Untersuchungsgebiet Bundesstraße

Untersuchungsgebiet Von Melle Park

Gesamtgebiet

Universitätshauptgebäude

Gesamtgebiet Kleiner Grasbrook

Untersuchungsgebiet A Überseezentrum

U.- Geb. C1

Untersuchungsgebiet B1 Nördlicher O‘swaldkai

U.- Geb. C2

Untersuchungsgebiet B2 südlicher O‘swaldkai

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität

Impressum Ergebnisbericht zur Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ www.zukunft-uni.hamburg.de

Im Auftrag der Behörde für Wissenschaft und Forschung der Freien und Hansestadt Hamburg realisierte die TuTech Innovation GmbH vom 6. April - 29. April 2009 die Online-Diskussion „Zu- kunft der Universität Hamburg“.

TuTech Innovation GmbH Rolf Lührs Birgit Hohberg Abteilung Interaktive Kommunikation Harburger Schloßstraße 6-12 21079 Hamburg Telefon: +49 40 76629-6371 Telefax: +49 40 76629-6379 E-Mail: [email protected] Internet: www.tutech.de/ik © TuTech Innovation GmbH 2009

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“

Inhaltsverzeichnis

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“

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Inhaltsverzeichnis

Kurzzusammenfassung...... 3 Das Diskussionsthema...... 3 Die Diskussionsstruktur und -elemente...... 4 Die Diskussionsergebnisse...... 5

1. Einführung...... 11 2. Elemente der Diskussion...... 17 3. Diskussionsergebnisse...... 23 3.1 Profil der Teilnehmenden...... 23 3.2 Diskussionsablauf...... 27 3.3 Ergebnisse in Bezug auf die vier Szenarien...... 29 3.3.1 Szenario 1 – Sanierung und Modernisierung vor Ort...... 29 3.3.2 Szenario 2 – Abriss und Neubau an Ort und Stelle...... 35 3.3.3 Szenario 3 – Teilneubau auf dem Kleinen Grasbrook...... 37 3.3.4 Szenario 4 – Vollständiger Umzug auf den Kleinen Grasbrook...... 42 3.4 Die Liste der Pro- und Contra-Argumente...... 51 3.4.1 Szenario 1...... 51 3.4.2 Szenario 2...... 53 3.4.3 Szenario 3...... 53 3.4.4 Szenario 4...... 56 3.4.5 Risikofaktoren in der Studie...... 58

4. Die Themen-Wikis...... 61 4.1 Forum Wissenschaftsstandort Hamburg...... 61 4.1.1 Konzept SciencePark auf dem Kleinen Grasbrook...... 61 4.2 Perspektive Universität...... 63 4.2.1 Anforderungen an die Universität...... 63 4.2.2 Uni-Umzug fördert internationale Wettbewerbsfähigkeit...... 68 4.2.3 Alternative Standorte & Szenarien...... 70 4.3 Perspektive Rotherbaum...... 73 4.3.1 Gründe für den Erhalt am jetzigen Standort...... 73 4.3.2 Probleme des Standorts Rotherbaum...... 77 4.4 Perspektive Kleiner Grasbrook...... 80 4.4.1 Vorteile des Uniumzugs auf den Kleinen Grasbrook...... 80 4.4.2 Probleme des Standorts Kleiner Grasbrook...... 82 4.4.3 Langfristige Perspektive des kleinen Grasbrooks...... 85 4.4.4 Der Hafen braucht Fläche...... 87 4.5 Perspektive Gesamte Stadt...... 91 4.5.1 Impulse für Sprung über die ...... 91 4.5.2 Risikofaktoren in der Planung / Studie...... 93

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5. Fazit...... 99 6. Anhang: Livediskussionen...... 103 6.1 Livediskussion mit der Hamburger Wissenschaftssenatorin Dr. Herlind Gundelach.. 103 6.2 Livediskussion mit Rüdiger Kruse (CDU) und Benjamin Gildemeister (AStA)...... 113 6.3 Livediskussion mit der Uni-Präsidentin, Prof. Dr. Monika Auweter-Kurtz, und dem ...... Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter...... 124 6.4 Livediskussion mit Dr. Jürgen Mantell (Eimsbüttel) und Markus Schreiber (Mitte).....139

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ Kurzzusammenfassung

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“

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Kurzzusammenfassung

Im Rahmen der moderierten Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“, die vom 6. bis 29. April 2009 auf der Internetplattform www.zukunft-uni.hamburg.de durchgeführt wurde, rief die Hamburger Behörde für Wissenschaft und Forschung die Hamburgerinnen und Hambur- ger auf, sich über die zukünftige Ausrichtung der Universität Hamburg Gedanken zu machen und mögliche Szenarien der dringend notwendigen baulichen Erneuerung zu diskutieren.

Das Diskussionsthema

Dem Diskurs lag eine Studie zur baulichen Entwicklung der Universität Hamburg zugrunde, die im Auftrag der Behörde für Wissenschaft und Forschung kurz zuvor erstellt worden war. In diesem Kontext waren vier bauliche Szenarien für die Universität Hamburg untersucht worden, um eine Grundlage für eine abwägende Richtungsentscheidung zu liefern. Auf Basis einer Untersuchung der derzeitigen Universitätsgebäude einerseits und quantitativer und struktureller Eckpunkte der Entwicklungsplanung andererseits wurden ein Bau- und der Flächenbedarf der Universität und ihr nahe stehender Einrichtungen definiert sowie Entwicklungsprognosen bis 2020/25 erstellt, um den zukünftigen Bedarf an Universitätsbauten, ihre Realisierbarkeit an den vorgegebenen Standorten sowie die entstehenden Kosten zu klären. In der Studie wurden daraufhin die vier po- tentiellen Entwicklungsszenarien für die Universität Hamburg anhand unterschiedlicher Faktoren wie dem Flächenbedarf und der Flächenverfügbarkeit, Finanzierung sowie der Konsequenzen für die allgemeine Quartiersentwicklung bewertet.

Grundsätzlich sind von den Szenarien je nach Variante zwei unterschiedliche Gebiete in Ham- burg betroffen: Der aktuelle Campus am Von-Melle-Park und der Bundesstraße sowie das neue Planungsgebiet auf dem Kleinen Grasbrook, auf dem derzeit Hafenbetriebe angesiedelt sind.

Potentielle Entwicklungsgebiete und ihre Entfernung zum Hamburger Rathaus; © BWF

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Die Szenarien umfassen jeweils folgende Modernisierungs– und Entwicklungsmaßnahmen, die sehr unterschiedliche Konsequenzen für die genannten Gebiete mit sich bringen: •• Szenario 1: Die Verbesserung der baulichen Situation der Universität Hamburg soll vornehm- lich durch die Sanierung und Modernisierung der bestehenden Gebäude an den beiden Standorten Bundesstraße und Von-Melle-Park in Rotherbaum sowie wenigen Abrissen und Neubauten erreicht werden. •• Szenario 2: Die bestehenden Universitätsgebäude werden abgerissen, soweit diese nicht als denkmalschutzwürdig erkannt oder erhaltenswert sind. An ihrer Stelle entstehen Neubauten mit einem größeren Flächenangebot als bisher. •• Szenario 3: Nur der MIN-Campus an der Bundesstraße soll zum Kleinen Grasbrook auf die Fläche des heutigen Überseezentrums verlagert werden, während auf dem O’Swaldkai die Hafennutzung erhalten bleibt und auf dem frei werdenden Areal an der Bundesstraße ein Mix aus familienfreundlichem Wohnen und Gewerbe entsteht. Die Universitätsgebäude am Von- Melle-Park sollen größtenteils durch Neubauten ersetzt werden. •• Szenario 4.1: Die Universität soll vollständig neu auf Teilen des nördlichen Kleinen Gras- brooks errichtet werden, während die Hafennutzung auf dem südlichen Teil des O’Swaldkais erhalten bleibt. Auf den ehemaligen Universitätsflächen an der Bundesstraße und am Von- Melle-Park soll eine Bebauung aus Wohnungen, Gewerbe und Kultur entstehen. •• Szenario 4.0: Die Universität zieht vollständig auf den gesamten Kleinen Grasbrook (ein- schließlich südlicher O’Swaldkai) und angrenzend wird ein neuer Universitätsstadtteil entwi- ckelt. Auf den ehemaligen Universitätsflächen (Bundesstraße und Von-Melle-Park) soll wie in Szenario 4.1 eine Bebauung aus Wohnungen, Gewerbe und Kultur entstehen.

Die Diskussionsstruktur und -elemente

Im Rahmen des Online-Dialogs, mit dessen Konzeption und Durchführung die TuTech Innovation GmbH beauftragt wurde, konnten die Bürgerinnen und Bürger nun einerseits über die zukünftige Ausrichtung der Universität Hamburg im Allgemeinen und andererseits ganz konkret über die jeweiligen Vor- und Nachteile der vier Szenarien diskutieren. Hierfür bot die Internetplattform unterschiedliche Beteiligungselemente an:

Informieren: Zunächst verfolgte diese informelle online-basierte Beteiligung nicht nur das Ziel, vielen Bürgerinnen und Bürgern ein Forum zur aktiven Teilnahme und Mitsprache bei der zukünf- tigen, insbesondere baulichen Entwicklung der Universität Hamburg zu ermöglichen, sondern mit Hilfe des dargebotenen Informationsmaterials auch über die Studie und deren Ergebnisse sowie über stadtplanerische Maßnahmen der Stadt Hamburg als auch den zugehörigen Chan- cen und Risiken zu informieren.

Diskutieren: Die Bürgerinnen und Bürger konnten über die gesamte Laufzeit des Diskurses fünf thematische Foren nutzen, um die Vor- und Nachteile der Szenarien als auch ihre Anregungen und Hinweise bezüglich der Universität und dem Wissensstandort Hamburg im Allgemeinen, der betroffenen Stadtteile Rotherbaum und Kleiner Grasbrook sowie der gesamtstädtischen Entwicklung einzubringen und miteinander zu diskutieren.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 5

Im Rahmen von vier zusätzlichen temporären Livediskussionen konnten die Teilnehmenden je- weils 1,5 Stunden direkt mit den folgenden Experten ihre Fragen und Anregungen in Bezug auf die zukünftige Entwicklung der Universität Hamburg erörtern: •• Hamburgs Wissenschaftssenatorin Dr. Herlind Gundelach •• Dem AStA-Vorsitzenden Benjamin Gildemeister und CDU-Abgeordneten Rüdiger Kruse •• Uni-Präsidentin Prof. Dr. Monika Auweter-Kurtz und Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter •• Den Bezirksamtsleitern von Eimsbüttel und Mitte, Dr. Jürgen Mantell und Markus Schreiber

Kommentieren: Darüber hinaus konnten die Teilnehmenden in einer eigenen Rubrik die diffe- renzierten Szenarien-Bewertungen kommentieren, die im Rahmen der Studie von verschiedenen Expertengruppen vorgenommen worden waren. Die Kommentare aus dieser Rubrik wiederum wurden automatisch in die entsprechenden Foren gesandt und für die Diskussion zugänglich gemacht.

Gemeinsame Ergebnisdokumentation: In Kooperation mit den Moderatoren wurden die Er- gebnisse und Pro- und Contra-Argumente der jeweiligen Diskussionen nach Themen gruppiert in sogenannten Wikis zusammengefasst und dokumentiert. Die Wikis konnten dann von den re- gistrierten Nutzern während des Diskussionsverlaufs weiter ausgearbeitet und ergänzt werden.

Für den Abschlussbericht wurde die Beiträge des Online-Dialogs inhaltsanalytisch ausgewertet. Unterstützend wirkten hierbei die täglichen Zusammenfassungen der Moderatoren sowie die thematische Bündelung der Aspekte und der zugehörigen Argumentationslinien in den Wikis. Di- ese Beteiligungsmethode, die auf dem DEMOS-Verfahren der TuTech Innovation GmbH basiert1, beinhaltet, dass die zentralen Beiträge und Vorschläge bereits während der Diskussion kontinu- ierlich erfasst und thematisch kategorisiert werden und die Ergebnisse von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gleichzeitig überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden können.

Die Diskussionsergebnisse

Die Internetdiskussion zur Zukunft der Universität Hamburg entwickelte sich zu einem engagier- ten und produktiven Meinungsaustausch, in dem die verschiedenen Szenarien und ihre mög- lichen Potentiale und Konsequenzen umfassend und aus verschiedenen Blickwinkeln diskutiert wurden. In den drei Diskussionswochen haben 4.644 Personen die Plattform besucht und 80.307 Seitenaufrufe getätigt. Die 221 registrierten Teilnehmenden formulierten ihre Anregungen und Argumente in 756 Beiträgen, aus denen zwölf gebündelte Themen-Wikis entstanden. Sie reichen von der Auflistung zukünftiger Anforderungen für die Hamburger Universität über die Vor- und Nachteile der in der Studie benannten Standorte sowie die ungeklärten Risikofaktoren bis hin zu alternativen Planungsentwürfen für die Universität als auch die betroffenen Gebiete.

1 Das DEMOS-Verfahren wurde im Rahmen eines gleichnamigen europäischen FuE-Projekts entwickelt und seitdem von der TuTech Innovation GmbH in zahlreichen moderierten Online-Diskursen angewandt.

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Forum Ausgearbeitete Themen-Wikis Wissenschaftsstandort Hamburg -- Konzept Science-Park auf dem Kleinen Grasbrook Perspektive Universität -- Anforderungen an die Universität -- Uni-Umzug fördert internationale Wettbewerbsfähigkeit -- Alternative Standorte & Szenarien Perspektive Rotherbaum -- Gründe für den Erhalt am jetzigen Standort -- Probleme des Standorts Rotherbaum Perspektive Kleiner Grasbrook -- Vorteile des Uniumzugs auf den Kleinen Grasbrook -- Langfristige Perspektive des Kleinen Grasbrooks -- Probleme des Standorts Kleiner Grasbrook -- Der Hafen braucht Fläche Perspektive Gesamte Stadt -- Impulse für Sprung über die Elbe -- Risikofaktoren in der Planung / Studie

Liste der Themen-Wikis nach Forum

Insgesamt haben sich mit 76% mehr Männer als Frauen an der Diskussion beteiligt. Die größte Altersgruppe stellten die 45- bis 64-Jährigen (38%) dar, gefolgt von den 30- bis 44-Jährigen (29%), den 18- bis 29-Jährigen (19%) und über 64-Jährigen (13%). Die unter 18-Jährigen haben sich mit 1% dagegen kaum beteiligt. Der Großteil der Teilnehmenden weist einen sehr hohen Bildungsstand auf, so verfügen 68% über einen (Fach-)Hochschulabschluss und 20% über die (Fach-)Hochschulreife. Generell waren Teilnehmende aus allen sieben Hamburger Bezirken ver- treten, mit 30% am stärksten der Bezirk Eimsbüttel und gleichzeitiger Standort der Universität Hamburg, während die süd-östlichen Bezirke und vergleichsweise gering repräsentiert waren (3 und 2%). Auf die Frage nach der Art Ihrer Beziehung zur Universität Ham- burg gaben 43% an, sich allgemein für das Thema zu interessieren. 17% der Befragten waren Studierende, 11% Anwohner/innen, 10% Mitarbeiter/innen der Universität, 6% Professor/innen und 2% benachbarte Gewerbetreibende.

Die Diskussion war trotz des kontroversen Themas von einem freundlich-konstruktiven Grund- ton geprägt und bewahrte ein hohes inhaltliches Niveau. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer er- örterten die Vor- und Nachteile der vier Entwicklungsszenarien aus den jeweiligen Perspektiven ausführlich und untermauerten ihre zum Teil sehr gegensätzlichen Positionen mit zahlreichen Argumenten. Trotz der Vielfalt der in diesem Kontext angesprochenen Themen und Perspektiven entwickelte sich die Diskussion jedoch sehr zügig zu einer Kontroverse zwischen den Verfech- tern des Erhalts der Universität am derzeitigen Standort im Grindelviertel und den Befürworten eines Umzugs zum Kleinen Grasbrook. Es spielte hierbei indes kaum eine Rolle, ob es sich da- bei einerseits um die Sanierung (Szenario 1) oder den Abriss und Neubau vor Ort (Szenario 2) handelt und andererseits bei dem Umzug auf den Kleinen Grasbrook der südlichen O’Swaldkais einbezogen wird (Szenario 4.0) oder nicht (Szenario 4.1).

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Argumente für den Standorterhalt: So führten die Vertreter des Verbleibs der Universität am derzeitigen Standort eine Vielzahl an Gründen an, die aus ihrer Sicht für eine Sanierung oder einen Neubau der Uni im Grindelviertel sprechen. Zu nennen sind z.B. die umfassenden Verkehrsverbindungen, die gewachsene le- bendige und auf den Bedarf der Universität ausgerichtete Infrastruktur, weniger Belastung des öffentlichen Haushalts durch geringere und besser kalkulierbare Planungskosten und Zeiträume sowie die Vielzahl potentieller Erweiterungsflächen und der Bestand der universitären Nutzung vorbehaltenen und / oder gerade erst ökologisch sanierten Gebäude. Ein Umzug löse ihrer Mei- nung nach bestimmte Probleme wie die Zerstückelung verschiedener Fachbereiche auf verteilte Unistandorte nicht, sondern führe stattdessen vielmehr zu einer Verlängerung der Wege und Er- schwerung der Interdisziplinarität. Des Weiteren befürchten sie, dass das Grindelviertel im Zuge eines Uniumzugs in die Hände profitorientierter Investoren gerät und die derzeitigen Anwohner durch einen vermehrten Bau von Luxuswohnungen aus dem Stadtteil verdrängt werden. Sie bekamen Unterstützung von einer Gruppe von Teilnehmenden, die für die Belange der Ha- fenwirtschaft eintreten. Diese vertraten die Meinung, dass die Fläche des Kleinen Grasbrooks mit Wasserzugang nicht aufgegeben werden dürfe. So benötige der Hafen aus ihrer Sicht grund- sätzlich alle potentiellen Hafenflächen und andererseits fänden die derzeit dort angesiedelten Hafenbetriebe ein optimales Umfeld auf dem Kleinen Grasbrook vor (Unikai, RoRo- und ConRo- Frachter, Autotransporter, Schwergut- und Kühlschiffe, Fruchtumschlag), für die es keine geeig- neten Ausweichflächen gäbe. Überdies stünde der O’Swaldkai mindestens bis zum Jahre 2025 für eine Bebauung gar nicht zur Verfügung. In diesem Kontext äußerten auch einige Bewohner Moorburgs ihre Befürchtung, dass die jahrelangen Bemühungen um eine städtische Entwick- lung des Stadtteils durch die Verlagerung dieser Hafenbetriebe in das Hafenerweiterungsgebiet konterkariert werden könnten. Die Umzugsgegner empfinden es als generelle Gefahr, dass sich eine städtische Nutzung des Kleinen Grasbrooks (Universitätsbetrieb und Wohnquartier) nicht mit dem angrenzenden Hafen- betrieb und dem damit einhergehenden Lärm sowie den Emissionsbelastungen vertrage und zu beiderseitigen Beeinträchtigungen und Behinderungen führen könnte. So wären in der Studie wichtige Fragen wie z.B. Hochwasser- und Schallschutz bislang nicht ausreichend berücksich- tigt.

Argumente für den Umzug: Die Befürworter des Umzugs auf den Kleinen Grasbrook dagegen sehen Vorteile für die Ausstat- tung und internationale Bedeutung der Universität durch den neuen Gestaltungsspielraum, mo- derne und nach neuesten Standards ausgestattete Neubauten an zentralem und direkt an der Elbe gelegenem Standort. Dies biete ihrer Meinung nach eine große Chance, um die Hamburger Universität auch für internationale Wissenschaftler attraktiver zu machen und ihre Wettbewerbs- fähigkeit / Spitzenforschung zu steigern. Der vorhandene Platz ermögliche nicht nur die Schaf- fung der im Zusammenhang mit Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge dringend benötigten zusätzlichen Räumlichkeiten, sondern zudem die direkte Ansiedelung der aus der Universität hervorgehenden neuen und wissensintensiven Unternehmen (Spillover-Effekt). Sie sehen im Gegensatz zu den Umzugsgegnern keine Probleme mit der Hafenlage, da dieses Ge- biet gemäß der Planungen der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt mittelfristig (bis 2025)

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aus der Hafenbindung entlassen werden solle und es bereits mehrere alternative Pläne für den Kleinen Grasbrook gegeben habe (z.B. Olympiade). Sie sind darüber hinaus der Meinung, dass dieser östlich des Elbtunnels gelegene Hafenteil aufgrund der mangelnden Elbtiefe an Bedeu- tung verliere und die dort ansässigen Betriebe auf andere Flächen verlagert werden könnten. Unterstützt wird diese Argumentation von Bewohnerinnen und Bewohnern der südlichen Stadt- teile , Wilhelmsburg und Harburg, die sich ihrerseits eine mit dem Umzug einhergehende Aufwertung ihrer Stadtteile erhoffen. Sie würden von der Ansiedelung der Universität sowohl in Hinsicht auf eine bessere Verkehrsanbindung (U4, neue Brücken und Straßen) als auch neuen attraktiven Wohnraum, lebendige Infrastruktur und ein besseres Image profitieren.

Kompromisslösung Teilumzug: Um einen Interessenausgleich bemühen sich indes jene Teilnehmenden, die für die Kompro- misslösung eines Teilumzugs des naturwissenschaftlichen MIN-Campus von der Bundesstraße zum Kleinen Grasbrook (Szenario 3) eintreten. Hierdurch könnte für die dringend sanierungsbe- dürftigen Naturwissenschaften ein neuer und gut ausgestatteter technisch-naturwissenschaft- licher Campus auf dem Kleinen Grasbrook entstehen, der mit der -Universität sowie der TU-Harburg harmoniere und in das technisch-industrielle Hafenpanorama passen würde. Die freiwerdenden Flächen könnten zur Schaffung familienfreundlichen Wohnraums und Ange- boten genutzt werden, während der historische Kern der Universität mit ESA-Hauptgebäude, Staatsbibliothek, Audimax, Phil-Turm und Rechtshaus als funktionsfähige Einheit am bisherigen Standort erhalten bliebe. Gerade dieser Kompromiss jedoch wird von einigen Forennutzern ganz vehement abgelehnt, da es bei der Modernisierung der Universität ihrer Ansicht nach insbeson- dere um eine bessere Verbindung der einzelnen Fachbereiche, gestärkte Interdisziplinarität und die Schaffung kurzer Wege gehen sollte. Diesem Ziel würde der angedachte Teilumzug zum Kleinen Grasbrook vollständig widersprechen. Außerdem gäbe es laut einiger Nutzer alternative Standorte - z.B. , UKE, DESY, Moorburg -, die eine Zusammenführung bestimmter Fachbereiche stärker vorantreiben könnten bzw. eine bessere Ausgangslage böten als der Klei- ne Grasbrook.

Teilnehmende sehen weiteren Klärungsbedarf Es herrscht unter mehreren Teilnehmenden eine gewisse Skepsis gegenüber einigen Aspekten der Studie, die sie als ungeklärt oder risikobehaftet ansehen: So erscheint einigen Nutzerinnen und Nutzern der geplante Bauzeitraum als zu optimistisch. Daran anknüpfend werden auch die veranschlagten Kosten für die Szenarien (insb. Szenario 4) angezweifelt und als unrealistisch empfunden. Einige Teilnehmende befürchten in Anlehnung an die Erfahrungen mit Großpro- jekten wie der Elbphilharmonie einen unkalkulierbaren Anstieg der finanziellen Belastungen, die sich an anderer Stelle zu Lasten der Universität auswirken könnten. Auch fordern sie eine detail- lierte Prüfung dessen, was die einzelnen Fachbereiche tatsächlich benötigen und welche Rah- menbedingungen für welches Fachgebiet gewährleistet sein müssen, bevor darüber endgültig entschieden wird. Einig sind sich viele Teilnehmenden hingegen darin, dass die Qualität der Universität nicht allein von Räumlichkeiten abhänge, sondern zu einem großen Teil auch von der Ausstattung mit Per- sonal und Sachmitteln. Die Investition in Bildung und Forschung wird aber generell sehr begrüßt

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 9 und als ebenso richtiges und wichtiges Signal gewertet wie die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger, Mitarbeitenden und Studierenden bei der Klärung der Frage nach der zukünftigen Entwicklung der Universität Hamburg.

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1. Einführung

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1. Einführung

Bildung, Wissenschaft und Forschung sind für Hamburg überaus wichtig, denn sie entscheiden über die Zukunftsfähigkeit der Stadt im globalen Wettbewerb. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, muss die Universität Hamburg wachsen und modernisiert werden. Die Frage ist jedoch, wie dies in optimaler und nachhaltiger Weise geschehen kann? Im Rahmen der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ rief die Behörde für Wis- senschaft und Forschung der Freien und Hansestadt Hamburg daher die Hamburgerinnen und Hamburger auf, die Zukunft der Universität Hamburg sowie die Ergebnisse einer baulichen Ent- wicklungsstudie mitsamt vier möglicher Planungsszenarien für die Universität Hamburg gemein- sam zu erörtern. Die moderierte Online-Diskussion wurde vom 6. bis 29. April 2009 auf der Internetplattform www.zukunft-uni.hamburg.de durchgeführt.

Grundlage dieses Diskurses war die Studie zur baulichen Entwicklung der Universität Hamburg, die im Auftrag der Behörde für Wissenschaft und Forschung kurz zuvor erstellt worden war. Im Kontext der Studie waren vier unterschiedliche bauliche Entwicklungsszenarien für die Univer- sität Hamburg untersucht worden, um eine Grundlage für eine abwägende Richtungsentschei- dung zu liefern. Auf Basis einer Untersuchung der derzeitigen Universitätsgebäude einerseits und quantitativer und struktureller Eckpunkte der Entwicklungsplanung andererseits wurden der Bau- und Flächenbedarf der Universität und ihr nahe stehender Einrichtungen definiert (Flächen- bedarf 2012). Darüber hinaus lagen der Studie Prognosen zur Entwicklung bis 2020/25 zugrun- de, für die diese Flächenbedarfe grob quantifiziert wurden (Flächenbedarf 2020/35). Die Studie sollte insbesondere aufzeigen, •• mit welchem Baubedarf und Baumassen für die Universität und ihr nahe stehende Einrich- tungen bis 2012 und bis 2020/25 gerechnet werden muss. •• wie sich diese Baumassen auf den vorgegeben Standorten realisieren lassen und •• welche Kosten für die Befriedigung des Flächenbedarfs 2012 jeweils zu erwarten sind. Darauf aufbauend waren innerhalb der Studie vier verschiedene potentielle Entwicklungsszenari- en für die zukünftige Universität Hamburg entwickelt und hinsichtlich unterschiedlicher Faktoren, wie beispielsweise Flächenbedarf und -verfügbarkeit, Finanzierung sowie ihrer Konsequenzen für die Quartiersentwicklung, bewertet worden. Sie betreffen, je nach Variante, unterschiedliche Gebiete in Hamburg: a. den aktuellen Campus: Von-Melle-Park und Bundesstraße / Geomatikum b. den Kleinen Grasbrook im Hafen, der zur Zeit von der Hafenwirtschaft genutzt wird

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Abb. 1: Potentielle Entwicklungsgebiete und ihre Entfernung zum Hamburger Rathaus; © Behörde für Wissen- schaft und Forschung

Bei den vier Szenarien handelt es sich um folgende, kurz skizzierte Modernisierungs- und Ent- wicklungsmaßnahmen, die sehr unterschiedliche Konsequenzen für die genannten Gebiete mit sich bringen:

Szenario 1: Sanierung und Modernisierung vor Ort Es werden die Verbesserung der baulichen Situation der Universität Hamburg vornehmlich durch die Sanierung und Modernisierung der bestehenden Gebäude an den beiden Standorten Bun- desstraße und Von-Melle-Park in Rotherbaum erreicht. Nur wenige Gebäude werden abgeris- sen. Auf Freiflächen und in Baulücken werden Neubauten errichtet, um den Flächenbedarf der Universität zu befriedigen und bisher dezentral angesiedelte Flächen in den Campus zu integrie- ren.

Szenario 2: Abriss und Neubau an Ort und Stelle Die bestehenden Universitätsgebäude werden abgerissen, soweit diese nicht als denkmal- schutzwürdig erkannt oder erhaltenswert sind. An ihrer Stelle entstehen Neubauten mit einem größeren Flächenangebot als bisher.

Szenario 3: Teilneubau auf dem Kleinen Grasbrook Die universitären Nutzungen an der Bundesstraße werden auf das Überseezentrum verlagert, während auf dem O’Swaldkai die Hafennutzung erhalten bleibt. Auf dem frei werdenden Areal an der Bundesstraße entsteht ein Mix aus familienfreundlichem Wohnen und in geringerem Umfang Gewerbe, um den in Hamburg dringend benötigten innerstädtischen Wohnraum zu generieren. Die Universitätsgebäude am Von-Melle-Park werden wie in Szenario 2 größtenteils durch Neu- bauten ersetzt.

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Szenario 4.1: Vollständiger Umzug auf den nördlichen Kleinen Grasbrook Die Universität wird auf dem Kleinen Grasbrook gegenüber der HafenCity neu errichtet. Es wer- den sowohl das heutige Überseezentrum als auch der nördliche Teil des O’Swaldkais sowie Flächen im östlichen Teil des Moldauhafens für die Entwicklung der Universität sowie eines integrierten Stadtteils genutzt. Auf dem südlichen Teil des O’Swaldkais bleibt die Hafennutzung erhalten. Auf den ehemaligen Universitätsflächen an der Bundesstraße und am Von-Melle-Park entsteht eine Bebauung aus Wohnungen, Gewerbe und Kultur.

Szenario 4.0: Vollständiger Umzug auf den ganzen Kleinen Grasbrook und Bau eines neu- en Universitätsstadtteils In Szenario 4.0 findet dieselbe städtebauliche Entwicklung wie in Szenario 4.1 statt, jedoch wird der O’Swaldkai vollständig für die Universität und die damit einhergehende Stadtentwicklung beansprucht.

Abb. 2: Übersicht zur Form der Inanspruchnahme der Untersuchungsflächen

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Im Rahmen des Online-Dialogs, mit dessen Konzeption und Durchführung die TuTech Innovation GmbH beauftragt wurde, konnten die Bürgerinnen und Bürger nun einerseits über die zukünftige Ausrichtung der Universität Hamburg im Allgemeinen und andererseits ganz konkret über die jeweiligen Vor- und Nachteile der vier Szenarien diskutieren. Statt der Erhebung eines einfachen Meinungsbildes stand bei der Online-Diskussion vielmehr die Herausarbeitung und Dokumenta- tion der konkreten Argumentationen für oder gegen bestimmte Szenarien im Vordergrund.

Hierfür boten sich den Teilnehmenden zwei unterschiedliche Beteiligungswege an: Zum einen konnten sie direkt innerhalb der verschiedenen Internetforen der Plattform diskutieren, zum ande- ren konnten sie auf die differenzierten Szenarien-Bewertungen der Expertengruppen, die an der Studie beteiligt waren, zu zahlreichen Kriterien eingehen und diese kommentieren. Die Kommen- tare der Expertenbewertungen wiederum wurden zusätzlich automatisch in die entsprechenden Foren gesendet, um dort von den anderen Teilnehmenden diskutiert werden zu können.

Diese Form der informellen, online-basierten Beteiligung verfolgte dabei also nicht nur das Ziel, vielen Bürgerinnen und Bürgern ein Forum zur aktiven Teilnahme und Mitsprache bei der zukünf- tigen, insbesondere baulichen Entwicklung der Universität Hamburg zu ermöglichen, sondern darüber hinaus auch über die Studie und deren Ergebnisse sowie über stadtplanerische Maß- nahmen der Stadt Hamburg zu informieren.

Für den Abschlussbericht wurden die Beiträge des Online-Dialogs inhaltsanalytisch ausgewer- tet, um die komplexen Diskussionsergebnisse strukturiert präsentieren zu können. Unterstützend wirkten hierbei die täglichen Zusammenfassungen der Moderatoren während des Diskussions- verlaufs sowie die thematische Bündelung der angesprochenen Aspekte und zugehörigen Ar- gumentationslinien in sogenannten Wikis2. Letztere wurden zunächst von den Moderatoren auf der Basis der eingegangenen Teilnehmerbeiträge nach Themen zusammengestellt und konnten im Anschluss von den Nutzerinnen und Nutzern des Forums online fortgeführt und ergänzt wer- den. Diese Beteiligungsmethode, die auf dem DEMOS-Verfahren der TuTech Innovation GmbH ba- siert3, beinhaltet, dass die Beiträge und Vorschläge bereits während der Diskussion kontinuier- lich zusammengefasst und thematisch kategorisiert werden. Indem die Moderatoren ihre In- terpretationen und Bündelungen in Form von täglichen Zusammenfassungen und den von den Teilnehmenden zu bearbeitenden Ergebnisdokumentationen wieder ins Forum zurückspiegel- ten, wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine Überprüfung und Korrektur der Resultate noch während des laufenden Diskurses ermöglicht. Für den Bericht wurden die herausgearbeiteten, thematischen Schwerpunkte und Einzelaspekte zudem mit Originalzitaten ergänzt, um einen Eindruck von der Diskussionsatmosphäre zu ver- mitteln.

2 Wikis sind gemeinsam im Internet zu bearbeitende Dokumente. Im Rahmen der Online-Diskussion wurden die Wikis genutzt, um die verschiedenen Argumentationslinien thematisch gebündelt zu dokumentieren. 3 Das DEMOS-Verfahren wurde im Rahmen eines gleichnamigen europäischen FuE-Projekts entwickelt und seitdem von der TuTech Innovation GmbH in zahlreichen moderierten Online-Diskursen angewandt.

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Der Verlauf und die Ergebnisse des Online-Dialogs werden in folgender Gliederung dargestellt: Kapitel 2 beschreibt die Beteiligungselemente, die den Teilnehmenden auf der Onlineplattform zur Verfügung standen. Kapitel 3 präsentiert die Diskussionsergebnisse: dabei werden zunächst die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anhand ihres soziodemografischen Profils charakterisiert (3.1) und im Anschluss der Ablauf der Diskussion beschrieben (3.2). Die konzentrierte Darstel- lung der Diskussionsergebnisse im Abschnitt 3.3 gliedert sich entlang der Szenarien und wird durch eine gesonderte Liste mit den jeweiligen Pro- und Contra- Argumenten (3.4) abgeschlos- sen. Kapitel 4 beinhaltet die detaillierten, auf Forenbeiträgen und Vorschlägen basierenden The- men-Wikis. In Kapitel 5 folgt das Fazit. Im Anhang befindet sich die Dokumentation der Live- diskussionen der Teilnehmenden mit verschiedenen Experten und Vertretern aus Politik und Verwaltung (6.).

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2. Elemente der Diskussion

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2. Elemente der Diskussion

Die Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ wurde vom 6. bis 29. April 2009 unter der URL www.zukunft-uni.hamburg.de durchgeführt. Im Vorwege und während des Diskussi- onsverlaufs wurden verschiedene Werbeaktionen initiiert, um diesen Internetdiskurs unter den Hamburgerinnen und Hamburgern bekannt zu machen. So wurden spezielle Werbebanner ent- worfen und auf anderen Onlinemedien und Internetseiten, wie z.B. hamburg.de, geschaltet, um Besucher der Seite auf den Diskurs aufmerksam zu machen und direkt auf die Internetplattform zu lotsen. Darüber hinaus gelang es, die Hamburger Medien sowie Radio und Fernsehen zu mehreren Berichterstattungen zu bewegen und über dieses Beteiligungsinstrument zu informie- ren.

Der Onlinediskurs „Zukunft der Universität Hamburg“ musste verschiedene Ebenen und Fra- gestellungen dieses komplexen Themas gleichzeitig abdecken. So galt es zum einen, die Dis- kussion über die übergeordnete Fragestellung „Wie kann der Wissenschaftsstandort Hamburg insgesamt gestärkt und die Universität Hamburg zukunftsweisend modernisiert werden?“ zu führen und zum anderen die bereits in der Öffentlichkeit stattfindende Diskussion über die ver- schiedenen Szenarien zur Sanierung bzw. Modernisierung der Universität aufzugreifen und den Nutzerinnen und Nutzern einen Einstieg in das sehr umfangreiche und vielschichtige Thema zu bieten. Dabei verfolgte das Projekt das zentrale Ziel, anstelle der Erhebung eines flüchtigen Mei- nungsbildes vielmehr die substantiellen Argumentationen der Bürgerinnen und Bürger für oder gegen bestimmte Szenarien herauszuarbeiten und zu dokumentieren.

Dazu wurden auf der Plattform unterschiedliche Elemente miteinander kombiniert, die im Fol- genden kurz skizziert werden:

Information: Als Grundlage dienten hier zunächst umfassende Informationen zu den vier Szenarien, die so- wohl als medienadäquate Kurzversion als auch in Form der ausführlichen 500-seitigen Studie auf der Plattform zur Verfügung standen. Darüber hinaus lieferte die Infothek auch weiteres Ma- terial und Hintergrundinformationen zum Thema, Universitätsdaten, Presseartikel, weiterführen- de Links sowie die Themen-Wikis und die täglichen Zusammenfassungen der Moderatoren.

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Abb. 3: Die Infothek und Informationen zu den vier Szenarien

Beteiligung in thematischen Diskussionsforen: Der Online-Dialog bot den Bürgerinnen und Bürgern über die gesamte Laufzeit des Diskurses die folgenden thematischen Foren an, um ihre Anregungen und Hinweise bezüglich der Uni- versität und dem Wissensstandort Hamburg im Allgemeinen sowie der betroffenen Stadtteile Rotherbaum und Kleiner Grasbrook als auch der gesamtstädtischen Entwicklung einzubringen und miteinander zu erörtern:

•• Forum Wissenschaftsstandort Hamburg: In diesem Forum ging es um die Zukunft des Wissensstandorts Hamburg im Allgemeinen und inwiefern die Neugestaltung bzw. Moder- nisierung der Universität Hamburg zu einer Verbesserung des Wissensstandorts Hamburg beitragen kann.

•• Forum Perspektive Universität: Dieses Forum betrachtet die Szenarien hinsichtlich ihres Nutzens für die Universität und behandelte unter anderem folgende Fragen: -- Kann der Flächenbedarf der Universität gedeckt werden? -- Welche Szenarien ermöglichen optimale Arbeitsabläufe in der Universität? -- Welche Szenarien bieten ausreichend studentischen Wohnraum in unmittelbarer Nähe der

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Universitätseinrichtungen? -- Gewährt das Szenario Entfaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten für die Universität? -- Verursacht ein Szenario in der Bauphase möglichst geringe Belastungen (Lärm, Erschüt- terungen etc.) für den universitären Betrieb?

•• Forum Perspektive Rotherbaum: Diese Perspektive betrachtet die Szenarien hinsichtlich ihres Einflusses auf die Entwicklung im Stadtteil Rotherbaum. In dem Forum sollten daher insbesondere die jeweiligen Auswirkungen der Planungsszenarien für den Standort Rother- baum besprochen und beispielsweise folgende Fragen diskutiert werden: -- Inwiefern profitiert oder verliert das Gebiet Rotherbaum von einer möglichen Sanierung / Aufstockung oder einem kompletten Neubau der Universität vor Ort? -- Welche Konsequenzen hätte ein Teil- oder Komplettabzug der Universität? -- Welche Effekte hätte eine Bauzeit von ca. 20 Jahren auf das Quartier? -- Im Falle einer Universitätsverlagerung: Welche Chancen und Risiken ergeben sich aus einer Nachnutzung der Universitätsflächen mit familienfreundlichem Wohnraum in der Stadt?

•• Forum Perspektive Kleiner Grasbrook: Diese Perspektive betrachtet die Szenarien hin- sichtlich ihres Einflusses auf die Entwicklung des Kleinen Grasbrooks: Im Forum sollten ins- besondere die jeweiligen Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Planungsszenarien für den Standort Kleiner Grasbrook beispielsweise anhand folgender Fragen besprochen werden: -- Inwiefern profitiert oder verliert das Gebiet Kleiner Grasbrook von einer möglichen Teil- oder Komplettansiedelung der Universität vor Ort? -- Welche Vor- oder Nachteile hätte eine mögliche Ansiedelung von Wohn- und Gewerbe- raum? -- Wie wirkt sich eine Universitätsverlagerung auf die auf dem Grasbrook bestehenden Ha- fenbetriebe aus? -- Gibt es die Möglichkeit eines Nebeneinanders von Hafen- und universitärer Nutzung?

•• Forum Gesamtstädtische Perspektive: Alle Szenarien haben einen Einfluss auf die Ent- wicklung der Stadt Hamburg als Ganzes. Daher sollte in diesem Forum eine gesamtstäd- tische Perspektive eingenommen und unter anderem folgende Fragen erörtert werden: -- Welche Vor- und Nachteile bieten die jeweiligen stadtplanerischen Ansätze? -- Welche Gebiete / Akteure profitieren bzw. verlieren von einer Sanierung oder Neubau der Universität vor Ort oder von einem Teil- bzw. Komplettumzug? -- Welche Szenarien sind dazu geeignet, die Hamburger Wirtschaftsstruktur zu stärken? -- Welche Szenarien wirken sich positiv auf Anzahl und Qualität von Wohnungen in Hamburg aus? -- Können sich bestimmte Szenarien positiv auf den Klimaschutz auswirken?

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Darüber hinaus wurde noch ein „Lob & Kritikforum“ angeboten, in dem Dinge besprochen wer- den konnten, die sich jenseits der thematischen Diskussionen bewegen, z.B. technische Fragen oder allgemeine Hilfestellungen.

Abb. 4: Startseite mit dem Zugang zu den Foren

Livediskussion mit Experten: Im Rahmen von vier Livediskussionen konnten die Teilnehmenden direkt mit Experten und städ- tischen Vertretern diskutieren. In eigens für diesen Zeitraum eröffneten Unterforen standen je- weils für eineinhalb Stunden verschiedene Experten oder Vertreter der Stadt Hamburg für die direkte Diskussion mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur Verfügung. Diese wurden an- schließend wieder geschlossen, blieben aber weiterhin einsehbar. Die Dokumentation der Live- diskussionen befindet sich im Anhang.

Kommentierung der Expertenbewertungen: Um den Teilnehmenden noch einen anderen Weg des Einstiegs zu bieten, waren die sehr detail- lierten Szenarien-Bewertungen, die die verschiedenen an der Studie beteiligten Expertengrup- pen anhand zahlreicher Kriterien vorgenommen hatten, so auf der Plattform arrangiert worden, dass die Nutzerinnen und Nutzer diese direkt kommentieren konnten. Die Kommentare wiede- rum, die über diesen Weg eingegeben wurden, sendete das System automatisch in das entspre- chende Forum, um diese dort der weiteren Diskussion zu stellen. Die Expertenbewertungen wurden nach den Perspektiven Universität, Entwicklung Rotherbaum, Entwicklung auf dem Kleinen Grasbrook und der gesamtstädtischen Perspektive unterteilt. Je- der Submenüpunkt wies zwischen sieben und neun Kriterien und weitere zugehörigen Unterkri-

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 21 terien auf, anhand derer die Experten die Auswirkungen der Szenarien für die jeweilige Perspek- tive mittels einer fünfteiligen Ampel beurteilt hatten.

Abb. 5: Beispiel einer Rubrik innerhalb der Expertenbewertung

Die einzelne Bewertung konnten von den Nutzerinnen und Nutzern direkt an dieser Stelle kom- mentiert sowie die Kommentare anderer Teilnehmenden gelesen werden. Das System sendete die Kommentare darüber hinaus auch in das thematisch passende Diskussionsforum, um sie dort der allgemeinen Diskussion zugänglich zu machen.

Bündelung der Ergebnisse in Wikis: In Kooperation mit den Moderatoren wurden die Ergebnisse und Pro- und Contra-Argumente der jeweiligen Diskussionen aus den einzelnen Beteiligungselementen nach Themen gruppiert in Wikis zusammengefasst und dokumentiert. Wikis sind Dokumente, die im Internet von verschie- denen Nutzerinnen und Nutzern gemeinsam bearbeitet werden können (siehe z.B. www.wikipe- dia.de). Die Wikis im Kontext der Online-Diskussion wurden von den Moderatoren eingerichtet und konnten dann von den registrierten Teilnehmenden während des Diskussionsverlaufs weiter ausgearbeitet und ergänzt werden. Insgesamt entstanden so zwölf verschiedene Themen-Wikis, die im Kapitel 4 nachzulesen sind.

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3. Diskussionsergebnisse

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3. Diskussionsergebnisse

Insgesamt haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Internetdiskussion alle Beteiligungs- möglichkeiten der Plattform angenommen und aktiv genutzt. So brachten sich die Teilnehmenden mit ihren persönlichen Anregungen und Beurteilungen der Szenarien in die verschiedenen Foren ein und entwickelten darüber hinaus auch alternative Ideen und Konzepte zur Modernisierung der Universität Hamburg. Während die Teilnehmenden jedoch hauptsächlich die Foren zur Äußerung ihrer Meinungen nutzten, wurde die Rubrik „Kommentierung der Expertenbewertungen“ weniger dazu genutzt, um diese Bewertungen der Experten direkt zu kommentieren, sondern vielmehr als Hintergrundinformationen. So zeugen Abrufzahlen von bis zu 1231 Treffern davon, dass die einzelnen Seiten dieser Rubrik durchaus auf Interesse stießen und angesehen wurden.

Im Folgenden sollen zunächst das Profil der an der Diskussion beteiligten Nutzerinnen und Nut- zern (3.1) und der Ablauf der Diskussion (3.2) dargestellt werden. Detaillierte Informationen über die aus den Forenbeiträgen resultierenden Schwerpunkte und Bewertungen der Szenarien fin- den sich in Kapitel 3.3. Die Liste der Pro– und Contraargumente in Bezug auf die vier Szenarien wird im Abschnitt 3.4 noch einmal gesondert dargestellt. Die Dokumentation der auf den Fo- renbeiträgen und Vorschlägen basierenden zwölf Themen-Wikis mit den Argumenten für oder gegen bestimmte Szenarien bzw. ausgearbeiteten Alternativkonzeptionen der Teilnehmenden erfolgt im anschließenden Kapitel 4.

3.1 Profil der Teilnehmenden

Im Zuge des Registrierungsprozesses wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur freiwil- ligen Angabe ihrer soziodemografischen Daten aufgefordert, der ca. 83% der Befragten nach- kamen. Die Auswertung dieser Daten ergibt, dass sich an dieser auf Wissenschaft und Städte- planung fokussierten Diskussion deutlich mehr Männer als Frauen (76%:24%) beteiligten. Damit gleicht die Geschlechterverteilung dieses Diskurses früheren Planungsdiskursen in Hamburg, die ebenfalls auf der Basis des DEMOS-Verfahrens durchgeführt wurden4. Auch hier stellten eher die Männer die Mehrheit der Teilnehmenden (Domplatz: 70%, Living Bridge: 72%), wäh- rend sich an den Familiendiskursen, die von der TuTech Innovation GmbH in Hamburg, München und Berlin realisiert wurden, mehrheitlich Frauen beteiligten (Hamburg: 62%; München: 77%; Berlin: 65%).5

Hinsichtlich der Alterstruktur sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Alter von 45 bis 64 Jahren mit 38% deutlich in der Mehrheit, gefolgt von der Altersgruppe der 30 bis 44-jährigen

4 Im Auftrag der Stadt Hamburg realisierte die TuTech Innovation GmbH im Juni 2007 unter dem Motto „Neugestaltung des Hamburger Domplatzes“ eine moderierte Internetdiskussion (http://www.hamburg-domplatz. de) und vom 14.11.2007 – 19.02.2008 die Online-Diskussion zur „Living Bridge – Wohnbrücke über die Elbe“ (http:// www.belebte-bruecke.de). 5 Siehe http://www.familienleben-hamburg.de, http://familie.portal.muenchen.de/,http:// www.zusammenleben- in-berlin.de

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(29%), den 18 bis 29-jährigen (19%) und über 64-jährigen (13%). Dagegen sind diejenigen unter 18 (1%) im Verhältnis zum Bevölkerungsdurchschnitt deutlich unterrepräsentiert6.

Im Vergleich zu den beiden Planungsdiskursen in Hamburg, „Neugestaltung des Hamburger Domplatzes“ (2007) und „Living Bridge – Wohnbrücke über die Elbe“ (2008), zeigen sich auch hinsichtlich anderer Kategorien Ähnlichkeiten: so ist die Verteilung über die verschiedenen Al- tersgruppen in allen drei Diskursen in der Tendenz vergleichbar. Wie nachfolgende Graphik zeigt, stellen die 45-64-jährigen die größte Gruppe dar und sind im Vergleich zur Bevölkerungsvertei- lung deutlich überrepräsentiert (34-38% gegenüber 25%) – nur beim Domplatzdiskurs ist die Gruppe der 30-44-jährigen mit 39% noch stärker vertreten gewesen. Es folgt beim Uni- und Li- ving Bridge-Diskurs die Gruppe der 30-44-jährigen mit 29 bzw. 24%. An dritter Stelle stehen bei allen drei Diskursen die 18-29-jährigen (13-20%), gefolgt von der Gruppe der über 64-jährigen. Letztere sind zwar im Vergleich zur Hamburger Bevölkerung etwas geringer vertreten gewesen (9-13% gegenüber 19%), allerdings nicht so deutlich unterrepräsentiert wie die Gruppe der unter 18-jährigen (1-3% gegenüber 16%).

Zukunft der Universität (2009) Hamburger Bevölkerung (2007) Domplatz (2007) Living Bridge (2008)

45

39 40 38 37 34 35

29 30 25 24 25 25 20 19 19 20 16 16 15 13 13 10 9 10

5 3 1 1 0 < 18 18 - 29 30 - 44 45 - 64 > 64

Abb. 6: Altersverteilung in der Internetdiskussion Zukunft der Universität Hamburg (2009), der Hamburger Bevölkerung (2007), den Online-Diskursen Domplatz (2007) und Living Bridge (2008)

Der Bildungsstand der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Online-Dialogs zur Zukunft der Uni- versität Hamburg ist sehr hoch: die überwiegende Mehrheit von 68% verfügt über einen (Fach-) Hochschulabschluss bzw. ein abgeschlossenes Studium. 20% besitzen die (Fach-) Hochschul- reife. Dagegen gaben nur 7% an, die Mittlere Reife abgeschlossen zu haben, während nur 2% die Hauptschule als höchsten Bildungsabschluss nannten. 3% der Teilnehmenden wählten hier

6 Siehe Daten zur Hamburger Bevölkerung (2007) beim Statistischen Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein; http://www.statistik-nord.de/uploads/tx_standocuments/A_I_S_1_j07_H.pdf

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 25 die Kategorie „Sonstiges“. Wie Abbildung 7 zeigt, gab es im Vergleich zu den Diskursen zur Li- ving Bridge und Domplatz nur geringfügige Unterschiede in dieser Kategorie.

(Fach)Hochschulreife/Studium Mittlere Reife Hauptschule

100 88 90 83 81 80

70

60

50

in Prozent 40

30

20 13 15 10 7 2 4 4 0 Zukunft der Universität Living Bridge Domplatz Hamburg

Abb. 7: Verteilung nach Bildungsgrad in den Diskursen zur Universität Hamburg, Living Bridge und Domplatz

Auf die Frage nach der Anzahl der Kinder antwortete die Mehrheit von 50%, kein Kind zu haben. 24% der Teilnehmenden haben zwei Kinder und 18% ein Kind. 5% der Nutzerinnen und Nutzer nannten drei und 2% mehr als drei Kinder.

Mit 37% ist ein großer Teil der Befragten in einem Angestelltenverhältnis tätig. Die zweitgrößte Gruppe mit 19% stellen die Studierenden, gefolgt von den Freiberuflern (14%) und der Kategorie „Sonstiges“ (13%). Die Rentnerinnen und Rentner waren mit 9% und die Unternehmerinnen und Unternehmer mit 6% vertreten. Je 1% bezeichnete sich als Arbeitssuchende(r) oder Schüler(in). Die Kategorie „Arbeiter(in)“ und „Auszubildende(r)“ wählte dagegen keiner der Teilnehmenden.

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40 37 35

30

25 19 20

15 14 13

10 9 6 5 1 1 0 0 0

) ) r) ) ) r) r) ) s in ( in in ( ich in in e r( e t( r( e fl r( ( r( ig e d n lt u e e e l n e ite l r d n st ü e d e e e m n t n ld u b st ib h e n o ch i t r e e e e S S b S A g r rn ch R n F e szu A t ssu u n it A U e rb A

Abb. 8: Verteilung nach Berufsstand

In einer weiteren Frage wurde nach der Art der Beziehung zur Universität Hamburg, in der die Teilnehmenden sich derzeit befinden, gefragt. Hier antwortete eine große Gruppe von 43%, sich einfach für das Thema zu interessieren. 17% der Befragten sind Studierende und jeweils 11% Anwohnende oder „Sonstiges“. 10% der Teilnehmenden gaben an, Mitarbeitende der Universi- tät zu sein. 6% sind Professorinnen und Professoren und 2% benachbarte Gewerbetreibende.

An der Online-Diskussion haben sich Bewohnerinnen und Bewohner aller sieben Hamburger Bezirke beteiligt. 10% der Teilnehmenden kamen von außerhalb. Die meisten der Befragten wohnen laut eigener Auskunft in Eimsbüttel (30%), dem Bezirk mit der höchsten Einwohner- dichte, in dem darüber hinaus die Universität Hamburg derzeit angesiedelt ist. An zweiter Stelle steht der Bezirk Hamburg-Mitte mit 17%. Altona ist mit 15% am drittstärksten in der Diskussi- on vertreten, gefolgt von Hamburg-Nord (14%) und dem einwohnerstärksten Bezirk, (9%). Vergleichsweise wenig vertreten waren dagegen Teilnehmende aus Hamburgs südlichen und in der Fläche größten Bezirken Harburg (3%) und Bergedorf (2%)7.

7 Vergl. Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein; http://www.statistik-nord.de/fileadmin/regional/ regional.php

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35

30 30

25

20 17 15 15 14 in Prozent

10 9 10

5 3 2

0 Altona Bergedorf Eimsbüttel Hamburg- Hamburg- Harburg Wandsbek außerhalb Mitte Nord

Abb. 9: Verteilung nach den Hamburger Bezirken

3.2 Diskussionsablauf

Für die Internetdiskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ ließen sich insgesamt 221 Teilneh- merinnen und Teilnehmer registrieren, die 756 Forenbeiträge verfassten. Während der dreiwö- chigen Diskussion wurden die verschiedenen Seiten der Diskussionsplattform von insgesamt 4.691 individuellen Besuchern 80.307 mal abgerufen.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben die Vor- und Nachteile der vier Entwicklungsszena- rien aus den jeweiligen Perspektiven intensiv erörtert. Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Frage, welche Konsequenzen ein Umzug der Universität auf den Grasbrook haben würde. Wäh- rend sich viele Teilnehmer klar für oder gegen einen Umzug aussprachen, wurde im Laufe der Diskussion aber auch immer wieder nach Möglichkeiten eines Interessenausgleichs gesucht. Trotz der teils sehr kontroversen Auseinandersetzungen wurde die Diskussion fast durchgehend auf sehr hohem inhaltlichen Niveau geführt und die jeweiligen Positionen durch Argumente un- termauert. Darüber hinaus gaben sich die Teilnehmenden hier und dort hilfreiche Ratschläge und weiterführende Informationen.

Dank der Unabhängigkeit und Integrität der Moderation konnte trotz des kontroversen Themas eine freundlich-konstruktive Gesprächsatmosphäre entwickelt werden. So blieben Verstöße gegen die im Forum geltenden Verhaltensregeln, wie z.B. die Beleidigung anderer Teilnehmer, gänzlich aus, während die Teilnehmenden sich auf die Formulierung ihrer Argumente und deren Erörterung mit anderen Nutzerinnen und Nutzern und den beteiligten Experten konzentrierten.

Der Online-Dialog bot den Bürgerinnen und Bürgern über den gesamten Verlauf der Diskussion hinweg fünf thematische Foren an, um ihre Anregungen und Hinweise bezüglich des Wissens- standorts Hamburg und der Universität im Allgemeinen sowie der betroffenen Stadtteile Rother-

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baum und Kleiner Grasbrook als auch der gesamtstädtischen Entwicklung mitzuteilen und zu erörtern. Für technische Fragen und allgemeine Hilfestellung stand außerdem durchgängig das sogenannte Lob- & Kritikforum zur Verfügung, um die Fragen gesondert zu erörtern, die abseits der inhaltlichen Diskussion lagen. Insgesamt wurden alle Foren zur Erörterung der zugehörigen Themen genutzt. Dennoch deuten die vergleichsweise hohen Beitragszahlen in den Foren Perspektive Universität und Perspektive Kleiner Grasbrook auf ein gesteigertes Interesse der Teilnehmenden an diesen Themen oder der in diesem Zusammenhang geführten Auseinandersetzungen hin.

Auch die Livediskussionen mit verschiedenen Experten und städtischen Vertretern wurden von den Teilnehmenden honoriert und zu einem offenen, respektvollen Austausch genutzt. So er- örterten die Teilnehmenden direkt mit den folgenden Experten ihre verschiedenen Fragen und Anregungen in Bezug auf die zukünftige Entwicklung der Universität Hamburg:

•• Am Montag, den 20. April, stellte sich Hamburgs Wissenschaftssenatorin Dr. Herlind Gun- delach den Fragen und Anregungen der Teilnehmenden. •• Am Mittwoch, den 22. April, diskutierten der AStA-Vorsitzende Benjamin Gildemeister und der CDU-Abgeordnete Rüdiger Kruse mit den Nutzerinnen und Nutzern über die Zukunft der Universität Hamburg. •• Am Freitag, den 24. April, setzten sich die Uni-Präsidentin Prof. Dr. Monika Auweter-Kurtz und Hamburgs Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter mit den Fragen der Teilnehmenden ausei- nander. •• Am Montag, den 27.04, diskutierten die Nutzerinnen und Nutzer mit Herrn Dr. Mantell, dem Bezirksamtsleiter von Eimsbüttel, und Herrn Schreiber, dem Leiter des Bezirksamtes Mitte, über die Szenarien und ihre Konsequenzen für die jeweiligen Bezirke.

