Standpunkte

Der Standort der Universität im Chancen-Dreieck von Universitäts-, Hafen- und Stadtentwicklung

Der Standort der Universität Hamburg im Chancen-Dreieck von Universitäts-, Hafen- und Stadtentwicklung Bearbeitung: Geschäftsbereiche Infrastruktur und Innovation & Umwelt Christine Beine, Anna Böhning, Ulrich Brehmer, Christoph Färber, Dr. Michael Kuckartz, Jan-Oliver Siebrand, Reinhard Wolf Telefon 040 36138-138 Fax 040 36138-401 [email protected]

Städtebauliche Entwürfe und Standortsteckbriefe: ARGE büro luchterhandt, Carstensen, Weyland: Daniel Luchterhandt, Uwe A. Carstensen, Hanns-Jochen Weyland Visualisierungen: Gärtner + Christ GbR Grafiken: Michael Holfelder, Handelskammer Hamburg Fotos: Michael Zapf, Achim Liebsch, Mathias Friedel Luftbildfotografie

Alle Grafiken © Handelskammer Hamburg

Weitere Publikationen dieser Reihe finden Sie auf den Seiten 126 und 127.

Stand: Oktober 2009 Vorwort

Für die Wettbewerbsfähigkeit Hamburgs im internationalen Vergleich ist ein herausragendes Hochschulangebot unverzichtbar – Hamburg braucht eine exzellente Universität. Die Universität Hamburg, fünftgrößte in Deutschland und in Hochschulrankings nur in Einzelfällen auf den vorderen Plätzen, wird diesem Anspruch derzeit nur bedingt gerecht. Deshalb begrüßt die Handelskammer Hamburg ausdrücklich die von der Behörde für Wissenschaft und Forschung und der Universität initiierte Diskussion über deren zukünftige Entwicklung.

Das Ergebnis der zu diesem Zweck erarbeiteten, im März 2009 von der Behörde für Wissenschaft und Forschung vorgelegten Studie zur baulichen Entwicklung der Universität ist jedoch ein nur unzureichender Beitrag und stellt keine ausreichende Grundlage für eine Entscheidung über den endgültigen Standort der Hamburger Universität dar. Der erst danach von der Universität vorge- legte Struktur- und Entwicklungsplan muss die Rahmenbedingungen für die bauliche Entwicklung der Universität setzen. Zugleich darf die unbestrittene Notwendigkeit der baulichen Entwicklung der Universität nicht für stadtentwicklungspolitische Ziele instrumentalisiert werden. Auch müssen andere Bedarfe wie die der Hafenwirtschaft, die für die Entwicklung der Metropolregion zentral sind, berücksichtigt werden.

Hamburgs Stärke ist dadurch begründet, dass Stadt- und Hafenentwicklung immer im Konsens erfolgt sind; dieser Konsens ist unbedingt beizubehalten, um die Universitätsentwicklung zu erweitern. Selbst wenn ein aus dem jetzt vorliegenden Struktur- und Entwicklungsplan abge- leiteter Bedarf für die bauliche Entwicklung eine vollständige Verlagerung der betroffenen Teile der Universität erforderlich macht, ist im Verhältnis von Stadt- und Hafenentwicklung hierfür eine Win-win-win-Situation anzustreben und unseres Erachtens möglich.

Unsere Handelskammer zeigt mit dem vorliegenden Standpunkt auf, dass eine zukunftsgerechte und attraktive Entwicklung der Universität auch am derzeitigen Standort in möglich ist. Zugleich zeigen wir auf, dass mit dem Klostertor ein Alternativstandort für eine vollständige Verlagerung vorhanden ist, der alle Anforderungen der Universität erfüllt und der weder Stadt- entwicklung noch Hafenentwicklung behindert, sondern auch hier Chancen eröffnet. Es ist nun vor allem Aufgabe der Universität, eine Präferenz zu entwickeln, welcher Standort ihr für eine konsequente Entwicklung hin zur Exzellenz die besten Rahmenbedingungen bietet. Und es ist Aufgabe der Politik, hierfür die planerischen und finanziellen Voraussetzungen zu schaffen; sie hat diese Diskussion angestoßen, die nun zu einem guten Ende geführt werden muss.

HANDELSKAMMER HAMBURG

Frank Horch Prof. Dr. Hans-Jörg Schmidt-Trenz Präses Hauptgeschäftsführer

Inhaltsverzeichnis

A. Einleitung 9

B. Universitätsentwicklung 11 I. Ausgangslage an der Universität Hamburg 11 1. Studierende, Struktur und Personal der Universität Hamburg 2008 11 2. Position der Universität Hamburg in aktuellen Rankings und in der Exzellenzinitiative 15 3. Bauliche Situation der Universität Hamburg 16 II. Anforderungen an die bauliche Entwicklung der Universität Hamburg 22 1. Forschungs- und Lehrbetrieb 22 2. Interdisziplinarität 23 3. Wissens- und Technologietransfer 23 4. Standortumfeld 24 III. Beispiele guter Praxis bei der Entwicklung von Hochschulstandorten 25

C. Hafenentwicklung 28 I. Allgemeine Situation des Hamburger Hafens 28 II. Situation des konventionellen Ladungsumschlags im Hamburger Hafen 31 III. Entwicklungsperspektiven des Umschlagssegments „Konventionelle Ladung“ 34 IV. Entwicklungsperspektiven für den Mittleren Kleinen Grasbrook 35

D. Stadtentwicklung 37 I. Ausgangssituation und Elbinsel 38 1. HafenCity 38 2. Elbinsel 40 3. Städtebauliches Leitprojekt „Sprung über die “ 42 II. Anforderungen an einen erfolgreichen Sprung über die Elbe 42 III. Strukturkonzept für den Brückenschlag HafenCity–Wilhelmsburg 43 1. Nördliche 43 2. Am Moldauhafen/Am Saalehafen 46 3. Müggenburger Zollhafen/Harburger Chaussee 46

E. Chancen und Konflikte 48 I. Chancen einer integrierten Entwicklung 48 1. Chancen der Universitätsentwicklung 48 2. Chancen der Hafenentwicklung 49 3. Chancen der Stadtentwicklung 49 II. Kriterien für Standorte der Universität 50 1. Universitätsbetrieb 50 2. Immobilienwirtschaft 51 3. Stadtentwicklung 52 III. Bewertung der BWF-Studie 54

Der Standort der Universität Hamburg 5 F. Chancen-Szenarien für bauliche Entwicklungen 57 I. Perspektiven der Flächenentwicklung an verschiedenen Standorten 57 II. Bauliche Szenarien der Universitätsentwicklung 58 1. Standort Rotherbaum 59 2. Standort Klostertor 68 III. Impulswirkungen auf das Universitätsumfeld 73 1. Standort Rotherbaum 73 2. Standort Klostertor 76 IV. Bewertung der Verlagerungsoptionen aus der Perspektive der gesamtstädtischen Entwicklung 78 V. Finanzielle Aspekte 80 VI. Bewertungsmatrix der potenziellen Universitätsstandorte 82

G. Fazit 83

Anhang 85 I. Stadtregionen in der Wissensgesellschaft (Prof. Dr. Jürgen Pietsch) 85 1. Hochschulstandort Zürich 86 2. Hochschulstandort München 89 3. Hochschulstandort Berlin 92 4. Hochschulstandort Frankfurt 95 5. Hochschulstandort Helsinki 98 6. Hochschulstandort Boston/Cambridge 100 7. Hochschulstandort Essen 103 8. Quellen 105 9. Internetquellen 105 II. Flächensteckbriefe 106

6 Der Standort der Universität Hamburg Abkürzungsverzeichnis

BGF Bruttogeschossfläche BHT Buss Hansa Terminal BWF Behörde für Wissenschaft und Forschung BWL Betriebswirtschaftslehre BWS Bruttowertschöpfung CHE Centrum für Hochschulentwicklung Clisap Exzellenz-Cluster „Integrated Climate System Analysis and Prediction“

CO2 Kohlendioxid CTG Central Terminal Grasbrook CTS Central Terminal DESY Deutsches Elektronen Synchrotron EPB Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft ETH Eidgenössische Technische Hochschule Zürich FHH Freie und Hansestadt Hamburg HHLA Hamburger Hafen- und Logistik Aktiengesellschaft HNF Hauptnutzfläche HUB Humboldt-Universität Berlin IBA Internationale Bauausstellung IGS Internationale Gartenschau LMU Ludwig-Maximilians-Universität München MIN Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften NRW Nordrhein-Westfalen ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr STEP Struktur- und Entwicklungsplan 2012 der Universität Hamburg SWT Süd-West Terminal TEU Twenty Feet Equivalent Unit (Standardcontainereinheit) TUM Technische Universität München UdK Universität der Künste Berlin UHH Universität Hamburg UKE Universitätsklinikum Eppendorf WISO Wirtschafts- und Sozialwissenschaften WS Wintersemester XFEL X-Ray Free-Electron Laser (Röntgenlicht-Freie-Elektronen-Laser) ZLV Ziel- und Leistungsvereinbarungen

Der Standort der Universität Hamburg 7

A. Einleitung

Im Frühjahr 2009 hat die Behörde für Wis- ne Grasbrook als idealer Standort benannt, senschaft und Forschung (BWF) eine Studie obwohl dort derzeit intensiver Hafenbetrieb zur baulichen Entwicklung der Universität stattfindet. Deshalb ist es geboten, sich im Hamburg vorgelegt, in der ein großer Sanie- Kontext zur baulichen Entwicklung der Uni- rungs- und Erweiterungsbedarf für wesent- versität in einem zweiten Abschnitt auch mit liche Teile der Hochschule aufgezeigt wird.1 der Frage auseinanderzusetzen, welche Be- Diese Studie – im Fortgang als „BWF-Studie“ deutung dieses Areal für die Hafenentwick- bezeichnet – kann die Erwartungen der Wirt- lung hat. schaft an ein so bedeutsames Vorhaben je- doch nicht erfüllen, weil in ihr Stadt- und Der Hamburger Hafen befindet sich derzeit in Hafenentwicklung nicht gleichzeitig behan- einer Umbruchphase, die maßgeblich durch delt werden, obwohl beide Bereiche von den die Wirtschafts- und Finanzkrise beeinflusst dort vorgeschlagenen Lösungen massiv be- wird. Waren bis zum ersten Halbjahr 2008 die troffen wären. Deshalb hat unsere Handels- Umschlagskapazitäten für Container erkenn- kammer dieses Thema zum Gegenstand eige- barer Engpass für die weitere Entwicklung, ner Überlegungen gemacht, die mit diesem steht jetzt der Ausbau der konventionellen Standpunkt vorgelegt werden. Umschlagskapazitäten im Fokus des Interes- ses. Hierfür ist der Kleine Grasbrook ein be- Zunächst wird die Universitätsentwicklung sonders wichtiger Standort. Die aktuelle Si- betrachtet, ausgehend von einer Darstellung tuation auf dem O’Swaldkai Terminal wird der heutigen Situation. Bei den Anforderun- ausführlich betrachtet und dessen Bedeutung gen an die bauliche Entwicklung wird Bezug für den Universalhafen Hamburg herausge- genommen auf den unlängst vorgelegten arbeitet. Zusätzlich wird das Entwicklungs- Struktur- und Entwicklungsplan der Univer- potenzial für dieses Areal dargestellt, dessen sität, in dem die künftige Schwerpunktset- Realisierung die Wettbewerbsposition unse- zung in Forschung und Lehre beschrieben res Hafens im konventionellen Ladungsbe- wird. In zahlreichen Gesprächen mit Vertre- reich nachhaltig stärken könnte. tern der Hochschule und außeruniversitären Forschungseinrichtungen wurden diese An- Drittens ist zu berücksichtigen, dass eine forderungen verifiziert. Die quantitative Di- vollständige Verlagerung der Universität mas- mension der baulichen Entwicklung wird von sive Auswirkungen auf die Stadtentwicklung der BWF-Studie übernommen, obwohl diese hat. Deshalb gilt es zu prüfen, ob es in einem nicht unmittelbar aus dem Struktur- und solchen Fall Synergien mit anderen großen Entwicklungsplan der Universität abgeleitet Stadtentwicklungsprojekten gäbe, ob diese wurde; ein anderes Vorgehen hätte die Ver- vielleicht sogar nur mit einer solchen Initial- gleichbarkeit der räumlichen Entwicklungs- zündung zum Erfolg gebracht werden könn- konzepte unmöglich gemacht. ten.

Abschließend werden bauliche Konzepte an Das größte räumliche Stadtentwicklungspro- anderen Hochschulen im In- und Ausland be- jekt Hamburgs ist der Sprung über die Elbe, trachtet, die in Hochschulrankings deutlich die Verbindung von der HafenCity über die vor der Hamburger Universität liegen, um Elbinsel bis nach . Zentrale Aufgabe auch hieraus Erkenntnisse zu ziehen. hierbei ist die Entwicklung der Stadtteile auf der Elbinsel zu attraktiven Wohn- und Ge- In der BWF-Studie wird für eine vollständige werbestandorten. Zugleich gilt es aber, den oder Teilverlagerung der Universität der Klei- Weg dorthin, also von der HafenCity über die bis nach Wilhelmsburg, städte- 1 An der Erarbeitung der Studie waren vier Arbeitsgruppen baulich so zu entwickeln, das er verbindet beteiligt, die durch die Behörde für Wissenschaft und For- schung und das Beratungsunternehmen Ernst & Young ko- und nicht länger trennt. Nach einer Analyse ordiniert wurden. Die Studie wird in Kapitel E. III. bewertet. der Ausgangslage in diesem Bereich werden

Der Standort der Universität Hamburg 9 Anforderungen für einen erfolgreichen Sprung heutigen Standort im Stadtteil Rotherbaum über die Norderelbe herausgearbeitet. Schließ- realisiert werden kann. Zugleich wird unter- lich wird ein Lösungsansatz vorgestellt, sucht, ob dieses Flächenprogramm an ande- der Stadtentwicklung und Hafenentwicklung rer Stelle der Stadt neu gebaut werden kann, gleichermaßen bedient – ganz in der Traditi- um für die verlagerbaren Teilbereiche der on Hamburgs, Stadt und Hafen immer im Universität einen neuen Standort zu bekom- Gleichklang zu entwickeln –, ohne dass hier- men. Der Begriff „Komplettverlagerung“ be- für eine Verlagerung der Universität erforder- zieht sich im Kontext dieses Standpunktes lich wäre. stets auf die verlagerbaren Bereiche der Uni- versität. Beides – die Erneuerung am bisheri- Im zentralen Kapitel E. dieses Standpunktes gen Standort und die Komplettverlagerung – werden Universitätsentwicklung, Hafenent- ist in überzeugender Weise möglich; deshalb wicklung und Stadtentwicklung zusammen- wird die Option einer Teilverlagerung einzel- geführt, und es wird aufgezeigt, dass alles ner Fakultäten nur kurz betrachtet. gemeinsam möglich ist – nur nicht zusam- men auf dem Kleinen Grasbrook. Deshalb Ausgehend von der unbestrittenen Notwen- werden Kriterien für mögliche Standorte der digkeit, die bauliche Situation unserer Univer- Universität herausgearbeitet, die eine Win- sität nachhaltig zu verbessern und zusätzliche win-win-Situation für alle drei Bereiche er- Flächen in erheblichem Umfang bereitzustel- möglichen. Die von der Behörde für Wissen- len, zeigt dieser Standpunkt auf, dass bei schaft und Forschung vorgelegte Studie zur richtiger, weitsichtiger Planung Universitäts- baulichen Entwicklung der Universität wird entwicklung, Hafenentwicklung im konven- in diesem Zusammenhang einer kritischen tionellen Umschlagsbereich und Stadtent- Würdigung unterzogen. wicklung im Leitprojekt Sprung über die Elbe so zu vereinbaren sind, dass alle drei Teilbe- Im abschließenden Abschnitt F. dieses Stand- reiche großen eigenen Nutzen haben, aber punktes wird untersucht, ob das in der BWF- auch unsere Stadt insgesamt profitiert. Studie vorgegebene Flächenprogramm am

10 Der Standort der Universität Hamburg B. Universitätsentwicklung

I. Ausgangslage an der Universität • die Fakultät für Medizin, Hamburg • die Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft Im Folgenden wird die derzeitige Situation (EPB), der Universität Hamburg anhand der Aspekte • die Fakultät für Geisteswissenschaften und Studierende, Personal, fachliche Ausrichtung, • die Fakultät für Mathematik, Informatik bauliche Situation sowie Abschneiden in ak- und Naturwissenschaften (MIN). tuellen Rankings dargestellt. Die rund 35 000 Studierenden verteilen sich 1. Studierende, Struktur und Personal entsprechend Abbildung 1 auf die sechs Fa- der Universität Hamburg 2008 kultäten. Die Fakultät für Erziehungswissen- schaft, Psychologie und Bewegungswissen- Die Universität Hamburg ist 1919 gegründet schaft bildet die meisten Studierenden der worden. Sie ist eine von acht öffentlichen Universität Hamburg aus. Hochschulen in Trägerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg.1 Sie ist, gemessen an Die medizinische Fakultät ist am Universitäts- den Studierendenzahlen, mit rund 35 000 Stu- klinikum Eppendorf (UKE) ansässig. Das UKE dierenden die größte Hochschule am Stand- und die medizinische Fakultät werden unbe- ort.2 Im Wintersemester (WS) 2007/2008 war rührt von der baulichen Entwicklungsper- sie mit rund 35 000 Studierenden die fünft- spektive der Universität weiterhin am heuti- größte Hochschule Deutschlands. gen Standort in Eppendorf verbleiben. Dort wurde zwischen 2004 und 2009 außerdem Die Universität deckt fast alle Bereiche der die Gebäudestruktur in weiten Teilen neu ge- universitären Lehre und Forschung ab. Seit staltet. Insgesamt wurden auf der Grundlage 2005 ist die Universität in sechs Fakultäten des „Masterplan UKE“, der im Februar 2002 unterteilt: vom Hamburger Senat verabschiedet wurde, 339 Mio. Euro investiert. Finanziert wurde • die Fakultät für Rechtswissenschaft, das Projekt auf Basis des Hochschulbauför- • die Fakultät für Wirtschafts- und dergesetz anteilig durch die Hansestadt Sozialwissenschaften (WISO), Hamburg und den Bund.3

Tabelle 1: Die größten Hochschulen Deutschlands gemessen an Studierendenzahlen 2007/2008

Studierendenzahl WS Professoren Hochschule 2007/2008 2008/2009 Universität Köln 42 078 478 Ludwig-Maximilians-Universität München 41 757 694 Fernuniversität Hagen 37 494 72 Universität Münster 36 688 565 Universität Hamburg 35 577 686

Quelle: Eigene Angaben der Hochschulen, Fachserie 11, Reihe 4.3.; Monetäre hochschulstatistische Kennzahlen 2006, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden

1 Zu den öffentlichen Hochschulen in Trägerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg gehören: Universität Hamburg, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Technische Universität Hamburg-Harburg, HafenCity Universität Hamburg, Hochschule für Musik und Theater, Hochschule für bildende Künste, Hochschule der Polizei 2 Eigene Angaben der Universität, Abteilung 1, Hamburg, Hochschule für Finanzen Hamburg. Hinzu kom- Referat 13, Datenmanagement und Statistik, Juli 2009. men zwei weitere Hochschulen anderer öffentlicher Träger. 3 www.uke.de, Projekt Masterplan, Stand: Juli 2009.

Der Standort der Universität Hamburg 11 Studierende an den sechs Fakultäten der Universität Hamburg im Wintersemester 2008

Medizinische Fakultät 3 272 3 476 Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften

Fakultät für Geistes- 8 097 7 583 wissenschaften

Fakultät für Mathematik, Informatik und Natur- wissenschaften

Fakultät für Erziehungs- wissenschaft, Psychologie und 6 453 und Bewegungswissenschaft 6 523 Fakultät für Rechtswissenschaft

Quelle: Eigene Angaben der Universität Hamburg, Ref. 13 © Handelskammer Hamburg 2009

Abb. 1

An den fünf nicht medizinischen Fakultäten • Klima, Erde, Umwelt sind rund 31 000 Studierende eingeschrieben • Materie und Universum und rund 558 Professoren/-innen tätig, die • Strukturbiochemie aus Haushaltsmitteln finanziert werden.4 • Neurowissenschaften • Mehrsprachigkeit Wie in Tabelle 2 ersichtlich, sind zusätzlich zu dem aus dem laufenden Haushalt finanzier- Drei wirtschafts- und sozialwissenschaftli- ten Personal (Haushaltspersonal) rund 800 che, juristische und geisteswissenschaftliche Personen an der Universität beschäftigt, die Potenzialbereiche (Kultur und Technik, Hete- aus Drittmitteln der Hochschule finanziert rogenität und Bildung, Governance) sollen werden (Drittmittelpersonal). Über die Hälfte gefördert werden, um sie zu universitären der Beschäftigten ist an der MIN-Fakultät Forschungsschwerpunkten auszubauen. tätig, gefolgt von der geisteswissenschaftli- chen Fakultät. An der MIN-Fakultät sind auch die meisten Professoren und wissenschaft- Erläuterung: lichen Mitarbeiter beschäftigt. Ziel- und Leistungsvereinbarungen (ZLV) Im Struktur- und Entwicklungsplan (STEP, sind ein zentrales Instrument zur stra- siehe blauer Kasten „Erläuterung“), den die tegischen Steuerung der Hochschulen Universität im Juli 2009 vorgelegt hat, werden vonseiten der Bundesländer. Hochschule die folgenden Forschungsbereiche als univer- und Politik treffen darin verbindliche sitäre Forschungsschwerpunkte definiert: Festlegungen über die von beiden Seiten zu erfüllenden Ziele und Leistungen. Fokus der ZLV ist die Konkretisierung

4 Studie zur baulichen Entwicklung der Universität Hamburg, von Quantitäten, Terminen und Verfahren Langfassung, S. 34, Tabelle 2.

12 Der Standort der Universität Hamburg Tabelle 2: Personal der Universität Hamburg 2008 (ohne medizinische Fakultät)

Haushaltspersonal 5 816 Professoren 558 sonstiges wissenschaftliches Personal (wissenschaftliche Mitarbeiter) 3 550 technisches Personal 661 Verwaltungspersonal 1 047 Drittmittelpersonal 805 wissenschaftliche Mitarbeiter 730 technisches Personal 51 Verwaltungspersonal 24 Personal insgesamt 6 621

Quelle: Studie zur baulichen Entwicklung der Universität Hamburg, Langfassung, S. 34

Tabelle 3: Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter der Universität Hamburg (Haushalt) nach Fakultäten 2008

Professoren und Juniorprofessoren wissenschaftliche Mitarbeiter Fakultät (Haushalt) in Vollzeitäquivalent (Haushalt) in Vollzeitäquivalent Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften 180 370 Wirtschafts- und Sozialwissenschaften 98 138 Geisteswissenschaften 135 185 Erziehungswissenschaft, Psychologie, Bewegungswissenschaft 82 52 Rechtswissenschaft 33 45 Medizin 117 k. A. Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter insgesamt 645 790

Quelle: Studie zur baulichen Entwicklung der Universität Hamburg, Langfassung, S. 34 bzw. eigene Angaben der Dekanate; Personalcontrolling Universitätsklinikum Eppendorf 5

zur Erreichung strategischer Hochschul- der Hochschule und Ausdruck der größer ziele. werdenden Autonomie der Hochschule. Die Universität hat ihren aktuell gültigen STEP In die Ziel- und Leistungsvereinbarung im Juli 2009 vorgelegt. Er ist die Grund- fließen Konkretisierungen der gesetzlichen lage für eine strategische Profilbildung und politischen Leitlinien, in Hamburg z. B. und Weiterentwicklung der Universität bis die Leitlinien des Hamburger Senats aus 2012. An der Universität Hamburg be- 2003, sowie konkrete Vorgaben aus dem schließt der Hochschulrat (zentrales Struktur- und Entwicklungsplan mit ein. Steuerungsgremium der Hochschule) über Im Struktur- und Entwicklungsplan wer- die Struktur- und Entwicklungsplanung. den die strategischen Hochschulziele dar- gelegt und regelmäßig fortgeschrieben. Struktur- und Entwicklungspläne sind so- Unsere Handelskammer hat im Standpunkte- mit ein Instrument der Selbststeuerung papier „Eckpunkte für eine Industriepolitik – Cluster richtig auswählen und entwickeln“ (2006) dargestellt, in welchen Industrieberei- 5 Abweichungen zu den Angaben in Tabelle 2 ergeben sich daraus, dass nur ausfinanzierte Stellen bzw. Professorenstel- chen Hamburg bereits Schwerpunkte gebil- len im Jahresdurchschnitt angegeben sind. det hat und welche Bereiche Ansatzpunkte

Der Standort der Universität Hamburg 13 Vorleistungsindustrie Medien und IT Life Sciences Luftfahrtindustrie Maschinenbau Maritime Industrie Erneuerbare Energien Kraftfahrzeugindustrie Nanotechnologie Unternehmen +++++++++ Wissensinfrastruktur +++++++++ Verbindungsinstitutionen +++++++++

Räumliche Konzentration ++++++++– Kritische Masse ++++++++/–– Gemeinsame Bedürfnisse – + + + +/– + + +/– + Entwicklungschancen +/– ++++++++ Bereitschaft zur Zusammenarbeit +/– +++++++/–+/– Clustermanagement – +/– +/– +/– ––––– Ergebnis 6,0 8,5 8,5 8,5 7,5 8,0 8,0 6,5 6,5

Abb. 2: Anwendung der Clusterdimensionen auf ausgewählte Industriebereiche für die Forschungsschwerpunkte der Universi- hin untersucht worden.6 Cluster wie Medien tät aus Sicht der Wirtschaft der Metropolregi- und IT, Life Sciences und die Luftfahrtindus- on Hamburg bieten. Dazu gehören: trie sind demnach bereits effektive, mobili- sierte Cluster. Die verbleibenden Industrie- • Erneuerbare Energien bereiche sind potenzielle Cluster, die bisher • Kraftfahrzeugindustrie unterschiedlich stark mobilisiert sind. In der • Life Sciences (Lebenswissenschaften) Hamburger Wirtschaft haben sich mit den • Luftfahrtindustrie Clustern Logistik, Gesundheitswirtschaft und • Maritime Industrie Finanzwirtschaft außerdem wichtige Schwer- • Maschinenbau punkte außerhalb des produzierenden Ge- • Medien und IT werbes gebildet. • Nanotechnologie • Vorleistungsindustrie Hamburg ist gemessen am Umsatz Deutsch- lands größter Industriestandort, relativ be- Nicht alle Schwerpunktbereiche haben sich trachtet erwirtschaften Handel und Dienst- bereits zu effektiven Clustern entwickelt, die leistungen allerdings noch höhere Wert- alle Eigenschaften eines Clusters (Cluster- schöpfungsanteile. Die Universität sollte des- dimensionen) erfüllen. In Abbildung 2 sind halb nicht nur in den industrienahen Natur- die genannten Industriezweige auf die sechs wissenschaften, sondern auch in den für die Clusterdimensionen Hamburger Wirtschaft insgesamt wichtigen Disziplinen der Wirtschafts- und Rechtswis- • Räumliche Konzentration, senschaften sowie in den Sprachwissenschaf- • Kritische Masse, ten Schwerpunkte aufbauen. • Gemeinsame Bedürfnisse, • Entwicklungschancen,

• Bereitschaft zur Zusammenarbeit und 6 Punktewertung in der Tabelle: „+“ zählt 1, „+/-“ zählt • Clustermanagement 0,5, „-“ zählt 0.

14 Der Standort der Universität Hamburg Mit den gewählten Schwerpunkten in der Kli- maforschung, der Teilchen-, Photonen- und dem Bereich der Wirtschafts- und Rechts- Laserforschung, den Lebenswissenschaften wissenschaften. Mit den im Struktur- und sowie den Sprachwissenschaften trägt die Entwicklungsplan dargestellten Schwer- Universität sowohl der fachlichen Exzellenz punkten hat die Universität eine an den der betroffenen Bereiche als auch den Stär- Stärken der Universität und des Wirt- ken und Bedarfen der Hamburger Wirtschaft schaftsstandortes orientierte Schwer- bereits Rechnung. punktsetzung vorgenommen. Die perso- nelle Entwicklung der Universität wird mit Der STEP der Universität macht jedoch keine einer Ausnahme nicht im STEP dargelegt. Angaben über geplante Mitarbeiterzuwächse oder konkrete zusätzliche Raumbedarfe. Ein- zige Ausnahme ist die Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, wo bis 2012 über 2. Position der Universität 60 Professoren und Juniorprofessorenstellen Hamburg in aktuellen Rankings neu berufen bzw. wieder ausgeschrieben wer- und in der Exzellenzinitiative den, woraus Raumbedarfe abgeleitet werden können. Das Hochschulranking des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) gilt als die um- Insofern ist festzustellen, dass der fachliche fassendste Bewertung von Studiengängen im Entwicklungsplan der Universität – STEP – deutschsprachigen Raum.7 Jedes Jahr werden und der bauliche Entwicklungsplan – BWF- ein Drittel der betrachteten Fächer neu eva- Studie – in dieser zentralen Fragestellung luiert und ein neues Hochschulranking er- (noch) nicht aufeinander abgestimmt sind. stellt. Im CHE-Hochschulranking 2008 wur- den die Fächer BWL, Volkswirtschaftslehre, Jura, Medien- und Kommunikationswissen- Fazit: schaften, Politik- und Sozialwissenschaften, Soziologie und Wirtschaftsinformatik neu Die Universität Hamburg ist die fünft- bewertet. Beim Indikator Forschungsreputa- größte Universität Deutschlands, die mit tion liegt die Universität Hamburg in diesen über 100 Studiengängen ein breites wis- Fächern im Mittelfeld. Spitzenplatzierungen senschaftliches Spektrum abdeckt. Stärks- wurden in den Fächern Soziologie und Volks- te Fakultät ist mit rund 8 000 Studieren- wirtschaftslehre jeweils in den Kategorien den (23 Prozent) die erziehungswissen- Forschungsgelder, Promotionen je Professor schaftliche Fakultät. Das meiste wissen- und international sichtbare Publikationen je schaftliche Personal (42 Prozent) ist an Wissenschaftler erreicht. Bei den wichtigen der MIN-Fakultät tätig. Indikatoren Studiensituation, Betreuung und Ausstattung liegt die Universität mit Aus- Hamburgs Industrie hat in neun Bereichen nahme der Wirtschaftsinformatik in allen Schwerpunkte ausgebildet, wovon sich oben genannten Fächern in der Schlussgrup- die Life Sciences, die Luftfahrtindustrie pe. und der Bereich Medien und IT bereits zu effektiven Clustern ausgebildet haben. 2009 wurden im CHE-Hochschulranking für Außerhalb der Industrie ist das Logistik- die Naturwissenschaften, Informatik und Cluster hervorzuheben. Außerdem bilden Medizin neue Daten erhoben. Die naturwis- sich Cluster in der Gesundheits- sowie in senschaftliche Forschung in den Bereichen der Finanzwirtschaft. Aufgrund der höhe- der Chemie und der Physik erzielt bei den ren Wertschöpfungsanteile von Handel Indikatoren Forschungsgelder, Erfindungen, und Dienstleistung sind nicht nur die Promotionen und Laborausstattung Spitzen- ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen plätze. Bei den Indikatoren Forschungsrepu- in der Hamburger Wirtschaft gefragt, son-

dern vermehrt auch Kompetenzen aus 7 Centrum für Hochschulentwicklung, www.che.de, www.zeit.de/hochschulranking, Stand: Juli 2009.

Der Standort der Universität Hamburg 15 tation und Studiensituation schlagen sich diese Bewertungen jedoch nicht in Spitzen- bei Forschungsgeldern und Promotionen platzierungen nieder. Die Medizin erzielt bei Spitzenplätze, jedoch schlagen sich diese der Forschungsreputation einen Platz im Mit- Bewertungen nicht in einer entsprechen- telfeld, beim Berufs- und Praxisbezug, bei der den Forschungsreputation nieder. Aus- Betreuung und der Studiensituation insge- nahme bilden hier die Wirtschafts- und samt liegt sie auf einem Schlussplatz. Sozialwissenschaften, die bundesweit als sehr forschungsstark bewertet werden. Im CHE-Forschungsranking 2008, das sich Mit dem Klima-Cluster ist Hamburg in der aus forschungsbezogenen Indikatoren speist, Exzellenzinitiative des Bundes vertreten. kam die wirtschafts- und sozialwissenschaft- liche Fakultät der Universität Hamburg in allen drei Teilbereichen – VWL, BWL und Soziologie – auf einen Platz in der Spitzen- 3. Bauliche Situation der gruppe. Sie gehört somit zu den bundesweit Universität Hamburg forschungsstärksten Fakultäten in diesen Disziplinen. Insgesamt verfügt die Universität Hamburg – ohne die medizinische Fakultät – über rund Zudem hat die Universität Hamburg 2007 im 259 000 qm Hauptnutzfläche (HNF), was etwa Rahmen der zweiten Runde der Exzellenzini- 490 000 qm Bruttogeschossfläche (BGF) ent- tiative des Bundes einen Exzellenz-Cluster im spricht. Die Universität verteilt sich auf rund Bereich der Klimaforschung („Integrated 50 Hektar Grundstücksfläche über die Stadt. Climate System Analysis and Prediction Die Hauptstandorte der Universität in der Stadt [Clisap]“) gewonnen. Um die Rolle Hamburgs sind in Abbildung 6 dargestellt. Die Hauptflä- als bedeutsamer Standort für die Klimafor- chen sind die zwei citynahen Standorte Von- schung zu stärken, baut die Universität Ham- Melle-Park (100 000 qm HNF) und Bundes- burg gemeinsam mit den außeruniversitären straße (90 000 qm HNF). Hinzu kommen diver- Antragspartnern das Zentrum für Marine und se Streulagen. Die Flächen werden von den Fa- Atmosphärische Wissenschaften zu einem kultäten und sonstigen universitären Einrich- „Klima Campus Hamburg“ aus, in dem der tungen sowie als zentrale Lehrflächen genutzt. Cluster „Clisap“ das wissenschaftliche Leit- projekt darstellt. Die zwei Clusteranträge aus Zusammen mit den integrierten Institutionen der ersten Wettbewerbsrunde aus der Optik – z. B. dem Exzellenz-Cluster am Klima-Cam- und der Nanotechnologie („Light and Mat- pus („Integrated Climate System Analysis and ter“, „Atomically Tailored Materials and Prediction [Clisap]“), der Staats- und Univer- Quantum Nanoprobes“) waren gescheitert. sitätsbibliothek und einer Reihe von exter- nen, funktional mit der Hochschule zusam- menhängenden Einrichtungen wie dem Max- Fazit: Planck-Institut für Meteorologie – stehen der Hochschule aktuell rund 326 000 qm HNF zur Die Universität Hamburg nimmt im CHE- Verfügung.8 Hochschulranking in den Fächern Soziolo- gie, Volkswirtschaftslehre, Physik und der Der Großteil der Flächen der Universität wird Chemie Spitzenplätze bei forschungs- von den Fakultäten genutzt. Die MIN-Fakul- bezogenen Kriterien (Forschungsgelder, tät verfügt aufgrund notwendiger Labore und Promotionen) ein. Studienbedingungen Großgeräte über die meisten Flächen9 und und die Betreuung der Studierenden wer- beschäftigt am meisten wissenschaftliches den als unzureichend bewertet. Hier soll- Personal. Die Fakultät ist außerdem für 73 ten verstärkt Anstrengungen unternom- men werden, um die Lehrbedingungen zu verbessern. In der Forschung erzielt die 8 Studie zur baulichen Entwicklung der Universität Hamburg, Hochschule in einzelnen Bereichen wie Langfassung, S. 54. 9 Ebenda, S. 34, S. 59 ff.

