mit dem Aufkommen der Perso- 88 Erinnerungen Eurostats

Der Übergang von der maschinellen zur elektronischen Datenverarbeitung bei Eurostat Von Marcel Mesnage

Das Statistische Amt der Europäischen gekennzeichneten und mit großem wie Magnettrommelrechner (deren Gemeinschaften, das künftige Eurostat, war zum Leimverbrauch zusammengestellten Textrahmen Programmierung über ein Oszilloskop erfolgte Zeitpunkt seiner Entstehung im Jahre 1958 der ausstaffiert werden mussten. Ganze Locher- und die mit einem „Großspeicher“ mit 8000 wichtigste Nutzer der „maschinellen Mannschaften waren mit der mühseligen Speicherplätzen (!) ausgestattet waren) und Datenverarbeitung“. Niemand ahnte damals, dass Aufgabe der Erarbeitung der Lochkarten untereinander verbundenen diese kurze Vorgeschichte der Informatik so beschäftigt. Gemessen an aktuellen Maßstäben Lochkartenmaschinen (die noch vor ihrer schnell ein Ende finden sollte. Seit der mit Gigabyte-Speichern auf winzigen endgültigen Einführung überholt waren!) Leiterplatten mit einer hohen Erfindung der Lochkartenmaschine durch auftauchten, kam es auch dort zu ersten Verarbeitungsgeschwindigkeit kann man sich nur Herman Hollerith am Ende des 19. Jahrhunderts Umwälzungen. Der erste bedeutende Umschwung schwer vorstellen, dass der einzige verfügbare galt diese als das grundlegende Werkzeug der und damit die eigentliche Geburtsstunde der Massenspeicher ein unglaublicher Kartenstapel Statistiker für umfangreiche Berechnungen Informatik bestand in der Entwicklung (beispielsweise Außenhandelsstatistiken oder war, der laufend mit großem maschinellen kommerziell genutzter Magnetbandrechner. Die Auswertung von Feldstudien). Die Maschinen Aufwand umsortiert, wiederaufgefüllt, neu ersten Geräte dieses Typs wurden 1962 im CETIS wurden in zentralen Werkstätten aufgestellt, in kodiert und neu ausgewertet werden musste. (Wissenschaftliches Rechenzentrum von Euratom denen es wie in kleinen, lärmenden Fabriken Der unglückliche Mitarbeiter, der einen in Ispra) installiert, und der begeisterte Bericht zuging. Diese Arbeiten erforderten Kartenstapel umstieß oder durcheinander brachte, konnte eine Katastrophe auslösen. eines amerikanischen Kollegen, der damals wie hochspezialisierte fachliche Fähigkeiten, sie Trotz allem bildete die maschinelle ich für die Außenhandelsstatistik zuständig war, waren zeitaufwändig und knifflig. Die Datenverarbeitung ein stabiles und gut über ihren Einsatz in der UNO bewogen mich zu Erarbeitung einer statistischen Tabelle war eine eingelaufenes System. Die Statistiker ergänzten echte handwerkliche Leistung, die den Einsatz dem Vorschlag, die vom CETIS angebotene es mit verschiedenen speziell entwickelten verschiedener Maschinen in einer bestimmten Zusammenarbeit zu nutzen, um einen ähnlichen elektrischen Geräten und scheuten sich auch Abfolge (Sortiermaschinen, Lochkartenmischer Versuch zu unternehmen. Hinsichtlich der nicht, den Rechenschieber oder den und Tabelliermaschinen) sowie Hunderte Geschwindigkeit und der Kapazität des Rechenzylinder zu benutzen! komplexer Kabelverbindungen erforderte (das Arbeitsspeichers war dies ein echter Äquivalent für das, was man heute Es gab zwar schon einige elektronische Quantensprung und der Einstieg in das Programmierung nennt, lautete damals „das Rechenmaschinen, die aber außerhalb des Abenteuer des Fortschritts. Im gleichen Rahmen Band stanzen“). Ziel all dessen waren monotone wissenschaftlichen Bereichs nur ein besseres wurde eine erste Datenfernübertragung (Ispra- Zahlenkolonnen, in denen es keine maschinelles System darstellten, das den Brüssel) über eine Fernsprechleitung als Kleinschreibung und keine Akzente gab, die mit organisatorischen Ablauf nicht veränderte. Als bescheidener Vorläufer der künftigen vorgedruckten, sorgfältig von Zeichnern jedoch 1960 verschiedene hybride Ungetüme, Informatiknetze realisiert. Erste Erweiterung und Einzug der EDV: von 1973 bis 1980 89

Folgerichtig wurden die Lochkartenmaschinen bestand. Die Hürden jener Zeit waren trotz Mit zeitlichem Abstand betrachtet wird deutlich, bald durch Computer ersetzt. Damit begann ein neuer Konzepte und schwerfälliger dass die Statistiker von Eurostat, als wären sie Zeitabschnitt voller Schwierigkeiten, der 20 Entwicklungsmethoden weniger technischer Art, der Entwicklung immer um eine Nasenlänge Jahre dauern sollte. Die einsetzende sondern eher mit Schwierigkeiten in der voraus, im Verlauf dieser rund 30 Jahre — etwa Programmierung erforderte neue berufliche Verwaltung der materiellen und personellen von 1960 bis 1990 — dauernden Entwicklung Qualifikationen und ließ die Kenntnisse eines Kapazitäten, vor allem der extremen nicht aufgehört haben, dem technologischen großen Teils der Beschäftigten in der Unvereinbarkeit der verschiedenen Ausrüstungen Trend zur Dezentralisierung der materiellen und maschinellen Datenverarbeitung veraltern, und verbunden, die einen beträchtlichen Zeit- und personellen Ressourcen zuvor zu kommen, sei es gleichzeitig wurden strengere Verfahren im Ressourcenverlust verursachten. durch konzeptionelle Neuerungen (außer der Personalmanagement eingeführt. An der bereits genannten Cronos-Datenbank vermittelte Schnittstelle mit der maschinellen In den 70er Jahren bestand die größte Sorge die in den 70er Jahren in Angriff genommene Datenverarbeitung, die bislang durch unserer Informatiker darin, mit den Sprache Osiris bereits einen Ausblick auf die zwischenmenschliche Beziehungen und durch Veränderungen der Systeme und der mit derzeitigen Tabellenkalkulationsprogramme) oder langjährige gemeinsame Erfahrungen geprägt Riesenschritten voranschreitenden durch Ad-hoc-Organisationsverfahren (aktive war, tauchten nun Informatiker auf, die wie technologischen Entwicklung Schritt zu halten. Mitarbeit in der Verwaltung der Ausrüstungen, Zauberer obskure Techniken handhabten und Übernahme von analytischen Aufgaben, später Trotz der Aufstellung von Bildschirmterminals deren Termineinhaltung nie vorhersagbar war. Entwicklung von Spezialausrüstungen). blieb die Informatik weiterhin im Wesentlichen Später wurden die Beziehungen durch die zentralisiert, mit einem sternförmig ausgelegten Einschränkung des Zugangs zum „Geräteraum“ Netz, so dass auf gewisse Weise der Aspekt noch reservierter. Hingegen herrschte bald einer „Fabrik“ für maschinelle Datenverarbeitung Aufgeschlossenheit in Wissenschaftlerkreisen, erhalten blieb. Erst mit der Entwicklung von wo die Nutzer über im Zeitteilverfahren Personalcomputern und vermaschten Netzen arbeitende Terminals — zunächst in Gestalt (Intranet/Internet) Mitte der 80er Jahre setzte einfacher Schreibmaschinen, später eine neue Ära ein, und die maschinelle Bildschirmterminals — direkt Zugang zu den Datenverarbeitung wurde in die Verliese der Geräten hatten. Hinzu kam dann noch der Geschichte verbannt. Gedanke der Datenbanken, wo anstelle systematisch erstellter Ergebnisse freier Zugriff Abgesehen von dem unglaublichen Erfolg des möglich war. Ich hatte bei Eurostat das Internets bestand jedoch die Hürde der Vergnügen, bereits frühzeitig konzeptionell und Unvereinbarkeit der Hardware weiterhin fort, praktisch in dieser Richtung zu arbeiten, unter wurde aber bald von wackeren Normierern in anderem mit dem 1970 zur Erprobung Angriff genommen. Schließlich löste der eingeführten Datenbankensystem für „Markt“ dieses Problem auf dem chronologische Serien Cronos, das trotz gewissermaßen monopolistischen Wege, der schwieriger Startbedingungen in bedeutendem zunächst von IBM mit MS-Dos und später von Maße Verbreitung fand und relativ lange Bill Gates mit Windows eingeschlagen wurde. 90 Erinnerungen Eurostats

nalcomputer und später des Internets einherging. Viele distanzierte Höflichkeit! Den nationalen Statistikäm- Statistiker warteten bereits ungeduldig darauf, sich ihr tern war vor allem daran gelegen, Eurostat aufzufor- Werkzeug auf dem Markt beschaffen zu können. dern, Überschneidungen in der Arbeit der verschiede- nen internationalen Organisationen in diesem Bereich Der Platz der Informatik innerhalb der Strukturen von zu vermeiden, aber auf gemeinsame Vorhaben ließen Eurostat blieb zwiespältig, bis 1973 Jacques Mayer bei sie sich keineswegs ein. seinem Amtsantritt die Umstrukturierung der Dienst- stellen beschloss. Vorher bestand eine Abteilung Publikationen und elektronische „Konjunkturstatistik und Informationsverarbeitung“ unter der Leitung von Marcel Mesnage und Adrien Verbreitung: Cronos! Lhomme als Verantwortlichem für Fragen der Daten- verarbeitung. Adrien Lhomme war zu Beginn der 70er Ein Werkzeug für die schnelle Verbreitung der Jahre Leiter der UDAP-Statistik (französische Abkür- Konjunkturstatistik, das automatisch aktualisiert und zung; deutsch: Dezentralisierte Abteilung für EDV- online abrufbar ist: Cronos. Die Kommissionsdienststellen Anwendungen) im Rechenzentrum. Im Rahmen des in Brüssel erwarten topaktuelle, ständig revidierte Daten, 1973 von Jacques Mayer beschlossenen Organisations- was nicht immer der Fall ist... daher mancher Frust. plans wurde im Direktionsbereich von Guy Bertaud eine Abteilung für Informationsverarbeitung einge- Der Beitritt von drei neuen Mitgliedstaaten stellte richtet. So blieb es, bis Aage Dornonville de la Cour, Europa vor ein ernstes Problem, da es jetzt Daten aus der ab 1977 Generaldirektor war, 1979 Eurostat neun statt wie bisher aus sechs Ländern und vor allem umstrukturierte und die folgenden beiden ihm direkt in zwei weiteren Sprachen (englisch und dänisch) prä- zugeordneten Abteilungen gründet: sentieren musste. Zuerst Raymond Dumas und danach — Software-Planung und Entwicklung: Marcel Mes- Jacques Mayer baten die Dienststellen um Vorschläge. nage Schließlich war abgesehen von einer kleinen, der Generaldirektion direkt unterstellten Koordinierungs- — EDV-Verwaltung: David Heath stelle jede Direktion (und fast jedes Referat) selbst verantwortlich für die Festlegung von Inhalt, Form Was die Koordinierung zwischen den NSÄ betrifft, und Produktionsverfahren der Veröffentlichungen gelang es Eurostat erst im Januar 1978, eine Tagung zur sowie für die Liste der Empfänger, die kostenlos oder Frage der Standardisierung von Dateien und zur Mög- entgeltlich Informationen erhielten. Erst 1979, im lichkeit des Informationsaustauschs zwischen Ländern, Zuge der von Aage Dornonville de la Cour beschlos- die Datenbanken verwalten, durchzuführen. Damit bot senen Umstrukturierung, wurde ein Referat (geleitet sich für Eurostat die Gelegenheit, den Informatikern von Egide Hentgen) neben vielen anderen Aufgaben der NSÄ Cronos und Osiris vorzustellen. Ergebnis — mit der Informationsverbreitung betraut. In der zwei- Erste Erweiterung und Einzug der EDV: von 1973 bis 1980 91

Cronos — Herrscher über die Titanen Von Paolo Gugliuzza ten Hälfte der 70er Jahre begann Eurostat, seine Ver- öffentlichungen ihrer Bestimmung und ihrem Inhalt In den Jahren 1970-1975 wurde die adjusted system = Saisonbereinigungssystem). nach zu klassifizieren und jeden Themenkreis mit Datenbank vom Team Marcel Mesnage für Das Datenbankverwaltungssystem enthielt einer anderen Farbe zu versehen: Violett für die allge- makroökonomische Reihen konzipiert und Daten und Programme, die zur Erstellung und meine Statistik, Grün für Landwirtschaft, Gelb für die verwirklicht: unter anderem von G. Barsottini, Aktualisierung oder zur Abfrage der Datenbank Robert Bijnens, Ovidio Croccichi, Filips Crucke, bestimmt waren. Rund 400 Cobol-, Fortran- Sozialstatistik, Rot für Außenhandel, Braun für Ver- Roger Cubitt, Patrick Ostyn und Guido Vervaat. und Pascal-Programme, das LDH (Logisches kehr usw. Allmählich setzte sich auch die Erkenntnis Dialogprogramm) und der TPMS (Verwaltung durch, wie wichtig ein für die Nutzer verständlich auf- In der Cronos-Datenbank wurden die der Datenfernverarbeitung) liefen auf dem gemachter Katalog ist. Eine ganze Reihe neuer Veröf- statistischen Daten in Form von in Gerät ICL/VME 3980. Es gab etwa 200 fentlichungen wurde konzipiert, und eingeführte Rei- bestimmten regelmäßigen Abständen (M, Q, Verfahren in SCL, der Kontrollsprache des H, J) wiederkehrenden Zeitreihen gespeichert, Systems, für das VME-Interface. hen mit hohem Bekanntheitsgrad und hoher Auflage d. h. die Datenbank enthielt eine Abfolge von wie „Eurostatistik“ und „Statistische Grundzahlen“ wur- Termen („numerischen Größen“), die die Die Abfragefunktionen waren online oder den modifiziert (siehe „Die Datenverbreitung: Ent- Entwicklung eines Indikators darstellten. zeitversetzt nutzbar, darunter die selektive wicklung und technische Revolution“). Abfrage, die Berechnung, der Generator und Die Reihen wurden mit einer aus zehn Ziffern die Ausrichtung. bestehenden Zahl gekennzeichnet, denen Die große Revolution in der Informationsverbreitung, bestimmte Parameter, wie beispielsweise Die Online-Funktionen waren Display, Explain, die sich in den 1970er Jahren vollzog, ging jedoch von gemeinsamen Nomenklaturen (Geonomenklatur Trace, Table, Compute, Save und Suppress. Ein der Informatik aus! und statistische Einheit) entnommene und in Monotoring-Tool (JOB-Monitor) ermöglichte einem Unterverzeichnis zusammengefasste die zeitversetzte Verwaltung der Funktionen. Überschriften zugeordnet wurden. Es hatte sehr wohl seinen Grund, dass Cronos zu Das Dokumentationssystem CADOS wurde Beginn der 70er Jahre durch die Abteilung „Allgemei- Die ICG (allgemeine kurzfristige Indikatoren) entwickelt, um den Nutzerzugang zu Cronos zu wurden vom SAEG A2 verwaltet, die übrigen erleichtern und die Systemverwaltung ne Statistik und Konjunkturstatistik“ (im Direktions- Bereiche (PAPI, ZPA1, ZEN1 usw.) wurden von sicherzustellen. Es hatte vier Funktionen — bereich von Vittorio Paretti) entwickelt wurde. Es Mitarbeitern des SAEG oder anderen Schlagwortsuche oder hierarchische Suche, galt, ein Instrument zur zügigen Verbreitung der Kon- Generaldirektionen bearbeitet. PDC-Information, Klassifikationsschema des junkturstatistik mit Hilfe einer elektronischen Daten- Inhalts, Filterung nach dem Neuheitswert der bank mit automatischer Aktualisierung und Online- Es gab zwei Arten: die ursprünglichen und die Daten, Titel und Übereinstimmung mit dem Zugriff zu entwickeln. Erst 1972 begann Cronos abgeleiteten Zeitreihen. Die Termen der Klassifikationsschema. abgeleiteten Reihen wurden ausgehend von Gestalt anzunehmen. Jeder wird sich an die „Cronos- den ursprünglichen Reihen berechnet mit Im Dezember 1994 hat der letzte Bögen“ erinnern: Alle Abteilungen bei Eurostat waren Hilfe von benutzerdefinierten Systemverwalter, Paolo Gugliuzza, nach 20 gehalten, die Bögen mit den Konjunkturdaten in Berechnungsformeln oder unter Nutzung der Jahren treuen Diensten die letzte Cronos- ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich handschrift- Formeln des Cronos-Systems (Bibliothek von Archivierung vorgenommen. lich auszufüllen. Das ergab einen Bogen je Serie. Berechnungsfunktionen wie SEAS; seasonally & Siehe „Cronos — Herrscher über die Titanen“ 92 Erinnerungen Eurostats

Es war eine langwierige und mühselige Arbeit, die viel die Einrichtung von Kooperationsprogrammen mit Aufmerksamkeit und Kontrollaufwand erforderte. Die Entwicklungsländern. Die Verteidigung gemeinschaftlicher Bögen wurden dann zur Kodierung ins Rechenzentrum Standpunkte wird von diesen internationalen gebracht. Diese strapaziöse, aber unerlässliche Praxis Organisationen nicht immer unterstützt. Bisweilen stellen wurde jahrelang fortgesetzt, ehe die Daten von den sich selbst Vertreter der NSÄ dagegen… absichtlich oder Ländern auf Magnetträgern geliefert wurden. Dies ist aufgrund mangelnder Koordination. die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der ersten Datenbank von Eurostat. Cronos wurde mittels der Software Osiris auch zur Datenbank für die Erar- Die internationale Zusammenarbeit von Eurostat beitung der regelmäßigen Eurostat-Publikationen. verlief in den 70er Jahren in zwei Richtungen: einer- seits aktive Mitarbeit in internationalen Organisa- Die ersten externen Nutzer dieser Datenbank waren tionen und andererseits Erarbeitung von Koopera- natürlich die Brüsseler Dienststellen der Kommissi- tionsprogrammen mit den mit der Europäischen on, auch wenn die Verbindung zwischen dem Zen- Gemeinschaft assoziierten Entwicklungsländern. tralrechner in Luxemburg und den Terminals der Generaldirektionen in Brüssel nicht immer sehr Die Zusammenarbeit mit den internationalen Organi- zuverlässig waren. Es kam nicht nur zu Schwierigkei- sationen konzentrierte sich im Wesentlichen auf die ten technischer Art. Die Nutzer erwarteten tagge- Konjunkturstatistiken der OECD, die UNO-Klassifi- naue und ständig überprüfte Daten, was nicht immer kationen, die Methodik der volkswirtschaftlichen der Fall war. Dies rief Frust in Brüssel hervor, der wie- Gesamtrechnungen und der Zahlungsbilanz (UNO derum negative Auswirkungen auf das Image von und IWF), Beschäftigungsstatistiken (IAA) und land- Eurostat bei den Nutzerdiensten in Brüssel hatte. wirtschaftliche Statistiken (FAO). Von nicht zu Gegen Ende der 70er Jahre erzeugte Cronos über unterschätzender Bedeutung war auch die Zusammen- 600 000 Serien, und externe Nutzer begannen, Inter- arbeit mit der Weltbank im Hinblick auf die Koopera- esse am Zugang zu diesen Informationen zu bekun- tionsprogramme mit den Entwicklungsländern. Die den. Später werden wir sehen, wie sich die Informa- NSÄ, insbesondere jene in den Ländern Nordeuropas, tionsverbreitung von Cronos-Datenbanken über waren sehr bedacht auf den Grundsatz der engen Euronet ab 1981 entwickelte. Koordinierung zwischen der Gemeinschaft und den von ihnen kontrollierten internationalen Organisatio- Internationale Zusammenarbeit nen — die Mitarbeiter in den statistischen Abteilun- gen dieser Organisationen waren in der Mehrzahl Die internationale Zusammenarbeit von Eurostat entwickelt angelsächsischer Herkunft, und sie forderten Eurostat sich in den 70er Jahren in zwei Richtungen: die zu mehr Aufgeschlossenheit für weltweit geführte Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen und Arbeiten auf. Erste Erweiterung und Einzug der EDV: von 1973 bis 1980 93

Dennoch spielte Eurostat weiterhin eine untergeord- dern Projekte finanziert werden können. Verantwort- nete Rolle, denn die von der Gemeinschaft vertrete- lich für diese Tätigkeit war die Abteilung von Alber- nen Positionen fanden als solche nicht immer die to De Michelis in der Direktion von Silvio Ronchet- Anerkennung dieser internationalen Organisationen ti. Mit der Verwaltung der afrikanischen Projekte war — außer wenn es darum ging, bestimmte Projekte von Daniel Byk betraut. der Europäischen Kommission finanzieren zu lassen! Mitunter wurden sie von den Vertretern der NSÄ boy- Wir haben bereits gesehen, dass Eurostat mit dem kottiert, die dazu neigten, sich von der UNO das wie- INSEE und dem deutschen Ministerium für Entwick- der zu holen, was sie zuvor in den Arbeitsgruppen von lungshilfe die Gründung von zwei Zentren für Aus- Eurostat zugestehen mussten. Diese Politik wurde von bildung unterstützt hatte: das CESD in Paris (1962) manchen NSÄ bewusst betrieben, um Beschlüsse zu und die CDG in München (Carl Duisberg Gesell- Seminar über verzögern und Gemeinschaftspositionen zu schwächen, schaft — Fortbildungszentrum München). In den Kaufkraftparitäten, im Falle anderer NSÄ mangelte es einfach an Koordi- 70er Jahren beruhte die Politik der Gemeinschaft auf Yaoundé (Afrika) nierung oder interner Kommunikation, was dazu führ- dem Transfer der Basisausbildung (Ebene der im Dezember 1980. te, dass zu ein und demselben Thema verschiedene Diplom-Statistiker) in Afrika. Eurostat und vor Positionen bezogen wurden. Es kommt bis heute noch allem das INSEE und das Ministerium für Zusam- nicht selten vor, dass der an den Tagungen der menarbeit in Frankreich förderten auf Betreiben des Gemeinschaft teilnehmende Fachmann eines natio- Teams von Jean-Pierre Behmoiras, Yves Franchet nalen Statistikamtes seine Positionen nicht mit den und Gérard Winter die Entwicklung von Ausbil- Verantwortlichen für internationale Verbindungen dungszyklen für Diplom-Statistiker (Stufe zwei) in abgestimmt hat, die an UNO- oder OECD-Tagungen bestehenden Bildungseinrichtungen sowie die teilnahmen. Errichtung neuer Zentren in afrikanischen Ländern. Somit nahmen die 1960 in Abidjan gegründete Sta- Eurostat erarbeitete ein umfangreiches Programm für tistikschule zur Ausbildung von Fachleuten für die Zusammenarbeit mit den Statistikämtern der Statistik und das Internationale Statistik-Ausbil- assoziierten Länder (Afrika, karibischer Raum und dungszentrum in Jaunde ab 1977 die Ausbildung von Pazifischer Ozean), zunächst im Rahmen des Diplom-Statistikern auf. Auch die Einrichtung eines Abkommens von Jaunde und später des Abkommens neuen Ausbildungszentrums in Kigali (Ruanda) — von Lomé. Es bestehen sehr gute Verbindungen zur des Afrikanisch-Mauritianischen Instituts für Ange- Generaldirektion Entwicklung, die auch beträchtli- wandte Statistik (IAMSEA) —, mit dessen Aufbau che Mittel für die Statistik bereitstellt. Eurostat 1976 begonnen wurde, ging auf Eurostat zurück. bewirkte, dass in das Lomé-Abkommen Haushaltsli- nien für Statistik aufgenommen wurden (Bereich In den anglophonen Ländern Afrikas waren die Uni- „Statistik“), auf deren Grundlage in zahlreichen Län- versitäten für Fragen der Ausbildung zuständig. Diese 94 Erinnerungen Eurostats

waren an der Wahrung ihrer Unabhängigkeit inter- in den Ländern des CILSS (Comité permanent inter- essiert und betrachteten jede Zusammenarbeit, bei États de lutte contre la sécheresse dans le Sahel) und der die Gefahr der Überschneidung mit ihren eige- der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afri- nen Vorhaben bestand, mit Misstrauen. Der Versuch ka (SADC) (Southern African Development Com- der Gründung eines Instituts für Statistikausbildung munity), sowie in Tansania scheiterte. Zudem war die Zusammenar- • Preisstatistiken im Rahmen des internationalen beit zwischen Eurostat und der Abteilung für statisti- Vergleichsprogramms (PCI-Afrique). sche Zusammenarbeit in Großbritannien weniger entwickelt als mit den entsprechenden Dienststellen in Frankreich. So entstand der Eindruck, dass Die Beziehungen zu den NSÄ Eurostat die frankophonen Länder Afrikas den ang- lophonen Ländern vorzog. Die Entwicklungszusam- Die Leiter der NSÄ weisen auf die Gefahren einer menarbeit des Vereinigten Königreichs und der ang- wachsenden Zahl von sektoriellen Koordinationsaus- lophonen Länder vollzog sich eher über die UNO schüssen hin, die Entscheidungen ohne ihre Zustimmung und die Weltbank als über die Europäische Gemein- voranbringen wollen. Allgemein bestimmen zwei schaft. Hingegen hatten Frankreich und die franko- brandaktuelle Themen das Bild: die statistische phonen Länder längere Traditionen der Zusammen- Geheimhaltung und die Saisonbereinigung. arbeit mit Eurostat und der Europäischen Kommissi- on (Generaldirektion für Entwicklung). Die Arbeitsbeziehungen mit den NSÄ lassen sich anhand der Debatten verfolgen, die zweimal jährlich Ferner wurden von Eurostat in Zusammenarbeit mit auf den Konferenzen der Leiter der NSÄ stattfinden einigen Mitgliedstaaten in mehreren afrikanischen — im Frühjahr in einem Mitgliedsland und im Ländern technische Hilfsprojekte errichtet. Diese Pro- November in den Räumen der Kommission in Brüssel gramme bezogen sich vor allem auf folgende Bereiche: oder Luxemburg. Darüber hinaus bestehen zahlreiche • Außenhandelsstatistiken im Rahmen des Systems Ausschüsse und Arbeitsgruppen, zu denen sich all- zur Stabilisierung der Ausfuhrerlöse der assoziier- wöchentlich zahlreiche Statistiker aus den einzelnen ten Länder (Stabex) sowie ein stärker auf die Eco- Ländern einfinden. Für die am weitesten vom was-Länder (Westafrikanische Wirtschaftsgemein- Großherzogtum Luxemburg entfernten Länder und schaft) ausgerichtetes Projekt, die mit den wenigsten Statistikfachleuten war es recht schwierig, Vertreter für alle Arbeitsgruppen zu stellen. • landwirtschaftliche Statistiken im Rahmen der Der Leiter des CSO Irland, Thomas Linehan, sagte von der Generaldirektion für Entwicklung in Afri- humorvoll aber nicht ohne Grund, dass der Flugplatz ka entwickelten Ernährungsstrategie, insbesondere von Luxemburg als Ort genutzt werde, wo sich ankom- Erste Erweiterung und Einzug der EDV: von 1973 bis 1980 95

mende und abreisende CSO-Statistiker verabreden Eurostat. Jedes Mal, wenn Eurostat eine Statistik über und Nachrichten austauschen. die gesamte Gemeinschaft erzeugen sollte und gezwun- gen war, Daten aus Ländern zu bewerten, die sich aus Im November 1974 beriet die Amtsleiterkonferenz Gründen der Vertraulichkeit weigerten, die richtigen über den Charakter und die Rolle der Ausschüsse und Statistiken zu übermitteln, kam dieses Thema wieder der Arbeitsgruppen sowie die Verantwortung der auf den Tisch. 1975 betraute Eurostat einen französi- nationalen Delegierten. Die Leiter der nationalen Sta- schen Experten, Gérard Ader, mit einer Untersuchung tistischen Ämter verwiesen auf die Risiken im Zusam- zu den Problemen der Vertraulichkeit von Unterneh- menhang mit der Zunahme der Zahl sektorieller Koor- mensstatistiken. Zum gleichen Zeitpunkt beauftragte dinierungsausschüsse, die dazu führen könnte, dass das Europäische Parlament einen internen Ausschuss, ohne die Zustimmung der Generaldirektoren die Probleme des Schutzes von Personendaten zu prü- Beschlüsse gefasst werden, beispielsweise bezüglich der fen. Die Leiter der nationalen Statistischen Ämter Regeln, nach denen diese Ausschüsse arbeiten, und waren besorgt hinsichtlich der Folgen, die eine solche der Vollmachten ihrer Vertreter. Untersuchung auf ihre Einrichtungen haben könnte, und beauftragten Eurostat, darauf zu achten, dass die Ein strittiger Punkt in den Beziehungen zu den natio- Interessen der Statistikämter vom Europäischen Parla- nalen Statistikämtern war seit langem schon die stati- ment berücksichtigt werden. stische Geheimhaltung. Die Debatten, die seit Grün- dung der EGKS zwischen Eurostat und den NSÄ zu die- Der „Ader-Bericht“ wurde der Amtsleiterkonferenz im sem Thema stattgefunden haben, können in den Proto- Mai 1976 in Wiesbaden vorgelegt. Es kam zu einer kollen der Amtsleiterkonferenzen nachgelesen werden. langen und lebhaften Aussprache; vor allem zu dem Seinerzeit ging es um das Problem, ob das Statistische Punkt, in dem es um die Mitteilung vertraulicher Amt den nationalen Statistikämtern die Basisinforma- Daten an Eurostat ging. Es ging immer um die gleiche (1) Artikel 213 wurde im tionen zur Verfügung stellen sollte, die direkt bei der Sorge: Eurostat könnte gezwungen werden, diese konsolidierten Vertrag von 1999 durch Artikel 284 Eisen- und Stahlindustrie eingeholt wurden. Wir haben Daten an andere Kommissionsdienststellen weiterzu- ersetzt: „Zur Erfüllung der ja noch in Erinnerung, dass das Statistische Amt zur geben..., auch wenn der Juristische Dienst der Kom- ihr übertragenen Aufgaben Zeit der Montanunion direkt bei den Unternehmen der mission auf der Tagung versicherte, dass dies nicht der kann die Kommission alle Mitgliedstaaten statistische Erhebungen durchführen Fall sein würde. Die Leiter der NSÄ räumten ein, dass erforderlichen Auskünfte einholen und alle konnte, ohne über die NSÄ zu gehen. Seit jedoch mit man hier weiterkommen müsste, zogen sich aber mit erforderlichen dem Vertrag von Rom, Artikel 213 (1), im Jahr 1958 dem Beschluss aus der Affäre, eine Arbeitsgruppe mit Nachprüfungen vornehmen; und mit der Erweiterung der Kompetenzen der Europäi- einem noch während der Sitzung beschlossenen kon- der Rahmen und die nähere schen Gemeinschaft eine grundsätzliche Änderung der kreten Mandat einzusetzen, die den „Ader-Bericht“ Maßgabe hierfür werden vom Rat gemäß den Organisation erfolgte, stellte sich das Problem der prüfen und auf einer der nächsten Konferenzen Vor- Bestimmungen dieses Übertragung vertraulicher Daten aus den NSÄ an schläge unterbreiten sollte. Die Arbeit dieser Arbeits- Vertrags festgelegt“. 96 Erinnerungen Eurostats

gruppe endete tatsächlich erst sehr viel später, näm- Eurostat organisiert, bei denen immer prächtige Stim- lich Ende der 80er Jahre. mung herrschte. Als großartiger Unterhalter, hervor- ragender Pianist und Amateurdichter mit viel Humor Ein weiterer strittiger Punkt in den Beziehungen mit tat sich anlässlich dieser geselligen Abende der Amts- den nationalen Statistikämtern war die Saisonbereini- leiter vor allem der Leiter des irischen CSO, Thomas gung der Daten, die auf Gemeinschaftsebene genutzt Linehan, hervor. wurden. Nach Auffassung von Eurostat müssten alle & Siehe Gedichte mit den Titeln Information for the nation, Mitgliedsländer zur Korrektur der saisonabhängigen Statistics, A respondent Variablen eine gemeinsame Methode anwenden, während die meisten NSÄ aufgrund der unterschiedli- Geselligkeit war nicht allein den Leitern der NSÄ vor- Das Jean Monnet-Gebäude chen nationalen Strukturen für die Anwendung behalten. Wenn die Arbeitsgruppe mit Delegierten aus in Luxemburg, unterschiedlicher Methoden plädierten. Eurostat allen Ländern in Luxemburg tagte, hatte der Eurostat- der Sitz Eurostats hatte das Programm DAINTIES verabschiedet und in Beamte, der den Vorsitz führte, zwei Aufgaben. In erster bis 1998. die Cronos-Datenbank integriert, so dass mit der glei- Linie sollte er natürlich die Sitzung leiten, dann aber chen Methode saisonunabhängige Reihen erzeugt auch das Abendessen in einem Restaurant an der Mosel werden konnten. Die so von Eurostat erarbeiteten (zwischen Luxemburg und Deutschland) organisieren, Daten wurden in der monatlichen Publikation Der- wo es köstlichen Moselfisch gab, kleine gebackene niers chiffres veröffentlicht. Einigen nationalen Statis- Zuchtbarsche. Andere zogen die Brasserie Mansfeld im tikämtern gefiel das gar nicht, und sie warfen Eurostat Luxemburger Stadtteil „Grund“ vor. Beim Abendessen vor, von den auf nationaler Ebene veröffentlichten bot sich die Gelegenheit, in freundschaftlicher Atmos- Reihen abweichende Daten herauszubringen. 1975 phäre Unstimmigkeiten auszuräumen, die tagsüber in wurde die Einsetzung einer Arbeitsgruppe beschlossen, der Sitzung aufgekommen waren. Oft fiel es am zweiten um die Kriterien und Ziele der saisonbedingten Sitzungstag sehr viel leichter, Entscheidungen zu tref- Schwankungen und die Möglichkeit der Anwendung fen, nachdem sie am Abend zuvor bei einem Glas einer gemeinsamen Methode für jede Familie der Moselwein oder einem (zwei, drei...) Luxemburger Bier Zahlenreihen zu prüfen. 25 Jahre später ging es immer ausgebrütet worden waren. noch um den gleichen Punkt...

In den Beziehungen zwischen Eurostat und den natio- Umzug ins Jean Monnet-Gebäude und nalen Statistikämtern gab es aber nicht nur Reibungs- das soziale Leben punkte. Gemäß der bis zum heutigen Tage bestehen- den Tradition wurde im Rahmen der Konferenz der Zwischen 1976 und 1977 werden alle Dienste von Eurostat Leiter der NSÄ ein gemeinsames Abendessen vom in das Jean Monnet-Gebäude zusammengeführt. Von außen jeweiligen Austragungsland und ein weiteres von gesehen: ein Wunder! Doch innen ist es extrem heiß im Erste Erweiterung und Einzug der EDV: von 1973 bis 1980 97

Sommer und kalt im Winter. Da ist das Klima der Information for the nation A respondent zwischenmenschlichen Beziehungen schon besser: Alle Beamten von Eurostat, die in andere Generaldirektionen Information for the nation! I am an „observation“, gegangen sind, erkennen an, dass bei Eurostat die That in short is our vocation. I was captured in the field. Kontakte zwischen den Kollegen aller Hierarchiestufen viel If others have the facts we need, My conscience said „co-operate“, entspannter sind als anderswo. Then give us access too, we plead. My instinct said „don't yield“.

But I yielded up my data. Anfang 1975 waren die Dienststellen von Eurostat As for confidentiality, Now behold my sorry plight, seit mehr als vier Jahren auf zwei Gebäude verteilt. We give a steadfast guarantee I am just a poor statistic Während der Generaldirektor und die meisten Direk- To protect with strict propriety. Who no more has any right. tionen (A bis E) im Hochhaus (Bâtiment Tour) auf We offer this with pride. dem Kirchberg, einem der beiden Gebäude des The individuality The Bootstrap and the Jackknife, Europäischen Parlaments (neben dem benachbarten Of each and every entity Oh the tortures I've endured! Schumann-Gebäude) untergebracht waren, befanden Is grouped with other company. Stochastic asymptosis sich die Büros der Direktion F von Silvio Ronchetti Its identity we hide. (Be advised — do not be lured) in einem kleinen Gebäude im Val des bons malades. Seasonal analysis Der Kirchberg war damals erst wenig bebaut, und das We publish? — Yes — in aggregate. To isolate my trend. Val des bons malades lag noch auf dem Lande. Ganz This does some users irritate Eurostat blickte sehnsüchtig auf das neue Gebäude, We do our best to mitigate Factorial paralysis das die luxemburgische Regierung in unmittelbarer The impact of our rule. Near brought me to my end. Nähe der Europäischen Investitionsbank und des They analyse my variance, Europäischen Gerichtshofs errichten ließ, linker Apart from this protectiveness, Logarithmetise my means, Hand der Autobahn, die die Stadt Luxemburg mit We practice no selectiveness. Inspect my correlations, dem Flughafen verbindet, gleich hinter der Großher- Our aim is user friendliness, And then range twixt both extremes. zogin-Charlotte-Brücke. Der erste Spatenstich für das Our goal — a data pool. künftige Jean Monnet-Gebäude, in dem alle Luxem- But I have a plan to beat them, I'll climb up into the trees, burger Dienststellen der Kommission untergebracht Statistics werden sollten, wurde am 9. Mai 1974 gesetzt, dem Pretend I am a chi-square, And get freedom by degrees. Jahrestag der Erklärung von Robert Schuman. Eine Though we don’t know what we measure, Fußgängerbrücke über die Autobahn verband das We publish it with pleasure, Hochhaus mit dem Gelände, auf dem die neuen And we hide our mortal terror (Statistische Gedichte von Thomas Linehan, Leiter des Gebäude der europäischen Institutionen (Kommissi- Of a quite substantial error. Central Statistics Office, Irland von 1967 bis 2001) on, Gerichtshof, Investitionsbank) standen und auch die Hotelkette Holiday Inn ein Haus eröffnet hatte. 98 Erinnerungen Eurostats

Eurostat pflegt die Kollegialität… und die Tradition des Feierns.

In der Mittagspause überquerten die Eurostat-Beam- ten sich alle auf die schönsten Büros, keiner wollte ten aus dem Hochhaus die Fußgängerbrücke, um das auf den Innenhof blicken. Zu den angenehmen rundum verglaste, modern gestaltete Gebäude zu Überraschungen gehörten die langen, mit gelben besichtigen, das da emporwuchs und für die Dienst- Schränken ausgestatteten Flure. Die freundliche stellen der Kommission vorgesehen war. Zwischen Farbe überstrahlte das Grau unseres alten Mobiliars. 1976 und 1977, nach Fertigstellung der ersten beiden Gebäuderinge, wurden alle Eurostat-Dienststellen im Leider war die Entdeckung des Jean Monnet-Gebäu- „Jean Monnet“ zusammengefasst. Von außen bot es des kein ungetrübtes Vergnügen. Im Sommer heizte einen wunderbaren Anblick! Die Eurostat-Beamten sich das rundum verglaste Gebäude stark auf, und im waren sehr stolz auf ihr neues Domizil. Erstmals seit Winter wurde es sehr kalt. An heißen Sommertagen Gründung der europäischen Institutionen 1958 (die es entgegen anderslautenden Gerüchten in arbeiteten sie alle unter einem Dach. Natürlich stürz- Luxemburg durchaus gibt) waren die nach Süden Erste Erweiterung und Einzug der EDV: von 1973 bis 1980 99

gelegenen Büros stundenweise nicht benutzbar: mit den anderen Generaldirektionen der Kommission in 50 Grad wurden sie zur Sauna. Den Beamten blieb Brüssel unterscheidet. Unter den Kollegen herrscht nichts anderes übrig, als ihr Büro zu verlassen und in auch während der Arbeitszeit durchweg eine freund- einem anderen Büro oder zu Hause zu arbeiten. Im schaftliche Atmosphäre ohne hierarchische oder Winter musste die Verwaltung in den nach Norden fachliche Abgrenzungen. Man konnte und kann gelegenen Büros zusätzliche Heizgeräte aufstellen. auch heute noch ohne weiteres an seinen Vorgesetz- Nicht selten brachten Beamte selbst einen Heiz- ten, Abteilungsleiter oder Direktor herantreten und strahler mit oder arbeiteten im Mantel bei Tempera- Arbeitsprobleme mit ihm besprechen. Alle Eurostat- turen von 10 bis 12 Grad. Beamten, die in andere Generaldirektionen nach Brüssel gewechselt sind, haben festgestellt, dass Kon- Kurzum, das schöne „Jean Monnet“ hatte seine Män- takte unter den verschiedenen Kollegen aus allen Bereichen bei Eurostat sehr viel einfacher herzustel- Weihnachtsfeier 1973. gel. Doch ansonsten war alles nahezu perfekt. Große Eurostat ist stolz, Sitzungsräume waren in ausreichender Zahl vorhan- len waren und sind als anderswo. Die freundschaftli- hierarchische oder den, die Kantine funktionierte gut, die BIL (Banque che Atmosphäre hat auch die Kontakte außerhalb rangbezogene Internationale à Luxembourg) eröffnete eine Zweig- der Arbeitsstunden gefördert. Kollegen freundeten Ausgrenzungen stets sich an und trafen sich nach Feierabend, um Tennis vermieden zu haben. stelle im Jean Monnet-Gebäude, ebenso die Post, Eine gute Gewohnheit, die und dazu gab es einen Zeitungsladen, der von einem oder Bridge zu spielen, gemeinsam ins Theater oder auch heute gilt. freundlichen Herrn betrieben wurde, den nur leider ins Kino zu gehen oder in den luxemburgischen Wäl- niemand verstand. Am meisten geschätzt wurde aber dern oder an der Mosel zu wandern. das Schwimmbad im zweiten Untergeschoss des Gebäudes, das die Beamten „außerhalb der Dienst- Das Luxemburger Leben zeigte sich von seiner besten stunden“, wie es auf einem Hinweisschild am Ein- Seite, zumal die Stadt Luxemburg unablässig weiter gang hieß, benutzen konnten. David Heath war einer wuchs. In der Innenstadt hielten anspruchsvolle, um der eifrigsten „Statistik-Sportler“. Als Anfang der nicht zu sagen luxuriöse Geschäfte Einzug. Man 80er Jahre nur wenige hundert Meter vom Jean Mon- brauchte nicht mehr nach Belgien, Deutschland oder net-Gebäude das neue Olympiaschwimmbad eröffnet Frankreich zu fahren, um sich anständig einzuklei- wurde, geriet das hauseigene Schwimmbad allerdings den, um Möbel zu kaufen oder die neuesten Techno- in Vergessenheit. logieprodukte, die langsam auf den Markt kamen.

Wir haben bereits gesehen, dass die „alten Luxem- Nur im Beruflichen ging es bergab. Das Klima bei burger“ aus der Zeit der EGKS die Eurostat-Beamten, Eurostat verschlechterte sich, und Anfang der 80er die aus Brüssel kamen, gut aufgenommen und ihnen Jahre begann eine schwierige Zeit. damit das soziale Leben erleichtert haben. Dabei ist auf eine Besonderheit hinzuweisen, die Eurostat von Die schwierigen Jahre

Anfang der 80er Jahre scheint Europa der Atem auszugehen.

Schwierige Momente für Eurostat: geschwächte Position innerhalb der Kommission, Ungewissheit über die weitere Führung des Amtes. Doch jede Schwäche ist eine Stärke: das Europäische Parlament interessiert sich für die europäische Statistik, Eurostats Führungskräfte entwickeln ein Solidaritätsgefühl.

Die Arbeit an den Statistischen Programmen wird fortgesetzt. Neuerungen: abgeordnete nationale Beamte bringen frischen Wind ins Haus; größeres Publikum für die Informationsverbreitung; die Revolution der Mikroinformatik. 1981>1985 von 1981 bis 1985

Von der Thorn- zur Michael O'Kennedy noch sein Nachfolger ließen sich Delors-Kommission jemals bei Eurostat blicken, um mit dem Generaldi- rektor oder seinen Mitarbeitern zu reden. Mitte 1982 wurde Kommissar O'Kennedy durch seinen Lands- Den Entscheidungen, die der Europäische Rat Anfang der mann Richard Burke ersetzt, der für die gleichen Res- 80er Jahre trifft, mangelt es an Elan und Perspektive. sorts einschließlich Eurostat zuständig war. Neuen Schwung bringen die neue Kommission unter Jacques Delors 1985 und der Beitritt Spaniens und Portugals 1986. 1985 wird Eurostat erneut dem Am 1. Januar 1981 wurde Griechenland als zehntes Zuständigkeitsbereich des Kommissars für Wirtschaftliche Mitglied in die Europäische Gemeinschaft aufgenom- Angelegenheiten unterstellt. men. In Frankreich änderten sich infolge der Präsi- dentschafts- und Parlamentswahlen die politischen Verhältnisse mit dem Amtsantritt von François Mit- Im Januar 1981 wurde die Jenkins-Kommission von terand und den Sozialisten. Anfang der 80er Jahre der Thorn-Kommission abgelöst. Der Luxemburger wurde auch in den Niederlanden, in Irland, Däne- Gaston Thorn organisierte die neue Kommission und mark, Griechenland, Deutschland, dem Vereinigten wies jedem Kommissar seinen Zuständigkeitsbereich Königreich und Italien gewählt. Im Januar 1981 wird Griechenland als zehntes Mitglied in die Europäische Gemeinschaft aufgenommen. zu. Nach einigem nebulösen Hin und Her wurde Eurostat dem Iren Michael O'Kennedy unterstellt, der außerdem zuständig war für „Personal und Verwal- Europa kam nur sehr langsam voran. Wenn man sich tung; Übersetzungsdienst und Dolmetscher-Konfe- ansieht, welche Beschlüsse die Europäischen Räte in renzdienst; Amt für amtliche Veröffentlichungen“. diesen Jahren gefasst haben und welche Themen auf Das hatte einen einfachen Grund: alle vorwiegend in ihrer Tagesordnung standen, wird deutlich, dass es Luxemburg ansässigen Dienststellen wurden demsel- ihnen an Ausdauer und Perspektive fehlte. Man ben Kommissar unterstellt, um den Kontakt zwischen bemühte sich, in unwesentlichen Punkten Einigkeit der politischen Ebene und diesen Dienststellen zu zu erzielen, und selbst das gelang teilweise nur unter erleichtern. Eurostat half das überhaupt nicht. Weder Schwierigkeiten. Die Mitgliedstaaten stritten weiter 102 Erinnerungen Eurostats

über den Gemeinschaftshaushalt und die Modalitäten des Binnenmarktes 1993 führen sollte. In der Delors- der britischen Beitragssenkung, über den Umfang der Kommission wurde Eurostat Anfang 1985 dem Deut- gemeinsamen Agrarpolitik, die immer noch drei Vier- schen unterstellt, der für „Wirtschaft“, tel des Gemeinschaftshaushalts beanspruchte, und „Beschäftigung“ und „Kredit und Investitionen“ über ein gemeinsames Forschungs- und Entwicklungs- zuständig war und damit über ein wichtiges kohären- programm im Bereich der Informationstechnologien tes Portefeuille verfügte. Eurostat kehrte in das Wirt- (Esprit), das im Februar 1984 endlich beschlossen schaftsressort zurück, wobei es bis heute, 2003, geblie- wurde. Kurzum, das politische Klima war nicht beson- ben ist. ders günstig. Im Juni 1985 stimmte der Rat dem Beitritt zweier Es gab nur wenige Versuche, Europa aus der Erstarrung Staaten zur Gemeinschaft zu: Spanien und Portugal zu lösen. Über den Plan für eine europäische Akte wurden am 1. Januar 1986 Vollmitglieder. (Genscher-Colombo-Plan) zur Verbesserung der insti- tutionellen Mechanismen wurde 1981 in Den Haag beraten, ohne weiterverfolgt zu werden. Der Entwurf Eurostats Organisation von 1981 für einen Vertrag über die Europäische Union wurde bis 1985: drei Generaldirektoren 1983 von dem italienischen Europaabgeordneten Altiero Spinelli vorgelegt und 1984 vom Europäi- 1981 erlebt Eurostat seine schwächste Zeit; es wird zu schen Parlament angenommen (die Prämissen für einem Fremdkörper innerhalb der Kommission. Das Gerücht Maastricht). Der Europäische Rat fasste den geht um, die Kommission prüfe die Zersprengung von Beschluss, die Rolle des Ecu und das europäische Eurostat in verschiedene Dienste, die in die politischen Währungssystem zu stärken (Dublin 1984). Generaldirektionen in Brüssel eingegliedert werden sollen. Die luxemburgische Regierung stellt sich vehement Erst 1985, nach dem Amtsantritt der neuen Kommis- dagegen. Das Europäische Parlament empfiehlt, dass keine sion unter ihrem Präsidenten Jacques Delors, konnte versprengten statistischen Dienste in den anderen Europa unter dem Einfluss Frankreichs und Deutsch- lands und mit der Unterstützung der alten Mitglied- Institutionen eingerichtet werden. Noch wichtiger: das staaten wieder an Stärke gewinnen. Es folgten Ent- Parlament möchte in Zukunft zu jedem neuen statistischen scheidungen über die Stärkung der Währungszusam- Programm gehört werden. menarbeit und vor allem die Unterzeichnung der Ein- heitlichen Akte, die im Dezember 1985 auf dem Gip- Umstrukturierung 1983: Schaffung einer Direktion für fel in Luxemburg beschlossen und im Februar 1986 in Verbreitung und statistische Information; Einrichtung des Den Haag unterzeichnet wurde und die zur Schaffung ersten „Data Shops“. Die ersten abgesandten nationalen Die schwierigen Jahre: von 1981 bis 1985 103

