Johannes Kepler Universität Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte

Nationalsozialismus in der Provinz

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen und Analyse der Marktgemeinde Aschach an der Donau

Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Magister der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften im Diplomstudium Wirtschaftswissenschaften

Name, Vorname: GAADT Manuel Matrikel-Nr.: 0757234 SKZ: 180

Begutachter: o. Univ. Prof. Dr. phil. Roman Sandgruber

Linz, im März 2012

Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdoku- ment identisch.

Ort, Datum Unterschrift

I Inhaltsverzeichnis

EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG ...... I

INHALTSVERZEICHNIS ...... II

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ...... IV

1 PROBLEMSTELLUNG UND ZIELSETZUNG ...... 1

2 DIE PROVINZ ALS AUSGANGSPUNKT ...... 2

3 WIRTSCHAFT UND FINANZPOLITIK IN OBERÖSTERREICH WÄHREND DER NS-ZEIT ...... 4

3.1 WIRTSCHAFTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN ...... 5 3.1.1 Wirtschaftliche Entwicklungen ...... 5 3.1.2 Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Strukturveränderungen ...... 7 3.1.3 Linz als neues Zentrum der Industrie ...... 12 3.1.4 FremdarbeiterInnen als bedeutender wirtschaftlicher Faktor...... 14 3.1.5 Infrastruktur am Beispiel Reichsautobahn ...... 21

3.2 FINANZPOLITIK DES GAUES OBERDONAU ...... 24 3.2.1 Organisation der Finanzpolitik in Oberösterreich ...... 25 3.2.2 Lohn-Preis-Regelungen und Währungsumstellung ...... 26 3.2.3 Haushaltssituation Oberösterreichs in der NS-Zeit ...... 29 3.2.4 „Alternative“ Mittelbeschaffung des Reichsgaues ...... 34

4 NATIONALSOZIALISMUS IN ASCHACH AN DER DONAU ...... 36

4.1 DIE MACHTÜBERNAHME UND ORGANISATION DES NATIONALSOZIALISMUS ...... 36 4.1.1 Nationalsozialistische Organisation in Aschach ...... 37 4.1.2 Dr. med. Johann Dienstl – Ehrenbürger der Marktgemeinde ...... 43 4.1.3 Volksabstimmung des 10. April 1938 in Aschach ...... 48 4.1.4 Das System der „Wohnraumbeschaffung“ in Aschach ...... 50

4.2 KULTUR IN OBERÖSTERREICH UND ASCHACH ...... 55 4.2.1 Schule im Nationalsozialismus ...... 55 4.2.2 Freizeit und Kultur ...... 68 4.2.3 Der Muttertag als Musterbeispiel der NS-Frauenideologie ...... 86

II 4.3 WIRTSCHAFT IN ASCHACH AN DER DONAU ...... 88 4.3.1 Wirtschaftliche Verhältnisse von ausgewählten Betrieben ...... 88 4.3.2 Exkurs Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene...... 98 4.3.3 Fremdenverkehr in Aschach...... 101 4.3.4 Finanzielle Verhältnisse der Marktgemeinde ...... 103

4.4 DAS ENDE DES NATIONALSOZIALISMUS IN ASCHACH ...... 110

5 ZUSAMMENFASSUNG ...... 114

ANHANG ...... 117

ABBILDUNGSVERZEICHNIS ...... 133

TABELLENVERZEICHNIS ...... 133

LITERATURVERZEICHNIS ...... 134

III Abkürzungsverzeichnis

Anm. Anmerkung Aschach a. d. D. Aschach an der Donau Aufl. Auflage Bd. Band BDM Bund deutscher Mädel bzw. beziehungsweise DAF Deutsche Arbeiter Front Dipl. Diplomarbeit Diss. Dissertation Dr./Dr.in Doktor/Doktorin ebd. Ebenda ed. edition f. Folgend Fasz. Faszikel ff. fortfolgend fm Festmeter GBl. Gesetzblatt GESTAPO Geheime Staatspolizei GuV-Rechnung Gewinn- und Verlustrechnung ha Hektar Hg. Herausgeber HJ Hitler Jugend i.H.v. in Höhe von KdF Kraft durch Freude km Kilometer KMU Kleine und mittlere Unternehmen KZ Konzentrationslager m Meter MF Mikrofilm Mio. Millionen NS nationalsozialistische/-es/-er NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter Par- tei NSKK Nationalsozialistisches Kraftfahrerkorps

IV NSRL Nationalsozialistischer Reichsbund für Lei- besübungen NSV Nationalsozialistische Volkswohlfahrt o. S. ohne Seitenangabe OÖLA Oberösterreichisches Landesarchiv Pg. Parteigenosse/Parteigenossin pol. politische RAD Reichsarbeitsdienst RGBl. Reichsgesetzblatt RM Reichsmark S. Seite SA Sch. Schachtel Sp. Spalte SS t Tonne u.a. unter anderem Vgl. Vergleich z.B. zum Beispiel Zl. Zahl

V 1 Problemstellung und Zielsetzung

Es gibt eine große Fülle von Literatur zum Thema Nationalsozialismus. Zu er- wähnen ist für den oberösterreichischen Raum vor allem die Reihe „Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus“, die vom oberösterreichischen Landesarchiv heraus- gegeben wurde und eine Vielzahl unterschiedlicher Aspekte der nationalsozialistischen Vergangenheit von Oberösterreich behandelt. Obwohl es vereinzelt Werke über regio- nale Entwicklungen in dieser Zeit gibt, besteht ein spärliches Angebot wissenschaftli- cher Betrachtungen von Gemeinden – vor allem von Landgemeinden. In den Heimatbü- chern wurde die nationalsozialistische Vergangenheit zwar mehr oder weniger ausführ- lich aufgearbeitet, eine gezielte wissenschaftliche Fragestellung fehlt jedoch. Besonders der wirtschaftliche und finanzielle Bereich der Gemeinden wird oft in Heimatbüchern stiefmütterlich behandelt. Deshalb hat diese Diplomarbeit zum Ziel, eine wissenschaftlich korrekte Aufar- beitung der NS-Zeit der Marktgemeinde Aschach an der Donau aufzustellen und insbe- sondere die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse der Gemeinde zu analysieren. Hierbei stellt sich insofern die Frage, ob die Marktgemeinde von dem nationalsozialisti- schen Regime finanziell und wirtschaftlich profitiert hat. Um jedoch einen präzisen Einblick in die Thematik gewährleisten zu können, werden zunächst die wirtschaftli- chen und finanziellen Rahmenbedingungen des Gaues Oberdonau analysiert. Ohne eine fundierte Betrachtung des Hintergrundes, können die weiteren Entwicklungen in der Gemeinde Aschach nicht in ordentlicher Weise nachvollzogen werden. Im nächsten Abschnitt wird dann die Marktgemeinde selbst betrachtet. Dabei stellen insbesondere vier Bereiche bei der Analyse der Marktgemeinde Aschach einen Schwerpunkt der Ar- beit dar:

1. Organisation des Nationalsozialismus in Aschach 2. Schul- und Erziehungswesen 3. kulturelle Aspekte 4. finanzielle und wirtschaftliche Verhältnisse

Besonders die finanziellen Verhältnisse werden erstmals strukturiert dargestellt und in einem Zeitvergleich analysiert. Diese Betrachtung soll auch ein Beitrag für eine überregionale Betrachtung der finanziellen Verhältnisse von Landgemeinden bieten. Schließlich wird noch aufgezeigt, wie sich das Kriegsende in Aschach zugetragen hat.

1 2 Die Provinz als Ausgangspunkt

Wie das Thema der Arbeit, Nationalsozialismus in der Provinz, andeutet, liegt der Schwerpunkt in der Analyse von Oberösterreich und im Speziellen in der Betrachtung der Marktgemeinde Aschach an der Donau. Als Ergebnis dieser Veränderungen kann zweifelsfrei eine Aufwertung der Provinz behauptet werden. Hanisch beschreibt dies auch als „[…] Aufstand der Provinz gegen die Metropole“.1 Die Gründe für diesen „Aufstand“ können auf das Leben von zu- rückgeführt werden. Hitler zog in seiner Jugend von Linz nach Wien, um dort die Enge der Provinz loswerden zu können und eine erfolgreiche Karriere als Künstler zu begin- nen. Doch er scheiterte sowohl bei der Bewerbung als Maler, als auch bei der Bewer- bung als Architekt.2 Dieses Scheitern ist der Grund dafür, dass Hitler einen enormen Zorn auf Wien und auf die Metropole bzw. Großstadt aufgebaut hat. Die aggressive Haltung gegen Wien zeigt sich an den Aktivitäten, die nach dem unternom- men wurden. Mit dem Ostmarkgesetz wurde Österreich 1939 in sieben Gaue aufgeteilt. Diese Gaue waren staatliche Verwaltungsbezirke und Selbstverwaltungskörperschaften. Damit wurde Wien die Regierungsmöglichkeit über den Staat Österreich bzw. die ein- zelnen Landesgaue entzogen. Jeder hatte sich selbst zu verwalten.3 Des Weiteren wurden Bauvorhaben begonnen, die besonders für Oberösterreich vorteilhaft erschie- nen. Diese Vorhaben werden im nächsten Abschnitt näher erläutert. Doch es war nicht die Idee Hitlers, den ruralen Gebieten bessere Infrastruktur zu bieten und die Wirtschaft dort anzukurbeln. Vielmehr sollten Kleinstädte aufsteigen und die Großstadt Wien als Mittelpunkt Österreichs verdrängen. Diese Entwicklung inter- pretiert Hanisch als „Entprovinzialisierung“4. Ein wichtiger Aspekt dieser These be- schreibt die Modernisierung der österreichischen Provinzwirtschaft. Diese war vor dem Anschluss relativ rückständig im Vergleich zu Deutschland.5 Beispielsweise waren rund 70 Prozent aller technischen Anlagen in Linz stark überaltert und bedurften einer Er- neuerung.6 Dieser These Hanischs wird jedoch in der neueren Literatur weitgehend kri- tisch gegenübergestanden. So behauptet etwa Lackinger, dass der Grundstein für die

1 Hanisch, Nationalsozialistische Herrschaft in der Provinz, S. 9. 2 Vgl. Maser, Adolf Hitler, S. 77 f. 3 Gesetz über den Aufbau der Verwaltungen in der (Ostmarkgesetz),14. April 1939, RGBl. I, S. 777. 4 Hanisch, Nationalsozialistische Herrschaft in der Provinz, S. 10. 5 Vgl. Moser, Oberösterreichische Wirtschaft, S. 27. 6 Vgl. Denkschrift der Wirtschaftskammer Oberdonau 1940 an den Herrn Reichswirtschaftsminister an- lässlich des Besuches des Herrn Staatssekretärs Dr. Landfried in Oberdonau vom 7.-9. September 1940, BA Koblenz, R7/20/5, S. 18.

2 positiven Entwicklungen der oberösterreichischen Wirtschaft nicht im Anschluss an das Deutsche Reich und dessen Investitionen gelegen ist, sondern, dass sich eine Erholung der Wirtschaft Oberösterreichs schon vor dem Anschluss abzeichnete.7 Diese Behaup- tung unterstreicht er mit der Entwicklung der Beschäftigung in der Industrie, die zwi- schen 1934 und 1937 um 30 Prozent gestiegen ist und eine nachhaltigere Entwicklung versprach.8 Genauso zählt Sandgruber die Beispiele Zellstofffabrik Lenzing, dass vor dem Anschluss 1935 zu den modernsten Werken seiner Art gehört hat und die Steyr- Werke, die durch neue Automodelle wieder auf dem Wachstumspfad zurückgekommen waren, auf.9 Es kann somit davon ausgegangen werden, dass die Überalterung der Wirt- schaft in Oberösterreich und deren Modernisierung durch das NS-Regime in starkem Ausmaß von Propaganda beeinflusst war.

Diese „Modernisierung“ hat jedoch ambivalente Ergebnisse gebracht. Unter ande- rem sollen folgende Punkte erwähnt werden:10

 Verstärkung des Industrialisierungsprozesses  Profilierung des Westens gegenüber Wien  Beschleunigung des Urbanisierungs- und Bürokratisierungsprozesses  Bedeutungsverlust des wirtschaftlichen Primärsektors  Verstärkung der Säkularisierung  Politische Mobilisierung

Viele Entwicklungen in diesen Bereichen hatten auch Effekte zur Folge, die dem nationalsozialistischen Idealbild entgegenwirkten. Als Beispiel dafür soll ein Zitat von dienen: „Oberdonau war ein Bauernland, ist ein Bauernland und soll nach den Worten des auch weiter ein Bauernland bleiben.“11 Diese Einstellung widerspricht den tatsächlichen Modernisierungsvorhaben, die die Landwirt-

7 Vgl. Lackinger, 50 Jahre, S. 12 ff; 357 ff. 8 Vgl. Lackinger, 50 Jahre, S. 12 ff. 9 Vgl. Sandgruber, Lenzing, S. 362. 10 Hanisch, Nationalsozialistische Herrschaft in der Provinz, S. 13. 11 Vgl. Denkschrift der Wirtschaftskammer Oberdonau 1940 an den Herrn Reichswirtschaftsminister anlässlich des Besuches des Herrn Staatssekretärs Dr. Landfried in Oberdonau vom 7.-9. September 1940, BA Koblenz, R7/20/5, S. 7.

3 schaft verhältnismäßig zurückgedrängt haben. Weitere Diskrepanzen lassen sich auch für die anderen Punkte finden.12 Neben diesen Entwicklungen gab es auch Veränderungen der Organisation inner- halb des NS-Staates. Durch das Nebeneinanderbestehen der NSDAP als Partei und der Institution des Staates, kam es regelmäßig zu Gegensätzen zwischen diesen Einrichtun- gen. Der Staat hat als Aufgabe die Menschen zu führen, wohingegen die NSDAP vor allem mit irrationalen, menschenverachtenden Ideologien bestehen wollte, was zu ei- nem gewissen Spannungsfeld zwischen diesen führte.13 Besonders auf kommunaler Ebene und auf Gemeindeebene ist dieses Auseinanderklaffen von Ideologie und Realität der konkurrierenden Institutionen oftmals deutlich erkennbar.14 Matzerath unterscheidet treffend drei große Tendenzen, mit denen die Entwicklung der Gemeinde während der NS-Herrschaft gut gezeigt werden kann:15

 Die Gemeinden als Unterbau der staatlichen Verwaltung  Der Dualismus zwischen Gemeinden und Partei, eingebettet in Staat und Partei  Die Zersplitterung und Auflösung des Aufgabenbereiches der Gemeinden

Um diese Entwicklungen in der Provinz besser verstehen zu können, muss zu- nächst das Umfeld analysiert werden, in denen Kleinstädte und Gemeinden operiert haben. Daher wird im folgenden Abschnitt auf die wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen eingegangen, die einen wesentlichen Beitrag bei der nationalso- zialistischen Herrschaft leisteten.

3 Wirtschaft und Finanzpolitik in Oberösterreich während der NS-Zeit

Sicherlich ein Grund für die große Zustimmung der OberösterreicherInnen zum Nationalsozialismus16 und Adolf Hitler, war das Versprechen der NSDAP an die Be- völkerung eine Arbeit zu erhalten. Tatsächlich konnte Hitler dieses Versprechen einlö- sen, indem er diverse Maßnahme eingeleitet hat, besonders jene der Kriegsvorbereitung.

12 Für eine detaillierte Darstellung der Diskrepanzen soll auf Hanisch, Nationalsozialistische Herrschaft in der Provinz, verwiesen werden. 13 Vgl. Rebentisch, Führerstaat, S. 17 f. 14 Vgl. Kadanik, NS-Verwaltung, S. 45. 15 Matzerath, Nationalsozialismus und kommunale Selbstverwaltung, S. 436. 16 Siehe Abschnitt 4.1.3, S. 47 ff.

4 In diesem Sinne wurden Projekte begonnen oder fertig gestellt, die bis heute in Ver- wendung stehen, wie z.B. das Unternehmen voestalpine AG oder Teilbereiche der Au- tobahnstruktur. Zunächst soll in diesem Abschnitt der Mythos des Arbeitswunders unter Hitlers NSDAP im Bezug auf Oberösterreich analysiert werden. Danach werden die wirtschaftlichen Projekte beleuchtet, die in Oberösterreich geplant waren bzw. umge- setzt worden sind. Dazu wird kurz auf die oben erwähnten Beispiele eingegangen. Auch die Finanzpolitik des damaligen Gaus Oberdonau war von entscheidender Bedeutung für die wirtschaftliche Situation in Oberösterreich und soll daher betrachtet werden.

3.1 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen

In diesem Abschnitt wird zunächst analysiert, wie die wirtschaftlichen Entwick- lungen in Oberösterreich abgelaufen sind. Dabei werden wichtige wirtschaftliche Fakto- ren vielschichtig beschrieben. Als erstes werden die generellen Tendenzen der wirt- schaftlichen Entwicklung aufgezeigt, gefolgt von den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der NSDAP. Die Stadt Linz soll als eigener Punkt kurz und prägnant umrissen werden, da sie starke Auswirkungen auf die umliegenden Gemeinden bis hin nach Aschach an der Donau hatte. Auch die Fremdarbeiterbeschäftigung ist ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor, der ein eigenes Unterkapitel gewidmet wird. Abgeschlossen wird der Abschnitt mit einer Beleuchtung der Infrastruktur, bevor die finanziellen Rahmenbedingungen analysiert werden.

3.1.1 Wirtschaftliche Entwicklungen Schon vor dem Anschluss haben die NS-Politiker des Deutschen Reiches auf Ös- terreichs Wirtschaft geschielt. Ein Grund für diese Interessen bildete der Umstand, dass mit der Umstellung der Wirtschaftspolitik auf Aufrüstung und Kriegsvorbereitung Nah- rungsmittel und Roh- bzw. Hilfsstoffe knapp wurden. Um diese zu importieren hatte das Deutsche Reich jedoch keine ausreichenden Tauschprodukte oder Devisenreserven.17 Deshalb wurde überlegt, wie Österreich am besten auch seitens der Wirtschaft genutzt werden könnte. Für das Deutsche Reich waren nicht nur die Facharbeitskräfte ein be- sonderer wirtschaftlicher Faktor, sondern auch die österreichische Rohstoffvorkommen, unausgelastete Produktionskapazitäten und die Energie-, Gold- und Devisenreserven waren für Hermann Göring und seine Berater von großem Interesse.18 Immerhin gab es

17 Vgl. Volkmann, Außenhandel und Aufrüstung in Deutschland, S. 97. 18 Vgl. Schausberger, Österreich und die nationalsozialistische Anschlußpolitik, S. 745 f.

5 in Österreich 1,75 Milliarden Reichsmark an Gold und Devisen für die Deutschen zu holen, wo die 76 Millionen Reichsmark an Devisenvorräten der deutschen Reichsbank schon etwas mickrig anmuten.19 Tweraser relativiert jedoch den Faktor der österreichi- schen Rohstoffvorkommen und spricht dezidiert die Eisenerzvorkommen in der Steier- mark an, die für die Nationalsozialisten von Interesse gewesen sein mussten. Daneben dürften die 400.000 Hektar Waldfläche noch ein wichtiger Rohstofffaktor gewesen sein.20 Das unterstreicht auch Sandgruber, was die Holzvorkommen betreffen, erklärt aber auch, dass Erz- und Erdölvorkommen, sowie die Nutzung der Wasserkraft zur Energieerzeugung wichtige wirtschaftliche Punkte bei der Betrachtung Österreichs bzw. Oberösterreichs für das Deutsche Reich darstellten.21 Daneben spielte natürlich auch die Zahl militärisch ausgebildeter Soldaten eine gewisse Rolle.22 Jedoch muss hier beachtet werden, dass in Deutschland nur ein grund- sätzliches Interesse an Österreichs wirtschaftlicher Seite bestand. Detaillierte Pläne zur Nutzung der österreichischen Wirtschaft und der Aufbau neuer Industriezweige gab es vor dem Anschluss nicht.23 Dennoch wurden analytische Studien über den Nutzen der österreichischen Wirtschaft von verschiedenen deutschen Stellen in Auftrag gegeben. Österreich wird dabei jedoch nicht als gleichwertiger Partner gesehen, sondern als Zweck zur Stärkung der deutschen Wirtschaft. Dies spiegelt die imperialistische Denk- weise des Deutschen Reiches wider.24 Generell brachte der Anschluss in Oberösterreich verschiedene starke Verände- rungen mit sich. Die wichtigsten wirtschaftlichen Stoßrichtungen nach dem Anschluss gingen von der Vierjahresplanbehörde aus, die von Hermann Göring geleitet wurde. Durch die Schwäche der österreichischen Wirtschaft und die geringe Auslastung kam der oben genannten Behörde in Österreich mehr Einfluss zu, als es in Deutschland der Fall war und war zugleich auch ein Anreiz für die deutsche Wirtschaft, die österreichi- sche voll auszunutzen.25 Am 26. März 1938 stellte Hermann Göring im Rahmen des Vierjahresplanes das Aufbauprogramm für Österreich vor. Darunter fielen vier Punkte, die Oberösterreich betrafen:26

19 Vgl. Gabriel, Österreich in der großdeutschen Wirtschaft, S. 647. 20 Vgl. Tweraser, Linzer Wirtschaft, S. 400. 21 Vgl. Sandgruber, Lenzing, S. 30. 22 Vgl. Slapnicka, Oberdonau, S. 114. 23 Vgl. Stuhlpfarrer, Der deutsche Plan einer Währungsunion, S. 271 ff. 24 Vgl. Moser, Oberösterreichs Wirtschaft, S. 20. 25 Vgl. Petzina, Wehrwirtschaftsplanung, S. 476. 26 Vgl. Slapnicka, Oberdonau, S. 116.

6  Bau eines Hüttenwerkes in Linz  Aufbau einer Zellstofffabrik auf Hartholzgrundlage  Inangriffnahme von 1.100 km Reichsautobahn  Errichtung von zwei Donaubrücken, davon eine in Linz

Oberösterreich erfuhr durch den Anschluss eine besondere wirtschaftliche Bedeu- tung. Relativ viele und große Vierjahresplanprojekte wurden in Oberösterreich von dem NS-Regime geplant. Dies ist u.a. einerseits auf die gut ausgebaute Infrastruktur von Linz zurückzuführen. Andererseits sah die NS-Herrschaft die Donauschifffahrt als ge- eignetes Mittel an, günstige Transportbedingungen zu schaffen. Linz wurde in der Folge wirtschaftlich stark ausgebaut, was auch die Basis für die jetzige Bedeutung der Stadt für das Bundesland Oberösterreich begründete. Des Weiteren wurde in Oberösterreich ein großes Potenzial für Arbeitskräfte gesehen, da man der Ansicht war, dass das bisher stark agrarisch genutzte Oberösterreich viele Arbeitskräfte aus der Landwirtschaft ab- geben konnte.27

3.1.2 Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Strukturveränderungen Der Begriff Arbeitsbeschaffung war für die Bevölkerung nach der Weltwirt- schaftskrise zu Beginn der 30er Jahre ein Wort, das in aller Munde war. Egal, welches Regime für Aktivitäten eintritt, die den Menschen Arbeitsplätze verschaffen, es kann ihnen von Natur aus nicht negativ gegenüberstehen, da klarerweise nur durch Beschäf- tigung die eigene Existenz dauerhaft auf einem moderaten Niveau gesichert werden kann. Der Erfolg der Nationalsozialisten lag in der ausgezeichneten Verknüpfung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen mit Aktivitäten zur Aufrüstung. Diese Kombination konnte große Erfolge erzielen, zumindest zu Beginn der NS-Herrschaft. Alle Maßnah- men, die nicht mindestens mittelbar der Aufrüstung dienten, wurden nicht in ausrei- chender Weise berücksichtigt.28 Dies zeigt die alleinige strategische Ausrichtung auf den Krieg, wo Beschäftigungsmaßnahmen von den Nationalsozialisten als Mittel zum Zweck der Kriegsführung eingesetzt wurden. Obwohl es scheint, Oberösterreich habe im Vergleich zu den anderen Bundeslän- dern außerordentlichen Nutzen aus der NS-Herrschaft gezogen, soll darauf hingewiesen werden, dass nur wenige Projekte aus den wirtschaftlichen Programmen der Nationalso-

27 Vgl. Moser, Oberösterreichs Wirtschaft, S. 31. 28 Vgl. Herbst, Die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik, S. 157.

7 zialisten auch tatsächlich durchgeführt wurden. Dies gilt zwar für die heutige voestalpi- ne AG oder die Zellstoffwerke in Lenzing, für viele andere Projekte kann dem aber nicht zugestimmt werden. Beispielsweise war auch der Bau von Wasserkraftwerken geplant. Diese wurden jedoch nicht realisiert oder in komplett anderer Form durchge- führt (Dampfkraftwerk der Hütte Linz).29 Neben den geplanten Bauvorhaben wurde von Deutschland auch eine Reihe von Verordnungen eingeführt, die zu einer Benachteili- gung der österreichischen Wirtschaft führten. Die Einführung der deutschen Kreditge- setze oder die Beschlagnahmebefugnis der Wehrmacht im zivilen Sektor sind nur einige von vielen Nachteilen, die für Österreich durch den Anschluss entstanden.30 Als Nächstes soll kurz die Basis für alle Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem Anschluss in Österreich dargestellt werden, die Reichskredite. Im Jahr 1938 wurde erstmals ein Reichskredit in Höhe von 100 Millionen Reichsmark der Landesregierung Österreichs zur Verfügung gestellt. Jedoch stellte das Deutsche Reich Bedingungen für die Inanspruchnahme des Kredites. Einerseits musste die Landesregierung die Mittel in einer Art verwenden, dass möglichst rasch hohe Beschäftigungseffekte erzielt werden konnten. Andererseits war es auch strikt untersagt, die bereit gestellten Mittel für den Schuldenabbau zu verwenden.31 Außerdem wurde auch bei dieser Aktion die Ideologie der Propaganda deutlich, da vor allem jene Gemeinden und Städte Berücksichtigung fanden, die vor der NS-Zeit zu kurz gekommen sind.32 Folglich kann impliziert werden, dass hier eine weitere negative Beeinträchtigung gegenüber der Großstadt Wien ein zumindest indirektes Ziel der Maßnahmen darstellte, wenn man die Maßnahme im Rahmen der Ideologie Hitlers bezüglich der Provinz sieht. Das bestätigt auch Moser33, der aufzeigt, dass die zugewiesene Menge an Reichsmark für Wien verhältnismäßig gering ausfiel. Am 4. August 1938 wurde die Entscheidung gefällt, Österreich einen weiteren Reichskredit über 30 Millionen Reichsmark zur Verfügung zu stellen.34 Dieser Kredit war jedoch speziell für Kommunen gedacht und sollte vor allem die ländlichen Ge- meinden stärken, indem, nach wirtschaftlicher Abwägung, weitere Arbeitsbeschaf- fungsmaßnahmen und darüber hinaus auch Notwendigkeiten im Siedlungs-, Kraft- werks- oder Straßenbau finanziert werden sollten. In diesem Programm war wiederum

29 Vgl. Slapnicka, Oberdonau, S. 116. 30 Vgl. ebd., S. 117. 31 Vgl. Moser, Oberösterreichs Wirtschaft, S. 65 f. 32 Vgl. Archiv der Republik, Bürckel Materie, 63/2110/2, zitiert nach Moser, Oberösterreichs Wirtschaft, S. 66. 33 Vgl. Moser, Oberösterreichs Wirtschaft, S. 71. 34 Vgl. Archiv der Republik, Bürckel Materie, 63/2110/8.

8 Wien benachteiligt worden, indem die Stadt von diesem Reichskredit keine Reichsmark zu Gesicht bekam.35 Nachdem nun geklärt ist, wo die Geldmittel nach dem Anschluss herkamen, soll nun betrachtet werden, wie sich die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen tatsächlich auf die Arbeitslosigkeit ausgewirkt haben. Zunächst wird die Abwanderung österreichischer Facharbeitskräfte betrachtet. Hier ist besonders bemerkenswert, dass 15.000 von 100.000 österreichischen Arbeitskräften aus Oberösterreich nach Deutschland in deut- sche Firmen zwangsüberführt wurden, da in Deutschland Facharbeitskräfte Mangelware waren.36 Diesen Verlust an Arbeitskräften kann man auch in Abbildung 1 sehr deutlich erkennen. In den ersten 18 Monaten nach dem Anschluss steigt die Zahl der offenen Stellen auf über 13.000 an, was einen Anstieg um rund 11.000 Stellen darstellt. Dieser Sog der österreichischen Arbeitskräfte kann u.a. für die – teilweise heute noch in den Köpfen der ÖsterreicherInnen existierende – Verbesserung im Bereich der Arbeitslosig- keit verantwortlich gemacht werden. Dennoch waren es die Aufträge der öffentlichen Hand, Steuererleichterungen für Investitionen und das Vorhandensein neuer finanzieller Mittel, die die Arbeitslosigkeit weiter drückten. Mit der Einführung der Kinderbeihilfe, Zuschüssen für Wohnbauten oder Ehestandsdarlehen versuchten die NS-Wirtschaftspolitiker den Konsum anzukur- beln.37 Durch die vorgenommenen Baumaßnahmen von Großbetrieben wurde die Ar- beitslosigkeit in Oberösterreich im Laufe des Jahres 1938 weiter reduziert.38 Die Ar- beitslosenrate lag Ende 1938 bei gerade einmal 5 Prozent. Verglichen mit den restlichen Bundesländern, gab es nur in Vorarlberg, Tirol und Salzburg eine noch niedrigere An- zahl an Arbeitssuchenden.39 In nominalen Zahlen ausgedrückt bedeutet das, dass die gesamte Arbeitslosigkeit von 401.001 arbeitsuchenden Personen am 31. Januar 1938 auf 156.174 Arbeitslose am 31. Januar 1939 fiel. Auf einen Vergleich der Arbeitslosig- keit in den einzelnen Bundesländern wird nicht eingegangen, da durch die Gebietsver- änderungen mit dem Ostmarkgesetz die Statistiken nur mehr begrenzt aussagekräftig sind.40

35 Vgl. ebd. 36 Vgl. ebd., S. 117. 37 Vgl. Petzina, Die Deutsche Wehrwirtschaftsplanung, S. 471. 38 Vgl. Monatsberichte des Wiener Instituts für Wirtschafts- und Konjunkturforschung, Heft 2/3, 13.1939, S. 40. 39 Vgl. Monatsberichte des Wiener Instituts für Wirtschafts- und Konjunkturforschung, Heft 5/6, 13.1939, S. 172. 40 Vgl. Monatsberichte des Wiener Instituts für Wirtschafts- und Konjunkturforschung, Heft 2/3, 13.1939, S. 41.

9

Abbildung 1: Arbeitsmarktlage in Oberösterreich bis 18 Monate nach dem Anschluss41

Für Oberösterreich selbst lässt sich durch einen Vergleich der Arbeitslosenzahlen der einzelnen Monate der Jahre 1938/39 sehr gut der Schwerpunkt der Arbeitsbeschaf- fungsmaßnahmen – die Bauvorhaben – darstellen. In Tabelle 1 kann man erkennen, dass die Sommermonate geprägt sind durch hohe Rückgänge der Arbeitslosen, hingegen zeigen die Wintermonate eine Zunahme der arbeitsuchenden Personen auf. Der hohe Anteil an der Beschäftigung im Baugewerbe zeigt sich auch an der Statistik der arbeits- losen Frauen. In den Sommermonaten sind zeitweise mehr als doppelt so viele Frauen arbeitslos als Männer. Im Winter dreht sich diese Situation in dem angegeben Zeitraum gänzlich um.

41 Quelle: Slapnicka, Oberdonau, S. 119.

10

Tabelle 1: Arbeitslosenzahlen Oberösterreichs 1938/39 im Vergleich42

Innerhalb der Wirtschaft kam es zu großen Strukturveränderungen, von denen als Beispiel die Ziegelindustrie betrachtet werden soll. Vor dem Anschluss 1938 produzier- ten 52 Betrieben durchschnittlich 80 bis 100 Mio. Ziegeln im Jahr. Nach dem Anschluss reduzierte sich diese Produktion auf 43 bis 50 Mio. Ziegeln jährlich aus nur mehr 20 bis 25 Betrieben. Dabei war der Anteil an ausländischen Arbeitskräften schon bedeutsam, der bei ca. 50 % in diesem Wirtschaftszweig lag.43 Auch die Landwirtschaft war vom Anschluss an das Deutsche Reich betroffen. Durch die öffentlichen Aufträge im Bau- gewerbe gab es einen starken Bedarf an Fach- und Hilfsarbeiter. Dieser Umstand kann auch als Grund für eine verstärkte Landflucht gesehen werden.44 Darüber hinaus kann als weiterer Grund der Anstieg des Bruttolohns um rund 20 % bzw. ein Anstieg des Wochenentgelts um ca. 40 % genannt werden.45 Dies zeigt einmal mehr die oben be- schriebene Ambivalenz zwischen den nationalsozialistischen Zielen – Erhalt einer star- ken Bauernschaft – und der Auswirkungen ihres Handelns, die zur Landflucht in Ober- österreich führte, auf. Obwohl der wirtschaftliche Plan für Oberösterreich einige große Projekte enthielt, wurde auf kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) keine Rücksicht genommen und

42 Quelle: Moser, Oberösterreichs Wirtschaft, S. 62. 43 Vgl. Slapnicka, Oberdonau, S. 122. 44 Vgl. Moser, Oberösterreichs Wirtschaft, S. 64. 45 Vgl. Monatsberichte des Wiener Instituts für Wirtschafts- und Konjunkturforschung, Heft 4, 13.1939, S. 135.

11 diesen kaum Aufträge von der öffentlichen Hand gegeben.46 Somit kam es zu einer Fehlallokation der Staatsnachfrage von den KMUs hin zu den Großprojekten.47 Die Entwicklung führte dahin, dass zu Kriegsende viele dieser Unternehmen nicht mehr existierten und die Struktur der oberösterreichischen Wirtschaft einseitig in Richtung Großbetriebe zeigte. Um diese Situation zu verdeutlichen sei angemerkt, dass alleine bis 1. Jänner 1945 61 Betriebe stillgelegt wurden. Darunter fielen ein Großteil der Papier- industrie und der Brauereien.48 Tatsächlich dürfte die Anzahl der stillgelegten Betriebe jedoch weitaus höher gewesen sein. Denn Anfang 1945 dürfte nur noch ein Drittel, das entspricht einer Anzahl von 130 Betrieben, aller Industriebetriebe in Oberösterreich tatsächlich die Produktion aufrecht erhalten haben. Zu diesem Ergebnis haben die etli- chen Stilllegungsaktionen in Oberösterreich während der NS-Zeit geführt.49 Im Um- kehrschluss bedeutet das auch, dass ungefähr 260 Industriebetriebe in Oberösterreich geschlossen wurden, also erheblich mehr als Slapnicka aufzählt.

3.1.3 Linz als neues Zentrum der Industrie Linz als Heimat- und Patenstadt des Führers50, kann sicherlich als das wirtschaft- liche und politische Zentrum Oberösterreichs gesehen werden. An diesem Beispiel wird auch die im ersten Abschnitt angesprochene „Entprovinzialisierung“ deutlich erkennbar. Denn von den oben erwähnten vier großen Vorhaben des 17-Punkte Wirtschaftpro- gramms für die „Ostmark“ von Hermann Göring fielen zwei Großprojekte alleine auf Linz: Der Bau einer modernen Hütte zur Produktion von Eisen und Stahl und die Er- richtung einer Donaubrücke. Linz war jedoch keine Ausnahmeerscheinung, sondern eher die Regel. Wenn auch nicht in so großem Umfang wie in Linz, wurden in ganz Oberösterreich Ausbauprojekte gestartet, die den Umhang der Provinz in den einzelnen Städten und Ortschaften abschütteln sollten. Dies zeigt sich u.a. auch an den Städten Leonding und Rohrbach, die im Vergleich zu ihrer Größe überaus große Projekte plan- ten.51 Neben der Hütte Linz wurde vom IG Farben Konzern eine Stickstoffanlage in Linz geplant und umgesetzt. Linz bestach demnach vor allem durch Neugründungen

46 Vgl. Tätigkeitsbericht der Bezirksausgleichsstelle, September 1938. AdR. Bürckel-Materie, 82/2195/1, zitiert nach Lackinger, Linzer Industrie, S. 115. 47 Moser, Oberösterreichs Wirtschaft, S. 170 ff. 48 Vgl. Slapnicka, Oberdonau, S. 135. 49 Vgl. Lackinger, 50 Jahre, S. 90 ff. 50 Sandgruber, Lenzing, S. 509. 51 Vgl. Sandgruber, Lenzing, S. 509.

12 von Großbetrieben und nicht durch die Sanierung von bestehenden Stammbetrieben.52 Obwohl diese Vorhaben zur Hochkonjunktur in der Baubranche führten, waren die Lin- zer Mittelbetriebe nicht großartig von der neuen Industrie begeistert. Denn der Elan, den die Nationalsozialisten beim Bau der Neuindustrie gezeigt hatten, wurde bei der Förde- rung des Mittelstandes schon erheblich abgeschwächt.53 Das wohl wichtigste Projekt für Oberösterreich war die Hütte Linz der Hermann- Göring-Werke. Dass dieses Projekt zur Eisen- und Stahlproduktion ausgerechnet in Linz angesiedelt wurde, dürfte neben dem Aspekt der guten Infrastruktur auch in der Intervention Hitlers gegen eine Ansiedelung der Alpinen Montangesellschaft in Wien gelegen haben.54 Das Projekt wurde mit dem Spatenstich am 13. Mai 1938 begonnen. Es wurde die deutschamerikanische Firma Brassert mit dem Bau einer hochmodernen Hütte in Linz beauftragt. Von Anfang an wurde ein hoher Zeitdruck des NS-Regimes generiert, um die Hütte so schnell wie möglich einsatzfähig zu machen.55 In der Folge wurde die Fusion des Hüttenwerks mit der Alpine-Montan weiter vorangetrieben, so- dass am 7. Juni die Alpine-Montan Aktiengesellschaft „Hermann Göring“ Linz ent- stand.56 Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zog diese Firma jedoch ihre Ar- beiter ab und die Bauarbeiten wurden von heimischen Fachkräften weitergeführt. Im Laufe des Krieges wurde die Hütte Linz in den Dringlichkeitsstufen vorgereiht. Neben dem Ausbau des Hafens, mit dessen Bau noch im Herbst 1943 begonnen wurde, wurde auch ein Eisenbahngleisnetz aufgebaut. Auch die weiteren Anlagen zur Produktion von Eisen wurden zwischen 1939 und 1942 fertig gestellt. Im Jahr 1943 wurde in der Stahl- produktion ein Höchststand von 541.000 t Stahl erreicht.57 Neben der Hütte Linz zählte auch die Stickstoffwerke Ostmark AG, die im Besitz des IG Farben Konzerns war, zur neuen Linzer Großindustrie. Der Standort Linz war für die Stickstoffwerke eine gute Möglichkeit günstig an Rohstoffe zu kommen. Denn vor allem das Kokereigas der Kokerei des Hüttenwerkes Linz war für die Rohstoffbe- schaffung ideal geeignet. Diese Rahmenbedingungen lieferten auch den Grund für die Verbindung der beiden Werke.58 Die Stickstoffwerke produzierten u.a. Stickstoffdünger

52 Vgl. Tweraser, Linzer Wirtschaft, S. 402 f. 53 Vgl. Denkschrift der Wirtschaftskammer Oberdonau 1940 an den Herrn Reichswirtschaftsminister anlässlich des Besuches des Herrn Staatssekretärs Dr. Landfried in Oberdonau vom 7.-9. September 1940, BA Koblenz, R7/20/5, S. 13. 54 Vgl. John, Zwangsarbeit und NS-Politik, S. 37 f. 55 Vgl. Tweraser, Linzer Wirtschaft, S. 412 f. 56 Vgl. Slapnicka, Oberdonau, S. 130. 57 Vgl. ebd., S. 132 f. 58 Vgl. Lackner/Stadler, Fabriken in der Stadt, S. 416.

13 und später Salpetersäure für die Sprengstoffherstellung. Im Laufe des Krieges wurde jedoch die Salpetersäure immer wichtiger. Dies zeigen die Ausbringungsmengen der Produkte an, die im Verhältnis 66.000 t Dünger zu 86.000 t Salpetersäuren produziert wurden.59 Es gab in Linz noch weitere Projekte, deren ausführliche Behandlung jedoch den Rahmen der Arbeit sprengen würde. Mit den beiden Beispielen der Linzer Großindust- rie soll die Wichtigkeit von Großprojekten für die Nationalsozialisten aufgezeigt wer- den, die besonders in Linz forciert wurden. Für die Arbeit ist die Hervorhebung der Linzer Eisen- und Stahlindustrie ein wichtiger Faktor, da dieser Betrieb einen großen wirtschaftlichen Wirkungsradius hatte. Dieser erstreckte sich auch bis nach Aschach an der Donau. Im zweiten Abschnitt der Arbeit wird auf diesen Zusammenhang noch näher eingegangen.

3.1.4 FremdarbeiterInnen als bedeutender wirtschaftlicher Faktor Wie oben schon beschrieben wurde, wurden nach dem Anschluss etliche Maß- nahmen zum Abbau der Arbeitslosigkeit ergriffen. Ein sehr wichtiger Faktor war dabei der Sog der Arbeitskräfte nach Deutschland, das an einem Facharbeiterkräftemangel litt. Mit den zusätzlichen Projekten in Oberösterreich, wie dem Bau der Hütte Linz und dem Bau der neuen Nibelungenbrücke, wird ein Rückgang der Arbeitslosigkeit in Oberöster- reich von 37.120 am 31. Jänner 1938 auf 11.145 Personen am 31. Jänner 1939 gemes- sen.60 Dies bedeutet ein offizielles Ende der Arbeitslosigkeit innerhalb nur eines Jahres nach dem Anschluss. Diese Entwicklung, in Kombination mit dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges, verschärfte die Situation des Arbeitskräftemangels noch erheblich. Alleine 1941 wurden aus Oberösterreich 115.000 Männer aus dem Gau abgezogen, um in der Wehrmacht ihren Dienst zu leisten. Auf die Gesamtbevölkerung Oberösterreichs bezogen stellt die- se Zahl über ein Fünftel der männlichen Bevölkerung dar.61 Das lässt sich auch in der oben gezeigten Statistik zeigen, wo die Zahl der offenen Stellen sprunghaft von rund 2.300 auf ca. 13.900 offene Arbeitsstellen anschwoll. Das Defizit an Arbeitskräften ver- schlimmerte sich im Laufe des Jahres 1942 noch viel mehr, da Hitlers Blitzkriegstrate- gie gegen die Sowjetunion gescheitert war. Dies hatte eine verstärkte Rüstungsproduk-

59 Vgl. ebd., S. 423. 60 Vgl. Monatsberichte des Wiener Instituts für Wirtschafts- und Konjunkturforschung, Heft 2/3, 13.1939, S. 41. 61 Vgl. Slapnicka, Oberdonau, S. 170.

14 tion und einen verlängerten Einsatz von Soldaten zur Folge, die nicht wieder im Ar- beitsprozess in der Heimat eingesetzt werden konnten.62 Diese Entwicklungen hatten zur Folge, dass außerordentlich dringend Arbeitskräfte benötigt wurden. Dies ging so- gar soweit, dass Gauleiter Eigruber für Oberösterreich verlangte, dass man jede Ar- beitskraft, unabhängig von seiner oder ihrer Nationalität nehmen müsse.63 Somit war klar, dass auch ausländische Arbeitskräfte und Kriegsgefangene oder Häftlinge zum Arbeitseinsatz berufen werden mussten. Orientiert man sich an der Definition von John, dann kann man von einer/m ZwangsarbeiterIn dann sprechen, „…, wenn außerökono- mischer Zwang ausschlaggebend dafür war, daß eine Person arbeitete, nicht nur abhän- gig von ihrer Profession und Fähigkeit, sondern allein abhängig von ihrer Herkunft (na- tional, ethnisch, religiös).“64 Sieht man diese Definition im Rahmen der nationalsozia- listischen Ideologie, dann kann man davon ausgehen, dass ein Großteil der ausländi- schen Arbeitskräfte unter den Begriff der Zwangsarbeit subsumiert werden kann. Schon 1939 wurden ausländische Arbeitskräfte – überwiegend Bauarbeiter – in Oberösterreich vor allem beim Bau der geplanten Großindustrie eingesetzt. So kam es, dass die Anzahl an ausländischen Arbeitskräften alleine in Oberösterreich auf 16.000 Personen im Sommer 1939 stieg. Die Mehrheit wurde dabei bei den Großbaustellen in Linz eingesetzt.65 Diese ersten Arbeitskräfte stammten vorwiegend aus Südosteuropa und der Tschechoslowakei.66 Nach dem Polen-Feldzug änderte sich die Lage beim aus- ländischen Arbeitskräfteeinsatz. Bisher wurden nur zivile AusländerInnen mit dem An- reiz von besseren Lohnverhältnissen nach Deutschland und Österreich angeworben. Nun konnten auch Kriegsgefangene aus dem Feldzug zwangsverpflichtet werden. Diese wurden vorwiegend in der Landwirtschaft eingesetzt, da die zivilen angeworbenen Ar- beiterInnen nicht mehr ausreichten.67 Sie wurden mit einem speziellen Abzeichen, das ein „P“ trug, gekennzeichnet und wurden Arbeitsregeln unterworfen, die sie im Ver- gleich zu deutschen ArbeiterInnen benachteiligte, beispielsweise im Entgelt. Des Weite- ren wurde strenge Auflagen bezüglich Kontakt und Leben im Deutschen Reich aufge- stellt.68

62 Vgl. Schausberger, Rüstung, S. 89. 63 Archiv der Stadt Linz, NS-Zeit, B 20 b, Aktennotiz des Oberbürgermeisters vom 5. Dezember 1941. 64 John, Zwangsarbeit und NS-Industriepolitik, S. 47. 65 MF, German Record, Wehrwirtschaft, Rüstung, Kriegstagebücher des Kommandos des Rüstungsberei- ches Linz der Rüstungsinspektion des Wehrkreises XVII, T. 77, Rolle 750, zitiert nach Slapnicka, Oberdo- nau, S. 162. 66 Vgl. Zeck, Einsatz südosteuropäischer Arbeiter, S. 34. 67 Vgl. Herbert, Geschichte Ausländerbeschäftigung, S. 124-126. 68 Vgl. ebd., s. 127.

15 Durch die Überfälle des Deutschen Reiches auf Holland, Belgien und Frankreich konnten Deutschland und Österreich auf ein weiteres Reservoir an Arbeitskräften zu- rückgreifen. Oberösterreich bekam dabei nur 9.000 ZwangsarbeiterInnen zugewiesen, obwohl 29.000 Personen beantragt wurden. Von diesen 9.000 Arbeitskräften wurden sofort 7.000 in der Landwirtschaft eingesetzt. Der Rest wurde wiederum unter den Großprojekten, vor allem in Linz, aufgeteilt.69 In dem Bericht „Arbeitseinsatz fremd- völkischer Arbeitskräfte im Gau Oberdonau“ vom 1. Juli 1940 werden die verschiede- nen Gruppen von ausländischen Arbeitskräften dargestellt. Es wird erwähnt, dass u.a. 8.000 Menschen aus der Tschechoslowakei, 5.000 SlowakInnen und insgesamt rund 5.000 ArbeiterInnen aus Polen im Gau beschäftigt waren. Insgesamt soll somit die Ge- samtzahl der FremdarbeiterInnen bei 25.000 Personen aus 17 oder 18 unterschiedlichen Nationen im Gau Oberdonau gelegen haben, was einen Anteil von 2,4 % der Bevölke- rung ausmacht.70

Tabelle 2: Eingesetzte Kriegsgefange nach Wirtschaftssektoren im Gau Oberdonau71

Neben den zivilen FremdarbeiterInnen bzw. ZwangsarbeiterInnen spielte auch die Gruppe der Kriegsgefangenen eine wesentliche Rolle. Wurden Mitte 1940 nur 9.720 Kriegsgefangene in den Wirtschaftssektoren eingesetzt, so waren es Ende desselben Jahres schon 19.174 Kriegsgefangene.72 In den folgenden Jahren ist eine steigende Ten- denz weiterhin zu beobachten. Wie man in Tabelle 2 ablesen kann, wurden im August 1943 im Gau Oberdonau bereits 21.501 Kriegsgefangene eingesetzt. Diese mussten überwiegend in der Land- und Forstwirtschafts Zwangsarbeit leisten. Im Mai des dar-

69 Vgl. Slapnicka, Oberdonau, S. 162. 70 OÖLA, Pol. Akten, Sch. 69, Abschrift eines Berichts III B Ste/R vom 1. Juli 1940, „Arbeitseinsatz fremd- völkischer Arbeitskräfte im Gau Oberdonau“. 71 Quelle: John, Zwangsarbeit und NS-Industriepolitik, S. 83. 72 Vgl. Freund/Perz, Zwangsarbeit, S. 652.

