Die Übergänge am untern Hauenstein

Objekttyp: Chapter

Zeitschrift: Jahrbuch für solothurnische Geschichte

Band (Jahr): 42 (1969)

PDF erstellt am: 03.10.2021

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http://www.e-periodica.ch II. DIE ÜBERGÄNGE AM UNTERN HAUENSTEIN1

Das Gebiet des Untern Hauensteins war schon im Mittelalter von einem weit verästelten Wegnetz belegt. Dies war umso eher verständlich, als eine Viehherde oder Saumtiergruppe bescheidene Ansprüche an den Strassenzustand stellte : da und dort musste ein Stein aus dem Wege geräumt, ein Loch aufgefüllt, das allzu üppige Gesträuch zurückgeschnitten werden; glitschige und abschüssige Stellen waren lediglich durch hingelegte Baumstämme oder Steinbrocken gesichert. Nicht selten hatten alte Wildwechsel oder Viehwege dem Verkehr den Weg durchs Gebirge gewiesen ; und gerade im Jura dürfte dies für die kleineren, ehemaligen Saumpfade zutreffen.

1. Der Erlimoosübergang

Der Weg über das Erlimoos stieg vom Untern Rintel oberhalb des Dorfes Trimbach in gerader Richtung - ein Kennzeichen alter Pässe, die oft unbesehen der grösseren Steigung der Fallinie folgten - gegen die Einsattelung zwischen der Reisenegg und dem Froburgfelsen hinauf. Von der Passhöhe (778 m) fiel er in einem Bogen westlich der Hangenmatt entweder nach Läufelfingen-Sissach oder nach Wisen- ab. In beiden Fällen erreichte der Weg schliesshch das Er- golztal. Funde bei Wisen, Läufelfingen, im Erlimoossattel und auf der Froburg belegen eine römische Begehung, doch dürfte es sich trotz der günstigen natürlichen Verhältnisse nur um eine Nebenroute gehandelt haben. Der oft aufgestellten und durch Daniel Bruckner2 weit verbreiteten Behauptung, die römische Heerstrasse habe von Solothurn über -Zeghngen nach Augusta Rauracorum geführt und sei das Stück, welches die römischen Strassenkarten angeben, kann ich nicht beistimmen.3 Die Hauptverbindung von Aventicum, Petinesca und Salodu-

1 Für die Ortsbezeichnungen gelten die Angaben der Landeskarte der Schweiz 1:25000 (Hauenstein, Blatt 1088), Eidg. Landestop., Wabern-Bern 1955. 2 Merkwürdigkeiten, Seite 2862. Auch Jo. Daniel Schoepflinus, Alsatia illustrata, tomus I, 1751, § 89, Seite 172. 3 Die hier vorgelegte Ansicht vertrat schon der Oltner Historiker Max von Arx, Die Vorgeschichte der Stadt Olten, Solothurn 1909, Seiten 67 f.

18 rum mit Augusta Rauracorum ging ohne Zweifel über den Obern Hauenstein.4 Im Spätmittelalter war der südliche Zugang zum Erhmoos gleichzeitig Burgweg zum Stammschloss der Grafen von Froburg. Vor der Einrichtung der mehr westhch gelegenen Strasse über den Untern Hauenstein hatte das Erhmoos den (Lokal-) Verkehr aufgenommen. Christian Wurstisen weiss in seiner Basler Chronik davon zu berichten: « Gelterchingen, als der Bach vom Hauenstein herab fleußt, liegt unterhalb Wysen, der Fleck Zeghngen, hat etwan eine Capelle gehabt S.Agatha genannt, gehoert jetzt in die Pfarr Kilchberg. Durch dieses Doerflein soll vorzeiten die alte Landstraß ueber den Hauenstein ob Honberg durch Krimmenthal5 hinauf gegangen seyn, und nicht wie jetzt durch Butken unter Honberg, darum dann selbiger Zeit an diesem Ort viel Hufschmide seßhaft gewesen. Damals ist irgend bey drey Buechsenschueße ob Kilchberg etwas Wohnung gewesen, die Eilend Herberg genannt, ist jetzt ein Hoeltzlein, irgend achtzig Schritt lang, und halb so breit, dann das uebrige Feld, geht der Fußweg darueber, und hat viel altes Gemaeuers.6» Die «Eilend Herberg» weist hin auf einen (Pilger-) Verkehr. Ausser zwei Erwähnungen von Romreisen aus dem 13. und 14. Jahrhundert7 und der sagenhaften Gründung der Kapelle (Kirche) von Ifenthal8 ist der Untere Hauenstein als Pilgerweg nicht zu fassen; die «Eilend Herberg» musste mit dem wohlbekannten Pilgerweg über die Schafmatt in Verbindung gestanden haben. Auf der Passhöhe des Erlimoosüberganges stand im ausgehenden Mittelalter eine Kapelle. Sie wird 1363 bei der Grenzbeschreibung des Sisgaus erstmals erwähnt, als die Grenze von der Schafmatt herkommend gegen Westen sich zur Froburg zog und von da «untz zuo den 4 Th. Burckhardt-Biedermann, Die Strasse über den obern Hauenstein am Basler Jura. Basler Zs. für Gs. und Ak., Band 1,1, Basel 1902, Seiten 2-7. Ebenso Rudolf Degen, Hist. Atlas der Schweiz, 2. Auflage, Aarau 1958, Karte 6. Die Tabula Peutingeranea (K. MiUer, Itineraria Romana, Stuttgart 1916) gibt die Strecke zwischen Solothurn und Äugst mit 22 Leugen wieder ; 22 Leugen 48,8 km - heutige Route 53 km. 5 Karte bei Dan. Bruckner, Merkwürdigkeiten, XII. Stück, Amt Homburg « Grün Thal » nördlich der Eselflue auf gleicher Höhe wie Rümlingen, am westlichen Flüsschen ; der Hügelzug in der Nähe nennt sich heute «Grindel». 6 Chr. Wurstisen, Basler Chronik, Basel 1580, Seite 38. Daraus Dan. Bruckner, Merkwürdigkeiten, Seite 2554. 7 Siehe Seite 36. 8 F.Haffner, Schauplatz II, Seite 373: «Nit fern davon [Trimbach] ist widerumb Jffen- thal / etwann der Freyherren diß Namens Sitz : so stehet St. Cathrin Capell nit weit davon bey welcher Stifftung sich das denckwuerdig zugetragen / daß ein Pilger so von Jerusalem und dem H. Berg Sinay zurück und an disen Orth kommen / von dannen so lang nit hat koennen weichen / biß er versprochen / den Particul deß bey sich habenden Heylthumbs S.Catharinae allhie zulassen / wie es dann alldort auff den heutigen Tag gezeigt / und mit Andacht von den Umbsässen und andern besucht wird. »