16 Der Standort der Universität Hamburg Flächenbilanz der Universität inklusive integrierter und externer Institutionen nach Hauptnutzungsfläche in m2

350 000 Summe 326 000 Externe Institutionen 33 100 300 000 z. B. Max-Planck-Institut 33 900 für Meteorologie 250 000 Integrierte Institutionen z. B. Staats- und Universitäts- bibliothek, Studierendenwerk 200 000 Universität Hamburg 150 000 259 000

100 000

50 000

0

Quelle: Studie zur baulichen Entwicklung der Universität, Langversion, S. 54 © Handelskammer Hamburg 2009

Abb. 3

Prozent des Drittmittelvolumens der Univer- Der daraus resultierende Raumbedarf der be- sität (ohne die Fakultät Medizin) verantwort- trachteten Fakultäten von rund 28 000 qm lich.10 HNF bis 2020/202513 – was einem Flächenzu- wachs von rund 19 Prozent entspricht – kann Aufgrund steigender Drittmittelzahlen, aber im vorhandenen Gebäudebestand nicht oder auch durch das Einführen des Bachelor-Mas- nur sehr schwierig befriedigt werden. So sind ter-Systems bekunden alle hier betrachteten einige Fakultäten, beispielsweise die wirt- Fakultäten im Rahmen der BWF-Studie eine schafts- und sozialwissenschaftliche, auf bis Nachfrage nach zusätzlichem Personal. 2012 zu sieben Standorte in den Stadtteilen Rother- will die Universität bereits 157 zusätzliche baum und Altona verteilt. Der Zustand der vor- Professoren und 592 zusätzliche wissenschaft- handenen Gebäude entspricht teilweise nicht liche Mitarbeiter (aus Haushalt und Studien- modernen Standards. gebühren finanziert) beschäftigen, was zu- sätzlichen Raumbedarf zur Folge hat.11 Das Unmittelbarer Sicherungs- und Sanierungs- Drittmittelpersonal soll von 730 Mitarbeitern bedarf aufgrund von Auflagen zur Arbeits- im Jahr 2008 auf rund 980 im Jahr 2012 an- sicherheit sowie von feuer- oder baupolizeili- wachsen.12 chen Auflagen besteht zurzeit bei 17 der 172 Gebäude, die von der Universität genutzt werden.14 Bei neun dieser Gebäude wurde be- 10 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Philipp- reits mit Sanierungsmaßnahmen begonnen, Sebastian Kühn (SPD) vom 6. Mai 2009 und Antwort des Senats, Betr.: Entwicklungsperspektiven der Universität für die rund sieben Mio. Euro bereitgestellt Hamburg, Drucksache 19/3017 vom 12. Mai 2009. 11 Studie zur baulichen Entwicklung der Universität Hamburg, Langfassung, S. 41. Zu den benötigten Flächen für diese 13 Ebenda, S. 56 ff. Personalaufstockung sind auf S. 44 der BWF-Studie die 14 Schriftliche Kleine Anfrage: „Unmittelbarer Sicherungs- Flächenansätze für Professoren, wissenschaftliche und Sanierungsbedarf an der Universität Hamburg“, Mitarbeiter und Verwaltungsmitarbeiter angegeben. Drucksache 10/1039 vom 16. September 2008, Anzahl 12 Ebenda, S. 42. Gebäude: Angaben des Ref. 81 der Universität Hamburg.

Der Standort der Universität Hamburg 17 Betrachtete Flächen der Fakultäten der Universität 2008 (ohne Medizin) und Bedarf in 2020/2025 laut der Studie zur baulichen Entwicklung der Universität

200 000

180 000 Flächen 2008 176 984 160 000 Flächenbedarf 2020/2025 148 158 140 000 Hauptnutzfläche 120 000 2

100 000 99 448

80 000 79 263 60 000

40 000 29 545 25 333 21 725 18 160 15 075 15 075 11 191 20 000 10 327

0 Flächen der Fakultäten in m t

wissenschaften Rechtswissenschaft Geisteswissenschaften Mathematik,Naturwissenschaften Informatik, Wirtschafts- und Sozial- Bewegungswissenschaft ngswissenschaft, Psychologie, betrachtete Fakultäten insgesam Erziehu © Handelskammer Hamburg 2009

Abb. 4 wurden und die teilweise erst im Frühjahr Seit 2002 sind bereits rund 152 Mio. Euro in 2011 fertiggestellt sein werden.15 die Sanierung und Modernisierung universi- tärer Gebäude geflossen, z. B. in die Grundsa- • „Bunker“ (Institut für Bodenkunde) nierung der Gebäude am Von-Melle-Park 6 am Allende-Platz 2 und 8 (Philosophenturm, Erziehungswissen- • Bundesstraße 45 und Martin-Luther- schaft) und den Neubau des Zentrums für King-Platz 6 (Chemie) Marine und Atmosphärische Wissenschaften.17 • Grindelallee 117 (physikalische Chemie) Gleichzeitig wurden in den vergangenen • Moorweidenstraße (Verwaltung) zehn Jahren mit Hinblick auf eine Konzentra- • Olbersweg 24 (Hydrobiologie) tion der Universität am Standort Rotherbaum • Rothenbaumchaussee 45 auch eine Reihe von Baumaßnahmen ge- • Schlüterstraße 70 (Rechenzentrum) stoppt – z. B. der Neubau eines Hörsaals und • Von-Melle-Park 5 (Wirtschaftswissen- einer Mensa am Informatikum Stellingen – schaften) da sie nicht in das Konzept einer Konzentra- tion passten. Es ist jedoch fraglich, ob die ins- Bei drei weiteren Gebäuden (Allende-Platz 1, gesamt 60 Mio. Euro Investitionsmittel, die Grindelallee 46-48, Martin-Luther-King-Platz dadurch frei wurden, in die Entwicklung des 3) sollen die Sicherungs- und Sanierungs- vorhandenen Gebäudebestands der Universi- maßnahmen in den nächsten zwei Jahren be- tät geflossen sind oder anderweitig verwandt ginnen.16 wurden.18

17 Schriftliche Kleine Anfrage: „Baumaßnahmen für die Universität Hamburg“, Drucksache 19/722 vom 18. Juli 2008 bzw. Drucksache 19/1408 vom 7. November 2008. 15 Schriftliche Kleine Anfrage: „Unmittelbarer Sicherungs- 18 Michael Holtmann, Stabsstelle Universität in der Stadt an und Sanierungsbedarf an der Universität Hamburg“, der Universität Hamburg: „Anmerkungen zum Plan einer Drucksache 10/1039 vom 16. September 2008. Verlagerung der Universität auf den Kleinen Grasbrook“, 16 Ebenda. 17. Februar 2009, S. 25.

18 Der Standort der Universität Hamburg Gr

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de tr s 29 a Museum für straß Joseph- ß Völkerkunde 23 rindelh 6 e G Carlebach- Heimweg e Platz 22 Martin- 19 5 Binderstraße 31 Luther-King- Allende- Phil- ße Binderstra Heimhuder Straße Geomatikum Platz Platz 7 Turm 30 17

21 Feldbrunnenstraße L 3 auf g raben 11 18 2 12 Mensa 46 20 24 Von- Melle- Johnsallee Park Audi- 1 15 max 32 4 36 Johnsallee ße m a m r 47 lst e Studierenden- Schröder tz Campusbereich haus 40 42 en Bund R Mensa Papenda Mensa

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Gorch-Fock-Wall Esplanade 0 100 200 300 m

G E B Ä U D E V E R Z E I C H N I S

Gebäude-Nr Anschrift Koordinaten Gebäude-Nr. Anschrift Koordinaten Gebäude-Nr. Anschrift Koordinaten Gebäude-Nr. Anschrift Koordinaten Fakultät 1: Rechtswissenschaft Fakultät 5: Geisteswissenschaften Gebäude, die überwiegend von der Verwaltung 1 Schlüterstraße 28 B2 13 ESA Flügel West B3 26 Jungiusstraße 9 B4 genutzt werden 2 Rothenbaumchaussee 33 C2 14 ESA Flügel Ost C3 27 Jungiusstraße 11 B4 38 Edmund-Siemers-Allee 1 C3 Fakultät 2: Wirtschafts- und Sozialwissenschaften 15 Johnsallee 35 C2 28 Marseiller Straße 5 B4 39 Moorweidenstraße 18 C3 3 Allendeplatz 1 B2 16 Neue Rabenstraße 13 C4 29 Martin-Luther-King-Platz 2 A2 40 Rothenbaumchaussee 19 C2 4 Von-Melle-Park 9 B2 17 Rothenbaumchaussee 45 C2 30 Martin-Luther-King-Platz 3 A2 41 Rothenbaumchaussee 34 C2 Fakultät 4: Erziehungswissenschaften, 18 Von-Melle-Park 6 B2 31 Martin-Luther-King-Platz 6 A2 42 Rothenbaumchaussee 36 C2 43 Rothenbaumchaussee 81 Psychologie und Bewegungswissenschaft Fakultät 6: Mathematik, Informatik und 32 Papendamm 21 A2 B1 5 Binderstraße 22 B2 Naturwissenschaften Gebäude, die von mehreren Fakultäten 44 Schlüterstraße 70 B1 6 Binderstraße 34 B2 19 Allendeplatz 2 B2 genutzt werden Gebäude, die von Partnern der UHH genutzt werden 7 Binderstraße 40 B2 20 Bundesstraße 43 A2 33 Bogenallee 11 A1 8 Feldbrunnenstraße 70 C2 21 Bundesstraße 45 A2 34 Beim Schlump 83 A1 45 Grindelallee 9 B3 9 Mollerstraße 2-4 C1 22 Bundesstraße 53 A2 35 Sedanstraße 19 A2 46 Schlüterstraße 11 B2 10 Mollerstraße 10 C1 23Bundesstraße 55 A2 36 Von-Melle-Park 4 B2 47 Von-Melle-Park 2 B2 11 Von-Melle-Park 8 B2 24 Grindelallee 46/48 B2 37 Von-Melle-Park 5 B2 48 Von-Melle-Park 3 B3 12 Von-Melle-Park 11 B2 25 Grindelallee 117 A2

I N V E S T I T I O N E N

bis 100 000 Euro bis 500 000 Euro bis 2 000 000 Euro bis 10 000 000 Euro keine Investitionen bzw. keine Angaben bis 250 000 Euro bis 1 000 000 Euro bis 5 000 000 Euro über 10 000 000 Euro

eingetragenes Bau- erkanntes Baudenkmal unter Denkmalschutz denkmal (Denkmalliste) stehende Fläche Quelle: Hamburger Abendblatt, 17. September 2008 (Modernisierungsinvestitonen),Verzeichnis der erkannten Denkmäler Kartengrundlage: Universität Hamburg, Ref. Online-Dienste © Handelskammer Hamburg 2009

Abb. 5: Investitionen und denkmalgeschützte Gebäude am Universitätsstandort Rotherbaum

Der Standort der Universität Hamburg 19 Abb. 6: Zentrale Standorte der Universität Hamburg

Aufgrund Dort entsteht außerdem für insgesamt rund 60 Mio. Euro das „Center for Free-Electron- • besonderer Infrastrukturen, Laser Science“ und das Zentrum für optische • nicht reproduzierbarer Forschungs- Quantenmechanik, um den Exzellenzstandort bedingungen sowie der physikalischen Forschung in Hamburg zu • erheblicher Investitionen in ortsfeste stärken. In der Physik am Campus Großgeräte und Modernisierungen wurden seit 2002 zudem Sanierungs- und sind einige der Gebäude und Forschungsstät- Modernisierungsmaßnahmen im Wert von ten der Universität standortgebunden und rund 14 Mio. Euro durchgeführt, die durch ei- werden bei einer baulichen Entwicklung der nen Umzug abgeschrieben werden müssten Hochschule ihren jetzigen Standort nicht und entwertet würden.19 Als standortgebun- verlassen. Diese Forschungsstätten sind in den aufgrund von erheblichen Investitionen Abbildung 6 mit roten Punkten markiert. Dies in ortsfeste Großgeräte und Modernisierun- trifft z. B. auf den Botanischen Garten und gen gelten außerdem die Physik in der auf die Sternwarte in zu, die auf Jungiusstraße, wo seit Beginn der 1990er- spezielle Forschungsbedingungen an den ak- Jahre 50 Mio. Euro in Speziallabors und orts- tuellen Standorten angewiesen sind. Drei der fest eingebaute Großgeräte investiert wurde. sechs physikalischen Institute der Universität Seit 2002 wurden auch hier mit rund 14 Mio. Hamburg sind als „Campus Bahrenfeld“ am Euro Gebäude modernisiert.20 Durch eine Ver- Deutschen Elektronen Synchrotron (DESY) lagerung dieses Bereiches würde die Spitzen- angesiedelt und werden diesen Standort forschung an der Universität massiv gefähr- nicht verlassen können, da am DESY und am det, da die über Jahre entstandene Infra- Campus Bahrenfeld in den vergangenen Jahren verstärkt in neue Teilchenbeschleuni- 19 Schriftliche Kleine Anfrage, „Baumaßnahmen für die Universität Hamburg“, Drucksache 19/722 vom 18. Juli 2008 ger und Röntgenstrahlquellen wie den Frei- bzw. Drucksache 19/1408 vom 7. November 2008. en-Elektronen-Laser XFEL investiert wurde. 20 Ebenda.

20 Der Standort der Universität Hamburg Hauptnutzfläche (HNF) der Universität 2008 ohne die medizinische Fakultät (standortgebunden/nicht standortgebunden)

26 %

66 096 m2 HNF

192 467 m2 HNF

74 %

standortgebundene Bereiche der Universität 2008

nicht standortgebundene Bereiche der Universität 2008

Summe 259 000 m2

© Handelskammer Hamburg 2009

Abb. 7 struktur nachgebaut werden müsste. Gerade versitätsklinikum Eppendorf (UKE) ihren Stand- die in der Physik bestehenden Sonderfor- ort in Eppendorf nicht verlassen, zumal dort schungsbereiche würden dadurch leiden. Hin- seit 2004 339 Mio. Euro in neue Infrastruktu- zu kommen Teile der physikalischen Chemie ren investiert wurden (siehe Kapitel B. I. 1.). an der Grindelallee, die seit 2002 für 17 Mio. Euro saniert wurden.21 Der Anteil der standortgebundenen Forschungs- stätten gemessen an ihrer Hauptnutzfläche Hier wurde in den vergangenen Jahren in (HNF) mit Ausnahme der medizinischen Fakul- erheblichem Ausmaß in die apparative Aus- tät sowie von Teilen der Bewegungswissen- stattung und in hochempfindliche und quasi schaft und des Fachbereichs Kulturgeschichte „immobile“ Messgeräte investiert, die sich ei- beträgt rund 26 Prozent der gesamten Flächen nem Umzug entziehen würden. Im Falle einer der Universität.23 Der Begriff „Komplettverla- Verlagerung würde daher herausragenden gerung“ bezieht sich in diesem Standpunkt- Forschungsvorhaben die Möglichkeit entzo- papier ausschließlich auf die Verlagerung der gen, die Forschungen weiter durchzuführen. Institutionen und Forschungsstätten, die nicht Standortgebunden aufgrund besonderer For- an ihren Standort gebunden und in Abbil- schungsbedingungen sind das Biozentrum dung 6 entsprechend gekennzeichnet sind. Klein Flottbek, die Schaugewächshäuser im Alten Botanischen Garten (Marseiller Straße 5/7), die Holzbiologie in der Leuschnerstraße 91 sowie einige Bereiche der Bewegungswis- senschaft und des Fachbereichs Kulturge- 21 22 Schriftliche Kleine Anfrage, „Baumaßnahmen für die schichte. Universität Hamburg“, Drucksache 19/722 vom 18. Juli 2008 bzw. Drucksache 19/1408 vom 7. November 2008. 22 Studie zur baulichen Entwicklung der Universität Hamburg, Darüber hinaus wird die medizinische Fakul- Langfassung, S. 37. tät aufgrund der Verflechtung mit dem Uni- 23 Einschließlich Zoologie.

Der Standort der Universität Hamburg 21 II. Anforderungen an die bauliche Fazit: Entwicklung der Universität Hamburg Seit 2002 sind bereits 152 Mio. Euro in Sanierung und Modernisierung von uni- Eine fundierte und nachvollziehbare Ent- versitären Gebäuden und in Neubauten scheidung über den künftigen Standort der für die Universität geflossen. Aktuell Universität Hamburg bedingt eine vorherige laufen Sanierungsmaßnahmen im Wert Untersuchung der Anforderungen für eine von 7 Mio. Euro, die 2011 beendet sein bauliche Entwicklung aus Sicht der Universi- sollen und von denen neun Gebäude der tät. Diese müssen mit hoher Priorität in die Universität Hamburg betroffen sind. Kriterien einfließen, anhand derer eine Be- Belastbare Angaben darüber, wie viele wertung der Standortalternativen vorgenom- Gebäude der Universität darüber hinaus men werden kann (siehe Kapitel E. II.). Die sanierungsbedürftig sind, stehen bislang maßgeblichen Anforderungen ergeben sich noch aus. Ungeachtet dessen muss zwi- aus dem Forschungs- und Lehrbetrieb der schen räumlichem Mehrbedarf sowie bau- Universität, der dort notwendigen Interdis- lichen Mängeln und Sanierungsbedarf ziplinarität, dem Technologie- und Wissens- an Gebäuden der Universität Hamburg transfer und der Anbindung der Universität unterschieden werden. Für die fünf nicht- an die Stadt. Die Anforderungen werden im medizinischen Fakultäten wird von einem Folgenden exemplarisch dargestellt. Mehrbedarf von 19 Prozent bis 2020/ 2025 ausgegangen. 1. Forschungs- und Lehrbetrieb

Eine Reihe von Forschungsstätten der Uni- Die bauliche Entwicklung der Universität versität benötigt besondere Infrastruktu- Hamburg sollte sich an der inhaltlichen Aus- ren und Großgeräte und stellt besondere richtung von Forschung und Lehre orientie- Ansprüche an ihre Gebäude und Stand- ren und dafür die Leitlinien des kürzlich vor- orte. Rund 26 Prozent der Universität, gelegten Struktur- und Entwicklungsplans gemessen an der Hauptnutzfläche, sind berücksichtigen. Der kürzlich vorgelegte daher an ihren Standort gebunden und Struktur- und Entwicklungsplan (öffentliche nicht mobil (die medizinische Fakultät am Kurzfassung) der Universität macht im Ge- UKE ausgeklammert). Sie werden bei einer gensatz zur BWF-Studie keine Angaben über baulichen Entwicklung der Universität geplante Mitarbeiterzuwächse oder konkrete ihren Standort nicht verlassen. Eine „voll- zusätzliche Raumbedarfe. Einzige Ausnahme ständige“ Verlagerung der Universität und ist die Fakultät Wirtschafts- und Sozialwis- ihre Zusammenfassung an einem Ort ist senschaften, wo bis 2012 über 60 Professo- deshalb grundsätzlich nicht möglich. ren und Juniorprofessorenstellen neu berufen bzw. wieder ausgeschrieben werden. Die Ent- wicklungsplanung sollte deshalb in einem nächsten Schritt mit der baulichen Entwick- lung verknüpft werden und so den Erweite- rungsbedarf endgültig feststellen.24

Im Rahmen des laufenden Entscheidungspro- zesses soll der Standort der Universität lang- fristig festgelegt werden. Daher muss eben- falls berücksichtigt werden, dass im universi- tären Forschungs- und Lehrbetrieb fachliche Neuausrichtungen, beispielsweise aufgrund einer neuen Berufung, den Normalfall dar-

24 Struktur- und Entwicklungsplan der Universität Hamburg, Kurzfassung, S. 17.

22 Der Standort der Universität Hamburg stellen, da sich neue Forschungsfragen und 2. Interdisziplinarität -felder erst im Zeitverlauf ergeben. Der künf- tige Standort der Universität muss demnach Die Zusammenarbeit unterschiedlicher Dis- über ausreichendes Entwicklungspotenzial ziplinen ist ein entscheidender Faktor für das für bauliche Maßnahmen verfügen. Dazu Entstehen neuer Forschungsansätze und der gehört, dass auch sich im Laufe der Zeit ver- Schlüssel für die Beantwortung komplexer ändernde funktionale Anforderungen an die Forschungsfragen. Eine bauliche Entwicklung bestehenden Gebäude integrierbar sein müs- der Universität sollte daher auch den Aus- sen. Sowohl bereits heute absehbare als auch tausch der Disziplinen fördern. Hierbei spielt noch nicht zu berechnende Raumbedarfe die räumliche Nähe eine Rolle, wie sie durch müssen adäquat befriedigt werden können. den Erhalt bzw. die Konzentration der Uni- versität an einem zentralen Standort ge- Der Forschungs- und Lehrbetrieb einer Uni- fördert wird. Für interdisziplinär angelegte versität lebt von einer lebendigen und pro- Studiengänge spielt dieser Aspekt eine grö- duktiven Arbeitsatmosphäre, die Wissen- ßere Rolle als für die Forschung, die von einer schaftler und Studierende zum Verweilen im zunehmenden Internationalität von For- universitären Umfeld einlädt. Nötig sind hier- schungsverbünden geprägt ist. für funktionale Gebäude, die eine Vielzahl an Lehrformen (Seminare, Vorlesungen, Klein- Die Erreichbarkeit der Bereiche der Universi- gruppenarbeit, Selbststudium) und einen rei- tät Hamburg, die auch im Rahmen der bau- bungslosen Forschungsbetrieb durch ausrei- lichen Erneuerung nicht am zentralen Stand- chende, hochwertige Labor- und Büro- sowie ort angeordnet werden können (siehe Kapitel Bibliotheksflächen ermöglicht. Die bauliche B. I. 3.), muss bei der Bewertung des künfti- Weiterentwicklung sollte daher zum Ziel ha- gen Standortes der Universität berücksichtigt ben, eine solche produktive Arbeitsatmo- werden. Hierbei sind auch die außeruniver- sphäre mit funktionalen Gebäuden in einer sitären Einrichtungen zu betrachten, die eng attraktiven Lage zu schaffen. Dies bedingt mit der Universität am jetzigen Standort ver- selbstverständlich auch, dass neue Erkennt- netzt sind. Hamburg verfügt zwar über ein nisse über die funktionale Gestaltung von sehr gut ausgebautes ÖPNV-Netz, sodass Universitätsgebäuden in die baulichen Maß- auch Standorte außerhalb der inneren Stadt nahmen einfließen. grundsätzlich gut zu erreichen sind, aufgrund der vornehmlich radialen Ausrichtung der U- Um den Forschungs- und Lehrbetrieb der und S- Bahnen erleichtert aber ein zentraler Universität nicht über Gebühr zu behindern, Standort der Kernuniversität die Erreichbar- sollten die baulichen Veränderungen auf der keit der „Satelliten“ im Vergleich zu einem de- Basis eines fundierten Umzugskonzeptes zentralen Standort. erfolgen, wobei zur geordneten Umsetzung der Baumaßnahmen maximal ein zweimali- 3. Wissens- und Technologietransfer ger Umzug je Fakultät zumutbar ist. Unbe- dingt vermieden werden sollte eine längere Um den Wissens- und Technologietransfer Phase, in der Studierende und Wissenschaft- zwischen Wirtschaft und Wissenschaft zu ler in Erwartung eines mittelfristigen Neu- stärken, sollten im Umfeld der Universität baus unter unzureichenden Bedingungen in Flächen für Ausgründungen (Spin-offs) und sanierungsbedürftigen Gebäuden ihren Tätig- Technologieparks vorhanden sein. Die be- keiten nachgehen müssen. Ziel der baulichen grenzte Mietzahlungsfähigkeit von Existenz- Entwicklung muss sein, die exzellenten und gründern bedingt ein entsprechend moderat Exzellenz anstrebenden Forschungsbereiche ausgestaltetes Preisgefüge der benötigten in ihrer Entwicklung zu stärken. Die dafür Büro-, Labor- und Produktionsflächen. Auch notwendigen baulichen Verbesserungen müs- die flexible Anpassungsfähigkeit an sich ver- sen zügig begonnen werden können. ändernde Nutzungsbedürfnisse muss weitge- hend möglich sein. Idealerweise sollten im Umfeld der Universität Hamburg auch An- siedlungsmöglichkeiten für etablierte Unter-

Der Standort der Universität Hamburg 23 nehmen geschaffen werden, um Forschungs- lichst zentraler Lage in der Stadt ist hilf- kooperationen in Drittmittelprojekten zu er- reich, um die Universität in der öffentlichen leichtern. Hierdurch könnte auch der Aufbau Wahrnehmung stärker zu verankern. von langfristig orientierten Kooperationen (strategische Partnerschaften) gefördert wer- den. Auch beim Aspekt Wissens- und Techno- Position: logietransfer spielen die bestehenden Bezie- hungen zu wissenschaftlichen Instituten und Aus Sicht der Universität dürften folgende anderen kooperierenden Einrichtungen eine Aspekte bei der baulichen Entwicklung große Rolle für die Standortentscheidung. wichtig sein:

4. Standortumfeld • Ein ausreichendes bauliches Entwick- lungspotenzial muss vorhanden sein. Aus der Perspektive der Universität ist ein stadtteilintegrierter, zentral gelegener und • Es muss eine produktive Arbeitsatmos- gut erreichbarer Standort für die Universität phäre mit funktionalen Gebäuden in anzustreben. Damit sich ein lebendiges Mi- attraktiver Lage geschaffen werden. lieu bilden kann, das von Studenten wie von Wissenschaftlern gleichermaßen geschätzt • Bauliche Veränderungen müssen auf wird, muss die Universität eng in ein attrak- der Basis eines fundierten Umzugs- tives städtisches Umfeld mit Läden, Cafés, konzeptes erfolgen. Dienstleistern und kulturellen Einrichtungen eingebunden sein, die das kreative Milieu im • Die Universität muss an einem Umfeld der Universität entscheidend mitprägen. zentralen Standort erhalten bzw. konzentriert werden. Wegen der niedrigen Kaufkraft der Studie- renden sind viele dieser Betriebe auf ein • Im Umfeld der Universität müssen vergleichsweise niedriges Mietniveau der Flächen für Ausgründungen Gewerberäume angewiesen, die im Umfeld (Spin-offs) und Technologieparks des Universitätsstandortes vorhanden sein entwickelt werden. müssen. Auch studentisches Wohnen sollte campusnah möglich sein. • Die Universität muss in ein attraktives städtisches Umfeld eingebunden sein. Zu den Anforderungen an den Standort der Universität Hamburg gehört auch eine gute • Gewerberäume in der Nachbarschaft verkehrliche Erreichbarkeit. Aufgrund der müssen mit einem vergleichsweise hohen Studenten- und Personalzahlen der niedrigen Mietniveau verfügbar sein. Universität (an den für eine bauliche Erneue- rung vorgesehenen Fakultäten etwa 30 000 • Eine gute verkehrliche Erreichbarkeit Personen) ist insbesondere ein leistungsfä- mit allen Verkehrsmitteln muss higer ÖPNV-Anschluss in fußläufiger Nähe gegeben sein. nötig. Eine zentrale Lage erleichtert zudem die Nutzung des Fahrrades. Für Pkw-Nutzer • Die Gebäude der Universität sollten in sollten ausreichend Parkplätze zur Verfügung möglichst zentraler Lage der Stadt gut stehen. sichtbar sein.

Mit der weiter zunehmenden Bedeutung des lebenslangen Lernens und um erfolgreich wissenschaftlichen Nachwuchs zu gewinnen, muss sich die Universität an eine zunehmend breitere Öffentlichkeit unter Schülern und Berufstätigen, aber auch Senioren wenden. Die Sichtbarkeit der Hochschule in mög-

24 Der Standort der Universität Hamburg III. Beispiele guter Praxis bei der Ausprägung – feststellen, dass der gesamten Entwicklung von Hochschul- Hochschulentwicklung strategische Pla- standorten nungsprozesse zugrunde liegen. Am Beispiel des Hochschulstandortes Zürich zeigt sich die In diesem Kapitel werden Standortkonzepte Relevanz einer strategischen Perspektive für erfolgreicher Hochschulstandorte aufgezeigt, die bauliche Weiterentwicklung von Hoch- die für die bauliche Entwicklung der Univer- schulstandorten am deutlichsten. Dort exis- sität Hamburg als Vergleichsmaßstab dienen tiert seit 1977 eine Sonderbauordnung für können. das Hochschulquartier und seit 2001 eine umfassende, hochschulübergreifende Ent- Die hier untersuchten Hochschulstädte, deren wicklungsplanung für das Hochschulgebiet Entwicklung betrachtet wurde, sind im Anhang Zürich-Zentrum. Ziel ist es, sowohl den ausführlich dargestellt (vgl. Anhang: Stadtre- Raumbedarf für die Wissenschaft nachhaltig gionen in der Wissensgesellschaft [Prof. Dr. zu befriedigen als auch Zürich-Zentrum als Jürgen Pietsch]). Betrachtet wurden die Stand- wissensbasiertes Areal attraktiver zu gestal- orte bzw. Hochschulen in Zürich, München, ten. Die ETH Zürich verfügt darüber hinaus Berlin, Frankfurt a. M., Helsinki und Boston/ über eine regelmäßig fortgeschriebene Im- Cambridge. Die Auswahl wurde aufgrund der mobilienstrategie. In einer zehnjährigen Per- inhaltlichen und räumlichen Entwicklungen spektive werden bauliche Investitionsbedarfe der Hochschulstandorte getroffen. Für den definiert, um Defizite an den Hochschulge- deutschen Raum wurden vor allem Eliteuni- bäuden zu vermeiden. versitäten sowie Universitäten gewählt, die sich in Größe und fachlichem Spektrum mit Bei allen ausgewählten Beispielen wurde die der Universität Hamburg vergleichen lassen. bauliche Entwicklung mehr oder minder un- ter der Prämisse einer strategischen Zusam- Vergleichend ist im Anhang zusätzlich der menführung der inhaltlichen und räumlichen Hochschulstandort Essen-Duisburg aufgeführt, Entwicklung der Hochschulen vorangetrie- an dem sich die Herausforderungen einer ben. Als zentrale Aspekte der Wettbewerbsfä- Universitätsneugründung in isolierter Lage higkeit wurden von den jeweiligen Akteuren exemplarisch verdeutlichen lassen. die Wissensvermittlung, Wissensproduktion, Wissenswertschöpfung sowie Forschung und Bei den dargestellten Hochschulen lässt Entwicklung identifiziert. sich – wenn auch in unterschiedlich starker

Tabelle 4: Übersicht über die untersuchten Hochschulen

Stadt Einwohner Größe Hochschule Gründung Studenten Mitarbeiter Position im internationalen Hochschul- ranking 20081 Berlin 3 430 453 891,85 km² Freie Universität Berlin 1948 ca. 31 000 ca. 4 900 137 Humboldt-Universität 1810 28000 4000 139 Technische Universität Berlin 1946 ca. 28 000 ca. 7 000 188 (Neugründung) Boston 608 352 232,7 km² Harvard University 1636 ca. 20 000 ca. 10.000 1 Massachusetts Institute 1861 10 000 10 000 9 of Technology MIT Frankfurt a. M. 659 021 248,31 km² Johann-Wolfgang-Goethe- 1912 ca. 34 000 ca. 4 400 169 Universität Frankfurt Helsinki 568 146 715 km² Universität Helsinki 1640 ca. 38 000 ca. 7.600 91 Technische Universität 1849 15 000 3 000 k. A. Helsinki München 1 364 980 310,43 km² Ludwig-Maximilians-Universität 1472 ca. 44 000 ca. 12 000 93 Technische Universität 1868 ca. 23 000 ca. 7 000 78 München Zürich 358 540 91,88 km² ETH Zürich 1855 ca. 15 000 ca. 9 000 24 1) Times Higher Education QS-World Ranking

Quelle: Prof. Dr. Jürgen Pietsch

Der Standort der Universität Hamburg 25 Ein Beispiel hierfür ist das Projekt des „Cam- entwicklung in einem „Masterplan Allston pus Charlottenburg“ in Berlin. Ziel ist es, dort Campus“ zusammengefasst. sowohl die „Creative Industry“ an den Westen der Stadt zu binden als auch die Technische Offensichtlich ist eine Ausdifferenzierung Universität, die Universität der Künste sowie von Hochschulen auf verschiedene Stand- das dortige Fraunhofer-Institut besser zu orte der Exzellenz in Lehre und Forschung vernetzen. Dabei hat man aus der geringen nicht hinderlich (alle hier betrachteten Hoch- Akzeptanz des Wissenschafts- und Technolo- schulen sind bei internationalen Hochschul- gieparks Adlershof (u. a. Standort der Natur- rankings besser platziert als die Universität wissenschaften der HU Berlin) durch seine Hamburg).25 Stattdessen lässt sich feststellen, Nutzer gelernt. Statt einen Wissenschafts- dass die hier betrachteten Hochschulen sich park in isolierter Lage aufzubauen, wird mit räumlich systematisch ausdifferenziert ha- dem Stadtteil Charlottenburg gleich ein gan- ben und eine Vernetzung mit der Stadt und zer Stadtteil zum Campus erklärt und wei- der Wirtschaft über Flächen für Spin-offs vo- terentwickelt, der als traditionsreiches Kul- rangetrieben wird (Berlin, Helsinki, Boston). tur- und Wissensareal (30 000 Studierende, Daraus lässt sich schließen, dass Exzellenz in 6 000 Wissenschaftler, fünf Theater) gilt. Die vielfältigen räumlichen Konzepten möglich strategische Entwicklung vielfältiger Wissen- ist. Ein kausaler Zusammenhang zwischen schaftsstandorte hat ebenfalls in München der Exzellenz einer Hochschule und ihrer (Freising-Weihenstephan, Garching, Martins- räumlichen Konzentration ist nicht gege- ried) Tradition. Wissenschaft wird dort seit ben. einigen Jahren als wichtiger Faktor in der Stadt- und Regionalentwicklung wahrgenom- Die erfolgreiche Vernetzung und Integration men. In Helsinki ist 1994 von drei Städten, einer Hochschule in die Stadt wird erschwert, Hochschulen und der Privatwirtschaft eine wenn der Hochschule die Möglichkeit ge- eigene Entwicklungsgesellschaft („Culmina- nommen wird, stadtentwicklerische Impulse tum“) gegründet worden, die eine integrierte zu setzen. Dies zeigt sich bei der Gesamt- Hochschul- und Stadtentwicklung ausge- hochschule Essen (heute Universität Duis- arbeitet hat. Das Projekt wird bereits in der burg-Essen), die 1975 in isolierter Lage neu dritten Programmperiode (2007–2013) fort- gegründet wurde. Hier setzt erst mit 25 Jah- geschrieben. ren Verzögerung ein Prozess der Integration von Stadt und Hochschule ein. Eine weitere Auffälligkeit der hier betrachte- ten Hochschulen ist, dass diese räumlich un- An den sechs Vergleichsstandorten lassen sich terschiedlich stark konzentriert sind. Ludwig- exemplarisch drei Gemeinsamkeiten heraus- Maximilians-Universität München (LMU), TU arbeiten, die für eine erfolgreiche bauliche München (TUM), Universität Helsinki, Hum- Entwicklung einer Hochschule förderlich boldt-Universität Berlin sowie die Goethe- sind: Universität Frankfurt haben nicht nur einen, sondern mehrere Standorte, teilweise sogar • Die bauliche Entwicklung einer Hochschu- in verschiedenen Orten (siehe Anhang 1.). So le wird als strategischer Prozess aufge- sind z. B. in Garching thematisch verwandte fasst, der langfristig angelegt und kontinu- Fakultäten der LMU (Physik) und der TUM ierlich weiterverfolgt wird. (Chemie, Physik, Maschinenbau) sowie außer- universitäre Einrichtungen (u. a. Max-Planck- • Hochschul- und Stadtentwicklung werden Institut für Astrophysik) ansässig. Auch in zusammenhängend vorangetrieben. Frankfurt entsteht auf dem naturwissen- schaftlichen Universitätscampus Riedberg ein Life Science-Cluster, das diverse Forschungs- 25 Betrachtet wurden das „Academic Ranking of World institute integriert. In Harvard soll in den Universities 2008“ und das „Times Higher Education nächsten 20 Jahren ein zusätzlicher Universi- QS-World Ranking 2008“, Quellen: http://www.topuniversities.com, Stand: Juli 2009, tätscampus, der Harvard Allston Campus ent- http://www.arwu.org/rank2008/ARWU 2008_A(EN).htm, stehen. Hierfür sind Hochschul- und Stadt- Stand: Juli 2009

26 Der Standort der Universität Hamburg • Die Wissenschaftsstandorte differenzieren sich zunehmend aus und verbinden sich mit weiteren Einrichtungen (externe For- schungseinrichtungen, Science Parks) und der Stadt.