16 auffolgenden Jahres stieg die Anzahl an Kriegsgefangen auf über 30.000 Personen. So- mit zeigt sich eine Steigerung zwischen 1940 und 1943 um 210 %. Von den Nationalitä- ten her, war die Gruppe der französischen Kriegsgefangenen jene, die die größte Anzahl ausmachten, gefolgt von italienischen Soldaten. Erst mit erheblichem Abstand folgen sowjetische und jugoslawische Kriegsgefangene.73

Unter diesen Kriegsgefangenen befanden sich ab dem Jahr 1941 auch sowjetische Kriegsgefangene, die durch den Ostfeldzug in deutsche Gefangenschaft gekommen wa- ren. Obwohl diese Nation bisher immer von den Deutschen für den Arbeitseinsatz abge- lehnt wurde, machte der Bedarf an Arbeitskräften die Not nach ihnen so stark, dass auch sie in der Wirtschaft unter der Bezeichnung „Ostarbeiter“ eingesetzt wurden. Dieser Begriff umfasste gefangene Soldaten wie Zivilisten gleichermaßen.74 Eine genaue Defi- nition des Begriffs stellen die Nationalsozialisten selbst bereit, indem sie in einem Schreiben den Begriff Ostarbeiter wie folgt beschreiben: „‘Ostarbeiter‘ sind diejenigen Arbeitskräfte nichtdeutscher Volkstumszugehörigkeit, die im Uk- rainer, im Generalkommissariat Weißruthenien oder in Gebieten, die östlich an diese Gebiete und an die Freistaaten Lettland und Estland angrenzen, erfasst und nach der Besetzung durch die deutsche Wehrmacht in das Deutsche Reich einschließlich des Pro- tektorates Böhmen und Mähren gebracht und hier eingesetzt werden. Ukrainer, die unter den eben genannten Personenkreis fallen, sind daher als ‚Ostarbeiter‘ zu bezeichnen. Die Bezeichnung ‚Russe‘ ist unzulässig.“75 Bei dieser Gruppe wurden noch härtere Regeln zur Rassentrennung und Diskrimi- nierung angewendet, als das schon bei den Polen der Fall war. Schlechte Ernährung, schlechte Unterbringung, harte Disziplinierungsverfahren und ein Verbot zum Kontakt mit Arbeitskollegen waren einige dieser speziellen Regelungen für die „Ostarbeiter“.76 Um diese Gruppe nach außen hin besser kenntlich zu machen, mussten ab dem 28. Feb- ruar 1942 auf Anordnung von Gauleiter Eigruber alle ZivilarbeiterInnen ein Viereck auf der rechten Brustseite tragen, das die Aufschrift „Ost“ enthielt. Damit wurden die „Ost- arbeiter" den Kriegsgefangenen praktisch gleichgestellt.77 Problematisch für die deut-

73 Vgl. Der Arbeitseinsatz in Oberdonau. Statistisches Mitteilungsblatt des Gauarbeitsamtes Obderdo- nau, Jg. 1943/1944, S. 2 ff., zitiert nach John, Zwangsarbeit und NS-Industriepolitik, S. 83. 74 Vgl. Eichenholtz, Kriegswirtschaft, S. 186. 75 OÖLA, Pol. Akten, Sch.47, OÖ 28/37, „Anführung des Staats- und Volkstumszugehörigkeit“ bei „Ar- beitsvertragsbruch“-Anzeigen sei für die Einleitung von Fahndungsmaßnahmen von ausschlaggebender Bedeutung. 76 Vgl. Herbert, Geschichte Ausländerbeschäftigung, S. 137. 77 OÖLA, Pol. Akten, Sch 47, OÖ 26/7, Eigruber-„Rundschreiben 15/42“.

17 schen Intentionen war zunächst der Umstand, dass durch die Lebensumstände in den Gefangenenlagern rund 60 Prozent der 3,9 Mio. Kriegsgefangenen starben.78 Man kann sich durch diese Zahl aber auch vorstellen, dass die Überlebenden nicht in der Lage gewesen sein konnten, schwere Arbeit zu vollrichten, geschweige denn wirklich pro- duktiv zu sein. Daher musste das Deutsche Reich mittels Zwangsrekrutierung in den besetzten Gebieten weitere Zivilisten nach Österreich und Deutschland holen, um den Arbeitskräftebedarf zu decken.79 Das Engagement bei der Zwangsrekrutierung von aus- ländischen Arbeitskräften ging soweit, dass sich auch unter den Verantwortlichen aus Wirtschaft und Politik Gedanken über etwaige Nachteile gemacht wurden. Im Besonde- ren sei hier auf die Wirtschaftskammer Oberdonau verwiesen, die in ihrer Denkschrift vor dem Problem der „fremdblütigen Unterwanderung“80 und einem eventuellen „Ver- einigten Staaten von Oberdonau“ warnte. Wenn man bedenkt, dass in Oberösterreich jede dritte Arbeitskraft vom Ausland abstammte und in Betrieben, wie beispielsweise in den Linzer Stickstoffwerken rund 70 Prozent AusländerInnenanteil herrschte, ist es ver- ständlich, warum eine gewisse Unbehaglichkeit bezüglich der AusländerInnen bei den Nationalsozialisten aufgekommen ist.81 Wie man sich vorstellen kann, können die FremdarbeiterInnen nicht gerade be- geistert von der Zwangsarbeit in den deutschen Unternehmen und der Landwirtschaft gewesen sein. Das zeigt auch die geringere Leistungsfähigkeit der FremdarbeiterInnen. Neben Diskriminierungen und schlechten Lebensverhältnissen waren auch eine unzu- reichende Ausbildung und die mageren Konsummöglichkeiten Gründe dafür, dass von dieser Gruppe gerade einmal 80 Prozent der Arbeitsleistung einer deutschen Arbeits- kraft erreicht wurden.82 Der logische, dem nationalsozialistischen Gedankengut jedoch konträr gegenüberstehende Schritt, war eine Verbesserung der Lebensqualität der Aus- länderInnen zu erreichen, um somit deren Produktivität zu erhöhen. Maßnahmen, wie eine Senkung der „Ostarbeiterabgabe“ können auch für Oberösterreich bestätigt wer- den.83 Damit soll jedoch kein Bild einer großartigen Verbesserung der Lage, vor allem für die „Ostarbeiter“, erzeugt werden. Dennoch war dieses Umdenken in der Auslände- rInnenpolitik nicht nur eine vorübergehende Maßnahme, sondern dauerte bis Kriegsen-

78 Vgl. Streit, Keine Kameraden, S. 136. 79 Vgl. Herbert, Ausländereinsatz, S. 30. 80 Denkschrift der Wirtschaftskammer Oberdonau 1940 an den Herrn Reichswirtschaftsminister anläss- lich des Besuches des Herrn Staatssekretärs Dr. Landfried in Oberdonau vom 7.-9. September 1940, BA Koblenz, R7/20/5, S. 19 f. 81 Vgl. Slapnicka, Oberdonau, S. 172. 82 Vgl. Zeck, Südosteuropäische Arbeiter, S. 34. 83 Vgl. Bauer, Die soziale Lage, S. 171 ff.

18 de an. In einem Schreiben des Landrates von Grieskirchen an die Bürgermeister des Landkreises vom 3. Februar 194584 wurde, kurz vor Kriegsende, nochmals die Behand- lung der Ostarbeiter angesprochen. In diesem Schreiben wird mitgeteilt, dass die Leis- tungsfähigkeit der „Ostarbeiter“ aufgrund von anhaltenden Diskriminierungen und De- nunziationen weiter absinkt. Diese negativen Behandlungen gegenüber den „Ostarbei- tern“ sollte von den Verantwortlichen unmittelbar eingestellt werden, da dadurch die Rüstungsproduktion zu leiden hatte. Außerdem wurde auf die sogenannte Wlassow- Aktion verwiesen, unter der die auf Seiten des Deutschen Reiches kämpfenden Sowjets unter Andrei Wlassow zu verstehen war. Diese Aktion war ein weiterer Grund für das Abstellen von Fehlbehandlungen, da die „[…] Entwicklung wesentlich von der Stim- mung und Haltung der im Reich befindlichen Angehörigen der Ostvölker abhängt und beeinflusst wird.“85

Abbildung 2: Verteilung der ausländischen Arbeitskräfte nach Sektoren86

Abbildung 2 stellt die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte in den einzelnen Wirtschaftssektoren im Zeitraum 1941 bis 1944 dar. Dabei ist der starke Rückgang in der Bauwirtschaft auffallend. Hatte dieser Sektor im August 1941 noch einen Anteil von rund 35.000 Beschäftigten, halbierte sich die Anzahl ausländischer Arbeitskräfte bis 1944 auf ca. 15.000 Personen. Im selben Ausmaß wie die Bauwirtschaft AusländerIn- nen abbaute, nahm die Landwirtschaft diese auf. In diesem Sektor wurde der Einsatz

84 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Ordner 2. Weltkrieg und Nachkriegszeit, Zl. 123/10, Behandlung von Ostarbeiter vom 3. Februar 1945. 85 Vgl. ebd. 86 Quelle: Moser, Oberösterreichs Wirtschaft, S. 324.

19 von FremdarbeiterInnen um mehr als 300 Prozent auf über 35.000 Personen gesteigert. Ein noch stärkerer Anstieg konnte bei der Investitionsgüterindustrie beobachtet werden, der einer Vervierfachung glich. In den übrigen Wirtschaftssektoren kann nicht von dras- tischen Veränderungen gesprochen werden. Des Weiteren wird in Tabelle 3 veranschaulicht, auf welche Nationalitäten sich die AusländerInnenbeschäftigung verteilte. Es wird hier deutlich, dass sowjetische, pol- nische und tschechische Arbeitskräfte beim Einsatz in der deutschen Wirtschaft über- wogen. Auch französische und italienische Arbeitskräfte waren in größerem Ausmaß beschäftigt worden. Bei der Arbeit in den einzelnen Wirtschaftssektoren gab es jedoch deutliche Unterschiede. Während beinahe zwei Drittel der „OstarbeiterInnen“ und mehr als drei Viertel der Polen in der Landwirtschaft arbeiteten, waren es vor allem französi- sche und tschechische Staatsangehörige, die in der Baubranche ihren Dienst verrichte- ten.87 Daneben ist auch auffällig, dass bei den Arbeitskräften aus der Sowjetunion die Mehrheit weiblich war. Um die Situation der Beschäftigung von FremdarbeiterInnen nochmals auf den Punkt zu bringen, ist es vorteilhaft zu erwähnen, dass in Oberöster- reich im Jahr 1941 die Zahl der Kriegsgefangenen um 130 % und die Zahl der Auslän- derInnen um unglaubliche 473 % stieg.88

Tabelle 3: AusländerInnenbeschäftigung nach Nationalitäten89

Schließlich soll noch ein letzter Aspekt der Beschäftigung von FremdarbeiterIn- nen beleuchtet werden, nämlich der Einsatz von KZ-Häftlingen. Da es im Laufe des

87 Vgl. Moser, Oberösterreichs Wirtschaft, S. 329. 88 Vgl. Slapnicka, Oberdonau, S. 169. 89 Quelle: Moser, Oberösterreichs Wirtschaft, S. 329.

20 Krieges immer schwieriger wurde Arbeitskräfte zu rekrutieren, beschäftigte sich das Deutsche Reich mit dem optimalen Einsatz des Arbeitskräftereservoirs in den KZ- Lagern. Belegt kann diese Aussage u.a. mit dem Einsatz von KZ-Häftlingen in den Reichswerken Hermann Göring in Linz werden. Dort kam es erstmals Mitte Dezember 1942 zum Einsatz von Häftlingen, der im Frühjahr des Folgejahres noch wesentlich erweitert wurde, sodass 1944 ein Höchststand von bis zu 900 Personen aus dem Neben- lager „Lager Linz I“ eingesetzt wurden.90 Auch beim Kraftwerksbau in Enns wurden KZ-Häftlinge zur Zwangsarbeit herangezogen. Es handelte sich hierbei um 1.000 Per- sonen, die in Reichraming ihren Dienst verrichten mussten und um 400 Personen, die in Ternberg eingesetzt wurden.91 Daneben gab es natürlich noch weitere Projekte, bei de- nen KZ-Häftlinge für die Zwangsarbeit eingesetzt wurden. Insgesamt führte der Einsatz von ZwangsarbeiterInnen in jeglicher Form zur Tatsache, dass inländische Arbeitskräfte sehr schnell in Führungs- oder Aufsichtspositionen gelangen, da die „minderwertige“ Arbeit von den ZwangsarbeiterInnen vollbracht wurde. Diese Entwicklung wird auch als „Rolltreppeneffekt“ bezeichnet.92 Die Zwangsrekrutierung für den Krieg, machte aber bei vielen Männern diese Beförderung wieder zunichte.93

3.1.5 Infrastruktur am Beispiel Reichsautobahn Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, sollte Österreich wehr- politisch, verkehrsmäßig und wirtschaftlich so schnell wie möglich an das Niveau des Altreichs herangeführt werden.94 Um diese Ziele, vor allem im Bereich der Infrastruk- tur, zu erreichen, waren die Raumordnung und die Verkehrsplanung zwei Bereiche, die hier besonders große Bedeutung hatten. Diese Bereiche unterlagen der Reichsstelle für Raumordnung, die alle Projekte in den Bereichen Wirtschaft, Industrie, Energie und Verkehr absegnen musste, damit eine Realisation stattfinden konnte.95 Diese Institution war zunächst in Wien für ganz Österreich eingerichtet. Jedoch wurde von den Gaulei- tern, u.a. Eigruber für Oberdonau, angeregt eigene Planungsbehörden für die Raumpla- nung zu schaffen, die neben der Hauptbehörde in Wien existierten und seit dem 13. März 1938 von August Schmöller geleitet wurden.96 Diese Doppelgleisigkeit zeigt wie-

90 Vgl. Fiereder, Nebenlager des Konzentrationslagers Mauthausen, S. 105. 91 Vgl. Marsalek, Mauthausen, S. 85. 92 John, Zwangsarbeit und NS-Industriepolitik, S. 131 f. 93 Vgl. Sandgruber, Lenzing, S. 371. 94 Vgl. Fischer, Organisation der Raumordnung, S. 34. 95 Vgl. Kreuzer, Raumordnung, S. 9. 96 Vgl. ebd., S. 22; 24.

21 derum die Auswirkungen des, oben erwähnten, polykratischen Regierungsmodells des Deutschen Reiches. Mit dem „Ostmarkgesetz“ vom 1. August 1939 sollte sich dieses Bild jedoch ändern, da nun die Behörde in Wien ausschließlich nur mehr für Wien zu- ständig war und nicht mehr für die restlichen Gaue in Österreich.97 Durch dieses Gesetz und durch die Verordnung des Reichsarbeitsministers vom 28. Februar 1939 über die „Einführung von Vorschriften auf dem Gebiet des Städtebaues und des Wohnungs- und Siedlungswesens im Land Österreich“98 erfuhr die Raumplanungsbehörde in Oberdonau eine enorme Aufwertung. Wenn Menschen über etwaige „positive Seiten“ der NS-Herrschaft befragt wer- den, dann steht an allererster Stelle die Arbeitsbeschaffung.99 Wie oben gezeigt, konnte tatsächlich die Arbeitslosigkeit während dieser Zeit ausgemerzt werden. Oftmals ist auch das Bild der Autobahn in den Köpfen der Menschen fest mit jener der Vorteile des NS-Regimes verankert. Im Gegensatz zu den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, konnte jedoch beim Autobahnbau quasi das Faktum der Erfindung der Autobahn durch Hitler in das Bewusstsein der Menschen eingebrannt werden.100 Dass es natürlich nicht Hitler war, der die Autobahn erfunden hat, ist nach einer geringen Zeit an historischer Recher- che bereits belegt. Denn schon in den 1920er Jahren wurden die ersten Autobahnstre- cken in den USA, im Deutschen Reich und in Italien gebaut. Dabei stellt die Berliner AVUS („Automobil-Verkehrs- und Übungsstraße“) die erste europäische autobahnähn- liche Straße dar.101 Nach der Machtübernahme Hitlers im Deutschen Reich wurde der Autobahnbau von der Partei übernommen und in die GEZUVOR (Gesellschaft zur Vor- bereitung der Reichsautobahnen) umgewandelt.102 Um historische Tatsachen verschlei- ern zu können und unter der Bevölkerung den Autobahnbau als eigene Idee verkaufen zu können, muss es schon einen sehr effektiven Propagandaapparat gebraucht haben. Die Wirksamkeit dieses Apparates ist umso erstaunlicher, als dass es, wie oben erwähnt, noch immer Menschen gibt, die dieser Irreführung unterliegen. Obwohl in falschem Gewand, wurde der Autobahnbau und die Motorisierung zu Schlüsselprojekten der NSDAP und zeigten ihre Wichtigkeit auch in dem von Hermann

97 Gesetz über den Aufbau der Verwaltungen in der Ostmark (Ostmarkgesetz),14. April 1939, RGBl. I, 777 98 Kundmachung des in Österreich, wodurch die Verordnung zur Einführung von Vor- schriften auf dem Gebiete des Städtebaus und des Wohnungs- und Siedlungswesens im Lande Öster- reich vom 28. Februar 1939 bekanntgemacht wird, 27. April 1939, RGBl. I 1837. 99 Vgl. Interview mit Herrn Eggerstorfer Johann und Herrn Stefan Paschinger, die im Anhang in transkri- bierter Form vorliegen. 100 Vgl. Kreuzer, Raumplanung, S. 45. 101 Vgl. ebd., S. 42. 102 Vgl. Die Planungsarbeiten für die Reichsautobahnen. Zweieinhalb Jahre GEZUVOR. Gesellschaft zur Vorbereitung der Reichsautobahnen, zitiert nach Kreuzer, Raumplanung, S. 45.

22 Göring vorgestellten Aufbauprogramm für Österreich. In diesem Programm wird u.a. der Bau von 1.100 km der Reichsautobahn geplant.103 Der Großteil dieser Autobahn- strecken sollten in Oberdonau errichtet werden. Diese beinhalteten u.a. die Strecken Salzburg – Linz – Wien, Passau – Linz, Wels – Liezen und Linz – Budweis.104 Am 20. Mai 1938 wurde die oberste Bauleitung der Reichsautobahn in Linz eingerichtet. Diese Behörde regelte den Bau der Autobahnen in Oberdonau. Ihr wiederum waren weitere Bauabteilungen der Gemeinden unterstellt.105 Der Bau begann in Linz und wurde einer- seits in Richtung Wien und andererseits in Richtung Salzburg durchgeführt. Im Verlauf des Krieges konnte die vorher festgelegte Bauzeit von drei Jahren jedoch nicht gehalten werden. Immer mehr Bauarbeiter wurden für militärische Projekte benötigt und von zivilen Projekten abgezogen. Am 13. September 1941 konnten trotzdem immerhin zwei Abschnitte fertiggestellt werden, Schwarzbach – Salzburg-Mitte und Knoten Salzburg – Salzburg-Süd. Mit dem Verlauf des Krieges wurden schließlich 1942 die Bauarbeiten an den Autobahnen komplett eingestellt, sodass nur eine Länge von 16,8 km Autobahn fertiggestellt werden konnte von den über 1.100 geplanten Kilometern. Dennoch waren die Erdarbeiten und die Brückenbauwerke soweit durchgeführt, sodass in der Nach- kriegszeit mit den Bauarbeiten fast wie ursprünglich geplant weiter gemacht werden konnte.106 Auch wenn man Abbildung 3, die eine Karte des Reichsautobahnnetzes 1938 dar- stellt, ansieht, dann kann man markante Strukturen in der Planung der Autobahnstre- cken erkennen. Wie man erkennen kann, verlaufen die Hauptadern der Reichsautobahn von Westen nach Osten. In den Süden wurde der Autobahnbau mit weit weniger Enga- gement verfolgt als im Norden Österreichs. Ein weiterer interessanter Aspekt im Ver- gleich zum heutigen Autobahnnetz ist auch, dass die Autobahn von Salzburg nach Wien nicht direkt in Wien münden sollte, sondern um Wien herum verlaufen und dann in ei- ner Spange enden sollte. Man könnte den Straßenverlauf vor Wien als Vorreiter der heutigen A21 sehen.

103 Vgl. Slapnicka, Oberdonau, S. 116. 104 Kreuzer, Raumplanung, S. 57. 105 Vgl. Rukwied, Reichsautobahnen, S. 17 ff. 106 Vgl. Kreuzer, Raumplanung, S. 61 f.

23

Abbildung 3: Geplantes Reichsautobahnnetz (Stand 15.12.1938)107

3.2 Finanzpolitik des Gaues Oberdonau

Es wurde schon gezeigt, wie die Nationalsozialisten durch Arbeitsbeschaffungs- programme und Reichskredite Unsummen an Geld und Mittel einsetzten, um einerseits die Arbeitslosigkeit abzubauen und andererseits die Rüstungsproduktion in Österreich zu starten. Folglich sollte sich der Leser früher oder später die Frage stellen:“Wie kann eine solche aggressive, expansive Fiskalpolitik aufrecht erhalten werden?“ Die Antwort liegt in der Finanzpolitik des Deutschen Reiches. Ohne eine gut durchdachte Finanzpo- litik kann kein Staat Investitionen tätigen, ohne in Schwierigkeiten zu geraten. Um solch horrende Summen zu bewegen, wie das das NS-Regime durchgeführt hat, musste das Finanzsystem in Österreich stark adaptiert werden. In der Folge werden verschiede- ne Aspekte der Finanzpolitik des NS-Regimes dargestellt, die in Oberdonau durchge- führt wurden. Zunächst wird die Organisation und Verwaltung des Gaues beschrieben. Danach werden die zwei wichtigsten Instrumente der Finanzpolitik analysiert, die sich aus Währungsumstellung und den Lohn-Preis-Festsetzungen zusammen stellen. Bevor

107 Quelle: Die Betonstraße. Monatsschrift für wirtschaftliche und technische Fragen des Straßenbaues, 12.1938.

24 näher auf die skurrilen Wege der Mittelbeschaffung des Reichsgaues eingegangen wird, soll zunächst die Finanzlage des oberösterreichischen Haushalts dargestellt werden.

3.2.1 Organisation der Finanzpolitik in Oberösterreich In der Frage der Steuerung der Finanzpolitik des Gaues hatte natürlich der Gaulei- ter eine wichtige Position inne. Oberdonau konnte in der Frage des Gauleiters davon profitieren, dass von Anfang bis zum Ende der NS-Herrschaft Hofrat August Eigruber Gauleiter war und damit für eine gewisse Stabilität auch in der Politik sorgte.108 Nach dem Anschluss war Dr. Lorenzoni zunächst Finanzreferent, obwohl dieser kein Partei- mitglied war.109 Er wurde jedoch wenige Wochen danach von Franz Danzer, einem Mitglied der NSDAP, abgelöst.110 Dieser blieb bis zum Ende der NS-Zeit auch in sei- nem Amt, womit ein stabilisierender politischer Effekt im Finanzbereich geschaffen wurde. Eigruber kam aber auch sehr gelegen, dass Linz für Hitler eine wichtige Rolle spielte. Immerhin war Linz eine der fünf Führerstädte neben Berlin, , Mün- chen und Nürnberg.111 Die Propaganda hat die Stadt auch als „Patenstadt des Führers“ beschrieben.112 Mit diesen Vorteilen in der Hinterhand konnte Eigruber sicherlich sei- nen Finanzreferent Danzer bei den Verhandlungen des Finanzausgleichs unterstützen, um somit die besondere Ausgangsposition des Gaues Oberdonau voll ausnutzen zu können. Die stabile finanzielle Lage des Gaues unterstützt die Richtigkeit dieser Be- hauptung wie in der Folge noch näher geschildert wird. Damit war jedenfalls der Weg frei für die Ansiedelung der Großindustrie in Linz und im restlichen Oberdonau. Durch die Angliederung Österreichs an das Deutsche Reich ergaben sich für die Gemeinden und Bundesländer erhebliche Veränderungen. Einerseits wurden die Bun- desländer bzw. Reichsgaue unmittelbar der Reichsverwaltung unterworfen und somit in ihrer Position geschwächt. Andererseits erfuhren die Gemeinden eine Stärkung ihrer Position durch mehr Selbstbestimmung. Die Situation der Länder führte zu einem Prin- zip, indem die besten Beziehungen zur Reichsverwaltung bzw. zum Führer selbst ein wesentlicher Grund für eine Steigerung oder Senkung der Mittel für den Gau war, die über die Finanzzuweisungen zugeteilt wurden.113

108 Vgl. Slapnicka, Oberdonau, S. 29. 109 Linzer Volksblatt vom 14. März 1938. 110 Amtliche Linzer Zeitung vom 29. April 1938. 111 Sandgruber, Lenzing, S. 509. 112 Mayrhofer, Patenstadt des Führers, S. 335. 113 Vgl. Schachner-Blazizek, Finanzausgleich, S. 27.

25 3.2.2 Lohn-Preis-Regelungen und Währungsumstellung Zwei besonders wichtige Instrumente zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft waren die Preis- und Lohnregelungen. Im Detail war hier der Währungstausch vom Schilling auf die Reichsmark ein essenzieller Aspekt bei der Ausgestaltung der Finanzpolitik. Nach dem Anschluss wurde der Schilling, mit einem Wechselkurs von 1,5 Schilling pro RM, auf die Reichsmark umgestellt. Dieser Wech- selkurs entsprach jedoch nicht den wahren Währungs- und Wirtschaftskraftverhältnis- sen und bevorzugte die ÖsterreicherInnen.114 Die Löhne wurden durch diese Maßnahme stark aufgewertet, sodass teilweise eine Angleichung an das Lohnniveau des Deutschen Reiches stattfand. Im Normalfall würde das für einen Betrieb höhere Lohnkosten bedeu- ten, die dann an die Kunden durch Preisaufschläge weitergegeben werden. Die Natio- nalsozialisten schränkten diese Möglichkeit jedoch durch die Festsetzung der Preise stark ein. Als Resultat konnte die österreichische Wirtschaft die Mehrkosten nicht wei- tergeben und wurden somit mit den höheren Lohnkosten voll belastet. Diese Methode der Ausschaltung von Marktmechanismen wurde während des Krieges jedoch immer löchriger, da sich durch den hohen Arbeitskräftebedarf ein großer Druck auf Lohnerhö- hungen aufstaute, dem dann teilweise nachgegeben werden musste.115 Da eine Anpas- sung der Preise der Güter und Dienstleistungen nicht möglich war, schien es für die Unternehmen währen der NS-Zeit nur eine Möglichkeit zu geben, die Mehrkosten abzu- federn, nämlich Rationalisierungsmaßnahmen. Durch den Ersatz alter Maschinen mit neuen modernen Geräten hätte die österreichische Wirtschaft diesen Engpass umschif- fen können. Jedoch wurden solche Neuinvestitionen anfangs nur spärlich wahrgenom- men.116 Da auch kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges Produktivitätsverbesserun- gen nur mühsam voran gingen und auch in Aussicht gestellt wurde, dass weiter Diffe- renzen in Zukunft zu erwarten sind117, scheint sich dieser Produktivitätsrückstand über eine längere Zeit zu offenbaren. Dieser Währungstausch war verbunden mit einem verordneten Lohn-Preis-Stopp, der damit eine Inflation zwischen 1938 und 1945 weitgehend ausschaltete und weiterhin zu einer Ausweitung der Geldmenge geführt hatte. Die Festsetzung von Höchstpreisen muss in Oberösterreich sehr rasch erfolgt sein. Denn noch bevor es zur Währungsum-

114 Vgl. Kitzmantel, Finanzpolitik, S. 230 f. 115 Vgl. Moser, Oberösterreichs Wirtschaft, S. 142 f. 116 Vgl. Monatsberichte des Wiener Instituts für Wirtschafts- und Konjunkturforschung, Heft 2/3, 13.1939, S. 45. 117 Vgl. Monatsberichte des Wiener Instituts für Wirtschafts- und Konjunkturforschung, Heft 8, 13.1939, S. 239.

26 stellung gekommen ist, wurden schon Höchstpreise für verschiedenste Produkte festge- legt.118 Genauer gesagt wurde im März 1938 ein genereller Preisstopp für Waren und Dienstleistungen verhängt. Das Ziel war hierbei, die Lohn-Preis-Spirale auszuschalten, die zu höheren Inflationsraten führen und somit die Rüstungspolitik der NSDAP negativ beeinflussen würde.119 Die Festsetzung dieser Höchstpreise konnte in beide Richtungen gehen. Einerseits wurden wichtige Rohstoffe wie Eisenprodukte drastisch reduziert (teilweise bis zu 50 Prozent).120 Andererseits wurden manchmal Preiserhöhungen er- laubt, um dem Inflationsdruck etwas entgegen zu wirken.121 Die Preisfestsetzung wurde außerordentlich detailliert ausgestaltet. Beispielsweise wurden bei Speisekartoffeln Höchstpreise gegliedert nach der Art der Lieferung, nach Gewicht und nach Art der Versorgungsmöglichkeit für die Landesbauernschaft Donauland festgelegt.122 Neben den Produktionspreisen, was in gewisser Weise die Obergrenze für die Ausgaben für die Produktionsfaktoren darstellte, wurden sogar genaue Gewinnspannen je nach Käufer für gewisse Produkte festgelegt.123 Die Festlegung der Preise fiel in den Einflussbereich der Preisüberwachungsstelle des Landeshauptmanns, die wiederum Anordnungen von der Preisüberwachungsstelle Wien des Reichstatthalters erhielt.124 Wer gegen diese Preis- bildungspolitik zuwider handelte, musste mit harten Strafen rechnen. So waren die Rechtsfolgen für die genannte Tat entweder eine Kerkerstrafe von bis zu fünf Jahren, eine Geldstrafe in unbegrenztem Ausmaß oder eine mögliche Schließung des Betriebes, wobei bei allen Strafen eine hohe Willkür aus dem Gesetzestext zu Tage tritt.125 Auch die Löhne wurden geregelt und überwacht. Staatliche Organe, sogenannte Treuhänder der Arbeit des Reichsarbeitsministers erhielten die Ermächtigung, Löhne nach oben oder unten festsetzen zu können. Argumentiert wurde mit einer eventuellen

118 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. Kundmachungen 1933-39, Mappe Kundmachungen 1933-39, Kundmachung der Eierhöchstpreise vom 31.5.1938. 119 Vgl. Moser, Oberösterreichs Wirtschaft, S. 146 f. 120 Vgl. Monatsberichte des Wiener Instituts für Wirtschafts- und Konjunkturforschung, Heft 2/3, 13.1939, S. 71. 121 Vgl. Moser, Oberösterreichs Wirtschaft, S. 146 f. 122 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. Kundmachungen 1930-39, Mappe Kundmachungen 1930-39, Zl. 741/39, Preise für Speisekartoffeln für den Monat März 1939. 123 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. Kundmachungen 1933-39, Mappe Kundmachungen 1933-39, Kundmachung der Höchstpreise für Heidelbeeren und Waldhimbeeren vom 30. Juli 1938. 124 Vgl. Moser, Oberösterreichs Wirtschaft, S. 146 f. 125 Kundmachung des Reichsstatthalters in Österreich, wodurch die Verordnung des für die Preisbildung über das Verbot von Preiserhöhungen im Lande Österreich vom 29. März 1938 be- kanntgemacht wird, 1. April 1938, Gesetzblatt für das Land Österreich, S. 104.

27 Beeinträchtigung des Vierjahresplanes.126 Man wollte damit Auswirkungen durch einen Anstieg der Arbeitskräftenachfrage gut gegenwirken. Denn durch einen solchen Anstieg würde sich auf einem Markt das Gleichgewicht nach der neoklassischen Lehre der Ökonomie verschieben, sodass ein neuer höherer Lohnsatz die Folge wäre. Dieser wie- derum würde jedoch die Inflation anheizen, die die Investitionsmaßnahmen der Natio- nalsozialisten teilweise wieder zunichtemachen würde.127 In der Folge wurden die Kol- lektivverträge zu Tarifordnungen umgewandelt, die von den Reichstreuhändern erlassen werden konnten. Bevor diese jedoch erlassen wurden, wurde noch der Sachverständi- genausschuss aus Betriebsführern und Gefolgschaftsmitgliedern befragt. Dabei durften jedoch die jeweiligen Betriebsordnungen günstigere Arbeitsbedingungen vorsehen. Al- leine 1938 wurden noch 30 neue Tarifordnungen in der Ostmark eingeführt. Dabei kam es auch vor, dass in einzelnen Industrien, wie der Eisen und Metall verarbeitenden In- dustrie, in der chemischen Papierindustrie oder in Teilen der Textilindustrie das Lohn- niveau des Altreiches erreicht wurde. Um keine weiteren Erhöhungen aufgrund der Sonderkonjunktur befürchten zu müssen, wurden teilweise auch Maximallöhne von den Reichstreuhändern festgelegt.128 Grundsätzlich wurde mit dem Währungsumtausch u.a. eine Angleich des Lohnniveaus der österreichischen Wirtschaft an jenes des Deutschen Reiches beabsichtigt. Ein Vergleich der Stundenlöhne vom 1. April 1938 zeigt zwar, dass dies auch gelang, dennoch gab es teilweise noch große Abweichungen zwischen den Lohnniveaus der beiden Nationen. Diese Abweichungen bestanden nicht nur in ge- ringeren Stundenlöhnen wie beispielsweise in der Kartonagenindustrie, sondern auch in einer positiven Abweichung wie im Baugewerbe. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Vergleich nur auf Wien bezogen ist und es somit zu Differenzen in den anderen Bundesländern kommen kann129 Diese Differenzen können in der Tabelle 4 abgelesen werden. Dabei fixiert 100 den Gau mit dem höchsten Lohnniveau. Untergliedert ist die Tabelle nach Art der Be- schäftigung in Zeitlohn und Akkordlohn und nach Art der Ausbildung in gelernte und ungelernte Arbeitskräfte. Man kann ganz klar erkennen, dass Oberdonau im Vergleich zu Wien beinahe in jedem Bereich beim Arbeitsverdienst zurück liegt. Nur bei den un-

126 Vgl. Amtliche Mitteilungen des Beauftragten für den Vierjahresplan Ministerpräsident Generalfeld- marschall Göring, in: Der Vierjahresplan. Zeitschrift für Nationalsozialistische Wirtschaftspolitik, 1938/7, S. 424. 127 Eine fundierte Darstellung der Mikroökonomie bietet beispielsweise Pindyck, Robert/Rubinfeld, Da- niel, Microeconomics, 7th ed., Upper Saddle River 2009. 128 Vgl. Monatsberichte des Wiener Instituts für Wirtschafts- und Konjunkturforschung, Heft 2/3, 13.1939, S. 76 f. 129 Vgl. ebd., S. 76.

28 gelernten Arbeitskräften in der Schuhindustrie und den gelernten Arbeitskräften der Papier- und Eisenindustrie wurden teilweise höhere Löhne ausbezahlt als in Wien. Ver- knüpft man diese Darstellung mit den Ausführungen, die oben zum Lohnniveau ge- schildert wurden, dann muss schlussgefolgert werden, dass Oberösterreich nach dem Anschluss erheblich hinter dem durchschnittlichen Lohnniveau des Altreichs hinterher- gehinkt sein muss, auch wenn die Währungsumstellung zu Aufwertungen geführt haben mag.

Baumwoll- und Eisen-, Stahl- Papierindust- Gau Halbwoll- und Metall- Schuhindustrie rie industrie warenindustrie G UG G UG G UG G UG Oberdonau Zeitlohn 97 75 93 81 80 67Zeitlohn 93 100 Akkord- 67 54 100 47 81 lohn Akkordlohn Wien Zeitlohn 91 100 100 100 100 100Zeitlohn 100 93 Akkord- 100 100 77 93 100 100 lohn Akkordlohn Tabelle 4: Lohndifferenzen zwischen Oberdonau und Wien im August 1938130

Durch den Lohn-Preis-Stopp konnte zwar eine starke Inflation verhindert werden, ein großer Geldmengenüberhang war jedoch trotzdem vorhanden, der sich erst nach dem Kriegsende zeigte. Dieser Geldmengenüberhang wurde oftmals durch Schuld- scheine generiert, die zur Besicherung dienten und von den Banken zurückgehalten wurden, um so nicht auf den Kapitalmarkt zu gelangen. Somit gelangte kein reales Geld in Umlauf und die Inflation konnte mit dieser Vorgehensweise nicht real durchschla- gen.131

3.2.3 Haushaltssituation Oberösterreichs in der NS-Zeit Vor dem Anschluss hatte Oberösterreich, wie alle anderen Bundesländer, mit den Folgen der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren zu kämpfen. Die Haushaltsent- wicklung zeigte ein sehr negatives Bild bei den Ausgaben und Einnahmen. Alleine die Einnahmen fielen von 1930 bis 1937 um rund 20 Prozent. Dagegen war der Ausgaben-

130 Quelle: modifiziert nach Monatsberichte des Wiener Instituts für Wirtschafts- und Konjunkturfor- schung, Heft 5/6, 13.1939, S. 167; Die Daten beruhen auf Erhebungen der DAF; G: Gelernte, UG: Unge- lernte, 100 = Gau mit dem höchsten Lohnniveau. 131 Vgl. Avraham, Wirtschaftssystem des Nationalsozialismus, S. 154-157.

29 rückgang mit ca. 7 % bescheiden.132 Dies veränderte sich nach dem Anschluss erheb- lich. In Tabelle 5 werden die Rechnungsabschlüsse (RA) und die Haushaltsvoranschlä- ge (VA) dargestellt. Die Einnahmen des ordentlichen Haushalts konnten aufgrund der öffentlichen Aufträge und der Reichsmittel, die für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt wurden auf 50,11 Mio. RM der Verwaltungsperiode 1938 gesteigert, was, unter Anpassungen aufgrund der Systemumstellungen nach dem Anschluss, einen Anstieg von 33,42 % gegenüber dem Vorjahr darstellt.133

Tabelle 5: Ordentlicher und außerordentlicher Haushalt des Gaues Oberdonau 1938 bis 1943134

Mit dem Jahr 1940 wurde das Ostmarkgesetz in der Verwaltung voll wirksam, was zu einer starken Einschränkung der Einnahmen Oberdonaus führte. So reduzierten sich die Einnahmen im Rechnungsabschluss 1940 auf nur mehr 27,56 Mio. RM. In dem Ausmaß wie sich die Einnahmen reduzierten, nahmen auch die Ausgaben ab. Daher konnte trotz dieser Kürzungen ein Erfolg von 4,28 Mio. RM erzielt werden, der dann in den nächsten Jahren als Reserve eingesetzt wurde. Des Weiteren kann aus der Tabelle entnommen werden, dass Oberdonau eine relativ stabile finanzielle Situation hatte, sieht man von der verschleierten Inflation durch den Lohn-Preis-Stopp ab. Die Einnahmen entwickelten sich bis zum Voranschlag 1943 positiv, jedoch konnten keine Erfolge mehr erzielt werden. Es sieht eher danach aus, als dass man mit den Reserven des Jahres 1940 die Einnahmen auf das Niveau der Ausgaben angepasst hat oder die Ausgaben erhöht hat, um so ausgeglichen bilanzieren zu können. Ein zufälliger ausgeglichener Haushalt in zwei aufeinander folgenden Jahren kann als unrealistisch, besonders in die-

132 Vgl. ebd., S. 230 f. 133 Vgl. ebd., S. 231. 134 Quelle: OÖLA, Bibliothek G 721, Haushaltspläne des Reichsgaues Oberdonau 1940-1943; Autonome Landesverwaltung, Fasz. 622, GK/H 1181/3, Bericht zum Rechnungsabschluß 1938 vom 12. April 1940.

30 ser Zeit, betrachtet werden. Außerdem lassen sich durch fehlende Daten des außeror- dentlichen Haushalts des Jahres 1944 und 1945 keine finanziellen Informationen im Zeitraum des Kriegsendes darstellen. Auch auf der Seite der Einnahmen lassen sich interessante Entwicklungen durch einen Vergleich ablesen. Tabelle 6 zeigt die verschiedenen Einnahmequellen des Gaus auf. Diese gliedern sich in Steuern und steuerähnliche Einnahmen, Zuweisungen des Reichs, die Reichsgauumlage und Steuern auf Grund und Gebäude. Zunächst wird deut- lich, dass nur im Jahr 1940 noch eine Steuer auf Grund und Gebäude existiert hat, die Einnahmen in Höhe von rund 5 Mio. RM lukriert hat. Mit der Abschaffung dieser Steu- er fiel zwar ein bedeutender Posten als Einnahmequelle weg, jedoch stiegen beinahe im selben Verhältnis die Zuweisungen des Reiches von 12,5 Mio. RM auf 16 Mio. RM. Daraus kann man ableiten, dass das Reich die aufgelassene Steuer großteils durch höhe- re Zuweisungen gegenfinanzieren wollte. Diese Gegenfinanzierung wurde jedoch bis 1943 wieder kontinuierlich zurückgefahren, was wohl am intensiver werdenden Verlauf des Krieges liegen dürfte. Die Reichsgauumlage stellt eine Umschichtung der Finanz- mittel von den Gemeinden an den Gau dar. Diese wurde von den Landkreisen eingeho- ben, wobei die erhobene Kreisumlage als Berechnungsbasis diente. Den Landkreisen Krummau und Kaplitz, die in das Gebiet des Reichsgaues Oberdonau fielen, kam hier- bei eine besondere Benachteiligung zu. Sie mussten nämlich 4,5 RM pro Kopf an den abliefern, alle anderen Landkreise mussten nur 2,5 RM pro Kopf bezahlen. Diese Benachteiligung wurde jedoch im Jänner 1941 mit einer einheitlichen Umlage von 2,5 RM ausgemerzt.135 Auf Ebene der Landkreise wurde eine Kreisumlage eingeführt, mit der diese von den Gemeinden Abgaben einheben konnten, um den Kreishaushalt aufzubessern.136 Diese Umlage stieg bis zum Jahr 1943 stetig an, was einen größeren Beitrag der Ge- meinden an den Gesamteinnahmen implizieren muss. Fraglich ist nun, ob die Gemein- den durch die verbesserte Konjunktur der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen die finan- ziellen Möglichkeiten hatten höhere Beiträge zu leisten oder ob ohne Rücksicht auf die finanzielle Lage Beiträge eingehoben wurden. Schließlich konnte die Reichsgauumlage um insgesamt 1 Mio. RM von 1940 bis 1943 gesteigert werden. Dieser Verlauf zeigt auf, dass Oberdonau weiter Einnahmequellen lukrieren konnte und nicht nur von den Steuereinnahmen abhängig war. Ausgabenseitig sind vor allem Veränderungen im Bauwesen aufgetreten. Nach einem Anstieg der Ausgaben in diesem Sektor zu Beginn

135 Vgl. Fiereder, Behörden des Reichstatthalters, S. 170. 136 Vgl. ebd., S. 182.

31 des Krieges, verlagerten sich die Ausgaben in der intensiven Phase zur Kriegsvorberei- tung hin zur Kriegsmaschinerie. Bemerkenswert ist, dass trotz des immer intensiver werdenden Krieges die Schuldenlast des Reichsgaues abgenommen hat, was als außer- ordentliche Leistung festgehalten werden kann.137 Fasst man diese Darstellungen noch einmal kurz und prägnant zusammen, dann stellt sich die finanzielle Lage des Reichgaus Oberdonau folgendermaßen dar. Die sin- kenden Steuereinnahmen des Gaues konnten durch steigende Zuweisungen des Reiches und steigende Einnahmen von den Gemeinden ausgeglichen werden, was zweifellos die finanzielle Flexibilität des Gaues aufzeigt.

Tabelle 6: Auflistung der Einnahmen aus Steuern138

Eine der ersten Aufgaben Danzers als Finanzreferent war die Beschaffung von zwei Nachtragskrediten über 4 Mio. RM, um die notwendigen Arbeitsbeschaffungs- maßnahmen starten zu können. Weitere 4,5 Mio. RM wurden als Finanzhilfe den Ge- meinden Oberdonaus zur Verfügung gestellt, um in finanzielle Not geratenen Gemein- den helfen zu können.139 Diese Maßnahmen und andere führten zu einer wesentlichen Erhöhung der Ausgaben des Gaues, die jedoch teilweise von den Zuschüssen des Rei- ches wieder ausgeglichen werden konnten. Dennoch musste der Gau Oberdonau im Jahr 1938/39 einen Fehlbetrag von 2,7 Mio. RM ausweisen.140 Ein weiterer Aspekt in der Umstellung der Finanzpolitik an das System des Deutschen Reiches war die Anpassung der Abrechnungsperiode. Es musste das Jahr 1938 um ein Quartal verlängert werden, um sich an das deutsche System anzugleichen. Darüber hinaus erhielt Danzer auch die

137 Vgl. ebd., S. 235 f. 138 Quelle: Kitzmantel, Finanzpolitik, S. 233. 139 OÖLA, Autonome Landesverwaltung, Fasz. 614: GK III 173/1940, Reichsmitteldarlehen; unter diese Gruppe von notleidenden Gemeinden fällt auch Aschach an der Donau, wie später gezeigt wird. 140 Siehe Tabelle 4, S. 27.

32 Ermächtigung den Haushalt komplett neu umzustrukturieren.141 Es scheint zwar so, als dass Oberösterreich zu Beginn der NS-Herrschaft beträchtlichen Spielraum gehabt hät- te, was man auch bestätigen kann, dieser wurde jedoch nach dem „Ostmarkgesetz“ 1940 wieder zunichte gemacht. Kitzmantel beschreibt dabei treffend drei wichtige Struktur- brüche in der Finanzverwaltung des Gaues Oberdonau:142 Durch die Veränderung der Struktur in dem Land Oberösterreich nahm nicht nur das Aufgabengebiet, sondern auch das verfügbare Finanzvolumen beträchtlich ab.143 Der durch die Systemumstellung entstandene verwaltungstechnische Freiraum hatte durch die großzügige Ausstattung mit finanziellen Mitteln Freiräume in der Gestaltung des Haushaltes garantiert, die nun beendet waren. Die enge Organisationsstruktur des Deutschen Reiches (Zentralverwaltungsprinzip), die den Gauen wenig individuelle Ges- taltungsmöglichkeiten ließ und die Kontrolle auf alle Bereich ausdehnte (z.B. Bestäti- gung des Haushaltsplanes durch das Reichsministerium) schlug nun endgültig auf die Gauselbstverwaltung und deren Finanzverwaltung/Gaukämmerei durch.144 In diesem neuen Gestaltungsrahmen der Finanzpolitik wollten nun Danzer und Eigruber den Gau Oberdonau verselbstständigen. Als konkrete Ausgestaltungsmaßnah- men sind dabei die Gestaltungsfreiheit bei der Einhebung eigener Landesabgaben, eine Stärkung der Finanzzuweisungen des Reiches und eine generelle Möglichkeit, neue Steuereinnahmen auf Landesebene lukrieren zu können.145 Hier kommt wiederum das polykratische Herrschaftssystem des Nationalsozialismus zum Ausdruck. Denn obwohl nach der nationalsozialistischen Parteilinie die Länderebene als eigenständige öffentli- che Körperschaft getilgt werden sollte, gab es, wie hier an den Beispielen Eigruber und Danzer gezeigt, Bestrebungen eigene „Reiche“ zu erschaffen, in denen die Führungs- personen ohne große Hinderungen regieren konnten. Ein Aspekt, der im Laufe der NS-Zeit immer stärker in der Finanzpolitik in Er- scheinung trat, war die Entwicklung des Zweiten Weltkrieges. Schon 1940 mussten bei den Ausgaben Kürzungen im Bereich der Investitionen und beim Personal durchgeführt werden, um auf die Kriegssituationen vorbereitet zu sein. Ein Handlungsspielraum, wie

141 OÖLA, Autonome Landesverwaltung, Fasz. 601: GK III 225/1939, Amtsverfügung, Haushaltsordnung, Anweisungsordnung, Geschäftsverordnung für den Landesfinanzreferenten. 142 Kitzmantel, Finanzpolitik, S. 242. 143 Vgl. hierzu Tabelle 4, in der diese Abnahme in den Einnahmen und Ausgaben vom Haushaltsjahr 1938/39 auf das Jahr 1940 sehr gut zum Ausdruck kommt, S. 27. 144 Kitzmantel, Finanzpolitik, S. 242. 145 OÖLA, Autonome Landesverwaltung, Fasz. 615: GK/H III 232/3876/1-1940, Schreiben des Gaukäm- merers des Reichsgaues Salzburg an den Gaukämmerer des Reichsgaues Oberdonau vom 13. Dezember 1940.

33 von Danzer gewünscht und gefordert, konnte durch das Fortschreiten des Krieges nicht verwirklicht werden. Im Gegenteil, Gestaltungsfreiräume wurden noch weiter einge- engt.146 Mit dem Russlandfeldzug verschärfte sich diese angespannte Situation noch. Zwar konnten im Jahr 1941 wesentlich mehr Mittel vom Reich beschafft werden als im Haushaltsjahr 1940147, doch machten die Abgänge von routinierten Beamten zum Wehrdienst und Einstellungen von Bau- und Investitionsprojekten die Situation für Danzer und Eigruber nicht gerade leichter. Da für den effektiven Betrieb des Verwal- tungssystems neue Arbeitskräfte rekrutiert werden mussten, erhöhten sich auch die Per- sonalkosten zu diesem Zeitpunkt.148 Um die negativen Einflüsse aus dem Kriegsverlauf decken zu können und die Reduktion der Mittelzuflüsse aus dem Reich nach 1941 abzu- federn, wurde die Reichsgauumlage sukzessive erhöht.149

3.2.4 „Alternative“ Mittelbeschaffung des Reichsgaues Mit den dargestellten Instrumenten zur Mittelbeschaffung unterschied sich das NS-Regime nicht prägnant von anderen staatlichen Verwaltungseinrichtungen. Ein wichtiger Aspekt wurde jedoch noch nicht genannt. Dieser stellt die staatliche Enteig- nung von Vermögenswerten dar, um den Haushalt zu stabilisieren. Für Eigruber und Danzer bestand in der genannten Enteignung von Vermögen eine Möglichkeit, offen, gut und schnell an neue Mittel für den Reichsgau zu kommen. Dabei waren vor allem drei Personengruppen betroffen: Adelige, katholische Einrichtungen und jüdisches Vermögen.150 Zunächst wurde katholisches Vermögen in den Verantwortungsbereich des Reichsgaues übergeben, indem Güter des österreichischen Religionsfonds per 1. April 1940 durch Verordnung übernommen wurden.151 Diese Maßnahme knüpfte an der im Jahr 1939 beschlossenen Einhebung des Kirchenbeitrags für die katholische, altkatholi- sche und evangelische Kirche an.152 Man könnte meinen, es wäre ein Vorteil für die kirchlichen Einrichtungen gewesen, ein Gesetz einzuführen, das zu zusätzlichen Ein-

146 OÖLA, Bibliothek G 721: Haushaltsplan des Reichsgaues Oberdonau 1940, S. 11-16. 147 Siehe Tabelle 4, S. 27. 148 OÖLA, Bibliothek G 721: Haushaltsplan des Reichsgaues Oberdonau 1941, S. 7-12. 149 Siehe Tabelle 4, S. 27. 150 Vgl. Kitzmantel, Finanzpolitik, S. 247. 151 Dritte Verordnung des Reichskommissars für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich zur Durchführung und Ergänzung des Gesetzes über die Erhebung von Kirchenbeiträgen im Lande Österreich, GBl. für das Land Österreich Nr. 543/1939, Gesetzblatt für das Land Österreich, 45/1940, S. 336. 152 Gesetz über die Erhebung von Kirchenbeiträgen im Lande Österreich, Gesetzblatt für das Land Öster- reich, 543/1939, S. 1875.