Experten lernen die Mechanismen der Nach langem Konflikt mit dem Generaldirektor ver- Gemeinschaftsstatistik verstehen und bringen ließ Helmut Schumacher 1981 Eurostat. Die Leitung Die verschiedenen neue Ideen ein. der Direktion D übernahm Jean Darragon in Vertre- Statistikbereiche verteilen tung. Auch Marcel Mesnage, der das Referat Soft- sich auf fünf Direktionen Anfang 1981 hatten die Empfehlungen des Spieren- wareentwicklung geleitet hatte, verließ Eurostat und burg-Berichts, die bereits angesprochen wurden, wechselte in die Generaldirektion Verwaltung, die für Direktion A schwerwiegende Konsequenzen für Eurostat: Es verlor die Informationssysteme der Kommission zuständig Allgemeine Wirtschaftsstatistik: Piero Erba eine Direktion (fünf statt sechs) und sechs Referate war. Direktion B Bevölkerungs- und Sozialstatistik: (1978: 23 Referate, 1981: 17). Eurostat wurde immer David Harris noch von Aage Dornonville de la Cour mit seinem Nach einer Reihe von Konflikten mit seinen nächsten Mitarbeitern und dem für Eurostat zuständigen Kom- Direktion C Berater George W. Clarke geleitet. Nach der Berufung Industrie-, Verkehrs- und Dienstleistungsstatistik: von Niels Ahrendt zum Leiter des Referats für die missar wurde Aage Dornonville de la Cour zunehmend Joseph Nols Industriekonjunktur war die Stelle des Assistenten geschwächt, wodurch sich auch die Position von Direktion D vakant. Die beiden Dienststellen, die für die Konzep- Eurostat innerhalb der Kommission verschlechterte. Statistik der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und tion und Entwicklung von Software (Marcel Mesna- Durch Anwendung von Artikel 50 Beamtenstatut ver- Fischerei, Energiestatistik: Helmut Schumacher ge) und für die Verwaltung von Informationssystemen suchte die Kommission, die Zusammenarbeit mit Aage Direktion E (David Heath) zuständig waren, wurden der General- Dornonville de la Cour zu beenden. Indem er vor dem Statistik des Außenhandels, der AKP-Staaten und der dritten Länder: Silvio Ronchetti direktion direkt unterstellt. Gericht erster Instanz immer wieder in Berufung ging, & Siehe „Die verschiedenen Statistikbereiche verteilen sich gelang es ihm jedoch, die Beendigung seines Arbeits- auf fünf Direktionen“ verhältnisses hinauszuzögern, bis er Ende 1982 im Alter von 65 Jahren in Pension gehen konnte. Mit dem von Jean-Claude Liausu geleiteten Verbin- dungsbüro hatte Eurostat in Brüssel noch eine kleine 1981, als Eurostat am Tiefpunkt angelangt war, ging Kontaktstelle zu den Dienststellen der Kommission. das Gerücht um, die Kommission wolle Eurostat mög- Weiter ist dem Organisationsplan zu entnehmen, dass licherweise in mehrere Dienststellen (Referate oder die Zahl der Berater der Direktoren erheblich anstieg Direktionen) spalten, die den politischen Generaldi- und dass es jetzt innerhalb der Referate Abteilungslei- rektionen in Brüssel angegliedert werden sollten: die ter gab. Dabei handelte es sich vorwiegend um ehe- makroökonomische Statistik der Generaldirektion für malige Referatsleiter, die hier eine neue Aufgabe fan- Wirtschaft und Soziales, die Landwirtschaftsstatistik den (Jean Petre, Joachim Wedel, Wil van der Weer- der Generaldirektion für Landwirtschaft usw. Zwar fin- den, Cleto Simeoni), nachdem aufgrund des Spieren- det sich nirgends ein schriftlicher Hinweis darauf, burg-Berichts mehrere Referate abgeschafft worden doch damals geisterte diese Vorstellung durch alle waren. Köpfe. Die Garantie für den Erhalt von Eurostat und 104 Erinnerungen Eurostats

seinen Verbleib in Luxemburg kam letztlich dadurch Eurostat hatten. Vor allem empfahl das Europäische zustande, dass sich die luxemburgische Regierung Parlament, die anderen Institutionen von der Einrich- einem möglichen Umzug von Eurostat nach Brüssel tung eigener statistischer Dienste abzuhalten sowie vehement widersetzte. Eine kleine Gruppe von Beam- allen Institutionen Zugang zum Statistischen Amt zu ten stellte Überlegungen an, ob es nicht sinnvoller sei, gewähren, und zwar zu den gleichen Bedingungen, wie Eurostat der gemeinsamen Verantwortung von Kom- sie die Kommission hatte. Tatsächlich waren im mission, Parlament und Rat zu unterstellen und ihm Europäischen Parlament, im Wirtschafts- und Sozial- einen interinstitutionellen Status zu verleihen, ver- ausschuss und beim Rechnungshof erste „Statistikzel- gleichbar dem Amt für amtliche Veröffentlichungen. len“ entstanden. Noch wichtiger aber war der zweite Dabei ging es ihnen angesichts des schwindenden Punkt: das Europäische Parlament forderte, künftig zu Interesses der Kommission an Eurostat und seiner jedem neuen Statistikprogramm konsultiert zu wer- Arbeit vor allem um die Einbeziehung des Parlaments. den. Es wies darauf hin, dass es in der Vergangenheit Pieter de Geus, Der Abgeordnete Robert Glinne wurde mit der Ange- nur über die Arbeit des Statistischen Amtes informiert Generaldirektor legenheit befasst. Im Namen der sozialistischen Frak- worden sei. Dies war der Beginn neuer Beziehungen von 1982 bis 1984. tion legte er dem Parlament eine Entschließung vor, in zwischen Eurostat und dem Parlament, das im Laufe der er für die Umwandlung des SAEG (Eurostat) in der Zeit in den Haushaltsentscheidungen zu einer eine interinstitutionelle Einrichtung plädierte, die mit Stütze des Statistischen Amtes geworden ist. den notwendigen Mitteln für die Fortführung und die Entwicklung der europäischen Statistik ausgestattet Als Aage Dornonville de la Cour Ende 1982 in Pensi- und von den Institutionen der Gemeinschaft gemein- on ging, übernahm der Niederländer Pieter de Geus sam verwaltet werden sollte. dessen Posten. Unter Statistikern war Pieter de Geus noch ein Unbekannter, aber er hatte einen guten Ruf Das Parlament beauftragte eines seiner Mitglieder, den als Manager. Er war einige Monate Verteidigungsmini- britischen Konservativen Newton Dunn, einen ster in einer niederländischen Übergangsregierung Bericht über den Status von Eurostat zu erarbeiten. gewesen, und dann wurde in einer internationalen Der Bericht wurde auf der Plenartagung des Parla- Institution nach einem Posten für ihn gesucht. Nach ments im September 1982 angenommen. Darin hieß mehreren Monaten im Kabinett des niederländischen es, Eurostat müsse als Verwaltungseinheit innerhalb Kommissars Karl Heinz Narjes wurde Pieter de Geus der Kommission erhalten bleiben, und die Zusammen- im Dezember 1982 Generaldirektor von Eurostat. arbeit mit den anderen Institutionen und insbesonde- re mit dem Parlament müsse ausgebaut werden. In der Bei seinem Amtsantritt fand Pieter de Geus große Entschließung wurden zwei weitere Punkte angeführt, Lücken in der Organisation von Eurostat vor. Der seit die erhebliche Auswirkungen auf die Tätigkeit von dem Ausscheiden von Helmut Schumacher vakante Die schwierigen Jahre: von 1981 bis 1985 105

Posten des Direktors war immer noch frei und ebenso mehrere Referatsleiterstellen. Dank seiner persönli- Eurostat-Organisationsplan 1983 — Direktionen und Referate chen Kontakte zur Kommission gelang es Pieter de Geus, einige der freien Stellen zu besetzen. Den Direktion A — Verarbeitung und Verbreitung Direktion D — Energie- und Industriestatistik Posten des Direktors übernahm ein Neuling, der Grie- statistischer Informationen: Joseph Nols Photis Nanopoulos che Photis Nanopoulos. Wir erinnern uns, dass Grie- — Informationsverarbeitung (David Heath) — Energie (Jean Darragon) chenland 1981 zehntes Mitglied der Gemeinschaft geworden war. — Informationsverbreitung (François de Geuser) — Industrie (Niels Ahrendt) — Öffentlichkeitsarbeit, Studien, Veröffentli- — Dienstleistungen (Cleto Simeoni) chungen (Egide Hentgen) Der neue Generaldirektor beauftragte Annette De — Stahlindustrie (Franz-Joseph Gnad) — Data Shop (Brüssel) (Letizia Cattani) March mit der Leitung seines Sekretariats. Er behielt Direktion E — Bevölkerungs- und Sozialstatis- George W. Clarke als Berater und Alain Biron als Direktion B — Allgemeine Wirtschaftsstatis- tik — Landwirtschaftsstatistik: David Harris Assistenten (dieser war von Aage Dornonville de la tik: Piero Erba Berater (Eric Snowdon) Cour 1981 auf den Posten berufen worden) und orga- Berater zu Artikel 64 und 65 des Statuts (1) Bevölkerungs- und Sozialstatistiken nisierte sein Umfeld und die Eurostat-Direktionen (Wil van der Weerden) neu. Da sich die Beziehungen zu den Generaldirektio- — Beschäftigung und Arbeitskräfteerhebungen — Wirtschaftsrechnungen (Alain Chantraine) nen in Brüssel in den vorangegangenen Jahren erheb- (Hildegard Fürst) — Regional- und Finanzstatistiken (Raymond lich verschlechtert hatten und Eurostat zu einem — Verdienste und Sozialschutz Salvat) Fremdkörper in der Kommission geworden war, ver- (Gustav Löhmann) — Preiserhebungen und Verbraucherpreisindizes — Bevölkerungs-, Bildungs- und Sozialstatistik suchte Pieter de Geus, das Verbindungsbüro zu stär- (Hugo Krijnse-Locker) ken. Er wollte es zu einer Abteilung (A3) machen und (Joachim Wedel) mit den notwendigen Mitteln ausstatten. Dabei hatte Direktion C — Außenhandel, AKP-Staaten, Landwirtschaftsstatistik er jedoch nicht mit dem Widerstand der luxemburgi- Drittländer, Verkehr: Silvio Ronchetti — Landwirtschaftliche Gesamtrechnung und Agrarstrukturen (Alberto De Michelis) schen Regierung gerechnet. Diese berief sich auf den — Methodik und Klassifikationen — Bilanzen und landwirtschaftliche Erzeugnisse Fusionsvertrag von 1965 und die Zusicherungen von (Rolf Sannwald) (Hans Georg Baggendorff) Kommissionsvizepräsident Raymond Barre, der 1968 • Methodik (Richard Kuhner) für das Statistische Amt zuständig gewesen war, und • Verkehr (Brian Wilson) 1 verweigerte ihre Zustimmung zur Übertragung einer — Produktion (Gertrude Hilf) ( ) Artikel 64 und Artikel 65 beziehen sich auf die Berechnung der Beamtenbezüge und die darauf anzuwendenden Berich- Referatsleiterstelle von Luxemburg nach Brüssel. — Analysen und Entwicklung (David Heath) tigungskoeffizienten. Hierzu ist anzumerken, dass Luxemburg die Reduzie- rung der A2- und A3-Stellen zwischen 1980 und 1981 (aufgrund des Spierenburg-Berichts) gar nicht gefallen hatte, zumal diese Stellen im Haushalt verblieben und 106 Erinnerungen Eurostats

anderen Generaldirektionen in Brüssel zugefallen stützung darstellte. Erst 1988 erhielt die Landwirt- waren. Es blieb also bei dem kleinen, von Jean-Claude schaftsstatistik im Zuge einer erneuten, von Yves Liausu geleiteten Verbindungsbüro. Außerdem wurde Franchet beschlossenen Umstrukturierung von ein „Data Shop“ unter der Leitung von Letizia Catta- Eurostat wieder den Rang einer Direktion. ni eingerichtet und der Direktion A unterstellt. & Siehe „Eurostat-Organisationsplan 1983 — Direktionen und 1980 startete Eurostat ein Austauschprogramm mit Referate“ Mitarbeitern der NSÄ, das allerdings sehr zögerlich anlief, weil die Finanzierung der Entsendung von Im Zuge der Umstrukturierung wurden vor allem Eurostat-Beamten in die NSÄ nicht geklärt werden zwei wesentliche Veränderungen vorgenommen. konnte. Die Mittel für die Aufnahme von Beamten Erstens wurde eine Direktion für die Verarbeitung aus den Mitgliedsländern standen dagegen im Richard Kuhner, und Verbreitung statistischer Informationen einge- Bernard Langevin Eurostat-Etat oder im Kommissionshaushalt zur Ver- richtet, um deren Bedeutung für die Nutzer sowohl und Bernard Eyquem fügung. Zunächst bewarben sich nur wenige bei der Abschiedsfeier innerhalb als auch außerhalb der Institutionen Rech- Eurostat-Beamte für einen mehrmonatigen Aufent- eines Kollegen nung zu tragen. Um die Informationsverbreitung in (Jean Monnet Gebäude, halt bei einem nationalen statistischen Amt. Sprach- Brüssel zu fördern, wo die meisten internen Nutzer 1982). schwierigkeiten machten die Sache nicht gerade saßen und die meisten Anfragen von externen Nut- leichter. Zwar wollten manche gern für mehrere zern statistischer Daten eingingen, eröffnete Eurostat dort seinen ersten Data Shop unter Leitung von Leti- Monate nach Paris (wie Brian Newson) oder London zia Cattani. Er wurde in der Rue de la Loi 120 mit (wie Klaus Lohning) gehen, doch Städte wie Wies- dem Eingang am Boulevard Joseph II untergebracht, baden oder Kopenhagen übten keine allzu große wo er sich heute noch befindet. Zweitens gab es in Anziehungskraft aus. der neuen Struktur erstmals in der Geschichte von Eurostat keine Direktion Landwirtschaftsstatistik Gegen Mitte der 80er Jahre lief das Programm für mehr. Dahinter stand der Wunsch, das Gewicht der abgeordnete nationale Beamte an, das sich als sehr Agrarstatistik bei Eurostat zu reduzieren, während die hilfreich erwies. Zum einen konnte man den natio- gemeinsame Agrarpolitik (GAP) auf politischer nalen Experten, von denen manche längere Zeit bei Ebene und im Haushalt weiter an herausragender Eurostat blieben, die Mechanismen der Gemein- Stelle stand. Einige der nationalen statistischen schaftsstatistik nahe bringen. Zum andern wurden Ämter waren mit dieser Entscheidung gar nicht ein- neue Ideen, praktische Erfahrungen und wissen- verstanden, weil für sie die GAP weiterhin einer der schaftliche Erkenntnisse ins Statistische Amt einge- Grundpfeiler der Gemeinschaft war und die bracht, die den Eurostat-Beamten fehlten. Das Pro- Agrarstatistik eine unverzichtbare fachliche Unter- gramm wird bis heute fortgesetzt. Die abgordneten Die schwierigen Jahre: von 1981 bis 1985 107

Beamten sind unter dem französischen Kürzel „END“ Dornonville de la Cour und Pieter de Geus der Fall (experts nationaux détachés) bekannt. gewesen war, oder einen Direktor aus einer politischen Dienststelle der Kommission einzustellen, der von Nicht einmal zwei Jahre nach seiner Ernennung zum Brüssel nach Luxemburg wechseln müsste, oder die Generaldirektor kündigte Pieter de Geus und ging in interne Bewerbung von Silvio Ronchetti zu akzeptie- die Niederlande zurück. Damit stand Eurostat im ren. In dieser Situation sprachen sich die italienischen September 1984 ohne Generaldirektor da. Als dienst- Kommissare gegen die Ernennung eines Italieners aus, ältester Direktor übernahm Silvio Ronchetti den weil sich dadurch die Nationalitätenverteilung in der Posten vertretungsweise. Im Mai 1984 hatten die Kommission verschoben hätte. Damals legte kein Leiter der NSÄ im Hinblick auf den von Pieter de Land Wert auf eine A1- oder A2-Stelle bei Eurostat, Geus angekündigten Rücktritt und die vorhersehba- die für politisch unwichtig gehalten wurden. Die Inte- Konferenz der Leiter der NSÄ im Schloss ren Schwierigkeiten auf ihrer Konferenz im deut- rimslösung mit Silvio Ronchetti zog sich in die Länge. Reinhartshausen 1984. schen Schloss Reinhartshausen eine Erklärung an die Mehrere Eurostat-Beamte richteten eine Petition Kommission gerichtet, in der sie betonten, dass es zunächst an Präsident Gaston Thorn und dann an den wegen der Besonderheit des Postens des Generaldi- neuen Präsidenten Jacques Delors. Angesichts der rektors von Eurostat wünschenswert sei, die Vergabe Unentschlossenheit der Kommission wandten sich dieser Stelle nicht mehr von nationalen Quoten einige Führungskräfte von Eurostat (Niels Ahrendt, bestimmen zu lassen, sondern ausschließlich von sta- Daniel Byk, Alain Chantraine, Alberto De Michelis) tistischer Kompetenz und Führungsqualität. direkt an Kommissar Alois Pfeiffer mit der Forderung, die Ungewissheit zu beenden, weil Eurostat dadurch Ende 1984 lief die Amtszeit der Kommission unter sowohl innerhalb der Kommission als auch gegenüber ihrem Präsidenten Gaston Thorn aus. In der neuen den NSÄ geschwächt wurde. Kommission unter Präsident Delors wechselte Eurostat im Januar 1985 aus dem Zuständigkeitsbe- Es vergingen noch einige Monate, bis die Situation am reich von Kommissar Richard Burke in das Ressort 1. Oktober 1985 mit der offiziellen Ernennung von von Kommissar Alois Pfeiffer. Dadurch wurde die Silvio Ronchetti geklärt wurde. Silvio Ronchetti Suche nach einem Nachfolger für Pieter de Geus noch stand kurz vor dem Pensionsalter. Bei seiner Amts- verworrener. Richard Burke wollte sich nicht daran übernahme erhielt er von Kommissar Alois Pfeiffer beteiligen, und Alois Pfeiffer hatte andere Prioritäten. den Auftrag, seine Nachfolge zu regeln. Nachfolger In der Frage der Ernennung eines Generaldirektors für wurde im September 1987 Yves Franchet. Eurostat schwankte der Kommissar zwischen drei Lösungen. So bestand die Möglichkeit, die Stelle Als Silvio Ronchetti im September 1984 vertretungs- extern auszuschreiben, wie es bei Jacques Mayer, Aage weise den Posten als Generaldirektor übernahm, ließ 108 Erinnerungen Eurostats

er den Mitarbeiterstab von Pieter de Geus unverän- Deutschland aufgrund eines Urteils des dert. Er behielt Annette De March in seinem Sekreta- Bundesverfassungsgerichts 1981; die Zukunft der riat, den ewigen George W. Clarke als Berater und Außenhandelsstatistik nach der Vollendung des Giuseppe Calò als Assistenten. Dieser war von Pieter Binnenmarktes; Anzeichen für Desinteresse 1979, als die de Geus anlässlich Alain Birons Wechsel nach Brüssel Kommission beschließt, die statistischen Programme nicht berufen worden. George W. Clarke hatte seit der Ära mehr jährlich, sondern nur noch alle drei Jahre zu Mayer in stabilen und in weniger guten Zeiten für genehmigen; erste ausführliche Diskussion der Leiter der Kontinuität gesorgt. Weltweit hatte er Eurostat in den NSÄ über die Harmonisierung von Gemeinschaftsstatistiken Sitzungen der internationalen Organisationen vertre- im „ex ante“ oder „ex post“: die Gemeinschaftserhebung ten, teilweise mit recht persönlichen Ideen, die oft über die Lohnstruktur.

Silvio Ronchetti, sehr britisch und manchmal strittig waren, denen aber Generaldirektor immerhin Kohärenz zu eigen war. Äußerst fähig, Wie bereits berichtet, wollte die Kommission die sta- von 1984 bis 1987. geschätzt und gefürchtet zugleich spielte er weiterhin tistischen Programme von 1979 an nicht mehr jähr- eine wichtige Rolle in der Politik Eurostats. lich, sondern nur noch alle drei Jahre beschließen. Das machte das Desinteresse des Kollegiums und des für Die einzige Veränderung im Organisationsplan von Eurostat zuständigen Kommissars an der statistischen Eurostat war die Ernennung von Gilles Rambaud- Arbeit deutlich. Viele Generaldirektionen und insbe- Chanoz als Leiter des Referats für Informationsverar- sondere die Generaldirektion für Wirtschaft und beitung in der Direktion A. An der Spitze der Direk- Finanzen, die Generaldirektion für gewerbliche Wirt- tion C war keine Änderung vorgesehen, weil die Posi- schaft, die Generaldirektion für Verkehr und andere tion von Silvio Ronchetti immer noch von der Ent- kritisierten unablässig die von Eurostat erbrachten scheidung der Kommission abhing. Rolf Sannwald Leistungen und irritierten damit den zuständigen übernahm vertretungsweise die Aufgaben, und erst bei Kommissar. der offiziellen Ernennung von Silvio Ronchetti zum Generaldirektor wurde er Direktor ad interim. 1981 lief bei Eurostat das vierte Statistische Programm für den Zeitraum 1979 bis 1981 aus, das die Kommis- sion 1979 beschlossen hatte. Im Mai 1980 hatte Eurostat den Leitern der NSÄ (Konferenz von Kopen- Die statistischen Programme hagen) die Leitlinien des fünften Statistischen Pro- werden fortgesetzt gramms für den Zeitraum 1982-1984 vorgeschlagen. 1981 fand die Konferenz der Leiter der NSÄ in Athen Fast überall zunehmende Schwierigkeiten vor Ort: statt, nachdem Griechenland zu Beginn des Jahres Scheitern der Volkszählung in der Bundesrepublik zehntes Mitglied der Gemeinschaft geworden war. Die Die schwierigen Jahre: von 1981 bis 1985 109

Leiter der nationalen Statistischen Ämter einigten dem Regional- und dem Sozialfonds. Dieser Punkt sich auf das fünfte Statistische Programm. Sie mach- stand immer häufiger auf der Tagesordnung der NSÄ, ten darauf aufmerksam, dass die neuen Projekte vor aber eine grundsätzliche Lösung kam erst mit der der endgültigen Annahme einer Finanzkontrolle Arbeit am Bruttosozialprodukt (BSP) und der Verord- unterzogen werden mussten. Mit dieser Vorbedingung nung über das ESVG 95 in den 90er Jahren. hatten die Leiter der nationalen Statistischen Ämter in Zeiten knapper Mittel immer häufiger zu tun. Das Im Bereich der Sozialstatistik schlug Eurostat den sechste Statistische Programm (1985-1987) wurde im NSÄ vor, die bis dahin alle zwei Jahre durchgeführte Mai 1984 von den Leitern der NSÄ auf der Konferenz Erhebung über Arbeitskräfte jährlich vorzunehmen. im Schloss Reinhartshausen beschlossen. Die NSÄ stimmten zu (mit Ausnahme von Dänemark und den Niederlanden) unter der Voraussetzung, dass Sehen wir uns jetzt den Inhalt dieser Programme an, der Fragebogen auf längere Zeit unverändert bliebe. die sich nicht wesentlich von ihren Vorgängern unter- Ein großes Thema der Jahre 1982 bis 1985 war die scheiden. Frage nach der Beibehaltung der Verdienststrukturer- hebung der Gemeinschaft. Bei Eurostat prallten zwei Auf makroökonomischem Gebiet standen die auf Auffassungen aufeinander: während sich die einen für internationaler Ebene beginnende Überarbeitung des die Beibehaltung aussprachen (Joseph Nols, Silvio SNA und des ESVG im Mittelpunkt. Eurostat befasste Ronchetti, Piero Erba, Hildegard Fürst), plädieren sich mit der Inflationsrechnung, den Vermögenskon- andere, insbesondere Aage Dornonville de la Cour, ten und der unterstellten Produktion von Bankdienst- David Harris und George W. Clarke, dafür, sie einzu- leistungen. Im Mai 1982 empfahlen die Leiter der stellen. Dass die Generaldirektion für Soziale Angele- NSÄ, dass die Revision des ESVG längerfristig, bis genheiten sie gerne weiterentwickeln wollte, beunru- 1990 erfolgen und von begrenztem Umfang sein soll- higte die europäischen Statistiker, weil sie erhebliche te. Was folgte, ist bekannt: das ESVG 95 wurde vier- Auswirkungen auf den Erhebungsetat befürchteten, zehn Jahre später beschlossen und 1998 eingeführt! zumal die Generaldirektion für Soziale Angelegenhei- Eurostat betonte gegenüber den NSÄ die Notwendig- ten viele neue Statistiken verlangte, ohne sich finan- keit, die Einführung des ESVG als nationale Methode ziell an ihrer Realisierung zu beteiligen. Auf zwei Kon- für die VGR voranzutreiben, denn nur von drei Län- ferenzen befassten sich die Leiter der NSÄ mit dieser dern (Frankreich, Italien und Luxemburg) wurde das Frage, 1983 in Leeds Castle und ein Jahr später im Gemeinschaftssystem angewandt. Man bemühte sich, Schloss Reinhartshausen, wo sich die Mehrheit der die Qualität und die Vergleichbarkeit der VGR-Daten NSÄ dafür aussprach, diese Erhebung aus dem Pro- zu verifizieren, da sie in der Politik intensiv genutzt gramm zu streichen. Nur Frankreich, Italien und wurden, insbesondere bei der Verteilung der Mittel aus Deutschland plädierten für die Beibehaltung. Es war 110 Erinnerungen Eurostats

die erste Grundsatzdiskussion der Leiter der NSÄ dar- ten, wobei davon ausgegangen wurde, dass die Grenz- über, ob eine Harmonisierung der Ausgangsbedigun- kontrollen und die Zollpapiere noch nicht so bald gen oder der Ergebnisse für eine Gemeinschaftsstati- abgeschafft würden. 1985 wurde das Weißbuch der stik besser sei. Die Verdienststatistik wurde nach ver- Kommission (Delors) über die Vollendung des Bin- schiedenen Methoden produziert und im Hinblick auf nenmarktes vorgelegt, das die Zielvorgabe enthielt, Output und Präsentation der Daten harmonisiert. Im alle Kontrollen ab 1993 abzuschaffen. Daraufhin rich- niederländischen Heerlen berieten die NSÄ im Mai teten die Leiter der NSÄ im Mai 1986 in Palmela 1985 erstmals eingehend über die Entwicklung einer (Portugal) eine Erklärung an die nationalen und inter- Statistik über Armut und Einkommensverteilung. Der nationalen politischen Behörden. Die Statistiker dürf- Leiter des INSEE, Edmond Malinvaud, sagte ange- ten nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden sichts der Zurückhaltung einiger seiner Kollegen, die durch eine auf politischer Ebene getroffene Entschei- Statistik müsse sich parallel zu neu auftretenden sozia- dung, nämlich die Aufhebung der Grenzkontrollen, len Phänomenen entwickeln, und die Armut hänge die es unmöglich machen würde, die für die Fortset- mit der gegenwärtigen Wirtschaftskrise zusammen, zung dieser Statistiken notwendigen Daten zu erhe- deshalb müssten sich die europäischen Statistiker auf ben. Dass Eurostat sich von dieser Erklärung distan- die Erwartungen der Politiker einstellen. Nach dieser zierte, brachte ihm für einige Zeit den Unmut der hochinteressanten Diskussion wurde die Armutsstatis- NSÄ und der statistischen Zollstellen der Mitglied- tik zu einem wichtigen Bereich der Sozialstatistik der staaten ein. Wir werden später darauf noch zurück- Gemeinschaft. kommen.

Es wurde auch darüber debattiert, wie die Statistik für Im Bereich der Außenhandelsstatistik wurden Fort- den innergemeinschaftlichen Handel nach der schritte bei den Klassifikationen und der Einführung Abschaffung der Zollkontrollen an den innereuropäi- des „Einheitspapiers“ erzielt. Die Arbeit am Harmoni- schen Grenzen erstellt werden sollte. In Athen (Mai sierten System ging voran und konnte 1985 mit einem 1981) präsentierte Eurostat einen Vorschlag, der von Beschluss des Ministerrates über das Inkrafttreten des allen Leitern der NSÄ einhellig abgelehnt wurde: Systems ab 1987 abgeschlossen werden. Geleitet wur- Man solle nur die Ausfuhrstatistik erstellen und sie als den die Arbeiten vom Rat für Zusammenarbeit auf Einfuhrstatistik des Partnerlandes ansehen. Grund für dem Gebiet des Zollwesens (RZZ). Eurostat musste die die Ablehnung vonseiten der NSÄ war das mangeln- Interessen der Statistiker verteidigen, vor allem, um de Vertrauen in die Qualität der von den Kollegen eine vernünftige Ebene der Nimexe-Positionen beizu- jenseits der Grenze produzierten Daten. Eurostat und behalten. Das andere große Diskussionsthema im Rah- der Ausschuss für Außenhandelsstatistik wurden men des Statistischen Programms war das Einheitspa- damit beauftragt, „seriösere“ Alternativen zu erarbei- pier, das die Kommission den Mitgliedstaaten als Die schwierigen Jahre: von 1981 bis 1985 111

ersten Schritt auf dem Weg zur Vollendung des Bin- Themenbereich wieder an sich ziehen zu können. In nenmarktes vorschreiben wollte. Es war das Jahr 1982. der Diskussion ging es vorrangig um diese vier The- Die Mitgliedstaaten widersetzten sich dieser Idee ganz men: vehement, angeführt von den nationalen Statistikern, • Energiebilanzen, die ihre Erhebungsmethoden und ihre Erstellung der Außenhandelsdaten beibehalten wollten. Die Diskus- • Energiepreise und Preisindizes, sion im Rat hatte gezeigt, dass die Vorschläge der • Input-Output-Tabellen für den Energiesektor, an Kommission von den Ländern ganz unterschiedlich denen das Interesse im Laufe der Zeit nachgelassen beurteilt wurden. Das beunruhigte die Leiter der NSÄ, hatte, und sie forderten Eurostat auf, die Interessen der Sta- • eine standardisierte internationale Energiesystema- tistiker geltend zu machen. Der Amtsantritt von Pie- tik. ter de Geus bewirkte eine Kursänderung: Eurostat gelang es in seiner Rolle als „ehrlicher Makler“ Dabei handelte es sich nicht um neue Projekte. Viel- („honest broker“), die NSÄ vom politischen Nutzen mehr waren einige schon in den 60er und 70er Jahren des Kommissionsvorschlags zu überzeugen, wobei am unter Kees Zijlstra in die Wege geleitet worden, als Inhalt des Einheitspapiers unter Berücksichtigung der eine eigene Direktion des Statistischen Amtes für die Anforderungen der Statistiker Änderungen vorge- Energiestatistik zuständig war. Die Konferenz von nommen wurden. Im Oktober 1992 fand das einheitli- Leeds Castle gab ihnen neuen Auftrieb. che Zollpapier schließlich die Zustimmung des Rates. Nach dieser Tagung wurde bei Eurostat eine Arbeits- Die Konferenz der Leiter der NSÄ im Mai 1983 in gruppe „Energie“ eingesetzt, die ihre Kontakte zur Leeds Castle wurde für die Energiestatistik sehr wich- Internationalen Energieagentur in Wien ausbaute, tig. Jean Darragon, der die Direktion „Landwirt- wobei ihre Position dank der Unterstützung durch die schafts- und Energiestatistik“ bis zum Amtsantritt von NSÄ erheblich gestärkt wurde. Photis Nanopoulos vorübergehend leitete, hatte ein Programmpapier für die 1980er Jahre vorbereitet, das In der Agrarstatistik beschränkte sich die Zuständig- von den Leitern der NSÄ angenommen wurde. In den keit der NSÄ vieler Mitgliedstaaten auf bestimmte meisten Ländern wurde die Energiestatistik von den Arbeiten. Die meisten Daten kamen aus den Land- zuständigen Ministerien oder Fachverbänden erstellt. wirtschaftsministerien, die auf ein großes Netz von Die Leiter der NSÄ waren besorgt über diese Ent- Datenlieferanten in den verschiedenen Regionen der wicklung, die sich ihrer Kontrolle entzog (das betraf Gemeinschaft zurückgreifen konnten. Die Generaldi- vor allem die Daten der privaten Fachverbände). Sie rektion für Landwirtschaft spielte eine wichtige Rolle stimmten den Vorschlägen von Eurostat zu, um diesen bei der Umsetzung der Statistischen Programme, weil 112 Erinnerungen Eurostats

sie ohne weiteres einen Teil der Arbeiten finanzierte. des Anteils der Landwirtschaft am Statistikprogramm Der Däne Ejner Stendevad, ein ehemaliger Eurostat- der Gemeinschaft, wie sie sich einige Länder vorstell- Mitarbeiter, leitete die Abteilung der Generaldirekti- ten, der Boden entzogen. Der Weg war geebnet für die on für Landwirtschaft, die für die Verbindung zur Sta- erste Bestandsaufnahme und eine Revision dieser Sta- tistik sorgte. Er war maßgeblich an der Entwicklung tistik, die Gegenstand des Seminars von Maastricht von vier Großprojekten in den 80er Jahren beteiligt: 1987 wurde (siehe „Der ‚besondere Weg‘ der Agrarsta- dem italienischen (1981), dem portugiesischen (1984 tistik der Gemeinschaft“). Zwischen 1981 und 1985 und 1986) dem griechischen (1985), und dem irischen wurde die Erhebung über die Struktur der landwirt- Plan (1988). Diese Pläne, die auf einem Ratsbeschluss schaftlichen Betriebe (1985) auf der Grundlage einer basierten, zielten auf eine Neuordnung der Agrarstati- Verordnung des Rates erneuert, die auch eine erhebli- stik dieser vier Länder ab, die Schwierigkeiten hatten, che Gemeinschaftsfinanzierung für die Länder vorsah. Daten in der geforderten Qualität für die Realisierung Das Projekt Eurofarm wurde in die Wege geleitet, das der gemeinsamen Agrarpolitik bereitzustellen. Mit den Aufbau einer Datenbank mit den wichtigsten finanzieller Unterstützung der Gemeinschaft sollte Informationen aus den Betriebsstrukturerhebungen ermöglichen sollte. Weinbau- und Obstbaumerhebun- eine Reihe ständiger Erhebungen durchgeführt wer- gen wurden durchgeführt, eine Entscheidung der den, um den in diesen Ländern festgestellten Daten- Kommission über das Klassifizierungssystem der land- bedarf zu decken. Trotz einiger Verzögerungen kann wirtschaftlichen Betriebe wurde vorbereitet, und die man davon ausgehen, dass die Pläne bei der Verbesse- Bemessung des Gesamteinkommens der landwirt- rung der Agrarstatistik dieser Länder eine wesentliche schaftlichen Betriebe wurde untersucht. Rolle gespielt haben. Die Generaldirektion für Land- wirtschaft und insbesondere Ejner Stendevad unter- Die Entwicklungszusammenarbeit war seit den 1960er stützten Eurostat auch weiterhin selbst in schwierigen Jahren ein wichtiger Tätigkeitsbereich, aber doch am Momenten, in denen die Rede davon war, dass Rande des Arbeitsprogramms des Statistischen Amtes. Eurostat die Verantwortung für die Agrarstatistik mög- Nur selten wurde auf den Konferenzen der Leiter der licherweise an die Generaldirektion für Landwirt- nationalen Statistischen Ämter über technische Hilfs- schaft abgeben müsse. Im November 1985 erläuterte programme gesprochen, da nur wenige NSÄ damit zu der Generaldirektor der Generaldirektion für Land- tun hatten, vor allem das INSEE und in geringerem wirtschaft, Guy Legras, den Leitern der NSÄ auf der Umfang das CSO des Vereinigten Königreichs und das Konferenz der Leiter der NSÄ in Brüssel in einem Statistische Bundesamt. Spanien und Portugal wurden vielbeachteten Beitrag die Position der Agrarstatistik erst 1986 Mitglied, aber ihre NSÄ waren seit mehre- im Rahmen des europäischen Projekts. Damit war ren Jahren in die Kooperationsaktivitäten einbezogen. jeder Hypothese von einer drastischen Reduzierung Wir haben bereits gesehen, was Eurostat gegen Ende Die schwierigen Jahre: von 1981 bis 1985 113

der 70er Jahre vor allem in den afrikanischen Staaten hausen legten alle Leiter der NSÄ die Ergebnisse und auf die Beine gestellt hat. Diese Programme wurden Schlussfolgerungen aus der Volkszählung 1981 vor. Sie Anfang der 80er Jahre unter dem Einfluss von David beschlossen, mögliche Alternativen zu prüfen, jedoch Heath und Daniel Byk ausgeweitet. Im November ohne großen Erfolg. 1983 legte der für Entwicklung zuständige Kommissar Edgar Pisani den Leitern der NSÄ in Brüssel die Leit- Im Abschnitt über den Außenhandel wurde bereits das linien der Kommission für die Entwicklungspolitik Harmonisierte System zur Kennzeichnung und Kodifi- vor. Dabei unterstrich er die wichtige Rolle der Statis- zierung der Waren und Dienstleistungen (HS) erwähnt, tik bei der Vorbereitung, Begleitung und Auswertung das die Nimexe von 1987 an ersetzte. Wo immer es der Programme im Rahmen des EG-AKP-Abkom- sonst um Nomenklaturen ging, arbeitete Eurostat im mens. Es war das erste Mal, dass ein Kommissar, der Wesentlichen mit dem Statistikbüro der Vereinten nicht für die Statistik zuständig war, an einer Konfe- Nationen und der Statistikkommission für Europa renz der Leiter der NSÄ teilnahm. (Genf) zusammen, um die Kohärenz der Systematiken der Güter und Wirtschaftstätigkeiten zu gewährleisten. In Sachen Bevölkerungsstatistik geht es einen Schritt 1985 entwickelten die UNO und Eurostat das Inte- zurück. Seit den 60er Jahren hatte Eurostat versucht, grierte System von Wirtschaftszweig-und Gütersyste- die Daten aus den alle zehn Jahre stattfindenden matiken SINAP (Système Intégré de Nomenclatures Volkszählungen und den Inhalt der Fragebögen zu har- d’Activités et Produits). Damit wurden die Statistiken monisieren. Bei den NSÄ stieß das Statistische Amt über Wirtschaftstätigkeiten und Güter aufeinander zwar stets auf höfliche Aufmerksamkeit, letztlich aber abgestimmt. Das größte Problem in der ersten Hälfte auf wenig Interesse. Im Oktober 1972 beschlossen die der 80er Jahre bereitete die von der Revision der Leiter der NSÄ, die Volkszählungen im März-April Außenhandelsnomenklatur und der Einführung des 1981 aufeinander abzustimmen. 1975 hatten sich die Harmonisierten Systems verursachte Wirkung auf die NSÄ auf gemeinsame Definitionen, auf das Prinzip der Revision der CTCI (Classification Type pour le Commer- Erfassung der Gemeinschaftsbürger in jedem Mitglied- ce International — Internationales Warenverzeichnis für staat und auf die an Eurostat zu liefernden Tabellen den Außenhandel, IWA). Das Statistikbüro der Verein- geeinigt. Ein bescheidenes Ergebnis nach all den Vor- ten Nationen wollte die Revision der IWA sehr schnell bereitungsarbeiten. 1981 scheiterte die Volkszählung vollziehen, ohne die Beschlüsse über das HS abzuwar- in Deutschland an einem Urteil des Bundesverfas- ten, was einige Verwirrung gestiftet hätte. Manche Län- sungsgerichts über die Wahrung der Privatsphäre und der hatten nämlich bereits ihre Wirtschaftssystemati- die Vertraulichkeit der erhobenen Daten. Im Übrigen ken unter Berücksichtigung der NACE geändert, und wurde die praktische Durchführung fast überall durch unkoordinierte Änderungen an den anderen erschwert. Auf der Konferenz im Schloss Reinharts- Systematiken hätte es zu Verzögerungen in den statisti- 114 Erinnerungen Eurostats

schen Operationen und zu nicht vergleichbaren Ergeb- der nationalen Statistischen Ämter dem ersten Pro- Statistikseminare nissen der Mitgliedstaaten kommen können. Erst gegen gramm für die Dienstleistungsstatistik zustimmten. ab 1980 Ende des Jahrzehnts wurde nach endlosen Debatten auf der Achse New York (UNO) — Luxemburg (Eurostat) Auf Anregung von Eurostat veranstaltete die Konfe- 1980: in den Sitzungen der Statistikkommission, der Fach- renz der Leiter der NSÄ von 1979 an jedes Jahr ein Erhebung und Qualitätskontrolle der gruppen und des AKP-Unterausschusses eine Lösung oder zwei Seminare über ein Statistikthema. Über die Basisinformation in den Haushaltsbefragungen: Gijsbert Goudswaart gefunden. Erschwert wurde die Diskussion dadurch, Themen entschied die Konferenz, den Vorsitz führte dass die statistischen Ämter der Mitgliedstaaten der ein Leiter eines NSA, und die Organisation übernahm 1980: Gemeinschaft oft eine alles andere als kohärente Positi- Eurostat mit Unterstützung des Statistischen Amtes Gemeinschaftliches System der Verdienststatistiken: Gijsbert Goudswaart on vertraten. des Landes, in dem das Seminar stattfand. Über die Ergebnisse wurde die Konferenz vom Seminarleiter 1981: unterrichtet. Datenbanken und Probleme der Datenverbreitung über Netze Auf dem Gebiet der Industriestatistik stritt Eurostat & Siehe „Statistikseminare ab 1980“ immer noch mit den NSÄ über die Anwendung der 1981: Beschäftigung und Arbeitslosigkeit Richtlinien von 1972 über Konjunkturstatistiken und Schließlich organisierte Eurostat auf Anregung der Statistiken zur Unternehmensstruktur. Allmählich NSÄ von 1981 an in Luxemburg für neue Beamte der 1982: waren erste Ergebnisse zu erkennen, doch bis dahin NSÄ ein Seminar zur Einführung in die Gemein- Regionalkonten und Regionalstatistiken: Edmond Malinvaud hatte es mehr als zehn Jahre gedauert. Bei Eurostat schaftsstatistik. Am ersten Seminar vom 25. bis 27. zeichnete sich ein neues Projekt ab: die Dienstlei- März 1981 nahmen 44 Statistiker aus allen NSÄ teil. 1983: Die Initiative war überaus erfolgreich und wird bis Die jüngsten Entwicklungen in der Analyse stungsstatistik. Der Dienstleistungssektor erwirtschaf- großer Datenbestände: Edmond Malinvaud tete fast die Hälfte des Bruttoinlandsproduktes der heute fortgesetzt. Mitgliedstaaten, und langsam machte sich das Fehlen 1984: Schutz der Privatsphäre, Informatik und statistischer Erkenntnisse über diesen wichtigen Fortschritte in der statistischen Dokumentation: Bereich bemerkbar. Die für die Industriepolitik zustän- Dezentrale Datenverarbeitung George Als digen Dienststellen der Kommission übten Druck auf und der Einzug der Mikrocomputer 1984: Eurostat aus, um harmonisierte Ergebnisse für die Bevölkerungsstatistik: Luigi Pinto gesamte Gemeinschaft zu bekommen. Vonseiten der Eine Offenbarung: Die Mikroinformatik. Viele Beamte zögern nicht, Arbeit mit nach Hause zu nehmen, um Daten Von 1985 an fanden die Seminare in anderer NSÄ gab es heftigen Widerstand gegen ein gemeinsa- Form statt, aber sie wurden weiter veranstaltet mes Programm, weil allen bewusst war, welches Aus- mithilfe ihrer eigenen Software zu bearbeiten... eine zu verschiedenen Themen von gemeinsamem maß das Projekt haben würde. Mittelknappheit (und gewisse Anarchie, doch recht fantasievoll und effizient! Interesse. mangelnder Enthusiasmus) bremsten das Engagement der nationalen Statistiker. Einen ersten Vorstoß in Mitte der 80er Jahre vollzog sich eine Wende in der diesem Bereich gab es schließlich 1986, als die Leiter Arbeit von Eurostat: Die Mikrocomputer hielten Die schwierigen Jahre: von 1981 bis 1985 115

Einzug und verbreiteten sich sehr rasch. Wie wir tigt, vor allem durch die horrenden Kosten für die gesehen haben, gab es in den 70er Jahren und Konvertierung von Anwendungen auf uneinheitli- Anfang der 80er Jahre das Rechenzentrum, die zen- chen und sehr schnell veralteten europäischen Gerä- tralen Großrechner und das Endgerätenetz. Die ten. Datenverarbeitung unterstand der Generaldirektion „Verwaltung“, und die elektronische Verarbeitung Die Wende setzte mit der Verbreitung der privaten der statistischen Operationen hatte keine Priorität. Mikroinformatik ein. Anfang der 1980er Jahre fanden Vor der Statistik kamen immer erst die Beamtenbe- Microsoft und Apple Anhänger unter den Statistikern züge, der Haushalt und die allgemeine Dokumentati- von Eurostat. Zur privaten Nutzung wurden die ersten on — sehr zum Missfallen der Dienststellen von Mikrorechner angeschafft, vor allem bei Hi Fi Inter- Eurostat. Seit Mitte der 70er Jahre forderte Eurostat national, einem Fachgeschäft, das sich innerhalb ein eigenes unabhängiges Rechenzentrum, jedoch weniger Jahre zu einem wahren Luxemburger Konzern ohne Erfolg. Wir haben bereits gesehen, dass sich das entwickelte. Es war eine Offenbarung: viele Beamte Generalsekretariat zwar dagegen ausgesprochen hatte nahmen Arbeit mit nach Hause, um die Daten mit (Bericht Lambert-Verheyden), dafür aber vom lei- einer Software zu bearbeiten, die auf dem Markt tenden EDV-Ausschuss CDIC (Comité Directeur de erhältlich war oder die sie selbst entwickelten. Sicher l'Informatique de la Commission) verlangte, dass die war das Anarchie, aber auf jeden Fall war es einfalls- statistischen Berechnungen im Rechenzentrum Vor- reich und in vielen Fällen auch wirkungsvoll, und es rang haben sollten. In all diesen Jahren (Anfang der veranlasste Eurostat, sich über die Entwicklung der 70er bis Mitte der 80er Jahre) konzentrierte sich die dezentralen Datenverarbeitung innerhalb seiner für die Konzeption der Informatikinstrumente Dienststellen Gedanken zu machen. Der Generaldi- zuständige Abteilung bei Eurostat (zunächst Marcel rektor von Eurostat gehörte dem leitenden EDV-Aus- Mesnage und dann David Heath) auf die Entwick- schuss der Kommission CDIC seit der Gründung in lung von Statistik-Software und Grundlagen für die den 70er Jahren an. Pieter de Geus schlug dem Aus- Datenverarbeitung und -verbreitung. Die Rechner schuss vor, Eurostat in Sachen Mikroinformatik mit wurden jedoch weiterhin zentral verwaltet, und so einer Pilotfunktion innerhalb der Kommission zu lahmte die Entwicklung, weil Eurostat Schwierigkei- betrauen. Dem wurde grundsätzlich zugestimmt. Jetzt ten hatte, die von den eigenen Informatikern ent- stellte sich die Frage, welche Hardware angeschafft wickelten Instrumente auf dem Zentralrechner anzu- werden sollte. Das Verfahren lief ganz ohne Eurostat wenden. Außerdem haben, wie Marcel Mesnage ab, das sich den Entscheidungen der Verwaltung beu- berichtet, Enttäuschungen seitens der europäischen gen musste, die für die Ausschreibungen und die Industrie die Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit Anschaffung zuständig war. Wie bei der Umstellung der Entwicklungen zum Teil erheblich beeinträch- von der mechanischen auf die elektronische Daten- 116 Erinnerungen Eurostats

verarbeitung und der Anschaffung der ersten rator Osiris wie auch der Verbreitung der Daten bei Großrechner in den 70er Jahren wurden die Entschei- den Dienststellen der Kommission in Brüssel. dungen eher von politischen Erwägungen bestimmt (europäische Produkte hatten Vorrang) als von kauf- Ab 1981 wandte sich Eurostat zwei Gruppen von männischem Kalkül (Zuverlässigkeit und Effizienz der externen Nutzern zu, den privilegierten Nutzern (vor Geräte). Das ging nicht besonders gut (vorsichtig aus- allem NSÄ und nationale Ministerien), die an das gedrückt!). Die ersten Erfahrungen waren nicht sehr Zentralsystem angebunden waren, und der breiten überzeugend, zumal es noch wenig Software für die Öffentlichkeit. Im Interesse dieser zweiten „Kunden- Verarbeitung statistischer Daten gab und nahezu jeder gruppe“ schrieb Eurostat 1980 die Nutzung der Server- Eurostat-Beamte mit großer Begeisterung Ad-hoc- dienste des Telekommunikationsnetzes Euronet Instrumente entwickelte ohne jede interne Koordina- öffentlich aus. Den Zuschlag erhielten zwei Gesell- tion. Es begann eine Phase kreativer Unordnung. Erst schaften: die CISI (Compagnie Internationale des Mitte der 90er Jahre unter Yves Franchet und Alain Services Informatiques) in Paris und Data Centralen Chantraine verbesserte sich die Situation. in Kopenhagen. 400 000 der 700 000 Zeitreihen wur- den jetzt über Euronet verbreitet. Die Vertraulichkeit bestimmter Statistiken war damit gewährleistet. Verbreitungspolitik & Siehe „Die wesentlichen von Euronet 1981 abgedeckten und Cronos im Euronet Bereiche“

Zu Beginn der 80er Jahre werden mit Cronos rund 700 000 Zeitreihen verbreitet. Wertvolle, gut strukturierte Erste Versuche einer Gesamtplanung Januar 1981: Informationen, jedoch nicht immer besonders aktuell. Eröffnung des der Aktivitäten: SPAR Cronos-Euronet-Service Anfang der 80er Jahre sorgte Cronos für die Verbrei- durch Simone Weil, EDV, Personal, Mittel für Studien und Dienstreisen, Präsidentin des tung von etwa 700 000 Zeitreihen. Viele nicht institu- Europäischen Parlaments. tionelle Nutzer wollten gern Zugang zu dieser umfang- Sitzungen... Aktivitäten, die von den einzelnen Referaten reichen, gut strukturierten, wenn auch nicht immer verwaltet werden, wobei Ressourcen verschwendet werden. ganz aktuellen Information haben. Gleichzeitig hatte 1982 hat der Grundsatz einer wirksamen Zentralisierung die Kommission begonnen, sich mit dem Informati- noch keinen Einzug in die Managementkultur von Eurostat onsmarkt zu befassen, und in dieser Politik hatte auch gehalten. die Statistik ihren Platz. Wie schon gesagt, diente die Datenbank Cronos der Vorbereitung einer Reihe von Ende 1982, als Aage Dornonville de la Cour von Pie- Eurostat-Veröffentlichungen über den Tabellengene- ter de Geus abgelöst wurde, dachte Eurostat über die Die schwierigen Jahre: von 1981 bis 1985 117

Koordinierung bestimmter Aktivitäten nach. Weil die stützen. Alles in allem ein sehr zurückhaltender einzelnen Referate zuständig waren, wurden Ressour- Ansatz. Die wesentlichen von Euronet cen in enormer Höhe verschwendet: Datenverarbei- 1981 abgedeckten Bereiche tung, Personal, Gelder für Studien und Dienstreisen, SPAR lief 1983 an und erfasste die Aktivitäten des Sitzungen usw. Nachdem die Koordinierungstätigkei- Jahres 1982. Es stützte sich auf vorhandene Elemente — Allgemeine Statistiken (Preise, Arbeitslosigkeit usw.) ten in einer Direktion zusammengefasst sind, mag das wie die im Sekretariat der Generaldirektion gebündel- — Industrie heute absurd erscheinen, doch Anfang der 80er Jahre ten Informationen über Dienstreisen und Sitzungen — Energie spielte dieses Prinzip in der Managementkultur von oder das System Promos, das Informationen zum — Forschung und Entwicklung Eurostat noch keine Rolle. Bedarf der einzelnen Projekte an Menschen/Maschi- — Landwirtschaft und Fischerei nen lieferte. Für jedes Projekt sollte der Anteil der — Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen George W. Clarke, Berater des Generaldirektors, star- jeweiligen Ressourcen (Personen, Gelder, Dienstrei- — Assoziierte Länder (AKP) tete das Projekt SPAR (Statistical Programme Analysis sen, Sitzungen, Geräte usw.) ermittelt werden, die für — Außenhandel of Resources) unter Mitwirkung von Egide Hentgen die Realisierung notwendig waren. (Leiter der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit, Studi- en und Veröffentlichungen) und David Heath (Leiter SPAR wurde kein Erfolg. Die meisten Eurostat-Beam- der Abteilung für die Verwaltung von Informations- ten konnten mit den Ideen der Managementkultur systemen). Am 5. August 1982 wurde das Projekt in noch gar nichts anfangen. Immerhin fingen die Mitar- einem Dokument präsentiert, aus dem die Zurückhal- beiter von Eurostat an, sich mit diesen modernen Ver- tung gegenüber einer umfassenden Koordinierung waltungsinstrumenten zu beschäftigen, die erst in den sprach: „integration of all resource planning... may not be 90er Jahren mit dem Durchführungsschema für das necessary“. Vorgeschlagen wurde nur die Planung Statistische Programm TBPS (Tableau de Bord du Pro- bestimmter Maßnahmen auf zentraler Ebene, um den gramme Statistique) und dem ABM (Activity based Generaldirektor bei seinen Entscheidungen zu unter- management) endgültig Einzug hielten. Übergang und neuer Schwung

Unter der Kommission von Jacques Delors kommt Europa wieder in Fahrt.