Position:

Aus der Betrachtung anderer, erfolgrei- cher Hochschulen in Deutschland und im Ausland lassen sich folgende Erkenntnisse für die bauliche Entwicklung ableiten:

• Die bauliche Entwicklung der Hoch- schule muss als strategischer Prozess mit langfristiger Perspektive gesehen werden.

• Ein monokausaler Zusammenhang zwischen Exzellenz einer Hochschule und räumlicher Konzentration ist nicht feststellbar.

• Bestehende Gebäude sind Bestandteil der Tradition und damit auch der Reputation einer Hochschule.

• Räumliche Ressourcen für die Ver- zahnung mit Spin-offs und externen Instituten sind unverzichtbar.

• Eine Integration der Universität in die Stadt ermöglicht Stadtentwicklungs- impulse.

Der Standort der Universität Hamburg 27 C. Hafenentwicklung

I. Allgemeine Situation entwicklung sollten dem Prinzip der Siche- des Hamburger Hafens rung der Wettbewerbsfähigkeit des Univer- salhafens Hamburg Rechnung tragen. In der BWF-Studie sind Szenarien untersucht und bewertet worden, die eine teilweise oder Das Untersuchungsgebiet Kleiner Grasbrook vollständige Verlagerung der Universität auf umfasst knapp 100 Hektar und ist aufgrund den Kleinen Grasbrook vorsehen, ein Areal, seines großen Anteils am konventionellen das derzeit von intensiver Hafennutzung ge- Stückgutumschlag von besonderer Bedeu- prägt ist. Fragen der Hafenentwicklung sind tung für den Universalhafen Hamburg. An- in der Studie jedoch nicht betrachtet worden. dererseits ist dieses Gebiet immer wieder Für eine fundierte Untersuchung potenzieller Gegenstand stadtentwicklungspolitischer In- Universitätsstandorte im Hafenbereich sind teressen. Deshalb ist es geboten, sich mit der aber eine angemessene Darstellung und aktuellen Bedeutung dieses Hafenteils und Diskussion der Entwicklungsperspektiven des seinem Entwicklungspotenzial vertieft aus- Hafens unverzichtbar. einanderzusetzten.

Der Hamburger Hafen ist von zentraler Be- Etwa zwei Drittel des Gesamtumschlags im deutung für Wirtschaft und Arbeit in der Me- Hamburger Hafen entfallen auf den Contai- tropolregion Hamburg. Die Sicherung seiner nerbereich (2008: 95,1 Mio. t bzw. 9,7 Mio. zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit ist daher TEU). Auf das Massengut sowie das konven- oberstes Gebot für die Hamburger Wirt- tionelle Stückgut entfällt insgesamt ca. ein schafts- und Hafenpolitik; dies gilt für alle Drittel des Gesamtumschlags (2008: 42,5 Umschlagssegmente. Belange z. B. der Stadt- Mio. t bzw. 2,8 Mio. t). Auch wenn sich die

Entwicklung der Umschlagssegmente im Hamburger Hafen (in Mio. Tonnen)

2,9 2,8 140 2,6 95,8 95,1 2,7 89,5

120 2,7 83,0 2,6 74,0 100 2,9 64,3 3,4 57,2 3,4 3,7 49,8 80 45,3 40,0

60 1,4 34,2 42,7 42,5 40 39,2 39,4 40,0 41,7 37,3 36,4 37,5 37,8

20 18,6

0 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 1. Hj Stückgut konventionell Stückgut containerisiert Massengut

Quelle: Hafen Hamburg Marketing e. V. © Handelskammer Hamburg 2009

Abb. 8

28 Der Standort der Universität Hamburg mengenmäßige Bedeutung dieser beiden Ausbaus der Container-Terminals kommt der Marktsegmente in den letzten zehn Jahren Sicherung der noch vorhandenen Anlagen kaum verändert hat und der Containerum- besondere Bedeutung für die künftige Ent- schlag der Wachstumsträger des Hamburger wicklung des Universalhafens zu. Hafens der letzten Dekade war, so übernimmt der Hamburger Hafen nach wie vor alle Uni- Während der überwiegende Teil des Massen- versalhafenfunktionen. Der konjunkturelle gutes heute als Greifergut (z. B. Kohle, Erze Einbruch im Hafenumschlag seit Herbst 2008 und Schrott) oder Flüssiggut (z. B. Rohöl und betrifft überproportional den Containerum- Mineralölprodukte) umgeschlagen wird, do- schlag, sodass die konventionellen Um- minieren beim konventionellen Stückgut schlagssegmente jetzt wieder an Bedeutung folgende Warengruppen den Umschlag im gewinnen. Es ist nach übereinstimmender Hamburger Hafen: Südfrüchte (24 Prozent), Auffassung aller Sachverständigen jedoch Metalle, Eisen/Stahl (25 Prozent) und Kraft- davon auszugehen, dass nach Überwindung fahrzeuge (20 Prozent). Alle drei Gütergrup- der aktuellen globalen Finanzmarktkrise der pen unterlagen innerhalb der letzten zehn internationale Containerverkehr wieder auf Jahre stetigen Schwankungen; einen positi- den alten Wachstumspfad zurückkehrt. Weil ven Trend weist die Umschlagsentwicklung es sich also um eine zeitliche Verschiebung jedoch bei Südfrüchten und Kraftfahrzeugen künftiger Wachstumsraten handelt, wird die über die letzten fünf bzw. drei Jahre auf Flächenkonkurrenz im Hafenumschlag durch (Wachstum = +3 Prozent bzw. +8 Prozent die jüngste Entwicklung nicht aufgehoben. p. a.).

Von besonderer Bedeutung für die Hafenent- Die auf den Hamburger Hafen zurückzufüh- wicklung sind Flächen und die dazugehörigen rende Beschäftigung und Bruttowertschöp- Kaianlagen am seeschifftiefen Wasser. Durch fung (BWS) liegt separat für die Kategorien die Aufgabe vieler Hafenbecken im Zuge des Massengut, Stückgut und Container für das

Entwicklung des konventionellen Umschlags nach ausgewählten Warengruppen (in Mio. Tonnen)

4,0 2,30 1,88

3,5 1.65 1,43

3,0 1,06 0,86 0,90 0,86 0,92 0,91 0,86 2,5

2,0 0,57 0,46 0,57 0,39 0,46 0,41 0,44 0,48 0,39 0,39 1,5 0,38 0,74 0,82 0,88 0,85 0,84 0,84 0,61 0,71 0,64 0,78 0,70 1,0 0,75 0,79 0,65 0,61 0,68 0,5 0,58 0,53 0,52 0,57 0,46 0,48 0 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 sonstiges konventionelles Stückgut Metalle, Eisen/Stahl Kraftfahrzeuge Südfrüchte

Quelle: Hamburg Port Authority © Handelskammer Hamburg 2009

Abb. 9

Der Standort der Universität Hamburg 29 Gesamtumschlag im Hamburger Hafen (2007) und Bedeutung für die Beschäftigung sowie die Bruttowertschöpfung

19 %

11 % 70 %

21 % 30 % Beschäftigung 68 % 10 % 69 % 2 %

Gesamtumschlag Bruttowertschöpfung Container (konventionelles) Stückgut Massengut

Quelle: Planco, im Auftrag der Hamburg Port Authority © Handelskammer Hamburg 2009

Abb. 10

Jahr 2007 vor.1 Sie wird für die folgenden Bruttowertschöpfung: In Hamburg wurde Sektoren weiter untergliedert: Hafenwirtschaft, im Jahr 2007 durch den Hafen eine Brutto- hafenabhängige Industrie und indirekt er- wertschöpfung von 13 Mrd. Euro erwirtschaf- fasste Sektoren (via Vorleistungen, Konsum). tet (entspricht einem Anteil von 16,3 Pro- zent), in der Metropolregion waren es 14,7 Beschäftigung: Von den insgesamt 167 000 Mrd. Euro. Die BWS über alle Sektoren teilt hafenabhängig Beschäftigten wohnen 143 000 sich ähnlich wie die Beschäftigtenzahlen auf Menschen in der Freien und Hansestadt Ham- die drei Warenkategorien (70 Prozent Con- burg (FHH), was einem Anteil von 13 Prozent tainer, 20 Prozent Massengüter und 10 Pro- an allen Erwerbstätigen in Hamburg entspricht. zent Stückgüter) auf. Über alle Sektoren entstehen sowohl in der FHH als auch in der Metropolregion etwa 70 Prozent der hafenabhängigen Arbeitsplätze Fazit: durch den Umschlag von Containern, 19 Prozent durch den von Massengütern und 11 Der Container ist und bleibt der Wachs- Prozent durch den konventionellen Stückgut- tumstreiber des Hamburger Hafens. Der umschlag. Damit ist die Beschäftigungswir- derzeitige Einbruch in diesem Segment wird kung beim konventionellen Stückgut mit Ab- zu einer deutlichen zeitlichen Verschie- stand am höchsten (6,23 Arbeitsplätze/1 000 bung der bisherigen Wachstumsszenarien t), gefolgt vom Containersegment (1,22 Ar- führen, diese aber nicht grundlegend ver- beitsplätze/1 000 t) sowie dem Massengut- ändern. Sowohl die Flächenkonkurrenz im umschlag (0,82 Arbeitsplätze/1 000 t). Hafen als auch die Situation bei den Lie- geplätzen am seeschifftiefen Wasser wird 1 Planco (2008), im Auftrag der HPA: Fortschreibung der angespannt bleiben. Berechnung zur „Regional- und gesamtwirtschaftlichen Bedeutung des Hamburger Hafens im Jahr 2001“, Aktualisierung für 2007.

30 Der Standort der Universität Hamburg Der konventionelle Umschlag im Hamburger Bezogen auf den mengenmäßigen Ge- Hafen konzentriert sich heute insbesondere samtumschlag im Hamburger Hafen ent- auf vier Bereiche, und zwar auf: fällt auf den konventionellen Umschlag ein Anteil von ca. 2 Prozent (2008). Bezo- • das Gebiet des Kleinen Grasbrooks, gen auf die Beschäftigungswirkung sowie • das Gebiet des Mittleren Freihafens, die Bruttowertschöpfung beträgt der An- • das Gebiet am südlichen Reiherstieg sowie teil dieses Segments jedoch jeweils ca. 10 • die Kattwyk-Halbinsel. Prozent.2 (siehe dazu Abbildung 11).

Der Kleine Grasbrook umfasst das Hafenge- biet zwischen Norderelbe und Spreehafen vom II. Situation des konventionellen Reiherstieg im Westen bis zur Eisenbahn- Ladungsumschlags trasse im Osten. Zur präziseren Beschreibung im Hamburger Hafen dieses Areals führen wir mit diesem Stand- punkt folgende Begriffe für die Teilbereiche Die Bedeutung des konventionellen Umschlags ein: Westlicher Kleiner Grasbrook (Reiher- nimmt im aktuellen Hafenentwicklungsplan stieg bis Hansahafen), Mittlerer Kleiner Gras- nur einen geringen Platz ein. „Dabei verfolgt brook (Hansahafen bis Moldauhafen/Saale- der Senat die folgenden hafenentwicklungs- hafen) und Östlicher Kleiner Grasbrook (Mol- politischen Ziele: [...] Sicherung einer ausrei- dauhafen bis Bahntrasse) (siehe Abbildung 12). chenden Flächen- und Verkehrsinfrastruktur für konventionelle Stückgutterminals, Massen- Der Terminal O’Swaldkai mit der UNIKAI La- gutumschlaganlagen und hafenspezifische gerei- und Speditionsgesellschaft mbH sowie Dienstleistungsunternehmen.“ (Hafenentwick- dem HHLA Frucht- und Kühl-Zentrum ist die lungsplan 2004, Ziele der Hafenentwicklung.) zentrale Anlage der Hafennutzungen auf dem Mittleren Kleinen Grasbrook. Der Westliche Kleine Grasbrook ist zum einen durch den Süd-West-Terminal, der ebenfalls konventio- nellen Stückgutumschlag betreibt, und die westlich anschließenden Industriegebiete ge- prägt; zum anderen sind in diesem Areal et- wa 50 Firmen aus den Bereichen Lagerhal- tung ansässig. Der Östliche Kleine Grasbrook wird wesentlich durch das als Distributions- zentrum genutzte Überseezentrum geprägt (siehe Abbildung 13).

Durch die vorgesehene Umstrukturierung des Mittleren Freihafens in das „Central Terminal Steinwerder“ (CTS) und die damit verbundene Aufgabe des BUSS-Hansa-Terminals mit fünf Liegeplätzen sowie des Kuhwerder-Terminals werden in diesem Bereich erhebliche Um- schlagskapazitäten im konventionellen Seg- ment abgebaut. Im Zuge der voraussichtli- chen Umwandlung des Mittleren Freihafens in ein Containerterminal werden auch Was- Quelle: Hamburg Port Authority serflächen des Travehafens verfüllt. Derzeit liegt hier ein großer Teil der schwimmenden 2 Planco (2008), im Auftrag der HPA: Fortschreibung der Arbeitsgeräte der Firmen Ritscher und Carl Berechnung zur „Regional- und gesamtwirtschaftlichen Bedeutung des Hamburger Hafens im Jahr 2001“, Robert Eckelmann. Ein wesentlicher Teil hier- Aktualisierung für 2007. von soll in den südwestlichen Teil des Hansa-

Der Standort der Universität Hamburg 31 Abb. 11: Standorte des konventionellen Umschlags im Hamburger Hafen © Handelskammer Hamburg

Abb. 12: Westlicher, Mittlerer und Östlicher Kleiner Grasbrook © Handelskammer Hamburg

32 Der Standort der Universität Hamburg Abb. 13: Flächennutzungen auf dem Kleinen Grasbrook © Handelskammer Hamburg hafens verlegt werden. Durch permanent er- Das Umschlagsvolumen der UNIKAI Lagerei- forderliche Reparatur- und Vorrichtungsar- und Speditionsgesellschaft mbH und der beiten gehen mit dieser Nutzung erhebliche HHLA Frucht- und Kühl-Zentrum GmbH be- Lärmemissionen einher. Der Bereich am südli- trug im ersten Halbjahr 2009 insgesamt 1,1 chen Reiherstieg ist wesentlich durch die Um- Mio. Tonnen. Der damit verbundene Um- schlagsanlagen der Firma Wallmann gekenn- schlagsrückgang von lediglich 0,9 Prozent zeichnet. Die Kattwyk-Halbinsel ist ebenfalls gegenüber dem Vorjahr ist erheblich geringer wie der Kleine Grasbrook durch Fahrzeuglo- als beim Gesamthafenumschlag (-24 Pro- gistik geprägt; dieser Terminal wird betrieben zent). Die Unternehmen auf dem Mittleren von der BLG AutoTerminal Hamburg GmbH & Kleinen Grasbrook tragen wesentlich zur Sta- Co. KG. bilisierung des Hafenumschlags im Zuge der aktuellen wirtschaftlichen Lage bei. Der in der BWF-Studie als Universitätsstand- ort favorisierte Mittlere Kleine Grasbrook Die UNIKAI Lagerei- und Speditionsgesell- ist geprägt durch die UNIKAI Lagerei- und schaft mbH (Umsatz 2008: 33,2 Mio. Euro) Speditionsgesellschaft mbH mit ihrer Um- betreibt den einzigen Multipurpose-Terminal schlagsanlage O’Swaldkai, die HHLA Frucht- im Hamburger Hafen mit einem Schwerpunkt und Kühl-Zentrum GmbH sowie das Frucht- auf Ro/Ro-Ladungen sowie einem angeglie- kontor Nord der EDEKA AG. Mit einem Ge- derten Kompetenzzentrum für Fahrzeuglo- samtumschlag von 2,2 Mio. t (2008; enthält gistik. Hier werden im Auftrag mehrerer auch Containerumschlag), fünf Liegeplätzen deutscher Automobilhersteller alle Spediti- am seeschifftiefen Wasser, knapp 550 Schiffs- onsdienstleistungen an einem Standort ge- ankünften (2008) und etwa 950 Mitarbeitern bündelt. (einschließlich beauftragter Dienstleister) ist dieses etwa 75 Hektar große Areal (auch Die HHLA Frucht- und Kühl-Zentrum GmbH O’Swaldkai genannt) auf dem Mittleren Klei- (Umsatz 2008: 28,8 Mio. Euro) ist DAS Kom- nen Grasbrook eine wesentliche Säule des petenzzentrum für Fruchtumschlag im Ham- Hamburger Universalhafens. burger Hafen und der einzige Betrieb mit Ele-

Der Standort der Universität Hamburg 33 Entwicklungsperspektiven im konventionellen Umschlag (in Mio. Tonnen)

4,5 0,85

4,0 0,84 3,5 0,82 0,80 3,0 1,33 0,86 0,90 0,73 0,77 0,63 1,11 0,86 0,77 2,5 0,54 1,56 0,46 1,33 1,14 2,0 0,60 0,42 0,39 0,57 0,43 0,96 0,39 0,38 1,5 0,74 0,71 0,96 0,71 0,67 0,98 0,80 1,05 1,0 0,93 1,00 0,79 0,86 0,77 0,68 0,59 0,63 0,5 0,53 0,47 0 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2010 2015 2020 2025 sonstiges konventionelles Stückgut Metalle, Eisen/Stahl Kraftfahrzeuge Südfrüchte

Quelle: Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL), im Auftrag der Hamburg Port Authority © Handelskammer Hamburg 2009

Abb. 14 vatoren für das Löschen von nicht palettisier- Eine im Auftrag der HPA erstellte Studie ten Bananenkartons. Darüber hinaus hat die kommt zu dem Ergebnis, dass das Um- HHLA in den letzten Jahren eine neue Lager- schlagspotenzial im konventionellen Stück- halle mit einem vollautomatischen Regalsys- gutumschlag des Hamburger Hafens von 2,7 tem für Früchte auf Paletten erstellt (Investi- Mio. t in 2006 auf 4,2 Mio. t in 2025 wächst; tion ca. 30 Mio. Euro). dies entspräche einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 2,3 Prozent.3 In den Jahren 2006 und 2007 wurde der an- Wachstumsträger sind dabei insbesondere forderungsgerechte Um- bzw. Neubau des Projektladung und Fahrzeuge. Für diese lang- EDEKA Fruchtkontors zur Bananenreiferei und fristige Umkehr des Trends im konventionel- zum Kommissionierzentrum fertiggestellt. len Umschlag, der in den vergangenen Jahren im Hamburger Hafen stets zurückging oder stagnierte, sprechen die weitgehend ausge- III. Entwicklungsperspektiven schöpften Containerisierungspotenziale in des Umschlagssegments den meisten Gütergruppen und die positive „Konventionelle Ladung“ Marktentwicklung in den Bereichen Projekt- ladung, Fahrzeuge und Metalle, Eisen/Stahl Der Gesamtumschlag im Hamburger Hafen (Details siehe Abb. 14). Diese Entwicklung betrug im Jahr 2008 140,4 Mio. t. Mit einem wird durch die aktuelle Wirtschafts- und Fi- Gesamtvolumen von 2,8 Mio. t war der nanzkrise verschärft. Während im ersten konventionelle Stückgutverkehr das kleinste Halbjahr 2009 der Containerumschlag um Segment. Dieses hatte in den Jahren 2002- knapp 29 Prozent eingebrochen ist, hat der 2006 einen Rückgang von durchschnittlich Gesamtumschlag „nur“ 24 Prozent verloren. 2,4 Prozent p. a. zu verzeichnen. 3 Prognose des Umschlagspotenzials des Hamburger Hafens für die Jahre 2010, 2015, 2020 und 2025 im Auftrag der HPA, erstellt vom ISL und von Global Insight (Juli 2008).

34 Der Standort der Universität Hamburg Abb. 15: Potenzielle Liegeplätze im Segelschiffhafen (Amerikakai/Asiakai) © Handelskammer Hamburg

Die aktuelle Hafenplanung insbesondere für Fazit: den Bereich des Mittleren Freihafens greift massiv in die Kapazitäten im konventionellen Durch die weitgehend abgeschlossene Umschlag ein, sodass ein umfassendes Ent- Containerisierung von Waren hat der wicklungskonzept für dieses Hafensegment konventionelle Umschlag ein Wachstums- dringend geboten ist; im Hafenentwicklungs- potenzial auf 4,2 Mio. t im Jahr 2025 (+50 plan aus dem Jahr 2004 werden hierzu keine Prozent). Die Warengruppen Südfrüchte, qualifizierten Aussagen gemacht. Kraftfahrzeuge sowie Metalle, Eisen/Stahl sind weiterhin die wesentlichen Säulen Dem Mittleren Kleinen Grasbrook kommt für des konventionellen Stückgutumschlags die Wettbewerbsfähigkeit im konventionellen im Hamburger Hafen. Ladungsumschlag eine zentrale Bedeutung zu. Nur hier gibt es noch nennenswerte Er- weiterungsmöglichkeiten. Neben den vorhan- denen Liegeplätzen am O’Swaldkai für Frucht- IV. Entwicklungsperspektiven und Kfz-Umschlag könnten im Segelschiff- für den Mittleren Kleinen hafen (siehe Abbildung 7) zusätzliche Liege- Grasbrook plätze für Multi-Purpose-Schiffe geschaffen werden, mit denen Teile der im Mittleren Der prognostizierten positiven Entwicklung des Freihafen verloren gehenden Umschlagska- konventionellen Stückgutumschlags stehen pazitäten aufgefangen werden könnten. Der aufgrund der hafenpolitischen Rahmenbe- Mittlere Kleine Grasbrook mit O’Swaldkai so- dingungen (Umstrukturierung des Mittleren wie zusätzlichen Liegeplätzen an Amerikakai Freihafens in ein „Central Terminal Steinwer- und Asiakai kann so unter der Bezeichnung der“) zukünftig nur noch 14 Liegeplätze (bis- „Central Terminal Grasbrook“ (CTG) zum zen- her 19)4 für dieses Segment zur Verfügung. tralen Terminal für den konventionellen Umschlag in Hamburg ausgebaut werden. In 4 Wegfall von fünf Liegeplätzen beim BUSS Hansa Terminal und fünf Liegeplätzen auf dem Mittleren Kleinen Grasbrook, diesem Zusammenhang ist die derzeitige Kattwyk nicht mitbetrachtet. Bestandsgarantie für die dort ansässigen Un-

Der Standort der Universität Hamburg 35 ternehmen bis 2025 auszuweiten auf die im Hafen üblichen 30 Jahre.

Gemeinsam mit den ebenfalls vor einem Aus- bau stehenden Anlagen Süd-West-Terminal (SWT) und Wallmann könnte Hamburg mit diesen drei Anlagen Marktanteile in diesem wertschöpfungsintensiven Bereich zurückge- winnen. Sofern es wachstumsbedingt Eng- pässe auf dem CTG geben sollte, könnte die gesamte Fahrzeuglogistik mittelfristig auf der Kattwyk-Halbinsel konzentriert werden.

Fazit:

Den positiven Entwicklungsperspektiven des konventionellen Umschlags steht derzeit eine nachhaltige Reduzierung der Umschlagskapazitäten gegenüber. Insbe- sondere die mögliche Umnutzung der heutigen Anlagen im Bereich des Mitt- leren Freihafens könnte der Anfang vom Ende des Universalhafens Hamburg sein. Deshalb sind zusätzliche Kapazitäten an anderer Stelle zu schaffen.

Der Mittlere Kleine Grasbrook sollte durch zusätzliche Liegeplätze zu einem zen- tralen Terminal für den konventionellen Umschlag entwickelt werden („Central Terminal Grasbrook, CTG“) und so die Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens in diesem wichtigen Umschlags- segment auf Dauer sichern.

36 Der Standort der Universität Hamburg D. Stadtentwicklung

Die bauliche Entwicklung für einen Nutzer in der Dimension der Universität Hamburg hat nale Gartenschau (IGS) 2013. Die IBA be- unmittelbaren Einfluss auf die Stadtentwick- schäftigt sich mit den Themen „multi- lung im direkten Umfeld. In der BWF-Studie ethnische Stadtgesellschaft“, der Entwick- sind stadtentwicklungspolitische Argumente lung der „inneren Stadtränder“ in Wilhelms- jedoch nicht vertieft betrachtet worden, we- burg und dem Klimawandel. Im Rahmen der am heutigen Standort der Universität der IBA sollen innovative Modelle für noch an potenziellen Ersatzstandorten. Dabei neue Wohn- und Arbeitsformen auf der ist es von großer Relevanz, ob eine eventuelle Elbinsel entwickelt und beispielhaft um- Verlagerung Auswirkungen auf die größten gesetzt werden. Entwicklungsprojekte der Stadt, die HafenCity und den Sprung über die Elbe, hat.

Mit der im Jahr 1997 getroffenen Entschei- dung über den Bau der HafenCity und dem 2005 verkündeten Leitprojekt „Sprung über die Elbe“ hat Hamburg gezielt den zwischen der Innenstadt und Harburg gelegenen Raum für seine Binnenentwicklung in Angriff ge- nommen. In diesem Zusammenhang soll die Elbinsel – geografisch gesehen die Mitte der Stadt – ins Zentrum der Stadtentwicklung der nächsten Jahrzehnte rücken. Erklärtes Ziel der städtebaulichen Neustrukturierung ist es dabei auch, die Elbinsel besser in das Stadt- gefüge zu integrieren. Dem Leitbild der In- nenentwicklung folgend, sollen in Wilhelms- burg und auf der Veddel neue Wohnungen, Arbeitsstätten und Erholungsräume entste- hen.

Erläuterung:

Der „Sprung über die Elbe“ ist das Projekt Abb. 16: Leitprojekt „Sprung über die Elbe“ zur städtebaulichen Aufwertung und Ent- © Handelskammer Hamburg wicklung der Elbinsel mit den Stadtteilen Wilhelmsburg und Veddel. Er soll die Ver- Der Sprung über die Elbe ist als Strategie für knüpfung der Elbinsel mit der HafenCity mehr Wachstum im Kern der Stadt zu begrü- im Norden und dem Harburger Binnenha- ßen. Die Handelskammer Hamburg hat dies fen im Süden sicherstellen. Der „Sprung und die damit verbundenen notwendigen über die Elbe“ ist der zentrale Handlungs- Maßnahmen jeweils bereits sehr frühzeitig schwerpunkt im räumlichen Leitbild für in umfangreichen Publikationen deutlich ge- Hamburg und zudem Leitprojekt des poli- macht.1 Neue Gewerbe- und Wohngebiete tischen Leitbilds „Metropole Hamburg – auf der Elbinsel können die Abwanderung Wachsende Stadt“. 1 Vgl. Standpunkte-Papier „Vision für die Metropole – Zentrale Projekte sind die Internationale Leitlinien für die Hafen-City in Hamburg“, Handelskammer Hamburg 1999; „Leben und Arbeiten im Herzen Hamburgs – Bauausstellung (IBA) und die Internatio- Die Entwicklungsperspektive der Elbinsel“, Handelskammer Hamburg 2004.

Der Standort der Universität Hamburg 37 von Unternehmen und Einwohnern in den suburbanen Raum verhindern. Auch unter ökologischen Gesichtspunkten ist das Bin- nenwachstum vorteilhaft. So werden etwa die Pendlerströme begrenzt und die beste- hende Infrastruktur des ÖPNV intensiver ge- nutzt mit entsprechend positiver Auswirkung auf die CO2-Bilanz. Eine solche, grundsätzlich wünschenswerte Entwicklung darf aber nicht dazu führen, dass für die Wertschöpfung in- tensiv genutzte Flächen auf der Elbinsel zu- gunsten anderer Nutzungen verloren gehen. Wie in Kapitel C. dargelegt, darf die städte- Magellan-Terrassen in der HafenCity bauliche Entwicklung aktive Hafennutzun- gen im Bereich der vorhanden Flächen mit Innenstadt zu einem gemischt genutzten, seeschifftiefen Wasseranschluss nicht ver- urbanen Quartier entwickelt. Die HafenCity drängen. Für die heute auf dem Mittleren erweitert die Hamburger Innenstadt um 40 Kleinen Grasbrook tätigen Umschlagbetriebe Prozent. Etwa die Hälfte der geplanten 1,8 bis stehen im Hafen faktisch keine Verlagerungs- 2,0 Mio. qm Bruttogeschossfläche ist inzwi- flächen zur Verfügung. schen fertiggestellt worden oder im Bau. Vor- aussichtlich 2012 wird das Überseequartier Bei einer Stadtentwicklung mit Weitsicht mit Einzelhandel, Hotel, Büros und Wohnungen geht es darum, die Wachstumsdimensionen als Herzstück der HafenCity fertiggestellt. unserer Stadt – Bevölkerung, Wertschöpfung, Durch Gastronomie, kulturelle und touristi- Lebensqualität – im Einklang zu entwickeln. sche Nutzungen ist bereits heute ein lebendi- Nutzungskonkurrenzen, die bei den ange- ges und attraktives Quartier entstanden. strebten nachhaltigen Wachstumsprozessen unweigerlich auftreten, müssen weitestge- hend konsensual aufgelöst werden. Ein er- Erläuterung: folgreiches Leitprojekt „Sprung über die Elbe“ bedingt, dass die Nahtstelle zwischen Hafen- Die HafenCity umfasst 157 Hektar Fläche City und Elbinsel mit besonderer Sensibilität (davon ca. 123 Hektar Landflächen). Insge- geplant wird, um hier eine städtebauliche samt werden 5 500 Wohnungen für 12 000 Verbindung zu etablieren, ohne Hafennut- Einwohner und über 40 000 Arbeitsplätze zungen zu verdrängen. Dies ist bisher auch entstehen. Insgesamt werden in der immer ein Leitziel bei der Entwicklung der HafenCity zwölf verschiedene Quartiere HafenCity gewesen, die nicht zuletzt aus der mit jeweils unterschiedlicher Nutzungs- engen Verknüpfung von Stadt und Hafen ihre mischung entstehen. Die Entwicklung der Erfolgsfaktoren zieht. Im vorliegenden Fall HafenCity erfolgt dabei von Norden nach gilt es, äußerst heterogene Stadtbereiche mit Süden und von Westen nach Osten. Die sehr verschiedenen Ausgangssituationen zu Fertigstellung des Elbbrückenzentrums als verbinden. Abschluss der Entwicklung ist für 2020 – 2025 geplant.