19 blatten ob dem Kaeppehn uff dem nidren Hovwenstein und aber da die graet und die hoechinen navch der wasser seige und schneschmiltze us».9 Die «blatten» sind zunächst nicht lokahsierbar. Nun hatte um 1610/20 der Maler Hans Bock Auftrag der Stadt Basel in einem Plan aufzunehmen.10 Dort steht in der Beischrift zum 2.Landstein: «Diser 2. landtstein steht in aller höche auf der weidt Froburg, von dem zeicht sich die landtmarch wider bergab, neben eim Cäppehn hinunder.» Hans Bock schmückte seine Pläne mit hübschen Veduten - die, um es vorwegzunehmen, nicht immer am richtigen Ort stehen - in diesem Fall mit einem merkwürdigen Gemäuer, das einen sich nach rechts neigenden zerbrochenen Torbogen darstellt;11 die Kapehe war also baufällig. Da Hans Bock die Grenze an sich sehr genau mit den Distanzen wiedergibt und den Standort der einzelnen Landsteine jeweilen beschreibt, ist es möghch, jenen 2. Landstein zu bestimmen.12 Er entspricht dem heutigen Gemeindegrenzstein 10 auf der Passhöhe des Erhmooses. Die Kapelle stand demnach etwas unterhalb, am alten, dem Graben entlang hinaufführenden Weg. Ein Augenschein ergab, dass sich heute oberflächlich keinerlei Spuren mehr finden lassen. Die Feldaufnahmen G.F.Meyers verzeichnen für die Zeit um 1680 einen Fuss- weg von Wisen nach Hauenstein; er führte durch die «Weid» und diente den Wisenern als Kirchweg nach Ifenthal. Ein Weg über das Erlimoos nach Trimbach ist angedeutet. Der alte Pass war damals kaum mehr in Gebrauch; eine wirklich fahrbare Strasse hat im Mittelalter nie darüber geführt.

9 ULBNr.387, Seite 1131. 10 St.A.BL. Planarchiv A 26 und A 36. 11 Der betreffende Ausschnitt ist abgebildet in : W. Merz, Burgen des Sisgaus 2, Seite 92, Abb. 42. A.Guldimann hat diese Vedute beschrieben: Über die HeiHgtümer an den Juraübergängen des Gösgeramtes, Jurablätter, 13. Jg., 1951, Heft 3 (Seite 48). Guldimann lokalisierte die KapeUe unrichtig hinter die Ökonomiegebäude des nachmaligen Kurhauses Froburg - verleitet durch die auf dem Plan in der Nähe gemalte DarsteUung des Froburg- felsens mit den Ökonomiegebäuden, die eigentlich auf den nächstfolgenden Plan gehörten, wo sich auch der 4. Grenzstein auf dem Froburgfelsen befindet (siehe Anm. 12). 12 Die Lokalisierung des 2. Landsteines bereitet zunächst Schwierigkeiten, da die heutigen Kantons- und Gemeindegrenzsteine nicht immer der alten Grenze zwischen den Landgrafschaften im Sisgau und im Buchsgau folgen, sondern im 19. Jahrhundert bei den Wald- und Weidausscheidungen zwischen Trimbach und Wisen neu gesetzt wurden. Es stehen uns zur Verfügung die Grenzbeschreibung von 1363 (ULB Nr. 387, Seite 1131), der Plan von Hans Bock (St.A.BL. Planarchiv A 26 und A 36) und eine Karte von G.F.Meyer aus dem Jahre 1680 (St.A.BS. Grenzakten E 3 Bild 6, Seite 132). Zunächst ist von Bedeutung, dass die alte Grenze von der Passhöhe des Untern Hauensteins nach Osten gegen den höchsten Punkt über dem Erlimoos der Wasserscheide folgte. Zu den einzelnen Landsteinen bei Hans Bock und G. F. Meyer : « Diser 2. stein steht auf dem absetzen am Hauwenstein neben der landstroß, die von Leüffelfingen herauffer kombt. » Es handelt sich eigentlich um den 1. Landstein, der dem heutigen Kantonsgrenz-