Die Beiträge der Teilnehmenden verteilten sich wie folgt auf die unterschiedlichen Foren:

Wissensstandort Hamburg 46 Perspektive Universität 105 Perspektive Rotherbaum 58 Perspektive Kleiner Grasbrook 138 Gesamtstädtische Perspektive 62 Livediskussion mit Wissenschaftssenatorin Dr. Herlind Gundelach 57 Livediskussion mit Rüdiger Kruse (CDU) und Benjamin Gildemeister (AStA) 54 Livediskussion mit der Uni-Präsidentin, Prof. Dr. Monika Auweter-Kurtz, und dem Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter 101 Livediskussion mit den Leitern der Bezirksämter Eimsbüttel, Dr. Jürgen Mantell, und Mitte, Markus Schreiber 93 Lob & Kritikforum 42

Tab. 1: Verteilung der Beiträge nach Foren

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In Folge dieses engagierten Einsatzes der Teilnehmenden konnten auf der Basis der zahlreichen und vielfältigen Beiträge zwölf Themen-Wikis erstellt werden, die die Bandbreite der Aspekte widerspiegeln, mit denen die unterschiedlichen Planungsszenarien für die Universität als auch die betroffenen Stadtteile verbunden sind. In der folgenden Tabelle wurden die Wikis nach Foren gruppiert aufgelistet:

Forum Ausgearbeitete Themen Wissenschaftsstandort Ham- -- Konzept Science-Park auf dem Kleinen Grasbrook burg Perspektive Universität -- Anforderungen an die Universität -- Uni-Umzug fördert internationale Wettbewerbsfähig- keit -- Alternative Standorte & Szenarien Perspektive Rotherbaum -- Gründe für den Erhalt am jetzigen Standort -- Probleme des Standorts Rotherbaum Perspektive Kleiner Grasbrook -- Vorteile des Uniumzugs auf den Kleinen Grasbrook -- Langfristige Perspektive des Kleinen Grasbrooks -- Probleme des Standorts Kleiner Grasbrook -- Der Hafen braucht Fläche Perspektive Gesamte Stadt -- Impulse für Sprung über die Elbe -- Risikofaktoren in der Planung / Studie

Tab. 2: Liste der Themen-Wikis nach Forum

3.3 Ergebnisse in Bezug auf die vier Szenarien

Da die Perspektiven aufgrund ihrer engen Verzahnung nicht immer trennscharf voneinander ab- zugrenzen sind und einige Themen im Verlauf der Diskussion nicht ausschließlich in dem ent- sprechenden Forum diskutiert, sondern – wenngleich auch unter anderer Prämisse – ebenfalls in anderen Foren erörtert wurden, erfolgte die Auswertung nicht entlang der Perspektiven, sondern in Bezug auf die vier Planungsszenarien. In den folgenden Unterkapiteln werden die aus der Diskussion resultierenden Argumentationslinien sowie die von den Teilnehmenden formulierten Vor- und Nachteile in Bezug auf die einzelnen Szenarien ausgeführt.

3.3.1 Szenario 1 – Sanierung und Modernisierung vor Ort

Das Szenario 1 – Sanierung und Modernisierung vor Ort - hat innerhalb der Internetdiskussion zahlreiche Befürworterinnen und Befürworter gefunden, die mit vielfältigen Argumenten für den Erhalt der Universität am derzeitigen Standort plädieren. Dennoch identifizierten die Teilneh- menden auch eine Reihe von Problemen, die der aktuelle Universitätsstandort am Rotherbaum und der Bundesstraße aufweist. Im Folgenden werden die zentralen Argumentationslinien hin- sichtlich des ersten Szenarios unter Einbeziehung von Originalzitaten dargelegt.

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Pro-Argumente

Gewachsene Infrastruktur Viele Teilnehmende stellen die gewachsene Struktur, auf die die Universität am derzeitigen Standort zurückgreifen kann, in den Mittelpunkt ihrer Argumentation: „Das gewachsene Umfeld ist durch NICHTS zu ersetzen“ (Peter Hillmann). Dies sei über einen langen Zeitraum gewachsen und bestünde aus zahlreichen Kopier- und Buchläden, Cafés und Restaurants. Die Umgebung sei reich an Grünflächen, Wohnungen und bedarfsgerechten Geschäften, es gäbe attraktive Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung sowie am Standort angesiedelte politische Hochschulgrup- pen, kirchliche Hochschulgemeinden und Studentenverbindungen. Lebensgefühl und kulturelles Umfeld müssen stimmen, damit die Menschen den Standort mö- gen, so Nutzer Advokat, während Teilnehmer holger.wiechmann fragt: „Warum der eine Stadtteil gegen den anderen und damit gewachsene Strukturen für ein Prestigeobjekt über Bord ge- worfen werden, erschließt sich mir nicht“. Eine Universität gehöre ins Herz der Stadt, dessen Zentrum sie darstellt. Genau durch dieses Potential gewinne die Universität Hamburg an über- regionaler Attraktivität: „International Studierende und Studierende aus anderen Bundesländern wählen meiner Erfahrung nach ihren Studienort, sobald sie die Wahl haben, nach Sympathie für die Stadt in der sie leben und studieren wollen. Dabei sind eine citynahe Lage der Hochschule in einem lebendigen, auch früh morgens und abends Sicherheit gebenden Stadtteil wichtige Kriterien. Diese Kriterien erfüllt der derzeitige Standort der Universität Hamburg in Eimsbüttel in hervorragender Weise“ (Marlies Luttermann).

Auch Teilnehmer Dr. Jan Freitag führt die überregionale Attraktivität des Standortes an und betont dessen Wichtigkeit auch noch in anderer Hinsicht: „Studieren bedeutet Leben, Bildung, Erziehung, Erfahrung, bedeutet Studentenleben. Erst dies macht einen Studierenden zu einer ganzheitlich ausgebildeten Persönlichkeit und einen Studienstandort auch überregional attrak- tiv. Dazu gehört zwingend die Interaktion mit einer Stadt. Deswegen sind im Grunde alle klassischen Universitäten in ihren Universitätsstädten in einem zentralen, belebten Quartier beheimatet und nicht isoliert am Rand des städtischen Lebens (wie im Szenario „Umzug zum Grasbrook“).“ Schließlich sei das Uni-Viertel „eines der schönsten in Deutschland“ fügt Nutzer Hans J. Kleinsteuber hinzu, während mit einer Verlagerung „die Hochschule einen ihrer wenigen Aktivposten verlieren“ würde: „Auch für viele Professoren gilt, dass es ihnen wichtiger ist, nette Restaurants zwischendurch nutzen zu können, als ein beein- druckendes Dienstzimmer am Rande des Hafens“ (Hans J. Kleinsteuber).

Die Ziele der Studie, die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Universität und Stärkung des Wirtschaftsstandorts Hamburg könnten, so Louis M. Silverstein, „genauso gut, wenn nicht sogar noch besser am Standort Rotherbaum“ erreicht werden.

Geringere Belastung des Haushalts Die geringe Belastung der öffentlichen Haushalte spräche laut mehrerer Teilnehmender in Zeiten der Finanzkrise für den Erhalt am Standort. Darüber hinaus wären bereits einige der Gebäude saniert oder neu gebaut worden (z.B. Rechtshaus, Erziehungswissenschaften, Hauptgebäude,

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 31 gestiftete Flügelbauten, Phil-Turm, 2 neue Mensen etc.). Es handele sich hier um „öffentliches Vermögen, das nicht leichtfertig privaten Investoren über- lassen werden“ dürfe (Louis M. Silverstein). Daher plädieren einige Nutzerinnen und Nutzer da- für, auf diesem Stand aufzubauen und die restlichen Gebäude kontinuierlich weiter zu sanieren. Zudem würde der Erhalt des Standortes und seine historischen, schützenswerten Gemäuer eine weitere Finanzierungsquelle garantieren: „Durch private Spenden und Stiftungen konnten in der Vergangenheit einige Lücken geschlossen werden. Die Zuwendungen sind aber oft an den Er- halt eines historischen Standortes gebunden, zu dem die Förderer einen persönlichen Bezug aufweisen. Ein unhistorisches Gelände wird in absehbarer Zukunft kaum Spendenbereitschaft mobilisieren“ (Advokat).

Der Teilnehmer Daniel sieht darüber hinaus die Kosten für den zusätzlichen Flächenerwerb, um den Standort Rotherbaum zu erhalten, als wesentlich kalkulierbarer an als die Erschließungs- kosten für den Kleinen Grasbrook. Letzteres beinhalte zusätzliche Kosten sowohl für Altlasten- sanierung, Kampfmittelräumung als auch Maßnahmen zum Hochwasserschutz, die bislang in der Studie nur angedeutet seien. Auch wären laut Nutzer Advokat die „heutige Investition in ein modern ausgestattetes Ersatzgebäude in keinem Fall verloren, denn sie verbessert kurzfristig die Studienbedingungen für die nächsten 15-20 Jahre, und danach muss sowieso erneut mo- dernisiert werden.“ Die schlechte Ausstattung der Universität könnte laut Nutzer Torsten zudem über eine bessere und höhere Drittmitteleinwerbung der Professoren an der Hamburger Universität behoben wer- den, ohne damit erneut den Haushalt zu belasten: „Wenn man sich die durchschnittliche Einwer- bung in Deutschland anguckt, und die durchschnittliche Einwerbung in Hamburg, stellt man fest, dass die Summe, die der Uni HH „verloren“ geht wg. wenig erfolgreicher Drittmitteleinwerbung, größer ist als die Gelder, die durch die Studiengebühren hereinkommen“ (Torsten). Er schlägt vor, dass die Universität eine öffentliche Diskussion über dieses Thema führt.

Umfassende Verkehrsanbindung Ein weiterer Vorteil des derzeitigen Standortes sei die gute Einbindung in das öffentliche Nahver- kehrssystem. Nutzer Daniel listet die vorhandenen Anbindungen nach Stationen auf: -- “Dammtor (S11,S21,S31, Regional- und Fernbahnen, Bus 4,5,109) -- Stephansplatz (U1, Bus 4, 5, 112) -- Hallerstraße (U1, Bus 15) -- Gänsemarkt (U2, Bus 4, 5) -- Schlump (U2, U3, Bus 4, 15, 181)”.

Hinzu kämen ausreichend Straßen, Fahrrad- und Fußgängerwege rund um die Universität: „Die Anreise der ca. 30.000 Studenten und ca. 15.000 Mitarbeiter erfolgt dezentral aus allen Rich- tungen. Teilweise wird in der Nähe gewohnt oder mit dem Rad gefahren“ (Veddel), was die Ver- kehrslage vor Ort sehr entspanne.

Die Nähe zum Dammtorbahnhof bietet darüber hinaus Vorteile für Tagungsgäste, da es relativ kurze Wege zu den Veranstaltungsorten gibt und sich komfortable Übernachtungsmöglichkeiten

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 32

in unmittelbarer Nähe befänden.

Fläche nicht ausschlaggebend für Qualität Für die Qualität einer Universität käme es nach Ansicht verschiedener Teilnehmender weniger auf die Bausubstanz an, sondern vielmehr darauf, dass langfristig genügend Personal- und Sach- mittel zur Verfügung stehen. Daran hätte es in der Vergangenheit oft gefehlt. Eine Sanierung und Modernisierung am bisherigen Standort sei aber ausreichend und wäre „die normale Lösung, die keiner gutachterlichen Begründung“ bedürfe, so Nutzer Advokat. Anhand verschiedener Universitäten in den USA könne man laut des Teilnehmers Torsten sehen, dass für eine gute Universität nicht unbedingt die Fläche ausschlaggebend sei, und er fügt fol- gendes Beispiel an: „Columbia University an der Upper West Side in New York - Campusuni mit- ten in der Großstadt, nicht besonders klein, dafür eine exzellente Lehre und Forschungsleistung. Wenn man mittels Google Earth einen kleinen Flächenvergleich macht, stellt man sehr schnell fest, dass die Flächen des Campus Bundesstraße nur etwas kleiner sind (wenn man nicht die an- grenzenden Privatgrundstücke dazurechnet)“. Wenn die aktuell bestehenden Gebäude auf der Fläche „Campus Bundesstraße“ neu arrangiert würden (ohne die einstöckigen Gebäudeteile), könne man einen großen Zentralplatz mit Randbebauung erhalten. Ergänzend führt Hans J. Kleinsteuber aus, dass die Universität Hamburg immer wieder frag- würdigen Planungen unterworfen gewesen wäre, für deren Finanzierung der Uni an anderer Stelle Geld abgezogen wurde und nennt folgende Beispiele, z.B. das Gesetz zur Gründung einer Gesamthochschule Hamburg, was später begraben wurde, Aufbau der TU Harburg 1978, Verla- gerung von Teilen der Universität nach Stellingen in den 90ern, die Errichtung kostspieliger Mini- Hochschulen wie Mediencampus auf der Finkenau und die HafenCity Universität nach 2001. So wurde die Uni „zum Steinbruch für immer neue politische Ambitionen“ und leide in Folge dessen unter heruntergekommenen Räumlichkeiten, während nur in Einzelfällen saniert würde. Daher rät er dazu, in Hamburg „besser den akademischen Spatz in der Hand“ zu behalten, als vom großen Wurf zu träumen. Zumal, wie er meint, der Hamburger Campus „täglich seine Funktionsfähigkeit beweist, trotz des erbärmlichen Zustands“, in dem er sich seit vielen Jahren befinde.

Nutzer Karsten Breckwoldt weist darüber hinaus darauf hin, dass die technologische Entwicklung eine Schlüsselrolle in der Entwicklung einer Uni der Zukunft einnehmen werde und die Verknüp- fung traditioneller Präsenzveranstaltungen und moderner Formen von E-Learning/E-Study (z.B. Vorlesungen aus dem Archiv auf MP3-Playern, Live-Vorlesungen per Videokonferenz, Chats, digitale Bibliotheken) zukünftig dazu beitragen werde, dass generell weniger zentrale Flächen/ Räumlichkeiten benötigt werden und trotzdem mehr Menschen am Bildungsangebot teilhaben können.

Standort bietet vielfältige Erweiterungsmöglichkeiten In Bezug auf das Argument der zukünftig fehlenden Fläche haben manche Nutzerinnen und Nut- zer eigene Ideen, inwiefern der aktuelle Standort der Universität zu erweitern wäre. So könnten laut Nutzer Rainer Böhrnsen beispielsweise die Moorweiden in die Überlegungen für eine Be- bauung miteinbezogen werden. Die könnte innerhalb eines parkähnlichen Campus geschehen, der eine Nutzung von Grünflächen zum Verweilen zulässt. Wenn zusätzlich noch die Straße vor

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 33 dem Dammtorbahnhof als Tunnel gestaltet würde, entstünde eine attraktive „Eingangspforte“ und das Uni-Hauptgebäude mit den Flügelbauten würde mehr in das Zentrum der Uni rücken.

Weitere Nutzerinnen und Nutzer ergänzen diesen Vorschlag durch eine Reihe von Gebäuden, die der Erweiterung dienen könnten, da sie sich z.T. im Staatsbesitz befänden, wie etwa “die Ge- werbeschule 2 oder die Polizei und die Feuerwehrwache Rotherbaum“ (Torsten). Zusammen mit Aufkäufen privater Grundstücke könnte auf diese Art und Weise ein großer, homogener Campus geschaffen werden. Auch ließen sich die Gebäude der Post (B isotti) sowie das Sportgelände der Universität als Ausweichfläche nutzen (HJ Schulz) und als Ersatz für das wegfallende Uni- Sportgelände der Sportplatz Sternschanzenpark verwenden. Teilnehmer Hugbert Flitner fügt hinzu, „dass schon früher einmal erwogen worden war, das CCH Hochhaus in die Überlegungen einzubeziehen. Auch könnte erwogen werden, Planten und Blomen mit Universitätsbauten zu nutzen“.

Ergänzend führt Teilnehmer veddel die folgenden Möglichkeiten auf, um den Flächenbedarf am jetzigen Standort zu erfüllen: -- Untersuchungsgefängnis / Gerichte könnten weichen -- Die Bahntrasse in Tieflage zw. westlich Dammtor (Rosengarten) und westlich Rentzelbrücke (alter Bahnhof). Eine schallschluckende Deckelbebauung würde massiv Bauflächen ermögli- chen. -- Tennisplätze Haller Straße stehen 11 Monate leer und könnten auf das Dach -- Mittelweg / Ostseite der Moorweide -- Finnlandhaus / Esplanade: Hier gibt es auch noch Baulücken -- Alte Wohnhäuser „Durchschnitt“ -- Dreiecksinsel Beim Schlump / Hallerstraße / Grindelallee.

Schrittweise Sanierung vor Ort kann Planungsmängel besser ausgleichen Teilnehmer HJ Schulz plädiert für eine mehrstufige Sanierung vor Ort, da so der Lehrbetrieb ohne jede Einschränkung weiter laufen und „mögliche Planungsmängel bei einer schrittweisen Sanierung der Gebäude besser aufgefangen werden“ könnten.

Contra-Argumente

Mangelnde Fläche und ungeeignete Räumlichkeiten Es gäbe laut einiger Teilnehmenden am Standort bereits heute einen Mangel an Flächen und Probleme, Fachbereiche zusammenzuhalten, ausreichend Plätze für Initiativen und Fachschafts- räte zu finden. Besonders die Anzahl der Laborplätze in den Naturwissenschaften reiche oft nicht aus. Dadurch verlängert sich gegebenenfalls unverschuldet das Studium einzelner Studie- render. Die Fakultät WiSo müsse sich überall in der Nähe Räume anmieten, weil sie sonst keinen Platz findet, so Teilnehmer Benjamin Gildemeister. Der „Wiwi-Bunker“ sei ohne Tageslicht und das Geomatikum bröckele. Nach Ansicht des Teilnehmers Adrian R. „sind die Räume altbacken, bieten den Studenten kaum Anregungen, sind meistens zu groß oder viel zu klein. Die Studenten sitzen in vielen Sitzungen

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auf der Treppe und sogar das reicht nicht mehr“. Daraus resultiere auch ein Problem, hervor- ragende Dozenten anzulocken, weil die räumliche, technische und finanzielle Ausstattung nicht ausreiche und die Dozenten andere Angebote wahrnehmen.

Flickwerk und Zersiedelung Einige Teilnehmende sehen die entstehende Zersiedelung als größtes Problem an. So spricht sich Nutzerin Angelika Brandt grundsätzlich gegen Szenario eins aus: „Sanierung der bestehen- den Gebäude oder zusätzliche Bauten in Eimsbüttel oder an anderen Standorten würden das bestehende „Flickwerk“ der zersiedelten Universität Hamburg nur verlängern. Synergismen und Zusammenarbeit wären weiterhin nur unter einem erheblichen zeitlichen Aufwand (Fahrzeit) zu realisieren.“ Teilnehmer Geist weist darauf hin, dass ein stückchenweiser Umzug in provisorische Unterkünfte zur Sanierung bzw. zum Neubau für die Naturwissenschaften nicht ohne weiteres möglich sei. Diese arbeiteten in „hochinstallierten Gebäuden“, die gerade für Experimentalwis- senschaftler existenziell notwendig sind, eine einfache Verlagerung in andere Gebäude sei daher nicht möglich.

Ein weiteres Problem sei die Isolation einzelner Fachbereiche bedingt durch Distanz zum Cam- pus. Das gilt für das UKE, für die Informatiker und zum Teil auch für die Physiker und die Studie- renden vom Bundesstraßencampus. Die Wege zwischen einzelnen Fachbereichen seien zu lang, was Interdisziplinarität erschwere. Des Weiteren seien aufgrund der baulichen Situation die Ver- waltung und die Serviceeinrichtungen für Studierende sehr verstreut und wenig einladend. Stu- dierende bekämen so täglich ein schlechtes Bild von der eigenen Uni, so Teilnehmer Benjamin Gildemeister. Daher sollte grundsätzlich eine sinnvolle bauliche Zusammenfassung verstreuter Einzelinstitute und ihrer Bibliotheken bzw. Verwaltungen angestrebt werden, was jedoch nach Ansicht mehrerer Teilnehmender von keinem der Szenarien tatsächlich gelöst würde.

Dauerbaustelle Das größte Problem im Falle des Verbleibs der Universität in Eimsbüttel bleibe „die entstehen- de Dauerbaustelle, mit der sowohl die Studierenden und Universitätsmitarbeiter/innen als auch die Anwohner zurecht kommen müssten“ (Benjamin Gildemeister). Kritisch wird dabei gesehen, dass mögliche Anwohnerproteste eine zügige Umsetzung der Pläne am Standort verhindern könnten. Beispielsweise HotteD und Torsten Hönisch merken in diesem Zusammenhang an, „dass schon mehrere Neubauvorhaben der Uni an Einsprüchen der Einwohner gescheitert sind. Ich sehe nicht, warum sich dies auf einmal ändern sollte, zumal sich die umzusetzende Baumasse ver- xfachen wird“ (Torsten Hönisch). Dagegen wird jedoch von den Nutzern Advokat und Louis M. Silverstein eingewendet, dass die Anwohner bereits durch -zigtausend Unterschriften zum Aus- druck gebracht hätten, dass sie den Erhalt der Universität vor Ort unterstützen.

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3.3.2 Szenario 2 - Abriss und Neubau an Ort und Stelle

Das Szenario 2 sieht einen Abriss der bestehenden Universitätsgebäude vor, soweit diese nicht als denkmalschutzwürdig erkannt oder erhaltenswert sind. An ihrer Stelle sollen Neubauten mit einem größeren Flächenangebot am derzeitigen Ort entstehen.

In den Foren wurde jedoch relativ wenig entlang der Frage Abriss und Neubau oder Sanierung diskutiert. Vielmehr ging es der Mehrheit der Teilnehmenden um eine grundsätzliche Debat- te der Frage, ob die Universität am Standort Rotherbaum erhalten werden oder zum Kleinen Grasbrook umziehen soll. Die meisten für Szenario 1 aufgezählten Argumente wie zum Beispiel existierende Verkehrsanbindung und gewachsene Infrastruktur gelten somit auch für Szenario 2. Im Folgenden sollen daher nur die zusätzlichen Punkte aus der Debatte aufgeführt werden, die sich explizit auf den Abriss und Neubau beziehen.

Pro-Argumente

Moderne, funktionsfähige und attraktive Neubauten Nicht nur der desolate Zustand einiger Gebäude der Universität spräche laut einiger Teilneh- menden für einen Abriss, sondern auch die oftmals unvorteilhafte Gestaltung. Durch eine an- sprechende Architektur könnte das gesamte Grindelviertel stark gewinnen und neue identitäts- stiftende Elemente hinzugefügt bekommen. Teilnehmer Torsten führt dazu aus, dass dies sowohl über symbolträchtige Architektur wie auch durch Bauten in einem historisierenden Stil entstehen könne: „Wenn z.B. anstatt des Geomatikums auf der gleichen Fläche zwei Hochhäuser gebaut werden (die, etwas größer und etwas höher, eventuell auf halber Höhe mit einer Brücke mit- einander verbunden), können die sogar nicht nur identitätsstiftend wirken, sondern zu einem neuen Wahrzeichen der Stadt werden („unsere Elfenbeintürme“)...“. Als Beispiel für den histori- sierenden Stil führt er die Campi U.S.-amerikanischer Universitäten an, die durch alte Gebäude das besondere Ambiente der Unis prägen würde. Andere Teilnehmende betonen, dass man moderner Architektur nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber stehen sollte. Als Beispiele für gelungene Universitätsneubauten werden von Nut- zer Advokat das Rechtshaus zwischen Schlüterstraße und Rothenbaumchaussee, das Max- Planck-Institut am Mittelweg und die HAW am Berliner Tor angeführt. Zumal die Ansprüche an die Architektur am Standort auch nicht so hoch seien: „Die Campus-Anwohner sind an große Zweckbauten wie Geomatikum, Phil-Turm und Wiwi-Bunker gewöhnt, und dieses ästhetische Niveau ist doch leicht zu halten“ (Advokat). Somit seien die entstehenden Neubauten in jedem Fall reizvoller, als die Gebäude aus den 60er Jahren. Auch Nutzer midas sieht die Gefahr eines architektonischen Missgriffs in diesem Zusammenhang als relativ gering an: „Ein nach moder- nen städtebaulichen Kriterien geplanter Campus kann gegenüber der unkoordinierten Masse heutiger miserabler Zweckbauten (und einiger weniger Highlights) nur gewinnen. Schlechter als den Status-Quo kann man es nicht machen.“

Auch wird das Argument der Kosten für einen Abriss und Neubau nicht gelten gelassen, da die entsprechenden Gebäude im Falle des Uniumzugs ohnehin „abgerissen werden, wenn man eine

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andere Nutzung nach der Uni beabsichtigen würde. Ganz zu schweigen von der festgeschrieben Nutzung bis 2100 für das Hauptgebäude“ (Tom aus HH). Für einen Abriss und Neubau spräche nach Ansicht von Teilnehmer Geist, dass Sanierungsaltlasten und Probleme der notdürftigen An- bauten entfielen: „Wer einmal eine Sanierung begleitet hat weiß, dass egal wie umfangreich eine Sanierung durchgeführt wird immer Altlasten zurück bleiben. Insbesondere Probleme, die durch das „Wachsen“ also das ständige Anbauen bei einigen Gebäuden entstanden sind, sind durch Sanierung nicht zu beheben!“ Neubauten könnten somit von vornherein stärker auf den Kli- maschutz hin gestaltet werden. So seien laut Teilnehmer Louis M. Silverstein „die Klimaschutz- anforderungen bei den in den letzten Jahren durchgeführten Sanierungen schon umfangreich umgesetzt worden“, was durch zusätzlichen Neubauten noch verstärkt werden könne.

Auch biete das Szenario 2 die Möglichkeit „einige verstreute Institute, die sich jetzt in verschie- denen kleinen Einzelgebäuden befinden, in einem größeren neuen Gebäude zusammenzufas- sen“ (Advokat).

Grundsätzliche Einbeziehung der zukünftigen Nutzerinnen und Nutzer bei Neubauten Ungeachtet der Architektur könnte innerhalb von Szenario 2 die Chance genutzt werden, die zukünftigen Nutzerinnen und Nutzer der Neubauten in die Planung mit einzubeziehen, um eine optimale Verwendbarkeit der Gebäude zu bewirken: „Man kann nur hoffen, dass VOR dem Neu- bau von Gebäuden (egal an welcher Stelle) die Nutzer über die Raumaufteilung befragt werden. Als Beispiel seien die armen Zoologen genannt, die im Zoologischen Institut seit Jahrzehnten unter einer teilweise schwachsinnigen Raumgestaltung leiden. Und darunter, dass die Südseite des Gebäudes im Sommer wegen fehlender Aussenjalousien sich so erwärmt, dass regelmäßig Temperaturen in den Laboren von über 35°C erreicht werden können!“ (Torsten). Darüber hinaus sollte „nicht jedes Gebäude solitär, sondern (sowohl ästhetisch, als auch funkti- onal und im Hinblick auf das Mikroklima) im Zusammenhang mit seiner Umgebung entworfen“ (Daniel) werden. Damit könnten Negativeffekte wie Windkanäle zwischen den Bauten vermieden werden.

Vereinbarkeit von Maßnahmen und laufendem Uni-Betrieb Diese Teilnehmenden zweifeln nicht an der Machbarkeit eines Neubaus an Ort und Stelle. Dies würden nach Ansicht des Nutzers ra.bu auch die Erfahrungen der großen Krankenhäuser zeigen, die auch im laufenden Betrieb ersetzt wurden. Insbesondere die Nutzung der Alten Post könnte dabei helfen, da sie als „Verschiebebahnhof“ (ra.bu) dienen könnte. Für einige Fachbereiche wie die „Naturwissenschaften und den zugehörigen teils hochinstallierten Gebäuden“, so Nutzer Geist, kämen gar keine Ausweichgebäude in Frage, die den „Experimentalwissenschaftlern für mehrere Jahre Sanierungs- und Bauzeit die Arbeit überhaupt noch ermöglichen“. Diese ließen sich „nicht im Betrieb sanieren und die Kosten für Ausweichgebäude dürften in der Nähe von Neubauten liegen“, so dass sich für diese Bereiche ausschließlich ein Neubau empfehle.

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Contra-Argumente

Ausmaß der Neubauten beeinträchtigt Grindelviertel Hier scheint insbesondere das auf der Plattform gezeigte Modell des Szenarios 2 einige Teilneh- mende zu beunruhigen. So befürchtet zum Beispiel Teilnehmerin Eva, dass „Uni-Hochhäuser und Betonklötze, die die schönen Altbauten optisch fast „begraben“ im Szenario 2 Realität wer- den. Auch Nutzer cybersoc findet, „dass sich dies nicht sehr gut ins Stadtbild einfügen würde“. So ist es den Anwohnenden wichtig, dass das Flair und der Charakter des Univiertels trotz neuer Bebauung erhalten bleibt. Dies könne sich Nutzerin Eva bei einer Universität mit den geplanten Ausmaßen jedoch nur schwer vorstellen und ließe sie stattdessen tatsächlich über den Umzug und damit den Neubau an anderer Stelle nachdenken. Ihrem Empfinden nach wird auf Grund des hohen Platzbedarfs der Universität, welcher der Studie zur Grunde gelegt wird, diese zu einer Entscheidung zwischen Szenario 2 und 4 zugespitzt: „Euer Grindelviertel wird zubetoniert oder Ihr verliert eben die Uni“ (Eva).

Hier wird jedoch eingewendet, „dass es sich bei den „Entwürfen“ in den Visualisierungen der Architekten lediglich um Platzhalter handelt, welche darstellen sollen, wo ungefähr mit welchen Baumassen zu rechnen wäre“ (midas). Auch Teilnehmer Dr. Jürgen Mantell fügt hinzu: „Das Bild über Abriss und Neubau am Standort ist wirkliche nicht schön, es ist aber auch falsch. Erstens sind die Ausbaubedarfe nicht belegt, also mit Vorsicht zu behandeln. Zweitens werden die Aus- baumöglichkeiten am Standort schlicht nicht behandelt ( Post in der Schlüterstrasse, Sportplatz an der Rothenbaumchaussee bis zu St. Johanniskirche)“.

Im Falle eines Neubaus fürchten auch andere Nutzerinnen und Nutzer eine Fortsetzung der ak- tuellen Neubauten in Hamburg, die beispielsweise von Nutzer Torsten als „globalisierte Einheits- langweiligkeitsarchitektur“ empfunden wird. Sehr kontrovers wird in diesem Zusammenhang das Beispiel des neugebauten HAW-Gebäudes am Berliner Tor diskutiert. So loben es die einen als positives Beispiel für einen gelungenen Neubau: „Die Hochschule für Angewandte Wissen- schaften am Berliner Tor beweist, dass moderne Hochschulbauten aus Beton und Glas trotz ih- rer Form und Größe als Hochhaus attraktiv sein können, jedenfalls reizvoller als der alte Bestand aus den sechziger Jahren“ (Advokat). Andere möchten gerade dieses Gebäude „mit seinen öfter mal herunterrieselnden Fassadenteilen“ (Daniel) nicht als Vorbild genannt wissen: „Trost- und liebloser kann man einen Campus - direkt neben einem Hotelturm, langweiligen Bürogebäuden von eisiger Kälte und einem Hauptgebäude, das mal als Krankenhaus konzipiert wurde, ohne jegliche soziale Einbindung am Standort - kaum gestalten“ (Louis M. Silverstein).

3.3.3 Szenario 3 - Teilneubau auf dem Kleinen Grasbrook

Szenario 3 sieht eine Teilverlagerung der universitären Nutzungen – des naturwissenschaftlichen MIN-Campus’ an der Bundesstraße - zum Überseezentrum auf dem Kleinen Grasbrook vor, während auf dem O’Swaldkai die Hafennutzung erhalten bleibt. Auf dem frei gewordenen Areal an der Bundesstraße soll im Anschluss ein Mix aus familienfreundlichem Wohnen und in gerin-

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gerem Umfang Gewerbe entstehen, um den in Hamburg dringend benötigten innerstädtischen Wohnraum zu generieren. Die Universitätsgebäude am Von-Melle-Park werden wie in Szenario 2 größtenteils durch Neubauten ersetzt.

Insgesamt wird Szenario 3 von manchen Teilnehmenden als Kompromisslösung empfunden, um einerseits den Standort Rotherbaum mit seinen gewachsenen Strukturen und denkmalge- schützten oder der für universitäre Nutzung vorbehaltenen Gebäuden zu erhalten und ande- rerseits die als dringend angesehene Erneuerung des naturwissenschaftlichen MIN-Campus voranzutreiben. Die dadurch entstehende Trennung der Campi bringe nach Meinung einiger Teil- nehmenden jedoch auch eine Reihe von Nachteilen mit sich, so dass neben den Pro- und Con- traargumenten darüber hinaus auch Alternativvorschläge entwickelt wurden.

Pro- Argumente

Entstehung eines technisch-naturwissenschaftlichen Campus bei gleichzeitigem Erhalt des historischen Uni-Kerns Auf der Suche nach einem Interessenausgleich schlägt Nutzer Advokat eine Teilverlagerung der naturwissenschaftlichen MIN-Fakultäten zum Kleinen Grasbrook vor, da in den Räumen dieser Fakultäten der akute Sanierungsbedarf am größten sei. Die Argumente vom Flächenmehrbedarf für moderne Spitzenausstattung, Technologietransfer und Private-Public-Partnership-Projekte träfen auch nur auf diese Fächer zu. Ein neuer technisch-naturwissenschaftlicher Campus auf dem Kleinen Grasbrook könnte mit der bautechnischen HafenCity-Universität sowie mit der TU Harburg harmonieren und würde in das technisch-industrielle Hafenpanorama passen. Dagegen sollte der historische Kern der Universität aus ESA-Hauptgebäude, Staatsbibliothek, Audimax, Phil-Turm und Rechtshaus unbedingt als funktionsfähige Einheit am bisherigen Stand- ort erhalten bleiben. Einem etwaigen künftigen Mehrbedarf an Flächen könnte durch Einbe- ziehung der Alten Post oder durch einen Anbau auf Campusflächen entsprochen werden. Die „Bücherwissenschaften“ brauchen vor allem Bibliotheken. Diverse Gebäude stünden unter Denkmalschutz oder seien gerade saniert worden und sollten ihre Nutzung behalten. Zusammen mit den Hörsälen des ESA-Hauptgebäudes, den Flügelbauten und der Hauptmensa bestehe ein voll funktionsfähiger Standort mit kurzen Wegen in zentraler, beliebter Lage. Ihr Verbleib am Standort wäre aus Sicht einiger Teilnehmenden sachgerecht und würde den Charakter des Uni- Viertels Rotherbaum mit seiner spezifischen Kultur und Infrastruktur weitgehend erhalten. Das historische Erbe im alten jüdischen Grindelviertel würde respektiert (noch verleihe die Uni- versität den Joseph-Carlebach-Preis) und gleichzeitig würde der politisch gewünschte Sprung über die Elbe mit einem neuen technisch-naturwissenschaftlichen Campus gefördert. Die junge Infrastruktur des Kleinen Grasbrook würde nicht schlagartig überlastet, das gewachsene Um- feld in Eimsbüttel würde nicht zerstört. Die räumliche Trennung des naturwissenschaftlichen Bereichs wäre als das geringere Übel hinzunehmen. Interdisziplinäres Arbeiten finde zwar inner- halb der Geistes- und Sozialwissenschaften einerseits und innerhalb der Naturwissenschaften andererseits statt, aber selten über diese Grenze hinweg. Auch Nutzer Markus-Erich Delattre sieht in Szenario 3 Potential für die Stärkung der Kernstadt sowie der neuen Areale HafenCity und Kleiner Grasbrook: „Die Universität Hamburg könnte an

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 39 ihrem historischen Ort erhalten bleiben. Eine teilweise Neugestaltung und ein Rückbau maro- der und maßstabsprengender Gebäude der Uni bietet die Möglichkeit diese Stadträume durch kleinteilige Wohn- und Geschäftshäuser neu zu beleben. Die neuen (familienfreundlichen und bezahlbaren!) Wohnquartiere rund um die Universität könnten auch der Hamburger Innenstadt neue Impulse geben. Eine Teilverlegung der Uni zum Kleinen Grasbrook könnte den Stadtteil Hafen-City langfristig stärken“.

Teilverlagerung als Baustein zur besseren Anbindung von Hamburgs Süden Der Vorschlag, die Universität oder Teile davon auf den Kleinen Grasbrook zu verlegen, schaffe laut des Nutzers Klaus Lübke Perspektiven für die Universität, sich auf kommende Herausforde- rungen vorzubereiten, eine nachhaltige Stadtentwicklung voranzutreiben und Perspektiven für die angrenzenden Stadtteile zu schaffen, aus der derzeitigen Isolation herausgelöst zu werden. Die Verlegung der Universität (oder Teile von ihr) auf den Kleinen Grasbrook wäre, so Klaus Lübke weiter, ein Bekenntnis der Stadt zu ihren südlich der Elbe gelegenen Teilen. Es würden sich die angestrebten Nahverkehrsverbindungen wie ein zusätzlicher S-Bahnhof und die Verlängerung der U4 unter die Elbe hindurch nach Wilhelmsburg noch viel besser rechnen. Es wäre auch viel leichter, möglich Schiffslinien zu betreiben. Die Zugänglichkeit der jetzt aus Sicherheitsgründen abgesperrten Uferflächen könnte wieder gewährleistet, alte Blickbeziehungen wieder hergestellt werden. Was das Wohnen betrifft, so würde eine (Teil-)Verlegung der Uni zum Kleinen Gras- brook auch die angrenzenden Stadtteile deutlich aufwerten. Veddel oder Harburg dürften nicht nur für Studenten deutlich an Attraktivität gewinnen. Diese Lage, zusammen mit einer modernen Architektur und einer Infrastruktur, die für die heu- tigen Anforderungen von Lehre und Forschung maßgeschneidert sei, könnten einen erheblichen Wettbewerbsvorteil in der Konkurrenz mit anderen Universitätstandorten sein. Laut der Teil- nehmenden Abdeljalil Takni und Lothar bringt ein Teilumzug zudem kulturelle, soziale und wirt- schaftliche Impulse für die angrenzenden Stadtteile Veddel und Wilhelmsburg allein durch den Zustrom von Studenten, Dozenten etc. und die Verknüpfung von städtischem Leben und Uni auf dem Grasbrook. „Die Entscheidung der Stadt Hamburg, eine ihrer zentralsten und besten Flächen, für eine bei- spiellose Investition in Forschung und Bildung herzugeben“, würde laut des Nutzers Lothar zei- gen, „dass die Politik den aktuellen Strukturwandel zur Wissensgesellschaft mit seinen Chancen und Risiken erkannt hat und handelt“.

Contra-Argumente

Szenario 3 verstärkt Zersplitterung der Universität Das vordringliche gemeinsame Interesse der Universität und des AStAs ist nach Angaben des Teilnehmers Benjamin Gildemeister die Verhinderung einer weiteren Zersplitterung der Universi- tät, um die Teile der Universität nicht weiter voneinander zu entfernen. Wer glaube, die räumliche Distanz sei leicht und schnell zu überwinden, verkenne die innere Logik einer Universität: „Die Anbindung der Naturwissenschaften an den Rest der Uni ist von hoher Bedeutung für Profil, Identifikation, Interdisziplinarität und den Austausch von Fachkulturen. Wir wollen als große, viel- seitige Bildungs- und Forschungseinrichtung agieren, verstanden und wahrgenommen werden“,

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so Benjamin Gildemeister. Der neue Standort würde, so auch Nutzer bauruine, „eher zu einer weiteren Zersplitterung beitragen, als zu einer Zusammenführung, weil für diejenigen abseits des neuen Campus die Wege noch länger würden“. Eine Teilverlegung würde somit ein interdisziplinäres Studium erschweren. Dies gälte insbeson- dere für Lehramtsstudenten, die zum Beispiel Deutsch und Physik studieren und zwangsläufig Lehrveranstaltungen an zwei weit voneinander liegenden Standorten besuchen müssten. Zeit- lich aufeinanderfolgende Lehrveranstaltungen in den beiden Fächern könnten von den Studie- renden nicht mehr besucht werden. Auch Torsten Hönisch sieht in der Teilung der Universität auf zwei Standorte die Möglichkeiten der interdisziplinären Entwicklung der Universität beeinträch- tigt. Insbesondere die angehenden Lehrerinnen und Lehrer, die Veranstaltungen an der MIN- Fakultät besuchen, könnten derzeit noch relativ gut zwischen Von-Melle-Park und Bundesstraße pendeln. Bei einer Teilverlagerung Richtung Grasbrook oder woanders hin, würde das deutlich komplizierter. Auch für die Mediziner am UKE, für die Botaniker Klein Flottbek, DESY und das Max-Planck Institut für Meteorologie würde sich, so die Nutzer Torsten und J. Ödmeier, eine Verlagerung des MIN-Campus auf den Kleinen Grasbrook negativ auswirken.

Zu hohe Baukosten und -zeiträume Vor dem Hintergrund der Ergebnisse stelle sich laut einiger Nutzerinnen und Nutzer zudem he- raus, dass eine Teilverlagerung teurer als ein Verbleib in Eimsbüttel und nur geringfügig gün- stiger als eine Komplettverlagerung wäre. Die Bauzeit sei laut Studie ebenfalls nahezu identisch, das Verhältnis Stadt-Uni auf dem Grasbrook läge bei inakzeptablen 20 zu 80%, was zu einer „leblosen separaten Miniuni“ (Benjamin Gildemeister) führen könnte. Die Elite, die man gerne anziehen möchte, schätze jedoch, so unter anderem Nutzer Dennis von Glahn, die weichen Um- feldfaktoren, wie z.B. die in der Stadt liegenden Universitäten von München oder Berlin.

Teilnehmer Josi weißt darauf hin, dass die Baukosten, die über den Zeitraum von 20 Jahren entstehen, gegenwärtig nicht realistisch eingeschätzt werden könnten und eine Verlängerung in Folge verschiedener Verzögerungen der Bauzeiten realistisch sei. Nutzer Torsten fügt hinzu, dass „bei Planungen über so lange Zeiträume, man die aktuell berechneten Kosten mindestens verdoppeln müsste, um am Ende halbwegs hinzukommen“.

Alternativkonzepte zu Szenario 3:

Eine zusätzliche Elbuniversität und Science-Park auf dem Kleinen Grasbrook Als Alternative schlägt Teilnehmer SPHH zusätzlich zur verdichteten Universität am Rotherbaum die Gründung einer neuen Elbuniversität und Science-Park für bis zu 40.000 Studenten auf dem Kleinen Grasbrook vor. Rund um die Elbuniversität sind laut des Konzeptes Forschungsinstitute, wissensintensive und forschende Unternehmen, ein Weiterbildungszentrum, ein Kompetenzzen- trum mit Konferenzräumen für den Wissenstransfer und ein Gründungszentrum anzusiedeln. In den Randbereichen sollen, so SPHH, Kultur, Wohnen, Gastronomie, Einkaufsmöglichkeiten und Freizeitmöglichkeiten entstehen, um die Universität einzubinden und positive Spillover-Ef- fekte nutzen zu können. Wichtig sei eine gute Anbindung des ScienceParks Hamburg mit U- und S-Bahn sowie Straßen und Radwegen. Im Rahmen dessen könnte auf dem Kleinen Grasbrook

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 41 auch ein attraktives Naturkundemuseum entstehen, das als naturwissenschaftliches Kompe- tenzzentrum den Wissenstransfer in die Öffentlichkeit verbessert.

Alternative Standorte für Teilumzug In der Diskussion wurden insbesondere drei alternative Standorte für einen Teilumzug diskutiert: der Umzug der MIN-Fakultäten nach Bahrenfeld in die Nähe des DESY Geländes, der Umzug der Life Sciences Fächer auf das Gelände des UKE und die Teilverlagerung nach Moorburg.

Teilnehmer Torsten führt für die UKE Variante an, dass es etwas „Zerfaserteres“ als die Life Sciences der Uni HH nicht gäbe: das Botanische Institut sei in Klein Flottbek, das Zoologische Institut und Museum an der Bundesstraße, die Arbeitswissenschaften am Informatik-Campus in Stellingen, die Holzwirtschaft in Bergedorf. Dann gäbe es noch Biologen und Mediziner am UKE und am DESY, dazu kommt die Zusammenarbeit mit „externen“ Instituten wie dem Tropenkran- kenhaus oder auch dem ZMAW und den Meereskundlern an der Palmaille. Auch Teilnehmer/in J. Ödmeier hält die Verlagerung auf das UKE Gelände für besonders inte- ressant, nicht nur wegen der synergetischen Beziehung: „Einmal, weil dieses Gelände durch- aus in „Fahrrad-Reichweite“ zum Zentrum der Universität liegt. Zum anderen, weil eine rasche Auslagerung der Life-Science-Bereiche zum UKE die Modernisierung der Universität wesentlich erleichtern und beschleunigen könnte.“

Eine Teilverlagerung der MIN-Fakultät oder zumindest großer Teile davon wäre laut Nutzer bau- ruine wirklich sinnvoller und wesentlich kostengünstiger als ein Totalumzug. Möglicherweise blieben so auch noch Mittel übrig, die Universität wirklich weiter zu entwickeln (z.B. Stellen zu besetzen und neue Geräte anzuschaffen). Eine pragmatische und viel naheliegendere Wahl be- züglich des neuen Standortes wäre, so bauruine, aber das Umfeld des DESY-Geländes in Bah- renfeld (ehem. Trabrennbahn) bzw. das DESY selbst. Ein Umzug nur der Naturwissenschaften nach Bahrenfeld biete sich aus folgenden Gründen an -- „Teile der Physik sind dort bereits beheimatet. Viele experimentelle Arbeiten verschiedener Teile der MIN Fakultät finden ohnehin am DESY statt. -- Der geringere Platzbedarf der Naturwissenschaften allein sollte in Bahrenfeld gedeckt werden können. -- Die Naturwissenschaften stellen wesentlich höhere Ansprüche an Gebäude als die Geistes- wissenschaften, d.h. hier würden Neubauten wirklich Vorteile in Form moderner Labore schaf- fen. -- der Renovierungsbedarf im Bereich Bundesstrasse ist am größten. Das Geomatikum könnte komplett abgerissen werden, was einen ganzen Stadtteil optisch aufwerten würde. -- Ein Teilumzug der Naturwissenschaften in den Hafen würde die Uni noch weiter zersplittern. Ein Teilumzug nach Bahrenfeld würde eher der Zusammenführung dienen. -- Neubauten in Bahrenfeld könnten ebenfalls geschaffen werden, ohne den Betrieb am alten Standort zu stören.“

Als Nachteil in Bahrenfeld wäre die schlechte Verkehrsanbindung zu nennen. Hier müsste in Form einer neuen U- oder S-Bahn Linie nachgebessert werden. Dies wäre aber „im Zusammen-

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hang mit dem Stadion ohnehin sehr zu empfehlen“ (bauruine).

Auch Nutzer veddel empfindet die Auslagerung der flächenintensiven Labore zum DESY und auf die Trabrennbahn als sinnvoll. Zusätzlich stünden „Flächen auf den Stadionparkplätzen westlich der Luruper“ zur Verfügung. Dafür kann man kostengünstig ein Parkhaus bauen und eine preis- werte Straßenbahn von Klein Flottbek über DESY nach mit Querverbindung Stadion / Eimsbüttel einrichten.

Teilnehmer Rainer Böhrnsen bringt Moorburg als weiteren alternativen Standort in die Diskussi- on ein und schlägt vor, ein Science-Center / Wissenspark in Moorburg zu errichten, bzw. Teile der Universität hierin zu verlagern: -- „auf den Grünflächen um den Ort könne ein parkartiger Campus mit niedrigen Gebäuden entstehen -- der Ort böte die Infrastruktur, hat als ländlicher Stadtteil einen hohen Wohn- und Freizeitwert mit dem „Moorburger Berg“ und Wasseranbindung zwischen und der Kattwyk- brücke -- ein solches Modell würde die TU-Harburg und den Channel Harburg ergänzen.“

Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Flächen wäre, dass der Ort Moorburg bestehen bleibt und sich entwickeln kann. In Moorburg stünde eine zusammenhängende Fläche zur Ver- fügung, die in ihrer Größe mit dem Grasbrook vergleichbar sei, im Gegensatz zum Grasbrook aber Erweiterungsmöglichkeiten (Richtung Moorburg-West, das Umland und Richtung Harburg) aufweise und unbebaut sei. Diese Fläche wäre verkehrsmäßig (B73, A7, Nähe zur A1) bereits gut erschlossen. Es müsste auf der S-Bahnstrecke nach Neugraben eine neue Station gebaut werden, von wo aus man gut zu Fuß oder mit dem Fahrrad weiterkommen kann. Über einen Bus-Shuttle-Dienst könnte darü- ber hinaus mit dem Gebiet Verbindung hergestellt werden. Die bestehenden Busverbindungen müssten ausgebaut und zusätzlich könnte eine HADAG-Fähre von Harburg über Moorburg in die City fahren. Bei ca. 20-30 000 Studierenden und Mitarbeitenden wären die Auswirkungen laut Rainer Böhrnsen für den gesamten Bereich südlich der Elbe enorm.

3.3.4 Szenario 4 - Vollständiger Umzug auf den Kleinen Grasbrook

Das Szenario 4 sieht gemäß der Studie einen Komplettumzug der Universität auf dem Kleinen Grasbrook nahe der HafenCity vor und unterteilt sich in die folgenden zwei Varianten:

-- Szenario 4.1 – Vollständiger Umzug auf den nördlichen Kleinen Grasbrook: Es werden sowohl das heutige Überseezentrum als auch der nördliche Teil des O’Swaldkais sowie Flächen im östlichen Teil des Moldauhafens für die Entwicklung der Universität sowie eines integrierten Stadtteils betrachtet. In Szenario 4.1 bleibt die Hafennutzung auf dem südlichen Teil des O’Swaldkais erhalten. Auf den ehemaligen Universitätsflächen an der Bundesstraße und am Von-Melle-Park entsteht eine Bebauung aus Wohnungen, Gewerbe und Kultur.

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-- Szenario 4.0 - Vollständiger Umzug auf den ganzen Kleinen Grasbrook und Bau eines neuen Universitätsstadtteils: In Szenario 4.0 findet dieselbe städtebauliche Entwicklung wie in Sze- nario 4.1 statt, jedoch wird der O’Swaldkai vollständig für Universität und Stadtentwicklung beansprucht.

In der folgenden Darstellung der Pro- und Contraargumente werden die beiden Varianten des Szenarios 4 jedoch zusammenfassend behandelt. So standen sich in Bezug auf Szenario 4 hauptsächlich die Verfechter einer neuen und international bekannten Universität auf dem Klei- nen Grasbrook und die Befürworter des Erhalts der Universität Hamburg am jetzigen Standort gegenüber. In diesem Kontext spielte die Einbeziehung oder Nichteinbeziehung des südlichen O’Swaldkais nur eine untergeordnete Rolle.

Im Folgenden sind die Hauptargumente für oder gegen ein Szenario 4 nach Pro und Contra ge- trennt aufgelistet:

Pro-Argumente

Zentrale, attraktive Lage Die Befürworter von Szenario 4 betonen in der Diskussion, dass der Kleine Grasbrook sowohl im Herzen der Stadt liege als auch eine Verbindung nach Süden schaffe. „Weniger als 2 Kilome- ter vom Rathaus entfernt“, stünde hier, so Nutzer Lothar, eine citynahe und zentrale Fläche zur Verfügung, die auf eine neue Entwicklung warte. Bereits heute käme „man vom Hauptbahnhof schneller auf die Veddel als zum Geomatikum“ fügt Teilnehmer Klaus Lübke hinzu, „mit einem neuen Bahnhof an den Elbbrücken wäre der Kleine Grasbrook ebenso zentral wie die Stern- schanze“. Zudem sei die Lage am Wasser (an drei Seiten) sehr attraktiv, so dass sich einige Teil- nehmenden sehr gut vorstellen können, diese Aussicht in den entstehenden Cafés oder Beach Clubs zu genießen.

Moderne, neue Universität Der Kleine Grasbrook bietet nach Ansicht einiger Nutzerinnen und Nutzer die Möglichkeit, eine „Super-Uni“ (Adrian R.) mit der nötigen Infrastruktur mitsamt einem neuen angrenzenden Quar- tier zu errichten. Mittels Neubauten, die den neuesten technischen Standards and Anforderungen entsprächen, könne bessere Forschung betrieben und bessere Lernbedingungen installiert wer- den, was laut Teilnehmer SPHH die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Uni steigere. Einige bisher zersplitterte Fachbereiche könnten besser zusammengelegt werden. Das Areal böte zudem kurze Wege, bessere Vernetzung und steigere die Effizienz. Ein Komplettumzug stelle, so Nutzerin Angelika Brandt, „die einzig gangbare Lösung für eine exzellente Universität mit langfristiger Zukunftsperspektive dar, bei der der Universitätsbetrieb nur geringfügig beein- flusst werden würde“. Zudem könnte die Möglichkeit entstehen „ein ernsthaft für die Studenten nutzbares Sportstadion zu bauen“, so Teilnehmer Christian Höft. Torsten Hönisch argumentiert darüber hinaus, dass studentisches Wohnen heutzutage überall in der Stadt stattfände: „Es ist m.E. ein Trugschluss davon auszugehen, dass Eimsbüttel der studentischste Stadtteil in Hamburg sei. Studentisches Wohnen findet heutzutage überall in der

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Stadt statt. Studentisches Leben auch. Der Umzug auf den Grasbrook böte - wenn er gut ge- macht wird - eine neue Chance, Uni und Studierende wieder dichter aneinander zu führen und studentisches Wohnen in Uni-Nähe zu stärken.“

Vorteile für Universität und angrenzende Gebiete Was das Wohnen betrifft, so würde das Grasbrook-Szenario auch die angrenzenden Stadt- teile deutlich aufwerten, so Nutzer Abdeljalil Takni. Veddel oder Harburg dürften nicht nur für Studenten deutlich an Attraktivität gewinnen. Der neue Standort schaffe laut Teilnehmer Klaus Lübke Perspektiven für die Universität, sich für die kommenden Herausforderungen vorzuberei- ten, Perspektiven für die Stadt, eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben, und Perspektiven für die angrenzenden Stadtteile, aus der heute bestehenden Isolation in einem Industriegebiet herausgelöst zu werden. Gleichzeitig könne sich die „subjektiven Wahrnehmung der „nordelbischen“ Hamburger“ (Klaus Lübke) auf diese Gebiete verändern und sich die angestrebten Nahverkehrsverbindungen wie ein zusätzlicher S-Bahnhof und die Verlängerung der U4 unter die Elbe hindurch nach Wilhelms- burg besser rechnen. Auch die Betreibung von Schiffslinien oder Wassertaxis wie in Rotterdam wären ihm zu Folge denkbar.

Symbolwirkung und Jobmotor Die Entscheidung der Stadt Hamburg, eine ihrer zentralsten und besten Flächen, für eine bei- spiellose Investition in Forschung und Bildung herzugeben, würde laut Teilnehmer Lothar zeigen, dass die Politik den aktuellen Strukturwandel zur Wissensgesellschaft mit seinen Chancen und Risiken erkannt hat und handelt. Die neue Universität könnte „Hamburgs Interpretation einer Wissensstadt“ werden, die, so Nutzer Peter, als Großprojekt für Aufsehen bei nationalen und internationalen Gästen sorgen würde. Zudem würde sich nach Ansicht von Teilnehmerin Ange- lika Brandt „die Chance bieten, ein einzigartiges norddeutsches Naturkundemuseum im Herzen der Universität – gegenüber der Elbphilharmonie – zu etablieren“ und „durch ein attraktives Naturkundemuseum als naturwissenschaftliches Kompetenzzentrum den Wissenstransfer in die Öffentlichkeit zu verbessern“. Die Pläne werden von den Teilnehmern auch im Zusammenhang mit dem Sprung über die Elbe gesehen: der Kleine Grasbrook fehle dabei bisher „als Verbindungsstück, welcher aber uner- lässlich sein wird, um den Sprung über die Elbe wirklich zu schaffen“ (Adrian R.). Auch Klaus Lübke stellt diesen Zusammenhang her und sieht in den Plänen eine konsequente Fortführung der bisherigen Bemühungen, Hamburgs Gebiete am Wasser zu erschließen: „Die Verlegung der Universität (oder Teile von ihr) auf den Kleinen Grasbrook wäre ein Bekenntnis der Stadt zu ihren südlich der Elbe gelegenen Teilen.“ Zudem erhoffen sich einige Teilnehmende damit einhergehende wirtschaftliche Impulse: „Die Uni kann auf dem Grasbrook zum Jobmotor und Wirtschaftsaufschwung Hamburgs wesentlich beitragen“, so Teilnehmer Nordmann, und neben „einem neuen Stadtviertel und dem endlich wirklich gewagten Sprung über die Elbe hätten wir dann 140 Mio. Uni-Wertschöpfung per anno, ganz zu schweigen von den neuen Arbeitsplätzen: Ein Drittmittel-finanzierter Doktorand schafft im statistischen Schnitt 40 Arbeitsplätze in 10 Jahren“. Auch Teilnehmer SPHH sieht hier Po- tential, da es aus der Universität heraus oft zu Unternehmensgründungen käme, „die ihrerseits

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 45 wieder Steuern zahlen und Arbeitsplätze schaffen. Die Spillovereffekte durch die Universität schaffen mehr Wertschöpfung in den umliegenden Unternehmen... das führt wieder zu mehr Steuern und Arbeitsplätzen“.

Effektiverer Nutzen für den Kleinen Grasbrook Aus Sicht einiger Teilnehmenden stellt die Verlegung der Universität auch für den Kleinen Gras- brook selbst eine Verbesserung dar. So liege der intensiv genutzte Bereich des Hafens laut Klaus Lübke schon länger nicht mehr auf dem Kleinen Grasbrook – zumal sich dort, so Adrian R., hauptsächlich Hafenbetriebe befinden, „die keinen Wasserzugang brauchen“. Das läge unter anderem daran, dass die großen Seeschiffe diesen Teil des Hafens nicht erreichen können, weil die Wassertiefe hier nicht ausreiche. Das ließe sich, so Klaus Lübke weiter, auch zukünftig nicht ändern, es sei denn der St. Pauli Elbtunnel würde abgerissen. Die Zukunft des Universalhafens läge weiter westlich. Die Wichtigkeit des Grasbrooks für den Hafen würde laut Klaus Lübke zudem überschätzt: „Die Grimaldi-Lines betreibt die größten Schiffe am Unikai. Die Fahrzeug- transporter sind aber nur etwas mehr als halb so groß, wie die Containerschiffe, die , Eurogate oder Altenwerder anlaufen. Die Bananenfrachter die den Fruchtterminal anlaufen, sind in der Regel noch kleiner“. Die Kaistrecke auf dem Grasbrook – „Roro-Terminal und der Unikai“ - ließe sich trotz Uniansiedelung sogar weiter nutzen, so Klaus Lübke, derzeit würde der Kleine Grasbrook aber eher als Fläche verschwendet, „die von der Hafenwirtschaft Hektarweise mit Schrottautos voll gestellt wird“. Dies unterstreicht auch Nutzer Lothar: „Aktuell nutzen die Grasbrook-Betriebe die vorhandenen Flächen äußerst ineffizient. Das sieht man schon auf den Luftbildern deutlich. Große Flächen werden als Stellplätze genutzt und zwar ohne dass in die Höhe gestapelt wird“. Bekämen sie dagegen andere Flächen, wie z.B. im Hafenerweiterungsgebiet Moorburg, könnten sie dort im Gegensatz zum Kleinen Grasbrook auch wieder besser investieren, so Lothar, da sie über die Flächen mit den „Bestandsgarantien bis maximal 2025 verfügen und per Senatsbeschluss ge- halten sind, keine Investitionen auf dem Grasbrook vorzunehmen, die einer späteren städtische Entwicklung entgegenstehen“.