I. Ausgangssituation Gesteuert wird die Entwicklung der HafenCity und Elbinsel HafenCity durch einen Masterplan. Er ist im Jahr 2000 erarbeitet worden und dient 1. HafenCity als flexibler Rahmen für die Entwicklung der HafenCity. Über die Realisierungs- Die HafenCity ist das größte innerstädtische phase hinweg erfolgt eine regelmäßige Stadtentwicklungsprojekt Europas. Im Rahmen Fortschreibung des Masterplans. dieses Projektes werden ehemalige Hafenflä- chen in unmittelbarer Nähe zur Hamburger

38 Der Standort der Universität Hamburg Abb. 17: HafenCity und benachbarte Stadtteile © Handelskammer Hamburg

Abb. 18: HafenCity und nördliche Elbinsel © Handelskammer Hamburg

Der Standort der Universität Hamburg 39 Derzeit wird der Masterplan überarbeitet, um pflichtigem ist auf der Veddel mit gut 17 000 die Entwicklung der Quartiere östlich des Euro das niedrigste aller Hamburger Stadttei- Magdeburger Hafens vorzubereiten. Hier le. Auch der Wert für Wilhelmsburg liegt mit werden im Bereich nördlich und südlich des 20 354 Euro weit unter dem Hamburger Baakenhafens insbesondere Wohnungen mit Durchschnittswert von 32 505 Euro.3 engem Bezug zum Wasser entstehen. Nörd- lich der Elbbrücken im sogenannten Elbbrü- Während es in der HafenCity gelungen ist, ckenzentrum sind Hochhäuser für Büronut- durch den Strukturwandel im Hafenumschlag zungen geplant. Durch die Überarbeitung des brachgefallene Flächen in einen attraktiven Masterplans soll zudem die Verknüpfung der innerstädtischen Stadtteil zu verwandeln, östlichen Bereiche der HafenCity mit den wird das städtebauliche Potenzial der Elb- Stadtteilen , insel bisher nur unzureichend genutzt. Ins- und Veddel verbessert werden. Dies ist eine besondere für Familien ist Wilhelmsburg als entscheidende Voraussetzung, um die Ent- Wohnort nicht attraktiv genug. Der Sprung wicklungsdynamik der HafenCity auf die über die Elbe soll mit der Internationalen angrenzenden Stadtteile zu übertragen. Bauausstellung (IBA) und der Internationalen Allerdings wirkt das Gelände des heutigen Gartenschau (IGS) 2013 daher den Image- Großmarktes hier als Barriere, die zwischen wandel der Elbinsel einleiten und städtebau- Oberhafenstraße und Billhorner Brückenstra- liche Impulse setzen. Zumindest mittelfristig ße auf einer Länge von zwei Kilometern die wird die Entwicklung der Elbinsel aber nur zu Integrationsbemühungen erschwert. einem erfolgreichen Stadtentwicklungspro- jekt werden, wenn die vorhandenen Flächen- 2. Elbinsel potenziale auch tatsächlich erschlossen wer- den. Mit dem Positionspapier „Leben und Die Elbinsel zeichnet sich durch ihre topogra- Arbeiten im Herzen Hamburgs – Die Ent- fische und städtebauliche Vielfalt aus. Im wicklungsperspektive der Elbinsel“4 hat unse- Norden und Westen findet teilweise seit über re Handelskammer aufgezeigt, wie zusätzlich 120 Jahren Hafenumschlag statt, zudem sind 50 000 neue Bewohner hier ihr neues Zuhau- entlang des Reiherstiegs, in den Gewerbege- se finden können und Raum für mindestens bieten Stenzelring und Rubbertstraße/Jaffe- 15 000 neue Arbeitsplätze geschaffen wer- straße und auf der Peute zahlreiche Gewer- den kann. Die Vorschläge unserer Handels- be- und Industriebetriebe aktiv. Die Band- kammer zur Entwicklung der Elbinsel sind in breite der Wohngebiete reicht vom gründer- einem Rahmenplan (siehe Abb. 19) dargestellt zeitlichen Reiherstiegviertel über Wohnge- worden. Dieser zeigt auf, wie eine integrierte biete der Nachkriegszeit bis hin zur Groß- räumliche Entwicklung der drei Wachstums- wohnsiedlung Kirchdorf-Süd. Der hohe Anteil dimensionen Bevölkerung, Wertschöpfung an Sozialwohnungen hat in diesen Gebieten und Lebensqualität auf der Elbinsel erfolgen zu einer einseitigen Bevölkerungsstruktur ge- könnte. Die dort dargestellten Dimensionen führt. Auf der Elbinsel befinden sich aber sind der Maßstab, an dem die nachhaltige auch bis heute dörflich geprägte Bereiche Stadtteilentwicklung zu messen ist. und große Einfamilienhaus-Gebiete. Neben Projekten mit soziokultureller Aus- Durch die topografische Situation ist die richtung sind im Rahmen der IBA auch et- Elbinsel von der Gesamtstadt relativ isoliert. liche Bauvorhaben geplant. Der Sprung über Zudem sind Wilhelmsburg und die Veddel die Elbe wird durch sie städtebaulich aber benachteiligte Stadtteile: Mit 11,4 Prozent höchstens in Ansätzen umgesetzt. Der Woh- (Wilhelmsburg) bzw. 10,1 Prozent (Veddel) nungsneubau konzentriert sich im Umfeld haben sie mit die höchsten Arbeitslosenquo- des IGS-Parks südlich der Neuländer Straße. ten in Hamburg (Durchschnitt: 6,0 Prozent).2 Hier sind beispielsweise am Hauländer Weg Das durchschnittliche Einkommen je Steuer- besonders ressourcenschonende sogenannte

2 Stand: Juni 2008, http://www.statistik-nord. de/fileamin/ 3 Ebenda, Werte für 2004. download/Stadtteil_Profile/atlas.html, 4 Leben und Arbeiten im Herzen Hamburgs – Die Entwicklungs- Hamburger Stadtteilprofile, 25.06.2009. perspektive der Elbinsel, Handelskammer Hamburg 2004.

40 Der Standort der Universität Hamburg „Klimahäuser“ geplant. Weitere Schwerpunk- angepasst. In der Neuen Wilhelmsburger Mit- te der IBA sind das Reiherstiegviertel und die te ist unter anderem ein neuer Sitz für die Neue Wilhelmsburger Mitte. Im Reiherstieg- Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt viertel wird im Rahmen des Projektes „Welt- geplant. Daneben sollen auf vier Baufeldern quartier“ eine sanierungsbedürftige Siedlung zukunftsweisende Wohnungsbauvorhaben re- der 1930er-Jahre modernen Wohnansprüchen alisiert werden.

Abb. 19: Rahmenplan Elbinsel © Handelskammer Hamburg

Der Standort der Universität Hamburg 41 Im Bereich der Veddel und des Wilhelmsbur- II. Anforderungen an ger Nordens, in dem der Sprung über die Elbe einen erfolgreichen Sprung städtebaulich vollzogen werden muss, sind über die Elbe dagegen nur sehr punktuelle Projekte wie ein schwimmendes Bürogebäude und ein Be- Wichtige Voraussetzung für einen erfolgrei- schäftigungsprojekt vorgesehen. Die IBA nutzt chen Sprung über die Elbe ist auch eine hier nur unzureichend die Chance, die heute engere verkehrliche Verknüpfung zwischen stark verinselten Wohn- und Gewerbegebiete der HafenCity und der Elbinsel. Bisher wirkt im Norden der Elbinsel miteinander zu ver- die Bündelung aller Verkehrsströme in Nord- knüpfen. Neue städtebauliche Potenziale er- Süd-Richtung an den Neuen Elbbrücken öst- geben sich durch die geplante Verlagerung lich der HafenCity wie ein Nadelöhr, das vor der Wilhelmsburger Reichsstraße. Sie soll auf allem auf den Durchgangsverkehr ausgerich- stillgelegte Bahnflächen neben der Nord-Süd- tet ist. Zudem besteht derzeit keine attraktive Bahnlinie in Wilhelmsburg verlegt werden. Verbindung für Fußgänger und Radfahrer Durch den Wegfall dieser Barriere entstehen zwischen der HafenCity und der Elbinsel. Der vor allem im nördlichen Teil Wilhelmsburgs Sprung über die Elbe sollte daher durch eine neue Entwicklungsmöglichkeiten, die städte- Integration der Freihafen-Elbbrücke in die baulich intensiv genutzt werden müssen. Verkehrsbeziehung zwischen City und Elbin- sel deutlich erleichtert werden. 3. Städtebauliches Leitprojekt „Sprung über die Elbe“ Von hier aus kann die Verbindung über den Straßenzug Am Moldauhafen/Am Saalehafen/ 2005 hat der Hamburger Senat die Entwick- Veddeler Damm und dann mit einer neuen lung des Raumes von der HafenCity über die Brückenverbindung über den Spreehafen hin- Elbinsel mit den Stadtteilen Veddel und Wil- weg zur Georg-Wilhelm-Straße und ins Rei- helmsburg bis hin zum Harburger Binnenha- herstiegviertel weitergeführt werden. So wird fen als städtebauliches Leitprojekt mit dem dieses bisher isoliert gelegene Quartier auf Namen „Sprung über die Elbe“ bestimmt. kurzem Weg an die Hamburger Innenstadt Dieses Leitprojekt ist von gesamtstädtischer angebunden. Für Fahrradfahrer sollte ein ge- Bedeutung. Es leistet nicht allein einen Bei- eigneter Weg über Dessauer Straße/Sachsen- trag zur städtebaulichen Entwicklung, son- brücke geschaffen werden. dern trägt zu Bevölkerungswachstum und zur Steigerung von Wertschöpfung und Lebens- qualität im Herzen der Stadt bei.

An kaum einer anderen Stelle verfügt Ham- burg über ähnliche Flächenpotenziale wie auf der Elbinsel, um das Leitbild „Wachsen mit Weitsicht“ umzusetzen. Der Sprung über die Elbe muss daher als Stadterweiterungspro- jekt positioniert werden. Neben zusätzlichem Wohnraum insbesondere für Familien können hier auch dringend benötigte Gewerbeflächen in verkehrsgünstiger Lage geschaffen werden. Durch einen deutlichen Bevölkerungszuwachs kann die soziale Entmischung auf der Elbinsel gestoppt und Wilhelmsburg als attraktiver Wohnstandort entwickelt werden. Gleichzei- tig muss die Lebensqualität auf der Elbinsel durch zusätzliche Freizeit- und Sportangebo- te sowie verbesserte Schulen und ein hohes Sicherheitsempfinden gesteigert werden. Abb. 20: Sprung über die Elbe © Handelskammer Hamburg

42 Der Standort der Universität Hamburg Der Sprung über die Elbe, der durch diesen Brückenschlag umgesetzt wird, muss dabei die Anforderungen von Stadt- und Hafenent- wicklung möglichst integrativ bewältigen. Dies ist seit der Gründung Hamburgs das grundlegende Prinzip, dessen Beachtung durch die verantwortlichen Senate den wirt- schaftlichen Erfolg unserer Stadt auf Dauer sichergestellt hat. So haben sich Stadt und Hafen miteinander entwickelt und sind stets gemeinsam gewachsen. Dank dieser Integra- tion von Hafen- und Stadtentwicklung konn- te der Universalhafen Hamburg laufend den zeitgemäßen Anforderungen angepasst wer- den. Bis heute schlägt auf dem Kleinen Gras- brook das Herz des konventionellen Güter- umschlags (vgl. Kapitel C.). Es widerspricht den bewährten Prinzipien dieser integrierten Stadtentwicklung, den Fortbestand des Uni- versalhafens durch die Umnutzung des Mitt- Abb. 21: Bereich für den Brückenschlag HafenCity– leren Kleinen Grasbrooks zu gefährden, so- Wilhelmsburg © Handelskammer Hamburg lange es hierfür keine zwingenden Gründe gibt; der Kleine Grasbrook muss hafenbezo- Zudem müssen die „Brückenköpfe“ zu beiden genen Nutzungen vorbehalten bleiben. Seiten der Elbe bzw. des Spreehafens und des Müggenburger Zollhafens städtebaulich ak- Das auf dem Östlichen Kleinen Grasbrook zentuiert werden. Um den Brückenschlag bis derzeit ansässige Überseezentrum, in dem die zum Wilhelmsburger Zentrum zu vollziehen, HHLA Logistics GmbH und weitere Untermie- muss auch die Anbindung an die bestehen- ter Lager- und Kontraktlogistik abwickeln, den Wilhelmsburger Wohngebiete hergestellt soll bis 2010 verlagert werden, weil hier nur werden. Auf diese Weise kann eine durch- noch landgestützte Logistik angesiedelt ist. gehende, städtebaulich attraktiv gestaltete Auch diese frei werdenden Flächen müssen Verbindungsachse entstehen, die die ge- weiterhin mit hafenverträglichen Nutzungen wünschte Verknüpfung zwischen HafenCity belegt werden. Wohnnutzungen, die in Kon- und Elbinsel ermöglicht, ohne das Hafenge- flikt mit den Umschlagbetrieben auf dem schehen zu verdrängen. Die derzeitige Situa- Mittleren Kleinen Grasbrook geraten würden, tion und die im Folgenden dargestellte Ent- können hier nicht geduldet werden. wicklungsperspektive sind den Abbildungen 22 und 23 zu entnehmen.

III. Strukturkonzept für den 1. Nördliche Veddel Brückenschlag HafenCity–Wilhelmsburg Die Wohnsiedlung Veddel aus den 1920er- Jahren liegt heute in einer Insellage zwischen Ein städtebaulicher Brückenschlag von der Verkehrs- und Wasserflächen. Der Bereich HafenCity über die Norderelbe auf die Elbin- nördlich der teilweise denkmalgeschützten sel kann verwirklicht werden, ohne die inten- Wohnblöcke, ursprünglich ein Arbeiterwohn- siv genutzten Hafenflächen auf dem Kleinen viertel, wird derzeit vom Zolldurchlass an der Grasbrook in Anspruch zu nehmen. Für einen Tunnelstraße sowie kleinteiligen Gewerbe- erfolgreichen Sprung über die Elbe muss vor räumen geprägt. allem ein Korridor von der HafenCity über die Veddel nach Wilhelmsburg entwickelt werden, Hier besteht das Potenzial, eine städtische der zweckmäßigerweise entlang der Freiha- Bebauung wieder bis an die Norderelbe he- fen-Elbbrücke und des Saalehafens verläuft. ranzuführen; die voraussichtliche Aufhebung

Der Standort der Universität Hamburg 43 der Freizonengrenze und der somit entfallen- über zum Elbbrückenzentrum eine Hoch- de Zolldurchlass Tunnelstraße begünstigt hausbebauung vorstellbar. diese Entwicklung. Dabei sollte die Block- struktur der Veddel aufgegriffen werden. Am Voraussetzung für diese städtebauliche Er- südlichen Ufer der Norderelbe ist als Gegen- gänzung der Veddel ist, dass die Hafen-Frei-

Abb. 22: Derzeitige Situation der nördlichen Elbinsel © Handelskammer Hamburg

44 Der Standort der Universität Hamburg zone wesentlich verkleinert oder abgeschafft bebetriebe, die im Rahmen einer Überpla- wird. Durch eine Verkleinerung der Freizone nung dieses Gebietes verlagert werden müs- kann auch der Zolldurchlass Tunnelstraße sen, können in den Gewerbegebieten auf der entfallen, sodass diese Flächen für eine Neu- Veddel geeignete Ersatzflächen bereitgestellt bebauung zur Verfügung stehen. Für Gewer- werden.

Abb. 23: Konzept für den Sprung nach Süden ohne Nutzung des Kleinen Grasbrooks © Handelskammer Hamburg

Der Standort der Universität Hamburg 45 2. Am Moldauhafen/Am Saalehafen Um die Bereiche am Ostufer des Saalehafens für eine städtische Entwicklung nutzen zu Eine urbane städtebauliche Entwicklung soll- können, müssen Verhandlungen mit der te auch zwischen den Bahngleisen und dem Tschechischen Republik zur Beendigung des Saale- und Moldauhafen angestrebt werden. Nutzungsrechts an diesen Flächen geführt Die teilweise Verfüllung des Saalehafens an werden. Die Tschechische Republik hat noch seinem Ostufer bietet die Chance, eine städ- bis 2028 ein solches Nutzungsrecht und die tische Bebauung in hochwertiger Wasserlage Option auf eine weitere, maximal 50-jährige auf dem Halleschen und Dresdner Ufer zu er- Nutzung.5 Eine entsprechende Bereitschaft richten. Der Straßenzug Am Saalehafen/Am wäre durch eine Einladung tschechischer In- Moldauhafen/Rampenstraße würde so eine vestoren zu befördern. bauliche Fassung erhalten. Durch die Umnut- zung der bestehenden Lagerhäuser am West- Mit einer entsprechenden Entwicklung dieser ufer des Saalehafens könnten rund um das Bereiche wäre ein entscheidender Schritt Hafenbecken attraktive Promenaden nach dem getan, um die Veddel von einer isolierten Vorbild des Sandtorhafens in der HafenCity Siedlung zu einem attraktiven Bindeglied entstehen. Die Bahntrasse ist mit wirkungs- zwischen HafenCity und Wilhelmsburg zu vollem Lärmschutz und gegebenenfalls zu- machen. sätzlichen Fußgängerbrücken zu versehen. 3. Müggenburger Zollhafen/ Das denkmalgeschützte Lagerhaus G, das auch Harburger Chaussee als KZ-Außenlager genutzt wurde, sollte vor- rangig für kulturelle Zwecke genutzt werden. Südlich der Veddel wurde mit der „BallinStadt Das als Kulturdenkmal eingestufte nördlich – Auswandererwelt Hamburg“ am Müggen- angrenzende Lagerhaus F könnte nach dem burger Zollhafen bereits eine Attraktion mit Vorbild der Speicher in der Speicherstadt in überregionaler Ausstrahlungskraft etabliert, Lofts, Büroflächen und Showrooms umgenutzt die auch den Sprung über die Elbe stärkt. Der werden. Das ehemalige Lagerhaus E, das 2008 Müggenburger Zollhafen soll zum Liegeplatz von der UNIKAI Lagerei- und Speditionsge- für die schwimmende Zentrale der IBA wer- sellschaft in ein Parkhaus umgebaut wurde, den. Um die Elbinsel noch stärker zu einem sollte mit dieser Nutzung bestehen bleiben. Ziel für Besucher aus Hamburg, der Region und für Touristen zu machen, sollte südlich Nach der Verlagerung des Überseezentrums des S-Bahnhofs Veddel zudem eine kommer- können die Bahnlinie und die Straße Am Mol- zielle Freizeitnutzung etabliert werden.6 dauhafen auch auf dem Östlichen Kleinen Grasbrook baulich gefasst werden. Der Groß- Eine Anbindung an das Wilhelmsburger Zen- teil der Flächen des heutigen Überseezen- trum kann über die Harburger Chaussee ge- trums muss aber auch künftig gewerblich ge- schaffen werden. Die denkmalgeschützten nutzt werden, da diese Flächen durch den Klinkerbauten an der Harburger Chaussee Hafenbetrieb auf dem Mittleren Kleinen könnten im Rahmen der IBA an Baugemein- Grasbrook starken Lärmemissionen ausge- schaften verkauft werden, die die Häuser je- setzt sind. Als städtebauliches Gegenüber zur weils nach eigenen Vorstellungen umbauen HafenCity sollte entlang der Nordseite des können. Auf diese Weise könnte ein Beispiel- Geländes des heutigen Überseezentrums di- projekt für Mehrgenerationenwohnen ent- rekt an der Norderelbe (Holthusenkai) eine stehen. Zone für Bürogebäude entstehen. Durch ihre Orientierung nach Norden werden sie von Als Verbindung zum Reiherstiegviertel sollte den Lärmemissionen des Mittleren Kleinen diese Wohnbebauung im Westen durch fami- Grasbrooks abgeschirmt und schirmen ihrer- lienfreundliche Eigentumswohnungen in Rei- seits die HafenCity vom Terminal O’Swaldkai ab. 5 Studie zur baulichen Entwicklung der Universität Hamburg, Langfassung, S. 91. 6 Leben und Arbeiten im Herzen Hamburgs – Die Entwicklungs- perspektive der Elbinsel, Handelskammer Hamburg 2004.

46 Der Standort der Universität Hamburg hen- und Stadthäusern zwischen der Harbur- unmittelbar an der Harburger Chaussee gele- ger Chaussee und dem Ernst-August-Kanal genen Betriebe dieses Gewerbegebietes kön- ergänzt werden, hierdurch würde das Reiher- nen Ersatzflächen in der Nähe, beispielsweise stiegviertel an den Spreehafen geführt. Durch am Reiherstieg, bereitgestellt werden. eine attraktive Brücke über den Spreehafen würde dieses neue Wohngebiet zugleich an Idealerweise könnte die Entwicklung dieses die HafenCity angeschlossen. Die Entfernung Gebietes vorangetrieben werden, wenn es im würde gerade einmal drei Kilometer be- Rahmen der IBA aufgegriffen und deutlich tragen. Das Gewerbegebiet Stenzelring soll vor 2013 mit einem städtebaulichen Wett- dabei weitgehend erhalten bleiben. Für die bewerb konkretisiert würde.

Fazit: Position:

Mit der HafenCity verfügt Hamburg über Für einen integrierten Sprung über die Elbe ein herausragendes Stadtentwicklungs- sind folgende Entwicklungsanforderungen projekt in unmittelbarer Innenstadtnähe zu erfüllen: am nördlichen Elbufer. Durch den Sprung über die Elbe kann auch auf der Elbinsel • Hamburg muss die Tradition, Hafen das Wachstum von Bevölkerung, Wert- und Stadt in einem integrierten schöpfung und Lebensqualität im Rahmen Nebeneinander zu entwickeln, der Innenentwicklung beispielhaft bestärkt fortführen. werden. Dazu ist eine enge städtebauliche Integration von Elbinsel, HafenCity und • Innenstadt/HafenCity und Elbinsel Gesamtstadt erforderlich. müssen über einen weiteren Brücken- schlag zum Östlichen Kleinen Gras- Der städtebauliche Sprung über die Elbe brook und weiter über den Spreehafen muss nicht auf intensiv für Wertschöp- verknüpft werden. fung genutzte Hafenflächen zugreifen, für die keine Ausweichflächen zur Verfügung • Der konventionelle Umschlag auf stehen. dem Kleinen Grasbrook ist tragender Bestandteil von Image und Flair der Um den Sprung über die Elbe unter Be- umliegenden städtischen Quartiere. achtung aller Wachstumsdimensionen um- Die Hafennutzungen sind daher als zusetzen und die Anforderungen von Bestandteil ihrer Identität zu schützen. Stadt- und Hafenentwicklung zu integrie- ren, kann eine Stadtentwicklungsachse • Für die städtebauliche Integration von der HafenCity über die Veddel zu den der Elbinsel mit der Veddel und der Wohn- und Gewerbegebieten Wilhelms- HafenCity ist die Entwicklung eines burgs geschaffen werden, die keine Hafen- Stadtraumes entlang der Straßen flächen in Anspruch nimmt, dies würde Am Moldauhafen/Am Saalehafen zugleich zu einer nachhaltigen Aufwer- ausreichend. tung des Stadtteils Veddel führen.

Dies kann durch die Entwicklung eines Korridors aus städtischen Nutzungen und einen neuen Brückenschlag in den Wil- helmsburger Norden geschehen. Eine ent- sprechende städtebauliche Planung wird in Kapitel D. skizziert.

Der Standort der Universität Hamburg 47 E. Chancen und Konflikte

I. Chancen einer Sowohl die Weiterentwicklung der Universi- integrierten Entwicklung tät am heutigen Standort in Rotherbaum als auch ein vollständiger Neubau an geeigneter Die Entscheidung über den Standort und die Stelle böten der Universität unterschiedliche bauliche Entwicklung der Universität ist von Vorteile und Chancen: herausragender Bedeutung für Hamburg. Deshalb ist nach einer Lösung zu suchen, die • Die Universität ist an ihrem Traditions- eine anforderungsgerechte Universitätsent- standort Rotherbaum in das kreative wicklung ermöglicht, zugleich die Hafenent- Milieu eines gewachsenen Universitäts- wicklung im Bereich des konventionellen viertels eingebettet. Das Quartier ist von Umschlags nicht behindert und den Sprung vielfältigen Einzelhandels-, Gastronomie- nach Süden sowie die Quartiersentwicklung und Dienstleistungseinrichtungen geprägt. in Rotherbaum befördert. Dieses Umfeld leistet einen wichtigen Beitrag zu einer produktiven Atmosphäre Im Folgenden werden daher die Chancen für für Forschung und Lehre. die drei Entwicklungsdimensionen, die bei der baulichen Erneuerung der Universität zu • Im Stadtteil Rotherbaum bestehen betrachten sind, dargestellt. Durch die hier Beziehungen zu zahlreichen externen vorgenommene integrierte Betrachtung die- Forschungseinrichtungen im Universitäts- ser Aspekte lassen sich Konflikte vermeiden umfeld – von den Max-Planck-Instituten und die Chancen der baulichen Erneuerung für ausländisches und internationales der Universität Hamburg gesamtstädtisch in Privatrecht bzw. für Meteorologie bis zum einer Win-win-win-Situation nutzen. Institut der Geschichte der deutschen Juden.

1. Chancen der Universitätsentwicklung • In den vergangenen zehn Jahren wurden am Universitätsstandort Rotherbaum über Die Notwendigkeit der baulichen Entwick- 110 Mio. Euro in Modernisierungen und lung der Universität ist unbestritten. Die sich Neubauten investiert, unter anderem in hieraus ergebenden Chancen können aber das Klimarechenzentrum und das Zentrum nur genutzt werden, wenn die Entwicklung für Marine und Atmosphärische Wissen- nicht nur unter quantitativen Aspekten be- schaften als Teil des Klima-Campus. trachtet wird, sondern mindestens im glei- Diese Strukturen müssten bei einem chen Maße unter qualitativen Zielen erfolgt: Umzug neu etabliert werden. Ein abgestimmtes fachliches Entwicklungs- konzept für die Universität Hamburg in ei- • Auch wenn das Image der Universität nem zumindest mittelfristigen Zeitrahmen ist durch den teilweise unbefriedigenden für eine Bauplanung in diesen zeitlichen Di- baulichen Zustand ihrer Gebäude unnötig mensionen unverzichtbare Grundlage. Eben- in Mitleidenschaft gezogen ist, so bietet so unverzichtbar ist eine hierauf abgestimm- die Bausubstanz doch ausreichende te Finanzplanung, die sowohl die laufenden positive Vorprägung und damit erheb- Kosten einer wachsenden, auf Exzellenz liches Potenzial, um mit gezielten Gestal- orientierten Universität erfasst als auch die tungsmaßnahmen Orte von hoher image- Investitionen in Gebäude und Infrastruktur. bildender Prägnanz herauszuarbeiten. Schließlich ist im Rahmen einer solchen ganzheitlichen Betrachtung die Entschei- Ein vollständiger Neubau an geeigneter Stel- dung zu treffen, ob das Zukunftskonzept am le eröffnet der Universität andere Chancen: bisherigen Standort umgesetzt werden soll, oder ob die Universität ganz oder teilweise an • Bei entsprechender Standortwahl stehen anderer Stelle der Stadt neu gebaut werden für die Universität möglicherweise soll. noch mehr Flächen zur Verfügung als

48 Der Standort der Universität Hamburg am Standort Rotherbaum. Vor allem könn- Das Ausschöpfen entsprechender Chancen te eine räumliche Verzahnung von Flächen setzt jedoch zwingend eine konfliktfreie Nut- für technologieorientierte Unternehmen zung auf den angrenzenden Flächen voraus. entwickelt werden. Der Wissenstransfer Wohnnutzungen oder andere sensible Nut- und die Drittmittelakquise werden dadurch zungen auf dem Östlichen Kleinen Grasbrook gestärkt. schließen sich aus; eine nach Norden orien- tierte Büronutzung am Holthusenkai wäre • Ein vollständiger Neubau auf unbebauter denkbar und auch mit Blick auf die Entwick- Fläche kann ohne Restriktionen durch lung in der östlichen HafenCity anzustreben. bestehende Gebäude und Raumprogram- me an die aktuellen Anforderungen der Aufgrund der Flächenknappheit im Hambur- Universität angepasst werden. ger Hafen können die Chancen für die Hafen- entwicklung nur gehoben werden, wenn nicht • Die räumliche Anordnung der Universitäts- zugleich die Universität Flächen beansprucht, gebäude kann weitegehend ohne Restrik- die zum Bau von Liegeplätzen benötigt wer- tionen auf Basis des heutigen Forschungs- den. standes der Planungsdisziplinen erfolgen. 3. Chancen der Stadtentwicklung • Ein vollständiger Neubau in exponierter Lage kann zumindest potenziell eine Die bauliche Erneuerung der Universität wird erhebliche Außenwirkung erzielen, auch eines der größten Investitionsvorhaben Ham- wenn in diesem Fall zugleich auf die über burgs in den nächsten zehn bis zwanzig Jah- hundert Jahre gewachsene Identität ren sein. Hieraus ergeben sich unweigerlich verzichtet werden müsste. städtebauliche Impulse, die für die Quartiere im Umfeld der Universität genutzt werden 2. Chancen der Hafenentwicklung können. Voraussetzung ist, dass sich die Uni- versität nicht auf einem isolierten Campus Die Hafenentwicklung im Bereich des kon- von ihrer Umgebung abschottet. Durch die ventionellen Umschlags hat nicht zuletzt enge Verflechtung mit der Umgebung kann durch die massiven Rückgänge im Container- die Universität zudem zum Anker für Quar- umschlag neue Bedeutung gewonnen. Von tiere mit einem hohen Anteil wissensbasier- einer ständig abnehmenden Restgröße hat ter Wertschöpfung werden und damit ein sich dieses Umschlagssegment zu einem sta- Innovationsmilieu schaffen, das Hamburg im bilisierenden Faktor im Hafen entwickelt, der internationalen Standortwettbewerb Vorteile noch erhebliches Potenzial hat. Die aktuelle verschafft. Hafenplanung für den Bereich des Mittleren Freihafens greift massiv in die Kapazitäten im An ihrem Standort in Rotherbaum ist die Uni- konventionellen Umschlag ein, sodass ein versität nicht zuletzt aufgrund ihrer inte- umfassendes Entwicklungskonzept für dieses grierten städtebaulichen Lage heute bereits Hafensegment dringend geboten ist. gut vernetzt. Dies gilt allerdings nur für Teil- bereiche – wie etwa um den Allende-Platz Dem Mittleren Kleinen Grasbrook kommt hier- und das Audimax – in idealer Weise. Rund um bei eine zentrale Bedeutung zu. Mit den vor- die Grindelallee und vor allem im Bereich des handenen Liegeplätzen am O’Swaldkai sowie MIN-Campus um die Bundesstraße ist die zusätzlichen Liegeplätzen am Amerikakai und städtebauliche Struktur und Anbindung an Asiakai eröffnet sich die Chance, die Anlage die umliegenden Quartiere dagegen verbes- zum zentralen Terminal – dem Central Terminal serungswürdig. Da hier in unmittelbarer Um- Grasbrook – für den konventionellen Umschlag gebung aber auch ein erhebliches Potenzial in Hamburg auszubauen. Gemeinsam mit den für die bauliche Entwicklung besteht, sind die ebenfalls auszubauenden Anlagen Süd-West- Chancen für die Stadtentwicklung, die sich Terminal (SWT) und Wallmann könnte Ham- aus einer baulichen Erneuerung der Universi- burg Marktanteile in diesem wertschöpfungs- tät am Standort Rotherbaum ergeben könn- intensiven Bereich zurückgewinnen. ten, erheblich.