20 2. Die Challhöchi

Ein weiterer Parallelpass zum Untern Hauenstein war der Übergang über die Challhöchi zwischen Ifenthal und Eptingen.13 Er führte vom Untern Rintel durch den Ifenthaler Graben zum Dorfe Ifenthal, von dort dem Ifenthaler Berg (Schmutzflue) entlang durch die Challgasse, die heute im oberen Teil von einer Reihe Eschen gesäumt wird, zur Challhöchi (848 m) ; westhch der Passhöhe wird der Weg durch den Leisenbach in nördhcher Richtung ins Diegtertal nach Eptingen-Sis- sach gewiesen. W. Bruckner versucht anhand der hochdeutschen Lautverschiebung nachzuweisen, dass dieser Pass mit seinem lateinischen Namen (lat. calhs Bergpfad, Fussweg, Triftweg) den Alemannen als Einwanderungsweg ins obere Baselbiet gedient habe und sich von calhs zu Chall verschob.14 Zustrom erhielt der Pass aus dem Gäu, indem ein Weg von der Mittelgäustrasse abzweigte und über Kappel-Hägendorf-Gnöd-Fasis- wald-Spittelberg nach Ifenthal und zum Untern Hauenstein führte. Im Spätmittelalter diente der Weg den Herren von Eptingen als Verbindung zu ihrem Ifenthaler Besitz.15 Über einen Verkehr zwischen Trim-

stein 176 (aus dem Jahre 1834) auf der Passhöhe des Untern Hauensteins entspricht. Zu dem «absetzen» siehe auch Seite 66 (Anm. 16) und zu den den gleichen Ort bezeichnenden Stapfen Seite 45 (Anm. 73) Meyers Stein D. Als weiteren Punkt (ohne Landstein) meldet Bock: «Auff der weidt, heisst im Nicol- den, aldo endet sich Homburger landtmarchen, und bannet Varnspurg, mit SoUenthurn wider fordt.» Meyers C und L/M «Niclaus Graben»; im heutigen Volksmund «im Nigglete»: östlich der Reisenegg. Die Grenze erstieg nach dem Graben wieder den Kamm gegen den höchsten Punkt (804.6) der Hangenmatt: «Diser landtstein steht am Wisen neben dem kirchweg.» Meyers Stein B. - Die heutige Kantonsgrenze verlässt diese Linie schon bei der Reisenegg, Grenzstein 176a (1930) nach Südwesten zu den Steinen 177 (1834) und 178 (1834); dann zu den Gemeindegrenzsteinen aus dem Jahre 1852: 12, 11 und 10 auf der Passhöhe des Erlimooses. Nun ging es Richtung Froburgfelsen, welche Linie Bock genau angibt : « Diser 2. Landtstein steht in aller höche auf der weidt Froburg, von dem zeicht sich die landtmarch wider bergab, neben eim Cäppelin hinunder. » Dieser Stein entspricht dem heutigen Gemeindegrenzstein 10. Meyer kennt weder Stein noch KapeUe. Die Grenze zog sich weiter nach Süden: «Diser 3. stein im tobel unden am oberenn Hybs Reyse» (nach «Hybs» ist «-weeg» durchstrichen). Meyer kennt auch diesen Stein nicht; der Flurname ist sonst nirgends mehr zu finden. «Auf bürg Froburg steht der vierte stein» Meyers Stein A. Die beiden letzten Steine haben natürlich keine modernen Entsprechungen. 13 Auf diesen Übergang hat schon A. Guldimann hingewiesen : Ringiers Unterhaltungsblätter «Das gelbe Heft», Nr.24, 1959 (mit Bildern und Skizze). 14 W. Bruckner, Schweizerische Ortsnamenkunde, Basel 1945, Seiten 31 f. 15 Schon früh verloren die Edelknechte von Ifenthal ihre Stammburg. 1263 war sie in der Hand des Mathias Puliant von Eptingen, der sich deswegen Herr von Ifenthal nannte. I. von Arx, Buchsgau, Seiten 63-65. Dan. Bruckner, Merkwürdigkeiten, Seite 2237.

21 bach/Ifenthal und Eptingen lassen sich keine schrifthchen Hinweise finden.16 Zahlreich hingegen sind Viehtransporte vom Gäu her gewesen.17 Meyers Feldaufnahmen18 verzeichnen denn auch einen Weg «nach Kallen, Leüffelfingen und Hägendorff». Die einzige Erwähnung eines Zolles zu Diegten in der Hand Basels gibt einen weiteren, wenn auch nicht überzeugenden Hinweis auf Verkehr in diesem Tal.19 Zu diesen Übergängen, deren Gemeinsamkeit darin bestand, dass sie parallel zum Untern Hauenstein von einem Punkt (Trimbach) ausgingen und sich wieder an einem Punkt jenseits des Berges (Sissach) trafen, traten noch zwei Parallel- und gelegentlich auch Konkurrenzpässe: der Buchsiterberg im Westen und die Schafmatt im Osten des Untern Hauensteins.

3. Der Buchsiterberg

Der Pass über den Buchsiterberg bildete seit jeher die direkteste und kürzeste Verbindung zwischen dem Tal der Frenke und dem Gäu. Der Weg verliess die Strasse über den Obern Hauenstein bei Holderbank und strebte westhch der Alt-Bechburg vorbei - unterhalb der heutigen Strasse20 - Oberbuchsiten zu und dann durchs Mittelgäu21 entweder mit dem Aare-Übergang bei Wolfwü gegen Wynau-Roggwil22 und das Tal der Roth hinauf in die Innerschweiz, oder über den Zofingerweg23 nach Boningen-Rothrist. In diesen Zusammenhang gehörte das fro-