Chancen für Freiflächen Rotherbaum Die durch den Uniumzug freiwerdenden Flächen am Rotherbaum wiederum böten laut einiger Teilnehmenden die Möglichkeit zur Schaffung neuer familienfreundlicher Wohnungen und Ange- bote für die Anwohner, die von mehr Kinderangeboten, über Sportangeboten bis hin zu neuen, kreativen Konzepten reichen. „Das Viertel ist auch ohne Universität exzellent aufgestellt und könnte durch die freiwerdenden Flächen gewinnen“, so Teilnehmer PostDoc. Darüber hinaus besteht die Chance, hier bezahlbaren Wohnraum in Innenstadtnähe zu schaffen. Der Standort am Rothenbaum könnte mit den Hauptgebäude und den Neubauten aber auch zu einer „spezialisierten Uni alá „MIT in den USA“ mit Forschungscampus“ (Adrian R.) werden, und so seinen universitären Charakter behalten: „Der Standort würde nicht seine komplette Szene verlieren, eine neue hinzugewinnen (da anderer Schwerpunkt) und würde städtebaulich, durch neuen Wohnraum, spezialisierte kleinere Uni und insgesamt neuen freien Flächen ebenfalls sehr stark aufgewertet“. Der entsprechende Finanzierungsbedarf sei, so Adrian R. weiter, ohne wei- teres durch den Verkauf der freiwerdenden Flächen zu decken.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 46

Contra-Argumente

Isolierte Lage Die Lage im Hafen - Wasser an drei Seiten und von Verkehrsbarrieren durchzogen - erscheint verschiedenen Teilnehmenden nicht als Vorteil, sondern als Isolation von der Stadt und einzel- ner Institute und Fachbereiche unter einander, da es laut Planung, so Nutzer T_Edelmann, nur wenige Brücken und Verbindungen zwischen den bebauten „Inseln“ geben kann. Städteplane- risch sei das Gebiet zersiedelt und von angrenzenden Stadtteilen isoliert. Sperren gäbe es nach Teilnehmer Daniel in folgenden Bereichen „Zur HafenCity die , zur Veddel die sieben Bahngleise, nach die Norderelbe und die Bahnschienen, nach Wilhelmsburg das Hansahafen, der Spreehafen, der Rangierbahnhof und bald auch noch die Hafenquerspange“. Auch eine optimierte Verbindung zu den angrenzenden Stadtteilen wird bezweifelt: „Alles was auf dem Grasbrook entstehen wird, wird sich auf die Uni ausrichten…Es wird sehr wohl ein Bereich entstehen, der in sich homogen ist und sich nicht mit etwas anderem mischen kann. Dazu ist das Umfeld schlicht nicht da und die Verbindung gibt es nur über ein Nadelöhr“ (Rainer Böhrnsen). Zudem seien die Flächen des Areals von Wasser umschlossen und im Gegensatz zur Situation im Grindelviertel nicht mehr zu erweitern. Dennis von Glahn bezweifelt dagegen, dass 2020 der errechnete Flächenmehrbedarf noch aktuell sein wird und führt zur Begründung u.a. den Rückgang der Studierendenzahlen durch gesunkene Geburtenraten in Folge des demogra- fischen Wandels an. Andere sehen die Gefahr zur Errichtung einer „technokratischen Geisterstadt“ (Christian Höft), eines „künstlichen und leblosen Großprojekts“ (holger.wiechmann) oder „künstlichen Traban- tenstadt“ (Advokat), da (bis auf evtl. einige Studentenwohnheime) zunächst weder für Studenten finanzierbarer Wohnraum“ noch attraktive Grünflächen vorhanden seien und keinerlei (Sub-) Kultur und Nachtleben planbar sei. Eine Verlagerung der Universität zum Kleinen Grasbrook, würde, so Teilnehmerin Charlotte Eiß- ling, letztlich „das verkörpern, von dem diese Stadt zuviel hat: eine Ausrichtung auf rein wirt- schaftliche Interessen, bei denen Wissen und Bildung an den Rand gedrängt und auf reine Ver- wertbarkeit reduziert werden“. Eine Universität „sollte in der Nähe der Menschen sein“ (Stefan Thiemann). „Hamburg ist immer die Stadt der kurzen Wege und der inneren Vermischung ge- wesen“, so Nutzer archifact, eine Verlagerung der Universität auf den Kleinen Grasbrook würde insbesondere die Vermischung von Stadt, Kultur und studentischem Leben jedoch beeinträch- tigen und damit Hamburg weniger attraktiv werden lassen. Als Beispiele für moderne, aber in isolierter Lage gebaute und damit vom städtischen Leben abgeschnittene Universitäten werden beispielsweise die Universitäten von Trier (Advokat) und Clausthal-Zellerfeld (HJ Schulz) sowie die „sterilen Hochschulumgebungen wie in Bremen oder Bochum“ (Stoffers) genannt.

Problematische Verkehrsanbindung Die Anbindung des Kleinen Grasbrooks sei nach Ansicht verschiedener Teilnehmender schwie- rig, da es nur wenige Brücken und künftige Bahnhöfe gäbe. Die neue U-Bahn könne in Stoß- zeiten zum Nadelöhr werden, „wenn sich die gefüllten Hörsäle der HafenCity-Universität und der Universität Hamburg auf die Bahnsteige und in die Züge ergießen“, so Nutzer Daniel, und Teilnehmer Philipp Anz fügt hinzu: „schon jetzt sind die S 3 und S 31 nach Harburg/Stade extrem

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 47 voll“. Zudem seien die Züge in den Hauptverkehrszeiten sehr gut bis vollständig ausgelastet, eine Erhöhung des Taktes sei aber ohne Umbaumaßnahmen am Hauptbahnhof nicht möglich. Auch das geschätzte Fahrgastaufkommen in der geplanten U4 sei bereits ohne Universität sehr hoch, so dass seiner Einschätzung nach auch U- und S-Bahn min. eine Verdopplung der Fahr- gastzahlen zukommen würde. Außerdem seien, so Daniel weiter, die Kosten für die Verlängerung der U4 in der Studie zu niedrig angesetzt. Es würde eine Schwerpunktnutzung aus der Mitte heraus verlagert werden, so Nutzer veddel, da die ca. 30.000 Studenten und ca. 15.000 Mitarbeiter jetzt in eine „U-Bahnlinie (U4) umsteigen. Diese kommt von und die Umsteiger treten an den 3 Knotenpunkten Jungfernstieg / Hbf / und z.T. Berliner Tor auf. Da ist es in den Gängen / Treppen bereits heute ziemlich voll. Nur der östlichen Arm (Ring = spätere U3) kann in Berliner Tor bahnsteiggleich zur U4 umsteigen“ (veddel). Dies führe zu längeren Fahrzeiten und wäre auch im ÖPNV nicht besonders klimaf- reundlich. Gerade auch für Fahrradfahrer wäre der Standort Kleiner Grasbrook von Nachteil, da kaum geeignete Verbindungen vorhanden wären, und sich der Kleine Grasbrook durch eine „schlechte Erreichbarkeit per Fahrrad aus den größten studentischen Wohngebieten“ (Christian Höft) auszeichne. Der Individualverkehr sei nach Aussage von Teilnehmer Holger Drees bisher in den Szenarien noch gar nicht hinreichend berücksichtigt. Für diesen müssten zudem, so fügt Advokat hinzu, „auf dem Kleinen Grasbrook genügend Parkplätze bereitstehen, ein großes Pro- blem für die kleine Halbinsel“.

Negative Folgen für Universitätsbereiche Ausschlaggebend für den Kleinen Grasbrook sei laut Studie die dort verfügbare Fläche, „aber dieser Vorteil relativiert sich schnell, da zu einem belebten Campus auch ein entsprechendes Umfeld“ (Louis M. Silverstein) benötigt wird, wie etwa Copyshops, Gastronomie oder Buchhand- lungen. Denn das Platzargument sei nur haltbar, wenn der gesamte Kleine Grasbrook der Uni- versität vorbehalten wäre, dann aber würde die gleichzeitig erhoffte Schaffung und damit ver- bundene Integration in einen lebendigen Stadtteil verloren gehen, so Nutzer Louis M. Silverstein. Auch der Vorteil der stärkeren Vernetzung und Interdisziplinarität wird aufgrund der „wenige Brücken und Verbindungen zwischen den bebauten „Inseln“ (T_Edelmann) kritisch hinterfragt. Christian Höft bezweifelt zudem, dass es angesichts der finanziellen Situation Hamburgs „ge- stalterisch und technisch hochwertigen Bauten entstehen können“ und sieht damit die Vorteile für einen Umzug nicht mehr gegeben. Ein Umzug würde laut der Nutzer Torsten und Daniel für einige Forschungseinrichtungen zu Problemen führen, die in enger Verbindung zur Universität stünden, wie z.B. das DESY, das UKE, die Max-Planck-Institute für Meteorologie sowie Ausländisches und internationales Recht. „Keine dieser Einrichtungen ist näher am kleinen Grasbrook als an den jetzigen Standorten der assoziierten Fachbereiche, noch wäre irgendeine dieser Einrichtungen sinnvoller Weise in der Lage dorthin umzuziehen, haben sie doch in fast allen Fällen gerade erst in massivem Umfang in ihre derzeitigen Standorte investiert“ (Daniel). Eine Verlegung der Universität auf den Kleinen Grasbrook führe somit nicht zu einer Reduktion der getrennten Uni-Standorte, da z.B. Berge- dorf, Klein Flottbek, Eppendorf und Bahrenfeld erhalten blieben. Dagegen wären gerade die Fachbereiche, die von der Wasserlage profitieren könnten, laut Nutzer Torsten gar nicht für einen Umzug vorgesehen, wie zum Beispiel Teile des Fachbereich Biologie,

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 48

das ZMAW, Meteorologisches Institut, Institut für Meereskunde, Institut für Geophysik, Institut für Biogeochemie und Meereschemie, Institut für Hydrobiologie und Fischereiwissenschaften, Forschungsstelle Nachhaltige Umweltentwicklung, MPI Meteorologie sowie das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie und die Bundesanstalt für Fischerei. Darüber hinaus wird die dringende Notwendigkeit thematisiert, zunächst die Eignung potenti- eller Standorte detaillierter in Hinsicht auf einzelne Fachbereiche zu prüfen. So benötigen eini- ge (insbesondere naturwissenschaftliche, experimentell-wissenschaftliche) Spezialbereiche der Universität, so Teilnehmer Geist, besondere Rahmenbedingungen, die bei der Erstellung der Szenarien noch gar nicht berücksichtigt wurden und sich mit angrenzender Hafennutzung nicht gut vertragen: „Wer erklärt den Wissenschaftlern, die hochempfindliche Messungen an Nanosy- stemen machen, dass sie zukünftig zwischen Bahngleisen und Schiffsverkehr sitzen werden?“. J. Ödmeier fügt hinzu: „Die bei der Schwerölverbrennung im Hafen entstehenden Schadstoffe können gerade für die MIN-Fakulät und das Klimarechenzentrum eine erhebliche Beeinträchti- gung darstellen“.

Mögliche Unverträglichkeit von städtischer und Hafennutzung Als einer der Hauptkritikpunkte bei der Verlegung der Universität auf den Kleinen Grasbrook wird von den Kritikern die dadurch erfolgte Verdrängung der Hafennutzung gesehen. Die Universität brauche, so einige Teilnehmende, im Gegensatz zum Hafen keinen Zugang zur Elbe: „Eine Uni- versität braucht keinen Kaianschluss. Ein Hafen braucht ihn sehr wohl und Flächen im Hambur- ger Hafen, welche einen zeitgemäßen Kaianschluss bieten, sind ohnehin schon sehr knapp. Eine Verlagerung der Universität auf den Kleinen Grasbrook würde völlig unnötig strategisch wichtige Hafenflächen blockieren“ (midas). Auch der Beitrag von Nutzer B isotti weist in diese Richtung: „Wenn die Uni im Hafen neu gebaut werden soll, wird auch dort eines Tages Platznot herrschen, nämlich für den Hafenausbau, der nicht irgendwo anders hin verlegt werden kann, er ist an das Wasser gebunden - im Gegensatz zur Uni“. Der Hafen brauche als einer der Jobmotoren Hamburgs nicht nur die Fläche im Kerngebiet wie dem Kleinen Grasbrook, sondern auch andere Erweiterungsflächen. Das „Überseezentrum und die Fruchtumschlagsanlagen“ auf dem Kleinen Grasbrook wären, so Nutzer Thomas, ein „Ha- fenkerngebiet“ zu dem es kaum eine „hafenumschlagsintensivere“ Nutzung gäbe. Der Kleine Grasbrook wäre darüber hinaus wichtig für die Bedeutung Hamburgs als Universal- hafen, der insbesondere in Zeiten der Finanzkrise neben dem Container-Hafen durch ein breites Verladeangebot seine Wettbewerbsfähigkeit erhalte: „Mit über 500 Schiffsanläufen pro Jahr und Arbeitsplätzen für rund 1000 Beschäftigte ist an dieser Stelle der größte Mulitpurpose-Terminal im Hafen angesiedelt.…Ein Neubau der Universität auf dem Kleinen Grasbrook würde zu einer Abwanderung dieser Hafendienstleistungen in andere Häfen führen“ (Luderer). Teilnehmer Klaus Lübke wendet dagegen ein, dass es für eine ganze Reihe an Betrieben im Planungsgebiet ver- schiedene Optionen für die Verlagerung gäbe und einige existierende Nutzungsweisen es nicht rechtfertigen würden, „große Flächenreserven zu blockieren“. Einige Teilnehmende stellen sich die Frage, wie die Investitionen in die Hafeninfrastruktur und in gesunde Hafenbetriebe mit dem Gedanken einer Umsiedlung und den damit verbunden Mehr- kosten zusammenpasst und wie „Kultur, Wissenschaft und Wohnen mit einem Gewerbegebiet harmonieren“ (Mr. X). Gegen die Verlagerung in den Hafen spricht nach Meinung einiger Teil-

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 49 nehmenden der mangelnde Platz, Windproblematik und Lärm des angrenzenden Hafenbetriebs, was bereits bei der HafenCity zu Unverträglichkeiten führe. Gerade für das Lernen und Arbeiten in der Universität stelle Lärm jedoch, so Nutzerin StudentinD, eine erhebliche Beeinträchtigung dar. Ein weiterer Punkt sei die Schadstoffbelastung, so fragt zum Beispiel Teilnehmer Torsten: „ist die Luft auf dem Grasbrook eigentlich atembar, wenn gegenüber die ganzen Kreuzfahrtrie- sen liegen und ihre Diesel ständig laufen lassen?“. Im direkten Zusammenhang mit einer möglichen Verlagerung der auf dem Kleinen Grasbrook ansässigen Hafenbetriebe im Falle eines Uniumzugs befürchten manche Bewohner Moorburgs, dass diese nach Moorburg (als potentielles Hafenerweiterungsgebiet) selbst versetzt werden könnten und so die Existenz des Ortes gefährden bzw. die aktuelle städtische Entwicklung des Orts behindern. Allerdings sei dies rechtlich nicht ohne weiteres durchsetzbar, denn die „Um- siedlung von Betrieben innerhalb des Hafens, weil die Stadtentwicklung Hafenflächen bean- sprucht, hat mit einer Hafenerweiterung nichts zu tun“ (Rainer Böhrnsen). Moorburg stünde demnach als Ausweichfläche nicht zur Verfügung.

Schutzmaßnahmen nicht ausreichend berücksichtigt Darüber hinaus wird beispielsweise von Nutzer Daniel angemerkt, dass bei dem Thema Hoch- wasserschutz in der Studie von Kosten in Höhe von 4 Mio. Euro ausgegangen werde, während die Kosten für Altlastensanierung und Kampfmittelräumung nicht berücksichtigt wurden. Bislang würde nur „über die theoretisch möglichen Schutzmaßnahmen (Geländeerhöhung; falls nicht möglich Objektschutz oder neue Einpolderung) gesprochen“, so Teilnehmer Torsten, diese aber nicht weiter konkretisiert. Die zentrale Frage des Hochwasserschutzes müsse jedoch zuvor für weite Teile der Stadt ge- klärt werden. Es ginge dabei nicht nur um die Verlagerung von Instituten und Studierenden, also gegebenenfalls um Flutschäden an Bauten und vielleicht Menschen, sondern auch um die Verlegung der Institutsbibliotheken und vor allem der Staats- und Universitätsbibliothek in ein Überschwemmungsgebiet. Auch die unersetzlichen Bücher, die dort lagern, verdienten große Sorgfalt und Schutz, betont Teilnehmer Lykurg. Zumal „die Hochwasserspitzen durch den klima- wandelbedingten Meeresspiegelanstieg sowie durch die weitere Elbvertiefung ansteigen werden – bis Ende des Jahrhunderts je nach Szenario um mehr als einen Meter“ (Torsten). Andere Nutzerinnen und Nutzer fragen sich angesichts der Umweltsituation am Grasbrook, ob Lärm, Luftschadstoffen und Geruch ausreichend berücksichtigt wurden: Der Konflikt zwischen Nutzung des Kleinen Grasbrooks für eine komplette Universität und insbesondere der Schallim- mission würde auf S. 26 der Studie eingeräumt, aber angegeben, mit „räumlich gestaffelten Nut- zungszuweisungen, aktivem Lärmschutz und schallschutzoptimierten Baukörperanordnungen können Lärmprobleme für diesen Fall bewältigt werden.“ In der in der Studie dargestellten Be- bauungsplanung sei hiervon jedoch nichts zu bemerken. Fachlich sei, so Nutzer J. Ödmeier, zu- dem unklar, was unter „aktivem Lärmschutz“ verstanden werden soll: „Müssen die Studierenden und die Wissenschaftler mit Gehörschutz ausgestattet werden?“ Auch Nutzerin StudentinD habe „mit Befremden gelesen, dass zu Szenario 4.1 unter dem Stich- wort “Hafenlärm” vorgeschlagen wird, die südliche Gebietskante mit Universitätsbauten zu be- setzen, da die Lärmbelastung dort für Wohnbebauung zu hoch ist“. Man müsste also fragen, so die Teilnehmerin weiter, welche „Signalwirkung an die internationale und nationale Wissen-

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schaftscommunity“ ergehen soll, wenn eine große Universität in einer so belasteten Umgebung errichtet wird.

Negative Entwicklungen im Stadtteil Rotherbaum Louis M. Silverstein weist auf die wirtschaftliche Bedeutung der Universität für den Stadtteil Rotherbaum hin: „insbesondere das Grindelviertel und die dort ansässigen Läden, Restaurants und Dienstleistungsbetriebe, ist wirtschaftlich und sozial unweigerlich mit der Existenz der Uni- versität verbunden. Ein Umzug würde für einen großen Teil dieser überwiegend Kleingewerbe- treibenden das Ende ihrer wirtschaftlichen Existenz bedeuten“. Dies wird vom Verein Quartier e.V. bestätigt, der anmahnt, dass er mit den vielen kleinen Geschäften im Umfeld der Universität von der Kundschaft der Studierenden, des Lehrkörpers und der Verwaltung abhängig sei. Ein Umzug, ob teilweise oder vollständig, sei gleichbedeutend mit einer vollkommenen Um- strukturierung der gewachsenen Viertel in Eimsbüttel und im Zentrum: „Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind viele Geschäfte und Cafés nicht in der Lage, einen solchen Verlust an Kundschaft zu überleben. Ein „Hinterherziehen“ ist aufgrund der viel zu kleinen Fläche auf dem Grasbrook, aus Kostengründen nicht denkbar“ (Mark Bloemeke). Auch Hans J. Kleinsteuber befürchtet, dass die Pläne ihren „Ausgang in der Immobilienwirtschaft haben, die Rotherbaum als attraktive, citynahe Lage entdeckt hat“. Es sei zu bedenken, dass bei einer Verlagerung der Universität auf den Kleinen Grasbrook für das Grindelviertel eine ähnliche Entwicklung wie in der HafenCity drohe, bei der es kein lebendiges Viertel mit Kultur, vielfältiger Gastronomie, bezahlbarem Wohnraum und durchmischter Bevölkerung mehr gäbe, sondern eine „lieblose Zusammenstellung von langweiligen Bürotürmen und teuren Schickimicki-Luxus- Wohnungen“ (Louis M. Silverstein). Sobald die Grundstücke zur Finanzierung des Umzugs an private Investoren verkauft werden, würden auch die Bemühungen, die soziale Durchmischung des Stadtteils aufrecht zu halten, keine Rolle mehr spielen. Auch Teilnehmer T_Edelmann warnt: „Ein ganzes Stadtviertel aufzugeben bedeutet nicht zuletzt unnötige Verwerfungen auf dem Im- mobilienmarkt und neue, unüberschaubare Verschuldung für Hamburg“.

Unkalkulierbare Kosten und Bauzeit Relativ kritisch wird von mehreren Teilnehmenden die Berechnung der Kosten und Bauzeiten im Szenario vier gewertet: „Dass der Neubau allemal teurer wird als veranschlagt kann wohl bereits jetzt einkalkuliert werden“ (Tom aus HH). Dazu führt Teilnehmer Luderer an, dass es zudem für den O’Swaldkai eine Bestandsgarantie bis zum Jahr 2025 gäbe, so dass vorher nicht mit dem Neubau begonnen werden könne. Auch die Teilnehmenden Josi und Torsten weisen darauf hin, dass die Baukosten und zeitliche Verzögerungen, die über den Zeitraum von 20 Jahren ent- stehen, gegenwärtig nicht realistisch eingeschätzt werden könnten. Des Weiteren werde es zu Problemen kommen, „wenn sich die Fertigstellung der Universität auf dem Kleinen Grasbrook verzögert und die Stadt die frei werdenden Grundstücke nicht rechtzeitig für die Investoren, die ja auch planen müssen, zur Verfügung stellen kann“ (Louis M. Silverstein). Es stelle sich daher die Frage, ob dann die Stadt Entschädigungszahlungen entrichten müsse. Auch sei „die äußere Erschließung mittels U-Bahn, einer neuen S-Bahn Haltestelle, einer Brücke für Fahrradfahrer usw.…um mindestens den Faktor 2 zu niedrig angesetzt“ (Dennis von Glahn). Von mehreren Teilnehmenden wird eine Baukostenschätzung für schwierig erachtet, ohne dass

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 51 entsprechende Angebote eingeholt worden seien. Die Entwicklung der Kosten wäre zudem stark von der Entwicklung der entsprechenden Rohstoffpreise abhängig, so Nutzer Louis M. Silver- stein. Teilnehmer Mr. X bezweifelt in diesem Zusammenhang ferner das Konzept einer Misch- finanzierung: „Es wird bei solchen Projekten oft nicht gekleckert sondern geklotzt, siehe das Beispiel Elbphilharmonie. Ob eine derartige Mischfinanzierung aus Spendengeldern und öffent- lichen Mitteln auch für die Universität möglich ist, das wage ich zu bezweifeln. Und die Kosten für ein weiteres Prestigeobjekt gehen dann zu Lasten des öffentlichen Haushalts und fehlen in Schulen, Kindergärten usw.“

3.4 Die Liste der Pro- und Contra-Argumente

Zum Zwecke der besseren Übersicht sollen die jeweiligen Pro- und Contraargumente hinsicht- lich der vier Szenarien in den folgenden Abschnitten noch einmal gesondert und gebündelt aufgeführt werden:

3.4.1 Szenario 1

Pro: •• Am Standort gibt es eine gewachsene Struktur für die Universität •• Die Umgebung biete Grünflächen, Wohnungen, bedarfsgerechte Geschäfte, und Möglich- keiten zur attraktiven Freizeitgestaltung •• Der Wahl des Studienortes wird durch die Attraktivität des Standortes bestimmt •• Das Studium soll auch zur Persönlichkeitsbildung beitragen, wozu die Interaktion mit der Stadt notwendig ist •• Das Uni-Viertel ist eine der schönsten in Deutschland und ein wichtiger Aktivposten der Uni- versität •• Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit ist auch am Standort möglich •• Szenario 1 führt zur geringsten finanzielle Belastung des Hamburger Haushalts •• Ausstattung könnte auch durch erhöhte Drittmitteleinwerbung verbessert werden •• Viele Gebäude der Universität sind bereits saniert •• Durch den historischen Bezug können Spenden eingeworben werden •• Kosten für eine Campus-Erweiterung sind kalkulierbar •• Investition in Ersatzgebäude während der Sanierung ist keine Geldverschwendung, da sie jetzt die Studien- und Arbeitsbedingungen unmittelbar verbessert. •• Standort ist gut an den öffentlichen Verkehr angeschlossen •• Infrastruktur für Tagungen durch den Dammtorbahnhof und durch naheliegende Hotels ist gegeben •• Für die Qualität einer Universität ist weniger die Bausubstanz wichtig als vielmehr die langfri- stig ausreichende Ausstattung mit Personal- und Sachmitteln •• Universitäten in den U.S.A (z.B. Columbia) zeigen, dass keine großen Flächen für eine gute Universität benötigt werden •• Der derzeitige Campus beweist seine tägliche Funktionsfähigkeit

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•• Die Anwohner wollen den Erhalt der Universität in ihrem Viertel •• Die technologischen Entwicklungen werden in Zukunft dazu beitragen, dass generell weni- ger zentrale Flächen und Räumlichkeiten benötigt werden und trotzdem mehr Menschen am Bildungsangebot teilhaben können •• Durch eine schrittweise Sanierung vor Ort können mögliche Planungsmängel ausgeglichen werden und der Lehrbetrieb ohne Einschränkungen weiterlaufen •• Standort bietet vielfältige Erweiterungsflächen

Mögliche zusätzliche Erweiterungsflächen: •• Die Moorweide könnte wenn man Teile der Edmund-Siemers-Allee in einen Tunnel versenkt zu einem parkähnlichen Campus eine attraktive Eingangspforte der Universität werden •• Mit der Gewerbeschule 2, die Polizei und Feuerwehr Rotherbaum und Ankauf weiterer Grund- stücke kann ein relativ großes, homogenes Areal aufgekauft werden, welches fast alle Ge- bäude zwischen Schlüterstrasse, Grindelallee, Renzelstrasse, Schröderstiftstraße und Beim Schlump umfasst •• Untersuchungsgefängnis / Gerichte, die Justizgebäude könnte der Uni zugeschlagen wer- den. Das Gefängnis und die Strafjustiz könnte auch in Tiefstack oder woanders sein und braucht keine Innenstadtlage •• Die Bahntrasse in Tieflage zw. westlich Dammtor (Rosengarten)und westlich Rentzelbrücke (alter Bahnhof) bietet mit einer schallschluckende Deckelbebauung massiv Bauflächen •• Tennisplätze Haller Straße •• Mittelweg / Ostseite der Moorweide wäre noch Platz. Ggf. könnten Gebäude der benachbar- ten Büronutzung anzumieten / zu kaufen sollte mal geprüft werden. •• Finnlandhaus / Esplanade gibt es noch Baulücken •• Alte Wohnhäuser „Durchschnitt“ •• Dreiecksinsel Beim Schlump / Hallerstraße / Grindelallee: ähnlich wie am Bahnhof Berlin- Friedrichstraße könnte hier ein Eck-Grundstück bebaut werden •• Gebäude der Alten Post •• Sportgelände der Universität

Contra: •• Es gibt bereits derzeit ein Flächen- und Raummangel im laufenden Universitätsbetrieb (u.a. für Initiativen, Fachschaftsräte, Laborplätze) •• Wiwi-Bunker ist ohne Tageslicht •• Das Geomatikum bröckelt •• Raumgröße ist selten angemessen, entweder zu groß oder zu klein •• Sanierung würde Flickwerk fortsetzen •• Umzug in Ersatzgebäude während der Sanierungszeit ist für Experimentalwissenschaften nicht ohne weiteres möglich, das sie hochinstallierte Gebäude brauchen •• Es besteht eine Isolation einzelner Fachbereiche, von Einzelinstituten, Bibliotheken und ihren Verwaltungen •• Es entsteht eine Dauerbaustelle, zu Lasten der Anwohner, der Studierenden und der Univer- sitätsmitarbeiter geht

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•• Anwohnerproteste können eine zügige Umsetzung der Pläne am Standort verhindern

3.4.2 Szenario 2

Die Hauptargumente in Bezug auf Standortfaktoren des Szenario 1 beziehen sich ebenfalls auf Szenario 2. Sie werden aber zur Vermeidung von Widerholungen hier nicht erneut aufgeführt, sondern nur diejenigen, die sich explizit auf den Abriss und Neubau der Universität beziehen.

Pro: •• Gebäude der Universität sind zum Teil in einem desolaten Zustand •• Die Architektur ist derzeit nicht ansprechend, so dass ein Neubau zu einer Aufwertung des Grindelviertels führen würde •• Neubauten ermöglichen die Erstellung identitätsstiftender Elemente (z.B. zwei Hochhäuser beim Geomatikum, die Hamburgs Elfenbeintürme symbolisieren) •• Eine entsprechende Anpassung der Anmutung der Neubauten ist möglich, wenn man z.B. einem historisierenden Stil folgt •• Es gibt in Hamburg eine Reihe an gelungenen Neubauten die universitär genutzt werden, und in ihrer Ästhetik sehr ansprechend gestaltet sind •• Die Ästhetik der Neubauten würde auf alle Fälle die des alten Campus übertreffen •• Es können im Vorfeld schon die zukünftigen Nutzerinnen und Nutzer in die Planung mit ein- bezogen werden •• Die Planung der Neubauten kann im Zusammenhang erfolgen, um sowohl eine ästhetische wie auch eine funktionale – im Hinblick auf Windkanaleffekte und Mikroklima – Wechselwir- kungen zu berücksichtigen

Contra: •• Die benötigte Bebauung ist so stark verdichtet, dass das Flair und der Charakter des Uni- viertels leiden würden •• Die Altbauten würden durch die Neubauten optisch untergehen •• Durch die Festlegung des Flächenbedarfs der Universität steht Szenario 1 nicht als realis- tische Option zur Verfügung und die Entscheidung werde auf Szenario 2 oder 4 zugespitzt werden •• Die aktuellen Neubauten in Hamburg schüren Befürchtungen ob der ästhetischen Anmutung der geplanten Neubauten auf dem Campus •• Die Vorstellungen darüber, was unter einer gelungenen Architektur verstanden werden kann, gehen weit auseinander.

3.4.3 Szenario 3

Pro: •• Akuter Sanierungsbedarf der Räume der MIN-Fakultäten ist am größten •• Die MIN-Fakultäten haben den größten Flächenmehrbedarf

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•• Bedarf an moderner Spitzenausstattung, Technologietransfer und PPP-Projekten betrifft vor allem die Fächer der MIN-Fakultät •• MIN-Campus auf dem kleinen Grasbrook stünde in Verbindung zur TUHH und zur HafenCity Universität •• Passt zum technisch-industriellen Hafenpanorama •• Mit dem Verbleib der „Bücherwissenschaften“ am Standort kann der Charakter des Uni- Viertels Rotherbaum erhalten bleiben •• Denkmalgeschützte, oder gerade erst sanierte Gebäude könnten in ihrer Nutzung erhalten bleiben •• Zusätzlicher Raumbedarf könnte durch die Alte Post und durch Neubauten auf dem Campus gedeckt werden •• Das historische Erbe im alten jüdischen Grindelviertel würde respektiert werden •• Der Sprung über die Elbe wird gefördert •• Die Anbindung der Gebiete südlich der Elbe wird dadurch befördert. (Verlängerung der U4 nach Wilhelmsburg, mögliche zusätzliche Schiffslinien, zusätzliche S-Bahn Haltestelle) •• Aufwertung der an den Grasbrook angrenzenden Stadtteile, sowohl als Wohngebiet aber auch in kultureller, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht •• Es findet selten interdisziplinäres Arbeiten über zwischen Naturwissenschaften und Sozial- und Geisteswissenschaften statt •• Hohe Symbolkraft, wenn die Stadt Hamburg eine ihrer zentralsten und besten Flächen für Forschung und Bildung bereitstellt •• optischen Aufwertung des Stadtteils durch Abriss des Geomatikums •• Neubauten können errichtet werden, ohne den laufenden Betrieb zu stören •• Freigewordene Fläche kann für familienfreundlichen Wohnraum und Angebote genutzt wer- den

Contra: •• Eine Teilverlagerung führt zu einer weiteren Zersplitterung der Universität. •• Räumliche Distanzen lassen sich in der inneren Logik der Universität nicht schnell überwin- den •• Anbindung der Naturwissenschaften an den Rest der Universität ist von hoher Bedeutung für Profil, Identifikation, Interdisziplinarität und den Austausch von Fachkulturen •• Interdisziplinäre Entwicklung der Universität wird beeinträchtigt •• Teilverlagerung ist teuerer als ein Verbleib in Eimsbüttel und nur geringfügig günstiger als eine Komplettverlagerung •• Bauzeit bringt keine Vorteile •• Verhältnis von Stadt und Uni läge bei 20 zu 80, was einer leblosen separaten Miniuni auf dem Kleinen Grasbrook gleich käme •• Für die Lehramtstudierenden verlängern sich Wege zwischen den Standorten •• Auch die anderen Fächer, die nicht verlegt werden (Botanik in Klein Flottbeck, Medizin am UKE, DESY, Max-Planck Institut für Meteorologie), haben weitere Anfahrtswege zur MIN- Fakultät •• Standort zeichnet sich durch eine limitierte Verkehrsanbindung aus

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•• Eine Attraktivitätssteigerung durch den Standort ist zweifelhaft, da die Elite, die man gerne anziehen möchte, weiche Umfeldfaktoren schätze, wie etwa die in der Stadt liegenden Uni- versitäten von München und Berlin zeigen •• Freigewordene Fläche wird nicht für familienfreundlichen Wohnraum, sondern für Luxuswoh- nungen genutzt, was Charakter des Stadtteils bedroht

Erweiterungen / Modifikationen: •• Statt Sanierung des alten MIN-Campusgeländes nach Wegzug der naturwissenschaftlichen Fachbereiche könnte über eine teilweise Neugestaltung und ein Rückbau maroder Gebäu- de nachgedacht werden, um die Möglichkeit für neue, familienfreundliche und bezahlbare Wohnquartiere in Innenstadtlage zu schaffen. •• Schaffung einer neuer Elb-Universität auf dem Kleinen Grasbrook, in deren Umfeld sich ein Science Park, Forschungsinstitute, wissensintensive und forschende Unternehmen, Weiter- bildungs- und Kompetenzzentren ansiedelt •• Ein Naturkundemuseum auf dem Kleinen Grasbrook kann als naturwissenschaftliches Kom- petenzzentrum den Wissenstransfer in die Öffentlichkeit verbessern •• Verlagerung der MIN Fakultät auf das Gelände in Bahrenfeld, in das Umfeld der DESY: -- dadurch eher Zusammenführung der Universität als bei einem Teilumzug zum Hafen. -- Zusätzlich gibt es Flächen auf den Stadionparkplatz westlich der Luruper Straße -- Es wäre möglich, eine preiswerte Straßenbahn von Klein Flottbek über DESY nach Ei- delstedt mit Querverbindung Stadion / Eimsbüttel einzurichten •• Teilverlegung der Life-Science Bereiche auf die freiwerdende Flächen des UKE: -- Gelände liegt in „Fahrrad-Reichweite“ zum Zentrum der Universität -- Auslagerung der Life-Science-Bereiche kann die Modernisierung der Universität erleich- tern und beschleunigen -- Life-Science Bereich ohnehin stark zerfasert, Konzentration an einem Ort vor allem auch mit dem Hintergrund biomedizinischer Forschung, wäre von Vorteil •• Science-Park oder Teile der Universität auf den Kleinen Grasbrook -- Hier gibt es eine unbebaute Fläche in der Größe vom Kleinen Grasbrook, die darüber hi- naus auch noch erweitert werden kann -- TU und Channel Harburg befindet sich in der Nähe -- Gebiet ist verkehrstechnisch erschlossen -- Gebiete südlich der Elbe (Neugraben-Fischbek, Harburg) würden eine starke Aufwertung erfahren -- Veddel und Wilhelmsburg würde vom Süden her profitieren -- Hoher Freizeitwert in der Umgebung

Weitere Argumente hinsichtlich der jeweiligen Standorte sind den Checklisten der anderen Sze- narios zu entnehmen.

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3.4.4 Szenario 4

Pro: •• Der Kleine Grasbrook ist eine citynahe und zentrale Fläche im Herzen der Stadt •• Durch einen entsprechenden Bahnhof an den Elbbrücken wäre der Kleine Grasbrook zentral zu erreichen •• Die Lage am Wasser ist sehr attraktiv und bietet einen hohen Freizeitwert •• Hier kann einen optimale Infrastruktur und ein neues angrenzendes Quartier für eine Uni geschaffen werden •• Der Neubau der Universität ermöglicht die Umsetzung neuster technischer Standards und könne so für eine bessere (Spitzen-)Forschung und bessere Lernbedienungen sorgen •• Attraktive Neubauten und moderne Ausstattung zieht exzellente Wissenschaftler an •• Zusammenlegung zersplitterter Fachbereiche wird möglich •• Es entstünde eine Universität der kurzen Wege mit einer besseren Vernetzung und gestei- gerten Effizienz •• Universitätsbetrieb wird während der Bauphase nur geringfügig beeinflusst •• Es entsteht die Möglichkeit, ein gutes Sportstadion für die Studierenden zu bauen •• Der Umzug auf den Grasbrook bietet die Chance, studentisches Wohnen in Uni-Nähe zu stärken •• Es würde eine Aufwertung der angrenzenden Stadtteile erfolgen •• Angrenzende Stadtteile werden aus der Isolation herausgelöst •• Die subjektive Wahrnehmung der „nordelbischen“ Hamburger auf die südlichen Stadtteile würde sich ändern •• Die angestrebte Nahverkehrsverbindung (zusätzlicher S-Bahnhof und Verlängerung der U4 nach Wilhelmsburg) würden sich besser rechnen •• Ausweitung der Schiffslinien und Einführung von Wassertaxis wie in Rotterdam wären denk- bar •• Standort wäre ein Symbol dafür, dass die Politik den aktuellen Strukturwandel zur Wissens- gesellschaft erkannt hat und handelt •• Der Kleine Grasbrook ist ein wichtiges Verbindungsstück für einen gelungenen „Sprung über die Elbe“ und ein Bekenntnis Hamburgs zu seinen südlichen Stadtteilen •• Hamburg könnte damit seine „Interpretation einer Wissensstadt“ schaffen •• Dieses Großprojekt würde für Aufsehen bei nationalen und internationalen Gästen sorgen •• Es bietet sich die Chance, ein Naturkundemuseum im Herzen der Universität zu errichten, dass als naturwissenschaftliches Kompetenzzentrum den Wissenstransfer in die Öffentlich- keit verbessere •• Die Uni kann auf dem Kleinen Grasbrook als Jobmotor zum wirtschaftlichen Aufschwung beitragen •• Gesteigerter Spillover-Effekt durch aus der Uni heraus entstehende und direkt dort angesie- delte Unternehmen •• Kleiner Grasbrook ist ab 2025 sowieso der städtischen Nutzung vorbehalten und für Hafen- betrieb aufgrund der mangelnden Wassertiefe zunehmend unwichtig •• Kleiner Grasbrook gewinnt durch neue Nutzung an Bedeutung, da er derzeit als Lagerplatz

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verkommt, dort angesiedelte Hafenbetriebe können bessere Orte finden •• Die freiwerdenden Flächen am Rotherbaum bieten die Möglichkeit zur Schaffung neuer An- gebote für die Anwohner, sowie für dringend benötigten familienfreundlichen und innenstadt- nahen Wohnraum •• Es könnte auf den freiwerdenden Flächen eine spezialisierte Miniuniversität mit einem For- schungscampus entstehen

Contra: •• Standort ist von anderen Stadtteilen abgeschnitten, etwa durch die Norderelbe, durch Ha- fenbecken, Bahngleise u.ä., was eine Isolation von der Stadt bedeutet •• Einzelne Fachbereiche untereinander sind nur durch wenige Brücken verbunden •• Bei einer universitären Nutzung würden die neuen Angebote sich vollständig auf den Bedarf der Universität hin ausrichten, eine Durchmischung in angrenzende Stadtteile wird es nicht geben •• Es entstünde ein lebloser Stadtteil mit wenig Wohnraum für Studierende, wenigen Grünflä- chen, und wenig Kultur •• Die Attraktivität Hamburgs würde leiden, da eine Verlagerung der Universität auf den Kleinen Grasbrook zu einer Entmischung von Stadt, Kultur und Studentischem Leben führen würde •• Schwierige Anbindung des Gebietes, da es zu wenig Brücken und Bahnhöfe gibt •• S-Bahn und U-Bahn allein könnte kaum die notwendigen Kapazitäten für HCU und Universi- tät Hamburg zur Verfügung stellen •• Kosten für die Verlängerung der U4 sind zu niedrig angesetzt •• Verlagerung der Universität führt zu einer Verlängerung der mittleren Fahrzeiten was auch im ÖPNV nicht klimafreundlich ist •• Der Standort hat für Fahrradfahrer viele Nachteile, insbesondere da er auf diesem Wege kaum von den größeren studentischen Wohngebieten zu erreichen ist •• Individualverkehr und Parkplatzproblematik sind in der Studie kaum berücksichtigt •• Hochwasserschutz muss besonders vor dem Hintergrund steigender Hochwasserspitzen beachtet werden •• Die Verlegung von wertvollen Bücher in ein Überschwemmungsgebiet wird als kritisch an- gesehen •• Kosten für Altlastensanierung und Kampfmittelräumung bisher kaum berücksichtigt •• Flächenareal ist vom Wasser umschlossen und kann nicht erweitert werden •• Bei einer Verlagerung der Universität mit gleichzeitiger Schaffung eines neuen Stadtteils blie- be für die Universität nicht genug Fläche •• Integration der Universität in einen lebendigen Stadtteil geht verloren •• Finanzielle Situation der Stadt lässt eine technisch und gestalterisch hochwertige Bebauung nicht zu •• Ein Umzug würde für einige Forschungseinrichtungen wie dem DESY, dem UKE, den Max- Planck-Instituten die Max-Planck-Institute für Meteorologie sowie Ausländisches und inter- nationales Recht eine größere Distanz zu den assoziierten Fachbereichen bringen und somit nicht für eine bessere Bündelung sorgen •• Verlagerung bringt keine wirkliche Reduktion der verstreuten Standorte

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•• Standort ist wahrscheinlich z.B. auf Grund der Hafenbedingten Erschütterungen und Schwerölverbrennung für bestimmte Fachbereiche ungeeignet (z.B. MIN Fakultät und Klima- rechenzentrum, Nano-Physikbereiche) •• Bei einer anstehenden Hafenerweiterung stehen die Flächen am Kleinen Grasbrook nicht mehr zur Verfügung •• Kleiner Grasbrook mit Multi-Purpose Terminal und als Universalhafen ist wichtiger Teil des Hafen Hamburgs •• Lärm, Wind und Geruchsbelästigungen durch die Hafenbetriebe vertragen sich weder mit Lernen und Arbeiten an einer Universität noch mit angrenzendem Wohnen •• Gebiet ist durch das gegenüberliegende Kreuzfahrtterminal starken Schadstoffbelastungen ausgesetzt •• Verdrängung der ansässigen Hafenbetriebe bedroht städtische Entwicklung Moorburgs •• Umzug bedeutet für Kleingewerbetreibenden im Grindelviertel das Aus •• Grindelviertel würde sich negativ entwickeln •• Wohnungsbau im Grindelviertel würde nicht sozial verträglich stattfinden, sondern zu Guns- ten teurer Wohnungen vergeben werden, wodurch Anwohner verdrängt werden •• Es entsteht die Gefahr einer unnötigen Verwerfung auf dem Immobilienmarkt

3.4.5 Risikofaktoren in der Studie

Während der Diskussion wurden von den Teilnehmenden verschiedenen Risikofaktoren be- nannt, die innerhalb der Studie ihrer Meinung nach noch nicht hinreichend behandelt wurden. Da sie sich mitunter auf verschiedene Szenarien beziehen, sollen sie hier noch mal gesondert aufgeführt werden: •• Bauzeiten und -kosten sind generell nur schwierig über einen solch langen Zeitraum zu schät- zen und damit relativ unkalkulierbar •• Wenn die Fertigstellung sich verzögert, die Grundstücke am Rotherbaum aber schon ver- kauft sind, kommen möglicherweise Schadensersatzzahlungen auf die Stadt zu •• Kostenberechnung in der Studie ist widersprüchlich (z.B. Einberechnung der Erschließungs- kosten für Kleinen Grasbrook in Szenario 1) und kritisch zu hinterfragen (z.B. Berechnung der neuen U- und S-Bahnhaltestelle erscheint um Faktor 2 zu niedrig) •• Baukosten hängen stark von der Entwicklung auf dem Rohstoffmarkt ab •• Es gibt für den O’Swaldkai eine Bestandsgarantie bis 2025, so dass erst anschließend mit dem Neubau begonnen werden kann •• Berechneter Flächenbedarf ist 2020 auf Grund sinkender Geburtenzahlen und demogra- fischem Wandel möglicherweise viel zu hoch •• Fehlende Eignungsprüfung des Standorts für bestimmte Fachbereiche wie z.B. hochsensible Experimentalwissenschaften •• Nötige Schutzmaßnahmen und deren Kosten (z.B. Hochwasser-, Schallschutz, Emissionsbe- lastung) bislang in der Studie kaum berücksichtigt •• Ungeklärte Finanzierungsmodelle •• Fokussierung auf Räumlichkeiten, fehlende Investitionen in Personal und Sachmittel

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•• Unklarer Verbleib der Hafenbetriebe, die derzeit auf dem Kleinen Grasbrook angesiedelt sind. Auch hier drohen möglicherweise Klagen und Verzögerungen.

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4. Die Themen-Wikis

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4. Die Themen-Wikis

Die Diskussionsergebnisse sind in zwölf von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gemeinsam erarbeiteten Dokumenten, sogenannten Themen-Wikis, zusammengefasst. Wie im Beispiel der freien Enzyklopädie Wikipedia8 bot die Diskussionsplattform zur Zukunft der Universität Hamburg bestimmte Online-Dokumente („Wikis“) an, deren Inhalte von den registrierten Teilnehmenden nicht nur gelesen, sondern auch online geändert werden konnten. Sobald sich in der Diskussion bestimmte Aspekte und umfassendere Ideen herauskristallisierten, eröffneten die Moderatoren ein entsprechendes Themen-Wiki mit den zugehörigen Argumentationslinien auf der Plattform, das die Teilnehmenden anschließend ergänzen und vervollständigen konnten. Wikis ermöglichten somit einen Weg für die Nutzerinnen und Nutzer, trotz unterschiedlicher Standorte kollaborativ an den Dokumentationen der Ergebnisse mitzuwirken. Zur Absicherung bot das System eine Versionshistorie, anhand derer die Entwicklung der einzelnen Dokumente in den einzelnen Versionen des Wikis nachzuvollziehen war. Nach Abschluss der Diskussion wurden auch der Editiermodus der Wikis abgestellt, dennoch sind sie in der aktuellsten Form weiterhin unter www.zukunft-uni.hamburg.de einsehbar. Die entstandenen Wikis reichen von der Sammlung von Argumenten für den Verbleib am jetzigen Standort oder einen Komplettumzug auf den Kleinen Grasbrook bis hin zur Entwicklung alterna- tiver Konzepte und Ideen.

Im folgenden Abschnitt werden alle Themen-Wikis nach zugehörigem Unterforum gegliedert vorgestellt.

4.1 Forum Wissenschaftsstandort Hamburg

4.1.1 Konzept SciencePark auf dem Kleinen Grasbrook

» Beteiligte SPHH, Rainer Böhrnsen

» Kurzbeschreibung Als Kombination von Szenario 2 und Szenario 4.0 wird ein SciencePark mit einer neuen Univer- sität mit Kapazitäten für bis zu 40.000 Studierende auf dem Kleinen Grasbrook vorgeschlagen. Als Alternativstandort werden Flächen in Moorburg betrachtet.

» Langfassung Die vorliegende Situation sei eine große Chance für Hamburg, sich zu einer echten Stadt des Wissens zu wandeln. Um diese Chance zu nutzen, müsse die Stadt heute investieren. Diese In-

8 Vgl. www.wikipedia.de

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vestitionen sollten sich mittel- bis langfristig rentieren. Der Faktor Kreativität wäre von entschei- dender Bedeutung für das Wachstum und die Entwicklung einer Stadt. Darüber hinaus sei der Bereich der Bildung, Wissenschaft und Forschung besonders relevant. Im Vergleich zu anderen deutschen - aber auch europäischen - Großstädten, wie München, Köln, Stuttgart oder Düssel- dorf hätte Hamburg relativ gering ausgeprägte Potenziale im diesem Bereich.

Die zugrunde gelegten Kriterien des Konzepts sind z.B.: Internationalität, wissensintensive In- dustrien und Dienstleistungen, Erwerbspersonen mit Hochschulabschluss, Patente, FuE-Auf- wendungen, FuE-Personal, Ingenieuranteil an den Erwerbspersonen, bedeutende Forschungs- einrichtungen, Studentenanteil an der Bevölkerung.

Es biete sich nun die Chance, all diesen Defiziten zu begegnen. Köln, München, Stuttgart, Leipzig und Dresden, sowie Düsseldorf verfügten über einen Studentenanteil um 7%. Dies sollte auch das Ziel für Hamburg sein. Folglich würden etwa 60.000 zusätzliche Studenten benötigt. Dieser Zu- wachs sei natürlich nur langfristig erreichbar. Um dieses Ziel zu erreichen müsste auf dem Kleinen Grasbrook eine weitere Universität gegründet werden, die in einen SciencePark eingebettet ist, die Studienplätze für rund 30.000 Studenten anbietet. Der Rest wäre von den bereits vorhandenen Hamburger Hochschulen zu erbringen. Finanzieren ließe sich dies aus Studiengebühren, direkten und indirekten Steuern, durch die zusätzliche Kaufkraft sowie neugegründete Unternehmen usw. Je nach Möglichkeiten und Planungshorizont könnte der SciencePark auch für 40.000 Stundenten ausgelegt werden, wodurch die Belastung für die anderen Universitäten geringer ausfallen würde.

Für die Universität Hamburg biete sich eine Verdichtung am derzeitigen Standort an, da sie dort gewachsen ist. Die neue Elbuniversität würde auf dem Kleinen Grasbrook inmitten eines Scien- ceParks Hamburg entstehen. Rund um die Elbuniversität sind Forschungsinstitute, wissensin- tensive und forschende Unternehmen, ein Weiterbildungszentrum, ein Kompetenzzentrum mit Konferenzräumen für den Wissenstransfer und ein Gründungszentrum anzusiedeln. In den Randbereichen sind Kultur, Wohnen, Gastronomie, Einkaufsmöglichkeiten und Freizeit- möglichkeiten anzubieten, um die Universität einzubinden und positive Spillover-Effekte nutzen zu können. Wichtig sei eine gute Anbindung des ScienceParks Hamburg mit U- und S-Bahn sowie Straßen und Radwegen.

Selbstverständlich müssten für die Hafenwirtschaft, die durch den SciencePark verdrängt wer- den würde, rechtzeitig adäquate Ausgleichflächen zur Verfügung gestellt werden. Die Ausgleich- flächen müssen vorbereitet sein, bevor die Hafenunternehmen umgesiedelt werden können. Bis dahin ließen sich aber die Brachflächen bebauen. Und dann könnten nach und nach die Flächen der umgesiedelten Unternehmen bebaut werden. So entstünde trotz der Umsiedlung der Hafen- wirtschaft kaum ein Bauverzug. Es dürfe niemals der Eindruck entstehen, die Hafenwirtschaft sei für Hamburg nicht wichtig, daher ist hier höchste Sensibilität erforderlich.

Ein solches Konzept würde die oben aufgezeigten Defizite adressieren und wäre ein wichtiger Baustein für den Sprung über die Elbe. Die enormen Investitionen würden sich voraussichtlich langfristig amortisieren.

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Das Konzept SciencePark könnte alternativ in Moorburg umgesetzt werden. Dafür spräche eine Reihe von Punkten: Auf den Grünflächen um den Ort herum könnte ein parkartiger Campus mit niedrigen Gebäuden entstehen. Der Ort bietet die Infrastruktur, hat als ländlicher Stadtteil einen hohen Wohn- und Freizeitwert mit dem „Moorburger Berg“ und Wasseranbindung zwischen Altenwerder und der Kattwykbrücke. Zum ÖPNV würde eine HADAG-Fähre von Harburg über Moorburg in die City und eine S-Bahn Station in Bostelbek gehören. Abschließend kann gesagt werden, dass ein solches Modell die TU-Harburg und den Channel Harburg ergänzen würde und im Süden bereits eine Vielzahl von potentiellen Nutzern eines Wissenstransfers ansässig wären.

4.2 Perspektive Universität

4.2.1 Anforderungen an die Universität

» Beteiligte Charlotte Eißling , Volker Bulla, Torsten, Louis M. Silverstein, Rainer Böhrnsen, Abdeljalil Takni, Benjamin Gildemeister, SPHH, Joachim Finn, Josi, Christian Höft, Adrian R., Advocat, Hans J. Kleinsteuber, Karsten Breckwoldt, Torsten Hönisch

» Kurzbeschreibung Im Laufe der Diskussion wurde durch die Teilnehmenden eine Reihe an Anforderungen an die zukünftige Ausgestaltung der Universität zusammengetragen. Die einzelnen Punkte finden sich im Folgenden aufgeführt.

» Langfassung

Räume: Die Universität sollte optimale Lern- und Forschungsbedingungen bereithalten, was auch aus- reichenden Platz für Seminarräume, Labore und Bibliotheken umfasst. Laborräume, Projekträu- me etc, sollten dem neustem technischen Stand entsprechen. So bestünde die Möglichkeit, aufgrund der technischen Ausstattung und Infrastruktur, mit vielen globalen Firmen als Testfeld zusammenzuarbeiten, wie dies die Asklepios Klinik in Barmbek zeigt. In diesem Krankenhaus würden die neusten Behandlungsmöglichkeiten erforscht und im Alltag eingesetzt. Zum anderen sei die richtige Größe der Räume wichtig, die weder zu groß noch zu klein sein dürften, auf jeden Fall sollten Situationen in Zukunft vermieden werden, in denen Studenten auf der Treppe sitzen müssen oder gar nicht mehr in die Räume reinkommen. Auch bräuchte man genügend Gruppenarbeitsräume, die ggf. zur flexiblen gemeinsamen Nutzung für mehrere Fa- kultäten zur Verfügung stehen. Die Räumlichkeiten sollten zudem mit neuer Technik und moder- nen wissenschaftlichen Einrichtungen ausgestattet werden und ansprechend gestaltet sein. Gebäude sollten Zauber und Freude am Studium versprechen, lebendige Architekturschöp- fungen sollten entstehen und Studenten und Lehrende nicht in uniformierte Gebäudestrukturen

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gepresst werden. Die Räumlichkeiten der Universität sollen der Kreativität ihren benötigt Raum geben, damit sich ein freier Geist, der neue Entwicklungen vorbringt, entfalten kann.

Zentralisierung: Einige Teilnehmende im Forum meinen, dass eine Zersplitterung der Universität verhindert wer- den und stattdessen der Ausbau eines zentralen Campus erfolgen sollte, unabhängig zunächst einmal vom Standort. Der Kleine Grasbrook könnte zur Schaffung einer Campus-Universität, die nicht weit verstreut ist und für höhere Identifikation mit der Hochschule sorgt, beitragen. Alternativ dazu könnte man am Rotherbaum Gebäude, die sich im Staatsbesitz befinden, wie etwa die Gewerbeschule 2 (Installationstechnik) sowie die Polizei und Feuerwehr Rotherbaum, aufkaufen. Bei vergleichbaren Investitionen wie in Szenario 4 könnte so ein relativ großes, homogenes Areal aufgekauft werden, welches fast alle Gebäude zwischen Schlüterstrasse, Grindelallee, Renzel- straße, Schröderstiftstraße und Beim Schlump umfasst. Auf diese Weise könnte ebenfalls eine Campus-Uni am derzeitigen Standort entwickelt werden. Auch das Gebäude der Alten Post an der Schlüterstraße wird von den Teilnehmenden in die Überlegungen einbezogen. Gute Universitäten benötigen eine örtlich gesicherte, transdisziplinäre Vernetzung in Forschung und Lehre. Mit dem immer neuen Auseinanderreißen könnten letzte, bescheidene Hoffnungen auf Exzellenz begraben werden.

Wohnungen: Die Universität sollte gut erreichbar sein und nah an den Wohngebieten der Studierenden liegen. Diese Voraussetzung scheint für manche Teilnehmenden leichter in Eimsbüttel realisierbar zu sein als an anderen Orten, da der Stadtteil durch eine gute Infrastruktur nicht nur von öffent- lichen Verkehrsmitteln, sondern auch zu Fuß und per Rad erreichbar sei. Bei einer Verlegung müsste die Anbindung mit U- und S-Bahn sowie Straßen und Radwegen gewährt werden. Bei einer Großstadtuni müssten jedoch stets Abstriche hinsichtlich kurzer Fahrtwege gemacht wer- den, unabhängig vom Standort.

Interdisziplinarität: Auch Interdisziplinarität wird als wichtiges Element angeführt, zu dessen Gewährleistung räum- liche Nähe unabdingbar sei. So wäre die Anbindung der Naturwissenschaften an den Rest der Uni von hoher Bedeutung für Profil, Identifikation, Interdisziplinarität und den Austausch von Fachkulturen. Hamburg sollte als große, vielseitige Bildungs- und Forschungseinrichtung agie- ren, verstanden und wahrgenommen werden.