34 nahmen führt. Die Idee der Nationalsozialisten, die hinter dieser Maßnahme steckte, sollte jedoch die Kirche finanziell schwächen. Denn durch die Einhebung der Kirchen- beiträge konnten ganz bequem die staatlichen Zuschüsse gestrichen werden und zugleich, wie oben genannt, der Religionsfond aufgelöst werden.153 Doch es blieb nicht bei dieser Enteignung. Die Gauverwaltung verleibte sich u.a. auch Klöster wie die Stifte St. Florian, Schlägl, Kremsmünster oder das Stift Wilhering in den Jahren 1940/41 ein.154 So konnten die Einnahmequellen des Gaues durch den Verkauf von Liegenschaf- ten und die Erlöse aus dem Verkauf von Gütern erheblich gesteigert werden. Beispiels- weise konnten bei der Veräußerung von Liegenschaften des Stifts St. Florian 832.792 RM lukriert werden.155 Die vorhandenen Informationen zu den Einnahmen aus diesen Enteignungen des kirchlichen Vermögens weisen alleine auf 1,4 Mio. RM hin. Nach Schätzungen von Fiereder dürften die wahren Einnahmen im Bereich der 3 Mio. RM liegen.156 Die zweite wichtige Personengruppe neben der katholischen Kirche, die Opfer von Enteignungen wurden, waren die Adeligen in Österreich, die sich gegen das Re- gime bekannten. Hierzu kann als wichtiges Beispiel das Haus Schwarzenberg dienen, wo am 17. August 1940 90.536 ha Grundbesitz und Vermögenswerte i.H.v. rund 8 Mio. RM eingezogen wurden.157 Die Enteignung des Hauses Schwarzenberg war somit die größte Enteignung, die in Oberdonau stattfand. Dafür wurde sogar eine eigene Sonder- verwaltung geschaffen, die auf Eigruber zugeschnitten war.158 Es zeigt sich somit, dass die Ausbeutung der Adeligen zu hohen Einnahmen für den Gau geführt hat, was auch von der Statistik unterstützt wird. Diese belegt, dass zwischen 1941 und 1944 alleine 4,22 Mio. RM aus den Enteignungen des Hauses Schwarzenberg erwirtschaftet wurden, was diese Einnahmequelle zu einem signifikanten Posten des Gauhaushalts machte.159 Obwohl es auch immer wieder zu Streitigkeiten zwischen der Gauselbstverwaltung und anderen Behörden kam, konnte sich Eigruber aufgrund seiner guten Stellung zu Hitler meist durchsetzen.160

153 Vgl. Fiereder, Behörden des Reichsstatthalters, S. 172. 154 Vgl. Bock, Österreichs Stifte, S. 95 ff. 155 OÖLA, Gauselbstverwaltung OD, Sch. 6/2, Stift St. Florian 1939-1949, Kaufverträge. 156 Vgl. Fiereder, Behörden des Reichsstatthalters, S. 177 f. 157 OÖLA, Gauselbstverwaltung, Sch. 13, Schwarzenbergische Güter 1940-1944. 158 Vgl. Fiereder, Behörden des Reichsstatthalters, S. 179. 159 OÖLA, MF 417, Akt Ia G/H/K/Vet/933, Eigruber, 27. Jänner 1941, Abtretungserklärung an Gauselbst- verwaltung, 13. Dezember 1941. 160 Vgl. Kitzmantel, Finanzpolitik, S. 248 f.

35 Die quantitativ am größten geschädigte Gruppe war die jüdische Volksgruppe. Unter dem Deckmantel der Arisierung wurde jüdisches Vermögen übernommen und in den Haushalt der Gauselbstverwaltung eingeführt. Genauer gesagt wurden Unterneh- men, land- und forstwirtschaftliche Betriebe, Privatbanken, Haus- und Grundbesitz so- wie Privatvermögen wie Sparbücher oder Schmuck von jüdischen BürgerInnen be- schlagnahmt.161 Überraschenderweise brachte der Raubzug des jüdischen Vermögens keine mit den oben erwähnten Gruppen vergleichbaren Beträge ein. Die Härte, mit der diese Raubzüge jedoch durchgeführt wurden, war umso größer.162

4 Nationalsozialismus in Aschach an der Donau

In diesem Abschnitt werden die verschiedenen Aspekte der nationalsozialistischen Herrschaft in Aschach an der Donau beleuchtet. Aufgebaut ist jeder Abschnitt in der Art, dass vor der Beschreibung über die Verhältnisse Aschachs eine kurze Einführung zum Thema stattfindet und dann versucht wird, Parallelen zur Marktgemeinde zu ziehen oder Differenzen aufzudecken. Begonnen wird hierbei mit der Machtübernahme der NSDAP in Österreich und im speziellen in Aschach a. d. D., die als wesentliche Merk- male die Vollziehung des Anschlusses und die Durchführung der Volksabstimmung in Österreich enthielten. In der Folge wird auf die verschiedenen Feierlichkeiten und di- verse kulturelle Änderungen näher eingegangen. Bevor die wirtschaftliche und finan- zielle Lage der Marktgemeinde untersucht wird, wird anhand des Muttertages das nati- onalsozialistische Frauenbild näher erläutert. Zum Schluss wird beschrieben, wie sich das Ende des Nationalsozialismus in Aschach darstellte.

4.1 Die Machtübernahme und Organisation des Nationalsozialismus

In diesem ersten Kapitel werden die nationalsozialistischen Strukturen in Aschach an der Donau, soweit nachvollziehbar, dargestellt. Dabei wird beschrieben, welche Per- sonen welche Funktionen ausübten und ob es wesentliche Entscheidungen bzw. Ereig- nisse gab, die in die Periode der Amts- oder Parteiführung fielen. Des Weiteren wird das Thema Volksabstimmung behandelt, indem ein Vergleich zu anderen Gemeinden und zu Oberösterreich gezogen wird. In einem Abschnitt wird die Situation von Dr. Dienstl behandelt, der aus der Aschacher Geschichte nicht wegzudenken ist und auch wesentliche Impulse für die wirtschaftlichen Entwicklungen lieferte. Schließlich wird

161 John, Jüdische Bevölkerung von Linz, S. 1357 f. 162 Vgl., Fiereder, Behörden des Reichsstatthalters, S. 181.

36 noch das System der „Wohnraumbeschaffung“ in Aschach an Hand von Beispielen ana- lysiert und der Hintergrund dieses Systems beleuchtet.

4.1.1 Nationalsozialistische Organisation in Aschach Der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich war ein Vorgang, der viele Ge- sichter hatte. Bevor es zum Einmarsch deutscher Truppen in Österreich kam, entwickel- te sich die Situation in Österreich schon in einer Art und Weise, dass der Anschluss selbst nur mehr als Mittel zum Zweck gedeutet werden kann. Ein Grund für die positive innere Einstellung vieler ÖsterreicherInnen zum Anschluss geht auch auf die Strukturen der österreichischen Nation vor der ersten Republik zurück. Diese Strukturen waren geprägt von einer Spannung zwischen einem eigenen Staat und dem deutschen Volks- bewusstsein.163 Diese Spannung zog sich durch die ganze Zwischenkriegszeit und zeigte sich auch im Ständestaat. Unter diesem galt Österreich nämlich als „zweiter deutscher Staat“, in dem Schuschnigg zum Ziel hatte, diese Spannungen durch eine Synthese der beiden Strömungen aus dem Weg zu schaffen.164 Als Instrument diente u.a. der Katholi- zismus, der als Schlüsselelement fungierte. Obwohl das „nationale Lager“ den An- schluss forcierte, hatten beide Richtungen eines gemein, das Weiterbestehen Österreichs als eigenständiges Gebiet.165 Schuschnigg wollte durch das Berchtesgadener Abkom- men mit Hitler vom 12. Februar 1938 dem Druck, der vom Deutschen Reich auf Öster- reich ausgeübt wurde, entkommen. Doch das Abkommen kann getrost als erste Kapitu- lation Schuschniggs gegenüber Hitler bezeichnet werden, da es ein erster Schritt der Legalisierung der Nationalsozialisten war. Um den immer stärker werdenden Einfluss der Nationalsozialisten entfliehen zu können, wollte Schuschnigg am 13. März 1938 eine Volksabstimmung durchführen lassen, bei der über ein eigenständiges Österreich befragt hätte werden sollen.166 Interessanterweise führte die Kundmachung der Volks- befragung zu einer Beschleunigung des Anschlusses, da Hitler sich von Schuschnigg provoziert fühlte.167 Er forderte den sofortigen Rückzug der Volksabstimmung und drohte mit dem Einmarsch deutscher Truppen in Österreich. Diesem Druck gab Schuschnigg nach und verkündete am 11. März 1938 seinen Rücktritt, was den Weg für die Nationalsozialisten frei machte.168

163 Vgl. Haas, Nationalbewusstsein, S. 34 ff. 164 Vgl. Siegert, Anschluss von innen, S. 86 ff. 165 Vgl. Broucek, Edmund Glaise-Horstenau, S. 123. 166 Tagblatt vom 10. März 1938. 167 Vgl. Kube, Hermann Göring, S. 242. 168 Vgl. Haas, Der „Anschluss“, S. 43.

37 Die Machtübernahme der NSDAP erfolgte in allen Bezirken und Gemeinden Ös- terreichs viel rascher als die politisch-administrative Entwicklung auf Landesebene.169 So ist es auch nicht verwunderlich, dass nach dem Rücktritt Schuschniggs die NSDAP in Aschach am 12. März die Macht schon übernommen hatte. An diesem Tage konnten man schon die ersten Hakenkreuzfahnen sehen, die an den Häusern der Gemeinde mon- tiert waren.170 Diese Übernahme funktionierte in der Art, dass sich die Mitglieder des Aschacher SA-Trupps (Pollak, Luckeneder, Ettl, Plöderl, Weinzinger) aufmachten und die alten Machthaber der Vaterländischen Front in „Schutzhaft“ nahmen. Darunter war auch der Bürgermeister der Marktgemeinde Dr. Hans Dienstl, der bis zur Machtergrei- fung sein Amt inne hatte und auch gleichzeitig Gemeindearzt war. Er wurde jedoch, wie die meisten der „Gefangenen“ nach einem Verhör nach kurzer Zeit wieder entlassen.171 Die Nationalsozialisten gingen jedoch nicht in allen Gemeinden relativ rücksichtsvoll mit den vorherigen Machthabern um. So kam es beispielsweise in Eferding zu Festnah- men und Misshandlungen von Führern der Vaterländischen Front.172 Bei dieser Ausschaltung von regimekritischen Personen wurde nicht alleine Dr. Dienstl festgenommen, sondern auch andere Personen, die auf für die NSDAP wichti- gen Posten saßen. So wurden vom SA-Trupp neben Dienstl auch Oberlehrer Josef Brandstätter, Major Heinisch und Franz Schaller in „Schutzhaft“ in der Gemeindekanz- lei genommen. Dort wurden sie einige Stunden verhört und durften dann wieder gehen. Außer Brandstätter wurde jedoch niemand länger in Gefangenschaft gehalten. Dieser wurde nach Linz überstellt und musste dort einige Tage an Haft verbüßen. Im Großen und Ganzen wurde jedoch versucht die AschacherInnnen zu mobilisieren, um den Ort zu verschönern. Dies geschah mittels einer Einteilung in zwei Gruppen. Eine Gruppe wurde von Matthias Pecherstorfer, einem Parteigenossen, geleitet. Die andere Gruppe wurde von Major Heinisch geführt.173 Mit der Ernennung von Heinisch kann geschluss- folgert werden, dass die Aschacher Partei- und Gemeindeführung versucht hat, eine gewisse Geschlossenheit bei der Verschönerung von Aschach zu zeigen, wo sogar Ideo- logiegrenzen überwunden werden sollten zum Zwecke der Volksgemeinschaft. Mit der Volksabstimmung war nun endgültig der Weg für den Nationalsozialis- mus in Österreich und auch in Aschach an der Donau frei. Am 9. Juni 1938 konstituierte

169 Vgl. Fiereder, Amt und Behörde, S. 322. 170 Vgl. Deinhammer, Geschichte Aschachs, S. 54; Diese Gemeindechronik wurde von Johann Deinham- mer in Handschrift verfasst und dem Autor von Johann Eggerstorfer diktiert, da die Chronik in Korinth- schrift verfasst ist. Das Original liegt bei Herrn Johann Eggerstorfer auf. 171 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 759. 172 Vgl. Keppelmüller, Aus Eferdings vergangenen Tagen, S. 17. 173 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 759 f.

38 sich der neue Gemeinderat und die Organe der NSDAP wurden vergeben. Diese Aufga- benverteilung hatte folgende Form:

Tätigkeit Person Bürgermeister Karl Wagner Stellvertretender Bürgermeister Hans Reichhold Matthias Pecherstorfer, Karl Griesmayr, Ausschussmitglieder Ernst Pollak, Leopold Spitzer, Fritz Wit- zeneder, Leopold Plöderl Karl Spielberger HJ-Führer Rudolf Breit Kreissportführer Max Schlenker Frauenschaftsführerin Maria Breit SA-Führer Heinrich Pollak SS-Führer Ernst Pollak NSKK Adolf Marschalek Anton Dyk, Hans Obergrasser Vertreter der Blockleiter Maria Vorarberger, Franziska Sturmayr Tabelle 7: Organisation der Gemeinde und NSDAP in Aschach im Juni 1938174

Aus der Tabelle lässt sich ableiten, dass die verschiedenen Unterorganisationen der NSDAP eingerichtet und der Gemeinderat mit Parteigenossen neu besetzt wurde. Natürlich hat sich in Aschach die Struktur der nationalsozialistischen Herrschaft bis Kriegsende oftmals verändert. Eines jedoch zeigen die Protokolle des Gemeinderates in Aschach auf – ein jedes Mitglied der Gemeinde war ein Parteigenosse, egal in welcher Form der Gemeinderat konstituiert wurde.175 Hier zeigt sich wiederum das enge Netz zur Partei selbst. Das beginnt schon beim Amt des Bürgermeisters, das wie aus dem Gemeindearchiv zu entnehmen ist, einen sehr hohen Stellenwert hatte.176 Bevor jedoch Karl Wagner am 9. Juni 1938 als Bürgermeister eingesetzt wurde, leitete Karl Spielber- ger interimistisch das Amt und war zugleich Ortsgruppenleiter der NSDAP. Spielber- gers Sympathie zur NSDAP bestrafte das Schicksal mit dem Verlust seines Lebens im Zweiten Weltkrieg am 16. Oktober 1945 in Herrschin.177

174 Quelle: Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 2, S. 106. 175 Vgl. hierzu die Aufzeichnung der Gemeinderatsprotokolle in dem Band Gemeinderatsprotokolle 1939-1949. 176 Die Unterschrift des Bürgermeisters ist beinahe auf jedem Schreiben der Marktgemeinde abgebildet. Ohne eine Zustimmung des Bürgermeisters dürften also die operativen Geschäfte kaum möglich gewe- sen sein. 177 Vgl. Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 1, o. S.

39 Karl Karl Johann Johann Spielberger Wagner Reinhold Heger (13. 3. 1938 - (31. 5. 1938 - (30. 10. 1941 (4. 1. 1945 - 30. 5. 1938) 30. 10. 1941) - 3. 1. 1945) 5. 5. 1945)

Abbildung 4: Aschachs Bürgermeister während der Zeit des Nationalsozialismus178

Nachdem Wagner im Oktober 1941 in die Wehrmacht eingezogen wurde, war Jo- hann Reinhold sein Nachfolger. Im Vergleich zu seinen Vorgängern und seinem Nach- folger muss Reinhold eine gewisse Kompromisslosigkeit in Gesinnungssachen an den Tag gelegt haben.179 Das zeigt sich besonders bei der Wohnungsproblematik, die im Verlaufe des Krieges in Aschach immer stärker eingesetzt hat. Deshalb soll dieses Sys- tem der „Wohnraumbeschaffung“ in Aschach an der Donau in einem eigenen Abschnitt beschrieben werden, das zum wesentlichen Teil in die Amtsperiode von Bürgermeister Reinhold fiel. Reinhold blieb, wie oben gezeigt, bis zum 3. Jänner 1945 Bürgermeister. Nach eigenen Angaben jedoch war er bis 7. April 1945 amtierender Bürgermeister.180 Interessanterweise gibt Reinhold jedoch im selben Akt im Fall Heinz an, dass er nur bis 3. Jänner Bürgermeister war. Somit ergeben sich für die Amtsperiode des Bürgermeis- ters Reinhold gewisse Unstimmigkeiten. Es dürfte jedoch der 3. Jänner als richtig ange- nommen werden, da auch Johann Heger, sein Nachfolger, beschreibt, dass er im Jänner Reinhold abgelöst hat. Zudem macht Reinhold aber auch unstimmige Aussagen zu den Aktivitäten in Verbindung mit der NSDAP vor 1938.181Schließlich folgte in einer kur- zen Amtsperiode Johann Heger als oberstes Gemeindeverwaltungsorgan. Bevor dieser sein Amt antrat hatte er die Funktion als der Ortsgruppe über. Er betreute die Geschäfte der Gemeinde noch bis zum Ende des Nationalsozialismus, bevor der letzte Bürgermeister der 1. Republik wieder der erste Bürgermeister der 2. Republik wurde – Dr. med. Hans Dienstl.182 Bei den Ortsgruppenleitern der NSDAP war zunächst Ernst Pollak der Führer der örtlichen Partei. Nach relativ kurzer Zeit (1.5.38 – 5.6.38) wurde er jedoch von Karl

178 Quelle: Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 1, o. S. 179 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl, das im Anhang in transkribierter Form vorliegt. 180 OÖLA, Sondergerichte Linz, Sch. 40, Zl. 1749/46, Vernehmung des Beschuldigten vom 6.6.46 Z 105/46. 181 Im Fall Grünlich beschreibt er eine Bewerbung zur Partei 1936, derer er erst 1938 beigetreten ist. Im Fall Heinz unterschlägt er jedoch diesen Umstand. 182 Vgl. Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 1, o. S.

40 Spielberger als Verantwortlichen abgelöst. Dieser dürfte bis 1940 oder 1941 auch die Geschäfte der Partei in Aschach geleitet haben. Sicher ist, dass bei der Gemeinderatssit- zung vom 23. Mai 1941 Franz Holzmüller dieses Amt inne hatte, der aber schon am 12. November von Ernst Pollak abgelöst wurde. Rudolf Stiefler war nach Pollak ab dem 6. Februar 1942 bis Kriegsende als Ortsgruppenleiter tätig. 183 Des Weiteren zeigt eine Auflistung der Ortsgruppe184, die mindestens aus 62 Mitglieder bestand, dass Franz Gri- sig und Wilhelm Pittrof sen. auch als Blockleiter tätig waren, wobei für Pittrof der Zeit- raum ab 1941 angegeben ist. Blockleiterstellvertreter war ab 1940 auch Stefanie Stras- ser. Die Liste zeigt weiter auf, dass Stiefler vor der Leitung der Ortsgruppe Kassenleiter war. Die erwähnte Liste ist jedoch nicht vollständig, da beispielsweise Parteimitglieder wie Wilhelm Eggerstorfer fehlen. Sie gibt jedoch weiter Einblicke in die nationalsozia- listische Organisation von Aschach. Für die restlichen Positionen in der nationalsozia- listischen Verwaltung kann nur auf den Schriftverkehr zurückgegriffen werden.185 Die- ser zeigt für den 20. August 1944 folgendes auf. Pg. Maria Breit ist weiterhin Frauen- schaftsführerin. Es kann somit angenommen werden, dass es während der gesamten beobachteten Periode keine Wechsel in dieser Position gab. NSV ist Pg. Wilhelm Pittrof186. Das Amt des DAF Obmanns bekleidet Willhelm Eggerstorfer. Die- ser wurde auch für seine Parteizugehörigkeit nach Aussagen des Sohnes Johann Eg- gerstorfer längere Zeit in Glasenbach interniert.187 Ortsgruppenorganisationsleiter ist Heinrich Greil, der Brandstätter schon am 14. März 1938 als Oberlehrer abgelöst hat. Dieser dürfte nach der oben erwähnten Liste jedoch auch als Schulungsleiter der Orts- gruppe Aschach tätig gewesen sein.188 Aus diesen Aufzeichnungen erkennt man, dass eine Aufteilung der verschiedenen Unterorganisation der NSDAP relativ schnell erfolg- te. Dabei wurde auch versucht die nötige Infrastruktur für die Institutionen zu schaffen. Beispielsweise wurde am 15. Juli 1939 der Kindergarten der NSV zugewiesen mit ei- nem Beschluss zu Durchführungen von Instandhaltungsarbeiten.189

183 Protokolle der Gemeinderatssitzungen vom 23. Mai und vom 12. November 1941, sowie vom 6. Feb- ruar 1942. 184 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Ordner Erster Weltkrieg 1914-18, Zwischenkriegszeit, Zweiter Weltkrieg 1939-45, Ortsgruppe Aschach/D. 185 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 162 Selbstschutz, Mappe 162/1 Selbstschutz der Zivilbevölke- rung, Entwurf eines Einsatzplanes vom 23. August. 1944. 186 Offen bleibt ob es sich um den Senior oder den Junior handelt. Da Wilhelm Pittrof sen. auf jeden Fall als Blockleiter tätig war, würde es logisch sein, wenn auch sein Sohn eine Funktion in der Partei ausübt. 187 Vgl. Interview mit Herrn Johann Eggerstorfer. 188 Vgl. Deinhammer, Geschichte Aschachs, S. 54. 189 Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 9. Juni 1939.

41 Auch in Aschach gab es von Seiten der NSDAP Bespitzelung und Anklagen ge- gen Personen. So ging eine Anzeige vom Gendarmerieposten Aschach an der Donau an die GESTAPO Linz gegen Johann Stöttner aus Hartkirchen wegen staatsfeindlicher Haltung am 6. November 1941 ein. Dabei wurde der Verdacht auf Hören von Feindsen- dern und kritischen Äußerungen gegen das Regime vorgebracht. Schließlich wurde er auch zu 4 Monaten Haft verurteilt. Aber schon ein leichtes Verdachtsmoment reichte für eine Anklage aus. Heinrich Pieringer machte am 16. Juli 1944 in der Gastwirtschaft Mayrhofer in Aschach die Bemerkung, dass es bei den Fronten vorwärts ginge und setz- te dabei seinen Hut verkehrt auf. Durch dieses Zeichen wollte er genau das Gegenteil ausdrücken. Auch Johann Gruber wurde im Jahr 1944 wegen Wehrkraftzersetzung auf- grund seiner Aussage, dass Hitler den Krieg angefangen und die Deutschen belogen habe, verurteilt.190 Zu Gewaltverbrechen gegen Juden oder Angehörige fremder Volksgruppen ist es in Aschach nicht gekommen. Der Grund dafür wird wohl vor allem darin liegen, dass es in Aschach keine Juden oder Menschen mit fremdvölkischer Abstammung gab, sieht man von zwei Menschen mit teils jüdischer Abstammung (Halbjuden im Sprach- gebrauch der Nationalsozialisten) ab. Ein Problemfall war jedoch die Ereignisse um Anna und Franz Huemer, die beide von Blindheit betroffen waren. Sie wurden am 14. November 1941 von Gendarmen aus ihrem Haus geholt und in das Gaufürsorgeheim Waldegg gebracht worden. Dort sind sie in der Folge aufgrund von „Imbezillitas“ (= angeborener Schwachsinn) und „Debilität infolge Erblindung“ gestorben. Hier dürfte es sich jedoch um Scheinkrankheiten gehandelt haben, die wohl eine Ermordung vertu- schen sollten.191 Es kann festgestellt werden, dass von der Seite der Gemeinde ein An- trag auf eine Einweisung der genannten Personen an das Gesundheitsamt des Kreises Grieskrichen gestellt wurde.192 Dennoch kann nicht pauschal gesagt werden, ob die Gemeindeführung von der folgenden Behandlung gewusst oder dieser zugestimmt hätte. Eine Fahrlässigkeit in der kritischen Betrachtung des Falles kann ihr aber auf jeden Fall vorgeworfen werden.

190 Vgl. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Widerstand und Verfolgung, Bd. 1, S. 419 f; S. 468; S. 477 f. 191 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 774 f. 192 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 450 Alters- und Siechenheime, Mappe 450/1 Allgemeines, Pflegeanstalten, Einweisung des Humer Franz und Anna in eine Anstalt vom 30. Juli 1941.

42 4.1.2 Dr. med. Johann Dienstl – Ehrenbürger der Marktgemeinde Eine Persönlichkeit, die fest mit der Ge- schichte von Aschach verbunden ist, und somit unweigerlich in dieser Arbeit vorgestellt werden muss, ist Herr Dr. med. Johann Dienstl, ehemaliger Bürgermeister und Ehrenbürger der Marktgemein- de Aschach an der Donau. Dr. Dienstl war zu- nächst Bürgermeister der Gemeinde, bevor er vor dem Anschluss abgesetzt und in „Schutzhaft“ ge- nommen wurde. Frau Dr.in Elisabeth Dienstl, die Tochter von Dr. Dienstl, beschreibt auch, dass sich

bei seiner Vernehmung auch sehr stark die Arbei- Abbildung 5: Dr. med. Hans Dienstl193 terschaft und der Gemeindeobersekretär Adolf Marschalek für ihn einsetzten. Ein besonderes Gewicht hatte dabei der Gemeindesekre- tär, der zu den „Illegalen“ gehörte.194 Die „Illegalen“ waren Nationalsozialisten, die nach dem Verbot der NSDAP in Österreich, das durch einen Anschlag in Krems ausge- löst wurde, im Untergrund weiterhin bei der Partei tätig waren.195 Bei Dr. Dienstl dürfte die rasche Aufhebung der „Schutzhaft“ auch durch seine Leistungen innerhalb der Marktgemeinde zurückzuführen sein. Denn nicht nur seine oben erwähnten Kontakte und Unterstützer brachten ihm wahrscheinlich eine mildere Behandlung ein, sondern auch seine Tätigkeiten zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und seine Stellung als Ge- meindearzt waren sicherlich Vorteile, die ihm geholfen haben mögen. Bei der Bekämp- fung der Arbeitslosigkeit sei besonders auf die Initiative von Dr. Dienstl bei der Pla- nung und Errichtung der Stärkefabrik, die heutige AGRANA Stärke GmbH in Aschach hingewiesen. Hierbei setzt sich der ehemalige Bürgermeister besonders stark ein, dass die Stärkefabrik nach Aschach geholt wurde, indem er fieberhaft nach einem geeigneten Standort gesucht hat, der dann auch hinter dem Bahnhof gefunden wurde. Dies war das Areal des einstigen Kriegsgefangenenlagers aus dem Ersten Weltkrieg, wo damals bis zu 80.000 Kriegsgefangene inhaftiert wurden. Nach der Zustimmung durch Landes- hauptmann Gleißner konnte mit dem Bau der Fabrik begonnen werden, was 1936 rund 1,9 Mio. Schilling an Aufwand benötigte und eine nicht geringe Anzahl an Arbeitskräf- ten. Diese bedeutende Maßnahme, bei der sich Dr. Dienstl so stark eingesetzt hat, ist es

193 Quelle: Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 1, o. S. 194 Vgl. Protokoll des Interviews mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl. 195 Siehe zum Anschlag in Krems und dem Verbot der NSDAP das Linzer Volksblatt, 21. Juni 1933.

43 auch zu verdanken, dass es in Aschach tatsächlich zu Erleichterungen im Bereich der Arbeitslosigkeit gekommen ist.196 Dies ist auch ein Grund dafür, dass Dr. Dienstl als außerordentlich engagierte und kompetente Person gesehen wurde und in Aschach einen guten Ruf hatte.197 Bis August 1938 durfte Dr. Dienstl noch öffentlich ordinieren, da sich (noch) kein geeigneter Kan- didat gefunden hatte.198 Trotzdem wurde er von den neuen Machthabern in Aschach mit sofortiger Wirkung als Bürgermeister abgesetzt und darüber hinaus wurden ihm auch seine Stelle als Gemeindearzt schon am 31. Mai 1938 entzogen.199 Die Gnadenfrist sei- ner Zeit als Gemeindearzt endete schließlich am 1. Oktober 1938, als mit der Bestellung von Dr. Franz Pretzl zum provisorischen Gemeindearzt Dr. Dienstl auch die Kassenzu- lassung für die Sanitätsgemeinde Aschach-Hartkichen entzogen wurde.200 Dr. Pretzl hatte seine Hauptordination zwar in Hartkirchen, seine Zweitordination war jedoch gleich neben dem Haus von Dr. Dienstl in den Räumlichkeiten des Gasthauses Gries- mayr angesiedelt.201 Lange dauerte seine Amtszeit jedoch nicht an. Denn schon am 31. März 1939 kündigte Pretzl aus gesundheitlichen Gründen die Stelle als Gemeindearzt202 und die Kreisärzteführung setzte Dr. Josef Sommer aus Münzkirchen als Gemeindearzt für Hartkirchen und Aschach ein. Dieser wollte zunächst auch einen zahnärztlichen Dienst ausführen, der jedoch vom Bürgermeister Karl Wagner aus Aschach strikt abge- lehnt wurde, da diese Tätigkeit den Pg. Reinhold schädigen würde, der seinerseits Zahn- techniker war. Darüber hinaus erfährt man, dass Reinhold ein „Illegaler“ gewesen sein muss, da er schon in der „Systemzeit“ mit Problemen zu kämpfen hatte und Wagner neben dem Bürgermeisteramt in Aschach auch noch den Posten als Ortsgruppenleiter von Hartkirchen über hatte.203 Aber schon am 26. August 1939 musste Dr. Dienstl er- neut als Gemeindearzt einspringen, da Dr. Sommer in den Militärdienst einberufen

196 Vgl. Oberösterreichische Stärke- und Chemische Industrie Gesellschaft m. b. H., 50 Jahre Stärkefabrik Aschach, S. 14 f. 197 Vgl. Interview mit Herrn Stefan Paschinger; Gemeindeamt Aschach a. d. D., Sch. Wehrangelegenhei- ten 1938-1945, Mappe Wehrangelegenheiten 1938/1945, Zl. 29 Res./38, Auskunft über Herrn Dr. Dienstl vom 26. August 1938. 198 Ebd. 199 Privatarchiv von Frau Dr.in Dienstl, Zl. IV 832/1, Entzug der Gemeindearztstelle vom 31. Mai 1938. 200 Privatarchiv von Frau Dr.in Dienstl, Entzug der Kassenzulassung durch die Arbeiterkrankenkasse für Oberösterreich vom 31. Oktober 1938. 201 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl. 202 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 500 Gesundheitsverwaltung, Mappe 500/5 Gemeindearzt, Zl. 834/39, Kündigung der Gemeindearztstelle vom 31. März 1939. 203 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 500 Gesundheitsverwaltung, Mappe 500/5 Gemeindearzt, Zl. 1556/39, Bitte des Bürgermeisters an den Kreisärzteführer vom 24. Juni 1939.

44 wurde.204 Nach seinem Dienst übernahm Dr. Sommer jedoch wieder die Stelle als Ge- meindearzt und führte sie bis zum Kriegsende fort. Ein Aspekt, der hier noch angemerkt werden soll, ist die Tatsache, dass Aschach als Sanitätsgemeinde am 23. Jänner 1942 eine starke Aufwertung erfahren hat, indem vom in Oberdonau das Gebiet der Sanitätsgemeinde Hartkirchen auf Aschach übertragen wurde mit der Be- gründung, dass Aschach in wirtschaftlicher Hinsicht und mit Blick auf die Bevölke- rungsdichte eine bessere Zentrale sei.205 Nach dieser Umstellung war es somit für den ehemaligen Gemeindearzt nur mehr im privaten Bereich möglich Patienten zu betreuen. So konnte Dr. Dienstl beispielswei- se Nahrungsmittel von den Patern des Franziskanerklosters in der Gemeinde Pupping als Zahlungsmittel für seine ärztlichen Dienste beschaffen. Oftmals hat er aber auch die Armen kostenlos behandelt.206 Im Zuge des Entzuges der Gemeindearztstelle wurde Dr. Dienstl auch die Tätigkeit als Dentist streitig gemacht. Ein Schreiben, das die Berufstä- tigkeit Dienstls hier einschränken sollte, kam von Hofrat Adolf Eigl207, der nach Kriegsende von der amerikanischen Besatzungsmacht interimistisch zum Landeshaupt- ernannt wurde.208 Dieses Schreiben zeigt also einwandfrei die nationalsozialisti- sche Vergangenheit Eigls auf und die Rechtmäßigkeit seiner Absetzung und Internie- rung im Lager Glasenbach. Mit der Absetzung von Dr. Dienstl war es um seinen ärztli- chen Dienst jedoch nicht geschehen. Neben der privaten Behandlung wurde er auch für die Behandlung von Flüchtlingen, die teils in der Volksschule und im Faustschlössl un- tergebracht waren, herangezogen. So musste Dr. Dienstl die ärztliche Behandlung für die Flüchtlinge aus dem Banat übernehmen209, die in der Volksschule untergebracht waren.210 Eine weitere Tätigkeit, die Dr. Dienstl in der NS-Zeit übernehmen musste, stellte die ärztliche Unterstützung bei Krankheitsfällen im RAD Lager Pesenbach dar. Ein Beleg dafür ist ein Schreiben des Bürgermeisters von Krummau, der Dr. Dienstl

204 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 500 Gesundheitsverwaltung, Mappe 500/5 Gemeindearzt, Zl. 2082/Sanität, Berufung zur vorläufigen Gemeindearztstelle in Aschach vom 26. August 1939. 205 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 500 Gesundheitsverwaltung, Mappe 500/5 Gemeindearzt, Zl. IIIa/M 1 – 2334/3 - 1941, Auflassung der Sanitätsgemeinde Hartkirchen vom 23. Jänner 1942. 206 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl. 207 Privatarchiv Frau Dr.in Dienstl, Entzug der Zulassung als Kassenzahnarzt vom 21. April 1941. 208 Vgl. Schuster, Politische Restauration, S. 159. 209 Obwohl in dem Schreiben nicht erwähnt wird, dass es sich um Flüchtlinge aus dem Banat handelt, kann nur diese Gruppe gemeint sein, da das Datum mit der Ankunft der Flüchtlingswelle übereinstimmt. Siehe hierzu auch den Abschnitt über das Schulwesen in Aschach. 210 Gemeindeamt Aschach a. d. D., Sch. 500 Gesundheitsverwaltung, Mappe 500/5 Gemeindearzt, Zl. 500/5, Auftrag zur gesundheitlichen Betreuung der Flüchtlinge vom 10. Oktober 1944.

45 bittet, seine Tochter im Lager Pesenbach zu untersuchen und sie quasi krank zu schrei- ben.211 Des Weiteren berichtet Frau Dr.in Dienstl von Hausdurchsuchungen von der GESTAPO. Sie suchten nach verbotener Literatur und Waffen, ohne jedoch großartig fündig zu werden. Die GESTAPO hat der Familie Dienstl zuerst angeboten, dass sie in den Warthegau212 übersiedeln soll, was Dr. Dienstl jedoch abgelehnt hat. Nach dieser Hausdurchsuchung gab es jedoch keine weiteren Maßnahmen der GESTAPO, die die Familie Dienstl direkt betroffen hat. Das bedeutet aber nicht, dass keine Überwachung im Sinne einer Bespitzelung stattgefunden hat. Daher war Dr. Dienstl sehr darauf be- dacht, wie er sich in der Öffentlichkeit äußerte. Diese Vorsichtsmaßnahmen gingen auch soweit, dass das Gästebuch, das die Familie für die Eintragung ihrer Gäste geführt hatte, nicht weiter fortgeführt wurde, um somit keine Hinweise auf Regimegegner ge- ben zu können. So war beispielsweise auch der spätere Linzer Bürgermeister Ernst Ko- ref zu Gast bei der Familie Dienstl.213 Obwohl Dr. Koref von der Gesinnung her gegen den Nationalsozialismus war und auch diverse Diskriminierungen aufgrund seiner jüdi- schen Abstammung dulden musste, überrascht ein Zitat Korefs nach Kriegsende, indem es heißt: „Machen wir einen dicken Strich unter das Ganze, sagen wir: Es war nichts!“214 Angemerkt sei hierbei, dass diese Aussage natürlich nur für jene Parteige- nossen, die aufgrund von Druck oder Existenzgefährdung der Partei beigetreten sind und sich keine großen Delikte zu Schulden haben kommen lassen, gelten sollte. Diese Entnazifizierungsstrategie Korefs versucht ein Bild zu generieren, indem einem Groß- teil der ÖsterreicherInnen eine Opferrolle spielte. Obwohl zweifelsohne nur die wenigs- ten mit den verheerenden Folgen der Aktivitäten des NS-Regimes rechnen konnten, darf jedoch auch die Tatsache nicht verborgen werden, dass durch eine Duldung des uner- wünschten Regimes, diesem eigentlich den Erhalt seiner Macht zugesichert wurde. Wie beschrieben, lebte die Familie unter ständiger Angst vor Beobachtung und Bespitzelung von außen. Frau Dr.in Dienstl berichtet hierbei von einer starken Abnei- gung der Eltern gegenüber dem NS-Regime, die soweit ging, dass sich Dr. Dienstl kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr vor die Tür getraut hat, um kein Op- fer von fanatischen Nazis zu werden.215 Vielleicht war es als Vorsorge für seine Familie

211 Privatarchiv Frau Dr.in Dienstl, Ansuchen des Bürgermeisters um Behandlung der Tochter vom 17. Juni 1942. 212 Dieser Gau lag in Ostpreußen am Fluss Warthe. 213 Vgl. Protokoll des Interviews mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl. 214 Schuster, Politische Restauration, S. 192. 215 Vgl. Protokoll des Interviews mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl.

46 gedacht, dass sich Dr. Dienstl im August 1938 für das Offizierskorps des Heeres be- warb. Dies geht aus einem Schreiben des Wehrbezirkskommandeurs vom 26. August 1938 an den Bürgermeister von Aschach a. d. D., Karl Wagner, hervor.216 In diesem Schreiben wird der Bürgermeister aufgefordert einen detaillierte Stellungnahme zur Person von Dr. Hans Dienstl abzugeben, der er auch umgehend nachkam. So schreibt dieser, dass Dr. Dienstl vor seiner Absetzung als Bürgermeister ein heißer Verfechter der Vaterländischen Front war. Auch der Heimatwehr gehörte er an, wurde jedoch von dieser wieder ausgeschlossen, da er öffentlich gegen Starhemberg auftrat. Sein Ansehen in der Bevölkerung wird aufgrund seiner Tätigkeiten bei Arbeitsbeschaffungsmaßnah- men als sehr gut bezeichnet. Auch über seine wirtschaftliche und familiäre Situation wird Auskunft erteilt. So wird beschrieben, dass Dienstl verheiratet war und vier Kinder hatte. Sein Vermögensstand konnte mit dem Besitztum von zwei Häusern in Aschach jedoch als gut bezeichnet werden. Was die Gesinnung von Dr. Dienstl betrifft, schreibt Wagner, dass ihm nichts Nachteiliges gegenüber der NSDAP nachgewiesen werden kann. Er hat niemandem größeres Leid zugefügt und auch sonst keine Straftaten began- gen. Wagner unterstützt Dienstl sogar, indem er schreibt, dass Dr. Dienstl manchmal gegenüber dem Führer der Vaterländischen Front aufgetreten ist, falls dieser in seinen Maßnahmen217 gegen die Nationalsozialisten zu weit ging. Mit dem Einvernehmen des wurde sogar für Dienstl interveniert, indem ein Ansuchen gestellt wurde, wo um eine Weiterbestellung Dienstls als Gemeindearzt gebeten wurde. Den Stellungnahmen von Fr. Dr.in Dienstl kann man entnehmen, dass dieser Zustand der Gemeindearztstelle während der NS-Zeit nicht von Dauer war. Sie bestätigt auch, dass das Ansuchen Dr. Dienstls um die Aufnahme in das Offizierskorps eine negative Ant- wort zur Folge hatte.218 Somit kann geschlussfolgert werden, dass trotz der eigentlich positiven Stellungnahmen des Bürgermeisters Karl Wagner, den Verantwortlichen für die Aufnahme von Soldaten das Risiko einer Aufnahme Dr. Dienstls zu hoch war. Mög- licherweise war der offene Charakter, der im Schreiben von Wagner erwähnt, wurde ein Grund dafür.

216 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. Wehrangelegenheiten 1938-45, Mappe Wehrangelegenheiten 1938/1945, Auskunft über Dr. Dienstl vom 26. August 1938. 217 Genauere Beschreibungen zu diesen Maßnahmen sind in diesem Schreiben leider nicht enthalten. Bedenkt man die grundsätzliche Abneigung Dienstls gegenüber den Nationalsozialisten, muss es sich jedoch um allgemeine Maßnahmen zur Sicherung der Menschenwürde gehandelt haben. 218 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl.

47 4.1.3 Volksabstimmung des 10. April 1938 in Aschach Mit dem Einmarsch deutscher Truppen begann in Österreich die Zeit des Natio- nalsozialismus. Eine erste Propagandaleistung die ihresgleichen sucht, kann der Volks- abstimmung zugeschrieben werden, die am 10. April 1938 durchgeführt wurde. Diese Volksabstimmung war geprägt von einem faktischen Ausschluss des Wahlgeheimnis- ses, des Verbots der Teilnahme jüdischer Staatsbürger, Einschüchterungen und Flüster- propaganda, sodass in den meisten Fällen Manipulationen gar nicht nötig waren. Die Propaganda führte soweit, dass ein Gefühl der Überwachung geschaffen wurde, bei dem Personen bei der Abstimmung außerhalb der Wahlkabinen öffentlich das „Ja“ Feld an- kreuzten um nicht auffällig zu werden.219 Diese Maßnahmen resultierten in einem Wahlergebnis von 99,83 Prozent für Oberösterreich bei einer Wahlbeteiligung von 99,86 Prozent.220 So wurde also am 10. April 1938 wie in ganz Österreich auch in Aschach über den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich abgestimmt. In Aschach wurde ein Ergebnis von 100 Prozent erreicht, bei einer Wahlbeteiligung von 100 Prozent, was 1.075 Stimmen entspricht.221 Es wurde oben schon gezeigt, wie ein solches Ergebnis trotz Gegner des Regimes zustande kommen kann. Vor allem die Flüsterpropaganda, die harte Strafen in den Raum stellte, falls jemand mit Nein stimmen sollte, wurde mehrmals als wichtiger Grund für das Ergebnis genannt. Diejenigen die öffentlich Nein sagen wollten, denen wurde auch schon einmal mit der Einlieferung in ein KZ gedroht. Des Weiteren gab es bei der Volksabstimmung immer wieder Personen, die offen ge- wählt haben, also nicht in der Wahlkabine. Somit war es auch schon verdächtig nur in die Wahlkabine zu gehen, denn man hätte ja mit „Nein“ stimmen können. Diese Ängs- tigung der Bevölkerung führte soweit, dass schon ein Fernbleiben der Volksabstimmung ein Verdächtigungsgrund gewesen wäre und die Person wohlmöglich mit Sanktionen hätte rechnen müssen.222 Abgesehen von diesen Maßnahmen zur Ängstigung der re- gimekritischen Bevölkerung wurden österreichweit teilweise auch durch Manipulation „perfekte“ Ergebnisse erzielt.223 In Aschach gibt es höchstwahrscheinlich keine Mani-

219 Vgl. Botz, Volksbefragung und Volksabstimmung, S. 236;240. 220 Ebd., S. 239. 221 Vgl. Deinhammer, Geschichte Aschachs, S. 55. 222 Vgl. Interview mit Herrn Stefan Paschinger; Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl; Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 761. 223 Vgl. Botz, Volksbefragung und Volksabstimmung, S. 239.

48 pulationen des Ergebnisses224, auch wenn dies nicht restlos ausgeschlossen werden kann.

Abbildung 6: Stimmzettel zur Volksabstimmung vom 10. April 1938225

Ist nun ein Wahlergebnis von 100 Prozent ein Anzeichen für eine außerordentlich hohe Zustimmung Hitlers in Aschach an der Donau? Promintzer schreibt hier von ei- nem „stolzen Ergebnis“226, da viele andere Gemeinden keine hundertprozentige Zu- stimmung als Ergebnis hatten. Es ist zwar schon richtig, dass es österreichweit viele Gemeinden gegeben hat, die ein Ergebnis von 100 Prozent verhindert haben, indem ihre BürgerInnen mit Nein gestimmt haben, nicht zur Wahl erschienen sind oder ungültig gewählt haben.227 Dass jedoch Aschach keine Ausnahme, sondern vielmehr eine unter vielen Gemeinden war, wo jeder Bürger und jede Bürgerin mit Ja gestimmt haben, kann mittels der damaligen Zeitungen und der Literatur belegt werden. So zeigt die Tagespost vom 11. April 1938 die Wahlergebnisse von 191 oberösterreichischen Gemeinden. Lei- der befindet sich Aschach, wie über die Hälfte der restlichen Gemeinden, nicht unter den Ergebnissen. Diese wurden auch in den weiteren Ausgaben nicht mehr nachgelie- fert. Der Auszug von 43 Prozent der insgesamt 444 oberösterreichischen Gemeinden zeigt jedoch eines nach einem kurzen Überblick auf. Unter der Bedingung, dass die Wahlergebnisse nicht wesentlich verfälscht worden sind, gab es eine Fülle von Ge-

224 Vgl. Interview mit Herrn Johann Eggerstorfer. 225 Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/57/Stimmzettel-Anschluss.jpg. 226 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 761. 227 Linzer Volksblatt vom 11. April 1938.

49 meinden, die vollständig für Hitler gestimmt haben. Genau gesagt sind das 82 Gemein- den oder rund 43 Prozent der dargestellten Gemeinden.228 Dieser hohe Grad an Zu- stimmung zieht sich über ganz Österreich. Beispielsweise konnte im Eisenstadt- Land keine einzige Nein-Stimme gezählt werden, was einer Zustimmung von 100 Pro- zent gleicht.229 Diese Rarität kann für die oberösterreichischen Bezirke nicht erkannt werden.230 Als Fazit kann man zusammenfassend sagen, dass Aschach eine unter vielen Gemeinden war, die vollständig für den Anschluss gestimmt haben. Das bezeugt natür- lich eine gewisse Effektivität der Propaganda und natürlich auch eine Zustimmung der Bevölkerung zu Hitler. Als Ausnahmeerscheinung oder Musterbeispiel kann die Markt- gemeinde jedoch aufgrund der Umstände nicht gesehen werden. Die Volksabstimmung hat aber dennoch einen gewissen Enthusiasmus bei den Aschacher Nationalsozialisten und Gemeindebeamten gebracht. Denn in der ersten kon- stituierten Sitzung des Gemeinderates nach der Volksabstimmung am 26. April 1938 um 16:00 Uhr wurde als eine der ersten Maßnahmen die Adaption von Ehrenbürger- schaften beschlossen. So wurden die damaligen Ehrenbürger Fürst Starhemberg, Lan- deshauptmann Gleißner und Bezirkshauptmann Hodl von der Liste der Ehrenbürger getilgt. Im Gegenzug wurde Adolf Hitler als neuer Ehrenbürger ernannt. 231 Diese Ver- leihung der Ehrenbürgerschaft wurde direkt an Hitler selbst gerichtet, der in einem Antwortschreiben seinen besten Dank ausspricht und Aschach eine erfolgreiche Zukunft wünscht. Blickt man auf das Datum des Schreibens, so kann man erkennen, dass dieses erst rund ein Jahr nach dem Angebot der Ehrenbürgerschaft persönlich erwidert wur- de.232 Dies zeigt die Belanglosigkeit dieser Auszeichnung für Hitler. Außerdem wirkt sein Schreiben wie ein vorgefertigtes Muster, wo nur der Ort ausgetauscht werden muss.

4.1.4 Das System der „Wohnraumbeschaffung“ in Aschach Schon am 2. Februar 1942 wird laut einem Ansuchen bei der Gauselbstverwaltung um Zuschüsse für Planungsarbeiten im Bereich des Wohnungsbaues eine stark steigen- de Tendenz der Bevölkerung durch den wirtschaftlichen Aufschwung der Industrie er-

228 Ebd. 229 Vgl. Botz, Volksbefragung und Volksabstimmung, S. 239 230 Linzer Volksblatt vom 11. April 1938 231 Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 26. April 1938. 232 Vgl. Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 2, S. 112.