16 Was nicht beweist, dass kein Verkehr durchging. Oft erfahren wir aus dem Mittelalter Dinge nur im Zusammenhang mit Streitigkeiten oder Missgeschicken. Alltägliches brauchte nicht notiert zu werden. 17 Siehe Seite 89. 18 Band II, Seite 15, Diegten. Unvollendete Karte. St.A.Liestal. In den Feldaufnahmen (Blatt 383v.) verzeichnete G.F.Meyer als Weg vom Hauenstein nach Ruch-Eptingen die Strasse durch den Lantel und das Gsal. 19 Stadthaushalt Basels (B.Harms), Einnahmen 1413/14: «Vom zol ze Dietikon j U viij ß» - Diegten siehe L.Freivogel, Landschaft Basel, Seite 64. 20 Bei P. 494 am nord-ösdichen Dorfrand von Oberbuchsiten verlässt man die Strasse in östlicher Richtung. Ein Feldweg führt über einen Damm in einer Linkskurve zu einem Hohlweg und in nord-östlicher Richtung zum Steinbruch; Koord. 625.175/241.030. Auf dieser Strecke ist rund 3 m oberhalb des Weges ein römisches Karrengeleise zu finden. Der Steinbruch schneidet ein Stück des Weges heraus. Oberhalb davon fliesst der Bach im alten Strassenbett; hier sind beide Geleise sauber zu erkennen. (Die Angaben verdanke ich P. Schenker, Solothurn.) 21 In Niederbuchsiten war eine Brücke über die Dünnern. Bern.-sol. Urbar von 1423 (Rud. Baumgartner), Seite 77 (86). 22 Umschlagplatz der Mönche von St. Urban. A. Haeberle, St. Urban, Seiten 19-24. Das farnsburg. Urbar von 1372/1376 (Carl Roth), Seite 62, und das bern.-sol. Urbar von 1423, Seite 103 (177) nennen einen Ort südlich von Wolfwil «Var». 23 Das bern.-sol. Urbar von 1423, Seite 95 (152) nennt diesen «Zovingen weg» bei Boningen.

22 burgische Städtchen Fridau mit seiner Brücke,24 das im Guglersturm 1375 niederbrannte und nicht mehr aufgebaut wurde. Eine weitere Möghchkeit zur Überquerung der Aare bot die Fähre bei Aarburg,25 die ebenfalls zur grossen Handelsstrasse im Wiggertal leitete. Im hohen Mittelalter war der Pass die Lebensader der bechburgischen Herrschaft (H. Sigrist).26 Es erscheint ein Zoll zu Oberbuchsiten. 135927 nahm Henmann von Ifenthal bei einer Teilung mit seinem Bruder Heinrich den Zoh zu Oberbuchsiten für sich. Ein Teil davon muss ihm bald verloren gegangen sein, denn 137028 verkaufte Johanns von Bechburg dem Heinrich von Ifenthal «den zoll zu Buchsiten meinen teil». Sigmund II. von Thierstein, dem durch seine Gemahlin Verena von Neuenburg-Nidau die froburgischen Allodien und Lehen zugefallen waren, verzeichnete in seinem famsburgischen Urbar (1376):29 «Item ze obren Buchsiten der halb zol, x schilling stebler; und das gleite bi xij guldinen». Ob es sich dabei um den bechburgischen Teil oder um den unbekannten andern handelt, lässt sich nicht bestimmen. Sigmund scheint kurz danach auch die zweite Hälfte erworben zu haben. Er versetzte 137930 den Zoll und das Geleite zu Oberbuchsiten dem Grimm von Grünenberg.

Die Gründung des Klosters St. Urban (1194) an dieser Route weist auf die Bedeutung des Buchsiter Überganges hin. Ohne die Wichtigkeit des Untern Hauensteins für die Mönche von St. Urban in Zweifel ziehen zu wollen, scheint mir an dieser Stelle angebracht zu sein, die seit von Liebenau immer wieder angeführte Vermutung, der «emendato: viarum in monte Howenstein», den das Jahrzeitbuch von St. Urban gegen die Mitte des 14. Jahrhunderts nennt,31 sei auf den Untern Hauenstein zu beziehen und als Gegenleistung für die seit 120632 von 24 Ferd.Eggenschwiler, Territ. Entw., Seite 133. 25 Berchtold HaUer, Bern in seinen Rathsmanualen 1465-1565, Band 3, Seiten 38 ff. : 1489 August 25. «Mh. haben dem das var zu Arburg geliehen an entgeltnuß, dieweil er lebt, und das er solichs in eren halt.» 1556 Januar 6. «Hans Schreck, dem veeren by Aarburg, ein zedel an die schifflüt umb ein schiff». Aarburg erhielt erst im 19. Jahrhundert eine Brücke. 26 H. Sigrist, Der Buchsiterberg als Lebensader der bechburgischen Herrschaft, «Heimat und Volk», 5. Jg., Nr.l, Olten 1962. 27 Sol. Wbl. 1831, Seite 19. 28 Sol. Wbl. 1822, Seite 442. 29 (Carl Roth), Seite 63. 30 Sol. Wbl. 1822, Seite 442. 31 «Frater Wernherus emendator viarum in monte Howenstein ratione fraternitatis dat. vj. den. in festo omnium Sanctorum, et utieunque decesserit infra Basileam et Luceriam, debet adduci ad donum nostram.» Geschichtsfreund 1860, Band 16, Seite 32. Die Korrektur von «nostre» in «ratione» verdanke ich F.Glauser, Staatsarchiv Luzern. 32 ULB Nr.33 (Seite 1127), QW 1: 868 (1259), 932 (1262), 990 (1266), 1538 (1288). Siehe Seite 74.

