Weitwandern durchs Rätikon Tour der steilen Grenzgänge 84 DAV 3/2019 Rätikon

Für die Trans-Rätikon, eine abwechslungsreiche Mehrtageswanderung durch den kontrastreichen Gebirgszug von West nach Ost, sind Ländergrenzen kein Problem. Etwas komplizierter wird es bei der Idee eines länderübergreifenden Naturparks. Text und Fotos: Ute Watzl

dung und Kultur unterstützen. „Bisher gibt es hier und da mal eine Idee, mal ein Schul- projekt, mal eines zur Mobilität“, erzählt Georg Fromm, der Regionalentwickler der Region Prattigau/Davos. „Aber das ist keine Strategie. Mit dem Naturpark sollen solche Projekte fliegen lernen.“ Die Gemeinden dreier Länder sind da- für ins Boot zu holen, angefangen im Liechtensteiner Malbun, wo die Rätikon-­ Durchquerung ihren Anfang nimmt. Der Über das schimmernde Türkis Fürstin-Gina-Steig verläuft auf rund 2000 des Lünersees reicht der Blick Meter Höhe als Grenzweg zwischen Liech- beim Abstieg von der Schesa­ plana weit über das Brandnertal. tenstein und dem österreichischen Vorarl-­ berg, Malbun auf der einen Talseite, der so genannte Nenzinger Himmel auf der an- deren. Zwei Ortschaften und zwei Täler, anche Grenzen haben ihren diese Grenzen im Weg. So jedenfalls sahen die sich nicht unterschiedlicher hätten Reiz. Wie die persönlichen, die es einige Prättigauer in Graubünden und entwickeln können. Bergbahn, Hotels und hin und wieder ausgetestet gründeten die Initiative zu einem inter­ Parkplätze prägen das Bild auf Liechten- Mwerden wollen. Im Rätikon nationalen Naturpark Rätikon. Das Argu- steiner Seite. Malbun ist ein ganzjährig sind es diverse Länder- und Regionalgren- ment: Der Rätikon sei seit jeher – aus geo- besuchter Touristenort. Der Nenzinger zen zwischen , dem österrei- logischer, kultureller und gesellschaftlicher Himmel im Gamperdonatal dagegen ge- chischen und dem Schweizer Sicht – ein einheitlicher Raum. Ein Natur- hört der Agrargenossenschaft Nenzing Graubünden, die man immer wieder über- park soll diese Natur- und Kulturland- und hat sich stets allzu ambitionierter­ schreitet. Der Umsetzung des einen oder schaft als Einheit gemeinschaftlich und touristischer Vermarktung widersetzt: ein anderen touristischen Projektes und der nachhaltig entwickeln und würde die be- paar private Hütten, ein Gasthof, eine gro- Entwicklung der gesamten Region standen teiligten Gemeinden bei neuen Projekten in Landwirtschaft, Tourismus, Natur, Bil-

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RÄTIKON-DURCHQUERUNG Anreise: Mit dem Zug bis Feldkirch (Vorarlberg), weiter mit dem Bus (Nr. 11) nach Vaduz und Malbun (21). Zurück mit dem Zug ab Tschagguns nach Feldkirch. Charakter: Die Rätikon-Durchquerung verläuft auf überwiegend leicht zu gehenden Steigen und Wegen mit Ausnahme des Schweizer Steiges hinauf zur . Durch das umfangreiche Netz aus Schutzhütten auf Vorarlberger und Bündner Seite lässt sich die Route beliebig anpassen. Etappen: Tag 1: Malbun Talstation Sareiser Bergbahn – Augstenberg – Pfälzerhütte, 3 Std., o 750 Hm, a 250 Hm Tag 2: Pfälzerhütte – Naafkopf – Schesaplanahütte, 5 Std., o 650 Hm, a 850 Hm Tag 3: Schesaplanahütte – Schesaplana – Totalphütte bzw. Douglasshütte am Lünersee, 4 Std., o 1050 Hm, a 580 Hm Tag 4: Totalphütte bzw. Douglasshütte – Schweizer Tor – Carschinahütte, 5 Std., o 600 Hm, a 740 Hm Tag 5: Carschinahütte – Sulzfluh – Tilisunahütte – Tschagguns, 8 Std., o 820 Hm, a 2300 Hm Karten: Swisstopo, 1156 und 1157, Schesaplana und Sulzfluh, Landeskarte 1:25.000 Weitere Informationen: ››Prättigau Tourismus, praettigau.info ››Alpenregion Tourismus, vorarlberg-alpenregion.at ››Montafon Tourismus, montafon.at ››Naturpark-Projekt: raetikon.net