Der Standort der Universität Hamburg 49 Verlagerungsstandorte für die Universität bieten sich aufgrund vorhandener Flächen- entwicklung können zu einer Win-win- potenziale in zentralen Lagen innerhalb des win-Situation verknüpft werden, die die Rings 2 vor allem in Hamburgs Südosten an. Chancen maximiert und Konflikte wei- Hier ist der Sprung über die Elbe nach der testgehend vermeidet. HafenCity das ambitionierteste Projekt der Hamburger Stadtentwicklung. Sein Erfolg wird aber nicht von der Qualität des „Ab- sprungbalkens“ im Norden, sondern von Qua- II. Kriterien für Standorte lität und Attraktion des Zielgebietes südlich der Universität der Elbe bestimmt: Wenn die Elbinsel – und hier insbesondere der Stadtteil Wilhelmsburg Eine fundierte und nachvollziehbare Ent- – nicht eine Wohn- und Lebensqualität auf- scheidung über den künftigen – und auf lan- weist, die sie für die durchschnittliche Fami- ge Sicht endgültigen – Standort der Universi- lie mit kleinen Kindern attraktiv macht, wird tät Hamburg muss anhand nachvollziehbar dieses Projekt im Sande verlaufen. Die IBA in entwickelter Kriterien getroffen werden. Die Verbindung mit der IGS 2013 eröffnet große maßgeblichen Anforderungen ergeben sich Chancen, die in diesem Rahmen bisher vor- aus der Forschung und dem Lehrbetrieb der gesehenen Projekte haben aber allenfalls Universität (vgl. Kapitel B. II.). Zudem sind Modellcharakter. Erst wenn zeitnah eine Ver- immobilienwirtschaftliche Kriterien in die vielfachung der Wohn- und Gewerbeprojekte Abwägung hinsichtlich des künftigen Univer- erfolgt, wird dieser Stadtteil nachhaltig an sitätsstandortes einzubeziehen; dies auch, Qualität gewinnen. weil die bauliche Entwicklung der Universität über Jahrzehnte hinweg erhebliche Anteile Nicht unwichtig, aber doch von geringerer der Hamburger Haushalte beanspruchen Bedeutung ist der Weg dorthin. Dieser muss wird. Schließlich ist auch die Perspektive der nicht über den Mittleren Kleinen Grasbrook Stadtentwicklung zu betrachten: Aus der führen. Eine attraktive Verbindung mit städ- baulichen Entwicklung der Universität erge- tischem Flair kann auch – wie in Kapitel D. ben sich Chancen für die Entwicklung der dargestellt – am Ostrand des Kleinen Gras- umliegenden Quartiere, die gezielt genutzt brooks realisiert werden, durch die der Stadt- werden können, um die Hebelwirkung der öf- teil Veddel zugleich aus seiner isolierten Lage fentlichen Investitionen zu verstärken. herausgeholt wird. Für die Herleitung eines Stärken-Schwächen- Profils zur Bewertung möglicher Universi- Fazit: tätsstandorte werden im Folgenden die ein- zelnen Kriterien eingestuft als „unverzicht- Universitätsentwicklung, Hafenentwicklung bar (Priorität A)“, „notwendig (Priorität B)“ und Stadtentwicklung lassen sich zeit- und „wünschenswert (Priorität C)“. Eine gleich und zum gegenseitigen Nutzen derartige Priorisierung ermöglicht die ver- realisieren – jedoch nicht gemeinsam auf gleichende Bewertung verschiedener Stand- dem Mittleren Kleinen Grasbrook. Der ortoptionen (vgl. Kapitel F.). Sprung nach Süden und die Hafenent- wicklung auf dem Terminal O’Swaldkai 1. Universitätsbetrieb stehen sich nicht im Wege. Beide behin- dern auch nicht die Entwicklung der Uni- Da der Standort der Universität Hamburg im versität. Selbst wenn im Rahmen eines Rahmen des laufenden Entscheidungsprozes- ganzheitlichen Entwicklungskonzeptes der ses langfristig festgelegt werden soll, muss Neubau der Universität an anderer Stelle dessen künftige Entwicklungsfähigkeit im erforderlich ist, steht hierfür ein attrak- Hinblick auf mögliche Änderungen im inhalt- tiver Standort mit Wasserbezug zur Ver- lichen Profil von Forschung und Lehre gesi- fügung. Universitäts-, Hafen- und Stadt- chert sein. Sowohl bereits heute absehbare als auch noch nicht zu berechnende Raum-

50 Der Standort der Universität Hamburg bedarfe müssen befriedigt werden können. mung der Universität im Stadtbild durch Hinzu kommt, dass auch sich im Laufe der architektonisch entsprechend ausgeprägte Zeit verändernde funktionale Anforderungen Gebäude (Landmarks) ist für den Anspruch integrierbar sein müssen. Die bauliche Ent- einer exzellenten Universität hilfreich, jedoch wicklung sollte zudem zum Ziel haben, sehr eine nicht zwingend notwendige Vorausset- zeitnah der Universität eine produktive Ar- zung (Priorität C). beitsatmosphäre mit funktionalen Gebäuden in einer attraktiven Lage zu schaffen. Nur Nicht zuletzt vereinfacht die Erreichbarkeit so kann es gelingen, die exzellenten und der Bereiche der Universität Hamburg, die Exzellenz anstrebenden Forschungsbereiche auch im Rahmen der baulichen Erneuerung zu stärken. Hieraus folgt, dass eine sukzes- an dezentralen Standorten verbleiben müs- sive, sich zeitnah und flexibel an den wach- sen, von der Kernuniversität aus den wis- senden Bedarf der Universität anpassende senschaftlichen und schulischen Betrieb und Bausubstanz unverzichtbares Standortkrite- fördert damit auch interdisziplinäre For- rium ist (Priorität A). schung und Lehre. Hierbei handelt es sich um ein wünschenswertes Kriterium (Priorität C). Um den Wissens- und Technologietransfer zwischen Wirtschaft und Wissenschaft zu 2. Immobilienwirtschaft stärken, sollten im Umfeld der Universität Flächen für Ausgründungen und Technolo- Für eine Universität, die in Forschung und gieparks vorhanden sein. Dabei muss das Lehre zu den Spitzenuniversitäten gehört und Preisgefüge von Büro- und Produktionsflä- über internationale Strahlkraft verfügt, sind chen die begrenzte Mietzahlungsfähigkeit neben einer inhaltlichen Neuausrichtung und von Existenzgründern berücksichtigen. Idea- Schwerpunktsetzung auch eine entsprechen- lerweise sollten im Umfeld der Universität de Gebäudeinfrastruktur und Ausstattung Hamburg auch Ansiedlungsmöglichkeiten für wichtig. An der Universität müssen daher etablierte Unternehmen geschaffen werden, bauliche Verbesserungen und räumliche Er- um Forschungskooperationen in Drittmittel- weiterungen sehr zügig eingeleitet werden. projekten zu fördern. Die Standortentschei- Um die bauliche Erneuerung der Universität dung muss zudem die bestehenden Bezie- Hamburg zügig durchzuführen, ist die sichere hungen zu wissenschaftlichen Instituten und zeitliche Abschätzbarkeit der Flächenverfüg- anderen kooperierenden Einrichtungen auch barkeit zwingende Voraussetzung. Standorte, aus dem Bereich der Geisteswissenschaften an denen privates Grundeigentum erworben berücksichtigen. Auch dieses Kriterium ist für werden muss oder langfristige Nutzungsver- den Anspruch einer exzellenten Universität hältnisse aufgelöst werden müssen, erhöhen unverzichtbar (Priorität A). in dieser Hinsicht das Risiko. Auf der anderen Seite sind zeitliche Risiken der Grundstücks- Mit der weiter zunehmenden Bedeutung des bereitstellung durch das vielfältige städte- lebenslangen Lernens und um erfolgreich baurechtliche Instrumentarium durchaus auch wissenschaftlichen Nachwuchs zu gewinnen, zu begrenzen. Insofern stellen das Nichtvor- muss sich die Universität an eine zunehmend handensein von Grundstücksentwicklungs- breite Öffentlichkeit unter Schülern und Be- risiken ein wünschenswertes Kriterium dar rufstätigen, aber auch Senioren wenden. Die (Priorität C). Wahrnehmbarkeit der Hochschule in mög- lichst zentraler Lage in der Stadt ist daher Die Verlagerung bestehender Nutzungen Voraussetzung, um die Universität im öffent- für die Entwicklung der Universität darf lichen Bewusstsein zu verankern. Das Univer- nicht zu Konflikten führen, die letztendlich sitätsgelände muss dazu vielfältige Bezüge die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Ham- zu den umgebenden Stadtbereichen aufwei- burgs schwächen. Für bestehende Unter- sen. Die Einbindung in ein attraktives urbanes nehmen müssen daher anforderungsgerech- Milieu ist zudem ein weicher Standortfaktor te Ersatzflächen bereitgestellt werden. im Wettbewerb um die besten Wissenschaft- Wenn Verlagerungen notwendig werden, ler und Studenten. Die sichtbare Wahrneh- sind hier Win-win-Lösungen anzustreben,

Der Standort der Universität Hamburg 51 die die betriebliche Situation der verlager- baulichen Maßnahmen umgehend und pla- ten Betriebe am neuen Standort verbessern. nungssicher initiiert werden. Insofern ist die- Das Vorhandensein adäquater und zeit- ses Kriterium notwendigerweise zu erfüllen gerecht zur Verfügung stehender Ersatz- (Priorität B). flächen für verlagerungsbetroffene Unter- nehmen stellt somit ein notwendiges Krite- 3. Stadtentwicklung rium dar (Priorität B). Auch aus Perspektive der Stadtentwicklung In der Abwägung potenzieller Standorte sind ist ein stadtteilintegrierter, zentral gelegener auch die entstehenden Kosten zu berücksich- und gut erreichbarer Standort für die Univer- tigen. Dazu gehören der Grunderwerb, Ent- sität anzustreben. Damit sich ein lebendiges schädigungen für Bestandsnutzer einschließ- studentisches Milieu bilden kann, muss die lich eventueller Verlagerungskosten und Kos- Universität eng in ein vielfältig genutztes ten der Flächenfreimachung für Neubauten. städtisches Umfeld mit Läden, Cafés, Restau- Auch die Kosten der äußeren und inneren rants und kulturellen Einrichtungen einge- Erschließung sowie gegebenenfalls erhöhte bunden sein. Viele dieser Betriebe sind auf bautechnische Anforderungen bei Neubau- ein ausreichendes Angebot an Gewerberäu- ten müssen in der Kalkulation berücksichtigt men im niedrigpreisigen Segment angewie- werden. Ein gewichtiger Punkt bei der immo- sen, die entsprechend am Universitätsstand- bilienwirtschaftlichen Gesamtrechnung ist der ort oder in dessen Nähe bereitstehen müssen. Investitionsschutz bereits getätigter Maß- Auch studentisches Wohnen sollte möglichst nahmen. Andererseits können stadtentwick- campusnah vorhanden sein. Nur wenn eine lungspolitische Gründe dazu führen, dass ein entsprechende Mischung aus Universität, teurer Standort im Gesamtinteresse der FHH Wohnen und Gewerbe vorhanden ist, entfal- liegt. Insofern muss das Kriterium Minimie- tet sich die gewünschte Anziehungskraft für rung der immobilienwirtschaftlichen Kos- ausgezeichnete Wissenschaftler. Das Vorhan- ten notwendigerweise berücksichtigt werden densein eines kreativen Milieus im Umfeld (Priorität B). der Universität ist somit ein unverzichtbares Kriterium für den Standort einer exzellenten Für die zügige Umsetzung von Neubauten Universität (Priorität A). muss zudem berücksichtigt werden, ob das nötige Baurecht zeitnah geschaffen werden Zu den Anforderungen an den Standort der kann. Aufgrund der durchschnittlichen Dauer Universität Hamburg gehört auch die gute der Bebauungsplanverfahren, die im Bereich Erreichbarkeit. Aufgrund der hohen Studenten- von drei Jahren liegt, ist es von großem Vor- und Personalzahlen der Universität (an den teil, wenn Baurecht bereits vorhanden ist. für eine bauliche Erneuerung vorgesehenen Auf der anderen Seite kann Baurecht ent- Fakultäten etwa 30 000 Personen) ist insbe- sprechend eines vorhanden politischen Wil- sondere ein leistungsfähiger ÖPNV-Anschluss lens einigermaßen verlässlich neu geschaffen nötig. Eine zentrale Lage fördert umwelt- werden. Hierbei handelt es sich daher um ein freundliche Fahrrad- und Fußgängerverkehre wünschenswertes Kriterium (Priorität C). und trägt zur Entlastung der Umgebung von Parkdruck und Parkplatzsuchverkehr bei. Aus Frühzeitig muss dabei möglichen Konflikten Kostengründen ist für die Erschließung so- mit Anrainern des Universitätsstandortes in weit wie möglich auf vorhandene Straßen- einem effizienten Beteiligungsprozess be- infrastruktur und bestehende Haltestellen gegnet werden, um Widerstand und zeit- und des Nahverkehrs zu setzen. Eine zentrale, kostenintensive Konflikte zu vermeiden. Nut- verkehrlich gut erreichbare Lage ist ein zungskonflikte zwischen emittierenden und notwendiges Kriterium für den Standort einer empfindlichen Nutzungen können dazu füh- exzellenten Universität (Priorität B). ren, dass die Standortentwicklung über Jahre verzögert wird. Der Anspruch, die Universität Die bauliche Erneuerung der Universität wird Hamburg hin zu einer exzellenten Universität eines der größten städtebaulichen Projekte zu entwickeln, setzt aber voraus, dass die Hamburgs der nächsten zehn bis zwanzig

52 Der Standort der Universität Hamburg Jahre sein. Für die Quartiere im Umfeld der tieren sind. Insbesondere dort, wo sich durch Universität entsteht damit ein enormer Stadt- geringe Marktnachfrage Zwischennutzungen entwicklungsimpuls. Um ihn zu nutzen, darf etablieren können, kann im Umfeld der Uni- sich die Universität nicht auf einem isolierten versität das Potenzial für lebendige und so- Campus von ihrer Umgebung abschotten. ziokulturell vielfältige Quartiere nutzbar ge- Durch enge Verflechtungen zur Umgebung macht werden. Da die Investitionen in eine kann die Universität zum Anker für Quartiere bauliche Erneuerung der Universität einen mit einem hohen Anteil wissensbasierter maßgeblichen Anteil am Hamburger Haushalt Wertschöpfung werden. Solche Konzentra- einnehmen werden, müssen die Impulswir- tionen gut ausgebildeter Menschen sind der kungen auf die Stadtentwicklung notwendi- Schlüssel für Innovationsmilieus, die Ham- gerweise möglichst weitgehend ausgeschöpft burg im verschärften internationalen Stand- werden (Priorität B). ortwettbewerb Vorteile verschaffen. Mit der baulichen Erneuerung der Universität Ham- Insbesondere die Priorisierung dieses Krite- burg ist zudem ein besonderes Potenzial für rienkataloges muss im Rahmen des weiteren die Quartiersentwicklung verbunden, da Stu- Entscheidungsprozesses durch die Vertreter dierende und wissenschaftliches Personal oft- und Gremien der Universität überprüft wer- mals Pioniere bei der Aufwertung von Quar- den.

Position:

Die potenziellen Standorte für die bauliche Entwicklung der Universität Hamburg sind aus Sicht unserer Handelskammer anhand der dargestellten Kriterien abzuprüfen: Priorität Kriterium

A • Sukzessive, flexible Erweiterung gemäß wachsendem Bedarf möglich • Zeitnahes Sicherstellen eines produktiven Arbeitsumfeldes mit funktionalen Gebäuden • Kreatives Milieu im Umfeld vorhanden

B • Räume und Flächen Spin-offs im Umfeld vorhanden • Zentraler, verkehrlich gut erreichbarer Standort • Vertretbare Baukosten, Investitionsschutz kürzlich erfolgter baulicher Maßnahmen gegeben • Ersatzflächen für verlagerungsbetroffene Unternehmen vorhanden • Impulswirkung auf Stadtentwicklung

C • Konflikt mit Nutzungen im Umfeld • Sicht- und wahrnehmbare Gebäude als „Landmarks“ des Standortes • Baurecht vorhanden • Lage und Erreichbarkeit zu peripheren Standorten der Universität vertretbar (UKE, Botanik, DESY) • Grunderwerb durch FHH nicht notwendig bzw. ohne unkalkulierbare Risiken zu vollziehen

Die endgültige Priorisierung der universitären Kriterien für die Standortwahl sollte der Universität vorbehalten bleiben.

Der Standort der Universität Hamburg 53 III. Bewertung der BWF-Studie Anknüpfend an diese Szenarien der BWF- Studie hat sich die Diskussion über die Er- Die Diskussion um den baulichen Zustand neuerung der Universität auf die Frage des und den künftigen Standort der Universität künftigen Standortes und die in der BWF- Hamburg ist seit dem Frühjahr 2009 unter Studie untersuchten Standortalternativen breiter öffentlicher Anteilnahme geführt wor- „Rotherbaum“ und „Kleiner Grasbrook“ kon- den. Sie hat in weiten Kreisen das Bewusst- zentriert. Fragen der inhaltlichen Entwicklung sein für den Erneuerungsbedarf an Hamburgs der Universität sind an den Rand gedrängt größter Hochschule geweckt. Der Auslöser worden, Fragen der Hafen- und Stadtent- dieser Diskussion war die Studie zur bauli- wicklung im Bereich des Alternativstandortes chen Entwicklung der Universität Hamburg, Kleiner Grasbrook sind nicht behandelt worden. die von der Regierungskoalition der Freien und Hansestadt Hamburg 2008 in Auftrag Insbesondere hinsichtlich der Ermittlung der gegeben und am 31. März 2009 der Öffent- künftigen Raumbedarfe der Universität, aber lichkeit vorgestellt wurde. Vier behörden- auch bei der Prüfung des Keinen Grasbrooks übergreifende Arbeitsgruppen wurden durch als Universitätsstandort und bei der Bewer- ein jeweils spezialisiertes Beratungsunter- tung der Wirkungen einer Verlagerung der nehmen in ihrer Arbeit begleitet. Die Koordi- Universität weist die BWF-Studie eine Reihe nation zwischen den Arbeitsgruppen wurde methodischer Schwächen auf. von der Behörde für Wissenschaft und For- schung in Zusammenarbeit mit dem Bera- Ausgehend von den laut BWF-Studie für tungsunternehmen Ernst & Young Real Estate eine Verlagerung infrage kommenden aktuell GmbH wahrgenommen. Aufbauend auf einer rund 263 000 qm Hauptnutzfläche (Univer- Analyse der gegenwärtigen Situation der sität inkl. integrierter Institutionen wie dem Universität und Prognosen zu den künftigen Studentenwerk und externer Einrichtungen Raumbedarfen beschreibt die BWF-Studie wie dem Max-Planck-Institiut) soll sich die vier Szenarien für die künftige bauliche Ent- Universität Hamburg nach Angaben der wicklung von Hamburgs größter Hochschule: BWF-Studie bis 2025 auf rund 364 000 qm HNF (plus 38 Prozent) erweitern.1 Bis • Modernisierung, größtenteils ohne Abrisse 2012 wird der zusätzliche Flächenbedarf mit am derzeitigen Standort der Universität 41 000 qm angegeben, weitere 60 000 qm im Stadtteil Rotherbaum. werden als zusätzlicher Flächenbedarf im Zeitraum 2013–2020/2025 erwartet. Grund- • Modernisierung mit erheblichem Neubau- lage für die Flächenbedarfsprognosen sind anteil am derzeitigen Standort. die Prospektion der Personalzahlen bis 2012, der Studierendenzahlen und die Lehrver- • Teilverlagerung der zentralen Bereiche pflichtungsstunden.2 Die Schätzungen zum der Fakultät für Mathematik, Informatik weiter wachsenden Flächenbedarf nach 2012 und Naturwissenschaften (MIN) auf den beruhen auf der Erwartung, dass u. a. die Östlichen Kleinen Grasbrook und weit- Drittmitteleinnahmen und die im Hamburger gehender Neubau der Universitätsbereiche Haushalt für die Universität bereitgestellten am Von-Melle-Park. Mittel deutlich zunehmen werden und einen zusätzlichen Flächenbedarf von 20 000 qm • Vollständige Verlagerung der zentralen HNF bzw. 15 000 qm HNF auslösen werden.3 Universitätsbereiche auf den Mittleren Dagegen werden über die inhaltliche Weiter- und Östlichen Kleinen Grasbrook mit entwicklung der Universität Hamburg in der unterschiedlichen Nutzungsanteilen für BWF-Studie noch keine Aussagen getroffen. Wohnen und Gewerbe.

1 Studie zur baulichen Entwicklung der Universität Hamburg, Langfassung, S. 54. 2 Ebenda, S. 40. 3 Ebenda, S. 54 ff.

54 Der Standort der Universität Hamburg Notwendig ist jedoch eine Gesamtvision für dürfte, wäre er in anderen Budgets entspre- die Universität Hamburg, auf deren Grundla- chend zu kürzen. Diese Annahme erscheint ge quantitative Entwicklungsbedarfe geplant angesichts vergangener Erfahrungen und der werden können. Der Struktur- und Entwick- notwendigen Haushaltskonsolidierung un- lungsplan (STEP) der Universität hätte vor realistisch. Notwendig wäre ein parteiüber- oder zumindest gemeinsam mit der BWF- greifender Konsens über eine so nachhaltige Studie vorgelegt werden müssen. Die Einbin- Mittelumschichtung, um die dauerhafte Fi- dung der baulichen Erneuerung der Universi- nanzierung neuer Personalstellen mit ent- tät in ein inhaltliches Gesamtkonzept ist sprechendem Raumbedarf sicherstellen zu zwingend erforderlich. können und nicht in das Risiko von baulichen Überkapazitäten zu laufen. Ohne ein entsprechendes inhaltliches Kon- zept sind die in der BWF-Studie dargestell- Ein gravierendes Versäumnis der BWF-Studie ten Schätzungen zum Flächenwachstum bis ist die Reduzierung auf einen Alternativ- 2020/2025 nicht belastbar. Sie basieren auf standort und die nur sehr oberflächlich vor- einer Reihe mit großen Unsicherheiten be- genommene Betrachtung der Auswirkungen hafteter Annahmen. So ist das Ziel, die Dritt- einer Verlagerung auf das bisherige Universi- mittel ausgehend vom derzeitigen Status tätsquartier in Rotherbaum. Die Auswirkun- Quo (83 Mio. Euro im Jahr 2008 inkl. der me- gen einer Verlagerung der Universität auf die dizinischen Fakultät4) um 50 Prozent auf lokale Ökonomie in Eimsbüttel wären er- 128 Mio. Euro zu steigern, sehr ambitioniert. heblich. Die Annahme, dass sich der auf ein Derzeit haben insbesondere das Universitäts- studentisches Klientel ausgerichtete Einzel- klinikum Eppendorf (39 Mio. Euro in 2008) handel und die Gastronomie im Umfeld der und das DESY (13 Mio. Euro in 2007) sub- Universität bei einer Verlagerung auf die stantielle Drittmittel eingeworben.5 Ein durch veränderte Zielgruppe einer künftigen, völlig steigende Drittmittel ausgelöstes Personal- anders strukturierten Wohnbevölkerung ein- wachstum und damit einhergehender Raum- stellen können, ist unrealistisch. Diese Un- bedarf sind daher nicht über alle Bereiche der ternehmen wären von einer Verlagerung der Universität gleichmäßig verteilt zu erwarten, Universität existenzbedrohend betroffen. Vor sondern dürften mehrheitlich auf die nicht einer Entscheidung über die bauliche Erneue- verlagerbaren Standorte UKE und DESY ent- rung der Universität Hamburg müssen daher fallen. städtebauliche und soziodemografische As- pekte tiefergehend analysiert werden. Aus- Ebenso wenig als gesichert gelten kann das wirkungen der Strukturveränderungen bei aus dem Hamburger Haushalt zu finanzie- Kaufkraft und Nachfrage auf die Gewerbe- rende Budgetwachstum der Universität. Als treibenden müssen ebenfalls berücksichtigt Grundlage entsprechender Prognosen wird in werden. der BWF-Studie die politische Absichtserklä- rung von Bund und Ländern herangezogen, Kaum gewichtet wird auch, dass die Univer- die Bildungsausgaben gesamtstaatlich bis sität am Standort Rotherbaum von einem 2015 auf 10 Prozent des Bruttoinlandspro- vielfältigen sozialen und kulturellen Umfeld duktes anzuheben. Hieraus wird eine einpro- profitiert. Diese Infrastruktur müsste auf dem zentige Steigerung (real!) des universitären Kleinen Grasbrook neu geschaffen werden. Budgets pro Jahr prognostiziert.6 Weil der Die BWF-Studie setzt aber beispielsweise für Hamburger Haushalt im Zeitraum 2011 bis Kindertagesstätten keine Kosten an. 2020 real nicht um diesen Betrag wachsen Die Hindernisse für eine Verlagerung der Uni- 4 Schriftliche Kleine Anfrage: „Entwicklungsperspektiven versität auf den Kleinen Grasbrook werden der Universität Hamburg“, Drucksache 19/3017 vom nicht ausreichend berücksichtigt. So ist völlig 12. Mai 2008. 5 „Medizinische Spitzenforschung möglich machen“, Artikel unklar, ob die Grundstücke des Mittleren in der WELT-Online vom 3. Mai 2009, Gisela Schütte; Kleinen Grasbrooks für einen zeitnahen Bau- eigene Angaben des DESY. 6 Studie zur baulichen Entwicklung der Universität Hamburg, beginn zur Verfügung stehen. Selbst eine Langfassung, S. 51. städtische Entwicklung der Flächen des Mitt-

Der Standort der Universität Hamburg 55 leren Kleinen Grasbrooks nach 2025 kann nicht als gesichert gelten. Die Betriebe haben belastbar sind, weil die zugrunde liegen- bis 2025 eine Bestandsgarantie, aber keine den Prämissen mit großer Unsicherheit Kündigung zu diesem Zeitpunkt. Ob und in behaftet sind. Der Flächen- und Personal- welchem Umfang diese Flächen danach für planung muss eine realistische Budget- hafenfremde Zwecke genutzt werden, sollte entwicklung zugrunde gelegt werden. späteren Entscheidungen – und insbesondere Ebenso unverzichtbar ist eine hierauf ab- dann gegebenen Rahmenbedingungen – vor- gestimmte Finanzplanung, die sowohl die behalten bleiben. laufenden Kosten einer wachsenden, auf Exzellenz orientierten Universität erfasst Es ist daher auch nicht nachvollziehbar, dass als auch die Investitionen in Gebäude und ein Vergleich der Kosten für die Erneuerung Infrastruktur. Für eine belastbare Planung, der Universität in den einzelnen Szenarien die Überkapazitäten verhindert und die überwiegend anhand der sogenannten Vari- Befriedigung des kurzfristig vorhandenen ante II erfolgt, die von einer Entwicklung des Raumbedarfes sichern kann, sollten die Kleinen Grasbrooks unabhängig von einer Betroffenen involviert werden. Entscheidung über den künftigen Standort der Universität ausgeht und entsprechende Die Auswirkungen einer Universitätsver- Erschließungskosten einbezieht. Anders als lagerung aus Perspektive der Stadtent- der in der BWF-Studie verwendete Begriff wicklung werden von der BWF-Studie un- „Sowieso-Kosten“ suggerieren soll, entstehen zureichend untersucht. Ebenfalls unbe- keine Erschließungskosten, wenn der Kleine rücksichtigt bleiben die soziodemografi- Grasbrook weiterhin für den Hafenumschlag schen Auswirkungen eines Weggangs der genutzt wird. Die Studie verschleiert hier den Universität aus Rotherbaum. tatsächlichen Kostenunterschied zwischen den Varianten zur Universitätsentwicklung in Anders als die BWF-Studie suggeriert, Rotherbaum und auf dem Kleinen Grasbrook. ist nicht geklärt, ob die Grundstücke des Kleinen Grasbrooks überhaupt für eine zeitnahe bauliche Verwendung zur Verfü- Position: gung stehen. Daher kann die Kostenkalku- lation in der BWF-Studie, die von einer Die vom Senat veranlasste Studie zur Entwicklung des Kleinen Grasbrooks un- baulichen Entwicklung der Universität ist abhängig von der Standortentscheidung methodisch und fachlich in vielen Punk- ausgeht, nicht Grundlage eines seriösen ten unzureichend. Sofern sie überhaupt Kostenvergleichs sein. Die finanzielle Ge- zur Grundlage entsprechender Senats- genüberstellung möglicher Universitäts- entscheidungen gemacht werden soll, muss standorte muss anhand transparenter und eine unabhängige Expertengruppe den vollständiger Kostenprognosen erfolgen. Studienauftrag präzisieren und die BWF- Studie entsprechend nachgearbeitet wer- den.

Als Grundlage für Diskussionen über eine bauliche Erneuerung der Universität ist die Ableitung aus einem inhaltlichen Ge- samtkonzept notwendig, wie es jetzt mit dem STEP vorliegt. Die Fokussierung auf rein quantitative Kriterien kann keine Grund- lage für eine abschließende Entscheidung sein. Hinzu kommt, dass die in der BWF- Studie dargestellten Schätzungen zum Flächenwachstum bis 2020/2025 nicht

56 Der Standort der Universität Hamburg F. Chancen-Szenarien für bauliche Entwicklungen

I. Perspektiven der Flächen- men der weiteren Diskussion um die bauliche entwicklung an verschiedenen Erneuerung der Universität erneut die Option Standorten einer Teilverlagerung erwogen werden sollte, bietet sich vor allem eine Verlagerung der na- Die BWF-Studie nennt als grundsätzliche turwissenschaftlichen Bereiche in Neubauten Möglichkeit für die bauliche Entwicklung der auf der Trabrennbahn im unmittelbaren An- Universität die Erweiterung am derzeitigen schluss an die Großforschungseinrichtung DESY Standort, die Teilverlagerung der MIN-Fakul- an. Hier würde sich auch im Zusammenhang tät und die Vollverlagerung an einen anderen mit den im Umfeld vorhandenen Gewerbeflä- Standort auf dem Östlichen und Mittleren chen die Möglichkeit eröffnen, einen Techno- Kleinen Grasbrook. Insbesondere von unserer logiepark zu entwickeln, der auch die Zusam- Handelskammer wurden mit der Trabrenn- menarbeit zwischen der Universität und der bahn Bahrenfeld, der Wilhelmsburger Mitte – Hamburger Wirtschaft neue Impulse verleihen die auch eine günstige Lage zur TU Hamburg- würde. Die städtebaulichen Rahmenbedin- Harburg hätte – und dem ehemaligen Güter- gungen des Standortes Trabrennbahn Bahren- bahnhof Altona weitere Standortalternativen feld sind in Anhang II. ausführlich dargestellt. für eine Voll- bzw. Teilverlagerung der Uni- versität Hamburg benannt. Die Steckbriefe Die bauliche Entwicklung der Universität am dieser Standorte mit einer vorläufigen Be- derzeitigen Standort oder die Vollverlagerung wertung sind in Anhang II. aufgeführt. an einen anderen Ort sind die Alternativen, die im Weiteren ausgearbeitet werden. Wie Das Plenum der Handelskammer Hamburg hat bereits in Kapitel E. herausgearbeitet, sind in seiner Sitzung am 12. Dezember 2008 eine beide Alternativen grundsätzlich geeignet, Teilverlagerung favorisiert mit dem bevorzug- Raum für eine auf Exzellenz ausgerichtete ten Standort Trabrennbahn Bahrenfeld. Dieses Hochschule zu schaffen, wenn die dazu er- ist nach wie vor eine erwägenswerte Lösung. forderlichen Rahmenbedingungen, insbeson- In den Gesprächen mit der Universität hat sich dere die Flächenanforderungen, erfüllt werden. zwischenzeitlich allerdings ergeben, dass eine Teilverlagerung einzelner Fakultäten sehr kon- Für die Entwicklung am derzeitigen Standort fliktreich ist. Daher wird im Rahmen des Stand- werden Vorschläge unterbreitet, die qualita- punktpapiers darauf verzichtet, eine Teilverla- tiv deutlich über die in der BWF-Studie vor- gerung vertiefend zu betrachten. Wenn im Rah- gestellten Entwürfe hinausgehen und aufzei-

Abb. 24: Standorte Rotherbaum und Klostertor © Handelskammer Hamburg

Der Standort der Universität Hamburg 57 gen, welch großes Entwicklungspotenzial der Harburger Binnenhafen gestärkt werden. Stadtteil Rotherbaum für „seine“ Universität Dies ist aber wie dargelegt auch bei dauer- noch hat. Für die Vollverlagerung wird ein hafter Nutzung des Mittleren und Westlichen Standort vorgeschlagen, der vergleichsweise Kleinen Grasbrooks durch den konventionel- geringe Nutzungskonflikte bringt, aber gro- len Hafenumschlag möglich. Dennoch kann ßen städtebaulichen Charme hat: der Stand- eine Verlagerung der Universität in die süd- ort Klostertor südöstlich der Hamburger In- östlich der Innenstadt gelegenen Quartiere nenstadt in unmittelbarer Nachbarschaft der aufgrund der städtebaulichen Situation und HafenCity mit den Flächen des heutigen Groß- der Nutzungsstruktur die größtmögliche marktes und des ehemaligen Huckepackbahn- städtebauliche Integrationswirkung und Im- hofes Rothenburgsort. pulse zur Aufwertung entfalten. Bei der Su- che nach einem alternativen Standort für ei- ne Vollverlagerung sollten daher möglichst II. Bauliche Szenarien Grundstücke ausgewählt werden, die einen der Universitätsentwicklung nachhaltigen stadtentwicklungspolitischen Impuls auch für den Sprung über die Elbe er- Seit ihrer Gründung im Jahr 1919 befindet warten lassen. Zudem gilt es, einen Standort sich die Universität Hamburg am Standort zu finden, der möglichst weitgehend den in Rotherbaum. Ein Großteil der Gebäude Kapitel B. genannten Anforderungen aus Per- stammt aus den 1950er- bis 1970er-Jahren. spektive des Universitätsbetriebs und dem in In den letzten zehn Jahren sind umfangreiche Kapitel E. II. hergeleiteten Soll-Profil entspricht. Renovierungs- und Modernisierungsmaß- nahmen durchgeführt worden. Zu berück- Unsere Handelskammer hat auf Basis dieser sichtigen ist auch, dass insbesondere im Be- Überlegungen systematisch alle Flächen süd- reich der MIN-Fakultät erhebliche Investitio- östlich des Stadtzentrums daraufhin unter- nen in die Laborausstattung getätigt worden sucht, ob sich hier eine Win-win-win-Situa- sind. Auf der anderen Seite verfügt die FHH tion zwischen Universitäts-, Stadt- und Ha- im Bereich der Universität über zahlreiche fenentwicklung realisieren lässt. Das Ergeb- Grundstücke, die sich zwar teilweise bereits nis dieses Screening-Prozesses ist ein Areal, heute in der Verfügung der Universität befin- das im öffentlichen Bewusstsein derzeit we- den, aber lediglich mit untergeordneten Nut- nig präsent ist, das aber tatsächlich alle An- zungen wie z. B. Stellplätzen oder Behelfs- forderungen erfüllt: das Klostertor. bauten belegt werden. Zusammen mit dem möglichen Abriss und Neubau auf geeigneten Grundstücken ergibt sich erhebliches Nach- verdichtungspotenzial, dass für die sukzessi- ve bauliche Erweiterung und Erneuerung der Universität genutzt werden kann. Insofern werden die baulichen Entwicklungsmöglich- keiten am Standort Rotherbaum im Folgen- den als ein Szenario intensiv untersucht. Abb. 25: Standort Klostertor © Handelskammer Hamburg Der in der BWF-Studie für eine Verlagerung vorgeschlagene Standort Kleiner Grasbrook Der Standort Klostertor zwischen der Am- ist insbesondere mit den Entwicklungszielen sinckstraße und dem Oberhafen und beider- des Hamburger Hafens unvereinbar (vgl. Ka- seits der Billhorner Brückenstraße nördlich pitel C.). Auf der anderen Seite sind die stadt- der Elbbrücken eignet sich vor allem auf- entwicklungspolitischen Intentionen, die dem grund seiner zentralen Lage und seiner heuti- Standortvorschlag zugrunde liegen, nicht gen Baustruktur für die Entwicklung eines grundsätzlich von der Hand zu weisen. So soll neuen Universitätsstandortes. Die Universität mit der Entwicklung des Kleinen Grasbrooks könnte auf dem Gelände des heutigen Groß- die Entwicklungsachse von der Innenstadt marktes für Obst, Gemüse und Blumen und bzw. der HafenCity über die Elbinsel bis zum auf dem Gelände des ehemaligen Hucke-