50 sichtlich.233. Diese Aussage deckt sich beispielsweise mit einem Schreiben des Was- serstraßenamtes Linz/Donau234, in dem festgehalten wird, dass für die Gefolgschaft des Wasserstraßenamtes in der Außenstelle Aschach/Donau die dringend benötigten Werk- wohnungen zu schaffen sind. Hierbei ist von der Wasserstraßendirektion in Wien eine Verfügung erlassen worden, in der die Gemeinde Aschach a. d. D. aufgefordert wird, schnellstmöglich einen Wirtschafts- und Bebauungsplan auszuarbeiten und anschlie- ßend die benötigten Wohnungen zu bauen. Und diese Wohnungen dürften auch drin- gend in Aschach benötigt worden sein, glaubt man den Aufzeichnungen des Zeitzeugen und Marktchronisten dieser Zeit Johann Deinhammer. Dieser beschreibt den Wirt- schaftsaufschwung in der Strombauleitung am 14. April wie folgt: „Es beginnt die Ar- beitsschlacht. Die Zeit der Arbeitslosigkeit ist vorbei. In der Strombauleitung finden 130 Mann Beschäftigung.“235 Es verwundert somit nicht, dass eine Fülle von Wohnun- gen für die Arbeiter notwendig war. Tatsächlich wurden auch 30 Werkwohnungen in Aschach geplant, die als zweistöckige Häuser gebaut werden sollten mit einer Aufnah- mekapazität von jeweils vier bis fünf Familien.236 Somit würde sich eine Gesamtfamili- enzahl von 120 bis 150 ergeben, die sich mit den Ausführungen zu den Arbeitern der Strombauleitung sehr gut deckt und die Richtigkeit belegt. Die Wohnungsnot in Aschach verschlimmerte sich jedoch noch erheblich, da in Aschach zusätzlich noch mit der Aufnahme von Bombenflüchtlingen aus Krefeld am Rande des Ruhrgebietes begonnen wurde, von denen im Jahre 1943 in einer ersten Wel- le 60 Personen zugewandert sind und in einer zweiten Welle weitere 30 Personen Schutz in Aschach gesucht haben.237 Diese Zahl wird auch vom Bürgermeister am 7. September 1943 bestätigt, wenn dieser schreibt, dass 43 umquartierte Familien in Aschach aufgenommen wurden, die insgesamt aus 88 Personen bestanden.238 Je länger der Krieg dauerte und je mehr Flüchtlinge Aschach aufnehmen musste, desto ange- spannter wurde die Wohnungslage in Aschach. Somit blieb nur mehr die Möglichkeit der Beschlagnahmung bzw. Enteignung von Wohnungen bzw. Grundstücken aufgrund

233 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 611 Bebauungspläne und Baufluchtlinien, Mappe Gesamtbe- bauungsplan (Generalregulierungsplan), Teilbebauungspläne, Ausweisung von Baugebieten, Zl. 611/1, Ansuchen um Zuschüsse für Planungsarbeiten vom 26. Februar 1942. 234 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 611 Bebauungspläne und Baufluchtlinien, Mappe 610/1 Raumplanung, Wirtschaftsplan, Allgemeines, Zl. 242/42 W-A, Bau von Werkwohnungen für die Gefolg- schaft des Wasserstraßenamtes Linz – Außenstelle Aschach vom 19.1.1942. 235 Deinhammer, Geschichte Aschachs, S. 55. 236 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 610/1 Raumplanung, Mappe 610/1 Raumplanung, Wirt- schaftsplan, Allgemeines, Zl. 386/42 W-A Wohnungsbauten in Aschach vom 31. Jänner 1942. 237 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 773. 238 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 722/1 Wirtschaftsverwaltung, Mappe 722/1 Wirtschaftsver- waltung, Umquartierte Familien aus den luftgef. Gebieten vom 7 September 1943.

51 des Reichswohnungsanforderungsgesetzes und der Ortssatzung über die Wohnraumer- fassung, die auf Verordnung des Reichsstatthalters als Gauwohnungskommissar erlas- sen wurde.239 Dass diese Wohnungsfreigaben im Zeichen der Wohnungsnot standen, kann aus den vielen verschiedenen Fällen des Wohnungsentzuges einerseits240 und an- dererseits auch aus den Ablehnungsschreiben des Bürgermeisters zu frei gewordenen Wohnungen an verschieden Parteien abgelesen werden.241 In dem zitierten Beispiel der Ablehnungsschreiben vom 3. Februar 1944 zeigt sich die Wohnungsnot auch in Zahlen. Genauer gesagt wurden zu diesem Zeitpunkt insgesamt 25 Wohnungen in Aschach be- nötigt, wobei einige AschacherInnen schon längere Zeit auf die Wohnungen gewartet haben sollen. Dieser Umstand führte schließlich zur Ablehnung dieser Anfrage aus Steyr. Wie in den Ausführungen zur Mittelbeschaffung des Gau Oberdonau gezeigt, wurde mit regimekritischen Adeligen wenig zimperlich umgegangen. Eine direkte Ent- eignung gab es in Aschach nicht, eine Beschlagnahmebefugnis eines Teils des Schlos- ses Aschach aber sehr wohl. Dies ist jedoch insofern interessant, da im November 1939 noch in einer geheimen Nachricht an den Bürgermeister stand, dass die Inanspruchnah- me von Schlössern für Lagerungen soweit es geht zu vermeiden sind.242 Dennoch muss- te die Frau Baronin Alice Dreihann am 18. Oktober 1943 den Haupt- und östlichen Sei- tentrakt des Schlosses zu Gunsten des XVII. Luftgaukommandos Wien räumen. Eine Einquartierung von Personen wurde jedoch nicht vorgenommen, sondern lediglich die Aufbewahrung von Kunstgegenständen und kriegswichtigen Gegenständen. Wie jedoch aus dem Schreiben ersichtlich ist, bemüht sich die Kreisleitung, einen wohlwollenden Ton anzuschlagen, was auf ein besseres Verhältnis als im oben gezeigten Fall Schwar- zenberg schließen lassen dürfte.243 Alleine im Zeitraum vom 2. Juni bis 16. September 1943 wurden in Aschach von 32 Personen 43 Zimmer beschlagnahmt.244 Dieses System

239 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 773. 240 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 620 Wohnungswesen, Mappe 620/1 Wohnungsnachweis, Anmeldung freiwerdender Wohnungen, Wohnungstausch. 241 Vgl. als Beispiel Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 620 Wohnungswesen, Mappe 620/1 Woh- nungsnachweis, Anmeldung freiwerdender Wohnungen, Wohnungstausch, Ablehnung der Wohnungs- anfrage des Bürgermeisters an das Kreisstabsamt der NSDAP in Steyr vom 3. Februar 1944. 242 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. Wehrangelegenheiten 1938-1942, Mappe Wehrangelegenhei- ten 1938-1942, Zl. I/c-212, Inanspruchnahme von Schlössern zur Einlagerung vom 2. November 1939. 243 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 620 Wohnungswesen, Mappe 620/1 Wohnungsnachweis, Anmeldung freiwerdender Wohnungen, Wohnungstausch, Zl. L/III/m – 353, Beschlagnahmeverfügung des Landrates des Kreises Grieskrichen an Frau Baronin Alice Dreihann vom 18. Oktober 1943. 244 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 620 Wohnungswesen, Mappe 620/1 Wohnungsnachweis, Anmeldung freiwerdender Wohnungen, Wohnungstausch, Liste der beschlagnahmten Wohnungen aufgrund des Reichsleistungsgesetzes.

52 der „Wohnraumbeschaffung“ funktionierte jedoch nicht bei allen BürgerInnen in Aschach. Zwei markante Beispiele sollen hier als Veranschaulichung für die Gegen- wehr der BürgerInnen gegen das erwähnte nationalsozialistische System dienen – der Fall Grünlicht245 und der Fall Menschick. Elisabeth Grünlicht bewohnte in Aschach an der Donau Haus Nr. 121 eine 5- räumige-Wohnung, die sie nach dem Tod ihrer Ziehmutter am 22. Jänner 1945 über- nommen hat. Wie Reinhold argumentierte war in seiner Amtszeit eine starke Woh- nungsnot vorhanden. Somit versuchte er jede geeignete freie Wohnung für die Bomben- flüchtlinge und die GemeindebewohnerInnen zu ergattern. Elisabeth Grünlicht jedoch weigerte sich die Wohnung zu wechseln, ganz zu schweigen von der Aufgabe ihrer Wohnung. Zunächst hatte Reinhold den Verdacht der volljüdischen Zugehörigkeit Grünlichts. Somit versuchte er Frau Grünlicht in eine Anstalt einweisen zu lassen, da er sie sowieso nicht für ganz zurechnungsfähig, geistig minderwertig und arbeitsfaul hielt. Reinhold betonte dabei, dass unter „Anstalt“ kein KZ, sondern eine Fürsorgeeinrichtung wie die Leumühle gemeint war.246 Grünlichts Glück jedoch war, dass sie nur eine „Halbjüdin“ war und somit eine einfache Enteignung nicht möglich war. Dies gab auch die GESTAPO in einer Mitteilung an den Bürgermeister bekannt. Bis zur Tatsache der endgültigen Räumung der Wohnung durch die Gemeinde wurde Elisabeth Grünlicht nach eigenen Aussagen verbal sehr gehässig angegriffen, was an ihrer Gegenwehr und an ihrer Abstammung gelegen hat sein können. Nach der Räumung der Wohnung wur- den ihr keine weiteren Schwierigkeiten von Seiten der Gemeindeleitung gemacht. Im zitierten Akt wurde nun beurteil, ob es sich hier um den Tatbestand einer Denunziation handelt. Das Landesgericht Linz ist nicht zu diesem Schluss gekommen und hat Rein- hold freigesprochen. Der Fall zeigt dennoch die harte Vorgehensweise der Gemeinde- führung gegenüber Privatvermögen, das in den öffentlichen Dienst gestellt werden soll- te. Obwohl in den Zeugenaussagen allgemein hervorkommt, dass Reinhold ein sehr forsches Benehmen hatte, darf trotzdem behauptet werden, dass der Umstand, keine Arierin zu sein, sicherlich nicht positiv auf die Umgangsweise mit Elisabeth Grünlicht wirkte. Ein zweiter Fall, der ein ähnliches Bild wie bei Grünlicht liefert, ist die Zwistig- keit mit Fritz Menschick. Nach dem Tod seiner Mutter im Hause Menschick wurde eine

245 Vgl. für den ganzen Abschnitt über Elisabeth Grünlicht OÖLA, Sondergerichte Linz, Sch. 40, Zl. 1749/46. 246 Aufgrund des Umstands, dass er Grünlicht für eine Volljüdin hielt darf diese Aussage vor dem Be- zirksgericht stark angezweifelt werden.

53 kleine Wohnung frei, die der Bürgermeister Frau Studener zuteilen wollte.247 Deshalb erging am 17. September 1943 an Herrn Menschick ein Bescheid der Marktgemeinde Aschach von Bürgermeister Reinhold, indem Menschick zur Räumung dieser Wohnung im Haus 55 aufgefordert wurde.248 Fritz Menschick nutzte jedoch die Frist zur Einrei- chung einer Beschwerde und erklärte am 28. September, dass er die Wohnung dringend benötigen würde und brachte einen dementsprechenden Einwand eingebracht. Diesen führte er in einem Schreiben249 bis zum Landkreis weiter, wo er nochmals die Umstände beschrieb, wieso es nicht legitim sei, seine Wohnung zu beschlagnahmen. Interessant ist darin die Ausführung zur Wohnungsnot in Aschach. Er behauptet nämlich, dass in Aschach überhaupt keine Wohnungsnot existiere. Dies impliziert eine willkürliche Räumung der Wohnungen durch den Bürgermeister. Des Weiteren nennt er Häuser, wo mehr Wohnungen frei sind als das bei ihm der Fall sei. Hier werden die Personen Kaufmann Pg. Rudolf Stiefler, Pg. Moser und Pg. Wilhelm Ettl, sowie Spediteur Franz Schaller und Wohnungen der Volksschule Aschach zitiert. Hier dürfte offensichtlich ein Schwerpunkt auf Parteigenossen der NSDAP gesetzt worden sein. Schaller kann hierbei nicht als Parteigenosse gelten, da er zu Beginn der Machtübernahme in „Schutzhaft“ genommen wurde als Anhänger der Vaterländischen Front. Auf dieses Schreiben ant- wortete der Bürgermeister mit einer Gegendarstellung der Umstände aus seiner Sicht. Hierbei betont er besonders die falsche Darstellung Menschicks in Bezug auf die Woh- nungsnot und macht Erläuterungen zu den einzelnen Häusern der Personen die Men- schick angeführt hat. Als Conclusio berichtet Reinhold, dass die Behauptungen Men- schicks eine komplette Falschdarstellung seien und weitere Verhandlungen mit Men- schick durch den Landrat werden vom Gemeinderat abgelehnt.250 Schließlich wird vom Landrat des Kreises Grieskirchen am 17. November 1943 festgelegt, dass Menschick die Wohnung frei machen muss. Als Begründung wird die akute Wohnungsnot ge-

247 Gemeindearchiv Aschach a. d. D, Sch. 620 Wohnungswesen, Mappe 620/1 Wohnungsnachweis, An- meldung freiwerdender Wohnungen, Wohnungstausch, Wohnungsanforderung Menschick vom 11. November 1943. 248 Gemeindearchiv Aschach a. d. D, Sch. 620 Wohnungswesen, Mappe 620/1 Wohnungsnachweis, An- meldung freiwerdender Wohnungen, Wohnungstausch, Abschrift der Wohnungsanforderung des Bür- germeisters an Fritz Menschick vom 17 September 1943. 249 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 620 Wohnungswesen, Mappe 620/1 Wohnungsnachweis, Anmeldung freiwerdender Wohnungen, Wohnungstausch, Zl. 235/43, Abschrift der Stellungnahme von Fritz Menschick an den Landrat in Grieskirchen vom 30. November 1943. 250 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 620 Wohnungswesen, Mappe 620/1 Wohnungsnachweis, Anmeldung freiwerdender Wohnungen, Wohnungstausch, Schreiben des Bürgermeisters Reinhold an den Landrat in Grieskirchen vom 20. Dezember 1943.

54 nannt.251 Somit zeigt sich, dass das Rechtsmittel des Einspruchs in den Fällen der Wohnraumbeschaffung nur eine Worthülse war und keine richtige Möglichkeit sein Privatvermögen zu verteidigen. Die beiden beschriebenen Fälle sollen zeigen, mit wel- chen Mitteln Wohnräume in der Zeit der Wohnungsnot, die um ca. 1942 eingesetzt hat und bis 1945 aufgrund von Flüchtlingsbewegungen und wirtschaftlicher Steigerung bestanden, in Aschach beschafft wurden.

4.2 Kultur in Oberösterreich und Aschach

Um die nationalsozialistische Ideologie in den Köpfen der Menschen zu veran- kern, wurde auch im kulturellen Bereich jedes mögliche Mittel ausgeschöpft, um den BürgerInnen die nationalsozialistische Idee zu oktroyieren. Hierbei gibt es natürlich viele verschiedene Facetten des kulturellen Lebens, die dargestellt werden könnten. Un- ter den wichtigsten Aspekten des Kulturbereiches fallen bestimmt das Erziehungswe- sen, Feste und Feierlichkeiten. Diese Punkte sollen in der Folge diskutiert und auch für Aschach analysiert werden.

4.2.1 Schule im Nationalsozialismus Das nationalsozialistische Regime hatte sehr schnell erkannt, dass die Schule ein wichtiger Aspekt in der ideologischen Durchdringung der Kinder darstellte und somit einen Schwerpunkt in den Handlungen haben musste.252 So wurden nach der Macht- übernahme der NSDAP im Deutschen Reich bei einem Treffen zwischen dem deut- schen Kultusminister mit dem Reichsinnenminister Dr. Wilhelm Frick schon früh die Weichen für die spätere Bildungspolitik gestellt.253 Die grundsätzliche Stoßrichtung der Bildungspolitik der NSDAP ging ganz klar in Richtung Ausbildung für den späteren Kriegseinsatz. Alle anderen Formen von Bildung, beispielsweise die geisteswissen- schaftliche Form der Bildung, spielte in den Reihen der NSDAP keine Rolle. Hitler selbst untermauert diese These in seinem Werk „Mein Kampf“, indem er schreibt: „Die ausschließlich geistige Einstellung unserer Bildung in den oberen Schichten macht diese unfähig in Zeiten, in denen nicht der Geist, sondern die Faust entscheidet, sich auch nur

251 Gemeindearchiv Aschach a. d. D, Sch. 620 Wohnungswesen, Mappe 620/1 Wohnungsnachweis, An- meldung freiwerdender Wohnungen, Wohnungstausch, Zl. L/IV-20/43, Entscheidung in der Sache Men- schick vom 17. November 1943. 252 Vgl. Hanisch, Nationalsozialistische Herrschaft in der Provinz, S. 89. 253 Vgl. Dohle, Schule im Linz der NS-Zeit, S. 907.

55 zu erhalten, geschweige denn durchzusetzen.“254 Diese Tendenz zur körperlichen Nut- zung der Bildung, wurde auch durch die Grundeinstellung der Auslese fortgeführt. Da- bei können vier Arten der Auslese unterschieden werden, die einen wesentlichen Ein- fluss auf die Möglichkeiten der Kinder hatten:255

 Körperliche Auslese  Charakterliche Auslese  Geistige Auslese  Völkische Auslese

Mit diesen vier Arten der Auslese konnte das nationalsozialistische Schulwesen sicherstellen, dass nur jene Kinder schulischen Erfolg hatten, die nicht nur geistig und charakterlich ordentliche Leistungen zeigten, sondern auch im Hinblick auf die völki- sche Abstammung, sprich Arier oder nicht Arier, und der körperlichen Leistungsfähig- keit aufzeigen konnten. Es wurde also in der nationalsozialistischen Schule wesentliches Augenmerk auf die rassische Reinhaltung und körperliche Leistungsfähigkeit gelegt. Dies zeigt sich auch am Unterricht, wo Vererbungs- und Rassenkunde einen Kernpunkt darstellte und auch eine Art fächerübergreifende Rassenlehre stattgefunden hat.256 Auch der Turnunterricht war speziell darauf ausgerichtet, den Kindern eine Willens- und Cha- rakterschulung zu bieten und schon früh bestimmen zu können, wer für militärische Führungsfunktionen geeignet ist.257 Eine scharfe Trennung innerhalb der Schule gab es auch zwischen Buben und Mädchen. Bei den Buben stand die künftige Rolle als Soldat im Vordergrund, während bei den Mädchen die Erziehung zur deutschen Frau und Mut- ter erste Priorität hatte.258 Kinder nicht arischen Ursprungs hatten hierbei mit Denunzia- tionen zu rechnen und wurden im Laufe der Zeit auch gesetzlich von Bildungsinstituti- onen verbannt. Einschränkungen gab es jedoch auch für Lehrer mit nicht arischer Ab- stammung. Diese wurden sofort aus dem Schuldienst entfernt und konnten, wenn über- haupt, noch eine Stelle an den neu eingerichteten „Judenschulen“ finden.259 Aus organisatorischer Sicht war die erste Aktion nach dem Anschluss der Aus- tausch von Lehrpersonal, das nicht zur Ideologie passte oder konträr zum Regime stand.

254 Hitler, Mein Kampf, S. 277. 255 Dohle, Schule im Linz der NS-Zeit, S. 909. 256 Vgl. Keim, Erziehung, S. 16. 257 Vgl. Huber/Prestel, Unterrichtsführung, S. 33. 258 Vgl. Dohle, Schule im Linz der NS-Zeit, S. 908. 259 Vgl. ebd., S. 910; 913.

56 Lehrer, die nicht entlassen wurden, jedoch aus Sicht der NSDAP noch nicht ideologisch gefestigt waren, mussten ein sogenanntes Umschulungslager besuchen, das diese Män- gel beheben sollte. Besonders traf dies katholische Lehrer. Generell wurde das katholi- sche Schulwesen unterdrückt und die Bildungsmöglichkeiten Schritt für Schritt einge- schränkt.260 Man kann zweifelsohne eine Ausschaltung des konfessionellen Schulwe- sens und jeglichen religiösen Unterricht als Teilziel des nationalsozialistischen Bil- dungswesens sehen.261 Als nächstes wurden die Jugendorganisationen Hitler Jugend und Bund deutscher Mädel etabliert. Die Hitler Jugend ist als eine Art allgemeiner Ju- gendverband des Staates aufzufassen, der die gesamte Jugenderziehung außerhalb des Elternhauses zugeteilt wurde.262 In Abbildung 7 ist die Organisationsstruktur der Hitler Jugend dargestellt. Die Hitler Jugend ist dabei die Kopfinstitution, die sich in HJ und BDM gliedert. Innerhalb dieser wird wiederum nach dem Alter unterschieden. Hier fin- den sich bei der HJ das Jungvolk und die eigentliche HJ selbst für die Knaben. Bei den Mädchen gab es drei Jugendorganisationen, den Jungmädelbund, den BDM selbst und Glaube und Schönheit, wiederum nach dem Alter gereiht.

Hitler Jugend

HJ BDM

Deutsches Glaube und HJ Jungmädelbund Jungvolk Schönheit (14-18 Jahre) (10-14 Jahre) (10-14 Jahre) (18-21 Jahre)

BDM (14-18 Jahre)

Abbildung 7: Organisationsstruktur der Jugendorganisationen263

Die Organisation innerhalb der Gruppen war, wie generell im nationalsozialisti- schen System, auf einen Führer bezogen. Es gab also beispielsweise einen HJ-Führer,

260 Vgl. Hanisch, Nationalsozialistische Herrschaft in der Provinz, S. 91 f. 261 Vgl. Dachs, Schule in der „Ostmark“, S. 455 f. 262 Vgl. Klamroth, Schulverwaltung, S. 52. 263 Quelle: eigene Darstellung nach Dohle, Schule im Linz der NS-Zeit, S. 920.

57 der die Angelegenheiten der Organisation regelte.264 Eine Pflicht zum Beitritt in die HJ gab es anfangs noch nicht. Jedoch wurde durch Propaganda ein erheblicher Druck zum Beitritt in die Organisation aufgebaut. Dieser Druck wurde durch die Pflichtmitglied- schaft ab dem 25. März 1938 noch wesentlich verstärkt. Einmal in der HJ wurden die Kinder vorwiegend bei Aufmärschen und Feiern, sowie im Laufe des Krieges bei allfäl- ligen Sammelaktionen z.B. für Metall eingesetzt265 Aber nicht nur bei Sammelaktionen wurden die Jugendorganisationen im Krieg eingesetzt. 1943 wurden sogar Kinder als „Flak- und Luftwaffenhelfer“ bei der Luftwaffe herangezogen.266 Die Jugendorganisati- onen spielten aber auch bei der Kulturarbeit eine tragende Rolle. So befasste sich der BdM mit Musik-, Werk- und Spielarbeit, sowie Fest-, Feier- und Freizeitgestaltung.267 Während des Krieges wurden aber auch die Schulgebäude selbst oftmals als Kriegsmit- tel herangezogen. Es wurden die Schulen teilweise als Quartiere für Soldaten oder nati- onalsozialistische Organisationen benutzt. Auch die Aufnahme von Flüchtlingen und Obdachlosen war eine Möglichkeit, für die das Schulgebäude genutzt wurde.268 Wie im restlichen Österreich wurden auch in Aschach die Jugendgruppierungen HJ und BDM gebildet. Daneben bestanden auch die Institutionen für die jüngeren Kin- der – Jungmädel und Deutsches Jungvolk. Rudolf Breit war der HJ-Führer. Auch für die richtige Bekleidung der Jugend wurde gesorgt, indem Uniformen für die Gruppierung Deutsches Jungvolk aus eigenen Mitteln angeschafft wurden, obwohl der Haushalt der Gemeinde Aschach alles andere als positiv bezeichnet werden konnte.269 Dennoch dürf- te für Parteiangelegenheiten, besonders wenn es um die Jugend ging, das nötige Geld aufgetrieben worden sein. So wurde auch überlegt, das Haus des Meisterkrankenvereins anzuschaffen, um darin ein HJ Heim zu errichten.270 Anstatt ein eigenes Haus zu erwer- ben, hat sich der Gemeinderat jedoch am 6. Februar 1942 dazu entschlossen, das HJ- Heim im alten Turnsaal des Gemeindehauses einzurichten. Dafür wurden Kosten i.H.v. rund 2.000 RM fällig, die sich zu 50 % auf die Gemeinde und 50% auf den HJ Bann verteilten.271 Die Arbeiten haben sich u.a. aufgrund der schwierigen Ressourcenlage bis

264 Vgl. Schirach, Die Hitlerjungend, S. 67. 265 Vgl. Dohle, Schule im Linz der NS-Zeit, S. 920 f; S. 926. 266 Vgl. Kutschera, Fliegerangriffe, S. 257 f. 267 Kinz, Bund Deutscher Mädel, S. 160, 164 f. 268 Vgl. Dohle, Schule im Linz der NS-Zeit, S. 928 f. 269 Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 9. Juni 1939. 270 Ebd. 271 Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 6. Februar 1942.

58 in den Herbst desselben Jahres hinausgezögert.272 In der Zeit, als die HJ noch nicht Pflicht war, gab es dennoch einen gewissen Druck, dieser beizutreten. So erzählt Frau Paschinger von ihrem Bruder Max Turner, der hier mit diesem Druck zurecht kommen musste und erläutert des Weiteren den Ablauf der Stellung bei ihrem Bruder. Bei dieser wurde ihm nämlich ein Zettel vorgelegt, den es zu unterschreiben galt. Er erkannte, dass der Zettel, auf dessen einer Hälfte eine Liste zur Eintragung abgebildet war, gefaltet war. Um sich ein besseres Bild zu machen klappte er ihn auf und las, dass diese Liste nichts anderes darstellte, als eine freiwillige Meldung zur Waffen-SS. Allein schon die Tatsache, dass er den Zettel vollständig gelesen hatte, brachte ihm unter den Vorgesetz- ten großes Misstrauen ein und endete in einer Abmahnung. Max Turner unterschrieb zwar nicht in der Liste, wurde daraufhin aber immer wieder unter Druck gesetzt, sich doch freiwillig zu melden und erfuhr auch eine gewisse Ausgrenzung.273 Auch in Aschach gab es die grundsätzlichen Stoßrichtungen des NS- Erziehungswesens. Beispielsweise waren die Jungmädel so aufgebaut, dass man viele Aktivitäten unternommen hat. Diese Aktivitäten waren oftmals eng mit der Schule ver- knüpft. Beispielsweise marschierten die Jungmädel einmal von der Volksschule Aschach, die in dieser Zeit noch auf dem Grundstück des heutigen Gemeindeamts ange- siedelt war, in den Schlosspark des Schlosses Aschach, wobei sie während des Mar- sches nationalsozialistische Marschlieder wie „Es zittern die morschen Knochen“ san- gen. Diese Lieder wurden in der Schule immer und immer wieder gesungen, was zur Folge hatte, dass sich diese bei den Zeitzeugen heute noch in den Köpfen verankert ha- ben.274 Nachdem die Mädchen im Schlosspark angelangt waren, wurden im Gegenstand Leibesübungen Läufe in der Lindenalle durchgeführt und verschiedene Ballspiele ge- macht. Generell waren die Sportarten Laufen, Weitspringen und Ballwerfen die Haupt- disziplinarten der Mädchen. Die Mitgliedschaft in den Jugendorganisationen war natür- lich verpflichtend. So musste auch Frau Dr.in Dienstl hier teilnehmen, obwohl ihr Vater politisch eine andere Haltung vertrat. Dennoch hat er kein Verbot an seine Kinder aus- gesprochen, unterstützt hat er die Organisationen jedoch nicht.275

272 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 722/1 Wirtschaftsverwaltung, Mappe 722/1 Wirtschaftsver- waltung, HJ-Heim Einglasung der Fenster vom 29. September 1942. 273 Vgl. Interview mit Herrn und Frau Paschinger. 274 Vgl. Interview mit Frau Stefanie Paschinger; Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl. 275 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl.

59 Durch die abwechslungsreichen Aktivitäten und den Kontakt mit vielen andern Kindern ergab sich dennoch ein gewisser Reiz, mit Freude an den Ju- gendorganisationen teilzunehmen. 277 In der Schule selbst wurden regelmäßig Fahnenappelle durchgeführt und dazu auch Fahnenlieder gesungen. Statt der Morgengebete hat man Lieder oder Ge- dichte für den Führer aufgesagt.278 Schulkinder nahmen auch bei Spenden-

aktionen für das Winterhilfswerk der Abbildung 8: Deutsches Jungvolk in Uniformen276 NSV teil. Mit Büchsen klapperten die Kinder die Häuser ab und warben im Gegenzug für Anhänger, kleine geschnitzte Mär- chenfiguren oder Abzeichen um Geld für Bedürftige, die im Winter Unterstützung brauchten. Diese Aktion ist ungefähr vergleichbar mit den heutigen Sammelaktionen des Roten Kreuzes.279 Das Winterhilfswerk setzte übrigens nicht nur Kinder zu Sam- melaktionen ein, sondern auch der Chor der Aschacher Liedertafel versuchte durch sei- ne Lieder Spenden von den AschacherInnen einzusammeln und diese für wohltätige Zwecke zur Verfügung zu stellen.280 Nachdem der Zweite Weltkrieg am 1. September 1939 in Aschach bekannt wurde, gab es auch hierfür eine Aktion der Schulkinder, wo Liebespakte im Sinne von Unterstützungspakten durch Schuljungen gesammelt wurden und diese dann an die Front weitergeleitet wurden.281 Es kam auch schon einmal vor, dass in der Schule Geländespiele und Märsche durchgeführt wurden. Auch die Unter- richtsliteratur wurde adaptiert und an die NS-Ideologie angepasst. So konnte man den Einfluss des Nationalsozialismus in fast jeder Stunde sehen, indem Sprüche aufgesagt oder nationalsozialistische Zeitschriften in der Lesestunde gelesen wurden. Auch Geo- grafie war sehr stark an den Führerpersonen ausgerichtet. Man lernte, wo die wichtigs-

276 Quelle: Gemeindearchiv Aschach a. d. D., einzelnes Foto im Ordner Erster Weltkrieg 1914-18, Zwi- schenkriegszeit, Zweiter Weltkrieg 1939-45. 277 Ebd. 278 Vgl. Interview mit Herrn Johann Eggerstorfer. 279 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl. 280 Vgl. Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 2, S. 136 281 Vgl. ebd., S. 123.

60 ten Führungspersönlichkeiten geboren wurden282 Die Lehrerin von Frau Dr.in Dienstl – Oberschulrat Theresia Guglmayr – wurde durch den Lehrermangel im Zuge der Wehr- diensteinzüge wieder als Volksschullehrerin reaktiviert. Bei ihr, wie auch bei allen an- deren LehrerInnen, konnte man nicht erkennen, ob sie dem Regime positiv oder negativ gegenüberstanden. Die LehrerInnen hielten sich diesbezüglich an die Vorschriften, die sie durchführen mussten und ließen sich zu keinen weiteren Äußerungen hinreißen.283 Beim BdM von Aschach mussten die Mädchen, ausgehend von der Schule, einen sogenannten Gesundheitsdienst machen. Dieser dauerte einen Monat. Für diese Zeit- dauer haben die Mädchen eine Freistellung von der Schule bekommen. In diesem Kurs lernten die Mädchen, wie man verschiedene Verletzungen verbinden kann und die not- wendigsten Erste-Hilfe-Maßnahmen anwendet. Natürlich war das eine Vorbereitung der NSDAP für die Zeit, wenn das Pflegepersonal in der Bevölkerung knapp wird und zu- sätzliche Arbeitskräfte in diesem Bereich benötigt werden. Johanna Holzleitner be- schreibt nach Aussage von Frau Dr.in Dienstl, dass sie diesen Kurs am Feuerkogel abge- legt hat. Diesem Kurs durften sich auch keine Mädchen entziehen. Was den Zeitpunkt betrifft, an dem der Kurs stattgefunden hat, so schätzt sie, dass es gegen Kriegsende gewesen sein dürfte.285 Das klingt logisch, da dieses Vorhaben sehr gut zum Konzept des „Totalen Krieges“ der deutschen Ideologie passt. In der Provinz dürfte sich auch ein anderer Beg- riff als Jungvolk für die Kindergruppe durchge- setzt haben, nämlich der Deutsche Junge, der im Alter von 6 bis 14 Jahren zu besuchen war.286 In den Abbildung 9: Skiausflug der HJ 1940 mit Wilhelm Eggerstorfer284

282 Vgl. Interview mit Herrn Karl Loipetsberger, das im Anhang in transkribierter Form vorliegt; obwohl Herr Loipetsberger während der NS-Zeit noch nicht in Aschach gelebt hat, können seine Ausführungen auch als Beispiel für die nationalsozialistische Bildungspolitik in der Provinz dienen und stimmen auch mit den Aussagen von anderen Zeitzeugen wie denen von Frau Dr.in Dienst und Aufzeichnungen dieser Zeit überein. 283 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl. 284 Quelle: Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 2, S. 119. 285 Ebd. 286 Die Organisation Deutsche Junge wurde von Herrn Eggerstorfer auch als „Pimpf“ in umgangssprachli- cher Form bezeichnet. Somit zeigt sich eine Begriffsvielfalt für ein und dieselbe Institution in der Provinz.

61 Jugendorganisationen für Knaben war die sportliche Ausrichtung essentiell. Sportliche Ertüchtigung war damals ein Muss. Als eines der zahlreichen Beispiele dient Abbildung 9, die einen Skiausflug der HJ im Jahre 1940 mit Wilhelm Eggerstorfer zeigt. Auf dem Foto sieht man die Truppe gerade durch die Abelstraße ziehen. Auf diesem und den weiteren Fotos im Gemeindearchiv ist eines auffällig – die zufriedenen Gesichter der Kinder. Sie wirken nicht, als ob sie gezwungen an den Veranstaltungen teilnehmen. Das streicht auch Herr Loipetsberger heraus, wenn er sagt: „Als Kind ist man in der NS Zeit beschäftigt worden.“287 Damit ist gemeint, dass die Kinder etwas zusammen unterneh- men und gemeinsam sportlich aktiv sein konnten, was für viele Kinder anscheinend ein schönes Erlebnis war. Diese Beschäftigung, wie es Loipetsberger nennt, zeigt sich auch in den Büchern, die unter der HJ ausgeteilt wurden. So wurden Taschenbücher vom Oberkommando des deutschen Heeres, das sogenannte „Schlaue Buch“ unter den Kin- dern und Jugendlichen ausgeteilt. In diesen wurden verschiedene Waffengattungen, Hilfsleistungen im Notfall und Wehrabzeichen beschrieben. Die Abzeichen, die man erringen konnte, wenn man gewisse Leistungen erbrachte, waren quasi eine vormilitäri- sche Ausbildung und sollten die Knaben auf das Soldatenleben vorbereiten.288 Die sportliche Ausbildung wird in dem Buch durch Zitate von Hitler und von Schirach wie- dergegeben. So heißt es von : „Körperliche Ertüchtigung ist keine Privatsache des einzelnen. Die nationalsozialistische Bewegung befiehlt dem ganzen Deutschen zu ihrem Dienst.“289 Nach der HJ oder dem BdM gab es für jene, die noch nicht in den Wehrdienst eingezogen wurden oder keine anderweitige Tätigkeit hatten, die Pflicht zum Dienst im Reichsarbeitsdienst (RAD). Dieser Dienst hatte vor allem die Aufgabe, die Versorgung sicherzustellen und die Infrastruktur wiederherzustellen. Das Aufgabenspektrum entwi- ckelte sich während des Krieges jedoch immer mehr zu einer Art Grundausbildung für die Wehrmacht, zumindest bei den Burschen. Man lernte die Eigenheiten des Heeres kennen und führte verschiedene Übungen wie das Zerlegen und Zusammenbauen einer Waffe durch.290 Teilweise mussten auch Arbeiten in Munitionsfabriken durchgeführt werden. Generell kann man sagen, dass beim RAD-Lager die Jugendlichen überall dort eingesetzt wurden, wo man sie brauchte, egal in welchem Tätigkeitsbereich. Das Einbe- rufungsalter lag bei ca. 18 Jahren, je nachdem ob eine Ausbildung schon abgeschlossen

287 Interview mit Herrn Karl Loipetsberger. 288 Vgl. Interview mit Herrn Karl Loipetsberger. 289 Oberkommando des Heeres (Hg.), Du und dein Heer. Taschenbuch für den deutschen Jungen, S. 22. 290 Vgl. Interview mit Herrn Karl Loipetsberger

62 wurde oder noch nicht. Spätestens nach der Matura musste man aber den Dienst leisten. Der RAD war gegliedert in Lager, die in verschiedenen Ortschaften angesiedelt waren. Das RAD-Lager, das geografisch am nächsten lag, war das Lager Pesenbach. Die Ju- gendlichen und jungen Erwachsenen wurden jedoch nicht an jenem Ort eingesetzt, der am vorteilhaftesten zu ihrem Wohnort lag, sondern dort, wo die Arbeitskraft benötigt wurde. So war beispielsweise Johanna Holzleitner aus Aschach nicht in Pesenbach ein- gesetzt sondern in Bad Leonfelden. Durch den Umstand, dass sie eine gute Köchin war, wurde sie auch im RAD-Lager als Köchin eingesetzt. Viele andere Mädchen sind hin- gegen in der Landwirtschaft bei den Bauern eingesetzt worden. In der Mitte jedes RAD- Lagers war der Appellplatz wo die Fahne gehisst wurde und täglich ein Morgenappell durchgeführt wurde. Außerdem gab es eine strikte Trennung zwischen den Geschlech- tern, also eigene RAD-Lager für Jungen und Mädchen. Von den Personengruppen her gab es eine vielfältige Mischung aus verschiedenen sozialen Schichten. So fanden sich unter den Jugendlichen auch Studenten aus Linz.291 Nach diesen Ausführungen könnte man meinen, es habe sich beim RAD-Lager um ein reines „Zwangs-“ Arbeitslager ge- handelt. Doch ein solches Bild soll nicht vermittelt werden, denn es gab auch gesellige Veranstaltungen in den Lagern. Bei diesen Veranstaltungen wurden Theaterspiele auf- geführt und miteinander gesungen.292 Das Erziehungswesen war, wie oben beschrieben, ganz auf die nationalsozialisti- sche Ideologie ausgerichtet. In der Schulverwaltung setzte sich dieses System nahtlos fort. Nach dem Anschluss wurde Oberlehrer Josef Brandstätter innerhalb von zwei Ta- gen entlassen und Heinrich Greil mit dieser Stelle betraut. Des Weiteren hatte er auch die kommissarische Leitung über die Volksschule Königswiesen ab 1942 über und wur- de 1944 zum Wehrdienst einberufen.293 Das zeigt, dass sein Engagement als Oberlehrer in Aschach enden wollend sein musste. Auch ein weiterer Lehrer aus der Volksschule Aschach wurde „zwangsbeurlaubt“, nämlich Josef Fiala. Anzumerken ist, dass bei Fiala mehr Zeit bis zur Entlassung verstrich. Nach vier Wochen war es aber auch bei ihm soweit. Die übriggebliebenen Lehrer mussten in der Folge auf Adolf Hitler schwören. Während der NS-Zeit wurde auch in Aschach wie im Rest des Landes das Schulwesen ganz auf den Nationalsozialismus eingestellt. Außerdem kam der Jugend in Aschach ab dem Beginn des Zweiten Weltkrieges auch eine andere Aufgabe außerhalb des Schul-

291 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl. 292 Ebd. 293Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 206 Lehrer, Mappe 206/1 Lehrer, Zl. 206/1, Zurückversetzung von Heinrich Greil vom 26. Jänner 1943.

63 wesens zu, nämlich Sammlungen von Materialien für den Krieg. So sammelten die Kinder und Jugendlichen alle möglichen Materialien, angefangen von Metall, Kräutern, Blumen etc.294 Auch eine Seidenraupenzucht sollen die Aschacher Volksschulkinder in den Schulferien eingeführt haben. Diese brachte auch einen stattlichen Erfolg, denn im 21. Juli 1939 konnten 4,5 kg Kokons und Blätter abgeführt werden.295 Insgesamt waren im Schuljahr 1943/44 240 Kinder in der Volksschule Aschach gemeldet, davon 13 aus Linz und 21 aus dem Deutschen Reich. Hier kann man schon die Auswirkungen der Flüchtlingswellen erkennen, die u.a. ein Faktor für die Wohnungsnot in Aschach waren. Eine Hauptschule gab es hingegen in Aschach noch nicht. Kinder, die in die Hauptschu- le gehen durften, mussten nach Eferding reisen um dort die Knaben- oder Mädchen- hauptschule zu besuchen. Im Schuljahr 1937/38 waren es beispielsweise aus Aschach 20 Knaben, die in Eferding in die Knabenhauptschule gingen. Bis zum Schuljahr 1940/41 steigerte sich die Anzahl der Kinder auf 27 Knaben, die die Eferdinger Haupt- schule besuchten.296 Finanziell war die Gemeinde vor und nach dem Anschluss in einer schwierigen Situation. Das wirkte sich natürlich auch auf den Schulbereich aus, wo oftmals um Mit- tel für die Schullasten bei der Gauselbstverwaltung Obderdonau angesucht werden musste. So wurde beispielsweise am 30. September 1940 ein Ansuchen um einen Er- gänzungszuschuss von 2.500 RM aus Reichsmittel von der Gauselbstverwaltung ge- währt.297 Um weitere Instandhaltungsarbeiten in der Volksschule durchführen zu kön- nen, wurde schon am 12. Oktober 1940 um einen weiteren Zuschuss in Höhe von 2.000 RM angesucht. In dem Ansuchen wird abermals die prekäre Lage des ordentlichen Haushalts erwähnt, die eine Sanierung der Schule aus eigenen Mitteln nicht möglich macht. Prompt wurde auch von der Gauselbstverwaltung auf dieses Schreiben geant- wortet und auch der weitere Zuschuss gewährt. Zu beachten ist jedoch, dass die Zu- schüssen auf Basis einer Richtlinie des Reichsministers für Erziehung, Wissenschaft und Volksbildung nicht ohne eine Vorlage der angefallenen Kosten vergeben werden können. Die Gemeinde hat diese Bedingung auch bei ihren Ansuchen erfüllt. So kann nachgewiesen werden, dass der zweite Zuschuss für eine Wasserversorgungsanlage,

294 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 611 ff. 295 Vgl. Deinhammer, Geschichte Aschachs, S. 56. 296 Gemeindeamt Aschach a. d. D., Sch. 203/1 Gast- und Fremdenschulwesen, Mappe 203/1 Gast- und Fremdenschulgeld, Zl. 2098/1941, Schulbeiträge 1040/41 vom 20.8.1941. 297 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 205 Schulverwaltung und Schulerhaltung, Mappe 205/1 Ver- waltung und Erhaltung des Schulgebäudes Allgemeines, Zl. 1979/40, Ergänzungszuschuss vom 30. Sep- tember 1940.

64 einen Brunnengraben und für Schulbänke und Katheder benutzt werden sollte.298 Die Kosten dafür betrugen 4268, 33 RM, wobei ein Großteil – nämlich 3435,33 RM – für die Wasserversorgungsanlage aufgewendet werden musste. Die schnelle Gewährung der Zuschüsse war sicherlich keine Besonderheit, wenn man bedenkt, dass alleine die Klo- settanlagen der Schule im Jahr 1870 gebaut wurden und bis zum Ansuchen keine Ver- besserungen vorgenommen wurden. Darüber hinaus konnte Wasser nur mittels Eimer zur Schule transportiert werden.299 Diese Zustände in der Volksschule Aschach können ein Bild der Gemeinde als Notgemeinde vermitteln, zu der Aschach, laut Bürgermeister Wagner, immer schon gehörte.300 Mit den Ansuchen für Zuschüsse ging es dann auch munter weiter. Schon am 15. Dezember wurde ein weiteres Schreiben des Bürgermeis- ters an den Reichsstatthalter in Oberdonau gerichtet, indem 1.500 – 2.000 RM für die Erneuerung weiterer sanitärer Anlagen wie Druckleitungen, Abflussleitungen und Waschtische gefordert wurden.301 Auch dieser Zuschuss wurde gewährt, aber mit einer Summe von 3.700 RM.302 In der Auflistung der Ist-Rechungsbeträge für die Instandhal- tungsarbeiten kann man auch erkennen, warum ein weiterer Zuschuss von 3.700 RM gewährt wurde. Denn der Gesamtrechnungsbetrag ergibt eine Summe von 8.244,03 RM.303 Alle Zuschüsse zusammen betragen 8.200 RM und somit annähernd die Rech- nungssumme. Nach dieser größeren Sanierungsphase wurde am 28. August wieder ein Ansuchen um eine Zuweisung aus Reichsmittel i.H.v. 1.200 RM gestellt, die dieses Mal nur in einer Höhe von 700 RM gewährt wurde.304 Die tatsächliche Ist-Rechnung, die auf 867,57 RM lautet, wurde, wie die anderen Rechnungen auch, von der Gauleitung über-

298 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 205 Schulverwaltung und Schulerhaltung, Mappe 205/1 Ver- waltung und Erhaltung des Schulgebäudes Allgemeines, Zl. 1970/40, Ansuchen um Zuwendung von weiteren RM 2000 aus Reichsmitteln für die Volksschule Aschach a/Donau vom 26. November 1940. 299 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 205 Schulverwaltung und Schulerhaltung, Mappe 205/1 Ver- waltung und Erhaltung des Schulgebäudes Allgemeines, Zl. 1970/40, Ansuchen um einen Zuschuss aus Reichsmittel vom 26. November 1940. 300 Ebd. 301 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 205 Schulverwaltung und Schulerhaltung, Mappe 205/1 Ver- waltung und Erhaltung des Schulgebäudes Allgemeines, Zl. 1970/40, Ansuchen um einen Ergänzungszu- schuß zur Erleichterung der sächl. Volksschullasten vom 13. Dezember 1940. 302 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 205 Schulverwaltung und Schulerhaltung, Mappe 205/1 Ver- waltung und Erhaltung des Schulgebäudes Allgemeines, Zl. 1970/40, Gewährung eines Zuschusses zu den sächl. Schullasten vom 8. März 1941. 303 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 205 Schulverwaltung und Schulerhaltung, Mappe 205/1 Ver- waltung und Erhaltung des Schulgebäudes Allgemeines, Zl. 1970/40, Abrechnung über die Instandhal- tungsarbeiten vom 4.6.1941. 304 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 205 Schulverwaltung und Schulerhaltung, Mappe 205/1 Ver- waltung und Erhaltung des Schulgebäudes Allgemeines, Zl. 207/41, Reichszuschuss für sächliche Schul- lasten vom 28. August 1941.

65 nommen.305 An den Zuschüssen ist neben dem Fakt, dass die Gemeinde kaum die Mög- lichkeit hatte, Sanierungen mit eigenen Mittel durchzuführen, auch die Tatsache auffäl- lig, dass so gut es ging Aschacher für die Bauarbeiten eingesetzt wurden. Es scheint so als wurde mit den Ansuchen um die Zuschüsse auch gleichzeitig versucht, die eigenen Wirtschaftstreibenden zu stärken. Die finanzielle Lage aber auch der Lehrermangel führten in Aschach dazu, dass die Marktgemeinde keine weiteren Schulen errichten konnte oder die nötigen fachlichen und sachlichen Mittel auftreiben konnte. So sollte in Aschach schon während der NS- Zeit (im Jahr 1942) eine Hauptschule gebaut werden. Nach einer Besprechung des Bür- germeisters Reinhold mit dem Kreisschulinspektor Novak wurde jedoch der geplante Bau wegen dem Mangel an Lehrkräften auf unbestimmte Zeit verschoben.306 Des Wei- teren war eine Berufsschule im Schuljahr 1942/43 geplant. Aus einem Schreiben der amtlichen Kreisbildstelle Grieskirchen307 geht hervor, dass 1942 sogar schon eine Er- öffnung geplant war. Somit dürfte es sich um ein konkretes Vorhaben gehandelt haben, das schon im Finalisierungsstadium war. Der einzige Grund für die Nicht-Eröffnung war die Versetzung des Leiters der Berufsschule, was aus dem Antwortschreiben der Marktgemeinde hervorgeht und wo darauf hingewiesen wird, dass die Schüler nun in die Berufsschule Eferding gehen.308 Somit dürften sogar schon Anmeldungen im Vor- feld stattgefunden haben. Dennoch muss die gewerbliche Berufsschule in der Marktge- meinde Aschach eröffnet worden sein. Denn am 2. Februar 1944 wurde die Berufsschu- le in Aschach auf Anordnung der Schulabteilung des Reichsstatthalters Oberdonau ge- schlossen.309 Somit muss es im Schuljahr 1943/44 einen Schulbetrieb in der gewerbli- chen Berufsschule Aschach gegeben haben. Die Inventarauflistung der Schule gibt ei- nen Hinweis darauf, dass sie auf folgende Berufe ausgerichtet war: Klempner, Maler, Maurer, Sattler, Schlosser, Schornsteinfeger, Tischler und Schneider. Neben dieser rea- lisierten Berufsschule wurde die Gemeinde auch angefragt, ob sie Platz für Räumlich-

305 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 205 Schulverwaltung und Schulerhaltung, Mappe 205/1 Ver- waltung und Erhaltung des Schulgebäudes Allgemeines, Zl. 207/41, Abrechnung über die Sanierungsar- beiten vom 15.4.1942. 306Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 6. Februar 1942. 307 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 240/1 Berufsschulen, Mappe 241 Gewerbliche Berufsschulen, Zl. 573/42, Eröffnung der Berufsschule im Schuljahr 1942/43 vom 25. Oktober 1942. 308 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 240/1 Berufsschulen, Mappe 241 Gewerbliche Berufsschulen, Zl. 240/1,Eröffnung der Berufsschule 1942/43 vom 27. Oktober 1942. 309 Gemeindeamt Aschach a. d. D., Sch. 240/1 Berufsschulen, Mappe 241 Gewerbliche Berufsschulen, Zl. GK/H 258/220-14259/43, Gewerbliche Berufsschule Aschach; Inventar vom 4. April 1944.

66 keiten für landwirtschaftliche Mädchenschule bereit stellen kann.310 Die Mädchenschule wurde auf diese Anfrage hin aufgrund der Unmöglichkeit einer Schulführung wegen Platz- und Personalmangel nicht errichtet. Auch die gewerbliche Berufsschule existierte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr. Während des Krieges kam es zu immer intensiveren Lehrerwechsel in der Volks- schule Aschach. Ein Grund dafür ist, dass die Männer, die wehrtauglich waren, nun auch in den Wehrdienst einrücken mussten. Dabei differenzierte die Rekrutierungsstelle nicht nach Parteizugehörigkeit. Das zeigt auch die Einberufung des Oberlehrers Hein- rich Greil, der auch nach 1943 seinen Dienst antreten musste.311 Schließlich wurde auch die Flüchtlingslage in Aschach immer prekärer, wodurch die Gemeindeverwaltung ge- zwungen schien, das Schulgebäude in ein Aufnahmegebäude für bombengeschädigte Flüchtlinge aus dem Altreich umzufungieren. Immer weniger konnte ein ordentlicher Schulbetrieb aufrecht erhalten werden. Besonders im letzten Kriegsjahr 1945 war die Schule schon mehr geschlossen, als dass sie einen Schulbetrieb gewährleistete. Die Kinder haben damals nur noch ein Halbjahreszeugnis bekommen. Kurz danach war der Schulbetrieb nicht mehr gewährleistet.312 Aschach war damit aber nicht alleine. Auch in Hartkirchen und Hilkering mussten die Schulen für die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Banat und Schlesien geschlossen werden.313 Besonders schlimm wurde die Lage des Bildungssystems in Aschach ab Herbst 1944. Am 12. Oktober 1944 wurden näm- lich 180 Flüchtlinge aus dem serbischen Banat314 in der Volksschule untergebracht.315 Da diese enorme Flüchtlingswelle in der Schule nicht dauerhaft unterzubringen war, wurden schon am nächsten Tag 60 dieser Flüchtlinge nach Hilkering verfrachtet. Einen Teil der Flüchtlinge versuchte man in der Folge in privaten Quartieren unterzubringen.