ße Alpe, Wanderwege. Die Zufahrt mit dem Auto ist verboten, im Winter hält das Tal Winterschlaf. Am Fürstin-Gina-Steig stoßen Welten aufeinander. Ein grenz­ überschreitender Naturpark fände hier seine Herausforderung. „Naturpark Rätikon? Gehören wir da dazu?“ Die Pfälzer Hütte ist das erste Etap- penziel – über ihr präsentiert sich der Gorfion (2308 m) wie eine Felskrone. Im Sommer 2018 weiß die Hüttenwirtin El- friede von den Naturpark-Plänen noch nichts. Dabei wird an der Zürcher Hoch- schule für Angewandte Wissenschaften bereits eine Machbarkeitsstudie erstellt, die Nutzen und Sinnhaftigkeit eines Na- turparks herausarbeitet. Doch auch die Reaktion unter den einheimischen Hüt-

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Im steilen Schweizer Steig liegt den Wanderern das sattgrüne Prättigau zu Füßen. Unten steht die ge- mütliche Schesaplanahüt- te – auf der Graubündner Seite des Rätikons. tengästen spricht Bände: „Naturpark? Da wicklungsförderung, die in naturverträg­ über das Bartümeljoch und zur großen gibt’s wieder Auflagen und Verbote. Die lichem Rahmen verläuft, Tourismus und Furka; hier wechselt der Weg von der Vor- Jäger dürfen ja jetzt schon nirgendwo Wirtschaft aber grundsätzlich begrüßt. arlberger Nord- auf die sonnenverwöhnte mehr jagen wegen der vielen Ruhezonen“, Am nächsten Morgen steht der Naafkopf Südseite des Gebirgskamms und leitet uns beschwert sich ein Gast. Aber der Wolf, der (2571 m) auf dem Programm, von der Pfäl- hinab zur Schesaplanahütte (1908 m). Die dürfe dann hier ma- zer Hütte ein kurzer steil aufragenden Felsen des Schesaplana-­ chen, was er wolle. Aufstieg entlang der Massivs zur Linken schicken kühlende Bä- Sie hören Naturpark Machbarkeitsstudie Liechtensteiner und ös- che zu uns hinunter; die sammeln sich in und verstehen National- terreichischen Grenze. Gumpen oberhalb des Weges. Weiter unten park. Dabei handelt es in Arbeit Am Gipfel treffen wir hockt die Hütte auf einem grünen Wiesen- sich um ein Missver- nun auch auf die sattel mit ihren weiß-gelben Schindeln, ständnis. Während ein Nationalpark ein Schweiz und schauen ins Bündner Prät- blauen Fensterläden und dem roten, über- strenges Naturschutzprogramm mit einer tigau. Der Blick vom Dreiländergipfel wan- dachten Portal. Die Wirtsleute Jeannette Kernzone ist, die der wirtschaft­lichen Nut- dert entlang des Liechtensteiner und Prät- und Didier haben von den Naturpark-Plä- zung und der Beeinflussung durch den tigauer Höhenwegs bis zur Schesaplana nen auch noch nichts gehört. „Es gibt we- Menschen entzogen wird, geht es beim Na- (2965 m), dem höchsten Gipfel im Rätikon nig Land, aber viele Ansprüche.“ So erklärt turpark ganz bewusst um re­gionale Ent- und unser Ziel des nächsten Tages. Zuvor sich Didier die ablehnende Haltung einiger wartet eine entspannte Höhenwanderung