Der naturwissenschaftliche MIN-Bereich müsse sowohl von Medizinern als auch von Pädagogen genutzt werden und sollte deshalb für beide Gruppen gut erreichbar sein. Diese Voraussetzung sei am Standort Eimsbüttel erfüllt. Es wird auch die Meinung vertreten, dass eine Zusammen- führung der naturwissenschaftlichen Standorte mit den physikalischen Instituten in Bahrenfeld sinnvoll wäre. Eine Vernetzung und Verbesserung der Zusammenarbeit der einzelnen Universitäten wäre gut. Für Projektarbeiten der Studierenden sei es hilfreich, auf die Fachkompetenz anderer Fachbe-

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 65 reiche, aber auch anderer Universitäten (FH und TUHH) zurückgreifen zu können. Es gäbe aber keine offiziellen Wege für die Zusammenarbeit, Studenten könnten offiziell nicht interessante Kurse anderer Universitäten besuchen. Als Lösung könnte ein universitäres Prämiensystem eingeführt werden, das Kooperationen und v.a. Methodenaustausch zwischen Arbeitsgruppen nicht nur innerhalb der einzelnen Fakultäten und Departments belohne. Außerdem wäre es schön, wenn es eine „Fertigkeiten-Datenbank“ gäbe, in der alle Arbeitsgruppen ihre Techniken, die sie kennen, eintragen (auch ältere, die nicht aktuell verwendet werden, aber wo Kompetenz für Beratungen vorhanden ist). Das wäre auch für die Industrie von Interesse.

Ein langfristiges Gesamtkonzept zu einer verstärkten Zusammenarbeit sollte auch die anderen Hochschulen in Hamburg, aber auch Technologietransfer-Bedarfe und Kooperationsmöglich- keiten mit anderen Hochschulen im Norden einbeziehen.

Ansiedelung Wissensintensiver Unternehmen in Universitätsnähe: Zu einer herausragenden Universität gehöre neben mehr Studenten, eine bessere Spitzenförde- rung, eine exzellente Forschung und Wissenschaft auch eine optimale Anbindung der Wissen- schaft an die Wirtschaft durch Transfereinrichtungen sowie die Ansiedlung wissensintensiver Unternehmen in Universitätsnähe. Ein solche Idee könnte in dem Konzept des Science Parks realisiert werden . In diesem könnten sich Forschungsinstitute, wissensintensive und forschende Unternehmen, Weiterbildungs- und Kompetenzzentren mit Konferenzräumen für den Wissenstransfer sowie ein Gründungszentrum ansiedeln. Allerdings sehen andere Nutzer auch die Möglichkeit, einen solchen Science Park fernab der eigentlichen Universität (z.B. am Kleinen Grasbrook) einzurich- ten.

Leitbild: In der Diskussion wird von manchen Teilnehmenden angeführt, dass es an einer Vision, einem Leitbild für die Universität fehle. In dem Leitbild für die Universität Hamburg sollten die unter- schiedlichen Lager (Geistes-, Naturwissenschaften und als dritter Bereich Medizin) unter einen Hut gebracht werden. Alle Fragen bezüglich eines Leitbildes, der strategischen Ausrichtung und des zukünftigen Standorts sollten nur im Einvernehmen und im Dialog mit den Professoren, wissenschaftlichen Mitarbeitern, den Verwaltungsangestellten und den Studierenden getroffen werden. Eine Möglichkeit, diesen Prozess in Gang zu setzen, wäre innerhalb der Universität ein „Runder Tisch“, an dem Delegierte der fünf Fakultäten, bestehend aus den genannten Hochschulgrup- pen, teilnehmen und Ideen entwickeln. Eine solche Einrichtung könnte Misstrauen, Rivalitäten der Akteure und Vorbehalte gegenüber jeglichen Veränderungen beseitigen.

Für die Entwicklung eines Leitbildes könnte das Thema Ökologie ein übergreifendes Motiv sein. Ökologie müsse mit den Naturwissenschaften erforscht und verbessert werden. Entwickelte Technologien, Verfahren und Anwendungen müssen von den Menschen aber auch erkannt, Wertschätzung erfahren und genutzt werden. Die Ökologie berühre die Gesundheit, eine le-

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benswerte Umwelt, das individuelle Wohlbefinden und das ganze Leben schlechthin. Die viel- schichtigen Erkenntnisse hierzu lieferten die Geisteswissenschaften, die damit eine Brücke zu den Naturwissenschaften aufbauen.

Die Vision einer Uni der Zukunft sollte mit der Vision einer Schule der Zukunft (Schulreform) verknüpft werden. Welche Wechselwirkungen gibt es zwischen beiden Systemen und welche Veränderungen in beiden Systemen würden ein optimales Zusammenspiel zwischen Schule und Universität ermöglichen? Hamburg hätte die große Chance, eines der besten Bildungssysteme zu bekommen.

Nicht nur Spitzenforschung sondern auch breite Ausbildung: Im Forum wird betont, dass eine Hochschulausbildung nicht nur Spitzenforschung im Welt- maßstab leisten sollte, sondern in der Breite auch gute Lehrer, Psychologen, Sozialarbeiter, Führungskräfte für mittelständische Unternehmen, Geisteswissenschaftler für Kreativberufe vor Ort ausbilden. Wichtig sei zudem die generelle Wertschätzung der Universität in Hamburg zu steigern - auch für Studiengänge, die nicht die Massen an Ökonomen, Juristen oder Ärzten produzieren. Es müsse die Vielfalt d. Fachrichtungen in einer Metropole gefördert werden, um konkurrenzfähig zu bleiben. Ein Teilnehmer plädiert dafür, dass jeder Fachbereich, jeder einzelne Lehrkörper unserer Uni „ei- nen guten Job“ machen müsse und nicht nur einzelne Leuchttürme: „Jeder unserer Studenten ist ein Rohdiamant, es gibt kleine, es gibt große, sie haben Einschlüsse oder unterschiedliche Farbe. Unser Job ist es, jeden einzelnen exzellent zu schleifen, auf das er am Ende funkelt und glänzt“.

Mehr Personal: Eine gute Universität brauche nicht nur Räume, sondern auch Investitionen in Personal. Bislang sei die Hamburger Universität chronisch unterfinanziert, was sich an daran zeige, dass 21,1 Pro- zent aller Professorenstellen (von 1580 sind 333 unbesetzt) an den staatlichen Hamburger Hoch- schulen nicht besetzt seien (Im UKE sollen es sogar 40,4 sein). Um die Hamburger Universität also wettbewerbsfähig zu machen, müsse der Etat deutlich aufgestockt werden.

Verbesserung in der Qualität der Lehr und der Forschung: Ein Teilnehmer weist darauf hin, dass das Förderranking 2001-2003 eine schlechte Quote von Drittmitteleinwerbung verzeichne, z.B. habe der durchschnittliche Professor in Hamburg 96k Euro eingeworben, während dies bei der LMU München und HU Berlin 160k seien und in Tübin- gen sogar 250k. Hier sei also noch erhebliches Potential zu erkennen. In der Lehre müsste es eine Kontrolle geben, ob den Studenten auch optimal der Lernstoff beigebracht wird, ob neue Erkenntnisse der Kognitionswissenschaften über Lernmethoden an- gewendet werden. Auch sollte es regelmäßige Gespräche über Fertigkeiten, die heutige Absol- venten mitzubringen haben, geben. Kreatives Denken und Problemlösungskompetenz sollten vermittelt und geübt werden. Damit einher gehe auch der Vorschlag, dass sich die Wirtschafts- wissenschaftler um eine renommierte Akkreditierung nach EQUIS oder AACSB für die Lehre bemühen.

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Öffnung der Universität für Quereinsteiger aus Berufen, auch ohne Abitur: Einige Teilnehmer führen ihre positiven Erfahrungen mit der HWP an, die ein Studium auch ohne Abitur ermögliche. Dies sei insgesamt eine sinnvoll Strategie für die Universität, da durch Studie- rende, die eine Ausbildung und Berufserfahrung haben, eine stärkere Anwendungsorientierung in die Universität Einzug halte.

Anforderungen nach Fachbereichen: Für die Geisteswissenschaften seien moderne Bibliotheksarbeitsplätze, umfangreiche Bi- bliotheksbestände und Öffnungszeiten rund um die Uhr wichtig. Ausreichende individu- elle Arbeitsplätze, genügend Fotokopierer und freundliches Bibliothekspersonal gehörten dazu. Zudem sollte der Bestand an Periodika und neusten Auflagen gut und ausreichend sein. Ohne zusätzliche Dozenten machten die zusätzlichen Unterrichtsräume keinen Sinn. Es müsse vorrangig in Lehrpersonal investiert werden, in Dozenten, Assistenten und Tu- toren. Der Ort des Unterrichts sei in den Geisteswissenschaften nicht so entscheidend.

Eine Zusammenführung der unterschiedlichen Naturwissenschaften wird von einigen Teilneh- mern als sinnvoll erachtet. Das würde dafür sprechen, den MIN-Campus nach Bahrenfeld (zur Physik), Flottbek (zu Botanik), Eppendorf (zur Medizin) oder Stellingen (zur Informatik) auszula- gern. Von dort wäre der Campus am Von-Melle-Park mit den „Bücherwissenschaften“ immer noch relativ gut erreichbar. Eine räumliche Einheit von MIN-Campus und Geistes-/Sozialwissen- schaften wäre weniger dringlich. Die Teilverlagerung des MIN-Campus auf den Kleinen Grasbrook wäre ein Kompromiss, um al- len in der Diskussion genannten Interessen gerecht zu werden. Vielleicht ergäben sich dadurch auch neue Möglichkeiten für die Naturwissenschaftler, mit der HafenCity-Universität, der TU Harburg oder Trägern des Technologietransfers zu kooperieren. Gegen eine Verlegung auf den Kleinen Grasbrook spräche, dass es neben den Studierenden der MIN-Fächer selbst auch noch die angehenden Lehrerinnen und Lehrer gibt, die Veranstaltungen an der MIN-Fakultät besuchen. Diese können derzeit noch relativ gut zwischen Von-Melle-Park und Bundesstraße pendeln, was aber im Zuge einer Verlegung erschwert werden würde.

Informationstechnologie: Vermutlich werde die Entwicklung im Bereich der Informationstechnologie eine Schlüsselrolle in der Entwicklung einer Uni der Zukunft einnehmen, so ein Nutzer. Sie werde sich nicht nur auf den Raum/Flächenbedarf auswirken, sondern auch auf das selbstverantwortliche und individuelle Studium, auf das interdisziplinäre Studium, auf eine stärkere Verknüpfung der Uni mit der Wirt- schaft, eine stärkere Öffnung der Uni für die Allgemeinheit und auf das lebenslange Lernen. Blended Learning (Verknüpfung von traditionellen Präsenzveranstaltungen und modernen For- men von E-Learning/E-Study) könnte zukünftig dazu beitragen, dass weniger zentrale Flächen/ Räumlichkeiten benötigt werden und mehr Menschen am Bildungsangebot teilhaben können - unabhängig von Zeit und Ort. Es sei nicht zu verleugnen, dass computergestütztes Lernen noch am Anfang steht und die Akzeptanz derzeit nicht groß ist. Es sei also wichtig, mit diesem Thema vorsichtig umzugehen. Die heranwachsende Internet-Generation bekomme jedoch den Umgang mit der virtuellen Welt

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schon in die Wiege gelegt. Eine Uni der Zukunft wäre demnach als eine Mischung aus Präsenz- und Fern- bzw. virtueller Uni vorstellbar. Durch Hochgeschwindigkeitsnetze würde dezentrale Forschung möglich, Universi- täten können miteinander und auch mit der Wirtschaft vernetzt werden. Vorlesungen aus dem Archiv auf dem IPod im Cafe anhören, an Live-Vorlesungen per Videokonferenz am heimischen Computer teilnehmen, Chatten mit dem Professor, digitale Bibliotheken und andere Möglich- keiten werden wahrscheinlich in der Zukunft zum Alltag gehören.

Hochschulverbund: Es sei wünschenswert, dass das Aufweichen der Grenzen zwischen den Disziplinen bzw. die Zu- nahme interdisziplinärer Studiengänge dazu führt, dass die einzelnen Hochschulen in Hamburg stärker zusammenarbeiten und ihre Ressourcen (u.a. auch Flächen und Technologie) kooperativ nutzen.

Neue Wissens- und Lernzentren in den Stadtteilen: Ein Teilnehmer fragt, wie es wäre, wenn öffentliche Bücherhallen und Volkshochschulen in den Stadtteilen zu neuen Wissens- und Lernzentren zusammengefasst werden. Denkbar wäre hier- bei eine Kooperation mit den Hamburger Hochschulen. Die hochmodern ausgestatteten Wis- sens- und Lernzentren könnten das lebenslange Lernen der Bürger fördern, das Bildungsniveau anheben und der sozialen Spaltung entgegenwirken. Die Universität könnte hier ihr Weiterbildungsangebot anbieten und damit ihre angestrebte Öff- nung vorantreiben. In den Wissens- und Lernzentren würden Computerarbeitsplätze, Biblio- theken, Gruppenarbeits- und Seminarräume mit moderner, vernetzter Kommunikationstechnolo- gie zur Verfügung stehen. Auch Studenten hätten die Möglichkeit dort zu arbeiten und zu lernen, vielleicht sogar ihr Wissen weiterzugeben (Lernen durch Lehren). Die Wissens- und Lernzentren würden zu einer Begegnungsstätte werden.

4.2.2 Uni-Umzug fördert internationale Wettbewerbsfähigkeit

» Beteiligte SPHH, Adrian R, Angelika Brandt, Bubble-Bobble, Klaus Lübke, Peter

» Kurzbeschreibung Hier finden sich die Argumente der Teilnehmenden, die die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Universität Hamburg durch einen Umzug gestärkt sehen.

» Langfassung

Zielsetzung: Die Universität Hamburg als die fünftgrößte deutsche Universität sollte ein exzellentes und in- ternational anerkanntes Forschung- und Bildungszentrum werden, was sie in vielen Disziplinen auch bereits sei.

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Eine exzellente Universität brauche exzellente Mitarbeiter, die sie dauerhaft nur halten könne, wenn sie ihnen exzellente Arbeitsmöglichkeiten anbietet. Um Hamburgs Universität international wettbewerbsfähig zu machen, brauche es mehr Studenten, eine bessere Spitzenförderung, eine exzellente Forschung und Wissenschaft sowie eine optimale Anbindung der Wissenschaft an die Wirtschaft durch Transfereinrichtungen. Auch die Anforderungen im Allgemeinen haben sich verändert: Früher ging es mehr um Schaffung der Räume für die Lehre, heute versuche man alles zu vernetzen um den größten Nutzen daraus zu ziehen. Universitäre Bildung, Hafen, Kunst und Kultur könnten zu einer Einheit in der Freien und Hansestadt Hamburg fusionieren. Auch wenn man nicht die Kapazitäten der Universität stark ausbauen will, bestünde die Chance, eine kleinere kompaktere, moderne, effiziente Universität in einem attraktiven Umfeld entstehen zu lassen.

Vorteil Neubau: Laborräume, Projekträume etc, würden in einem Neubau auf dem neusten technischen Stand erstellt werden. Damit könnten schöne Nebeneffekt erzielt werden, wie das Beispiel Asklepios Barmbek (Krankenhaus) zeigt. Aufgrund seiner technischen Ausstattung und Infrastruktur nutze die Klinik dort viele globale Firmen als Testfeld. Gebäude könnten maßgeschneidert auf heutigen Anforderungen von Lehre und Forschung abgestimmt werden, was einen erheblichen Wettbe- werbsvorteil in der Konkurrenz mit anderen Universitätstandorten sei. Von einem Neubau würde der Universitätsbetrieb nur geringfügig beeinflusst werden. Die De- partments würden erst umziehen, wenn die neuen Gebäude errichtet sind, der Realisierungszeit- raum sei bei diesem Szenarium der Kürzeste und würde daher in naher Zukunft die Interdiszipli- narität in der Forschung und Lehre fördern. Außerdem könnte eine große Mensa „für alle“ gebaut werden, was für das Studentenwerk sinnvoller wäre.

Symbolwirkung: Von einem Neubau auf dem Kleinen Grasbrook würde nicht nur national wie international große Signalwirkung ausgehen. Sie schaffe Perspektiven für die Universität, sich für die kommenden Herausforderungen vorzubereiten, Perspektiven für die Stadt eine nachhaltige Entwicklung vor- anzutreiben und Perspektiven für die angrenzenden Stadtteile aus ihrer Isolation in einem Indus- triegebiet herausgelöst zu werden. Bereits die derzeitigen Bautätigkeiten in der Hafencity bringe eine positive Resonanz aller In- und Ausländischer Gäste, die durchweg überwältigend sei. So wäre es möglich, Hamburgs Interpre- tation einer Wissensstadt der Welt vorzustellen. Die Entscheidung der Stadt Hamburg, eine ihrer zentralsten und besten Flächen für eine bei- spiellose Investition in Forschung und Bildung herzugeben, würde zeigen, dass die Politik den aktuellen Strukturwandel zur Wissensgesellschaft mit seinen Chancen und Risiken erkannt hat und handelt.

Neue Einrichtungen: Ein attraktives Naturkundemuseum könne als naturwissenschaftliches Kompetenzzentrum den Wissenstransfer in die Öffentlichkeit verbessern.

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Alter Standort: Für den alten Standort wird vorgeschlagen, einen kleinen spezialisierten Forschungscampus a lá „MIT in den USA“ einzurichten. Die Kopfgebäude und ein paar Nebengebäude sind neuge- baut, saniert oder einfach noch in gutem Zustand und könnten dafür Verwendung finden. Es reiche zwar nicht für eine Massenuniversität, aber für eine kleinere spezialisierte Uni mit For- schungscampus. Der Standort würde nicht seine komplette Szene verlieren, sondern eine neue hinzugewinnen (da anderer Schwerpunkt) und würde städtebaulich durch neuen Wohnraum, eine spezialisierte kleinere Uni und insgesamt neue freie Flächen gewinnen.

4.2.3 Alternative Standorte & Szenarien

» Beteiligte veddel, Rosamunde, J. Ödmeier, Philip Anz, Joachim Finn, bauruine, Rainer Böhrnsen, Karsten Breckwoldt, Torsten, Louise aus Hamburg

» Kurzbeschreibung Hier werden alternative Standorte für die Universität diskutiert.

» Langfassung

Bahnhof Altona: Die negative Bewertung des Bahnhofs Altona als alternativer Standort wird von einem Teilneh- mer als konsequent bezeichnet.

UKE: Die Argumentation gegen die Verlagerung der Life-Science-Bereiche auf freiwerdende Flächen des UKE wird unterschiedlich beurteilt. Ein Teilnehmer bezeichnet die negative Bewertung als „konsequent“, während ein anderer diese Variante unbedingt weiterverfolgt sehen will. Hier- mit entstünden synergetische Beziehung zwischen den Fachbereichen, und das Gelände läge durchaus in „Fahrrad-Reichweite“ zum Zentrum der Universität. Eine rasche Auslagerung der Life-Science-Bereiche zum UKE könnte darüber hinaus die Modernisierung der Universität we- sentlich erleichtern und beschleunigen.

Bahrenfeld: Bahrenfeld dagegen wird von einigen nach wie vor als alternativer Standort angesehen. So sei die Verplanung der Fläche für den „A7-Deckel“ und die in der Studie angegebene Finanzierung der neuen Rennbahn nicht einleuchtend.

Stattdessen wird als weiteres Szenario eine Teilverlegung zur Trabrennbahn Bahrenfeld vorge- schlagen, da sich hier auch das DESY in unmittelbarer Nähe befände. Es wäre zu überlegen, die Naturwissenschaften beim DESY zu konzentrieren und an der Bundesstraße den historischen Campus zu erweitern.

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Ein Umzug nur der Naturwissenschaften nach Bahrenfeld biete sich aus folgenden Gründen an: •• Teile der Physik sind dort bereits beheimatet. Viele experimentelle Arbeiten verschiedener Teile der MIN Fakultät fänden ohnehin am DESY statt •• Der geringere Platzbedarf der Naturwissenschaften allein sollte in Bahrenfeld gedeckt wer- den können •• Die Naturwissenschaften stellen wesentlich höhere Ansprüche an Gebäude als die Gei- steswissenschaften, d.h. hier würden Neubauten wirklich Vorteile in Form moderner Labore schaffen •• Der Renovierungsbedarf im Bereich Bundesstrasse sei am größten. Das Geomatikum könnte komplett abgerissen werden, was einen ganzen Stadtteil optisch aufwerten würde •• Ein Teilumzug der Naturwissenschaften in den Hafen würde die Uni noch weiter zersplittern. Ein Teilumzug nach Bahrenfeld würde eher der Zusammenführung dienen. •• Neubauten in Bahrenfeld könnten ebenfalls geschaffen werden, ohne den Betrieb am alten Standort zu stören. •• Zusätzlich stünden Flächen auf den Stadionparkplätzen westlich der Luruper zur Verfügung. Dafür kann man kostengünstig ein Parkhaus bauen.

Als Nachteil in Bahrenfeld wäre die schlechte Verkehrsanbindung zu nennen. Hier müsste si- cherlich in Form einer neuen U- oder S-Bahn Linie nachgebessert werden. Eine preiswerte Stra- ßenbahn von Klein Flottbek über Desy nach Eidelstedt mit Querverbindung Stadion / Eimsbüttel könnte eine Lösung darstellen. Dies wäre im Zusammenhang mit dem Stadion ohnehin sehr zu empfehlen.

Rothenburgsort: Mit dem „Masterplan Elbbrücken“ könnte die Freifläche im Kleeblatt Billhorner Röhrendamm aktiviert werden, eine kleine Erhöhung der Dichte würde die Flächenbilanz ausgleichen. Alternativ könnte der Blumen- u. Gemüsegroßmarkt vom Alten Klostertor/Amsinckstraße an die Andreas Meyer-Str. verlagert werden, um dann auf dem frei werdenden Gelände die Uni neu zu errichten. Dies hätte die Möglichkeit einer Verlängerung nach Rothenburgsort auf das Aurelis-Gelände an der Billstraße/Billhorner Brückenstraße. Hier gäbe es eine für Studenten reizvolle Infrastruktur, da die künftige HafenCity-Uni nur 5-10 Gehminuten entfernt ist, die Deichtorhallen, der Haupt- bahnhof und St. Georg mit Copy-Shops, ebenso Rothenburgsort, mit Internetcafees und Copy- Shops in unmittelbarer Nähe, vorhanden sind. Zudem gäbe es schon jetzt ausreichend ÖPNV- Anbindungen.

Wilhelmsburg: Die Verlagerung der Universität wird von anderen Teilnehmenden als konsequenter Sprung über die Elbe angesehen. Das Ergebnis, dass die Flächen durch die laufende Gartenschau belegt seien, wird von einigen Teilnehmern nicht als gültiges Argument akzeptiert, da dies eine rein städteplanerische Entscheidung sei.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 72

Moorburg: Es wird der Vorschlag gemacht, ein Science-Center / Wissenspark in Moorburg zu errichten, bzw. Teile der Universität hierin zu verlagern: •• auf den Grünflächen um den Ort könne ein parkartiger Campus mit niedrigen Gebäuden entstehen •• der Ort böte die Infrastruktur, hat als ländlicher Stadtteil einen hohen Wohn- und Freizeitwert mit dem „Moorburger Berg“ und Wasseranbindung zwischen Altenwerder und der Kattwy- kbrücke •• zum ÖPNV würde eine HADAG-Fähre von Harburg über Moorburg in die City und eine S- Bahn Station in Bostelbek gehören •• ein solches Modell würde die TU-Harburg und den Channel Harburg ergänzen, beides in der Nähe

Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Flächen wäre, dass der Ort Moorburg bestehen bleibt und sich entwickeln kann und das Spülfeld Moorburg-Mitte aufgelöst wird. Dort finde nur noch eine Trennung von Sand und Schlick statt, für die es längst mechanische Lösungen gibt (Metha I und II in ). Es stünde dann eine zusammenhängende Fläche zur Ver- fügung, die in ihrer Größe mit dem Grasbrook vergleichbar ist, im Gegensatz zum Grasbrook, Erweiterungsmöglichkeiten (Richtung Moorburg-West, das Umland und Richtung Harburg) habe und unbebaut sei. Diese Fläche wäre verkehrsmäßig (B73, A7, Nähe zur A1) bereits gut erschlossen. Es müsste auf der S-Bahnstrecke nach Neugraben eine neue Station gebaut werden, von der aus man gut zu Fuß oder mit dem Fahrrad weiterkommen kann. Über einen Bus-Shuttle-Dienst könnte darü- ber hinaus mit dem Gebiet Verbindung hergestellt werden. Die bestehenden Busverbindungen müssten ausgebaut und zusätzlich könnte eine HADAG-Fähre von Harburg über Moorburg in die City fahren. Sollte es sich tatsächlich um 20 – 30.000 Studenten und Mitarbeiter handeln, wären die Aus- wirkungen für den gesamten Bereich südlich der Elbe, von Neugraben-Fischbek bis Harburg, enorm. Als Gebiet zum Wohnen, Einkaufen und für die Gestaltung der Freizeit, wobei gerade die Angebote für das letztere unvergleichlich seien (Elbe, Altes Land, Harburger Berge, Landkreis Harburg usw.). Selbst Wilhelmsburg und die Veddel könnten als preiswerte Quartiere davon pro- fitieren, dann halt nicht von Norden, sondern von Süden her. Die Verbindung in die City sei mit der S-Bahn, durch das Hafengelände und mit dem Fahrrad durch den Alten Elbtunnel in kurzer Zeit möglich.

Erweiterung des jetzigen Standortes: Am Rotherbaum könnten Gebäude, die sich im Staatsbesitz befinden, zur Erweiterung der Uni- versität am Standort dienen (z.B. Gewerbeschule 2 (Installationstechnik), Polizei und Feuerwehr Rotherbaum). Nimmt man die aus Szenario 4 veranschlagten Mehrkosten von 670 Millionen Euro und nutze diese für einen Flächenankauf am Rotherbaum, so könnte ein relativ großes, homo- genes Areal entstehen, welches fast alle Gebäude zwischen Schlüterstraße, Grindelallee, Ren- zelstraße, Schröderstiftstraße und Beim Schlump umfasse. Ergänzend werden die folgenden Möglichkeiten aufgeführt, um die Flächenbedarfe am jetzigen Standort zu erfüllen:

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 73

•• Untersuchungsgefängnis / Gerichte könnte weichen •• Die Bahntrasse in Tieflage zw. westlich Dammtor (Rosengarten)und westlich Rentzelbrücke (alter Bahnhof). Eine schallschluckende Deckelbebauung würde massiv Bauflächen ermög- lichen. •• Tennisplätze Haller Straße stehen 11 Monate leer und könnten auf das Dach •• Mittelweg / Ostseite der Moorweide •• Finnlandhaus / Esplanade: Hier gibt es auch noch Baulücken •• Alte Wohnhäuser „Durchschnitt“ •• Dreiecksinsel Beim Schlump / Hallerstraße / Grindelallee.

Virtueller Raum: Nach Ansicht eines Nutzers wird die technologische Entwicklung eine Schlüsselrolle in der Ent- wicklung einer Uni der Zukunft einnehmen. Blended Learning (Verknüpfung von traditionellen Präsenzveranstaltungen und modernen Formen von E-Learning/E-Study) werde wahrscheinlich dazu beitragen, dass weniger zentrale Flächen/Räumlichkeiten benötigt werden und trotzdem mehr Menschen am Bildungsangebot teilhaben können - unabhängig von Zeit und Ort. Vermut- lich werde die Uni der Zukunft eine Mischung aus Präsenz- und Fern- bzw. virtueller Uni sein. Durch Hochgeschwindigkeitsnetze würde dezentrale Forschung möglich, Universitäten könnten miteinander und auch mit der Wirtschaft vernetzt werden. Vorlesungen aus dem Archiv auf dem iPod im Cafe anhören, an Live-Vorlesungen per Videokon- ferenz am heimischen Computer teilnehmen, Chatten mit dem Professor, digitale Bibliotheken und andere Möglichkeiten gehörten wahrscheinlich in der Zukunft zum Alltag.

4.3 Perspektive Rotherbaum

4.3.1 Gründe für den Erhalt am jetzigen Standort

» Beteiligte Advokat, Mark Bloemeke, Luis M. Silverstein, Benjamin Gildemeister, Torsten, Rainer Böhrnsen, holger.wiechmann, Marlis Luttermann, Dennis von Glahn, HJ Schulz, T_Edelmann, B isotti, Chri- stian Höft, Dr Jan Freitag

» Kurzbeschreibung Im folgenden Wiki wurden die Argumente der Teilnehmenden gesammelt, die für den Erhalt der Universität am derzeitigen Standort sprechen.

» Langfassung

Gewachsene Struktur mit vielfältigen Möglichkeiten Für den Erhalt am Standort sprächen die gewachsene Struktur und die unmittelbar in der Nähe angesiedelten Kleingewerbetreibenden wie Kopier- und Buchläden. Diese wären am Kleinen

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 74

Grasbrook nicht vorhanden und es stelle sich zudem die Frage, ob sich Kleingewerbetreibende dort die hohen Mieten in den modernen Bauten leisten könnten. Die Umgebung sei reich an Grünflächen, Wohnungen und bedarfsgerechten Geschäften, es gäbe attraktive Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung (Turmweg / Mollerstraße, Bootshaus am Isekai) und musikalische Interessen (Musikhochschule an der Milchstraße, musikwissenschaft- liches Institut an der Neuen Rabenstraße), politische Hochschulgruppen, kirchliche Hochschul- gemeinden und Studentenverbindungen. Die Staatsbibliothek und Audimax bilden den symbo- lischen Mittelpunkt des Campus. Die Menschen müssen den Standort mögen. Lebensgefühl und kulturelles Umfeld müssen stimmen. Sonst gehen die besten Leute in eine andere Stadt. Die Nutzer - Studierende, Lehrende, Verwaltungsangestellte, Gastforscher, Ehe- malige -, würden sich laut eines Teilnehmers am Rotherbaum und im Grindelviertel wesentlich wohler fühlen als in einem industriellen Containerhafen. Uni-Viertel ist gewachsen, ein Neubau auf dem kleinen Grasbrook droht dagegen zu etwas „Künstlichem/Gekünsteltem“ zu werden. Auch für internationale bzw. zugezogene Studenten sei, nach Aussage einer Teilnehmerin, der derzeitige Standort der Universität Hamburg in Eimsbüttel, der nicht nur lebendig, sondern auch sicher wirke, ein wichtiges Kriterium bei der Entscheidung, hier zu studieren.

Ein Teilnehmer betont, dass Studieren Leben, Bildung, Erziehung, Erfahrung bedeute. Erst dies mache einen Studierenden zu einer ganzheitlich ausgebildeten Persönlichkeit. Und dazu gehöre zwingend die Interaktion mit einer Stadt. Deswegen seien im Grunde alle klassischen Univer- sitäten in ihren Universitätsstädten in einem zentralen, belebten Quartier beheimatet und nicht isoliert am Rand des städtischen Lebens.

Gute Verkehrsanbindung Direkt neben den Campus Von-Melle-Park befände sich der Dammtorbahnhof mit Anschlüssen für Fern-, Regional- und S-Bahnen. In unmittelbarer Nähe seien auch die U-Bahn-Haltestellen Stephansplatz und Hallerstraße der Linie U4. Die Buslinien 4 und 5 halten direkt neben dem Campus. Der MIN-Standort liege in der Nähe des U-Bahnhofs Schlump, der zwei U-Bahnlinien zusammenführe. Ebenfalls halte dort die Buslinie 4. Das seien geradezu ideale Bedingungen für einen zentral gelegenen Universitätsstandort. Zur Verbesserung könnte beitragen, auf der Höhe Johnsallee an der Rothenbaumchaussee eine weitere U-Bahn-Haltstelle zu bauen. Diese Idee war zwar vor vielen Jahren einmal angedacht worden, sie sei aber nicht zwingend erfor- derlich. Die Verkehrsanbindung wird beim Kleinen Grasbrook, in Hinsicht auf mehr als 30.000 Studierenden und Tausende Beschäftigte, von einigen Teilnehmenden dagegen als fragwürdig angesehen.

Geringste Belastung des öffentlichen Haushalts Die geringe Belastung der öffentlichen Haushalte spräche in Zeiten der Finanzkrise für den Erhalt am Standort. Darüber hinaus wären bereits einige der Gebäude saniert oder neu gebaut worden (z.B. Rechtshaus, Erziehungswissenschaften, Hauptgebäude, gestiftete Flügelbauten, Geomati- kum innen, Phil-Turm, 2 neue Mensen etc.). Es handele sich hier um öffentliches Vermögen, das nicht leichtfertig privaten Investoren überlassen werden dürfe. Daher sollten die restlichen Gebäude kontinuierlich saniert werden. Die errechneten Kosten für

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 75 den Umzug, so befürchten einige Nutzer, könnten auch in Hinsicht auf andere Großprojekte er- heblich höher werden als angenommen und den Haushalt unnötig belasten.

Priorität auf Lehre statt Räume Für die Qualität einer Universität käme es nicht nur auf Bausubstanz an. Wichtiger sei, dass auf Dauer genügend Personal- und Sachmittel zur Verfügung stehen. Daran hätte es in der Vergan- genheit oft gefehlt. Die bloße Nähe zur Hafencity würde auch künftig keine verbesserte finanzi- elle Ausstattung bewirken, die es der Universität Hamburg erlaubte, ihren mittelmäßigen Rang zu verbessern. Durch private Spenden und Stiftungen hätten in der Vergangenheit einige Lücken geschlossen werden können. Die Zuwendungen seien aber oft an den Erhalt eines historischen Standortes gebunden, zu dem die Förderer einen persönlichen Bezug aufweisen. Ein unhistorisches Ge- lände würde in absehbarer Zukunft kaum Spendenbereitschaft mobilisieren. Selbstverständlich läge es im Interesse der Universität, über moderne Gebäude zu verfügen oder verstreute Insti- tute in größeren neuen Gebäuden zusammenzufassen. Eine Sanierung und Modernisierung am bisherigen Standort sei aber ausreichend und wäre die normale Lösung, die keiner gutachter- lichen Begründung bedürfe. Ein anderer Teilnehmer plädiert für eine schrittweise Sanierung vor Ort, da so der Lehrbetrieb ohne jede Einschränkung weiter laufen und mögliche Planungsmängel besser aufgefangen wer- den könnten.

Fläche kein Argument für Qualität Anhand verschiedener Universitäten in den USA könne man laut eines Teilnehmers sehen, dass für eine gute Universität nicht unbedingt die Fläche ausschlaggebend sei, Beispiel „Columbia University an der Upper West Side in New York – Campus-Uni mitten in der Großstadt, nicht besonders klein, dafür eine exzellente Lehre und Forschungsleistung. Wenn man mittels Google Earth einen kleinen Flächenvergleich mache, stelle man sehr schnell fest, dass die Flächen des Campus Bundesstrasse nur etwas kleiner seien (wenn man nicht die angrenzenden Privatgrund- stücke dazurechnet)“. Wenn die aktuell bestehenden Gebäude auf der Fläche „Campus Bundes- strasse“ neu arrangiert würden (ohne die einstöckigen Gebäudeteile), könne man einen großen Zentralplatz mit Randbebauung erhalten.

Standort bietet Erweiterungsmöglichkeiten Die Moorweiden könnten laut eines Nutzers in die Überlegungen für eine Bebauung miteinbezo- gen werden. Diese könnte innerhalb eines parkähnlichen Campus geschehen, der eine Nutzung von Grünflächen zum Verweilen zulässt. Wenn man zusätzlich noch die Straße vor dem Damm- torbahnhof in einem Tunnel versenken würde, hätte man eine höchst attraktive „Eingangspforte“, die einen internationalen Vergleich nicht zu scheuen bräuchte. Der Dammtorbahnhof und die Uni kämen sich näher und das Uni-Hauptgebäude mit den Flügel- bauten würde mehr in das Zentrum der Uni rücken. Mit anderen Gebäude, die sich im Staatsbesitz befänden, wie etwa die Gewerbeschule 2 oder die Feuerwehrwache Rotherbaum, könnte ebenfalls laut einiger Teilnehmer ein großer, homogener Campus geschaffen werden. Auch ließen sich die Gebäude der Post sowie das Sportgelände

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 76

der Universität als Ausweichfläche nutzen und als Ersatz für das wegfallende Sportgelände der Sportplatz Sternschanzenpark.

Gerade die Unibereiche, die von Wasserlage profitieren, sind nicht für Umzug vorgesehen Es wird angemerkt, dass folgende Fachbereiche, die von einer Wasserlage profitieren könnten, für einen Umzug gar nicht vorgesehen wären, z.B. Teile des Fachbereich Biologie (nicht nur die „Ästuarforschung“), das ZMAW mit Meteorologischem Institut, Institut für Meereskunde, Insti- tut für Geophysik, Institut für Biogeochemie und Meereschemie, Institut für Hydrobiologie und Fischereiwissenschaften, Forschungsstelle Nachhaltige Umweltentwicklung, MPI Meteorologie sowie das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie, Bundesanstalt für Fischerei.

Folgen eines Umzugs Ein Umzug würde außerdem die Zersplitterung der Hochschulstandorte innerhalb Hamburgs weiter fördern. Denn in jedem Fall würden die Mediziner in Eppendorf, die Botaniker in Klein Flottbek und die Experimentalphysiker in Bahrenfeld bleiben. Für diese Betroffenen würden sich die Wege zu den übergreifenden Lehrveranstaltungen weiter verlängern. Das gemeinsame aka- demische Leben würde zusätzlich erschwert. Zudem wird bei den Umzugsplänen auf den Klei- nen Grasbrook die Isolation einzelner Fachbereiche und Institute befürchtet, da es hier nur wenig Brücken zwischen „bebauten Inseln“ geben kann.

Der Stadtteil Rotherbaum, insbesondere das Grindelviertel und die dort ansässigen Läden, Re- staurants und Dienstleistungsbetriebe, sei wirtschaftlich und sozial unweigerlich mit der Exi- stenz der Universität verbunden. Ein Umzug würde für einen großen Teil dieser überwiegend Kleingewerbetreibenden das Ende ihrer wirtschaftlich Existenz bedeuten. Der Verein Quartier Hoheluft e.V. mahnt an, dass er mit den vielen kleinen Geschäften im Umfeld der Universität von der Kundschaft der Studierenden, des Lehrkörpers und der Verwaltung abhängig sei. Ein Um- zug, ob teilweise oder vollständig, ist gleichbedeutend mit einer vollkommnen Umstrukturierung der gewachsenen Viertel in Eimsbüttel und im Zentrum. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten seien viele Geschäfte und Cafés nicht in der Lage, einen solchen Verlust an Kundschaft zu überleben, während ein „Hinterherziehen“ aufgrund der viel zu kleinen Fläche auf dem Grasbrook und aus Kostengründen nicht denkbar seien.

Es steht nach Meinung einiger Teilnehmenden zu befürchten, dass im Falle eines Uniwegzugs auf den freiwerdenden Flächen kein sozialer Wohnungsbau, sondern vielmehr Luxuswohnungen entstehen - wie sie z.B. in der Hafencity, auf dem Falkenried entstehen und auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände an der Alster (Sophienterrassen) geplant sind. Wenn die Grundstücke an private Investoren erst einmal verkauft worden seien, gehe es eher um deren Renditeerwartungen als um sozialverträgliche Wohnungsbauprogramme. Bereits heute stiegen die Mieten am Rotherbaum und insbesondere im Grindelviertel überdurch- schnittlich. Die Nähe zur Alster, zur Innenstadt, auch zum Dammtorbahnhof sowie eine Bebauung mit einer gut erhaltenen Altbausubstanz und den letzten in Hamburg noch erhaltenen Gassen ehemaliger Gesindehäuser seien Bedingungen, wie man sie sonst wohl kaum in einer deutschen Großstadt findet, so ein Teilnehmer. Solchen Plänen käme daher möglichen Investoren sehr

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 77 entgegen und es bahne sich eine Vertreibung der bisherigen Bewohner/innen des Stadtteils an.

Bevor über einen möglichen Umzug der Universität tatsächlich nachgedacht und die Folgen ab- geschätzt werden könnten, so ein anderer Teilnehmer, werde eine detaillierte Aufstellung benö- tigt, z.B. über die Anzahl der Studenten, Professoren, Verwaltungsstellen, technische Personal- stellen, Seminarräume, Hörsäle, Laborarbeitsplätze, eingereichte Drittmittelanträge, bewilligte Drittmittelanträge, Publikationen, Studienabbrecher, Gebäude, Grünanlagen, Technologietrans- fergebäude. Darüber hinaus wird beklagt, dass die Uni bereits jetzt Schwierigkeiten mit der Verwaltung der Hörsäle hätte.

4.3.2 Probleme des Standorts Rotherbaum

» Beteiligte Adrian R., Luise aus Hamburg, Advokat, Louis M. Silverstein, Torsten, Benjamin Gildemeister, Torsten Hönisch

» Kurzbeschreibung Hier werden die von den Nutzern identifizierten aktuellen und zukünftige Probleme des Stand- orts Rotherbaum zusammengefasst.

» Langfassung

Räume und Ausstattung Damit die Universität sich wirklich international öffnen und die versprochene Flexibilität leisten kann, würden gute Verwaltungseinrichtungen und den Reformen entsprechende Räumlichkeiten, Labore etc benötigt. Die momentane Bausubstanz bilde das moderne Lernen und Forschen nicht mehr ab. Hinzu käme die mitunter miese Substanz einiger Gebäude auf dem Campus. Viele Räume seien nicht auf dem neuestem technischen Stand und Laborräume, Projekträume etc. könnten in einem Neubau möglicherweise gleich optimaler konzipiert und besser vernetzt werden als an alter Stelle. Zum anderen seien die Räume oftmals „altbacken“, von der Größe un- geeignet und böten den Studenten kaum Anregungen. Die Studenten säßen in vielen Sitzungen auf der Treppe oder könnten einfach an dem Kurs nicht mehr teilnehmen.

Viele Gebäude, die jetzt 40 Jahre alt sind, müssten saniert werden. V.a. eine energetische Sa- nierung wäre sehr vorteilhaft. Aber wenn man sich z.B. die alte physikalische Chemie ansähe, in die jetzt das Klimarechenzentrum einzieht, stelle man fest, dass die Gebäude im Kern noch in Ordnung seien, nur die Fassaden und die Haustechnik erneuert werden müsse. Viele Räume würden auch von moderneren Möbeln und mal einem neuen Anstrich sehr profi- tieren. Ein konkrete Problem bestünde in der dringend erforderlichen Modernisierung der na- turwissenschaftlichen Institute insbesondere im Geomatikum. Ersatzräume müssten aufwendig ausgestattet werden, ein zeitgemäßer Neubau sei kostspielig.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 78

Erstens gehe es darum, die vorhandenen Beeinträchtigungen an der Bausubstanz zu beseitigen und die Räume zeitgemäß auszurüsten. Zweitens müsse der Zustand auf den zukünftigen Be- darf ausgerichtet werden, also in einigen Fällen eine räumliche Erweiterung vorsehen. Audimax und Phil-Turm sollten erhalten und in die künftige Nutzung einbezogen werden, möglichst auch das neogotische Postgebäude in der Schlüterstraße. Manches Raumproblem ließe sich durch intelligentere Planung von Lehrveranstaltungen vermeiden, dafür müssten die Verwaltungen der Fakultäten und Institute besser untereinander vernetzt werden. Die Frage der Ausstattung hänge aber nach Ansicht eines Teilnehmers auch mit der generell zu niedrigen Drittmittelprojektrate der Universität Hamburg zusammen und könne auch über ein verstärktes Engagement in diesem Bereich verbessert werden.

Sanierungsstau Es wurde auf eine Vielzahl kleiner Mängeln hingewiesen (Fahrradständernotstand, Türschlösser auf den Toiletten im Phil-Turm, Waschbecken in den „Flügelbauten“, genereller Zustand einiger Unigebäude), die seit langem nicht behoben worden seien. Es wurde in diesem Zusammenhang der Verdacht geäußert, dass notwendige Erhaltungstätigkeiten an dem bisherigen Standort nicht vorgenommen würden, um die Argumentation für einen Umzug auf den Kleinen Grasbrook zu unterstützen. Aktuelle Probleme bestünden aber nicht nur in Bezug auf Räumlichkeiten, sondern auch im Hinblick auf die personelle Ausstattung. Die derzeitige Diskussion um die Zukunft der Universität würde von solchen aktuellen Proble- men ablenken.

Mangelnde Fläche Es gäbe am Standort bereits heute einen Mangel an Flächen und Probleme, Fachbereiche zu- sammenzuhalten, ausreichend Plätze für Initiativen und Fachschaftsräte zu finden. Besonders die Anzahl der Laborplätze in den Naturwissenschaften reiche oft nicht aus. Dadurch verlängere sich gegebenenfalls unverschuldet das Studium einzelner Studierender. Die Fakultät WiSo müsse sich überall in der Nähe Räume anmieten, weil sie sonst keinen Platz finde. Der „Wiwi-Bunker“ sei ohne Tageslicht und das Geomatikum bröckele. Daraus resultiere auch ein Problem, hervorragende Dozenten anzulocken, weil die räumliche, technische und fi- nanzielle Ausstattung nicht ausreiche und die Dozenten andere Angebote wahrnähmen.

Andererseits weist ein Teilnehmer darauf hin, dass nicht unbedingt die Grundfläche für die Qua- lität und Leistungsfähigkeit einer Uni ausschlaggebend sein müsse. Ein gutes Beispiel sei die Columbia University an der Upper West Side in New York, deren Fläche nur geringfügig größer sei als die des Campus Bundesstraße. Außerdem sei die Flächenkapazität vor Ort noch nicht ausgeschöpft, so habe bspw. das Geomatikum (der Hochhausteil) eine sehr kleine Grundfläche, wo sich an der gleichen Stelle ohne weitere Flächenversiegelung der doppelte Flächenbedarf realisieren ließe. Wenn man die aktuell bestehenden Gebäude auf der Fläche „Campus Bundes- strasse“ neu arrangiere (ohne die einstöckigen Gebäudeteile), so der Nutzer weiter, könne man einen großen Zentralplatz mit Randbebauung erhalten.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 79

Belastung des Standorts bei Sanierung / Neubebauung Das größte Problem im Falle des Verbleibs der Universität in Eimsbüttel bleibe die Dauerbau- stelle, mit der sowohl die Studierenden und Universitätsmitarbeiter/innen als auch die Anwohner zurecht kommen müssten. Kritisch wird dabei gesehen, dass mögliche Anwohnerproteste eine zügige Umsetzung der Pläne am Standort verhindern könnten. Dagegen wird eingewendet, dass die Anwohner durch zigtausend Unterschriften zum Ausdruck gebracht haben, dass sie den Erhalt dieses Standorts unterstützen, und bei einer rechtzeitigen Einbeziehung in den Planungsprozess Konflikte dieser Art umgangen werden könnten.

Zersplitterte Fachbereiche und Serviceeinrichtungen Ein weiteres Problem sei die Isolation einzelner Fachbereiche, bedingt durch Distanz zum Cam- pus. Das gälte für das UKE, für die Informatiker und zum Teil auch für die Physiker und die Stu- dierenden vom Bundesstraßencampus. Die Wege zwischen einzelnen Fachbereichen seien zu lang und die Interdisziplinarität erschwert. Insbesondere die Verlagerung des MIN-Campus zum Kleinen Grasbrook in Szenario 3 würde diese Problematik nach Ansicht einiger Teilnehmenden noch zusätzlich verschärfen. Die Anbindung der Naturwissenschaften an den Rest der Uni sei von hoher Bedeutung für Pro- fil, Identifikation, Interdisziplinarität und den Austausch von Fachkulturen. Zugleich sollte eine sinnvolle bauliche Zusammenfassung verstreuter Einzelinstitute und ihrer Bibliotheken bzw. Ver- waltungen angestrebt werden. Kurze Wege und Verbindungen zwischen den einzelnen Einrich- tungen seien zu bevorzugen.

Ein weiteres großes Problem im Zusammenhang mit der baulichen Situation seien die Verwal- tung und die Serviceeinrichtungen für Studierende. Diese sind sehr verstreut und wenig einla- dend. Studierende bekämen so täglich ein schlechtes Bild der eigenen Uni.

Einbeziehung zukünftiger Nutzerinnen und Nutzer der Gebäude Dieser Punkt beziehe sich eher generell auf die zukünftige Gestaltung von Neubauten und die notwendige Einbeziehung der zukünftigen Nutzerinnen und Nutzer, wo auch immer gebaut wür- de. In diesem Zusammenhang wird als Negativbeispiel das Zoologische Institut genannt, des- sen Neubau mehrere Probleme für die Nutzerinnen und Nutzer ausweise - z.B. eine schlechte Raumaufteilung und an der Südseite des Gebäudes im Sommer wegen fehlender Außenjalou- sien regelmäßig Temperaturen von über 35°C in den Laboren.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 80

4.4 Perspektive Kleiner Grasbrook

4.4.1 Vorteile des Uniumzugs auf den Kleinen Grasbrook

» Beteiligte Klaus Lübke, Spreehafen, Lothar, Peter, Abdeljalil Takni, Nordmann, SPHH, Adrian R., Torsten Hönisch

» Kurzbeschreibung In diesem Wiki wurden die Argumente gesammelt, die die Teilnehmenden als Vorteile einer Uni- versität auf dem Kleinen Grasbrook ausführten.

» Langfassung

Zentrale Lage am Wasser Eine Universität, gemischt mit einem hohen Anteil von Wohn- und Gewerbebebauung, fast alle Disziplinen an einem Fleck, verkehrstechnisch gut angeschlossen, mitten im Herzen der Stadt, weniger als 2 Kilometer vom Rathaus entfernt, das Ganze Ensemble direkt am Wasser biete laut eines Nutzers Vorteile. Auf dem Kleinen Grasbrook befänden sich citynah und zentral Flächen, die auf eine andere Entwicklung warten. Bereits heute käme man vom Hauptbahnhof schneller auf die Veddel als zum Geomatikum. Mit einem neuen Bahnhof an den Elbbrücken wäre der Kleine Grasbrook ebenso zentral wie die . Zudem wäre die Lage am Wasser (an drei Seiten) sehr attraktiv.

Potential für angrenzende Regionen Was das Wohnen betrifft, so würde das Grasbrook-Szenario auch die angrenzenden Stadtteile deutlich aufwerten. Veddel oder Harburg dürften nicht nur für Studierende deutlich an Attraktivi- tät gewinnen. Ähnliche Beispiele wären die Universität in Trier, der Campus in Augsburg oder der Medienhafen in Düsseldorf. Diese Lage, zusammen mit einer modernen Architektur und einer Infrastruktur, die für die heutigen Anforderungen von Lehre und Forschung maßgeschneidert ist, könnten ein erheblicher Wettbewerbsvorteil in der Konkurrenz mit anderen Universitätstandorten sein. Der Standort schaffe Perspektiven für die Universität, sich für die kommenden Herausforde- rungen vorzubereiten, Perspektiven für die Stadt eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben und Perspektiven für die Angrenzenden Stadtteile aus heute bestehenden ihrer Isolation in einem Industriegebiet herausgelöst zu werden.

Anbindung nach Süden In der subjektiven Wahrnehmung der „nordelbischen“ Hamburger scheine alles hinter der Nor- derelbe so weit entfernt wie die Harburger Berge vom Aussichtspunkt am Falkensteiner Ufer, so ein Nutzer. Dies könnte durch eine Verlagerung oder Teilverlagerung der Universität auf den Kleinen Grasbrook aufgebrochen werden.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 81

Es würden sich die angestrebten Nahverkehrsverbindungen wie ein zusätzlicher S-Bahnhof und die Verlängerung der U4 unter die Elbe hindurch nach Wilhelmsburg besser rechnen, die Betrei- bung von Schiffslinien oder Wassertaxis wie in Rotterdam seien denkbar. Die Zugänglichkeit der jetzt aus Sicherheitsgründen abgesperrten Uferflächen könnte wieder gewährleistet, alte Blick- beziehungen wieder hergestellt werden. Ergänzende Verkehrsverbindungen über neue Brücken würden ein Übriges bewirken.

Standort bietet viel Gestaltungsspielraum Der Kleine Grasbrook biete die Möglichkeit, eine „Super-Uni“ mit der nötigen Infrastruktur und ein neues angrenzendes Quartier zu ermöglichen. Mittels Neubauten, die den neuesten tech- nischen Standards and Anforderungen entsprächen, könne bessere Forschung betrieben und die Wettbewerbsfähigkeit der Uni gesteigert werden. Bisher zersplitterte Fachbereiche könnten zusammengelegt werden. Das Areal böte zudem kurze Wege, bessere Vernetzung und steigere die Effizienz.

Stärkung der Verbindung von studentischem Wohnen und Universität Ein Teilnehmer argumentiert, dass studentisches Wohnen heutzutage überall in der Stadt statt- fände. Studentisches Leben auch. Der Umzug auf den Grasbrook böte - wenn er gut gemacht wird - eine neue Chance, Uni und Studierende wieder dichter aneinander zu führen und studen- tisches Wohnen in Uni-Nähe zu stärken.

Symbolwirkung Die Entscheidung der Stadt Hamburg, eine ihrer zentralsten und besten Flächen, für eine bei- spiellose Investition in Forschung und Bildung herzugeben, würde zeigen, dass die Politik den aktuellen Strukturwandel zur Wissensgesellschaft mit seinen Chancen und Risiken erkannt hat und handelt. Zudem könnte das Großprojekt für Aufsehen bei nationalen und internationalen Gästen sorgen. Die Verlegung der Universität (oder Teile von ihr) auf den Kleinen Grasbrook wäre ein Bekenntnis der Stadt zu ihren südlich der Elbe gelegenen Teilen. Bisher wurde hier oft realisiert, was man „im Norden“ nicht haben will: Kohlekraftwerke, Müllberge, Autobahnen. Der Kleine Grasbrook stelle eine geeignete Verbindung zur Elbinsel dar und die Ansiedelung der Uni ließe sich gut mit IBA / IGA und dem Sprung über die Elbe verbinden, um die südlichen Stadtteile zu beleben.

Jobmotor Uni auf dem Kleinen Grasbrook Die Wirtschaftswissenschaftler hätten berechnet, dass die heute 1.300 aus rund 80 Mio. Dritt- mitteln bezahlten Doktoranden, Forscher etc. rund 70 Mio. per anno an Steuern, Abgaben und Konsumausgaben in HH ließen. Wenn sich das in den nächsten 10 Jahren verdoppeln sollte, bräuchte sie viel neuen Platz, was der Kleine Grasbrook biete. Neben einem neuen Stadtviertel und dem Sprung über die Elbe könnte dies 140 Mio. Uni-Wertschöpfung per anno und neue Arbeitsplätzen bringen. Die Uni könnte auf dem Grasbrook zum Jobmotor und Wirtschaftsaufschwung Hamburgs bei- tragen. Aus der Universität heraus komme es oft zu Unternehmensgründungen, die ihrerseits

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 82

wieder Steuern zahlen und Arbeitsplätze schaffen. Die Spillovereffekte durch die Universität könnte mehr Wertschöpfung in den umliegenden Unternehmen schaffen und zu mehr Steuern und Arbeitsplätzen führen.

4.4.2 Probleme des Standorts Kleiner Grasbrook

» Beteiligte Advokat, Veddel, Daniel, Curly, midas, T_Edelmann, Christian Höft, Benjamin Gildemeister, Ste- fan Tiemann, Torsten, Marlis Luttermann, Geist, Thomas, Philip Anz, Rainer Böhrnsen, Louis M. Silverstein, Dennis von Glahn, holger.wiechmann, Mr. X, Lykurg, Torsten Hönisch, Studentin D

» Kurzbeschreibung In diesem Wiki sind die Schwierigkeiten und Probleme zusammengefasst, die bei einer universi- tären Nutzung des Kleinen Grasbrooks nach Meinung der Teilnehmenden auftreten.

» Langfassung

Isolierte Lage Die Lage im Hafen - Wasser an drei Seiten und von Verkehrsbarrieren durchzogen - erscheint einigen Wissenschaftlern und Studenten als Isolation von der Stadt, aber auch als Isolation der einzelnen Institute und Fachbereiche unter einander, da es laut Planung nur wenige Brücken und Verbindungen zwischen den bebauten „Inseln“ geben könne. Andere sehen die Gefahr zur Errichtung einer technokratischen Geisterstadt, da (bis auf evtl. einige Studentenwohnheime) zunächst weder für Studenten finanzierbarer Wohnraum noch attraktive Grünflächen vorhanden seien und keinerlei (Sub-)Kultur und Nachtleben planbar wären. Letzteres sei jedoch für die Hochschulbindung sehr wichtig und schon am Rotherbaum problematisch genug. Bei einem vollständigen Umzug der Uni bestehe das Risiko zur Entwicklung eines künstlichen und leblosen Großprojekts (genannte Negativbeispiele: die Universitäten Bochum, Bremen, Clausthal-Zeller- feld und Trier, HAW-Campus am Berliner Tor, City Nord). Dagegen sei eine citynahe Lage der Hochschule in einem lebendigen, auch früh morgens und abends Sicherheit gebenden Stadtteil ein wichtiges Kriterium (auch für ausländische Studierende). Diese Lage wäre auch noch aus einem anderen Grund problematisch, da die Flächen des Areals von Wasser umschlossen seien und nicht erweitert werden könnten.

Verkehrsanbindung Generell sei die Anbindung dieses Gebietes schwierig, da es nur wenige Brücken und künftige Bahnhöfe gäbe. Die neue U-Bahn könne in Stoßzeiten zum Nadelöhr werden, wenn sich die ge- füllten Hörsäle der HafenCity-Universität und der Universität Hamburg auf die Bahnsteige und in die Züge ergießen. Gerade auch für Fahrradfahrer wäre der Standort Kleiner Grasbrook von Nachteil, da kaum geeignete Verbindungen vorhanden wären. Derzeit reisen ca. 30.000 Studenten und ca. 15.000 Mitarbeiter dezentral aus allen Richtungen zur Uni an, während einige in der Nähe wohnen. Wenn die Uni neu gebaut würde, müssten die

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 83 gleichen Personen in eine einzige U-Bahnlinie (U4) umsteigen. Diese käme von Billstedt und die Umsteiger träfen an den 3 Knotenpunkten Jungfernstieg, Hauptbahnhof und z.T. Berliner Tor auf diese Linie. Nur aus der zukünftigen U3 am Berliner Tor könnten die Reisenden auf dem gleichen Bahnsteig direkt zur U4 umsteigen. Außerdem steige die mittlere Streckenlänge der Fahrten, weil eine Schwerpunktnutzung aus der Mitte heraus verlagert würde, was auch im ÖPNV nicht besonders klimafreundlich sei. Der Individualverkehr sei nach Aussage einiger Teilnehmenden bisher in den Szenarien noch gar nicht hinreichend berücksichtigt.