Ziel: der gemeinsame Binnenmarkt. Eine gute Das Europäische Statistische System nimmt Form an Nachricht für die Europäer, eine Herausforderung mit seinen Organen und seinen Instrumenten (ASP, für die Statistiker. An die Qualität der Statistiken CEIES, AWFZ und „Komitologie“), durch die sich die werden immer höhere Anforderungen gestellt. Vorbereitung von Entscheidungen und die Beschlussfassung verbessern. Das Statistische Programm wird in einem Rechtsakt verankert, stärker auf die Gemeinschaftspolitik ausgerichtet und mit einem eigenen Etat ausgestattet.

Intern wird Eurostat unter Leitung des neuen Generaldirektors Yves Franchet stetig modernisiert. Das Direktionskomitee befasst sich als Kollegium mit allen Dossiers.

Am 7. November 1989 erlebt Europa seinen glücklichsten Augenblick seit Kriegsende. Der Fall der Berliner Mauer beendet die Teilung des Kontinents. Die Programme Phare und Tacis ebnen den Weg zu einer intensiven Zusammenarbeit zwischen den Statistikern. Werbeplakat für Eurostats Veröffentlichungen. 1985>1991 von 1985 bis 1991

Eine neue Kommission Eine der ersten Handlungen der neuen Kommission Am 3. Januar 1985 tritt die Kommission Jacques Delors ihr Amt bestand darin, eine Strategie für das Wiederaufleben an: Lasst uns den Römischen Vertrag (insbesondere den zur der Gemeinschaft zu entwickeln. Mehrere Optionen EWG) erneut lesen und umsetzen! Der gemeinsame Binnenmarkt standen zur Auswahl, die Währungsunion, die braucht eine Währung, und diese Einheitswährung soll zur europäische Verteidigungsgemeinschaft, die politische Union führen: Der Kreislauf bekommt eine positive Dynamik. Union, doch die gewählte Strategie war viel realisti- scher: Nehmen wir uns den Römischen Vertrag (ins- Als sich die Eurostat-Beamten am 3. Januar 1985 in besondere den zur EWG) noch einmal vor und setzen allen Sprachen ein gutes neues Jahr wünschten, wuss- wir ihn in die Praxis um! Zunächst wurde eine ten sie, dass sich in Brüssel eine neue Kommission Bestandsaufnahme der Hindernisse gemacht, die der vorstellte, die gerade ihr Amt angetreten hatte und Verwirklichung eines echten Binnenmarktes noch im auf fünf gute Jahre hoffte. Wege standen. Bei der Verwirklichung dieses Binnen- marktes wurde sehr schnell deutlich, dass Europa eine Sie wussten nur noch nicht, dass sich dadurch auch gemeinsame Währung braucht und dass diese ihr Leben verändern sollte. Währung zur politischen Union führt und dass diese Union verteidigt werden muss: So wird aus dem Teu- Die Delors-Kommission begann damit, die Kompeten- felskreis ein „Tugendkreis“! zen neu zu verteilen. Jacques Delors war mit der Aura eines ehemaligen Finanzministers gekommen, aber auch mit dem Ruf, ein strenger, ernsthafter Mann zu Statistiker in Aufruhr sein. François Mitterand hatte sich mit Helmut Kohl darauf geeinigt, ihn nach Brüssel zu berufen, was ein Mit dem Binnenmarkt verschwinden die Binnenzölle. Segen für den Aufbau Europas war. Doch die Informationen, die für die Statistik des innergemeinschaftlichen Handels erforderlich waren, wurden Eurostat wurde dem für Wirtschaftsfragen zuständigen von den Zöllnern erhoben. Steckt die Zöllner in die Uniform deutschen Kommissar Alois Pfeiffer unterstellt. der Statistiker, damit sie ihren Posten nicht verlassen! In Berlin fällt die Mauer, ein Ereignis für Europa. 120 Erinnerungen Eurostats

Zu den offenkundigsten Hindernissen für einen freien davon hatte auch nur das Geringste mit der aktuellen Warenverkehr gehörten die internen Zollgrenzen im Politik zu tun. Die Statistiker lebten damals noch auf gemeinsamen Markt. Deshalb fasste die Kommission einem anderen Stern als die Politiker: Als ob es um sehr schnell ihre Abschaffung ins Auge, zumal die einen Wettstreit ginge, verbringt Eurostat seine Zeit Binnenzölle verschwunden waren und der Zoll im mit Themen, die bereits von anderen internationalen Wesentlichen zu einer Verwaltungsstelle für die Mehr- Einrichtungen wie dem Statistikbüro der Vereinten wertsteuer an den Grenzen geworden war. Nationen oder der OECD bearbeitet werden.

Nun beschafften aber die Zöllner die notwendigen Und dann beschwerte es sich, dass es von der neuen Informationen für die Statistiken über den innerge- Kommission nicht ernst genommen wurde! Besuch von Professor meinschaftlichen Handel. Bei Eurostat machten Die Ernennung eines Generaldirektors stand ganz hin- Vilares, neuer Leiter des Gerüchte die Runde, wonach angeblich alle Dienst- tenan. Die Eurostat-Beamten übermittelten Jacques Nationalen Statistischen stellen (Landwirtschaft, Industrie, volkswirtschaftli- Amtes von Portugal (INE) Delors eine Kopie der Petition, die auch Gaston Thorn che Gesamtrechnung, Zahlungsbilanz und natürlich im Oktober 1986. seinerzeit schon erhalten hatte (siehe oben). die Außenhandelsstatistik) auf dem Prüfstand waren. Aufgefordert, die Sache zu beschleunigen, traf die Kom- Die ersten Monate des Jahres 1985 waren sehr bewegt. mission am 1. Oktober 1985 die weise Entscheidung, Die Aufregung steigerte sich noch, als die Kommissi- Silvio Ronchetti zum Generaldirektor zu ernennen. Da on am 1. Juli 1985 ihr Weißbuch über die Vollendung dieser kurz vor dem Pensionsalter stand, gewann die des Binnenmarktes vorlegte. Ein Abschnitt befasste Kommission damit Zeit, darüber nachzudenken, was aus sich mit der Statistik des innergemeinschaftlichen Eurostat werden sollte. Angesichts des schwierigen Dia- Handels: Die Statistiker brauchten sich doch nur zu logs zwischen den einzelnen Generaldirektionen, die organisieren, und weshalb sollte man keine Erhebun- dringend Daten benötigten, und einem Eurostat, das gen durchführen? bereits vom 21. Jahrhundert träumte, wurde in Brüssel mit wachsendem Nachdruck gefordert, die Statistik Auf der Konferenz der Leiter der NSÄ im Mai 1985 in nach britischem Vorbild zu organisieren: In Luxemburg Heerlen galt „Business as usual“. Auf der Tagesord- sollte eine Bevölkerungsabteilung und eine für die Syn- nung stand nur ein großer Themenkomplex, die neuen thesen zuständige Direktion eingerichtet werden, und peripheren Statistiken wie Armut und Einkommens- die verschiedenen Statistikbereiche sollten auf die soge- verteilung, Spitzentechnologien, internationaler nannten operationellen Generaldirektionen in Brüssel Dienstleistungsverkehr oder auch Schattenwirtschaft verteilt werden. oder Umwelt. Alle diese Themen würden die Statisti- ker mindestens noch zwanzig Jahre lang beschäftigen. Dabei hatte man die Rechnung allerdings ohne Silvio Jedes einzelne ist überaus interessant, aber keines Ronchetti gemacht, der sich für seine zweijährige Übergang und neuer Schwung: von 1985 bis 1991 121

Amtszeit drei Prioritäten gesetzt hatte: die Verteidigung gegangen waren. Im April 1987 wird der portugiesi- der Einheit der europäischen Statistik und Widerstand sche Direktor José Antonio Brito da Silva Girao ihn gegen die Idee der Dezentralisierung, die Stärkung der an der Spitze der Außenhandelsstatistik ersetzen. internen Organisation von Eurostat und ... die Suche Alain Chantraine übernimmte die Leitung der Direk- nach einem geeigneten Nachfolger, der in der Lage sein tion „Informationsverarbeitung und -verbreitung“ von sollte, den Aufbau von Eurostat zu vollenden. Wie sich Joseph Nols. Fünfzehn Jahre, bevor die Kommission gezeigt hat, konnte er seine Ziele erreichen. dies allgemein vorsah, richtete er ein Referat für die Verwaltung der Mittel ein, das kurz darauf von Alber- Ein Generaldirektor für den Übergang to De Michelis übernommen wurde.

Der Bericht der Reflexionsgruppe über die Prioritäten von Ein Generaldirektor steht gelegentlich vor unerwarte- Silvio Ronchetti und Kollegen, die zur Zeit des Eurostat 1986 ist ein Unternehmensplan, ohne so zu ten Herausforderungen. So ist beispielsweise Palmela als Tagungsort der Konferenz der Leiter der NSÄ im Beitritts der neuen heißen. Die darin verankerten Ideen setzen sich allmählich Mitgliedstaaten 1986 in durch: CDIS, CEIES, ein Service-Denken gegenüber den Mai 1986 all jenen im Gedächtnis geblieben, die den Vorruhestand gehen. Generaldirektionen, eine stärker managementorientierte daran teilgenommen und alles aus der Nähe erlebt Arbeitsweise, neue Finanzierungsmöglichkeiten ... und das haben. Ende der Idee von Eurostats Zersplitterung zugunsten Wir waren nicht weit von einem Psychodrama ent- anderer Kommissionsdienststellen. Eine weitere Neuerung fernt, denn fast wäre es zum Putsch der Leiter der NSÄ ist die Art, wie der nächste Generaldirektor Eurostats gekommen. Wahrhaftig eine Feuertaufe für einen rekrutiert wird: mit Anzeigen in der Presse. neuen Generaldirektor!

Hinter vorgehaltener Hand wurde Silvio Ronchetti Und was für ein Einstieg für die beiden neuen Mit- oft mit Johannes XXIII verglichen: ein freundlicher, glieder Spanien und Portugal, die gerade erst der zugänglicher Herr, zudem sehr fleißig und sich seiner Gemeinschaft beigetreten waren. Aufgabe bewusst, wobei er sich darüber im Klaren war, dass er nur wenig Zeit hatte. Eurostat hatte damit begonnen, im Rahmen der Umsetzung des Weißbuchs über die Vollendung des Schon während er die Leitung ad interim innehatte, Binnenmarktes nach Alternativen für die Zollpapiere bemühte sich Silvio Ronchetti darum, die Kontinuität zur Erhebung von Einfuhr- und Ausfuhrdaten zu von Eurostat im Einvernehmen mit seinen Direkto- suchen. Es war zu dem Schluss gekommen, dass die ren-Kollegen zu sichern. Unter anderem musste er das Möglichkeit einer Datenerhebung direkt bei den Ausscheiden von mehreren Direktoren und Referats- Importeuren und Exporteuren weiter untersucht wer- leitern bewältigen, die anlässlich des Beitritts Spani- den sollte. Schon damals wurde die sicher ens und Portugals teilweise vorzeitig in den Ruhestand intelligenteste und wirtschaftlichste Lösung in Erwä- 122 Erinnerungen Eurostats

gung gezogen, nämlich die alleinige Erhebung der Aus- la, von dem Projekt erfahren hatte, verlangte er, dass fuhrströme. ihm der Bericht der Gruppe vorgelegt werden sollte. Er wollte vor allem prüfen, ob sich die Prioritäten von Entsetzlich! So detaillierte und zuverlässige Informa- Eurostat und die zur Verfügung stehenden Mittel die tionen, wie sie der Zoll liefert, sind auch weiterhin not- Waage hielten, bevor dem Rat Mitte 1987 das nächste wendig; durch die Datenerhebung bei den Unterneh- Statistische Programm vorgelegt wurde. men werden auf Unternehmen und statistische Ämter enorme Kosten zukommen; Länder, die gleichzeitig Im Bericht der Reflexionsgruppe sind einige Ideen Inseln sind, können die Herkunft von Waren, die sich angelegt, die sich in den Jahren darauf nach und nach in einem Schiff befinden, nicht unterscheiden; 1988 durchgesetzt haben: der CDIS (1), der CEIES (2), das wird ein Einheitspapier eingeführt, nur um 1992 wie- Angebot eines Dienstes bei den Generaldirektionen, Annette De March und der abgeschafft zu werden; usw. Alle nur denkbaren eine eher unternehmerisch geprägte Arbeitsweise, die Silvio Ronchetti bei Eurostats Gala-Abend im Argumente wurden angeführt, um die Zollbeamten auf Finanzierung bestimmter Projekte aus dem operatio- Kasino von Mondorf am ihrem Posten zu belassen, und sei es in einer Statistiker nellen Haushalt der Kommission. Im Grunde handel- 30. Oktober 1986. Eine uniform. Ohne Eurostat, das seine Beteiligung verwei- te es sich um einen Unternehmensplan, auch wenn er Tradition, die leider gerte, richteten die Leiter der NSÄ eine Erklärung an nicht so bezeichnet wurde. Andere Ideen sind geschei- danach nicht weitergeführt wurde… die Kommission, die Kommissar Alois Pfeiffer übermit- tert, denn Statistiker sind auch ein wenig Träumer. telt wurde. Darin wurden die politischen Instanzen aufgefordert, die Statistiker nicht vor vollendete Tatsa- Auf jeden Fall führte der Bericht dazu, dass die Idee, chen zu stellen und die Datenerhebung für Statistiken Eurostat zu zerstückeln und in die Dienststellen der über den innergemeinschaftlichen Handel nicht Kommission einzugliedern, (endgültig?) ad acta gelegt unmöglich zu machen. Glücklicherweise ist es den Sta- wurde und grünes Licht gegeben werden konnte für tistikern nicht gelungen, den Binnenmarkt zu verhin- die Ausarbeitung des nächsten Statistischen Pro- dern! Intrastat konnte entstehen. gramms und die Vorgabe einer kohärenten Leitlinie für die Entwicklung der Gemeinschaftsstatistik. Um die Situation für seinen Nachfolger zu ordnen, setzte der Generaldirektor im Mai 1986 eine Reflexi- Noch eine andere Geschichte prägte den Zeitraum onsgruppe ein, die sich mit den mittel- und langfristi- zwischen 1986 und 1987: die Suche nach dem näch- (1) Leitender Ausschuss für statistische Information. gen Prioritäten von Eurostat befassen sollte. Der sten Generaldirektor für Eurostat. Es war ja inzwischen Gruppe gehörten Piero Erba, Photis Nanopoulos, üblich, die Kommission darauf hinzuweisen, dass es (2) Europaischer Beratender Alain Chantraine und Alberto De Michelis an. Alle darauf ankam, einen kompetenten Generaldirektor Ausschuss für statistische Informationen im Direktoren und Referatsleiter haben einen Beitrag jenseits aller nationalen Quoten zu finden. Schon Wirtschafts- und dazu geleistet. Nachdem der Kommissar, der noch 1977 und 1984 hatten die Leiter der NSÄ Ent- Sozialbereich. immer erschüttert war von den Ereignissen in Palme- schließungen an die Kommission gerichtet. Im Übergang und neuer Schwung: von 1985 bis 1991 123

November 1986 folgte eine weitere mit der Bitte, von Nachdem die Vorauswahl durch mehrere Gespräche der Kommission in die Entscheidung einbezogen zu bestätigt worden war (was der Verbindung Washing- werden. Die Kommission entsprach dieser Bitte nicht. ton/Brüssel sehr zugute kam), entschied sich die Kom- mission endgültig für Yves Franchet. Sein Flug von Die Eurostat-Beamten ihrerseits hatten eine Petition Washington nach Brüssel/Luxemburg am 1. Novem- zunächst an die Thorn-Kommission und dann an die ber 1987 brachte den Generaldirektor von Eurostat Delors-Kommission geschickt. nach Europa zurück.

Nachdem die internen Wege ausgeschöpft waren, ging die Kommission einen für die damalige Zeit „innovati- Den Wandel gestalten ven“ Weg und suchte über Zeitungsanzeigen einen Generaldirektor. Jacques Delors wird 1989 in seinem Amt bestätigt. Die Yves Franchet, Statistik wird anvertraut, dem Generaldirektor seit 1987. Neue Hoffnung keimte auf: Die Kommission machte ersten Kommissar, der regelmäßig an den Sitzungen der ihr Vorhaben öffentlich, was der Operation zum Erfolg Leiter der NSÄ teilnimmt und die Dienststellen von Eurostat verhelfen würde. besucht. Wofür 1989 vor allem steht: den Fall der Berliner Mauer — eine politische Herausforderung für Europa, aber Abgesehen von ein paar verirrten Spaßvögeln melde- auch eine Herausforderung für Eurostat und die ten sich auf die Annonce interessante Kandidaten, so statistischen Ämter der Mitgliedstaaten. dass die aufgestellte Liste auf einen Glücksgriff hoffen ließ. Verschiedene Nationalitäten waren vertreten, Die ersten Jahre von Yves Franchet bei Eurostat waren wobei Briten und Franzosen überrepräsentiert waren. vor allem durch ganz unterschiedliche (gezielte) inter- ne wie externe Veränderungen gekennzeichnet. Ein gewisser Yves Franchet machte schon im ersten Gespräch einen sehr guten Eindruck. Er hatte beim Das Direktionsteam von Eurostat war unter Silvio INSEE angefangen und war Direktor der französischen Ronchetti teilweise erneuert worden mit der Ernen- Statistikhochschule ENSAE (École de formation des nung von zwei neuen Direktoren. Die Erweiterung war statisticiens) gewesen. Dann hatte er die Statistik ver- für mehrere hohe Beamte Anlass gewesen, vorzeitig in lassen und verschiedene Posten bei der Weltbank den Ruhestand zu gehen oder ihre Pensionierung zu bekleidet. Inzwischen arbeitete er in Washington als planen (Joseph Nols, David Harris, George W. Clarke, Chefkontrolleur bei der interamerikanischen Entwick- Egide Hentgen, Rolf Sannwald). Der freigewordene lungsbank. Wenn man die Leiter der nationalen Statis- Posten von David Harris blieb den Spaniern vorbe- tischen Ämter nach ihrer Meinung gefragt hätte, wäre halten. Yves Franchet hat ihn dann mit Fernando Yves Franchet sicherlich nicht der Favorit gewesen. Alonso de Esteban besetzt, der für die Sozialstatistik 124 Erinnerungen Eurostats

zuständig war. Lothar Jensen wurde Assistent des missar und Vizepräsident der Kommission Henning Generaldirektors, und Alberto De Michelis Berater für Christophersen zuständig. Der Professor für Wirt- „Programmplanung, Haushalt, Externe Beziehungen“. schaftswissenschaften und ehemalige Finanzminister Das Direktionsteam war sehr homogen: die meisten interessierte sich für die Statistik, die für ihn ein Mitglieder waren jünger als 50 Jahre, sie verfügten eigenständiges Ressort und nicht mehr nur Pflichtpro- über eine Zusatzausbildung und waren unterschiedli- gramm war. cher Nationalität. Insgesamt eine zusammenge- schweißte, auf Dauer arbeitsfähige Truppe, was eine Seine skandinavische Managementkultur ist all jenen wesentliche Voraussetzung dafür war, dass der Wandel, Beamten der Kommission noch in Erinnerung, die im den ganz Eurostat sich erhoffte, vollzogen werden Zeitmanagement geschult wurden während der Jahre, Berlin, 7. November 1989: konnte. in denen er für die Personalverwaltung zuständig war. die Mauer fällt! Das Statistische Amt lernte ihn als einen Mann ken- Auch unter den Leitern der NSÄ gab es in diesen Jah- nen, der es verstand, seine Zeit einzuteilen, denn er ren einige Veränderungen. In Frankreich wurde Jean war der erste Kommissar, der regelmäßig an Sitzungen Claude Milleron Nachfolger von Edmond Malinvaud, der Leiter der NSÄ teilnahm und ebenso regelmäßig in Dänemark folgte Hans Zeuthen auf Niels Verner die Dienststellen von Eurostat besuchte. Auch in Skak-Nielsen, in Deutschland trat kurz danach Egon Brüssel ließ sich die Sache gut an. Hölder an die Stelle von Günter Hamer, in Italien entstand eine neue Organisation, und Vincenzo Siesto 1989 änderte sich die geopolitische Lage Europas von vertrat das ISTAT in den Sitzungen der Leiter der Grund auf: die Berliner Mauer fällt. Deutschland feiert NSÄ. seine Wiedervereinigung, die mittel- und osteuropäi- schen Länder nabelten sich nacheinander von der Änderungen gab es auch innerhalb der Kommission. Sowjetunion ab. Eine politische Herausforderung für Nach dem Tod des für Eurostat zuständigen Kommis- Europa, aber auch eine statistische Herausforderung für sars Alois Pfeiffer übernahm Peter Schmidhuber des- Eurostat und die nationalen statistischen Ämter. sen Aufgaben bis zum Ende der Amtszeit. Der ehema- lige Eurostat-Mitarbeiter Hugues Baker sollte die stati- stischen Angelegenheiten im neuen Kabinett beglei- Die Grundlagen des Europäischen ten, was dazu beitrug, dass sich die Beziehungen zu Statistischen Systems entstehen Brüssel allmählich verbesserten. Das Europäische Statistische System, die Architektur der 1989 wurde das Mandat von Jacques Delors als Präsi- europäischen Statistik, nimmt Gestalt an: der ASP, die dent der Kommission erneuert. Für Wirtschaft und „Komitologie“, der „Ausschuss für die statistische Finanzen und die Statistik wurde der dänische Kom- Geheimhaltung“, der „Ausschuss für die Währungs-, Finanz- Übergang und neuer Schwung: von 1985 bis 1991 125

und Zahlungsbilanzstatistik“. Und die Krönung des Ganzen: träge verlangte nach einem Dialogforum, in dem sämt- das „Statistikgesetz“. Nach dem Muster der nationalen liche Anforderungen der Generaldirektionen der Statistikausschüsse entsteht auf europäischer Ebene der Kommission, die dabei zu setzenden Prioritäten und Europäische Beratende Ausschuss für statistische die Realisierung der Projekte behandelt werden konn- Informationen im Wirtschafts- und Sozialbereich, der CEIES. ten. Zu diesem Zweck richtete die Kommission den Aufgrund der 1989/90 erneut zur Debatte stehenden CDIS (Comité Directeur de l’information Statistique à la Wirtschafts- und Währungsunion verbessern sich die Commission — Leitender Ausschuss für statistische Wirtschafts- und Finanzindikatoren im Zuge der Annäherung Information bei der Kommission) ein. Zweimal pro der Wirtschaftspolitik ganz erheblich. Jahr sollten in diesem Statistikausschuss die Führungs- kräfte (mindestens auf Direktorenebene) aus den Um den Anforderungen des Binnenmarktes zu genü- Generaldirektionen zusammenkommen, um die Ent- gen, musste die Statistik formeller organisiert wer- Im April 1989 wird in wicklung des Statistischen Programms zu prüfen. Zwei, Brüssel ein Seminar über den. Man brauchte Entscheidungsstrukturen. Bis drei Jahre lang funktionierte der Ausschuss. Eurostat die Zukunft des dahin hatte man sich weitgehend auf den guten Wil- wurde ernst genommen, die Generaldirektionen spiel- Europäischen Statistischen len der Akteure in der Kommission und in den Mit- ten mit. Nach einigen Jahren machte sich jedoch Systems gehalten. gliedstaaten verlassen. Das funktionierte mit sechs Ermüdung breit; die Generaldirektionen wiederholten Von links nach rechts: Ländern, aber mit zwölf Staaten wurde es schwierig. immer wieder die gleichen Forderungen. In der Folge Jean Rippert, George Als, Auch die Anforderungen an die Zuverlässigkeit und kamen immer unbedeutendere Vertreter in den Aus- Jaques Delors, die Schnelligkeit wuchsen. Zur Beratung über diese Yves Franchet, José Antonio schuss, und das Interesse an den Diskussionen nahm Brito Da Silva Girao Fragen fand im April 1989 in Brüssel ein großes ab. Nach den Vorstellungen von Eurostat sollte der und Alain Chantraine. Seminar über die Zukunft des Europäischen Statisti- CDIS auch ein schwerfälliges Konsultationsverfahren schen Systems statt, an dem sich auch Jacques Delors zwischen den Dienststellen über die jährlichen Pro- und Henning Christophersen sehr aktiv beteiligten. gramme ersetzen, doch diese Vereinfachung wurde Sie ermutigten die Statistiker, ihre Tätigkeit mit von den Generaldirektionen der Kommission nicht allen Akteuren aus Wirtschaft und Gesellschaft akzeptiert. Am Ende war der CDIS dann eher ein gemeinsam zu strukturieren. elektronisches Forum als eine wirkliche Sitzung. So entstanden in den Jahren 1989 bis 1991 die Aus- schüsse, die in ihrem jeweiligen Fachbereich die ver- Die Konferenz der Leiter der NSÄ war auch bei der schiedenen Partner in die Programmgestaltung der Entwicklung der statistischen Programme an ihre Gren- statistischen Arbeit einbeziehen. zen gestoßen. Die europäischen Institutionen strebten vermehrt rechtliche Regelungen an und schufen das In der Kommission müssen die Prioritäten und die sogenannte Komitologie-Verfahren für die Gemein- Raymond Salvat Mittel verwaltet werden. Die neu aufkeimende Dyna- schaftspolitik. Da es mit zwölf Ländern zunehmend inmitten des weiblichen mik der Kommission in allen Politikfeldern der Ver- schwieriger wurde, sich auf „Gentlemen’s Agreements“ Organisationsausschusses. 126 Erinnerungen Eurostats

zu verlassen, schlug die Kommission 1989 vor, einen albereich, CEIES (Comité consultatif Européen de l’In- Das CEIES Ausschuss zur Verwaltung des Statistischen Programms formation Statistique dans les domaines Économique et unter Einbeziehung der Mitgliedstaaten einzusetzen. Sociale). Unter dem Vorsitz des für die Statistik „Aufgabe des CEIES ist es, den Rat und die Die Verordnung zur Schaffung des ASP (Ausschuss für zuständigen Kommissars und einer europäischen Per- Kommission bei der Koordinierung der das Statistische Programm) wurde am 19. Juni 1989 sönlichkeit finden sich im CEIES außer den Leitern Zielsetzungen im Bereich der Politik der vom Rat angenommen. Bevor die Arbeit aufgenommen der NSÄ Vertreter der Wissenschaft, der Sozialpart- gemeinschaftlichen statistischen Information wurde, wurde im Interesse der Funktionsfähigkeit des ner und der Medien aus den verschiedenen Ländern unter Berücksichtigung des Bedarfs der Benutzer und der von den Informationsproduzenten zu ASP zunächst einmal beschlossen, dass viermal pro Jahr und unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen. tragenden Kosten zu unterstützen.“ Artikel 1 des auf der Ebene der Leiter der NSÄ getagt werden sollte. Beschlusses des Rates vom 25. Februar 1991 Der ASP hat von Anfang an gut funktioniert und ist Die Kommission und der Rat brachten 1989 bis 1990 (91/116/EWG). auch heute noch so etwas wie ein effizienter Verwal- neuen Schwung in das Projekt Wirtschafts- und Der CEIES wurde im April 1989 auf einem Seminar tungsrat des Europäischen Statistischen Systems. Die Währungsunion. Die erste Stufe verlangte eine über die Zukunft des Europäischen Statistischen Konferenz der Leiter der NSÄ wurde dadurch erheblich erhebliche Verbesserung der Wirtschafts- und Finanz- Systems von Jacques Delors und Henning entlastet und wandelte sich zu einem „jährlichen Refle- indikatoren, um die Konvergenz der Wirtschaftspoli- Christophersen vorgeschlagen. Ihm gehören die xionsseminar“ über vorher ausgewählte Themen mit Leiter der NSÄ und Vertreter der verschiedenen tiken gewährleisten zu können. Zahlreiche Indikato- Gruppen aus Wirtschaft und Gesellschaft in aktiver internationaler Beteiligung. ren für den Finanzsektor und die Zahlungsbilanzen Europa an. wurden nicht von den statistischen Ämtern, sondern Den Vorsitz hat der für die Statistik zuständige In den meisten europäischen Staaten werden die sta- von den Zentralbanken erstellt. Der Ausschuss für das Kommissar inne, den stellvertretenden Vorsitz tistischen Ämter von einem Statistikrat beraten, der Statistische Programm hatte keinerlei Befugnis eine nicht der Kommission angehörende je nach Land ganz unterschiedliche Kompetenzen gegenüber den Zentralbanken. Persönlichkeit. Die drei stellvertretenden hat. Auf europäischer Ebene gab es nichts Entspre- Vorsitzenden waren: Professor Patrick Geary (IRL), chendes. Eurostat hatte den Ehrgeiz, seine Informati- Karen Siune (DK) und Joachim Lamel (A). Zwei Lösungen boten sich an. Entweder konnte man onsverbreitung dynamischer zu gestalten und sich das Handtuch werfen und den Zentralbanken die Jedes Jahr im November tritt der Ausschuss zu damit auch für die europäische Gesellschaft insgesamt einer Vollsitzung zusammen. Produktion dieser Informationen überlassen mit allen zur Verfügung stellen. Die schon früher aufgetauchte möglichen Risiken mangelnder Kohärenz. Da Untergruppen organisieren pro Jahr drei bis vier Idee eines Statistikrates kam wieder auf. Am Rande offene Seminare über wichtige Themen der Eurostat viel in die Koordination von Außenhandels- europäischen Statistik (siehe die Webseite von sei angemerkt, dass die ersten Vorschläge für einen konten und Zahlungsbilanzen und die Eingliederung Eurostat: Statistikrat von den Juristen des Ministerrates über- der Finanzkonten in das ESVG (Europäisches System http://www.europa.eu.int/comm/eurostat). haupt nicht gut aufgenommen worden waren. Ihre volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen) investiert Die Arbeit des Ausschusses richtet sich Auffassung: die Verträge sehen nur einen Rat vor, und hatte, entschied es sich für eine andere Lösung: die weitgehend nach den statistischen das sind wir! Einrichtung eines Ausschusses zur Koordinierung zwi- Fünfjahresprogrammen der Kommission. schen statistischen Ämtern und Zentralbanken. Das So entstand der Europäische Beratende Ausschuss für war eine Herausforderung, da diese Kooperation in statistische Informationen im Wirtschafts- und Sozi- kaum einem Land harmonisch verlief. Übergang und neuer Schwung: von 1985 bis 1991 127

Der Ausschuss für die Währungs-, Finanz- und Zah- Das Statistische Programm 1985 bis 1987, auf das lungsbilanzstatistiken (AWFZ) hat die Herausforde- bereits eingegangen wurde, lief weiter, obwohl das rung glänzend bestanden. Dem vom Rat am 25. Febru- Weißbuch über den Binnenmarkt die Prioritäten über ar 1991 eingesetzten Ausschuss (91/115/EWG), dem den Haufen geworfen hatte. Doch nicht alle Bereiche Statistiker und Bankleute angehören, ist es über alle waren davon betroffen. Erwartungen hinaus gelungen, das Statistische Pro- gramm in seinem Bereich effizient und ohne dauerhaf- Das nächste Programm hätte für die Jahre 1988 bis ten Bruch zwischen zwei Gruppen von Statistikern 1991 gelten sollen. Wegen der ungewissen Zukunft umzusetzen, die sich vorher kaum kannten (nicht ein- von Eurostat (siehe dazu die Forderung von Alois mal innerhalb eines Landes). Pfeiffer in Bezug auf Prioritäten und Ressourcen) und den an seiner Spitze erwarteten Veränderungen wurde Es wird sich noch zeigen, wie viel er zum Gelingen der beschlossen, sich auf ein vorläufiges Programm für Euro-Einführung beitragen hat. 1988 zu beschränken und es dem neuen Generaldirek- tor zu überlassen, das folgende Programm für 1989 bis Vorsitzende des Ausschusses waren Vertreter von Zen- 1992 auszuarbeiten. Das Programm für 1988 war nicht tralbanken und Statistiker: Hans van Wijk, Bart nur eine Verlängerung des vorangegangenen Pro- Meganck, Wolfgang Duchatczek, John Kidgell, gramms. Vielmehr kamen darin auch schon ganz all- Raphael Alvarez, Steven Keuning. mählich die Prioritäten der neuen politischen Initiati- ven der Kommission zum Ausdruck. Verwaltung des Statistischen Programms und der Ressourcen Das Programm 1989 bis 1992 markierte einen Wende- punkt in der Geschichte der statistischen Programme. Das Programm 1989 bis 1992 stellt für die statistischen Der Entwicklungsprozess dieses Programms und seine Programme einen Wendepunkt dar: es wird zu einem Integration in die Entscheidungsstrukturen und das Rechtsakt; zum ersten Mal werden hierfür spezielle Haushaltssystem waren wichtige Neuerungen. Haushaltsmittel bereitgestellt; der Ausschuss für das Statistische Programm wird hier angesiedelt; das Programm Das Statistische Programm wurde ein Rechtsakt, eine ist genau am Bedarf der Gemeinschaftspolitik ausgerichtet. Empfehlung des Rates. Damit war es kein reines Infor- Da die früheren Programme nur allzu häufig mationspapier mehr. ausgezeichnete Kataloge guter Absichten waren, wird 1989 der „Statusbericht des statistischen Programms“ Erstmals waren spezifische Haushaltsmittel daran geschaffen — für die einen ein wirksames Instrument für gebunden. Vorher war die statistische Arbeit aus dem die Verwaltung des Programms, „Big Brother“ für die allgemeinen Etat der Kommission für Studien finan- anderen. ziert worden. Dagegen sah das Programm 1989 bis 128 Erinnerungen Eurostats

1992 die Schaffung einer Haushaltslinie „Statistik- die Statistik, vornehmlich in den Bereichen, in denen politik“ im operationellen Haushalt der Kommission eine echte Gemeinschaftspolitik existierte wie Land- vor. Nach und nach hat diese neue Haushaltslinie eine wirtschaft und Außenhandel. Einige Länder hielten es erhebliche Anhebung der Mittel für die Statistik zuguns- für überflüssig, dass sich Juristen in die Statistik ein- ten von Eurostat und den Mitgliedstaaten ermöglicht. mischten, während andere darin eine unabdingbare Andererseits hat sie auch Schwierigkeiten in der inter- Voraussetzung für die weitere Arbeit sahen. In den nen Verwaltung verursacht: Die Haushaltsmittel stiegen Gemeinschaftsinstitutionen hat sich diese Auffassung schneller, als sie verwaltet werden konnten. durchgesetzt.

Eurostat konnte die Arbeit allein nicht mehr bewälti- In der Sache war das Programm jetzt sehr viel stärker gen und musste sich um Hilfe von außen bemühen. auf den Bedarf der Gemeinschaftspolitik ausgerichtet. Das Amt fand Unterstützung bei Einrichtungen ohne Der Binnenmarkt stand im Mittelpunkt der Prioritä- Erwerbszweck, die dem Rechtsmodell des Europäi- ten. Endlich erkannten die Statistiker an, dass sie sich schen Ausbildungszentrums für Wirtschaftsstatistiker auf die Aufhebung der physischen Grenzen innerhalb (CESD) folgten. TES (Training of european statistici- der Gemeinschaft einstellen mussten. ans) und Eurocost (European Center for Worldwide Cost Das Programm enthielt zwei Entwürfe für Rechtsakte, of Living Comparisons) entstanden. Außerdem vergab die gemeinschaftliche Standards betrafen. Ein Richtli- Eurostat Aufträge an private Unternehmen. Im Text nienentwurf regelte die Berechnung des BSP zur über die Jahre 1999 bis 2002 wird über die Probleme Ermittlung der Eigenmittel der Gemeinschaft. Die berichtet, die diese Entwicklung mit sich gebracht hat. Richtlinie wurde im Februar 1989 erlassen. & Siehe „Die Schulung europäischer Statistiker“ Eine Verordnung sollte sicherstellen, dass die Allge- Im Programm 1989 bis 1992 war schließlich auch vor- meine Systematik der Wirtschaftszweige in der EG gesehen, dass ein spezieller Ausschuss für die Koordi- (NACE) von allen Mitgliedstaaten übernommen nierung mit den Mitgliedstaaten eingesetzt werden wird. Erstmals war europaweit eine allgemeine statisti- sollte, der Ausschuss für das Statistische Programm. sche Systematik vorgeschrieben. Die Verordnung Seine Einsetzung war nicht nur für die Fortentwick- wurde im Oktober 1990 angenommen. lung wichtig, vielmehr fügte sich die Statistik damit auch weiter in die Rechtsstruktur Europas ein. Um Das Programm wurde in enger Zusammenarbeit mit den Fortbestand und die Finanzierung zu sichern, soll- den NSÄ vorbereitet und verfolgt. Es war die Zeit der te jedes neue Projekt auf einem Rechtsakt basieren, „programmatischen Dienstreisen“. eine Auffassung, die sehr umstritten war, da die Stati- stiker es nicht gewohnt waren, auf diese Weise zu Der Generaldirektor von Eurostat wollte alle NSÄ in arbeiten. Bis 1990 gab es nur wenige Rechtsakte für Begleitung sämtlicher Direktoren besuchen. In jedem Übergang und neuer Schwung: von 1985 bis 1991 129

Land hatte das neue Direktionsteam zwei oder drei denn von den Statistikern wurde jetzt verlangt, ihre Tage lang Gelegenheit, die nationalen Statistiker ken- Projekte an den politischen Zielsetzungen auszurich- nen zu lernen und sein Wissen über die jeweiligen sta- ten, ihre Ziele genau zu definieren und festzulegen, wie tistischen Systeme und ihr Verwaltungssystem zu ver- viel Zeit ihrer Mitarbeiter und welche Haushaltsmittel tiefen. Von diesen Dienstreisen haben alle profitiert. für die einzelnen Projekte eingesetzt wurden. Für sie Die nationalen Statistiker hatten zum ersten Mal seit war es „Big Brother“, der bei Eurostat Einzug hielt. langem das Gefühl, angehört und verstanden zu wer- den. Und auch für die Statistiker von Eurostat waren diese Besuche aufschlussreich, weil sie in so unter- Umbau von Eurostat schiedliche statistische (und gastronomische) Kultu- ren wie die der skandinavischen und der romanischen Mit Yves Franchet werden die „Tagungen der Direktoren“ Das Direktionskomitee im Jahr 1989. Länder eintauchen konnten. Eine gastronomische zum „Direktionskomitee“: Sämtliche Angelegenheiten Bewertung erscheint zwar nicht im Anhang zum Sta- Eurostats werden nach dem Kollegialprinzip bearbeitet. Die tistischen Programm, aber sie ist im Gedächtnis Rolle des MIMAC: Informations- oder Entscheidungsorgan? geblieben. Wie schon gesagt, gab es zu Beginn der Amtszeit von Eine striktere Einhaltung des Statistischen Programms Yves Franchet an der Spitze von Eurostat einige Ver- musste erreicht werden. Die früheren Programme änderungen unter den Direktoren, was sich mit der waren allzu oft reine Absichtskataloge geblieben. In Zeit auch auf die Ebene der Referatsleiter auswirkte. den Eurostat-Referaten verschwand das Programm Neue Referate, vor allem für die Bereiche Zusammen- nach seiner Annahme in der Schublade, und die arbeit mit dem Osten und Umwelt, wurden geschaf- Arbeit lief wie gewohnt weiter. fen. Die Wiedereinrichtung einer Direktion für die Agrarstatistik bahnte sich an. Als 1986 die Reflexionsgruppe über Ressourcen und & Siehe „Der Organisationsplan von Eurostat 1991 — Prioritäten eingesetzt wurde, war sich Eurostat bereits Direktionen und Referate“ bewusst, dass es an internen Führungsinstrumenten fehlte. Nur wenige Projekte hatten Form angenom- Die Änderungen betrafen nicht nur Personen, son- men, und man wusste kaum, wer was machte und mit dern auch die Arbeitsmethoden und die interne Kom- welchen Mitteln. Die Dokumentation, die bis dahin munikation. mühsam zusammengetragen worden war, bildete die Grundlage für den Entwurf 1989-1992: eines Durch- Bei Amtsantritt von Yves Franchet wurden die führungsschemas für das Statistische Programm „Tagungen der Direktoren“ zum „Direktionskomitee“. (TBPS — Tableau de bord du programme statistique). Dabei ging es nicht nur um eine neue Bezeichnung. Eurostat entging nur haarscharf einer Revolution, Das Direktionskomitee sollte sich als Kollegium mit 130 Erinnerungen Eurostats

Die Schulung europäischer Statistiker Von Rudolf Teekens (1)

Bereits 1989, lange bevor die Begriffe „lebenslanges Systems“ begann. Aus diesem ersten Bereich externe Tätigkeiten und Subventionen auf den Lernen“, „lernende Organisationen“ und Schulungsprogramm ist dann eine dauerhafte Prüfstand zu stellen, war es erneut Zeit für eine „Informationsgesellschaft“ in Mode kamen, Einrichtung geworden. Ungeachtet eines gewissen Veränderung. In enger Absprache mit Eurostat betrachteten die europäischen Statistiker das, was sie Starrsinns, der auf Gegenseitigkeit beruhte, schien die gründeten die Mitgliedstaaten der EU und der EFTA seinerzeit „fachliche Schulung“ nannten, als eine Chemie zwischen den alten Hasen in der europäischen eine zwischenstaatliche Stiftung, die voraussichtlich notwendige Voraussetzung für die nachhaltige Statistik und den Vertretern der angewandten im Jahr 2004 die Aufgaben des TES-Instituts Entwicklung der Statistik. Bestärkt durch die Wissenschaften zu stimmen. Inzwischen hat Eurostat übernehmen wird. Der Name der Stiftung lautet Empfehlung einer Sachverständigengruppe bestehend zusammen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen „European Training and Research Institute for Official aus Jean-Jacques Droesbeke, Robert Loynes, Phillipe Union und der Europäischen Freihandelsassoziation Statistics (Etrios)“ — Europäisches Bildungs- und Tassi, Manuel Vilares, Willem de Vries und Alberto De (EFTA) bereits in zwölf aufeinanderfolgenden Jahren Forschungsinstitut für die Amtliche Statistik — und Michelis gab der ASP 1989 grünes Licht für den Schulungsprogramme unterstützt, die sich an die macht deutlich, dass neben den „europäischen Beginn eines Schulungsprojekts. Einen weiteren Schub Mitarbeiter der eigenen statistischen Ämter sowie an Statistikern“ auch andere Zielgruppen angesprochen erhielt die Eurostat-Initiative dann im Jahr 1990, als Statistiker aus anderen Ländern richten. werden sollen. An der Schwelle zum 21. Jahrhundert Eurostat ein kleines Arbeitsteam unter der Leitung von machen Statistiker aus den Ländern der EU und der Rudolf Teekens ins Leben rief, dem Alex Zivoder, Das TES-Projekt führt wie viele andere externe EFTA pro Jahr nur noch fünfzig Prozent der Martine Corman und Inge Rommelfanger angehörten. Bereiche der Kommission gewissermaßen ein Kursteilnehmer aus. Das Team hatte die Aufgabe, das erste Nomadenleben: Es hatte zunächst bei einer privaten Jahresprogramm für das Projekt zur Schulung Dienstleistungsfirma Quartier bezogen und fand dann Auch hinsichtlich seines Standortes ist das TES-Projekt europäischer Statistiker (Training of European Unterschlupf beim CESD Communautaire. Nach fünf bisher nicht gerade sesshaft gewesen. Seit dem Statisticians — TES) aufzustellen. Jahren eines relativ friedlichen Nebeneinanders Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme mit drei Mitarbeitern in gründeten die Mitgliedstaaten eine unabhängige einer gemütlichen Zweizimmerwohnung im Wohngebiet Und so kam es dazu, dass das Schulungsprogramm gemeinnützige Vereinigung, die das Akronym für sich Belair zog das Team fünfmal um und ist jetzt mit elf nach zehn hektischen Monaten der Vorbereitung, in beanspruchte: Das TES-Institut verschaffte dadurch der Mitarbeitern (den Pool von etwa 200 Fachdozenten denen sich das Team mit „fünfzehn Kursen auf der Vereinigung die dringend benötigte operative nicht mitgezählt) in einem geräumigen Büro- und Suche nach einem Vorsitzenden“ befassen musste, im Unabhängigkeit. Die Wanderjahre waren damit aber Schulungszentrum in Howald am südlichen Stadtrand April 1991 mit dem Kurs „Die Funktionsweise der noch nicht beendet. Als die Kommission gegen Ende von Luxemburg untergebracht. Nicht unerwähnt Europäischen Gemeinschaften und ihres statistischen der neunziger Jahre begann, ihre gesamte Politik im bleiben sollte an dieser Stelle die Großzügigkeit der Übergang und neuer Schwung: von 1985 bis 1991 131

luxemburgischen Behörden, die die Büroräume seit Fachkräften, die sich als Dozenten eignen. Diese Effekte der Schulung auf das Leistungsvermögen der Gründung des TES-Instituts im Jahr 1996 kostenlos zur Doppelrolle ist ein zentraler Bestandteil der Kursteilnehmer im Bereich ihrer Arbeit. Verfügung stellen; neben der günstigen Lage in der Partnerschaft. Die Hauptaufgabe von Eurostat besteht Nähe von Eurostat ist das ein weiteres Argument für sicher darin, die politischen Vorgaben zu koordinieren Von 1991 bis Ende 2002 fanden im Rahmen der die Beibehaltung des Standortes in Luxemburg. und Schulungsmaßnahmen im Rahmen des Schulung europäischer Statistiker 377 Kurse, Seminare europäischen statistischen Systems festzulegen. Da es und Workshops mit insgesamt ca. 7 800 Teilnehmern Während der Zeit vom Beginn des Projekts bis zur sich um anwendungsbezogene Kurse handelt, werden statt; mehr als 4 100 dieser Teilnehmer kamen von den Gründung des TES-Instituts 1996 wurden die nicht nur Vertreter aus der Praxis benötigt, sondern statistischen Ämtern in der Europäischen Union und den EFTA-Ländern, etwa 2 100 aus den Ländern Schulungsaktivitäten von einem wissenschaftlichen auch Dozenten, die fundiertes theoretisches Wissen Mitteleuropas, ungefähr 600 aus den Ländern des Ausschuss genau verfolgt. Die Leitung des Instituts vermitteln; aus diesem Grund sind die Universitäten lag in den ersten sechs Jahren seines Bestehens in Mittelmeerraums und über 600 aus den GUS-Staaten seit Start des Projekts in das Netzwerk eingebunden. den Händen der hochgeschätzten Statistiker Pilar (Gemeinschaft Unabhängiger Staaten). Martin Guzman, Jan Plovsing, Timo Relander und Da die statistischen Ämter sich nicht hauptsächlich Robert Weides. Der Zuständige für das TES- Im Mittelpunkt der TES-Kurse stand immer der mit der Durchführung von Schulungen befassen, ist Schulungsprogramm bei Eurostat war Alberto De Austausch von Erfahrungen bezüglich der Frage, wie das TES-Institut als Partner (unter dem wachsamen Michelis, der diese Funktion bis zu seinem die Umsetzung theoretischer Konzepte es ermöglicht, Auge Eurostats) für die Kursorganisation Ausscheiden im Jahr 2000 innehatte und dann an praktische Probleme der täglichen Arbeit in der Photis Nanopoulos abgab. verantwortlich; das betrifft einerseits die amtlichen Statistik zu lösen. Möglicherweise hat akademischen Inhalte und Schulungsmethoden und gerade diese Formel in Verbindung mit einem strengen Es folgen nun einige kurze Bemerkungen zur andererseits die gesamte logistische Vorbereitung. Qualitätsmanagement entscheidend dazu beigetragen, Konzeption, Organisation und Durchführung der dass das TES-Institut heute noch existiert. Schulungen. Solange das TES-Institut besteht, sind Seine zweite Aufgabe, d. h. die Qualitätsüberwachung seine wichtigsten Partner Eurostat, die nationalen der in den verschiedenen Programmen angebotenen statistischen Ämter und die Universitäten. Den NSÄ Kurse, erfüllt das TES-Institut auf der Basis von und Eurostat kommt dabei eine Doppelrolle zu: Sie Bewertungen durch die Teilnehmer unmittelbar am (1) Direktor des Instituts zur Schulung europäischer Statistiker haben Bedarf an Schulungen für ihre Mitarbeiter und Kursende und anhand von Feedbacks von (besser bekannt unter dem englischen Kürzel: Training of verfügen gleichzeitig über ein Reservoir an Auftraggeberorganisationen über die mittelfristigen European Statisticians, TES). 132 Erinnerungen Eurostats

Der Organisationsplan von Eurostat 1991 — Direktionen und Referate

Generaldirektor: Yves Franchet • Stellvertretender Referatsleiter Sekretärin: Annette De March • Berichtigungskoeffizienten (Dino Gerardi) (Pierluigi Canegallo) Berater: (Programmplanung, Haushalt, Externe — Finanz- und Währungsstatistik — Industrie (Daniel Byk) Beziehungen): Alberto De Michelis (Jörg-Dieter Glatzel) — Stahlsektor (Franz Joseph Gnad f.f.) • Programmplanung (Klaus Reeh) — Systematiken (Adrien Lhomme) — Dienstleistungen und Verkehr (Marco Lancetti) • Haushaltsführung (Roger Linguenheld) Assistent: Lothar Jensen Direktion E — Sozial- und Regionalstatistik: • Statistische Forschung (Daniel Defays) Direktion C — Außenhandelsstatistik und Statistik des innergemeinschaftlichen Fernando Alonso de Esteban Direktion A — Informationsverbreitung und Handels, Beziehungen zu Drittländern: — Beschäftigung und Arbeitslosigkeit statistisches Informationssystem: Alain José Antonio Brito da Silva Girao (Hildegard Fürst) Chantraine: Alain Chantraine — Methodik und Klassifikationen des Außenhandels — Lebens- und Arbeitsbedingungen — Statistisches Informationssystem und des innergemeinschaftlichen Handels (Lídia Barreiros) (Gilles Decand) (Jacques Dispa) — Sozialsynthesen (Bernard Langevin) — Öffentlichkeitsarbeit, • Sonderaufgaben im Bereich der Methodik — Regionalstatistiken und Regionale Informationsverbreitung, Synthesen des Außenhandels (Richard Kuhner) Gesamtrechnungen (Hubert Charlier) (François de Geuser) — Erstellung der Statistik des Außenhandels — Information — Data Shop (Letizia Cattani) und des innergemeinschaftlichen Handels Direktion F — Statistik der Landwirtschaft, (Gilles Rambaud-Chanoz) der Fischerei und der Umwelt (David Heath f.f.) — Verwaltung der Datenbanken und Veröffentlichungen (Roger Cubitt) — Zahlungsbilanz und Analyse des Welthandels Berater (Koordinierung der Referate 1, 2 und 3, (Frank Schönborn) David Heath) Direktion B — Wirtschaftsstatistiken und • Zahlungsbilanz — Methodik und Studien VGR, Preise, Koordinierung der Arbeiten — Landwirtschaftliche Gesamtrechnung und (Jean-Claude Roman) i.Z.m.d. Binnenmarkt: Piero Erba Agrarstrukturen (Giuseppe Calò) — Beziehungen zu Drittländern (Thomas Scott) • Stellvertretender Referatsleiter — Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen — EFTA-Länder, Mittel- und osteuropäische (Fritz Pfähler) (Enrique Lozano) Länder (Klaus Löning) • Stellvertretender Leiter (Marco De March) — Agrarerzeugnisse und Fischerei — Koordinierung Statistik und VGR, VGR- (Hans Georg Baggendorff) Direktion D — Unternehmensstatistik: Methodik (Brian Newson) • Stellvertretender Referatsleiter Photis Nanopoulos — Preise, Kaufkraftparitäten, (Robert Peeters) Berichtigungskoeffizienten (John Astin) — Energie (Franz-Joseph Gnad) — Umwelt (Gertrude Hilf) Übergang und neuer Schwung: von 1985 bis 1991 133

allen Dossiers von Eurostat befassen. Es trat zu festge- Innovationen war der Ausschuss für die Vergabe freier legten Zeiten zusammen: jeden Montag um 15 Uhr. Stellen (CAV-Comité d'allocation des postes vacants). In Sehr schnell wurde es zum internen Entscheidungsgre- jeder Organisation bereitet die Umschichtung von mium von Eurostat, und die Ergebnisse seiner Debat- Mitarbeitern Schwierigkeiten. Durch neue politische ten wurden stets von allen erwartet. Initiativen konnte es aber dazu kommen, dass bestimmte Arbeiten aufgegeben und andere prioritäre Um die Arbeit des Direktionskomitees gut vorzuberei- Bereiche gestärkt werden mussten. Deshalb sollte jede ten und bekannt zu machen, versammelte jeder Direk- frei werdende Stelle (durch veränderte Aufgabenstel- tor seine wichtigsten Mitarbeiter (Referatsleiter und lung, Pensionierung usw.) von dem jeweiligen Referat andere) unmittelbar vor oder nach jeder Sitzung des für das gesamte Statistische Amt zur Verfügung gestellt Ausschusses. Die Sitzungen des Ausschusses bewirk- werden. Der Ausschuss hörte zunächst den Referats- ten einen guten Informationsfluss. leiter an und entschied dann darüber, ob die Stelle Außerdem gab es einen Ausschuss der Referatsleiter, wieder an das Referat gehen oder einem anderen der sich vor dem Amtsantritt von Yves Franchet quasi Bereich mit größerer Priorität zukommen sollte. Auf selbst eingerichtet hatte, bekannt unter dem französi- diese Weise konnte im Laufe von Monaten und Jahren schen Kürzel COCU (Comité des chefs d'unités). eine grundlegende Umstrukturierung des Personals vorgenommen werden. Nach einigen Jahren waren Unter dem seriöseren englischen Kürzel MIMAC die Möglichkeiten für weitere Änderungen allerdings (Middle Management) wurde er als Ausschuss für das weitgehend erschöpft. mittlere Management institutionalisiert.