58 Der Standort der Universität Hamburg packbahnhofes Rothenburgsort entstehen. Zur sigen Firmen geschützt durch eine Stand- Verknüpfung beider Gelände sollten zudem ortsicherung des Senates der FHH. Die FHH die Grundstücke um den Brandshofer Deich hat ein frühestmögliches Sonderkündigungs- hinzugezogen werden. recht zum 31. Dezember 2014 für Räumung zum 31. Dezember 2024. In diesem Fall sind Für den heutigen Großmarkt müsste eine at- von der FHH vertraglich vereinbarte Ent- traktive Ersatzfläche gefunden werden, die schädigungen an die ansässigen Unterneh- mindestens gleichwertige, möglichst sogar men zu leisten. günstigere Rahmenbedingungen für den Be- trieb der Anlage bietet. Eine solche Fläche ist 2. Die auf dem Großmarkt ansässigen Unter- in unmittelbarer Nähe vorhanden: auf dem nehmen haben Ihre Investitionsentschei- Östlichen Kleinen Grasbrook. Die Gesamtflä- dungen sowie ihre mittelfristigen Planungen che ist mit 23,5 Hektar zwar etwas kleiner als auf diese Rahmenbedingungen abgestimmt. das heutige Areal (28,3 Hektar), im Zuge ei- nes vollständigen Neubaus könnte jedoch ei- ne gewisse Verdichtung realisiert werden. Fazit: Entlang des Holthusenkais sollten Büroge- bäude errichtet werden, die vom Großmarkt, Die Universität Hamburg kann an ihrem aber auch durch Dritte genutzt werden kön- heutigen Standort in Rotherbaum baulich nen. Damit wäre eine architektonisch anspre- entwickelt werden. Damit kann an die um- chende Gestaltung dieses Elbufers verbunden fangreichen Erneuerungsmaßnahmen der und zugleich ein Schallschutz für die ge- letzten zehn Jahre angeknüpft werden. Die genüberliegende HafenCity gegeben. Nach benötigten Grundstücke befinden sich be- Süden hin würden sich dann die Hallen des reits überwiegend in städtischem Besitz. Großmarktes anschließen. Nach Aufgabe der Freizone würde über die Tunnelstraße eine Eine Alternative stellt die Verlagerung der unmittelbare Straßenanbindung an die Auto- Universität an den Standort Klostertor bahn-Anschlussstelle HH-Veddel erfolgen. südöstlich der Hamburger Innenstadt dar. Das Großmarktgelände und der ehemalige Maßgebliche Voraussetzung für die Verlage- Huckepackbahnhof Rothenburgsort wären rung des Großmarktes ist, dass hierdurch eine anforderungsgerechte Flächen für eine Verbesserung des Status quo erzeugt wird: großzügige Neuplanung der Universität. Durch ihre Lage zwischen Innenstadt, • Entlassung des Östlichen Kleinen HafenCity, Elbinsel und dem Hamburger Grasbrooks aus dem Hafengebiet und Osten wären mit der Ansieldung der Möglichkeit zum Erwerb des Grund- Universität an diesem Standort starke eigentums durch den Großmarkt. Stadtentwicklungsimpulse verbunden. Für • Anpassung des Mietniveaus für die den Großmarkt stünde mit dem Östlichen angeschlossenen Betriebe ausschließlich Kleinen Grasbrook eine attraktive Ersatz- im Rahmen möglicher Erhöhungen der fläche bereit. Flächenproduktivität. • Diskriminierungsfreier Zugang zu den Die denkmalgeschützte Halle des heutigen Standflächen. Großmarktes könnte bei einem entsprechen- den Umbau ohne Weiteres Hörsäle und die Eine detaillierte Ausgestaltung der Rahmen- Universitätsbibliothek mit den nötigen Ma- bedingungen kann nur im Dialog mit den drei gazinen aufnehmen. Das Gelände des ehe- auf dem Großmarkt tätigen Genossenschaf- maligen Huckepackbahnhofes befindet sich ten erfolgen. bereits seit gut zwei Jahren im Besitz der FHH. Bisher gibt es Vorüberlegungen, hier Dabei ist folgendes zu beachten: ein Gewerbegebiet zu entwickeln. Insgesamt 1. Der derzeitige Standort des Großmarktes ist bieten die dargestellten Gelände für eine bis zum 31. Dezember 2034 für die ansäs- Vollverlagerung der Universität eine hervor-

Der Standort der Universität Hamburg 59 Abb. 26: Städtebauliches Konzept der Handelskammer für die Universität in Rotherbaum © Handelskammer Hamburg ragende Grundlage. Insofern werden die bau- bestehenden Grundstücksflächen der Univer- lichen Entwicklungsmöglichkeiten an diesem sität umgesetzt werden; zusätzlich werden Standort im Folgenden als alternatives Sze- einige Gebäude im Umfeld der Universität nario für die Universität intensiv untersucht. zur Nutzung durch Universitätseinrichtungen und Spin-offs vorgeschlagen. Diese Grund- 1. Standort Rotherbaum stücke verfügen über ein besonderes Potenzi- al, die bauliche Exzellenz der Universität am Das Szenario „Rotherbaum“ setzt darauf, die Standort herauszuarbeiten. Universität Hamburg an ihrem jetzigen Standort durch Modernisierungen oder Ab- Die Aufteilung in einen Campus für die geis- risse und Neubauten im Bestand sukzessive teswissenschaftlichen Fächer am Von-Melle- weiterzuentwickeln entsprechend den Anfor- Park und einen Campus für die mathema- derungen einer auf Exzellenz und Wissens- tisch-naturwissenschaftlichen Fächer (MIN- transfer setzenden Universität. Die Entwick- Campus) am Martin-Luther-King-Platz und lung kann dabei sehr weitgehend auf den an der Bundesstraße wird beibehalten. Die Informatik wird aus Stellingen zum MIN- Campus verlagert. Der Standort am Universi- täts-Sportpark bleibt bestehen.

Grundgedanke für die bauliche Entwicklung ist es, den beiden Campusstandorten Von- Melle-Park und Martin-Luther-King-Platz/ Bundesstraße einen individuellen Charakter zu verleihen. Der Campus am Von-Melle-Park erhält als Abfolge städtischer Plätze einen „steinernen“ Charakter, der MIN-Campus wird im Kontrast dazu als landschaftlich ge- Abb. 27: Aufteilung in „steinernen“ Campus und stalteter „grüner“ Campus entwickelt. Diese „grünen“ Campus © Handelskammer Hamburg Gestaltung nimmt auch Bezug auf die Klima-

60 Der Standort der Universität Hamburg forschungseinrichtungen an der Bundes- siert. Im Rahmen dieser Maßnahmen ist eine straße. Auf diese Weise erhält dieser Teil der Aufstockung und die Erneuerung der Fas- Universität erstmals einen attraktiven und saden vorgesehen. Im Inneren werden die imagebildenden Außenbereich, der zugleich Seminarräume an die Außenseiten verlegt als neuer Stadtteilpark auch eine Bereicherung und erhalten so eine natürliche Belichtung. für die umliegenden Wohnquartiere bedeutet. Die Flächen im Gebäudekern werden künftig durch die Fachbibliotheken genutzt. Gleich- Die Herausforderung für die Entwicklung der wohl können diese Bauten bei Bedarf anderen Universität am Standort besteht darin, durch baulichen Entwicklungen weichen, ohne dabei gezielte Maßnahmen auf den bestehenden das städtebauliche Konzept infrage stellen zu Grundstücksflächen der Universität eine sig- müssen. Modernisiert werden außerdem die nifikante und prägnante räumliche Aufwer- Gebäude, die das Ensemble des Campus prä- tung der Universität einzuleiten und diese im gen, z. B. der charakteristische Schalenbau des laufenden Betrieb schrittweise umzusetzen. Audimax von 1957/58, der Bibliotheksaltbau Auf dem Campus Von-Melle-Park werden die und das Gebäude Allende-Platz 1. Mit dem Staats- und Universitätsbibliothek und die ehemaligen Postgebäude in der Schlüterstra- Gebäude auf der Westseite der zentralen ße wird künftig ein weiteres markantes Ge- Campus-Achse zwischen dem sogenannten bäude von der Universität genutzt. „WiWi“-Bunker und Allende-Platz 1 („Pferde- stall“) durch Neubauten ersetzt. Abgerissen Durch die Neubauten in den genannten Be- werden ebenfalls das Studierendenhaus, der reichen und Anbauten am Philosophenturm Bunker am Allende-Platz und das Gebäude erhöht sich die bauliche Ausnutzung des Binderstraße 34. Erhalten werden der Philo- Campus. Ein zehnstöckiger Solitär auf der sophenturm und der Bau des Fachbereichs rückwärtigen Fläche zwischen Joseph-Carle- Erziehungswissenschaften (Von-Melle-Park 8), bach-Platz, Binderstraße und Schlüterstraße die aus funktionaler und immobilienwirt- gibt diesem heute räumlich wenig definier- schaftlicher Sicht, z. B. wegen kürzlich abge- ten Bereich einen Mittelpunkt. schlossener Modernisierungen, eine gute Zu- kunftsperspektive haben. Der WiWi-Bunker Der Abriss des Staatsbibliothek-Anbaus schafft wird weitgehend umgebaut und moderni- einen wünschenswerten neuen, großzügigen

Abb. 28: Campus Von-Melle-Park © Handelskammer Hamburg

Der Standort der Universität Hamburg 61 Zugang zur Universität. Der bisher von vielen Entree zum Von-Melle-Park geschaffen. Zwi- Studenten und Mitarbeitern aus Richtung schen den beiden Campus-Bereichen werden Dammtorbahnhof als Hauptzugang genutzte die Bürgersteige der Grindelallee als Wege- Durchgang an der Ostseite der Staatsbiblio- verbindung neu gestaltet. Auch im Grindel- thek ist gegenwärtig völlig unangemessen hof und dem Abschnitt der Rentzelstraße gestaltet. Die Neugestaltung des Campus zwischen Grindelallee und Bundesstraße wird stellt den Altbau des ehemaligen Wilhelm- die Verbindungsfunktion baulich markiert. Gymnasiums frei und eröffnet an beiden Sei- ten durch Neubauten gefasste Zugänge auf Besonderer Handlungsbedarf zur baulichen den Campus. Der Abriss des Staatsbibliothek- Erneuerung besteht am MIN-Campus. Hier Anbaus muss aber aufgrund der besonderen zielt die städtebauliche Gestaltung darauf, gebäudetechnischen Ausstattung im Rahmen die bisher kaum miteinander in Beziehung der weiteren Überlegungen der FHH mit be- stehenden Teilbereiche dieses Campus auf sonderer Aufmerksamkeit einer betriebswirt- beiden Seiten der Bundesstraße miteinander schaftlichen Prüfung unterzogen werden. zu verknüpfen. Insbesondere die Bauten auf ihrer Ostseite am Martin-Luther-King-Platz Mit der Umstrukturierung und Entwicklung wenden sich von der Bundesstraße ab. Als zu- der Universität am bestehenden Standort ist sätzliche Barriere wirken die Parkplätze vor das Ziel verbunden, allen Einrichtungen glei- den Gebäuden der Chemie. chermaßen eine leicht auffindbare Adresse innerhalb einer Vielzahl unterschiedlicher Durch den weitgehenden Neubau des MIN- Lehr- und Forschungseinrichtungen zu ge- Campus entsteht hier ein großer, baulich ge- ben. Im Rahmen der baulichen Erneuerung fasster Universitätspark, der die Teilbereiche soll der Campus Von-Melle-Park auch besser dieses Campus auf beiden Seiten der Bundes- mit dem MIN-Campus verknüpft werden. Mit straße miteinander verknüpft. Entlang dieser dem „steinernen“ Campus und dem „grünen“ zentralen Achse öffnet sich die Universität Campus entstehen zwei Pole, die nach dem künftig zum Stadtteil und präsentiert sich Vorbild des „Knochenmodells“ für die Planung den Passanten. Zugleich könnte die Bundes- von Einkaufszentren durch ihre unterschied- straße zwischen Rentzelstraße und Sedan- lichen Qualitäten Anlass für den fußläufigen straße als Shared Space (Gemeinschaftsstra- Austausch bieten und die Wegebeziehungen ße) ausgewiesen werden, um ihre Barriere- zwischen den beiden Standorten stärken. wirkung weiter zu reduzieren. Vom U-Bahn- hof Schlump wird erstmals ein großzügiger Wichtiges Bindeglied zwischen beiden Cam- Eingangsbereich an das Geomatikum heran- pus-Arealen ist die Grindelallee, die sich mit und in den „grünen“ Campus hineinführen. einer großen Nutzungsvielfalt aus Geschäf- ten und Cafés zu einer stark genutzten Ein- Das Geomatikum wird vor allem aus wirt- kaufsstraße entwickelt hat. schaftlichen Gründen erhalten. Gleichwohl muss seine Modernisierung fortgesetzt wer- Diese Strukturen sind mit einer hochwerti- den, in die seit 2002 über neun Mio. Euro un- gen, einer Universität und dem Stadtteil wür- ter anderem für ein modernes Foyer investiert digen Gestaltung zu stärken und zu einem wurden. Als Landmarke der Universität muss Boulevard zu entwickeln. Die Ausgestaltung auch eine innovative Fassadengestaltung vom der Übergangszonen zwischen Boulevard und Wandel der Hochschule künden. Das Geomati- den Eingangsplätzen zu den beiden Campus- kum wird durch Neubauten an der Nord- und Bereichen sowie sein Auftakt am Bahnhof Westseite ergänzt. Von hier entsteht auch ein Dammtor sind wesentlich für die Veranke- direkter Weg zu einem neuen Zugang zur U- rung der Universität im Stadtraum und ihre Bahnstation Schlump an der Kreuzung Beim leichte Auffindbarkeit. Als Teil einer direkten Schlump/Schröderstiftstraße. In diesem Zu- Verbindung zum MIN-Campus wird an der sammenhang ist zu überlegen, die Haltestelle Grindelallee im Bereich des heutigen Minera- Schlump in „Schlump/Universität Hamburg logischen Museums und des Studenten- MIN-Campus“ umzubenennen, um die Wahr- wohnheims ein durch Neubauten gefasstes nehmung der Universität zu stärken.

62 Der Standort der Universität Hamburg Abb. 29: MIN-Campus © Handelskammer Hamburg

Abb. 30: Potenzielle Spin-off-Standorte in Rotherbaum © Handelskammer Hamburg

Der Standort der Universität Hamburg 63 Abb. 31: Umsetzungsphase 1 © Handelskammer Hamburg

Abb. 32: Umsetzungsphase 2 © Handelskammer Hamburg

In der BWF-Studie wird zu Recht auf die gro- Produktion in begrenztem Raum und ist für ße Bedeutung von räumlichen Möglichkeiten Existenzgründer im Bereich der Naturwissen- für sogenannte „Spin-offs“, insbesondere im schaften ideal. Weil die Gewerbeschule ein materialwissenschaftlichen Bereich, hinge- Schüleraufkommen aus dem gesamten Stadt- wiesen und zugleich deren Mangel im Stadt- gebiet hat, ist – anders als bei der Feuerwa- teil Rotherbaum beklagt. Tatsächlich bieten che – auch ein entfernterer Ersatzstandort sich hierfür aber zwei besonders gut geeigne- denkbar. Der Komplex des Schröderstifts mit te Immobilien in unmittelbarer Nachbar- seinem eigenen campusähnlichen Innenhof schaft zur MIN-Fakultät an der Bundesstraße wäre ein idealer Platz für Spin-offs im Be- an: die Gewerbeschule G2 und die Gebäude reich der Informatik. Die derzeitigen Nut- des Schröderstifts. Das Gebäude der Ge- zungsverhältnisse sollten in einem angemes- werbeschule bietet wegen seiner massiven senen Zeitraum von maximal fünf Jahren ein- Bauweise gute Bedingungen für Labore und vernehmlich aufzulösen sein.

64 Der Standort der Universität Hamburg Abb. 33: Umsetzungsphase 3 © Handelskammer Hamburg

Abb. 34: Umsetzungsphase 4 © Handelskammer Hamburg

Als eine spätere zusätzliche Option könnten sieren. Die Umsetzung dieses Szenarios soll bei entsprechender Nachfrage auch die ge- daher schrittweise bis 2025 erfolgen. In der werblich genutzten Gebäude an der Reinfeld- ersten Bauphase werden bis ca. 2015 auf straße für Spin-offs genutzt werden. Auch freien Flächen in den Randbereichen der Uni- am Brockmannsweg könnte ein Bürogebäude versitätsgrundstücke bzw. am alten Standort für Ausgründungen der Universität errichtet der Zoologie, die nach Bahrenfeld verlagert werden. wird, Neubauten errichtet. Zudem wird das alte Postgebäude an der Schlüterstraße für Die Herausforderung, die Universität am Universitätszwecke hergerichtet. Dies schafft Standort im laufenden, ungestörten Betrieb die nötigen Ersatzflächen für abgängige Ge- und ohne Auslagerung von Fachbereichen an bäude. In der zweiten Umsetzungsphase von andere Standorte umzustrukturieren, ist nur 2015-2020 werden dann Neubauten über- in einem dezidierten Stufenkonzept zu reali- wiegend auf den freigemachten Flächen er-

Der Standort der Universität Hamburg 65 Abb. 35: Heutiger Zustand Universitätsstandort Rotherbaum © Mathias Friedel Luftbildfotografie

66 Der Standort der Universität Hamburg Abb. 36: Planung für den Universitätsstandort Rotherbaum © Handelskammer Hamburg © Mathias Friedel Luftbildfotografie

Der Standort der Universität Hamburg 67 richtet. Zudem finden in diesem Zeitraum die 2. Standort Klostertor Verlagerung der Staats- und Universitätsbi- bliothek in das Postgebäude und die Moder- Der Standort Klostertor bietet ausreichende nisierung des Geomatikums statt. In der drit- Flächen in zentraler Lage für die Komplett- ten Bauphase wird die Neugestaltung der verlagerung der Universität. Zudem kann die Universität an der Grindelallee fortgesetzt. Universität hier in einen neuen Wissen- Ihren Abschluss findet die bauliche Erneue- schaftsstandort mit Spin-offs, technologie- rung der Universität Hamburg am Standort orientierten Unternehmen, externen Einrich- Rotherbaum mit den letzten Neubauten und tungen und Kooperationspartnern eingebun- der Fertigstellung des „grünen“ Campus zwi- den werden. Darüber hinaus bietet der Cam- schen 2023 und 2025. pus Raum für neuen, nicht nur studentisch orientierten Wohnungsbau. Durch die Lage Das Szenario schafft am Standort Rother- dieses Standortes zwischen der HafenCity, baum 210 000 qm zusätzliche Bruttogeschoss- Rothenburgsort und den Elbbrücken kann die fläche. Sie entsprechen dem in der BWF- Verlagerung der Universität hier zudem zur Studie dargestellten räumlichen Mehrbedarf strategischen Stadtentwicklung beitragen. der Universität. Die Flächen der Fakultät für An den Elbbrücken wird in der HafenCity mit Rechtswissenschaft liegen dabei um 1 700 den geplanten Hochhäusern des Elbbrücken- qm geringfügig unter den Zielwerten der zentrums bis etwa 2025 ein bedeutender Bü- BWF-Studie; den stärksten zusätzlichen Flä- rostandort entstehen. Anders als der von der chengewinn (19 100 qm BGF) gegenüber der BWF-Studie präferierte Standort Kleiner BWF-Studie verzeichnet die MIN-Fakultät. Grasbrook, der auf einer von Wasser umgebe- nen Insel läge, kann der Standort Klostertor als städtebaulich integrierte Lösung ausge- Position: staltet werden. So kann dieser weitaus mehr städtebauliche Impulswirkung auf die umlie- Mit der Entwicklung der Universität genden Quartiere entfalten. Hamburg am Standort Rotherbaum muss für den Campusbereich Von-Melle-Park Der insgesamt etwa 63 Hektar große Stand- und den MIN-Campus jeweils eine eigene ort Klostertor umfasst die Flächen zwischen Identität geschaffen werden. Der Campus Mittelkanal, Amsinckstraße, Oberhafen und Von-Melle-Park sollte als „steinerner“ der Billhorner Brückenstraße, die heute größ- Campus, der MIN-Campus als „grüner“ tenteils vom Hamburger Großmarkt für Obst, Campus gestaltet werden. Vor allem der Gemüse und Blumen in Anspruch genommen MIN-Campus muss besser in den Stadtteil werden. Ebenfalls zu diesem Standort gehört integriert werden und einen attraktiven der ehemalige Huckepackbahnhof Rothen- und imagebildenden Außenbereich erhal- burgsort. Es handelt sich überwiegend um ten. Dies sollte durch einen öffentlichen Flächen in städtischem Besitz. Benannt ist Park geschehen, der die Bereiche auf bei- dieses Szenario nach dem 2008 aufgelösten den Seiten der Bundesstraße verbindet. Stadtteil Klostertor (seinerseits benannt nach dem früheren Kloster St. Johannis am Klos- Der Campus Von-Melle-Park und der terwall), der große Teile des Plangebiets um- MIN-Campus müssen durch eine neu fasst hat. gestaltete Wegeverbindung verknüpft werden. Im Umfeld der Universität sind Voraussetzung für die Ansiedlung der Univer- Flächen für Spin-offs vorzusehen, die die sität am Standort Klostertor ist die Verlage- Vernetzung von Universität und Wirt- rung des Großmarktes. Für den Betrieb am schaft stärken. gegenwärtigen Standort gibt es eine Be- standsgarantie bis 2034. Hier müssten Ver- handlungen über einen vorzeitigen Umzug an einen neuen Standort geführt werden. Ein stadtnaher und verkehrsgünstig gelegener Ersatzstandort für den Hamburger Groß-

68 Der Standort der Universität Hamburg Abb. 37: Städtebauliches Konzept Klostertor © Handelskammer Hamburg markt könnte z. B. an der Autobahn A1 in auf. Westlich und östlich der umgenutzten etabliert werden. Auf jeden Fall ist Großmarkthalle werden die rechtswissen- eine Verlagerung des Großmarktes leichter zu schaftliche Fakultät bzw. die Fakultäten für realisieren als eine Verlagerung von Um- Geistes-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaf- schlagsterminals im Hamburger Hafen, weil ten angeordnet. Im Süden des Geländes am hier nur eine zentrale, verkehrlich gut er- Oberhafen entstehen Punkthäuser mit Woh- schlossene Lage ohne Wasseranbindung Vo- nungen. Östlich der Bille schließt sich auf raussetzung ist. dem Gelände des heutigen Billhafens die Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psycho- Dominiert wird das geplante neue Universi- logie und Bewegungswissenschaft (EPB) mit tätsviertel von der denkmalgeschützten den zugeordneten Sportanlagen an. Auch Großmarkthalle des Architekten Bernhard sie wird durch Wohnbebauung ergänzt. Die Hermkes mit ihrem charakteristischen, ge- MIN-Fakultät wird auf dem ehemaligen Hu- schwungenen Dach. Sie wird zum Hörsaal- ckepackbahnhof Rothenburgsort angesiedelt. zentrum der Universität umgebaut und Dem Leitbild der Nutzungsmischung folgend nimmt daneben die Bibliothek sowie Präsidi- ist auch hier im nördlichen Bereich Wohnbe- um und Verwaltung auf. Östlich der Halle bauung vorgesehen. Hier konzentrieren sich werden mit der Mensa und dem Audimax zudem externe Einrichtungen, integrierte In- weitere zentrale Einrichtungen des Campus stitutionen und die Flächen für Spin-offs. So gruppiert. Von hier wird durch eine Brücke entstehen gemischte Quartiersstrukturen, die über den Oberhafen auch die Verbindung zur ein städtisches Leben befördern und Nutzer östlichen HafenCity hergestellt. aus den angrenzenden Quartieren anziehen können. Städtebaulich setzt das Konzept mit Die Großmarkthalle bildet in ihrer Dimension neuen Landmarken die Abfolge von Hochpunk- und Ausrichtung den Maßstab für die gesam- ten am nördlichen Elbufer fort und führt den te städtebauliche Struktur der einzelnen Teil- Stadtteil Hammerbrook an das Wasser heran. quartiere. Diese reihen sich an einem alle Be- reiche verbindenden „Uniboulevard“, der auf Jedes Teilquartier erhält eine eigene, in Funk- der ehemaligen Güterbahntrasse verläuft, tion und Anmutung individuell ausgestaltete

Der Standort der Universität Hamburg 69 Abb. 38: Universität mit Großmarkthalle © Handelskammer Hamburg

Identität, womit jeder Fachbereich der Uni- versität eine räumlich eindeutig identifizier- bare Einheit bildet. Der Uniboulevard als Ver- bindungsachse verknüpft alle Teilbereiche des Campus. Die Anbindung der MIN-Fakultät an Rothenburgsort wird durch eine neue Zufahrt von Süden über den Billhorner Mühlenweg sichergestellt. Damit wird ein zusätzlicher Zugang zu dieser Fläche geschaffen, die bis- her nur von der Billstraße her anfahrbar ist.

Alle Quartiere mit Ausnahme der MIN-Fakul- tät auf dem ehemaligen Huckepackbahnhof Abb. 39: Konzept für den Umbau der Großmarkthalle haben Wasserbezug und eine eigene Pro- zum Hörsaalzentrum © Handelskammer Hamburg menade. Um eine Beziehung zwischen den Universitätsflächen und dem Oberhafen herzustellen, muss ein Zugang zum Wasser entstehen. Dazu kann die vorgesehene neue Flutschutzmauer im Bereich des Billhafens genutzt werden, um durch eingelassene Treppen die Nähe zum Wasser herzustellen und am Oberhafen gewissermaßen Balkone zu schaffen.

Die ÖPNV-Anbindung der Universität am Klostertor kann über die bestehenden S-Bahn- stationen in Rothenburgsort und Hammer- brook weitgehend gesichert werden. Darüber Abb. 40: Kaitreppe © Handelskammer Hamburg

70 Der Standort der Universität Hamburg Abb. 41: Umsetzungsphase 1 © Handelskammer Hamburg

Abb. 42: Umsetzungsphase 2 © Handelskammer Hamburg hinaus ist auch die U-Bahnstation HafenCity Phase folgen die geisteswissenschaftliche Fa- Universität durch die Brücke über den Ober- kultät und die Fakultät für Wirtschafts- und hafen in kurzer Zeit zu erreichen. Falls später Sozialwissenschaften. Auch der Umbau der eine zusätzliche S-Bahnstation im Bereich Großmarkthalle wird bis 2018 abgeschlossen. der Elbbrücken entsteht, verbessert sich die Im letzten Schritt ziehen auch die Rechts- Erschließung des geplanten Universitätsge- fakultät und die EPB-Fakultät um. Nach 2022 ländes weiter. Die Schnellbahnhaltestellen erfolgen noch bauliche Ergänzungen für Woh- können durch Buslinien und -haltestellen er- nen und externe Einrichtungen. Durch die gänzt werden. Mischnutzung für Lehre und Forschung an Universität und in externen Einrichtungen, In den einzelnen Bauabschnitten wird zu- Spin-offs sowie durch den Wohnanteil in nächst bis 2014 die MIN-Fakultät an den Wasserlage entsteht direkt neben der dyna- Standort Klostertor verlagert. In der zweiten mischen HafenCity ein lebendiges Quartier.

Der Standort der Universität Hamburg 71 Abb. 43: Umsetzungsphase 3 © Handelskammer Hamburg

Abb. 44: Umsetzungsphase 4 © Handelskammer Hamburg

Das Szenario sieht vor, entsprechend der dem Anspruch, eine lebendige Universität in Zielvorstellungen der Universität insgesamt gemischten städtischen Strukturen anzu- 328 000 qm BGF neu zu schaffen. Dabei ist streben, sind diese zusätzlichen Flächen für für die Fakultäten ein Flächenwachstum vor- Wohnen, Gewerbe/Dienstleistungen, Freizeit gesehen, dass den Zielwerten der BWF-Stu- und kulturelle Nutzungen vorzusehen und die entspricht. Der Standort Klostertor bietet von Beginn an mit zu planen. zudem ein weit über den geforderten Flächen- bedarf einer wachsenden Universität hinaus- gehendes Angebot. Dieses bietet die Chance, flexibel auf die sich in den kommenden Jah- ren konkretisierenden Flächenbedarfe rea- gieren zu können. Im Sinne einer integrierten Standortentwicklung, insbesondere aber mit

72 Der Standort der Universität Hamburg städtebaulichen Identität Rotherbaums zu Position: erwarten. Das zusätzliche Bauvolumen von 100 000 qm HNF lässt sich deutlich stadt- Für eine gegebenenfalls politisch gewollte verträglicher integrieren, als die Darstellun- Verlagerung der Universität Hamburg steht gen des Architekturbüros gmp in der BWF- mit dem Standort Klostertor ein integrier- Studie zur baulichen Entwicklung der Univer- ter Standort zur Verfügung, der zusätzlich sität suggerieren. Zudem können eventuelle, hohes Flächenpotenzial für Spin-offs, ge- noch weiter gehende Flächenbedarfe der Uni- werbliche Nutzungen und Wohnraum bie- versität z. B. durch die Bebauung des Sport- tet. Der Standort kann so zu einem Binde- platzes an der Rothenbaumchaussee gedeckt glied zwischen Innenstadt, HafenCity, Elbinsel werden. und den im Norden und Osten angrenzen- den Stadtteilen entwickelt werden. Das städtebauliche Konzept des Szenarios Rotherbaum greift die Dimensionen der Die besonderen Lagequalitäten am Ober- gründerzeitlichen Bebauung in diesem Stadt- hafen müssen durch entsprechende Wasser- teil auf. An der Schlüterstraße und auf dem bezüge entwickelt werden. Die einzelnen MIN-Campus stärken die neuen Baukörper Fakultäten sollten so jeweils eine eigene die typische Blockstruktur. Gleichzeitig schafft Identität erhalten. das Szenario mit dem Universitätspark zu- sätzliche Grünflächen für den Stadtteil. Die Wegebeziehungen im Stadtteil werden durch die Öffnung der Campusbereiche an der III. Impulswirkungen Moorweidenstraße, der Grindelallee und der auf das Universitätsumfeld Bundesstraße gestärkt, und die Universität wird insbesondere am Martin-Luther-King- Die Universität Hamburg prägt ihren heuti- Platz besser in den Stadtteil integriert. gen Standort im Grindelviertel nicht nur städtebaulich und soziodemografisch; auch Durch die Weiterentwicklung der Universität die Struktur der Wirtschaft im Stadtteil Ro- an ihrem jetzigen Standort wird ein Bruch in therbaum wird von ihr wesentlich beeinflusst. der Entwicklung der lokalen Ökonomie des Neben Gastronomie und Einzelhandel für stu- Stadtteils vermieden. Mit den steigenden dentische Zielgruppen profitieren auch Ko- Personal- und Studentenzahlen am Standort operationseinrichtungen und private Dienst- können die Universität und der Einzelhandel leistungsunternehmen von den Fühlungsvor- ebenso wie die Gastronomie im Grindelviertel teilen der Universität. weiter voneinander profitieren.