Verlängerte Wege zwischen einzelnen Uni-Bereichen Der Zusammenhang der Fachbereiche mit externen Forschungseinrichtungen, z.B. das DESY, das UKE und die Max-Planck-Institute für Meteorologie sowie ausländisches und internationales Recht wäre am kleinen Grasbrook nicht mehr gegeben und die Wege zwischen den verschie- denen Universitätseinheiten eventuell noch länger als bisher. Auch bei einem Umzug wäre eine lokale Bündelung der Fachbereiche nur bedingt gegeben, so hätte man anstelle der derzeitigen Uni-Standorte (Klein Flottbek, Bahrenfeld, Eppendorf, Bundesstraße/Martin-Luther-King-Platz, Von-Melle-Park/Edmund-Siemers-Allee, Jungiusstraße, Bergedorf, Stellingen) nur geringfügig weniger Standorte (Kleiner Grasbrook, Klein Flottbek, Bahrenfeld, Eppendorf, Bundesstraße, Jungiusstraße, Bergedorf). Dagegen wä- ren gerade die Fachbereiche, die von der Wasserlage profitieren könnten, nicht für einen Umzug vorgesehen, wie Teile des Fachbereichs Biologie und des ZMAW (Meteorologisches Institut, Institut für Meereskunde, Institut für Geophysik, Institut für Biogeochemie und Meereschemie, Institut für Hydrobiologie und Fischereiwissenschaften, Forschungsstelle Nachhaltige Umwelt- entwicklung, MPI Meteorologie sowie das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie und die Bundesanstalt für Fischerei).

Bei einer Teilverlegung (Szenario 3) sei zudem zu beachten, dass es neben den Studierenden der MIN-Fächer selbst auch noch die angehenden Lehrerinnen und Lehrer, die Veranstaltungen an der MIN-Fakultät besuchen, gäbe. Diese könnten derzeit noch relativ gut zwischen Von-Melle- Park und Bundesstraße pendeln. Bei einer Teilverlagerung Richtung Grasbrook oder woanders hin, würde das deutlich komplizierter. Auch bei einem vollständigen Umzug ergäben sich ähn- liche Probleme, z.B. für Lehrämtler. Institute wie das botanische Institut in Klein Flottbek wären schwer zu erreichen, ebenso Einrichtungen wie die Lehrerbibliothek in der Felix-Dahn-Str., die vom jetzigen Campus in wenigen Minuten mit dem Bus zu erreichen sei.

Auch für die Mediziner sei die Nähe zum MIN-Campus sinnvoll, weil sie naturwissenschaft- liche Fächer belegen müssten. Da aber der Medizin-Campus unverrückbar in Eppendorf bliebe, sprächen die vorstehend dargestellten Erwägungen doch eher für einen Verbleib des MIN-Cam- pus am Standort Eimsbüttel/Rotherbaum.

Mögliche Unverträglichkeit von städtischer und Hafennutzung Ein weiterer Teilnehmer thematisierte die dringende Notwendigkeit, zunächst die Eignung po- tentieller Standorte detaillierter in Hinsicht auf einzelne Fachbereiche zu prüfen. So benötigten einige (insbesondere naturwissenschaftliche, experimentell-wissenschaftliche) Spezialbereiche

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 84

der Universität besondere Rahmenbedingungen, die nach Meinung des Teilnehmers bei der Erstellung der Szenarien noch gar nicht berücksichtigt wurden und sich mit angrenzender Ha- fennutzung nicht gut vertragen. Gegen die Verlagerung in den Hafen spräche nach Meinung einiger Teilnehmenden der man- gelnde Platz, Windproblematik und Lärm des angrenzenden Hafenbetriebs, was bereits bei der HafenCity zu Unverträglichkeiten führe. Gerade für das Lernen und Arbeiten in der Universität stelle Lärm eine erhebliche Beeinträchtigung dar.

Zudem bräuchte der Hafen, so äußern sich andere Teilnehmende, als einer der Jobmotoren Hamburgs die Fläche sowohl im Kerngebiet wie dem Kleinen Grasbrook als auch anderen Erwei- terungsflächen. Der Kleine Grasbrook wäre wichtig für die Bedeutung Hamburgs als Universal- hafen, der insbesondere in Zeiten der Finanzkrise neben dem Container-Hafen durch ein breites Verladeangebot abgefedert würde. Auf dem kleinen Grasbrook arbeite derzeit ein Kaibetrieb auf einer sehr geeigneten Fläche und schaffe Arbeitsplätze und Steueraufkommen. Trotz der mangelnden Wassertiefe sei der Standort für bestimmte Schiffstypen dauerhaft ausreichend wie dem Roro-Frachter, ConRo-Frachter, Autotransporter, Schwergutschiffe und etliche Kühlschiffe in der Woche. Darüber hinaus erreichten die arbeitsintensiven Nicht-Containerumschläge am Unikai laut eines Nutzers eine vergleichsweise hohe Wertschöpfung durch umfangreiche Aufgaben der Ladungs- sicherung, Stauplanung, Packung, Inspektion, Vor- und Nachbehandlung, etc. Zudem investiere die HPA derzeit stark in dieses Areal, was einer alternativen Nutzung entgegen stünde. Es stelle sich daher die Frage, wie die Investitionen in die Hafeninfrastruktur und in gesunde Hafenbe- triebe zusammenpasse mit dem Gedanken einer Umsiedlung und den damit verbunden Mehr- kosten und wie Kultur, Wissenschaft und Wohnen mit einem solchen Gewerbegebiet harmonie- ren sollen.

Im direkten Zusammenhang mit einer möglichen Verlagerung der auf dem Kleinen Grasbrook ansässigen Hafenbetriebe im Falle eines Uniumzugs befürchten einige Bewohner Moorburgs, dass diese nach Moorburg (als potentielles Hafenerweiterungsgebiet) selbst versetzt werden könnten und so die Existenz des Ortes gefährden bzw. die aktuelle städtische Entwicklung des Orts behindern.

Hochwasserschutz Darüber hinaus wird angemerkt, dass bei dem Thema Hochwasserschutz in der Studie von Ko- sten in Höhe von 4 Mio. Euro ausgegangen werde, während die „Kosten für Altlastensanierung und Kampfmittelräumung nicht berücksichtigt“ (Seite 451) wurden. Bislang würde nur „über die theoretisch möglichen Schutzmaßnahmen (Geländeerhöhung; falls nicht möglich Objektschutz oder neue Einpolderung) gesprochen“, dies aber nicht weiter kon- kretisiert. Diese zentrale Frage des Hochwasserschutzes müsse jedoch zuvor für weite Teile der Stadt geklärt werden. Es ginge dabei nicht nur um die Verlagerung von Instituten und Studieren- den, also gegebenenfalls um Flutschäden an Bauten und vielleicht Menschen, sondern auch um die Verlegung der Institutsbibliotheken und vor allem der Staats- und Universitätsbibliothek in ein Überschwemmungsgebiet. Auch diese unersetzlichen Bücher verdienten jedoch große Sorgfalt

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 85 und Schutz.

Unkalkulierbare Erschließungskosten In der Langfassung der Studie würden, so einige Nutzer, die Kosten für notwendige infrastruktu- relle Maßnahmen der Szenarien 4.0 und 4.1 teilweise ausgeklammert, während die Verlängerung der U4 mit zusätzlichen 167 M Euro veranschlagt würde (Seite 453). Aus der Erfahrung mit der Kostenentwicklung der U4 bis Lohsepark könne nicht mit einem derart niedrigen Preis gerechnet werden, während die Großmarktbrücke sogar völlig aus den Erschließungskosten herausgerech- net sei. Somit erscheint die Kostenabschätzung der beiden Szenarien einigen Teilnehmenden als zu niedrig und unrealistisch angesetzt. Es müsse, so ein Teilnehmer, mindestens mit Faktor 2 multipliziert werden und sei somit eine unkalkulierbare Belastung für den öffentlichen Haushalt.

4.4.3 Langfristige Perspektive des kleinen Grasbrooks

» Beteiligte midas, Klaus Lübke

» Kurzbeschreibung Das Wiki enthält einen Alternativentwicklungsplan für den Kleinen Grasbrook: Mit oder ohne Uni könnte hier das fehlende Verbindungsstück zwischen Innenstadt und der Elbinsel (mit allen ihren Projekten) geschaffen werden. Das Konzept sieht eine Überplanung des Gebiets vor, das der Hafenwirtschaft und städtebaulichen Interessen gleichzeitig gerecht werden und zudem eine nachvollziehbare und dauerhafte Grenze zwischen diesen Nutzungen ziehen könnte.

» Langfassung Der Hafen sei ein integraler und identitätsstiftender Bestandteil der Stadtstruktur Hamburgs. Seine zentrale Lage bringe zwar einige Probleme mit sich (Lärm, Verkehr, Platzmangel), sei da- für aber einzigartig und biete Raum für die Schaffung von Synergien und von „besonderen“ urbanen Räumen, in denen sich die Gegengewichte von aktiver Hafennutzung und anderen Ha- fen– bzw. elbnahen Nutzungen ergänzen oder einen spannenden Kontrast bilden könnten. Eines der Hauptprobleme in den vorgelegten Entwürfen der Architekten wäre das Beharren auf einer (ansatzweise historischen) Wasser- und Landflächenverteilung, die weder für den Städtebau noch für einen modernen Hafen optimal sei. Der heutige Moldauhafen sei viel zu schmal für eine attraktive Wasserfläche, zumal wenn das umliegende Land auf flutsicher 8,50m über NN erhöht würde. Bei Ebbe würde das Hafenbecken wie eine Schlucht wirken und in seiner Nutzung ent- sprechend eingeschränkt sein. Das zweite Hafenbecken, welches die Architekten neu planen, sei entweder nur einseitig „städtisch“ bebaut oder setze langfristig eben doch die Überplanung der Unikais voraus, um sich in einen Stadtraum zu verwandeln. Der Hafen müsste dafür weg.

Mit oder ohne Uni könnte hier das fehlende Verbindungsstück zwischen Innenstadt und der Elbinsel (mit allen ihren Projekten) geschaffen werden. Es erscheint dem Autor des Konzeptes daher sinnvoll, sich langfristig Gedanken zu machen, in welcher Form hier eine Überplanung

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 86

stattfinden könnte, die Hafenwirtschaft und städtebaulichen Interessen gleichzeitig gerecht wer- de und zudem eine nachvollziehbare und dauerhafte Grenze zwischen diesen Nutzungen ziehe. Unter der Voraussetzung, dass die Stadt bereit ist, das Gelände konsequent zu entwickeln und dafür auch die entsprechenden Mittel vorzustrecken (langfristige Refinanzierung über Grund- stücksverkäufe und / oder Pachten) könnte eine solche Lösung gelingen. Eine beispielhafte mögliche Lösung wurde unten skizziert.

Bildquelle: midas auf Basis von Google maps

Die Grundideen sind dabei folgende: Statt zwei schmalen Wasserflächen (alter Moldauhafen und neuer noch namenloser Hafen – siehe gmp) würde in Form des ausgeweiteten Moldauha- fens nur eine neue, aber deutlich größere Wasserfläche geschaffen, welche auf beiden Seiten von dem neuen Stadtteil umgeben wäre. Die Ausrichtung der urbanen Struktur dieses neuen Stadtteils orientiere sich mehr in Südost-Richtung als parallel zur Norderelbe, um dessen Brü- ckenkopffunktion zur Veddel zu stärken. Durch Teilzuschüttung des Hansahafens gewänne der Unikai auf Seiner (Süd-)Westseite neue Flachen hinzu. Mittels dieser und durch die Verfüllung des Restes des Segelschiffhafens würden neue Terminalflächen erschlossen, die es wiederum erlaubten, Areale auf der bisherigen Nordostseite abzugeben. Die Trennung von Wohnfunkti- onen und Hafenumschlag erfolge durch einen „Riegel“ von Büro- und Gewerbenutzung auf der Westseite des „neuen Moldauhafens“, durch die Wasserfläche selbst und durch die Ausrichtung des Terminals nach Westen (Abbildung zwei). Die dritte Abbildung gibt eine Übersicht der neuen Infrastruktur bzw. der Erschließungsbaumaß- nahmen, welche für eine Entwicklung nach meinem Denkmuster notwendig und wünschenswert wären.

Die Kosten eines solchen Unterfangens könnten, so Nutzer Klaus Lübke, höher werden als an- genommen. Eine Wiedereröffnung des Segelschiffhafens ließe sich leichter realisieren. Sie gäbe der Tideelbe wieder mehr Raum als es heute der Fall sei, was der HPA entgegenkommen dürfte. Es sei an der Stelle an noch bestehende Regelung des Vertrages von Versailles erinnert: Am Ostufer des Moldau- und Saalehafens seien noch Flächen in der Hoheit der Tschechischen Re- publik. Das Pachtverhältnis laufe erst 2018 oder 2019 aus, so wie es die Bedingungen des 1919 geschlossenen Vertrages vorsehen.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 87

4.4.4 Der Hafen braucht Fläche

» Beteiligte Mr. X, midas. Rainer Böhrnsen, Klaus Lübke, SPHH, Thomas, Ivanauskas, swslhh, Luderer

» Kurzbeschreibung Der Hafen stellt nach Ansicht einiger Teilnehmenden einen der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren und Jobmotoren Hamburgs dar. Um sein Funktionieren und seine Weiterentwicklung sicher- zustellen, müssten ausreichende und passende Flächen verfügbar sein. Der Kleine Grasbrook spiele dabei, neben anderen Gebieten, eine wichtige Rolle und könne nach Ansicht der beteili- gten Nutzerinnen und Nutzer nicht für die Universität verwendet werden. Darüber hinaus stelle sich die Frage, ob eine etwaige Verlagerung von Hafenbetrieben mit dem Hafenentwicklungsge- setz in Einklang gebracht werden könne. Diese Diskussion wurde speziell im Bezug auf mögliche Flächen in Moorburg geführt.

» Langfassung

Kleiner Grasbrook ist keine brachliegende, sondern intensiv genutzte Hafenfläche Es wird argumentiert, dass es sich bei dem Kleinen Grasbrook nicht um brachliegendes, unge- nutztes Gelände handele, sondern um einen der größten Multipurpose-Terminals im Hafen mit über 500 Schiffsanläufen pro Jahr und Arbeitsplätzen für rund 1.000 Beschäftigten. Mit dem Überseezentrum sei hier das größte Unternehmen für Lager- und Kontraktlogistik im Hafen sowie angrenzend ein Multifunktionsterminal mit der einzigen Abfertigungsmöglichkeit für Frucht- und Kühlschiffe sowie für die Verladung von Fahrzeugen angesiedelt. Ein Neubau der Universität auf dem Kleinen Grasbrook würde zu einer Abwanderung dieser Hafendienstleistungen in andere Häfen führen, da zurzeit für die dort angesiedelten Unternehmen keine Ersatzflächen im Hafen zur Verfügung stünden. Folglich würden der Stadt Wertschöpfung, hafenbezogene Steuern und Einnahmen sowie Ar- beitsplätze verloren gehen und Konflikte seien aufgrund der mit dem Hafenbetrieb verbundenen und unvermeidbaren Lärmemission zwischen Studieren/Wohnen und Gewerbe vorprogram- miert. Der Hafen brauche für den Umschlag Flächen mit Wasseranschluss und ausreichender Wassertiefe für Seeschiffe. Aufgrund der geografischen Lage des Hafens mitten in der Stadt seien die Flächen knapp be- messen und müssten dauerhaft für Hafenzwecke genutzt werden. Mittelfristig würden der Welt- handel und damit das Volumen der weltweiten Güterströme wieder zunehmen und der Umschlag im Hamburger Hafen wieder wachsen. Dafür würde jeder „Quadratzentimeter“ Hafenfläche be- nötigt. Zudem gäbe es für den Bereich O´Swaldkai eine Bestandsgarantie bis zum Jahr 2025, so dass mit einem Neubau erst danach begonnen werden könnte. In der Studie seien hierzu keine Alternativen genannt.

Hamburg ist Universal- und kein reiner Containerhafen Der Umstand, dass Hamburg ein Universalhafen sei, könne als Standortvorteil genutzt werden. So sei zum Beispiel Bremerhaven vom Umsatzeinbruch der Automobilindustrie besonders be-

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 88

troffen, am Unikai allerdings würden nicht ausschließlich Autos verschifft. Es bestehe also keine absolute Festlegung, die Hamburg einschränken würde. In der Nähe des Unikais befinde sich ein weiteres Universalterminal, auf dem Güter sämtlicher Art umgeschlagen werden könnten. Hier wurde gerade die Erneuerung der Kaimauern und Vertiefung des Hafenbeckens für größere Schiffe vorgenommen.

Die HPA investiere in diesen Teil des Hafens, in dem nicht nur Container verschifft würden. Zum Teil seien es ganz andere Schiffsladungen, wie zum Beispiel Industrieanlagen, große Maschinen, Autos etc., die verladen würden. Es handele sich um Güter, die nicht in Containern verladen werden könnten. Hierfür würden ganz andere, oft kleinere Schiffe eingesetzt. Die im besagten Hafengebiet verschifften Güter seien meist Teile von Projektverladungen, also der Verschiffung von kompletten Industriewerken usw.

Auch eine erweiterte Hafennutzung wäre in diesem Bereich möglich. So wäre es dort z. B. mög- lich, für die kleineren Feederschiffe, die die Container z. B. in den Ostseeraum verteilten, einen eigenen Hafen zu bauen. Das gälte für die Flächen auf dem Grasbrook ebenso wie die Flächen, die jetzt von der Hafencity belegt würden. Sie könnten für Logistik und Distribution u. ä. genutzt werden.

Auf dem Kleinen Grasbrook arbeite derzeit ein sehr erfolgreicher bestehender Kaibetrieb auf einer Fläche, die bestens für ihn geeignet sei und es auch auf absehbare Zeit bleiben werde. Er schaffe Arbeitsplätze und Steueraufkommen für Hamburg in einem langfristig sicheren Wirt- schaftsbereich sowie in vielen nachgelagerten Wirtschaftszweigen. Der Grasbrook sei gerade für die Vielzahl unterschiedlicher Schiffstypen, die den Hamburger Hafen anlaufen, geeignet: Roro-Frachter, ConRo-Frachter, Autotransporter, Schwergutschiffe und nicht zuletzt etliche Kühlschiffe in der Woche.

Notwendigkeit der Fläche Kleiner Grasbrook / Umzug von Hafenbetrieben Es stelle sich die Frage, warum die Universität gerade an eine Stelle des Hafens verlegt werden soll, an der seeschifftiefes Fahrwasser vorhanden sei. Dies würde bestehende und funktionie- rende Hafenbetriebe unnötig belasten. Darüber hinaus sei es aus Kostengründen nicht gelun- gen, die Unternehmen aus mittlerem Freihafen zu verlagern. Daher scheine es unwahrscheinlich, dass dies in anderen Teilen des Hafens besser gelingen würde.

Ein Kaianschluss werde von der Universität im Gegensatz zu Hafenbetrieben nicht benötigt. Die- ser Umstand wiege besonders schwer, da im Hamburger Hafen ohnehin nur wenige Flächen mit zeitgemäßem Kaianschluss vorhanden seien. Die Verlagerung der Universität auf den Kleinen Grasbrook würde nur mehr dieser Flächen unnötig belegen.

Wenn eine Verlagerung auf den Kleinen Grasbrook geplant werde, müsse die dann anstehende, Verlagerung der Hafenflächen gleich mit geplant werden. Eine großflächige Hafenerweiterung in Moorburg würde hier ggf. den notwenigen Spielraum schaffen, damit die Hafenwirtschaft mittelfristig die Flächen auf dem Kleinen Grasbrook freigeben kann. Jedoch müsste zuerst die

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Hafenerweiterung in Moorburg stattfinden, um danach den Grasbrook freigeben zu können. Dieser Umstand würde den Beginn der Bautätigkeiten auf dem Kleinen Grasbrook um ca. 10 Jahre verzögern. Die Flächen auf dem Kleinen Grasbrook würden heute effizient genutzt. Im Gegensatz zu den leicht stapelbaren Containern im westlichen Hafen würden auf dem kleinen Grasbrook zahl- reiche Projektladungen – also sperrige und überschwere Einzel-Güter – geladen und gelöscht: Von Lokomotiven über Hubschrauber bis hin zu Großanlagen für die Industrie. Diese Güter ließen sich nicht so effizient lagern wie Container.

Der Kleine Grasbrook ist für den Hafen nicht von großer Relevanz Aus Sicht eines Teilnehmers stellt die Verlegung der Universität (oder Teile von ihr) auf den Klei- nen Grasbrook ein Bekenntnis der Stadt zu ihren südlich der Elbe gelegenen Teilen dar. Bisher würde hier nur realisiert, was man „im Norden“ nicht haben will: Kohlekraftwerke, Müllberge, Autobahnen. Der intensiv genutzte Bereich des Hafens liege nicht auf dem Kleinen Grasbrook. Das liege auch daran, dass die großen Seeschiffe diesen Teil des Hafens nicht erreichen könnten, weil die Was- sertiefe hier nicht ausreiche. Das ließe sich auch nicht ändern, es sei denn der St. Pauli Elbtunnel würde abgerissen. Die wirkliche Musik des Universalhafens spiele woanders, und zwar weiter westlich. Hier sei der Hansaport, der große Erzhafen. Hier seien die Getreideheber, die Flüssig- keitsterminals. Die Kaistrecke auf dem Grasbrook ließe sich ganz gut noch weiter nutzen, sogar bei einer Komplettverlagerung der Universität. Nur dürften dann die Lagerbetriebe den Grund nicht mehr verschwenden, wie sie es heute täten.

Die Wichtigkeit des Grasbrooks für den Hafen dürfe nicht überschätzt werden. Die Grimaldi- Lines betreibe die größten Schiffe am Unikai. Die Fahrzeugtransporter sei aber nur etwas mehr als halb so groß, wie die Containerschiffe, die Waltershof, Eurogate oder Altenwerder anlaufen. Die Bananenfrachter, die den Fruchtterminal anlaufen, seien in der Regel noch kleiner. Darüber hinaus würde der Umzug der Universität auf den Kleinen Grasbrook die Entwicklung der an- grenzenden Stadtteile vorantreiben. Die Veddeler und Wilhelmsburger identifizierten sich schon heute mit ihren Stadtteilen. Mit der Ansiedlung der Universität würde sich diese Entwicklung nur verstärken.

Uniumzug erhöht Flächenbedarf und Druck auf Hafenerweiterungsgebiete, z.B. Moor- burg Nach allen bisherigen Kenntnissen würde der Hafen in Hamburg mittelfristig erweitert werden müssen, selbst wenn weiterhin Effizienzverbesserungen bei den bereits vorhandenen Hafenflä- chen erzielt werden könnten. Hier sei die Expertenmeinung einhellig, so ein Nutzer. Der Welthan- del werde weiter zunehmen, Hamburg wird voraussichtlich davon profitieren, daher brauche der Hafen mehr Platz. Die derzeitige Wirtschafts- und Finanzkrise verzögere diese Effekte lediglich um ein paar Jahre. Die Stadt Hamburg habe jedoch keine anderen Flächen mehr zur Verfügung, die zur Erweiterung des Hafens ohne größere Restriktionen genutzt werden könnten.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 90

Mittelfristig werde es eine Hafenerweiterung in Richtung Moorburg geben, da in den kommen- den Jahren der Containerumschlag weitere Flächen benötigen werden. Derzeit erweitere sich der Hafen überwiegend nach innen – durch Neustrukturierung und bessere Ausnutzung der bestehenden Flächen. Es sei jedoch absehbar, dass das Potenzial der inneren Expansion eines Tages erschöpft sein wird. Ob diese dann direkt, nur zum Teil direkt oder nur mittelbar durch die Hafenerweiterung in Moorburg geschaffen würden, sei eine andere Frage.

In Moorburg wäre ein Terminal realisierbar, der wie Altenwerder von den größten Seeschiffen angelaufen werden könnte. Dies wäre auf dem Kleinen Grasbrook schwieriger. Eine neue Hafen- fläche in Moorburg könne für mehr als nur Containerumschlag genutzt werden. Das Moorburg als Erweiterungsfläche für den Containerumschlag gedacht sei, bedeute jedoch nicht zwangs- weise, dass dort nach der Überbauung der Siedlung ausschließlich Container umgeschlagen werden könnten. Zum einen ließe sich der Containerumschlag nicht immer von anderen Umschlagsmodalitäten trennen (der Unikai schlägt Container, Roro-Ladung und Projektladung um) und zum anderen könne der sich ausweitende Containerumschlag die Flächennutzung in Moorburg auch indirekt notwendig machen: Ein Containerterminal in Moorburg und ein Mehrzweckhafen auf Steinwer- der seien rechtlich zulässig. Im Umkehrschluss müsste ein neuer Containerterminal auf Stein- werder und eine Verlagerung der heutigen Mehrzweckterminals von nach Moorburg ebenfalls zulässig sein. Eine Verlagerung der Uni auf den kleinen Grasbrook würde den Nut- zungsdruck auf Moorburg über Kurz oder Lang erhöhen.

Konflikt mit Hafenerweiterungsgebiet Moorburg Die Fläche Moorburg sei mittelfristig für die Hafenerweiterung vorgesehen. Dies sei nach Ansicht eines Nutzers im Hafenentwicklungsgesetz festgelegt. Die Bürgerschaft habe ihre Zustimmung gegeben, dass Moorburg abgerissen werde, wenn aufgrund des zunehmenden Containerver- kehrs der Hafen zusätzliche Flächen brauche. Deutlich im Vordergrund stehe hier der Punkt, dass zusätzliche Fläche, also über die Fläche hinaus, die bei Beschluss des Gesetzes vorhanden war, benötigt werde.

Die Verlagerung von Betrieben vom Grasbrook nach Moorburg wäre laut eines Teilnehmers je- doch keine Erweiterung des Hafens im Sinne des Gesetzes und könne deshalb in diesem Rah- men nicht so durchgeführt werden. Moorburg sei also kein Hafenerweiterungsgebiet, das zur Verfügung stehe, wenn sich irgendwie ein Bedarf nach diesem Gebiet ergäbe, zumal dieser im Fall des Grasbrooks gar nicht aus dem Betrieb des Hafens käme und nicht auf eine räumliche Vergrößerung abziele, sondern von der Stadtentwicklung käme.

1982 wurde das Hafenerweiterungsgesetz neu aufgelegt und als Hafenentwicklungsgesetz wei- tergeführt. Es wurde eine Reihe von Änderungen eingepflegt, so der Teilnehmer. Die damals in das Gesetz eingebrachten Modifikationen u.a. in §5 ebneten die Planung und den Bau der Ha- fencity. Für diesen Flächenverbrauch stand aber noch Altenwerder (ein zu dem Zeitpunkt noch recht dicht besiedeltes Dorf) als Ersatzfläche zur Verfügung. 2009 könne man analog in dieser Diskussion HafenCity mit Universität und Altenwerder mit Moorburg gleichsetzen. Es könnte

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 91 also zu harschen Konflikten zwischen den Privateigentümern in Moorburg und der Stadt Ham- burg kommen.

Ein Gegenargument hierzu wäre, dass die Verbindung der HafenCity mit dem Gebiet Altenwer- der weniger eng sei als angenommen. Der Terminal Altenwerder diente einzig und allein der Ausweitung der Hamburger Umschlagskapazitäten. Es handelte sich hierbei nie um eine Verla- gerung, sondern per se um eine Ausweitung der Hafennutzung. Verbunden waren die Projekte lediglich über einen Finanzierungsmechanismus, so ein Teilnehmer. Die HafenCity sollte durch ihre Flächenerlöse die Hafenerweiterung finanzieren. Diese Verbindung wurde allerdings, so der Nutzer weiter, schon vor Jahren gekappt und die Haushalte separat betrachtet. Die Kernfrage sei, ob gegebenenfalls Enteignungen auf Basis des Hafenentwicklungsgesetzes durchgeführt werden könnten, wenn wegen des Uniumzugs die Verlegung der Betriebe vom Gras- brook nach Moorburg anstehen sollten. Die Frage, ob eine Verlagerung der Hafenbetriebe durch das Gesetz gedeckt sei, könnten sicher nur die zuständigen Gerichte beantworten. Sie sollte aber bei dem Szenario Grasbrook bedacht werden, bevor die Stadt vor einem Gericht stehe.

4.5 Perspektive Gesamte Stadt

4.5.1 Impulse für Sprung über die Elbe

» Beteiligte Adrian R., Nordmann, Klaus Lübke, Lothar, Abdeljalil Takni

» Kurzbeschreibung Im folgenden Wiki wurden die Argumente zusammengetragen, die die Teilnehmenden in Bezug auf die Impulse zugunsten eines Sprungs über die Elbe geäußert haben, die sie sich von einem Uni-Umzug auf den Kleinen Grasbrook erhoffen.

» Langfassung

Sprung über die Elbe führt über Kleinen Grasbrook Hamburg sei eine wachsende Stadt, die sich zum Ziel gesetzt habe, in naher Zukunft „über die Elbe zu springen“, um die südlichen Stadtteile besser zu entwickeln. Für die meisten Besucher und viele Hamburger ende Hamburg jedoch nördlich der Elbe, was aber in der Realität nicht so sei. Die Hafencity, der Masterplan Elbbrückenzentrum (nördlich und südlich der Elbbrücken), der Masterplan Sprung über die Elbe (aber erst ab Wilhelmsburg) wären beschlossen und geben den Rahmen vor. Alle diese Pläne befänden sich zurzeit in der Realisierungsphase. Was fehle, sei der kleine Grasbrook als unerlässliches Verbindungsstück. Wilhelmsburg werde immer urbaner und interessanter - neuerdings auch ein sehr beliebtes Viertel für Studenten, was durch die Uni zusätzlich gefördert würde und sich positiv auf die benachbarten Stadtteile auswirken könne. Der Sprung über die Elbe stelle laut einiger Teilnehmender eine Öffnung des Hamburger Südens

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 92

und eine zukunftsträchtige Entwicklung im Sinne der ganzen Stadt dar. So habe der Bezirk Hamburg-Mitte im Jahr 2003 einen international besetzten Workshop durchgeführt, in dem Lö- sungen für die zukünftige Entwicklung des Gebietes erarbeitet worden sind. Dabei wäre erst- mals auch von der Einrichtung einer Universität am südlichen Elbufer die Rede gewesen. Im gleichen Jahr habe die Baubehörde eine große internationale Entwurfswerkstatt in den „50er Schuppen“ durchgeführt, die ebenfalls eine städtebauliche Entwicklung des Kleinen Grasbrook gefordert habe. Der Vorschlag, die Universität oder Teile davon in dieses Gebiet zu verlegen, setze diese Linie konsequent fort. Er schaffe Perspektiven für die Universität, sich auf kommende Herausforde- rungen vorzubereiten, eine nachhaltige Stadtentwicklung voranzutreiben und Perspektiven für die angrenzenden Stadtteile, aus der derzeitigen Isolation herausgelöst zu werden. Die Verle- gung der Universität (oder Teile von ihr) auf den Kleinen Grasbrook wäre ein Bekenntnis der Stadt zu ihren südlich der Elbe gelegenen Teilen. Es würden sich die angestrebten Nahverkehrsverbindungen, wie ein zusätzlicher S-Bahnhof und die Verlängerung der U4 unter die Elbe hindurch nach Wilhelmsburg, in diesem Kontext viel besser rechnen. Es wäre auch viel leichter möglich, weitere Schiffslinien oder Wassertaxis wie in Rotterdam zu betreiben, und somit auch ein Gewinn für alle Elbvororte. Die Zugänglichkeit der jetzt aus Sicherheitsgründen abgesperrten Uferflächen könnte wieder gewährleistet, alte Blick- beziehungen wieder hergestellt werden. Was das Wohnen betrifft, so würde das Grasbrook- Szenario auch die angrenzenden Stadtteile deutlich aufwerten. Veddel oder Harburg dürften nicht nur für Studenten deutlich an Attraktivität gewinnen. Diese Lage, zusammen mit einer modernen Architektur und einer Infrastruktur, die für die heu- tigen Anforderungen von Lehre und Forschung maßgeschneidert sei, könnten einen erheblichen Wettbewerbsvorteil in der Konkurrenz mit anderen Universitätstandorten sein. Die Entscheidung der Stadt Hamburg, eine ihrer zentralsten und besten Flächen, für eine bei- spiellose Investition in Forschung und Bildung herzugeben, würde laut eines Nutzers zeigen, dass die Politik den aktuellen Strukturwandel zur Wissensgesellschaft mit seinen Chancen und Risiken erkannt hat und handelt.

Impulse durch Uni-Umzug oder Teilverlagerung Der komplette Umzug könne dafür genutzt werden, die Flächen wie im Szenario 4.0 vorgesehen, für eine Super-Uni, Wohnungsbau, Büros und einen angeschlossen SciencePark einzusetzen. Der Ort bzw. die Lage seien genauso wichtig für die Studenten wie der bauliche Zustand und Fortschritt der Uni, denn er diene der Inspiration. Wilhelmsburg und die Hafencity würden mit der IGA/IBA 2013 weiterentwickelt und Urbanität und Lebendigkeit jetzt schon sichtbar werden. Um die neue Uni könnten in kürzester Zeit Läden, Bedarfsgeschäfte und insgesamt eine neue Studentenszene entstehen. Die Flexibilität der Wirtschaft und Einwohner sollte nicht unterschätzt werden. Die Hafencity wäre heute zu ca. 2/5 fertig gestellt und werde bis 2020 komplett fertig sein. Parallel sei der Sprung über die Elbe schon in Arbeit und der Masterplan Elbbrückenzentrum bereits über die Projektphase hinaus. Das hieße, die Uni wäre im Norden, Osten und Süden mit dichten z.T neu- en Quartieren umschlossen. Entscheide man sich für die Perspektive 4.0, könnte nach Meinung einiger Nutzer ein lebendiges Quartier noch zusätzlich im Westen der Uni entstehen.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 93

Nach dem Konzept eines Nutzers könnte neben einer verdichteten Universität am Dammtor eine neue Elbuniversität auf dem Kleinen Grasbrook inmitten eines ScienceParks Hamburg entste- hen, die zum Sprung über die Elbe beitragen kann. Rund um die Elbuniversität sind laut des Konzeptes Forschungsinstitute, wissensintensive und forschende Unternehmen, ein Weiterbildungszentrum, ein Kompetenzzentrum mit Konferenz- räumen für den Wissenstransfer und ein Gründungszentrum anzusiedeln. In den Randbereichen sollen Kultur, Wohnen, Gastronomie, Einkaufsmöglichkeiten und Freizeitmöglichkeiten angebo- ten werden, um die Universität einzubinden und positive „Spillover-Effekte“ nutzen zu können. Wichtig sei eine gute Anbindung des ScienceParks Hamburg mit U- und S-Bahn sowie Straßen und Radwege.

Ein solches Konzept würde die derzeitigen räumlichen und ausstattungsbezogenen Defizite der Universität nach Ansicht des Nutzers lösen und wäre ein wichtiger Baustein für den Sprung über die Elbe. Die enormen Investitionen würden sich voraussichtlich langfristig amortisieren. Diese Chance könnte genutzt werden, um Hamburg im Wettbewerb der Wissensstandorte zu verbes- sern. Es wäre darüber hinaus eine Neuausrichtung und städtebauliche Aufwertung, die Hamburg sichtbar neu prägen und erscheinen ließe - und das gleich an zwei wichtigen Standorten, am Dammtor und kleinen Grasbrook. Neben einem neuen Stadtviertel und dem endlich wirklich gewagten Sprung über die Elbe könnte die Uni 140 Mio. € Wertschöpfung per anno erzeugen, ganz zu schweigen von den neuen Arbeitsplätzen: Ein Drittmittel-finanzierter Doktorand schaffe im statistischen Schnitt 40 Arbeitsplätze in 10 Jahren. Ergo: Die Uni könne auf dem Grasbrook als Jobmotor zum Wirtschaftsaufschwung Hamburgs wesentlich beitragen. Grundlage wäre die Verlagerung der derzeitig auf dem Kleinen Grasbrook ansässigen Betriebe in andere von der Hafenwirtschaft genutzten Bereiche oder Erweiterungsgebiete (sowohl östlich oder westlich des Kleinen Grasbrooks).

4.5.2 Risikofaktoren in der Planung / Studie

» Beteiligte Louis M. Silverstein, Lykurg, Dennis von Glahn, Advokat, Veddel, Daniel, Curly, midas, T_Edel- mann, Christian Höft, Benjamin Gildemeister, Stefan Tiemann, Torsten, Marlis Luttermann, Geist, Thomas, Philip Anz, Rainer Böhrnsen, holger.wiechmann, Mr. X, J. Ödmeier

» Kurzbeschreibung In diesem Wiki wurde zusammengetragen, welche Punkte und Aspekte die Teilnehmenden inner- halb der Studie bzw. des derzeitigen Planungsstand als ungeklärt und risikobehaftet ansehen.

» Langfassung

Allgemeine Belastung des Haushalts Die Kostenabschätzung der Szenarien (insbesondere 4.0 und 4.1) erscheint verschiedenen Teil- nehmenden als zu niedrig und unrealistisch angesetzt. Es bestünde eine unkalkulierbare Bela-

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 94

stung für den öffentlichen Haushalt, da solche anfänglichen Abschätzungen sich der Erfahrung nach oftmals mindestens verdoppeln. Dies berge angesichts der Finanzkrise in den Augen ei- niger Teilnehmender ein hohes Risiko.

Finanzielle Risiken der Szenarien: Im Einzelnen werden hier folgende Punkte und Risikofaktoren ausgeführt:

1.) Die freiwerdenden Grundstücke in Rotherbaum könnte man zu einem bisher noch unbe- kannten Preis an private Investoren verkaufen. Die Einnahmen aus dem Verkauf der Grundstücke und Gebäude würden aber nur einen Bruchteil der Investitionskosten bei einem Komplettumzug decken können.

2.) Was passiert, wenn sich die Fertigstellung der Universität auf dem Kleinen Grasbrook ver- zögert und die Stadt die frei werdenden Grundstücke nicht rechtzeitig für die Investoren, die ja auch planen müssen, zur Verfügung stellen kann? Müsste die Stadt dann für Entschädigungs- zahlungen aufkommen?

3.) Für die auf dem Kleinen Grasbrook ansässigen Unternehmen müssten Ersatzgrundstücke gefunden und zu einem unbekannten Preis gekauft werden. Ob sich aber die Unternehmen so ohne Weiteres von diesen Grundstücken ohne Entschädigungszahlungen und ohne gerichtliche Klagen vertreiben lassen, sei fraglich.

4.) Als Alternative käme tatsächlich Moorburg als Standort für diese Betriebe infrage, immerhin habe die Stadt dort schon 90 % der Grundstücke aufgekauft, gleichzeitig aber auch in die so- ziale Infrastruktur des Stadtteils investiert, da der Stadtteil bis zum Jahr 2035 einen Bestands- schutz genieße, obwohl es sich um ein Hafenerweiterungsgebiet handele. Die Stadt hätte vor allem erhebliche Entschädigungszahlungen an die dort lebenden Menschen und an die noch verbliebenen Grundstückseigentümer zu leisten.

Ein Komplettumzug könnte Probleme auslösen, deren indirekte Kosten nicht abzusehen seien:

1.) Wie lassen sich Baukosten schätzen, wenn man noch nicht einmal Angebote von Architek- turbüros und Bauunternehmen eingeholt habe. Wenn so etwas dennoch geschehen sei, würden die Bauunternehmen die angenommenen Baukosten eher etwas tiefer ansetzen, um diesen di- cken Fisch an Land zu ziehen. Wenn alle Einzelheiten bekannt seien, würde erst die tatsächliche Rechnung präsentiert.

2.) Völlig unbekannt sei auch die Entwicklung der Rohstoff-, Energie- und Materialpreise. Gerade der Weltmarktpreis für Stahl unterliege in den vergangenen Jahren erheblichen Schwankungen.

3.) Eine solche komplexe Planung enthielte stets Lücken hinsichtlich der tatsächlichen Bedarfe, Studentenzahlen und Mitarbeiter. Unvorhersehende Komplikationen könnten die veranschlagte Bauzeit von 10 Jahren schnell um ein paar Jahre verlängern. Gerade eine verlängerte Bauzeit von

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 95 vielleicht 2-5 Jahren würde die Universität in einen unerträglichen Schwebezustand versetzen.

Zur Gegenüberstellung der Szenarien in Variante II (S. 55):

Es sei anzunehmen, so ein Nutzer, dass auf der Basis dieser Kostengegenüberstellung (und nicht auf der Basis von Variante I ,S. 53) argumentiert werden wird, dass der Neubau nach Szenario 4.0 praktisch nicht teurer werden würde als der Verbleib in Eimsbüttel nach Szenario 1. Szenario 1 würde in Variante II viel teurer als in Variante I, weil die „Grundstückskosten“ des Kleinen Grasbrooks als „Sowieso-Kosten“ eingerechnet würden. Es lohne sich, diese genauer zu betrachten: Es ergeben sich insgesamt „Grundstückskosten“ von 1043 Mio. Euro. Diesen stünden „Erlösen aus Verkauf und Vermietung“ für den kleinen Gras- brook von (412 + 28) Mio. Euro gegenüber. Die „Sowieso-Kosten“ der Erschließung des Kleinen Grasbrooks ergäben also für die FHH ei- nen Verlust von 603 Mio. Euro zur „städtebaulichen Entwicklung“, da im Szenario 1 die FHH am Kleinen Grasbrook keine eigenen Gebäude errichte. Nur auf der Basis dieses geplanten Verlusts ergäbe sich in etwa eine Gleichwertigkeit der Kosten eines Neubaus der Universität und des Verbleibs am bisherigen Standort.

Ungeklärte Finanzierungsmodelle Des Weiteren wurden Zweifel an den in der Studie als Finanzierungsvarianten erläuterten Mög- lichkeiten geäußert. So fehlten detaillierte monetäre Vergleiche und es wird angemerkt, dass bei der Berechnung der Investitionskosten die Finanzierungskosten (z.B. Kreditzinsen) bei den einzelnen Szenarien noch nicht berücksichtigt worden seien. Finanzierungskosten wären daher ebenfalls ein Risikofaktor, der langfristig zu berücksichtigen sei. PPP-Modelle seien nicht unumstritten, da die Vorteile für die öffentliche Hand zunehmend in- frage gestellt würden (z.B. Bundesrechnungshof in Bezug auf PPP-Modelle im Zusammenhang mit dem Bau von Autobahnen).

Schätzung der Bauzeit Ähnlich wie bei der Abschätzung der Kosten befürchten manche Nutzerinnen und Nutzer auch in Bezug auf die angenommenen Bauzeit einen zu niedrig angesetzten Zeitrahmen, wie die Er- fahrungen aus anderen Großprojekte verdeutlichten. Dies hieße in ihren Augen insbesondere bei einem Umzug der Universität möglicherweise 15-20 Jahre Baustelle, in der eine vernünftige Lehre und Forschung nur schwer denkbar sei.

Investitionen in Bildung Die Studie sei nach Ansicht verschiedener Teilnehmender relativ stark fokussiert auf bauliche Maßnahmen. Es stelle sich daher die Frage, inwiefern auch unmittelbar in die Bildung investiert werden soll. Für die Qualität einer Universität käme es nicht nur auf Bausubstanz an. Mindestens genauso wichtig sei es, dass auf Dauer genügend Personal- und Sachmittel zur Verfügung stün- den. Daran hätte es in der Vergangenheit oft gefehlt und die Frage nach den nötigen Investiti- onen in diesen Bereich werde in der Studie nicht behandelt. Für eine langfristige Ausrichtung der Universität sei daher ein umfassender Dialog mit allen Be-

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teiligten (Professoren, Verwaltungsangestellten, wissenschaftlichen Mitarbeitern und Studieren- den) erforderlich. Erst über diesen Weg ließe sich der tatsächliche Bedarf klären.

Folgen des Demografischen Wandels Des Weiteren wurde mit Hinweis auf die Kultusministerkonferenz kritisiert, dass die Berechnung der Studierendenzahlen bis zum Jahre 2020 angesichts des demographischen Wandels als zu hoch kalkuliert würde und der damit in Zusammenhang errechnete Flächenmangel ebenfalls. Die Zahl der Studienberechtigten würde gegenüber weit mehr als 430.000 jetzt auf einen Wert von 350.000 bis 360.000 fallen. Zum Zeitpunkt der Fertigstellung auf dem Kleinen Grasbrook würden demnach also wesentlich weniger Studenten an der Universität Hamburg eingeschrie- ben sein, als es momentan der Fall sei.

Fehlende fachspezifische Eignungsprüfung potentieller Standorte Es bestünde die dringende Notwendigkeit, zunächst die Eignung potentieller Standorte detail- lierter in Hinsicht auf einzelne Fachbereiche zu prüfen. So benötigten einige (insbesondere natur- wissenschaftliche, experimentell-wissenschaftliche) Spezialbereiche der Universität besondere Rahmenbedingungen, die nach Meinung einiger Teilnehmer bei der Erstellung der Szenarien noch gar nicht berücksichtigt wurden und sich mit der angrenzenden Hafennutzung möglicher- weise nicht gut vertrage. Bevor über einen Umzug der Universität tatsächlich nachgedacht werden könnte, so ein Teilneh- mer, werde eine detaillierte Aufstellung benötigt, z.B. über die Anzahl der Studenten, Professoren, Verwaltungsstellen, technische Personalstellen, Seminarräume, Hörsäle, Laborarbeitsplätze, eingereichte Drittmittelanträge, bewilligte Drittmittelanträge, Publikationen, Studienabbrecher, Gebäude, Grünanlagen, Technologietransfergebäude.

Ungeklärter Schallschutz / Verträglichkeit Uni-Hafennutzung Andere Nutzer fragen sich angesichts der Umweltsituation am Grasbrook, ob Lärm, Luftschad- stoffen und Geruch ausreichend berücksichtigt wurden: Der Konflikt zwischen Nutzung des Kleinen Grasbrooks für eine komplette Universität und insbesondere der Schallimmission wür- de auf S. 26 der Studie eingeräumt, aber angegeben, mit „räumlich gestaffelten Nutzungszu- weisungen, aktivem Lärmschutz und schallschutzoptimierten Baukörperanordnungen können Lärmprobleme für diesen Fall bewältigt werden.“ In der in der Studie dargestellten Bebauungs- planung sei hiervon jedoch nichts zu bemerken. Fachlich sei zudem unklar, was unter „aktivem Lärmschutz“ verstanden werden soll: Müssten die Studierenden und die Wissenschaftler mit Gehörschutz ausgestattet werden? Die bei der Schwerölverbrennung im Hafen entstehenden Schadstoffe könnten gerade für die MIN-Fakultät und das Klimarechenzentrum eine erhebliche Beeinträchtigung darstellen. Man müsste also fragen, welche „Signalwirkung an die internationale und nationale Wissen- schaftscommunity“ (S. 50) resultieren wird, wenn eine große Universität in einer so belasteten Umgebung errichtet werde.

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Hochwasserschutz am Kleinen Grasbrook Noch nicht hinreichend berücksichtigt erscheint einigen Nutzerinnen und Nutzern die Frage des Hochwasserschutzes auf dem Kleinen Grasbrook, von dem die Gesundheit der dort lebenden und arbeitenden Menschen sowie der Erhalt der Gebäude als auch der Bücher bzw. Kulturguts abhänge.

Verkehrerschließung Kleiner Grasbrook Die Anbindung dieses Gebietes sei schwierig, da es nur wenige Brücken und künftige Bahnhöfe gäbe. Die neue U-Bahn könne in Stoßzeiten zum Nadelöhr werden, wenn sich die gefüllten Hör- säle der HafenCity-Universität und die 20.000 bis 30.000 Mitarbeiter/innen und Studierenden der Universität Hamburg auf die Bahnsteige und in die Züge der S3/31 (und der verlängerten U4) ergießen. Gerade auch für Fahrradfahrer wäre der Standort Kleiner Grasbrook von Nachteil, da kaum ge- eignete Verbindungen vorhanden seien. Die Entfernungen zu ÖPNV-Anschlüssen erscheine den Teilnehmenden erheblich größer als am derzeitigen Standort. Der Individualverkehr sei innerhalb der Studie bisher kaum berücksichtigt.

Unklarer Verbleib der ansässigen Hafenbetriebe Derzeit wären auf dem Areal des Kleinen Grasbrooks zahlreiche Hafenbetriebe ansässig, zu de- ren Verbleib im Falle eines Uniumzugs auf den Kleinen Grasbrook noch keine Ausgleichsflächen genannt wurden. So fragen sich einerseits die Mitarbeiter dieser Firmen, was mit ihnen passiert und andererseits die Anwohner potentieller Hafenerweiterungsgebiete wie z.B. Moorburg, ob diese inklusive aller damit einhergehenden Konsequenzen in ihren Stadtteil verschobene werden sollen. Darüber hinaus besteht aus Sicht der Hafenwirtschaft die Frage, ob der Kleine Grasbrook mit seiner Wasseranbindung und derzeitigen geeigneten Infrastruktur überhaupt abgegeben wer- den könne oder ob diese Flächen für die Hafennutzung erhalten werden müssten, da der Hafen wächst und die geeigneten Flächen schwinden.

Unklare Wohnungsmarktentwicklung am Rotherbaum Die Aussagen in der Studie zu einer alternativen Entwicklung des Stadtteils im Falle eines Uni- umzugs bleiben nach Aussage mehrerer Teilnehmender zu vage. Es stehe zu befürchten, dass im Falle eines Uni-Wegzugs auf den freiwerdenden Flächen kein sozialer Wohnungsbau, son- dern vielmehr Luxuswohnungen entstünden - wie sie z.B. in der Hafencity, auf dem Falkenried entstehen und auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände an der Alster (Sophienterrassen) gep- lant seien. Wenn die Grundstücke an private Investoren erst einmal verkauft worden seien, gehe es eher um deren Renditeerwartungen als um sozialverträgliche Wohnungsbauprogramme. Bereits heute stiegen die Mieten am Rotherbaum und insbesondere im Grindelviertel überdurch- schnittlich. Die Nähe zur Alster, zur Innenstadt, auch zum Dammtorbahnhof sowie eine Bebauung mit einer gut erhaltenen Altbausubstanz und den letzten in Hamburg noch erhaltenen Gassen ehemaliger Gesindehäuser seien Bedingungen, wie man sie sonst wohl kaum in einer deutschen Großstadt finde, so ein Teilnehmer. Solchen Plänen kämen daher möglichen Investoren sehr entgegen und es bahne sich eine Vertreibung der bisherigen Bewohner/innen des Stadtteils an.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 98

Unklare Stadtteilentwicklung am Rotherbaum Der Stadtteil Rotherbaum, insbesondere das Grindelviertel und die dort ansässigen Läden, Re- staurants und Dienstleistungsbetriebe, sei wirtschaftlich und sozial unweigerlich mit der Exi- stenz der Universität verbunden. Ein Umzug würde für einen großen Teil dieser überwiegend Kleingewerbetreibenden das Ende ihrer wirtschaftlich Existenz bedeuten. Der Verein Quartier Hoheluft e.V. mahnt an, dass er mit den vielen kleinen Geschäften im Um- feld der Universität von der Kundschaft der Studierenden, des Lehrkörpers und der Verwaltung abhängig sei. Ein Umzug, ob teilweise oder vollständig, sei gleichbedeutend mit einer vollkom- menen Umstrukturierung der gewachsenen Viertel in Eimsbüttel und im Zentrum. Gerade in wirt- schaftlich schwierigen Zeiten wären viele Geschäfte und Cafés nicht in der Lage, einen solchen Verlust an Kundschaft zu überleben, während ein „Hinterherziehen“ aufgrund der viel zu kleinen Fläche auf dem Grasbrook und aus Kostengründen nicht denkbar seien.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 5. Fazit

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5. Fazit

Die Internetdiskussion www.zukunft-uni.hamburg.de entwickelte sich zu einem konstruktiven Meinungsaustausch, in dem die verschiedenen Szenarien und ihre möglichen Potentiale und Konsequenzen umfassend und aus verschiedenen Blickwinkeln diskutiert wurden. In den 3 Dis- kussionswochen verzeichnete das System 4.644 individuelle Besucher, die auf der Plattform insgesamt 80.307 Seitenaufrufe tätigten. Die 221 registrierten Teilnehmenden formulierten ihre Anregungen und Argumente innerhalb der 756 Beiträge, aus denen am Ende zwölf gebündelte Themen-Wikis entstanden. Sie reichen von den zukünftigen Anforderungen für die Hamburger Universität über die Vor- und Nachteile der benannten Uni-Standorte sowie die ungeklärten Ri- sikofaktoren der Studie bis hin zu alternativen Szenarien und Planungsentwürfen für die Univer- sität als auch die betroffenen Gebiete.

Die Diskussion war von einem freundlichen Grundton geprägt und brachte viele qualitativ hoch- wertige Beiträge hervor. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erörterten die Vor- und Nachteile der vier Entwicklungsszenarien aus den jeweiligen Perspektiven ausführlich und kontrovers. Trotz des zum Teil sehr emotionalen Engagements der Teilnehmenden konnte die Diskussion fast durchgehend ein hohes inhaltlichen Niveau halten, in dem die gegensätzlichen Positionen jeweils durch Argumente untermauert wurden.

Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Frage, welche Konsequenzen ein Umzug der Universität auf den Grasbrook sowohl für die Universität als auch die betroffenen Stadtteile haben würde. Während sich einige Teilnehmer klar für oder gegen einen Umzug aussprachen, wurde im Laufe der Diskussion aber auch nach Möglichkeiten eines Interessensausgleichs gesucht. Trotz der Vielfalt der in diesem Kontext angesprochenen Themen und Perspektiven entwickelte sich die Diskussion sehr zügig zu einer Kontroverse zwischen den Verfechtern des Erhalts der Universi- tät am derzeitigen Standort im Grindelviertel und den Befürworten eines Umzugs zum Kleinen Grasbrook. Es spielte hierbei indes eine untergeordnete Rolle, ob es sich dabei einerseits um die Sanierung / Modernisierung (Szenario 1) oder den Abriss und Neubau vor Ort (Szenario 2) han- delt und andererseits um den Umzug auf den Kleinen Grasbrook ohne Nutzung des südlichen O’Swaldkais (Szenario 4.1) oder die Einbeziehung des gesamten Kleinen Grasbrooks (Szenario 4.0).

So führten die Vertreter des Verbleibs der Universität am derzeitigen Standort eine Vielzahl an Gründen an, die aus ihrer Sicht für eine Sanierung oder Neubau der Uni im Grindelviertel spre- chen. Zu nennen sind z.B. die umfassenden Verkehrsverbindungen, die gewachsene lebendige und auf den Bedarf der Universität ausgerichtete Infrastruktur, weniger Belastung des öffent- lichen Haushalts durch geringere und besser kalkulierbare Planungskosten und Umsetzungs- dauer sowie die Vielzahl potentieller Erweiterungsflächen und den Bestand der auf universitäre Nutzung vorbehaltenen oder gerade erst ökologisch sanierten Gebäude. Ein Umzug löse ihrer Meinung nach bestimmte Probleme wie die Zerstückelung verschiedener Fachbereiche auf ver- teilte Unistandorte nicht, sondern führe stattdessen vielmehr zu einer Verlängerung der Wege

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und Erschwerung der Interdisziplinarität. Des Weiteren befürchten sie, dass das Grindelviertel im Zuge eines Uniumzugs in die Hände profitorientierter Investoren gerät und die derzeitigen Anwohner durch einen vermehrten Bau von Luxuswohnungen aus dem Stadtteil verdrängt wer- den.

Sie bekamen Unterstützung von einer Gruppe von Teilnehmenden, die für die Belange der Ha- fenwirtschaft eintreten. Diese vertraten die Meinung, dass die Fläche des Kleinen Grasbrooks mit ihrem Wasserzugang unter keinen Umständen aufgegeben werden dürfe. So benötige der Hafen aus ihrer Sicht grundsätzlich alle potentiellen Hafenflächen und andererseits fänden die derzeit dort angesiedelten Hafenbetriebe ein optimales Umfeld auf dem Kleinen Grasbrook vor (Unikai, RoRo- und ConRo-Frachter, Autotransporter, Schwergut- und Kühlschiffe, Fruchtumschlag), für das es keine geeigneten Ausweichflächen gäbe. Überdies wäre der O’Swaldkai mindestens bis zum Jahre 2025 der Hafennutzung vorbehalten und stünde für eine Bebauung nicht zur Verfü- gung. Daran anschließend befürchten auch einige Bewohner Moorburgs, dass ihre jahrelangen Bemühungen um eine städtische Entwicklung des Stadtteils durch die Verlagerung dieser Ha- fenbetriebe in das Hafenerweiterungsgebiet Moorburg konterkariert werden.

Beide Gruppen, die Vertreter der Hafeninteressen als auch die Verfechter des Unierhalts am jetzigen Standort, empfinden es als generelle Gefahr, dass sich eine Nutzung des Kleinen Gras- brooks als Universitätsbetrieb und Wohnquartier nicht mit dem angrenzenden Hafenbetrieb und dem damit einhergehenden Lärm sowie den Emissionsbelastungen verträgt und zu beidersei- tigen Beeinträchtigungen und Behinderungen führen könnte. So wären in der Studie wichtige Fragen wie z.B. Hochwasser- und Schallschutz bislang nicht ausreichend berücksichtigt.

Die Befürworter des Umzugs auf den Kleinen Grasbrook dagegen sehen Vorteile für die Ausstat- tung und internationale Bedeutung der Universität durch den neuen Gestaltungsspielraum, mo- derne und nach neuesten Standards ausgestattete Neubauten an zentralem und direkt an der Elbe gelegenem Standort. Dies biete ihrer Meinung nach eine große Chance, um die Hamburger Universität auch für internationale Wissenschaftler attraktiver zu machen und ihre Wettbewerbs- fähigkeit / Spitzenforschung zu steigern. Der vorhandenen Platz ermögliche nicht nur die Schaf- fung der im Zusammenhang mit Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge dringend benötigten zusätzlichen Räumlichkeiten, sondern zudem die direkte Ansiedelung der aus der Universität hervorgehenden neuen und wissensintensiven Unternehmen (Spillover-Effekt). Sie sehen im Gegensatz zu den oben genannten Gruppen keine Probleme mit der Hafenlage, da dieses Gebiet gemäß der Planungen der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt mittelfristig (bis 2025) aus der Hafenbindung entlassen werden soll und es bereits mehrere alternative Pläne für den Kleinen Grasbrook gegeben habe (z.B. Olympiade). Sie sind darüber hinaus der Mei- nung, dass dieser östlich des Elbtunnels gelegene Hafenteil aufgrund der mangelnden Elbtiefe an Bedeutung verliert und die dort ansässigen Betriebe auf andere Flächen verlagert werden können. Unterstützt wird diese Argumentation von Bewohnerinnen und Bewohnern der südlichen Stadt- teile Veddel, Wilhelmsburg und Harburg, die sich ihrerseits eine mit dem Umzug einhergehende Anbindung und Aufwertung ihrer Stadtteile erhoffen. Sie würden von dem neuen Klientel (Stu-

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 101 dierende und Unimitarbeitende) sowohl in Hinsicht auf eine bessere Verkehrsanbindung (U4, neue Brücken und Straßen) als auch neuen attraktiven Wohnraum und lebendige Infrastruktur sowie ein generell verbessertes Image profitieren.