Der MIMAC trat einmal monatlich zusammen, um Die Datenverarbeitung wird bei Eurostat anfallende Fragen von allgemeinem Inter- umstrukturiert esse zu behandeln. Jahrelang setzte er sich regelmäßig mit seiner Rolle auseinander. Während der Direkti- Ein Paukenschlag in der Kommissionsdirektion „Informatik“ onsausschuss im MIMAC ein Informationsgremium Anfang der 90er Jahre: Das Kabinett Jacques Delors schlägt sah, hätten ihm die Referatsleiter gerne Entschei- vor, die EDV in den Generaldirektionen komplett zu dezen- dungsbefugnisse verschafft. Es entstand ihnen hier tralisieren! Frustration, aber mehr noch war es ein Zeichen für die neue Dynamik bei Eurostat, denn jeder fühlte sich Anfang der 90er Jahre gab es einen Paukenschlag in angesprochen. der für die Datenverarbeitung zuständigen Direktion der Kommission. Das Kabinett von Jacques Delors Andere interne Koordinierungsgruppen und Task For- hatte große Schwierigkeiten mit der Verwaltung der ces wurden eingerichtet. Eine der interessantesten Datenverarbeitung bei der Kommission (Buchungssys- 134 Erinnerungen Eurostats

tem, Personalverwaltung usw.). Es schlug die vollstän- Vorteil, da es für seine Ressourcen im Bereich der dige Dezentralisierung der EDV und ihre Verteilung Datenverarbeitung selbst zuständig war und seinen auf die Generaldirektionen vor. Blieb noch die Frage, „Informatikanteil“ nach eigenem Bedarf einrichten wer die Systeme koordinieren sollte, sowie die der Ver- konnte. Außerdem brauchte es nicht die Datenverar- waltung der Großrechner, die zentralisiert bleiben beitung der gesamten Kommission zu verwalten und mussten. Da die Großrechner in Luxemburg standen konnte sich weiter auf sein Arbeitsfeld konzentrieren. und Eurostat ihr größter Nutzer war, schlug das Kabi- nett Delors folgerichtig vor, ihm die Zuständigkeit dafür zu übertragen. Damit hatte Yves Franchet eine Blick nach Osten sehr schwere Aufgabe: Er sollte Eurostat zum Auf- schwung verhelfen und die Umstrukturierung der Berlin, 7. November 1989: Fall der Mauer. Die Statistiker Datenverarbeitung in der Kommission leiten. Bevor er reagieren schnell: In den neuen Ländern Deutschlands zusagte, schlug er Jacques Delors vor, die organisatori- müssen sämtliche Statistiken umgestellt werden; dies ist schen Möglichkeiten in einer Studie eingehender zu nicht nur ein Additionsproblem, denn die Systeme waren untersuchen. Dafür stellte er den Leiter der für das grundlegend verschieden. Auf europäischer Ebene: Informationssystem zuständigen Eurostat-Direktion Einführung von Phare für die mittel- und osteuropäischen zur Verfügung, Alain Chantraine. Länder und von Tacis, das sich auch auf die ehemalige Sowjetunion erstreckt. Die Studie ergab, dass eine Dezentralisierung wün- schenswert und möglich wäre. Dabei sollten aber Berlin, 7. November 1989, die Mauer fällt. Dieses größere Aufgaben zentral bei der Kommission verblei- symbolträchtige Datum markiert die Geburtsstunde ben, als es sich die Mitarbeiter von Delors vorgestellt eines anderen Deutschland, aber auch eines anderen hatten. Blieb noch die Frage, wer die für die zentrale Europa. Datenverarbeitung zuständige Direktion leiten sollte. Eine Übergangslösung bestand darin, sie einem ande- Seit langem trafen sich Statistiker aus West- und ren Generaldirektor (Eddie Brackeniers) zu übertragen, Osteuropa in der Konferenz europäischer Statistiker dem auch in Luxemburg eine Dienststelle unterstand, (UN-Wirtschaftskommission für Europa). Sie lebten nämlich der Übersetzungsdienst. Diese Kombination nebeneinander in zwei politisch-wirtschaftlichen war zwar nicht unbedingt logisch, aber sie hatte den Systemen ohne Überschneidungen. Die wenigen Vorteil, dass der Übersetzungsdienst gut funktionierte Programme zum West-Ost-Vergleich der volkswirt- und sehr viel weniger Aufwand erforderte als Eurostat. schaftlichen Gesamtrechnungen oder der Preise ließen nicht auf eine Annäherung der Systeme hof- Die Dienststellen der Kommission kamen mit der fen. Dazu klafften die Grundlagen viel zu weit aus- Dezentralisierung gut zurecht. Für Eurostat war sie von einander. Übergang und neuer Schwung: von 1985 bis 1991 135

Von 1988/89 an wehte ein frischer Wind durch den die demnächst Mitglieder der Europäischen Union Osten. Polen, das bereits die Solidarnosc-Phase erlebt werden, in den Beitrittsverhandlungen die Übernah- hatte, lebte wieder auf. Ungarn folgte. me des gemeinschaftlichen Besitzstandes hervorra- gend darzustellen. Die Kommission, die den Wandel begleiten wollte, schuf das Hilfsprogramm zur Umgestaltung der Wirt- Der Fall der Berliner Mauer hat die Wiedervereini- schaft Polens und Ungarns Phare (Pologne-Hongrie: gung Deutschlands ermöglicht. Damit hat ein Mit- aide à la reconstruction économique). Erste Feststellung: gliedstaat sein Gebiet erheblich verändert. Alle Stati- Wo steht die statistische Information, und was will sie? stiken mussten angeglichen werden, doch mit einfa- Gemeinsam mit INSEE und dem Statistischen Bun- cher Addition war es nicht getan, da sich die Systeme desamt schickte Eurostat 1989 eine Sondierungsgrup- von Grund auf unterschieden. In erster Linie war dies Mit dem Fall der Berliner pe nach Polen, um Möglichkeiten für eine Hilfestel- ein internes deutsches Problem, das aber auch für Mauer wurde die lung beim Wiederaufbau der Statistik zu prüfen. Im Europa Konsequenzen hatte. Zunächst einmal konzen- Wiedervereinigung Jahr darauf reiste eine Delegation nach Ungarn. So trierte das Statistische Bundesamt alle Mittel auf diese Deutschlands möglich. Alle Statistiken müssten begann eine Zusammenarbeit, die sich immer weiter Aufgabe. Damit war Deutschland nicht mehr in der angepasst werden! ausbreitete. Geografisch wurde Phare auf alle mittel- Lage, neue europäische Projekte in Angriff zu neh- Statistiker aus den und osteuropäischen Staaten ausgeweitet, während men. Dann mussten die europäischen Prioritäten für Ländern der sich Tacis (Technical Assistance to the Confederation of die Anpassung der verschiedenen europäischen Stati- Bundesrepublik Deutschland zu Besuch Independant States) auf die Länder der ehemaligen stiken berücksichtigt werden. Bei Eurostat wurde eine in Luxemburg. Sowjetunion erstreckt. Inhaltlich wurde die Zusam- interne Arbeitsgruppe eingerichtet, um mit dem menarbeit vertieft: Nach einer ersten Phase des Ken- Statistischen Bundesamt über die Einbeziehung dieser nenlernens und der gegenseitigen Unterrichtung wur- Prioritäten zu beraten. Im Nachhinein kann man den immer konkretere Projekte ins Leben gerufen. Sie sagen, dass die statistische Wiedervereinigung „unfall- ermöglichten es den statistischen Ämtern der Länder, frei“ über die Bühne gegangen ist. Liebesgeschichte zwischen dem Euro und der Statistik

In den 90er Jahren folgt die Statistik der Politik:

Der Maastricht-Vertrag sieht die Einführung des erarbeitet, in dem sein Zweck, seine Aufgabe, seine Euro vor, der Stabilitäts- und Wachstumspakt legt Legitimität und seine Vision dargestellt werden. strenge Kriterien fest, die mit Hilfe der europäischen Statistik überwacht werden. Durch Die Kooperation zwischen Eurostat und den NSÄ den damaligen Artikel 213A des EG Vertrags und wird verstärkt, wobei die Ziele und Aufgaben das „Statistikgesetz“ erhält das Europäische genauer festgelegt werden. Die statistischen Statistische System einen rechtlichen Rahmen. Programme enthalten klare Prioritäten.

Eurostat als Betreiber des statistischen Netzes 1998 bezieht Eurostat ein neues Domizil: das modernisiert sich. Ein Unternehmensplan wird Bech-Gebäude. Werbekampagne der Kommission für den Euro im Jahr 1998 (Zeichnung von Albert Rocarols). 1992>1998 von 1992 bis 1998

Von Maastricht bis Amsterdam der Gemeinschaft neue Zuständigkeiten (Umwelt, Kul- tur, Bildung, Verbraucherschutz, transeuropäische 1992 wird der Vertrag von Maastricht unterzeichnet: Netze) und sieht die Schaffung von zwei neuen Säulen Schaffung einer einheitlichen Währung; Einrichtung einer im europäischen Aufbau vor: Polizei und Justiz sowie europäischen Zentralbank. 1993 wird der Binnenmarkt Außen- und Sicherheitspolitik. Mit einer gewissen Realität. Große Schritte nach vorn für die europäische Zurückhaltung gegenüber der Dynamik der Kommissi- Statistik im Jahre 1997: der damalige Artikel 213A des EG on beschließen die Staatschefs jedoch, die beiden Vertrags. Außerdem steht die Statistik auf der Liste der neuen Säulen unter ihrer Aufsicht zu behalten und sie Politikbereiche, die unter die Mitentscheidung des auf zwischenstaatlicher Ebene zu regeln. Europäischen Parlaments fallen. Franz-Joseph Gnad, im Der Maastricht-Vertrag sieht auch die Schaffung einer Jahr 1992 Referatsleiter für die Beziehungen 1. Januar 1993: Die Schlagbäume werden beseitigt. Von europäischen Zentralbank vor, die mit der Errichtung nun an können Waren und Personen ungehindert die mit den Ländern der eines europäischen Währungsinstituts und des europäi- europäischen Grenzen passieren. Das Kapital war schon etwas früher schen Zentralbanksystems beginnt und die 1998 abge- Freihandelszone. dran. Natürlich ist es immer noch nötig, einige Aus- schlossen sein soll. weispapiere bei sich zu tragen: Pass oder Intrastat- Erklärung; aber das ist kein Hindernis mehr. Ein ehe- Im Mai 1992 wurde auch der Vertrag über den Europäi- maliger Zollposten zwischen Luxemburg und Deutsch- schen Wirtschaftsraum unterzeichnet, der die Länder land wird sogar in einen Einkaufsmarkt umgewandelt. der europäischen Freihandelszone (mit Ausnahme der Schweiz) an einige Gemeinschaftspolitiken anbindet. Der europäische Aufbau geht weiter. Die nächste Etappe Österreich, Schweden, Finnland, Norwegen, Island ist schon erfolgt: Am 7. Februar 1992 wird ein neuer und Liechtenstein wurden zu neuen Partnern, wobei Vertrag in Maastricht unterzeichnet. die drei erstgenannten Staaten der Gemeinschaftsfami- lie 1995 vollständig beigetreten sind. Der Maastricht-Vertrag sieht vor, dass Europa eine ein- heitliche Währung erhält, er begründet die europäische In den folgenden Jahren wurde die einheitliche Staatsbürgerschaft und das Subsidiaritätsprinzip, er gibt Währung vorbereitet. Die neue Kommission unter dem 138 Erinnerungen Eurostats

Konferenz der Leiter der Nationalen Statistischen Ämter in Dublin 1992. Liebesgeschichte zwischen dem Euro und der Statistik: von 1992 bis 1998 139

Vorsitz des Luxemburgers Jacques Santer hatte sich Statistiker in Aktion schon seit 1995 damit befasst. Monsieur Euro in der neuen Kommission war Yves Thibault de Silguy, der für Mitte der 90er Jahre werden die Statistiker und ihre Wirtschaft und Finanzen und für die Statistik zuständi- Indikatoren auf eine harte Probe gestellt: Die Eigenmittel ge Kommissar. der EU richten sich nach dem Bruttosozialprodukt, und anhand der Konvergenzkriterien von Maastricht werden die Im Dezember 1996 ergänzte der Stabilitäts- und Wachs- Länder bestimmt, die für den Euro bereit sind. Zwei tumspakt das Instrumentarium zur Verwaltung der Methoden, um das Haushaltsdefizit unter den Schwellenwert künftigen einheitlichen Währung. Er sieht u. a. eine von 3 % zu drücken: Kürzung der öffentlichen Ausgaben… stärkere Haushaltsdisziplin der Mitgliedstaaten vor. oder „kreative Buchführung“. Die Harmonisierung ist der Weg zur Vermeidung von „Zahlenschlachten“. Schon bei der Unterzeichnung des Maastricht-Vertrags war vorgesehen, dass einige der Themen von 1995 in Wenn man sich die politischen Ereignisse zwischen einem neuen Vertrag vertieft werden sollten. Dies 1992 und 1998 ansieht, kann man sich ohne weiteres wurde jedoch aufgeschoben, um den Prozess nicht zu vorstellen, dass die Statistiker in dieser Zeit hart auf die bremsen. Beim Aufbau Europas ist diese Methode der Probe gestellt worden sind. Sie waren bereits daran kleinen Schritte durchaus üblich. Man beschließt das, gewöhnt, dass statistische Indikatoren für die Verwal- worüber man sich einig ist, und über alles andere wird Damaliger Artikel 213 A des tung verwendet wurden, zur Berechnung der Eigenmit- EG Vertrags (Artikel 285) erst einmal weiter debattiert. tel auf der Grundlage des Bruttoinlandsproduktes. Der Maastricht-Vertrag fügte dem die inzwischen bekann- Der neue Vertrag über die Europäische Union wird im (1) Unbeschadet des Artikels 5 des Protokolls ten Konvergenzkriterien von Maastricht hinzu. Die über die Satzung des Europäischen Systems der Oktober 1997 in Amsterdam unterzeichnet. Darin wer- wirtschaftliche Konvergenz vor der Einführung der ein- Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank den einige Punkte institutionalisiert, die in Maastricht heitlichen Währung vollzog sich über die Begrenzung beschließt der Rat gemäß dem Verfahren des nur angerissen worden sind, wie die drei Säulen der der Staatsdefizite und der Inflation. Staatsverschul- Artikels 251 Maßnahmen für die Erstellung von europäischen Struktur und die Einführung neuer Politi- dung, Zinssätze, Kursschwankungen und Zahlungsbi- Statistiken, wenn dies für die Durchführung der ken, insbesondere der Sozialpolitik. lanzen mussten kontrolliert werden. Die Kriterien Tätigkeiten der Gemeinschaft erforderlich ist. „Staatsdefizit“ und „Inflation“ verlangten dem Europäi- Auch für die Statistik ist es ein großer Schritt nach (2) Die Erstellung der Gemeinschaftsstatistiken schen Statistischen System besonders viel ab. erfolgt unter Wahrung der Unparteilichkeit, der vorn. Ein Artikel des Vertrags behandelt die Statistik. Zuverlässigkeit, der Objektivität, der Außerdem wird die Statistik in der Liste der Politiken Ein Protokoll zum Maastricht-Vertrag legt die Moda- wissenschaftlichen Unabhängigkeit, der genannt, die im Mitentscheidungsverfahren des litäten für die Berechnung der Defizite und Staats- Kostenwirksamkeit und der statistischen Europäischen Parlaments beschlossen werden. schulden gegenüber dem ESVG (Europäisches System Geheimhaltung; der Wirtschaft dürfen dadurch keine übermäßigen Belastungen entstehen. & Siehe „Damaliger Artikel 213 A des EG Vertrags Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen) fest. Da es (Artikel 285)“ einen gemeinsamen Nenner geben muss, wurde dem 140 Erinnerungen Eurostats

Rat zunächst einmal vorgeschlagen, jedem Mitglied- verbessert werden. Dabei half das Programm Edicom. staat die Anwendung des ESVG vorzuschreiben, weil Eurostat hatte mehr Mittel zur Verfügung, um Intrastat sich nur so eine Zahlenschlacht vermeiden ließ. In der zu verbessern, als um die Konvergenzkriterien einzu- Verordnung des Rates (EG) Nr. 2223/96 vom 25. Juni führen! Die Kommission betätigte sich verstärkt in den 1996 wurde das ESVG verankert. Die Überwachung Bereichen schulische und berufliche Bildung, Umwelt, der Defizite steht auf einem anderen Blatt. transeuropäische Netze (Verkehr, Energie, Telemati- & Siehe „Das ESVG 95“ knetze), Migration, Rahmenforschungsprogramme usw. Also musste auch die Arbeit von Eurostat in die- Trotz aller Bemühungen der vorangegangenen Jahre sen Bereichen ausgeweitet werden. Auf der anderen war nie ernsthaft an einer Harmonisierung der Preisin- Seite gab es ehrgeizige Vorhaben, insbesondere im dizes gearbeitet worden: Die nationalen Indizes waren gewerblichen Bereich das Projekt „Prodcom“ und im zu eng mit den nationalen Tarifverhandlungen ver- sozialen Bereich das Projekt „Haushaltspanel“. knüpft. Nachdem gemäß Maastricht-Vertrag die Inflati- onsrate zu den strengsten Konvergenzkriterien gehörte, war es notwendig geworden, die Harmonisierung zu Während aus Brüssel eine steigende Nachfrage nach verbessern und die grundlegenden Divergenzen zu statistischen Informationen kam, erhöhten sich die beseitigen, beispielsweise bei der Einbeziehung der Mittel für Eurostat kaum. Es war auch kein Ende abzu- Wohnung (Mieten, Hypothekenablösung) in den sehen, denn in dieser Periode bereitete die Kommissi- Preisindex. Eurostat schlug die Schaffung eines harmo- on eine vollständige Änderung der Finanzierung ihrer nisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) vor. Der neue Politiken vor. 1998 wurde die Agenda 2000 angenom- Index sollte als Konvergenzkriterium verwendet wer- men, die sich in der Folgezeit auf die Arbeit auswirkte. den und möglicherweise eines Tages die nationalen Indizes ersetzen. Die Methode der kleinen Schritte Infolge des Vertrags über den Europäischen Wirt- wurde auch hier angewandt: Die Etappen definierten schaftsraum (EWR) musste das Europäische Statisti- die Positionen des Index vor der Harmonisierung, ange- sche System mit variabler Geometrie arbeiten. Wenn fangen bei der Lösung der kleinsten Probleme bis hin zu sich der ASP mit einer Sache befasste, war zu prüfen, einer vollständigen Harmonisierung. Die Basisverord- ob sie vom Vertrag über den EWR abgedeckt war. In nung wurde vom Rat am 23. Oktober 1995 angenom- dem Fall wurde mit 18 gearbeitet, andernfalls nur mit men. Die Durchführungsbeschlüsse sollten die Preisex- 12. Durch einige „Vergessene“ kam es in den ersten perten und den ASP über Jahre beschäftigen. Sitzungen zu diplomatischen Zwischenfällen, was aber nur dazu führte, dass die Sitzungen etwas lebhafter Es gab nicht nur den Euro. Die anderen Politiken wur- wurden. Allmählich gewöhnten sich alle daran, die den weiter entwickelt oder umgesetzt. So musste Intra- Dienststellen von Eurostat etwas langsamer als der stat, das seine ersten Ergebnisse vorlegte, grundlegend ASP. Liebesgeschichte zwischen dem Euro und der Statistik: von 1992 bis 1998 141

Das ESVG 95 — Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 1995 von Alberto De Michelis

Im Februar 1993 stimmte die Statistik- hatte die erste Version des ESVG ausgearbeitet, der Gemeinschaft) festgestellt hatte, dass sich kommission der Vereinten Nationen dem SNA-93 das zur Grundlage für die europäische die meisten Mitgliedstaaten bei der Erstellung endgültig zu. Die Revision des weltweiten volkswirtschaftliche und regionale der Konten auf nationaler Ebene gar nicht auf Systems volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen Gesamtrechnung werden sollte. Nach der das ESVG bezogen. Das europäische System war fünfzehn Jahre lang von hochrangigen Annahme des SNA-93 musste die zweite Fassung wurde nur zur Übermittlung der Daten an Experten (unter ihnen Piero Erba und Brian des ESVG aktualisiert werden, die Eurostat Ende Eurostat verwendet. Dadurch kam es zu Newson von Eurostat) unter Leitung der der 70er Jahre ausgearbeitet hatte. Verzerrungen in der Auslegung und Anwendung Intersekretariatsgruppe vorbereitet worden. Die der Buchungsregeln und Definitionen, und die Eurostat fasste zwei Beschlüsse. Erstens sollte abschließende Bearbeitung des Textes zog sich in ein Expertenteam unter Leitung von Alberto De Ergebnisse der Mitgliedstaaten wichen erheblich die Länge, und nur der Energie und der Michelis eingesetzt werden mit Enrique Lozano, voneinander ab. Das war nicht länger Kompetenz der von der Intersekretariatsgruppe Jörg-Dieter Glatzel, Werner Thon, Marcel Ernens, hinnehmbar, da sich immer mehr bestellten Leiterin des Bureau of Economic Christine Coin, Christian Ravets, Werner Bier und Gemeinschaftspolitiken auf die Analysis (USA), Carol Carson, ist es zu Gian-Luigi Mazzi für die Quartalsrechnungen. volkswirtschaftliche Gesamtrechnung bezogen: verdanken, dass die Revision des SNA zum Dieses Team befasste sich mit der Revision des Wirtschafts- und Währungsunion, Eigenmittel, Abschluss gebracht werden konnte. ESVG unter Bezugnahme auf das SNA-93, Regionalpolitik, Sozialpolitik, Agrarpolitik usw. Als die erste Fassung des SNA in den 60er Jahren unterstützt durch die Arbeitsgruppe „VGR“, der Im Juni 1996 nahm der Rat die von der entstand, hatte Eurostat beschlossen, eine die besten europäischen VGR-Experten Kommission 1995 vorgeschlagene Verordnung an, europäische Fassung des Systems zu erarbeiten, angehörten wie Heinrich Lützel, Jean-Etienne nachdem durch einige zusätzliche fachliche Chapron, Steven Keuning, Enrico Giovannini, das seinem Wirtschaftssystem besser angepasst Diskussionen das ESVG inhaltlich verbessert Mariano del Moral, Pedro Días Muñoz, Ann-Marie sein sollte. Ein Team unter Leitung von Vittorio worden war. Das neue „System Bråthen. Die neue Fassung wurde 1995 Paretti, dem Jean Petre, Piero Erba, Hugo volkswirtschaftlicher und regionaler abgeschlossen. Krijnse-Locker, Gustav Löhmann, Alain Gesamtrechnungen“ gilt seit 1999 in den Chantraine, Letizia Cattani und andere Eurostat- Zweitens wurde beschlossen, das revidierte ESVG Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Beamte sowie hochrangige VGR-Experten wie auf eine Verordnungsgrundlage zu stellen. EFTA und in allen Beitrittsländern sowohl für die Vincenzo Siesto, André Vanoli, Günter Hamer, Warum? Einfach deshalb, weil Eurostat bei der Übermittlung der Konten an Eurostat und als Franz Goevaerts und Kees Oomens angehörten, Harmonisierung des BSP (vierte Eigenmittelquelle auch als Grundlage ihrer nationalen Systeme. 142 Erinnerungen Eurostats

Das Europäische Währungsinstitut, die Zunächst war die Atmosphäre von Misstrauen und nochmal Misstrauen geprägt. Doch mit der Zeit kam Europäische Zentralbank, der Ausschuss die Zusammenarbeit in Gang. Der Leiter des Statisti- für Währungs-, Finanz- und schen Dienstes des EWI, Peter Bull, kam von der briti- Zahlungsbilanzstatistiken schen Zentralbank, die bei der Zusammenarbeit mit dem Central Statistical Office gute Erfahrungen Das europäische Währungsinstitut mit Sitz in Frankfurt gemacht hatte. Gemeinsam mit Alberto De Michelis bekommt eine statistische Abteilung sowie einen und Jörg-Dieter Glatzel gelang es ihm, seine Kollegen statistischen Ausschuss. Eine Arbeitsteilung mit Eurostat im AWFZ zu überzeugen und dabei eine genaue spielt sich ein. Der Ansporn der Europäischen Zentralbank: Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche beider Partner vor- „Wenn ihr es nicht macht, machen wir es eben selbst!“ zunehmen. Doppelarbeit und Widersprüche zwischen Aus der Affäre „France Télécom“ werden zwei wichtige zwei Institutionen, deren gemeinsames Ziel darin Schlüsse gezogen: Die Unabhängigkeit und das Ansehen der bestand, ein gemeinsames Projekt zum Erfolg zu führen, sollten vermieden werden. Der Preisindex und die Statistik hängen ab von einer guten Kommunikation Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung lagen in der zwischen Eurostat, den NSÄ und den Zentralbanken... und Zuständigkeit von Eurostat, für die Banken- und mit der Außenwelt, insbesondere mit der Presse. Währungsstatistiken waren die Zentralbanken verant- Zur Vorbereitung auf die Einführung der einheitlichen wortlich. Die Zuständigkeit für Zahlungsbilanzen und Währung war im Vertrag von Maastricht die Einrichtung Finanzkonten wurde geteilt. Wenn jeder seinen Ver- des Europäischen Währungsinstituts (EWI) und des pflichtungen nachkommt, müsste diese Arbeitsteilung Europäischen Zentralbanksystems vereinbart worden. funktionieren. Der Sitz des Europäischen Währungsinstituts wurde Eurostat und das Europäische Statistische System stan- nach Frankfurt vergeben, um die Unabhängigkeit den vor einer großen Herausforderung. Bei einem sich gegenüber den anderen Gemeinschaftsinstitutionen abzeichnenden Bedarf hörte man zuerst vom EWI und deutlich zu machen und um eine vernünftige Nähe zur später von der EZB (wenn auch mit diplomatischeren Deutschen Bundesbank zu schaffen, nach deren Vorbild Worten): Sagt uns, ob ihr es macht, sonst machen wir die Europäische Zentralbank (EZB) arbeiten sollte. Das es eben selbst! Für das Europäische Statistische System Europäische Währungsinstitut erhielt, wie jede neue war dies ein fabelhafter Ansporn, den Eurostat zum Institution, einen Bereich Statistik. Außerdem wurde Anlass nahm, seine Vorschläge voranzutreiben. ein Ausschuss für Statistik ins Leben gerufen. Für Eurostat stand fest, dass das geeignetste Forum für die Im Bereich der Zahlungsbilanzen, in dem die Zusam- Organisation der Zusammenarbeit mit dieser neuen menarbeit mit den Zentralbanken eine gute Tradition Institution der Ausschuss für Währungs-, Finanz- und hat, funktionierte die Arbeitsteilung ohne größere Pro- Zahlungsbilanzstatistiken (AWFZ) sein würde. bleme; die Zusammenarbeit wurde fortgesetzt. Liebesgeschichte zwischen dem Euro und der Statistik: von 1992 bis 1998 143

Die eigentliche Herausforderung betraf den Preisindex zum Referenzindikator wurde, als auch in den Mitglied- und die Berechnung des Defizits. staaten eingeführt. Einige Länder gaben sogar ihren alten Preisindex zugunsten des HVPI auf und machten Was den Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) diesen zum nationalen Referenzsystem. Diese Entwick- anbelangt, so wurde vom Rat am 23. Oktober 1995 nach lung wurde begünstigt durch die Inflationsrate, die sich langer Diskussion in den Arbeitsgruppen und im Aus- zu dieser Zeit auf einem sehr niedrigen Niveau beweg- schuss für das Statistische Programm eine Grundverord- te. Die Unterschiede zwischen den nach gemeinschaft- nung [(EG) Nr. 2494/95] verabschiedet. Dies war aber lichen und nationalen Methoden gemessenen Werten nur der Anfang der Umsetzungsarbeiten. Es wurden ein konnten nur sehr gering sein; in den meisten Ländern Arbeitsprogramm und eine Liste der Durchführungsbe- lag die Inflationsrate deutlich unter den 2 %, die im Arbeitsessen des schlüsse aufgestellt, und nach einigen einleitenden Maß- Nachgang zum Maastrichter Vertrag festgelegt worden „Executive Body“ nahmen sowie nach Festlegung der Übermittlungsmoda- waren. Der Übergang vom einen zum anderen System des AWFZ im Jahre 1998. litäten wurden nacheinander alle technischen Probleme ging reibungslos vonstatten. (Erfassungsbereich, Aufnahme neuer Produkte, Berück- sichtigung von Qualitätsschwankungen, Berechnung der Nach dem Vertrag von Maastricht und dem Stabilitäts- Gewichte usw.) in Angriff genommen. Über viele Jahre pakt darf das öffentliche Defizit den Wert von 3 % des begann der Ausschuss für das Statistische Programm Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht überschreiten: Um seine Sitzungen jeweils mit der Annahme einiger von sich für den Euro zu qualifizieren, mussten die Mitglied- der Arbeitsgruppe vorbereiteter Beschlüsse zur Durch- staaten ihr öffentliches Defizit auf weniger als 3 % des führung der Preisindexverordnung. Dank der Formulare BIP zurückführen. In vielen Ländern war das Defizit für den Meinungsaustausch auf elektronischem Wege höher. Es wurden zwei sehr unterschiedliche Methoden konnte die Diskussion ohne Verzug geführt werden; es angewandt, um diese Marke zu unterschreiten. Die erste brauchten nur die Ja- und die Neinstimmen sowie die Methode bestand darin, die Konten hauptsächlich durch Enthaltungen gezählt werden. Nur ein einziges Mal gab Reduzierung der öffentlichen Ausgaben auszugleichen. es bei dem ausgefeilten System eine Panne: Ein Leiter eines statistischen Amtes votierte nicht wie angekündigt Eine zweite, weniger noble Methode wird als „kreative und bewirkte damit den Wechsel der Mehrheit der Stim- Buchführung“ bezeichnet. Hier ein einfaches Beispiel: men auf die Gegenseite. Das darauf folgende „Hindernis- Die Goldbestände der Zentralbanken wurden in der rennen“ (Anrufung des Ministerrates nach Anhörung Jahresrechnung auf der Grundlage eines früheren des Europäischen Parlaments wegen eines rein techni- Nominalpreises bewertet. Bei Neubewertung zu einem schen Problems) war für alle eine gute Lektion. aktuelleren Preis ergab die Bilanz einen Wertzuwachs. Einige Länder wollten diesen Wertzuwachs zur Sen- Schließlich wurde das Problem aber gelöst. Der HVPI kung ihres öffentlichen Defizits verwenden. Das funk- wurde sowohl in der Europäischen Zentralbank, wo er tioniert aber nur einmal, so dass man sich im nächsten 144 Erinnerungen Eurostats

Der Fall „France Télécom“: Eine Nacht in der Bundesbank Von Enrico Giovannini

Die Bedeutung der Statistik innerhalb des verdammte Lügen und Statistiken“ die Während des Frühstücks am nächsten Morgen Prozesses, der zur Schaffung der Glaubwürdigkeit der Statistiken Eurostats und war die Atmosphäre immer noch sehr gespannt. Währungsunion führte, fand in der Zeit vor und des gesamten Europäischen Statistischen Einige Tage später zeigte sich jedoch, dass die nach Januar 1999 breite Anerkennung. Kaum Systems angefochten wurde. Harte Worte gab Unterredung erfolgreich war. Es gab nun eine bekannt ist dagegen, dass statistische Gründe es inzwischen auch von hochrangigen genauere und transparentere einmal fast zur Unterbrechung dieses Prozesses Vertretern einiger NZB, die ebenfalls die Verfahrensgrundlage der Entscheidungsfindung geführt hätten, und warum eine solche Gefahr Zuverlässigkeit der europäischen Statistik für Fälle, in denen die Buchung von bestand. Im Folgenden soll geschildert werden, anzweifelten. Innerhalb von nur 24 Stunden Transaktionen nicht eindeutig geregelt war. was sich in einer Nacht im Oktober 1996 wurde deshalb zur Erörterung der eingetretenen Außerdem herrschte nach der Sitzung bei allen zugetragen hat. Situation eine Sitzung des Verwaltungsrats in Mitgliedern des Verwaltungsrats Klarheit der Bundesbank in Frankfurt für den nächsten darüber, dass sämtliche beteiligten Ich war damals Direktor der Abteilung Abend anberaumt. Institutionen sich korrekt verhalten hatten, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen am und es bestand kein Zweifel mehr an der Statistischen Amt Italiens und Mitglied des Die Sitzung begann nach dem Abendessen und Tragfähigkeit und Aufrichtigkeit der AWFZ-Verwaltungsrats. Anfang Oktober wurde fand im Gästebereich statt, wo wir hinter Zusammenarbeit. der Ausschuss gebeten, Eurostat bezüglich verschlossenen Türen bis in die frühen einer Transaktion zwischen France Télécom (FT) Morgenstunden tagten. Gleich zu Anfang übten In der Folgezeit gab es noch eine Reihe und dem französischen Finanzministerium zu Vertreter der NZB vernichtende Kritik an der weiterer (nächtlicher) Sitzungen, in denen der beraten. Es ging dabei insbesondere um die Verfahrensweise Eurostats bei der AWFZ und sein Verwaltungsrats andere Fälle Frage, ob die Überweisung des Unternehmens Entscheidungsfindung, am Inhalt der erörterten, wobei die Mitglieder in einigen an die Behörde (für künftige Rentenzahlungen getroffenen Entscheidung, an der zweifelhaften dieser Zusammenkünfte auch unterschiedliche an die Mitarbeiter von FT) das öffentliche Kompetenz der NSÄ, die dafür gestimmt Meinungen vertraten. Die nach dem Fall Defizit gesenkt hätte oder nicht. hatten, usw. Nach ihren Worten war die „France Télécom“ eingeführte Verfahrensweise Glaubwürdigkeit des gesamten „Maastricht- hat sich jedoch bewährt. Sie bewirkte eine Nach einer Reihe von Gesprächen in den Prozesses“ ins Zwielicht geraten. Außerdem engere Zusammenarbeit zwischen den NZB, den zuständigen Arbeitsgruppen von Eurostat und gaben einige NZB ihre Absicht bekannt, nicht NSÄ, Eurostat und dem Europäischen gemäß dem seinerzeit geltenden Verfahren mehr mit Eurostat und den NSÄ Währungsinstitut (dem Vorläufer der sprach sich der AWFZ dafür aus, die Transaktion zusammenzuarbeiten, die für die Statistiken Europäischen Zentralbank) und führte zu als Senkung des Defizits zu verbuchen, obwohl zuständig waren, die zur Bewertung der viel Qualitätsverbesserungen in der europäischen dies nur von etwa der Hälfte der Mitglieder beschworenen „Konvergenzkriterien“ für die Wirtschafts- und Finanzstatistik. befürwortet worden war. Gegen die künftigen Länder der Währungsunion vorgeschlagene Lösung hatten sich vor allem Von Zeit zu Zeit, wenn ich beim Einkaufen mit herangezogen wurden. einige nationale Zentralbanken (NZB) Euros bezahle, denke ich an jene Nacht zurück, ausgesprochen. Eurostat entschied dann, dass Um es kurz zu machen: Die Sitzung endete um die für mich immer die „Nacht in der die betreffende Transaktion als Senkung des zwei Uhr nachts nach einer heftigen, aber Bundesbank“ bleiben wird. Ich danke den öffentlichen Defizits Frankreichs gewertet freimütigen Diskussion, in der alle Mitglieder klugen und vorausblickenden Menschen, die werden könnte, was jedoch bei Finanzanalysten bei der Darlegung ihrer Standpunkte und bei damals mit dabei waren. und in der Presse zum Teil auf scharfe Kritik der Suche nach möglichen Lösungen „ihr stieß. Es erschienen Artikel, in denen unter Bestes gaben“. Verweis auf den bekannten Satz „Lügen, Liebesgeschichte zwischen dem Euro und der Statistik: von 1992 bis 1998 145

Jahr etwas Anderes einfallen lassen muss. Dabei hatte Außenwelt, insbesondere mit der Presse, war in hohem man jedoch nicht mit der Wachsamkeit von Eurostat, Maße verbesserungsbedürftig. Die Maßnahmen, die des AWFZ sowie des Statistischen Ausschusses der Zen- danach zur Erläuterung eingeleiteten wurden, haben tralbank gerechnet. Sämtliche Fälle dieser Art wurden Früchte getragen. von den 15 Mitgliedstaaten in den oben genannten Gremien untersucht und ein Beschluss gefasst. Beim Gold lautete der Beschluss folgendermaßen: Der Wert- Internationale Zusammenarbeit zuwachs bei der Neubewertung wird zur Verminderung der öffentlichen Schulden genutzt. Dieser Beschluss ist Das europäische statistische System, dessen Bedeutung richtungsweisend und gilt für alle Länder, die sich für international wächst, muss seine Beziehungen zu den eine Neubewertung entschieden haben. Der Phantasie internationalen Organisationen überprüfen. Zu vermeiden: der öffentlichen Haushälter und der nationalen Volks- eine ungezügelte Konkurrenz. wirtschaftlichen Gesamtrechner waren keine Grenzen Die osteuropäischen Länder bitten Eurostat um Hilfe, um ihr gesetzt: die Zahl der zu untersuchenden Fälle von „krea- statistisches System an die Marktwirtschaft anzupassen. Ihr tiver Buchführung“ nahm täglich zu. Einer der markan- fachlicher Stand im Bereich Statistik und EDV ist hoch, doch testen Fälle war der Fall „France Télécom“. das Erbe der Planwirtschaft wiegt schwer. Eine gewaltige & Siehe „Der Fall „France Télécom“: Eine Nacht in der Aufgabe. Bundesbank“ Die französische Regierung beschloss die Privatisierung Der Europäische Wirtschaftsraum (EWR) funktionierte der Télécom, beließ aber die Rentenkassen der Télé- problemlos. Die Zusammenarbeit mit 18 europäischen com-Beschäftigten bei der öffentlichen Hand, so dass Ländern in einem auf einer immer stärkeren rechtli- die künftigen Rentenzahlungen zu Lasten des Staates chen Grundlage beruhenden Verwaltungssystem ver- gehen. Wo genau zwischen Abbau des Defizits und lieh dem Europäischen Statistischen System ein zuneh- Abbau der Staatsschuld sind die Privatisierungserlöse mend größeres internationales Gewicht. Die europäi- zu verbuchen? Es gab eine sehr heftige Diskussion, die schen Vereinbarungen, zu denen sich auch die mittel- zudem noch von der Presse in die Öffentlichkeit getra- und osteuropäischen Länder bekannt haben, zwangen gen wurde. Eine Krise konnte gerade noch verhindert dazu, die Beziehungen zu den internationalen Organi- werden. Schließlich einigte man sich auf die Reduzie- sationen vollständig neu zu überdenken. Die OECD rung des öffentlichen Defizits. Eurostat zog daraus zwei und die Konferenz der europäischen Statistiker als wichtige Lehren: 1. Die Unabhängigkeit und Glaub- Organ der Vereinten Nationen suchten ihren Platz im würdigkeit der Statistik gingen aus diesem Fall dank System der internationalen Zusammenarbeit. Dank eines gut funktionierenden Kommunikationssystems eines verstärkten Dialogs mit diesen Organisationen zwischen den Experten der NSÄ und der Zentralban- konnte die Gefahr einer ungezügelten Konkurrenz ken gestärkt hervor. 2. Die Kommunikation mit der gebannt werden. Es gab zwar bei konkurrierenden Pro- 146 Erinnerungen Eurostats

jekten mit Sicherheit gewisse Reibungen, insbesondere Die Aufgabe war enorm. Dabei stellte sich sehr schnell hinsichtlich der technischen Hilfe für die Länder heraus, dass Eurostat allein dieser Forderung nicht Osteuropas. Mit Hilfe einer „integrierten Darstellung“ entsprechen konnte, obgleich die entsprechenden Mittel der Arbeitsprogramme von drei Organisationen gelang über das Phare-Programm zur Verfügung standen. Die es den Partnern jedoch, Doppelarbeit und Überschnei- einzige Möglichkeit bestand in der Mobilisierung des dungen zu vermeiden. Auch eine aktive Teilnahme an gesamten Europäischen Statistischen Systems. So setzte den Sitzungen der Organisationen der Vereinten eine breit angelegte Kampagne zur Koordinierung der Nationen (UNO/New York, IWF, Weltbank) ermög- technischen Unterstützung ein. Alle statistischen lichte eine Intensivierung des Dialogs weltweit. Die Ämter, die dazu in der Lage waren, teilten sich die Auf- Unterzeichnung des Standpunkte der Europäischen Union fanden schließ- gabe und organisierten auf der Grundlage eines gemein- Abkommens über die lich Gehör und wurden in die internationalen Pro- sam aufgestellten Programms ein bemerkenswertes Zusammenarbeit zwischen gramme übernommen. Die Leiter der statistischen Management der Unterstützungsprojekte. Eurostat, den USA und Kanada im Schloss von Ämter der USA und Kanadas hielten es für wün- Burglinster im Jahr 1991. schenswert, ein Abkommen über die verstärkte Zusam- Dabei konnten mehrere Klippen umschifft werden. So menarbeit zwischen den statistischen Systemen der drei musste z. B. eine vollständige Übernahme der Paten- Wirtschaftsgebiete zu schließen. Aus diesem Anlass schaft eines Landes durch einen Mitgliedstaat der fand eine Festsitzung im Schloss Burglinster (Großher- Gemeinschaft vermieden werden. Man hätte sich bei- zogtum Luxemburg) statt. spielsweise die Förderung Bulgariens durch die Niederlande, Polens durch Schweden, Ungarns durch Diese transatlantischen Betrachtungen verstellten uns Frankreich, Sloweniens durch Italien usw. vorstellen nicht den Blick dafür, was sich östlich des Europa der können. Aber ein solches Vorgehen hätte den „Export“ Zwölf ereignete. Die Wiedervereinigung Deutschlands der nationalen Systeme begünstigt. Stattdessen wurden und die politische Entwicklung der mittel- und osteu- projektbezogene multinationale Teams eingesetzt, die ropäischen Länder riefen Eurostat auf den Plan. In nach Gemeinschaftsnormen arbeiteten und dabei die Deutschland wurden die statistischen Probleme vorran- Kultur der einen wie der anderen Seite respektierten. gig vom Statistischen Bundesamt gelöst. Eurostat be- Wollte also beispielsweise ein osteuropäisches Land ein schränkte sich darauf, den Prozess zu verfolgen und auf Registern beruhendes System errichten, übernahm seine Prioritäten geltend zu machen. ein nordisches Land die Patenschaft über dieses Pro- jekt. Zunächst forderten Polen und Ungarn, sehr bald aber auch die Tschechische Republik, die Slowakei, Bulga- Eine weitere zu umschiffende Klippe war, die Daten rien, Rumänien und Slowenien eindringlich die Hilfe sehr schnell verfügbar haben zu wollen und sie bei Eurostats bei der Anpassung ihres jeweiligen statisti- Bedarf an Ort und Stelle selbst zu erheben, ohne Know- schen Systems an die Marktwirtschaft. how zu vermitteln. Diese spektakuläre Vorgehensweise Liebesgeschichte zwischen dem Euro und der Statistik: von 1992 bis 1998 147

ist nur zu gut bekannt und hätte, kurzfristig, das Image Die politischen Umwälzungen weiteten sich noch stär- von Eurostat innerhalb der Kommission verbessert. ker nach Osten aus. Die Sowjetunion geriet ins Wan- ken und entwickelte sich unter Gorbatschow in Rich- Angewendet wurde jedoch eine andere Strategie, die tung auf eine Gemeinschaft unabhängiger Staaten. Die inzwischen auch Früchte trägt. Die ersten Jahre waren ehemaligen Sowjetrepubliken erhielten mehr Autono- durch intensive Ausbildungsmaßnahmen gekennzeich- mie und reorganisierten in diesem Zusammenhang ihre net. Neben der Ausbildung vor Ort wurden die für die Verwaltung, einschließlich ihres statistischen Systems. Statistiker der Europäischen Union im Rahmen des Noch einmal war die Europäische Union gefordert: sie TES-Programms angebotenen Kurse von den Statisti- verabschiedete das Tacis-Programm, das natürlich auch kern aus dem Osten geradezu überlaufen. Die Statistiker einen Statistik-Teil hatte. Im Rahmen einer sekreta- 17. Oktober 1994: des Europäischen Statistischen Systems, die diese Schu- riatsübergreifenden Arbeitsgruppe, die zunächst von Unterzeichnung der einem ehemaligen Generaldirektor des INSEE, Jean gemeinsamen Erklärung lungen durchführten, erhielten so einen guten Einblick von sieben Ländern in den Bedarf und den technischen Stand der statisti- Rippert, geleitet wurde, koordinierte Eurostat die Mittel- und Osteuropas schen Stellen in diesen Ländern, von denen man bis Arbeiten des Europäischen Statistischen Systems mit unter dem Vorsitz von dahin nur wenig wusste. Sie stellten dabei sehr schnell denen internationaler Organisationen (Vereinte Natio- Henning Christophersen. fest, dass das technische Niveau in Bezug auf Statistik nen, IWF, Weltbank und OECD) und spielte dabei eine und selbst Datenverarbeitung recht hoch war und dass sehr aktive Rolle, da es über die Mittel aus dem Tacis- sich die Schwachpunkte eher aus dem Erbe der Plan- Programm verfügte. Die anderen Organisationen waren wirtschaft herleiteten: staatlich gelenktes System, man- im Vergleich dazu ärmer, aber in der Lage, neben den gelnde Kenntnis der marktwirtschaftlichen Konzepte bereits angeforderten EU-Experten weitere Fachleute und des Angebots an modernen EDV-Ausrüstungen. zu mobilisieren. Nach dieser Ausbildungsphase war es an der Zeit, prak- tische Pilotvorhaben unter realen Bedingungen durchzu- Über der intensiven Zusammenarbeit mit den mittel- führen. Bei einigen Projekten, wie beispielsweise bei den und osteuropäischen Ländern sowie mit der ehemaligen Unternehmenserhebungen, konnten überwältigende Sowjetunion sollen die traditionellen Partner der Euro- Fortschritte erreicht werden. Am 17. Januar 1994, weni- päischen Union, wie z. B. die Länder Afrikas, der Kari- ger als fünf Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer, bik und des pazifischen Raumes, die durch die Abkom- konnten diese Länder in Anwesenheit von Henning men von Yaoundé und Lomé mit der Union verbunden Die Europa-Mittelmeer sind, und, seit dem Beitritt Spaniens und Portugals, die Konferenz: noch einmal Christophersen eine gemeinsame Erklärung unterzeich- organisiert Eurostat, nen, in der sie sich verpflichteten, der Europäischen Länder Südamerikas, nicht vergessen werden. zusammen mit dem Union statistische Daten nach Gemeinschaftsnormen zu Europäischen Statistischen liefern. Das Programm zur schrittweisen Anpassung, das Die Unterstützung durch die Europäische Union war System, umfangreiche Programme zur technischen in dieser Zeit aufgestellt wurde, wird bis heute eingehal- weiter gefragt. Es wurden zahlreiche bilaterale Abkom- Zusammenarbeit wie das ten. men geschlossen, die häufig ein der Statistik gewidmetes Medstat-Programm. 148 Erinnerungen Eurostats

Kapitel enthielten. Eines der bedeutendsten Abkommen wendung dieser Daten für die Überwachung der wurde mit China unterzeichnet, das Eurostat um Unter- Gemeinschaftspolitiken erforderten eine formellere stützung bei der Umstrukturierung seiner Außenhandels- Organisation der Gemeinschaftsstatistik. und Industriestatistiken gebeten hatte. Die zunächst letzten Verträge über Zusammenarbeit wurden im Die Berechtigung dieser Forderung wurde jeden Tag Gefolge der Euro-Med-Konferenz im November 1995 deutlicher. Die Regierungskonferenz arbeitete am Ver- in Barcelona mit den meisten Mittelmeeranrainerstaa- trag von Amsterdam, und die Vertragsentwürfe enthiel- ten geschlossen. Gleichzeitig wurde die Zusammenar- ten auch einen Artikel zur Statistik. In der Zusammen- beit im Bereich Statistik in dieser Region intensiviert. stellung der Befugnisse der Europäischen Zentralbank Noch einmal organisierte Eurostat zusammen mit dem sind ebenfalls Bestimmungen über die Erhebung statisti- Europäischen Statistischen System wichtige technische scher Daten zu finden (siehe oben). Hilfeprogramme, beispielsweise das Programm Medstat. Nach mehrjährigen Verhandlungen in den Arbeitsgrup- Wie groß ist doch die Welt für ein so kleines Eurostat! pen Eurostats und des Rates der Europäischen Union Glücklicherweise ist sie etwas weniger groß, wenn es verabschiedete der Rat am 17. Februar 1997 eine Ver- Eurostat gelingt, das gesamte Europäische Statistische ordnung über die Gemeinschaftsstatistik, im Fachjargon System zu mobilisieren. „Statistikgesetz“ genannt [(EG) Nr. 322/97].