23 den Grafen von Froburg auf deren ganzem Gebiet gewährten Zoll- und Geleitsfreiheiten zu betrachten, zum mindesten als fragwürdig erscheinen, wenn nicht gar zugunsten des Buchsiterberges fallen zu lassen. Dies umso mehr, als bei einem Streit, den die Knechte auf dem Untern Hauenstein im Jahre 147133 mit dem Abt von St. Urban hatten, weil ihnen der geisthche Herr die übhche Abgabe für das Seil nicht entrichten wollte, bestimmt wurde : dass die Seilknechte die Waren des Gotteshauses St. Urban unentgelthch zu befördern hätten, «doch sollent dieselben hern von Sant Urban die ahten gueten gebrachten gewonheit mit irem win den knechten mit dem hengseil, wie dz von alitar har komen und geprucht ist, hin als har, schuldig sin ze gebende ungevarhch». Es scheint die Funktion eines Helfers und Wegverbesserers (lat. emendator viarum) am Buchsiterberg notwendiger zu sein als am Untern Hauenstein, der den Fernverkehr aufgenommen hatte, und wo für den Unterhalt der Strasse die Anstösser verantwortlich waren. Die Ortsbezeichnung «Howenstein» ist kein Beweis für den Untern Hauenstein. Immerhin muss gesagt werden, dass das stärkere Aufkommen des Wagenverkehrs die Mönche von St. Urban in der Hauptsache auf den Untern Hauenstein gelenkt hatte. Das 15. Jahrhundert brachte dem Gäu den grossen Wechsel in seiner Herrschaft.34 1402 gelang es Solothurn, das Äussere Amt Falkenstein (Egerkingen, Härkingen und Werd [Neuendorf]) zu erwerben. 1415 liess Bern die Stadt Solothurn teilhaben an den Herrschaften Neu- Bechburg (Oensingen) und Fridau (Wangen, Hägendorf, Kappel, Gunzgen, Boningen und Fulenbach) ; im folgenden Jahre geschah dasselbe mit den beiden Buchsiten und Kestenholz, die Wilhelm von Grünenberg an Bern veräussert hatte. Der Zoll zu Oberbuchsiten zählte schon lange nicht mehr zur Landgrafschaft im Buchsgau ; er wurde von ihr getrennt verhandelt. Noch bevor Bern und Solothurn diese Landgrafschaft erhielten, waren sie im Besitze des Zolles zu Oberbuchsiten: er gehörte zum Kauf von 1416. Das bernisch-solothurnische Urbar von 1423 verzeichnet unter Oberbuchsiten : «Item der zoln da selbs so vil er öch jerlich giltet».35 Am 23. Juli 1426 verkauften die Freiherren Hans von Falkenstein und Hans Friedrich von Falkenstein den Städten Bern und Solothurn mit Wissen und Willen des Bischofs Johann von Fleckenstein die Land-

33 Th. von Liebenau, Basler Zs. für Gs. und Ak., Band V, Basel 1906, Seite 124. St.A.Sol. RM 1471, 2 rot, Seiten 24f. («Oltner Geschichtsblätter», 10. Jg., Nr.9, Olten 1956, E.Fischer). 34 B. Amiet, Territ'pol., Seiten 20-28. Historische Karte des Kantons Solothurn bei F. Eggenschwiler, Territ. Entw. 35 (R. Baumgartner), Seite 75 (82).

24 grafschaft im Buchsgau ; sie sei an den Bischof aufgegeben und von den beiden Städten zu Lehen empfangen worden. Am 6. Mai 1427 verzichtete Hans von Falkenstein für sich und seine Erben gänzhch auf die Landgrafschaft im Buchsgau, und am folgenden Tage einigten sich die beiden Städte dahin, dass Solothurn im Thal und Guldental allein und im Gäu mit Bern zusammen die landgräflichen Rechte ausüben dürfe.36 Weder in den Solothurner Seckelmeisterrechnungen noch in denen von Bern aber erscheint während der Zeit dieses Kondominates ein Zoll zu Buchsiten. Entweder wurde er nicht besonders angeführt und mit den Bechburger Einnahmen verrechnet, oder er fiel mit dem Geleit auf dem Hochgesträss im Gäu37 zusammen. Im Jahre 1460 stellte Bern das Begehren, die gemeine Herrschaft im Buchsgau zu teilen. Am 23.Mai 1463 fiel die Entscheidung: Solothurn wählte das Gäu von Oensingen bis vor Olten - Bern erhielt Bipp.38 Sofort wurde ein solothurnischer Zollstock in Oberbuchsiten aufgestellt.

1463 «Ingenomen vom zoll zuo Buchsyten vij U xix ß» 1464 x U 1465 xj U 1466 xiiij U 1470 «Ingenomen von Werli Bertschin zuo Buchsiten vom zoll uff dem hochgesträss xvij Ï6 » 1471 «Item ingenomen von der geleitzbuch[s] zuo Oberbuchsyten xvj U xij ß».39 Bis zur Jahrhundertwende stieg der Ertrag bis auf zwanzig Pfund. Der Zoher zu Buchsiten erhob die Abgaben nach dem Zollrodel in der Klus (Oberer Hauenstein; Beilage 7); wer nicht bezahlte - ob Einheimischer oder Fremder - wurde um zehn Pfund gebüsst.40 Noch im 16. Jahrhundert hatte Solothurn ein lebhaftes Interesse am Übergang über den Buchsiterberg. 154141 haben die gnädigen Herren geraten, einen neuen Weg zu machen, da «die alte strasse nit mer zu bruchen» war. Nachdem die Arbeiten abgeschlossen waren, bestimmte man in Solothurn : Die Leute von Wolfwil, die den Weg aufden Hauenstein haben machen helfen, geben darum jetzt (1546) keine Landgarben ; die von Neuendorf, die ebenfalls mitgeholfen haben, verlangen die gleiche Begünstigung.42 Keine hundert Jahre später schlug die Stim-

36 B.Amiet, Territ'pol., Seiten 28f. 37 Siehe Seite 82. 38 B.Amiet, Territ'pol., Seiten 39f. 39 St.A.Sol. SMR der betreffenden Jahre. 40 St.A.Sol. RM 1618, Seiten 34 und 551. 41 St.A.Sol. RM 1541, Seite 23. 42 St.A.Sol. RM 1546, Seite 130.