Um einen Interessenausgleich bemühte sich eine Gruppe von Teilnehmenden, die für die Kom- promisslösung eines Teilumzugs des naturwissenschaftlichen MIN-Campus von der Bun- desstraße zum Kleinen Grasbrook (Szenario 3) eintraten. Hierdurch könnte für die dringend sanierungsbedürftigen Naturwissenschaften ein neuer und gut ausgestatteter technisch-natur- wissenschaftlicher Campus auf dem Kleinen Grasbrook entstehen, der mit der bautechnischen HafenCity-Universität sowie der TU-Harburg harmonieren und in das technisch-industrielle Ha- fenpanorama passen würde. Die freiwerdenden Flächen könnten nach Ansicht dieser Teilneh- menden zur Schaffung familienfreundlichen Wohnraums und Angeboten genutzt werden. Auf der anderen Seite könnte der historische Kern der Universität aus ESA-Hauptgebäude, Staatsbi- bliothek, Audimax, Phil-Turm und Rechtshaus als funktionsfähige Einheit am bisherigen Stand- ort erhalten bleiben. Gerade dieser Kompromiss wiederum wurde aber von manchen Forenteilnehmern vehement ab- gelehnt, da es bei der Modernisierung der Universität ihrer Ansicht nach insbesondere um eine bessere Verbindung der einzelnen Fachbereiche, gestärkte Interdisziplinarität und die Schaffung kurzer Wege gehen sollte. Dem würde der angedachte Teilumzug zum Kleinen Grasbrook je- doch vollständig zuwiderlaufen. Außerdem gäbe es laut einiger Nutzerinnen und Nutzer alterna- tive Standorte, z.B. Bahrenfeld, UKE, DESY, Moorburg, die eine Zusammenführung bestimmter Fachbereiche stärker vorantreiben könnten bzw. aus Sicht der Teilnehmenden eine bessere Aus- gangslage böten als der Kleine Grasbrook.

Es herrschte unter einigen Teilnehmenden des Forums eine gewisse Skepsis gegenüber mehre- ren Punkten der Studie, die sie als ungeklärt und risikobehaftet ansehen: So erscheint manchen Nutzerinnen und Nutzern der veranschlagte Bauzeitraum als zu optimistisch. Daran anknüpfend wurden von diesen Teilnehmenden auch die veranschlagten Kosten für die Szenarien (insbeson- dere Szenario vier) angezweifelt und als unrealistisch eingeschätzt. Sie befürchten in Anlehnung an die Erfahrungen mit Großprojekten wie der Elbphilharmonie einen unkalkulierbaren Anstieg der finanziellen Belastungen, die zu Lasten der Universität gehen könnten. Auch fordern sie eine detaillierte Prüfung dessen, was die einzelnen Fachbereiche tatsächlich benötigen und welche Rahmenbedingungen für welches Fachgebiet gewährleistet sein müssen, bevor solch wichtige und folgenschwere Entscheidungen getroffen werden.

Einig sind sich viele Teilnehmende hingegen darin, dass die Qualität der Universität nicht allein von Räumlichkeiten abhängt, sondern zu einem großen Teil auch von der Ausstattung mit Per- sonal und Sachmitteln. Die Investition in Bildung und Forschung wird aber von den meisten Nut- zerinnen und Nutzern sehr begrüßt und als ebenso richtiges und wichtiges Signal gewertet wie die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger, Mitarbeitenden und Studierenden bei der Klärung der Frage nach der zukünftigen Entwicklung der Universität Hamburg.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“

6. Anhang: Livediskussionen

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“

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6. Anhang: Livediskussionen

6.1 Livediskussion mit der Hamburger Wissenschaftssenatorin Dr. Herlind Gundelach

Am 20. April stellte sich die Wissenschaftssenatorin Dr. Herlind Gundelach im Forum direkt den Fragen und Anregungen der Teilnehmenden. Im Folgenden sehen Sie die Dokumentation der in diesem Zusammenhang erörterten Themen.

Herzlich Willkommen bei der Livediskussion!

Moderatorin: Sehr geehrte Frau Senatorin Dr. Gundelach, wir begrüßen Sie ganz herzlich in unserem Forum und freuen uns, dass Sie sich die Zeit für unsere Fragen genommen haben! Zur Einleitung möchte ich Sie gern fragen, warum Sie eine Modernisierung/Neugestaltung der Uni- versität Hamburg als so wichtig ansehen? Viele Grüße, Birgit Hohberg (Moderation)

Herlind Gundelach: Guten Morgen an alle Chatter, Hamburg hat zwar die fünftgrößte Univer- sität in Deutschland, aber leider nicht die fünftbeste. Wir wollen das Ansehen der Uni deutlich steigern, damit wir interessant sind für die besten Professoren und die besten Studenten. Dafür müssen wir ihnen aber das nötige Rüstzeug an die Hand geben, d.h. Gebäude und Infrastruktur- ausstattung müssen stimmen.

Moderatorin: Sehr geehrte Senatorin Dr. Gundelach, wo sehen Sie die größten Probleme der derzeitigen Universität und inwiefern sind diese Ihrer Meinung nach mit räumlich-baulichen Ver- änderungen verbunden? Viele Grüße, Birgit Hohberg (Moderation)

Herlind Gundelach: Die Universität ist zwar auf einem guten Wege, was die Umstellung auf Ba- chelor und Master sowie das Einwerben von Drittmitteln angeht. Beide müssen aber eingebettet sein auch in ein räumliches Umfeld, das diesen neuen Herausforderungen Rechnung trägt. Ba- chelor und Master, aber auch mehr Drittmittel ziehen mehr Personal nach sich, und da steht die Universität vor einem Engpass.

SPHH: Sehr geehrte Frau Dr. Gundelach, würden Sie mit mir in der Aussage übereinstimmen, dass Kreativität, welche Wissenschaft, Forschung, Bildung und Kultur umfasst, nicht nur sehr bedeutend für die positive Entwicklung einer Stadt ist, sondern ihre Bedeutung auch in Zukunft zunehmen wird? Ist es nicht schon jetzt so, dass Städte die über eine herausragende Wissensin- dustrie verfügen - nicht nur in Deutschland und Europa, sondern weltweit - eine wesentlich bes- sere Entwicklung nehmen als Städte, die in diesem Bereich weniger stark aufgestellt sind? So ist doch zum Beispiel Jena mit einer massiven Konzentration auf Wissen, Bildung und Forschung zu einer wahren grünen Oase mitten im schrumpfenden Ostdeutschland geworden. Auch Hel- sinki ist mit einer starken Universität und Bildungslandschaft hier ein gutes Beispiel. Innerhalb

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Deutschlands ließen sich noch München und Stuttgart als vorbildlich nennen. München hat ja sogar gleich zwei Eliteuniversitäten.

Herlind Gundelach: Die sog. creative class ist für die Entwicklung einer Stadt sowie für die Schaffung neuer zukunftsfähiger Arbeitsplätze die entscheidende Voraussetzung, wie schon die Untersuchung von Richard Florida u.a. gezeigt hat. Auch für Hamburg ist eine solche Untersu- chung gemacht worden, die gezeigt hat, dass wir gerade im Bereich Bildung und Wissenschaft von dieser Klasse nicht wahrgenommen werden. Und dies muss sich dringend ändern, wenn wir auch in Zukunft unseren hohen Standard in dieser Stadt halten wollen.

Süßwassermatrose: Sehr geehrte Frau Dr. Gundelach, Es kann ja nicht nur um die räumliche Situation direkt an der Uni gehen. Universität ist ja viel mehr. Ich finde zum Beispiel auch Überle- gungen wichtig, wo Studenten wohnen können. Der derzeitige Standort in Eimsbüttel ist gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Fahrrad zu erreichen. Wie würde sich die Wohnungssi- tuation auf dem Kleinen Grasbrook gestalten? Wird es genügend Wohnmöglichkeiten für Studie- rende auf der Veddel oder in Wilhelmsburg geben, um eine ähnliche Situation zu gewährleisten?

Herlind Gundelach: In der Tat ist es notwendig, dass eine Universität gut erreichbar ist. Deswe- gen haben wir für die Szenarien auf dem Grasbrook auch ganz bewusst die Verlängerung der U 4 eingeplant, ebenso wie eine sog. Kommunaltrasse, die den notwendigen Busverkehr aufneh- men kann. Auch für Studierendenwohnungen wäre auf dem Grasbrook und in den anliegenden Stadtteilen ausreichend Platz, auf der Veddel ist schon heute reges studentisches Leben.

Kim: Sehr geehrte Frau Dr. Gundelach, andererseits muss man aber auch feststellen, dass die Veddel und der Kleinen Grasbrook nicht wirklich direkt verbunden, sondern massiv durch Ver- kehrslinien getrennt sind. Wie soll da eine erfolgreiche Verbindung der beiden Bereiche geschaf- fen werden? Mit freundlichen Grüßen, Kim

Herlind Gundelach: Die Veddel ist schon heute gut über die S-Bahn und Buslinien erschlossen, der Kleine Grasbrook muss natürlich noch erschlossen werden, aber die benötigte U-Bahn so- wie entsprechende Bus-Linien sind in unseren Planungen enthalten.

Lars-Ole Krafczyk: Sehr geehrte Frau Gundelach, als studentischer Bewohner Wilhelmsburg kann ich nicht bestätigen, dass der Stadtteil über Attraktive Anbindungen zum Kern Hamburgs hat. Gerade individuelle Mobilität außerhalb von Bus- und Bahntakten gestaltet sich ohne PKW (also z.B. zu Fuß oder mit dem Fahrrad) aufgrund fehlender, unattraktiver und langer Wege als mühsam. spontane urbane Mobilität, wie sie beispielsweise das jetzige Uni-Viertel bietet wäre am neuen Standort auch nach durchgeführten Infrastrukturmaßnahmen nicht möglich. Ihrer Ar- gumentation in dieser Sache ist daher nicht nachvollziehbar.

Spreehafen: Frau Dr. Gundelach, Sie haben recht, die Veddel ist verkehrlich gut erschlossen - per S-Bahn. Aber nicht per Fahrrad! Überhaupt sind die südlichen Stadtteile schlecht per Rad zu erreichen. Was wollen Sie dafür tun?

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Herlind Gundelach: Die Verkehrsanbindungen sind in der Tat noch nicht optimal. Dies ist aber auch ein wichtiger Gegenstand der Planungen für IBA und IGS im Jahre 2013, so dass Sie davon ausgehen können, dass in den kommenden Jahren Fahrradverbindungen und Fußwege opti- miert werden. Im Übrigen hat sich bis dahin auch die HafenCity weiter entwickelt, so dass mehr Urbanität auch von dort gegeben sein wird.

SPHH: Sehr geehrte Frau Dr. Gundelach, es freut mich, dass hier Einigkeit zwischen Wissen- schaft und Politik herrscht. Man muss aber leider auch feststellen, dass Hamburg in diesem Bereich ziemlich mäßige Resultate erzielt, wie man ja an einigen Statistiken leicht absehen kann. Im European Innovation Scoreboard steht Hamburg beispielsweise nur auf Platz 53. München, Stuttgart und Helsinki sind in der Top 10 zu finden. Die F&E-Aufwendungen haben in Hamburg nur einen Anteil von unter 2% am BIP, Berlin hat fast 4%, München sogar deutlich über 4%. In Frankfurt ist die Patentintensität mehr als doppelt so hoch wie in Hamburg, in München und Stuttgart gar mehr als drei mal so hoch. Auch der Anteil der Personen mit tertiärem Bildungs- abschluss ist in Hamburg wesentlich geringer als in München, Stuttgart, Köln usw. Der Studen- tenanteil an der Bevölkerungszahl ist in Hamburg bei unter 4%. München, Köln, Stuttgart liegen bei über 7%. Ich denke dieses Defizit, das auch Blotevogel/Schmitt sehen im Funktionsbereich „Innovations- und Wettbewerbsfunktion“, ist ein großes Problem für Hamburg. Jetzt stellt sich die Frage: Wie kann dieses Problem gelöst werden? Wie kann Hamburg hier aus der Schwäche eine Stärke machen?

Herlind Gundelach: Unsere Überlegungen, die baulichen Gegebenheiten der Universität an die notwendigen Anforderungen anzupassen, sind nur ein Baustein einer Strategie, Hamburg als Wissenschaftsstandort zu stärken und in den Focus zu rücken. Wir haben eine Wissenschafts- stiftung ins Leben gerufen, die im wesentlichen der Grundlagenforschung dient, wir haben Mittel bereit gestellt für die Landesexzellenzinitiative, wir haben Lehrpreise für die staatlichen Hoch- schulen gestiftet, um den Wettbewerb um die beste Lehre zu verstärken, und wir sind gegen- wärtig dabei, die Personalbewirtschaftung zu flexibilisieren. Die Universität ihrerseits ist dabei, Schwerpunkte zu setzen und in diesen Schwerpunkten auch deutlich mehr Drittmittel einzuwer- ben.

HotteD: Zwei Szenarien beschäftigen sich auch mit der Sanierung in Eimsbüttel. Warum ist die Sanierung so schwierig bzw. dauert so lange? Man kann doch auch dort schnell neu bauen!

Herlind Gundelach: Neubau und Sanierung in Eimsbüttel sind deshalb so schwierig und dauern so lange, weil sie nur in Schritten vorangehen können. Sie müssen erst ein Gebäude entweder völlig neu bauen oder herrichten, dann einen Umzug vollziehen, damit sie das dann leer geräum- te Gebäude erneut entweder abreißen und neu bauen oder aber generalsanieren können. Dieser komplizierte Ablauf zieht die langen Bauzeiten nach sich, denn der Universitätsbetrieb muss weiter gehen und darf nur so wenig wie möglich beeinträchtigt werden.

Philipp Anz: Sehr geehrte Frau Senatorin und liebe Mitdiskutanten, gestern Nachmittag habe ich bewusst eine Radtour zum Kleinen Grasbrook gemacht um mir die Situation vor Ort anzuse-

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hen, die HH-Uni dorthin zu verlegen, mag sehr reizvoll sein, dennoch Frau Senatorin, die Frage, warum nutzt man nicht die Flächen zwischen Altem Klostertor, in Rothenburgsort, Hamm-Süd, wo riesen Flächen für Alt-Fahrzeuge/Schrottautos im Stadtzentrum vergeudet werden? - Wa- rum entwickelt man nicht erst diese Flächen? - Ein Uni-Zentrum, mit neuem Kern z. B. auf dem Gelände des Blumengroßmarktes (Altes Klostertor) und auf dem Aurelis-Gelände in Rothen- burgsort mit alleine über 20 ha-Fläche, hätte doch den Vorteil, das eine Infrastruktur, zum einen Verkehrsanbindung und zum Anderen, Stätten, wie Fachhochschule Berliner Tor, Deichtorhallen, Bücherhalle (Hühnerposten), Gedenkstätte Bullenhuser Damm, dann an der Marckmannstraße in Rothenburgsort, mit den Instituten f. Hygiene und Arbeitsschutz, Umwelt usw., schon eine reizvolle Infrastruktur da ist. - Ein Umzug diesseits der Elbe, Frau Senatorin, dürfte doch erheb- lich kostengünstiger sein, warum immer den Blick über Elbe werfen? - Warum wollen Sie dem Hafen, wichtige Flächen nehmen, die er benötigt? -

Herlind Gundelach: Wir haben im Zuge der Untersuchungen auch Alternativflächen geprüft, darunter auch welche in Altona und Rothenburgsort. Sämtliche untersuchten Flächen waren nicht geeignet, die Universität mit ihrem Platzbedarf aufzunehmen. Dies ist in der Langfassung der Studie ab Seite 97 ausführlich dargestellt. Es geht im Übrigen nicht darum, dem Hafen Flä- chen wegzunehmen. Auch der Hafen ist einem ständigen Wandel unterworfen, Optimierungen der Flächennutzung, wie z.B. beim Containerwachstum, können dazu beitragen, die gleiche Lei- stung auf geringerer Fläche zu erzielen. Außerdem hat der Senat immer erklärt, dass es für den Fall von Verlagerungen auch Ersatzflächen geben wird.

SPHH: Sehr geehrte Frau Dr. Gundelach, was wird denn getan, um vermehrt bedeutende Forschungsinstitute anzusiedeln und Unternehmen der Wissensindustrie anzuziehen? Es bedarf doch der Bereitstellung entsprechender Infrastruktur, um hier erfolgreich zu sein. Hamburg benötigt einen SciencePark, wie ihn viele andere Städte schon lange haben. Außer- dem wird Hamburg sicherlich auch nicht umhin kommen die Studentenzahlen zu erhöhen (mehr Breite) und natürlich auch eine Elite auszubilden (Spitzenforschung). In diesem Zusammenhang würde mich mal interessieren, ob Zahlen existieren wie viele Absolventen der Hamburger Hoch- schulen in Hamburg bleiben und ob es Vergleichswerte zu anderen Städten gibt.

Herlind Gundelach: Die von Ihnen angeforderte Infrastruktur ist auch Gegenstand unserer Pla- nungen. So haben wir in den künftigen Platzbedarf auch Flächen für Start-ups und Wirtschafts- kooperationen einbezogen ebenso wie für neue universitäre Einrichtungen.

SPHH: Rothenburgsort mit seinen vielen Konversionsflächen, allerdings eigentlich generell die Achse zwischen Alster/Hauptbahnhof/Elbbrücken bietet enormes Potenzial zur Stadtentwick- lung. Da hat Hamburg in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch viel Platz für eine weitere positive Entwicklung. Insbesondere wenn erstmal die HafenCity sich Richtung Elbbrückenzen- trum/Chicago Square weiterentwickelt und das Umfeld des Hauptbahnhofs durch Deckel und Rekonstruktionen aufgewertet werden würde. Für die Stadtentwicklung scheint mir aber der Kleine Grasbrook als Unistandort oder besser Standort einer Universität mit SciencePark der besser Standort. Unter der Voraussetzung natürlich, dass für die dortige Hafenwirtschaft adä-

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 107 quate Ersatzflächen rechtzeitig bereitgestellt werden. Diese wäre beispielsweise durch die effi- zientere Nutzung der bisherigen Hafenflächen möglich. Unternehmen, die keinen direkten Was- seranschluss benötigen sollten verlagert werden. Autos und Container müssten platzsparender untergebracht werden usw. Aber ich glaube wir schweifen ab. Da habe ich noch eine Frage an Frau Dr. Gundelach: Wurden schon Gespräche mit der Handelskammer, den Unternehmen vor Ort und der HPA geführt, um die Umsiedlung der Hafenwirtschaft ohne Verluste für die Stadt durchzuführen und rechtzeitig adäquate Ausgleichsflächen zu finden?

Lars-Ole Krafczyk: Auf dem Grasbrook stehen in der Tat große, unbebaute Flächen zur Verfü- gung. Auf den ersten Blick also eine hohe Attraktivität zum uneingeschränkten Neubau und zur Gestaltung dieser Fläche. Frage: Mir sind keine weiteren so großen zusammenhängen Flächen mit den infrastrukturellen Gegebenheiten (Wasser-, Schienen-, und Autobahnanschluss) in Ham- burg bekannt. Welche Angebote werden Sie der ansässigen, flächenintensive Hafenwirtschaft mit ihren spezifischen Anforderungen an die Infrastruktur (Kaianlagen) machen?

Lars-Ole Krafczyk: Dafür das sehr konkret und (in städtebaulicher Sicht) naher Zukunft der Umzug analysiert wurde fallen die Erklärungen zur Bereitstellung von Ersatzflächen sehr nebulös aus, Frau Gundelach. Bestimmte Güterströme, wie z.B. der auf dem Grasbrook beheimatete Au- toumschlag ist auf große flächen ohne Potential in der Vertikalen (wie z.B. Container-Lagermög- lichkeiten) angewiesen. Die Gesamtkailänge des Hamburger Hafens hat sich zudem aufgrund der Flächenentwicklung der Containerwirtschaft verringert. Wo sollen denn ihrer Meinung nach große RoRo-Schiffe im Linienverkehr mit Afrika/Asien anlegen? Hier wird industriepolitisch wert- volles Potential für eine „attraktive maritime Umgebung“ eines Wissenschaftsstandort geopfert. Wasserlage und Kaianlagen geben dem Wissenschaftsstandort jedenfalls nicht den Nutzen der er für die Hafenwirtschaft hätte!

Herlind Gundelach: Ich habe die Handelskammer von Anfang an über unsere Überlegungen informiert, Gespräche mit der Hafenwirtschaft und den möglicherweise unmittelbar betroffenen Betrieben fanden in der gleichen Woche statt, in der die Szenarien der Öffentlichkeit präsentiert wurden. Dabei habe ich zugesichert, dass im Falle möglicher Betroffenheiten selbstverständlich Ersatzflächen seitens der Stadt zur Verfügung gestellt werden würden.

Louis M. Silverstein: Sehr geehrte Frau Dr. Gundelach, der ganze Entscheidungsprozess um den zukünftigen Standort der Universität Hamburg erweckt den Eindruck, dass hinter verschlos- senen Türen die Entscheidung für einen Komplettumzug längst gefallen ist. Diese Annahme stützt sich einerseits auf die einseitige Argumentation der Entwicklungsstudie, andererseits auf die Zusammensetzung der Arbeitsgruppe, die in Bezug auf die Auswahl der Teilnehmer/Innen eigentlich nur wirtschaftliche Interessen im Blick hat. Warum sind z.B. nicht auch Experten (z.B. Prof. Dr. Jürgen Pietsch, ein international renommierter Stadtplaner der TU-Harburg) in die Ar- beitsgruppe einbezogen worden, die einen Blick auf die Situation jenseits aller wirtschaftlichen Interessen werfen. Letztlich steht der Verdacht im Raum, die Grundstücke des Universitätscam- pus als lukrative Objekte für die Immobilienwirtschaft bereitzustellen und die heutigen Probleme der Universität mit sehr gewagten Versprechen in die ferne Zukunft zu verschieben. Es ist auch

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ein Spiel mit Zahlen, das hier mal wieder betrieben wird. In der Entwicklungsstudie steht, ein Komplettumzug würde 12 Jahre dauern. In den Medien ist von 10 Jahren die Rede, aber auch die Universitätspräsident nennt diese Zahl. Ebenso gibt es Hinweise, dass eine Sanierung am jetzigen Standort schlecht und ein Komplettumzug, vor allem im Hinblick auf die zu erwartenden Investitionskosten schöngeredet wird. Alles in allem werden den Menschen Szenarien vorge- gaukelt, für die die heute Verantwortlichen in der Behörde und im Senat später keine Rech- nungschaft ablegen müssen.

Herlind Gundelach: Nichts ist entschieden! Auch Ihr Verdacht, die Studie sei tendenziell abge- fasst, greift ins Leere. Die Studie zeigt Fakten auf, auf deren Grundlage eine Entscheidung gefällt werden wird, allerdings auch unter Berücksichtigung der zahlreichen Diskussionen in der Stadt zu diesem Thema. Wenn wir wirklich schon eine Vorentscheidung getroffen hätten, wäre es wohl nicht sinnvoll, einen solch ausführlichen Diskussionsprozess durchzuführen.

Daniel: Hallo Frau Gundelach, sie schrieben, dass insbesondere die S-Bahn und die (noch zu bauende) U4 Anbindung eine gute Anbindung garantierten. Nun ist aber die S-Bahn zwischen den Haltestellen Hauptbahnhof und Veddel zu Stoßzeiten bereits voll ausgelastet, hat kaum Möglichkeiten den Takt zu erhöhen und während die Hochbahn laut Angabe auf der entspre- chenden Info-Webseite für die U4 von einer täglichen Gesamtfahrgastzahl zwischen 30.000 und 40.000 Personen bis zur Haltestelle Lohsepark ausgeht. Wie können Ihrer Meinung nach durch diese beiden Nadelöhre zusätzliche 20.000 bis 30.000 Personen pro Stoßzeit gefädelt werden? Beste Grüße, Daniel

Herlind Gundelach: Verkehrstechnisch ist dies nach Aussage der an der Studien beteiligten Behörden und Einrichtungen der Stadt leistbar. Detailliertere Planungen erfolgen in der Regel erst nach erfolgter Entscheidung.

SPHH: Sehr geehrte Frau Dr. Gundelach, wie sieht es denn mit der Chance auf die Ansiedlung von bedeutenden Forschungsinstituten der Fraunhofer-Gesellschaft, der Helmholtz-Gemein- schaft, der Leibniz-Gemeinschaft oder der der Max-Planck-Gesellschaft aus? Vor allem in Mün- chen und Berlin gibt es viele dieser Institute, in Hamburg zwei, wenn ich nicht irre. Welche Aus- wirkungen hat Ihrer Meinung nach das ScienceCenter, das in der HafenCity gebaut werden soll auf die Bildungs- und Forschungslandschaft in Hamburg? Hier besteht ja die Möglichkeit eine breitere Öffentlichkeit an Forschung und Wissenschaft zu interessieren. Sehen Sie es in diesem Zusammenhang als Vorteil oder Nachteil an, dass vermutlich das Großaquarium nicht integriert wird? Sicherlich ein großer Verlust für die Stadt und ihre Bewohner, oder?

Herlind Gundelach: Unabhängig von der künftigen Uniplanung sind wir gegenwärtig mit di- versen außeruniversitären Forschungseinrichtungen im Gespräch, um neue Institute für Ham- burg zu gewinnen. Sollte das Science-Center in der Hafencity gebaut werden, könnte auch dies eine Bereicherung für den Wissenschaftsstandort Hamburg sein und eine gute Zusammenarbeit mit den universitären Einrichtungen ermöglichen.

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Philipp Anz: Nur, wir hier in Rothenburgsort, haben immer wieder den Eindruck, das man uns ignoriert. - Ferner, Frau Senatorin, glaube ich, das Sie selber noch nie in dieser Region waren, sondern würden Sie nicht einem Gutachten nicht so blind vertrauen, denn Hamm-Süd, Ham- merbrook, usw. sind der geplanten HafenCity-Universität näher als der kl. Grasbrook. - Wenn Sie die U 4 über Rothenburgsort laufen lassen, auf den Veddel Richtung kl. Grasbrook, würde der Senat sozial mehr bewirken. - Die Gutachter, die wohl nur auf den Stadtplan schauten nicht aber vor Ort waren! - Wenn Sie nur wollen, könnten Sie schon, zum Jahresanfang 2010 mit dem Bauarbeiten der Uni hier in Rothenburgsort auf dem Aurelis-Gelände beginnen, schmeißen Sie das Gutachten über Bord, Frau Senatorin!

Herlind Gundelach: In Rothenburgsort habe ich als Staatsrätin der Behörde für Stadtentwick- lung und Umwelt vier Jahre gearbeitet und mich dabei sehr intensiv mit den Problemen des Stadtteils auseinander gesetzt, wie z.B. der dringend notwendigen Umgestaltung des Markt- platzes, der Weiterentwicklung von Kaltehofe und Entenwerder. Auch dass das Gelände des Huckepackbahnhofs inzwischen von der Stadt gekauft werden konnte, fiel in diese Zeit. Das Gelände selber ist aber für die Universität zu klein, siehe oben und Hauptstudie, Seite 97.

SPHH: Da die interessante Diskussion hier ja leider gleich vorbei ist, möchte ich nochmal auf die Möglichkeit hinweisen eine neue Universität in Hamburg zu gründen und dann beide Standorte (Eimsbüttel und Kleiner Grasbrook) zu nutzen, jeweils von einer der Universitäten. Am Kleinen Grasbrook könnte dann obendrein noch ein SciencePark mit den nötigen Einrichtungen entste- hen. Hohe Investitionen in die Zukunft wären dies, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit rentable Investitionen.

Louis M. Silverstein: Sehr geehrte Frau Dr. Gundelach, ein Sachverhalt wird in der Entwick- lungsstudie falsch dargestellt: So wird behauptet, gegen eine Sanierung würden Wanderbaustel- len sprechen, die die Anwohner über einen längeren Zeitraum stören würden. Diese Annahme ist falsch, da die Anwohner wie immer nie gefragt wurden und unter den Anwohnern ein einhelliger Konsens für einen Verbleib der Universität besteht. Eine Unterschriftenliste mit vielen tausend Unterzeichner spricht hier wohl eine eindeutige Sprache.

Louis M. Silverstein: Sehr geehrte Frau Dr. Gundelach, der zur Verfügung gestellte Diskussi- onsrahmen von 90 Minuten am Montagvormittag ist natürlich sehr eng bemessen. Normaler- weise sind die meisten Menschen um diese Zeit auch ihrer beruflichen Tätigkeit verpflichtet. Dies soll auch eine Kritik am dieses Diskussionsforum sein. Weiterhin vermisse ich in der Ent- wicklungsstudie jegliche soziale Komponente einer Nachnutzung. Es wird zwar behauptet, man wolle mit neuen Wohnungen den Wegzug ins Hamburger Umland stoppen, aber von sozialem Wohnungsbau und bezahlbaren Mieten ist in der Studie nicht die Rede. So etwas kann letztlich gar nicht funktionieren, da ja beabsichtigt ist, mit dem Verkauf der Grundstücke einen Teil des Komplettumzug zu finanzieren, aber dann fallen die Grundstücke in die Hände von Großinve- storen, denen Renditeerwartungen bekanntlich näher liegen als Programme zum sozialen Woh- nungsbau. Ich befürchte daher Luxuswohnungen im großen Maßstab, die dem innenstadt- und alsternahen Quartier langfristig ein völlig neues Gesicht geben.

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Daniel: Sinnvollerweise sollte ich noch schreiben, wie ich auf meine Schätzung komme: Die Uni Hamburg hat derzeit gut 38.000 Studierende sowie wissenschaftliches Personal im Umfang von 3600 Personen. Wenn der Akademikeranteil entsprechend eigener Zielsetzungen steigen soll, dürfte es bis zur Fertigstellung eines Uni-Neubaus wohl 45.000 bis 50.000 Studierende geben und um mehr Drittmittelprojekte sowie den durch die Umstellung auf Ba/Ma Systemimmanent erhöhten Betreuungsbedarf bewältigen zu können müsste das wissenschaftliche Personal auf mindestens 5000 Personen angehoben werden. Es ist nicht sehr realistisch anzunehmen, dass mehr als 50% der Studierenden dann südlich der S-Bahn-Haltestelle wohnen werden. So bietet z.B. die Veddel doch aufgrund bereits sehr hoher Bebauungsdichte kaum Potential zur Schaffung zusätzlichen Wohnraumes, während Wilhelmsburg zwar noch wachsen kann und wird, aber eher auch nicht so stark dass dort „auf einen Schlag“ 20.000 Studenten leben. Das würde einen enormen Umbruch der Bevölkerungszusammensetzung bedeuten: 2007 lebten in Wilhelmsburg gut 49.000 Menschen, die IBA-Projekte werden diese Zahl wohl kaum auf deutlich über 60.000 steigern.

Neubau: realistische Dimensionen

cybersoc: Sehr geehrte Frau Dr. Gundelach, schaut man sich das Luftbild zu Szenario 2 an, fällt vor allem die Größe der geplanten Gebäude auf. Entspricht dies den Planungen oder anders gefragt: Geht’s nicht auch etwas kleiner? Mit freundlichen Grüßen, cybersoc

Herlind Gundelach: Unsere Untersuchung hat ergeben, dass die Universität sowie ihr zugeord- nete Einrichtungen in den nächsten 20 Jahren rund 100.000 qm HNF zusätzlich benötigen. Da der Platz in Eimsbüttel aber begrenzt ist, können Sie dies nur erreichen, wenn sie sehr verdichtet und in die Höhe bauen. Insofern ist in Eimsbüttel eine „niedrigere“ Bebauung nicht möglich, da sie sonst eines der wesentlichen Ziele, nämlich der Universität Entwicklungsräume zu verschaf- fen, nicht erreichen.

Das liebe Geld

Kim: Guten Morgen Frau Dr. Gundelach, ich frage mich, warum es nicht genügt, die Uni an Ort und Stelle zu modernisieren? Gerade jetzt, wo die Finanzlage so angespannt ist, muss doch an jeder Ecke gespart werden. Wie verträgt sich das mit einem neuen Großprojekt, wie es hier dis- kutiert wird? Mit freundlichen Grüßen, Kim

Herlind Gundelach: Wir haben bei unseren Szenarien auch untersucht, wie die Universität vor Ort modernisiert werden kann und mussten dabei feststellen, dass die reinen Baukosten nicht wesentlich niedriger sind, als wenn ich an anderer Stelle neu baue. Darüber hinaus ist die neue Infrastruktur, die ich für Lehre und Forschung benötige, in Altbauten nur schwer effizient her- zustellen. Es ist aus meiner Sicht deshalb notwendig, sich genau anzusehen, wo ich investiere. Denn wenn ich heute bereit bin, sehr viel Geld für die Universität auszugeben, und dies ist bei weitem eine sinnvolle Ausgabe, gerade in schwierigen Zeiten, dann muss ich das Geld möglichst effizient ausgeben, d.h. den optimalen Ertrag erzielen.

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Kim: Sehr geehrte Frau Dr. Gundelach, aktuell verfügt die Universität über eine recht gute und gewachsene Infrastruktur im Viertel. Das finde ich persönlich unbezahlbar. Wie kann das an einem relativ isolierten Ort wie dem Kleinen Grasbrook kompensiert werden? Mit freundlichen Grüßen, Kim

Herlind Gundelach: Ich stimme Ihnen zu, dass die Universität gegenwärtig gut in den Stadtteil eingebunden ist. Und genau vor diesem Hintergrund gehen wir bei unseren Szenarien davon aus, dass wir keine Campus-Universität bauen wollen, sondern eine Stadtteil integrierte Uni. Deshalb sehen die Szenarien auf dem Grasbrook auch jeweils Wohnbebauungen und Gewerbe vor.

Kim: Sehr geehrte Frau Dr. Gundelach, integrierte Uni klingt gut, aber auf dem kleinen Gras- brook erscheint mir das Ganze eher wie ein Projekt auf der „grünen Wiese“ bzw. auf der ein- samen Insel. Mal abgesehen davon, dass mir schleierhaft ist, um was für einen Stadtteil es sich dann handeln soll. Wer wohnt da und warum, handelt es sich um Studentenwohnheime? Mit freundlichen Grüßen, Kim

Daniel: Hallo Frau Gundelach, sie schrieben in Ihrer ersten Antwort: „Darüber hinaus ist die neue Infrastruktur, die ich für Lehre und Forschung benötige, in Altbauten nur schwer effizient herzu- stellen.“ Könnten sie bitte konkretisieren, was sie damit meinen? Das mag auf die Natur- und Bewegungswissenschaften zutreffen, für andere Fachbereiche sehe ich das nicht. Denn gerade in den Naturwissenschaften ist in der jüngeren und jüngsten Vergangenheit vergleichsweise sehr viel Geld in die Verbesserung der „Forschungsinfrastruktur“ geflossen... Beste Grüße, Daniel

Herlind Gundelach: Gegenwärtig wird der Kleine Grasbrook als Hafengebiet genutzt, inso- fern findet dort noch kein Wohnen statt. Dies würde erst bei einer entsprechenden Umnutzung erfolgen. Bachelor-Studiengänge setzen eine wesentlich intensivere Betreuung voraus als die klassischen Diplomstudiengänge. Hier werden viele kleine Räume benötigt, auch zieht das stei- gende Personal der Universität mehr Bürobedarf nach sich. Dies alles führt zu veränderten Rau- manforderungen.

Süßwassermatrose: Sehr geehrte Frau Dr. Gundelach, ehrlich gesagt, hätten zu meiner Zeit auch die Diplom-Studiengänge mehr Betreuung gut vertragen können. Ich finde, das ganze ist ein wenig zu kurz gedacht. In der Schule hat sich gezeigt, dass nur kleiner Klassen nicht zu einer Verbesserung der Lernleistung beitragen. Der Unterricht selbst muss sich ändern. Insofern mag ich nicht glauben, dass sich die Qualität der Ausbildung an der Universität verändert, nur weil auf einmal kleinere Kursgrößen angeboten werden können und die Universität mehr Räume zur Ver- fügung hat. Müsste nicht auch die Finanzierung von Fortbildung für Lehrende und generell die bessere Anerkennung von guter Lehrleistung ein Teil der Förderung der Universität darstellen?

Advokat: Sehr geehrte Frau Senatorin, der gewachsene Standort wird sich nicht ohne Verluste auf eine Halbinsel im Hafen verpflanzen lassen. Wo planen Sie auf dem Kleinen Grasbrook die schönen Grünflächen, die es jetzt auf der Moorweide und am Alsterufer gibt? Wird ein Sport-

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platz geschaffen, ein Bootsclub? Sind kulturelle Einrichtungen (Musik, Theater, Kino, politische Diskussionen) vor Ort? Ist an Flächen für Antiquariate und Galerien gedacht, bekommen kirch- liche Träger und Studentenverbindungen Räume für ihre Hochschulgruppen? Ich fürchte, dass im Hafen nur ein Industriekomplex entsteht, in dem sich akademisches Leben nicht entfalten kann.

Daniel: In der Hoffnung, dass sie dieses Nachhaken noch beantworten, obwohl die eigentliche Diskussionszeit bereits abgelaufen ist: Ich habe nicht bezweifelt, dass es einen enormen Bedarf an zusätzlichen - insbesondere auch kleineren und kleinen Räumen - gibt. Von einem Verzicht auf Neubauten geht deswegen ja auch keines der Szenarien in der Studie aus. Mir ging es eher um Ihre Aussage, dass die Altbauten den infrastrukturellen Anforderungen für den modernen Forschungsbetrieb nicht Rechnung tragen könnten. Die wird durch Ihre Antwort leider noch immer nicht belegt.

Szenarien der Studie

Moderatorin: Sehr geehrte Senatorin Dr. Gundelach, um einmal auf die Ergebnisse der Stu- die zu kommen, in welchem der vier Szenarien sehen Sie die meisten Vorteile und warum? Viele Grüße, Birgit Hohberg (Moderation)

Umzug für alle Fachbereiche möglich?

Süßwassermatrose: Sehr geehrte Frau Dr. Gundelach, Mich würde interessieren, welche Fach- bereiche und Institute denn vom Umzug ausgeschlossen sind? Die Mediziner brauchen das UKE, die Biologen die Botanischen Gärten, sicherlich. Aber solche engen Kooperationen gibt es doch noch wo anders. Wie sieht es zum Beispiel mit den Ethnologen, den Volkskundlern, den Historikern aus? Brauchen die nicht die Museen und Archive in Ihrer Nähe? Vielleicht gibt es ja auch Bereiche von Hochtechnologieforschung die nicht verlegt werden können.

Herlind Gundelach: Nicht bedacht in den Szenarien sind die Mediziner-Ausbildungen in Eppen- dorf, die Biologen in Klein Flottbek, die Physik in Bahrenfeld bei DESY. In unsere Überlegungen einbezogen sind nur die Flächen an der Bundesstraße sowie am Von-Melle-Park.

Süßwassermatrose: und wie sieht es mit den Informatikern in Stellingen aus? Außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass es noch andere universitäre Institute gibt, die außerhalb Bundesstraße / Von-Melle-Park untergebracht sind.

Advokat: Sehr geehrte Frau Senatorin, einige Fächer passen besser in einen Industriehafen als andere. Für Ingenieure und Chemiker kann das Umfeld sinnvoll sein, für Theologen und Kunst- historiker wohl eher nicht. Wenn der Hafenbetrieb weitergeht, sind Störungen durch Lärm, Er- schütterungen und Abgase unvermeidlich. Nicht die ideale Umgebung zum Studieren. Ich fände es passend, wenn die Flächen auf dem Kleinen Grasbrook von jungen Unternehmen für Tech- nologietransfer genutzt würden, im Rahmen eines Technologieparks und in Zusammenarbeit

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 113 mit Universitätsinstituten. Der Universitätscampus sollte am bewährten und beliebten Standort Von-Melle-Park bleiben. wieso überhaupt wegziehen?? glücklicheStudentin: Sehr geehrte Frau Senatorin, ich studiere seit 2 Jahren in Hamburg und fühle mich sehr wohl auf dem Campus. Die Lage im Grünen und in Alsternähe ist ausgezeichnet und die Verkehrsanbindung auch. Was mir nur fehlt sind ganz einfache Dinge, wie Räume, in denen man ungestört lernen kann, saubere Toiletten und Mensaessen, das gesund ist, schme- ckt UND bezahlbar ist. Solche Dinge sind einfach ungemein wichtig für das Wohlbefinden eines jeden Studenten in der Uni. Und egal wohin die Diskussion führt, es muss auf jeden Fall schnell etwas getan werden. Denn eigentlich sind die sozialen und sanitären Umstände zur Zeit untrag- bar. Jedoch hoffe ich inständig, dass sich für Sanierung bzw. Abriss&Neubau an gleicher Stelle entschieden wird. Viele Grüße und vielen Dank für diese Online-Diskussion!!

Vielen Dank für die angeregte Diskussion!

Moderatorin: Liebe Frau Dr. Gundelach, liebe Teilnehmenden, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mit uns über die Zukunft der Universität Hamburg zu diskutieren. Ein herzliches Danke schön auch an alle Teilnehmenden für die interessanten Fragen und Beiträge. Bevor wir dieses Livediskussionsforum schließen, möchte ich alle Interessierten noch darauf aufmerksam machen, dass in dieser und der kommenden Woche noch weitere Livediskussionen stattfinden werden. Wir werden Sie auf der Plattform darüber informieren, sobald die nächsten Termine feststehen. Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Tag! Viele Grüße, Birgit Hohberg (Moderation)

Herlind Gundelach: Auch ich bedanke mich sehr herzlich für die intensive und sehr sachori- entierte Diskussion im Interesse unserer Uni und unserer Stadt. Viele Grüße und bis bald, Ihre Herlind Gundelach

6.2 Livediskussion mit Rüdiger Kruse (CDU) und Benjamin Gildemeister (AStA)

Am Mittwoch, den 22.4., konnten die Teilnehmenden mit Rüdiger Kruse, Bürgerschaftsabgeord- neter aus Eimsbüttel, und Benjamin Gildemeister, Vorsitzender des Allgemeinen Studierenden- ausschusses (AStA) der Universität Hamburg, über die Zukunft der Universität Hamburg disku- tieren. Im Folgenden sehen Sie, welche Fragen in diesem Zusammenhang erörtert wurden.

Herzlich Willkommen bei der Livediskussion!

Moderatorin: Sehr geehrter Herr Kruse, sehr geehrter Herr Gildemeister, wir begrüßen Sie ganz herzlich in unserem Forum und freuen uns, dass Sie sich die Zeit für unsere Fragen genommen

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haben! Um in das Thema einzusteigen, würde ich Sie beide zunächst fragen wollen, wie Sie sich die Zukunft der Universität Hamburg vorstellen? Wo soll es hingehen? Viele Grüße, Birgit Hohberg (Moderation)

Rüdiger Kruse: Moin, ich mache gern bei einem solchen Chat mit, denn die Internetdialoge in dieser Stadt sind ein wirklich guter Weg zu mehr Bürgerbeteiligung. Die Uni soll - so war bereits die Meinung der CDU-Alleinregierung und ist nun auch die Meinung der Koalition CDU/GAL - ein Schwerpunkt der Entwicklung unserer Stadt sein. Wir wollen die Hamburger Universität so entwickeln, dass sie in Deutschland einen Spitzenplatz einnimmt und mit einzelnen Bereichen auch weltweit vorne ist.

Benjamin Gildemeister: Hallo Frau Hohberg, vielen Dank! Die Universität Hamburg muss sich gar nicht grundlegend verändern, jedoch brauchen wir Fortschritt, um die Qualität langfristig halten zu können oder sie auf dem bereits beschrittenen Weg ausbauen zu können. Auch in Zukunft müssen Lehre und Forschung untrennbar miteinander verknüpft bleiben, die Universität muss sich für alle Bevölkerungsschichten öffnen, hervorragende Qualität in der Lehre bieten und gute Studienbedingungen ohne soziale Hürden bieten. Besonders am Herzen liegt mir der Bereich, der über Studium und Forschung hinausgeht: Das Leben auf dem Campus. Kulturelle Vielfalt und ein reger Austausch von Fächern und Perspektiven. Ein wichtiger Aspekt ist die nachhaltige Umsetzung der Reformen, insbesondere im Zuge des Bologna-Prozesses. Damit die Universität sich wirklich international öffnen und die versprochene Flexibilität leisten kann, brauchen wir gute Verwaltungseinrichtungen und den Reformen entsprechende Räumlichkeiten, Labore etc. Die momentane Bausubstanz bildet das moderne Lernen und Forschen nicht mehr ab. Darum muss sich etwas tun. Hinzu kommt die mitunter miese Substanz einiger Gebäude auf dem Campus.

Moderatorin: Sehr geehrter Herr Kruse, sehr geehrter Herr Gildemeister, wo sehen Sie persön- lich die größten Probleme der derzeitigen Universität und inwiefern hängen diese Ihrer Meinung nach mit räumlich-baulichen Veränderungen zusammen? Viele Grüße, Birgit Hohberg (Modera- tion)

Rüdiger Kruse: Universitäten verändern sich,- und so auch der Bedarf an Räumlichkeiten. Dazu kommt, dass es bei der Hamburger Uni einigen Sanierungsstau gibt. Wir müssen uns jetzt die Frage stellen: Wie sieht eine zukunftsfähige Universität aus? Wie viele Studenten sollen in Ham- burg studieren? Welche Schwerpunkte setzen wir in Forschung und Lehre? Danach lässt sich der Raumbedarf feststellen. Dann muss ein Abgleich mit der Ist-Situation geschehen. Und dann ergibt sich, welche städtebaulichen Szenarien möglich sind, die diese Bedarfe abdecken.

Benjamin Gildemeister: Wir haben schon jetzt einen Mangel an Flächen. Immer wieder haben wir Probleme, Fachbereiche zusammenzuhalten, ausreichend Plätze für Initiativen und Fach- schaftsräte zu finden. Besonders die Anzahl der Laborplätze in den Naturwissenschaften reicht oft nicht aus. Dadurch verlängert sich gegebenenfalls unverschuldet das Studium einzelner Stu- dierender. Die Fakultät WiSo muss sich überall in der Nähe Räume anmieten, weil sie sonst

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 115 keinen Platz findet. Der Wiwibunker ist eine Zumutung ohne Tageslicht und das Geomatikum bröckelt. Wir haben auch oft das Problem, hervorragende Dozenten anzulocken, weil die räum- liche, technische und finanzielle Ausstattung nicht ausreicht und die Dozenten andere Angebote wahrnehmen. Dort konnte durch interne Maßnahmen zum Glück jedoch einiges verbessert wer- den. Ein weiteres Problem ist die Isolation einzelner Fachbereiche bedingt durch Distanz zum Campus. Das gilt für das UKE, für die Informatiker und zum Teil auch für die Physiker und die Studierenden vom Bundesstraßencampus. Ein letztes großes Problem im Zusammenhand mit der baulichen Situation ist die Verwaltung und die Serviceeinrichtungen für Studierende. Die- se sind sehr verstreut, unwürdig und wenig einladend. Studierende bekommen so täglich ein schlechtes Bild der eigenen Uni.

Moderatorin: Lieber Herr Kruse, lieber Herr Gildemeister, in Bezug auf den Mangel an Räumen wurde von einem Teilnehmer im Forum auf die Auswirkungen des demografischen Wandels hin- gewiesen, demzufolge die Anzahl der Studierenden eventuell gar nicht so hoch sein wird, wie in der Studie angenommen wird, und der Raummangel entsprechend niedriger ausfallen könnte. Was meinen Sie dazu? Viele Grüße, Birgit Hohberg (Moderation)

Benjamin Gildemeister: Diese Einschätzung teile ich. Es mag gute Anhaltspunkte für die An- nahme geben, die Zahlen würden sich positiv entwickeln. Jedoch erscheint es mir geradezu haarsträubend, ein solches Projekt mit Zahlen zu hinterlegen, die auf Prognosen für 2025 basie- ren. Für diese Zeit ist es unmöglich, die Entwicklung von Studierendenzahlen und Drittmittelein- werbungen abzusehen. Entsprechend glaube ich nicht, dass wir dann wirklich so einen Flächen- zuwachs benötigen, vor allem angesichts der momentan rückläufigen Zahlen der Studierenden, die der User angesprochen hat. Was jedoch nicht vergessen werden darf ist, dass wir bereits jetzt eher zu wenig Fläche haben. Eines gewissen Zuwachses bedarf es also schon. Dieser sollte jedoch ohne Weiteres in Eimsbüttel zu realisieren sein.

Rüdiger Kruse: 1. Weniger junge Menschen,- ja, aber dafür ein höherer Anteil von Studierenden als heute. 2. Ebenfalls: Hamburg wächst in der Einwohnerzahl und wird auch über die nächsten Jahrzehnte zu den wachsenden Regionen in Europa gehören. 3. Raumbedarfe pro Studierenden ändern sich, weil das Studium sich ändert. Für Frontallehre im Hörsaal brauchen Sie weniger Raum pro Studentin als wenn es auch noch Arbeit in Kleingruppen oder alleine gibt.

Sebastian: Sehr geehrter Herr Kruse, beim Blick auf die Gebäude und die Studienbedingungen mancher Kommilitonen liegt ein Komplettneubau an anderer Stelle natürlich erst mal nahe. Man kann sich eine ideale Uni vorstellen, die genau auf die Bedürfnisse der Studierenden, Forscher und die Verwaltung zugeschnitten ist. Doch wie würde eine Beteiligung bei einer solchen Uni- Neu-Planung aussehen? Insbesondere wie entkräften sie das Vorurteil, dass bei der Hochschul- entwicklung der Bezug zum Wirtschaftsstandort Hamburg in erster Linie im Vordergrund steht, d.h. sich Hamburg mit einer Top-Uni im Standortwettbewerb profilieren will, die Interessen der Studierenden und Wissenschaftler aber sekundär erscheinen. Wer entscheidet, wie viele Studie- rende in Hamburg studieren sollen, welche Schwerpunkte gelegt werden und dementsprechend wie viel Raum den einzelnen Fächern in der eventuell neuen Hochschule zugewiesen wird?

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Rüdiger Kruse: Neubauen ist immer schick. Und gleich eine ganze Uni: Super! Aber würde dadurch wirklich alles besser? und wäre dies nachhaltig? Auf den zweiten Blick hat Ausbau und Verbesserung des Bestehenden einen mindestens ebenso großen Charme: Gewachsene Struk- turen werden erhalten, es werden keine Lücken gerissen und anderswo nichts verdrängt. Was die Beteiligung betrifft, so gibt es natürlich die bekannten Strukturen, aber es wäre der Uni natürlich auch möglich in einen offenen Dialog mit Studenten und Lehrkörper und interessierten Bürgern zu treten und so einen Masterplan _Uni Hamburg zu entwickeln. Die Universität genießt eine recht große Unabhängigkeit von den Entscheidungsgremien der Stadt. Wenn Sie allerdings zusätzliches Geld braucht, muss sie schon mit Parlament und Senat reden. Von daher wird na- türlich auch die Politik an der Entscheidung mitwirken. Unser Ansatz liegt hier bei der Qualitäts- steigerung von Forschung und Lehre.

Moderatorin: Sehr geehrter Herr Kruse, sehr geehrter Herr Gildemeister, jetzt ist die Studie zur baulichen Entwicklung der Universität Hamburg erstellt worden. Wie ist Ihre Einschätzung der Ergebnisse? Viele Grüße, Birgit Hohberg (Moderation)

Benjamin Gildemeister: Zunächst einmal war es wichtig, dass überhaupt ein umfangreiches Dokument vorliegt, das das für und wider beleuchtet. Das begrüße ich sehr. Nun kann man an- hand der Studie einzelne Aspekte kritisieren und hinterfragen und hat ansonsten eine gemein- same Faktengrundlage. Für mich ergeben sich eine Vielzahl an Schlüssen, hier einige davon: -- Der Teilumzug kommt, wie bereits vorher von mir gefordert, nicht in Frage. Er gestaltet sich nicht besonders viel günstiger und hat an beiden Standorten dieselben Probleme. Hinzu kommt der unbedingte politische Wille der gesamten Universität (Präsidium, Dekanate, Stu- dierende stehen dort fest zusammen), die Uni nicht zu zerreißen, da sie unsere Bemühungen um eine gemeinsame Universität, die voneinander lernt, sich austauscht und als zentrale Wis- senschaftseinrichtung begreift, konterkarieren würde. -- Es gibt leider kaum Angaben über Finanzierungsmöglichkeiten, die sich ja durchaus unter- schiedlich gestalten dürften. -- Die Basis für den gewünschten Flächenzuwachs erscheint sehr wackelig, da er auf vagen Vermutungen beruht. -- Die Kosten für den Umzug halte ich für zu niedrig angesetzt. 150 Mio. für die U-Bahn... da kann man ja mal auf die aktuelle Entwicklung der U4 blicken. Uns werden viele noch versteckte Kosten erwarten. -- Das größte Problem des Verbleibs in Eimsbüttel bleibt die Dauerbaustelle. Dieses muss man jedoch wohl in Kauf nehmen. -- Eine Uni auf dem Grasbrook bietet in keinster Weise die notwendigen Voraussetzungen für eine lebendige, kulturell vielseitige und lebenswerte Universität (Verhältnis Stadt-Uni) -- Der entscheidende Schluss für mich ist: Die Universität muss zügig erneuert werden. Schritt für Schritt in Eimsbüttel. So können wir uns sicher sein, dass der nötige Fortschritt überhaupt kommt und sich ständig spürbare Verbesserungen ergeben. Die Unwägbarkeiten, die mit dem Umzug verbunden sind, lassen ihn sehr unattraktiv erscheinen.

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Moderatorin: Lieber Herr Kruse, lieber Herr Gildemeister, im Forum wurde von einigen Teilneh- mern angemahnt, dass die Unimitarbeiter/innen und Studierenden bislang nicht wirklich in die- sen Gestaltungsprozess einbezogen wurden. Wie schätzen Sie das ein? Und gibt es dazu noch weitere Planungen? Viele Grüße, Birgit Hohberg (Moderation)

Rüdiger Kruse: ich verstehe die Strategie der Senatorin so, dass die Einbeziehung aller Interes- sierten jetzt stattfindet, wo die Szenarien vorliegen. Entschieden werden soll nach der Sommer- pause, so dass genügend Zeit für den Dialog bleibt.

Benjamin Gildemeister: Ja, es ist korrekt, dass dieser Eindruck entstanden ist. Die Skepsis ist groß, trotz aller Bemühungen. Es wird leider oft übersehen, dass eine Universität eine lebendige Einrichtung mit vielen kritischen und konstruktiven Meinungen ist. Gewachsene Strukturen und Gremien lassen sich nicht gerne etwas vorsetzen. Die Bemühungen um ein offenes Verfahren wird zwar anerkannt, aber bei vielen herrscht Skepsis darüber, ob es sich nicht nur um schein- demokratische Elemente handelt. Es war gut und richtig, dass zunächst die Fakten aufgearbeitet wurden. Das Präsidium bietet Diskussionen in allen Fakultäten an, damit jeder zu Wort kommt. Ich glaube nicht, dass am Ende alle zufrieden sein werden, das ist aber kaum möglich. Wichtig ist, dass die zum Teil sehr fundierten und berechtigten Einwände von Unimitgliedern und Bürge- rInnen auch wirklich Berücksichtigung finden und die Diskussionen ehrlich geführt werden und nicht als Pflichtveranstaltungen betrachtet werden. Richtig ist aber auch, dass irgendwann eine Entscheidung getroffen werden muss. Alle wird man damit wohl nicht glücklich machen. Das ist schlicht Demokratie :-)

Süßwassermatrose: vielen Dank! das sind interessante Infos

Benjamin Gildemeister: Ich danke für das Interesse

Klaus Lübke: Wer behauptet „Eine Uni auf dem Grasbrook bietet in keinster Weise die notwen- digen Voraussetzungen für eine lebendige, kulturell vielseitige und lebenswerte Universität (Ver- hältnis Stadt-Uni)“ liegt falsch, und unterschätzt die Nachbarschaft des Standortes. Das scheint eine Hamburger Tradition zu sein, die Grenze des beachteten Horizontes auf die Norderelbe zu legen. Es wird dringend Zeit, dass sich das ändert.

Benjamin Gildemeister: Wie bereits eben gesagt: Es geht in keiner Weise darum, die Elbst- adtteile zu diffamieren (was in der Tat viel zu viele Leute ständig tun). Eine Universität mitten auf der Veddel (wenn man dort einen freien Platz dieser Größe hätte) wäre eine ganz andere Sache. Man darf schlicht nicht unterschätzen, wie wenig Abstand schon trennend wirkt - gerade für Studierende.

Finanzen

Yannick: Guten Tag! Herr Kruse: wird Ihnen als Haushaltsexperte bei der Abschätzung der Ko- sten für einen möglichen Umzug der Universität nicht mulmig? Yannick

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Rüdiger Kruse: Moin, mulmig nicht. Aber Schätzungen sind Schätzungen. Daher habe ich mir angewöhnt, wenn mir jemand sagt, das würde den Betrag X kosten nicht gleich wohlwollend zu nicken. Investitionen in die Universität sind Investitionen in die Zukunft der Stadt. Trotzdem gilt, dass man Geld nur einmal ausgeben kann. Gruß, Rüdiger Kruse

Yannick: wie geht das Verfahren denn jetzt eigentlich weiter? Wie wird entschieden, welches Szenario umgesetzt wird? Yannick

HBarrens: Diese Frage würde ich mich anschließen und darüber hinaus die Frage stellen, wel- che Finanzquellen für die Neubau oder Umzug zur Verfügung stehen. Wie steht es mit einer Beteiligung der Bezirke?

Benjamin Gildemeister: dazu muss die Behörde etwas sagen. Es wird eine abschließende Ar- beitsgruppe bestehend aus der Senatorin und je zwei Vertretern von CDU und GAL geben, die die Entscheidung fällen. Zur Finanzierung weiß ich leider überhaupt nichts.