Das Statistikgesetz und Dieses Gesetz, in dem die bestehenden Arbeitsmodalitä- ten des Europäischen Statistischen Systems kodifiziert Eurostats das Programm für 1993-1997 Generalversammlungen sind, markiert einen wichtigen Meilenstein für die Aner- (1994 und 1996). Das „Statistikgesetz“ von 1997, ein kraftvoller Hebel für das kennung der europäischen Statistik. Es enthält eine prä- Europäische Statistische System, verankert die Programmpla- zise Beschreibung der Programmplanung, der Grundprin- nung, die wesentlichen Grundlagen für die Erstellung von Sta- zipien für die Erstellung von Statistiken, insbesondere tistiken, die Grundlagen der Verbreitung und die Garantien für Unparteilichkeit und Unabhängigkeit, sowie der Grund- die Geheimhaltung. 1997 beschließt die Kommission formell prinzipien für die Datenverbreitung und die Gewährlei- die Rolle Eurostats innerhalb ihrer Dienststellen: Eurostat ist stung der Vertraulichkeit. Der Text wurde in allen mit die einzige „Gemeinschaftsbehörde“, die für die Erzeugung von dem Entscheidungsprozess befassten politischen Gremien statistischen Daten zuständig ist. Das statistische Programm 1993 bis 1997 ist kein „Katalog der guten Absichten“ mehr, (Europäische Kommission, Rat der Europäischen Union, sondern enthält eine Prioritätenliste. Es ist immer schwierig, Europäisches Parlament, Wirtschafts- und Sozialaus- negative Prioritäten festzulegen... schuss, Europäisches Währungsinstitut, einzelstaatliche Behörden) eingehend geprüft und erörtert. Die Rolle der Der explosionsartige Anstieg der Nachfrage nach stati- Statistik innerhalb der Gemeinschaftsstruktur wurde stischen Daten und insbesondere die zunehmende Ver- öffentlich und rechtlich anerkannt. Dies war und wird Liebesgeschichte zwischen dem Euro und der Statistik: von 1992 bis 1998 149

auch in Zukunft ein bedeutender Faktor bei der Durch- ten würden. Eine Definition der „negativen Prioritäten“ setzung des Europäischen Statistischen Systems sein. ist immer sehr schwierig. Es blieb noch viel zu tun, doch es war dies ein Schritt in die richtige Richtung. Schon bald darauf, am 21. April 1997, fasste die Kommission einen formellen Beschluss über die Rolle Zusammenarbeit mit den Nationalen von Eurostat innerhalb der Kommissionsdienststellen, der im Amtsblatt veröffentlicht wurde (97/281 EG). Statistischen Ämtern Darin wird Eurostat als die einzige für die Erstellung der Geografische Erweiterung, neue Zuständigkeitsbereiche, Gemeinschaftsstatistiken zuständige Dienststelle beschränkte Mittel: Die einzige Lösung ist eine erhöhte bezeichnet. Innerhalb der Kommission hat Eurostat Produktivität, die nur das Europäische Statistische System damit eine Handhabe, die es vor jeder politischen Ein- bewirken kann. Die automatische Rotation in einer mischung in seine Tätigkeit bewahrt. Wie sich jeder im „Partnerschaftsgruppe“ der Mitgliedstaaten trägt zur öffentlichen Dienst tätige Statistiker vorstellen kann, wirksamen Vorbereitung der Sitzungen des Ausschusses für wurde der Artikel über die Verbreitung der Daten am das Statistische Programm bei. Eurostat ist nicht alleiniger heftigsten diskutiert. Spielmacher, sondern koordiniert das Netz. Das Programm für den Zeitraum 1993-1997 war Gegen- Wie die vorhergehende Beschreibung der Ereignisse zeigt, stand eines Ratsbeschlusses vom Juli 1993 und wurde in war der Zeitraum 1992-1997 durch eine wachsende Span- Zusammenarbeit mit allen damals bestehenden Aus- nung zwischen geographischer Erweiterung und neuen schüssen erarbeitet. Es beruhte zwar noch nicht auf dem Zuständigkeiten einerseits und den verfügbaren Ressour- Statistikgesetz, nahm jedoch eine Reihe von Bestim- cen andererseits geprägt. In einem Unternehmen besteht mungen aus diesem Gesetz vorweg, für die der Rat seine in diesem Fall die einzige Lösung in einer Produktivitäts- Zustimmung bereits signalisiert hatte. steigerung. Zwar wurden interne Anstrengungen unter- nommen, doch reichten diese nicht aus. Es musste eine Das Programm fing an, sich von einem bloßen Katalog andere Arbeitsweise gefunden werden. guter Absichten zu unterscheiden: Das Kapitel II enthielt eine Prioritätenliste, auch wenn diese noch sehr weit Auch wenn einige diesen Namen nicht hören wollten: gefasst war. Als allgemeine Prioritäten wurden der Nur das Europäische Statistische System war in der Lage, Gemeinsame Markt, der Sozialbereich, die einheitliche dieser Herausforderung zu begegnen. Europäisches Statis- Währung, die internationalen Beziehungen und die tech- tisches System steht für eine enge partnerschaftliche nologische Entwicklung genannt. Jedes deskriptive Kapi- Zusammenarbeit zwischen Eurostat und den nationalen tel enthielt eine detaillierte Aufstellung der vorgesehe- statistischen Systemen, Bildung eines einzigen Pools von nen Aktionen. Bei genauer Lektüre stellt man allerdings Statistikern in einer Organisation, die niemand als föde- fest, dass auch die bereits laufenden Arbeiten aufgeführt rativ bezeichnen wird. Wie kann man diesen Weg gehen, waren und dass damit die verfügbaren Mittel überschrit- ohne die nationalen Empfindlichkeiten zu verletzen? 150 Erinnerungen Eurostats

Die Diskussion mit 15, zuweilen sogar 18 Ländern wurde nicht länger nur als alleiniger Spielmacher, son- erwies sich als sehr, sehr langwierig. Für eine Tischum- dern als Moderator des Netzwerkes betrachtet. Das frage, bei der die Zustimmung der 15 bzw. 18 Mitglied- Managementsystem wurde effektiver und könnte eines staaten zu einem einfachen Punkt erreicht werden soll- Tages als Modell für andere Bereiche dienen. te, musste in der Tagesordnung eine Stunde angesetzt werden. Beim geringsten Einwand war mit zwei Stun- Eine weitere beachtenswerte Neuerung in diesem den zu rechnen, um dann festzustellen, dass das Thema Zeitraum, die das Tempo der Diskussion beschleunig- neu zu behandeln ist. Daraus wurde die Idee geboren, te, war der Einsatz des elektronischen Schriftverkehrs. die Sitzung von einer kleinen Gruppe vorbereiten zu Warum sollte man eine Stunde in einer Sitzung ver- lassen, in der die unterschiedlichen Empfindlichkeiten bringen, nur um festzustellen, dass alle einverstanden (Nord/Süd, klein/groß, alt/neu usw.) vertreten sind. Das sind? Eine E-Mail würde ausreichen! Nach dieser Fest- Ergebnis war ein Reinfall. Es erwies sich als nicht mög- stellung wurde entschieden, jeder Tagesordnung und lich, die Länder auf angemessene und von allen akzep- den Sitzungsunterlagen ein elektronisches Formular tierte Weise zu klassifizieren. Allerdings war es dem beizufügen, auf dem jeder sein Einverständnis, seine AWFZ gelungen, ein durchsetzungsfähiges Exekutivgre- Ablehnung oder einen Kurzkommentar zu den Vor- mium zu schaffen. Als man schon drauf und dran war, schlägen von Eurostat abgeben konnte. Das Formular diese Idee aufzugeben, kam der Vorschlag für eine auto- wurde am Vorabend der Sitzung zusammengefasst und matische Rotation auf den Tisch. Es wurde eine Grup- verteilt. Es erhielten nur diejenigen das Wort, die pe gebildet, die sich zusammensetzte aus dem Land, das einen substanziellen Beitrag zu liefern hatten. Durch gerade den Ratsvorsitz innehatte, aus den zwei Län- diese einfache Technik konnte der Sitzungsablauf dern, die den Ratsvorsitz anschließend übernehmen beschleunigt werden, so dass ausreichend Zeit vorhan- werden, sowie aus den zwei Ländern, die ihn zuvor den war, sich auf wesentliche Punkte zu konzentrie- innehatten. Diese Gruppe soll am Vorabend der ASP- ren. Die Kombination eines solchen Vorgehens mit Sitzung zusammenkommen, um diese vorzubereiten: der Vorbereitung der Arbeiten durch die Partner- allgemeine Diskussion und Wahl der Tagungsordnungs- schaftsgruppe machte das Management der zahlrei- punkte, die reif für eine Behandlung auf der Plenarsit- chen Durchführungsbeschlüsse zu den Verordnungen zung waren. Jedes Land war zweieinhalb Jahre in dieser erst möglich, die mit der Einführung der einheitlichen „Partnerschaftsgruppe“ vertreten. Die Rotation des Währung in Zusammenhang stehen. Andernfalls hät- Ratsvorsitzes führte dazu, dass die unterschiedlichen ten die Leiter der NSÄ ein Drittel ihrer Zeit in Interessen berücksichtigt werden konnten. Welch Luxemburg verbracht! Bereits 1993 hatten sie nur Wunder: Es hat funktioniert und funktioniert weiter. sehr zögerlich akzeptiert, dass pro Jahr vier statt zwei Der Gruppe gelang es, alle Länder an der Tagesordnung ASP-Sitzungen stattfinden sollten. zu beteiligen und sie in die Verantwortlichkeit und in & Siehe „Anerkennende Worte ehemaliger und gegenwärtiger die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Eurostat Leiter der NSÄ“ Liebesgeschichte zwischen dem Euro und der Statistik: von 1992 bis 1998 151

Anerkennende Worte ehemaliger und gegenwärtiger Leiter der NSÄ

Die Gemeinschaftsstatistik bestimmt in Eurostat hat mithilfe der Kompetenz und Es war ein wichtiges Ereignis, als Eurostats Top- zunehmenden Umfang auch die nationalen Erfahrung der Mitgliedstaaten und der Management zur Programmplanung zu Statistics statistischen Programme. Eurostat muss Notwendigkeit, harmonisierte statistische Daten Finland gereist ist. Die Bewertung, die Eurostat im allerdings beachten, dass unverändert auch ein von den Mitgliedstaaten zu beschaffen, einen Hinblick auf die Einhaltung der statistischen erheblicher nationaler und regionaler maßgeblichen Beitrag zur Verbesserung des Vorgaben vornahm, hat die künftige Programm- Datenbedarf besteht, der mit den begrenzten europäischen statistischen Systems und des planung, aber auch die Finanzplanung beeinflusst. Ressourcen der nationalen Ämter erfüllt werden Wissens über die europäische Wirtschaft und Auf der anderen Seite war es auch ein Erlebnis, muss. Die Beziehungen zwischen Eurostat und Gesellschaft geleistet. Dies hat auch dazu dem obersten Management von Eurostat die den nationalen Statistischen Ämtern sind gut geführt, dass sich die nationalen statistischen finnische Saunakultur näher zu bringen. und kollegial, haben aber auch das nötige Systeme weiterentwickelt haben, insbesondere in Heikki Salmi (Finnland) Spannungsverhältnis, das in einer guten meinem eigenen Land. Partnerschaft ebenfalls bestehen sollte. Donal Murphy (Irland) Der Aufbau des Europäischen Statistischen Johann Hahlen (Deutschland) Systems ist ein fortlaufender Prozess, den Eine Stärke Eurostats ist, statistische Eurostat maßgeblich mitgestaltet und der durch Einige meiner Mitarbeiter waren nach ihrer Gesetzgebung der EU zu initiieren, die den NSÄ umfangreiche personelle und finanzielle Mittel Rückkehr von einer wichtigen Sitzung aus helfen kann, mehr Mittel für den Ausbau der erst möglich wird. Wichtig ist es, den Luxemburg empört oder sogar wütend, weil sie statistischen Infrastruktur im eigenen Land zu Leistungsabgleich innerhalb des Europäischen glaubten gespürt zu haben, dass das eine oder erhalten. Statistischen Systems zu stärken, und hier andere Mitglied von Eurostat sich wie ein Donal Garvey (Irland) kommt Eurostat eine wichtige Funktion zu. Oberfeldwebel aufführte. Andere waren Svante Öberg (Schweden) bekümmert: „Wie kann man das nur so falsch verstehen?“ Ich für meinen Teil glaube, dass wir Der von der WWU auf die nationalen Statistiken Eurostat hat in doppelter Hinsicht eine wichtige alle zusammen in diesen Jahren gute Arbeit ausgeübte Integrations- und Harmonisierungs- Rolle gespielt. Erstens hat es ergänzend zu geleistet haben. druck hat zu großen Veränderungen bei der anderen statistischen Ämtern in Europa die Erstellung nationaler Daten geführt und deren Edmond Malinvaud (Frankreich) europäische Statistik wesentlich verbessert. Und Verbreitung im Hinblick auf die Zeit, aber auch außerdem glaube ich, dass Eurostat eine Der Vertrag von Maastricht war der Auftakt für die Art der Verbreitung beschleunigt, was anders Schlüsselrolle bei der Schaffung der Europäischen die Nutzung der Statistik. Er hat aber auch das nicht hätte zustande gebracht werden können. Union gespielt hat. geprägt, was ich als Abdriften zu einem Luigi Biggeri (Italien) Lord Moser (Vereinigtes Königreich) statistischen Legalismus bezeichnen möchte. Das französische statistische System stützt sich Durch die grundlegende Verbesserung des gewöhnlich nicht wie andere nationale Systeme Die Möglichkeit, vergleichbare und zuverlässige Europäischen Statistischen Systems und aller auf Gesetzestexte. In Zukunft sollten Gentlemen's statistische Daten für die gesamte Europäische vergleichbaren Statistiken, die verbreitet werden, Agreements über die Fristen und Union zu erstellen und zu verbreiten, ist ein sollte Eurostat für seinen maßgeblichen Beitrag Fälligkeitstermine geschlossen werden, um erheblicher zusätzlicher Nutzen im Vergleich zu zur Verbesserung der Kenntnisse in Europa im Verordnungen und Richtlinien zu vermeiden. den Daten jedes dieser Länder für sich genommen. Bereich Statistik eine Auszeichnung erhalten. Paul Champsaur (Frankreich) Manuel Vilares (Portugal) Svein Longva (Norwegen) 152 Erinnerungen Eurostats

Unter Rückgriff auf einen niederländischen Vorschlag Die Daten von Eurostat wurden mehr und mehr für das wurde eine dritte Neuerung eingeführt — die „LEGs“, Management der großen Gemeinschaftspolitiken ein- eine Abkürzung für englisch „leadership groups“. Konn- gesetzt — eine Tendenz, die durch die Einführung des te ein Problem (insbesondere wegen fehlender Mittel) Euro noch verstärkt wurde. Eurostat-Daten wurden nicht von Eurostat gelöst werden, fanden sich einige eine Stütze für die Verwaltung der Eigenmittel und der besonders interessierte statistische Ämter zusammen, regionalen Kohäsionsfonds, für die Verhandlungen mit untersuchten das Problem und unterbreiteten Eurostat den großen Handelspartnern und die Gemeinsame sowie seinen Partnern im Ausschuss für das Statistische Agrarpolitik. Am solidesten waren die rechtlichen Programm ihre Vorschläge. Eurostat finanzierte ledig- Grundlage für die Eurostat-Daten, die zur Verwaltung lich die Reisekosten für die Teilnahme an den Sitzun- des Euro und der Eigenmittel benötigten wurden. gen. 1997 begannen die Pilotversuche und siehe da ..., Aristotelis Bouratsis, es funktionierte! Als gute Schüler übernahmen die Das „Statistikgesetz“ seinerseits legt fest, dass die Giuseppe Calò und Niederlande, die den Vorschlag unterbreitet hatten, die Eurostat-Daten jedem Unionsbürger zeitgleich und François de Geuser. Zuständigkeit für die Gesundheitsstatistik, Frankreich leicht zugänglich zur Verfügung gestellt werden sollen. die Zuständigkeit für die Einführung des Euro bei der Der Politik der Informationsverbreitung wurde ein Erfassung und Darstellung der nationalen Statistiken, wesentlicher Platz eingeräumt. Sie war nicht mehr bloß Italien die für die Kulturstatistik. In allen Fällen kamen wünschenswert, sondern unentbehrlich. die Arbeiten voran, während sie auf die lange Bank geschoben worden wären, wenn Eurostat sie hätte Der Boden dafür war seit langem bereitet. Die Probleme allein bewältigen müssen. In der Folge wurden weitere bei der Verbreitung statistischer Daten waren bereits „LEGs“ gebildet. Gegenstand langer Debatten im Ausschuss für das Statis- tische Programm sowie mit den verantwortlichen Dienst- stellen gewesen. Folgende Ziele wurden angestrebt: Explosion der Datenverbreitung attraktivere Veröffentlichungen, bessere Organisation der und Kommunikation elektronischen Datenverbreitung, Schaffung von Ver- breitungsnetzen in den NSÄ usw. (siehe „Die Datenver- In den 90er Jahren verbessert sich die Verbreitungspolitik: breitung: Entwicklung und technische Revolution“). Weg von den Zahlenfriedhöfen, hin zu attraktiven Veröffentlichungen, die besser auf die einzelnen In den Jahren 1992 bis 1998 wurden diese Vorhaben Nutzergruppen zugeschnitten sind, zur elektronischen Verbreitung, zum Netz der Data Shops. Für die Beziehungen konsolidiert. Alle Bausteine waren vorhanden, das zur Presse wird mithilfe des statistischen Gesetzes ein Haus konnte gebaut werden. Eurostat unternahm Kompromiss herbeigeführt: Eurostat verbreitet seine Zahlen gewaltige Anstrengungen, um von Zahlenfriedhöfen zu im Einklang mit einem bereits vorab veröffentlichten attraktiveren, besser auf die unterschiedlichen Nutzer Zeitplan, enthält sich jedoch jeglichen Urteils. zugeschnittenen Veröffentlichungen zu kommen. Liebesgeschichte zwischen dem Euro und der Statistik: von 1992 bis 1998 153

Die Technik half dabei. Auf einer CD-ROM können zu dem Mann auf der Straße. Lange Debatten innerhalb spielend die Außenhandelsdaten gespeichert werden, der Kommission befassten sich zunächst mit Grundsätz- für deren Veröffentlichung vorher eine Anzahl stattli- lichem: Was konnte Eurostat der Presse ohne vorherige cher Tannen gefällt werden mussten. In der Vergangen- Kontrolle durch die Dienststelle des Kommissionsspre- heit wurden Jahr für Jahr etwa ein Dutzend dicke Bände chers, der natürlich im Dienste der Kommissare arbeite- in mehr als 1 000 Exemplaren in alle Teile Europas te, mitteilen? Es ging um die Unabhängigkeit der Stati- geschickt. Die ökologische Bilanz war niederschmet- stik von der Politik. Das Statistikgesetz half, eine akzep- ternd! Nach und nach wurden alle „gewichtigen“ Print- table Lösung zu finden: Eurostat konnte seine Daten Veröffentlichungen (insbesondere die Ergebnisse von nach einem vorher veröffentlichten Zeitplan verbrei- Zählungen und Erhebungen) durch CD-ROM ersetzt. ten; seine Anmerkungen durften jedoch kein Werturteil Veröffentlichungen auf Papier blieben der allgemeinen über die beschriebene Situation enthalten. Darstellung der Methoden, Ergebnisse und Analysen vorbehalten. Man musste auch lernen, über Entscheidungsprozesse zu berichten. Der oben erwähnte Fall der France Télé- Auch das Internet kam der elektronischen Verbreitung com hatte das Interesse der größten Tageszeitungen in von Daten sehr entgegen. Die Verträge zur Datenver- der europäischen Presselandschaft erweckt. Es musste breitung durch spezialisierte Unternehmen, die alle ihr eine gute Kommunikationsstrategie gefunden werden, eigenes Datenbanksystem hatten, wurden nach und um zu vermeiden, dass jede Entscheidung von Eurostat nach immer weniger genutzt. Das Internet ermöglichte von demselben „Tam-tam“ begleitet wird. Eurostat hat eine weltweite Standardisierung der Datendarstellung Jacques Santer, Präsident gelernt, Informationen nicht ohne die notwendigen der Kommission, hält die Rede zur und einen leichten und zeitgleichen Informationszu- Erläuterungen auf den Markt zu bringen. Eröffnung des Bech-Gebäudes. gang für alle Bürger.

Eurostat allein konnte dieser wachsenden Nachfrage der Öffentlichkeit aus 15 Ländern in 11 Sprachen nicht Interne Organisation, mehr entsprechen. Wieder einmal war das Europäische Unternehmensplan, Qualistat Statistische System gefordert. Die Struktur des beste- henden Data-Shop-Netzes wurde verbessert und den Verändert sich die Welt, einzelnen Data Shops eine Charta der Rechte und muss sich auch Eurostat verändern! Pflichten sowie der Qualitätssicherung vorgeschlagen. Neue Data Shops wurden eröffnet. Das Europäische Sta- tistische Informationssystem öffnete sich dem Bürger. Eine zwanzigseitige Broschüre zur Vorstellung von Eurostat: seine raison d'être, seine Aufgaben, seine Zwecke, seine Ein zweiter Schwerpunkt der Verbreitungspolitik betraf Legitimität, seine Werte, seine Stärken und Schwächen, die Beziehungen zur Presse, der natürlichen Schaltstelle seine Risiken und Chancen, sein Leitbild für die kommenden 1998 zieht Eurostat ins Bech-Gebäude. 154 Erinnerungen Eurostats

zehn Jahre. Und wie soll das alles erreicht werden? Die Auftrag von Eurostat Antwort in einem Wort: Qualistat! 1998 hält Eurostat Einzug in das Bech-Gebäude. Der Europäischen Union einen qualitativ hochwertigen statistischen Informationsdienst bereitzustellen Die Kommission hatte die glückliche Idee, Yves Fran- Ein Auftrag, der wie folgt beschrieben benutzerfreundlicher Dienst. Die chet und Alain Chantraine einen Schulungskurs in werden kann: statistischen Informationen werden strategischer Planung anzubieten, der von einem Ame- ergänzt durch die Gesamtheit der rikaner, Mike Khami, gehalten wurde. Der Kommuni- Qualität: 1) Datenqualität, die durch Metadaten, die eine sinnvolle Nutzung kationskünstler bot eine Show im US-amerikanischen Kriterien wie Zuverlässigkeit, erlauben. Stil; er brachte aber auch einige gute Anregungen mit, Genauigkeit, termingerechte Eurostat den neuen inneren und äußeren Gegebenhei- Europäische Union: für die Verfügbarkeit, Zugänglichkeit, Relevanz, ten anzupassen. Nötig dafür sei das volle Engagement europäischen Institutionen, nationalen Gewährleistung der Vertraulichkeit und der Leitung und insbesondere viel Zeit (5 bis 10 Jahre) Regierungen, sozioökonomischen eine kostenoptimierte Produktion Partner, Forscher und die Bürger der sowie Unterstützung von außen, die uns aus unserem bestimmt wird; 2) Qualität des Eurostat- Union. traditionellen Narzissmus heraushelfen würde. So Managements: Totales wurde ein erster Vertrag mit einer zum damaligen Zeit- Qualitätsmanagement. punkt sehr renommierten Beraterfirma (einer der Statistische Informationen: statistische berühmten „big five“ (1) geschlossen, Arthur Ander- Daten, die für das Management und son, die heute nicht mehr existiert. Die Berater mach- dessen Entscheidungsfindung genutzt ten eine Analyse der Stärken, Schwächen, Herausfor- werden. derungen und Möglichkeiten von Eurostat und verord- neten Eurostat einen strategischen Unternehmensplan Dienst: der statistische Informationsdienst ist ein (corporate plan). Nach Ablauf des Vertrags wurde durch eine Ausschreibung für die Umsetzung ein anderer Berater gewonnen, der zwar nicht so bekannt war, dafür aber weniger stereotype Ideen einbrachte. Nach einer ersten Analyse schickten die Berater folgende Mittei- lung: Wir sind nicht dazu da, um Eure Arbeit zu machen! Stellt Euren Unternehmensplan selbst auf, und wir werden Euch dabei helfen, nicht allzu viele Fehler zu machen. Daraufhin wurden drei Direktoren

(1) In Beraterkreisen verbreiteter Ausdruck, der die fünf großen Firmen bezeichnet: Arthur Andersen, Ernst & Young, KPMG International, Pricewaterhouse Coopers und Deloitte & Touche. Liebesgeschichte zwischen dem Euro und der Statistik: von 1992 bis 1998 155

benannt (Lídia Barreiros sowie, zufällig, Alberto De genannt. Für die Gewährleistung des Follow-up und die Michelis und Alain Chantraine), um dieses famose Koordinierung aller für die Aktionen des mittelfristigen Dokument zu verfassen, das schließlich im Jahre 1994 Plans zuständigen internen Arbeitsgruppen wurde ein von allen Eurostat-Bereichen diskutiert, überarbeitet Verantwortlicher benannt. und korrigiert wurde. In einer Broschüre mit einem Umfang von weniger als 20 Seiten wurden folgende Eine Voraussetzung für das Gelingen war das volle Punkte in knapper Form und verständlicher Sprache Engagement des Leitungsgremiums. Es ist bemerkens- beschrieben: raison d’être, Auftrag, Ziele, Legitimität wert, dass dieses vorhanden war. Ein weiterer wichtiger und Werte von Eurostat, eine öffentliche Analyse der Faktor betraf die Organisation der jährlich stattfinden- Stärken und Schwächen, der Risiken und Chancen den Seminare. Der Vorstand zog sich für zwei Tage in sowie eine Vision der Entwicklung, die Eurostat in den die französische Landschaft „Gaume“ zurück, um Bilanz nächsten zehn Jahren nehmen soll. Zu diesem Zweck zu ziehen und die Aktionen des folgenden Jahres vorzu- beschrieb das Dokument sechs große Ziele und für jedes bereiten. Das kleine Dorf Torgny und seine hervorra- Ziel einen detaillierten Aktionsplan mit Indikatoren gende Auberge de la grappe d’or (Wirtshaus zur Golde- für den Stand seiner Umsetzung. nen Traube) müssten mit dem europäischen statisti- schen Verdienstorden ausgezeichnet werden, wenn es Wie einer unserer renommierten Informatiker einmal ihn denn gäbe. sagte: Wir wissen, was zu tun ist — es bleibt nur noch die Umsetzung. Diese Umsetzung beschäftigt Eurostat Die Zeit zwischen September 1998 und Februar 1999 viele Jahre (und tut es noch heute). In diesem Zusam- war von einem weiteren Großereignis geprägt: Eurostat menhang gab es einige Empfindlichkeiten und Reaktio- bezog ein anderes Gebäude, in dem alle seine Mitarbei- nen aus den Gewerkschaften: man solle unser Amt ter Platz fanden. Seit ihrer Niederlassung in Luxemburg nicht mit einem Privatunternehmen verwechseln; die waren die Eurostat-Dienststellen immer auf mehrere Neuerungen seien auf uns nicht anwendbar; warum soll- Gebäude verstreut oder aber zusammen mit anderen ten wir etwas ändern, was doch immer wieder gut gelau- Dienststellen der Kommission untergebracht gewesen. fen sei usw. Innerhalb weniger Jahre wandelte sich die Gruppe der Gegner bei den Eurostat-Statistikern in eine Zu dieser Zeit war die Direktion für Wirtschaftsstatistik Gruppe von Skeptikern, aber die Mehrheit bewegte sich in einem weiter entfernt gelegenen Gebäude, dem Air- langsam auf die Gruppe derjenigen zu, die von der Not- port-Center, angesiedelt. wendigkeit einer Modernisierung überzeugt waren. Das Jean Monnet-Gebäude, das 1975 für 20 Jahre Verabschiedung von Da die Strategie zur Umsetzung des Unternehmens- errichtet worden war, bedurfte einer grundlegenden Herrn Klaedtke und plans auf dem Totalen Qualitätsmanagement beruht, Renovierung. Bei einer weiteren Nutzung dieses Herrn Canegallo. wurde das Durchführungsprogramm „Qualistat“ Gebäudes hätte die Gefahr bestanden, dass alle sechs 156 Erinnerungen Eurostats

Organisationsplan von 1993 bis 1997 — Direktionen und Referate

Generaldirektor: Yves Franchet Direktion B — Wirtschaftsstatistik, EU-Erweiterung (Franz-Joseph Gnad) • Verkehr (Ernesto Azorín) Sekretariat: Pierrette Sandt Wirtschafts- und Währungskonvergenz: Alberto De Michelis — Haushaltspolitik und Haushaltsführung Direktion E — Sozial- und Berater des Generaldirektors: (…) Berater (Brian Newson) (Francisco Javier Sobrino) Regionalstatistik, Strukturpläne: Lídia Barreiros Assistent und Leiter des Referats — Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, — Analyse des Welthandels „Verwaltung und Personal, Internes Methoden und Analysen (Frank Schönborn) — Bevölkerung, Wanderbewegungen, Management“: Lothar Jensen Beschäftigung und Arbeitslosigkeit (Enrique Lozano) — Außenhandel und (Hildegard Fürst bis zum 30. November Direktion A — Informationsverbreitung • Eigenmittelstatistiken innergemeinschaftlicher Handel 1993; Hubert Charlier seit dem 1. April und Öffentlichkeitsarbeit, Informations- (Marcel Ernens) (Gilles Rambaud-Chanoz) 1994) verarbeitung, Beziehungen zu den AKP- — Produktion der VGR-Daten — Beziehungen zu den Ländern Mittel- — Lebensbedingungen der Haushalte Staaten: Fernando Alonso de Esteban (Marco De March) und Osteuropas und zu den neuen Berater, zuständig für die Datensicherheit (Wolfgang Knüppel) — Preisvergleiche (John Astin) unabhängigen Staaten (Klaus Löning) (Ulrich Wieland) — Arbeitsbedingungen (Michail Skaliotis) • Berichtigungskoeffizienten • Stellvertretender Referatsleiter — Statistische Datenverarbeitung (Antoine Avdoulos) (Ovidio Crocicchi) — Regionalkonten und -indikatoren, (Gilles Decand) Strukturpläne (Hubert Charlier) — Finanzkonten, Finanz- und Direktion D — Unternehmens- und • Sektorbezogene Anwendungen Währungsstatistik (Jörg-Dieter Glatzel) Energiestatistik, Forschung und Direktion F — Landwirtschaft, Fischerei (Jean Heller) Entwicklung, statistische Methoden: und Umwelt: David Heath — Zahlungsbilanz (Jean-Claude Roman) — Öffentlichkeitsarbeit, Datenverbreitung, Photis Nanopoulos Berater (Thomas Scott) Synthesen (François de Geuser) — Makroökonomische Klassifikation, — Energie, Rohstoffe — Landwirtschaftliche Gesamtrechnung — Information — Data-Shops statistische und buchungstechnische (Pierluigi Canegallo) (Giuseppe Calò) Koordinierung (Adrien Lhomme) (Letizia Cattani) • Stellvertretender Referatsleiter (Peter • Stellvertretender Referatsleiter Tavoularidis seit dem 6 Dezember 1996) — Verwaltung der Datenbanken und Direktion C — Allgemeine (Fritz Pfähler) Veröffentlichungen, Geographisches Angelegenheiten, internationale und — Industrie, Eisen- und Stahlsektor, • Strukturelle Erhebungen und Informationssystem (Roger Cubitt) interinstitutionelle Beziehungen, Koordinierung der industriellen Forststatistiken (Hans Andresen) Erhebungen (Daniel Byk) — Beziehungen zu den AKP-Staaten und Statistik des Außenhandels und des — Agrarerzeugnisse und Fischerei den übrigen Entwicklungsländern innergemeinschaftlichen Handels: • Eisen- und Stahlsektor (Richard (Hans Georg Baggendorff) Golinvaux) (Bernard Langevin) Alain Chantraine • Stellvertretender Referatsleiter — Programmplanung, Beziehungen zu den — Forschung und Entwicklung, (Robert Peeters) Gemeinschaftsorganen und zu statistische Methoden (Daniel Defays) — Umwelt (Gertrude Hilf) internationalen Organisationen, — Handel, Dienstleistungen, Verkehr Europäischer Wirtschaftsraum, (Marco Lancetti) Liebesgeschichte zwischen dem Euro und der Statistik: von 1992 bis 1998 157

Monate einige Dienststellen hätten umziehen müssen, Computer mit dem lokalen Netz und dem Internet ver- um die Büros eines nach dem anderen renovieren zu bunden, ohne dass auch nur ein Aktenkarton verloren können. Dann bot sich die Gelegenheit, ein für alle gegangen wäre. Eurostat-Dienststellen ausreichend großes Gebäude für die nächsten Jahre zu mieten. Es hatte genau die pas- Zwischen 1992 und 1998 wurde die Organisations- sende Größe und bot Erweiterungsmöglichkeiten. Es struktur Eurostats mehrmals geändert. 1993 erfolgte hatte nur einen Nachteil, der viel Tinte fließen ließ: eine Umstrukturierung infolge des Weggangs von José Die Büros lagen in den oberen Etagen eines großen Ein- Antonio Brito da Silva Girao nach Brüssel und der kaufszentrums. In der Kontroverse ging es dabei um Fol- Ernennung 1992 von Alberto De Michelis als Nachfol- gendes: Für die einen war dies eine Zukunftslösung, wie ger von Piero Erba an der Spitze der Direktion für Wirt- sie in den Vereinigten Staaten und in den nordischen schaftsstatistik. Ländern bereits üblich ist; für die anderen war es eine & Siehe „Organisationsplan von 1993 bis 1997 — Direktionen für eine (zudem europäische) Verwaltung unwürdige und Referate“ Lösung. Nach einigen Monaten im Bech-Gebäude haben sich die Gemüter inzwischen wieder beruhigt. 1997 erhielt Eurostat im Rahmen der Initiative SEM Die Probleme, der Geruch von Croissants oder das 2000 (sound and efficient management) eine zusätzliche Spielen von Weihnachtsliedern in den Verkaufsgaleri- Direktorenstelle für die Planung und Verwaltung der en, wurden schnell gelöst. Am Rande sei dabei Finanz- und Humanressourcen, was eine Reorganisati- erwähnt, dass der Umzug von einem Gebäude in das on zur Folge hatte. Der daraus resultierende Organisati- andere vorbildlich organisiert war. Am Ende des (lange onsplan wird weiter unten präsentiert. Die allgemeine vorher geplanten) Umzugstages war jeder in seinem Struktur dieses Planes ist bis zum heutigen Tag gültig, neuen Büro, das Telefon war angeschlossen und der auch wenn die Personen gewechselt haben.

Pont-à-Mousson im Oktober 1996: Erstes Seminar der Referatsleiter über Qualistat. Fortsetzung folgt!

Die jüngste Vergangenheit ist nicht mehr Teil dieser „Erinnerungen“.

Überlassen wir es den Autoren eines Werkes zur Hundertjahrfeier Eurostats, die herausragenden Ereignisse aus dieser Zeit zu beschreiben. Das Mandat der Prodi-Kommission ist noch nicht abgelaufen. Der europäische Konvent hat gerade erst seine ersten Vorschläge auf den Tisch gelegt. Die Europäische Union zählt immer noch 15 Mitgliedstaaten, von denen sich 12 für den Euro entschieden haben. Die Reform der Kommission ist noch nicht vollendet.

Hier soll vielmehr auf einige dieser großen Herausforderungen mit all ihren Chancen und Gefahren für die Zukunft der europäischen Statistik eingegangen werden. 1999>2002 von 1999 bis 2002

Die Kommission wankt ... und stürzt Eine neue Kommission, ein neuer Vertrag, ein neuer Konvent Die unter Beschuss geratene Santer-Kommission wird trotz ihrer guten Arbeit des Missmanagements und der Der Vertrag von Nizza aus dem Jahr 2000 enthält Vetternwirtschaft angeklagt. 1999: geschlossener Rücktritt. institutionelle Bestimmungen, um eine Erweiterung der EU zu ermöglichen. Dies ist ein erster Schritt, auch wenn noch Die Santer-Kommission hatte gute Arbeit geleistet: viele Punkte ungelöst bleiben. Die Aufgabe des Der Euro war auf den Weg gebracht; weitere politische europäischen Konvents: Festigung und Vereinfachung Vorhaben waren vorangekommen; die Agenda 2000, sämtlicher Verträge seit 1957; Prüfung der Umwandlung der die die Finanzierung der Europäischen Union bis 2006 Verträge in eine „europäische Verfassung“. sichern sollte, stand kurz vor der Verabschiedung; Maß- nahmen zur Konsolidierung des inneren Managements Im März 1999 wurde der Italiener Prodi zum Präsiden- waren in die Wege geleitet (SEM2000: sound and effi- ten einer Übergangskommission ernannt, um das letzte cient management; Map2000: modernisation de l'admini- Mandatsjahr von Jacques Santer zu Ende zu führen und stration du personnel). Und dennoch wurde die Kom- die nächste fünfjährige Amtszeit wahrzunehmen. Die mission — nach Meinung einiger zu Unrecht — von neue Kommission nahm im September ihre Arbeit auf. der Presse und dem Europäischen Parlament des Miss- Pedro Solbes Mira wurde Kommissar für Wirtschaft managements und der Vetternwirtschaft bezichtigt. und Finanzen und ... Statistik. Vizepräsident Neil Kin- Auch wenn einige dieser Beschuldigungen begründet nock wurde mit der Durchführung einer umfassenden sein mögen, so übersteigt ihre Tragweite nicht den Verwaltungsreform beauftragt. Grad des Fehlverhaltens vieler staatlicher oder privater Verwaltungen. Die Politik ist, wie sie ist. Jacques San- Der Vertrag von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 ter musste zu Beginn des Jahres 1999 im Europäischen hatte die Frage der Organisation der Institutionen und Parlament die Vertrauensfrage stellen, auf den Bericht des Entscheidungsprozesses auf später verlegt, auf die eines Ausschusses unabhängiger Sachverständiger rea- Zeit nach einer eventuellen Erweiterung. Diese Arbeit gieren und schließlich den Rücktritt seiner gesamten musste zu Ende geführt werden. Eine neu einberufene Kommission erklären. Regierungskonferenz führte im Dezember 2000 zum 160 Erinnerungen Eurostats

Vertrag von Nizza. Dieser Vertrag regelt eine Reihe Ende 2002, nach einer fast einjährigen Phase des auf- institutioneller Bestimmungen im Rahmen einer EU- merksamen Zuhörens, hat der Europäische Konvent Erweiterung: Anzahl der Kommissare und Europa-Par- mit der Diskussion über die Architektur des Entwurfs lamentarier, Gewichtung der Stimmen im Ministerrat. begonnen, den er vorlegen wird. Der derzeit vorliegen- Sein Wert liegt in seiner Existenz und der Regelung der de Vorschlag von Valéry Giscard d'Estaing zielt darauf praktischen Fragen, die das Funktionieren einer erwei- ab, eine relativ kurze Europäische Verfassung auszuar- terten Union ermöglichen. Trotzdem bleiben viele beiten. Eher technische und detaillierte Texte sollen Punkte ungeklärt. So wurde insbesondere die Europäi- angefügt werden, und zwar in einer noch zu bestim- sche Charta der Grundrechte von den drei Institutio- menden Form, für deren Überarbeitung einfachere Ver- nen der Union zwar feierlich proklamiert, aber nicht in fahren eingesetzt werden können als bei Verträgen. 9. November 1999: den Vertrag einbezogen. Konferenz zur WWU, Welchen Platz wird die Statistik in diesen „Anhängen“ die vom Forum Europa mit Die Charta der Grundrechte war von einem Konvent der Unterstützung einnehmen? Wird der Artikel 285 des EG Vertrags von Eurostat und ISTAT ausgearbeitet worden, dem Vertreter der gemeinschaftli- einer Straffung der Texte zum Opfer fallen? organisiert wurde. chen und nationalen Institutionen angehörten. Diese Methode war sehr erfolgreich. Deshalb beschlossen die Der Konvent will auch den Subsidiaritätsbegriff genau Staatschefs, die Erfahrung wieder aufleben zu lassen und definieren, d. h., er will eine deutliche Unterscheidung einen neuen europäischen Konvent einzuberufen mit zwischen den auf europäischer Ebene und den auf dem Auftrag, beginnend mit dem Jahr 1957 alle sich nationaler oder lokaler Ebene durchzuführenden Politi- überschneidenden Verträge zu konsolidieren und zu ver- ken vornehmen. Wie werden sich diese Vorschläge auf einfachen, die Bestimmungen zu den jeweiligen Zustän- die Statistik auswirken? digkeiten der einzelnen Entscheidungsebenen deutli- cher herauszuarbeiten, die Möglichkeit der Einbezie- Das statistische Programm des Europäischen Statisti- hung der Charta der Grundrechte zu prüfen und schließ- schen Systems soll sich den vorgesehenen gemeinschaft- lich die Möglichkeiten einer Umwandlung dieser Ver- lichen Politiken anpassen. Der Konvent will definieren, träge in eine „Europäische Verfassung“ zu untersuchen. welche Politiken unbedingt auf föderaler Ebene durchzu- führen sind, welche geteilt werden und welche im Der Europäische Konvent Wesentlichen auf nationaler Ebene verbleiben sollen. und die Statistik Der Bedarf an statistischen Daten wird dabei sehr unter- schiedlich sein. Anpassungen werden auch erforderlich, Quo vadis, europäische Statistik? Wird das „Statistikgesetz“ wenn sich das Management der drei Säulen verändert. im Zuge der Arbeiten an einer Verfassung neugefasst? Mit welchem Ergebnis? Wie sieht der Entscheidungsprozess nach Das erweiterte Europa kann einwandfrei funktionieren, der Erweiterung auf 25 Mitgliedstaaten aus? wenn die Entscheidungsprozesse einfacher und schnel- Fortsetzung folgt: von 1999 bis 2002 161

ler werden. Das Verfahren der Mitentscheidung durch Die Beitrittsverhandlungen mit acht Ländern aus Mit- den Rat und das Europäische Parlament wird mit tel- und Osteuropa sowie mit Malta und Zypern sind Sicherheit erhalten bleiben. Einige würden auch gern abgeschlossen. Auf dem Gipfeltreffen im Dezember ein Einspruchsrecht der nationalen Parlamente einfüh- 2002 in Kopenhagen wird der Beitritt Zyperns, der ren. Aber bei derart technischen Themen wie der Sta- Tschechischen Republik, Estlands, Ungarns, Lettlands tistik kann man sich den Hindernislauf bis zur Annah- und Litauens, Maltas, Polens, der Slowakischen Repu- me einer Statistikverordnung sehr leicht vorstellen. blik und Sloweniens auf den 1. Mai 2004 festgelegt. Selbst wenn sich alle beteiligten Institutionen einig Weitere Länder sollen etwa im Jahre 2007 folgen. Dies sind, erfordert die Annahme einer Verordnung bereits ist die größte Zahl von Ländern, die der Europäischen Die vierte Sitzung der jetzt acht bis neun Monate. Wie kann dieser Vorgang Union gleichzeitig beitreten. Weniger als fünfzehn „Policy Group for Statistical Cooperation — vereinfacht werden? Wie kann die Architektur der sta- Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands wird Arbeitsgruppe zur Politik tistischen Rechtsakte gestaltet werden, um demokratis- der Weg zur Wiedervereinigung Europas auf freiwilliger der Statistischen che Kontrolle und technische Effizienz miteinander und demokratischer Basis beschritten. Zusammenarbeit“ in kombinieren zu können? Bratislava (Slowakei) im Oktober 2001. Die Statistiker waren die ersten, die Verhandlungen Die Ergebnisse des Europäischen Konvents sind für den über acquis communautaires und die Übergangsbestim- künftigen Ausbau des europäischen Hauses entschei- mungen zur Übernahme des Gemeinschaftsrechts dend. Sie haben auch Konsequenzen für das Europäi- durch die Beitrittsländer erfolgreich angegangen sind. sche Statistische System. Die Statistiker sollten wach- Dank der über das Phare-Programm seit 1989 organi- sam bleiben. sierten Zusammenarbeit und der von den statistischen Ämtern dieser Länder erreichten schnellen Fortschrit- Von Fünfzehn auf Fünfundzwanzig te werden die neu hinzugekommenen Länder in der Lage sein, das gemeinschaftliche Statistische Programm Am 1. Mai 2004 kann die Europäische Union zehn neue zu übernehmen. Es ist noch nicht alles erreicht, aber Mitgliedstaaten aufnehmen. Die größte Erweiterung: Europa wenn das Tempo anhält, wird der Ausdruck „Über- findet zu einer Einheit zurück, die es für lange Zeit verloren gangsländer“ bald der Vergangenheit angehören. hatte. Die „Statistiker als Vorreiter“ gehen als ersten die Verhandlungen über die acquis communautaires erfolgreich Innerhalb von Eurostat gehen dagegen die Anpassungen an. Die Statistik der zwei Geschwindigkeiten wird zum weiter. Für die alten Mitgliedstaaten ist das schon die Risiko: Für alle Mitgliedstaaten, die alten wie die neuen, fünfte Erweiterung seit Gründung der Gemeinschaften. bleibt die Forderung bestehen, die Fristen für Produktion Viele Probleme sind zur Routine geworden. Die Aktua- und Veröffentlichung von statistischen Daten zu verkürzen. lisierung der Datenbanken, die Bezeichnung der verän- Zwei zentrale Projekte: „Euro-Indikatoren“ und derten Gebietsstände, die langen Reihen, die Sammlung „Strukturindikatoren“. von Metadaten und Methodenbeschreibungen, die zu 162 Erinnerungen Eurostats

verwendenden Sprachen sind Fragen, die bei jeder darin, dass die Übermittlung der Daten aus dem Erweiterung zur Diskussion stehen. Gleiches gilt für die langsamsten Land abgewartet werden musste, bevor Verwaltung der Kommission: Anpassung der Budgets, die Zahlen für die gesamte Union erstellt werden Integration neuer Beamter usw. konnten. Nach der EU-Erweiterung wird sich das Pro- blem wegen voraussichtlich zusätzlicher Verzögerun- Dennoch sind die Arbeitsmethoden bei einem Über- gen noch weiter verschärfen. gang von 15 auf 25 in einem für sechs Mitgliedstaaten ausgelegten System nicht gegen Misserfolge gefeit. Die Einführung des Euro hat bereits bei allen Kon- Eurostat arbeitet mit etwa 80 Arbeitsgruppen zusam- junkturindikatoren zu Problemen geführt. Im Ver- men und organisiert 200 Sitzungstage pro Jahr. Bei 25 gleich zu den Vereinigten Staaten, Japan oder Kanada Ländern werden die Diskussionszeiten übermäßig lang verfügte die Europäische Union nicht innerhalb der- sein. Um die gleiche Produktivität wie beim jetzigen selben Fristen über die wichtigsten Indikatoren für die System zu erreichen, müsste die Anzahl der Sitzungsta- Beobachtung der konjunkturelle Entwicklung. Ende ge wahrscheinlich verdoppelt werden. Eurostat wird 1998 hat Eurostat eine Dienststelle mit dem Auftrag viel Phantasie aufbringen müssen, um Lösungen zu fin- geschaffen, einen Satz „Euro-Indikatoren“ zu ent- den, die jedem erlauben, sich im Geist der Gemein- wickeln. Das Ziel bestand darin, für die gesamte Euro- schaft zu äußern, und die es Eurostat ermöglichen, für zone und zusätzlich für die Europäische Union Indika- alle akzeptable Vorschläge zu unterbreiten. toren bereitzustellen, die auf den neuesten Daten oder Der Weg ist bereits vorgezeichnet: Vorbereitung in klei- auf Eurostat-Schätzungen beruhten. Dieses Projekt neren Task Forces, kleinere Gruppen nach dem Vorbild wurde vom Ministerrat (Ecofin) im Anschluss an eine der Partnerschaftsgruppe, allgemeine Anwendung des vom damaligen französischen Finanzminister Domini- elektronischen Meinungsaustauschs, strengere Führung que Strauss-Kahn vorgetragenen handfesten Kritik durch die Direktorengruppen usw. Weitere Arbeitsfor- gefordert. Eine im Rahmen von Ecofin unter Vorsitz men müssen noch erdacht und durchgesetzt werden. von Johnny Akerholm gebildete Statistiker-Gruppe erarbeitete im Jahre 2000 einen Aktionsplan mit Ver- Die zehn neuen Mitgliedstaaten werden hart arbeiten besserungsmaßnahmen. Parallel dazu wurde im müssen, um in der Übergangsphase das erforderliche Europäischen Statistischen System unter Leitung von Niveau zu erreichen. Gleichzeitig werden die Projekte Svante Öberg eine Benchmarking-Studie hauptsäch- weiter vorangetrieben und neuer Bedarf geäußert. Diese lich mit den Vereinigten Staaten und Kanada durch- Situation muss beherrscht werden, um nicht in die Falle geführt. Der Aktionsplan beginnt, Früchte zu tragen: einer Statistik der zwei Geschwindigkeiten zu fallen. die Fristen verkürzen sich, neue Statistiken werden erarbeitet, die Schätzungen sind transparenter, und die Eurostat hat das Ziel, die Daten für die Gemeinschaft Daten werden in Echtzeit in die Internetseite von als Ganzes zu produzieren. Die Schwierigkeit lag stets Eurostat eingestellt. Fortsetzung folgt: von 1999 bis 2002 163