310 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 240/1 Berufsschulen, Mappe 243 Landw. und gärtnerische Berufsschulen, Zl. IIc-425-1/1-1941, Landw. Mädchenschule in Aschach, Errichtung vom 9. Oktober 1941. 311 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 613. 312 Vgl. Interview mit Herrn Johann Eggerstorfer; Eine erste vorläufige Schließung fand schon am 7. Ok- tober 1944 durch eine Rundspruch des Reichsstatthalter statt. Siehe hierfür Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 043/45 Kriegsleistungen u. Ersatz von Kriegsschäden, Mappe 043/45 Kriegsleistungen u. Er- satz von Kriegsschäden, Schließung von Volks- und Hauptschulen vom 6. Oktober 1944. 313 Vgl. Gemeinde Hartkirchen, Hartkirchen, S. 68. 314 Laut Dr.in Dienstl kamen diese Menschen aus Betschkerek. 315 Die Unterbringung in der Volksschule war von Anfang an vom Landrat des Kreises Grieskirchen so beabsichtigt, um dieser deutschen Volksgruppe einen, den Umständen entsprechenden, angenehmen Aufenthalt zu ermöglichen. Der Reichsgau Oberdonau dürfte insgesamt rund. 10.000 Flüchtlinge aus der Region aufgenommen haben. Siehe hierfür Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 043/45 Kriegsleistun- gen u. Ersatz von Kriegsschäden, Mappe 043/45 Kriegsleistungen u. Ersatz von Kriegsschäden, Zl. L- 313/44, Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Banat vom 6. Oktober 1944.

67 316 Nachdem dieser Ansturm bewältigt werden konnte, musste Aschach zu Beginn des Jahres 1945 weitere 81 Flüchtlinge aus Schlesien aufnehmen, die hier eine Unterkunft suchten. Wiederum war das Schulgebäude die erste Anlaufstelle, wobei dieses Mal das Problem herrschte, dass das ungarische Militär, dass im Schlosspark Aschach einquar- tiert war, mehrere Räume besetzte.317 So konnten für diese 82 Menschen nur zwei Räu- me zur Verfügung gestellt werden. Familien mit mehreren Kindern mussten dabei aus Platzmangel in den Turnsaal umsiedeln.318 Nicht nur in der Volksschule sondern auch im Faustschlössl in Landshaag und im Schloss Aschach wurden die Flüchtlinge einquartiert.319 Schule, Faustschlössl und Schloss sollten jedoch nur eine Zwischenlösung sein. Denn die Gemeinde versuchte so gut es ging die Menschen in Privatquartieren unterzubringen. So kann hier das Beispiel der Familie Kunst genannt werden, die im Gasthof Haudum unterkam.320 Im April 1945 wurde dann die Flüchtlingslage etwas besser, weil das ungarische Militär aufgrund des Vordringens der Alliierten die Schule verließ. In den letzten Kriegstagen diente das Schulgebäude schließlich einer SS-Kampftruppe, die Teil der Wlassow Armee gewesen sein dürfte. Nach dem Ende des Krieges wurde das Schulgebäude wieder in eine Schule ummodelliert und mit dem neuen Oberlehrer Josef Fiala wurde das Schulwesen weiter- geführt.321

4.2.2 Freizeit und Kultur Die nationalsozialistische Ideologie trat während der Herrschaft der NSDAP in al- len Lebensbereichen zu Tage. Die galt natürlich auch für die Freizeitgestaltung von Menschen und deren Kulturkonsum, wobei der Ansatz vor allem über die Jugend und den Einfluss über betriebliche Organisationen erfolgen sollte, die in diesem Abschnitt im Fokus stehen. Um eine Umgebung zu schaffen, die frei von nicht arischen Mitbürge- rInnen ist und jegliche fremdvölkische Kultur eliminiert, mussten diverse Institutionen geschaffen werden, die dieses Vorhaben auch in die Tat umsetzten und vorlebten. So gründete die NSDAP zahlreiche neue Massenorganisationen, wobei nachstehend die wichtigsten aufgezählt werden sollen: Deutsche Arbeitsfront (DAF), NS-Gemeinschaft

316 Diese Flüchtlingswelle aus Oberschlesien kann auch durch eine Anfrage eines Nachkommens von einer der Flüchtlinge bestätigt werden. Siehe dazu Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Ordner Chronik Schriftverkehr, Anfrage von Markus Skutta an Paul Ettl vom 25. Oktober 2008. 317 Vgl. Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 2, S. 143. 318 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 613 f. 319 Vgl. Interview mit Herrn Johann Eggerstorfer; Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl. 320 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Dienstl. 321 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 613 f.

68 „Kraft durch Freude (KdF)“, das Amt „Schönheit der Arbeit“, die HJ und den BDM, den NS-Reichsbund für Leibesübungen, die NS-Volkswohlfahrt, den Reichsmütter- dienst und unter anderem auch das nationalsozialistische Kraftfahrerkorps (NSKK).322 Eine wichtige Rolle spielte hierbei die DAF kombiniert mit der Unterorganisation NS- Gemeinschaft KdF. Die KdF sollte die Freizeit des deutschen Arbeiters mitgestalten, um somit seine Ruhephase optimal zu arrangieren. Dabei wurde auch ein gewisser Schwerpunkt auf den Urlaub der Arbeiterschaft gelegt, um die nötige Entspannung zu schaffen. Hingegen wurde Langeweile als Anreiz zum Stumpfsinn und zu verbrecheri- schen Gedanken gesehen. Die Urlaubsmöglichkeit sollte aber auch als Kulturkonsum gesehen werden, der der Arbeiterschaft eine geistige Weiterentwicklung möglich ma- chen sollte. Innerhalb dieses Konstrukts der Freizeitbeschäftigung spielten natürlich sportliche Aktivitäten eine prägende Rolle, da es wiederum ein Mittel war, den Körper zu trainieren.323 Sportliche Ertüchtigung sollte nach Hitlers Ideologie mit in einer Sym- biose mit der Volksgemeinschaft stehen. Folgendes Zitat untermauert diese Aussage: „Dein Leben ist gebunden an das Leben Deines ganzen Volkes; das ist nicht nur die Wurzel auch für Deine Kraft, sondern auch die Wurzel für Dein ganzes Leben.“324 So- mit ergeben sich zwei Kernaufgaben der KdF: Erstens die Ermöglichung von Urlaubs- reisen für die Arbeiterschaft und zweitens die Forcierung von sportlichen Betätigungen für den späteren Kriegseinsatz.325 Ein Grund für die gute Durchsetzbarkeit ihrer Ziele war sicherlich auch die finanzielle Versorgung durch die DAF, die über Mitgliedsbei- träge versorgt wurde und wo erhebliche Summen zusammen kamen. Von der Organisa- tion her wurden die DAF und die KdF genauso in den einzelnen Verwaltungsebenen aufgeteilt wie die NSDAP. Somit gab es bis in die Gemeindeeben Verantwortliche für die Freizeitgestaltung, die jedoch in dieser untersten Ebene ehrenamtliche Tätigkeiten ausführten und keinen Lohn für ihre Tätigkeit ausbezahlt bekamen.326 Das Kulturverständnis der NSDAP baute auf einer gemeinsamen inneren Einstel- lung einer „Volksgemeinschaft“ auf. Diese innere Einstellung sollte die geistigen, seeli- schen und sittlichen Werke eines Volkes aufzeigen, wobei natürlich eine rassenbezoge- ne Auslegung der Kultur der Rahmen war, der jede kulturelle Ausprägung umfasste. Bezeichnet wurde diese ideologisch ausgerichtete Form der Kultur auch als „Volkskul-

322 Vgl. Sachse, Freizeit zwischen Betrieb und Volksgemeinschaft, S. 315. 323 Vgl. Ley, Durchbruch der sozialen Ehre, S. 23 ff. 324 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 032 Personalpflege, Mappe 032/5 Kraft durch Freude, Der Sportwart Folge 1 vom 1. Februar 1943. 325 Vgl. Weiß, Ideologie der Freizeit im Dritten Reich, S. 294. 326 Vgl. ebd., S. 294 f.

69 tur“. Um jedoch eine „Volkskultur“ etablieren zu können, mussten zunächst die klas- senmäßigen Unterschiede vermindert bzw. aufgehoben werden. Hierbei spielt wieder die NS-Gemeinschaft KdF eine wesentliche Rolle, die die Arbeiterschaft auch durch soziale Maßnahmen unterstütze, um in den Genuss von kulturellen Erfahrungen im Sin- ne der NSDAP zu kommen.327 Aus diesen Ausführungen lässt sich der Schluss ableiten, dass diese „Volkskultur“ eine Vereinheitlichung der kulturellen Strömungen zum Ziel hatte. Alle kulturellen Aspekte des Nationalsozialismus zu beschreiben würde hier das Ziel einer Einführung in das Thema verfehlen. Deshalb werden nachstehend nur einige wichtige kulturelle Punkte genannt, die auch für Gemeinden von Bedeutung waren. Ei- ner dieser Punkte ist die Behandlung von Vereinen. Mit dem 16. März 1938 ordnete der für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich Jo- sef Bürckl an, dass alle organisatorischen Tätigkeiten von Vereinen eingestellt werden müssen. Ausnahmen gab es dabei nur für wichtige Aufgaben und natürlich für die nati- onalsozialistischen Vereine.328 Eine Auflösung erfolgte aber noch nicht. Um jedoch jede Gefahrenquelle in Österreich ausschalten zu können – und ein eigenständiges Vereins- leben war eine solche – wurde am 17. Mai 1938 das „Gesetz über die Überleitung von Vereinen, Organisationen und Verbänden“ erlassen, wo dem sogenannten Stillhalte- kommissar das Recht zur Neugestaltung des Vereinswesens eingeräumt wurde.329 Die darauf folgende Verordnung zur Durchführung des Gesetzes lässt auch keinen Zweifel offen, inwiefern das neue Vereinswesen ausgestaltet ist, wenn es in § 1 heißt: „Der Stillhaltekommissar hat dafür zu sorgen, daß alle Vereine, Organisationen und Verbän- de nationalsozialistisch ausgerichtet und geführt werden.“330 Somit gab es für die öster- reichischen Vereine nur die Möglichkeit der Anpassung, Eingliederung oder Auflösung der Rechtspersönlichkeit.331 Ein weiterer Aspekt regionalen Kulturkonsums stellt die Musik- und Festkultur dar. Die große Bedeutung der Feste und Feierlichkeiten für die NSDAP ist sicherlich unbestritten. Wo, wenn nicht auf Festen und bei Feierlichkeiten konnte man die Propa- ganda besser unter das Volk bringen? Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass Mu-

327 Vgl. Gaigg/Jalkotzy, Volkskultur und Festkultur in Oberdonau, S. 253 f. 328 Vgl. Rothkappl, Die Zerschlagung österreichischer Vereine, S. 21. 329 Gesetz über die Überleitung und Eingliederung von Vereinen, Organisationen und Verbänden., 17. Mai 1938, Gesetzblatt für das Land Österreich, S. 403. 330 Verordnung des Reichsstatthalters (Österreichische Landesregierung) zur Durchführung des Gesetzes über die Überleitung und Eingliederung von Vereinen, Organisationen und Verbänden, G. Bl. Nr. 136/1938, 17. Mai 1938, Gesetzblatt für das Land Österreich, S. 403. 331 Vgl. Rothkappl, Die Zerschlagung österreichischer Vereine, S. 26-31, 49.

70 sikkapellen in den Gemeinden von der Reichsmusikkammer eine bevorzugte Stellung bekamen, indem ihre Gemeinschaft zu Gemeinde- oder Stadtkapellen bei Gemeinden bis 20.000 Einwohnern erhoben wurden. Im Vergleich zum Status Quo dieser Zeit war das eine starke Aufwertung ihrer Funktion.332 Der zweifellos wichtigste Punkt in der nationalsozialistischen kulturellen Ausrichtung war die Festkultur. Das Ziel war ein allumfassendes und gut strukturiertes neues Feiertagssystem zu schaffen, dass genau auf die Ideologie der NSDAP ausgerichtet war. Kirchliche Feiertage wurde dabei abgewer- tet oder germanisiert. Außerdem wurden teils neue germanische Feiertage wie das Ern- tedankfest eingeführt. Man wollte damit in den Alltag der Menschen eindringen und sich dort in den Köpfen der Menschen festsetzen.333 Zu den Hauptfesten zählten: Tag der Machtergreifung am 30. Jänner, Verkündung des Parteiprogramms am 24. Februar, Heldengedenktag am 16. März, Geburtstag des Führers am 20. April, Nationaler Feier- tag des deutschen Volkes am 1. Mai, Sommersonnenwende am 21. Juni, Gedenktag der Gefallenen der Bewegung am 9. November, sowie der Muttertag im Mai und das Ernte- dankfest im Oktober.334 Bei den Feiertagen, die von der NSDAP übernommen wurden, wurde versucht eine Germanisierung durchzuführen, indem das Brauchtum verändert bzw. angepasst wurde. So wurde beispielsweise beim Maibaum Verbindungen zu ger- manischen Frühlingsfesten aufgestellt.335 Interessanterweise wurde die Idee der NS- Gemeinschaft KdF im Laufe der NS-Herrschaft ad absurdum geführt. Denn die eigent- liche Intention, allen gesellschaftlichen Schichten einen Kulturkonsum zu ermöglichen, scheiterte in ländlichen Gebieten, einerseits durch die Zerschlagung vieler Vereine und andererseits durch den Beginn des Krieges und seinen Auswirkungen.336 Nach dieser allgemeinen Einführung soll nun die Lage in Aschach an der Donau näher betrachtet werden. In der frühen Phase der nationalsozialistischen Herrschaft bil- deten die Feiern und Festlichkeiten einen wichtigen Aspekt im kulturellen Leben Aschachs. Es konnte damit die Propaganda in den Alltagsbereich verfrachtet werden und das Zusammengehörigkeitsgefühl gesteigert werden. Dies zeigt sich schon an der ersten Maßnahme der neuen NS-Herrschaft in Aschach, die zwei Gruppen von hunder- ten freiwilligen AschacherInnen bildeten, um eine Ortsverschönerung durchführen zu können. Diese zwei Gruppen wurden von Pecherstorfer und Heinisch geführt. Diese

332 Vgl. Blöchl, Blasmusik, S. 200. 333 Vgl. Gaigg/Jalkotzy, Volkskultur und Festkultur in Oberdonau, S. 292. 334 Ebd., S. 293 f. 335 Kulturnachrichten 2. Jg., Nr. 6 (24.3.1943), S. 2, zitiert nach Gaigg/Jalkotzy, Volkskultur und Festkultur in Oberdonau, S. 287. 336 Vgl. Gaigg/Jalkotzy, Volkskultur und Festkultur in Oberdonau, s. 291.

71 gemeinschaftliche Kraftanstrengung wurde darüber hinaus durch Marschmusik, Jause und Bier zu einem regelrechten Volksfest ausgebaut.337 Bei einer Einwohnerzahl von 1.676 Personen338, scheint eine Angabe von mehreren hundert Personen zunächst etwas unrealistisch. Betrachtet man jedoch Abbildung 10 unter dem Aspekt, dass die abgebil- dete Gruppe nur eine von zweien war, dann dürfte es sich um eine wahrheitsgetreue Angabe handeln. Gleichzeitig wird auch der Enthusiasmus der Aschacher aufgezeigt, die sich wohl aus dem Anschluss viel Positives erhofft haben müssen. Das belegt auch die Aussage von Herrn Eggerstorfer, dessen Vater auch zunächst eine Aufbruchsstim- mung in Aschach gesehen hat. Schnell wich diese Stimmung jedoch Ernüchterung, spä- testens nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges, den in Aschach nur die Wenigsten wollten.339

Abbildung 10: Ortsverschönerungsgruppe von Major Heinisch340

Ein besonderes Anliegen der Ortsverschönerungsgruppe lag auch in der Gestal- tung von Orten, die ein Gemeinschaftsgefühl stärken sollten. Einer dieser Orte in Aschach war die alte Kaiserbüste, die im Herzen von Aschach stand. Sie wurde anläss- lich des 40. Jahrestages der freiwilligen Feuerwehr Aschach/Donau am 18. August 1908 feierlich eingeweiht. Diese Büste wurde damals auf der Nordseite der Kirche errichtet, Richtung Kirchenplatz. Genau wie viele andere öffentliche Denkmäler, wurde auch die- se Büste im Laufe der Zeit umgestaltet und Assoziationen mit neuen Gesinnungsrich-

337 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 760. 338Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 611 Bebauungspläne und Baufluchtlinien, Mappe 611/1 Ge- samtbebauungsplan, Zl. 611/1, Ansuchen um Zuschüsse für Planungsarbeiten vom 26. Februar 1942. 339 Interview mit Herrn Johann Eggerstorfer. 340 Quelle: Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 2, S. 123.

72 tungen geschaffen. Das geschah bei diesem Denkmal in Aschach relativ schnell. Denn schon 1919 – nach dem Ende des Ersten Weltkrieges – wurde die Kaiserbüste zerschla- gen und stattdessen ein Kriegerdenkmal für die gefallenen Soldaten eingeweiht. In der Zwischenkriegszeit wurde einmal mehr der Gesinnungshintergrund des Denkmals ver- ändert und in Richtung Dollfuß ausgelegt. Dieses Denkmal blieb dann auch bis weit nach Ende des Zweiten Weltkrieges erhalten. Interessanterweise wurde auch genau in dieser Zeit eine weitere Kaiserbüste 1935 nahe dem Seilturm der Rollfähre aufgestellt, die bis ca. 1940 erhalten geblieben sein muss.341 In der Zeit des Nationalsozialismus wurde also die Kaiserbüste entfernt und das Dollfuß-Denkmal beibehalten. Bedenkt man die nationalsozialistische Ideologie, dann zeigt sich hierbei schon eine gewisse Logik. Denn ein Denkmal für gefallene Soldaten zu entfernen, auch wenn es an Dollfuß gerichtet war, wäre der Volksgemeinschaft wahrscheinlich nicht tunlich gewesen. Im Gegensatz dazu dürfte ein Andenken an den Kaiser wesentlich weniger Sympathie bei den Parteigenossen erregt haben. In gewisser Weise war das Dollfuß Denkmal auch eine Vorlage für die NSDAP. Denn mit den steigenden Kriegsverlusten, wurde die Idee eines eigenen Heldendenk- mals realisiert. 1942 wurde daher die bisherige Siegfried Büste, die an der Donaulände des Kurzwernhartplatzes auf einem ca. 2 m hohen Steinhaufen aus Granitsteinen stand, abgetragen und statt der Steine ein Ehrenhain für die gefallenen Soldaten errichtet. Der Entwurf wurde vom Aschacher Bildhauer Josef Steinschaden angefertigt und sollte die gefallenen Soldaten beider Weltkriege ehren.342 Trotz dieses neuen Denkmals wurde das alte Denkmal bei der Kirche weiterhin beibehalten, jedoch natürlich mit der neuen nationalsozialistischen Ideologie hinterlegt. Die Ortsverschönerungsarbeiten waren jedoch kein Produkt der NS-Zeit, denn schon 1882 wurde der Aschacher Verschönerungsverein gegründet.343 Somit wurde dieser Verein nur von den Nationalsozialisten instrumentalisiert und nicht neu erfunden. Generell wurde das selbstständige Vereinsleben während der NS-Zeit so gut wie ausge- löscht. Entweder Vereine wurden aufgelöst oder in die NS-Struktur übernommen. Nur wenige Vereine durften unter dem Einfluss der Nationalsozialisten weiterexistieren. Hier ist, wie oben gezeigt, der Aschacher Ortsverschönerungsverein zu nennen. Ein weiterer Verein, der von den Nationalsozialisten instrumentalisiert, aber nicht aufgelöst wurde, war die Marktmusikkapelle Aschach. Zu Beginn der NS-Zeit wurde die Markt-

341 Vgl. Marktgemeinde Aschach, Kleindenkmäler, S. 35 ff. 342 Vgl. ebd., S. 38 f. 343 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 863.

73 musikkapelle u.a. auf Schiffsreisen eingesetzt, die durch die NS-Gemeinschaft KdF organisiert wurden. Hierbei spielten die Mitglieder auch verschiedene Märsche am Schiff. Daneben gab es natürlich den Einsatz bei den Festlichkeiten, die im großen Um- fang gefeiert wurden.344 Durch den Kriegseinsatz von vielen Mitgliedern der Kapelle konnte jedoch der Verein im Laufe des Krieges seinen Tätigkeiten nicht mehr nach- kommen und musste seine Auftritte einstellen.345 Ganz anders sah es beim Turnverein in Aschach aus. Dieser hatte schon 1934 um die Existenz zu kämpfen, als die Einstel- lung mittels Bescheid von der Bezirkshauptmannschaft Eferding aufgrund des Ver- dachts einer illegalen Betätigung kam.346 Möglicherweise dürfte dieser Verdacht nicht ganz unberechtigt gewesen sein, wenn man bedenkt, dass der spätere Pg. Ortsgruppen- leiter Stiefler und Pg. Bürgermeister Reinhold hohe Mitglieder des Turnvereins waren und diesen auch als Obmänner vorübergehend leiteten.347 Durch die Überwachungsper- son Oberlehrer Josef Brandstätter durfte jedoch der Turnverein bis zum Anschluss wei- tergeführt werden. Am 10. Mai 1938 wurde schließlich die selbständige Organisation des Turnvereins mittels „feierlicher Selbstauflösung“, wie es in einem Schreiben des Deutschen Turnerbundes heißt, aufgelöst und in den „Reichsbund für Leibesübungen“ übergeführt. Somit war der Turnverein de facto nicht mehr existent.348 Auch der Trach- tenverein „Alt Aschach“ teilte dasselbe Schicksal wie der Turnverein. Am 29. Mai 1938 wurde auch dieser aufgelöst und erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wieder eingeführt.349 Wo beim Turnverein eine Auflösung aus nationalsozialistischer Sicht noch logisch erscheint, um keine Jugendorganisationen neben denen der NSDAP zu erlauben, scheint die Auflösung des Trachtenvereins etwas überraschend. Denn wie oben beschrieben wurden Vereine, die das Brauchtum pflegen, oftmals instrumentali- siert und nicht aufgelöst. Eine Vereinigung, die noch von Interesse für die nationalso- zialistische Ära ist, ist der oberösterreichische Kriegsopferverband. Obwohl erst 1945 die Ortsgruppe Aschach gegründet wurde, gab es die Vereinigung in Aschach schon lange Zeit davor, sie wurde jedoch von Eferding aus geführt. Während der NS-Zeit wurde der Verein in den NSKOV eingegliedert und ein selbstständiges Bestehen stand außer Zweifel.350

344 Vgl. Marktmusikkapelle, Festschrift Marktmusikkapelle Aschach, Sp. 1939. 345 Protokoll des Gemeinderates vom 29. Juli 1942. 346 Vgl. Turnverein Aschach/Donau, 70 Jahre Turnen in Aschach, o. S. 347 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 868. 348 Vgl. Turnverein Aschach/Donau, 70 Jahre Turnen in Aschach, o. S. 349 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl. 350 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 871.

74 Nachdem nun die wichtigsten Vereine in Aschach beschrieben wurden, soll nun näher auf die Feierlichkeiten eingegangen werden. Zu Beginn werden die Totenfeier- lichkeiten dargestellt, die in der NS-Zeit natürlich eine wichtige Stellung einnahmen.

Abbildung 11: Heldengedenken am Ehrenhain351

In Abbildung 11 wird eine Heldengedenkfeier in Aschach vor dem Ehrenhain ge- zeigt. Durchgeführt wurde diese Feier von Propagandaleiter und Oberlehrer Greil, so- wie Bürgermeister Reinhold und Ortsgruppenleiter Stiefler. Die Reden der Parteigenos- sen waren gespickt mit Treuegrüßen an den Führer und Durchhalteparolen. Des Weite- ren wurden auch Mütter oder Frauen von verstorbenen Soldaten geehrt. So wurde einer Kriegsmutter vom Bürgermeister persönlich das Beileid übermittelt. Wie bei vielen an- deren Feierlichkeiten spielten auch hier die Fahnen des Nationalsozialismus, wie auf dem Bild auch zu erkennen ist, eine große Rolle. Abgerundet wurde diese Trauerfeier noch von musikalischen Einlagen im Sinne der Bewegung. Das Datum der Fotografie ist leider nicht beigefügt. Unter Beachtung der Tatsache, dass Stiefler schon Ortsgrup- penleiter war und auf weiteren Abbildung auch Bürgermeister Reinhold zu sehen ist, muss es sich um einen Zeitraum 1942 oder später gehandelt haben. Eine weitere Ein- grenzung kann durch die in weiteren Abbildungen gezeigten Ehrenkreuze der Gefalle- nen vorgenommen werden. Es dürfte sich um ungefähr 25 Kreuze gehandelt haben. Vergleicht man diese Zahl mit der Auflistung der Gefallenen352, so erscheint ein Datum

351 Quelle: Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 2, S. 133. 352 Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 1, o. S.

75 von Anfang oder Mitte 1943 als realistisch. Solche Ehrungen hatten natürlich den Sinn, das Gemeinschaftsgefühl zu stärken und eine „Volksgemeinschaft“, wie das oben be- schrieben wurde, zu schaffen. Zu Beginn des Krieges wurden die Totenfeiern noch sehr imposant durchgeführt. Am 26. Mai 1941 beispielsweise war in die Trauerfeierlichkei- ten des Obergefreiten Josef Merk eine in Aschach stationierte SS-Einheit eingebunden, die dann groß begangen wurde. In Formation schritten die SS-Einheit zusammen mit der Aschacher NSKOV-Ortsgruppe durch die Straßen und begruben den Toten im Aschacher Ortsfriedhof. Auch dieses Mal war wieder die Fahne ein wichtiger Bestand- teil der Zeremonie, die schließlich auch beim Herablassen des Sarges des Verstorbenen über dem Grab gehalten wurde.353 Im Verhältnis zu den anderen „Feierlichkeiten“ mussten die Totenfeiern, beson- ders nach Beginn des Russland-Feldzuges und Stalingrad, erheblich öfters durchgeführt werden. Sicher ist, dass es nicht nur zu Allerheiligen eine Gedenkfeier für die Toten gab, sondern Gefallene auch während des Jahres geehrt wurden. Das zeigt eine Aussen- dung der Ortsgruppe der NSDAP Aschach an der Donau vom 10. Mai 1944, die auf eine Ehrung der Gefallenen am 14. Mai desselben Jahres am Ehrenhain hinweist. In der Aufforderung steht auch, dass es „die Ehrenpflicht eines jeden Aschachers“ sei, an die- ser Feier teilzunehmen.354 Diese Ehrenpflicht dürfte jedoch zu diesem Zeitpunkt eine Tätigkeit gewesen sein, der die AschacherInnen nur mehr mühselig nachgekommen sind. Denn schon 1942, vor allem nach den Verlusten in Stalingrad, ist die Stimmung unter der Bevölkerung erheblich gekippt. Die AschacherInnen waren ab diesem Zeit- punkt in immer größerem Ausmaße frustriert vom Krieg und den zunehmenden gefalle- nen Mitbürgern. Bei den Totenfeiern wurden den Kriegsmüttern und –vätern zunächst von den Nazis noch mit „stolzer Trauer“ kondoliert. Im Verlaufe des Krieges gab es dafür jedoch immer weniger Verständnis unter den AschacherInnen.355 Die kulturelle Veränderung von Aschach spiegelt sich auch in den Märschen und Kundgebungen wider, die vor allem zu Beginn der NS-Zeit von großer Häufigkeit wa- ren. Darüber hinaus verändert sich auch das öffentliche Bild in der Hinsicht, dass auch in den Geschäften zur Veränderung in Richtung „Volkskultur“ aufgerufen wurde, indem Sätze in den Läden zu lesen waren wie „Unser Gruß ist Heil-Hitler“ oder „Sieg Heil,

353 Fuchs, Chronik des Markte Aschach a. d. Donau, Bd. 2, S. 131. 354 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 620 Wohnungswesen, Mappe 620/1 Wohnungsnachweis, Heldenfeier vom 10. Mai 1944. 355 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl.

76 Heil unserem Führer“.356 Neben dem öffentlichen Bild, veränderte sich auch die Fest- kultur. Es gab eine große Anzahl von Festen und Feierlichkeiten, die mit dem National- sozialismus neu eingeführt wurden oder bestehende, die in anderem Sinne gefeiert wur- den. Der Festrausch, der zu Beginn der NS-Zeit über der Gemeinde lag, verblich jedoch mit Fortschreiten des Krieges erheblich.357 Der erste Feiertag, der im neuen nationalsozialistischen System auf dem Plan stand, war jener zur Feier des Geburtstages Hitlers am 20. April. Grundsätzlich war es ein wichtiger Feiertag im nationalsozialistischen Regime. In Aschach wurde dieser Tag das erste Mal noch nicht in großem Umfang gefeiert. Das bestätigen, Frau Dr.in Dienstl, ihre Schwester Johanna Holzleitner und von Frau Dr.in Dienstl befragte Mitglieder des Aschacher Trachtenvereins.358 Dass der Tag ganz ohne Feierlichkeiten ausgekommen ist, mag wohl zu bezweifeln sein, wenn man bedenkt, dass in ganz Oberösterreich große Feiern und Kundgebungen stattgefunden haben.359 Diese erste Feier zu Hitlers Ge- burtstag wurde jedoch überschattet von den Feierlichkeiten zu seinem 50. Geburtstag am 20. April 1939. Aschach dürfte sich für diesen Anlass laut Aussage von Frau Dr.in Dienstl enorm herausgeputzt haben. Neben großen Festlichkeiten, Gesang und Tanz bastelten die Kinder glitzernde Aufschriften mit der Zahl 50. Sie zerstoßen dabei Christbaumschmuck mit einem Mörser und brachten ihn mit Klebstoff auf Pappkarton in Form einer 50 an. Bevor jedoch diese Festlichkeiten durchgeführt wurden, gab es am Vorabend schon die ersten Anzeichen des Feiertages, indem man die Jugendorganisati- onen Aschachs in einem Fackelzug in Aschach beobachten konnte.360 Die genauen Er- innerungen an diesen Tag im Verhältnis zu den anderen Feiertagen zeigen schon, dass hier etwas Besonderes in Aschach stattgefunden hat. Bis auf die Maifeiern und die Sonnwendfeiern konnten keine anderen NS-Festlichkeiten an diesen Tag anschließen. Ein Feiertag, der beinahe noch euphorischer begonnen wurde als Hitlers Ge- burtstag, war die Feier zum 1. Mai. 1938, der auch in Aschach feierlich begangen wur- de. So gab es an diesem Tag eine große Maifeier in Aschach. Diese begann mit einem musikalischen Weckruf um 6:00 Uhr früh von der Aschacher Marktmusikkapelle, ge- folgt von einem Festumzug um 11:00 Uhr vormittags. Um 15:00 Uhr wurden auf der

356 Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 2, S. 106. 357 Vgl. Interview mit Johann Eggerstorfer. 358 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl. 359 Linzer Tagespost vom 21. April 1938. 360 Vgl. ebd.

77 Turnwiese an der Donau, die sich genau neben der Kirche bei der Allee befand, Vorfüh- rungen ländlicher Spiele und Tänze gezeigt.361

Links sieht man genau zu diesem Tag eine Abbildung des Marsches mit der Mu- sikkapelle Aschach im Vordergrund, die aus 20 Mann bestand. Im Hintergrund mar- schieren Soldaten der NSDAP und dahinter weitere Anhänger des Regimes. Der Fest- umzug führte hier die Abelstraße entlang. Bei dieser Feier, so wie bei allen anderen Feiern, standen auch die Ehrung der Fahne und das Singen von Liedern stark im Vor- dergrund. Es gab beinahe keine Feierlich- keit, wo beispielsweise nicht das Horst- Wessel-Lied gesungen wurde. Neben die- sem war auch „Heilig Vaterland“ ein Lied, das fast immer bei den Feierlichkeiten zum Abbildung 12: 1. Mai-Feier in Aschach 1938362 Zug kam. Das Ziel der Heimatverbunden- heit und der Stärkung des Gemeinschaftsgefühls ging nach Aussagen von Frau Dr.in Dienstl voll und ganz auf. Verglichen mit der Nachkriegszeit, war in dieser Hinsicht das Bild in der NS-Zeit ein ganz ein anderes. Man hat sozusagen das eine Extrem der NS- Herrschaft gegen das andere Extrem der quasi kompletten Ausschaltung dieser Gefühle getauscht.363 Neben den genannten Feiertagen, waren die Winter- und Sommer-Sonnwendfeier immer wichtige Veranstaltungen, die groß gefeiert wurden. Neben den gewohnten Prak- tiken der Fahnenehrung und der musikalischen Unterstützung durch Lieder wie „Flamme empor“ wurde zur Sonnwendfeier auch ein Fackelzug durchgeführt.364 Zu den kleineren Veranstaltungen dürften in Aschach der Gründungstag des Dritten Reiches und das Erntedankfest gezählt haben. Obwohl auch hier die Aschacher Häuser beflaggt

361 Deinhammer, Geschichte Aschachs, S. 55. 362 Quelle: Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 764. 363 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl. 364 Ebd.

78 waren und Festlichkeiten durchgeführt wurden365, dürften diese nicht mit den großen Feiern vergleichbar gewesen sein.366 Die befragten Mitglieder des Trachtenvereins bes- tätigen, dass es zwar in Aschach ein Erntedankfest gab, dieses aber einen weit geringe- ren Stellenwert hatte als die anderen Festlichkeiten. So gibt es bei den befragten Mit- gliedern nur Erinnerungen an ein kirchliches Erntedankfest, das in Form einer kleinen Dankmesse gefeiert wurde.367 Zurückzuführen ist dieser Umstand möglicherweise dar- auf, dass in Aschach die Landwirtschaft in geringerem Umfang ausgeprägt war, als jene in Hartkirchen oder anderen ländlichen Gemeinden. Ein Grund dafür ist schon in den begrenzten landwirtschaftlichen Flächen zu sehen, von denen es in Aschach nur eine Fläche von 152 ha gab. Dies sind jedoch gerade einmal 23 % der Gesamtfläche von 660 ha.368 Aschach weicht hier also erheblich von anderen Provinzen ab. So ist für St. Flori- an beispielsweise belegt, dass das Erntedankfest einen sehr hohen Stellenwert bei den Feierlichkeiten der NSDAP hatte und sich hier der kirchliche Charakter der Veranstal- tung zu Nutze gemacht wurde.369 Die Feierlichkeiten reichen hier über die Gemeinde- grenzen hinaus, was für Aschach in keiner Weise der Fall war. Einen interessanten Aspekt stellen die kirchlichen Feiertage dar. Wie in den Rah- menbedingungen schon gezeigt wurde, war die NSDAP auf die Einschränkung der ka- tholischen Kirche und finanzielle Ausbeute dieser gerichtet. Bei den Feierlichkeiten fokussierte die Partei vor allem die germanischen Feiertage, die kirchlichen wurden in den Hintergrund gedrängt. Die Situation in Aschach basierte im Allgemeinen auf einer mäßig religiösen Bevölkerung. Das Bürgertum und die Deutschnationalen sind selten in die Kirche gegangen und die Nationalsozialisten waren meist gottgläubig, also bezogen sich nicht auf die römisch-katholische Kirche. Somit wurden auch in der Regel die kirchlichen Feiertage im kleineren Rahmen abgehalten. Dies zeigt sich schon bei den Gottesdiensten, die meist nur moderat besucht waren. Nur bei der Auferstehungsfeier und bei der Christmette waren sehr viele Menschen in der Kirche. Diese beiden Feier- lichkeiten waren unter der Bevölkerung sehr beliebt, was auch den Deutschnationalen einen Kirchenbesuch abrang. Auch die Bittprozession drei Tage vor Christi Himmel- fahrt wurde mit reger Beteiligung begangen, wo auch Schüler und Lehrer beteiligt wa- ren. Gebetet wurde für gutes Wetter und eine ausreichende Versorgung mit Feldfrüch-

365 Vgl. Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. D., Bd. 2, S. 123. 366 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl. 367 Vgl. ebd. 368 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 611 Bebauungspläne und Baufluchtlinien, Mappe 611/1 Ge- samtbebauungsplan, Zl. 611/1, Ansuchen um Zuschüsse für Planungsarbeiten vom 26. Februar 1942. 369 Vgl. Bernauer, Nationalsozialismus in der Provinz in St. Florian, S. 354 f.

79 ten.370 Die Pfarre Aschach selbst musste unter der NS-Zeit weitreichende Veränderun- gen hinnehmen. Einige dieser Veränderungen lagen im Entzug der Standesämter, der Matrikenführung und der Rechtswirksamkeit der Eheschließungen. Große Teile der kirchlichen Tätigkeiten wurden von der NSDAP mitbestimmt, so auch die Aktivitäten am Friedhof. Mit dem Fortschreiten des Zweiten Weltkrieges wurden kirchliche Feier- tage oftmals auf Sonntag verlegt und Bittprozessionen gestrichen. Mit der zunehmenden Zahl an Kriegsopfern, zeigte sich jedoch auch eine Zunahme der Kirchengänger.371 Be- vor die kirchlichen Feiern teilweise gestrichen wurden, wurden sie jedoch stark einge- schränkt. So schreibt die Gemeinde der Pfarre Aschach für den Fronleichnamstag 1942 vor, dass ein Bestreuen der Prozessionswege und ein Aufstellen von Birken verboten seien. Auch die Teilnahme von Kriegsgefangenen und ZivilarbeiterInnen wurde unter- sagt. Die erwähnte Verlegung auf den Sonntag wurde in diesem Jahr schon durchge- führt.372 Oben wurde schon gezeigt, dass die Einführung des Kirchenbeitrages einen negativen Effekt auf die katholische Kirche hatte. Dies hing auch mit den Austritten der BürgerInnen aus der katholischen Kirche zusammen. In Aschach können für den Zeit- raum 1939 bis 1944 folgende Austritte angegeben werden:

58

10 10 7 3

1939 1940 1941 1942 1944

Abbildung 13: Kirchenaustritte in Aschach zwischen 1939 und 1944373

370 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl. 371 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 433 f. 372 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 360 Kirchliche Angelegenheiten, Mappe 360/1 Allgemeines, Verhältnis zwischen Kirche und Staat, Weisungen für den Fronleichnahmstag 1942 vom 26. Mai 1942. 373 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 360 Kirchliche Angelegenheiten, Mappe 360/1 Allgemeines, Verhältnis zwischen Kirche und Staat.

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Obwohl keine Garantie auf Vollständigkeit der Daten gegeben werden kann, wird die negative Auswirkung der Einführung des Kirchenbeitrags sehr schön ersichtlich. Nach einer größeren Welle 1939 sind in den darauffolgenden Jahren wesentlich weniger AschacherInnen aus der katholischen Kirche ausgetreten. Der steigende Kirchenbesuch gegen Ende des Krieges geht einher mit einem Rückgang der Austritte. Feierlichkeiten oder Veranstaltungen haben in Aschach aber nicht nur an be- stimmten Tagen im Jahr stattgefunden. Nachfolgend sollen einige außerordentliche Veranstaltungen erwähnt und beschrieben werden. Am 15. April 1939 hielt das Kaufge- schäft Stiefler eine Ausstellung mit den Namen „Das Dorfbuch“, das die Führung des Brauchtums beschrieb und einen Anreiz zum Engagement geben sollte. In den Schulen fand am 10. Mai desselben Jahres ein „Luftschutztag der Jugend“ statt, bei dem Luft- schutzübungen mit den Kindern durchgeführt wurden. Zum Geburtstag des Führers, der feierlich begangen wurde, wurde auch eine Metallspendenaktion durchgeführt, die in Aschach einen großen Zulauf hatte und deren Ergebnis stolz auf Fotografien festgehal- ten wurde.374 Der ehemalige Marktchronist Fuchs schreibt dabei von einem außerge- wöhnlichen Ergebnis. Dieser Ausdruck kann als zutreffend beschrieben werden, wenn man bedenkt, dass laut mehreren Listen von diesen Metallaufzeichnungen 434,40 kg Metall von den gewerblichen Betrieben und über 1 Tonne von über 260 Privatpersonen gespendet wurden.375 Ein großes Ereignis stellte das Treffen des Reichskriegerbundes in Aschach am 9. Juni 1940 dar. Hierbei kamen die Kameraden von Linz und trafen sich in Aschach mit der Aschacher und Hartkirchner Ortsgruppe, wo gemeinsam das Fest abgehalten wurde. Vor der Kirche am Kirchenplatz war eine Bühne aufgebaut, vor der sich die Teilnehmer aufstellten. Unter den Ehrengästen befanden sich Oberst Dunkel und Oberst Sauer aus Linz sowie Dr. Schmotzer, die Reden hielten. Der Höhepunkt war neben den nationalsozialistischen Liedern die Fahnenweihe auf der Tribüne.376

374 Vgl. Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 2, S. 121;123. 375 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 700 Allgemeine Wirtschaftsförderung, Mappe 700/1 Allgemei- nes, Vierjahresplan. 376 Vgl. Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 2, S. 125-127.

81 In Abbildung 14 kann man sich eine un- gefähre Vorstellung davon machen, wie groß die Teilnehmerzahl in Aschach war. Durch eine quantitative Schät- zung aufgrund der Ab- bildung dürfte die Teil- nehmerzahl in der Ge- gend 300 bis 350 Perso- Abbildung 14: Treffen des Reichskriegerbundes in Aschach 1940377 nen gelegen sein. Wie erwähnt war Stalingrad ein Knack- und Wendepunkt in der Stimmungslage der Aschacher Bevölkerung. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Feiern immer rarer, bis schließlich in den späten Kriegsjahren beinahe überhaupt keine Feierlichkeiten mehr durchgeführt wurden. Einerseits waren die AschacherInnen frustriert von dem schlech- ten Kriegsverlauf und den Folgen daraus. Andererseits war ein großer Teil der männli- chen Bevölkerung im Kriegseinsatz und konnten somit nicht an den Festlichkeiten teil- nehmen oder mit organisieren, was die Planung und Durchführung von Festzügen nicht gerade leichter machte. Ein weiterer Faktor war jener, dass kein Geld mehr für die Fei- erlichkeiten vorhanden war, da der Krieg viele Ressourcen verbraucht hatte.378 Zusam- menfassend kann man für Aschach sagen, dass es sehr wohl große Festlichkeiten im Nationalsozialismus gegeben hat, diese aber nicht in größerem Umfang gefeiert wurde wie in anderen Gemeinden. Im Gegenteil, die für Landgemeinden so üblichen Feier- lichkeiten mit bäuerlichem Hintergrund wurden aufgrund der geringen landwirtschaftli- chen Ausprägung in Aschach weniger groß gefeiert. Einen weiteren Aspekt, der in diesem Abschnitt noch beschrieben werden soll, sind die Veränderungen im Lebensbereich der Arbeiter. Besonders nach dem Anschluss gab es durch die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen einen enormen Zustrom an Arbeitern zu den Industrieunternehmen in Aschach. Nun war die nationalsozialistische Ideologie zu ausgeprägt, dass auch eine Durchdringung im Alltag des einfachen Arbeiters, vor allem in Hinblick auf die sportliche Ertüchtigung, stattfinden sollte. Das belegt auch ein Schreiben des Kreissportamtes der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ wenn dieses

377 Quelle: Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 2, S. 127. 378 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl.

82 schreibt: „Trotz härtester Anspannung im Arbeitsleben kann die deutsche Nation nicht auf körperliche Ertüchtigung im Winter verzichten. Neben den großen Erholungsmög- lichkeiten in der klaren Winterluft ist es für viele ein unvergeßliches Gemeinschaftser- lebnis, im Kameradenkreis die Natur in ihrer Ursprünglichkeit kennenzulernen.“379 Hier kommt wieder der Aspekt der Gemeinschaft zum Ausdruck, der in der NS-Zeit von großer Bedeutung war. Dieser wurde auch dadurch gefördert, dass die NS- Gemeinschaft KdF den ArbeiterInnen neue Urlaubsmöglichkeiten zur Verfügung ge- stellt hatte, die sie sich bis dahin nicht leisten konnten. Erwähnenswert sind hier auch die Donauschifffahrten, mit der Anlegestelle Aschach an der Donau, wie die Chronik der Marktmusikkapelle beweist.380 Diese Leistbarkeit des Urlaubs spiegelt sich auch in Gedichten wieder, die unter der Bevölkerung aufgekommen sind. So schnappte man unter den AschacherInnen z.B. folgendes Gedicht auf:

„KdF fährt nach Helgoland, jeder Volksgenosse muss mal an die See, 4 Mark 80, die Sache macht sich, den Rest bezahlt die NSDAP.“381

Ein Schlüsselwort der Zeit war sicher auch „Wehrertüchtigung“. Unabhängig vom Alter wurde am Morgen in den Betrieben Frühsport durchgeführt, der natürlich ver- pflichtend war. Daneben gab es auch die verschiedensten Förderungen für den Sport in der Freizeit. Doch nicht nur der sportliche Aspekt veränderte die Arbeitswelt der Arbei- terInnen in Aschach, sondern auch Fahnenappelle und parteipolitische Unterweisungen standen an der Tagesordnung. Mitunter wurden auch große Versammlungen in den Be- trieben durchgeführt, wenn neue wichtige Verlautbarungen im Bezug auf den Krieg gemacht wurden382.383

379 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 032 Personalpflege, Mappe 032/5 Kraft durch Freude, Rund- schreiben Sp/1/43 vom 18. Jänner 1943. 380 Vgl. Marktmusikkapelle, Festschrift Marktmusikkapelle Aschach, Sp. 1939. 381 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl. 382 Herr Paschinger spricht dabei über die Strombauleitung in Aschach. Die Apelle wurden aber auch in anderen Betrieben durchgeführt, was ein Bestätigungsschreiben des Bürgermeisters für das Gemeinde- amt zeigt, wo der Reichsapell von 7 Gefolgschaftsmitgliedern gehört wurde. Siehe hierfür Gemeindear- chiv Aschach a. d. D., Sch. 032 Personalpflege, Mappe 032/5 Kraft durch Freude, Gemeinschaftsempfang vom 4. Mai 1943. 383 Vgl. Interview mit Herrn Stefan Paschinger.

83 Ein solcher Betriebsappell der Strombauleitung Aschach war der Linzer Tages- post am 11. April 1938 sogar einen eigenen Bericht wert.384 So schreibt diese, dass in diesem zweiten Betriebsapell das Sägewerk des Betriebes mit einem Bild des Führers und Hakenkreuzfahnen feierlich geschmückt war und dieser Appell von etwa 100 Ar- beitern durchgeführt wurde. Auch Gäste sind bei dieser Veranstaltung erschienen, näm- lich Pg. Burt aus Baden-Baden und Kreisleiter Pg. Mathä aus Eferding. Der Appell lief folgendermaßen ab, dass zunächst vom Betriebszellenleiter Pg. Plöderl eine Ansprache gehalten wurde und nach dieser der Betriebsleiter Ing. Zeißl eine Ansprache über die geschichtliche Entwicklung der Arbeiterbewegung hielt. Der Hintergrund der Veranstaltung lag jedoch in der nahenden Volksabstimmung über den Anschluss Öster- reichs an das Deutsche Reich. Denn Ing. Zeißl forderte die Arbeiterschaft mit den Wor- ten auf: „Der Führer hat gerufen! Ihr werdet am 10. April alle da sein und freudigen Herzens in Dankbarkeit mit „Ja“ stimmen.“ Nach einem dreifachen Sieg-Heil auf den Führer schloss Zeißl seine Rede. Mit dieser Form der Indoktrination der nationalsozia- listischen Ideologie ging es dann auch durch die Nachredner Pg. Burt weiter, der der Arbeiterschaft die Vorzüge des Nationalsozialismus erklärte. Dabei ging er vor allem auf etliche Wohlfahrtsaktivitäten und -organisationen der NSDAP, wie die NSV, die NS-Gemeinschaft KdF oder Beihilfen wie das Kindergeld ein. Es ist somit nicht ver- wunderlich, dass die Arbeiterschaft den sozialen Versprechungen mit Beifall antworte- te. Zum Schluss der Feier wurden noch das Deutschlandlied und das Horst-Wessel-Lied abgespielt und eine Vereidigung einer Arbeitergruppe auf den Führer vorgenommen. Der Schwerpunkt der betrieblichen Freizeitgestaltung lag jedoch eindeutig im Be- reich Sport. Regelmäßig wurden sportliche Wettkämpfe zwischen den Unternehmen durchgeführt, wo die verschiedenen Kreise miteinander konkurrierten. Ein Beispiel da- für ist der Wintersporttag „Wettbewerb der Betriebsgemeinschaft“, indem in verschie- denen Klassen die Betriebe Punkte in den Wettbewerben erreichen und somit Auszeich- nungen gewinnen konnten. Die Bewertung erfolgte dabei folgendermaßen, dass das Verhältnis von bestandenen Teilnehmern der Übungen zu Gefolgschaftsstäke die Punk- tezahl ergab. Zu den Übungen, die bestanden werden mussten zählten Eisstockschießen, Sportwandern, Rodeln, Eislaufen und Skilaufen. Die Bedingungen für das Bestehen der Übungen waren jedoch nicht sehr anspruchsvoll, ja schon fast skurril. So reichte es beim Eisstockschießen schon, wenn der Teilnehmer nur die Übung durchgeführt hatte, unabhängig davon, welche Leistung er erzielte. Beim Sportwandern, wo eine Strecke

384 Linzer Tagespost vom 11. April 1938.

84 von 4 bis 5 km gegangen werden sollten, spielte nicht die Zeit, sondern eher die ab- wechslungsreiche Gestaltung des Wanderns eine Rolle, die u.a. einen Wettbewerb im Schneemannbauen vorsah.385 Es ist hier also ersichtlich, dass mehr das Gemeinschafts- gefühl der Arbeiter gestärkt werden sollte, als die Förderung sportlicher Höchstleistun- gen. Die Arbeiter des Aschacher Wasserstraßenamtes durften sich bei diesem Win- tersportbewerb über die Erringung des Sieges auf Kreisebene in der Betriebsklasse III mit der Erreichung der Maximalpunktzahl von 100 Punkten freuen. Ferner wurde auch das Gemeindeamt Aschach mit einer Leistungsurkunde in der Betriebsklasse I ausge- zeichnet. Die Landwirtschaftliche Kartoffelverwertungs-AG – also die Stärkefabrik – durfte sich zumindest über eine Teilnehmerurkunde freuen.386

Neben den Wintersportveran- staltungen gab es natürlich auch Ver- anstaltungen der NS-Gemeinschaft KdF im Sommer. So wurden auch jährlich ein Frühjahreslauf und ein Sommersporttag veranstaltet, die natürlich wieder kombiniert waren

mit Wettbewerben um einen Leis- Abbildung 15: Frühjahreslauf in Aschach 1940387 tungsanreiz zu schaffen. Dabei sollte diese Frühjahresveranstaltung auch, wenn möglich, unter Einbezug des NSRL stattfin- den, also gleichzeitig die Jugend auch mit einbeziehen.388 In Aschach wurde der Früh- jahreslauf des Jahres 1942 in Form eines Waldlaufes am 10. Mai abgehalten, wobei hierfür ein Startgeld i.H.v. 1,50 RM und die Teilnehmerkarten an das Kreissportamt zu übermitteln waren.389 Aus organisatorischer Sicht wurden die Betriebswarte und – wartinnen ab 1943 regelmäßig mit Informationen zur Durchführung von sportlichen Aktivitäten versorgt. Diese Informationsbroschüre „Der Sportwart“ gab hierbei Vor-

385 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 032 Personalpflege, Mappe 032/5 Kraft durch Freude, Rund- schreiben Sp/1/43 vom 12. Jänner 1943. 386 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 032 Personalpflege, Mappe 032/15 Deutsche Arbeitsfront, Wintersporttag der Betriebe 1942/43 vom 17. Mai 1943. 387 Quelle: Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 2, S. 120. 388 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 032 Personalpflege, Mappe 032/5 Kraft durch Freude, Frühjah- reslauf der Betriebe 1942 vom 1. Mai 1942. 389 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 032 Personalpflege, Mappe 032/5 Kraft durch Freude, Frühjah- reslauf der Betriebe (Waldlauf) vom 9. Juni 1942.