25 mung in Solothurn um: 162143 erfuhr die Regierung, dass ein Wegmacher namens Motschi die Strasse über den Buchsiterberg ohne obrigkeitliche Bewilhgung derart verbessert hatte, dass man sie mit Lastwägen befahren konnte - « da man sonst hievor by Olten für und durch Trümbach fhären müssen». Seckelmeister Glutz und Altrat Brunner mussten den Weg besichtigen, damit sie «den ougenschyn innemen sollend, wie doch khumlich solcher wäg khondte ingeworffen werden». Die Strasse blieb bestehen und behielt bis ins 18. Jahrhundert eine gewisse Bedeutung. Glaubte die Obrigkeit in Solothurn während des 17. Jahrhunderts, der Übergang störe den Verkehr am Untern Hauenstein, so fürchtete sie im 18.Jahrhundert für den Zoll in der Klus: 177144 berichtete der Vogt zu Falkenstein, die Aufseher des Transitgeldes hätten einen Rückgang ihrer Eingänge festgestellt und glaubten, es rühre daher, dass man über den Buchsiterberg mit der Ware fahre.

4. Die Schafmatt

Östlich des Untern Hauensteins überstieg der Schafmattweg den Jura, ein unfreundlicher Pass (787 m) römischer Herkunft. Das alte Tracé verlief auf beiden Seiten jeweils höher am Hang als die heutige Strasse, in gerader Richtung ; der heutige Weg zeigt sich eher in flachen Bogenlinien. Der Verlauf des römischen Passweges kann vom Steinacher im Nordwesten bis zum Schafmattsträssleinim Südosten verfolgt werden. Auf der Nordseite besteht die untere Hälfte aus einem steilen, steinigen, tief eingeschnittenen Hohlweg, der nur mit Schwierigkeiten zu befahren war; im oberen Teil ist er als kleine Unebenheit erkennbar, die oberhalb des heutigen Weges den Waldhang quert. Südlich verläuft er zuerst - kaum sichtbar - oberhalb des heutigen Weges, um sich dann ein Stück weit mit ihm zu vereinigen. Von Sodägerten wird er von den beidseitigen Gehölzstreifen angedeutet. Er verläuft steil abwärts in der Fallinie. Der auch hier ausgeprägte Hohlweg ist stark verwachsen und nicht mehr benutzbar.45 Im Mittelalter behielt der Übergang seine Bedeutung als Teil des Pilgerweges zwischen dem Elsass und Einsiedeln; dieser verlief auf der Juranordseite nicht über Liestal und Basel, sondern zweigte bei Sissach ab und führte direkt zum Rhein. Mehrere Klöster besässen an diesem Weg Güter und Einkünfte. Hier ist in erster Linie Einsiedeln zu nennen. Von der Aarauer Gegend erstreckten sich die Güter über den Jura gegen den Rhein hin. Ein wichtiger Besitz war der Dinghof Erlins-

43 St.A.Sol. RM 1621, Seite 220. 44 St.A.Sol. RM 1771, Seite 861. 45 Die Angaben verdanke ich Th. Strübin, Liestal.

26 bach.46 Das Ende dieser Besitzungen bildete Möhlin. Damit war die Verbindung hergestellt mit den Gütern im Breisgau und Elsass.47 St. Urban war begütert in Stüsshngen. Besonders interessant wurde der Pilgerweg über die Schafmatt durch die Gründung des Klosters Werd (Schönenwerd) ; Werd war ein Passkloster. Es bestand dort ein Brückenkopf an der Aare. Alois Kocher schliesst schon für das frühe Mittelalter eine Brücke nicht aus.48 Beweise liegen keine vor, hingegen besass das Stift laut Rechnungsbücher aus dem 14. und 15. Jahrhundert das Fährrecht. Wahrscheinlich aber diente die Fähre ursprünglich nicht dem allgemeinen Verkehr. In Rohr war eine Pilgerkapelle, dem heiligen Ulrich geweiht.49 Der Name erscheint urkundlich erstmals 136350 als «Schochmatt» in einer Grenzbeschreibung des Sisgaus ; dort war der Punkt, wo sich Buchsgau, Sisgau und Frickgau trafen. Von einem Weg oder einer Strasse ist noch nichts erwähnt. Von Gelterkinden führte die spätere Strasse über Ormalingen-Ro- thenfluh-Anwil-Oltingen zur Passhöhe und fiel über Rohr-Stüsslin- gen nach Erlinsbach-Aarau ab; man nannte sie denn auch «Arawer strass».51 Ausser der genannten südhchen Fortsetzung nach Rohr-Stüsshngen zweigte ein Weg östhch ab, dem Südabfall der Geissflue entlang zur Rosmaregg und über Barmel-Breitmis und das verschwundene Edlis- wil52 nach (Ober-) Erlinsbach. Zeglingen und Wisen waren mit (Bad) direkt verbunden. Durch die Eroberung des Aargaus 1415 durch die Berner und durch den Kauf der Herrschaft Gösgen und der Gebiete im Sisgau durch die Städte Solothurn und Basel gewann der Schafmattweg eine grössere Bedeutung, indem er als kürzeste Verbindung zwischen Aarau und Basel mit dem verbündeten Mülhausen ein bevorzugtes Durchmarschgebiet der Eidgenossen wurde. Er war der östlichste Passübergang im Jura, der das österreichische Fricktal nicht berührte. Als Solothurn 1458 die Herrschaft Gösgen von Thomas von Falkenstein erwarb, bekam es den südlichen Zugang der Schafmatt in seine