Wenn der politische Wille und die Unterstützung sei- sierung der Verwaltung der Personalausgaben). Wie die tens der Politik vorhanden sind, lassen Fortschritte Erfahrung von Eurostat gezeigt hat, ist eine tiefgreifen- nicht auf sich warten. de Umstrukturierung einer Organisation ein sehr zeit- aufwändiger Prozess. Die Prodi-Kommission hat Neil Das Europäische Statistische System wird daraus seine Kinnock damit beauftragt, diesen Umstrukturierungs- Lehren für andere Gebiete ziehen. So könnten die prozess zu Ende zu führen. Mit der Änderung in der Lei- wichtigsten Strukturindikatoren eine weitere Etappe tung hat sich auch der Name geändert: Die Operation sein. Das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit geht nennt sich jetzt „Reform“. Auch die Methode hat sich einen parallelen Weg. Das „Europa zuerst“-Prinzip (das geändert. Da die von SEM2000 und MAP2000 gewoll- heißt, die europäischen Daten haben Vorrang vor den te „sanfte“ Reform zu langsam Ergebnisse gebracht vollständigen nationalen Daten) soll das Europäische hatte, schaltete die „Reform“ bei der Verwirklichung Statistische System dazu veranlassen, die wesentlichen einer durchgreifenden Reform einen höheren Gang Bereiche zu definieren, in denen diese Praxis angewen- ein. det werden soll. Die Ergebnisse der Projekte SEM 2000 und MAP 2000 Die Kommission reformiert sich ... sind eingebracht und durch eine neue Überprüfung der Gesamtheit der Aufgaben und Ressourcen der Kom- nach dem Vorbild von Eurostat mission unter der Bezeichnung „Gestaltung der Kom- mission von morgen“ ergänzt worden. Eurostat ist Die Reform der Kommission: Eurostat wird häufig als gewappnet, sich diesem Screening zu unterziehen. Der positives Beispiel angeführt, doch es bleibt noch viel zu tun. Eurostats Unternehmensplan (corporate plan) liegt bereits vor. Er Generalversammlung 1999. Die Kommission unter Präsident Santer hatte bereits beantwortet alle Fragen, die sich die Auditoren stellen. beschlossen, eine gewisse Ordnung in die Verwaltung Das Barometer (tableau de bord) für das statistische Pro- der Dienststellen der Kommission zu bringen. Die gramm liefert alle Informationen über die Arbeiten und Zuständigkeiten der Kommission hatten explosionsar- die Ressourcen. Eurostat ist eine der wenigen General- tig zugenommen. Verwaltung und Personal hatten mit direktionen der Kommission, die aus der Operation diesem Prozess nicht Schritt gehalten. Die Kommission „unversehrt“ hervorgehen. Im Gegenteil fordert der funktionierte immer noch nach einem Verwaltungsmo- Bericht die Kommission auf, ihre Prioritäten klarer zu dell, das in den 50er Jahren konzipiert worden war und umreißen und die Nachfrage nach Eurostat-Produkten sich sehr wenig weiterentwickelt hatte. sowie die Statistikproduktion der Generaldirektionen besser zu koordinieren. Es waren zwei Projekte angenommen worden: SEM2000 (Programm zur Verbesserung der Verwaltung Besser noch: Bei zahlreichen Gelegenheiten wird der Gemeinschaftsfinanzen) und MAP2000 (Moderni- Eurostat den zögerlichen Generaldirektionen als positi- 164 Erinnerungen Eurostats

ves Beispiel vorgehalten: Was bei Eurostat möglich ist, jede einzelne Maßnahme gerechtfertigt ist, sind sie mit das könnt Ihr auch. Verwaltungsarbeiten überbelastet. Sie sind es, auf deren Schultern sich die Umsetzung der Reform letztendlich Da sich unsere Korrespondenten in Brüssel „genervt“ abspielt. Sie fragen sich, ob sie ihre statistischen Auf- fühlten, mussten wir uns sogar dazu entschließen, ein gaben am Wochenende erledigen sollen! Ihr Berufsbild niedriges Profil zu fahren! verändert sich. Aus Statistik-Referatsleitern sollen Der Entwurf der „Reform“ wurde Anfang 2000 zusam- Manager statistischer Projekte werden. men mit einem „Wegweiser“ für die Umsetzung veröf- fentlicht. Dabei handelte es sich um einen Unterneh- Die Zeit wird es bringen. Die Umsetzung jeder Initiati- mensplan auf der Ebene der Kommission. Aber im ve, die einen tiefgreifenden Wandel will, erfordert eine Gegensatz zum Unternehmensplan von Eurostat hat der enorme Investition. In einer erweiterten Union werden Entwurf den Nachteil, weder den Auftrag noch die lang- sich neue Gewohnheiten in übliche Verhaltensmuster fristige Vision der Kommission klar zu definieren: Es war einfügen, neue Normen werden sich durchsetzen und zu riskant, dieses hochpolitische Thema während der die Führung der Kommission wird sich wandeln. Verhandlungen zum Vertrag von Nizza oder während des Konvents anzuschneiden. Wer seine Ambitionen zu Die Reform der Kommission hat auch zu radikalen Ver- lautstark „herausschreit“, läuft Gefahr anzuecken. Die änderungen im Direktionskomitee Eurostats geführt. Reform ist bei den Bediensteten der Kommission nicht Eine Regel, die strikt und systematisch angewendet wird, auf offene Zustimmung gestoßen, vor allem nicht bei wurde für die Generaldirektoren und anschließend für den älteren Mitarbeitern. Die überkommenen Gewohn- die Direktoren erlassen: Die Kommission beschließt, dass heiten waren ins Wanken geraten, ohne dass der letzt- jeder Generaldirektor oder Direktor der Kommission, der endliche Zweck von allen voll verstanden wurde. seit mehr als fünf Jahren eine bestimmte Position beklei- det, einen anderen Tätigkeitsbereich übernehmen muss. Die „Reform“ fand dagegen in den mit dem Manage- Als erstes „Opfer“ wurde der Generaldirektor von ment befassten Dienststellen (Haushaltsführung, Eurostat, Yves Franchet, der diese Funktion seit Audit, Personalverwaltung, allgemeine Organisation) annähernd 15 Jahren inne hat, auf die Liste der Kandi- eine gewisse Begeisterung. Die Projekte zur Modernisie- daten für einen Ressortwechsel gesetzt. Da er sich dem rung der Verwaltung wimmeln von guten Ideen, und Renteneintrittsalter nähert, beauftragt die Kommission jede zentrale Verwaltungsdienststelle will sie prüfen, ihn vielmehr damit, seine Nachfolge für 2003 vorzube- anpassen und schnellstmöglich anwenden — zuerst für reiten. Dann kommen die Direktoren an die Reihe. die Finanzverwaltung, dann für die Personalverwaltung, Mehrere Eurostat-Direktoren besetzen ihre jetzige Stelle für neue Normen, Richtlinien und die Sammlung der seit mehr als fünf Jahren. Trotz der Nominierung von aus Brüssel hereinströmenden Informationen. Wenn- vier neuen Direktoren zum Ende des Jahres 2000 müssen gleich die Referatsleiter verstandesmäßig einsehen, dass drei Direktoren von Eurostat (Pedro Díaz Muñoz, Lothar Fortsetzung folgt: von 1999 bis 2002 165

Jensen und Photis Nanopoulos) neue Tätigkeitsbereiche außerordentlich findig, einen Teil ihrer Verwaltungs- übernehmen, und eine Direktorin der Generaldirektion aufgaben von externen Auftragnehmern ausführen zu Soziales (Gabrielle Clotuche) kommt aus Brüssel zu uns. lassen. Dabei gab es unterschiedliche Vorgehensweisen — von der sehr strikten Vergabe an Vertragsnehmer bis Ab 2003 wird Eurostat seine Arbeit mit einem im Ver- hin zu einer indirekten Aufstockung des Personals in lauf der letzten Jahre vollständig erneuerten Leitungs- den Dienststellen. In der internen Kommunikation team fortsetzen. wurde dabei einerseits von Büros für Technische Unter- stützung und andererseits von faux intra-muros gespro- In den Jahren 1999 bis 2002 hat sich die allgemeine chen. Denjenigen Abteilungen von Eurostat, die ihre Organisationsstruktur von Eurostat nur wenig verän- Arbeiten über die Budgets anderer Generaldirektionen dert. Allerdings hat es nach vielen Pensionierungen finanzierten, war es gelungen, fast alle Varianten zur von Direktoren (Alberto De Michelis, Alain Chantrai- Anwendung zu bringen. Mit dem „Programm zur Ver- ne, David Heath) und Referatsleitern (Bernard Lange- besserung der Verwaltung der Gemeinschaftsfinanzen“ vin, François de Geuser, Adrien Lhomme, John Astin) bzw. der „Reform“ war es relativ leicht, anhand der pro- zahlreiche Personalbewegungen gegeben, wie der Ver- dukt- oder ergebnisbasierten Leistungsbeschreibungen, gleich der Organigramme für die Jahre 1999, 2002 und die genauer sind als die Angaben zur Leistung der von 2003 zeigt. externen Firmen zur Verfügung gestellten Arbeitskräf- & Siehe „Organisationspläne von 1999, 2002 und 2003“ te, eine gewisse Ordnung in die Verwaltung der Unter- auftragsvergabe zu bringen. Etwas länger dauerte die Ankündigung: Die Büros für Technische Umstellung der nicht offiziellen Arbeitsplätze, da dazu bestimmte Haushaltsregeln geändert werden mussten. Unterstützung sollen verschwinden Eine vielschichtige, ständige Herausforderung: bessere Unter die ursprünglichen Vorgehensweisen von Verwaltung der externen Verträge; klare Abgrenzung der Eurostat fielen auch die Arbeiten, die von Organisatio- Zuständigkeiten und der Art der Kooperation. Die nen ohne Erwerbscharakter durchgeführt wurden. Das Ausführungsagentur für Statistik: eine Baustelle, neue CESD war die älteste dieser Organisationen. Das CESD Chancen. (Fortbildungszentrum für Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialstatistik), das anfangs auf den Bereich Berufsbil- Im Verlauf des Zeitraumes 1980 bis 1990, in dem die dung ausgerichtet war, wurde dann auch zur Mittlerin- Zuständigkeiten der Dienststellen der Kommission in stanz von Eurostat für alle Maßnahmen der Entwick- starkem Maße zugenommen hatten, wurden trotz einer lungszusammenarbeit. Diese Zusammenarbeit wurde Aufstockung der Haushalte keine zusätzlichen Mitar- von Afrika auf die portugiesisch- und spanischsprachi- beiter eingestellt. Die einzelnen Generaldirektionen gen Länder ausgeweitet, vor allem aber auf die mittel- der Kommission erwiesen sich in dieser Situation als und osteuropäischen Länder und die Gemeinschaft 166 Erinnerungen Eurostats

Organisationspläne von 1999, 2002 und 2003

1999 2002 1. Januar 2003

Generaldirektor Yves Franchet Yves Franchet Yves Franchet Berater zur Zusammenarbeit mit den Dienststellen in Brüssel James Whitworth James Whitworth Assistent James Whitworth Maria-Helena Figueira Maria-Helena Figueira Qualitätsmanagement und interne Evaluierung Werner Grünewald Werner Grünewald Werner Grünewald Internes Audit Christine Duren Christine Duren Christine Duren

Direktion R

Programmplanung, Mittel, Rechtsangelegenheiten Alain Chantraine Marian O'Leary Marian O'Leary 1. Verwaltung und Personal Lothar Jensen Ovidio Crocicchi Ovidio Crocicchi — Aus- und Weiterbildung des Personals Alan Clarke Birgitte Jansson Birgitte Jansson

2. Arbeitsprogramm, Planung Roger Cubitt Gilles Decand Gilles Decand 3. Haushaltspolitik und Haushaltsführung Roland Lane Roland Lane Roland Lane 4. Rechtsfragen, statistische Efstratios Efstratios Efstratios Geheimhaltung Chatzidoukakis Chatzidoukakis Chatzidoukakis

Direktion A Statistisches Informationssystem, Forschung und Datenanalyse, Technische Zusammenarbeit mit den Phare-und Tacis-Ländern Photis Nanopoulos Photis Nanopoulos Pedro Díaz Muñoz 1. Rechnergestützte Verwaltung von Informationssystemen Daniel Defays Daniel Defays (Georges Pongas f.f.) — Sektorbezogene Anwendungen Georges Pongas Georges Pongas Georges Pongas Fortsetzung folgt: von 1999 bis 2002 167

1999 2002 1. Januar 2003

2. Informations- und Kommunikationstechnologie für das statistische System der Gemeinschaft Wolfgang Knüppel Wolfgang Knüppel Wolfgang Knüppel

3. Referenzdatenbanken Jean Heller Jean Heller Jean Heller

4. Forschung und Entwicklung, Methoden und Datenanalysen Harald Sonnenberger Jean-Louis Mercy Jean-Louis Mercy — Statistische FuE Jean-Louis Mercy Jean-Louis Mercy …

5. Technische Zusammenarbeit mit den Kandidaten-, Cards- und Tacis-Ländern Ovidio Crocicchi Nikolaus Wurm Nikolaus Wurm — Technische Zusammenarbeit (Phare-Länder) Nikolaus Wurm … …

6. Statistische Indikatoren für Konjunkturanalysen der Eurozone Klaus Reeh Klaus Reeh Klaus Reeh

Direktion B Wirtschaftsstatistik, Wirtschafts- und Währungsfragen Alberto De Michelis Bart Meganck Bart Meganck

1. Methodik der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, Eigenmittelstatistiken Brian Newson Brian Newson Brian Newson — Methodik des ESVG und statistische Koordinierung des endgültigen MwSt.-Systems Joachim Recktenwald Joachim Recktenwald Joachim Recktenwald

2. Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen und internationale Märkte: Produktion und Analysen Marco De March Marco De March Marco De March

3. Preisvergleiche, Berichtigungskoeffizienten John Astin Jean-Claude Roman Jean-Claude Roman — Berichtigungskoeffizienten Amerigo Liotti Amerigo Liotti — Harmonisierung der Preisindizes Alexandre Alexandre Alexandre Makaronidis Makaronidis Makaronidis 168 Erinnerungen Eurostats

1999 2002 1. Januar 2003

4. Finanzkonten und -indikatoren, Statistiken für das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit Jörg-Dieter Glatzel Jörg-Dieter Glatzel Jörg-Dieter Glatzel — Finanzkonten und Verfahren bei einem übermäßigen Defizit … … …

5. Internationaler Dienstleistungsverkehr, Direktinvestitionen, Zahlungsbilanz Eduardo Barredo Eduardo Barredo Eduardo Barredo Capelot Capelot Capelot

Direktion C

Information und Informationsverbreitung, Verkehr, Technische Zusammenarbeit mit Drittländern (ausgenommen Phare- und Tacis-Länder), Statistik des Außenhandels und des innergemeinschaftlichen Handels (Daniel Byk f.f.) Daniel Byk Daniel Byk

Berater, zuständig für EU-Erweiterung, Zusammenarbeit und Analysen Daniel Byk Marco Lancetti Marco Lancetti

1. Information und Informationsverbreitung Amador Rodriguez Prieto Amador Rodriguez Prieto Amador Rodriguez Prieto — Information — Philippe Bautier Philippe Bautier 2. Verkehr Ovidio Crocicchi John Allen John Allen 3. Technische Zusammenarbeit mit Drittländern Gilles Gilles Gilles (ausgenommen Phare- und Tacis-Länder) Rambaud-Chanoz Rambaud-Chanoz Rambaud-Chanoz 4. Methodik, Systematik und Statistik des Außen- handels und des innergemeinschaftlichen Handels Marco Lancetti Christine Coin Christine Coin

Direktion D

Unternehmensstatistik Pedro Díaz Muñoz Pedro Díaz Muñoz Lothar Jensen

Berater, zuständig für Koordinierung Francisco Javier Francisco Javier Francisco Javier Phare/Tacis; Haushaltsfragen Sobrino Sobrino Sobrino Fortsetzung folgt: von 1999 bis 2002 169

1999 2002 1. Januar 2003

1. Methodische Koordinierung und Strukturindikatoren, Klassifikationen und Register François de Geuser Daniel Defays Daniel Defays — Systematiken Niels Langkjear Niels Langkjear Niels Langkjear 2. Strukturstatistik Bernard Langevin Inger Öhman Inger Öhman 3. Produktionsstatistik und Konjunkturstatistik der Unternehmen Adrien Lhomme Gunter Shäfer Gunter Schäfer — Konjunkturstatistiken — … 4. Energiestatistik Direktion F Peter Tavoularidis Peter Tavoularidis 5. Statistik der Informationsgesellschaft Informationsgesellschaft und Tourismusstatistik — Bettina Knauth Bettina Knauth

Direktion E

Sozialstatistik (Hubert Charlier f.f.) Lothar Jensen Gabrielle Clotuche 1. Arbeitsmarkt Hubert Charlier Antonio Baigorri Antonio Baigorri Matamala Matamala 2. Lebensbedingungen Antonio Baigorri Anne Clémenceau Anne Clémenceau Matamala — Haushaltspanel der Europäischen Gemeinschaften — … … 3. Gesundheit, Bildung und Kultur Michail Skaliotis Marleen De Smedt Marleen De Smedt — Gesundheit und Sicherheit — … … 4. Bevölkerung, Sozialschutz — Michail Skaliotis Michail Skaliotis — Sozialschutz — Teresa Bento Teresa Bento 5. Regionale Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen und Indikatoren, Geografisches Informationssystem Gilles Decand Direction F Direction F 170 Erinnerungen Eurostats

1999 2002 1. Januar 2003

Direktion F

Agrar-, Umwelt- und Energiestatistik David Heath Giuseppe Calò Giuseppe Calò

Berater, zuständig für Entwicklung und Prüfung der Statistiken der Direktion Derek Peare Derek Peare Derek Peare 1. Wirtschaftliche und strukturelle Agrarstatistik Giuseppe Calò Hubert Charlier Hubert Charlier Stellvertretender Referatsleiter … … 2. Flächennutzung, Agrar- und Fischereierzeugnisse Rainer Muthmann Marcel Ernens Marcel Ernens — Fischerei David Cross David Cross 3. Umwelt und nachhaltige Entwicklung Inger Öhman — Koordinierung der Datenerfassung und -verarbeitung — Ulrich Wieland Ulrich Wieland 4. Regionale Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen und Indikatoren, Geografisches Informationssystem Direktion E Roger Cubitt Roger Cubitt — Regionale Volkswirtschaftliche Gesamt- rechnungen und Indikatoren — Berthold Feldmann Berthold Feldmann — Geografische Informationssysteme — Daniel Rase Daniel Rase 5. Ernährungssicherheit, Entwicklung des ländlichen Raums und Wälder — Sylvie Ribaille Sylvie Ribaille Ex-4. Energie, Rohstoffe Peter Tavoularidis Direktion D Direktion D Fortsetzung folgt: von 1999 bis 2002 171

Unabhängiger Staaten sowie auf die Mittelmeeranrai- Anfang an verfolgt und sich schnell um die Einrichtung ner. Um für diese Erweiterung gewappnet zu sein, grün- einer Ausführungsagentur für Statistik beworben, die dete das zunächst nur in Paris ansässige CESD Zweig- den Auftrag hat, Eurostat bei der Durchführung seiner stellen und ein Netz von nationalen Zentren in Rom, Verwaltungsarbeiten zu unterstützen. Die Gründung Lissabon und Madrid sowie ein Gemeinschafts-CESD einer Agentur würde es ermöglichen, bei den Funktio- in Luxemburg. nen von Eurostat klar zwischen denjenigen zu unter- scheiden, die die Wahrnehmung hoheitlicher Interes- Das Projekt zur Ausbildung europäischer Statistiker sen betreffen, und solchen, die unter Aufsicht von (TES) wurde naheliegenderweise nach dem Rechtsmo- Eurostat einer externen Einrichtung übertragen werden dell des CESD gestaltet. können. Als Kandidaten für ein Outsourcing kommen Sitzung der „Partnership z. B. die Maßnahmen zur Zusammenarbeit sowie zur Group“ in Dänemark, im Februar 2000. Ein weiteres Projekt, die Berechnung der Berichti- Aus-/Fortbildung in Betracht, es gibt jedoch auch gungskoeffizienten (eine Art von Kaufkraftparitäten für Bereiche mit einfachen und routinemäßigen Verwal- das in den verschiedenen Ländern der Erde tätige EU- tungsarbeiten: Vorbereitung der Veröffentlichungen, Personal), führte zur Schaffung von Eurocost. Verwaltung der Datenbanken, Unterstützung im Infor- matikbereich usw., die ausgelagert werden könnten. Die Kommission sah die Einmischung von Eurostat in die Verwaltung dieser Organisationen ohne Erwerbs- Während der letzten beiden Jahre ist das Projekt bis ins charakter nicht gerade mit Wohlwollen und forderte kleinste Detail untersucht worden: Trennung der Auf- eine deutlichere Abgrenzung der Zuständigkeiten. Dennoch beschloss die Kommission im Rahmen ihrer gaben, Kosten-/Nutzen-Analyse, Umsetzung von Mit- Reform, all diese Büros für Technische Unterstützung arbeitern usw. Die Einrichtung einer Ausführungsagen- durch spezielle Agenturen (agences d’exécution) zu erset- tur für Statistik wird in den kommenden drei oder vier zen, d. h. durch Organe, die über eine gemeinsame Sat- Jahren erhebliche Anstrengungen zum „Re-enginee- zung verfügen, die die Kommission bei der Ausführung ring“ der internen Aktivitäten von Eurostat erfordern. dieser Aufgaben unterstützen und die von europäischen Die Zunahme der Wertschöpfung von Eurostat und Beamten geleitet werden. Wenngleich diese Agenturen seine Konzentration auf seine strategischen Funktionen stärker strukturiert und reglementiert sind, überneh- kann nur gelingen, wenn Eurostat seine technischen men sie de facto die Philosophie des CESD aus dessen und routinemäßigen Arbeiten abgenommen werden. Anfängen. Der Erfolg der Operation wird von einer klaren Defini- tion und einem guten Management der jeweiligen Rol- Ende 2002 wurde die Verordnung über die Regelung der len von Eurostat und der Ausführungsagentur sowie Ausführungsagenturen vom Ministerrat angenommen. von einer perfekten Transparenz der Beziehungen zu Eurostat hat die Entwicklung dieses Vorgangs von den nationalen statistischen Systemen abhängen.

Fortsetzung folgt: von 1999 bis 2002 173

Auf dem Wege zu einem echten Die Rechtsgrundlage ist notwendig. Von essenzieller & Bedeutung sind allerdings gemeinsame Arbeitsverfahren, Konferenz der Leiter der Europäischen Statistischen System damit dieses Konzept mit Inhalt erfüllt wird. Das Was und NSÄ in Palermo im Jahre 2002. Qualistat für das gesamte Europäische Statistische System. das Wie müssen genau definiert werden. Das „Was“ ist der Inhalt eines wirklich gemeinschaftlichen statistischen Die Konferenzen der Leiter der NSÄ in Madrid im Programms. Zu prüfen sind eine Verknüpfung und Jahre 2001 und in Palermo im Jahre 2002 haben den Kohärenz zwischen nationalen und gemeinschaftlichen Aufbau des Europäischen Statistischen Systems mit Programmen mit einer gemeinsamen Definition der neuem Geist erfüllt. In Madrid lautete das Thema: Die europäischen Prioritäten. Die Definition der großen euro- strategische Planung im Rahmen der Erweiterung. papolitischen Projekte, die sich im Zuge des Europäischen Dabei wurde die Notwendigkeit eines Unternehmens- Konvents herausbildet, muss dafür eine starke politische plans und einer Operation vom Typ Qualistat für die Basis schaffen. Ebenfalls in diesem Rahmen müssen die- Gesamtheit des statistischen System zur Sprache jenigen Projekte klar definiert werden, für die einzig und gebracht. Die Reflexion über eine mittelfristige Vision allein die europäische Dimension einen Sinn ergibt und über die Zukunft des Europäischen Statistischen für die Aggregation nationaler Daten ein Nebenprodukt Systems sollte in Gang gesetzt werden. Dies ist in Paler- sind, außerdem die Europe first-Projekte, für die das mo geschehen. europäische Interesse Vorrang vor nationalen Interessen Der rechtliche Pfeiler des Europäischen Statistischen hat. Die Qualitätskriterien müssen für alle Projekte klar Systems ist ganz eindeutig das „Statistikgesetz“. Wir definiert werden: es zeichnet sich ein „Qualistat“ für das erinnern uns, dass die Idee eines Europäischen Statisti- Europäische Statistische System ab! schen Systems im Jahre 1997 im Regelwerk des Rates Welch interessante Diskussionen über Zukunftsper- sorgfältig umgangen worden war: Es wird in den Präam- spektiven stehen uns im Rahmen des ASP bevor! beln kaum erwähnt. Der Europäische Konvent und die anschließende Regierungskonferenz werden wahr- scheinlich die Funktionsweise der Europäischen Union Das „Wie“ ist das Funktionieren aller Werkzeuge, die tiefgreifend verändern. Der Zeitraum der Einführung das aus den nationalen statistischen Systemen und von einer europäischen Verfassung und/oder eines neuen Eurostat gebildete Netz ausmachen. Das Funktionieren Vertrags wird sicherlich für eine Überarbeitung des Sta- des ASP, der Partnerschaftsgruppen, der Gruppe der tistikgesetzes günstig sein. Dies ist der Moment, in dem Direktoren der verschiedenen Sektoren, der Arbeits- dem Europäischen Statistischen System eine Rechts- gruppen, der Task Forces usw. muss ebenfalls Gegen- grundlage gegeben werden kann und seine Präsenz stand eines allumfassenden Re-engineering sein. sowohl in den einzelnen Mitgliedstaaten als auch innerhalb der Europäischen Institutionen und in der Welch interessante Diskussionen über die Zukunftsper- übrigen Welt verbessert wird. spektiven stehen uns bei Eurostat bevor! 174 Erinnerungen Eurostats

Der „besondere Weg“ der Agrarstatistik der Gemeinschaft Giuseppe Calò

Die Entwicklung der Gemeinschaftsstatistik ist schaft war damals noch weit davon entfernt, die manchmal parallel zu der Entwicklung der Gemein- Lebensmittelversorgung der Gemeinschaft sicherzu- schaftspolitik verlaufen, wie sie in den Verträgen vor- stellen. Darüber hinaus sollten die europäischen gesehen ist; manchmal ist sie der Entwicklung gefolgt, Betriebe auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig werden. nicht selten ist sie ihr aber auch vorausgeeilt. Ziel des zweiten Elements war dagegen, die Landwirte Sehen wir uns doch einmal an, wie dies im Bereich durch die Preisgarantien zu ermutigen, mehr zu produ- Landwirtschaft ausgesehen hat. zieren. So wurden ihnen sichere Einkommen garan- tiert, die nicht von Weltmarktpreisen abhängig waren. Wie bereits erwähnt, haben sich die sechs Mitglied- staaten nach langwierigen Verhandlungen 1962 zum Wie sich in der Folgezeit herausstellte, waren die Mit- ersten Mal auf eine Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) gliedstaaten keineswegs stets einer Meinung darüber, geeinigt. Die beiden zentralen Elemente dieser Politik welchem der beiden Elemente jeweils Priorität einge- waren von Anfang an die Strukturpolitik und die Preis- räumt werden sollte. Klar war jedoch, dass eine gemein- stützung. Diesen beiden Elementen entsprach auch die same Agrarpolitik nicht möglich war ohne harmoni- Zweiteilung des Fonds, der später eingerichtet wurde: sierte statistische Daten über die Struktur der landwirt- des europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für schaftlichen Betriebe, ohne Daten über die tatsächliche die Landwirtschaft (EAGFL) mit seinen beiden Abtei- landwirtschaftliche Produktion und ohne zuverlässige lungen Ausrichtung und Garantie. Informationen über die Agrarpreise und die Einkom- men. Ziel des ersten Elements war, durch Subventionen für landwirtschaftliche Betriebe Strukturverbesserungen In den ersten zehn Jahren nach 1962 wuchs der Druck im Agrarsektor zu unterstützen. Denn die Landwirt- auf das Statistische Amt, harmonisierte Daten über Der „besondere Weg“ der Agrarstatistik der Gemeinschaft 175

diese oder jene landwirtschaftliche Erzeugung zu lie- Paradoxerweise erwies es sich noch schwieriger, beste- fern, je nachdem welche politische Priorität sich hende Daten zu harmonisieren (gemeinsame Defini- jeweils gerade im Rat Landwirtschaft durchsetzte. tionen, Zeitplan der Erhebungen und andere metho- dische Aspekte) als neue zu erheben. Die Mitglied- Als die Gemeinsame Agrarpolitik ins Leben gerufen staaten waren in der Regel alles andere als bereit, von wurde, ging es zunächst in erster Linie um die Moder- ihren nationalen Erhebungszeitplänen und/oder Defi- nisierung des Agrarsektors durch Umstrukturierung nitionen abzurücken. Begründet wurde dies mit den der Betriebe, die zu diesem Zeitpunkt noch wenig spe- höheren Kosten, die normalerweise von den nationa- zialisiert und nicht sehr leistungsfähig waren. Aber len statistischen Diensten getragen werden mussten. schon bald verlagerten sich die Prioritäten auf eine möglichst genaue Bewertung der Produktion der ver- Zwischen 1962 und 1972 — zuerst in Brüssel und schiedenen landwirtschaftlichen Erzeugnisse und vor anschließend in Luxemburg (der Umzug bedeutete, allem der Kosten, die durch eine solche Produktion zu dass erschwerend noch das Problem der räumlichen garantierten Preisen für den Gemeinschaftshaushalt Entfernung von den Dienststellen der Generaldirekti- entstanden. on für Landwirtschaft hinzukam) — spielte das Stati- stische Amt die Rolle des „Harmonisierers“ und des Die politische Entscheidung, in erster Linie auf Pro- Vermittlers zwischen den Nutzern, die „sofort“ zuver- duktionsbeihilfen zu setzen, führte, wie sich schon lässige und vergleichbare Daten haben wollten, und bald herausstellen sollte, innerhalb kurzer Zeit zu den nationalen statistischen Diensten, die sich erst Überschüssen in verschiedenen landwirtschaftlichen der neuen europäischen Dimension anpassen mussten. Produktionszweigen. In diesem Umwandlungsprozess kam auch den zustän- digen Abteilungen der nationalen Landwirtschaftsmi- Für das Statistische Amt begann eine schwierige Zeit, nisterien eine wichtige Rolle zu. Diese hatten begrif- in der es eine Vielzahl komplexer Probleme zu bewäl- fen, welche „politische“ Bedeutung die Tatsache, dass tigen galt. Das Amt befand sich oftmals in einer bestimmte Daten verfügbar waren, andere dagegen Zwickmühle: Auf der einen Seite musste es versu- nicht, für den Rat „Landwirtschaft“ hatte, dessen Sit- chen, der immer drängenderen Nachfrage der Verwal- zungen nicht selten zu den berüchtigten „Marathon- ter der GAP nach immer detaillierteren Informatio- sitzungen“ wurden. nen gerecht zu werden. Auf der anderen Seite musste es jedoch auch der sehr unterschiedlichen Situation Die Nachfrage der Generaldirektion für Landwirt- Rechnung tragen, in der sich die nationalen statisti- schaft war derart groß, dass es nicht einfach war, den schen Systeme befanden, von denen erwartet wurde, Grundsatz der ausschließlichen Zuständigkeit des Sta- Daten zu liefern, über die sie eigentlich gar nicht ver- tistischen Amtes für die Statistik zu verteidigen. Denn fügten oder die nicht ganz der Nachfrage entsprachen. angesichts der „Langsamkeit“ eines europäischen sta- 176 Erinnerungen Eurostats

tistischen Systems, das noch wenig effizient war, zöger- Trotzdem führte das Statistische Amt 1970 bis 1971 te die Generaldirektion für Landwirtschaft nicht, sich eine weitere Betriebsstrukturerhebung durch; diese einzuschalten und Datenerhebungen in den Mitglied- Erhebungen sind bis heute das Kernstück des agrarsta- staaten direkt zu finanzieren. Von dieser Tendenz zeugt tistischen Systems. noch heute das Informationsnetz der landwirtschaftli- chen Buchführungen (INLB), das damals eingeführt Im Laufe der Zeit wurde deutlich, dass der statistische wurde. Für dieses Netz waren im Allgemeinen die Dienst erweitert werden musste. Der neue Generaldi- Wirtschaftsdienste der nationalen Agrarministerien rektor, Raymond Dumas (der selbst einmal für die zuständig, die so ebenfalls in Wettbewerb mit ihren Agrarstatistik zuständig gewesen war) setzte im Rah- Kollegen von den nationalen statistischen Diensten men einer der zahlreichen Umstrukturierungen, die traten. das Statistische Amt seit seiner Gründung erlebt hat, eine Direktion ein, die ausschließlich für die Land- Die Generaldirektion für Landwirtschaft hat in all den wirtschaft zuständig war. Zum Leiter dieser neuen Jahren eine wesentliche Rolle für die Agrarstatistik Direktion „Agrarstatistik“ wurde Stephanus Louwes gespielt und diese entscheidend geprägt. Diese mäch- ernannt, auf den die Einrichtung des Agrarstatisti- tige und unabhängige Generaldirektion, die allein schen Ausschusses zurückgeht. Die Direktion mehr als die Hälfte des Gemeinschaftshaushalts ver- „Agrarstatistik“ umfasste zwei Abteilungen und einen braucht, war immer ein verlässlicher, aber auch Fachdienst: anspruchsvoller Partner, ein bevorzugter Kunde (um die Wahrheit zu sagen, praktisch der einzige) der — Preise, landwirtschaftliche Gesamtrechnung und Agrarstatistik. Die Koordinierung zwischen der Gene- Methoden (Leiter der Abteilung: Helmut Schu- raldirektion für Landwirtschaft und Eurostat hat macher, ein ehemaliger Assistent von Raymond immer gut funktioniert, und die Generaldirektion war Dumas); stets bereit, zu helfen, soweit es in ihrer Macht stand. — Erzeugnisse, Bilanzen (Leiter der Abteilung: Günther Thiede); Das Statistische Amt seinerseits räumte der landwirt- — Landwirtschaftliche Betriebe und Strukturen (Lei- schaftlichen Betriebsstrukturerhebung Priorität ein, ter des Fachdienstes: Luciano Baroncelli). die zum ersten Mal 1966 in der Gemeinschaft durch- geführt wurde. Dieses Projekt erwies sich jedoch — Diese drei Referate entsprachen in etwa den drei Säu- zumindest zu Beginn — als nicht besonders effizient, da len der Gemeinsamen Agrarpolitik: den Einkommens- die Ergebnisse angesichts des Umfangs der Erhebung beihilfen, der Umstrukturierung der landwirtschaftli- nicht sofort vorliegen konnten. Im Kabinett des unge- chen Betriebe und der Preisgarantie. Der Fachdienst duldigen Agrarkommissars Sicco Mansholt war man „Landwirtschaftliche Betriebe und Strukturen“ wurde daher über die Verzögerung nicht gerade begeistert. jedoch schon nach kurzer Zeit in die Abteilung von Der „besondere Weg“ der Agrarstatistik der Gemeinschaft 177

Helmut Schumacher eingegliedert, der in der zweiten auch gezwungen, auf Verordnungen zurückzugreifen, Hälfte der siebziger Jahre von Eric Snowdon abgelöst um eine schnellere und tiefer gehende Harmonisie- wurde. Eine wichtige Neuerung in dieser Zeit war die rung durchzusetzen. erste Gemeinschaftstypologie der landwirtschaftlichen Betriebe. Diese Typologie war von einer gemeinsamen Um die nationalen Behörden für diese gesetzlichen Arbeitsgruppe zwischen Eurostat und der Generaldi- Maßnahmen zu gewinnen, wurden erhebliche rektion für Landwirtschaft in jahrelanger Arbeit ent- Gemeinschaftsmittel bereitgestellt, die in der Regel wickelt worden. Diese gemeinsame Arbeit, die sowohl die ersten drei Erhebungen abdeckten. Interessanter- für das INLB als auch für die Betriebsstrukturerhebung weise muss im Nachhinein festgestellt werden, dass von größter Bedeutung war, zeigt, wie eng die Bezie- der Rat eher bereit war, Rechtsvorschriften zuzustim- hungen zwischen den beiden Diensten waren. men, wenn sie landwirtschaftliche Bereiche betrafen, in denen Überproduktion herrschte. An dieser Stelle soll erwähnt werden, welch entschei- Für diese gesetzgebenden Maßnahmen war eine stän- dende Rolle Günther Thiede bei der Harmonisierung dige Koordinierung erforderlich, die der Rat nicht der Statistiken über die landwirtschaftliche Erzeugung selbst wahrnehmen konnte. Daher wurde 1972 nach gespielt hat. Auf ihn geht auch die Einführung der Art der Verwaltungsausschüsse für die Gemeinsame Versorgungsbilanzen zurück, die als eine wesentliche Agrarpolitik ein Ständiger Agrarstatistischer Aus- Voraussetzung für die gemeinsamen Marktordnungen schuss (SAS) eingesetzt. angesehen werden. Da beim Rat die Kompetenz für die Statistik nicht klar Während der siebziger Jahre hat Günther Thiede (der verteilt war, wurden die Vorschläge der Kommission die Betriebsstrukturerhebung von 1966 entscheidend an den Sonderausschuss Landwirtschaft (SAL) ver- voranbrachte) einen großen Teil der gemeinschaftli- wiesen, einem ständigen Ausschuss, der sich mit den chen Rechtsvorschriften auf den Weg gebracht, die Vorschlägen zur GAP befasste und ein offensichtliches heute im Bereich Agrarstatistik vorhanden sind. Interesse an diesem Bereich hatte. Gesetzesinstrumente wurden als die einzige Möglich- keit angesehen, die dringend erforderliche Harmoni- Obwohl der Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ heute sierung möglichst zügig durchzusetzen. Häufig ent- klar umrissene Kompetenzen im Bereich Statistik hat, schied man sich für „Richtlinien“, da diese den Mit- sind der SAL und der Rat „Landwirtschaft“ weiterhin gliedstaaten ein gewisses Maß an methodischer Frei- für Vorschläge zur Agrarstatistik zuständig. heit lassen und dennoch die Verwendung einheitli- cher Definitionen, eine regelmäßige Erhebung der Es war die Zeit der Überschussproduktion, der so Daten und einheitliche Fristen in der Gemeinschaft genannten „Milchseen“ und „Butterberge“. Um die sicherstellen. Allerdings sah man sich gelegentlich Entstehung von Produktionsüberschüssen zu verhin- 178 Erinnerungen Eurostats

dern und um unliebsamen Auseinandersetzungen in zumal deren Umsetzung durch erhebliche Gemein- der Landwirtschaft aus dem Weg zu gehen (wie den schaftsmittel gefördert wurde. Außerdem bot die Not- Konflikten mit den Milchproduzenten in den Nieder- wendigkeit, eine Rechtsvorschrift in nationales landen, den Weinproduzenten in Südfrankreich oder Recht/eine nationale Verpflichtung umzusetzen, stets den Obstproduzenten in Norditalien), musste man eine gute Gelegenheit, um von den Landwirtschafts- genau wissen, wie sich das Produktionspotenzial in ministerien der Mitgliedstaaten zusätzliche nationale Zukunft entwickeln würde. Bei jeder Krise entstand Mittel zu fordern. ein neuer Bedarf an statistischen Daten und Rechts- vorschriften, welche die Erhebungen in dem Krisen- Dies ist auch der Grund dafür, dass die nationalen stati- sektor regelten. stischen Dienste ihre personelle Ausstattung im Bereich Agrarstatistik konsolidieren und eine perma- Eine Ausnahme war der Verzicht auf gemeinschaftliche nente Infrastruktur aufbauen konnten, deren Nützlich- Rechtsvorschriften im Bereich „Preisstatistik“ und keit später bei jeder neuen Erweiterung deutlich wurde. „Schätzungen der Einkommen der landwirtschaftlichen Betriebe“. Die Frage „Rechtsvorschriften ja oder nein?“ Gegen Ende der siebziger Jahre wurde auf europäischer ist in der Geschichte der gemeinsamen Agrarstatistik Ebene eine neue Strategie im Bereich Agrarstatistik viele Male diskutiert worden. In der Tat haben der entwickelt, die vor allem auf den Direktor Stephanus Umfang der Agrarstatistik und die Tatsache, dass diese Louwes zurückgeht. Anstatt spezifische Erhebungen für häufig anderen statistischen Bereichen voraus war, dazu alle Mitgliedstaaten zu finanzieren, wurde vorgeschla- geführt, dass sich die Agrarstatistik oft mit Problemen gen, Pläne zur Umstrukturierung der agrarstatistischen befassen musste, deren Lösung später für andere Berei- Systeme in den Ländern zu finanzieren, in denen die che des Statistischen Amtes wegweisend war. statistische Infrastruktur für die Durchführung zahlrei- In ihrem Bemühen, Informationen über die Entwick- cher Gemeinschaftserhebungen unzureichend war. Bei lung des Produktionspotenzials (Wein, Obst, Olivenöl einer Finanzierung aller Erhebungen in allen Ländern usw.) zu erhalten, haben sich die Verantwortlichen in wurden auch die Erhebungen mit Gemeinschaftsmit- Europa schließlich doch für statistische Erhebungen teln finanziert, die bereits vor der Einführung der entschieden — und gegen administrative Maßnahmen gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften regelmäßig wie Karteien (Reb- oder Ölkartei). Letztere hatten durchgeführt wurden. Um die Gemeinschaftsmittel sich nach einigen sehr kostspieligen Versuchen als gezielter einzusetzen, wurde beschlossen, einzelne wenig wirksam erwiesen, denn als die Ergebnisse end- Erhebungen zu unterstützen. Das heißt, die Unterstüt- lich vorlagen, waren sie längst überholt. zung sollte nicht länger auch Ländern gewährt werden, die nicht darauf angewiesen waren. Auf diese Weise Die nationalen statistischen Dienste übernahmen die entstanden der „italienische Plan“, der „irische“, „grie- gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften bereitwillig, chische“ oder „portugiesische“ Plan (letzterem war ein Der „besondere Weg“ der Agrarstatistik der Gemeinschaft 179

Vorbeitrittsplan vorangegangen) zur Umstrukturierung allem, nachdem Yves Franchet die Leitung des Statisti- des agrarstatistischen Systems. schen Amtes übernommen hatte. Eine Reihe von Mit- gliedstaaten hatte auf eine Umstrukturierung des Zu Beginn der achtziger Jahre gab es im Statistischen Europäischen Statistischen Systems gedrängt, das in Amt eine Reihe personeller Veränderungen. David einigen Bereichen zu detailliert (wie dem Außenhandel Harris wurde zum Leiter einer großen Direktion und der Agrarstatistik), in anderen dagegen durchaus ernannt, die für die Sozialstatistik und für die Agrarsta- noch ausbaufähig war (Unternehmensstatistik und tistik zuständig war. Hans Georg Baggendorff löste Sozialstatistik). Außerdem entwickelte sich der Bereich Günther Thiede an der Spitze des Statistischen Amtes Umwelt, der heute in immer stärkerem Maße als ein ab, und Alberto De Michelis trat an die Stelle von Eric fester Bestandteil der „nachhaltigen Entwicklung“ gese- Snowdon. Sofort nach seiner Ernennung griff Alberto hen wird, zu einem Bereich von absoluter Priorität. De Michelis eine alte Idee von Helmut Schumacher wieder auf. Mit Unterstützung von Fritz Pfähler begann Die beiden Referate der Agrarstatistik wurden ande- er mit der Einführung eines Vorausschätzungs-/Simula- ren Referaten zugeordnet: einem neuen Referat, das tionsmodells, um den Einfluss der GAP auf den Welt- für die Umweltstatistik zuständig ist, und dem Referat markt und auf den Gemeinschaftshaushalt schätzen zu „Energiestatistik“, um den „umfassenden“ Anspruch können. Das so genannte SPEL-Modell stützte sich auf dieser neuen Direktion zu unterstreichen. eine Datenbank und Extrapolationsalgorithmen. Gegen Ende des Jahrzehnts wurden die Betriebsstruktu- Yves Franchet übertrug die Leitung dieser Direktion rerhebungen auf eine noch solidere Rechtsgrundlage David Heath, und Giuseppe Calò trat die Nachfolge gestellt. Und zwar wurde eine Verordnung erlassen, die von Alberto De Michelis an. ein Zehnjahres-Programm, den Aufbau einer Daten- bank (Eurofarm) und eine eigene Finanzierung vorsah. Dieses Privileg führte jedoch später zu Problemen, als es David Heath blieb über ein Jahrzehnt an der Spitze um die Neuzuweisung der Finanzmittel ging. Schließ- dieser Direktion. Ihm gelang es, das hohe Qualitätsni- lich einigte man sich zehn Jahre später auf eine Finan- veau aufrechtzuerhalten, das die Agrarstatistik inzwi- zierung über eine Haushaltslinie der Generaldirektion schen erreicht hatte. Gleichzeitig bemühte er sich, die für Landwirtschaft. In derselben Zeit wurden für die zusätzlichen Mittel, die zur Verfügung standen, in Getreidestatistiken (und wenig später auch für die erster Linie für die Entwicklung der Umweltstatistik anderen Kulturen) Rechtsvorschriften erlassen, nach- einzusetzen. Mit der Durchführung eines „Screening“ dem in die GAP so genannte „Stabilisatoren“ einge- einschließlich einer Befragung der Nutzer innerhalb führt worden waren. und außerhalb der Kommission sowie der Statistikpro- duzenten leistete die Agrarstatistik einmal mehr Pio- Gegen Ende der 80er Jahre begann im Statistischen nierarbeit. Das Screening ergab, dass in einigen Berei- Amt ein tief greifender Rationalisierungsprozess, vor chen der Agrarstatistik sehr wohl eine Straffung des 180 Erinnerungen Eurostats

Bedarfs der statistischen Anfragen möglich war, dass Fernerkundung und die Flächenerhebungen gerade jedoch der größte Teil der Erhebungen von operatio- einer Prüfung unterzogen. neller Bedeutung war. In einigen Bereichen wurde deutlich, dass Veränderungen unumgänglich waren. Hervorgehoben werden sollte, dass während dieser Eine weitere Neuerung war die Einführung des Agrif- Zeit ein neues Rechts- und Finanzinstrument einge- lex-Konzepts, die vor allem auf Georg Baggendorff führt wurde, das zur Rationalisierung des agrarstati- zurückging. Mit Hilfe dieses Konzepts sollte den stischen Systems beitragen sollte. Dieses neue Instru- nationalen statistischen Diensten ermöglicht wer- ment nahm die Form einer Entscheidung des Rates den, ihre immer knapper werdenden Mittel auf die an und wurde „TAPAS“ genannt (Technical Action Aspekte zu konzentrieren, die am wichtigsten waren. Plan for Agricultural Statistics). Es ging jetzt nicht mehr darum, das System weiter auszubauen, sondern In den 90er Jahren wurde noch stärker deutlich, dass es zu rationalisieren und zu verbessern. TAPAS soll- die Agrarstatistiker der Mitgliedstaaten und von te den Dienststellen der Kommission die Möglichkeit Eurostat eine große Familie bilden. Gemeinsam haben geben, gezielt an bestimmten Stellen der nationalen sie nach Lösungen für gemeinsame Probleme gesucht. statistischen Systeme anzusetzen, und zwar in den Diese Haltung hat die Integration von Statistikern aus Bereichen, die ihrer Ansicht nach vorrangig waren. neuen Beitrittsländern erheblich erleichtert. Gleichzeitig sollte das System an den Stellen verein- facht werden, wo dies angebracht erschien.

In den letzten Jahren hatte es ganz so ausgesehen, als Der wichtigste Vorteil von TAPAS war, dass das Instru- ob die Agrarpolitik und die Agrarstatistik vollends ment die Möglichkeit eröffnete, rasch in einem ihre Bedeutung verloren hätten. Dieser Eindruck hat bestimmten Bereich einzugreifen, ohne hierfür ein neues sich nicht bestätigt, da in nächster Zukunft Staaten Instrument schaffen zu müssen. Kürzlich wurde TAPAS der Union beitreten werden, die noch stark landwirt- eingesetzt, um die nationalen Dienste bei der Entwick- schaftlich geprägt sind. Darüber hinaus wird die lung von Maßnahmen im Bereich Agrar-Umweltstati- GAP in Zukunft stärker Themen wie Umwelt und stik zu unterstützen mit dem Ziel, andere Gemein- Entwicklung des ländlichen Raums einbeziehen. schaftsmaßnahmen auf diesem Weg voranzubringen. Jetzt geht es um die Frage, wie man dieses wichtige System ohne zusätzliche Mittel weiter ausbauen Heute kann das Europäische Statistische System als kann, um den neuen Bedarf zu decken, der nicht ein zusammenhängendes Ganzes gesehen werden, das unbedingt etwas mit der traditionellen Agrarstatistik aus einzelnen mehr oder weniger entwickelten Teilen zu tun hat; es geht um die Frage, wie man wirksam besteht. Die Landwirtschaftsstatistik ist ein Beispiel den traditionellen Bedarf befriedigen und gleichzei- für eine gelungene Harmonisierung: vielleicht stär- tig dem neuen Bedarf einer sich ändernden Politik ker entwickelt als andere, ist sie dennoch funktions- gerecht werden kann. So wurden zum Beispiel die gerecht, dynamisch und flexibel. Außenhandel — ein Spiel der Spiegel 181

Außenhandel — ein Spiel der Spiegel Gilles Rambaud-Chanoz

Die Außenhandelsstatistik verfügt über eine beacht- hatte die Partitur im Wesentlichen bereits im Voraus „... den Spiegel scheltend, dass liche Fähigkeit der Selbstkontrolle ihrer Qualität. durchdacht. entstellt sein Bild er gibt…“ Spiegelbildvergleiche sind diesbezüglich außeror- 1 Jean de la Fontaine dentlich effizient. ( ) Spiegelreflexe…

Spiegel der Vergangenheit 1978 Die italienischen Daten sind immer noch nicht einge- „Betrachtet man sich mehr in seinen Erinnerungen als im troffen, doch das Jahr soll trotzdem fristgemäß abge- Spiegel, wird man wirklich alt“ schlossen werden. Für Gérard Graff mit seinem schnel- (JÉRÔME TOUZALIN) len Flitzer befindet sich Rom gleich nebenan.