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Einheimischer. Die Skepsis gegenüber den Geländebands, bis das Terrain unvermittelt Entlang des Lünersees starten wir die Naturparkplänen resultiert aus Unkennt- abflacht und wir uns auf einer Hochebene­ vierte Etappe über das Schweizer Tor zu- nis, und uns schwant, dass dem Projekt aus Geröll wieder- rück auf eidgenös- noch viel Aufklärungsarbeit bevor­steht, finden. Vor uns ein Das bringt die sisches Gebiet. Der wenn es erfolgreich sein möchte. Georg Grenzschild, hinter Südwind bringt Fromm kündigt an, die Infor­mations­ ­ dem sich der flache langsam Bewegung offensive werde nach der Machbar­ keits­ stu­­ Kegel der Schesa- Region weiter ins Gewölk, hier die starten. Dann werde auch der Manage­ ­ plana bis fast 3000 und da öffnet sich mentplan erarbeitet, um mögliche Projek- Meter auftürmt. Am Gipfelanstieg findet der Blick auf die steilen, glatten Wände, die te zu konkretisieren und die Finanzierung die Einsamkeit schlagartig ein Ende. Die das Schweizer Tor bilden. Hier befinden zu planen. Bis zur Abstimmung in den meisten kommen über den leichteren An- sich legendäre Routen, mit denen Beat Schweizer Gemeindeversammlungen stieg auf der Nordostseite, dessen Basislager Kammerlander in den 1990er Jahren Klet- bleibt noch Zeit bis Herbst 2020. Totalp­hütte leider eine Lawine Anfang 2019 tergeschichte geschrieben hat. Der Weg steuert auf das Felsentor der Drusenfluh zu. Wir aber drehen ab zur Carschinahütte­ – und zu Stefan Bodenmann, der die Idee des Naturparks im Detail kennt und sie verteidigt. Der Bergführer und Hüttenwirt war von Beginn an in die Pläne einbezogen. Dass nicht jedes Land, jede Gemeinde und jede Region für sich „ihr Ding macht“, kann er nur gutheißen. Man setze sich zu- sammen und rede darüber, wie Wander- wege und Kletterrouten gestaltet würden, ob neue Klettersteige entstehen sollten. „Das bringt eine Gebirgs­region weiter, als wenn jeder für sich werkelt und ich als Wirt der Carschina sagen würde: Sulzfluh? Interessiert mich nicht.“ Uns interessiert die Sulzfluh (2818 m) schon, der in zwei Stunden über den Nor- malweg zu erreichende Gipfelabschluss Blick von der Schweizer Carschinahütte. Die unserer Trans-Rätikon-Tour. Er beschert Hüttenwarte Stefan und einen weiten Blick bis zurück zum Naaf- Stefanie sehen im ge- kopf, kurz bevor die vom Tal aufsteigenden planten Naturpark viele Vorteile für die Region. Wolken den Gipfel blickdicht einhüllen. An einer Gruppe Schneehühner vorbei wandern wir noch zur Tilisuna-Hütte­ über ein felsiges, weitgehend vegetationsloses Karst­plateau, das entlang der auffälligen geologischen Grenze ganz unvermittelt in Thematisch passend steigen wir am größtenteils zerstört hat. Am Gipfel bietet sattgrünen, grasbewachsenen Glimmer- nächsten Morgen hinter der Hütte in den sich ein Blick auf die spär­lichen Überres- schiefer übergeht. Das Rätikon ist eben Schweizer Steig ein. In ausgesprochen stei- te des Brandner Gletschers. Beim Abstieg voller spannender Grenzgänge. ler Wegführung, selten seilversichert und durch das grobe Geröll schimmert der Lü- nur hin und wieder mit leichten Kletter- nersee türkis über dem Brandnertal. passagen (I) bringt er uns in kürzester Zeit Für den Bau dieses Stau­sees errichte­te Ute Watzl ist sich sicher, dass ein 700 Höhenmeter geradewegs hinauf. Das man in den 1950er Jahren ein Arbei- internationaler Naturpark die schlagenden Argumente auf Prättigau liegt uns im Morgenlicht zu Fü- terdorf, davon übrig geblieben ist die seiner Seite hat – wenn man mit ßen, wir queren entlang eines schieferigen Vorarlberger Totalphütte.­ den Menschen redet.

88 DAV 3/2019 Hörst Du Ehn Wolfgang Foto: die Berge rufen... geh hin!

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