46 F.Eggenschwiler, Territ. Entw., Seiten 156ff. 47 P.Kläui, Einsiedeln (Seiten lOOf. und 117). 48 A. Kocher, Die Anfänge des Stiftes Schönenwerd (Veröffentlichungen des Solothurner Staatsarchives Heft 1 und 2, 1965), Seite 17. 49 A. Guldimann, Über die Heiligtümer an den Juraübergängen des Gösgeramtes, Jurablätter, 13. Jg., 1951, Heft 3 (Seiten 48ff.). 50 ULB Nr. 387 (Seite 1131). 51 P. Suter, Ergolzgebiet, Seiten 148-150, hat alle möglichen Zufahrtsstrassen zur Schafmatt im Norden zusammengestellt aufgrund der G. F. Meyerschen Entwürfe (St.A.Liestal) ; die betreffenden Blätter sind dort angegeben. 52 Grabungsbericht (Wo lag das Dorf Edliswil?) von A. Lüthi, Aarau. «Das Volk», 10. Januar 1964; 60. Jg., Nr.7.

27 Hand. Es ging dann auch nicht lange, so richtete die Stadt in Erlinsbach einen ZoU ein. Bisher war der Schafmattzoll und das Geleit von den Falkensteinern in Zeglingen aufgenommen worden.53 In den Solothurner Seckelmeisterrechnungen erscheint 147354 erstmals das «geleit zuo Erhspach», gleichzeitig auch zum ersten Mal das «geleit zuo Wintznoew». Ein Jahr später verzeichnen die Rechnungen zwei Pfund, «ingenomen von dem hochgestraeß zuo Erhspach». Der Übergang schien den Solothurnern nicht unbedeutend zu sein. Die Stadt Basel erhielt durch den Kauf der Landgrafschaft im Sisgau 1461 insbesondere alle Geleite und Zölle am Nordfuss des Juras. Was über die Schafmatt ging, bezahlte Zoll in Sissach. Ein kleiner ZoU befand sich in Anwil. Er erfasste die wenigen Waren, die von der Schafmatt her ins Fricktal gingen oder von dort herkamen. In den Basler Jahresrechnungen erscheint er während der Jahre 1497/98 bis 1527/28 und nach 1554; er betrug nie über zehn Schilling (Ausnahme 1505/6: 15 Vi ß).55 Viel begangen wurde der Pass von Marktfahrern aus den sisgauischen Ämtern Farnsburg und Homburg, die ihre Feldfrüchte nach Aarau brachten. Diese gingen nicht über Schönenwerd,56 sondern bheben bis Aarau auf dem hnken Aareufer. Unerfreulich waren die Reibereien zwischen Basel und Solothurn wegen diesen Marktfahrern. 1477 gelangte der Basler Rat an Solothurn, man möge die Ihren, die «in kurtz vergangen tagen den märght zu Arow und im Ergöw mit veylem kouff nach alter gewonheit gefürht haben», mit dem neuen Zoll zu Erlinsbach nicht belästigen. Solothurn stellte sich den Anschuldigungen entgegen und schrieb zurück, dass sie bloss Geleitsgelder forderten von dem, was nicht eigenes Gewächs sei; für eigenes Gewächs hätten sie kein Geleit noch Zoll erhoben. - 1485 und 1495/96 kam es zu erneuten Briefwechseln. Solothurn bheb hart und dachte nicht daran, den Erhnsbacher Zoll abzuschaffen, da dann und wann Weinfuhren von Basel nach Luzern über die Schafmatt geführt wurden.57

53 In einem Spruch zwischen dem Hause Biberstein als Herrn zu Küngstein und dem Herrn von Gösgen, Thomas von Falkenstein, ist unter anderem auch von einem Schafmattzoll die Rede: «wer ouch vor disen vergangnen loeffen gleit und zoll, was über die Schafmatt herin gieng, ze Zeglingen uffgenomen»; gleichzeitig erscheint ein «vichzol» zu ErUnsbach, der dem Hause Biberstein zustand. Aargauische RechtsqueUen II, 2, Nr. 67 ; unterm 1. August 1456. 54 St.A.Sol. SMR zum Jahre 1473 und 1474. 55 St.A.BS. Jahresrechnungen, Einnahmen der betr. Jahre unter Farnsburgeramt. 56 Die Leute aus den Dörfern der Herrschaft Gösgen, die rechts der Aare liegen, benützten den Pass über die Wartburghöfe bei Olten (543 m), um über Oftringen zu den Zofinger Märkten zu gelangen. 57 StA.BS. Missiven A 15, Seite 89. St.A.Sol. Copiae rot 12, Seite 58. St.A.BS. Solothurn 3/2. St.A.Sol. RM rot 16, Seiten 96f. Im Schiedspruch von 1506 betr. die Grenzen zu Bärenwil und Horw (Hauenstein) wurde als vierter Punkt vermerkt : « Zuem vierden ist von wegen des zolns zuo Ernlispach