1976 1979 Hundstage in Luxemburg. Im Jahr 1 der Verordnung Peking, die Verordnung 1736 (2) wird ins Chinesische 1736 (2) über die Statistik des Außenhandels der übersetzt! Gemeinschaft … Alain Biron formuliert den Text, ich gestalte das Layout, Adrien Lhomme überwacht das 1 % der Luxemburger haben die Volksrepublik China Ganze, die Systemanalyse des allgemeinen Programms besucht. Sollte es zu einem ausgewogenen Austausch läuft, Länder/Erzeugnisse-Erzeugnisse/Länder …. 132 kommen, muss Luxemburg wohl seine Infrastruktur Stellen (33 vier mal), vielen Dank, Doktor!!!... Val des erweitern… (Rolf Sannwald). Bons Malades ist nahe — die alten Hasen des Außen- (1) Vielen Dank an Jürgen handels Rolf Sannwald, Hans Wittwer, Roger Cordier, Heimann für die nahezu Angelo Ferlini, Peter Schupp und Alice Disiviscour 1980 spiegelbildliche Übertragung haben hier ihren Sitz. Bald stößt das neue Programmie- Dakar! Das Seminar „Harmonisierung der Handelssta- ins Deutsche. rerteam mit Charles Kelhetter, Charles Logel unter der tistiken“ erwartet seinen Vorsitzenden. Silvio Ronchet- (2) Es handelt sich um die Obhut von Pierre Horiot zu ihnen. Die Ausführung ist ti hat entdeckt, dass sich die Verträge von Rom auch als Verordnung (EWG) einfach, ohne jeden Missklang, denn Marcel Mesnage Kopfkissen eignen; und die Siesta zieht sich... Nr. 1736/75. 182 Erinnerungen Eurostats

1981 griechische Tragödie —, von einem ihrer Söhne Hafen von Cotonou, 70 % des Außenhandels von geschluckt zu werden. Benin passieren hier! 1990 In einem kleinen Fischerdorf am Ende des Strandes von Die CD-ROM COMEXT (2) erblickt in diesem Jahr das Cotonou; Richard Kuhner — in Lackschuhen und Licht der Welt. Es ist die erste in einer langen Reihe, Kolonialshorts — ist empört über das von einer jungen die Jahr für Jahr ihren Platz als Bestseller festigte und Einheimischen im T-Shirt mit dem wunderbaren Auf- heute eine Reife erlangt hat, die ausreicht, um ihre druck „Vive les animeaux“ (1) vorgeschlagene Aus- Autonomie als „stand-alone“-Version zu behaupten. tauschverhältnis (Terms of Trade). Methoden-Spiegel 1981 „Sich bewusst werden, heißt, den Schleier, der das Licht Seit mehreren Monaten wurden keine belgischen Daten verhüllt, in einen Spiegel umzuwandeln“ mehr erfasst. Es erfolgt die umfangreichste Schätzaktion (CHINESISCHER PHILOSOPH) aller Zeiten (dem Spiegel sei gedankt). Toller Erfolg — keine Asymmetrien mehr in den Ergebnissen.. 1981 Die Methodiker von Eurostat (Jacques Dispa, Richard Technologie-Spiegel Kuhner u. a.) und von der „G6“ (Guy Schuller, Frances- 1980 co Latarullo, Wolfgang Bergmann, Wim Satyn, Marc Alexandre/Françoise Rivet, Maurice De Lannoye) wer- Im Außenhandel finden die neuen Technologien ein den sich der Erfordernisse der Produktion — dank der geeignetes Umfeld. Die Pionierrolle birgt sehr wohl Überzeugungskraft von Gertrude Hilf — bewusst und ihre Gefahren, wie das Schreiben eines Praktikanten akzeptieren mit Gönnermiene die Einsetzung einer von Josiane Libouton bezeugt, in dem es heißt „Danke Arbeitsgruppe „Produktion“. Dieser allmähliche Über- für Ihr Interesse an der Gemeinschaftsstatistik, ich gang von der Idee zur Verwirklichung ist auch im Hin- sende Ihnen die Diskette per Fax“; oder die Online- blick auf die von Klaus Reeh angedachten und von Vorführung von Comext bei Istat in Rom, wo die Ant- Douglas Koszereck erzeugten Indizes zu beobachten. worten auf dem Terminal infolge von Leitungsstörun- (1) Der Rechtschreibfehler gen bereits vor den Abfragen erschienen. Das Kampf- des Wortes „animeaux“ getöse um die Datenbanken war groß und erhaben, ein 80er Jahre wurde bewusst beibehalten. grandioses Rennen — dem Palio würdig, der Alberto Indessen formiert sich der Widerstand. Die Informati- (2) Comext, SIENA, De Michelis so am Herzen liegt. Georges Pongas hat onsverarbeitung wird allgemein bejaht, aber bevorzugt CD-ROM Comext, IDEP schließlich den Sieg errungen, das Beste von SIENA wird die Harmonisierung spezieller Warenbewegun- sind Datenbanken und wurde von Comext übernommen. Selbst der Cronos- gen. Jürgen Heimann wird aktiv, Joao Sousa erschöpft Software von Eurostat. Datenbank war bange — Rache der Geschichte oder sich in ihrer Überwachung; der Schiffsbedarf ist ein- Außenhandel — ein Spiel der Spiegel 183

fach, aber die Umwelt empfindlich; die Träger von Eurostat wird in Genf willkommen geheißen, ein Ver- Raumfahrzeugen von Zufällen abhängig; die Satelliten bindungsbüro wird eingerichtet und eine Schnellver- sind zwar stationär — aber zu schnell. Es ist an der bindung (7220 Baud) mit Luxemburg hergestellt. Zeit, einen wirtschaftlicheren Ansatz zu fördern — Jürgen Heimann nimmt sich der Sache an und 70er Jahre bis 2000 befreit mit der „Schwellen“-Verordnung über eine Die Beauftragten für die Warennomenklatur, Gerard Million Unternehmen von der Anmeldepflicht. Vandeplassche, Lieven Poot, Alphonse Fouarge, Josef Lambertz und Ramos José Olivarés, reihen ein, verwer- Wortspiegeleien fen, reihen neu ein…., eine Arbeitsgruppe „Wein“ wird „Ein Nimexe-Bogen zwischen zwei Spiegeln“ geschaffen, für den Camembert wird eine neue Position aufgenommen, der Feta hingegen muss noch 20 Jahre 1982 warten. Die elektronische KN und IDEP schaffen einen Das Aus für die Nimexe (1), die schönen, in Gold gebun- Durchbruch, der am Markt registriert wird — aber es denen und dank der Aufmerksamkeit von Alphonse wird noch dauern, bis eine allgemeine Bekanntheit Fouarge und Klaus Loenig individuell gestalteten Folian- erlangt wird! ten verschwinden auf immer im Archiv. Was wird aus der ex-Nimexe? Die ex-KN (Kombinierte Nomenklatur) Der zerbrochene Spiegel — das Intrastat- System — das Allgemeine Präferenz-System — darf bleiben und 1985 Roger Cordier kann seinen Posten behalten. Die Idee der Beobachtung einer einzigen Warenfluss- 70er bis 90er Jahre richtung findet keine Zustimmung, der Verlust der Unabhängigkeit und der statistischen Kompetenz, die Die GATT-Verhandlungen werden spät nachts im allzu große Abhängigkeit von den elf anderen … all Luxemburger Rechenzentrum vorbereitet. Christiane dies führt zu der Einführung eines Systems, in dem von Bisenius und das Informatikerteam produzieren am lau- Eingängen statt Einfuhren und von Versendungen statt fenden Band... bis die Croissants zum Frühstück eintref- Ausfuhren die Rede ist. Dieses System, das eng an das fen. Die in Genf verteilte Dokumentation über die MwSt.-System gekoppelt ist, soll am Ende des seit dem Umsetzung des HS (Harmonisiertes System zur Bezeich- 1. Januar 1993 geltenden MwSt.-Übergangszeitraums nung und Kodierung der Waren) würde aneinander erneut einer Überprüfung unterzogen werden. gereiht den ganzen Globus umspannen. Die Globalisie- rung ist auf dem Vormarsch, Bambusch bittet um Hilfe... COMEDI — EDICOM — Spiegelwörter 1984 1988 (1) Nimexe, KN, HS sind 2 Die Textilverhandlungen (MFA) ( ) wurden erfolg- Als flankierendes Instrument für Intrastat und um die Warennomenklaturen. reich abgeschlossen, und zwar dank fehlerhafter Statis- Belastung der Unternehmen möglichst gering zu halten, tiken (gemäß den Worten des Genfer Delegierten). erscheinen die entstehenden transeuropäischen Netze (2) Multifiber-Abkommen. 184 Erinnerungen Eurostats

und die damit verbundenen Finanzierungsmöglichkei- der Avenue Guillaume in Luxemburg ihren Sitz hat; die ten als der Königsweg. Paul Hervé Theunissen ist der Kampagne der UEAPME (6) gegen die Intrastat- Erste, der sich dieser Sache annimmt. Ein Beschluss ist Nomenklatur und die Revolte der Hermès-Schalträger rasch gefasst, allerdings wird es weitaus schwieriger, im Europäischen Parlament; die Klage der deutschen seine Annahme durchzusetzen. Seine Bezeichnung lau- Grünen gegen die Intrastat-Formulare; den einstimmi- tet Comedi, dann Edicom (1), dazu gibt es heiße Debat- gen Beschluss des Ministerrates „Binnenmarkt“ über ten: Wenn EDI-first gilt, dann ist Artikel 121 die die Durchführung des SLIM/Intrastat-Projektes; die Rechtsgrundlage, wenn COM-first gilt — dann ist es gleiche Einstimmigkeit desselben Rates bezüglich der der Binnenmarkt. Nach der problematischen Konzepti- als zu radikal bewerteten Vereinfachungsmaßnahmen; on geht es turbulent weiter: Klage vor dem Gerichtshof das Seminar in Luxemburg und die peinliche Situation, wegen einer falschen Rechtsgrundlage, Nichtigkeits- in die der Vorsitzende gebracht wurde... klage, Namensänderung, eine umstrittene Wiederaufer- stehung, Vermittlungsverfahren. Die unerschütterliche Auch wenn die Ergebnisse des SLIM-Verfahrens weni- ger schnell eintraten als geplant, stellen sie sich nur (1) Comedi, Edicom, SLIM Unterstützung durch das Europäische Parlament und sind Bezeichnungen von seine Berichterstatterin Astrid Lulling und aus den Rei- ihre Wirkung vor! Nun trat Marco Lancetti an, unter Entscheidungen des Rates hen Eurostats, durch Alain Chantraine und Yves Fran- der Leitung von Daniel Byk. und der Kommission. chet, sichern schließlich die Verwirklichung von Edi- com und seine Weiterentwicklung zu Edicom 1 und 2 ( ) Intrastat: Statistik des dann 2 und dann …. „Spieglein, Spieglein an der Wand…“ innergemeinschaftlichen strahlend und leuchtend wird die Zukunft sein Warenverkehrs — Extrastat: Statistik des außergemeinschaftlichen Schlankheitsspiegel oder Spiegel der Wenn wir uns in Zukunft an die afrikanische Weisheit Warenverkehrs. Illusionen halten „Die gebende Hand ist stets über der nehmen- den …“, dann mag auch gelten, dass die Versendungen (3) Junge Unternehmer für 1995 immer über den Eingängen liegen werden. Und wenn Europa. Die SLIM/Intrastat-Initiative (2) zur Vereinfachung der damit Ihre Fragen noch nicht beantwortet sind, dann Rechtsvorschriften im Binnenmarkt war und ist für 4 folgen Sie dem Rat des malischen Dichters Massa ( ) Europäischer Rat der Eurostat eine große Herausforderung, denn der Ver- Verbände der Chemischen Makan Diabaté: „Wenn der Spiegel unangenehme Industrie. such, die Entlastung der Unternehmen und die Details Dinge sagt, steck’ ihn einfach in die Tasche“. Ganz der Meldungen, die Bedürfnisse der Auskunftspflichti- sicher gilt dieser Rat nicht für Christine Coin und ihre (5) Union der Industrie- gen und die der Nutzer miteinander in Einklang zu vier Musketiere (Daniel Byk, Jacques Lanneluc, Henri und Arbeitgeberverbände bringen, schien ein unmögliches Unterfangen zu sein. Tyrman, Eric Jouangrand) mit ihren Mannschaften, die Europas. Viel ist den Beiträgen der Initiative „JA zu Europa“ (3), zweimal Zwanzig Jahre (da)nach Dumas’ Einzug bei 4 5 (6) Europäische Union des des CEFIC ( ), des UNICE ( ) und der NSÄ der Mit- Eurostat, daran arbeiten, Extrastat und seinen Spiegel Handwerks und der Klein- gliedstaaten zu verdanken. Erinnern Sie sich an die Intrastat Seite an Seite in das Pantheon der Geschich- und Mittelbetriebe. Schaffung der NRO gegen Intrastat, die immer noch in te der Statistik zu geleiten. Datenverbreitung: Entwicklung und technische Revolution 185

Datenverbreitung: Entwicklung und technische Revolution François de Geuser

Bis Ende der 70er Jahre hätte man meinen können, das möglich zugänglich gemacht werden, damit man sie auch einzige Ziel eines statistischen Projekts sei es, eine Veröf- nutzen kann; b) was nichts kostet, ist auch nichts wert, fentlichung zu erstellen. Das Projekt schien nur durch die und dies löst eine zuweilen homerisch anmutende Debatte Publikation zu existieren. Dabei war es nicht so wichtig, ob über die Preisfestsetzung und die kostenlose Verbreitung die Veröffentlichung tatsächlich verbreitet wurde oder aus. nicht. Auch jede EDV-Infrastruktur ist auf Veröffentli- chung ausgerichtet und soll dem Statistiker Werkzeuge an Die elektronische Verbreitung die Hand geben, um die Herstellung von Veröffentlichun- Seit Mitte der 70er Jahre hat die Entwicklung der Daten- gen zu automatisieren. erhebung bei den Mitgliedstaaten entsprechend der Diver- sifizierung der Gemeinschaftspolitik, die zunehmend Infor- Die zunehmende Verfügbarkeit von Daten sowie der mehr mationen benötigte, zur schrittweisen Bildung eines riesi- oder minder einfache Zugang zu ihnen haben dazu geführt, gen Reservoirs geführt, in dem die Daten gelagert wurden. dass man sich sowohl über den Nutzer und seine Bedürf- nisse als auch über den öffentlichen oder privaten Charak- Mit der voranschreitenden Diversifizierung der statisti- ter der bei Eurostat vorliegenden Daten Gedanken mach- schen Bereiche konnte die EDV zunehmend den Bedarf te, also über die Frage, ob diese Daten allen offen stehen decken, der durch die intern entwickelten Datenbankver- sollten oder ob mehr oder weniger privilegierte Nutzer- waltungssysteme geschaffen wurde — Cronos für Zeitrei- gruppen definiert werden mussten (Art des Zugangs, Art hendaten, COMEXT für mehrdimensionale und umfang- der Daten usw.), oder auch die Frage, ob die Daten kosten- reiche Außenhandelsdaten und REGIO für regionale los oder kostenpflichtig sein sollten. Daten. Die ganze Energie von Eurostat wurde auf die Ein- richtung und Aktualisierung dieser umfangreichen, viel- Damals waren zwei Aphorismen gang und gäbe: a) Alles, schichtigen Systeme verwendet, die sich im Laufe der was nicht gebraucht wird, ist unnötig, und deshalb müssen Umstellung von IBM auf ICL und der Veränderungen des die enormen Investitionen in die Datenbanken rentabel Verwaltungssystems weiterentwickelten. Wie oft hat so gemacht werden, indem diese Datenbanken so weit wie mancher Statistiker wohl davon geträumt, in seiner Veröf- 186 Erinnerungen Eurostats

fentlichung zu schreiben „Daten liegen nicht vor, da das Zweitens, weil es notwendig war, dass sie Zugang zu ihren System zusammengebrochen, nicht verfügbar ist oder sich Daten bekamen, um die Aktualisierungsfrist sowie die geändert hat“. Man pflegte damals auch zu sagen, Cronos Frage zu überprüfen, ob die Daten sich zwischenzeitlich sei wie ein Kaktus, wie dieser Feigenkaktus, der wächst, nicht vielleicht geändert hatten. indem er Lappen für Lappen sprießen lässt, bis er völlig aus der Form gerät und viele Stützpfähle braucht, die ihn auf- Über Broker, wie CISI (französische Abkürzung für Com- recht halten. pagnie internationale de services en informatique), CEA (französische Abkürzung für Centre de calcul du Commis- Cronos war für rund 30 000 Zeitreihen konzipiert worden sariat à l'énergie atomique) in Frankreich, GSI (französi- und umfasste innerhalb kürzester Zeit fast 1 Million. sche Abkürzung für Générale des services informatiques), und dann mit zunehmender Strukturierung dieses Mark- Die Dokumentation der Daten erfolgte in Form von Klas- tes über Datenbanken wie WEFA, Datastream usw. wur- sifizierungsschemata, einer Art Komplettkatalog. Über die den die Öffentlichkeit und insbesondere Unternehmen, Informationen gab es praktisch keine Informationen. Es Forschungszentren und Wirtschaftsinstitute zu Zielgrup- wurde zwar versucht, die Kataloge zu automatisieren, wie pen. Damals bestand die Verbreitung im Wesentlichen CADOS für die Cronos-Daten, doch war es weiterhin darin, die Datenbanken auf großen internationalen Onli- nicht möglich, diese Kataloge mit den Daten selbst zu ne-Messen in Europa, aber auch in den USA und Japan verknüpfen. Man konnte nur ausgehend von den Klassifi- vorzustellen und Weiterverkäufer auszubilden, damit sie zierungsschemata eine Suche starten, was für die Statisti- diejenigen, die Daten nachfragten, auch entsprechend ker keinesfalls vorrangig war — bis hin zur Tatsache, dass beraten konnten. bestimmte statistische Bereiche überhaupt nicht doku- mentiert waren. Die zunehmend komplexe Datenentwicklung führte Da die Computerzugangsnormen über Systeme wie Euro- dazu, dass es im Lauf der Zeit erforderlich wurde, über die net zunehmend Verbreitung fanden, wurde überlegt, diese Schaffung eines Dienstes — über das eigentliche Produkt Datenbanken in größerem Umfang zu nutzen. hinaus — nachzudenken, der maßgeschneiderte Lösun- gen anbieten konnte; es wurde ein Informationsbüro ein- Die Kommissionsdienststellen und die nationalen statisti- gerichtet, welches auf individuelle Nachfragen maß- schen Ämter gehörten zum ersten Kreis privilegierter Nut- geschneiderte Antworten geben und nicht nur Daten zer. Zunächst deshalb, weil sie unsere ganz natürlichen recherchieren und liefern konnte, sondern auch die Kunden waren und es nahe lag, über Nutzerausschüsse Informationen, die der Nutzer benötigte, um die ihm ihren Bedarf, ihre Beschwerden usw. in Erfahrung zu brin- erteilten Ratschläge auch umzusetzen. Es folgte eine erste gen. Wer erinnert sich nicht an Sitzungen, auf denen es und wichtige Debatte über die Beziehungen zwischen von Seiten dieser oder jener Generaldirektion nur so an Verbreiter und Erzeuger von Daten sowie später eine Kritik hagelte und Cronos ganz besonders verrissen wurde? Debatte über den Rückfluss der Einnahmen zum Date- Datenverbreitung: Entwicklung und technische Revolution 187

nerzeuger bzw. darüber, dass die Einnahmen der Verbrei- Die Verbreitungspolitik von Eurostat beruhte auf der Not- tung zugute kommen sollten, um deren Effizienz ständig wendigkeit, den Katalog zu vereinfachen; hierzu musste die zu verbessern (durch Werbung zur Vergrößerung des Zahl der Veröffentlichungen erheblich verringert und die Bekanntheitsgrades). Klassifikation eingeführt werden, von der bereits die Rede war, sowie auf der Notwendigkeit, dem Bedarf der Nutzer Die Verbreitung in Papierform gerecht zu werden. Bevor man etwas veröffentlichte, muss- te man sich fragen für wen, wofür und wie, um Inhalt und Die gesamte Arbeit des Statistikers nahm erst durch die Qualität der Veröffentlichung und das entsprechende Mar- Veröffentlichung der von den Mitgliedstaaten erhobenen keting festzulegen. Daten konkret Gestalt an. Die meisten dieser Veröffentli- chungen wurden mehr oder weniger automatisch erstellt und enthielten nur ein Minimum an Einführungstext. Auf diese Weise wurde eine ganze Reihe neuer Produk- Mithilfe von Osiris, einer Software zur Erzeugung von te definiert, und Produkte, die bereits einen gewissen Tabellen, und von Sabine, einer Software zur Verwaltung Bekanntheitsgrad erlangt hatten, konnten verändert von Systematiken, konnten automatisch Manuskripte edi- und verbessert werden (Eurostatistik, Statistische tiert und dann zum Zweck der Verbreitung entweder aus- Grundzahlen). Die Schaffung von „Europa in Zahlen“ gedruckt oder auf einem elektronischen Datenträger stellte besonders für die Verbreitungspolitik von (Magnetband, Platte usw.) gespeichert werden. Die Veröf- Eurostat einen Wendepunkt dar. Man legte die Ziel- fentlichungen erfolgten zeitverzögert und waren sehr zeit- gruppe fest, d. h. Jugendliche im Alter von 16 bis 18 Jah- aufwendig... Nicht selten konnte man in den Gängen von ren, die kurz vor dem höheren Schulabschluss standen; Eurostat ganze Wagen stehen sehen, beladen mit dieses Konzept wurde in einer Schule in Luxemburg Checklisten, von denen man nicht genau wusste, wozu sie erprobt, alle Sprachen der Gemeinschaft waren abge- eigentlich gut waren, oder man sah einen Statistiker, der deckt, der Inhalt wurde nach Kapiteln von jeweils vier ganz aufgeregt war und im Allgemeinen wütend nach die- Seiten standardisiert, einschließlich von Tabellen, sem oder jenem — elektronischen oder anderen — Erläuterungen, Zusammenfassungen und Photos. Bei der Manuskript suchte, um es ins Amt für Veröffentlichungen Erstausgabe waren die Autoren zwar Statistiker, doch zu bringen. schrieb ein Journalist die Texte um, um die Sprache an diejenige der Zielgruppe anzupassen. Trotz der Fehler in Die Notwendigkeit wuchs, dem Statistiker die Entschei- der Konzeption (man hatte es versäumt, die Genehmi- dung darüber abzunehmen, wie „seine Publikation“ ver- gung der Bildungsbehörden einzuholen… für ein Buch, öffentlicht und verbreitet werden sollte, denn jeder ließ welches in der Abschlussklasse verbreitet werden soll- sich eine Vielzahl von Exemplaren in mehreren Spra- te...) war der Erfolg erstaunlich, es wurden rund 300 000 chen in sein Büro bringen und sorgte dann selbst für Exemplare verbreitet, davon rund 80 000 verkauft... Mit deren Verbreitung, was auf Kosten des Ganzen ging; sehr der zweiten Ausgabe machte man eine interessante viele Exemplare wurden zerstört. Erfahrung, denn die englische Fassung wurde zusammen 188 Erinnerungen Eurostats

mit MacMillan Education für Großbritannien und mit Arbeit von Eurostat und die Zeitnähe der Statistiken Gill and Macmillan für Irland herausgegeben. propagierte, wurden die Grundlagen für die Kommuni- kation mit der Außenwelt geschaffen. Um den Statisti- In der Reihe „Jahrbuch“ erschienen wichtige Neuhei- kern ein Kommunikationsorgan mit anderen Statisti- ten, etwa das Porträt der Regionen, welches eine Aus- kern und mit den Verwaltungsbehörden an die Hand zu zeichnung erhielt, und das Sozialporträt Europas; beide geben, wurde eine Zeitschrift namens Sigma gegründet, Publikationen beruhten mehr oder weniger auf demsel- die über das Neueste aus der Welt der Statistik berich- ben Konzept wie „Europa in Zahlen“, d. h. sie enthiel- tete, ohne eine einzige Zahl, nur auf der Grundlage von ten eine Mischung aus Statistiken, Kommentaren und Interviews mit den statistischen Leitern aller Stufen Tabellen, zielten jedoch auf ein breiteres und in sowie von Gesprächen mit den Nutzern. bestimmten Bereichen fachkundigeres Publikum ab. Es wurde auch eine Informationskampagne gestartet, Um schließlich möglichst viele Nutzer über die neuesten dank der die Bürger des einen oder anderen Landes Konjunkturdaten oder die neuesten aktualisierten Fas- besser verstehen konnten, wo ihr Land im Vergleich sungen verschiedener statistischer Projekte auf dem Lau- zu den anderen oder auch im europäischen Vergleich fenden zu halten, wurde die Reihe „Statistik kurz gefasst“ stand. In einer Broschüre, die nur Tabellen und ein konzipiert, die auf vier Seiten die neuesten Updates oder paar Fotos enthielt, waren die Schlüsselzahlen enthal- Auszüge aus Publikationen präsentierte. „Statistik kurz ten, „Zahlen zum gegenseitigen Kennenlernen“. Die gefasst“ erschien immer innerhalb von kürzester Zeit, was ersten Ausgaben dieser Broschüren sollten von Ban- der Aktualität und Zeitnähe der Daten zugute kam. ken an Jugendliche verteilt werden (eine Bank war gerade im Begriff, eine Million Exemplare zu bestellen, Die Bemühungen zur Verbesserung der Eurostat-Veröf- als sie entdeckte, dass das Format der Broschüre nicht fentlichungen insgesamt konnten erst zusammen mit dem Standardformat entsprach und ihre Versendung einem umfangreichen Marketing Früchte tragen, um per Post die Bank teurer zu stehen kommen würde als Eurostat und seine Veröffentlichungen bekannt zu ihre Herstellung...), aber auch von Bildungseinrich- machen. Eurostat hat zusammen mit seinem Verleger, tungen, und Eurostat versuchte sich als „Sponsor“, mit dem Amt für amtliche Veröffentlichungen, an Buch- unterschiedlichem Erfolg. messen, „Online“-Messen oder Fachmessen in ver- schiedenen Ländern teilgenommen, etwa der Landwirt- Die Bemühungen von Eurostat, dafür zu sorgen, dass schafts- oder der Studentenmesse. die Fülle der Eurostat vorliegenden Informationen auch den Bürgern zugute kam, passte voll und ganz zur Mit der Einrichtung eines Pressedienstes, der zusammen Politik der Europäischen Kommission, die über die mit dem Sprecher Pressemitteilungen verfasste, die im Kampagne „Ziel ’92“ die Vollendung des Binnenmark- Pressesaal in Brüssel verbreitet wurden und damit die tes förderte. Schlussfolgerungen 189

Schlussfolgerungen Alain Chantraine und Alberto De Michelis

Eurostats Wurzeln sind die beste Voraussetzung für sein schen Informationsdienst bereit zu stellen“. Dies ist der „Immer dann, wenn Dinge durch Wachstum. Mut, Ihr Utopisten! Auftrag, der seit fünfzig Jahren die Grundlage für die Zahlen ausgedrückt werden konnten, Entwicklung von Eurostat bildet, selbst wenn dieser erst hat man sich von Zahlen leiten in den 90er Jahren im Rahmen des Unternehmensplans In Anlehnung an einen afro-amerikanischen lassen; man hat aufgehört zu definiert und präzisiert worden ist. Philosophen vom Beginn des 20. Jahrhunderts ist eine diskutieren, um zu zählen; anstatt Institution, die ihre Ursprünge, ihre Geschichte und Wörter wollte man Fakten“ ihre Kultur nicht kennt, wie ein Baum ohne Wir haben ein halbes Jahrhundert tiefgreifenden Wan- 1 dels erlebt, zu dem wir oft unser Scherflein beigetragen Wurzeln ( ). Eurostat beginnt heute, Wurzeln zu Adolphe Lambert Quételet, Instructions haben. Bei allen Veränderungen hat das Haus die Jahr- schlagen, mit denen es weiter wachsen kann. Aber nur populaires sur le calcul des probabilités, zehnte gut überstanden, weil seine in den Anfängen wenige kennen diese Wurzeln; schuld sind Terminver- Einleitung, 1828 pflichtungen und das ständigen Bemühen um Lösungen errichteten Fundamente solide sind. Sie machten es der alltäglichen Probleme. Ein wenig Zeit für die möglich, alle Umwälzungen aufzufangen. Seit Grün- Lektüre dieses Werkes möge allen neue Kraft verleihen dung der EGKS forderte Rolf Wagenführ einen unab- und erlauben, die nächsten fünfzig Jahre schreiben. hängigen statistischen Dienst, um die Erfordernisse der Institution zu koordinieren. In der Tat müssen die Wir haben auch an alle diejenigen gedacht, die in den Daten von einem statistischen Dienst bereit gestellt nächsten Jahren die europäische Statistik bereichern werden, der von den Entscheidungsorganen unabhän- werden. Sie werden aus den unterschiedlichsten Gegen- gig ist, damit sie zuverlässig und stichhaltig ihrem vor- den kommen, was wir nicht ahnen konnten, als im gesehenen Zweck dienen können. Dies ist das Haupt- Jahre 1952 die friedliche Revolution der europäischen anliegen all seiner Nachfolger geblieben. Integration begann. Sie werden die Erfahrung machen, dass die Eurostat-Familie sie mit offenen Armen auf- In einer langen Tradition internationaler Zusammenar- nimmt, wie dies auch bei den anderen Erweiterungen beit, zur deren Gründervätern Adolphe Lambert Quéte- der Fall war. Sie werden ihre Erfahrung und ihre Begeis- let gehörte, haben die Statistiker eine wissenschaftliche terung einbringen, und sie werden das System weiter- Familie aus Profis für internationale Vergleiche gegrün- (1) Marcus Garvey: entwickeln, um die Herausforderungen der Gesellschaft det. Die europäischen Statistiker verfügten, innerhalb „A people without the knowledge of their past immer besser bewältigen zu können, um „der Europäi- einer immer größer werdenden geografischen Ausdeh- history is like a tree without schen Union einen qualitativ hochwertigen statisti- nung, über gemeinsame Sprachen und waren stets roots.“ 190 Erinnerungen Eurostats

gewöhnt, mit ihren Nachbarn zusammenzuarbeiten. die Subsidiarität mit den NSÄ; das europäische Statis- Daher konnten sie, wenn sie in gemeinsamen Institutio- tikgesetz; das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Aktionen; nen zusammenkamen, Arbeitsmethoden entwickeln, die der Austausch vertraulicher Daten zwischen den NSÄ ihrer Zeit immer voraus waren. und mit Eurostat; die Qualität der verbreiteten Daten; der institutionalisierte Dialog mit den Datennutzern; Die Statistiker mussten mehr als andere ihrer Zeit immer eine Instanz, die über die statistischen Arbeiten im Aus- voraus sein, da ihre Arbeiten lange Zeiträume bis zur schussverfahren (Komitologie — ein Wort, das im praktischen Umsetzung erforderten. Dies galt für ihre Gemeinschaftsjargon erst 1987 auftaucht) wacht; die Projekte ebenso wie für ihre Methoden der Zusammen- Schaffung eines Ausbildungszentrums für europäische arbeit. Das Europäische Statistische System, wenngleich Statistiker in Luxemburg. All dies sind Ideen, die man in noch im Aufbau begriffen, ist dafür ein sehr gutes Bei- den von Eurostat in den ersten zwanzig Jahren seiner Exi- spiel. Indem Eurostat mit den nationalen statistischen stenz erstellten und mit den NSÄ diskutierten Doku- Ämtern im Netz zusammenarbeitet, etabliert es eine menten findet: eine wahre Lektion der Bescheidenheit neue Form der governance zwischen Behörden, die als für die jüngsten Statistiker, die glauben mögen, alles nützliches Modell in zahlreichen europäischen Aktions- selbst erfunden zu haben. Aber auch eine Ermutigung zu bereichen dienen könnte. innovativen Ideen, die einigen als verwegen oder uto- pisch erscheinen: Wenn sie in die richtige Richtung der Wie jeder Mensch in seinem Leben fette und magere europäischen Integration gehen, werden sie eines Tages Zeiten durchlebt, gibt es in der Geschichte Eurostats Gestalt annehmen. Schon Jean Monnet schreibt in sei- Momente der Kontinuität und Momente der Innovati- nen Memoiren sinngemäß: „Es gibt keine verfrühten on. Alle haben dazu beigetragen, Eurostat zu dem zu Ideen, es gibt nur günstige Momente, die man abwarten machen, was es heute ist: zu einem statistischen Dienst, können muss.“ der in der ganzen Welt geschätzt wird und mit dem zahl- reiche nationale und internationale statistische Institu- tionen im guten Einvernehmen zusammenarbeiten. Wir Wir haben zu Beginn dieser Schlussfolgerungen von der sind überzeugt, dass die schwierigen Zeiten in der „Eurostat-Familie“ gesprochen. Natürlich war diese Geschichte des Statistischen Amtes dessen Charakter Famille enger „zusammengeschweißt“, als die Pioniere gefestigt haben und es in die Lage versetzen, die Krisen dieses Abenteuers in den 50er Jahren begonnen haben. zu bewältigen, die auch in Zukunft nicht ausbleiben wer- Sie waren weniger zahlreich und kannten sich alle. Sie den. waren vom selben Enthusiasmus getragen; und Enthusi- asmus war notwendig, um nach Luxemburg zu kommen Wenn man bestimmte Dokumente liest, die von Eurostat und dort in einer neuen Institution zu arbeiten, die in den 50er und 60er Jahren geschrieben worden sind, damals geschichtslos war! Dieser Familiengeist ist eine stellt man fest, dass viele Ideen, die erst in jüngerer Zeit der Konstanten im Leben der Statistiker von Eurostat. umgesetzt werden, bereits damals geäußert worden sind: Wie es einer unserer ehemaligen Kollegen — Bernard Schlussfolgerungen 191

Cocktail zum Jahresende, den der Generaldirektor und die Direktoren für das Personal von Eurostat organisiert hatten (2002). 192 Erinnerungen Eurostats

Eyquem — in seiner Antwort auf unseren Fragebogen Hochschulprofessoren oder -assistenten, Führungskräfte bekräftigt: „Es wäre unwürdig, die Geschichte des Stati- oder Sekretariatskräfte aus der Geschäftswelt oder ganz stischen Amtes zurückzuverfolgen, aus dem Eurostat her- einfach junge Leute, die ihre ersten beruflichen Erfah- vorgegangen ist, ohne den ‚Geist‘ zu erwähnen, der seit rungen machen. Den Bediensteten von Eurostat ist es Jahrzehnten bei seinen Bediensteten herrscht. Wie stets gelungen, ihre fachliche Kompetenz selbst in anderswo auch, hat es natürlich Reaktionen auf das Ver- schwierigsten Zeiten voll zum Einsatz zu bringen. Sicher halten einiger herausgestellter Persönlichkeiten gege- gab es seinerzeit auch bei Eurostat Faulpelze, wie in allen ben. Aber die vielen Kontakte mit Kollegen aus ver- Organisationen, in denen Menschen arbeiten. Es gibt sie schiedenen anderen Generaldirektionen haben mich in der Gegenwart und wird sie auch in Zukunft geben. den einmaligen Charakter unserer Beziehungen erken- Doch hat die überwiegende Mehrzahl all jener, die früher nen lassen, der bereits in der ersten statistischen Mann- bei Eurostat tätig waren oder es heute sind, ihre Fach- schaft der EGKS noch vor meiner Einstellung vorhan- kompetenz bei der Erfüllung ihrer Aufgaben mit Ernst- den war, um sich nach 1959 zu erhalten und weiterzu- haftigkeit und häufig sogar Selbstlosigkeit unter Beweis entwickeln. Ich kann bestätigen, dass wir wegen dieses gestellt. Dies ist eine weitere Konstante im Leben unse- allgemeinen Klimas der Kollegialität und des Enthusias- rer Generaldirektion. mus bei der Arbeit und dem zugrunde liegenden wech- selseitigen Respekt und der dauerhaften Freundschaft (ja Eine dritte Konstante stellen die Beziehungen mit den sogar offener sowohl persönlicher als auch kollektiver NSÄ dar. Die Verantwortlichen bei Eurostat haben seit Kameradschaft) von anderen beneidet wurden. Hier soll Bestehen des Statistischen Amtes im Jahre 1952 ver- nicht verschwiegen werden, dass der Pioniergeist über standen, dass die harmonische Entwicklung der europäi- weite Strecken in allen Dienststellen der Kommission schen Statistik über eine enge Zusammenarbeit mit den geherrscht hat; aber im Statistischen Amt gabe offen- nationalen statistischen Ämtern erfolgen muss. Heute sichtlich etwas Anderes, das mehr war — bewegend und erscheint dies evident, um nicht zu sagen: banal. Das wertvoll“. Dieses wertvolle Bekenntnis aus Eurostats Solidaritätsprinzip ist vom Gemeinschaftsrecht erst 1992 frühen Jahren unterstreicht eine Konstante, die über 50 mit dem Vertrag von Maastricht anerkannt worden, es Jahre nichts von ihrer Aktualität verloren hat, obwohl wird aber in der Praxis im Europäischen Statistischen sich Eurostat zu einer Organisation mit über sechshun- System seit fast fünfzig Jahren angewendet. Bei der dert Mitarbeitern entwickelt hat. Zusammenarbeit mit den nationalen Statistischen Ämtern, die sich immer enger gestaltet, hat es auch Sechshundert Mitarbeiter mit hohem technischem und schwierige Zeiten gegeben. Sie ist aber nach wie vor ein wissenschaftlichem Niveau aus den verschiedensten konstantes Element der Politik Eurostats. Dabei handelt Ländern mit häufig sehr unterschiedlichen Grundausbil- es sich um eine grundlegende strategische Entscheidung, dungen und mit uneinheitlichen Erfahrungen: langjähri- die im Verlauf der letzten fünfzehn Jahre parallel zur ge Mitarbeiter der nationalen statistischen Ämter, Beschleunigung des Prozesses der europäischen Integrati- Schlussfolgerungen 193

on eine Vertiefung erfahren hat. Muss man von einem die Versuchung des l’art pour l’art groß war, d. h. der Sta- föderalen System sprechen, um das System zu definieren, tistik um der Statistik willen. War dies bedingt durch das das von den amtlichen Statistikern von Eurostat derzeit Fehlen eines motivierenden politischen Projekts? Wie zu eingeführt wird? Wir wissen, dass dieser Begriff mögli- lesen war, ist die Statistik in den letzten 20 Jahren in cherweise auf bestimmte Empfindlichkeiten stößt — starkem Maße in die Projekte zum Aufbau Europas ein- vielleicht ist der Begriff „föderal“ nicht der geeignetste. gebunden worden, was jedoch auch schon für ihre frühen Vor fünfzehn Jahren rief der Begriff „Europäisches Stati- Jahre galt. Der Datennutzer, der Kunde, ist wieder ins stisches System“ fast empörte Reaktionen seitens einiger Zentrum der Dienstleistung gerückt, die die Statistik für für die europäische Statistik verantwortlicher Personen die Gesellschaft erbringen muss. Es ist bezeichnend fest- hervor. Heute ist er bei den europäischen Statistikern ein zustellen, dass es überall in Europa und natürlich auch gängiger Ausdruck, wenn sie von ihrem Kooperationssy- bei Eurostat bis zum Ende der 70er Jahre dauerte, bis das stem sprechen. Alles weitere wird sich einstellen, wenn Konzept der Verbreitung und Übermittlung von Infor- der geeignete Moment gekommen ist. mationen hin zum Bürger entwickelt wurde. Die natio- nalen statistischen Ämter sind von einem Dienst zur Ein Merkmal von Eurostat ist auch seine Fähigkeit zur Bereitstellung unzugänglicher Daten zu einem Dienst der Anpassung an die technologische Entwicklung, an die Bereitstellung von Informationen für die Fundierung von Veränderungen in der Kommunikation mit den Daten- Entscheidungsprozessen geworden. Alle Akteure der nutzern und an die Methoden einer modernen Verwal- Gesellschaft hatten das Recht auf Zugang zu diesen tung seiner Organisation. Informationen. Die offensichtlichste all dieser Veränderungen ist sicher- lich die technologische Revolution der Informationsge- Die auf der Basis der Informationen des Europäischen sellschaft gewesen. Die Statistiker sind den Weg vom Statistischen Systems getroffenen Entscheidungen Bleistift zur mechanischen Rechenmaschine und dann haben alle Bereiche des wirtschaftlichen und sozialen zum PC gegangen, der genauso leistungsfähig ist wie Lebens erreicht. Diese Entscheidungen, die anfangs auf unsere früheren „Mainframe-Rechner“, den Weg von der Verhandlungen in den Bereichen Handel und Landwirt- Pendelkarte im Verkehr mit den NSÄ zu den Echtzeit- schaft, auf die finanzielle Verwaltung der Eigenmittel netzen. So wie die Gesellschaft insgesamt haben sich oder die Verteilung der Strukturfonds beschränkt waren, auch die Statistiker angepasst, gelegentlich sogar schnel- haben sich mittlerweile auf das Management der ler. monetären und makroökonomischen Politiken erwei- tert. Die Bewertung der in den Bereichen Beschäftigung, Das Berufsprofil hat sich ebenfalls gewandelt. Die Stati- berufliche Bildung, Gesundheit und Umwelt getroffenen stik ist traditionell als eine Wissenschaft angesehen wor- Maßnahmen benötigen regelmäßig ganze „Batterien“ den, die das Wissen über die soziale und wirtschaftliche von statistischen Indikatoren. All diese Daten kommen Realität bereichert. Es gab bestimmte Zeiten, in denen vom Europäischen Statistischen System. Eurostats 194 Erinnerungen Eurostats

Fähigkeit zur Mobilisierung des gesamten Europäischen schuss, der in der Folgezeit eine grundlegende Rolle bei Statistischen Systems hat ganz gewiss dazu beigetragen, der Einführung des Euro spielen sollte. das Vertrauen der für die Politikbereiche der Gemein- schaft verantwortlichen Akteure zu gewinnen. Einst von Wir haben in diesen Schlussfolgerungen im Wesentli- den nationalen statistischen Ämtern als zu „gierig“ chen die positiven Aspekte des Werdegangs von Eurostat bezeichnet, hat sich Eurostat zu einem Katalysator des sowohl im Hinblick auf die Kontinuität seines Handelns Datenbedarfs der Gemeinschaft und zum „Moderator“ als auch auf die Anpassung an die Entwicklung der des Netzes der nationalen statistischen Systeme ent- Technologie und der modernen Gesellschaft aufgezeigt. wickelt, zu denen sogar noch das Netz der statistischen Wir überlassen es anderen, die negativen Elemente her- Dienste der Zentralbanken hinzugerechnet werden muss. vorzuheben, die die Arbeit des Statistischen Amtes seit In allen sensiblen Bereichen hat die Zusammenarbeit fünfzig Jahren möglicherweise beeinflusst haben. Wir innerhalb des Europäischen Statistischen Systems im glauben, dass wir in unserem kurzen Bericht über die Laufe der Zeit eine immer solidere rechtliche Fundierung Geschichte von Eurostat objektiv genug waren und auch erhalten. Die „Gentlemen agreements“ aus der Anfangs- auf die Mängel und die internen Ursachen für die zeit sind den Rechtsgrundlagen gewichen, die die schwierigen Momente hingewiesen haben, die unser gemeinsamen Arbeiten festschreiben. Die aufeinander- Amt durchlebt hat. Lassen Sie uns in diesen Schlussfol- folgenden Erweiterungen haben Eurostat sicherlich dazu gerungen vor allem die Qualitäten unterstreichen, die für verpflichtet, seine Arbeitsprogramme und seine Projekte den Erfolg des Statistischen Amtes verantwortlich sind, in immer stärkerem Maße zu formalisieren. und unsere Überzeugung kundtun, dass diese Qualitäten auch beim hundertjährigen Jubiläum noch vorhanden Auch die Fähigkeit, die Veränderungen zu antizipieren, sein werden, um den Herausforderungen in der Mitte des gehört zu den Merkmalen der Tätigkeit von Eurostat. 21. Jahrhunderts begegnen zu können. Hier ein Beispiel: Wir schreiben das Jahr 1989, und der Vertrag von Maastricht wird erst zwei Jahre später unter- Wenn man über diese fünfzig Jahre Bilanz zieht, haben zeichnet. Eurostat traf daher die Entscheidung, seine sich Zeiten mit außerordentlich guter Ernte und solche Verbindungen mit den Statistikern der Zentralbanken zu mit eher dürftigen Erträgen abgewechselt. Die guten stärken, da diese zu Beginn etwas vernachlässigt worden Zeiten waren stets diejenigen, in denen mehrere Fakto- waren. Die Beschleunigung der Entwicklung einer ren zusammentrafen. Das magische Dreieck hat als gemeinsamen Währungspolitik erfordert eine stärkere Basis immer den politischen Willen gehabt, den Auf- Einbeziehung der nationalen Zentralbanken in die Defi- bau Europas voranzutreiben. Die beiden anderen Seiten nition der statistischen Programme der Gemeinschaft. des Dreiecks waren immer die visionäre Kraft auf allen Daher wurde der Beschluss gefasst, eine Instanz zur Ebenen des Managements von Eurostat und die Qua- Kooperation und Koordination zwischen den Statisti- lität der Zusammenarbeit der nationalen statistischen kern der NSÄ und denen der nationalen Zentralbanken Systeme. zu schaffen. Nach mehrmonatigen Diskussionen beschloss der Rat auf Vorschlag der Kommission Mit der bisher größten Erweiterung der Europäischen (Eurostat) die Gründung des Ausschusses für Währungs, Union, die vor uns liegt, sei dieses Dreieck, auf einer Finanz- und Zahlungsbilanzstatistiken (AWFZ), ein Aus- immer breiteren Basis stehend, stets gleichseitig. Anhänge 196 Erinnerungen Eurostats

Die Europäischen Gemeinschaften und Eurostat: ein halbes Jahrhundert Geschichte

Die Gemeinschaft Eurostat

1952 Der EGKS-Vertrag tritt am 23. Juli in Kraft Am 1. Oktober wird der Statistische Dienst der EGKS gegründet Luxemburg wird am 10. August Sitz der Hohen Behörde mit Rolf Wagenfhür wird zum Leiter des Amtes ernannt Jean Monnet als Präsident Das erste Organigramm des Statistischen Dienstes, dem sieben Beamte angehören, wird durch die Hohe Behörde offiziell bestätigt Der Statistische Dienst ist in der Rue Aldringen untergebracht Am 20. Dezember wird das erste Statistische Bulletin veröffentlicht

1953 Errichtung des Gemeinsamen Marktes für Kohle und Stahl Die Hohe Behörde vereinigt alle statistischen Tätigkeiten beim Gründung des Gerichtshofes der EGKS Statistischen Dienst Meinungsaustausch über die Festlegung einer europäischen Erster vom Statistischen Dienst veröffentlichter Bericht über die Gemeinschaftspolitik Wirtschaftslage im Bereich Kohle und Stahl Erste Sitzung der Leiter der NSÄ am 15. Juli in Luxemburg Zweite Sitzung der Leiter der NSÄ im September, ebenfalls in Luxemburg Erste Jahreserhebung über die Arbeitskosten in der Kohle- und Stahlindustrie Dritte Sitzung der Leiter des NSÄ im November, ebenfalls in Luxemburg

1954 Frankreich lehnt die Schaffung der Europäischen Der Statistische Dienst wird in die Abteilung „Statistik“ Verteidigungsgemeinschaft (EVP) ab umgewandelt, die in drei Referate untergliedert ist Geburtsstunde der Westeuropäischen Union (WEU) Erste Erhebung über Preise und Kaufkraftparitäten Rücktritt von Jean Monnet als Präsident der Hohen Behörde Keine Sitzung der Leiter der NSÄ

1955 Konferenz von Messina über die europäische Integration Veröffentlichung der ersten vergleichenden Übersicht über das Realeinkommen der Arbeitskräfte im Bereich Kohle und Stahl Anhänge 197

Die Gemeinschaft Eurostat

Das Saarland beschließt seine Wiederangliederung an die Das erste statistische Memento (1954) erscheint mit einer Auflage Bundesrepublik Deutschland von 12 500 Exemplaren, von denen 7 000 kostenlos verteilt werden Der Europarat entscheidet sich für die blaue Flagge mit 12 Zwei Sitzungen der Leiter der NSÄ in Luxemburg unter dem Sternen. Diese Flagge sollte 1986 zum Symbol der EU werden Vorsitz von Albert Coppé (Vizepräsident der Hohen Behörde)

1956 Die Hohe Behörde bekräftigt den Grundsatz des freien Warenverkehrs Erste Sitzung der Leiter der NSÄ außerhalb von Luxemburg: Paris (Mai) innerhalb der Sechsergemeinschaft für Stahlerzeugnisse aus Drittländern Erste Erhebung über die Wirtschaftsrechnungen von Arbeiterfamilien Die „Sechs“ bekunden auf ihrem Treffen in Venedig den gemeinsamen Drei Sitzungen der Leiter der NSÄ: Paris, Luxemburg und Wiesbaden Willen zur Gründung einer Wirtschaftsgemeinschaft Eröffnung der Debatte in Brüssel über den EWG- und Euratom-Vertrag

1957 Am 25. März Unterzeichnung der Römischen Verträge (EWG Zweite Erhebung über die Wirtschaftsrechnungen von und Euratom) Arbeiterfamilien In Brüssel Unterzeichnung der Protokolle und Satzungen der Rolf Wagenführ bereitet die Einrichtung des neuen statistischen Institutionen Dienstes (EGKS, EWG und Euratom) vor Drei Sitzungen der Leiter der NSÄ: Den Haag, Luxemburg und Genf

1958 Am 1. Januar Inkrafttreten der Römischen Verträge Walter Hallstein kündigt die Einrichtung eines externen Am 7. Januar werden die EWG-Kommission (Walter Hallstein) statistischen Dienstes an (Dienstliche Mitteilung Nr. 1) und die Euratom-Kommission (Louis Armand) eingerichtet Die erste Kerngruppe von EWG-Statistikern ist in Brüssel, rue du Robert Schuman wird zum Präsidenten der Parlamentarischen Marais, untergebracht Versammlung gewählt Die drei Institutionen beschließen die Gründung eines Der Rat erlässt die Verordnung über die Amtssprachen gemeinsamen Statistischen Dienstes (Oktober) (Französisch, Deutsch, Italienisch und Niederländisch) Das erste Organigramm des gemeinsamen Dienstes weist drei Erste Sitzung der Parlamentarischen Versammlung Direktionen und drei „Spezialabteilungen“ aus In Stresa (Italien) werden die Grundlagen für eine gemeinsame Zweite Erhebung über Preise und Kaufkraftparitäten Agrarpolitik (GAP) geschaffen Der gemeinsame Statistische Dienst in Luxemburg ist im Hotel Inkrafttreten des ersten Europäischen Währungsabkommens Staar untergebracht Erste schriftliche Anfrage zur Statistik eines Abgeordneten (NL): Veröffentlichungssprachen Zwei Sitzungen der Leiter der NSÄ in Luxemburg und in Rom 198 Erinnerungen Eurostats

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1959 Der Rat überträgt der Kommission die Verantwortung für die Am 11. Juni 1959 wird der gemeinsame Statistische Dienst zum GATT-Verhandlungen Statistischen Amt der Europäische Gemeinschaft (SAEG) Sieben Länder (Österreich, Dänemark, Norwegen, Portugal, Giuseppe Petrilli (Mitglied der EWG-Kommission) leitet die erste Schweden, Schweiz und das Vereinigte Königreich) unterzeichnen Sitzung des Verwaltungsausschusses des SAEG den EFTA-Vertrag Die für Atomenergie-Statistik zuständige Abteilung (Euratom) Aufnahme der Verhandlungen über die Assoziierung Griechenlands kommt zu SAEG hinzu (April) und der Türkei mit der EWG Dem SAEG gehören 36 A-Beamte, 29 B-Beamte und 24 C- Beamte an Die EWG-Kommission richtet ein Rechenzentrum ein und überträgt SAEG die Zuständigkeit SAEG veranstaltet in Luxemburg und in Brüssel zwei Sitzungen der Leiter der NSÄ

1960 Errichtung des Europäischen Sozialfonds auf Beschluss des Rates Im Verwaltungsrat vom SAEG übernimmt Albert Coppé (Hohe Gründung der Europäischen Organisation für Flugsicherung Behörde EGKS) den Vorsitz (Eurocontrol) Erste Statistik-Verordnung des Rates: Arbeitskosten und Die OEEC wird zur OECD Arbeitnehmerentgelt Eurostat zählt 110 Bedienstete (59 in Brüssel und 51 in Luxemburg), davon 46 A, 35 B und 29 C Das Budget von SAEG beziffert sich auf 77,5 Mio. BEF (53% EWG, 39% EGKS, 8% Euratom) Erste Erhebung über Berichtigungskoeffizienten für die EWG-EGKS-Euratom-Beamten Zwei Sitzungen der Leiter der NSÄ in Brüssel

1961 Die Mitgliedstaaten und die Institutionen erörtern die Fusion der Die Arbeiten zur Harmonisierung der Volkswirtschaftlichen Exekutiven (EGKS, EWG und Euratom) Gesamtrechnungen werden aufgenommen Irland, Dänemark und das Vereinigte Königreich beantragen die Begonnen wird ferner mit den Arbeiten zur Harmonisierung der Aufnahme in die EWG Außenhandelsstatistik Inkrafttreten der ersten Verordnung über die Freizügigkeit der Es finden zwei Sitzungen der Leiter der NSÄ statt in: Den Haag Arbeitnehmer und Rom Anhänge 199

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1962 Erste Verordnungen über die GAP und die Errichtung des EAGFL Beginn der Harmonisierung der Agrarstatistik für die GAP Die Parlamentarische Versammlung wird zum Europäischen Die Sitzung der Leiter der NSÄ erhält die endgültige Bezeichnung Parlament „Konferenz der Leiter der NSÄ“ Erste bedeutende Zollsenkungen innerhalb der In Brüssel wird das SAEG in drei Gebäuden (Tervueren, Belliard Sechsergemeinschaft und Broqueville) untergebracht Gründung des Europäischen Ausbildungszentrums für Wirt- schaftsstatistiker der Entwicklungsländer (CESD) in Paris Zum ersten Mal wird ein langfristiges Arbeitsprogramm erörtert Zwei Konferenzen der Leiter der NSÄ finden in Paris und in Wiesbaden statt