Die bauliche Erneuerung der Universität Neben diesen typischen Einrichtungen eines Hamburg wird diese Strukturen insbesondere Studentenviertels finden sich in Rotherbaum im Fall einer Vollverlagerung massiv beein- aber auch zahlreiche Arbeitsplätze für Hoch- flussen. Daher sollen im folgenden Kapitel die qualifizierte. Ein Beispiel hierfür ist der städtebaulichen, ökonomischen und soziode- Rechts-Cluster: Im Umfeld der juristischen mografischen Auswirkungen der Szenarien Fakultät haben sich weitere externe Institute Rotherbaum und Klostertor auf den heutigen angesiedelt. Dazu gehören das Max-Planck- bzw. den potenziellen neuen Standort der Institut für ausländisches und internatio- Universität abgeschätzt werden. nales Privatrecht am Mittelweg und das in- ternationale Institut für Finanz- und Steuer- 1. Standort Rotherbaum recht. Das Umfeld der Universität ist zudem Standort zahlreicher Anwalts- und Wirt- Im Rahmen der baulichen Erneuerung der schaftskanzleien. Auch die Bucerius Law Universität Hamburg sollen ihre Nutzflächen School an der Jungiusstraße ist Teil dieses um etwa ein Drittel vergrößert werden. Den- Rechts-Clusters. Die hier gebündelte Fach- noch ist durch diese deutliche Erweiterung kompetenz stärkt den Unternehmensstandort am traditionellen Standort kein Bruch mit der Hamburg. Die Entwicklung der Universität an

Der Standort der Universität Hamburg 73 Abb. 45: Heutiger Zustand des Standortes Klostertor © Mathias Friedel Luftbildfotografie

74 Der Standort der Universität Hamburg Abb. 46: Luftbild Universitätsstandort Klostertor (westlicher Teil) © Handelskammer Hamburg © Mathias Friedel Luftbildfotografie

Der Standort der Universität Hamburg 75 ihrem etablierten Standort sollte daher auch ist zwar der bedeutendste Zubringer in die genutzt werden, um diesen Rechts-Cluster Hamburger Innenstadt von Süden, in der weiter auszubauen. heutige Gestaltung ist dies aber nicht ables- bar. Das Szenario Klostertor sieht vor, die Bill- horner Brückenstraße auch auf der Westseite Position: baulich zu fassen. Zusätzlich markiert wird der Stadteingang durch ein zehnstöckiges Bei der Entwicklung der Universität Ham- Bürohaus an der Kreuzung Billhorner Brü- burg an ihrem angestammten Standort im ckenstraße und Amsinckstraße. Einen auffäl- Stadtteil Rotherbaum muss die Verzah- ligen architektonischen Akzent setzt auch nung von Universität und Stadtteil weiter das Audimax direkt an der Amsinckstraße. vorangetrieben werden. Am Eingang der Stadt, an den Elbbrücken, er- Neben der städtebaulichen Integration hielte die Universität einen prominenten muss auch die funktionale Verflechtung Standort, der ihre öffentliche Wahrnehmung mit dem Stadtteil Rotherbaum gestärkt garantiert. Zudem wird ein Entwicklungsim- werden. Ein Beispiel dafür ist der Rechts- puls für den Sprung über die Elbe durch die Cluster im Umfeld der juristischen Fakul- intensive Nutzung des südöstlichen Eingangs- tät. bereichs der Innenstadt gesetzt. Die Univer- sität erfüllt eine Funktion als nördlicher Brü- ckenkopf für den Sprung nach Süden. 2. Standort Klostertor Darüber hinaus kann die Universität zum Bin- Durch die Vollverlagerung der Universität an deglied zwischen Hammerbrook, Rothen- den Standort Klostertor wird der gesamte burgsort und der HafenCity werden. Das im südöstliche Eingangsbereich der Innenstadt Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstörte Ro- ein Gesicht bekommen. Die Universität würde thenburgsort wurde in der Nachkriegszeit diesen städtebaulich sehr heterogenen Be- durch die Entwicklung des Großmarktes und reich ordnen und zur Ausbildung des „Stadt- den Ausbau der Billhorner Brückenstraße tors Südost“ beitragen, die Bedeutung der städtebaulich von der Innenstadt abge- Bildung für den gesamten Standort würde schnitten und befindet sich heute weitestge- sich hier manifestieren. Die Bundesstraße hend in einer Art Insellage. Über die neue B4/75 im Verlauf Elbbrücken/Billhorner Brü- Verbindungsachse vom künftigen MIN-Cam- ckenstraße/Amsinckstraße/Heidenkampsweg pus bis zu den Deichtorhallen wird dieser

Abb. 47: Städtebauliche Integration des Standortes Klostertor © Handelskammer Hamburg

76 Der Standort der Universität Hamburg Stadtteil künftig wieder mit der Innenstadt mit einseitiger Sozialstruktur, niedrigen Ein- vernetzt. Hohe Bedeutung hat auch die Ver- kommen und überdurchschnittlicher Arbeits- netzung des Universitätsstandortes mit der losigkeit zu einem lebendigen Universitäts- östlichen HafenCity und der City Süd. Sie stadtteil werden. Dafür bieten die vielen klei- wird künftig durch einen Brückenschlag über nen und preiswerten Wohnungen Potenzial. den Oberhafen und eine nach beiden Seiten Diese positiven Effekte könnten zudem auch offene Universität gesichert. auf die Wohngebiete in Hamm und auf der Elbinsel ausstrahlen. Am Standort Klostertor besteht die Chance, die räumlichen Rahmenbedingungen für Wis- Am alten Standort der Universität in Rother- senstransfer und die Verbindung von Wissen- baum könnte attraktiver innerstädtischer schaft und Wirtschaft zu schaffen. Das große Wohnraum für Familien geschaffen werden. Flächenpotenzial am Standort Klostertor er- Dabei sollte eine möglichst hohe Wohndichte möglicht es, die Kooperation zwischen Uni- mit ergänzenden Mischnutzungen vorgese- versität und Wirtschaft räumlich konzentriert hen werden, um zu verhindern, dass dieser zu befördern und den südöstlichen Eingangs- zentrale Bereich seine Lebendigkeit verliert. bereich der Innenstadt zu einem Techno- Die Betrachtungen hierzu in der BWF-Studie logiestandort zu entwickeln. Auf dem ehe- könnten die Grundlage für eine entsprechen- maligen Huckepackbahnhof Rothenburgsort de Entwicklung sein. Allerdings würden sich stehen hierzu Flächen in städtischem Besitz durch eine Verlagerung hier auch erheblich für Spin-offs zur Verfügung. In den benach- negative Impulse und Unwägbarkeiten erge- barten Gewerbegebieten von Hammerbrook, ben (siehe Kapitel F. IV.). Hamm-Süd und Rothenburgsort können ne- ben Entwicklungsabteilungen auch produzie- rende Betriebe untergebracht werden. Hier Position: kann beispielhaft gezeigt werden, wie an- spruchsvoll gestaltete Gewerbearchitektur in Bei einer Entwicklung der Universität am stadtnahen Gewerbegebieten realisiert wer- Standort Klostertor besteht die Chance, den kann. In der HafenCity kann die An- den südöstlichen Eingangsbereich der siedlung von Technologiefirmen im Quartier Innenstadt stark aufzuwerten und ihm „Oberhafen“ nordöstlich der sogenannten eine prägnante Gestaltung zu verleihen. Pfeilerbahn fortgesetzt werden. Die Universität muss dabei die Stadtteile Rothenburgsort, Hammerbrook und die Mit der Ansiedlung von Spin-offs und der HafenCity miteinander vernetzen. Nachfrage durch Studenten und die Beschäf- tigten wird zudem die lokale Ökonomie am Die positiven Auswirkungen der Entwick- neuen Universitätsstandort belebt. Auch für lung dieses Standortes zu einem Univer- die City Süd, bisher fast ausschließlich als sitätsquartier müssen konsequent genutzt Bürostandort genutzt, könnten durch die An- werden. Der südöstliche Eingangsbereich siedlung der Universität neue Entwicklungen der Innenstadt sollte zu einem Technolo- angestoßen werden und sich etwa auch wei- giestandort entwickelt werden, in dem tere Gastronomie- und Dienstleistungsbe- Wirtschaft und Wissenschaft eng koope- triebe ansiedeln. Dies könnte einhergehen rieren. Die von dieser Entwicklung ausge- mit einer Stärkung der Aufenthaltsqualität. henden Impulse sind zur Aufwertung und Nachverdichtung der angrenzenden Stadt- Die Vollverlagerung der Universität bietet teile zu nutzen. aber vor allem die Chance, die Wohngebiete in Hamburgs Osten aufzuwerten und hier Im Fall einer Verlagerung der Universität auch für Nachverdichtungsimpulse zu sor- sollte am alten Standort in Rotherbaum gen. Die Nachfrage nach studentischem vor allem familienfreundlicher Wohnraum Wohnraum kann nach dem Vorbild der Veddel und Raum für wohnverträgliches Gewerbe zur Aufwertung von Rothenburgsort beitra- geschaffen werden. gen. Der Stadtteil könnte von einem Quartier

Der Standort der Universität Hamburg 77 IV. Bewertung der Verlagerungs- die Elbinsel angebunden wäre, könnte auch optionen aus der Perspektive dieser Stadtteil für Studenten zunehmend at- der gesamtstädtischen traktiv werden. Die steigende Attraktivität Entwicklung dieser Quartiere für weitere Bevölkerungs- gruppen kann dann die Nachverdichtung und Die Universität Hamburg beeinflusst die Stadt- Wohnungsneubau im Zentrum der Metropol- entwicklung weit über ihr unmittelbares region fördern. Umfeld hinaus. Falls die Universität an den Standort Klostertor verlegt würde, könnte sie Die räumliche Nähe von Wohnen und Arbeit, daher erhebliche Impulse für das Wachstum die Hamburgs Osten und die Elbinsel prägt, der Gesamtstadt setzen und zur Aufwertung sollte dabei weiterentwickelt werden. Die und intensiveren Nutzung des Hamburger bestehenden Gewerbe- und Industriegebiete Ostens und der Elbinsel beitragen. könnten durch eine technologieorientierte Entwicklung im Umfeld der Universität und Derzeit werden die Potenziale dieser Stadt- ihrer Spin-offs ergänzt werden. bereiche nicht ausgeschöpft. Das Angebot niedrigpreisiger Wohnungen und der umfang- Für eine solche Entwicklung stehen im Ham- reiche soziale Wohnungsbau haben in den burger Osten und auf der Elbinsel umfang- Stadtteilen zwischen Hamm und Mümmel- reiche Flächenreserven zur Verfügung. Bisher mannsberg und auf der Elbinsel zu sozialer unter Wert für Kleingärten genutzte Flächen auf Entmischung geführt. Hamburgs Osten und der Billerhuder Insel und in der Horner Marsch die Elbinsel sind ein Schwerpunkt der Stadt- könnten durch den Entwicklungsimpuls, den teilentwicklungsprogramme mit erheblichem die Universität diesem Bereich verleihen Fördermitteleinsatz. Es fehlt aber an attrak- könnte, zu besonders attraktiven Gewerbe- tiven und vielfältigen Wohnungsangeboten. und Wohnbauflächen entwickelt werden.

Im Kontrast dazu befinden sich im engeren Zudem würde der Sprung über die Elbe durch und weiteren Umfeld der Universität im die intensive Nutzung des südöstlichen Ein- Westen Hamburgs begehrte Wohnviertel und gangsbereichs der Innenstadt gefördert. Die lebendige Szenequartiere. Sie verdanken ihre Universität würde eine Funktion als nörd- Struktur nicht zuletzt ihrer Nähe zur Univer- licher Brückenkopf für den Sprung über die sität Hamburg. Die Verlagerung der Universi- Elbe erfüllen. Nicht mehr allein die HafenCity tät an den Standort Klostertor könnte daher würde den nördlichen Endpunkt des Sprungs dazu beitragen, hier attraktive, mischgenutz- über die Elbe darstellen, sondern ein großes, te Quartiere mit vielfältigen Wohnungsange- urbanes Universitätsquartier. boten entstehen zu lassen. Den zu erwartenden positiven Auswirkungen Eine solche Nutzungsvielfalt würde die Auf- auf die Entwicklung in Hamburgs Osten und wertung der Wohngebiete in Hamburgs Os- Süden stünden bei einer Vollverlagerung an ten und den Stadtteilen Wilhelmsburg und den Standort Klostertor jedoch negative Ent- Veddel fördern. Ausgangspunkt dazu könnte wicklungen am Altstandort in Rotherbaum die Nachfrage nach studentischem Wohn- gegenüber. Zwar würden dort in diesem Fall raum in Rothenburgsort sein. Die vielen klei- sukzessive neue Wohnquartiere in einer Grö- nen Wohnungen dieses Stadtteils bieten das ßenordnung von etwa 1 500 Wohneinheiten1 Potenzial für Studentenwohnungen. Der Stadt- entstehen. Den möglichen ca. 3 000 neuen teil könnte von einem Quartier mit einseitiger Bewohnern steht der Fortzug von etwa 30 000 Sozialstruktur, niedrigen Einkommen und regelmäßigen Nutzern (Studenten und Mit- überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit zu ei- arbeiter der Universität) entgegen. Da diese nem lebendigen Universitätsstadtteil werden. gerade die Kunden der über 1 500 ansässigen Ein lebendiges Universitätsmilieu könnte dann auch auf die Stadtteile in der weiteren Um- 1 Vgl. Langfassung der Studie zur baulichen Entwicklung der gebung ausstrahlen. Da die Universität durch Universität Hamburg, S. 313, dort werden in Rotherbaum öffentliche Verkehrsmittel hervorragend an 1 446 neue Wohnungen prognostiziert.

78 Der Standort der Universität Hamburg Abb. 48: Entwicklungsimpulse im Umfeld des Universitätsstandortes Klostertor © Handelskammer Hamburg

Einzelhandels-, Dienstleistungs- und Gastro- versität in besonderem Maße zehren muss, nomiebetriebe sind2, stünde ein tiefgreifender sich erst über lange Jahre hinweg entwickeln. Wandel in der Wirtschaftsstruktur des heutigen Unbeschadet der Entscheidung über den end- Univiertels, aber auch weiterer Stadtteile des gültigen Standort muss im Kontext des Aus- Hamburger Westens zu befürchten. Hinzu baus der Universität auch die Entwicklung von käme der Zentralitäts- und Imageverlust, der Technologieparks in Hamburg forciert wer- mit dem Abzug der Universität einherginge. den. Die Chancen einer Exzellenz-Universität müssen gerade durch solche Einrichtungen Da viele Unternehmen ihre Investitionen im für die Wirtschaft nutzbar gemacht werden. Vertrauen auf die Universität getätigt haben, wäre auch ein heute kaum zu beziffernder Investitionsschaden der Privatwirtschaft auf Position: der negativen Seite der Bilanz einer Verlage- rung der Universität zu verbuchen. Hinzu Im Fall einer Verlagerung der Universität kommt, dass durch den dann notwendigen an den Standort Klostertor wird die Stadt- Abriss der alten Universitätsgebäude und den entwicklung weit über das direkte Uni- anschließenden Neubau über Jahre hinweg versitätsumfeld hinaus beeinflusst. Von die Nutzungsintensität und damit das Kun- der Entwicklung dieses Standortes geht denpotenzial deutlich eingeschränkt wäre. ein Impuls zur Aufwertung des Hambur- Ein weiterer, nicht zu vernachlässigender ger Ostens und der Elbinsel und für das Punkt wäre, dass die Universität in ihrer rund gesamtstädtische Wachstum aus. hundertjährigen Geschichte eine Identität ausgeprägt hat, die bei einem Neubauquar- Im Rahmen dieser Aufwertung muss die tier über viele Jahrzehnte erst wachsen muss. einseitige Bevölkerungsstruktur durch ein Die Erfahrungen städtebaulicher Großprojek- vielfältiges Wohnungsangebot stärker te zeigen, dass gerade städtische Identitäten, durchmischt werden. Initiiert werden soll- von denen eine Exzellenz anstrebende Uni- te diese Entwicklung durch Angebote für studentisches Wohnen. Durch diese Ent-

2 Eigene Berechnungen anhand der Mitgliedsdatenbank der wicklung müssen der Hamburger Osten Handelskammer Hamburg.

Der Standort der Universität Hamburg 79 Szenario Entwicklung in Rotherbaum: und die Elbinsel schrittweise zu einem at- traktiven Wohnort für Familien werden. • Rückbau einzelner Universitätsgebäude

Um den durch die baulichen Investitionen • Neubau einzelner Universitätsgebäude entstehenden Impuls zur Stärkung der Wertschöpfung zu nutzen, müssen im • Technische Gebäudeausstattung Hamburger Osten neue Gewerbegebiete und Labore in den Neubauten insbesondere für Technologieunterneh- men geschaffen werden. • Gestaltung der Außenanlagen und öffentlichen Räume Da die Universitätsverlagerung allerdings mit erheblichen negativen Auswirkungen • Mehrfachumzüge am Standort Rotherbaum verbunden wäre, (im Verlagerungsszenario ist lediglich muss die Entscheidung für den Standort der ein einmaliger Umzug notwendig) Universität sorgfältig abgewogen werden. Szenario Verlagerung an das Klostertor:

• Abbruch der Universitätsgebäude V. Finanzielle Aspekte Rotherbaum

Die Entscheidung für eine Entwicklung der • Abbruch Betriebsgebäude Großmarkt Universität am Standort Rotherbaum oder für und Klostertor eine Vollverlagerung wird nicht zuletzt auf- grund einer fundierten Untersuchung der • Teilweise Grundstückserwerb Klostertor damit verbundenen Kosten getroffen werden und Erschließung des Areals müssen. Der vorliegende Standpunkt kann und soll eine solche Untersuchung nicht er- • Kleinteilige Erschließung setzen. Die Erstellung einer immobilienwirt- und technische Infrastruktur schaftlichen Gesamtrechnung bedarf einer ver- tieften Kostenermittlung von Grundstücks-, • Neubau aller Universitätsgebäude Erschließungs- und Baukosten sowie der not- wendigen Ermittlung der Aufwendungen für • Vollständige technische die Gebäudeausstattung, die unter aktiver Gebäudeausstattung und Labore Zuarbeit der Behörden der FHH ausgearbeitet werden muss. Hinzukommt, dass auch die • Gestaltung der Außenanlagen künftigen Anforderungen der Universität wei- und öffentlichen Räume ter spezifiziert werden müssen; die Ausarbei- tung einer immobilienwirtschaftlichen Ge- • Erschließung und Neubau für den Groß- samtrechung erfordert eine enge Begleitung markt und verlagerte Unternehmen, durch die Gremien der Universität. Die BWF- gegebenenfalls Grundstückserwerb und Studie zeigt – bei allem notwendigen metho- Entschädigungen dischen Nachbesserungsbedarf (siehe Kapitel E. III.) – aber bereits auf, dass eine Moderni- Im Vergleich zu den für das Szenario Kloster- sierung der Universität am bisherigen Stand- tor angeführten Posten müssten bei einer ort deutlich kostengünstiger zu realisieren Vollverlagerung auf den Mittleren Kleinen wäre als eine Vollverlagerung auf den Kleinen Grasbrook zusätzlich folgende Maßnahmen Grasbrook. berücksichtigt werden:

Für die vorgeschlagenen Entwicklungsoptio- • Hochwassersichere Erschließung nen in Rotherbaum und am Klostertor sind des Gesamtareals insbesondere folgende Posten für die Kosten- und Erlösrechnung zu berücksichtigen:

80 Der Standort der Universität Hamburg • Erschließung und Neubau richtungen an anderer Stelle im Hafen neu für Hafenanlagen und Gebäude geschaffen werden müssen. Dagegen erfor- dert die Verlagerung des Großmarktes sowie • Herstellung von Kaimauern am der anderen betroffenen Unternehmen im Zielstandort für die zu verlagernden Bereich Klostertor „lediglich“ die Ausweisung Umschlagbetriebe und Erschließung von verkehrsgünstig gele- genen Gewerbegebieten. Da das Gelände des • Verlagerung von Unternehmen heutigen Großmarktes bereits hochwassersi- vom Mittleren Kleinen Grasbrook cher ist, entstehen hierdurch keine Zusatz- zum neuen Standort kosten. Bei beiden Standorten für eine Voll- verlagerung können in der Kostenrechnung • Herstellung eines schienengebundenen die zu erwartenden Grundstückerlöse am ÖPNV-Anschlusses alten Universitätsstandort gegengerechnet werden. Diese Einnahmen werden jedoch • Dagegen würden die Verlagerungskosten durch die Abbruchkosten der alten Universi- für den Großmarkt entfallen, die jedoch tätsgebäude geschmälert. deutlich unter denen für Hafenumschlag- betriebe liegen. Auch ohne eine vertiefte immobilienwirt- schaftliche Berechnung spricht vieles dafür, Grundsätzlich werden die Kosten für den Neu- dass die Entwicklung am Standort Rother- bau von Gebäuden und die technische Aus- baum unter finanziellen Aspekten deutliche stattung für die Standorte einer Vollverlage- Vorteile gegenüber einer Vollverlagerung bie- rung deutlich höher ausfallen als am Stand- tet. Ein weiterer Vorteil des Szenarios Ent- ort Rotherbaum, weil dort ca. 75 Prozent der wicklung in Rotherbaum ist, dass die bauli- bestehenden Gebäude weiter genutzt werden che Erweiterung der Universität am Standort können. Die in den letzten Jahren getätigten Rotherbaum sukzessive, dem wachsenden Investitionen in Höhe von 110 Mio. Euro für Bedarf entsprechend, umgesetzt werden die Modernisierung der Universitätsgebäude kann. Bei einer Vollverlagerung hingegen in Rotherbaum können weitgehend gesichert müsste die Stadt den kompletten Neubau der werden. Dagegen müssten sie bei einer Voll- Universität in einem Wurf realisieren. Dabei verlagerung deutlich vor Ablauf der üblichen fallen erhebliche zusätzliche Zwischenfinan- Abschreibungszyklen am neuen Standort zierungskosten an, weil mit Erlösen aus den komplett neu getätigt werden. Grundstücksverkäufen erst zu einem späte- ren Zeitpunkt zu rechnen ist. Im Vergleich der Bei einer Vollverlagerung entstehen zusätz- beiden Ersatzstandorte entstehen aus den liche Kosten sowohl durch die Erschließung genannten Gründen beim Mittleren Kleinen des neuen Standortes als auch durch den Grasbrook deutlich höhere Kosten. Grunderwerb und die Flächenerschließung für die zu verlagernden Unternehmen. Hier Grundsätzlich sollte die Berechnung der wird der Standort Kleiner Grasbrook gegen- immobilienwirtschaftlichen Kosten in enger über dem Klostertor in der immobilienwirt- Abstimmung mit den noch näher zu spezifi- schaftlichen Gesamtrechnung deutlich mehr zierenden Bedarfen der Universität erfolgen. Investitionen der FHH erfordern: Grund ist Vor dem Hintergrund der angespannten vor allem, dass hier die hochwassersichere Haushaltslage bekommt das Entscheidungs- Erschließung des Gesamtareals und der An- kriterium Minimierung der immobilienwirt- schluss an den schienengebundenen ÖPNV schaftlichen Kosten eine zunehmende Be- nötig ist. In der BWF-Studie wird die Her- deutung (siehe Kapitel E. II. 2.). richtung und Erschließung des Mittleren Kleinen Grasbrooks mit 1,13 Mrd. Euro bezif- fert (Szenario 4.0 der BWF-Studie). Hinzu kommt, dass für die Wiederherstellung ent- sprechender Umschlagskapazitäten hochwas- sersichere Kaianlagen und Umschlagsein-

Der Standort der Universität Hamburg 81 VI: Bewertungsmatrix Fazit: der potenziellen Universitätsstandorte Für die Entscheidung der Standortfrage der Universität durch den Senat ist eine Die in Kapitel E. II. aufgeführten Kriterien an immobilienwirtschaftliche Gesamtrech- den Standort der Universität werden im Fol- nung notwendig, die Grundstücks-, Er- genden nochmals synoptisch für die hier unter- schließungs- und Baukosten sowie die suchten Standorte – den Stadtteil Rotherbaum notwendigen Aufwendungen für die Ge- und den Standort Klostertor – zusammen- bäudeausstattung unter aktiver Zuarbeit gefasst und mit dem von der BWF-Studie der Behörden ermittelt. Schon bei einer präferierten Standort auf dem Kleinen Gras- überschlägigen Abschätzung der Kosten brook verglichen. Die eigentliche Bewertung der möglichen Entscheidungsszenarien wird der Standorte und die letztliche Entschei- offensichtlich, dass eine Komplettverlage- dung darüber, wo die Universität Hamburg rung deutlich höhere Investitionen der sich künftig entwickeln soll, muss allerdings Stadt erfordert als die Modernisierung und politisch getroffen werden. Erweiterung am heutigen Standort. Bei ei- ner Vollverlagerung wird sich die immobi- lienwirtschaftliche Gesamtrechnung für den Standort Klostertor deutlich günstiger darstellen als für den Kleinen Grasbrook.

Priorität Kriterium Rotherbaum Klostertor Kleiner Grasbrook A • Sukzessive, flexible Erweiterung gemäß wachsendem Bedarf möglich +oo

• Kreatives Milieu im Umfeld vorhanden +––

• Großzügige Räume und Flächen für Spin-offs im Umfeld vorhanden –+o B • Zentraler, verkehrlich gut erreichbarer Standort ++– • Minimierung Baukosten; Investitionsschutz kürz- lich erfolgter baulicher Maßnahmen gegeben +o–

• Ersatzflächen für verlagerungsbetroffene Unternehmen vorhanden + + –

• Kein Konflikt mit Nutzungen im Umfeld ++– C • Sicht- und wahrnehmbarer Standort o++ • Baurecht vorhanden +––

• Lage und Erreichbarkeit zu peripheren Standorten der Universität vertretbar (Botanik, DESY usw.) ++–

• Impulswirkung auf Stadtentwicklung o++

• Grunderwerb durch FHH nicht notwendig bzw. ohne unkalkulierbare Risiken zu vollziehen + + +

Numerische Bewertung +: + 1 o: 0 –: – 1 +8 +6 –4

Abb. 49: Bewertungsmatrix der potenziellen Universitätsstandorte

82 Der Standort der Universität Hamburg G. Fazit

Für die Zukunft Hamburgs als Wirtschafts- te Zentralität“ dieses Gebietes deutlich zu er- metropole und lebenswerte Stadt ist eine be- höhen. Dies kann durch die Entwicklung einer deutende Universität mit Exzellenz in den Stadtentwicklungsachse am Westrand der einzelnen Fakultäten unverzichtbar. Der Auf- Veddel geschehen, ohne die Hafenfunktion bruch der Universität – dokumentiert im des Mittleren Kleinen Grasbrooks zu beein- eigenen Struktur- und Entwicklungsplan und trächtigen. Hafenentwicklung und Stadtent- in den Überlegungen der zuständigen Behörde wicklung im Bereich Sprung nach Süden sind zur baulichen Entwicklung – wird ausdrück- also gut möglich, die bauliche Entwicklung lich begrüßt. Die Exzellenz einer Universität der Universität an gleicher Stelle würde je- ist nicht durch bedeutende Architektur und doch Konflikte auslösen. hohe Funktionalität ihrer Gebäude sicher- zustellen; allerdings hängt eine inhaltliche Im Stadtteil Rotherbaum können alle bau- Weiterentwicklung immer auch mit baulichen lichen Anforderungen der Universität abge- Rahmenbedingungen zusammen. Diese bau- deckt werden, ohne das Gesicht des Stadt- liche Entwicklung ist so auszugestalten, dass teils zu zerstören. Durch die Verdichtung um sie der Universität Spielraum schafft, ohne den „steinernen“ Campus Von-Melle-Park die Stadtentwicklung in ihrem Umfeld zu be- und den „grünen“ Campus beiderseits der lasten und ohne wichtige andere Nutzungen Bundesstraße würde die Universität zudem in der Nachbarschaft zu verdrängen. Sie deutlich an Attraktivität für Studierende und ist ferner so zu gestalten, dass ein hohes Maß Wissenschaftler gewinnen. Zugleich würde an Flexibilität für die unversitären Nutzun- sie den gesamten Stadtteil weiter aufwer- gen gegeben ist und in weit größerem Maße ten. als bisher Ressourcen für Spin-offs bereit- stehen. Es geht aber auch anders: Wenn Universität und Politik der Aufbruch zu einem neuen Die Entwicklung des Hamburger Hafens be- qualitativen Niveau nur durch einen voll- darf angesichts der aktuellen Entwicklung im ständigen Neubau an anderer Stelle möglich Containerumschlag einer grundlegenden Über- erscheint, bietet sich hierfür der Bereich prüfung. Ohne Frage wird dem Bereich des Klostertor/Rothenburgsort an. Entlang der konventionellen Ladungsumschlags künftig Nordseite des Oberhafens, gegenüber der wieder größere Bedeutung zukommen. Aus östlichen HafenCity und im westlichen Teil diesem Grund dürfen die entsprechenden Rothenburgsorts, stehen zusammenhängen- Umschlagsanlagen nicht zurückgebaut wer- de Flächen in zentraler, attraktiver Lage zur den; insbesondere der Mittlere Kleine Gras- Verfügung. Mit der denkmalgeschützten Hal- brook ist zu einem Central Terminal Gras- le des Großmarktes als Nukleus für einen brook auszubauen. Hamburg hat hierdurch neuen Universitätsstandort würde Hamburg die Chance, Marktanteile von den Wett- ein Zeichen setzen, dass die Stadt zu Wandel bewerbshäfen zurückzuholen und so Be- und zu Investitionen in Bildung bereit ist. schäftigung und Wertschöpfung im Hafen zu sichern. Eine grundlegende Erneuerung der „alten Uni“ oder eine neue Universität in attraktiver, Der Sprung über die Elbe ist die zentrale wasserbezogener Lage – beides ist grund- Herausforderung für die Stadtentwicklung in sätzlich möglich. Es ist jetzt vorrangig Auf- den nächsten Dekaden. Die großen Potenziale gabe der Universität, eine Präferenz zu ent- der Elbinsel, die im Rahmen der Internationa- wickeln, welche Lösung die besten Rahmen- len Bauausstellung öffentlich international bedingungen für Wachstum und Exzellenz präsentiert werden, können die Entwicklung bietet. Und es ist Aufgabe der Politik, diesen Hamburgs nachhaltig positiv beeinflussen. Entscheidungsprozess zu gestalten und die Eine enge und attraktive Anbindung an das hierfür erforderlichen Voraussetzungen – ins- Nordufer der Elbe ist wichtig, um die „gefühl- besondere die Finanzierung – sicherzustellen.

Der Standort der Universität Hamburg 83 Die Hamburger Wirtschaft braucht eine her- vorragende Universität als Aushängeschild für den Standort, als Partner für den Techno- logie- und Wissenstransfer sowie als Ausbil- dungsstätte für qualifizierten Nachwuchs. Die Entscheidung der Universität muss sich daran messen lassen, ob sie diesem Anspruch gerecht wird.

84 Der Standort der Universität Hamburg Anhang

I. Stadtregionen in der erfolgreich zu positionieren. Da es erklärtes Wissensgesellschaft Ziel des Hamburger Senats ist, die Universität (Prof. Dr. Jürgen Pietsch) international wettbewerbsfähig aufzustellen, ist es lohnend, sich Wettbewerber, ihre In dieser Synopse werden mit Berlin, Boston, Standortentwicklungen und Strategien anzu- Helsinki, Frankfurt, München und Zürich sechs schauen. in- und ausländische Metropolregionen mit ihren Hochschulstandortentwicklungen vor- Um zu zeigen, dass innenstadtnahe Neugrün- gestellt. Damit soll gezeigt werden, wie dort dungen nicht zwingend erfolgreich verlaufen, Hochschul- und Stadtentwicklung in den wurde zusätzlich der Standort Essen der Uni- letzen Jahren systematisch und strategisch versität Duisburg-Essen vergleichend aufbe- verbunden wurde, um die Stadtregionen und reitet. Hochschulen gleichermaßen im Wettbewerb

Tabelle 1: Übersicht über die untersuchten Hochschulen

Stadt Einwohner Größe Hochschule Gründung Studenten Mitarbeiter Position im internationalen Hochschul- ranking 20081 Berlin 3 430 453 891,85 km² Freie Universität Berlin 1948 ca. 31 000 ca. 4 900 137 Humboldt-Universität 1810 28000 4000 139 Technische Universität Berlin 1946 ca. 28 000 ca. 7 000 188 (Neugründung) Boston 608 352 232,7 km² Harvard University 1636 ca. 20 000 ca. 10.000 1 Massachusetts Institute 1861 10 000 10 000 9 of Technology MIT Frankfurt a. M. 659 021 248,31 km² Johann-Wolfgang-Goethe- 1912 ca. 34 000 ca. 4 400 169 Universität Frankfurt Helsinki 568 146 715 km² Universität Helsinki 1640 ca. 38 000 ca. 7.600 91 Technische Universität 1849 15 000 3 000 k. A. Helsinki München 1 364 980 310,43 km² Ludwig-Maximilians-Universität 1472 ca. 44 000 ca. 12 000 93 Technische Universität 1868 ca. 23 000 ca. 7 000 78 München Zürich 358 540 91,88 km² ETH Zürich 1855 ca. 15 000 ca. 9 000 24 1) Times Higher Education QS-World Ranking

Quelle: Prof. Dr. Jürgen Pietsch

Der Standort der Universität Hamburg 85 1. Hochschulstandort Zürich • Die ETH Zürich baut darüber hinaus am Standort Basel ihre Forschung in System- In Zürich besteht eine lange Tradition der Zu- biologie seit Anfang 2007 markant aus. sammenarbeit zwischen den Universitäten, Das Departement Biosystems Science and der Zürcher Stadtentwicklung und der kanto- Engineering (D-BSSE) in Basel ist das nalen Rahmenplanung. Bereits 1977 trat für jüngste der 16 ETH-Departements. das Zürcher Hochschulquartier eine Sonder- bauordnung in Kraft. Zürichs Hochschulen Besonders erwähnenswert ist die professio- und das Universitätsspital sowie Kulturinsti- nelle Immobilienstrategie der ETH-Zürich. In tutionen wie das Opernhaus, das Schauspiel- einer regelmäßig fortgeschriebenen zehnjäh- haus und das Kunsthaus genießen Weltruf. rigen Perspektive werden die Investitions- Sie alle müssen sich im internationalen bedarfe für Erhaltung, Um- und Neubau de- Wettbewerb behaupten und weiterentwi- finiert. Dadurch ist gewährleistet, dass es zu ckeln. Vertreterinnen und Vertreter der Uni- keinen Defiziten insbesondere bei der Gebäu- versität und der Eidgenössischen Technischen deerhaltung kommt. Bestandteil der Immobi- Hochschule ETH, der Stadt Zürich und des lienstrategie ist ein Nachhaltigkeitskonzept. Kantons haben aufgrund dieser Erkenntnisse bereits 2001 eine umfassende Entwicklungs- Im TECHNOPARK® Zürich werden ein Umfeld planung für das Hochschulgebiet Zürich- für den Wissens- und Technologietransfer Zentrum in die Wege geleitet. von der Wissenschaft in den Markt geschaf- fen und damit Innovationen am Markt gene- Ziel ist es, die Identität des Hochschulstand- riert: Auf 44 300 qm stehen in über 250 Un- ortes Zürich zu stärken, dem steigenden Raum- ternehmen und Organisationen über 1 750 bedarf für Bildung, Forschung und Gesund- Arbeitsplätze zur Verfügung. Der TECHNO- heitswesen langfristig und nachhaltig Rech- PARK® Zürich wurde 1993 eröffnet und ist nung zu tragen, Freiräume und Fußgängerbe- rein privat finanziert. Eigentümerin, Vermie- reiche attraktiver zu gestalten, zweckent- terin und Betreiberin ist die TECHNOPARK® fremdete Räume zurückzugewinnen und die Immobilien AG. Attraktivität und Erreichbarkeit der Samm- lungen und Museen zu verbessern.

Eine wichtige Voraussetzung dafür bilden adäquate raumplanerische Rahmenbedin- gungen. Der gemeinsame Masterplan wurde 2006 verabschiedet. Sowohl die ETH als auch die Universität Zürich haben neben den Area- len im Zentrum mehrere Standorte:

• Seit 1961 wird der ETH-Standort Höngger- berg, heute „Science City“, ausgebaut. Das Projekt Science City wird von einem Team professionell gesteuert. 2004 sagte die damalige deutsche Forschungsministerin Edelgard Bulmahn über das Projekt: „Dass die Dynamik eines Wissenschaftsstandor- tes sich nicht auf die internationale For- schungsplattform beschränkt, sondern auch strukturbildend für Stadt und Region wirkt, zeigt das Projekt Science City in beeindru- ckender Weise.“

• Die Universität hat seit 1979 den Standort Zürich Irchel.