85 schläge für die Gestaltung von Sportstunden, indem verschiedene Übungen vorgestellt wurden.390 Generell scheint es so, als habe es für jeden Anlass irgendeine Art von Auszeich- nung gegeben. Besonders skurril erscheint hierbei eine Verordnung des Reichsministers für Inneres, indem die Kommunalverwaltungen der Ostmark aufgefordert werden, Vor- schläge für die Verleihung des Ehrendienst-Treuezeichens in einer Liste gesammelt einzusenden.391 Dieser Aufforderung konnte die Gemeinde Aschach mit einer Liste aus drei Personen nachkommen, die schon länger als 40 Jahre einen Gemeindedienst ver- richteten.392 Recht eilig dürfte es die Gemeinde dabei aber nicht gehabt haben, da rund 5 Monate zwischen den beiden Schreiben lagen. Neben Auszeichnungen sind auch Ab- zeichen eine beliebte Form der Ehrung in der NS-Zeit gewesen. So war es für die DAF Betriebsobmänner und -frauen393 „verpflichtend“ ein Übungswarteabzeichen zu errei- chen. Dieses konnte beispielsweise im Zuge von obligatorischen Weiterbildungsveran- staltungen errungen werden. Neben dem Zwang zur Teilnahme, war die Veranstaltung jedoch mit keinen weiteren Kosten verbunden, denn diese wurden von der Gaudienst- stelle übernommen.394

4.2.3 Der Muttertag als Musterbeispiel der NS-Frauenideologie Die NS-Frauenideologie kann man grundsätzlich in zwei aufeinanderfolgende Komponenten untergliedern. Zunächst wurde das Bild der Hausfrau und Mutter in der Propaganda hervorgehoben. Das Ziel für die Nationalsozialisten war es die Frau als Unterstützung für den Mann zu sehen und diesen den Arbeitsplatz freizumachen. Durch die Einschränkungen im Zweiten Weltkrieg adaptierten die Nationalsozialisten das Bild und vermittelten die deutsche Frau als arbeitsfähig und stark auf der einen Seite und

390 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 032 Personalpflege, Mappe 032/5 Kraft durch Freude, Der Sportwart Folge 1 vom 1. Februar 1943 391 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 032 Personalpflege, Mappe 032/10 Ehrungen von Beamten, Angestellten, Arbeitern, Allgemeines, Dienstfeiern, Auszeichnungen, Treudienstehrenzeichen, Verlei- hung des Treudienst-Ehrenabzeichens an Arbeiter, Angestellte und Beamte der Kommunalverwaltung vom 25. November 1941. 392 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 032 Personalpflege, Mappe 032/10 Ehrungen von Beamten, Angestellten, Arbeitern, Allgemeines, Dienstfeiern, Auszeichnungen, Treudienstehrenzeichen, Verlei- hung des Treudienst-Ehrenabzeichens an Arbeiter, Treudienstehrenzeichen vom 14. März 1942. 393 In Aschach gibt es jedoch keine Hinweise darauf, dass es DAF Obfrauen gegeben hätte. Interessant ist aber in dem zitierten Schreiben die Gender-Neutralität, die ja sonst in der NS-Ideologie nie einen großen Platz gefunden hatte. 394 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 032 Personalpflege, Mappe 032/15 Deutsche Arbeiterfront, Gaulehrgang: Leichtathletik und Sommerspiele für Übungswarte und Übungswartinnen vom 11. Mai 1944.

86 wichtige Stütze für Haushalt und Familie auf der anderen.395 Für diesen Abschnitt stellt die erste Phase den eigentlichen Kern dar. Denn die Reproduktion war hierbei ein ele- mentarer Faktor. „Vier Kinder waren das mindeste, was man von einer deutschen Mut- ter erwartete, denn das deutsche Volk brauchte Nachwuchs für den Sieg.“396 Großfami- lien waren also eine Art „Pflicht“ für die deutsche Familie. Im Sinne der Reproduktion für den Krieg hat die NSDAP auch auf öffentlicher Seite die Stellung der Mutter ange- hoben, indem Mütterehrungen mittels Auszeichnungen stattgefunden haben. Diese wur- den in drei Kategorien unterteilt. Das Mutterkreuz in Bronze gab es für Mütter mit vier oder fünf Kindern, jenes in Silber für Mütter mit sechs und sieben Kindern und das gol- dene Mutterkreuz erhielten nur Mütter mit acht Kindern oder mehr. Natürlich erhielten nur jene Mütter Auszeichnungen, die arisch waren und gesunde Kinder zur Welt brach- ten.397 Auch in Aschach wurden regelmäßig Anträge auf das Ehrenkreuz für kinderrei- che Mütter gestellt. 1939 alleine wurden 22 Anträge für das goldene, 22 Anträge für das silberne und 38 Anträge für das bronzene Ehrenkreuz an den Landrat in Grieskirchen übermittelt. 398 In Aschach wurde der Muttertag immer groß gefeiert. In der Regel wurden auch die Aushändigungen der Mutterkreuze mit diesem Festtag kombiniert. Diese feierliche Überreichung hatte folgende Form. Die Mütter, die geehrte werden sollten, wurden zu einer separaten Feier eingeladen, wo auch eine kostenlose Bewirtung stattgefunden hat. Bei dieser Feier haben dann Kinder Gedichte aufgesagt und es sind Reden gehalten worden. Auch kleinere Theaterstücke für die Mütter waren ein Teil dieser Veranstal- tung. Generell waren die meisten Frauen in der Hausarbeit eingesetzt. Manche Frauen wurden aber auch als Dienstmädchen und Haushaltsgehilfinnen beschäftigt. Die Ascha- cherinnen arbeiteten aber auch in eigenen oder fremden Betrieben als Schneiderin oder Verkäuferin. In der Landwirtschaft mussten die Frauen – auch wegen des Arbeitskräf- temangels – ihren Dienst verrichten.399 Für 1943 kann beispielsweise belegt werden,

395 Vgl. Berger, Zwischen Eintopf und Fließband, S. 4. 396 Scheiblberger, Idealbild und Realität der Frau im Nationalsozialismus, S. 12. 397 Kuhn/Rothe, Frauen im deutschen Faschismus, S. 134. 398 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 000 Reich, Mappe 000/15 Orden, Ehrenzeichen Ehrenkreuz der deutschen Mutter, Patenschaft des Führers, Ehrengaben und Glückwünsche durch den Führer, Zl. 808/39, Übersendung der Fragebogen für das Ehrenkreuz für kinderreiche Mütter unter 60 Jahren vom 28. Juni 1939. 399 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl.

87 dass 15 deutsche Frauen aus Aschach in der Landwirtschaft als Landarbeiterinnen ein- gesetzt wurden.400

4.3 Wirtschaft in Aschach an der Donau

In diesem Abschnitt wird dem Leser zunächst Einblick in wichtige Wirtschaftsbe- triebe von Aschach in der NS-Zeit gegeben. Dabei wird anhand der verfügbaren Daten gezeigt, wie sich die wirtschaftliche Lage der Betriebe verändert hat. Dies kann sicher- lich auch über die Zahl der Beschäftigten erfolgen, die teilweise noch gut vorhanden sind. In der Folge wird auf den Tourismus als wichtiges wirtschaftliches Standbein der Gemeinde näher eingegangen. Besonders in dieser Branche liegen die Daten beinahe lückenlos vor, sodass aussagekräftige Statistiken möglich sind. Abschließend wird noch die finanzielle Lage mit den verfügbaren Rechnungsabschlüssen und Haushaltsplänen der Gemeinde aufgezeigt. Mit diesen Aufstellungen soll ein Beitrag für die wissen- schaftliche Analyse der finanziellen Situation in den Gemeinden geschaffen werden, die in vielen Werken vernachlässigt wird.

4.3.1 Wirtschaftliche Verhältnisse von ausgewählten Betrieben In diesem Abschnitt werden zunächst die wichtigsten Betriebe für Aschach im Detail vorgestellt und unter Bezugnahme der noch vorhandenen Daten gezeigt, wie und in welchem Umfeld sie gewirtschaftet haben. Zu Beginn soll auch gleichzeitig der wich- tigste Wirtschaftsbetrieb vorgestellt werden, das Wasserstraßenamt Linz – Außenstelle Aschach alias Strombauleitung. Die Leitung führte vor dem Anschluss Ing. Franz Zeißl, der bereits 1926 die Führung des Betriebes übernahm. Zeißl dürfte sich sehr schnell zu einem eifrigen Parteigenossen gewandelt haben, wenn man sich die Rede, die oben be- schrieben wurde, vor Augen führt. Mit dem Anschluss Österreichs an Hitler- Deutschland ging eine enorme Verbesserung der Situation der Strombauleitung einher. Schon am 15. Juli 1938 zählte die Strombauleitung einen gesamten Arbeiterstand von 302 Arbeitskräften, wovon 6 weiblich waren. Zu beachten ist hierbei, dass in dieser Zahl alle Betriebsstellen (Steinbruch Landshaag, Halbe Meile, Grafenau, Pfeifferstein, Krempelstein und Schopperplatz Aschach) Berücksichtigung fanden. Am Schopperplatz selbst haben insgesamt 106 Personen gearbeitet, wobei die Altersgruppen relativ ausge-

400 Gemeinde Aschach a. d. D., Sch. 701 Förderung der Landwirtschaft, Mappe 701/1 Reichsnährstand, Ortsbauernführer, Allgemeines, Meldung der in der Landwirtschaft eingesetzten deutschen Landarbeite- rinnen vom 1. September 1943.

88 glichen waren. 40 % der Arbeitskräfte waren unter 35 Jahre alt, 35 % zwischen 35 und 45 Jahren und die restlichen 25 % erreichten ein Alter zwischen 45 und 55 Jahren.401 Von Zunächst rund 30 ArbeiterInnen wurden also innerhalb nur weniger Monate über 100 Beschäftigte eingestellt. Dieser Bedarf an 100 Arbeitsplätzen wurde durch den Ein- satz von Aschacher und Hartkirchner BürgerInnen gedeckt. Ausländische Arbeitskräfte hat es in der Strombauleitung zumindest nicht bis 1941 gegeben, nach Aussagen von Zeitzeugenberichten.402 Auch sonst gibt es keine Unterlagen im Gemeindearchiv, die einen Einsatz von ausländischen Arbeitskräften in der Strombauleitung nachweisen könnten. Auch im Laufe des Krieges kann für die Strombauleitung nicht belegt werden, dass es Rückgänge bei der Beschäftigung gegeben hätte. So waren Ende 1941 noch immer insgesamt 300 Arbeitskräfte verteilt auf die verschiedenen Arbeitsstätten be- schäftigt.403 Geld und Arbeit gab es nun in der Strombauleitung im Überfluss. Eine Siebnerin nach der anderen wurde im Werk neben andern Holzschiffen gefertigt.404 Dafür brauch- te das Werk auch eine gehörige Menge an Rohstoffen. So wurde vom Wasserstraßenamt Linz bekannt gegeben, dass die Außenstelle Aschach jährlich mit 120.000 t Schiffskoh- le und 800 – 1.000 fm Schiffbauholz mittels Bahn beliefert wurde und in die Dringlich- keitsstufe 1 der Wehrwirtschaftsbetriebe gehörte.405 Neben den Arbeitsbeschaffungs- maßnahmen wurde natürlich auch die nationalsozialistische Propaganda gewürdigt, in- dem Fahnenappelle und Morgensport unter dem Namen „Wehrertüchtigung“ durchge- führt wurden. 406 Betriebsleiter war in der NS-Zeit zunächst Dipl-Ing. Franz Gogela. Zur Seite standen ihm sein Alois Scheuer und der Betriebszellenleiter Plö- derl.407 Die Strombauleitung dürfte schon ein Ort gewesen sein, wo der Nationalsozia- lismus auch gelebt wurde. Denn einerseits zeigen Betriebsappelle und die Siege in den sportlichen Wettkämpfen einen gewissen Eifer auf. Andererseits wurden diese Leistun- gen auch durch ein sogenanntes Gaudiplom bestätigt. Dieses wurde dem Wasserstraße- namt Aschach am 1. Mai 1940 verliehen und bestätigt die hervorragenden Leistungen,

401 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. Wehrangelegenheiten 1938-1942, Mappe Wehrangelegenhei- ten 1938-1942, Feststellung von Betrieben vom 19. Juli 1938. 402 Vgl. Interview mit Herrn Stefan Paschinger. 403 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 610/1 Raumplanung, Mappe 610/1 Raumplanung, Wirt- schaftsplan, Allgemeines, Zl. Va/H2, Wirtschaftsplan Aschach/Don. Vom 10. November 1941. 404 Ebd. 405 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 705/5 Wehrwirtschaftsförderungen, Mappe 705/5 Wehrwirt- schaftsförderungen, Zl. 932/1942, Geleisanlage vom Bahnhof Aschach zur Donau Lände vom 24. April 1942. 406 Ebd. 407 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 502.

89 womit natürlich die ideologische Überzeugung und die Produktivität gemeint waren. Denn nur ein in beide Richtungen ausgeprägter Betrieb dürfte als „nationalsozialisti- scher Musterbetrieb“ gegolten haben dürfen. Ausgestellt wurde die Urkunde von Au- gust Eigruber, dem Gauleiter von Oberdonau.408 Interessant scheint jedoch der Aspekt zu sein, dass die einfachen Mitarbeiter diese Auszeichnung nicht in einem großem Ma- ße mitbekommen haben dürften, wenn Herr Stefan Paschinger, der zu dieser Zeit Lehr- ling in der Strombauleitung war, über die Existenz des Gaudiploms nicht einmal Be- scheid weiß.409 So bedeutsam die Strombauleitung, regional gesehen, scheinen musste, solche Einschränkungen musste sie 1941 hinnehmen, als das Wasserstraßenamt zur blo- ßen Außenstelle des Linzer Wasserstraßenamtes umgewandelt wurde. Die Grundlage für diese Veränderung bildete die Eingliederung der Wasserstraßenverwaltung der Ost- mark in die Reichswasserstraßenverwaltung.410 Damit ging auch die Leitung von Goge- la, der nach Wien abkommandiert wurde, auf Pg. Pittrof über, der als Oberstrommeister nun die Führung übernahm. 411 Die Strombauleitung Aschach war bei allen Projekten, die eine Überfahrt von Aschach nach Landshaag ermöglichen sollte, beteiligt. Dies be- ginnt schon bei den Planungen und der Durchführung der Donaubrücke in Aschach. Diese ist jedoch noch nicht vergleichbar mit der heutigen Betonbrücke. Es handelte sich hier um eine einfache Holzbrücke, die von der Wehrmacht in Auftrag gegeben wurde und auch als Verbindungstück für den Polenfeldzug dienen sollte.412 Diese Brücke war ein Teil eines umfassenden Verkehrsprojektes, das Eigruber vorstellte. Es enthielt u.a. die Regulierung und die Umgestaltung des Aschacher und Brandstätter Kachlets und die Errichtung einer Donaubrücke in Aschach.413 Die Realisierung dürfte relativ schnell vollzogen worden sein, denn schon im August 1938 gibt es Fotografien, wo die Ver- antwortlichen für den Bau der Brücke – Oberst Richard Baumgartner, Vizeleutnant Rei- ter, Dipl. Ing. Franz Gogela und Baurat Dipl. Ing. Franz Zeißl – auf der Brücke stehend abgelichtet wurden. Durch die Fotografien kann man auch erkennen, dass etliche Ar- beitskräfte am Bau der Brücke beteiligt waren, sowie zahlreiche Holzschiffe, die in der Strombauleitung hergestellt wurden, eingesetzt wurden. Neben der Unterstützung beim Bau dieser Holzbrücke war die Strombauleitung auch bei der Instandhaltung der Roll- fähre, die schon vor der NS-Zeit eine Verbindung zwischen Aschach und Landshaag

408 Vgl. Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 2, S. 122. 409 Vgl. Interview mit Herrn Stefan Paschinger. 410 Verordnung über die Reichswasserstraßenverwaltung in den Reichsgauen der Ostmark, 12. Septem- ber 1941, RGBl. I, S. 609. 411 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 503. 412 Vgl. Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 2, S. 111. 413 Linzer Volksblatt vom 29. April 1938.

90 herstellte, beteiligt. Hierbei musste 1940 das rund 4 t schwere Stahlseil für die Fähre ausgewechselt werden, das durch die Aneinanderreihung von Trauner-Holzbooten von Landshaag nach Aschach gezogen wurde. Für die Instandhaltungsarbeiten wurden ins- gesamt 60 Mann, also rund die Hälfte der gesamten Arbeitskräfte, aus der Strombaulei- tung sowie 6 Personen der Schiffswerft Linz benötigt. Die gesamten Instandhaltungs- kosten beliefen sich dabei auf 10.000 RM414 Diese Kosten konnten aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage der Rollfähre jedoch nicht mit Eigenmitteln aufge- bracht werden, sondern mussten mit einem Zwischenkredit von der Sparkasse Eferding finanziert werden.415 Ein weiteres Projekt, bei dem die wirtschaftlichen Daten auch be- legbar sind, ist der Auftrag der Gemeinde an die Strombauleitung und andere Unter- nehmen für den Ausbau der Gemeindestraße am rechten Donauufer von Aschach nach Neuhaus. Das Auftragsvolumen betrug hierbei 33.000 RM, wobei 10 % von der Strom- bauleitung Aschach vereinnahmt wurden und dieser Schlüssel auch für Instandhaltungs- arbeiten gewährt wurde.416 Eine Einrichtung, an der die Strombauleitung bei der Instandhaltung maßgeblich beteiligt war, war die Rollfähre. Die Rollfähre dürfte zunächst ein sehr gewinnbringen- des Unternehmen gewesen sein. Denn bei der Verlesung der wirtschaftlichen Situation der Rollfähre im Gemeinderat vom 9. Juni 1939 haben alle Anwesenden die Situation „in bester Ordnung“ gefunden. Innerhalb von zwei Jahren hat sich dieses Bild jedoch gedreht, was man an der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung für den Zeitraum 1. April 1941 bis 31. März 1943 sehen kann. Tabelle 8 zeigt die Bilanzen der Jahre 1941/42/43. Da es sich bei der Rollfähre um ein Unternehmen der Gemeinde handelt, ist der Eigenkapitalgeber gleichzeitig die Gemeinde. Die Bilanzen zeigen grundsätzlich auf, dass das Unternehmen sehr anlagenlastig ist. Denn Umlaufvermögen, wo die Holz- vorräte und der Kassabestand eingegliedert werden können, sind nur rar vorhanden. Somit reagiert ein solches Unternehmen prinzipiell sensibler auf wirtschaftliche Verän- derungen, die in Form der Kriegswirtschaft auch stattgefunden haben. Aus buchhalteri- scher Sicht scheint auch der Aspekt des Verlustausweises etwas eigentümlich auf. Er wird unter den Aktiva eingegliedert, die eigentlich Vermögenswerte darstellen sollten. Somit scheint hier auch eine mangelhafte Buchhaltung auf, da es eigentlich zu einer Bilanzverkürzung durch eine Eigenkapitalreduktion kommen müsste. Im Folgejahr 1942/43 konnten weitere liquide Mittel angehäuft, sowie das Fremdkapital weiter redu-

414 Vgl. Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 2, S. 111; 114; 125; 128; 130; 132. 415 Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 29. Juli 1940. 416 Ebd.

91 ziert werden. In diesem Jahr wurde dann auch der Verlust des Vorjahres wirksam, der zu einer Bilanzverkürzung führte.

Aktiva in RM Passiva in RM 1. 4. 1941 31. 3. 1942 31. 3. 1943 1. 4. 1941 31. 3. 1942 31. 3. 1943 Kassa 223,01 1.442,77 5.887,49 Sparkasse Eferding 2.500 4.569,65 Rückstellung Vorschuss-Kto. 30 115 - Fähre 30.000 27.000 24.000 Zufahrtsbrücken 20.000 18.000 16.000 Seiltürme 30.000 28.500 27.000 Standzillen 6.000 5.100 4.200 Fahrtmutzen 60 50 40 Werkzeuge und Geräte 100 80 60 Einrichtungen 125 113 101 Stadel 1.000 950 900

Tragseil etc. 7.500 6.750 3.000 Holzvorräte 1.000 1.000 1.000 Sparkasse Eferding 10.000 7.000 3.000 Kapital 86038,01 86.038,01 84.682,96 Verlust 1941/1942 1.355,05 Verlust 1942/43 924,82 Bilanzsumme 96.038,01 93.038,01 87.682,96 96.038,01 93.038,01 87.682,96 Tabelle 8: leicht modifizierte Bilanzen der Rollfähre vom 1941, 1942 und 1943 in RM417

In der Gewinn- und Verlustrechnung sind die einzelnen Posten aufgegliedert, die zu einem Verlust von 1.355,05 RM führten. Hierbei sind die Abschreibungen und die Unkosten für Löhne und Gehälter die größten Brocken. Durch die hohe Abschreibungs- intensität ergibt sich aber gleichzeitig der Umstand, dass die operativen Cashflows sehr viel höher sein müssen, als das in der GuV-Rechnung zum Tragen kommt. Erkennen lässt sich dieser Umstand auch in dem wesentlich höheren Kassabestand der Schlussbi- lanz und der Möglichkeit von Zahlungen an Eigen- und Fremdkapitalgeber. Somit ist das Unternehmen, obwohl defizitär im betrachteten Abschlussjahr, nicht von Liquidi- tätsschwierigkeiten betroffen. Im Jahr 1942/43 stellt sich grundsätzlich dieselbe Situati- on dar. Wie man am Beispiel der Rollfähre sehen kann, konnte hier nicht die Lohn- Preis-Spirale effizient gehalten werden. Denn innerhalb eines Jahres stiegen die Löhne für 4 Arbeitskräfte alleine um rund 6 Prozent an. Noch deutlicher wird dieses Durchbre- chen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bei den Einnahmen sichtbar, die beinahe um ein Fünftel stiegen und sicherlich auch Preiserhöhungen beinhalteten.

417 Quelle: Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 880 Sparkasse, Mappe 880/5 Gemeindliche Unter- nehmen.

92 Einnahmen: 1941/42 1942/43 Überfuhr 19.722,28 23.338,30 Rückzahlung Kinderz. 70,43 - Altmaterial 157,25 - Verschiedene 62 20.011,96 126,11 23.464,41 Ausgaben: Abschreibungen: Fähre 3.000 3.000 Zufahrtsbrücke 2.000 2.000 Seiltürme 1.500 1.500 Rest 1.742 8.242 4.750 11.242 Unkosten: Löhne 9.001,77 9.687,40 Gnadengabe Moser 159,96 159,96 Weihnachtszuwendungen 131,26 174 soz. Lasten 1.049,05 728,86 Nachtgebühr 520,38 10.862,42 1012,18 11.762,40 Handwerker 326,75 68 Andere Ausgaben 603 1.234,05 Seile 192,60 82,78 Holz f. Fahrzeuge 240,24 - Verwaltungsabgabe Ge- 900 2.262,59 - 1.384,83 meinde Verlust 1.355,05 924,82 Tabelle 9: leicht modifizierte Gewinn- und Verlustrechnung der Rollfähre 1941/42 und 1942/43418

Ein Unternehmen, das schon im Abschnitt über Dr. Dienstl vorgestellt wurde, ist die Stärkefabrik in Aschach an der Donau. Diese wurde 1936 in Aschach gebaut und fertig gestellt. Die Errichtung wurde noch unter Dipl.-Ing. Lederer und Perutz durchge- führt, die wegen ihrer jüdischen Abstammung in der Folge den Betrieb verkauften und emigrierten. Nach dem Anschluss wurde das Werk dann von Direktor Franz Giersig aus Aschach geleitet.419 Darauf wurde das Werk in die neu gegründete Landwirtschaftliche- Kartoffelverwertungs-AG eingeführt. Obwohl es zunächst noch starke Zurückhaltung unter den Landwirten der Region gab, der Stärkefabrik Kartoffeln anzuliefern, konnte die Betriebsführung doch innerhalb kurzer Zeit mit etwas Nachdruck die nötigen Ein- heiten beschaffen. Somit konnten 1936 schon 70 t an Tagesproduktion an Kartoffelstär- ke erreicht werden.420 Für 1938 wird von der Gemeinde eine Jahresproduktionsmenge

418 Quelle: Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 880 Sparkasse, Mappe 880/5 Gemeindliche Unter- nehmen. 419 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. Wehrangelegenheiten 1938-1942, Mappe Wehrangelegenhei- ten 1938-1942, Feststellung von Betrieben vom 19. Juli 1938. 420 Vgl. Oberösterreichische Stärke- und Chemische Industrie Gesellschaft m. b. H., 50 Jahre Stärkefabrik Aschach, S. 15 ff.

93 von ca. 1.500 Waggons Kartoffel angegeben.421 Bis 1941 konnte die Kapazität trotz der Umstände des Zweiten Weltkrieges auf 150 t Kartoffeln täglich gesteigert werden und des Weiteren eine Dextrin- und Sirupanlage dazu gebaut werden, die auch bis zum Ende des Krieges im Wesentlichen erhalten werden konnte. Die Maschinen, die für die Pro- duktion eingesetzt wurden, sind aus Deutschland angeliefert worden. 422 Der Arbeits- kräftebedarf des Werkes nahm mit der Steigerung der Produktionsmenge deutlich zu. Im Juli 1938 zählte man in der Stärkefabrik 31 Arbeitskräfte (davon 3 weibliche) und 3 Beamte (davon 1 weiblich). Der Betrieb beschäftigte vor allem junge Arbeitskräfte. Das bestätigt die Zahl der unter 35 Jährigen, die bei rund 50 % liegt.423 Es zeigt sich hier also, dass die Stärkefabrik in wesentlich höherem Ausmaß auf junge Arbeitskräfte ab- gezielt hat, wenn man den Betrieb mit der Strombauleitung vergleicht. Mittels einer Abbildung424 aus dem Jahr 1940 kann die Belegschaftsstärke auf 26 Personen festge- macht werden. Ob hier Arbeitskräfte aufgrund diverser Umstände wie Krankheit fehlen, kann nicht eruiert werden. Es dürfte jedoch bis 1940 noch zu keiner rasanten Steigerung der Arbeitskräfte gekommen sein. Diese hat erst mit der Anstellung der Fremdarbeite- rInnen und Kriegsgefangenen begonnen. So wurden 1940 schon 29 belgische Kriegsge- fangene in der Stärkefabrik eingesetzt, welche jedoch nicht aus Pupping stammen konn- ten, da dieses Lager erst 1943 in Betrieb gegangen ist.425 Ende 1941 wurde in einem Wirtschaftsplan der Gemeinde die ungefähre Anzahl der Beschäftigten mit 200 Mann zwischen Oktober und März und rund 80 Personen im restlichen Zeitraum genannt.426 Es ist nicht eruierbar, ob hier FremdarbeiterInnen und Kriegsgefangene Berücksichti- gung fanden. Es würde aber aufgrund der hohen Steigerung im Vergleich zum Vorjahr plausibel sein. 1942 kamen weitere 80 Ukrainerinnen und russische Zwangsarbeiter im Werk zum Einsatz. Später ergänzten italienische und französische Kriegsgefangene die Multinationalität der Belegschaft.427

421 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. Wehrangelegenheiten 1938-1942, Mappe Wehrangelegenhei- ten 1938-1942, Feststellung von Betrieben vom 19. Juli 1938. 422Vgl. Oberösterreichische Stärke- und Chemische Industrie Gesellschaft m. b. H., 50 Jahre Stärkefabrik Aschach, S. 15 ff. 423 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. Wehrangelegenheiten 1938-1942, Mappe Wehrangelegenhei- ten 1938-1942, Feststellung von Betrieben vom 19. Juli 1938. 424 Vgl. Oberösterreichische Stärke- und Chemische Industrie Gesellschaft m. b. H., 50 Jahre Stärkefabrik Aschach, S. 21. 425 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 705/5 Wirtschaftsförderungen, Mappe 705/5 Wirtschaftsför- derungen, Zl. 2507/40, Maßnahmen zur Verhütung von Betriebsstörungen bei Frost und Schnee vom 19. Dezember 1940. 426 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 610/1 Raumplanung, Mappe 610/1 Raumplanung, Wirt- schaftsplan, Allgemeines, Zl. Va/H2, Wirtschaftsplan Aschach/Don. Vom 10. November 1941. 427Vgl. Oberösterreichische Stärke- und Chemische Industrie Gesellschaft m. b. H., 50 Jahre Stärkefabrik Aschach, S. 21.

94 Die Ziegelindustrie in Aschach teilte sich in zwei Werke auf, das Ziegelwerk Martin Pichler und das Ziegelwerk Obermayr. Wie der Leser feststellen konnte, war die Ziegeleibranche währen der NS-Zeit mit starken wirtschaftlichen Einschnitten konfron- tiert. Obwohl keine genauen Daten mehr über den Erfolg der beiden Ziegelwerke vor- liegen, kann anhand der Beschäftigungslage zumindest die Vermutung angestellt wer- den, dass die Werke in Aschach von der NS-Zeit profitierten. Aber zunächst zu den Be- schäftigtenzahlen. Das Ziegelwerk Martin Pichler in Ruprechting, einem Ortsteil in Aschach an der Donau, hatte nachweislich im Juli 1938 19 Personen beschäftigt. Das Werk war eine Männerdomäne, denn es befand sich keine einzige Frau unter den Be- schäftigten. 14 davon waren unter 35 Jahre alt, was auf eine sehr junge Belegschaft hinweist. Zu diesem Zeitpunkt produzierten das Werk mit seinen 19 Mitarbeitern rund 350.000 Stück Optimushohlblockziegeln und Leichtwandsteine pro Jahr, wobei es hier auch auf die Witterung ankam.428 Im Laufe des Krieges musste auch das Ziegelwerk Pichler Kriegsgefangene – zumeist Franzosen – einsetzen. Diese wohnten im ehemali- gen Klingerhaus und erhielten ihr Essen aus dem Gasthaus Griesmayr. Für Tätigkeiten abseits der Ziegelproduktion wurden dem Werk auch ukrainische Zwangsarbeiter zur Verfügung gestellt.429 Interessant ist hierbei, dass dieses Werk noch von einem anlie- genden Ziegelwerk, der Ziegelei Obermayr in Bezug auf die Produktionsleistung und die Anzahl der Arbeitskräfte übertroffen wurde. So wurden von der Ziegelei Obermayr 1,5 Mio. Stück Massivziegel pro Jahr produziert bei einer Belegschaftsstärke von 21 Mitarbeitern. Darunter waren auch 9 weibliche Arbeitskräfte, was einen hohen Anteil im Vergleich zum Pichler Ziegelwerk darstellt. Obwohl der Anteil an unter 35 Jährigen hier mit rund 50 % der männlichen Arbeitskräfte nicht ganz so ausgeprägt ist, wie beim Pichler Ziegelwerk, zeigt sich dennoch eine junge Altersstruktur.430 Ende 1941 glichen sich jedoch die Beschäftigungszahlen an. So hatten laut Wirtschaftsplan der Gemeinde beide Unternehmen eine Belegschaft von 30 Personen.431 Anhand dieses Anstiegs kann in gewisser Weise auch auf den Aufstieg des Pichler Ziegelwerkes geschlossen werden. Das zeigt sich dann auch im Verlaufe des Zweiten Weltkrieges, indem zunehmend mehr Ziegel vom Pichler Ziegelwerk angefordert wurden, die großteils in die Reichswerke

428 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. Wehrangelegenheiten 1938-1942, Mappe Wehrangelegenhei- ten 1938-1942, Feststellung von Betrieben vom 19. Juli 1938. 429 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 1, S. 404. 430 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. Wehrangelegenheiten 1938-1942, Mappe Wehrangelegenhei- ten 1938-1942, Feststellung von Betrieben vom 19. Juli 1938. 431 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 610/1 Raumplanung, Mappe 610/1 Raumplanung, Wirt- schaftsplan, Allgemeines, Zl. Va/H2, Wirtschaftsplan Aschach/Don. Vom 10. November 1941.

95 Hermann Göring transportiert wurden.432 Die profitable Belieferung der Reichswerke Hermann Göring brachte Martin Pichler nach Kriegsende auch den Ruf als begeisterter Nazi und gewerblichen Kriegsgewinner ein, was seine Ansuchen zwecks Ausbaus des Werkes bei der Gemeinde wesentlich erschwerte.433 Eine detaillierte wirtschaftliche Betrachtung lässt sich aufgrund der Datenlage nicht durchführen. Die Rahmenfabrik Aschach, die ursprünglich von Anderas Nöttling 1905 gegrün- det wurde, hieß ab 1938 Donau Werke Aschach an der Donau und stand im Besitz von Max Schlenker einem Parteigenossen der NSDAP. Die Fabrik wurde nach kurzer Ru- hephase von den Hermann Göring Werken als Sägewerk und Holzbearbeitungsfabrik weiter geführt. Sie fungierte auch als Ersatzteillager für Panzerersatzteile und verschie- denen Gegenständen, die mit Hakenkreuzen und Reichsadlern bestückt waren und die für den Endsieg hier gelagert wurden.434 Sie wurde gemäß dem Vierjahresplan von Gö- ring eingegliedert und stand unter der Leitung von Schlenker. Kurz nach dem Anschluss war das Werk jedoch noch nicht einsatzbereit und hatte somit auch noch keine Arbeits- kräfte aufnehmen können.435 1941 wurden im Sägewerk Schlenker, das zum Teil an die Reichswerke Hermann Göring verpachtet wurden, schon 30 Personen beschäftigt.436 Im April 1942 war das Werk jedoch schon voll in Betrieb und führte jährlich Bauaufträge mit einem Ressourceneinsatz von rund 12.500 fm durch.437 Im Oktober 1944 wurde die Verpachtung des Sägewerks jedoch eingestellt und der Fertigungsbetrieb Elektro- Heizungs-Technik Ges.m.b.H. bezog das Fabrikgelände. Erzeugt wurden zunächst Holz-Generatoren, die dann nach dem Krieg von Elektroherden abgelöst wurden. Ein- gesetzt wurden in der Spätphase des Krieges vor allem Zwangsarbeiter. In der Nach- kriegszeit entwickelte sich das Werk mit 30 Angestellten und 300 Arbeitern zu einem der wichtigsten Industriebetriebe Aschachs.438

432 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 1, S. 403; Die zitierte Aussage geht auf ein Interview zu- rück, dass von Werner Promintzer mit Helene Pichler geführt wurde, nach Aussagen von Dr.in Martina Zifferer der Firma Pichler Ziegelwerk in Aschach. 433 Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 27. Oktober 1945. 434 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 667 ff. 435 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. Wehrangelegenheiten 1938-1942, Mappe Wehrangelegenhei- ten 1938-1942, Feststellung von Betrieben vom 19. Juli 1938. 436 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 610/1 Raumplanung, Mappe 610/1 Raumplanung, Wirt- schaftsplan, Allgemeines, Zl. Va/H2, Wirtschaftsplan Aschach/Don. Vom 10. November 1941. 437 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 705/5 Wirtschaftsförderungen, Mappe 705/5 Wirtschaftsför- derungen, Zl. 2507/40, Mögliche Abtragung der Schleppgleise zur Donau Lände vom 24. April 1942. 438 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 672.

96 Branche Betriebe Branche Betriebe Kaufleute 21 Maler 2 Gastwirte 14 Schmiede, Spengler, Schlosser 5 Schuster 6 Glaser, Schleifer, Hafner, Lederer 4 Schneider 8 Fleischhauer, Viehhändler 5 Tischlerei 2 Friseure 2 Filmtheater 1 Gesundheitswesen 5 Bäcker 3 Uhrmacher, Sattler, Kaminfeger 3 Tabelle 10: Auflistung der Betriebe nach Branchen vom November 1945439

Nach diesen Vorstellungen von einigen der wichtigsten Betriebe in Aschach sol- len noch einige Aspekte behandelt werden, die in den obigen Ausführungen noch nicht vorgekommen sind, aber von wirtschaftlichem Interesse sind. Zunächst wird eine Statis- tik der wirtschaftlichen Betriebe gezeigt, die in Branchen gegliedert ist. Hierbei ist zu beachten, dass die Daten vom 21. November 1945 datieren. Jedoch kann mit ihnen ein schönes Gesamtbild der Aschacher Wirtschaft zu Kriegsende aufgezeigt werden. Die Ausrichtung auf den Tourismus in Aschach an der Donau kann man auch aus dieser Tabelle herauslesen. Denn die meisten Betriebe finden sich in den Kategorien Kaufleute und Gastwirte. Mit dem Kino war in Aschach ein weiterer Ort für ein Zu- sammentreffen der Bevölkerung geschaffen worden. Die Genehmigung für die Errich- tung des Kinos erhielt Karl Griesmayr, Pächter des Gasthofes zum Brauhaus, schon 1937.440 Später ist dann jedoch nur mehr das Kino mit dem Namen Josef Fröhlich in Verbindung zu bringen. Natürlich durften jedoch nicht alle Bevölkerungsgruppen das Kino betreten. Polen und Ostarbeitern war es strengstens untersagt, sich Filme dort an- zusehen.441 Diese Anordnung wurde jedoch schon 2 Monate später fallen gelassen und der Zutritt für Ostarbeiter und Polen gewährt, unter der Bedingung, dass diese in der ersten Reihe sitzen mussten.442 Ein Grund für diese Änderung dürfte in der absinkenden Produktivität bei den Ostarbeitern liegen, die in der Arbeit schon erwähnt wurde. Durch ein Schreiben der Marktgemeinde an die Reichsfilmkammer kann auch nachvollzogen werden, wie hoch die Einnahmen des Kinos waren. Diese betrugen im Jahr 1941 16.116

439 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 130/1 Gewerbe-Allgemeines, Mappe 130/1 Gewerbeordnung, Allgemeines, Gewerbeaufsicht, An- und Abmeldung von Gewerbebetrieben, Aufstellung aller selbsstän- dig Erwerbstätigen in der Marktgemeinde Aschach an der Donau vom 21. November 1945. 440 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 126/1 Theater u. Lustbarkeiten, Mappe 126/1 Theater, Allge- meines, Produktionslizenzen, Tanzmusiken, Zl. 2222/5 – 1937, Bescheid vom 25. Mai 1937. 441 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 324 Filmwesen, Mappe 324 Filmwesen, Zl. L III/st – 593 (II) 1944, Kinobesuch durch Ausländer vom 15. Februar 1944. 442 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 324 Filmwesen, Mappe 324 Filmwesen, Zl. L III/st – 593, Rege- lung des Kinobesuchs durch Ausländer vom 7. April 1944.

97 RM und im Jahr 1942 16.369,60 RM. Des Weiteren zeigt das Schreiben, dass ab 1941 eine Kontrolle der Filme stattfand.443

Datum Anzahl der Geschäfte 14.12.1942 24 13.12.1943 27 16.10.1944 28 20.12.1945 24 Tabelle 11: Anzahl der der Betriebe des Handelsgewerbes in Aschach 1942 bis 1945444

In der oben gezeigten Tabelle ist die Zahl der Handelsbetriebe in Aschach von 1942 bis 1945 aufgelistet. Die Daten wurden durch die Durchsicht von Kenntnisnahmen der Ladenschlusszeiten gewonnen. Denn jeder Gewerbetreibende des Handelsgewerbes musste die Verordnung unterzeichnen. Somit kann mit einer hohen Sicherheit die An- zahl der Unterschriften mit der Anzahl der aktiven Betriebe gleichgesetzt werden. In der Tabelle kann man erkennen, dass das Handelsgewerbe während der NS-Zeit und beson- ders während des Zweiten Weltkrieges in keinem besonderen Ausmaß betroffen war. Denn eine große Volatilität ist hier nicht zu bemerken. Zu beachten ist, dass es sich hier um den regionalen Kleinhandel handelt, da dieser in den Verordnungen der Laden- schlusszeiten speziell angesprochen wurde.

4.3.2 Exkurs Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene Auch in Aschach wurden für Industrie und Landwirtschaft Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene eingesetzt. Hierbei können die Jahre 1942 und 1943 als Zeitpunkte eines großen Bedarfes an Zwangsarbeitern genannt werden. Nachfolgend soll Tabelle 12 ein genaueres Bild der in Aschach lebenden AusländerInnen geben. Zu beachten ist hierbei, dass es sich nicht um eine vollständige Liste aller ArbeiterInnen handelt, die in Aschach arbeiteten. Die Auflistung zeigt, dass 1944 ca. 50 % aller in Aschach lebender AusländerInnen ItalienerInnen waren. 11 Personen der Liste waren beim Ziegelwerk Pichler tätig, weitere 17 bei der Tischlerei Haberleitner.

443 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 126/1 Theater u. Lustbarkeiten, Mappe 126/1 Theater, Allge- meines, Produktionslizenzen, Tanzmusiken, Bruttoeinnahme der Tonlichtspiele Aschach a/D. vom 16. April 1943. 444 Quelle: Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. Arbeiterschutz, Mappe 134/30 Handelsgewerbe (Lan- denschluß auf Grund der Arbeitszeitordnung usw.).

98 Nationalität Anzahl Ostarbeiter 11 Ukrainer 1 Polen 2 Italiener 20 Bulgaren 1 Franzosen 7 Tabelle 12: Stand der AusländerInnen in Aschach vom 16. Februar 1944445

Trotz des intensiven Arbeitseinsatzes dürfte es in Aschach wohl im Allgemeinen eine neutrale Stellung ihnen gegenüber gegeben haben. Dabei ist gemeint, dass sie den Umständen entsprechend gut von der Bevölkerung behandelt wurden. Für diese Be- hauptung lassen sich einige Hinweise finden. Einerseits bezeugt beispielsweise Frau Dr.in Dienstl den guten Umgang mit Kriegsgefangenen, die sie aus dem Stalag Pupping für Arbeitstätigkeiten anfordern konnten. Hier haben aber auch die Wachen, die für die Beaufsichtigung der Gefangenen zuständig waren, mitgespielt, indem sie die gute Be- handlung (z.B. durch die Bereitstellung einer ordentlichen Jause) zuließen.446 Es gibt aber auch positive Rückmeldungen der Zwangsarbeiter selbst, die in Schreiben den Kontakt mit den AschacherInnen pflegen wollten. In einem dieser Schreiben kommt keineswegs Hass oder Abneigung, sondern eher eine positive Erinnerung zum Aus- druck.447 Auch Aussagen von ukrainischen Zwangsarbeitern und französischen Kriegs- gefangenen gegenüber der Familie Pichler, Besitzer des Ziegelwerks, zeugen von einer Trauerstimmung aufgrund der Heimreise nach dem Zweiten Weltkrieg.448 Andererseits wurde auch von offizieller Seite her befohlen, alle Zwangsarbeiter, insbesondere die Ostarbeiter, keinen Denunziationen und Missbräuchen auszusetzen, um die Arbeitsleis- tung der Ostarbeiter nicht weiter zu senken.449 Es ist jedoch schon zu bemerken, dass es auch in Aschach ein striktes Verbot von Kontaktaufnahmen zwischen Ariern und ZwangsarbeiterInnen, vor allem Ostarbeitern, gab. Dieses wurde auch durch Merkblät- ter deutlich, die das Verhalten gegenüber Kriegsgefangenen beschrieben, wobei insbe- sondere der Kontakt oder die Beziehung zu Kriegsgefangenen mit harten Strafen belegt

445 Quelle: Mappe 134/40 Arbeitsamt, Arbeitsbuch (separat bei den Schachteln eingeordnet), Zur Kennt- nisnahme allen Ausländern von Aschach vom 16. Februar 1944. 446 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Dienstl 447 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Ordner Erster Weltkrieg 1914-18. Zwischen den Kriegen. Zweiter Weltkrieg 1939-45, Schreiben von der Ukrainerin Natascha Soi vom Jahr 1999. 448 Vgl. Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 1, S. 404. 449 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Ordner Erster Weltkrieg 1914-18. Zwischen den Kriegen. Zweiter Weltkrieg 1939-45, Zl. L-22/45, Behandlung von Ostarbeitern vom 3. Februar 1945.

99 wurde.450 Dennoch gab es AschacherInnen, die diese Verbote ignoriert haben und den ArbeiterInnen sogar Geschenke gemacht haben.451 Des Weiteren dürften sich auch in anderen Gemeinden solche Fälle gefunden haben, da der Landrat des Kreises Grieskir- chen am 3. Februar 1942 an alle Bürgermeister des Kreises einen Brief geschickt hat, in dem er anprangerte, dass Kriegsgefangene in Besitz deutschen Geldes gekommen sind.452 Diese Beispiele zeigen jedoch nur auf, dass es AschacherInnen gegeben hat, die gegen ein menschenfeindliches Verhalten eingestellt waren, was diesen auch hoch anzu- rechnen ist. Das Kriegsgefangenlager, aus dem die Gemeinde Aschach einen Großteil ihrer Arbeitskräfte bezog, war das Stalag 398 Pupping. Dieses wurde am 15. September 1941 eingerichtet und stand rechts oberhalb der Ortschaft Pupping entlang der Lokalbahn Wels – Aschach an der Donau. Zunächst war Pupping noch als Zweiglager des Stalag XVII B Gneixendorf aufgestellt und hatte schon im April 1942 497 Kriegsgefangene aufgenommen. Von den Nationalitäten her waren die Franzosen jene Gruppe, die zwi- schen 1943 und Ende 1944 zwischen 50 und 65 % schwankte und somit im Lager die größte Stärke darstellte. Weitere wichtige Nationalitäten waren serbische, sowjetische und italienische Gefangene. Der Gefangenenstand schwankte dabei zwischen rund 24.000 zu Beginn der Lagerarbeit und 34.000 Gefangenen in Spitzenzeiten.453 Mit dem 4. Mai 1945 wurden die Insassen des Lagers schließlich von US-amerikanischen Solda- ten befreit. Diese sollen über die Verhältnisse und die Möglichkeiten der Insassen im Lager Pupping sehr erstaunt gewesen sein. Denn sie hatten anscheinend ein hohes Maß an Freiheiten und Begünstigungen im Vergleich zu anderen Lagern.454 Auch im Schrift- verkehr zwischen der Gemeinde Aschach und dem Lager Pupping findet sich ein Hin- weis auf Lockerungen der Bewachungsvorschriften von französischen und belgischen Kriegsgefangenen.455

450 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 723 Kriegsgefangeneneinsatz, Mappe 723 Kriegsgefangenen, Merkblatt Verhalten gegenüber Kriegsgefangenen vom Mai 1942. 451 Vgl. hierfür die Aussagen eines nicht beim Namen genannten Aschachers in Promintzer, Aschach an der Donau, Bd. 2, S. 778. 452 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 723 Kriegsgefangeneneinsatz, Mappe 723 Kriegsgefangenen- einsatz, Zl. L/III/m – 720/39, Deutsches Geld in den Händen von Kriegsgefangenen vom 3. Februar 1942. 453 Vgl. Speckner, In der Gewalt des Feindes, S. 258 ff. 454 Vgl. Rauch, Kriegsgefangenenlager Pupping, S. 318. 455 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 723 Kriegsgefangeneneinsatz, Mappe 723 Kriegsgefangenen- einsatz, Zl. 233/42, Auflockerung der Bewachung von franz. Belg. Kgf., Spaziergänge und sonstige Be- günstigungen vom 6. Jänner 1943.

100 4.3.3 Fremdenverkehr in Aschach In Aschach an der Donau spielte der Tourismus seit jeher eine wichtige Rolle für den wirtschaftlichen Zustand der Marktgemeinde. Dabei spielt in einem Flachlandgebiet wie dem Eferdinger Becken aus geografischer Sicht der Sommertourismus eine größere Rolle als der Wintertourismus.