1963 Unterbrechung der Beitrittsverhandlungen mit dem Vereinigten In der Mitte des Jahres zählt das SAEG 179 Beamte (74 A, 62 B, Königreich 43 C) Senkung der innergemeinschaftlichen Zollsätze und Angleichung Durchführung der gemeinsamen Erhebung über die Industrie an den Gemeinsamen Zolltarif Einführung der NICE-Nomenklatur (Systematik der Zweige des Unterzeichnung des Abkommens von Jaunde mit 16 afrikanischen produzierenden Gewerbes in der EG) Ländern und Madagaskar Das SAEG setzt erstmals im Forschungszentrum in Ispra Computer für die Außenhandelsstatistik ein Zwei Konferenzen der Leiter der NSÄ finden in Brüssel und in Athen (und damit zum ersten Mal außerhalb der EU) statt

1964 Einrichtung des EAGFL Erste Arbeiten über Daten der sozialen Sicherheit Aufnahme von Handelsverhandlungen (Kennedy-Runde) Verstärkung der Beziehungen zu Griechenland, das regelmäßig zur Nach einem Urteil des Gerichtshofes hat das Gemeinschaftsrecht Konferenzen der Leiter der NSÄ eingeladen wird grundsätzlich Vorrang Zwei Konferenzen der Leiter der NSÄ finden in Athen und in Gründung der UNCTAD durch die Versammlung der Vereinten Luxemburg statt Nationen

1965 In Brüssel Unterzeichnung des Vertrags über die Fusion der Nach Abschaffung der Grenzkontrollen beginnt man, sich über Exekutiven (EGKS, EWG und Euratom) die Handelsstatistik Gedanken zu machen Bruch Frankreichs mit der EWG wegen der Finanzierung der Das SAEG beschließt, Beamte in Langzeitmissionen nach Afrika GAP, Politik des „leeren Stuhls“ zu entsenden Vorschläge der Kommission bezüglich der Eigenmittel der EWG Zwei Konferenzen der Leiter der NSÄ finden in Luxemburg und in Den Haag statt 200 Erinnerungen Eurostats

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1966 Kompromiss von Luxemburg: Einstimmiges Votum bei Fragen von Das SAEG ist in vier Gebäuden in Brüssel untergebracht: wesentlicher Bedeutung Charlemagne, Broqueville, Cortemberg und Belliard Der Rat erlässt Vorschriften zur Finanzierung der GAP Erste große KKP-Erhebung in den Hauptstädten der EG Rolf Wagenführ tritt zurück, nachdem er den Bereich der europäischen Statistik 14 Jahre lang geleitet hat Raymond Dumas wird zum Generaldirektor ernannt Zwei Konferenzen der Leiter der NSÄ finden in Rom und in Luxemburg statt

1967 Harmonisierung der indirekten Steuern und Annahme des Die drei Exekutiven beschließen, sämtliche Dienststellen des MWSt.-Systems in den sechs Mitgliedstaaten SAEG in Luxemburg zu vereinigen Erstes mittelfristiges wirtschaftspolitisches Programm Raymond Barre wird für das SAEG zuständiges Das Vereinigte Königreich, Irland, Dänemark und Norwegen Kommissionsmitglied reichen ein Beitrittsgesuch ein Das SAEG zählt 226 Beamte (91 A, 75 B und 60 C), davon 91 in Am 1. Juli tritt der Fusionsvertrag in Kraft Luxemburg In der gemeinsamen Kommission übernimmt Jean Rey die Raymond Barre nimmt an der Konferenz der Leiter der NSÄ in Präsidentschaft Paris teil Jean Rey wird Präsident der gemeinsamen Kommission Zum ersten Mal ist von einer „statistikspezifischen Regelung für die Gemeinschaft“ die Rede Zwei Konferenzen der Leiter der NSÄ finden in Paris und in Brüssel statt

1968 Inkrafttreten der Zollunion bei gleichzeitiger Einführung eines Umzug des SAEG von Brüssel nach Luxemburg: davon sind ca. Gemeinsamen Zolltarifs 130 Bedienstete betroffen Zwischen Rat, Parlament und Kommission findet ein Die Beamten vom SAEG sind in drei Gebäuden untergebracht: Meinungsaustausch über die Demokratisierung der Institutionen Louvigny, Tour und Aldringen statt Erste große Erhebung über landwirtschaftliche Betriebe Zwei Konferenzen der Leiter der NSÄ finden in Wiesbaden und in Genf statt

1969 Die Kommission schlägt die Einführung eines Systems der Das ESVG 69 wird von den Leitern der NSÄ gebilligt Eigenmittel vor Die Leiter der NSÄ diskutieren über die Zukunft der Unterzeichnung des zweiten Abkommens von Jaunde Gemeinschaftsstatistik Raymond Dumas veranlasst eine Umstrukturierung des SAEG: 6 Direktionen, 20 Abteilungen Anhänge 201

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Die Kommission legt dem Rat Vorschläge für eine Regionalpolitik In Brüssel wird eine Außenstelle vom SAEG eingerichtet: davon vor sind drei Abteilungen betroffen Gipfel von Den Haag: Erweiterung, Wirtschafts- und Konferenzen der Leiter der NSÄ in Wiesbaden und in Brüssel Währungsunion sowie Abstimmung der Sozialpolitik

1970 Der Rat setzt einen Ausschuss unter dem Vorsitz von Pierre Große gemeinsame Erhebung über die Preise der privaten Werner über die Zukunft der WWU ein Verbrauchsgüter Vertrag von Luxemburg: Eigenmittel und Erweiterung der Gemeinschaftserhebung über die berufliche Erwachsenenbildung Befugnisse des Europäischen Parlaments Das SAEG gibt eine Studie über die Informationsdatenbank In Luxemburg Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit Cronos in Auftrag Dänemark, Irland, Norwegen und dem Vereinigten Königreich Konferenzen der Leiter der NSÄ in Den Haag und in Luxemburg Reform des Europäischen Sozialfonds (ESF) Abkommen über die Festlegung einer Regionalpolitik

1971 Der Rat nimmt den Werner-Plan zur Koordinierung der Der Rat nimmt das erste Dreijahresprogramm der Sozialstatistik Wirtschaftpolitik an an (Entschließung) Einführung des Systems agromonetärer Ausgleichsbeträge Erste Statistik-Richtlinie des Rates über Milch und Milcherzeugnisse In Rom diskutieren die Leiter der NSÄ zum ersten Mal über ein mehrjähriges Statistisches Programm Konferenzen der Leiter der NSÄ in Rom und in Brüssel

1972 Der Rat erlässt die ersten Vorschriften über die WWU Der Rat nimmt zwei Richtlinien an: Beschäftigung und Einführung des Systems der „Währungsschlange“ Konjunktur in der Industrie (Schwankungsbreite: +/- 2,25 %) Die von Raymond Dumas eingesetzte Arbeitsgruppe beschließt, Dänemark, Irland, Norwegen und das Vereinigte Königreich statt SAEG die Bezeichnung „Eurostat“ zu verwenden unterzeichnen den Beitrittsvertrag Der Rat nimmt die Verordnung Nimexe an Im Rahmen einer Volksabstimmung spricht sich Norwegen gegen Erste Verordnung des Rates zur Durchführung einer den EWG-Beitritt aus Stichprobenerhebung über Arbeitskräfte Auf dem Gipfeltreffen von Paris werden die neuen Konferenzen der Leiter der NSÄ in Marseille und in Luxemburg Aufgabenfelder der Gemeinschaft festgelegt 202 Erinnerungen Eurostats

Die Gemeinschaft Eurostat

1973 Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich treten der EWG Ralf Dahrendorf wird für Eurostat zuständiges bei Kommissionsmitglied Freihandelsabkommen der EWG mit Österreich, der Schweiz, Jacques Mayer, Direktor beim INSEE, wird Generaldirektor von Schweden und Portugal Eurostat Konferenz von Tokio über das GATT: weltweites Währungssystem Eurostat schlägt den Leitern der NSÄ das erste Statistische und Handelsliberalisierung Programm vor (1976-1978) Umstrukturierung der Dienststellen von Eurostat; Ausscheiden von Pierre Gavanier und Camille Legrand Errichtung der Carl Duisberg Gesellschaft — Fortbildungszentrum München Erste Statistik-Richtlinie des Rates über den Rinderbestand Konferenzen der Leiter der NSÄ in Kopenhagen und in Luxemburg

1974 Die Kommission richtet an die Mitgliedstaaten ein Memorandum Ralf Dahrendorf stellt der Kommission das Statistische Programm über die Konvergenz der Politik 1976-1978 vor Das Vereinigte Königreich unterbreitet Vorschläge für eine Die Erhebung über Verbraucherpreise wird zum ersten Mal von tiefgreifende GAP-Reform multinationalen Teams erstellt Aufnahme der Verhandlungen mit den Ländern in Afrika, im Ralf Darendorf nimmt an der ersten erweiterten Konferenz der karibischen Raum und im Pazifischen Ozean (AKP-Staaten) Leiter der NSÄ in Brüssel teil Gipfeltreffen von Paris: Beschluss, dreimal jährlich als Die Leiter der NSÄ billigen das mehrjährige Programm für Europäischer Rat zusammenzukommen Sozialstatistik Der Rat nimmt ein soziales Aktionsprogramm der Gemeinschaft Konferenzen der Leiter der NSÄ in Dublin, Brüssel und an (Entschließung) Luxemburg

1975 Unterzeichnung des Abkommens von Lomé mit den AKP-Staaten Guido Brunner wird für Eurostat zuständiges Kommissionsmitglied (46 Länder) Eurostat erläutert die Umstrukturierung seines Errichtung des EFRE (regionaler Entwicklungsfonds) Datenverbreitungssystems Einführung der europäischen Rechnungseinheit Der Rat verabschiedet die Verordnung über die Methodik der Beschluss über die Einführung der Europäischen Rechnungseinheit Außenhandelsstatistik Der Rat genehmigt das erste Verbraucherschutzprogramm Erster Umzug der Beamten von Eurostat vom Tour-Gebäude ins Jean Monnet-Gebäude Volksabstimmung im Vereinigten Königreich über die weitere EWG- Mitgliedschaft: 67 % der Wähler sind dafür Konferenzen der Leiter der NSÄ in London und in Brüssel Revision des Vertrags: Erweiterung der Haushaltsbefugnisse des Europäischen Parlaments und Einrichtung des Rechnungshofes Anhänge 203

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1976 Der Rat prüft die Lage und den Wirtschaftskurs der einzelnen Das erste Statistische Programm (1976-1978) tritt in Kraft Länder Erste Statistik-Richtlinien des Rates über Baumobstplantagen und Von der Kommission geführte Debatten im Rahmen des GATT Schweine (Tokio-Runde) Verordnung des Rates über Getreide Währungskrise in Italien, das von der EWG Unterstützung erhält Die Kommission nimmt das zweite Statistische Programm (1977- Beschluss zur Wahl des Europäischen Parlaments nach 1979) an allgemeinem Wahlrecht Errichtung des IAMSEA (Institut Africain et Mauricien de Festlegung einer gemeinsamen Fischereipolitik Statistique Appliquée) in Kigali Der Bericht Ader über die statistische Geheimhaltung in der Unternehmensstatistik wird erörtert Ausscheiden von Direktor Fritz Grotius Konferenzen der Leiter der NSÄ in Wiesbaden und in Luxemburg 1977 Portugal und Spanien beantragen die Aufnahme in die EWG François-Xavier Ortoli wird für Eurostat zuständiges Der Rat erlässt die sechste Richtlinie über die Einführung einer Kommissionsmitglied einheitlichen MWSt.-Bemessungsgrundlage Alle Beamten von Eurostat sind nun im Jean Monnet-Gebäude Ausdehnung des Gemeinsamen Zolltarifs auf die drei neuen untergebracht Mitgliedstaaten Jacques Mayer tritt zurück und Aage Dornonville de la Cour wird Luxemburg wird zum Sitz des Gerichtshofes zum Generaldirektor von Eurostat ernannt Der Rat bestimmt Culham (Vereinigte Königreich) zum Standort Der Rat erlässt die Verordnung „geografische Systematik“ des des europäischen Fusionsexperiments JET (Joint European Torus) Außenhandels Die Kommission nimmt das dritte Statistische Programm an (1978-1980) Konferenzen der Leiter der NSÄ in Den Haag und in Brüssel

1978 Aufnahme der Kooperationsverhandlungen EWG-Jugoslawien Umstrukturierung von Eurostat: Vittorio Paretti koordiniert die Der Europäische Rat (Kopenhagen) beschließt die Wahl des Tätigkeit der drei Direktionen Europäischen Parlaments nach allgemeinem direkten Wahlrecht Erste (schwierige) Debatte über die Einführung eines Der Europäische Rat (Bremen) erörtert die Schaffung eines harmonisierten Unternehmensregisters europäischen Währungssystems (EWS) Erstes Eurostat-Jahrbuch zum 20. Jahrestag des Binnenmarktes Inkrafttreten der Assoziationsabkommen mit dem Maghreb und Die Kommission nimmt das vierte Statistische Programm an dem Maschrik (1979-1981) Der Europäische Rat (Brüssel) beschließt die Einführung des EWS Konferenzen der Leiter der NSÄ in Rom und in Luxemburg mit der einheitlichen Währung ECU 204 Erinnerungen Eurostats

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1979 Aufnahme der Verhandlungen mit Spanien und Portugal Erste Unstimmigkeiten auf der Leitungsebene von Eurostat Reform des EFRE Von den Leitern der NSÄ gebilligte zweite Ausgabe des ESVG Urteil „Cassis de Dijon“ des Gerichtshofes: uneingeschränkter Verordnung des Rates über Rebflächen Zugang zu den in der EWG hergestellten Lebensmitteln Viertes Statistisches Programm (1979-1981) In Athen Unterzeichnung des Beitrittsabkommens Griechenlands Konferenzen der Leiter der NSÄ in Paris und in Brüssel mit der EWG Am 7.-10. Juni erste allgemeine Direktwahlen zum Europäischen Parlament Unterzeichnung des zweiten AKP-EWG-Abkommens in Lomé Die Gemeinschaft unterzeichnet die Handelsabkommen im Rahmen der „Tokio-Runde“ Die Kommission Jenkins beschließt eine umfassende Reform ihrer Dienststellen (Spierenburg-Bericht)

1980 Der Europäische Rat (Luxemburg) prüft den britischen Beitrag Aage Dornonville de la Cour richtet an die Kommission einen zum Gemeinschaftshaushaltsplan Bericht über die Umstrukturierung von Eurostat Verschiedene Assoziationsabkommen werden verhandelt: Vittorio Paretti, Direktor, muss zurücktreten ASEAN, Brasilien, Jugoslawien, Indien usw. Zwei Direktoren (Guy Bertaud und Stephanus Louwes) gehen vorzeitig in Ruhestand Konferenzen der Leiter der NSÄ in Kopenhagen und in Luxemburg

1981 Griechenland wird zehnter Mitgliedstaat der EWG Im Zuge der Umstrukturierung von Eurostat (Bericht Spierenburg) Präsidentschaftswahlen in Frankreich: Wahl von François entfallen eine Direktion (von 6 auf 5) und 6 Referate Mitterrand (von 23 auf 17) Erste Debatte über die interinstitutionellen Verfahren (Genscher- Helmut Schumacher, Direktor, tritt zurück Colombo-Plan) Die Datenbank Cronos (600 000 Zeitreihen) wird in das Datenübertragungsnetz Euronet integriert Die Kommission nimmt das fünfte Statistische Programm an (1982-1984) Konferenzen der Leiter der NSÄ in Athen und in Brüssel Anhänge 205

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1982 Drei Europäische Räte (Brüssel und Kopenhagen): Es finden Aage Dornonville de la Cour geht in Pension; seinen Posten Gespräche statt ... übernimmt Pieter de Geus Europäisches Parlament nimmt den Bericht „Dunn“ über den Status von Eurostat an Das fünfte Statistische Programm (1982-1984) läuft an Der Rat genehmigt (durch Beschluss) den Plan zur Umstrukturierung der Agrarstatistik in Italien Konferenzen der Leiter der NSÄ in Dublin und in Luxemburg

1983 Die Kommission richtet an den Rat das „Grünbuch“ über die Pieter de Geus nimmt eine Umstrukturierung der Dienststellen vor: Finanzierung der EWG Der Bereich der Agrarstatistik verliert seinen Status als Direktion Helmut Kohl wird deutscher Bundeskanzler Eurostat richtet seinen ersten „Data Shop“ in Brüssel ein Der Rat nimmt die ersten Rahmenprogramme für Forschung und Bedeutende Debatte auf Ebene der Leiter der NSÄ über die Entwicklung an Energiestatistik „Altiero Spinelli (Europa-Abgeordneter) legt dem Europäischen Edgar Pisani, Kommissionsmitglied für Entwicklung, nimmt an der Parlament einen Vertragsentwurf über die Europäische Union Konferenz der Leiter der NSÄ teil vor“ Konferenzen der Leiter der NSÄ in Leeds Castle (Kent) und Brüssel

1984 Der Rat genehmigt das Projekt Esprit (Forschung im Bereich der Ausscheiden von Pieter de Geus und Beginn der langen Informationstechnologien) Interimszeit von Silvio Ronchetti als Generaldirektor Europäischer Rat von Brüssel: Uneinigkeit über die dem Die Kommission nimmt das sechste Statistische Programm an Vereinigten Königreich zu zahlenden Ausgleichsbeträge (1985-1987) Der Rat nimmt eine Entschließung über die Lockerung der Die Leiter der NSÄ beschließen die Beseitigung der Kontrollen an den Grenzen an Gemeinschaftserhebung über die Struktur der Löhne und Grünbuch der Kommission über die Telekommunikationsdienste Gehälter und -geräte Konferenzen der Leiter der NSÄ im Schloss Reinhartshausen (in Europäischer Rat von Dublin: Stärkung des EWS und den Nähe von Wiesbaden) und in Luxemburg bedeutendere Rolle für den ECU Unterzeichnung des dritten AKP-EWG-Abkommens

1985 Die neue Kommission nimmt unter dem Vorsitz von Jacques Alois Pfeiffer wird für Eurostat zuständiges Kommissionsmitglied Delors ihre Amtsgeschäfte auf Anlaufen des sechsten Statistischen Programms (1985-1987) 206 Erinnerungen Eurostats

Die Gemeinschaft Eurostat

Unterzeichnung der Beitrittsverträge Spaniens und Portugals Eurostat sieht die Entwicklung einer Statistik über Armut und Weißbuch der Kommission über die Vollendung des Binnenmarkts Einkommensverteilung vor Unterzeichnung des Schengener Abkommens: Abschaffung der Entscheidung des Rates über das harmonisierte System; tritt 1987 Grenzkontrollen zwischen Belgien, Deutschland, Frankreich, in Kraft Luxemburg und den Niederlanden Der Rat genehmigt (durch Beschluss) den Plan zur Einführung der Regierungskonferenz über die Beschleunigung der Umstrukturierung der Agrarstatistik in Griechenland Integration Durchführung der Gemeinschaftserhebung über die Struktur der Grünbuch der Kommission über die Reform der GAP landwirtschaftlichen Betriebe Annahme der Einheitlichen Europäischen Akte (Vollendung des Silvio Ronchetti wird zum Generaldirektor von Eurostat ernannt Binnenmarktes) auf dem Europäischen Gipfel (Luxemburg) Konferenzen der Leiter der NSÄ in Heerlen und in Brüssel

1986 Spanien und Portugal treten der Gemeinschaft bei Eurostat beschließt die Durchführung des Eurofarm-Projekts Unterzeichnung der Einheitlichen Europäischen Akte: Der Der Rat genehmigt (durch Beschluss) den Plan zur Binnenmarkt soll 1992 vollendet werden Umstrukturierung der Agrarstatistik in Portugal Entscheidung für die europäische Flagge und die Europahymne Ausscheiden von Direktor Joseph Nols Das GATT eröffnet einen neuen Zyklus von Konferenzen der Leiter der NSÄ in Palmela und in Luxemburg Handelsverhandlungen, die Uruguay-Runde

1987 Der Ecofin-Rat nimmt Maßnahmen zur Stärkung des EWS an Der Rat genehmigt (durch Beschluss) den Plan zur Der Rat nimmt das Rahmenprogramm für technologische Umstrukturierung der Agrarstatistik in Irland Entwicklung 1987-1991 an Silvio Ronchetti lässt das siebte Statistische Programm lediglich Der Europäische Rat untersucht die Auswirkungen der am 1. Juli in für das Jahr 1988 genehmigen Kraft getretenen Einheitlichen Akte Yves Franchet, wird Generaldirektor von Eurostat Konferenzen der Leiter der NSÄ in Seville und in Brüssel

1988 Die EWG- und EFTA-Länder untersuchen die Auswirkungen der Eurostat erhält ein neues Organigramm Vollendung des Binnenmarktes Statistisches Zwischenprogramm Die Kommission veröffentlicht die Studie „Europa 1992 — Die Erstes Eurostat-Dokument über das Konzept des Europäischen große Herausforderung“ Statistischen Systems Inkrafttreten der interinstitutionellen Vereinbarung über die Die Erhebungen über die Agrarstrukturen werden bis 1997 Haushaltsdisziplin verlängert Errichtung des Gerichts Erster Instanz innerhalb des Gerichtshofes Reguläre Konferenzen der Leiter der NSÄ in Sorrento und in Luxemburg Anhänge 207

Die Gemeinschaft Eurostat

Die Europäischen Räte (Hannover und Rhodos) analysieren Sondersitzung der Leiter der NSÄ in Luxemburg über das sämtliche Folgewirkungen der Einheitlichen Akte Programm 1989-1992

1989 Der Delors-Ausschuss legt seinen Bericht über die WWU vor Henning Christophersen, Vizepräsident der Kommission, wird für Die Peseta und der Escudo werden in den ECU-Währungskorb Eurostat zuständiges Kommissionsmitglied aufgenommen Seminar über die Zukunft des Europäischen Statistischen Systems Der Europäische Rat (Madrid) nimmt Entschließungen zur Statistisches Programm 1989-1992 Umwelt an Die NSÄ werden an der Verbreitung der Gemeinschaftsstatistik Österreich beantragt den Beitritt zur EWG beteiligt Fall der Berliner Mauer Erste Kooperationsmission in einem mitteleuropäischen Land Unterzeichnung des neuen Lomé-Abkommens zwischen der EG (Polen) und 69 AKP-Ländern Einsetzung des Ausschusses für die statistische Information (ASP) Der Europäische Rat (Straßburg) beschließt die Einberufung einer Die BSP-Eigenmittel werden durch eine Verordnung geregelt Regierungskonferenz über die Errichtung der WWU Erste Sitzung des ASP (November) Konferenzen der Leiter der NSÄ in Nice und in Brüssel

1990 Der Europäische Rat von Dublin erörtert ein gemeinsames Einsetzung des Ausschusses für die statistische Geheimhaltung Vorgehen bei der deutschen Einigung Die NACE-Verordnung wird erlassen Einsetzung der Europäischen Stiftung für Berufswesen (Turin) Einsetzung des TES-Instituts zur Schulung europäischer Einsetzung der Europäischen Umweltagentur (Kopenhagen) Statistiker Am 21. Februar tritt die Kommission zum 1 000. Mal zusammen Zwei Sitzungen des ASP Deutsche Wiedervereinigung am 1. Oktober Konferenz der Leiter der NSÄ in Kopenhagen Der Europäische Rat (Rom) beruft zwei Regierungskonferenzen (WWU und Unionspolitik) ein

1991 Der Europäische Rat (Luxemburg) erörtert die Golfkrise und die Einsetzung des CDIS Kurdenfrage Einsetzung des CEIES Errichtung der EBWD (Europäische Bank für Wiederaufbau und Einsetzung des AWFZ Entwicklung), London Erste Sitzung der KSZE (Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) in Berlin 208 Erinnerungen Eurostats

Die Gemeinschaft Eurostat

Schweden beantragt die Aufnahme in die EWG Seminar über das Humankapital Der Rat einigt sich im Hinblick auf die Schaffung eines Die Verordnung Intrastat sowie die Prodcom-Verordnung werden Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) erlassen Die Gemeinschaft wird als solche Mitglied der FAO Zwei Sitzungen des ASP Der Europäische Rat (Maastricht) erzielt eine Einigung Konferenz der Leiter der NSÄ in Luxemburg hinsichtlich der Revision der Verträge

1992 Der Vertrag von Maastricht wird am 7. Februar unterzeichnet Der ASP ersucht Eurostat, ein Statistikgesetz auszuarbeiten Der Vertrag über den Europäischen Wirtschaftsraum wird Der ASP nimmt die EWR-Länder für die in deren Zuständigkeit unterzeichnet fallenden Bereiche auf Die Kommission erstellt ein Grünbuch über die Einbeziehung von Direktoren von Eurostat: Ausscheiden von Piero Erba Umweltbelangen in den Verkehrssektor Erste Piloterhebung über das Panel von Privathaushalten Finnland beantragt seine Aufnahme in die EWG Zwei Sitzungen des ASP Dänemark lehnt den Vertrag von Maastricht durch Konferenz der Leitern der NSÄ in Athen Volksabstimmung ab Weißbuch der Kommission über eine gemeinsame Verkehrspolitik

1993 Der Binnenmarkt tritt in Kraft Statistisches Programm 1993-1997 Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit Schweden, Österreich, Das System Intrastat kommt zur Anwendung Finnland und Norwegen Verordnung für die Harmonisierung der Unternehmensregister Der Europäische Rat von Kopenhagen legt die politischen, Eurostat muss mit der Schwierigkeit fertig werden, dass das wirtschaftlichen und institutionellen Kriterien für die Aufnahme Europäische Parlament den Haushaltsplan der Gemeinschaft nicht neuer Mitgliedstaaten fest verabschiedet hat Gründung des Europäischen Währungsinstituts in Frankfurt Direktoren von Eurostat: Ausscheiden von José Antonio Brito da Aufstellung des Tacis-Programms (Unterstützung für die GUS- Silva Girao Länder) Zwei Sitzungen des ASP Beschluss des Rates über den Sitz mehrerer Agenturen Konferenz der Leiter der NSÄ in Dublin Grünbuch der Kommission über die Sozialpolitik der Union Weißbuch der Kommission über „Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ Anhänge 209

Die Gemeinschaft Eurostat

1994 Das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum tritt in Eurostat erstellt seinen Unternehmensplan Kraft Der CMFB richtet einen „Executive Body“ ein Der im Maastrichter Vertrag vorgesehene Ausschuss der Regionen Künftig wird der ASP viermal im Jahr tagen tritt zum ersten Mal zusammen Konferenz der Leiter der NSÄ in London In Marrakesch wird das GATT-Handelsabkommen (Uruguay- Runde) unterzeichnet Polen und Ungarn beantragen die Aufnahme in die EU Erste gemeinsame Aktionen im Bereich Justiz und Inneres Beschluss des Rates über das Berufsbildungsprogramm Leonardo

1995 Österreich, Schweden und Finnland treten der EU bei Yves-Thibault de Silguy wird für Eurostat zuständiges Die Kommission nimmt unter ihrem Präsidenten Santer ihre Kommissionsmitglied Amtsgeschäfte auf Die Grundverordnung über harmonisierte Verbraucherpreisindizes Inkrafttreten des Schengener Abkommens (Belgien, Deutschland, (HVPI) wird erlassen Spanien, Frankreich, Luxemburg, Portugal, Niederlande) Geburtsstunde der Partnerschaftsgruppe Eurostat-NSÄ Grünbuch der Kommission über die WWU Änderung der Arbeitsweise des CEIES durch Abhaltung von Der Europäische Rat von Madrid bestimmt für den 1.1.1999 das Seminaren Inkrafttreten dereinheitlichen Währung (Euro) Vier Sitzungen des ASP Mehrere Länder Mittel- und Osteuropas beantragen die Konferenz der Leiter der NSÄ in Meersburg Aufnahme in die EU

1996 Der Europäische Rat (Turin) beruft eine Regierungskonferenz über Das ESVG-95 wird Gegenstand einer Verordnung die Revision der Verträge ein Der Rat nimmt ein Programm zur Verbesserung der Agrarstatistik Maßnahmen der Kommission zur Bekämpfung der spongiformen an Rinderenzephalopathie (BSE) Es werden Führungsgruppen (leadership groups) eingesetzt Die Dreierkonferenz (Mitgliedstaaten und Sozialpartner) über Erste Praktikanten aus Kandidatenländern bei Eurostat (vom Wachstum und Beschäftigung findet in Rom statt Programm Phare-Programm der statistischer Kooperation) Die Kommission nimmt mehrere Grün- und Weißbücher an Vier Sitzungen des ASP „Der Europäische Rat (Dublin) beschließt den rechtlichen Konferenz der Leiter der NSÄ in Wien Rahmen für den Euro und den Stabilitätspakt“ 210 Erinnerungen Eurostats

Die Gemeinschaft Eurostat

1997 Der Europäische Rat stimmt der Revision des Vertrags in Ein Artikel des Vertrags von Amsterdam ist der Statistik gewidmet Amsterdam zu Das „Statistikgesetz“ wird in einer Verordnung festgeschrieben Die Kommission legt das Dokument „Agenda 2000 — Eine Die Rolle von Eurostat wird durch einen Kommissionsbeschluss stärkere und erweiterte Union“ vor der Kommission geregelt Auf einer Sondertagung des Europäischen Rates in Luxemburg Direktoren von Eurostat: Ernennung der Pedro Díaz Muñoz; werden die Beschäftigungspolitischen Leitlinien angenommen Ausscheiden von Fernardo Alonso de Esteban Die Kommission veröffentlicht weitere Weiß- und Grünbücher Vier Sitzungen des ASP über verschiedene Fragen der Gemeinschaftsintegration Konferenz der Leiter der NSÄ in Helsinki Die Gemeinschaft legt auf der Konferenz von Barcelona den Grundstein für die Zusammenarbeit Europa-Mittelmeer

1998 Londoner Konferenz zwischen den 15 Mitgliedstaaten und den 10 Umzug von Eurostat ins Bâtiment Bech Bewerberländern Statistisches Programm 1998-2002 Auf Vorschlag der Kommission beschließt der Rat, dass 11 Länder Die Arbeitskräfteerhebung wird verbessert im Jahr 1999 an der Euro-Zone teilnehmen werden Aufgrund einer Verordnung werden Beobachtungen über die Der Rat beschließt die technischen Spezifikationen der Euro- Konjunktur in der Industrie angestellt Münzen und -Geldscheine Direktoren von Eurostat: Ausscheiden von Lídia Barreiros Errichtung der Europäischen Zentralbank unter dem Vorsitz von Vier Sitzungen des ASP Wim Duisemberg Konferenz der Leiter der NSÄ in Stockholm Der Europäische Rat von Cardiff erörtert verschiedene Fragen bezüglich der Vertiefung der Union Bericht des Rechnungshofes über Betrugsfälle im Rahmen der Haushaltsführung durch die Kommission Der Rat legt die Umrechnungskurse für die Währungen der 11 Länder der Euro-Zone unwiderruflich fest

1999 Offizielle Einführung des Euro als Einheitswährung für die 11 Länder Pedro Solbes wird für Eurostat zuständiges Kommissionsmitglied Geschlossener Rücktritt der Kommission Santer aufgrund von Eurostat richtet eine Internetseite „Euroindikatoren“ ein Beschuldigungen wegen mangelhafter Haushaltsführung Erste Erhebung zur Mitarbeiterzufriedenheit bei Eurostat Die Kommission Prodi übernimmt die Amtsgeschäfte Vier Sitzungen des ASP Der Europäische Rat (Berlin) billigt die Vorschläge der Agenda 2000 Konferenz der Leiter der NSÄ in Den Haag Gipfel EU-USA in Bonn: Verstärkung der transatlantischen Zusammenarbeit Der Europäische Rat von Tempere erörtert den Inhalt einer Charta der Grundrechte Anhänge 211

Die Gemeinschaft Eurostat

2000 Eröffnung der Regierungskonferenz über die Reform der Eurostat plant die Einrichtung einer Ausführungsagentur für Statistik Institutionen vor derErweiterung Zusammen mit dem Ecofin-Rat wird ein Aktionsplan zur Auf dem Europäischen Rat von Lissabon geht es um Verbesserung der Statistiken in der Euro-Zone aufgestellt Beschäftigung,Wirtschaftsreform und sozialen Zusammenhalt Verstärkung von Qualistat In Cotonou Unterzeichnung des Abkommens zwischen den AKP- Beschleunigung der Vorbereitung für die Verbreitung Ländernund der Gemeinschaft (Folgevereinbarung der Lomé- Abkommen) Einführung der dezentralisierten Budgetverantwortung auf Abteilungsebene Infolge einer Volksabstimmung in Dänemark wird der Beitritt zum Euro abgelehnt Umsetzung der Strategie von Lissabon Die Präsidenten der Kommission, des Rates und des Direktoren von Eurostat: Ausscheiden von Alain Chantraine und Parlamentesverkünden feierlich die Charta der Grundrechte Alberto De Michelis; Ernennung von Daniel Byk, Bart Meganck, Lothar Jensen und Marian O'Leary Der Europäische Rat erzielt eine politische Einigung hinsichtlich des Vertrags von Nizza Vier Sitzungen des ASP Konferenz der Leiter der NSÄ in Porto

2001 Griechenland wird 12. Mitglied der Euro-Zone Schnellveröffentlichung zur Inflation in der Eurozone Die WTO-Konferenz findet in Doha, Katar, statt Benchmarking mit den Vereinigten Staaten Die Kommission veröffentlicht mehrere Weiß- und Grünbücher Direktoren von Eurostat: Ausscheiden von David Heath und Ernennung der Giusseppe Calò Vier Sitzungen des ASP Konferenz der Leiter der NSÄ in Madrid

2002 Die Euro-Banknoten und -Münzen werden in Umlauf gebracht Annahme des Aktionsplans für die Zukunft des Europäischen Die Europäische Union ratifiziert den Vertrag von Kyoto Statistischen Systems Der EGKS-Vertrag läuft nach 50 Jahren aus Einführung von „Europe first“: Papier der Kommission im Europäischen Parlament und im Rat Der Europäische Rat in Kopenhagen setzt den Beitritt von 10 Ländern auf den 1. Mai 2004 fest Direktoren von Eurostat: Ausscheiden von Photis Nanopoulos und Ernennung von Gabrielle Clotuche Der Europäische Konvent wird ins Leben gerufen, um eine Europäische Verfassung auszuarbeiten Vier Sitzungen des ASP Konferenz der Leiter der NSÄ in Palermo 212 Erinnerungen Eurostats

Die Präsidenten der Kommission

Hohe Behörde der EGKS — 1952-1967 giert Pierre Chatenet als Präsident der Euratom- EG-Kommission — 1967-2005 Kommission, der diese Position bis zur Verschmel- Jean Monnet ist der erste Präsident der Hohen zung der drei Exekutiven bekleidet. Präsidenten der Kommission seit der Bildung Behörde der EGKS im Zeitraum August 1952 bis einer gemeinsamen Kommission: Jean Rey (Bel- November 1954 (Rücktritt aufgrund des Schei- gier, Juli 1967 bis Juli 1970), Franco Maria Mal- terns des Projekts der Europäschen Verteidigungs- fatti (Italiener, Juli 1970 bis April 1972 — Datum gemeinschaft — EVG). Sein Nachfolger ist der seines Rücktritts, da er ein Mandat im Parlament Franzose René Mayer (Amtszeit Juni 1955 bis seines Landes vorzieht), Sicco Mansholt (Nieder- Dezember 1957). Im Januar 1958 wird der Belgier länder, der das Mandat von Franco Maria Malfat- Paul Finet Präsident der Hohen Behörde und hat ti bis zum Ende wahrnimmt), François-Xavier dieses Amt bis Oktober 1963 inne. Ihm folgt der Ortoli (Franzose, Januar 1973 bis Januar 1977), Italiener Dino del Bo, der die Position bis zur Ver- Roy Jenkins (Brite, Januar 1977 bis Januar 1981), schmelzung der drei Exekutiven im Juni 1967 Gaston Thorn (Luxemburger, 1981 bis 1985), Jac- bekleidet. ques Delors (Franzose, Januar 1985 bis Januar 1995, womit er zu dem am längsten im Amt befindlichen Präsidenten wird), Jacques Santer (Luxemburger, Januar 1995 bis März 1999), den EWG-Kommission — 1958-1967 im Januar 2000 Romano Prodi, ehemaliger italie- nischer Ministerpräsident, als Präsident der Kom- Der Deutsche Walter Hallstein wird zum Präsi- mission ablöst (Mandat läuft bis Januar 2005). denten der EWG-Kommission gewählt und amtiert von Januar 1958 bis Juni 1967 (Ver- schmelzung der Exekutiven).

Euratom-Kommission — 1958-1967 Zwischen 1958 und 1967 waren alle Präsidenten der Euratom-Kommission Franzosen. Der erste war Louis Armand von Januar 1958 bis Januar 1959. Ihm folgt Etienne Hirsch, der bis Januar 1962 amtiert. Von Januar 1962 bis Juni 1967 fun- 213

Von links nach rechts: Eurostat und die Kommissare Albert Coppé, Raymond Barre, Ralf Dahrendorf, Henning Christophersen, Zeit der EGKS, 1952-1957 Yves-Thibaut de Silguy und Pedro Solbes Mira. 1952-1957 Albert Coppé B Vizepräsident der Hohen Behörde der EGKS

Zeit der EWG-EGKS-Euratom, 1958-1967 1958-1960 Giuseppe Petrilli I Vizepräsident der EWG-Kommission Präsident des Verwaltungsausschusses der OSZE mit Albert Coppé (B) von der EGKS und Paul De Groote (NL) von Euratom 1960-1967 Albert Coppé B Vizepräsident der Hohen Behörde der EGKS Präsident des Verwaltungsrates der OSZE mit Lionello Levi-Sandri (I) von der EWG und Paul De Groote (NL) von Euratom

Zeit der Kommission der Europäischen Gemeischaften, 1968-2002 1967-1970 Raymond Barre F Wirtschaft und Finanzen

1971-1974 Ralph Dahrendorf D Forschung, Wissenschaft, Information, Forschungszentren 1975-1977 Guido Brunner D dito 1977-1980 François-Xavier Ortoli F Wirtschaft und Finanzen, Kredite und Investitionen 1981-1982 Michael O'Kennedy IRL Personal und Verwaltung, Dolmetscherdienst und Konferenzen, Amt für Veröffentlichungen

1982-1984 Richard Burke IRL dito

1985-1988 Alois Pfeiffer D Wirtschaft, Beschäftigung, Kredite und Investitionen

1988-1991 Peter Schmidhuber D Wirtschaft, Regionalpolitik

1992-1995 Henning Christophersen DK Wirtschaft und Finanzen, Währungsfragen, Kredite und Investitionen

1996-1999 Yves-Thibault de Silguy F dito

2000-... Pedro Solbes Mira E dito 214 Erinnerungen Eurostats

Die Generaldirektoren (Chronologische Reihenfolge)

Rolf Wagenführ D 1952-1966

Raymond Dumas F 1966-1973

Jacques Mayer F 1973-1977

Aage Dornonville de la Cour DK 1977-1982

Pieter de Geus NL 1982-1984

Silvio Ronchetti I 1984-1987

Yves Franchet F 1987-...

Die Direktoren (Alphabetische Reihenfolge)

Barreiros Lídia P 1993-1998

Bertaud Guy F 1973-1980 Byk Daniel F 2000-...

Calò Giuseppe I 2001-... Chantraine Alain B 1987-2000

Clotuche Gabrielle B 2003-... De Esteban Fernando Alonso E 1988-1997 Anhänge 215

De Michelis Alberto I 1993-2000 Díaz Muñoz Pedro E 1997-...

Dumas Raymond F 1958-1966 Erba Piero I 1980-1992

Gavanier Pierre F 1954-1973 Girao José Antonio Brito da Silva P 1987-1993

Grotius Fritz D 1954-1976 Harris David UK 1973-1988

Heath David UK 1992-2001 Jensen Lothar D 2000-...

Legrand Camille B 1954-1973 Louwes Stephanus NL 1968-1980

Meganck Bart B 2000-...

Nanopoulos Photis EL 1983-2002

Nols Joseph B 1980-1986 O’Leary Marian IRL 2000-...

Paretti Vittorio I 1958-1980 Ronchetti Silvio I 1968-1984

Schumacher Helmut D 1976-1981 Steylaerts Roger B 1958 216 Erinnerungen Eurostats

Organigramme von Eurostat

1952 Direktionen und Direktoren: 1973 „Die Pioniere“, noch kein Organigramm — Allgemeine Statistik: Raymond Dumas (F) Erste Erweiterung vorhanden — Statistik für Energie und für die assoziierten überseeischen Gebiete: Vittorio Paretti (I) Generaldirektor: Jacques Mayer (F) Ende September 1952 wird der Statistische — Statistik für Außenhandel und Verkehr: Berater: George W. Clarke (UK) Dienst gegründet. Er besteht aus sieben Camille Legrand (B) Assistent: Egide Hentgen (L) Personen: Professor Rolf Wagenführ (D), mit der — Statistik für Industrie und Handwerk: Direktionen und Direktoren: Leitung betraut, Camille Legrand (B), Fritz Fritz Grotius (D) Grotius (D), Hans Freitag (D), Ferdinand Schön — Methodik der Statistik und — Sozialstatistik: Pierre Gavanier (F) (L), Helmut Reum (D) und Theodorica von Datenverarbeitung: Guy Bertaud (F) — Agrarstatistik: Buttlar (D), als Leiterin des Sekretariats. — Allgemeine Statistik und Stephanus Louwes f.f. (NL) Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung: Vittorio Paretti (I) 1957 1968 Letztes Jahr vor den Römischen Verträgen — Bevölkerungs- und Sozialstatistik: Umzug nach Luxemburg David Harris (UK) Direktor: Rolf Wagenführ (D) Generaldirektor: Raymond Dumas (F) — Statistik für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei: Stephanus Louwes (NL) Assistent: Helmut Reum (D) Assistent in Luxemburg: Helmut Schumacher (D) — Statistik für Energie, Industrie und Referatsleiter: Assistent in Brüssel: Egide Hentgen (L) Handwerk: Fritz Grotius (D) — Statistik für Handel, Verkehr und Berater für Methodenfragen: Guy Bertaud (F) — Statistik der Hüttenindustrie: Dienstleistungen: Silvio Ronchetti (I) Fritz Grotius (D) Berater Regionalstatistik: Jean Reynier (F) — Statistik der Steinkohlenindustrie: Direktionen und Direktoren: 1977 Camille Legrand (B) — Allgemeine Statistik und assoziierte Staaten: Amtsantritt von Aage Dornonville de la Cour — Allgemeine Statistik: Pierre Gavanier (F) Vittorio Paretti (I) Generaldirektor: — Energiestatistik: Camille Legrand (B) Aage Dornonville de la Cour (DK) 1962 — Handels- und Verkehrsstatistik: Berater: George W. Clarke (UK) Konsolidiertes EWG-EGKS-Euratom- Silvio Ronchetti f.f. (I) Assistent: Niels Ahrendt (DK) Organigramm — Statistik für Industrie und Handwerk: Fritz Grotius (D) Direktionen und Direktoren: Generaldirektor: Rolf Wagenführ (D) — Sozialstatistik: Pierre Gavanier (F) — Methodik der Statistik und Assistent: Helmut Schumacher (D) — Agrarstatistik: Stephanus Louwes f.f. (NL) Datenverarbeitung: Guy Bertaud (F) Anhänge 217

— Allgemeine Statistik und Volkswirt- 1987 mit dem Binnenmarkt schaftliche Gesamtrechnung: zusammenhängenden Arbeiten: Ein Übergangsjahr Vittorio Paretti (I) Piero Erba (I) — Bevölkerungs- und Sozialstatistik: Generaldirektor: Silvio Ronchetti (I) — Außenhandelsstatistik und Statistik David Harris (UK) Berater: George W. Clarke (UK) des innergemeinschaftlichen Handels, Beziehungen zu — Statistik für Landwirtschaft, Assistent: Giuseppe Calò (I) Drittländern: José Antonio Forstwirtschaft und Fischerei: Direktionen und Direktoren: Brito da Silva Girao (P) Stephanus Louwes (NL) — Verarbeitung statistischer Daten: — Unternehmensstatistik: — Statistik für Industrie und Umwelt: Alain Chantraine (B) Photis Nanopoulos (GR) Helmut Schumacher (D) — Allgemeine Wirtschaftsstatistik: — Sozial- und Regionalstatistik: — Statistik für Handel, Verkehr und Piero Erba (I) Fernando Alonso de Esteban (E) Dienstleistungen: Silvio Ronchetti (I) — Außenhandelsstatistik, AKP- und — Landwirtschafts-, Umwelt- und Drittländer, Verkehrsstatistik: Energiestatistik: 1983 José Antonio Brito da Silva David Heath f.f. (UK) Einrichtung einer neuen General- Girao (P) direktor, aber Wegfall einer Direktion — Energie- und Industriestatistik: Siehe auch S.156 mit dem Organigramm, Photis Nanopoulos (EL) das aus der Reorganisation 1993 Generaldirektor: Pieter de Geus (NL) — Bevölkerungs- und Sozialstatistik — hervorgegangen ist. Berater: George W. Clarke (UK) Agrarstatistik: Davis Harris (UK) Assistent: Alain Biron (F) 1997 1991 Verbindungsbüro in Brüssel: Die Maastricht-Jahre … …Wiedereinrichtung einer Direktion! Jean-Claude Liausu (F) und eine zusätzliche Direktion Generaldirektor: Yves Franchet (F) Generaldirektor: Yves Franchet (F) Direktionen und Direktoren: Berater (Planung, Haushaltspolitik und Assistent: James Whitworth (UK) — Verarbeitung und Verbreitung Haushaltsführung, Außenbeziehungen): Direktionen und Direktoren: statistischer Daten: Alberto De Michelis (I) Joseph Nols (B) Assistent (Verwaltung, Personal, — Ressourcen: Alain Chantraine (B) — Allgemeine Wirtschaftsstatistik: internes Management): — Statistisches Informationssystem; Piero Erba (I) Lothar Jensen (D) Forschung und Datenanalyse; Technische Zusammenarbeit mit — Außenhandelsstatistik, AKP- und Direktionen und Direktoren: den Phare- und Tacis-Ländern: Drittländer, Verkehrsstatistik: — Information und Photis Nanopoulos (EL) Silvio Ronchetti (I) Informationsverbreitung: — Wirtschaftsstatistik, Wirtschafts- — Energie- und Industriestatistik: Alain Chantraine (B) und Währungskonvergenz: Photis Nanopoulos (EL) — Wirtschaftsstatistik und Volks- Alberto De Michelis (I) — Bevölkerungs- und Sozialstatistik — wirtschaftliche Gesamtrechnung, — Information und Agrarstatistik: Davis Harris (UK) Preisvergleiche, Koordinierung der Informationsverbreitung; Verkehr; 218 Erinnerungen Eurostats

Technische Zusammenarbeit mit 2002 — Information und Drittländern (ausgenommen Phare- Informationsverbreitung; Verkehr; September, Yves Franchet feiert und Tacis-Länder); Statistik des Technische Zusammenarbeit mit Außenhandels und des sein 15jähriges Dienstjubiläum bei Drittländern (ausgenommen Phare- innergemeinschaftlichen Handels: Eurostat! und Tacis-Länder); Statistik des Daniel Byk f.f. (F) Generaldirektor: Yves Franchet (F) Außenhandels und des — Unternehmensstatistik: Assistentin: Maria-Helena Figuera (P) innergemeinschaftlichen Handels: Pedro Díaz Muñoz (E) Daniel Byk (F) — Sozial- und Regionalstatistik, Direktionen und Direktoren: — Unternehmensstatistik: Geografisches Informationssystem: — Ressourcen: Marian O'Leary (IRL) Pedro Díaz Muñoz (E) Lídia Barreiros (P) — Statistisches Informationssystem; — Sozial- und Regionalstatistik, — Agrar-, Umwelt- und Forschung und Datenanalyse; Geografisches Informationssystem: Energiestatistik: David Heath (UK) Technische Zusammenarbeit mit Lothar Jensen (D) den Phare- und Tacis-Ländern: — Agrar-, Umwelt- und Photis Nanopoulos (EL) Energiestatistik: Giuseppe Calò (I) — Wirtschaftsstatistik, Wirtschafts- und Währungskonvergenz: Bart Meganck (F) Anhänge 219

Belegschaft aus 50 Jahren Entwicklung der Belegschaft nach Laufbahngruppe

Jahr A B C D END Gesamt Jahr A B C D END Gesamt 1952 5 1 1 7 1978 113 101 84 298 1953 8 3 3 14 1979 115 106 90 311 1954 11 3 4 18 1980 115 105 92 312 1955 12 4 5 21 1981 114 105 93 312 1956 13 5 5 23 1982 113 104 95 312 1957 13 6 6 25 1983 112 107 95 314 1958 18 13 10 41 1984 112 112 92 316 1959 36 29 24 89 1985 116 115 93 324 1960 46 35 29 110 1986 120 116 93 329 1961 58 50 32 140 1987 131 122 96 349 1962 65 56 39 160 1988 138 128 100 366 1963 74 62 43 179 1989 144 138 104 386 1964 84 64 53 201 1990 144 138 104 2 388 Entwicklung der Belegschaft — Gesamt 1965 84 64 53 201 1991 146 139 102 4 391 1966 86 70 56 212 1992 159 141 110 4 1 415 1967 91 75 60 226 1993 181 158 123 4 4 470 1968 84 72 64 220 1994 197 167 129 4 23 520 1969 84 72 64 220 1995 197 167 129 4 38 535 1970 84 72 64 220 1996 223 180 142 4 55 604 1971 85 74 64 223 1997 220 181 144 5 55 605 1972 91 74 67 232 1998 227 187 145 5 56 620 1973 106 84 70 260 1999 225 186 144 14 57 626 1974 107 87 78 272 2000 229 191 147 14 58 639 1975 108 87 79 274 2001 235 189 147 11 59 641 1976 110 95 80 285 2002 232 191 147 11 59 640 1977 113 99 81 293

221

Bildnachweis

Alain Chantraine: Gilles Rambaud-Chanoz: Photo Léon Stirn, 28, 30, 138, 147a, 152a, 171 181 Photothek der Stadt Luxemburg: (und Umschlag 1c und 2b) 16 (und Umschlag 1a) Giuseppe Calò: Alberto De Michelis: 174 Photo Manou Hasser, 33, 42, 93, 143 (und Umschlag 2a) Photothek der Stadt Luxemburg: Mediathek der Europäischen Annette De March: 31 (und Umschlag 1b) Kommission: 107, 120, 135, 146 3, 10, 24, 25, 119, 212, 213 Rainer Muthmann: Charlotte Bour: 106, 122 Monique Simeoni: 77, 99, 108, 125 Robert Peeters: 53, 54, 57 Europäische Kommission: 75, 82 Nicholaos Roubanis: 7, 14, 19, 36, 39, 44, 46, 49, 50, 60, 67, Sandrine Beaujean: 155b 70, 73, 79, 86, 96, 98, 101, 104, 116, 147b 118, 123, 129, 136, 140, 148, 152b, 153, Nationales Amt für Tourismus, 154, 158, 160, 163, 172, 176, 177, 182, Yvonne Philipp: Luxemburg: 183, 185, 186, 187, 188, 191 121, 137, 155a (und Umschlag 1d und 1e) 51 Digital Vision Ltd: Ovidio Crocicchi: 175 87, 157 Estrella García: Photis Nanopoulos: 124 161