28 Es galten die gängigen ZoUtarife. Die Waren, die von Aarau gegen die Schafmatt geführt wurden, bezahlten einen Zoll, der in Aarau erhoben wurde. Ums Jahr 1410 ist eingetragen: «Item dis nach geschriben hoeret zuo dem zol gen Ernlispach vnd Küttingen ze nemen. Item des ersten von einem rind oder von einer kuo .ij. 6. Item von zwein schavffen .]. ò. Item von zwein swinen .j. à. Item die vischer von einem phferit mit vischen .iiij. ô. Item ein phferit mit leder .iij. <5. Item ein wagen mit ysen .j. ß. Item ein karr mit ysen .vj. <5. Item ein jud .xxx. ô. vnd dryg wirffei. Item zwey kelber .j. <5.»58 Ein Zollrodel, der in erster Linie auf die Verwendung der Schafmatt als Viehweg anspielt; damit verbunden waren die Erzeugnisse der Viehzucht, wie Leder. Neben den Dörfern des Gösgeramtes (, Lostorf, Stüsslingen, Ober- und Niedergösgen, Ober- und Niedererlinsbach) bezahlten auch Oltingen und Kienberg « jeghchs hus ein fiertal korns» (Zollkorn) auf der Aarebrücke in Aarau.59 In den neunziger Jahren des 15. Jahrhunderts war der Schafmattweg infolge grosser Wasser und schlechten Unterhaltes arg zerschlissen. Basel hatte darum in Aussicht genommen, die Strasse wiederherzustellen. Allein der Schwabenkrieg verzögerte das Unternehmen. Nach dem Krieg kam Basel auf sein Vorhaben zurück und forderte Solothurn auf, den südlichen Zugang zu bessern. Die Sache kam zustande - sehr zum Missfallen Kaiser Maximilians, der darin eine Konkurrenz gegenüber dem Bözberg sah und protestierte. Aber weder Basel noch Solothurn waren bereit, die Strasse wieder zu verlassen oder zu meiden. Der Kaiser musste sie gewähren lassen.60 Von Erhnsbach bis Aarau hatte der Komtur zu Biberstein den Weg zu erhalten.61 berett. Demnach wir, die von Basel, vermeinert haben, das die unnsern dem alten Gebruch unnd harkomen nach von dem kom, so sy erbuwen, zolsfry an dem ort gewesen, in hoff- nung darüber unbeswert zuo verbhben etc.»; wird von Solothurn nicht stattgegeben. UBB IX, Nr. 332. 58 W.Merz, Stadtrechte von Aarau, Seite 56. 59 Ebd. (aus dem Jahre 1426) Seite 78 und (1601) Seite 312. 60 Ausführlich bei D.K.Gauss, Aus der Geschichte der Schafmattstrasse; in: Basel- landschafdiche Zeitung, 6. Januar 1932. St.A.BS. Missiven A 21. Jahresrechnungen, Ausgaben (unter Farnsburg) 1499/1500,1501/02 und 1502/03: «Item iij U xix ß verzert durch die armen luet, als mann den weg uff Schaffmatt gemacht hat. » Grössere Reparaturen wurden bis ins 17. Jahrhundert keine mehr vorgenommen. Von solothurnischer Seite eine kleine Verbesserung 1613 : St.A.Sol. RM 1613, Seite 48, Gösgen Akten Band 8, Seiten 141 f. 61 St.A.Sol. RM 1519, Seite 312.

29 Immer galt der Schafmattübergang als bewährter Heerweg für fremde und eidgenössische Truppen. Gar oft auch waren im Mittelalter die Händler zugleich Soldaten oder Pilger - nicht immer war auszumachen, ob das Pilgergewand nur Deckmantel oder wirklich fromme Gesinnung war. Am 2. Oktober 1454 bezeugte ein Heinrich von Lörrach vor dem Gericht zu Olten, es habe ihm einer erzählt, der aus den Niederlanden gekommen, er habe dort und in Kolmar sagen gehört, dass man in den Aargau ziehen wolle über die Schafmatt und die Aare durch ein Schloss, das Aarau heisse.62 Auf dem Zug in den Sundgau überschritten die Berner am 4. Mai 1499 von Lenzburg herkommend die Schafmatt.63 Eine gewisse Bedeutung behielt der Pass in der Reformationszeit als Verbindung Basels mit den protestantischen Freunden. Grosse Bedeutung aber hat man auf keiner Seite der Strasse beigemessen. Neben dem Pilgerverkehr waren vor allem die Metzger, die ihr Schlachtvieh vom Mittelland nach Basel trieben, fleissige Benutzer. Um 1700 war der Weg ein letztes Mal Streitobjekt, im Schafmatthandel.64 Der Pass war im Zusammenhang mit den damaligen innenpolitischen und religiösen Wirren in der Eidgenossenschaft in ein anderes Licht gerückt worden : Basel und Bern standen im evangelischen Lager, das dazwischen liegende Solothurn im katholischen. Dazu kamen Erwägungen zollpolitischer Art. Basel baute die Strasse damals weiter aus;65 Solothurn jedoch befürchtete einen Zollrückgang am Untern Hauenstein und hess die Strasse auf seiner Seite durch Gräben und Verhaue ungangbar machen. Basel wollte in der Schafmattstrasse eine «via regia» sehen und verlangte die Öffnung, während Solothurn darin lediglich eine Dorfstrasse sah.66 Der Streit beschäftigte wiederholt die eidgenössische Tagsatzung. In der Folge verlor der Übergang aber seine Bedeutung, wurde vom Durchgangsverkehr verlassen und zerfiel.

62 W.Merz, Aarau, Seite 77. 63 A. Büchi, Schwabenkrieg, Seite 601 (Freiburger Chronik des Schwabenkrieges). 64 U.Wiesli, Der Schafmatthandel um 1700; in: Jurablätter, 15. Jg., 1953, Seiten 80ff. E.Meyer, Solothurns Politik im Zeitalter Ludwigs XIV. 1648-1715, Diss., Basel 1955 JsolG-Bände 28 und 29, 1955 und 1956): siehe Register. 65 1703 war die Strasse mit Chaisen, Kutschen, Karren und Wagen passierbar. St.A.BL. Lade 96 Band 4 (1703 Februar 16.) und Band 5 (1703 März 26.). 66 Solothurn dachte nicht mehr an die frühere Bezeichnung als Hochgesträss; siehe Seite 28.

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