1. August 1941 Anzahl Betten Gasthöfe 6 63 Kleine Gaststätten 12 61 Privathäuser 20 21 Summe 38 145 Tabelle 13: Angebot an Einrichtungen, die Betten zu Verfügung stellen 1941456

Damit sich der Leser eine Vorstellung über die Situation des Bettenangebots für den Fremdenverkehr machen kann, zeigt Tabelle 13 einen Überblick über die Möglich- keiten von Einquartierungen in den einzelnen Unterkünften auf. Hierbei zeigt sich, dass zwar ein Großteil der Anbieter Privathäuser waren, die Mehrheit der Betten jedoch von den Gasthöfen und Gaststätten gestellt wurde. Fremdenmeldungen Zahl der Nächtigungen Zeitraum (davon vom Ausland) (davon vom Ausland) 1.5.1937 – 31.10.1937 720 (119457) 4280 (376) 1.11.1937 – 30.4.1938 171 (davon 1 vom Ausland) 658 (4) 1.4.1938 – 30.9.1938 720 (19458) 4955 (196) 1.10.1938 – 31.3.1939 164 (1459) 759 (1) 1.4.1939 – 30.9.1939 840 (13) 4806 (198) 1.10.1939 - 31.3.1940 105 197 1.4.1940 - 30.9.1940 1620 (3) 8698 (3) 1.10.1940 – 31.3.1941 33 (2) 418 (2) 1.4.1941 – 30.9.1941 527 7338 1.10.1941 – 31.3.1942 160 416 1.10.1942 – 31.3.1943 132 940 1.4.1943 – 30.9.1943 259 1106 1.10.1943 – 31.3.1944 109 364 Tabelle 14: Tourismusentwicklung in Aschach von 1937 bis 1945460

456 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 705 Verkehrsförderung, Mappe 705/1 Fremdenverkehr, Lan- desfremdenverkehrsverband, Verkehrsverein, Herbergsbetriebe und Fremdenbettenerhebung vom 1. August 1941. 457 Mit Ausland ist bis 30.4.1938 jeder fremde Staat außer dem deutschen Reich gemeint. 458 Mit den Monatsberichten der Sommer 1938 und 1939 konnten die fehlende Auflistung von Nächti- gungen vom Ausland zumindest für den Zeitraum Mai bis September bzw. Juli bis September und die Gesamtnächtigungen um August und September ergänzt werden; siehe hierzu Gemeindearchiv Aschach a. d. Donau, Sch. 049/20 Fremdenverkehrsstatistik, Mappe 049/20 Fremdenverkehrsstatistik. 459 Ausland ist jeder fremde Staat außer dem Deutschen Reich, dem Protektorat Böhmen und Mähren und dem Generalgouvernement.

101 Tabelle 13 zeigt eine beinah lückenlose Aufzeichnung der Fremdenverkehrsstatis- tik. Die Daten sind in Halbjahre unterteilt, wobei nur das Sommerhalbjahr 1942 nicht mehr in den Archivunterlagen gefunden werden konnte. Dennoch lässt sich aufgrund der sehr guten Datenlage eine Auflistung der Entwicklung des Tourismus in Aschach zeigen. Bei der Analyse wurde des Weiteren untergliedert in Meldungen bzw. Nächti- gungen von inländischen Touristen und jenen von ausländischen Touristen. Auf die unterschiedlichen Herkunftsländer wird aufgrund der geringen Bedeutung nicht näher eingegangen. Um eine bessere Darstellung der oben gezeigten Daten zu erhalten, wur- den die Nächtigungszahlen grafisch in Abbildung 16 dargestellt. In dieser Grafik wur- den die Nächtigungen von ausländischen Touristen in Rot dargestellt, wobei ihr Anteil nach dem Anschluss verschwindend gering wird und ab dem Sommerhalbjahr 1942 nicht mehr existiert. Wie schon oben beschrieben wurde, ist Aschach eine Sommertou- rismusgemeinde. Dies zeigt sich an den Spitzen der Sommerhalbjahre im Vergleich zu den Winterhalbjahren.

Nächtigungszahlen in Aschach von 1937 bis 1944 10000 9000 8000 7000 6000 5000 4000 3000 2000 1000 0

Nächtigungen Inländer Nächtigungen Ausländer

Abbildung 16: Nächtigungszahlen in Aschach 1937 bis 1944

Vor dem Anschluss an das Deutsche Reich konnte Aschach 4806 Nächtigungen bei 720 Fremdenmeldungen im Sommer 1937 verbuchen. Der Anteil der Nächtigungen von ausländischen Touristen betrug dabei rund 9 %. Dieser Wert ist zwar nicht von gro- ßer Bedeutung, macht aber immerhin rund ein Zehntel der Gesamtnächtigungen aus,

460 Quelle: Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 705 Verkehrsförderung, Mappe 705/1 Fremdenver- kehr; Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 049/20 Fremdenverkehrsstatistik, Mappe 049/20 Fremden- verkehrsstatistik.

102 was auch für eine Landgemeinde wie Aschach eine Bedeutung haben muss. Schon ein Jahr später nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich verminderte sich dieser Wert um beinahe 100 %. Zweifellos dürfte hier ein kausaler Zusammenhang zwi- schen dem Anschluss und dem Tourismus ausländischer Urlauber bestehen. Eine weitere Entwicklung, die in der Statistik herausragt, ist der Anstieg der Fremdenmeldungen und der Nächtigungen im Sommer 1940, wo die Nächtigungen um signifikante 80 % in die Höhe geschossen sind. Faktoren, die zu diesem Anstieg geführt haben können, sind vielfältig. Einerseits dürfte Aschach durch das Engagement der NS- Gemeinschaft KdF in größerem Ausmaß ein Zufluchtsort städtischer Touristen aus dem Deutschen Reich geworden sein.461 Andererseits kann mit Sicherheit festgestellt wer- den, dass die zahlreichen Teilnehmer des Treffens des Reichskriegerbundes einen An- teil an diesem Anstieg hatten. Im Sommer 1941 gab es wieder einen leichten Rückgang der Nächtigungszahlen auf rund 7.300. Dennoch kann im Vergleich zu den Perioden vor 1939 und nach 1941 dies als hohes Niveau bezeichnet werden. Ein Grund dafür stellen Militäreinquartierungen dar, die in Aschach, nach den Quellen des Gemeindearchivs, ungefähr im Mai, Juni und Juli 1941 stattfanden.462 Mit dem Einsetzen der Flüchtlings- wellen und der implizierten Wohnungsnot in Aschach wird der Fremdenverkehr in Aschach so gut wie unmöglich, wie auch die Statistiken aufzeigen. Von 1941 auf 1943 kommt es zu einem einschneidenden Rückgang auf das Niveau der Winternächtigun- gen. Ab 1943 kann man für Aschach damit sagen, dass der Tourismus zu Ende ist.

4.3.4 Finanzielle Verhältnisse der Marktgemeinde „Die Finanzpolitik stellt die Grundlage jeden politischen Handelns dar.“463 Dies formuliert Kitzmantel treffend, wenn er versucht die finanzielle Situation des Gaus Oberdonau darzustellen und erklärt des Weiteren die schlechte wissenschaftliche Auf- arbeitung des Finanzsystems auf kommunaler Ebene. In diesem Abschnitt wird daher versucht, die finanzielle Lage der Marktgemeinde Aschach an der Donau so gut wie möglich aufzuarbeiten, um hier eine Lücke im Geflecht des Finanzsystems schließen zu können. Dass zeigt sich schon an den oben erwähnten Aussagen vom Bürgermeister zu dieser Zeit. In diesem Abschnitt wird versucht so gut wie möglich die finanziellen Da- ten der Gemeinde zu rekonstruieren, um zumindest einen Einblick geben zu können.

461 Es wird hierbei auf die Ausführungen zur Marktmusikkapelle und zur DAF bzw. NS-Gemeinschaft KdF im Abschnitt Freizeit und Kultur verwiesen. 462 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 705 Verkehrsförderung, Mappe 705/1 Fremdenverkehr, Zl. 705/1/1941, Sommerwohnung vom 15. Mai 1941. 463 Kitzmantel, Finanzpolitik, S. 225.

103 Die Datensuche bewerkstelligte sich hierbei alles andere als leicht. Es konnten im Ge- meindearchiv Aschach an der Donau drei vollständige Rechnungsabschlüsse von den Rechnungsjahren 1940, 1941 und 1942 gefunden werden, die die Einnahmen- und Aus- gabensituation verdeutlichen. Obwohl von 1938 und 1939 jeweils Einnahmen- und Ausgabenordner vorliegen, dürften diese sehr lückenhaft sein. Denn von 1939 auf 1940 hätte sich alleine bei den Einnahmen eine Steigerung von 100 % ergeben, was als unrea- listisch anzunehmen ist. Weitere Daten zu Haushaltsplänen und Rechnungsabschlüssen konnten aus den Protokollen der Gemeinderatssitzungen der einzelnen Jahre entnom- men werden. Tabelle 15 stellt nun die Haushaltsentwicklung in Aschach, soweit diese rekonstruierbar war, dar.

Außerordentlicher Ordentlicher Haushalt Haushalt Einnahmen Ausgaben Erfolg Einnahmen Ausgaben HHP 38 25.938,68 31.915,96 - 5.977,28 0 913,33 RA 38 50.629,52 63.821,23 - 13.191,71 19.556,10 HHP 39 55.583,88 64.067,95 - 8.484,07 11.600,00 11.600,00 HHP 40464 66.159,55 66.120,39 39,16 in ord. HH in ord. HH RA 40 81.080,00 75.495,88 5.584,12 1.537,06 3.601,49 HHP 41 108.964,92 108.964,92 0 3.060,00 3.060,00 RA 41 120.876,23 115.969,93 4.906,30 2.064,43 2.064,43 RA 42 129.075,30 118.523,64 10.551,66 6.060,00 6.060,00 HHP 43 120.378,12 120.378,12 0 fehlt fehlt HHP 44 118.566,62 118.566,62 0 fehlt fehlt Tabelle 15: Haushaltspläne und Rechnungsabschlüsse der Gemeinde Aschach in RM465

Der Vergleich beginnt beim Haushaltsplan 1938. Dieser zeigt die schlechte finan- zielle Lage Aschachs auf, die schon angesprochen wurde. Im Rechnungsabschluss 1938 zeigen sich dann die Auswirkungen des Anschlusses. Durch die Anpassungen an das deutsche Finanzsystem wird ersichtlich, dass sich wesentliche Abweichungen zum Vor- anschlag ergeben. Zwei Effekte spielen hier eine Rolle: erstens die Währungsumstel- lung auf die Reichsmark und zweitens die Ausweitung des Rechnungsjahres 1938 auf

464 Für 1940 sind in der Spalte Ordentlicher Haushalt die Gesamteinnahmen angegeben. Es lag ein Fehl- betrag von 3.007 RM vor, der nur durch die Erhöhung des Hebesatzes für die Gewerbesteuer ausgegli- chen werden konnte. 465 Quelle: Protokolle der Gemeinderatssitzungen der jeweiligen Jahre; HHP = Haushaltsplan, RA = Rech- nungsabschluss; Quelle für HHP 38, RA 38 und HHP 39: Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 921 Durchführung des Haushaltsplans, Mappe 921/2 Jährliche Haushaltssatzungen, Anordnung der Einna- hemn und Ausgaben, Führung der Haushaltswachungslisten, Haushaltssatzung der Gemeinde Aschach an der Donau für das Rechnungsjahr 1939 vom 28. Dezember 1939; offensichtlich gibt es zwischen der letztgenannten Quelle und den Aufzeichnungen in den Protokollen Diskrepanzen für den HHP 39. Da die Haushaltssatzung jedoch später datiert, werden diese Daten für die Gegenüberstellung als korrekter erachtet und deswegen in dem Vergleich berücksichtigt.

104 Ende März, welche höchstwahrscheinlich zum Teil im außerordentlichen Haushalt in- tegriert sind. Diese Effekte erschweren eine Vergleichbarkeit mit dem Voranschlag da- vor und danach. Dennoch wird deutlich, dass wiederum ein negativer Erfolg ausgewie- sen wurde und somit die Situation als Notstandsgemeinde, wie das Bürgermeister Wag- ner treffend formulierte, weiterhin behalten wird. Der ordentliche Haushalt weist auch 1939 einen hohen Plan-Fehlbetrag aus. Dieser Fehlbetrag ist auf Kanal- und Straßenas- phaltierungsarbeiten, sowie auf Gehsteigverbesserungen zurückzuführen. Alleine für die Straßenarbeiten musste die Gemeinde 10.000 RM aufwenden, was einen Großteil des negativen Erfolgs darstellt. Der Fehlbetrag, der nach der Einrechnung aller Korrektur- maßnahmen übrig bleibt, beträgt 8.852,26 RM, der zum Teil ungedeckt blieb.466 Um diese Situation zu verbessern, beschloss der Gemeinderat ab dem 1. Jänner 1940 eine Getränkesteuer i.H.v. 10 % des Entgelts (Kleinhandelspreis) vor allem auf alkoholische Getränke, Kaffee, Tee und Kakao.467 Erste Auswirkungen zeigen sich schon im Rech- nungsabschluss 1940 indem ein Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben erzielt wurde. Diese Steigerung konnte auch durch die Erhöhung der Gewerbesteuer erreicht werden, deren Hebesatz von 200 auf 250 % der Bemessungsgrundlage angehoben wur- de.468 Durch weitere Erhöhungen der Bürger-, Gewerbe-, Grund- und Hundesteuer konnten weitere Einnahmen lukriert werden, die zu einem positiven Haushalt bis 1944 führten.469 Hier muss man auch die geänderte wirtschaftliche Situation Aschachs be- rücksichtigen. Wie im oberen Abschnitt gezeigt, haben sich Arbeitsbeschaffungsmaß- nahmen in Aschach positiv ausgewirkt, was auch an der Zunahme der Beschäftigung deutlich wird und somit zu höheren Gemeindesteuereinnahmen geführt hat. Aber auch Zuschüsse durch eine Reichsbeihilfe im Ausmaß von 18.000 RM, die der notleidenden Gemeinde 1938 zur Verfügung gestellt wurde, verbesserte die Lage des Haushalts we- sentlich.470 Ab 1942 war es der Gemeinde sogar möglich, durch die gestiegenen Steuer- einnahmen Rücklagen i.H.v. 12.050 RM zu bilden und Sparkassenkredite von 8.000 RM zu tilgen.471 In der Folge waren zwar keine Rechnungsabschlüsse mehr vorhanden, aus den Haushaltsplänen kann man aber erkennen, dass sich die Haushaltssituation ab

466 Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 30. Oktober 1939. 467 Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 29. Dezember 1939. 468 Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 11. März 1941. 469 Als Beispiel für die Erhöhung der genannten Steuern können die höheren Hebesätze, die in der Ge- meinderatssitzung vom 26. September 1941 schon wesentlich höher waren als in den vorangegangenen, als Beispiel genannt werden. 470 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 902/1 Steuerüberweisungen und –zuschläge, Mappe 902/1 Finanzzuweisungen, Schlüsselzuweisungen, Zl. III 1960/1, Reichsbeihilfe für die Sanierung der Gemein- den vom 6. Oktober 1938. 471 Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 12. März 1942.

105 1943 wieder negativ entwickelte. Dies kann sicherlich auf die erhöhten Probleme durch die Kriegswirtschaft zurück geführt werden. Dennoch zeigt sich das Bild einer imposan- ten positiven finanziellen Entwicklung in der NS-Zeit, was aus der Notstandsgemeinde Aschach eine Gemeinde machte, die Rücklagen bilden und Schuldenraten tilgen konnte. Dieser Trend lässt sich beispielsweise an den Einnahmen verdeutlichen, die von 1939 bis 1942 um 117,5 % gestiegen sind. Bis zur letzten Aufzeichnung 1944 kann immerhin eine Steigerung der Einnahmen von rund 100 % nachgewiesen werden.

HHP 39 RA 39 HHP 40 RA 40 RA 41 RA 42 Gemeindeumlage fehlt 20.830,48 19.718,73 19.718,75 22.552,99 22.280,00 + Grundsteuer Gewerbesteuer 10.500,00 14.626,42 17.232,75 17.058,68 22.391,56 32.684,00 Bürgersteuer 5.200,00 4.715,19 6.071,25 6.541,72 8.142,83 10.174,00 Gemeindegeträn- 400,00 555,53 2.000,00 2.047,50 3.281,95 3.578,00 kesteuer Vergnügungssteu- 800,00 873,72 900,00 944,91 1.162,04 993,00 er Hundesteuer 322,00 307,89 330,00 430,49 313,17 294,00 Sonstiges 133,00 456,44 0,00 0,00 3,36 0,00 Summe 17.355,00 42.365,21 46.252,73 46.742,05 57.847,90 70.003,00 Tabelle 16: Auflistung der eigenen Steuereinnahmen der Gemeinde472

Betrachtet man innerhalb der Finanz- und Steuerverwaltung den Unterpunkt „Ei- gene Steuern“ näher, dann wird deutlich, welche Posten in welcher Höhe zu den Ein- nahmen des Aschacher Haushalts beitrugen. Grundsätzlich zeigt sich über die Jahre 1939 bis 1941 eine steigende Tendenz der Steuereinnahmen aus eigenen Gemeindesteu- ern. Oben wurden schon die Einführung der Gemeindegetränkesteuer auf höherem Ni- veau und Anpassungen bei der Gewerbesteuer erwähnt. Es zeigt sich, dass diese zwei Posten und die Bürgersteuer die höchsten Steigerungsraten bei den Steuereinnahmen aufweisen. So konnte die Gewerbesteuer um 123 %, die Bürgersteuer um 116 % und die Getränkesteuer um 544 % bei den Ist-Daten im Zeitraum 1939 bis 1942 gesteigert wer- den. Vom Volumen her kann die Gemeindeumlage, die zusammen mit der Grundsteuer ausgewiesen wurde, als wichtigste Einnahmequelle der Gemeinde angesehen werden. Diese blieb im betrachteten Zeitraum aber relativ stabil. Die Einstellung zur Beibehal-

472 Quelle: Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Rechnungsabschlüsse 1940, 1941, Einnahmen-Ausgaben- Ordner 1939; Sch. 950/1 Finanzstatistik, Mappe 950/ Finanzstatistik, Allgemeines, Schuldenstatistik, Jahresübersicht über Steuereinnahmen und Umlagen vom 1. April 1942 bis 31. März 1943; HHP = Haus- haltsplan, RA = Rechnungsabschluss; Beträge 1942 auf volle RM gerundet.

106 tung des Niveaus der Gemeindeumlage wird auch im Protokoll der Gemeinderatssit- zung vom 30. Oktober 1939 deutlich. Dort wird eine Erhöhung dieser Einnahmequelle strikt abgelehnt, da aus der Sicht der Gemeinderäte schon eine Obergrenze des verträg- lichen erreicht wurde.473 Zu beachten ist jedoch die gute wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde Aschach, die sich in der Aufnahme einer größeren Anzahl an Beschäftig- ten zeigt. Dies hatte sicherlich auch einen Anteil an den hohen Steigerungsraten. Denn nur durch die Erhöhung der Hebesätze scheint es unmöglich, derartige Neueinnahmen zu generieren. Zu den wichtigen, wenn auch nicht ausschlaggebenden Einnahmequellen gehörten auch die Finanzzuweisungen aus dem Finanzausgleich. Aus diesen wurde Aschach 1939 10644,48 RM, 1940 19.694,48 RM, 1941 12.756 RM und 1942 14.205 RM zugeschossen. Es wird also deutlich, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Ein- nahmen des Marktes durch den Finanzausgleich zugeschossen wurde. Andererseits zeigt dieses Bild jedoch die große Selbständigkeit der Gemeinden auf, die von ihren Gesamteinnahmen einen Großteil der Volumina selbst finanzieren konnten. Am Bei- spiel 1940 stellt sich das beispielsweise so dar, dass die Gemeinde insgesamt Einnah- men von 81.080,00 RM generierte, wovon 46.742,05 RM oder rund 58 % durch eigene Steuern abgedeckt werden konnten. Zuweisungen aus dem Finanzausgleich betrugen hingegen nur rund 13 %. Einen wirklichen Nettozufluss an finanziellen Mitteln hat es aber von den oberen Behörden nicht gegeben, da beinahe im selben Verhältnis wieder eine Kreisumlage an den Landkreis abzuführen war. Diese betrug für 1940 12.923,11 RM, 1941 11.583,81 RM und für 1942 15.240 RM. An diesen Zahlen sieht man, dass sich die Zuflüsse und Abflüsse von den übergeordneten Behörden wieder annähernd ausgleichen und somit die eigenen Steuern der wesentliche Posten für die Finanzierung der Gemeindeangelegenheiten war.474

473 Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 30. Oktober 1939. 474 Die Informationen für den Abschnitt wurden von den Quelle, die für Tabelle 12 zitiert wurden, ge- nommen.

107 RA 1938 % RA 1940 % RA 1941 % 0 Allg. Verw. 9.223,68 14,45% 25.130,37 33,29% 25.295,89 21,81% 1 Polizei 2.585,54 4,05% 973,74 1,29% 1.663,92 1,43% 2 Schulwesen 3.404,28 5,33% 7.585,31 10,05% 12.185,18 10,51% 3 Kultur-/Gemein. - 0,00% 472,15 0,63% 356,84 0,31% 4 Fürsorgewesen 21.603,67 33,85% 14.907,51 19,75% 14.940,51 12,88% 5 Gesundheitswesen 1.638,32 2,57% 1.361,58 1,80% 4.065,79 3,51% 6 Bauwesen 8.693,80 13,62% 4.632,00 6,14% 3.670,36 3,16% 7 Öff. Einr./Wirt.förd. 1.883,84 2,95% 1.698,66 2,25% 2.601,97 2,24% 8 Wirt. Unternehmen 1.933,90 3,03% - 0,00% 18.710,61 16,13% 9 Finanzverw. 12.854,20 20,14% 18.734,56 24,82% 32.478,86 28,01% Summe 63.821,23 100,00% 75.495,88 100,00% 115.969,93 100,00% Tabelle 17: Ausgaben des ordentlichen Haushalts der Gemeinde nach Gruppen475

HHP 1939 % HHP 1941 % HHP 1943 % 0 Allg. Verw. 18.595,80 29,03% 26.679,33 24,55% 28.381,50 23,58% 1 Polizei 1.800,00 2,81% 1.750,00 1,61% 2.710,00 2,25% 2 Schulwesen 2.860,00 4,46% 11.076,00 10,19% 8.799,00 7,31% 3 Kultur-/Gemein. - 0,00% 145,00 0,13% 250,00 0,21% 4 Fürsorgewesen 19.067,81 29,76% 12.500,00 11,50% 15.300,00 12,71% 5 Gesundheitswesen 1.960,00 3,06% 2.066,52 1,90% 1.661,63 1,38% 6 Bauwesen 980,00 1,53% 7.360,00 6,77% 2.040,00 1,69% 7 Öff. Einr./Wirt.förd. 1.776,66 2,77% 2.638,00 2,43% 1.213,00 1,01% 8 Wirt. Unternehmen 11.673,00 18,22% 19.481,26 17,93% 21.079,96 17,51% 9 Finanzverw. 5.354,68 8,36% 24.983,92 22,99% 38.943,03 32,35% Summe 64.067,95 100,00% 108.680,03 100,00% 120.378,12 100,00% Tabelle 18: Ausgaben des ordentlichen Haushalts der Gemeinde nach Gruppen in RM476

In Tabelle 17 und 18 sind die Ausgaben der Marktgemeinde nach Ausgabengrup- pen gegliedert aufgelistet. Der Leser soll hier detaillierter erfahren, wie sich die einzel- nen Ausgabengruppen entwickelt haben und welche Posten hierbei die wichtigsten Gruppen darstellten. Grundsätzlich zeigt sich bei allen dargestellten Jahren dasselbe Bild. Die Ausgabengruppen Allgemeine Verwaltung, Schulwesen, Fürsorgewesen und Finanzverwaltung sind die ausschlaggebendsten Posten. Zunächst zeigt sich bei dem Posten Allgemeine Verwaltung, dass es die Gemeinde geschafft hat, die ansteigenden

475 Quelle: Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Rechnungsabschlüsse 1940 und 1941; RA = Rechnungsab- schluss; Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 921 Durchführung des Haushaltsplans, Mappe 921/2 Jährliche Haushaltssatzungen, Anordnung der Einnahmen und Ausgaben, Führung der Haushaltswa- chungslisten, Haushaltssatzung der Gemeinde Aschach an der Donau für das Rechnungsjahr 1939 vom 28. Dezember 1939; für RA 1938 sind in den Ausgaben für Schulwesen die Kultur- und Gemeinschafts- ausgaben inkludiert. 476 Quelle: Protokolle der Gemeinderatssitzungen vom 12. März 1942 und vom 2. Juli 1943. HHP = Haus- haltsplan; Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 921 Durchführung des Haushaltsplans, Mappe 921/2 Jährliche Haushaltssatzungen, Anordnung der Einnahmen und Ausgaben, Führung der Haushaltswa- chungslisten, Haushaltssatzung der Gemeinde Aschach an der Donau für das Rechnungsjahr 1939 vom 28. Dezember 1939.

108 Kosten in den Griff zu bekommen und nur moderate Steigerungen zuzulassen. Das führ- te zu einem verhältnismäßigen Rückgang im Vergleich zu den anderen Gruppen. Dieser Aspekt tritt auch deshalb in Kraft, da sich von 1940 auf 1941 ein starker Anstieg der Ausgaben bemerkbar macht. Im selben Ausmaß sind jedoch auch die Einnahmen ge- stiegen. Dieser Umstand wird auch in Tabelle 12 aufgezeigt. Eine Gruppe, die durch diese Veränderung besonders betroffen war, ist der Posten Wirtschaftliche Unterneh- men, wobei hier in den Büchern der Gemeinde die Rollfähre in Klammer angeführt wird (für RA 1938 und HHP 1939 trifft diese Aussage nicht zu!). Dieser Anstieg bei den Ausgaben passt jedoch in das Gesamtbild der wirtschaftlichen Entwicklung der Rollfähre. Konnte die Rollfähre in den Jahren 1938 und 1939 noch Gewinne i.H.v. rund 4.000,00 RM der Gemeinde zur Verfügung stellen477, so zeigt sich ab 1940 ein stark angestiegener Finanzbedarf, der vom Eigenkapitalgeber – der Marktgemeinde Aschach – abgedeckt werden musste. Als Bestätigungen dieser Ausführungen kann auch auf die Jahresabschlüsse der Rollfähre verwiesen werden, die diese negative Entwicklung mit Zahlen unterlegen. Zu beachten ist jedoch, dass der Verlust der Rollfähre nicht mit den Ausgaben der Gemeinde übereinstimmen muss. Dass ergibt sich schon an der grund- sätzlichen Abgrenzung von Einnahmen/Ausgaben und Aufwänden/Erträgen, die nicht als äquivalent gesehen werden dürfen.478 Eine weitere signifikante Veränderung stellen die Ausgaben für die Finanzverwaltung dar. Hier kann jedoch nicht pauschal ein Grund für die Steigerung genannt werden. Vielmehr verteilt sich die Erhöhung auf die Posten Allgemeines Grundvermögen, Auszahlungen für Abwicklungen der Vorjahre und als wichtigen Posten Auszahlungen für Rücklagen und Schuldentilgung. Besonders der zuletzt genannte Punkt zeigt eine verbesserte finanzielle Situation der Gemeinde, da sie in der Lage ist, nun Rücklagen für Ausgaben der Folgejahre zu bilden. Das Schulwesen und das Bauwesen zeigen typische Entwicklungen für den Verlauf der NS-Zeit auf. Beim Schulwesen zeigt sich zunächst eine Erhöhung der Ausgaben, die dann im Laufe der Zeit wieder zurückgehen. Hier spielt sicher auch die gewerbliche Berufsschule eine Rolle, die in Aschach kurzfristig eröffnet wurde, jedoch kurz darauf wieder aufgrund der Personal- und Kriegsprobleme geschlossen werden musste. Auch im Bereich des Bauwesens zeigen sich die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs. Denn der Rückgang

477 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 921 Durchführung des Haushaltsplans, Mappe 921/2 Jährliche Haushaltssatzungen, Anordnung der Einnahmen und Ausgaben, Führung der Haushaltswachungslisten, Haushaltssatzung der Gemeinde Aschach an der Donau für das Rechnungsjahr 1939 vom 28. Dezember 1939 478 Für eine detaillierte Differenzierung siehe Denk et al., Externe Unternehmensrechnung, S. 25 ff.

109 in diesem Bereich ist sicher auf die Kriegswirtschaft und die sich dadurch ergebende Rohstoffknappheit zurückzuführen.

Darlehensgeber Zinsfuß in % Laufzeit bis Betrag in RM Kommunalkreditanstalt Linz 5 1969 14.721,13 Sparkasse Eferding 5 1980 5.777,00 Sparkasse Eferding 5 1947 7.922,67 Landeshauptmannschaft 3 kein Termin 10.162,55 Dr. Hans Dienstl 5 1938 717,00 Pfarrer Johann Kumpf 5 1938 717,00 Tabelle 19: Darlehensschulden der Gemeinde 1938479

Im Bereich der Verschuldung der Marktgemeinde lässt die Datenlage keine ge- naueren Auflistungen im Zeitverlauf zu. Nachfolgend soll jedoch die Situation vom 7. Juni 1938 dargestellt werden, um einen Überblick über die Ausgangsposition der Ge- meinde zu erhalten. Obige Tabelle zeigt, dass die Marktgemeinde Aschach 1938 einen Schuldenstand von insgesamt 40.017,35 RM hatte. Rechnet man die Verwaltungsschul- den noch dazu kommt man auf eine Summe von 53.517,35. Setzt man diese Summe mit den Einnahmen des Jahres 1938 ins Verhältnis so ergibt sich ein Debt-Income-Ratio von 105,7 %. Dies zeigt die prekäre finanzielle Lage der Gemeinde auf, die zu diesem Zeitpunkt ganz klar überschuldet ist. Sieht man sich die Quelle an, dann muss es sich hierbei um ein Entschuldungsansuchen gehandelt haben. Dies dürfte in einer Beihilfe von 18.000 RM aus der Sanierungsaktion für notleidende österreichische Gemeinden des Gaues Oberdonau geendet haben.480

4.4 Das Ende des Nationalsozialismus in Aschach

1945 war Aschach zunächst geprägt durch die hohe Zahl von Flüchtlingen der Bombengeschädigten aus dem Altreich und dem Banat. Neben diesen Flüchtlingen be- fanden sich auch 1.000 Mann und 130 Zivilangehörigen des Pionierbataillons 101 des königlichen ungarischen Militärs in Aschach, das auf dem Rückzug war und im Schlosspark in Baracken untergebracht wurde. Diese hatten den Auftrag oberhalb des

479 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 900/1 Finanzrecht und –Verwaltung – Allgemeines, Mappe 900/1 Gemeindefinanzgesetzgebung, Finanzberichte, Zl. II – 118472, Gemeindeentschuldung vom 8. Juni 1938. 480 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. 902/1 Steuerüberweisungen und -zuschläge, Mappe 902/1 Finanzzuweisungen, Schlüsselzuweisungen, Zl. III 1960/31-1938, Beihilfe vom 6. Dezember 1938.

110 Marktes Aschach im Donautal, beim Stromkilometer 2164,5, Quartier zu beziehen und von dort aus donauabwärts Fähren zu bauen.481 Diese Truppen hatten auch Pferdewägen und Schleppkähne bei sich. Die Soldaten wohnten auch in privaten Herbergen und Gasthäusern. So war beispielsweise im Gasthaus Griesmayr im Gastgarten in einem Salettl ein Unterkunftsort eingerichtet. Der Kommandant dieses Lagers und der Truppe war Oberstleutnant Rauscher.482 Zusammen mit den anderen Einheiten des ungarischen Militärs beheimatete Aschach zu dieser Zeit ca. 3.000 Mann. Zusätzlich befand sich auch die Wehrmacht mit einer Truppenstärke von rund 400 Personen in Aschach, die im Kino und der Reitschule im Schloss einquartiert wurden. Zusammen mit diesen Trup- pen trafen auch zahlreiche Donauschlepper mit Verlagerungsgütern ein, die in der Folge noch bei einem wichtigen Ereignis in Aschach teilhaben sollten. Am 16. April 1945 kam eine Einheit der Heeresunterkunftsstelle 337 mit 30 Mann und 25 Helferinnen in den Markt. 4 Tage später rückte das Landes-Pionier-Bataillon 527 in Aschach ein und besetzte die Fähre. Noch am selben Tag bezog die 2. Batterie der Donausicherungsab- teilung 419 mit rund 120 Soldaten in Aschach Stellung. Sie gruben sich mit den Ge- schützen entlang des Donauufers ein.483 Die Aufgabe bestand in der Bewachung der Schlepps, die an den Donauufern lagen. Die sogenannten R-PAKs wurden in der Folge auch zur Fliegerabwehr eingesetzt. Zur Ablenkung dieser Flugabwehrgeschütze wurden von den US-amerikanischen Piloten Silberstreifen abgeworfen, die die Sonne spiegeln und somit die deutschen Soldaten ablenken sollten. Dennoch kam es zu Abschüssen von Flugzeugen. Eines davon stürzte in die Donau. Die Piloten haben versucht an das Ufer zu kommen und dürften in Aschach verhaftet worden sein.484 Schließlich kam am 21. April noch eine Heeresunterkunftsverwaltung mit 20 Mann und ein Feuerwehrregiment mit 60 Mann nach Aschach, um hier einen Um- schlagplatz für Erdöl einzurichten und von hier aus im Bedarfsfall die Gauhauptstadt zu erreichen, falls diese bombardiert wird. Zusätzlich zu all dieser Truppenstärke, wurden die Soldaten noch in den ersten Maitagen von einer ROA Einheit des General Wlassow und SS-Sturmbannführer Albrecht ergänzt. Neben der großen Anzahl an militärischen Einheiten, gab es auch einen großen Andrang an Schleppen, die entlang der Donau ver- harrten. Diese mussten aufgrund des Beschusses in Linz donauaufwärts ziehen und lie- ßen sich auch in Aschach nieder, wo sie teilweise neuerlich Ziel von feindlichem Be-

481 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. Akten vom Kriegsende 1944/45, Mappe Ungarischer Pionier- park im Donaupark, Einweisung vom 24. April 1945. 482 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienst. 483 Vgl. Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 2, S. 143. 484 Vgl. Interview mit Herrn Johann Eggerstorfer.

111 schuss wurden. Im Zuge des Volkssturms wurde aus Aschach eine Einheit jüngerer Männer nach Enns zum Kraftfahrzeugsausbildungsbataillon abbeordert. Ältere Jahrgän- ge hoben auf den Hängen des Sierner und des Sommerberges Schanzwälle und Lauf- gräben aus. Auf der Straße nach Neuhaus wurde noch von diesen Männern zusammen mit russischen Zivilarbeitern eine große Panzersperre gebaut. Am 2. Mai wurden die Geschütze an der Donaulände gegen 22 Uhr gesprengt. Am 3. Mai um 23 Uhr wird in Aschach Panzeralarm ausgelöst.485 Eine Stunde später wird in Aschach bekannt, dass in der Lagerhalle beim Bahnhof Lebensmittel lagern, die keiner Bewachung unterliegen. In der Folge wird dieses Lagerhaus mit Schubkarren, Pferde- und Kuhwägen und Trak- toren gestürmt und so viele Säcke wie möglich „organisiert“. Diese Umschreibung der Plünderung dauerte bis zu den Mittagsstunden des 4. Mai. Neben Lebensmitteln lager- ten auch Zigaretten, Tabak, Schokolade, Kisten mit Zuckerl, Bohnenkaffe, Reis, Zu- cker, Butter und Teigwaren, die zur freien Entnahme bereit standen. Da die Säcke teil- weise aufgerissen wurden, lag auf dem Boden eine Mischung aus verschiedenen Ge- würzen und Lebensmitteln. Gedacht waren diese Vorräte für die Wehrmacht und die ungarischen Truppen in Aschach. Neben dem Lagerhaus „organisierten“ sich die AschacherInnen auch diverseste Güter aus den ungarischen und deutschen Schlepps. Diese beinhalteten Bekleidung, Bilder aus ungarischen Museen und Werkzeug. Auch Stoffe, Pelze und Bergschuhe konnten den Schiffen entnommen werden. Diese Ereig- nisse wurden unter den AschacherInnen auch als „Hitlers Zehrung“ bekannt.486 Auch am Rundholzlagerplatz der Aschacher Rahmenfabrik lagerten Millionen Hindenburg- lichter in Kisten, Kerzen, Schuhwichs und Seife. In der Rahmenfabrik selbst war ein Panzer-Ersatzteillager und ein großer Teil von Verlagerungsgütern aus Linz wie Pylo- nen und Embleme der NS-Zeit untergebracht.487 Diese Güter dürften genauso wie die Hakenkreuzfahnen im Marktbräuhaus für die späteren Feierlichkeiten des Endsiegs ge- dacht gewesen sein. Die Bevölkerung nutzte nach Kriegsende diese Stoffe jedoch für Tischdecken, Kleidung etc.488 Die Führer und Unterführer der oben erwähnten Einheit von Sturmbannführer Albrecht versammelten sich am 4. Mai noch einmal im Gemein- dehaus. Dabei standen auch noch Bomben für die Sprengung der Fähranlage in Aschach bereit. Albrecht selbst telefonierte mit dem Gauleiter und Reichsverteidigungskommis- sar Eigruber. Der Ortsgruppenleiter von Eferding – Wannivenhaus – wollte im Stiegen-

485 Vgl. Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 2, S. S. 143 f. 486 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl, Interview mit Herrn Johann Eggerstorfer. 487 Vgl. Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 2, S. 145. 488 Vgl. Interview mit Frau Dr.in Elisabeth Dienstl.

112 haus die wartenden Soldaten noch einmal mobilisieren, indem er sagte: „Aschach wird verteidigt bis zum letzten Ziegelstein!“489 Glücklicherweise kam es aber zu keinen Aus- schreitungen in Aschach. Generell wurde Aschach von keinem feindlichen Beschuss erfasst. Nur eine Fliegerbombe wurde auf das Grundstück der Familie Knogler aus Ruprechting abgeworfen.490 Hier kommt es in den Heimatbüchern von Hartkirchen und Aschach zu unterschiedlichen Aussagen im Bezug auf den Einschlagsort. Nach Aussa- gen von Frau Juliane Leßlhumer wurde die Bombe ca. 100 m vom Haus entfernt auf das Grundstück, das in Kellnering in Hartkirchen lag, abgeworfen. Somit ist der Einschlag- sort eindeutig in Hartkirchen gelegen. Die Wirkung der Bombe war jedoch stärker als das Heimatbuch Hartkirchen beschreibt. Denn die Druckwelle hat alle Fenster gesprengt und im Erdgeschoss den Türstock herausgerissen. Die Situation war für die Familie Knogler alles andere als ungefährlich.491 Zum Schutz vor Bombeneinschlägen gab es in Aschach keine sicheren Luftschutzstollen. Daher wurde im Februar 1945 um eine Ge- nehmigung für den Bau von drei Luftschutzstollen in der Gemeinde angesucht. Diese sollten am Siernerberg, in der Grünau und in der Berggasse eingerichtet werden. Die geplanten Gesamtkosten hätten sich auf 40.000 RM belaufen. Eine Fertigstellung des Projekts muss jedoch gescheitert sein, da die Gemeinde eine nochmalige Anfrage im April stellte.492 Auch die Wlassow Truppen war beim Einmarsch der Amerikaner, die über die Rollfähre von Landshaag aus vordrangen, schon Richtung Prambachkirchen weiterge- zogen.493 Eine kleinere Kampftruppe der US-amerikanischen Streitkräfte der 11. Pan- zerdivision marschierte schließlich von Landshaag aus über die Rollfähre nach Aschach ein und besetzte den Ort.494 Mit dem 5. Mai 1945 war die NS-Zeit in Aschach offiziell durch die Einrichtung der Ortskommandatur im Rathaus beendet und die Besatzungszeit begann.

489 Vgl. Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 2, S. 145 f. 490 Vgl. Gemeinde Hartkirchen, Hartkirchen, S. 68. 491 Juliane Leßlhumer ist die Tochter von Franz und Maria Knogler und wurde am 29. Juli 1924 geboren. Aufgrund des Gesundheitszustandes und des Krankenhausaufenthaltes von Frau Leßlhumer wurde dem Autor die Information vom Sohn Alfred Leßlhumer mündliche übergeben. 492 Gemeindearchiv Aschach a. d. D., Sch. Akten vom Kriegsende 1944/45, Mappe Luftschutzstollenbau Alarmanlagen etc., Ansuchen um Ausnahmegenehmigung vom Bauverbot für 3 Luftschutzstollen in der Gemeinde Aschach/Donau vom 20. Jänner 1945. 493 Vgl. Fuchs, Chronik des Marktes Aschach a. d. Donau, Bd. 2, S. 146. 494 Vgl. Rauchensteiner, Krieg in Österreich 1945, S. 292.

113 5 Zusammenfassung

Das Thema Nationalsozialismus strotzt in der heutigen Zeit nur von Literatur für die wichtigen Ereignisse dieser historischen Phase. Eine wissenschaftliche Betrachtung von regionalen Gegebenheiten bleibt dabei aber oftmals außen vor oder konzentriert sich eher auf Ballungszentren. Daher ist das Hauptaugenmerk der Arbeit auf die Be- trachtung der Marktgemeinde Aschach an der Donau gefallen, die im Zuge der „Ent- provinzialisierung“ von kleinen und mittleren Städten in gewissen Bereichen auch auf diese Welle aufgesprungen ist. Dies zeigt sich sicherlich an den Festlichkeiten und an der starken künstlichen Ausbau der Industrie in Aschach. Damit vor allem die wirt- schaftlichen Aspekte der Gemeinde verstanden werden können, wurde in dieser Arbeit zunächst gezeigt, in welchem finanziellen und wirtschaftlichen Umfeld sich die Markt- gemeinde Aschach an der Donau bewegte. Dieses Umfeld war geprägt von Beschrän- kungen und Regelungen jeder Art. Besonders wichtig für die wirtschaftliche Entwick- lung waren zunächst die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, die sich mit dem Schwer- punkt Bauwirtschaft und Infrastruktur beschäftigten. Gerade diese Anfangsphase der NS-Zeit hat oberösterreichweit zu einer verschwindenden Arbeitslosigkeit und zu Re- kordbeschäftigung geführt. Um die enormen Geldmittel für den Aufbau Österreichs zur Verfügung stellen zu können, wurde die expansive Fiskalpolitik mit einem Lohn-Preis- Stopp verbunden, um inflationäre Tendenzen künstlich unterdrücken zu können. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges kam es zu einem Ansteigen der wehrdienstpflich- tigen Männer, was zu einer Verknappung an Humankapital führte. Diese Restriktion wurde durch ZivilarbeiterInnen, ZwangsarbeiterInnen und Kriegsgefangene zum Teil gelöst. Aus finanzieller Sicht konnte der Gau Oberdonau von der stabilen Führung und den guten Kontakten zu Hitler profitieren. Ein Grund dafür war sicherlich das Ziel Hit- lers, Linz zu einer Führerhauptstadt zu machen. Des Weiteren wurde nicht nur durch Reichsmittel neues Geld in die Kassen des Gaus gebracht. Auch die Enteignung von Adeligen und der katholischen Kirche bzw. deren Klöster, waren wichtige Aspekte für die Mittelbeschaffung in Oberdonau. Bei der Analyse der Marktgemeinde Aschach an der Donau wurde das Ziel ver- folgt, vier große Bereiche historisch korrekt aufzuarbeiten – die Organisation der NSDAP, das Erziehungswesen, Feierlichkeiten und sonstige kulturelle Aspekte sowie die finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse von Aschach. Die Organisation der NSDAP ließ grundsätzlich keine Lücken offen. Für jede Tätigkeit gab es eine zuständi- ge Person aus der Partei. Man kann eigentlich davon ausgehen, dass die Partei selbst

114 auch die Gemeinde selbst geleitet hat, denn alle Gemeinderäte und die jeweiligen Bür- germeister der NS-Zeit selbst waren Parteigenossen und vertraten somit die Interessen der NSDAP. Diese organisatorische Gliederung griff auch auf das Erziehungswesen über. Kinder und Jugendliche wurden in die verschiedenen Jugendorganisationen der NSDAP eingeteilt. Ab 1939 bestand auch eine Beitrittspflicht, die es nicht mehr erlaub- te, der nationalsozialistischen Indoktrination zu entkommen. Die Kinder selbst haben diese Zeit jedoch weit weniger problematisch empfunden. Sie waren eher begeistert von den neuen Möglichkeiten, die das Regime bot. Auch im Schulwesen selbst vollzog sich eine Umstellung auf die Ideologien der NSDAP. So wurden Lehrmaterialen ausge- tauscht und neue These der Rassenlehre u.ä. gelehrt. Bei den Feierlichkeiten nahmen die germanischen Feiertage einen höheren Stel- lenwert ein. Kirchliche Feiertage wurden eher in den Hintergrund gedrängt. Alle Feste wurden mit Fahnenappellen, Beflaggung und nationalsozialistischen Liedern begleitet. Auffällig für Aschach ist jedoch, dass das Erntedankfest keinen so hohen Stellenwert gehabt haben dürft, wie das in anderen Landgemeinden der Fall war. Zurückzuführen ist das sicherlich auf die schwach entwickelte Landwirtschaft in Aschach. Neben den Fei- erlichkeiten wurde von Seiten der NSDAP auch versucht, das Alltagsleben der Men- schen in größerem Ausmaß zu bestimmen. Deshalb versuchte man durch Projekte zur Ortsverschönerung zu Beginn der NS-Zeit den Gemeinschaftssinn zu stärken und die Bevölkerung zusammen zu schweißen. Dies war möglicherweise auch deshalb möglich, da es in Aschach keine fremdvölkischen oder nicht arischen Personen gegeben hat, sieht man von zwei Personen mit teils jüdischer Abstammung ab. Aber auch diesen Men- schen ist kein Schaden zugefügt worden. Nur die Überweisung von Franz und Anna Huemer in eine „Fürsorgeeinrichtung“, die schließlich zu deren Tod führte, kann indi- rekt als Beziehung zu den Verbrechen der Nationalsozialisten gedeutet werden. Fraglich ist hierbei jedoch, wie genau die Verantwortlichen über das weitere Verfahren dieser zwei Menschen Bescheid wussten. Weitere Feierlichkeiten wie der Muttertag zelebrier- ten besonders die Stellung der Frau als Hausfrau und Mutter, reduzierten ihre Tätigkeit jedoch gleichzeitig auf die Reproduktion von gesunden arischen Soldaten. Ein Schwenk wurde erst mit dem Fortschreiten des Krieges sichtbar, indem die Frauen dann immer mehr als Arbeitskraft in Erscheinung getreten sind. Ein besonders wichtiger Aspekt der Arbeit ist in der Erfassung von wirtschaftli- chen und finanziellen Daten der Marktgemeinde zu sehen. Bei der wirtschaftlichen Analyse wurden vor allem die Industriebetriebe, die vital für die wirtschaftliche Situati-

115 on der Gemeinde waren, beschrieben. Besonders die Situation der Ziegelwerke Ober- mayr und Pichler ist interessant, da deren wirtschaftliche Situation konträr zu den wirt- schaftlichen Rahmenbedingungen der Ziegeleibranche verläuft. Mit der Belieferung der Reichswerke Hermann Göring hatte vor allem das Pichler Ziegelwerk einen profitablen Auftrag an Land ziehen können. Obwohl keine Daten über den Erfolg der Unternehmen vorliegen, kann dennoch über die Anzahl der Beschäftigten auf ein Wachstum der Fir- men geschlossen werden. Denn ohne Wachstum würden kaum weitere Arbeitskräfte in den Unternehmen aufgenommen worden sein. Eine besonders genaue Betrachtung war im Bereich des Tourismus möglich. Hier lagen beinahe lückenlos alle statistischen Auswertungen vor, die die Nächtigungszahlen der Touristen zeigen. Der Verlauf dieser Zahlen deckt sich sehr gut mit dem Fortschreiten des Krieges. Gegen Kriegsende kam der Tourismus aufgrund der Wohnraumbeschaffungsproblematik schließlich zum Erlie- gen. Kitzmantel bemängelt in seinem Aufsatz über die Finanzpolitik des Gaues Ober- donau495 die fehlenden kommunalen Aufarbeitungen für eine bessere Betrachtung des Themas. Mit der Analyse von Aschach soll hierbei ein Ansatz über die finanziellen Verhältnisse von Landgemeinden gegeben werden. Für Aschach lässt sich darstellen, dass die NS-Zeit für die Notgemeinde Vorteile in finanzieller Hinsicht gebracht hat. Durch die besseren wirtschaftlichen Verhältnisse und Erhöhungen der eigenen Gemein- deabgaben konnten weitere Finanzmittel lukriert werden. Mit diesen Verbesserungen war es für Aschach schließlich möglich, Kredite mit Hilfe eigener Rücklagen zu tilgen. Als es auch in Aschach zur Beendigung der NS-Herrschaft kam, kann man getrost von einem „Wunder“ sprechen, dass es in Aschach zu keinen Kämpfen gekommen ist. Denn Aschach beheimatete an ungarischen und deutschen Soldaten teilweise über 200 % seiner eigenen Bevölkerung. Mit der Aussage von Frau Leßlhumer konnten auch die widersprüchlichen Aufzeichnungen zum Bombeneinschlag auf dem Grund der Familie Knogler in den Heimatbüchern von Aschach und Hartkirchen geklärt werden. Diese ist eindeutig in Kellnering in Hartkirchen gelandet. Es gab somit keine Bombeneinschläge in Aschach. Die einzige Kampfhandlunge, die zu erwähnen ist, ist der Beschuss der Schlepps, die am Donauufer lagerten. Sum sumarum kann man aber sagen, dass es in Aschach zu einer friedlichen Übergabe der Gemeinde an die US-amerikanische Besat- zungsmacht gekommen ist.

495 Kitzmantel, Finanzpolitik, S. 225.

116 Anhang

Interview mit Frau Dr. Elisabeth Dienstl, Alter: 81 Jahre. Es handelte sich um ein strukturiertes offenes Interview. Die Antworten wurden direkt vor Ort aus Mundart in das Hochdeutsche transkribiert. Datum: 15.12.2011 Uhrzeit: 16:10-20:20 Ort: Abelstraße 25, 4082 Aschach an der Donau

Frau Dr. Dienstl, wie haben Sie Ihre Kindheit während der NS-Zeit erlebt? Wie war Ihre Schul- zeit?