Probleme hier und heute lösen

Louis M. Silverstein: Sehr geehrter Herr Kruse, ehrlich gesagt, fällt mir auf Anhieb keine Frage ein, die es sich lohnt zu stellen. Eigentlich ist in diesem Forum alles gesagt worden. Lesen Sie einfach folgenden Beitrag eines Studenten, der die relativ gut auf den Punkt bringt. Ich halte es einfach für unseriös und gegenüber den heute an der Universität Hamburg Studie- renden für hochgradig verantwortungslos, über irgendwelche Zukunftsszenarien der Hambur- ger Universität in 15-20 Jahren zu diskutieren (Frau Auweter-Kurtz plant sogar in Dimensionen von 50 Jahren!), wenn die Wissenschaftsbehörde gegenwärtig nicht einmal annähernd in der Lage ist, die Universität mit dringend notwendigen finanziellen Mitteln auszustatten. Bis es dann soweit sein soll, finden mindestens noch 4 Bürgerschaftswahlen mit Senatswechseln statt; 3 Konjunktur- und Haushaltskrisen sind ebenfalls zu erwarten; je nach Sichtweise werden etwa 6-10 Studentengenerationen ihren Abschluss unter wahrscheinlich mangelhaften Studienbedin- gungen machen; technologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen werden analog zu den vergangenen Jahren eine hohe Dynamik haben. Glauben Sie wirklich, die Pro- bleme der Universität sind auf unzureichende Räumlichkeiten zurückzuführen? Die Studierenden und Wissenschaftler verlangen Antworten auf strukturelle Probleme von heute und gesicherte Studienbedingungen für die nächsten Jahre. Beispielhaft sei die Situation der Fakultät Erzie- hungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft genannt, die aktuell wieder von Kürzungen betroffen ist. Es erscheint in diesem Sinne geradezu folgerichtig, dass die Standort- frage der Universität nicht ernsthaft vor dem Hintergrund einer besseren Lehre und Forschung entschieden wird. Wissen Sie eigentlich, was sich hinter der allgemeinen Formel „Impuls für die städtebauliche und wirtschaftliche Entwicklung der Stadt“ verbirgt? Auf diese Frage hat es bis- her noch keine schlüssige Antwort gegeben!

Rüdiger Kruse: Sehr geehrter Herr Silverstein, für mich stellt sich nicht die Frage, können wir mit der Universität an dieser oder jener Stelle Stadtentwicklung betreiben, und lassen wir sie

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 119 deshalb umziehen oder auch nicht. Die zu stellende Frage ist, was braucht die Universität, um eine sehr gute Universität zu werden. Da werden Sie über mehr als Renovierung oder Umzug reden müssen. Die Baufragen sind vielmehr nachgeordnet. Beste Grüße, Rüdiger Kruse

Benjamin Gildemeister: Es ist vollkommen richtig, dass die bauliche Situation nicht ursäch- lich für alle Probleme ist. Ebenso befürworte ich einen Ansatz, der über weitere grundsätzliche Probleme nachdenkt. Wir müssen uns dennoch bewusst sein, dass einer positiven Entwicklung durch eine mangelhafte bauliche Situation gewisse Grenzen gesetzt sind. Eine gute Infrastruktur ist dementsprechend Grundvoraussetzung für vieles Weitere. Einfach neue Gebäude zu bauen und zu glauben, alles Weitere wäre gut ist fast genauso kurzsichtig, wie Studiengebühren und einen Lehrpreis einzuführen und zu glauben, man würde eine optimale Lehre ermöglichen.

Yannick: Guten Tag! ich fragen mich allerdings, wo diese anderen Investitionen sind, wenn ich mir die Studie ansehe, die sich sehr auf das Räumliche bezieht. Wie wird denn in die Bildung an sich, das Personal an der Uni investiert? Yannick

Benjamin Gildemeister: Hey Yannick. Völlig richtig, von einer zusätzlichen Finanzierung ande- rer Bereiche ist nicht die Rede. Diese sind zwar durch den laufenden Etat gedeckt, jedoch gibt es keine zusätzlichen Investitionen. Ob und wie viel man dort braucht, ist jedoch eine andere Diskussion. Nur am Rande: Ein großes Problem der Universität ist, dass sie viele Vorgaben der Politik mit Bordmitteln läsen muss, zum Beispiel die Parallelstruktur alter und neuer Studiengän- ge (Diplom / BA). Hierbei fallen schlicht haufenweise zusätzliche Verwaltungsaufgaben an, für die kein Geld bereit gestellt wurde.

Kulturelle Vielfalt auf dem Kleinen Grasbrook?

Süßwassermatrose: Hallo Herr Gildemeister! Sie schreiben in ihrem ersten Beitrag in diesem Forum „Besonders am Herzen liegt mir der Bereich, der über Studium und Forschung hinaus- geht: Das Leben auf dem Campus. Kulturelle Vielfalt und ein reger Austausch von Fächern und Perspektiven.“ Können Sie sich das auf dem Kleinen Grasbrook vorstellen, oder braucht es nicht doch die gewachsene Struktur auf dem jetzigen Campus dafür?

Benjamin Gildemeister: Guten Tag, zu dieser Frage gibt es eine ganz klare Antwort: Nein, es wird dort niemals wachsen, was auf dem Campus gelebt wird. Das ist ein ganz entschei- dender Aspekt für mich. Zunächst wurde gesagt, dass dort unten ausreichend Platz sei, damit mit der Zeit all das entstehen könnte, was den Standort am Grindel so lebenswert mache. Die Studien zeigen nun aber das genaue Gegenteil: Das Verhältnis von Stadt zu Universität ist in allen Hafenszenarien mangelhaft. Optimal sind 60-70% Stadt zu 40-30% Universität. Das wird extrem verfehlt. Wenn nicht genug Platz für Wohnungen da ist, lohnen sich Restaurants, Cafés, Supermärkte, Infrastruktur überhaupt nicht. An ein durchmischtes Wohnen ist nicht zu denken, es entstünde ein morbider, technischer und künstlicher Stadtteil, der nach Vorlesungsende wie eine Geisterstadt wirkt. Der Grund dafür ist, dass auf dem Grasbrook lange nicht so viel Platz ist, wie oft suggeriert wird. Sicher kann man dort den Flächenbedarf für die Uni in vollem Umfang

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 120

erfüllen. Aber eben nicht mehr. Auch die Verkehrsanbindung wird ein großes Problem.

Rüdiger Kruse: wenn ich ergänzen darf: Ein reines Univiertel wäre so wie ein Regierungsvier- tel: abgekoppelt vom normalen Leben. Das kann sogar für eine besondere Atmosphäre des Arbeitens und Lernen sorgen, aber das wäre eben nicht die immer gewünschte Durchmischung Universität und Stadt. Die Uni in Eimsbüttel ist Teil der Stadt, die Uni auf dem Grasbrook wäre ein eigener Stadtteil. Man muss wissen, was man will. Gruß, Rüdiger Kruse

Benjamin Gildemeister: Exakt, so sieht es aus :-)

Klaus Lübke: Für die Menschen die in den angrenzenden Stadtteilen Wohnen stellen sich die Ansichten von Herrn Gildemeister und Herrn Kruse nur deswegen nicht niederschmetternd dar, weil wir mit diesen Vorurteilen oft konfrontiert werden, und es gewöhnt sind. Das hindert aber weder die Veddeler noch die Wilhelmsburger daran sich mit ihren Stadtteilen, in denen eine leb- hafte Vielfalt entwickelt hat, zu denen übrigens auch eine ganze Anzahl von Studenten gehört, sehr Stolz auf ihre Stadtteile und ihr Kulturleben zu sein. Das sich mit der Ansiedlung der Uni- versität einiges weiterentwickeln und neu Gestalten würde liegt doch auf der Hand. Die Ansicht, dass es entsprechende Strukturen nur in Eimsbüttel geben könne ist ein Märchen, obwohl sich bei einer Neuausrichtung natürlich auch Veränderungen ergeben. Wer streng auf die Bilder und Konzepte schaut, muss wohl der Ansicht sei, die hier geäußert wird, wer die Stadtteile aber kennt und ein wenig über den Tellerrand hinausschaut erkennt sehr schnell die Perspektiven.

HotteD: Stimme Herrn Lübke zu. Die Uni in Eimsbüttel war auch nicht auf einen Schlag so da, wie sie sich heute präsentiert. Das hat sich über 90 Jahre lang erst so entwickelt. Und was die Anwohner von massiven Baumaßnahmen in Rotherbaum halten, steht noch offen. Wer wohnt denn da wirklich? Das sind doch kaum Studenten. Die Anwohner dort haben nur eines im Sinn: Das sich eben nichts ändert. Für die Uni interessieren die sich doch kaum. Wie schätzen Sie beide denn die zu erwartenden Auseinandersetzungen mit den Anwohnern und Bürgerinitiativen ein, die sich in der Vergangenheit quasi gegen jede Baumaßnahme - sei sie noch so klein - ge- wendet haben?

Benjamin Gildemeister: Ich glaube, wir vermischen hier etwas. In möchte in keiner Weise be- haupten, dass die Menschen auf der Veddel in einer kulturlosen Geistergegend wohnen. Nur ist die Veddel nicht der kleine Grasbrook. Wilhelmsburg im Übrigen auch nicht. Ich bin sicher kein Betonkopf, der sich gegen Veränderung wehrt - ich bin auch der Ansicht, dass das Argument, in Eimsbüttel sei es doch „ganz schön“ genauso wenig zieht wie das Argument, man belebe mit einem Umzug die Hafengegend. Wie gesagt, es geht um die Universität. Wir können schon in Eimsbüttel erfahren, dass die (noch sehr geringe) Distanz vom Von-Melle-Park zur Bundes- straße durchaus trennend wirkt. Selbst wenn die Hafenstadtteile pulsieren, hat das nichts mit Campusleben zu tun, sondern eben mit pulsierenden Stadtteilen. Das Leben muss auf dem Campus stattfinden. Von der Veddel zum Grasbrook kommt man nicht, in dem man die Straße überquert. Es ist auch richtig, dass in Rotherbaum sehr viele Nichtstudierende wohnen. Es ist ein Problem, dass die Miete in direkter Umgebung oftmals hoch ist. Wir haben dennoch genug

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 121

Platz für studentisches Leben neben dem Wohnen. Das ist auf dem Grasbrook nicht gegeben. Zur Frage um die Auseinandersetzungen mit Bürgerinitiativen: Sicherlich wird es bei Baumaß- nahmen Widerstand geben. Aber auch wenn die Universität umzieht, werden die Abrissbirnen durch Rotherbaum jagen und eine Nachbebauung von Wohnblöcken verläuft ebenfalls nicht geräuschlos. Den AnwohnerInnen ist der Verbleib der Universität sehr wichtig, auch, wenn sie in der Vergangenheit dies nicht oft gezeigt haben.

Klaus Lübke: Stimmt, Benjamin Gildemeister, man muss eine Straße überqueren und eine Bahnlinie unterqueren. Etwa so, als wenn man vom ESA zum CCH geht.

Beteiligung des AStA an der Studie!

Süßwassermatrose: Hallo Herr Gildemeister! Mich würde interessieren, ob Sie oder andere Studierende im Vorfeld in die Erarbeitung der Ergebnisse der Studie mit einbezogen worden sind (z.B. über eine Befragung?)

Benjamin Gildemeister: Die Studierenden wurden in der Studie insofern einbezogen, als dass ich an der Arbeitsgruppe Stadtentwicklung teilgenommen habe. Dort wurden alle Szenarien an- hand der hier hinterlegten Ampelbögen auf ihre Auswirkungen für die beiden Standorte bewertet. Als Grundlage wurden die nun auch vorliegenden Vorschläge in allen Entwicklungsstadien prä- sentiert und wir waren vor Ort auf dem Grasbrook und haben einen ausführlichen Campusrund- ganz unternommen. Außerdem fand ein langes Einzelgespräch mit dem Architektenbüro und mir statt, damit auch alle den Studierenden wichtigen Aspekte berücksichtigt werden. Es war mir vor allem wichtig, darüber dem Verfahren beizuwohnen und zu überprüfen, wie dort gearbeitet wird.

Verkehrsanbindung

Moderatorin: Sehr geehrter Herr Kruse, sehr geehrter Herr Gildemeister, da das Thema hier recht häufig thematisiert wurde, würde ich Sie gern fragen, inwiefern die Verkehrsanbindung bei der zukünftigen Gestaltung der Universität Ihrer Meinung nach eine Rolle spielen könnte? Viele Grüße, Birgit Hohberg (Moderation)

Benjamin Gildemeister: Ich danke für die Frage! Die Verkehrsanbindung spielt in meinen Au- gen eine sehr große Rolle. Wir haben in Eimsbüttel eine recht einzigartige Situation: Die Fern- bahn ist nah (Dammtor), wir haben mit der Hallerstraße, dem Stephansplatz und dem Schlump drei wichtige U-Bahnstationen in unmittelbarer Nähe, die alle drei Linien abdecken. Wir haben mit dem 5er Bus die meistbefahrene Buslinie Europas und den 4er obendrein. Jeden Tag nutzen Tausende diese Wege. Auf dem Grasbrook wird es in meinen Augen kaum möglich, dem Ver- kehrsaufkommen mit S-Bahn und U4 gerecht zu werden. Die Taktungen müssten extrem hoch sein, der Pendelverkehr würde zunehmen (z.B. für die Mediziner, die durch das selbe Nadelöhr wie alle anderen müssen) und vor allem gäbe es wohl eine Zunahme an Individualverkehr, insbe- sondere bei PKWs, für die ja mehr Stellplätze bereit gestellt werden sollen. Wie sich das ökolo- gisch auswirkt, vermag ich nicht abschließend zu beurteilen - positiv ist es mit Sicherheit nicht.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 122

Rüdiger Kruse: bei der Verkehrsanbindung geht der Punkt eindeutig an den jetzigen Standort. Auf dem Grasbrook ist vieles möglich, muss aber in wesentlichen Teilen erst noch geschaffen werden.

Klaus Lübke: Das sich die Verkehrsverbindungen zum Kleinen Grasbrook wandeln müssen ist klar, doch es lässt sich bewerkstelligen. Ohne viel Aufwand lässt sich die S-Bahn anbinden, und die Fahrzeiten in die Stadt sind exzellent. Zu den drei Hochbahnlinien kommt demnächst die U4 hinzu. Übrigens, und nur mal nebenbei: Man muss eben die zukünftige Verkehrsstruktur im Auge haben, nicht die jetzige. Insofern ist es falsch zu sagen, dass „alle“ U-Bahnlinien an die Universi- tät in Eimsbüttel durch Stationen angebunden wären. Eine Unterquerung der Elbe wurde bereits angedacht, eine Verwirklichung durch die Universität wahrscheinlicher. Ein weiterer Gewinn für die Elbinseln. Der Standort bietet aber auch ein weiteres Potenzial, und zwar die Anbindung durch die Fährlinie 62. Berufspendler auf Schiffen haben im Hafen eine lange Tradition. Was der Kleine Grasbrook wohl nie bieten wird ist eine Fernbahnstation, aber ob das ein Ausschlagge- bendes Argument ist, wage ich zu bezweifeln.

Vorteile für die Bauwirtschaft

HBarrens: Sehr geehrter Herr Kruse und Sehr geehrter Herr Gildemeister, Ich würde gerne ihrer beider Einschätzung der beiden großen Alternativen Umzug oder erhalt des jetzigen Standortes im Hinblick auf die Stärkung der Bauindustrie in Hamburg erfahren. Besten Dank, H. Barrens

Benjamin Gildemeister: Sehr geehrter Herr Barrens, da bin ich nun wirklich kein Experte. Fest stehen für mich zwei Sachen: Egal, wofür die Entscheidung ausfällt - die Bauindustrie wird in den kommenden Jahren einiges zu tun haben. Bei einem Komplettumzug 10 Jahre lang, bei allen anderen Szenarien sogar 20 Jahre lang. Bei einem Umzug gibt es eine Nachbebauung in Eimsbüttel, bei einem Verbleib wird sicherlich über eine andere Nutzung mindestens des Über- seezentrums nachgedacht werden. Spannender wäre ein Neubau am Hafen vermutlich schon, aber darum geht es wohl eher nicht. Die zweite Sache ist, dass dies ein Kriterium ist, das meiner Ansicht nach nicht bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden sollte - gerade, wenn man davon ausgehen kann, dass die Industrie in allen Fällen profitiert.

Rüdiger Kruse: Bei beiden Szenarien würde die Bauwirtschaft profitieren. Auf Grund der Vorha- benslänge auch über einen längeren Zeitraum. Für die Ortsansässige Wirtschaft ist natürlich ein langer Zeitraum besser als ein kurzer, weil die vorhandenen Kapazitäten länger ausgelastet sind und weniger Strohfeuereffekte entstehen. Ich gehe allerdings davon aus, dass die Bauzeiten Ro- therbaum und Grasbrook am Ende recht ähnlich sein werden. Ansonsten gilt sicherlich, dass für die Bauwirtschaft das Projekt, bei dem am meisten investiert werden muss, das Beste ist.

HBarrens: Vielen Dank für Ihre Antworten.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 123

Zersplitterung der Uni

Lucy: Was ich immer nicht ganz verstehe ist, dass in der Argumentation immer davon gespro- chen wird, eine Zersplitterung der Uni zu verhindern. Allerdings liegen doch jetzt schon große Teile außerhalb des zentralen Campus, z.B. in Klein Flottbek, in Stellingen, am UKE, oder auch kleinere Institute, die dann z.B. in St. Pauli angesiedelt sind. Gibt es den Bestrebungen, diese Zerfaserung aufzuheben und die jetzt dezentralen Institute (natürlich bis auf das UKE und DAI- SY) räumlich wieder zu bündeln?

Rüdiger Kruse: ja, es gibt diese Bestrebung die Dinge zusammenzuführen, die einen Bezug zu einander haben. Wie Sie schon erwähnten, gibt es aber auch absolute Hindernisse, wie z.B. UKE oder DESY. Aber auch manch anderes Institut braucht nicht bloß xy Quadratmeter sondern hat Gebäudeanforderungen, die bei einer Verlagerung teuer zu stehen kämen. Es wäre also gut, die Verlagerungsfähigkeit in Gesprächen mit den Betroffenen direkt zu überprüfen.

Benjamin Gildemeister: Hallo Lucy, danke für die Frage! Es ist richtig, die Formulierung „Zer- splitterung verhindern“ ist nicht ganz korrekt. Eigentlich müssen die bereits verstreuten Bereiche sogar eher herangeholt werden. Die Sorge ist deshalb so groß, weil gerade die Erfahrungen mit den Außenstellen zeigen, dass die Isolation große Probleme mit sich bringt, was die Integration der Studiengänge in das Selbstverständnis der Universität massiv behindert. Klar ist jedoch auch, dass der Botanische Garten, das DESY und das UKE niemals umziehen können. Das sind gigantische Einrichtungen, mit deren Abwesenheit vom Campus wir leben müssen. Das bedeutet aber umso mehr, die anderen Bereiche heranzuholen. Dass z.B. das Informatikum aus Stellingen zurück auf den Campus kommt, ist unabhängig von den Szenarien so gut wie beschlossen. Auch die Physik soll wohl von der Jungiusstraße zu den anderen Natur- wissenschaften. Eine Bündelung ist, wo immer sie möglich ist, sinnvoll.

Vielen Dank für die angeregte Diskussion!

Moderatorin: Liebe Herr Kruse, Herr Gildemeister und liebe Teilnehmenden, vielen Dank, dass Sie so engagiert mit uns über die Zukunft der Universität Hamburg diskutiert haben und wei- tere interessante Informationen für uns hatten. Ein herzliches Dankeschön auch an alle Teil- nehmenden für ihre Hinweise und Anregungen! Die nächste Livediskussion ist am Freitag, den 24.04.2009, mit der Uni-Präsidentin Monika Auweter-Kurtz und Hamburgs Oberbaudirektor Jörn Walter. Die Uhrzeit werden wir Ihnen hier sofort mitteilen, sobald diese feststeht. Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Tag! Viele Grüße, Birgit Hohberg (Moderation)

Benjamin Gildemeister: Ich bedanke mich ebenfalls vielmals bei Ihnen, bei Herrn Kruse und allen interessierten FragestellerInnen. Einen schönen Tag noch und beste Grüße

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 124

6.3 Livediskussion mit der Uni-Präsidentin, Prof. Dr. Monika Auweter-Kurtz, und dem Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter

Am Freitag, den 24. April, erörterten die Teilnehmenden direkt mit der Uni-Präsidentin, Frau Prof. Dr. Monika Auweter-Kurtz, und Hamburgs Oberbaudirektor, Prof. Jörn Walter, Fragen zur Zu- kunft der Universität Hamburg. Nachfolgend wird die Diskussion dokumentiert.

Herzlich Willkommen bei der Livediskussion!

Moderatorin: Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Auweter-Kurtz, sehr geehrter Herr Prof. Walter, wir begrüßen Sie ganz herzlich in unserer Livediskussion und danken Ihnen, dass Sie sich die Zeit für unsere Online-Diskussion nehmen! Zum Einstieg in das Thema würde ich Sie zunächst gern fragen, wie Sie sich die Zukunft der Universität Hamburg vorstellen? Was sind die wichtigsten Ziele? Viele Grüße, Birgit Hohberg (Moderation)

Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter: Wir brauchen eine für den Wissenschaftsstandort Ham- burg zukunftsfähige und in die Stadt integrierte Lösung.

Monika Auweter-Kurtz: Liebe Chatter, herzlichen Dank, dass Sie mir die Möglichkeit geben, am Dialog zur baulichen Entwicklung unserer Universität teilzunehmen. Die wichtigsten Ziele der Universität Hamburg sind, dass wir nicht nur national sondern international zu den Spitzenuni- versitäten aufschließen. Zudem ist es erforderlich, dass es uns gelingt, Spitzenforscherinnen und Spitzenforscher für unsere Universität zu gewinnen und den Studierenden deutlich bessere Lernbedingungen zu bieten.

Marthe: Warum reich der jetzige Standort nicht mehr aus??

Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter: Die Untersuchungen zeigen, dass der erwartete Flächen- bedarf durchaus auf den bestehenden Standorten in Eimsbüttel untergebracht werden kann. Dies bedingt aber, dass es zu einer deutlich höheren Verdichtung der Bebauung in Eimsbüttel kommen müsste. Dies wirft zwei Fragen auf: Ist eine so hohe Verdichtung mit dem Stadtteil verträglich? Ist eine so stark verdichtete Bautypologie ein zukunftsfähiges und flexibles Uni- versitätskonzept? Aus diesem Grunde sind alternativ die Standorte am Grasbrook untersucht worden.

Monika Auweter-Kurtz: Wir haben an der Universität Hamburg ca. 180 Studiengänge zum größten Teil neu eingeführt. Wir wollen unsere Studierenden in wesentlich kleineren Gruppen betreuen und brauchen jetzt hierfür deutlich mehr Raum. Des weiteren waren wir in den letzten zwei Jahren äußerst erfolgreich in der Forschung und konnten die Arbeitsplätze im Forschungs- bereich nahezu verdoppeln. Um diesen Aufschwung fortzusetzen benötigen wir dringend Ar- beits- und Laborräume.

Moderatorin: Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Auweter-Kurtz, sehr geehrter Herr Prof. Walter,

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 125 generell soll es ja darum gehen, die Universität Hamburg zukunfts- und konkurrenzfähig zu ma- chen. Wo sehen Sie hier die Knackpunkte, wo sind die Mängel, wo die Potentiale, die im Zu- sammenhang mit der zukünftigen Gestaltung angegangen werden müssen? Viele Grüße, Birgit Hohberg (Moderation)

Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter: Zu den Hauptproblemen am Standort Eimsbüttel - siehe meine Antwort an Marthe -. Der kleine Grasbrook würde eine langfristige Entwicklungsoption an einem hoch attraktiven Standort (Wasserlage, Sichtbeziehungen auf die Stadt, Anbindung an HafenCity, Veddel, Wilhelmsburg) für Hamburg darstellen, bei dem die Hauptfrage ist, ob und wie es gelingen kann, hier eine in einen neuen Stadtteil mit Wohnen und Arbeiten integrierte Universität zu realisieren.

Monika Auweter-Kurtz: Wir wollen uns verstärkt zur Stadt öffnen. Hierzu benötigen wir drin- gend neue Flächen für Wissens- und Technologietransfer. Wir wollen einen angemessenen Bei- trag zur wirtschaftlichen Entwicklung der aufstrebenden Metropole Hamburg leisten. Hierzu sind Flächen für Neuansiedlungen von Wirtschaftsunternehmen in unmittelbarer Nähe der Universität nötig. Wir messen der universitären Weiterbildung eine hohe Bedeutung zu und haben daher vor kurzem ein Weiterbildungszentrum gegründet, für das wir jedoch einen erheblichen zusätzlichen Flächenbedarf benötigen.

SPHH: Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Auweter-Kurtz, sehr geehrter Herr Prof. Walter, Wissenschaft, Bildung und Forschung sind wohl die entscheidende Ressource für die Zukunft. Empirische Studien stimmen darin überein, dass die Potenziale einer Stadt oder Region in diesem Bereich maßgeblich ihren Erfolg und ihr Wachstum bestimmen. In diesem Bereich ist Hamburg leider sehr schlecht - im Vergleich zu anderen deutschen und europäischen Großstädten - aufgestellt. Zurzeit bietet sich die Chance Hamburg als Wissensmetropole zu positionieren und Hamburg für die Zukunft gut aufzustellen. Endlich eine Chance, die Hamburg mal nicht verpassen sollte. Hamburg müsste den bisherigen Unistandort in Eimsbüttel beibehalten und zusätzlich eine Uni- versität mit SciencePark auf dem Kleinen Grasbrook bauen. Dies verursacht zweifelsohne sehr hohe Kosten, bei diesen handelt es sich aber um Investitionen in die Zukunft, die sich mittel- bis langfristig aller Voraussicht nach auszahlen werden. Was hal- ten Sie von diesem Vorschlag?

Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter: Dies ist ebenfalls eine der Handlungsoptionen, die im Kern in der Studie mit dem Szenario 3 aufgegriffen wurde. Städtebaulich lassen sich dafür gute Argu- mente finden, dagegen steht jedoch der Wunsch der Universität, an einem Standort versammelt zu sein.

SPHH: Sehr geehrter Herr Prof. Walter, Sie haben mich missverstanden. Meine Idee war nicht die Universität auseinander zu ziehen, sondern eine weitere Universität zu gründen. Denn es ist nun mal so, dass Hamburg im Vergleich zu anderen Großstädten - wie München oder Stuttgart - über einen zu geringen Studentenanteil verfügt. Ferner hat Hamburg zu geringe Akademikera- nteil an der Gesamtbevölkerung, zu geringe FuE-Ausgaben und -Personal, zu geringe Patentin-

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 126

tensität... Ich habe noch eine weitere Frage: Als wie wichtig und entscheidend sehen Sie das Vorhanden- sein von Museen oder dem Science Center an für das Interesse der Bevölkerung ein Studium aufzunehmen oder sich auch nur für Wissenschaft zu interessieren? Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang, dass Hamburg über kein naturhistorisches Museum verfügt?

Monika Auweter-Kurtz: Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Wissensbasierte Ökonomie muss auch und gerade für die Handelsmetropole Hamburg im Zentrum einer gedeihlichen Entwicklung ste- hen. Es gilt hier, Versäumnisse vergangener Jahrzehnte schnell aufzuholen.

Marthe: Glauben Sie nicht, dass eine Verlagerung den Anteil der Bewerbungen deutlich mindern würde? Immerhin ist der Standort einer Universität maßgeblich für die Entscheidung der Stu- denten, wo sie studieren wollen. Die Attraktivität des Standortes Rotherbaum übersteigt die des Kleinen Grasbrooks meiner Meinung nach gewaltig.

SPHH: Ich denke, dass die Attraktivität für die Studenten, die zu den hohen Anmeldezahlen führt, in erster Linie von der Attraktivität der Stadt determiniert wird. Außerdem wird ein Campus auf dem Kleinen Grasbrook - wenn er erstmal fertig ist - wohl kaum eine geringere Attraktivität entfalten als der derzeitige Campus.

Marthe: Das bezweifle ich sehr stark, da Eimsbüttel nun mal der Stadtteil ist, der eine hohe Le- bensqualität garantiert. Was gibt es denn im Hafen außer Wasser? Ist nicht schon der Versuch gescheitert, auf der Veddel einen neuen Studentenstadtteil zu schaffen? Trostlose, gähnende Leer herrscht dort vor. Und wenn man einmal die demographische Prognose beachtet, muss man feststellen, dass die Bewerberzahlen in den nächsten 10 Jahren um 15 Prozent sinken! Wozu also der viele Platz??

Monika Auweter-Kurtz: Die Sanierung der Universität am Standort Rotherbaum würde voraus- sichtlich mindestens 20 Jahre dauern. Arbeiten und Leben auf der Großbaustelle wäre weder für Studierende noch Universitätsmitarbeiter attraktiv. Der Neubau der Universität auf dem Gras- brook würde voraussichtlich nur 10 Jahre dauern. Nach Fertigstellung besäße Hamburg dann sicherlich eines der attraktivsten Universitätsgelände der Welt.

Monika Auweter-Kurtz: Eine Universität am Wasser kann bei entsprechender baulicher Ge- staltung eine ganz besondere Ausstrahlungskraft entfalten. Ich bin sicher, dass wir Planungen verwirklichen könnten, die das Leben und Arbeiten der Studierenden wie der universitären Mit- arbeiter auf dem Grasbrook sehr attraktiv machen würden.

Cybersoc: Sehr geehrter Herr Walter, ist mit einer „höheren Verdichtung“ gemeint, was man auf dem Luftbild zu Szenario 2 sieht? Das zumindest sieht nicht aus, als würde es in den Stadtteil passen. Oder handelt es sich nur um Platzhalter und die tatsächliche Bebauung könnte auch kleiner ausfallen?

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 127

Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter: Dies ist zutreffend; in der Studie ist im Szenario 2 darge- stellt, welche Baumassen für die Universität in Eimsbüttel untergebracht werden müssen, wenn sie dort verbleibt. Natürlich ist das noch kein städtebaulicher oder hochbaulicher Entwurf, der in der Verteilung und Ausgestaltung der Baumassen noch zu Veränderungen führen kann. Maß- nahmen zur Stärkung des Wissensstandortes Hamburg

Dennis von Glahn: Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Auweter-Kurtz, sehr geehrter Herr Prof. Wal- ter, die aktuellsten Prognosen der Kultusministerkonferenz gehen von mindestens 20% weniger Studierenden im Jahr 2020 aus. Ab 2020 wird die Anzahl der Studierenden jedes Jahr um 2% abnehmen. Selbst bei einer Verkleinerung der Gruppen, frage ich mich, wo dieser erhöhte Flä- chenbedarf herkommen soll. Des Weiteren geht doch eine Verkleinerung der Gruppen zwangs- läufig mit einer benötigten Erhöhung des Lehrkörpers einher. Die aktuelle Umschichtung von Fa- kultätsetats zeigt allerdings in beeindruckender Art und Weise, dass bereits jetzt nicht genügend Geld vorhanden ist.

Monika Auweter-Kurtz: Ich fürchte, Sie sind falsch informiert. Natürlich geht eine Verkleinerung der Gruppengrößen bei der Betreuung der Studierenden mit einer Vergrößerung des Lehrkör- pers einher. Die Universität Hamburg verfügt sehr wohl über die Mittel, dementsprechendes Per- sonal einzustellen, jedoch nicht über die erforderlichen Räumlichkeiten. Unser Universitätsetat wurde letztes Jahr deutlich erhöht, und zusätzlich stehen uns die Mittel aus Studiengebühren zur Verfügung.

SPHH: Ich möchte mal anmerken, dass die Bewerberzahlen die tatsächlichen Studienplätze um ein Vielfaches übersteigen und somit zurückgehende Gesamtstudentenzahlen keine Auswir- kungen auf die Besetzung der Studienplätze in Hamburg haben dürften.

Marthe: Ja, NOCH. Deshalb sprach ich ja auch von der demographischen Entwicklung und nicht von der jetzigen Situation. Wenn es in 10 Jahren rund 100.000 weniger potenzielle Bewer- ber gibt - dann wird die Riesenuni auf dem Kleinen Grasbrook ziemlich alt aussehen.

SPHH: Die Bewerberzahlen übersteigen die Studienplätze um ein Vielfaches. Sagen wir mal 8:1. Selbst wenn die Bewerberzahlen um über 10% zurück gehen würden, würden sich also immer noch 7 Personen auf einen Studienplatz bewerben. Verstehen Sie, dass somit immer noch alle Studienplätze besetzt wären?

Dennis von Glahn: Lieber SPHH, Sie sind leider derjenige, der einen Denkfehler macht. Dass die Bewerberzahlen die Studienplätze laut Statistik um das x-fache übersteigen, liegt schlicht und einfach daran, dass es in so gut wie keinem Studiengang mehr ZVS-Bewerbungen gibt. Ergo bewerben sich die Studienberechtigten an x Universitäten gleichzeitig. Ich habe mich beispiels- weise an 6 Unis beworben, wodurch ich an allen 6 Unis in die Statistik eingehe. Des Weiteren herrscht in den naturwissenschaftlichen Fächern bereits jetzt ein Bewerbermangel. In Fächern wie Mathematik, Chemie oder auch Physik wurden in den letzten Jahren mehr Plätze angeboten als es Interessenten gab.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 128

Dennis von Glahn: Wenn die Mittel angeblich vorhanden sind, so stellt sich mir die Frage wieso diese nicht eingesetzt werden. Wenn man nach Wochen die Dozenten fragt wann denn endlich mal die Klausurergebnisse veröffentlich werden, so kriegt man unisono zu hören „Da müssen Sie mal im ESA die Chefin fragen, mehr als arbeiten können wir auch nicht“. Selbst die festgesetzte Deadline, an der die Klausurergebnisse veröffentlicht sein müssen, wurde in den meisten Fällen nicht eingehalten.

Jona: Sehr geehrter Prof. Walter, Sie wollen eine verdichtete Uni. Das klingt gut, aber wäre denn mit einem Umzug tatsächlich so viel mehr verdichtet? Es bleiben doch auch bei der Variante relativ viele „Satelliten“ übrig, für die die Wege womöglich noch weiter werden. Mit freundlichen Grüßen, Jona

Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter: Ich will eine „städtische“ und nicht zwingend eine (hoch)“verdichtete“ Universität. D.h. für mich sowohl in Eimsbüttel wie auch auf dem kleinen Grasbrook, das eine Grundbebauungshöhe von 6-7 Geschossen vernünftig ist.

SPHH: Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Auweter-Kurtz, ich freue mich über Ihre Zustimmung. Welche Maßnahmen sehen Sie persönlich als notwendig an, um diesen Missstand, der leider derzeit in Hamburg vorherrscht, abzubauen und möglichst in eine Stärke umzuwandeln? Auch wenn man mal über die eigentlichen Hochschulen und Forschungsinstitute hinaus denkt, was müsste getan werden, um Hamburg zu einer Metropole des Wissens zu machen? Science Center in der HafenCity? Museen, die in Hamburg derzeit nicht vorhanden sind? @ marthe: Sie machen hier einen Denkfehler...

Monika Auweter-Kurtz: Die Begeisterung der nachwachsenden Generation für Wissenschaft gehört ganz sicherlich zu den besonders wichtigen positiven Entwicklungen unserer Zeit. Hierfür sind Räume zur Wissensvermittlung an Kinder und Jugendliche bei der baulichen Neugestaltung unserer Universität unverzichtbar.

Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter: Tut mir leid, wenn ich Sie missverstanden habe. Unabhän- gig davon teile ich im Übrigen voll und ganz Ihre Auffassung zur Bedeutung von Wissenschaft, F&E-Aufwendungen usw. für die Zukunft Hamburgs. Zur zweiten Frage messe ich „Vermittlungs- institutionen“ zwischen der Wissenschaft und der Bevölkerung eine hohe Bedeutung zu. Dazu gehören Museen, Wissenschaftszentren und natürlich auch das von mir vermisste naturkund- liche Museum, über das Hamburg bis zum 2. Weltkrieg verfügte.

Jona: dann muss ich die Frage wohl an Frau Prof. Dr. Auweter-Kurtz stellen: Sie wollen eine verdichtete Uni. Das klingt gut, aber wäre denn mit einem Umzug tatsächlich so viel mehr ver- dichtet? Es bleiben doch auch bei der Variante relativ viele „Satelliten“ übrig, für die die Wege womöglich noch weiter werden. Mit freundlichen Grüßen, Jona

Monika Auweter-Kurtz: Da muss ich Ihnen widersprechen. Ich bin nicht für die bauliche Ver- dichtung der Universität am Rotherbaum - eine Inflation der WIWI-Bunker ist weder im Interesse

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 129 der Studierenden und Forschenden noch im Interesse der Anwohner. Ich plädiere für einen Um- zug auf den kleinen Grasbrook. Die ersten dazu ersichtlichen Planungen zeigen eine räumlich entzerrte Gebäudestruktur.

Jona: Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Auweter-Kurtz, da haben Sie mich missverstanden. Eines Ihrer Ziele ist ja, die Uni auf dem Kleinen Grasbrook so neu zu gestalten, dass es auch kürzere Wege und zusammengeführte Fachbereiche gibt. Aber trifft das denn tatsächlich zu? Viele Bereiche bleiben doch trotzdem an ihrem jetzigen Ort. Und für die werden die Wege noch länger. Mit freundlichen Grüßen, Jona

Monika Auweter-Kurtz: Für uns ist es sehr wichtig, dass alle Fachbereiche, die derzeit in Eims- büttel ansässig sind, zusammenbleiben. Darüber hinaus wollen wir die Informatik, die zur Zeit außerhalb in Stellingen angesiedelt ist, näher ans Zentrum der Universität heranführen. Dies würde uns auf dem Kleinen Grasbrook gelingen.

Louis M. Silverstein: Sehr geehrte Frau Prof. Auweter Kurtz, leider muss ich Ihnen widerspre- chen. Bisher sind die Anwohner von den Verantwortlichen überhaupt noch nicht in Planung einbezogen worden. Die bisherigen Planungen zeigen ja überdeutlich, dass die Anwohner eher übergangen werden. Im Übrigen haben sich die Anwohner in einer Unterschriftenliste mit vielen tausend Unterschriften für einen Verbleib der Universität am Standort eingesetzt. Als Anwohner kenne ich auch niemanden, der etwas gegen eine dichtere Bebauung etwas einzuwenden hät- ten. Und den Wiwibunker als exemplarisches Beispiel für eine zukünftige Bebauung heranzuzie- hen klingt wie eine Drohung. Oder möchten Sie in Rotherbaum oder auf dem Kleinen Grasbrook solche Bausünden wiederholen?

Monika Auweter-Kurtz: Der zusätzliche Flächenbedarf der Universität würde bei einem Neu- bau in Eimsbüttel eine extreme Verdichtung der Gebäude verlangen. Oberbaudirektor Walter hat dies vor kurzem so beschrieben: statt einem bräuchten wir eine Reihe von WIWI-Bunkern, um unseren Platzbedarf zu decken. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Anwohner in Eimsbüttel von einer 20-jährigen Bautätigkeit mit einem solchen Ergebnis angetan wären.

SPHH: Sehr geehrter Herr von Glahn, Sie könnten evtl. Recht haben. Aber da wir hier die Uni- präsidentin als Diskussionspartnerin haben, können wir sie ja direkt fragen: Stimmt es, dass einige Fächer schon jetzt deutlich unterausgelastet sind? Ich möchte allerdings anmerken, dass mit einer Attraktivitätssteigerung der Universität auch wiederum ein Anstieg der Bewerberzahlen verbunden sein dürfte. Luftbild Grasbrook?

Monika Auweter-Kurtz: Die generelle Tendenz ist gegenteilig. Der weitaus überwiegende Teil der Studiengänge ist äußerst gefragt, so dass wir uns derzeit schon die besten Studierenden aussuchen können. Wir hatte letztes Jahr ca. 31.000 Bewerbungen für nicht einmal 6000 Studi- enplätze.

Mprove: Gibt es ein ähnlich schönes Planungsbild auch für den Grasbrook?

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 130

Moderatorin: Hallo mprove, hier finden Sie ein Luftbild: Link

Mprove: Danke für das Luftbild. Fehlt da nicht die Brücke von Hardi Teherani? :•) Quasi als Brückenschlag zwischen der Uni auf der linken Elbseite und der Wohn- und Arbeits- welt auf der (in Fließrichtung) rechten Seite. Zurück zum Anfang...

SPHH: Sehr geehrter Herr Prof. Walter, ich muss direkt an Ihre Antwort anknüpfend eine weitere Frage stellen. Gibt es Überlegungen ein naturkundliches Museum in Hamburg aufzubauen? Da- von dürften auch die naturwissenschaftlichen Disziplinen an den Hochschulen profitieren.

Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter: Hierzu hat es immer wieder Initiativen gegeben, die bis- lang nach meiner Kenntnis aber noch nicht zu einem tragfähigen Konzept bzw. einer belastbaren Finanzierung geführt haben.

Mprove: Mein Background ist der Fachbereich Informatik (derzeit hinter Hagenbeck!!). Außer- dem habe ich einige Jahre direkt am Fischmarkt gearbeitet (Adobe Systems) und dort die Le- bensqualität des Wassers genossen. Es ist wunderbar in der Mittagspause auf dem Ponton zu dösen, oder auch mal spontan eine Runde mit einer Hafenfähre zu drehen. Hamburg ist eine Stadt am Wasser und das merkt man so richtig erst an der Elbe mit Ebbe und Flut.

Mprove: Die letzen 6 Jahre arbeite ich in der City Süd. Es bessert sich in Punkto Leben, aber nach 6 werden hier die Bürgersteige hochgeklappt. Man kann sich am Freitag Abend auf die Straße legen und wird erst am Montag morgen überfahren. Ich habe Bedenken, dass es bei einem neuen Uni-Stadtteil auf dem Grasbrook genau so wäre. Ein Stadtteil muss organisch wachsen, sonst wiederholen sich die Fehler der City-Nord, City-Süd und der Hafen-City(?) neu. Das wäre eine vertane Chance.

Philipp Anz: was City Süd (Hammerbrook) angeht, muss ich leider recht geben, dieser Stadtteil ist düster und tot, hier könnten zahlreiche Hitchcock-Psycho-Krimis gedreht werden, - diese Situation ist auch einer der Motive, warum ich, und hier Herr Oberbaudirektor mitlesen und denken, den Bereich Hamm-Süd, Rothenburgsort, Altes Kloster (Blumen-/Gemüsegroßmarkt), Münzviertel, Hühnerposten, als die! Alternative zum kl. Grasbrook sehe, nur würde hier, zugege- bener Maßen, am Abend eine Leere die nächste Ablösen, dieses Gebiet spricht für sich, wegen der vorhandenen Infrastruktur (Verkehr, Bücherhalle, Copy-/Internet-Shops usw.), sehr geehrte Uni-Präsidentin, als Nicht-Student, schreibe ich hier bewusst von „unserer Uni“, hier muss wirk- lich ganz genau mit Herz und Verstand und Phantasie überlegt werden, wie die Uni, auch wei- terentwickelt werden kann, im Gesamtkontext der allgemeinen Stadtentwicklung. Damit keine „Geisterstädte“ entstehen. - Das als Gedanke, Meine Fragen an Sie Frau Uni-Präsidentin und Sie, Herr Oberbaudirektor, wie intensiv haben Sie in den letzten Tagen/Wochen, die Diskussi- onen und Hinweise, dieses Forums hier verfolgt und wie werden Sie diese Denkanstöße hier, in die weitere Planung aufnehmen? - Denn, ich hoffe, das dies hier kein folgenloser Stammtisch ist! Ihr P. Anz in HH-Rothenburgsort

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 131

Monika Auweter-Kurtz: Sie haben völlig recht: wir müssen beim Bau einer neuen Universität natürlich darauf achten, dass Infrastruktur und Ambiente den Menschen entsprechen, die dort leben und arbeiten sollen. Umso wichtiger sind mir die Anstöße, die hier und im gesamten Dis- kussionsforum zur Zukunft der Universität Hamburg gegeben werden.

SPHH: Hallo mprove, meines Wissens sind bei den Planungen Wohngebiete explizit berück- sichtigt, außerdem finden sich ja auch in der Nähe des Kleinen Grasbrooks Wohngebiete. In der HafenCity tobt schon jetzt ein Leben, das ist kaum zu glauben. Gehen Sie doch heute Abend mal in die HafenCity. Zur City Nord und City Süd behaupte ich einfach mal, dass es nicht so schlimm ist, dass dort nach Feierabend nichts mehr los ist. Ansonsten scheinen diese Bürostadtteile doch sehr erfolgreich zu sein, allein in der City Nord arbeiten fast 30.000 Menschen. Dort ist das Hauptproblem die sogenannte „Zentrale Zone“, dieses wird aber wohl schon behandelt. Die Gefahr sehe ich für eine Uni auf dem Kleinen Grasbrook also eher nicht.

Monika Auweter-Kurtz: Soweit ich weiß, ist die City-Süd kein im Zusammenhang geplanter und gewachsener Stadtteil. Schon dies wäre auf dem Kleinen Grasbrook anders. Außerdem bin ich mir sicher, dass mehr als 30.000 Studierende einen neuen Stadtteil sehr schnell Leben ein- hauchen würden. Im übrigen: die Hafencity wird zurzeit von Besuchern geradezu überrannt.

Torsten: Zitat Walter: „Ist eine so stark verdichtete Bautypologie ein zukunftsfähiges und flexi- bles Universitätskonzept?“ Mich würde interessieren, wie viele Universitätskonzepte denn analy- siert und miteinander verglichen wurden? Ich habe mir in den vergangenen zehn Jahren diverse Universitäten angesehen und viele Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten entdeckt, aber in keinem der Szenarien finde ich Vergleiche mit anderen Universitäten? Es gibt schon große Un- terschiede zwischen Universitäten oder Colleges in Kleinstädten (Oxbridge) und Universitäten, die in Großstädten (Berkley, Columbia, mehrere in Boston) liegen.

Mprove: Wie sehen die Pläne für die Traditionsgebäude aus, z.B. das ESA oder auch für die schön renovierten Teile (Jura Schlüterstraße oder PI)? Würden die jetzigen Institutionen alle mit umziehen? Ich frage hier auch nach der Seele und Identität der Uni HH.

Monika Auweter-Kurtz: Wir wollen das alte Hauptgebäude, die schönen Flügelbauten und das Audimax keineswegs aufgeben, sondern zu einem universitären Kongress- und Weiterbildungs- zentrum entwickeln. Schon jetzt können wir nicht alle Tagungen und Veranstaltungen so umset- zen, wie es einer Universität von Weltgeltung angemessen wäre.

Advokat: Frau Präsidentin, Herr Oberbaudirektor, ein Umzug hätte auch Nachteile: -- wie schätzen Sie das Problem der Verkehrsanbindung des Kleinen Grasbrook ein? Ist da nicht der Standort Eimsbüttel im Vorteil? -- halten Sie das Umfeld von Industrieanlagen, Gleisen, Schiffsverkehr und Raffinerien für för- derlich? -- welche Infrastruktur wollen Sie schaffen, damit sich akademisches Leben entwickelt und der Standort beliebt wird?

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 132

-- hätte es nicht eine schlechte Symbolwirkung, die Universität und ihre Angehörigen aus dem Herzen der Stadt auf eine Insel im Hafen zu verlagern?

Monika Auweter-Kurtz: Die Planung für den Kleinen Grasbrook sehen eine Verkehrsanbindung durch U-Bahnbau, zwei Brücken, eine Buslinie und eine neue S-Bahn-Station vor. Das scheint mir eine ausgezeichnete Anbindung. Schwerindustrie oder Anlagen, die Menschen in einer neu erbauten Universität beeinträchtigen würden, kann ich rund um den Grasbrook nicht erkennen. Im Übrigen ist diese Fläche genauso weit vom Rathaus entfernt, wie der heutige Universitätscampus. Von einer Verlagerung heraus aus dem Herzen der Stadt kann also keine Rede sein. Die Neubauplanung auf dem Grasbrook sehen eine starke Durchmischung mit Wohnen und Geschäftsinfrastruktur vor.

Daniel: Sie schrieben: „Schwerindustrie oder Anlagen, die Menschen in einer neu erbauten Uni- versität beeinträchtigen würden, kann ich rund um den Grasbrook nicht erkennen.“ Und was ist mit den Raffinerie-Anlagen der Firma Sasol? Rosenduft verbreiten die nicht gerade und sobald der Wind entsprechend steht...

Daniel: Hallo Frau Auweter Kurz, in Ihrem ersten Beitrag schrieben sie ZITAT Die wichtigsten Ziele der Universität Hamburg sind, dass wir nicht nur national sondern international zu den Spit- zenuniversitäten aufschließen. Zudem ist es erforderlich, dass es uns gelingt, Spitzenforsche- rinnen und Spitzenforscher für unsere Universität zu gewinnen und den Studierenden deutlich bessere Lernbedingungen zu bieten. ZITAT_ENDE Meinen sie nicht, dass die Prioritäten vielleicht anders herum liegen sollten, nämlich 1. deutlich bessere Lern- und Lehrbedingungen, um da- durch 2. [weitere] Spitzenforscherinnen und -Forscher nach Hamburg zu ziehen, was wiederum dazu führt, dass 3. die Uni Hamburg im (inter-)nationalen Vergleich besser abschneidet? Des Weiteren schrieben sie, dass sich die Größe des Lehrkörpers durch die Einnahmen aus Studien- gebühren aufstocken ließe. Wie ist dies mit der „Einheit von Forschung und Lehre“ vereinbar, wo doch Studiengebühren per Gesetz ausdrücklich zur Verbesserung der Lehre und ausdrücklich nicht zur Verbesserung der Forschungsbedingungen vorgesehen sind? Beste Grüße, Daniel

Daniel: Bitte entschuldigen Sie, dass ich den Bindestrich und das „t“ in Ihrem Namen unter- schlagen habe...

Mprove: Und noch eine Frage. Gibt es auf dem Grasbrook noch alte traditionelle Bausubstanz, die sich in das Uni-Projekt integrieren könnte? Bei der Elbphilharmonie macht man das ja auch (da sehe ich es aber kritisch). Aber z.B. in Lübeck hat das wunderbar funktioniert. Da geht einem das Herz auf und man will sofort dort arbeiten und studieren.

Daniel: Hallo mprove, nein, nicht wirklich. Im Übrigen möchte ich allen Diskutanten ans Herz le- gen, sich das Planungsgebiet mal aus nächster Nähe anzusehen - und damit meine ich nicht die höchste Zoomstufe von Google-Maps. Ich bin gespannt, wie viele dann noch immer von einer tollen Lage inmitten der Stadt mit großartiger Anbindung an die Veddel, nach Wilhelmsburg und an die HafenCity reden können, ohne sich zumindest ein kleinwenig unwohl zu fühlen. Daniel

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 133

Dennis von Glahn: Vielen Dank für Ihre Auskunft. Gestatten Sie mir bitte eine letzte Frage. Sie schreiben, dass Sie einige Stellen auf Grund mangelnder Räumlichkeiten nicht besetzen können, diese aber finanziert seien. Was passiert in der Zeit mit dem eingesparten Geld? Ich frage mich immer wieder warum so verhältnismäßig „kleine Fische“ wie eine neue Bestuhlung in den Phil- Hörsälen nicht endlich mal in Angriff genommen wird. Ich habe die Befürchtung, sollte es zu ei- ner Entscheidung pro Umzug kommen, dass in den Jahren bis zum Umzug am jetzigen Campus gar nichts mehr passieren wird.

Andreas Körber: Liebe Frau Auweter-Kurtz, Sie schreiben vom Ziel, die Gruppen zu verkleinern, und davon, dass es genügend Geld für neue Stellen gäbe. Warum dann die Verschlechterung der Rahmenbedingungen für die Lehrerbildung, die zu deutlich größeren Gruppen führen wird, zu schlechterer Betreuung. Die Erziehungswissenschaften und besonders die Lehrerbildung müssen ja mit deutlichen Kürzungen leben, die eine vernünftige Bedienung der Lehramtsstudi- engänge schon kaum zulassen. Ist Lehrerbildung unwichtig? Gerade in Zeiten sich verändernder Gesellschaft kann Lehrerbildung nicht (mehr) Fachwissenschaft plus ein wenig Pädagogik be- deuten. Der Lehrerberuf benötigt eine deutlichere Professionalisierung, was gerade auch hin- sichtlich der Erziehungswissenschaft und der Fachdidaktiken forschungsbasierte Lehre erfor- dert. „Excellenz“ auch und gerade in diesem Bereich darf nicht fehlen. Wie stehen Sie dazu? Welche Bedeutung hat die Lehrerbildung für Ihre Standortplanungen?

Torsten: Nur so nebenbei: viele Naturwissenschaftler (Proteinforscher, Neurobiologen u.a.) be- vorzugen Standorte OHNE U-Bahn oder andere starke Vibrationen auslösende Gerätschaften in der Nähe (was nebenbei für das UKE spricht).

Dennis von Glahn: Man bräuchte lediglich das Postgebäude aufkaufen und schon wäre der zusätzliche Flächenbedarf gedeckt...

Umweltbelastung durch Neubau oder Umzug

HBarrens: Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Auweter-Kurtz, Sehr geehrter Prof. Walter, Hier im Forum wurde gestern das Thema der Umweltbelastung durch einen Neubau, bzw. die Verlegung auf den Kleinen Grasbrook angesprochen. Ich würde gerne Ihre Einschätzung, gerade auch vor dem Hintergrund der Klimawandel-Anpassungsmaßnahmen in Hamburg, zu diesem Thema erfah- ren.

Monika Auweter-Kurtz: Ich fürchte, dass die Umweltbelastung durch eine 20-jährige Großbau- stelle in Eimsbüttel für die Anwohner und die Mitglieder der Universität besonders hoch wäre.

Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter: Generell würde durch einen Neubau der Universität - egal ob in Eimsbüttel oder auf dem kleinen Grasbrook - die Umweltbelastung durch die Universität infolge der heute sehr viel höheren Energieeffizienz deutlich gemindert werden.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 134

Jona: Sehr geehrte Unipräsidentin, sehr geehrter Oberbaudirektor, jetzt lese ich immer von Räumlichkeiten und Fläche. Was aber ist mit den nicht besetzten Stellen, den fehlenden Sach- mitteln? Ist das nicht ebenso wichtig? Mit freundlichen Grüßen, Jona

Monika Auweter-Kurtz: Die Universität Hamburg steht kurz vor dem Abschluss eines neuen Struktur- und Entwicklungsplanes. Dies bedeutet, dass wir in Kürze in der Lage wären, eine große Zahl von Professuren und Mitarbeiterstellen neu zu besetzen. Dies wird jedoch nur mög- lich sein, wenn wir unseren Flächenmehrbedarf von zurzeit 15 % decken können. Dann wird es uns sicherlich auch gelingen, die erforderlichen Sachmittel bereitzustellen.

Süßwassermatrose: Sehr geehrte Frau Prof. Auweter-Kurtz! Der Zusammenhang erschließt sich mir jetzt nicht. Meinen Sie mit Neubesetzung die Schaffung neuer Stellen? Und warum hän- gen Sachmittelbedarf und Flächenverfügbarkeit zusammen?

Monika Auweter-Kurtz: Wir haben derzeit eine große Zahl von finanzierten Stellen nicht besetzt und werden diese auch in Gänze nur besetzen können, wenn wir für die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Arbeitsplätze zur Verfügung stellen können.

Louis M. Silverstein: Sehr geehrte Frau Prof. Auweter-Kurtz, so etwas mag man nicht so recht glauben, da die Universität Hamburg in den vergangenen Jahren immer von massiven Kürzungen betroffen war. Wo soll denn das Geld herkommen? Die Stadt Hamburg wird in den nächsten zwei bis drei Jahren eher weniger als mehr Geld für die Hochschulen zur Verfügung haben? Es wäre ja hilfreich, wenn

Monika Auweter-Kurtz: Die Universität Hamburg war in den letzten Jahren keinesfalls von Mittelkürzungen betroffen. Ganz im Gegenteil: die Stadt hat uns Mittel zum Inflationsausgleich und für die Finanzierung von Gehaltserhöhungen jährlich bereitgestellt. Darüber hinaus freuen wir uns seit letztem Jahr über einen nicht unerheblichen Mittelzuwachs, der es uns erlaubt, neue Studienplätze anzubieten.

Die Bo: Sehr geehrte Uni-Präsidentin, seit einigen Semestern zahlen wir nun Studiengebühren. Ich studiere Islamwissenschaft auf Magister. Uns verlassen Professoren, immer wieder müssen neue gesucht werden. Das Fach Islamwissenschaft hatte bis vor einigen Jahren einen sehr guten Ruf in der Uni Landschaft. Heute haben wir nicht einmal mehr ein funktionierendes Geschäfts- zimmer. Es ist schwierig jemanden zu finden, der einen prüfen kann, da man die neuen Dozenten nicht kennt. Was gedenken Sie zu tun, um den Standort Hamburg für Islamwissenschaftler wie- der attraktiv zu machen? Vielen Dank für Ihre Antwort

Monika Auweter-Kurtz: Dieser Chat dient der Diskussion der baulichen Situation der Univer- sität Hamburg. Ich werde mich deshalb hier sehr kurz fassen. Wir setzen die Studiengebühren dafür ein, die Studienbedingungen zu verbessern. Die Planungen hierfür sind ein wichtiger Be- standteil für die Struktur- und Entwicklungsplanung der Universität.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 135

Wie geht’s weiter im Grindelviertel?

Louis M. Silverstein: Sehr geehrter Herr Prof. Walter, in der Entwicklungsstudie heißt es: Ein Komplettumzug soll „einen starken Impuls für die städtebauliche und wirtschaftliche Entwick- lung“ liefern. Letztlich lassen die Autoren offen, was mit dieser allgemein verbindlichen Ziel- setzung gemeint ist. An anderer Stelle heißt es, eine Nachnutzung des heutigen Unicampus mit Wohnungen soll den Abwanderungstendenzen in Hamburger Umland entgegenwirken. Eine solche Behauptung ist natürlich nur realistisch, wenn bezahlbare Wohnungen entstehen würden. Sozialer Wohnungsbau müsste daher für eine Nachnutzung Priorität haben. Angesichts der Tat- sache, dass die Grundstücke an Privatinvestoren verkauft werden sollen, um einen eine geringen Teil des Komplettumzugs überhaupt finanzieren zu können, ist eine solche Perspektive unrea- listisch. Schon heute zeichnen sich im Grindelviertel, Schanzenviertel und Tendenzen ab, dass einkommensschwache Bevölkerungsgruppen aus diesen Vierteln verdrängt werden, da die Mieten steigen und dem Bau von Luxuswohnungen Priorität eingeräumt wird. Als Beispiele seien die Möllervilla, das ehemalige Unigebäude in der Binderstraße und die Sophienterrassen genannt. Ich befürchte im Zuge eines Komplettumzugs wird es zu einer massiven Gentrifizierung in diesem innenstadtnahen Quartier kommen, d.h. die Verdrängung von Bewohnern, weil die Immobilienwirtschaft die Chance für die lukrative Verwertung der Baugrundstücke plant. Ganz abgesehen davon, dass es am Ende doch irgendwelche gesichtslosen Bürotürme sind, die das Stadtbild zieren. Was verbirgt sich also hinter den wohlklingenden Floskeln der Entwicklungsstu- die? Das müssten Sie mir als Oberbaudirektor doch erklären können!

Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter: Was den kleinen Grasbrook anbetrifft, verweise ich auf meine Antwort an SPHH. In Eimsbüttel würden im Falle einer Vollverlagerung sicherlich zwei Einflussfaktoren Wirkung entfalten: Das große Flächenangebot für Wohnungsbau wird sich in der Tendenz etwas preisdämpfend auswirken, die hohe Attraktivität des Stadtteils in der Ten- denz aber wiederum preissteigernd. Für eine ausgewogene Gesamtentwicklung wird es deshalb darauf ankommen, der letztgenannten Tendenz entgegenzuwirken (z.B. durch die Grundstücks- vergabenpolitik), wenn die Erst- genannte auf dem Markt keine Wirkung entfaltet.

Louis M. Silverstein: Sehr geehrter Herr Prof. Walter, Leider Haben Sie meine Frage nicht beant- wortet. Ich hätte gern gewusst, wie Sie die Zielsetzung verstehen: „Impuls für die städtebauliche und wirtschaftliche Entwicklung.“ P.s. Sie bemerken vielleicht selbst an meinen Anmerkungen, dass ich der Politik in dieser Hinsicht nicht besonders viel Vertrauen schenke. Für die Hafencity wurde ursprünglich auch im großen Umfang sozialer Wohnungsbau versprochen. Geblieben ist davon nicht viel. In Bezug auf das ehemalige Bundeswehrgelände (heute Sophienterrassen) geisterten Pläne durch die Presse, dort sollten teilweise Studentenwohnheime entstehen. Mitt- lerweile sollen dort die teuersten Luxuswohnungen Deutschlands entstehen. Es werden bei sol- chen Prestigeobjekten häufig falsche Versprechungen gemacht oder eben Gerüchte gestreut, um dem Wähler die Sache irgendwie schmackhaft zu machen.

Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter: Leider kann ich Ihre Aussage aus meiner Kenntnis nicht bestätigen, dass es sowohl für die HafenCity als auch die Sophienterrasse am Anfang das Ziel

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 136

gegeben hätte, sozialen Wohnungsbau im Sinne des Wohnungsbaugesetzes zu errichten. Im Falle der HafenCity hat die Stadt einen festen Grundstückspreis der Vergabe zugrunde gelegt und wollte ursprünglich nicht „doppelt subventionieren“. Zwischenzeitlich ist die HafenCity aber so populär geworden, dass viele Mieter und Eigentumsinteressenten sich gegenseitig über den Preis auskonkurrieren. Dies war weder erwartet noch beabsichtigt. Deshalb werden z. Z. auch Überlegungen angestellt, wie die Preisentwicklung im Wohnungsbereich wieder auf ein „norma- les“ Maß zurückgeführt werden können. Im Falle der Sophienterrasse hat der Bund als Verkäufer des Grundstücks nach meiner Kenntnis nie das Ziel verfolgt, Studentenwohnungen o. ä. unter- zubringen. Vielmehr war er an einer möglichst hohen Baumasse interessiert, die wir nach langen Diskussionen auf ein verträgliches Maß zurückgeführt haben. Teuer und exklusiv war und ist es an der Alster schon immer.

Die Bo: Sehr geehrte Universitätspräsidentin, als Magister Student ist Anmeldung über Stine für mich nicht verbindlich. Dennoch kann ich an einigen Seminaren nicht teilnehmen, da ich mich rein technisch nicht über Stine anmelden kann und das in jedem Semester aufs Neue. Nun fra- ge ich mich, ob es nicht möglich ist, dieses, noch in der Anfangsphase steckendes System, zu entbürokratisieren. Schließlich zahle ich Studiengebühren und möchte sobald wie möglich mein Studium abschließen, kann das aber nicht, wenn man mir Plätze im Seminar verwehrt.

Monika Auweter-Kurtz: Dieser Chat dient der Diskussion der Entwicklung der Universität. An- dere Einzelfragen kann ich hier leider nicht behandeln.

Stadtentwicklungspotenzial durch Bau der Universität und SciencePark auf dem Kleinen Grasbrook

SPHH: Das Stadtentwicklungspotenzial durch den Bau einer Universität mit SciencePark auf dem Kleinen Grasbrook dürfte immens sein. Welche Entwicklungsperspektiven sehen Sie kon- kret?

Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter: Der Sprung über die Elbe und damit die Anbindung der Veddel und von Wilhelmsburg an die Stadt würde mit einer so starken Ankernutzung wie der Universität einen erheblichen Schub bekommen. Dies würde der Entwicklung der angrenzenden Stadtteile eine Reihe von positiven Impulsen geben können. Umgekehrt besitzt der Standort auf dem kleinen Grasbrook natürlich auch eine hohe Attraktivität für die Entwicklung der Universität, die dabei auch von den Qualitäten des Hafens, der HafenCity, der Veddel und Wilhelmsburgs profitieren würde.

SPHH: Sehr geehrter Herr Prof. Walter, welche Auswirkungen hätte diese Entwicklung zusam- men mit der Entwicklung der HafenCity Richtung Elbbrückenzentrum auf die Gebiete östlich des Hauptbahnhofs, St. Georg, Rothenburgsort usw.? Sehen Sie hier auch eine positive Ausstrah- lung? Wie würde die City Süd profitieren?

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 137

Daniel: „Qualitäten des Hafens, der HafenCity, der Veddel und Wilhelmsburgs“. Könnten sie dies bitte genauer erläutern? Von welchen Qualitäten des Hafens profitiert eine Uni auf dem Gras- brook? Von welchen Qualitäten der Veddel profitiert eine Uni auf dem Grasbrook? Von welchen Qualitäten Wilhelmsburgs profitiert eine Uni auf dem Grasbrook? Von welchen Qualitäten der HafenCity profitiert eine Uni auf dem Grasbrook? Vielen Dank im Voraus, Daniel

Stadtplanerische Bedeutung

Moderatorin: Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Auweter-Kurtz, sehr geehrter Herr Prof. Walter, in- wiefern spielt die Modernisierung und zukünftige Ausrichtung der Universität Hamburg auch in städteplanerischer Hinsicht eine Rolle? Welche Erwartungen sind damit verbunden? Viele Grü- ße, Birgit Hohberg (Moderation)

Monika Auweter-Kurtz: Wenn die Universität Hamburg Teil der städteplanerischen Vision des Sprungs über die Elbe sein kann, dann ist das für uns eine sehr attraktive Vorstellung. Überdies wäre die Ausstrahlungskraft einer neu errichteten Universität am Wasser national wie internatio- nal außerordentlich hoch.

Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter: Natürlich spielt eine so große Institution, wie es die Ham- burger Universität ist, eine ganz entscheidende Rolle für die Stadtentwicklung; sowohl in inhalt- licher wie auch in räumlich-physischer Hinsicht. Studenten, Wissenschaftler und die vielfältigen mit einer Universität verbundenen Aktivitäten, Veranstaltungen usw. sind ein wesentlicher Mili- eugeber für die Stadt und die angrenzenden Stadtteile. Aber auch die bauliche Dimension einer Universität mit fast 40.000 Studenten und rd. 10.000 Beschäftigten mit einer Hauptnutzfläche von 360.000 qm ist nicht zu unterschätzen. Es ist eine Größenordnung, die in etwa dem zen- tralen Quartier in der HafenCity, beidseits des Magdeburger Hafens, bzw. gut 2 1/2 mal dem gesamten Kontorhausviertel entspricht.

Universitätspräsidentin

Hamburger_Student: Sehr geehrte Frau Auweter-Kurtz, bezüglich Ihrer Pläne und Ihrer Ein- stellung gegenüber der Hamburger Universität und deren Studierende und Lehrende, würde ich gerne wissen, warum Sie den Dialog mit den Studenten vermeiden, willkürlich Budgets zu- sammenstreichen und sich der internen Probleme nicht annehmen. Glauben Sie allen Ernstes, dass eine Verlagerung über die Probleme der Universität täuschen könnte? Aus der Sicht vieler Studenten, ist eine Präsidentin, die sich weder der Studentenschaft noch der historischen Uni- versität verpflichtet fühlt, als Oberhaupt der Universität völlig fehl am Platz. Hören Sie bitte auf, mit uns Katze und Maus zu spielen und nehmen Sie sich der internen Missstände an, anstatt Großprojekte für andere Interessensgruppen durchzusetzen. Herzlichst, Ihr Student

Moderatorin: Hallo Hamburger_Student, ich möchte Sie bitten bei aller Anspannung dennoch sachlich zu bleiben und sich auf die Fragen/Argumentation zu konzentrieren. Viele Grüße, Birgit Hohberg (Moderation)

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 138

Hamburger_Student: Die Sache der Verlagerung ist meine Sache, der innere Prozess der Uni- versität ist vom Äußeren nicht zu lösen. Entscheidend ist die Einstellung gegenüber der Uni, ob die Universität der Lehre und der Forschung dienen soll, und ob dafür alles getan werden sollte, absolut entscheidend. Wer hier ernsthaft nur diskutieren möchte, ob man umziehen sollte oder nicht, wer meint, das wäre das eigentliche Thema, der bekennt, dass diese gesamte Aktion für den Umzug rein der Durchsetzung der finanziellen Interessen Dritter dient. Der muss auch ge- genüber seinen Studenten Farbe bekennen und das zugeben, was der gesamte Campus schon weiß: es geht nicht um den Inhalt, sondern nur um die Hülle.

Hamburger_Student: Dass Sie, die Moderatorin, mir antworten, und nicht Frau Auweter-Kurtz, dass ist nämlich täglich Brot an der Universität, deswegen sind die Studenten verärgert, des- wegen flüchtet Frau AK lieber in ein Taxi und fährt unter Polizeischutz(!) weg; anstatt mit ihren Studenten zu reden, ruft sie die Polizei. Das ist doch die Sachlichkeit, mit der die Präsidentin mit Ihrer Studentenschaft kommuniziert. Bloß nicht antworten.

Monika Auweter-Kurtz: In die Diskussion um Verlagerung oder Sanierung der Universität wa- ren die studentischen Gremien von Anfang an eingebunden: der ASTA hat an der Erstellung der Studie mitgewirkt. Ich persönlich habe in mehreren Veranstaltungen mit Studierenden wie Mitar- beitern der Universität über die Szenarien diskutiert. Mir liegt ganz besonders am Herzen, dass es gelingt, für die Studierenden unserer Universität ausreichend Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen und da weiß ich mich mit dem ASTA einig.

Romi: Wenn es um die Zukunft der Stadt Hamburg und die Rolle der Universität geht, muss man dann nicht in erster Linie an eine wissenschaftlich gestützte Lehrerbildung denken? Für die Zukunftsfähigkeit der Stadt sind die zukünftigen Lehrer und Lehrerinnen ganz entscheidend. Wie sollen die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Universität insgesamt in die Stadt und deren nächste Generationen wirken, wenn nicht über die nächste Lehrergeneration. Wo bleiben die innovativen Ideen auch baulich eine solche Einrichtung ins Zentrum der UHH zu rücken?

Louis M. Silverstein: Sehr geehrte Prof. Auweter-Kurtz, zwecks Richtigstellung möchte ich da- rauf hinweisen, dass in der Entwicklungsstudie für einen Komplettumzug ein Zeitraum von 12 Jahren angenommen wird. Oder woher haben Sie die Information, dass ein Komplettumzug nur 10 Jahre dauert.

Vielen Dank für die angeregte Diskussion!

Moderatorin: Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Auweter-Kurtz, sehr geehrter Herr Prof. Walter, liebe Teilnehmende, wir danken Ihnen allen, dass Sie sich die Zeit genommen und mit so viel Enga- gement über die Zukunft der Universität Hamburg diskutiert haben! Leider ist die Zeit nun um und womöglich nicht alle Fragen beantwortet worden, aber die Diskussion um die Zukunft der Universität geht ja noch weiter. Bevor wir dieses Forum schließen, möchte ich die Gelegenheit nutzen und auf die nächste Livediskussion hinweisen: sie findet am Montag, den 27.04.2009, mit Herrn Dr. Mantell, dem Bezirksamtsleiter von Eimsbüttel, und Herrn Schreiber, dem Leiter des

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 139

Bezirksamtes HH-Mitte statt. Die Uhrzeit werden wir Ihnen hier sofort mitteilen, sobald diese feststeht. Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Tag! Viele Grüße, Birgit Hohberg (Moderati- on)

Monika Auweter-Kurtz: Sehr geehrte Chatter, herzlichen Dank für die angeregte Diskussion. Ich bin mir sicher, dass wir Sie in den nächsten Wochen an anderen Orten weiterführen können.

SPHH: Ich danke auch und möchte noch einen Vorschlag für die zukünftigen Diskussionen machen. Gegen Ende der Diskussionszeit werden immer noch Fragen gestellt, die nicht mehr beantwortet werden. Die Möglichkeit Fragen zu stellen sollte zu einem festgelegten Zeitpunkt enden und alle bis dahin gestellten Fragen sollten auf jeden Fall noch beantwortet werden.

6.4 Livediskussion mit Dr. Jürgen Mantell (Eimsbüttel) und Markus Schrei- ber (Mitte)

Am Montag, den 27.04, diskutierten die Teilnehmenden zwischen 11.00 und 12.30 Uhr mit Dr. Jürgen Mantell, dem Bezirksamtsleiter von Eimsbüttel, und Markus Schreiber, dem Leiter des Bezirksamtes Hamburg Mitte, über die Zukunft der Universität Hamburg sowie der betroffenen Bezirke. Im Folgenden sind die einzelnen Diskussionsstränge dokumentiert.

Herzlich Willkommen zur Livediskussion!

Moderatorin: Sehr geehrter Herr Dr. Mantell, sehr geehrter Herr Schreiber, wir begrüßen Sie ganz herzlich zu unserer Livediskussion und danken Ihnen, dass Sie sich die Zeit für unsere Dis- kussion genommen haben! In der Diskussion geht es ja zunächst um die generelle Zukunft der Universität Hamburg. Daher würde ich Sie zur Eröffnung der Livediskussion gern fragen, wie Sie sich die zukünftige Universität Hamburg vorstellen? Viele Grüße, Birgit Hohberg (Moderation)

Dr. Jürgen Mantell: Aus meiner Sicht ist der Verbleib der Universität an dem gewachsenen Standort in Rotherbaum die beste Alternative. Dort ist die Universität entsprechend der Zielv- orgabe für die Entwicklungsstudie bestens integriert und hat auch Entwicklungsmöglichkeiten. Eine integrierte Stadtteiluniversität am Kleinen Grasbrook zu schaffen, scheint mir finanziell und was das Umfeld anbelangt, unmöglich.

Markus Schreiber: Der Umzug der Universität auf den Kleinen Grasbrook ist aus meiner Sicht eine Jahrhundertchance! Die Universität könnte sich entwickeln, die Stadtteile Wilhelmsburg, Veddel und Rothenburgsort würden profitieren und der Hafen hätte eine Abschirmung zwischen Wohnen in der HafenCity und eigentlichen Hafenbetrieb.

Dr. Jürgen Mantell: Da bis jetzt noch keine Beiträge eingegangen sind, möchte ich meinen ersten Kommentar noch ergänzen. Ich finde es bedenklich, wenn man eine berechtigte Exzel-

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lenzdiskussion über die Universitätsentwicklung ausschließlich an Gebäuden festmacht. Es gibt mehr Merkmale, die die Exzellenz einer Uni ausmachen. Ich habe dabei den Eindruck, dass die Studie die Raummängel am Standort übertreibt. Wenn es stimmt, dass 2/3 der 125 Gebäude in Rotherbaum sanierungsbedürftig sind, wäre das ein schwerer Vorwurf gegen die Verantwort- lichen in der Wissenschaftsbehörde. Was die Ausbaunotwendigkeiten anbelangt, so mögen die Zahlen vertretbar sein. Eine nachvollziehbare Diskussion über Struktur und Quantität des zu- sätzlichen Raumbedarfes hat es aber nie gegeben. Insofern ist aus meiner Sicht die Studie keine hinreichende Grundlage für eine so bedeutsame (finanziell und stadtentwicklungspolitisch) Ent- scheidung wie die Verlagerung der Universität.

Hamann: Was gefällt Ihnen denn nicht am Umfeld, Herr Dr. Mantell? Wir sind in Zukunft ein innerstädtisches Quartier in attraktiver Lage. Auch wenn Sie Bezirksamtsleiter von Eimsbüttel sind, mögen wir nicht gern schlecht geredet werden. Loben sie doch aus Ihrer Sicht die Vorzüge Eimsbüttels.

Dr. Jürgen Mantell: Sehr geehrter Herr Hamann, die Vorzüge Eimsbüttels lobe ich gerne. Die Universität ist integriert in zwei wunderschöne und beliebte Stadtteile, Rotherbaum und Har- vestehude. Hier leben 35 000 Menschen, arbeiten über 30 000 Menschen. Die Stadtteile haben die beste Verkehrsanbindung von allen Seiten und alle Umfeldinfrastruktur, die eine Universität braucht. Warum wird nicht alles Augenmerk darauf gerichtet, diesen Standort für die Universität noch leistungsfähiger zu machen?

Benjamin Bechtel: Das ist nun eine neue Variante, in den Szenarien 4.0 und 4.1 ist dagegen vor- gesehen, dass die Uni selbst in einen gemischten Stadtteil mit Wohnnutzung eingebettet werden soll. Wie verträgt sich dies dann mit der notwendigen Abschirmung vor dem Hafen?

Moderatorin: Sehr geehrter Herr Dr. Mantell, sehr geehrter Herr Schreiber, Sie sehen die Uni- versität jeweils gern in Ihrem Bezirk ansässig. Ich würde Sie daher gern fragen, welche Faktoren aus Ihrer Sicht jeweils für den Standort Rotherbaum bzw. Kleiner Grasbrook sprechen? Welche Vorteile können die beiden Orte für die zukünftige Universität Hamburg bieten? Viele Grüße, Birgit Hohberg (Moderation)

Markus Schreiber: Eine neue Uni mit Abrissen und Neubau am alten Standort dauert viel zu lange (20 Jahre!). Und in dieser Zeit ist der Uni-Betrieb gelähmt. Ein Umzug an einen neuen Standort wäre schneller zu realisieren und würde viel weniger Probleme im laufenden Betrieb bringen.

Cybersoc: Hallo Herr Dr. Mantell, würden Sie sich einen Verbleib in Eimsbüttel auch dann wün- schen, wenn die Bebauung von der Größenordnung her so ausfällt, wie in dem Luftbild zu Sze- nario 2? Ich finde, dass sich dies nicht sehr gut ins Stadtbild einfügen würde...

Dr. Jürgen Mantell: Lieber Cybersoc, Das Bild über Abriss und Neubau am Standort. ist wirk- liche nicht schön, es ist aber auch falsch. Erstens sind die Ausbaubedarfe nicht belegt, also mit

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Vorsicht zu behandeln. Zweitens werden die Ausbaumöglichkeiten am Standort schlicht nicht be- handelt (Post in der Schlüterstrasse, Sportplatz an der Rothenbaumchaussee bis zu St. Johannis- kirche). Das Bild wirkt auf mich wie gemalt um den Standort problematisch erscheinen zu lassen.

Markus Schreiber: Eine gemischtes Gebiet mit Uni und Gewerbe und Wohnen würde die reine Wohnlage gegenüber in der HafenCity deutlich abschirmen können.

Benjamin Bechtel: Herr Dr. Mantell, von Ihrer Seite würde mich interessieren, welche Flächen- reserven der Bezirk am Standort sieht. Denn die im Szenario 2 vorgesehene Verdichtung würde den Charakter des Quartiers ja unweigerlich verändern - in einer nicht unbedingt ansprechenden Weise ...

Markus Schreiber: Der Kleine Grasbrook hätte den Vorteil, dass er im Besitz der Stadt ist, es keine Nachbarn gibt die klagen können und parallel zum laufenden Uni-Betrieb eine bessere Uni- versität am neuen Standort entstehen würde, ohne den laufenden Betrieb zu beeinträchtigen.

Daniel: Hallo Herr Schreiber, können Sie bitte darlegen, inwiefern Sie denken, dass die Veddel und Wilhelmsburg von einer Uni auf dem Grasbrook profitieren? Sowohl die Veddel, als auch Wilhelmsburg sind doch durch natürliche und künstliche Barrieren recht stark vom Grasbrook abgeschirmt. Des Weiteren: Sie schrieben von einer Pufferwirkung der Uni zwischen Hafen und HafenCity. Wie viele Wohnungen werden denn im Bereich Überseequartier/Chicago-Quartier entstehen und wie viele Wohnungen sollen im Rahmen einer Mischbebauung des Kleinen Gras- brooks wie sie in den Szenarien 4.0/4.1 vorgesehen ist entstehen?

Advokat: Sehr geehrter Herr Schreiber, wenn die Universität als Abschirmung zwischen Wohn- nutzung in der HafenCity und Hafenbetrieb dienen soll, stellt sich die Frage nach Lärm, Erschüt- terungen und Abgasen. Wie würden Sie die Universität vor solchen Störungen schützen? Außer- dem müsste die Verkehrsanbindung auf dem Kleinen Grasbrook erheblich verbessert werden, auch für Autofahrer. Gibt es da nicht geeignetere Standorte?

Kim: Sehr geehrter Herr Schreiber, aber wer schirmt den Kleinen Grasbrook vor dem laufenden Hafenbetrieb ab? Und wenn dort dann auch Leute wohnen und arbeiten sollen, muss sich das ja auch mit dem laufenden Hafenbetrieb vertragen. Was wird dafür getan?

Klaus Lübke: Lieber Benjamin Bechtel, das ist doch gar nicht neu, sondern es liegt auf der Hand. Es kommt eben auf die innere Struktur an, die errichtet wird. Und wir sollten nicht verges- sen, das wir modern und nach dem neuesten Stand der Technik bauen können. Das schließt ein, das für den Ort und die Nachbarschaften neue Lösungen erarbeitet werden können. Die Frage, wie sich unterschiedlich genutzte Gebiete in Nachbarschaft befinden können, ist eine der inte- ressantesten der Stadtentwicklung im 21. Jahrhundert.

Benjamin Bechtel: Die Uni schütz also die Premiumlagen in der Hafencity vor dem Krach aus dem Hafen? Das klingt aber nicht nach einem Ort des exzellenten Lernens und Forschens.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 142

Klaus Lübke: Bitte nicht verwechseln: Die Veddel und Wilhelmsburg sind nicht die Hafencity

SPHH: Sehr geehrter Herr Dr. Mantell, sehr geehrter Herr Schreiber, Sie streichen beide bereits die Vorteile des jeweiligen Standorts heraus. Doch es ergibt sich doch eine ganz große Chance vor dem Hintergrund, dass Hamburg einen zu geringen Studentenanteil hat und auch sonst in Wissenschaft, Forschung und Innovation nicht besonders gut dasteht. Man sollte die Uni auf gar keinen Fall auseinanderreißen, aber es wäre doch eine Option beide Standorte zu nutzen, indem man einfach eine neue Universität gründet. Ob jetzt die UHH umzieht und dann der Standort in Eimsbüttel für eine neue Universität genutzt wird oder ob die UHH am Standort verbleibt und auf dem Kleinen Grasbrook eine Elbuniversität entsteht, ist da eher irrelevant. Wichtig ist die Nutzung beider Standorte für zwei Universitäten. Damit könnte Hamburg endlich zu einer Metro- pole des Wissens werden, eine Jahrhundertchance nutzen und nicht schon wieder eine Chance vertun. Was halten Sie davon?

Markus Schreiber: Natürlich müsste der Kleine Grasbrook – wie vorgesehen – mit einem U- Bahn-Anschluss erschlossen werden. Außerdem müsste es einen Tunnel zur Anbindung der Veddel geben, die ja nur wenige Meter entfernt liegt. Dann könnten die Studierenden in beiden Stadtteilen preiswerten Wohnraum finden und in der Nähe der Uni wohnen, heute kann sich das doch kaum einer leisten!

Klaus Lübke: Sehr geehrter Daniel, aus unser lokalen Sicht ist die Abschottung gegenüber dem Grasbrook nicht so stark, wie vielleicht vermutet, aber stark genug, das wir sie überwinden wol- len. Sie besteht vor allem in der derzeitigen Nutzung des Geländes, das sich übrigens wegen der Port-Security-Richtlinien in den vergangenen Jahren verstärkt hat.

SPHH: Sehr geehrter Herr Schreiber, eine Universität bietet auch enorme Chancen für St. Ge- org. Um Interesse am Studium zu wecken und Interesse in die Bevölkerung zu tragen eignen sich Museen sehr gut. Die Museumsmeile könnte z.B. durch ein naturkundliches Museum und ein Aviation Center ergänzt werden, als Standort würde sich St. Georg geradezu aufdrängen. Vor allem wenn man dies im Zusammenhang mit der Entwicklung der HafenCity gen Osten, Chi- cagoSquare/ Elbbrückenzentrum sieht. Da kann eine starke Entwicklungsachse auch Richtung Norden entstehen, vom Kleinen Grasbrook aus betrachtet. Das ScienceCenter in der HafenCity wurde ja in den Planungen seines Großaquariums beraubt. Wird hier nicht erneut eine Chance verpasst? Welche Chancen sehen Sie in den nächsten Jahren für den Bau eines Großaquariums in Hamburg?

Daniel: Hallo Herr Schreiber, leider sind Sie der Frage vollkommen ausgewichen! Wie sollen die bestehenden Barrieren vermindert werden? Bleibt außerdem noch die Frage nach der zu schaf- fenden Anzahl von Wohnungen im Vergleich zu Übersee- und Chicaco-Quartier...

Markus Schreiber: SPHH hat Recht was die Entwicklungsachsen angeht. Ein Großaquarium würde ich begrüßen, allerdings sehe ich keinen direkten Zusammenhang mir der Zukunft der Uni.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 143

Benjamin Bechtel: Sehr geehrter Herr Dr. Mantell, die genannten Flächen sind ja bekannt und in die Studie einbezogen, auch wenn man über den Sportplatz noch einmal reden kann. Welche weiteren Reserven sehen Sie denn nah am Standort?

Dr. Jürgen Mantell: Lieber Markus Schreiber, 20 Jahre Bauzeit am Standort wäre eine ernst zu nehmendes Argument. Ob das richtig ist , erscheint aber äußerst fraglich, wenn man Neubau- möglichkeiten auf stadteigenen Grundstücken in Rotherbaum mit ins Kalkül zieht. Ob übrigens der Neubau am Kleinen Grasbrook mit allen Infrastrukturmaßnahmen in 10 Jahren zu schaffen ist, ist auch äußerst fraglich.

Klaus Lübke: Wenn wir über die Nachbarschaft des Hafens diskutieren, müssen wir einmal die Fakten erarbeiten. Der Hansahafen, der an den Kleinen Grasbrook grenzt, ist ein relativ wenig genutztes Becken. An der Südseite sitzt die Hamburg-Port Authority, und im Westen das Hafen- museum. Kaibetrieb findet am Unikaigelände statt. Hier laden Bananendampfer und Autotrans- porter. Der Betrieb löst keine großen Erschütterungen aus, und auch der Lärmpegel hält sich in Grenzen. Der Hafen, der von den tiefgehenden Seeschiffen nicht angelaufen werden kann ist nicht zu vergleichen mit dem Waltershofer Hafen, in dem intensiver Containerumschlag betrie- ben wird. Und er ist nicht zu vergleichen mit dem Hansaport, in dem Grefergut umgeschlagen wird. Gegenüber des Terminals Waltershof liegen die Strandperle und eines mit Övelgönne eines der schönsten Wohngebiete der Stadt. Wenn an dieser Stelle, gegenüber dem geschäftigsten Terminals der Stadt Wohnen möglich ist, wieso soll das dann auf dem Kleinen Grasbrook ein unlösbares Problem darstellen?

Daniel: Hallo Herr Mantell, da an Sie bisher noch kaum Fragen gingen: In der Studie wird von einem Immensen Flächenmehrbedarf der Uni ausgegangen. Wie groß wäre der Zugewinn an Nutzfläche durch Aufkauf der alten Post und was ließe sich durch Umstrukturieren der Flächen des UniSport gegebenenfalls noch hinzugewinnen?

Markus Schreiber: Lieber Daniel, es braucht eine U-Bahn (sowieso), Brücken nach Norden (sowieso), einen Tunnel in Richtung Veddel, dann wäre die Anbindung gut.

Markus Schreiber: Lieber Jürgen Mantell, die Zahl (ca. 20 Jahre) stammt aus dem Gutachten. Außerdem gibt es doch in Eimsbüttel schon ein Bürgerbegehren, wenn eine Grünfläche am Isebekkanal angetastet werden soll, da kann man sich doch vorstellen, was bei einer massiven Bebauung in Rotherbaum los sein wird. Auf dem Kleinen Grasbrook ist die Eigentumsfrage und die Frage der klageberechtigten Nachbarn viel einfacher!

SPHH: Ein Großaquarium wirkt wie ein Museum, es weckt Interesse an einer Thematik in der Bevölkerung. Bei jüngeren Menschen kann dies zu einem Studienwunsch führen und in der son- stigen Bevölkerung zu einem gewissen Verständnis und Interesse an bestimmten Themengebie- ten. Insofern sind Museen und da zähle ich ein Großaquarium mal im weitesten Sinne dazu, von großer Relevanz für Hochschulen. Ein leider allzu oft unterschätzter Aspekt.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 144

Daniel: Hallo Herr Schreiber, einen Tunnel zur Veddel muss ich in den Szenarien 4.x bisher über- sehen haben ist der dort vorgesehen? Eine Verlängerung der U4 bis nach Wilhelmsburg wird lediglich als Option erwähnt, in den konkreten Szenarien ist sie aber nicht vorhanden (insbeson- dere fehlen die Kosten für diese nicht gerade kleinen Tiefbaumaßnahmen!).

Hamann: Am kleinen Grasbrook kann ohne viel Aufwand eine S-Bahn-Station errichtet werden. Die S-Bahn ist schon da. Die U4 soll perspektivisch ebenso nach Wilhelmsburg verlängert wer- den. Die Universität wäre ein entscheidender Impuls um diese Entwicklung zu beschleunigen.

Markus Schreiber: Der „Tunnel“ entstammt einem Gutachten des Architekturbüros Blauraum, das der Bezirk vor etwa 5 Jahren in Auftrag gegeben hat. Ohne die Weiterführung der U-Bahn nach Wilhelmsburg macht eine „Sackgassen-U-Bahn“ keinen Sinn, insofern würden beide Maß- nahmen durch den Uni-Umzug beflügelt werden können.

Benjamin Bechtel: Herr Mantell? Sind Sie noch da? Dann könnten Sie bei Gelegenheit auf meine Frage eingehen...

Daniel: Hallo Herr Schreiber, dass ein entsprechendes Gutachten existiert ist sehr schön, nur wo ist dieser Tunnel (inklusive seiner Kosten) in der Studie geblieben? Sie haben die Daten, was der Spaß kostet und von wo nach wo genau der führen soll nicht zufälligerweise gerade parat oder?

Markus Schreiber: Lieber Daniel, die Kosten habe ich leider nicht parat, aber auch dies wären „sowieso“-Kosten, weil der Kleine Grasbrook als neuer Wohnstadtteil ohnehin an die Veddel an- geschlossen werden müsste. Der Tunnel müsste eine Baulücke in der Blockrandbebauung der Veddel nutzen, etwa vor der Kirche Richtung Kleiner Grasbrook!

Dr. Jürgen Mantell: An Daniel und Bechtel, zu den Flächenreserven in Rotherbaum hat es schon Ende der 90er Jahre eine Untersuchung gegeben. Ergebnis: ca. 90 000 m². Die Post an der Schlüterstrasse hat ca. 30 000m², auf dem Gelände des Sportplatzes an der Rothenbaum- chaussee bis zu St Johannis könnten (ohne den Sportplatz anzutasten) über 30 000m² gebaut werden und an der Bundesstrasse werden insgesamt 50 000 m² gesehen. Es könnten also selbst die viel zu hoch erscheinenden Ausbaubedarfe am Standort zu decken sein.

Hamann: Die Kosten für die Erschließung der Stadtteile Wilhelmsburg und Harburg mit der U- Bahn sind nicht auf die Kosten der Universität anzurechnen. Die Verlängerung der U4 ist schon weit vor dem Vorschlag der Universitätsverlagerung im Gespräch gewesen, weil nur so der Bau der U4 in die Hafencity wirklich zu rechtfertigen ist. Aber die Universität setzt einen zusätzlichen Impuls für die Verwirklichung. Das sie die Diskussion um die Verlängerung der Strecke verpasst haben spricht eher gegen Sie, als gegen Herrn Schreiber.

HotteD: Die Kosten für die ÖPNV-Anbindung, sprich: unterirdische Verlängerung der U4 sind mit 154 Mio. einberechnet. Steht zumindest so in der Kurzfassung.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 145

Daniel: Hallo Hamann und Hotte, natürlich kenne ich die Debatte um die Verlängerung der U4. Die Kosten im Gutachten beschränken sich hingegen auf eine Verlängerung BIS zum Kleinen Grasbrook (KG) und nicht vom KG nach Wilhelmsburg. Weiterhin ist nur durch einen Uni Neubau auf dem KG eine unterirdische Trassenführung die einzig sinnvolle Alternative. Und die unterir- dische Trasse ist nun mal sehr viel teurer als eine oberirdische Variante (steht im Übrigen auch in der Studie...).

Benjamin Bechtel: @Schreiber: ich stimme Ihnen zu, dass die Entwicklung des Standortes Grasbrook Chancen für die angrenzenden Stadtteile eröffnen würde. Um diese wirklich mit stu- dentischem Leben zu bevölkern, scheint mir aber eine fußläufige (bzw. mit dem Fahrrad) Verbin- dung unabdingbar. Weder die U-Bahn nach Wilhelmsburg noch ein Tunnel nach Veddel würden dem wirklich gerecht. Sehen sie andere Möglichkeiten, die entsprechenden städtebaulichen Barrieren (insbesondere Hafenbahn) zu überwinden?

Markus Schreiber: Nach Norden, also zum größtenteils genossenschaftlichen Wohnungsbau in der östlichen HafenCity, müssten Fußgänger- / Fahrradfahrerbrücken geschaffen werden, die Sie in den Szenarien 3 und 4 auch finden. Die Tunnellösung zur Veddel wäre auch für Fußgänger und Radfahrer.

Torsten: Moin, wie sieht es mit der kurzfristigen Umsetzung von Baumaßnahmen im Rahmen des zweiten Konjunkturpakets (und eventuell eines dritten) aus?

Bedeutung für die Bezirke

Moderatorin: Sehr geehrter Herr Dr. Mantell, sehr geehrter Herr Schreiber, inwiefern spielt die Modernisierung und zukünftige Ausrichtung der Universität Hamburg für die Bezirke Eimsbüttel und Mitte eine Rolle? Welche Erwartungen und Hoffnungen sind damit verbunden? Viele Grüße, Birgit Hohberg (Moderation)

Markus Schreiber: Hamburg-Mitte profitiert auch ohne die Universität vom Sprung über die Elbe, von der IBA, der IGS und der Entwicklung der HafenCity. Aber natürlich würden die Wohn- stadtteile Wilhelmsburg, Veddel und Rothenburgsort einen enormen Aufschwung nehmen kön- nen. Die Studierenden könnten sich plötzlich Wohnungen in der Nähe der Uni leisten!

Louis M. Silverstein: Sehr geehrter Herr Schreiber, solche Prognosen heute zu stellen, sind natürlich sehr gewagt, wenn nicht sogar sehr populistisch. Zwangsläufig führt eine Aufwertung der Stadtteile Veddel und Wilhelmsburg auch zu einer Aufwertung der Quartiere mit der Folge, dass die Gefahr von steigenden Mieten besteht. Wenn man tatsächlich günstige Wohnungen für Studierende bereitstellen will, dann muss die Stadt entsprechend aktiv werden. Und das nicht erst in 15-2o Jahren, sondern hier und heute. Aber die Stadt Hamburg hat sich vom sozialen Wohnungsbau verabschiedet und die Dinge dem Markt überlassen.

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 146

Advokat: Sehr geehrter Herr Dr. Mantell, sehr geehrter Herr Schreiber, wäre ein Teilumzug - etwa nur der naturwissenschaftlichen Fakultäten („MIN-Campus“) - ein Szenario, welches Sie beide akzeptieren könnten?

Dr. Jürgen Mantell: Die Universität in Rotherbaum hat für den Stadtteil einen starken Milieu prägenden Charakter. Die Universität wirkt an ihrem Standort auf Eimsbüttel und auch auf ganz Hamburg. Die Not muss sehr groß sein, wenn man einen solchen in 90 Jahren gewachsenen Standort aufgeben will. Diese Not sehe ich nicht.

Markus Schreiber: Sehr geehrter Herr Silverstein, sehr geehrter Advokat, ich bin sehr für so- zialen Wohnungsbau und trete dafür ein, dass dieser wieder stärker verfolgt wird, zumal viele Wohnungen aus der Bindung fallen. Auch mit sozialen Erhaltensverordnungen haben wir gute Erfahrengen in der südlichen Neustadt gemacht. Ein Teilumzug der MIN-Fakultät wäre nur als erster Schritt sinnvoll, weil die Fächer nicht auseinander gerissen werden sollten.

Louis M. Silverstein: Sehr geehrter Herr Schreiber, es gibt in der Entwicklungsstudie keinerlei Hin- weise darauf, dass sozialer Wohnungsbau in den vorgestellten Szenarien irgendeine Rolle spielt. Was natürlich auch gar nicht möglich ist, da die Grundstücke an Privatinvestoren verkauft werden sollen, die mehr Interesse an Renditeerwartungen haben als an sozialen Belangen der Stadtent- wicklung. In mancher Hinsicht liegt der Verdacht nahe, dass hier Interessen der Immobilienwirt- schaft (Luxuswohnungen in einem innenstadtnahen Quartier) gegen die Interesse der Universität ausgespielt werden. Lesen Sie hierzu bitte den Beitrag von Herrn Prof. Dr. Hans J. Kleinsteuer:

Markus Schreiber: Sehr geehrter Herr Silverstein, natürlich ließe sich steuern, ob es auf dem Kleinen Grasbrook auch sozialen Wohnungsbau geben soll. Aber auf der Veddel und in Wilhelms- burg gibt es den auf jeden Fall und insofern auch preiswerten Wohnraum für Studierende!

Standortfaktoren

Moderatorin: Sehr geehrter Herr Dr. Mantell, sehr geehrter Herr Schreiber, Sie sehen die Uni- versität jeweils gern in Ihrem Bezirk ansässig. Ich würde Sie daher gern fragen, welche Faktoren aus Ihrer Sicht jeweils für den Standort Rotherbaum bzw. Kleiner Grasbrook sprechen? Welche Vorteile können die beiden Orte für die zukünftige Universität Hamburg bieten? Viele Grüße, Birgit Hohberg (Moderation)

Markus Schreiber: Vorteile Kleiner Grasbrook: 1. Innenstadtlage, 2. Wasserlage (sensationeller Blick über die Stadt), 3. Eigentum Hamburgs, 4. Keine Nachbarn die klagen können, 5. Neubau und laufender Uni-Betrieb gleichzeitig möglich, 6. Realisierung in ca. 10 statt in 20 Jahren

Dr. Jürgen Mantell: Zentrale Lage ohne Wasserbarriere, optimale Verkehrsanbindung, histo- rischer Uni-Standort, der allseits akzeptiert ist und Vorhandensein aller für eine Universität wich- tigen Umfeldinfrastruktur.

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Moderatorin: Sehr geehrter Herr Dr. Mantell, sehr geehrter Herr Schreiber, was spricht Ihrer jeweiligen Meinung nach gegen den Standort Kleiner Grasbrook bzw. Rotherbaum? Welche Faktoren fallen Ihrer Ansicht nach stark ins Gewicht und sollte bei der Entscheidung unbedingt berücksichtigt werden? Viele Grüße, Birgit Hohberg (Moderation)

Advokat: Sehr geehrter Herr Schreiber, zu den Nachteilen wie Lärm, Erschütterungen und Ab- gase bei Fortdauer des Hafenbetriebs haben Sie noch nichts gesagt. Wie würden Sie Forschung und Lehre davor schützen? Die Verkehrsanbindung auch für Autofahrer müsste deutlich besser werden. Gibt es nicht in Ihrem Bezirk geeignetere Grundstücke für Hochschulgebäude? In Eims- büttel gibt es auch stadteigene Flächen, außerdem wurden Tausende von Unterschriften für einen Verbleib der Uni gesammelt, ist da nicht die Gefahr von Widersprüchen gering?

Markus Schreiber: Lieber Advokat, Lärm, Erschütterungen etc. sind in der HafenCity (Strand- kai) auch gelöst worden, insofern sollte das gehen. Die Gefahr von Widersprüchen halte ich für sehr groß, daran ändern die Unterschriften nichts.

Klaus Lübke: Nachteile wie Lärm, Erschütterungen und Abgase werden auch in Eimsbüttel durch Auto- und Bahnverkehr in erheblichen Ausmaß verursacht. Das ist für mich insofern kein Argument. Und eines noch an Herrn Dr. Mantell: Wasser ist stets als verbindendes Element ge- sehen worden, gerade in Hamburg. Nicht umsonst sprechen wir von Verkehrswegen. Die Elbe ist ein Bundeswasserstraße, und eine Fährverbindung ist ein attraktives, schnelles und flexibles Verkehrsmittel.

Wohnungen Rotherbaum zu teuer?

Süßwassermatrose: Sehr geehrter Herr Dr. Mantell! Teilen Sie die Befürchtungen, dass bei einer Verlegung der Uni auf den Kleinen Grasbrook die auf den freien Flächen entstehenden Wohnungen sich nur im Hochpreissegment bewegen werden? Welche Einflussmöglichkeiten hätten Sie, um einer solchen Entwicklung vorzubeugen?

Dr. Jürgen Mantell: Die Entwicklung von Rotherbaum als Wohnstandort hätte wohl eine Ten- denz zu hochpreisigen Wohnraum und würde den Stadtteil, der derzeit noch sehr gemischt ist, verändern. Gegensteuerungsmöglichkeiten sind Bauplanungsrecht und Verkaufsstrategien. Zu beachten ist aber auch, dass viele Gebäude gar nicht nutzbar sind, weil unter Denkmalschutz (Hauptgebäude, Audimax, Philosophenturm) vertraglich gebunden (Flügelbauten von dem Ehe- paar Greve). Andere Gebäude sind brandneu (Rechtshaus, Rechtsbibliothek Klimarechenzen- trum, ZMAW)

Finanzen / Erschließung

Kim: Sehr geehrter Herr Schreiber, sehr geehrter Herr Dr. Mantell, ich frage mich, warum an- gesichts der derzeitigen Finanzkrise ein Gebiet wie der Kleine Grasbrook mühsam und für viel Geld erschlossen werden soll, wenn der jetzige Unistandort bereits erschlossen ist und aus

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meiner Sicht eine erheblich bessere Verkehrsanbindung besitzt. Warum sollten nicht die beste- henden Möglichkeiten genutzt werden, um die Uni zu modernisieren und dabei noch Kosten zu sparen? Kim

Dr. Jürgen Mantell: Hallo Kim, das sehe ich genauso.

Klaus Lübke: Die Erschließung des Kleinen Grasbrooks wäre eine Maßnahme, die der Stadt zusätzliche Finanzquellen eröffnen kann. Bisher ist das hier befindliche Gelände, das sich zu 100% in Besitz der Stadt befindet zu Spottpreisen verpachtet. Eine städtebauliche Entwicklung mit einer hochklassigen Universität und attraktiven Umfeld liegt deshalb im finanziellen Interesse der Stadt und ihrer Bürger. Zumal auch in Eimsbüttel Flächen frei würden, die gut vermarktbar wären, und für die Nachbarschaft in förderlicher Weise entwickelt werden könnten. Für diese Entwicklung spricht allerdings nicht die Finanzkrise, sondern die Tatsache das der Senat bald den gesamten Besitz verwertbaren Besitz der Stadt verkauft haben wird, und wir auf eines der klassischen Mittel der Geldbeschaffung für Gemeinden und Städte ausweichen müssen. Und das ist die Ausweisung von Bauland. Insofern macht die Verlegung nicht trotz, sondern wegen der Finanzknappheit Sinn.

Markus Schreiber: Hallo Kim, der Kleine Grasbrook wird ohnehin erschlossen, entweder nur für Wohnen und Gewerbe, oder eben auch für die Uni. Da macht es doch Sinn, gleich groß zu denken.

Kim: Sehr geehrter Herr Schreiber, aber sind das nicht nachher Gelder, die der Universität an anderer Stelle fehlen? Räume sind ja nicht alles.

Markus Schreiber: Hallo Kim, gerade in der Wirtschafts- und Finanzkrise muss auf Bindung und Wissenschaft gesetzt werden. Insofern sind die 2 Milliarden Euro gut investiert.

Klaus Lübke: @Kim Gelder: Siehe meinen Beitrag zur Finanzkrise.

Daniel: Hallo Herr Schreiber, tut mir Leid, wenn ich jetzt mit Korinthenkackerei anfange, aber die 2 Milliarden sollen nicht in die Bildung, sondern in die bauliche Situation der Uni inve- stiert werden. Laut Studie sind die Szenarien 1 und 2 um mehrere 10M Euro günstiger als eine Uni auf dem Grasbrook. Wenn man den Differenzbetrag tatsächlich in die Bildung (also Lehrerausbildung/-fortbildung sowie Professuren und Akademischen Mittelbau und studen- tische Tutoren) fließen ließe...

Süßwassermatrose: Wie ist denn die derzeitige Situation für die Hafenbetriebe auf dem Kleinen Grasbrook? Wie lange laufen die Pachtverträge noch, welche Ausgleichsflächen werden ange- boten?

Klaus Lübke: Die Hafenbetriebe haben eine klare Ansage des letzten Senates bekommen, das der Kaiumschlag nur bis 2025 garantiert wird. Das die anderen Flächen zur Disposition stehen,

Abschlussbericht der Online-Diskussion „Zukunft der Universität Hamburg“ 149 ist hier Jedermann klar. Das Überseezentrum steht als nächstes zur Räumung an, Ersatzflächen wurden bereits geschaffen. Hier finden heute zwar Logistikdienstleistungen, aber kein Umschlag, und damit keine originäre Hafennutzung statt. In zwei Jahren fällt auch des Freihafenstatus in diesem Gebiet weg.

Fragen nach Flächen

Moderatorin: Sehr geehrter Herr Dr. Mantell, diese Fragen drohen unterzugehen. Daher setze ich sie hier noch mal rein: Flächenreserven II von Benjamin Bechtel | 27.04.2009 | 11:35 Sehr geehrter Herr Dr. Mantell, die genannten Flächen sind ja bekannt und in die Studie einbe- zogen, auch wenn man über den Sportplatz noch einmal reden kann. Welche weiteren Reserven sehen Sie denn nah am Standort?

Daniel: Hallo Herr Mantell, da an Sie bisher noch kaum Fragen gingen: In der Studie wird von einem Immensen Flächenmehrbedarf der Uni ausgegangen. Wie groß wäre der Zugewinn an Nutzfläche durch Aufkauf der alten Post und was ließe sich durch Umstrukturieren der Flächen des UniSport gegebenenfalls noch hinzugewinnen?

Dr. Jürgen Mantell: An Daniel und Bechtel, zu den Flächenreserven in Rotherbaum hat es schon Ende der 90er Jahre eine Untersuchung gegeben. Ergebnis: ca. 90 000 m². Die Post an der Schlüterstrasse hat ca. 30 000m², auf dem Gelände des Sportplatzes an der Rothenbaum- chaussee bis zu St Johannis könnten (ohne den Sportplatz anzutasten) über 30 000m² gebaut werden und an der Bundesstrasse werden insgesamt 50 000 m² gesehen. Es könnten also selbst die viel zu hoch erscheinenden Ausbaubedarfe am Standort zu decken sein.

Erhalt des historischen Kerns

Advokat: Sollte nicht zumindest der historische Kern aus Hauptgebäude, Audimax, StaBi, Phil- Turm und Rechtshaus als funktionsfähige Einheit erhalten bleiben? Der Denkmalschutz und die jüngsten Investitionen sprechen doch für dieses Szenario. Die „Bücherwissenschaften“ passen besser in das traditionelle Umfeld Von-Melle-Park, der Vorwurf der Geschichtslosigkeit wäre vermieden und der Charakter des Uni-Viertels Rotherbaum bliebe weitgehend erhalten.

Universitäten in Eimsbüttel UND auf dem Kleinen Grasbrook: Chance für Hamburg

SPHH: Ich muss meinen Beitrag wiederholen, da ich leider noch keine Antwort bekommen habe: Sehr geehrter Herr Dr. Mantell, sehr geehrter Herr Schreiber, Sie streichen beide bereits die Vorteile des jeweiligen Standorts heraus. Doch es ergibt sich doch eine ganz große Chance vor dem Hintergrund, dass Hamburg einen zu geringen Studentenanteil hat und auch sonst in Wissenschaft, Forschung und Innovation nicht besonders gut dasteht. Man sollte die Uni auf gar keinen Fall auseinanderreißen, aber es wäre doch eine Option beide Standorte zu nutzen, indem man einfach eine neue Universität gründet. Ob jetzt die UHH umzieht und dann der Standort in Eimsbüttel für eine neue Universität genutzt wird oder ob die UHH am Standort verbleibt und

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auf dem Kleinen Grasbrook eine Elbuniversität entsteht, ist da eher irrelevant. Wichtig ist die Nutzung beider Standorte für zwei Universitäten. Damit könnte Hamburg endlich zu einer Metro- pole des Wissens werden, eine Jahrhundertchance nutzen und nicht schon wieder eine Chance vertun. Was halten Sie davon?

Markus Schreiber: Lieber SPHH, beide Standorte für die Wissensgesellschaft zu nutzen, könnte eine Lösung sein. Aber ob die Neugründung einer Universität, dem Uni-Standort Hamburg wirk- lich hilft, kann ich nicht sagen. Auf den ersten Eindruck erscheint mir eine „Zersplitterung“ nicht sinnvoll zu sein.

SPHH: Sehr geehrter Herr Schreiber, es müssten halt zwei Großuniversitäten sein. Dann würde Hamburg auch endlich Studentenquoten erreichen, wie andere Großstädte sie bereits heute haben. Davon würden dann, wenn man die Entwicklung eines ScienceParks mitberücksichtigt, auch alle Kriterien profitieren, die eine Wissensmetropole auszeichnen: Hohe Patentintensität, hoher Akademikeranteil, FuE-Ausgaben, FuE-Personal etc.

Daniel: Hallo SPHH, welchen konkreten Vorteil sehen Sie denn in einer Uni Neugründung? Ich sehe ehrlich gesagt schon wenige bis gar keine darin, dass wir eine Uni, eine TU, eine HfBK, eine HAW und eine Hochschule für Musik- und Theaterwissenschaften haben. Macht halt 5 bis 7 Verwaltungsapparate anstelle von einem und wehe, man möchte mal Sachen an einer der ande- ren Hochschulen (Stichwort: Studium Generale) hören...das läuft ja schon bei den Wirtschafts- Ingenieuren, die zwischen TU und Uni hin und her pendeln müssen eher mäßig - rein von der organisatorischen Seite betrachtet.

Dr. Jürgen Mantell: Es gibt auf der Welt viele bedeutende Universitätsstädte mit mehreren Uni- versitäten. Die Universität in Hamburg würde auch bei einem Vollumzug geteilt bleiben (das UKE wird bleiben wo es ist, ebenso die Physik mit DESY in Bahrenfeld und die Botanik in Flottbek). Ob es sinnvoll oder schädlich ist, die Universität zu teilen und nur die MIN-Fakultät zu verlagern, muss aus wissenschaftspolitischer Sicht beantwortet werden. Dazu gibt die Stadtteilperspekti- ve keine ausreichenden Kriterien.

Hamann: Den Kuchen größer machen...ist eine gute Technik. Wenn man sich um die Verteilung des Kuchens streitet, und nicht auf eine Lösung kommt, versuche ihn größer zu machen. Aber läuft das am Ende nicht auf eine Teilung der Universität, dann vielleicht mit Ergänzungen hinaus? Immerhin könnte die Stadt beim Sprung über die Elbe Akzente setzen, und der zukünftige Platz- bedarf in Eimsbüttel könnte vermindert, und besser eingefügt werden. Meinen Sie es so?

Die SPD mal wieder entschieden Vielleicht!

Louis M. Silverstein: Sehr geehrter Herr Schreiber, sehr geehrter Herr Dr. Mantell, leider gibt die SPD in der hier heute stattfindenden Diskussion ein eher trostloses Bild ab. Nur weil Sie unterschiedlichen Bezirken vorstehen, haben Sie völlig unterschiedliche Ansichten über den zu- künftigen Standort der Universität Hamburg. Die SPD zeigt, alle ziehen an einem Strang - die

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Einen in die eine Richtung, die Anderen in die andere. Das nennt man wohl Kleinstaaterei im Stadtstaat. Unbestritten ist Ihnen beiden das Hemd näher als die Hose. Es ist eigentlich peinlich, dass Sie auch noch gegeneinander zu dieser Diskussion antreten. Ohne ein großes Zutun des Senats bzw. der Wissenschaftsbehörde lässt sich politische Opposition auf diese Weise relativ leicht gegeneinander ausspielen. Dieser Vorwurf richtet sich auch gegen alle anderen Parteien, die hier für und dort gegen einen Komplettumzug sind. Als Lektüre empfehle ich Ihnen den Beitrag von Herrn Prof. Dr. Hans J. Kleinsteuber, der die unbefriedigende Situation des Wissen- schaftsstandorts Hamburg treffend auf den Punkt bringt.

Moderatorin: Sehr geehrter Herr Silverstein, ich möchte Sie bitten, trotz allen Ärgers sachlich zu bleiben und sich auf die Fragen und Argumentationen zu konzentrieren. Die Frage in diesem Forum ist die nach der Zukunft der Universität Hamburg. Viele Grüße, Birgit Hohberg (Modera- tion)

Markus Schreiber: Sehr geehrter Herr Silverstein, wir sind Bezirksamtsleiter und keine Partei- sprecher. Es ehrt die großen Parteien, wenn auch unterschiedliche Positionen in ihnen ausgetra- gen werden. Als Bezirksamtsleiter bin ich an das (aus meiner Sicht auch vernünftige) Votum der Bezirksversammlung gebunden, die sich klar für eine Verlagerung der Uni ausgesprochen hat. Wenn in einer Partei nur noch eine Meinung vertreten werden darf, dann ist sie langweilig und wir spielen wieder DDR. Das ist gescheitert.

SPHH: Lieber Herr Silverstein, ich muss Ihnen hier deutlich widersprechen. Es ist doch gerade gut, dass Mitglieder derselben Parteien klar für die Interessen ihres Bezirks eintreten und nicht immer nach Parteidiktat handeln. Wir sollten dankbar sein, dass es solche Politiker gibt. Den- ken Sie nur einmal daran es hätte in Hessen nicht solche aufrechten Demokraten gegeben, die gegen das Parteidiktat verstoßen haben, um der Vernunft zum Sieg zu verhelfen. Aber dieser Artikel interessiert mich, haben Sie vielleicht einen Link parat?

Moderatorin: Der Link zum Beitrag: Link. Viele Grüße, Birgit Hohberg (Moderation)

Klaus Lübke: Sehr geehrter Herr Silverstein, Sie können den Bezirksbürgermeistern schlecht vorwerfen, das sie ihre Aufgabe erfüllen, nämlich die sich für ihre Bezirke auch einzusetzen.

Dr. Jürgen Mantell: Sehr geehrter Herr Silberstein, ich empfinde Ihre Vorwürfe als nicht sehr sachlich. Die Entscheidung über die Entwicklung einer Universität in der Stadt ist in erster Linie eine wissenschaftspolitische. Die Bezirke sind betroffen als Verantwortliche für ihre Stadtteile. Da ist die Betroffenheit der Bezirke Mitte und Eimsbüttel als alternativ zur Diskussion gestellte Standorte fast existenziell. Wenn die Bezirksamtsleiter hier unterschiedliche Positionen bezie- hen, ist das allein aus der Sache heraus erklärbar.

Louis M. Silverstein: Sehr geehrter Herr Schreiber, sehr geehrter Herr Dr. Mantell, entschuldi- gen Sie bitte, da habe ich wohl etwas über das Ziel hinausgeschossen. Es tut mir leid. Natür- lich begrüße ich es, wenn über Themen zur Zukunft offen diskutiert werden darf. Mit Diskus-

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sionen allein sollte es nicht getan sein. Egal wie am Ende entschieden, wird sollten in diesen Entscheidungsprozess alle Beteiligten, auch Universitätsangehörige, einbezogen werden. Aber ich möchte außerdem noch darauf hinweisen, dass es neben den Interessen der Bezirke auch noch übergeordnete Interessen der Stadt Hamburg gibt, deren Kassen eher leer sein werden. Das Ganze erinnert wirklich ein wenig an die Elbphilharmonie, indem man die Kosten für ei- nen Komplettumzug bewusst etwas niedriger ansetzt, um das Projekt durchzudrücken. Insofern scheint ein Komplettumzug auch beschlossene Sache.

Vielen Dank für die angeregte Diskussion!

Moderatorin: Sehr geehrter Herr Dr. Mantell, sehr geehrter Herr Schreiber, liebe Teilnehmende, wir danken Ihnen allen, dass Sie so engagiert über die Zukunft der Universität Hamburg und der Bezirke Eimsbüttel und Mitte diskutiert haben! Wir danken Ihnen allen auch für die vielen Hinweise und Anregungen, die bei der zukünftigen Gestaltung der Universität Hamburg bedacht werden sollten. Leider konnten nicht alle der zahlreichen Fragen in der Kürze der Zeit beantwor- tet werden, aber die Diskussion geht ja noch weiter. Zum Abschluss möchte ich noch darauf hinweisen, dass diese Online-Diskussion noch bis Mittwoch, den 29.4., geöffnet ist. Sie haben also noch drei Tage lang die Möglichkeit, sich hier mit Ihren Argumenten und Anregungen einzu- bringen. Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Tag! Viele Grüße, Birgit Hohberg (Moderation)

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