86 Der Standort der Universität Hamburg Abb. 1: Das neue Gesicht des Hochschulgebietes Zürich-Zentrum

Quelle: „Zukunft des Hochschulstandortes Zürich“, Entwicklungsplanung Hochschulgebiet, Phase 2: Masterplan/Richtplan Kurzfassung, Baudirektion Kanton Zürich

Abb. 2: Wissenschaftsstandort Zürich

Quelle: http://www.nt.tuwien.ac.at/nthft/temp/oefg/text/veranstaltungen/entwicklung/Folien_Schmitt.pdf, ETH Zürich Entwicklungsplanung zwischen Außensteuerung und autonomer Selbstbestimmung, Gerhard Schmitt, Zürich

Der Standort der Universität Hamburg 87 Abb. 3: Hochschulstandortentwicklung Zürich Quelle: Prof. Dr. Jürgen Pietsch, HCU Hamburg

88 Der Standort der Universität Hamburg 2. Hochschulstandort München schinenbau, Informatik) dorthin ausgela- gert, sodass sich Garching inzwischen of- Die polyzentrische Münchener Hochschul- fiziell als „Wissenschaftsstadt“ bezeichnet. landschaft hat sich in der zweiten Hälfte des Im Rahmen dieser Zukunftsentwicklung 20. Jahrhunderts eher zufällig aus nicht stra- beauftragte die Bayerische Staatsregie- tegisch geplanten Entwicklungskernen ent- rung im Jahr 1991 den Automobilhersteller wickelt. BMW, die Bauherrenschaft und das Pro- jektmanagement für den Komplex der Ma- • Aus dem 30 km vom Stadtzentrum ent- schinenbau-Fakultät in Garching zu über- fernten historischen Standort für Landbau nehmen. Dieser Auftrag war mit der Zusa- und Brauereiwissenschaften der TUM in ge verbunden, das Großprojekt Garching in Freising-Weihenstephan wurde das Wis- maximal sechs Jahren schlüsselfertig zu senschaftszentrum Weihenstephan für Er- übergeben. nährung, Landnutzung und Umwelt (WZW) mit einem Fokus auf grüne Biotechnologie • Der „rote“ Biotechnologiestandort Mar- entwickelt. tinsried entwickelte sich nach dem Gewinn des BioRegio-Wettbewerbs 1996 rasch um • In Garching, 15 km außerhalb des Stadt- die Kerne MPI für Biochemie, eines der zentrums von München, wurde 1957 ein größten Institute in der Max-Planck-Ge- Forschungsreaktor, das sogenannte „Atom- sellschaft, und um das Klinikum Groß- Ei“ in Betrieb genommen. hadern. Inzwischen ist hier u. a. die Biolo- gie-Fakultät der LMU loziert. Während • Erst in den 1990er-Jahren wurden, finan- Martinsried als Biotechnologiestandort ei- ziert über die „Offensive Zukunft Bayern“ ne Erfolgsgeschichte über Deutschland hi- (aus Privatisierungserlösen), mit der der naus darstellt, war die Gemeinde Planegg, Freistaat landesweit die Wissenschafts- zu der Martinsried gehört, mit der raschen und Forschungsinfrastruktur verbessert Siedlungsentwicklung überfordert, sodass hat, ganze Fakultäten der TUM (z. B. Ma- es zu Friktionen kam.

Abb. 4: Hochschulstandort München

Der Standort der Universität Hamburg 89 Die Entwicklung von vielfältigen Wissen- Die Technische Universität (TUM) ist eine schaftsstandorten hatte in der Region Mün- international anerkannte Forschungsuniver- chen zunächst Priorität. Vor etwa zehn Jahren sität mit knapp 20 000 Studierenden. Die wurde dann die Bedeutung dieser Standorte Hochschulleitung und Verwaltung sowie die für die Stadt- und Regionalentwicklung aktiv Ingenieur-, Wirtschafts- und Sportwissen- wahrgenommen und zu einem Faktor der schaften, Architektur und Medizin befinden Stadt- und Regionalentwicklung. Bereits 2002 sich im Münchener Stadtgebiet. In Freising- veröffentlichte das Referat für Arbeit und Weihenstephan ist das Wissenschaftszentrum Wirtschaft der Stadt München die Broschüre Weihenstephan für Ernährung, Landnutzung „München – Stadt des Wissens“, deren zweite und Umwelt (WZW) angesiedelt. Der neue Auflage 2005 erschien. Die Studie zeigt ne- TU Campus mit den Fakultäten für Physik, ben einer Bestandsaufnahme der in München Chemie, Maschinenwesen, Mathematik und zu findenden Infrastruktur des Wissens auch Informatik befindet sich in Garching. Handlungsfelder und Strategien für die Stadt auf. „Kommunen können und müssen diesen Die im Jahr 1973 gegründete Universität der Entwicklungsprozess aktiv mitgestalten. Ge- Bundeswehr München dient grundsätzlich rade die Verbindung von Wissenschaft und der wissenschaftlichen Ausbildung von Offi- Wirtschaft ist es, die München als Stadt des zieren und Offiziersanwärtern. Die Zahl der Wissens auszeichnet. München kann hier auf Studierenden stieg kontinuierlich an: Zurzeit eine lange Tradition verweisen. Mit der Grün- sind etwa 3 700 Studierende immatrikuliert. dung der Akademie der Wissenschaften im Die Universität der Bundeswehr München, 19. Jahrhundert, der Ansiedlung der Ludwig- gelegen in Neubiberg am südöstlichen Stadt- Maximilians-Universität, der Gründung der rand, ist eine der wenigen reinen Campus- Technischen Hochschule und des Polytechni- universitäten in Deutschland. Auf dem 140 schen Vereins in München gilt diese Stadt Hektar großen Gelände, einem ehemaligen seit der Jahrhundertwende als Wissenschafts- Flugplatz, finden sich alle Einrichtungen, die standort.“ Die über 87 000 in- und ausländi- Studierende und Dozierende für erfolgreiches schen Studierenden in München sorgen nicht Lernen, Lehren und Forschen benötigen. nur für eine lebendige und kosmopolitische Atmosphäre, sie sind auch ein wichtiger Ansiedlungsfaktor für wissensbasierte Unter- nehmen, die auf gut ausgebildete Arbeits- kräfte angewiesen sind.

An der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) studieren rund 46 000 Studentinnen und Stu- denten. Hochschulleitung und Verwaltung sowie die sozial-, kultur- und wirtschaftswis- senschaftlichen Fächer der LMU befinden sich in der Innenstadt (siehe Karte). Flächen- intensive Neubauten in den Bereichen Medi- zin, Tiermedizin, Biochemie und Physik wur- den seit Mitte der 1970er-Jahre am Stadt- rand in München-Großhadern bzw. nördlich der Stadt in Oberschleißheim, Garching und Freising errichtet. Auf dem neu etablierten HighTechCampus LMU in Martinsried ist in direkter Nachbarschaft zum Klinikum Groß- hadern ein wichtiges Biotechnologie-Zen- trum entstanden.

90 Der Standort der Universität Hamburg Abb. 5: Hochschulstandortentwicklung München Quelle: Prof. Dr. Jürgen Pietsch, HCU Hamburg

Der Standort der Universität Hamburg 91 3. Hochschulstandort Berlin gegründet. Zwar hat sich der Wissenschafts- und Technologiepark Adlershof zu einem Die Entwicklungen in Berlin sind, da ebenfalls wichtigen Standortfaktor der Region ent- ein Stadtstaat, für einen Vergleich mit Ham- wickelt, doch sind weder Lehrende noch Stu- burg von besonderem Interesse. Berlin weist dierende noch Wissenschaftler mit der peri- eine hohe Konzentration an Wissenschafts- pheren Lage zufrieden. Die Berliner Politik und Forschungseinrichtungen auf. An vier hat aus dem Beispiel Adlershof gelernt und Universitäten, vier Kunsthochschulen, sieben will jetzt an den traditionellen Hochschul- Fachhochschulen und zwölf privaten Hoch- standorten wissensbasierte Wachstumszo- schulen studieren (Stand: Juni 2009) rund nen schaffen – zu allererst in Charlottenburg. 140 000 Studenten. Die vier Berliner Univer- sitäten haben zusammen rund 100 000 Stu- Seit 2008 wird im Umfeld der TU Berlin der dierende. Nach 1990 wurde die Berliner Hoch- „Campus Charlottenburg“ konzipiert: ein 450 schullandschaft neu konzipiert. So sind die Hektar großes Stadtgebiet zwischen dem naturwissenschaftlichen Institute der Hum- Rundbau des Fraunhofer-Instituts für Produk- boldt-Universität mit rund 6 700 Studieren- tionsanlagen und Konstruktionstechnik an den, 130 Professoren und ca. 870 Mitarbeitern der Spree und dem Savignyplatz. Ein Gebiet auf das ehemalige Flugfeld Adlershof, das zu mit 30 000 Studenten, 6 000 Wissenschaft- einem Wissenschafts- und Technologiepark lern, aber auch fünf Theatern sowie jeweils ausgebaut wurde, an den südöstlichen Stadt- mehr als 100 Gastronomiebetrieben und Lä- rand gezogen. Für die Entwicklung und den den, Designstudios und Computerfirmen. Für Betrieb des Wissenschafts- und Technologie- die Startphase des Campus Charlottenburg parks Adlershof wurde mit der WISTA-MA- sind 500 000 Euro an Planungskosten bewil- NAGEMENT GMBH eine eigene Gesellschaft ligt. Ein Ziel des Campus Charlottenburg ist

Abb. 6: Campus Dahlem Quelle: Freie Universität Berlin, Fotograf: Reinhard Görner

92 Der Standort der Universität Hamburg es, die Kunsthochschule UdK und die Techni- schaften – werden Entwicklung und Evaluie- ker der TU zu vernetzen. TU-Präsident Kutzler rung von Forschungsprojekten vorbereitet. und UdK wollen einige ihrer über die Stadt verteilten „Satellitenstandorte“ nahe dem Das Projekt einer autonomen „Wissenschafts- Ernst-Reuter-Platz bündeln, auch in beste- region Berlin-Brandenburg“ hat eine bis in henden Gebäuden. Designer, Musiker, Filme- die Mitte der 1990er-Jahre reichende Vorge- macher, Modeschöpfer, Künstler und Aus- schichte. Seither wird stadt- und regionalpo- stellungsbauer stellen mittlerweile in Berlin litische Perspektive auch kritisch diskutiert, mehr Jobs bereit als die gesamte verarbeiten- siehe z. B. die Dokumentation „Uniregio Ber- de Industrie. Damit die Kreativen nicht alle in lin-Brandenburg? Perspektiven einer Wissen- die hippen Stadtviertel des Ostens abwan- schaftsregion 2002“. dern, soll ihnen der neue Campus Charlotten- burg Räume und Kooperationsmöglichkeiten bieten. Schon ist von „Charlottenburg Valley“ die Rede.

In einer anderen Tradition steht der Standort der Freien Universität Berlin (FU). 1901 fand die Aufteilung der Königlichen Domäne Dah- lem mit dem Ziel statt, dort einen vornehmen Villenort mit angegliederten wissenschaft- lichen Einrichtungen als ein „Deutsches Ox- ford“ entstehen zu lassen. Im Dezember 1948 wird die FU Berlin als freiheitlicher Gegenpol zur durch die Teilung Berlins im Ostsektor ge- legenen Humboldt-Universität. Die um 1911 errichteten Gebäude der Kaiser-Wilhelm- Gesellschaft wurden nach der Gründung der FU für diese genutzt. Neubauten wie das Uni- versitätsklinikum und das zentrale Hörsaal- gebäude (der 1952–1954 errichtete Henry- Ford-Bau) wurden aus Spenden finanziert. Die Planer der FU orientierten sich am ameri- kanischen Campustyp, sodass alle Gebäude fußläufig erreichbar sind. Die FU wird durch steigende Studentenzahlen um 1970 zur Mas- senuniversität. Weitere Bauprogramme wer- den verwirklicht, etwa die „Rostlaube“, das geistes- und sozialwissenschaftliche Zen- trum der FU. Inmitten des Gebäudekomplexes für die Geistes- und Sozialwissenschaften liegt die Philologische Bibliothek. Sie wurde nach Plänen von Lord Norman Foster erbaut und seit ihrer Eröffnung 2005 vielfach ausge- zeichnet.

2007 wird die FU eine von neun Eliteuniver- sitäten der Bundesrepublik. Zum Zukunfts- konzept gehören drei strategische Zentren: für Clusterentwicklung, für internationalen Austausch und für Graduiertenstudien. In drei „Focus Areas“ – den Regionalstudien, den Geisteswissenschaften und den Lebenswissen-

Der Standort der Universität Hamburg 93 Abb. 7: Hochschulstandort Berlin Quelle: Prof. Dr. Jürgen Pietsch, HCU Hamburg

94 Der Standort der Universität Hamburg 4. Hochschulstandort Frankfurt Von 1998 an wurde der 1996 durch das Land Hessen erworbene neue Campus Westend als Die Johann-Wolfgang-Goethe-Universität ist Zentrum der Standortneubestimmung herge- von der Größe, ihrem Fächerspektrum und richtet und 2001 bezogen. ihrem Alter her gut mit der Universität Ham- burg vergleichbar. Mitte der 1990er-Jahre Nach dem Entschluss zur Neustrukturierung wurden verschiedene Alternativen geprüft, der Universität hat das Land Hessen in enger um die räumlichen Probleme der Universität Zusammenarbeit mit der Stadt Frankfurt im am alten Standort Frankfurt-Bockenheim zu Jahr 2002 einen zweistufigen städtebauli- lösen. Mit der überraschenden Verfügbarkeit chen Wettbewerb für das zwischenzeitlich des bis dahin von den amerikanischen Trup- erweiterte Gesamtareal ausgelobt, bezeich- pen genutzten IG-Farben-Hochhauses, einem net als „Deutschlands schönster Campus“. rund 80 Jahre alten denkmalgeschützten Ge- bäude, und des umgebenden Areales wurde Der auf dieser Basis weiterentwickelte Rah- zusammen vom Land Hessen (Hochschulträ- menplan wurde Grundlage für die Aufstellung ger), der Universität und der Stadt Frankfurt eines Bebauungsplanes, für den im Herbst ein zukunftsfähiges Standortkonzept erar- 2006 der Satzungsbeschluss erzielt werden beitet: konnte. Im Februar 2007 wurde der Bebau-

Abb. 8: Hochschulplaza Frankfurt Quelle: Goethe-Universität Frankfurt

Der Standort der Universität Hamburg 95 Abb. 9: Campus Riedberg der Goethe-Universität Frankfurt Quelle: Goethe-Universität Frankfurt ungsplan durch das Regierungspräsidium Uni-Einrichtungen werden ca. 47 000 qm HNF Darmstadt genehmigt. umfassen. Mit der Universität, dem Max- Planck-Institut für Biophysik, dem Frankfurt Damit wurde die planungsrechtliche Grund- Institute für Advanced Studies (FIAS) und lage für den Ausbau und die Entwicklung der dem Frankfurter Innovationszentrum Biotech- Universität im Stadtteil Westend geschaffen nologie (FIZ) mit seinen aufstrebenden Tech- und ein Beitrag zur Sicherung des Universi- nologiefirmen etabliert sich in Riedberg ein tätsstandortes Frankfurt geleistet. Leitbild international hoch geachtetes Life-Science- der Planung ist die Idee einer „Campus- Cluster. Treiber der gewerblichen Entwick- Universität im Park“. Zusätzlich zum bereits lung der Science City Frankfurt-Riedberg ist von der Universität genutzten Poelzigbau mit das FIZ. 35 000 qm werden 350 000 qm BGF auf dem wirtschafts-, rechts- und geisteswissen- Ergänzt wird das FIZ durch den Bürokomplex schaftlichen Campus Westend neu ausge- Campus of Elements, ein gemeinsames Projekt wiesen. Dieser wird zukünftig ca. 23 000 Stu- der Groß und Partner Grundstücksentwick- denten zur Verfügung stehen. lungsgesellschaft mbH und der OFB Projekt- entwicklung GmbH. Der Stadtteil Riedberg Der Campus Riedberg wird als Frankfurts setzt sich aus sieben Quartieren zusammen, neuer Universitätsstadtteil entwickelt. Bis 2014 davon wird eines durch die Universität gebildet. werden auf dem Campus Riedberg alle natur- wissenschaftlichen (MIN-) Fachbereiche der Daneben ist für ca. 300 Mio. Euro das Klini- Johann-Wolfgang-Goethe-Universität mit bis kum auf einem dritten Standort, dem Campus zu 8 000 Studierenden angesiedelt. Allein die Niederrad, zu Hessens größter und moderns-

96 Der Standort der Universität Hamburg Abb. 10: Hochschulstandortentwicklung Frankfurt Quelle: Prof. Dr. Jürgen Pietsch, HCU Hamburg ter Klinik ausgebaut worden. Die neuen Standorte der Universität Frankfurt wurden in enger Abstimmung mit der Frankfurter Stadtentwicklungsplanung konzipiert, wobei das Land Hessen mit dem für Hochschulbau in Hessen zuständigen „Hessischen Bauma- nagement“ als Bauträger fungierte. Die stra- tegischen Konzepte beschränken sich nicht allein auf die Entwicklung der Universität: Wie der Faktor Wissen strategisch für die Region genutzt wird, zeigt die Gründung der Arbeitsgemeinschaft „Wissensregion Rhein- Main“ durch die IHK, den Planungsverband Frankfurt/Rhein-Main, eine Wirtschaftsini- tiative und das Institut für Neue Medien. 2003 erfolgte die Herausgabe des „Wissens- atlas FrankfurtRheinMain“.

Der Standort der Universität Hamburg 97 5. Hochschulstandort Helsinki deed, it is often called the bioscience campus or the ‘green campus’. The Viikki Campus uni- Die Region Helsinki kann als Benchmark für tes a multidisciplinary science community of eine erfolgreiche integrierte Hochschul- und more than 6 500 students and 1 600 teachers, Standortentwicklung betrachtet werden. Nach a residential area emphasising ecological va- dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 lues and the natural surroundings, including musste sich Finnland wirtschaftlich neu po- recreational areas and nature reserves, and sitionieren und hat konsequent auf den forms a unique whole. The Campus also has a Strukturwandel hin zur Wissensgesellschaft unique tropical garden, Gardenia, co-owned gesetzt. Die 1994 gegründete Entwicklungs- by the City of Helsinki and the University of gesellschaft „Culminatum Ltd Oy Helsinki Helsinki, and the Viikinlahti conservation Region Centre of Expertise” „promotes utili- area, which is particularly popular among sation of the highest international standard bird watchers.” of knowledge and expertise in business, job creation and regional development“ und ge- Die Technische Universität Helsinki TKK (250 hört dem Uusimaa Regional Council, den Professoren, etwa 15 000 Studierende) soll Städten Helsinki, Espoo und Vantaa, den Uni- im Herbst 2009 zusammen mit der Handels- versitäten und Forschungseinrichtungen so- hochschule Helsinki und der Hochschule für wie der Handelskammer der Region Helsinki. Kunst und Design Helsinki zur neuen Aalto- In der nunmehr dritten Programmperiode Universität zusammengeschlossen werden. 2007–2013 wird die erfolgreiche Arbeit an Das Universitätsgelände in Espoo, der Nach- der Entwicklung der Region Helsinki zu einem barstadt von Helsinki, der Otaniemi Science weltweit führenden Wissensstandort fortge- Park, beherbergt auch zahlreiche Spin-off- setzt. Firmen, die eng mit der TKK zusammenarbeiten oder aus ihren Instituten hervorgegangen sind. Am Beispiel der Universitäten und ihrer Stand- Darüber hinaus finden sich auch zahlreiche ortentwicklungen lässt sich zeigen, wie sich Studenten- und Praktikantenwohnheime in Tradition und wissensgesellschaftliche Struk- Campusnähe. Dies sowie die Ansiedlung turen in der Helsinki-Region bestens ergän- vieler Hightech- und New-Economy-Unter- zen. nehmen (z. B. Nokia) hatte großen Anteil da- ran, dass sich aus dem ehemals kleinen Vorort Die Universität Helsinki hat ca. 38 000 Stu- Espoo in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhun- denten und 7 600 Angestellte. Jährlich wer- derts die zweitgrößte Stadt Finnlands entwi- den etwa 4 200 Studienabschlüsse verzeich- ckelte. net. Der Frauenanteil unter den Studenten liegt bei 64 Prozent. Das Studium an der Universität ist gebührenfrei. Die Universität hat vier Campusbereiche in Helsinki (Zentrum, Kumpula, Viikki und Meilahti) und Geschäfts- stellen in 20 anderen Orten in Finnland. Der Hauptstandort am Senatsplatz gehört zum zentralen städtebaulichen Ensemble Helsin- kis aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhun- derts. Die dort angesiedelte Universitäts- bibliothek Helsinki besitzt etwa 1,5 Mio. Bän- de und 2 000 Handschriften und nimmt die Funktion einer Nationalbibliothek ein. Der multidisziplinäre Viikki Campus ist einer der vier Campusbereiche der Universität Helsinki und ein weltweit beachtetes Stadtentwick- lungsprojekt der letzten Dekade. „It is an im- portant concentration in the field of bio- sciences, even by European standards. In-

98 Der Standort der Universität Hamburg Abb. 11: Hochschulstandortentwicklung Helsinki Quelle: Prof. Dr. Jürgen Pietsch, HCU Hamburg

Der Standort der Universität Hamburg 99 6. Hochschulstandort Boston/Cambridge und Wohnen zueinander belebt. Harvard Square und Harvard Yard bilden dabei den Die Greater Region Boston als eine der welt- Mittelpunkt für die vergnüglichen, erholsa- weit stärksten innovations-ökonomischen men und kommerziellen Aktivitäten des aka- Regionen ist Sitz bester Einrichtungen des demischen und städtischen Lebens. tertiären Bildungssektors und hoher Konzen- trationen von Forschung und Entwicklung, ins- Die Harvard Universität hat in den vergange- besondere im Gesundheits- und Life Science- nen Jahrzehnten in Allston, einem ehemaligen Bereich. Bereits in der Zwischenkriegszeit Industrieareal auf der gegenüberliegenden verlor Boston seine Bedeutung als wichtiger Seite des Charles River, Land gekauft, dessen Industrie- und Hafenstandort und hat seither Fläche das gesamte bisherige Universitäts- einen im Wesentlichen wissensbasierten Struk- areal um 5 Prozent übertrifft. Entsprechend turwandel vollzogen. Es haben sich Wissens- dem vorbildlichen Universitätsgelände in milieus, „knowledge cluster“ und Wissen- Cambridge soll dort in den nächsten 20 schaftsparks angesiedelt. Die Entwicklungen Jahren zusätzlich zum bisherigen Areal ein in Forschung und Technologie an den Hoch- durchmischtes Universitätsviertel, der Har- schulen der Greater Region Boston führten vard Allston Campus, entstehen. Der Master- zur Kreation und Stärkung lokaler Industrien plan integriert universitäre Entwicklungen wie der Informationstechnologie, der Medi- mit städtischen, nachbarschaftlichen und zintechnik, der Biotechnologie und der Gene- öffentlichen Funktionen. Neben neuen Uni- tik. Um den Zugang zu wissenschaftlichen versitätsclustern für Life Sciences, Erziehung Talenten in Verbindung mit den Forschungs- und Gesundheit umfasst der Plan auch Woh- instituten zu erlangen, siedelten sich interna- nen, Kunst-, Kultur- und Freizeiteinrichtun- tionale Firmen wie z. B. Amgen, Cisco, Merck, gen sowie Einzelhandel. Novartis, Pfizer und Sun Microsystems in der Umgebung an. Die Betrachtung einzelner Uni- Das Massachusetts Institute of Technology versitäten wird hier beschränkt auf die Har- MIT ist eine private technische Universität vard University und das MIT in Cambridge, da mit über 10 000 Studenten. Das MIT gilt als sonst der Rahmen gesprengt würde. eine der weltweit führenden Universitäten im Bereich von technologischer Forschung und In Cambridge, Massachusetts, besteht das Herz Lehre. der ehemaligen Vorstadt aus dem Harvard Square und dem Harvard Yard, den ältesten Wegen der andauernden Finanzierungslücken Bereichen der Harvard Universität. Die Ent- wurde um 1900 ein Zusammenschluss mit wicklung von Cambridge ist ein Paradebeispiel der benachbarten Harvard Universität geplant. eines harmonischen Austausches zwischen Dies konnte jedoch gegen massive Proteste Universität und Stadt mit zentralen Funktio- ehemaliger MIT-Studenten nicht durchge- nen: Harvard Square als Stadtzentrum und setzt werden. Harvard Yard als Stadtpark. Die Harvard Uni- versity wurde 1636 gegründet und ist die 1916 wurde der Campus von Boston nach älteste Universität der USA. Wie für das Cambridge am gegenüberliegenden Flussufer amerikanische Universitätssystem üblich, ist verlegt. Ein umfangreiches Bauprogramm in „Harvard University“ ein begriffliches Dach jüngster Zeit umfasste das „Stata Center“, für mehrere wirtschaftlich eigenständige In- entworfen von Frank Gehry, das Simmons stitutionen, an denen 20 042 Studenten im Hall Studentenwohnheim, entworfen von akademischen Jahr 2005/2006 studierten. Steven Holl, das Zeisiger-Sportzentrum und Auf dem Harvard-Gelände befinden sich ein neues Gebäude, entworfen von Charles auch verschiedene Museen und Sammlun- Correa, für das „Picower Center for Learning gen. Die Universitätsgebäude und urbanen and Memory“, das „Institute for Brain and Funktionen vermischen sich. Intellektueller Cognitive Science“ und das „McGovern Insti- Austausch und akademisches Leben werden tute for Brain Research“. durch informelle Aktivitäten verstärkt, durch die Nähe von Lehrräumen, Dienstleistungen

100 Der Standort der Universität Hamburg Abb. 12: Allston Campus Quelle: The President and Fellows of Harvard College 2006, http://www.news.harvard.edu/gazette/2007/02.01/99-allston.html

Abb. 13: Lageplan des MIT Quelle: Kerstin Höger, „Campus and the City: Urban Design for the Knowledge Society“, GTA Publisher, Zürich, 2007

Der Standort der Universität Hamburg 101 Abb. 14: Hochschulstandortentwicklung Greater Boston Area Quelle: Prof. Dr. Jürgen Pietsch, HCU Hamburg

102 Der Standort der Universität Hamburg 7. Hochschulstandort Essen Und in der Tat: Geduld hat man haben müs- sen mit diesem Universitätsviertel zwischen Bis zur Gründung der Gesamthochschule/Uni- Uni und Innenstadt, das so viel verspricht und versität 1972 hatte Essen als größte Stadt des doch seit zweieinhalb Jahrzehnten nur auf Ruhrgebietes nur eine FH und eine PH. Die geduldigem Papier alles gehalten hat. Nach Gründung der Universität-Gesamthochschu- zwei vergeblichen Anläufen, die Grundstücke le erfolgte im Rahmen des „Nordrhein-West- zu übertragen, hat die eigens gegründete falen-Programms 1975“, eines 1970 be- Entwicklungsgesellschaft am Donnerstag der schlossenen und auf fünf Jahre angelegten vergangenen Woche die Kaufverträge für das Konzeptes zur Modernisierung der Wirtschaft 13 Hektar (= 26 Fußballplätze) große Areal und Bewältigung des Strukturwandels. Sie unterzeichnet. Das komplette Gelände zwi- wurde also bewusst – wie zeitgleich weitere schen Friedrich-Ebert-Straße und Uni, Bahn- Neugründungen – als eine Maßnahme im Zuge damm inklusive, ist damit ab 1. September in des Strukturwandels des Ruhrgebietes vom der Hand derer, die sich auf die Fahnen ge- Kohle- und Stahlstandort zum Dienstleistungs- schrieben haben, nicht weniger als ein Stadt- zentrum geschaffen. Erbaut wurde die Uni- quartier voller Qualität und Vielfalt mit ei- versität-Gesamthochschule Essen in Modul- nem neuen Stadtgarten zu bauen. Über den bauweise zwischen 1972 und 1978 nördlich Rückbau der bisher trennenden „Rheinischen der Innenstadt auf einem seit dem Zweiten Bahn“ wird das Universitätsviertel nun sogar Weltkrieg brach gefallenen und zum Teil zwi- Teil des „Emscher Landschaftsparks 2010“. schengenutzten Industriegelände neben dem traditionsreichen Arbeiterviertel Segeroth, Durch eine Fusion wurden am 1. Januar 2003 heute Essen-Nordviertel. Durch die Ansied- die Gerhard-Mercator-Universität Duisburg lung in Innenstadtnähe und in einem (ehe- und die Universität-Gesamthochschule Essen maligen) Arbeiterbezirk sowie durch die Ver- zur Universität Duisburg-Essen (kurz: UDE) teilung der Studentenwohnheime im gesam- zusammengelegt. Sie gehört mit rund 30 000 ten Stadtgebiet sollte eine enge Integration Studenten zu den – nach Studentenzahlen – der Akademiker in die städtische Bevölkerung zehn größten deutschen Universitäten. Die erreicht werden, doch bildeten sich neue Mil- von der nordrhein-westfälischen Landesre- lieus erst Jahrzehnte später und aus anderen gierung initiierte Fusion der beiden zuvor Gründen. Bereits 1972 wurde ein Vertrag zwi- eigenständigen Hochschulen war an beiden schen dem Land NRW und der Stadt über die Standorten äußerst umstritten. Nachdem die Aufgabe der Stadt, die Uni an die Innenstadt Gremien beider Hochschulen die Fusion ab- anzubinden, geschlossen. Dessen ungeachtet gelehnt hatten, wurde diese schließlich am blieb die Uni ein Fremdkörper, in den ersten 18. Dezember 2002 vom NRW-Landtag per 20 Jahren wurde seitens der Stadt Essen Gesetz beschlossen. nicht viel mehr als Spritzschutz für Fußgän- ger in Unterführungen realisiert. Gegenwär- tig läuft ein Wettbewerb zur Planung eines Ersatzneubaus der Bibliothek inklusive eines Studierenden-Servicezentrums sowie eines flexibel nutzbaren Seminar/Verwaltungsge- bäudes für die Universität Duisburg-Essen am Standort Essen. Insgesamt handelt es sich um eine Fläche von rund 28 000 qm Haupt- nutzfläche (HNF). Zur Wettbewerbsaufgabe zählt auch die konzeptionelle Neuausrich- tung der Südfront des Universitätsgeländes, deren städtebauliche Neuorientierung zum geplanten „Universitätsviertel“ in Richtung der Innenstadt von Essen den städtebau- lichen und landschaftsplanerischen Teil der Aufgabe ausmacht.

Der Standort der Universität Hamburg 103 Abb. 15: Hochschulstandortentwicklung Essen/Duisburg Quelle: Prof. Dr. Jürgen Pietsch, HCU Hamburg

104 Der Standort der Universität Hamburg 8. Quellen

Elbe, J./Wilhelm, M. (2004): Der Campus – Zur Zukunft deutscher Hochschulräume im internationalen Vergleich Finanzminister des Landes NRW (Hrsg.)(1977): Bautenberichte (3) Heinrich-Böll-Stiftung Berlin (2002): Uniregio Berlin-Brandenburg? Perspektiven einer Wissenschaftsregion Hoeger, K./Christiaanse, K. (2007): Campus and the City – Urban Design fort he Knowledge Society Höger, Kerstin (2008): Der Campus und die Stadt. Schlaglichter auf gegenwärtige Campusmodelle; Forschung und Lehre 10|07 Johann-Wolfgang-Goethe-Universität (Hrsg.)(2003): Die Neue Universität Frankfurt Mielchen, Johannes (2009): Hochschulen als Teil wissensräumlicher Stadtstruktur – Perspektiven für die Standorte der Universität Hamburg im Kontext einer wissensbasierten Stadtentwicklung (Diplomarbeit) Pietsch, J. (o. J.): Materialsammlung „Topografien der Wissensgesellschaft“

9. Internetquellen http://www.tagesspiegel.de/berlin/Charlottenburg-City-West-Universitaeten;art270,2688064 http://www.irs-net.de/publikationen/irs-aktuell/pdf/irs_aktuell_35.pdf http://www.sgvw.ch/d/fokus/Seiten/090116_stadtentwicklung_hohn.aspx http://www.muenchen2030.de/html/veranstaltungen/abschluss/Podiumsdiskussion.pdf http://www.muenchen2030.de/html/veranstaltungen/abschluss/Podiumsdiskussion.pdf http://english.espoo.fi/default.asp?path=32373;37337;45340;37411;37126 http://www.tkk.fi/en/about_tkk/otaniemi/ http://www.tkk.fi/en/about_tkk/otaniemi/history/ http://www.culminatum.fi/en/sivu.php?id=3 http://www.helsinki.fi/inbrief/index.html http://www.helsinki.fi/viikki/english/ http://www.helsinki.fi/kumpula/english/ http://www.helsinki.fi/inbrief/City_Centre_Campus.html http://www.spbstu-eng.ru/index.php5?module=articles&class=showArticles&configId=1&tpl= single&articleId=12&MenuId=abaabaaia http://www.greaterzuricharea.ch/content/10/downloads/gza_randdinstitutes_de.pdf http://www.irs-net.de/forschung/forschungsabteilung-1/coronas/Coronas_IRS_Kujath.pdf http://www.sciencecityfrankfurtriedberg.com/de/start.htm

Der Standort der Universität Hamburg 105

Herausgeber: Handelskammer Hamburg Adolphsplatz 1 | 20457 Hamburg Postfach 11 14 49 | 20414 Hamburg Telefon 040 36138-138 Fax 040 36138-401 [email protected] www.hk24.de

Titelbilder: Zoonar/Petra Kukofka, HHM/M. Lindner, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Mathias Friedel Lufbildfotografie

Herstellung: Wertdruck GmbH & Co. KG, Hamburg

Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier

Oktober 2009