Bei den Jungmädeln war ich nicht dabei. Das hätte ich von zu Hause aus auch gar nicht dürfen. Ohne die ständigen Ermahnungen von meinen Eltern, hätte es vielleicht auch mir gefallen, da man viele Aktivitäten durchgeführt hat. Mein Vater hat mir aber nicht verboten, dass ich teil- nehmen darf. Er hat sich neutral verhalten, weil wir teilnehmen mussten. Eine Uniform von daheim haben wir nicht bekommen. Politisch wurde man nicht indoktriniert. Wir haben Aktivi- täten mit anderen Kindern unternommen. Zum Reichsarbeitsdienst hat man ab 18 Jahren müs- sen. Wir haben viele Lieder auch in der Schule gesungen. Oftmals haben wir in der Schule Ge- ländespiele gemacht. Wir marschierten im Freien und sangen dabei Lieder. Es hat auch Appelle in der Schule gegeben. Statt der Morgengebete hat man Fahnenlieder gesungen. Die Jugend- gruppierungen HJ und BDM hat es auch in Aschach gegeben.

Frau Dr. Dienstl, können Sie mir vielleicht noch etwas näher über die Schulzeit berichten?

Wir haben am Morgen einen Morgenappell mit einem Spruch des Tages gemacht, aber kein Gebet. Bei Schulfesten war auch die Fahne im Mittelpunkt. Beim RAD hat man immer einen Morgenappell gehabt und ist vor der Fahne gestanden. Dorthin musste man gehen. Frau Ober- schulrat Guglmayr war unsere Lehrerin. Sie war alles andere als ein Nazi. Alle waren neutral und haben mitgemacht. Es hat sich keiner getraut etwas anderes zu sagen. Wir als Schüler haben nur in Einzelfällen gewusst, ob jemand Nazi war oder nicht. Oberschulrat Guglmayr Therese wurde als Volksschullehrerin reaktiviert, weil so viele von den anderen männlichen Lehrern einrücken mussten. Die Schulbücher wurden 1938 ausgetauscht. In Lesebuch waren schon ideo- logische Gedichte etc. enthalten. Sehr viele Bücher haben wir aber generell nicht gehabt. Das Schulgebäude ist dort gestanden, wo heute das Gemeindegebäude steht. Flüchtlinge waren gele- gentlich bei Bedarf in der Schule einquartiert. Auch im Faust-Schlössel wurden viele Flüchtlin- ge einquartiert. Ende 1944 war der große Zuzug aus dem Banat (Betschkerek). Sie wurden dann so gut wie möglich auf die Häuser aufgeteilt. Darunter waren auch wohlhabende Familien wie z.B. die Familie Kunst. Sie haben im Gasthof Haudum gelebt und sind dann nach Amerika aus- gewandert, wo sie eine Schneiderei eröffneten. Mein Vater hat einen Auftrag bekommen, die Flüchtlinge im Faust Schlössel (hauptsächlich), Aschach und das RAD Lager in Pesenbach zu betreuen.

Wie waren die Stimmung und die Aktivitäten unter den deutschen Jungmädeln?

117 Wir sind marschiert und haben Lieder gesungen. Wir haben so oft die Lieder gesungen, dass ich heute noch viele davon auswendig kann. Von der Schule aus sind wir in den Schlosspark mar- schiert. In der Lindenallee sind wir gelaufen und haben Leibesübungen und Ballspiele gemacht. Gymnastik war auch ein Teil davon. Laufen, Weitspringen und Ballwerfen waren die Hauptdis- ziplinarten. Beim Marschieren haben wir Marschlieder gesungen.

Wie hat damals ihre Freizeitgestaltung ausgesehen?

Damals war Radfahren die einzige Fortbewegungsmöglichkeit. Wandern ist auch sehr groß geschrieben worden. Ich bin aber nie viel gewandert. Pfadfinder waren verboten. Baden ist man auch gegangen in die Aschach und in die Donau. Von der Schule aus sind wir auch ins Freie gegangen und haben im Aschacher Schlosspark Laufen, Turnen und Kugelstoßen trainiert. In der alten Gemeinde war ein Turnsaal, wo wir manchmal hingegangen sind. Auch Rodeln war sehr verbreitet (beispielsweise am Kobl). Manche haben auch schon Ski gehabt, aber ganz pri- mitive. Auch Eislaufen am Goldmannteich und auf der Donau war beliebt. Dort sind wir Schlittschuh gefahren.

Wie hat sich die Situation der Kirche in der NS-Zeit entwickelt?

Aschach war nicht wahnsinnig religiös. Das Bürgertum ist nicht in die Kirche gegangen. Es war kein Kampf gegen die Kirche bei uns. Man hat unbehelligt gehen können. Da der deutschnatio- nale Anteil sehr hoch war, gab es keine großartig gefüllten Kirchen. Bei der Auferstehungsfeier und bei der Christmette waren dann viele Menschen da. Das waren beliebte Kirchenbesuche. Bei diesen Feiern war dann auch wieder ein gewisser Anteil der Deutschnationalen in der Kir- che. Die Gottgläubigen sind eigentlich nie gegangen. Die Nationalsozialisten waren vor allem gottgläubig.

Wir haben einen sehr guten Kontakt zu den Franziskanern aus Pupping gehabt. Sie haben uns oftmals mit Nahrungsmittel bezahlt, wenn mein Vater ärztliche Dienste bei den Patres gemacht hat. In der Nähe beim Bahnhof Pupping (Haltestelle) Richtung Schaunburg auf der Freien Flä- che war ein großes Kriegsgefangenenlager. Manchmal war es für einen Haushalt möglich für Arbeiten in Haus und Garten einen Kriegsgefangenen zur Arbeit anzufordern. Dieser ist dann mit Bewachung gekommen, hat die Arbeit verrichtet und ist am Abend wieder ins Lager einge- rückt. Bei uns haben wir die Möglichkeit gehabt, den Kriegsgefangenen zur Jause einzuladen. Der Wachmann hat dann auch gleich mitgegessen. Der hat mitgespielt. Englische Kriegsgefan- gene wurden auch im Schloss Aschach zu Waldarbeiten eingesetzt (ca. 8 Leute).

Können Sie sich noch an die Volksabstimmung nach dem Anschluss erinnern? Wie war Ihr Bild davon?

Aschach hatte ein sehr großes Bürgertum mit Deutschnationalen (überwiegend) gehabt. Die Deutschnationalen haben den Anschluss gefeiert. Es hat schon auch Gruppen gegeben, die den Nationalsozialisten kritisch gegenübergestanden sind. Bei der Volksabstimmung konnte man eigentlich nicht mit Nein stimmen. Wenn sie das gewusst hätten, dann hätten sie einem eh gleich ins KZ gesteckt. Man hat auch hingehen müssen. Wenn jemand nicht hingehen wollte,

118 dann wurde dieser gleich verdächtigt. Fahnen wurden nach dem Anschluss zu Hauf an den Häu- sern aufgehängt.

Frau Dr. Dienstl. Ich zähle Ihnen nun ein paar Feiertage auf. Ich würde Sie bitten mir zu jeden Feiertag zu erzählen, was Ihnen in Erinnerung geblieben ist.

1. Mai

Der 1. Mai war ein großer Feiertag für die Nazis. Auch die Julfeier (=Weihnachtsfeier der Na- zis) wurde gefeiert. Man kann aber sagen, dass die Förderung der Gemeinschaft und der Hei- matverbundenheit gestärkt worden sind. Das ist nach der NS-Zeit quasi ausgetrieben worden. Bei allen Feiern ist auch das Horst Wessel Lied gesungen worden. Besonders die Fahne wurde bei den Feiern immer wieder geehrt.

Hitlers Geburtstag

Die Gemeinde war total beflaggt mit Fensterschürzen mit Hakenkreuzen. Überall wurde 50 drauf geschrieben. 1938 war aber noch kein größeres Fest von Hitler. Am Vorabend vor Hitlers fünfzigsten Geburtstag haben die Jugendorganisationen Fackelzüge veranstaltet, was mir meine Schwester erzählt hat. Hitlers Geburtstag war einer der größten Feiertage des Jahres 1939. Zu seinem 50. Geburtstag haben wir den Christbaumschmuck mit einem Mörser zerstoßen und mit den Glitzerstücken einen 50er auf Pappe aufgemalt. Das war im Jahr 1939, wo Hitler noch er- folgreich war. Wir haben auch viele Lieder über Feldzüge gegen England oder Frankreich ge- sungen.

Gründungstag (30. Jänner)

Ich kann mich nicht erinnern, dass dieser in Aschach groß gefeiert worden wäre.

Sonnwendfeier

Diese wurde immer groß gefeiert. Ob es die Winter- oder die Sonnwendfeier war. Meistens wurden die Feiern mit einem Fackelzug veranstaltet. Das wurde auch von meiner Schwester bestätigt.

Fronleichnam

Fronleichnam ist trotzdem gefeiert worden. Mir ist nichts Besonderes aufgefallen, dass gegen Fronleichnam etwas unternommen worden wäre.

Erntedankfest

An das Erntedankfest kann ich mich nicht so genau erinnern. Es sind keine so großen Feiern gemacht worden, dass ich mich noch erinnern könnte. Auch unter den befragten Mitgliedern des Trachtenvereins gibt es keine detaillierteren Erinnerungen an das Erntedankfest. Es wurde kirchlich gefeiert. Es war nur eine Dankmesse und kein großes Fest. Eventuell könnte das daran liegen, dass es nicht so viele Bauern in Aschach gegeben hat. Drei Tage vor Christi Himmel- fahrt waren Bittprozessionen. Es war ein Gebet für die Feldfrüchte für ein gutes Wetter. Die

119 Lehrer und Schüler sind auch mitgegangen. Es gab eine große Beteiligung der Bevölkerung und der Schule bei diesen Prozessionen.

Muttertag

Der Muttertag war immer ein Festtag, der mit Muttertagsfeiern und Auszeichnungen im Rah- men dieser Feiern verbunden war. Dort sind die Mütter geehrt worden und eingeladen worden zu einer Feier mit Bewirtung. Kinder haben Gedicht aufgesagt. Mutterkreuzer wurden bei die- sen Feiern verteilt. Kleine Theaterstücke sind auch aufgeführt worden. Die Feier war eine öf- fentliche Veranstaltung. Für alle möglichen Sachen hat es in der Nazi Zeit Abzeichen Lob und Auszeichnungen gegeben. Viel wurde auch ehrenamtlich gemacht, auch aus solidarischer Hin- sicht. Eigentlich hat keiner Geld für Tätigkeiten bekommen.

Die Feierlichkeiten sind notgedrungen weniger geworden, weil keine Männer mehr da waren. Wir hatten dann auch die Einquartierungen der Soldaten in den Häusern. Es war kein Geld und keine Leute da. Während des Krieges haben sich viele Feierlichkeiten aufgehört. Die Stimmung für Hitler ist nach Stalingrad gekippt. Es war ein ganz markanter Punkt. Dann kamen die Bom- ben auf Linz und Wels und da war die Stimmung dann komplett gekippt. Am Anfang war es noch so, dass das für die Nazis noch eine „stolze Trauer“ war, wenn Aschacher im Krieg gefal- len sind. Für die meisten anderen war es aber eine aufrichtige Trauer bei den Totenfeiern. Im Laufe des Krieges wurden auch diese Trauerfeiern trotzdem weiter durchgeführt und sind sogar mehr geworden durch die vielen Gefallenen. Die Bevölkerung war dann schon immer mehr frustriert, wenn über Kämpfe und Gefallene berichtet wurde. Die Totengedenken dürften eher zu Allerheiligen durchgeführt worden sein, nicht regelmäßig. Im Marktbräuhaus, wo sich auch das Kino befand, wurden im Saal nach Schließung des Kinos Hakenkreuzfahnen deponiert, die für die Feierlichkeiten des Endsiegs gedacht waren. Die Aschacher Bevölkerung verwendete diese Fahnen nach 1945 für Tischdecken, Kleidung etc. Man „organisierte“ sich die Fahnen zum Schneidern etc. „Plündern“ hat man nicht gesagt, da das einen negativen Beigeschmack hatte.

Können Sie mir erzählen, wie es Ihrem Vater und Ihrer Mutter in der NS-Zeit ergangen ist?

Mein Vater war christlich-sozialer Bürgermeister von Aschach und wurde am 13. März 1938 in Schutzhaft genommen. Er wurde aber am nächsten Tag wieder freigelassen, weil sich die Arbei- terschaft und sein Gemeindesekretär für ihn eingesetzt haben. Der Gemeindesekretär hatte star- kes Gewicht, weil er einer der Illegalen war. Die Gestapo hat 1938 unser Haus durchsucht. Sie suchte nach Literatur und Waffen und haben bei uns auch unter den Betten nach Waffen ge- sucht. Sie haben meinem Vater zuerst die Flucht angeboten. Er hat das aber abgelehnt. Sie ha- ben vorgeschlagen dass unsere Familie in den Warthegau (Ostpreußen am Fluss Warthe) über- siedeln könnte. Die Gemeindearztstelle und die Kassenzulassung wurden ihm gestrichen. Er war wehrunwürdig, weil sie Angst gehabt haben, dass er sich mit „Feinden“ verbündet. Wir waren Selbstversorger mit einer Kuh und einem Schwein und Hühnern im Garten. In unserer Familie wurde ein Gästebuch geführt bis 1937, dass dann während der NS Zeit nicht fortgeführt wurde, damit die Gestapo keine Nachforschungen anstellen konnten. Der Hofrat Eigl hat 1938 den Be- scheid unterschrieben mit dem mein Vater seine Stellen verloren hat.

120 Während der restlichen NS Zeit sind wir von außen bespitzelt worden. Wir wurden sehr beo- bachtet. Am Ende wie die Amerikaner nahe waren, hat sich mein Vater nicht mehr auf die Stra- ße getraut, da sie ihn vielleicht erschossen hätten. Er hat als Bürgermeister viel für die Arbeiter getan. Auch die Armenbehandlung hat er umsonst gemacht, da in der Gemeindekasse kein Geld war. Wir haben auch bescheiden gelebt. Der spätere Bürgermeister von Linz, Dr. Ernst Koref, ein Sozialdemokrat, der ebenfalls gemaßregelt war, war auch einmal bei uns zu Besuch. Ob christlich-sozial oder sozialdemokratisch spielte damals keine Rolle. Es gab damals nur ein Feindbild – die Nationalsozialisten. Mein Vater hat immer sehr genau differenziert, ob es ein anständiger Mensch war oder nicht. So hat er auch dem, während der Nazizeit gewesenen Bür- germeister, Karl Wagner, der auch später nach der Kriegszeit zum Bürgermeisteramt gewählt wurde, gratuliert. Das hat der Partei von Dr. Dienstl, der ÖVP, gar nicht gefallen hat. Er hielt Wagner für einen anständigen Menschen, der auch während der Nazi Zeit objektiv geblieben ist.

Meine Mutter war Hausfrau. Wir haben auch ein Personal gehabt (Pferdeburschen und Dienst- mädchen). Frauen haben als Dienstboten gearbeitet oder in Fabriken die eingerückten Männer ersetzt. Sonst waren sie aber eher daheim. Bei den Bauern haben oftmals auch Frauen und Fremdarbeiter gearbeitet. Den Fremdarbeitern ist es dort im Großen und Ganzen nicht schlecht gegangen ist. Denen ist es im Großen und Ganzen gut gegangen. Frauen waren auch Schneide- rinnen (Deinhammer Christl) oder im Verkauf oder in eigenen Betrieben tätig.

Haben Sie erfahren, dass sich ihr Vater zum Offizierskorps gemeldet hat? Was ist Ihre Erklä- rung dafür?

Die Anmeldung bei Offizierskorps muss fast eine Ablenkung gewesen sein, mir war es nicht bekannt. Neben meinem Vater war Dr. Pretzl im Nachbarhaus eingezogen (im Gasthof Gries- mayr), der dann die Gemeindearztstelle übernommen hat. Nach Dr. Pretzl kam Dr. Sommer und übernahm diese Zweitordination in Aschach, denn die Hauptordination war in Hartkirchen.

Hat es in Aschach auch die Jugendorganisation Glaube und Schönheit gegeben?

Fraglich, da ich noch zu klein war und das mich zu dieser Zeit nicht interessiert hat.

Sie haben mit Ihrer Schwester und den Mitgliedern des Trachtenvereins Informationen erhalten. Können Sie mir diese bitte mitteilen?

Der Trachtenverein wurde am 29. 5. 1938 laut Chronik aufgelöst und am 17. 8. 1946 wiederer- öffnet. Die Mitglieder des Trachtenvereins haben mir anlässlich einer Freitagszusammenkunft bestätigt, dass die 1. Mai Feiern auf der Wiese vor der Donau beim Kirchenplatz auf einer Büh- ne stattgefunden haben. Dort wurden dann Volkstänze aufgeführt sowie Marschmusik gespielt. Der Weckruf und die Marschmusik wurden von der Musikkapelle Aschach gespielt. Den Weck- ruf gibt es heute noch wo die Marktmusikkapelle um 6 Uhr früh durch den Ort marschiert und die Leute aufweckt.

121 Beim BdM hat man von der Schule aus GD (=Gesundheitsdienst) machen müssen. Dieser Kurs dauerte eine Dauer von einem Monat. Die Mädchen haben von der Schule dazu frei bekommen. Dort haben sie gelernt wie man jemanden verbindet. Es war eine Vorbereitung darauf, als Pfle- gepersonal eingesetzt zu werden, wenn das Personal der Lazarette zu wenig geworden wäre. Das hat mir meine Schwester Johanna Holzleitner mitgeteilt. Für diese Ausbildung gab es ein Heim am Feuerkogel. Den Kurs mussten alle Mädchen machen. Vom Zeitraum dürfte das gegen Kriegsende gewesen sein.

Sie haben gesagt, dass Sie mir Auskunft über die ungarischen Soldaten in Aschach erteilen kön- nen?

Ende 1944 kam das ungarische Militär nach Aschach, das vor Russen geflüchtet ist, also am Rückzug war. Es war die Horthy Truppe, die mit den Deutschen verbündet war. Sie kamen teilweise mit Pferdewagen. Sie bauten im Schlosspark ein großes Barackenlager und kamen auch mit einer großen Anzahl von Schleppkähnen. Auf diesen Schleppkähnen waren auch Bil- der, optische Geräte, Stoffe, etc. Die Bilder wurden in der Rahmenfabrik und im Gemeindehaus (Gemeindekotter) in Aschach eingelagert. 1945 wurden diese Gegenstände den Amerikanern übergeben. Ein Teil dieses Militärs wurde auch im Ort untergebracht. Beispielsweise wurde im Gasthaus Griesmayr im Gastgarten ein offenes Salettl geschlossen und als Wohnungsmöglich- keit benützt. Der Kommandant dieses Lagers und der Truppe war Oberstleutnant Rauscher. Er hat auch seine Frau und seinen Sohn mitgebracht nach Aschach, die mir persönlich bekannt sind. Mit dem Sohn Zoltan Rauscher habe ich bis heute Kontakt. Bis September 1945 waren die Ungarn in Aschach einquartiert und kehrten dann größtenteils nach Hause zurück. Einige Weni- ge blieben hier und heirateten hier. Auch in privaten Unterkünften waren sie untergebracht. Bei uns war ein Dr. Fekete aus Gjör. Die Ungarn verkauften Pferde an die bäuerliche Bevölkerung, besonders ins Waldviertel. Mein Vater hat als Bürgermeister in der amerikanischen Zone gehol- fen, die Pferde auch in die russische Zone (Niederösterreich) zu bringen. Die Russen haben gleich nach der Übernahme des Mühlviertels die Aschacher Rollfähre gestohlen und brachten sie nach Linz. Daraufhin hat mein Vater beim Major Davis in Grieskrichen ersucht, dass die Amerikaner die Rollfähre wieder nach Aschach holen sollen, was daraufhin auch passierte. Bis September waren sie einquartiert im Schlosspark. Kriegshandlungen gab es in Aschach nicht. Die ungarischen Soldaten haben kampflos aufgegeben, genauso wie die Deutschen. Tiefflieger- beschuss der Schlepps an der Donau sind schon durchgeführt worden. 5.5.45 wurde von Mr. Seiffert Dr. Dienstl wieder als Bürgermeister eingesetzt. Die 65. Division der Amerikaner ist vom Mühlviertel aus nach Aschach einmarschiert. Der Chef war Captain Henry C. Schröder, ein West-Point-Schüler. Es ist nur die Infanterie am Abend des 5. Mai einmarschiert. Vom 3. Auf 4. Mai wurden die Nahrungsmittelvorräte und die Schlepps geplündert worden. Bei den Schlepps gab es ungarische und deutsche. Auch Stoffe, Pelzer und Bergschuhe aus dem Bestand der Gebirgsjäger wurden genommen. Nach Kriegsende wurde die Bevölkerung aufgefordert, die geplünderten Materialien wieder zurück zu geben. Ein Teil ist auch wieder zurückgekommen. Beim Lagerhaus (zwischen Aschach und Hartkirchen) gab es ein Nahrungsmittellager, das die ganze Nacht vom 3. Auf 4. Mai 1945 geplündert (organisiert) wurde. Auch die Ungarn haben sich von dort Nahrungsmittel besorgt. Mit den zurückgegebenen Sachen wurde das alte Feuer- wehrdepot wieder aufgefüllt. Mit diesen Nahrungsmitteln wurde das Kriegsgefangenenlager Pupping versorgt und in Aschach für durchziehende heimkehrende Soldaten und KZler eine Ausspeisung bis September 1945 organisiert.

122 Ich zähle Ihnen nun ein paar Organisationen auf, zu denen ich Sie bitten würde mir zu erzählen, was Sie noch wissen.

RAD

Der RAD war verpflichtend. Nach der Matura hat man das machen müssen, also ca. mit 18. Es hat Reichsarbeitsdienstlager gegeben. In der Mitte war der Appellplatz wo die Fahne gehisst wurde. Meine Schwester war eine gute Köchin und ist somit nach kurzer Zeit in die Küche des Lagers gekommen und hat dort gekocht. Ansonsten sind sie bei den Bauern eingesetzt worden. In Pesenbach war auch ein Lager. Meine Schwester war in Bad Leonfelden, wo es sowohl für Mädchen als auch für Burschen ein Lager getrennt gegeben hat. Es waren viele verschiedene Personengruppen, beispielsweise auch aus Linz Studenten, dort. In den Lagern war aber auch Geselligkeit. Dort haben sie Theater gespielt und gesungen. Im Arbeitsdienst wurde man zur Unterstützung der Bauern oder anderer Firmen eingesetzt. Z.B. wurden auch junge Erwachsene in der Munitionsfabrik eingesetzt. Überall wo sie gebraucht wurden, wurden sie eingesetzt. Vor allem in der Landwirtschaft war ein wichtiges Gebiet. Die Jungen wurden zu den Lagern einbe- rufen. Es wurde nicht auf die Örtlichkeit geschaut.

KdF

Mir ist noch ein Spruch in Erinnerung, der unter den Aschachern hin und wieder zu hören war. „ KdF fährt nach Helgoland, jeder Volksgenosse muss mal an die See, 4 Mark 80, die Sache macht sich, den Rest bezahlt die NSDAP.“

NSV

Winterhilfswerk war eine Gruppe der NSV. Es gab sonntags immer Sammlungen für das Win- terhilfswerk, wo für Spenden kleine Aufmerksamkeiten ausgegeben wurden. Beispielsweise wurden Glasplatten, geschnitzte Märchenfiguren oder Abzeichen im Rahmen der Spendenakti- on an die Spender verteilt wurden. Gedacht war es für Bedürftige, die im Winter Unterstützung gebraucht haben. Es ist in Aschach sehr viel gesammelt worden. So wie es heute das Rote Kreuz Sammlungen gibt, sind wir damals mit den Büchsen im Ort herumgegangen und haben Spenden gesammelt.

Anmerkungen, die Frau Dr. Dienstl außerhalb der Fragestellungen gemacht hat.

Der Dentist Reinhold, Aschacher Bürgermeister in der NS-Zeit, war ein ganz ein eingefleischter Nazi. Er hat auch nach dem Krieg noch versucht meinen Vater bei den Amerikanern anzu- schwärzen. Er hat z.B. behauptet, dass er Milchmakerl bezogen hat, obwohl wir eine Kuh da- heim hatten. Der Bürgermeister war meistens auch gleichzeitig der Ortsgruppenleiter.

Frau Dr. Dienstl

123

124 Interview mit Herrn Eggerstorfer Johann, geboren am 6.3.1938. Es handelte sich um ein struktu- riertes Interview über verschiedene Bereiche der NS-Zeit, wobei die Fragen offen gehalten wur- den. Die Antworten wurden direkt vor Ort aus Mundart in das Hochdeutsche transkribiert. Datum: 14.12.2011 Uhrzeit: 15:00-18:00 Ort: Gemeindearchiv der Gemeinde Aschach an der Donau

Herr Eggerstorfer, wie haben Sie ihre Kindheit in der NS-Zeit erlebt und wie war Ihre Freizeit- gestaltung?

Bei uns war es so. Ich war im März 44 6 Jahre und habe das Schulgehen begonnen. Ich bin nur ein paar Monate in die Schule gegangen. In Aschach sind sehr viele Flüchtlinge aus dem Reich zu uns gekommen und wurden teilweise in der Schule und im Schloss einquartiert. Damit war bei uns die Schulzeit zu Ende. Nach Kriegsende habe ich dann die Klasse übersprungen. Wie ich wieder in der Schule begonnen habe, war ich mit der zweiten Klasse beisammen. Ich habe vor Kriegsende noch ein Halbjahreszeugnis bekommen, aber kein Ganzjahreszeugnis mehr. Wie ich in der zweiten Klasse war (Nachkriegszeit) sind wir immer Kartoffelkäfer suchen gegangen. Die Lehrerin hat mich sehr beeindruckt, da sie damals von denjenigen Kindern, die eine größere Jause mitbekommen haben, einen Teil eingesammelt hat und denjenigen, die nichts hatten, et- was davon gab. In der Kriegszeit hatten wir eine Lehrerin, die hat folgende Maßnahmen gehabt. Wenn ein Kind geschwätzt hat, hat sie ihm eine Zunge umgehängt, mit derer man dann heimge- hen musste. Da haben dann alle auf der Straße und zu Hause gesehen, was das Kind verbrochen hatte. Es waren quasi mittelalterliche Maßnahmen. Wir haben auch einen Hitlerspruch statt dem Gebet aufsagen müssen.

Was die Freizeit betrifft, waren für mich die letzten Monate der Kriegszeit eine Abenteuerzeit, weil wir von den Schrecken des Krieges nicht so viel mitbekommen haben. Ich kann mich noch an einen Fliegeralarm erinnern, wo wir in den Luftschutzbunker gerannt sind. Da hat es mich schon erschreckt. Sonst sind wir in den Kobel raus gerannt und haben geschaut was los ist, aus Neugier. Wir haben nicht unterschieden ob es Amerikaner oder Deutsche waren. In Aschach hat es keine allgemeinen Schutzplätze gegeben. Beim Wolfmaier wollten sie einen Luftschutzstol- len bauen, aus dem dann nichts geworden ist. Im Heimatbuch von Hartkirchen schreibt der Au- tor, dass zwei Bomben niedergegangen sind. In der Nähe des Hauses Knogler bei Ruprechting ist die Bombe niedergegangen. Es war an der Grenze zu Ruprechting. Ob das jetzt genau Ruprechting oder Kellnering war, kann ich nicht genau sagen. Mein Bruder hat mir berichtet, dass die Bombe in der Nähe der Ziegelei niedergegangen ist. Wir Kinder haben uns das natür- lich ganz interessiert angesehen und haben den Krater bestaunt. An der Donau waren noch R- PAKs eingebaut bzw. Gräben ausgehoben worden für diese. Wir haben denen immer einen Most gebracht, weil sie so geschwitzt haben. Wir haben dann auch oftmals zugeschaut, wie die Bomber gekommen sind und darauf gefeuert wurde. Auch zwei abgeschossene Piloten haben wir gesehen, wie die zwei ans Ufer kommen wollten. Gegenüber von Aschach dürften sie ver- haftet worden sein und wurden in Arrest genommen, was ich von späteren Erzählungen erfahren habe. Was mir schon sehr unheimlich war und mir Angst gemacht hat, war der Fliegeralarm für die schweren Bomber, weil diese ein tiefes monotones Gebrumme gehabt haben. Eines Tages ist dann ein Haufen Silberstreifen vom Himmel herunter gekommen. Wir konnten uns nicht vor- stellen was das war. Der Großvater hat sofort gesagt nicht angreifen, weil es vergiftet sein könn- te. Er hat das dann untersucht. Es war jedoch nichts Gefährliches. Später habe ich erfahren, dass

125 das zur Ablenkung der R-PAKs war, da sich diese Silberstreifen in der Sonne spiegeln sollten und somit die R-PAKs ablenken sollten. Was mich auch sehr beeindruckt hat war folgendes. Im Schlosspark des Grafen Harrachs ist eine ungarische Pioniereinheit voll bewaffnet gelegen. Das hat uns Kinder und die älteren im 45er Jahr sehr begeistert. Die Älteren haben uns gesagt, wir sollten Spaten und Pickel etc. „organisieren“. Es hat sich bei diesen Pionieren um eine Einheit gehandelt, die bei den Deutschen war.

Im Mai 1945 hatten wir schon alle gewartet, dass sich etwas tut. Wir durften auch nicht auf die Straßen gehen. Eines Tages hatten wir erfahren, dass das Lagerhaus in Aschach geöffnet wor- den ist. Alle Leute sind dahin geströmt mit allen möglichen Transportmöglichkeiten. Es gab eine Menge Säcke an Lebensmitteln (Mehl, Getreide, Zucker, Salz). Die Leute haben einfach die Säcke aufgeschnitten um zu schauen was drinnen ist. Ich bin in einem Gemisch aus Mehl Zucker etc. gewatet. Ich kann mich noch auf die Heller Zuckerl erinnern, die wir „organisiert“ haben. Ich habe beobachtet wie jemand mit einem Ziehwagen Schachteln aufgeladen hat. Als er in der letzten Reihe war, wurden ihm in der ersten Reihe schon die Schachteln wieder von ande- ren Leuten abgeladen. Im Nachhinein habe ich erfahren, dass die Lebensmittel für die Wehr- macht und im Besonderen für die ungarische Pioniereinheit bestimmt waren. Der ganze Schlosspark war mit den Pionieren voll. Die Amerikaner haben im Nachhinein gesagt, wir sol- len die Güter wieder zurückgeben. Man hat das dann später „Hitlers Zehrung“ genannt. Gleich- zeitig wie „Hitlers Zehrung“ war, sind 20-30 Schlepps im oberen Teil von Aschach gelegen, die einen Haufen Güter (Schreibmaschinen, Felle, Kunstgegenstände, etc.) geladen hatten. Wir als Kinder haben einmal dorthin geschaut und haben durch eine Luke einen Haufen Pelze gesehen. Auch diese Schlepps wurden geplündert. Später hat sich herausgestellt, dass dort auch Kunstge- genstände von Ungarn drinnen waren.

Wie haben Sie das Kriegsende in Aschach erlebt?

Die Leute hatten im Verlaufe des Kriegs immer mehr Abneigung dagegen. Anfangs wurden Gefallene noch gefeiert und geehrt. Nach immer mehr Toten hatten die Aschacher jedoch zu- nehmend die Nase voll vom Krieg und den Verlusten. Da gab es dann auch nicht mehr so viele Umzüge und Feierlichkeiten. Zu Kriegsende ist alles ruhig und widerstandslos über die Bühne gegangen. Aschach war frei von Militär, soweit ich mich noch erinnern kann. Die Amerikaner waren die ersten, die dann gekommen sind. Wir Kinder haben eigentlich nicht unterschieden, ob es Amerikaner Russen oder Deutsche waren. Es war etwas Neues, das wieder interessant war.

Die Amis haben fürchterliche Angst vor den Leuten gehabt, die von den Russen herüber ge- kommen sind. Sie hatten vor allem Angst vor Läusen und haben uns deswegen mit DTT einge- staubt, was ein giftiges Pulver war. Das hat dann auch später das Grundwasser stark verseucht.

Wir hatten auch Kriegsspielzeug. Ich hatte zum Beispiel einen Flieger, da sind unten Bomben gehängt. Die haben wir dann kreisen lassen. Dann hatten wir auch Figuren, die die Engländer und Franzosen dargestellt haben. Wenn dann die Figuren von den Bomben getroffen wurden, haben wir Hurra geschrien. Wir haben auch Gruppen gehabt (Banden), wo wir dann auch Krieg gespielt haben. Da haben wir auch kleine Abzeichen auf die Gewänder aufgenäht.

Wissen Sie, ob die Volksabstimmung in irgendeiner Weise manipuliert worden ist, oder sind die 100 % Ja Stimmen für den Anschluss korrekt?

126 Nach außen hin wurden keine Manipulationen Preis gegeben, falls welche existiert haben. Auch mein Bruder weiß nichts davon (nach Telefonat mit ihm).

Was passierte mit dem Turnverein nach dem Anschluss?

Es gab kein selbständiges Turnen mehr. Es wurde der Turnverein aufgelöst und in den Reichs- bund eingegliedert. Von meiner Kinderzeit weiß ich nichts mehr vom Turnen.

Was haben Ihre Eltern während der NS-Zeit gemacht? Waren Sie arbeitstätig oder zu Hause?

Meine Mutter war Hausfrau. Mütter haben damals nicht gearbeitet. Sie hatten die Pflicht Kinder zu erziehen. Der Vater war in der Strombauleitung und war nur ca. ein Jahr im Krieg. Mein Vater war bei der Partei dabei. Unsere Familie wurde auch nach dem Krieg diskriminiert. Es gab Feindlichkeit gegenüber den Nachbarn (Nazikinder haben die geschrien, wir haben Kriegs- verbrecherkinder zurückgeschrien). Der Großvater hat uns vor allem geschützt. Der Vater hat auch ein Jahr nach Glasenbach müssen. Er ist eingesperrt worden, weil er den Sport bei der NSDAP übergehabt hat, er war glaube ich beim Reichssportbund oder so ähnlich. Das war unter anderem der aufgelöste Turnverein. Körper- und Wehrertüchtigung war generell damals das Ziel des Sportes. Mein Vater hat mir erzählt, dass er damals mit einer positiven Veränderung gerechnet hat und für ihn diese Auswirkungen nicht sichtbar waren, wie für viele andere. Das war auch das letzte Mal, dass sich mein Vater politisch engagiert hat, weil er von der NSDAP so enttäuscht wurde. Er mir erzählt, dass es nicht so war als wären alle eingefleischte Nazis gewe- sen. Es gab auch moderate Personen in der Gemeinde, die für einen Einklang unter der Bevölke- rung sorgen wollten. Andere hat es aber natürlich auch gegeben.

Johann Eggerstorfer

127 Interview am 10.11.2011 mit Herrn Loipetsberger Karl, geboren am 20.9.1928. Es handelte sich um ein offenes Interview, das durch eine Frage eingeleitet wurde. Da sich im Interview heraus stellte, dass Herr Loipetsberger erst nach Kriegsende nach Aschach zugezogen ist, wurden keine weiteren Fragen mehr zu Aschach gestellt und nur seine Erfahrungen in der NS-Zeit eingegan- gen. Die Antworten wurden direkt vor Ort aus Mundart in das Hochdeutsche transkribiert. Datum: 10.11.2011 Uhrzeit: 15:30-17:45 Ort: Siernerstraße 53, 4082 Aschach an der Donau

Herr Loipetsberger, wie haben Sie Ihre Jugend während der NS-Zeit erlebt?

Ich war während der NS-Zeit noch nicht in Aschach. Ich bin erst 1951 von Oftering hierher gezogen. Oftering war damals eine kleine Ortschaft in der Nähe von Leonding. Wir hatten eine zweiklassige Volksschule in Oftering. Drei Klassen waren damals in einem Raum. Diese wur- den Abteilungen genannt. Nach der Volksschule bin ich dann nach Linz in die Hauptschule gegangen. Nach dem Anschluss war überall der nationalsozialistische Einfluss durch Zeitschrif- ten (z.B. in der Lesestunde) und Sprüche (durch einzelne Schüler) stark bemerkbar. Beispiels- weise war auch Geografie ausgerichtet auf die Führerpersonen. Ich würde aber auch sagen, dass das einen gewissen positiven Aspekt für die politische Bildung mit sich brachte, weil man sehr genau lernte, wo wer geboren wurde. Für die Kinder gab es die DJ (=Deutsche Junge) im Alter von 6-14 und ab 14 dann die HJ. Generell gab es eine sehr starke Ausrichtung auf Sport. Ertüch- tigung war ein Muss, was auch seinen Vorteil hatte. Da wussten wir auch etwas mit der Zeit anzufangen. Nach der HJ ist man dann zur RAD (Reichsarbeitsdienst) gekommen, die zur Ver- sorgung bzw. Wiederherstellung von Infrastruktur eingesetzt wurde. Im Laufe der Kriegszeit wurde dieser Dienst immer mehr zu einer Art Grundausbildung für den Wehrdienst, wo man sich die Eigenheiten des Heeres aneignete und z.B. lernte wie man eine Waffe zerlegt und wie- der zusammenbaut. Wehrertüchtigungslager, die von der HJ ausgingen, wurden regelmäßig durchgeführt auch zur vormilitärischen Ausbildung. Zur Verstärkung der nationalsozialistischen Idee in den Köpfen der jungen Leute wurden den Jungen Taschenbücher gegeben, die als Art „schlaues Buch“ genutzt wurden. Als Kind selbst ist man in der NS Zeit beschäftigt worden. Es war also etwas positives, weil man sportliche Ertüchtigung hatte und Leute kennen lernte. Je- doch hat sich diese Stimmung mit Kriegsbeginn schon verändert. Die meisten wollten eigentlich keinen Krieg. Das Problem war jedoch, dass man sich nicht kritisch äußern durfte, sonst lief man Gefahr, dass man gefangen genommen wurde. Es waren auch viele Fremdarbeiter in Ofte- ring, da ein Kriegsgefangenenlager in Pasching war.

128 Die Waffen-SS war die Spezialtruppe in der Wehrmacht. Sie war gefürchtet vom Gegner und auch von den eigenen Leuten. Diese hat mit der KZ-SS nichts zu tun. Als ich einrücken musste habe ich mich als ROB (Reserveoffiziersbewerber), auf Empfehlung meines Bruders, beworben, um somit eine bessere Stellung zu erlangen, die nicht so gefährlich war wie die Waffen-SS. Am Ende des Krieges wurde ich dann in Gallneukirchen von den Amerikanern gefangen genom- men. Ich hatte Glück, dass wir uns den Amerikanern ergeben hatten. Denn die anderen wurden von den Russen gefangen genommen und auch dorthin teilweise verfrachtet. Von denen hat man nichts mehr gehört. Zu essen und zu trinken hatten wir in der Gefangenschaft wenig. Auch die Unterkunft war im Freien mit nur einer kleinen Decke.

Karl Loipetsberger

129

Interview am 10.11.2011 und am 24.11.2011 mit Herrn Paschinger Stefan und Frau Paschinger Stefanie. Es handelt sich um ein strukturiertes Interview, wobei die Fragen offen gehalten wor- den sind. Die Antworten wurden direkt vor Ort aus Mundart in das Hochdeutsche transkribiert. Datum: 10.11.2011 bzw. 24.11.2011 Uhrzeit: 14:00-15:30 bzw. 14:00-15:00 Ort: Sommerberg 5, 4082 Aschach an der Donau

Herr Paschinger, können Sie mir berichten, wie sie die Zeit in der Strombauleitung während der NS Herrschaft erlebt haben?

Ich habe im Jahr 1938 als Schopperlehrling in der Strombauleitung begonnen und habe dort bis 1941 gearbeitet. Der Lohn war aber sehr bescheiden, gar nicht vergleichbar mit heute. Bis Mitte der 30er Jahre war die Arbeitslosigkeit sehr hoch. Mit dem Anschluss ist die Arbeit viel mehr geworden. Geld hat keine Rolle mehr gespielt, weil genug da war. Auch die Reichsmark wurde nach dem Anschluss eingeführt. Überall gab es Arbeit, auch bei der Strombauleitung. Sämtliche Bauten und Stromregulierungen wurden wieder begonnen, die zuvor ausgesetzt worden waren. Unter den neuen Bauvorhaben war viel Fahrzeugbau. Auch eine Siebnerin nach der anderen wurde gebaut.

Und gab es auch im Ablauf der Arbeitszeit Änderungen in der NS-Zeit?

Ja, am Morgen wurde immer ein verpflichtender Frühsport vor Arbeitsbeginn gemacht. Dabei mussten wir joggen bis zum Sportplatz und wieder zurück. Jeder musste mitmachen, egal ob alt oder jung. Generell wurde der Sport sehr stark gefördert. Es gab auch große Versammlungen, wenn Verlautbarungen waren, die den Krieg betrafen. Alles war auf Kampfbereitschaft und Wehrertüchtigung ausgelegt. Die erste Stunde in der Woche waren immer rein parteipolitische Unterweisungen. Auch Fahnenappelle gab es.

Wie war die Beziehung der Arbeiterschaft zu den Arbeitnehmervertretern?

Arbeitnehmervertreter (Vertrauensmänner) hat es auch gegeben. Sie haben sich schon gegen Unrecht gegen Arbeiter eingesetzt. Es war ein gewisses Vertrauensverhältnis zu den Vertrau- ensmännern da, ihnen waren aber auch oftmals die Hände gebunden. Der erste Chef war damals Ing. Zeißl. Nachher ist Gogela Chef der Strombauleitung gewesen. Es haben vor allem Ascha- cher und Hartkirchner dort gearbeitet. Manche haben zu der Partei gehalten, viele aber auch nicht. Die meisten nicht. Fremdarbeiter hat es zu dieser Zeit nicht gegeben und auch nach dem Krieg nicht, solange ich dort gearbeitet habe. Ab 1941 musste ich einrücken. Da kann ich dann nichts mehr zu der Situation in der Strombauleitung sagen.

Haben Sie davon erfahren, dass die Strombauleitung ein sogenanntes „Gaudiplom“ erhalten hat?

130 Eigentlich habe ich als Lehrling davon nicht so viel mitbekommen. Die Oberen haben das viel- leicht eher gewusst. Aber ich wüsste nicht mehr, dass es großartige Feiern oder andere Feste zu dieser Auszeichnung gegeben hat.

Herr Paschinger, können Sie sich noch an den Brückenbau während der NS Zeit erinnern und wie ist diese zustande gekommen?

Zum Sudeteneinmarsch ist eine Behelfsbrücke gebaut worden mit schwimmenden Unterlagen mit Holzbelag. Gogela war zu dieser Zeit der Chef der Strombauleitung. Er war ein Aschacher. Sein Vater war ein Verwalter im Schloss. Die Familie stammte Böhmen/Mähren ab. Die Strom- bauleitung hat da auch viele Schiffe gebaut, die zur Errichtung der Brückenverbindung einge- setzt wurden.

Stefanie Paschinger: Das Kloster Pupping war von den Nazis besetzt worden. Die Pater wurden gleich rausgeschmissen. Die hatten nichts zu sagen. Ich habe damals in Linz gearbeitet und musste mit Soldaten wegen Geld verhandeln. Das Lager Pupping war ganz schön groß. Es hat sich aus einem Haufen Baracken zusammen gesetzt. Dort wurden Gefangene vor allem bei den Bauern eingesetzt.

Wie haben Sie die Judenverfolgung in Aschach erlebt?

In Aschach hatte die Reichskristallnacht (9./10. Nov. 1938) weniger Auswirkungen, da es kaum Juden gab. Also gab es keine Verwüstungen oder andere Zerstörungen.

24.11.2011 (14:00-15:00 Uhr)

Frau Paschinger, Ihnen ist noch etwas zum Thema NS-Zeit eingefallen, was Sie mir berichten möchten?

Ja, mir ist noch etwas von meinem Bruder Max Turner eingefallen. Früher während seiner Schulzeit wurde schon Druck auf ihn ausgeübt zur HJ zu gehen. Da war er ca. 10 Jahre alt. Die HJ war sehr organisiert durchgeführt und es war auch so, dass Kirchenzeit HJ Zeit war. Jeden- falls musste mein Bruder zur Stellung (er hat als Lehrling bei der Bahn gearbeitet). Diese wurde glaube ich in Hartkirchen durchgeführt. Dort sollten dann die jungen Burschen auch einen Zet- tel unterschreiben. Vor ihm haben auch die meisten den Zettel brav unterschrieben. Mein Bru- der hat aber gemerkt, dass der Zettel gefaltet war. Er hat den Zettel vollständig aufgemacht. Dort drauf stand dann eine freiwillige Meldung zur Waffen-SS. Das war also eine Täuschung, damit die Jungen freiwillig zur Waffen-SS gehen sollten. Mein Bruder hat aber nicht unter- schrieben. Daraufhin ist er ganz scharf angefahren worden, warum er den Zettel vollständig liest. Daraufhin wurde er immer wieder unter Druck gesetzt und ausgegrenzt.

Können Sie sich noch an die Bürgermeister in Aschach während der NS-Zeit erinnern?

131 Stefan Paschinger: Vor den Nazis war der Dr. Dienstl in Aschach sehr engagiert. Er war auch Bürgermeister bis zum Anschluss. Er hat auch mitgeholfen die Stärkefabrik zu eröffnen und die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Generell war er ein sehr fähiger Mann. Er wurde sofort nach dem Anschluss abgesetzt und hat auch seine Gemeindearztstelle verloren. Er ist in allen Belan- gen stark boykottiert worden. Nach Kriegsende ist er gleich wieder eingesetzt worden. Während der NS-Zeit gab es den Reinhold. Der war ein Zahnarzt. Auch der Wagner Karl war einmal Bürgermeister. Ich glaube, es gab auch noch andere. An die kann ich mich aber nicht mehr erin- nern. Der Bürgermeister hatte auch oftmals die Funktion des Ortsgruppenleiters. Der Kreisleiter war natürlich übergeordnet.

Können Sie mir beschreiben, wie das Verhalten der Aschacher nach dem Anschluss war?

Also grundsätzlich gab es einen verhaltenen Jubel beim Anschluss. Vor allem von den einge- fleischten Nazis war die Zustimmung groß. Bei der Volksabstimmung waren fast 100 % für Ja. Diejenigen die öffentlich Nein gesagt haben, wurden sofort rangenommen. Es hat sich fast kei- ner was zu sagen getraut, von denen, die dagegen waren. Die Propaganda war sehr stark. Sie hat vor allem auf die Jungen abgezielt. Da gab es auch viele Lieder, die die Kinder singen mussten. Wenn man keine deutschen Sender hörte, wurde man gleich bestraft. Die Strafen waren sehr hart. Da wurden schon mal die Leute ins KZ verfrachtet für das Abhören von Feindsendern. Man hat ganz stark aufpassen müssen, was man sagt. Wenn man etwas Falsches gesagt hat, dann wurde man sofort bestraft. Es gab sehr viel Misstrauen.

Stefan Paschinger Stefanie Paschinger

132 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Arbeitsmarktlage in Oberösterreich bis 18 Monate nach dem Anschluss ...... 10 Abbildung 2: Verteilung der ausländischen Arbeitskräfte nach Sektoren ...... 19 Abbildung 3: Geplantes Reichsautobahnnetz (Stand 15.12.1938) ...... 24 Abbildung 4: Aschachs Bürgermeister während der Zeit des Nationalsozialismus ...... 40 Abbildung 5: Dr. med. Hans Dienstl ...... 43 Abbildung 6: Stimmzettel zur Volksabstimmung vom 10. April 1938 ...... 49 Abbildung 7: Organisationsstruktur der Jugendorganisationen ...... 57 Abbildung 8: Deutsches Jungvolk in Uniformen ...... 60 Abbildung 9: Skiausflug der HJ 1940 mit Wilhelm Eggerstorfer ...... 61 Abbildung 10: Ortsverschönerungsgruppe von Major Heinisch ...... 72 Abbildung 11: Heldengedenken am Ehrenhain ...... 75 Abbildung 12: 1. Mai-Feier in Aschach 1938 ...... 78 Abbildung 13: Kirchenaustritte in Aschach zwischen 1939 und 1944 ...... 80 Abbildung 14: Treffen des Reichskriegerbundes in Aschach 1940 ...... 82 Abbildung 15: Frühjahreslauf in Aschach 1940 ...... 85 Abbildung 16: Nächtigungszahlen in Aschach 1937 bis 1944 ...... 102

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Arbeitslosenzahlen Oberösterreichs 1938/39 im Vergleich ...... 11 Tabelle 2: Eingesetzte Kriegsgefange nach Wirtschaftssektoren im Gau Oberdonau ...... 16 Tabelle 3: AusländerInnenbeschäftigung nach Nationalitäten ...... 20 Tabelle 4: Lohndifferenzen zwischen Oberdonau und Wien im August 1938 ...... 29 Tabelle 5: Ordentlicher und außerordentlicher Haushalt des Gaues Oberdonau 1938 bis 1943 ...... 30 Tabelle 6: Auflistung der Einnahmen aus Steuern ...... 32 Tabelle 7: Organisation der Gemeinde und NSDAP in Aschach im Juni 1938 ...... 39 Tabelle 8: leicht modifizierte Bilanzen der Rollfähre vom 1941, 1942 und 1943 in RM ...... 92 Tabelle 9: leicht modifizierte Gewinn- und Verlustrechnung der Rollfähre 1941/42 und 1942/43 ...... 93 Tabelle 10: Auflistung der Betriebe nach Branchen vom November 1945 ...... 97 Tabelle 11: Anzahl der der Betriebe des Handelsgewerbes in Aschach 1942 bis 1945 ...... 98 Tabelle 12: Stand der AusländerInnen in Aschach vom 16. Februar 1944 ...... 99 Tabelle 13: Angebot an Einrichtungen, die Betten zu Verfügung stellen 1941 ...... 101 Tabelle 14: Tourismusentwicklung in Aschach von 1937 bis 1945 ...... 101 Tabelle 15: Haushaltspläne und Rechnungsabschlüsse der Gemeinde Aschach in RM ...... 104 Tabelle 16: Auflistung der eigenen Steuereinnahmen der Gemeinde ...... 106 Tabelle 17: Ausgaben des ordentlichen Haushalts der Gemeinde nach Gruppen ...... 108 Tabelle 18: Ausgaben des ordentlichen Haushalts der Gemeinde nach Gruppen in RM ...... 108 Tabelle 19: Darlehensschulden der Gemeinde 1938 ...... 110

133 Literaturverzeichnis

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