Masarykova univerzita

Filozofická fakulta

Ústav germanistiky, nordistiky a nederlandistiky

Překladatelství německého jazyka

Bc. Katarína Dadová

Zur Problematik der Bühnenübersetzung von Thomas Bernhards Drama - „Der Theatermacher“ ins Tschechische und Slowakische

Magisterská diplomová práce

Vedoucí práce: PhDr. Zdeněk Mareček, Ph.D.

2013

1 Prohlašuji, že jsem diplomovou práci vypracovala samostatně s využitím uvedených pramenů a literatury.

...... Podpis autora práce

2 für meinen Sohn

Mein besonderer Dank gilt den Univ. Prof. Hans Höller, PhDr. Zdeněk Mareček, Ph.D., meinen Eltern, Mgr. Michal Vítek, Christoph Josef Humpf, Marie Fišerová und Mitarbeitern des Theaters Na zábradlí in Prag sowie allen, die mich während meines Studiums unterstützt haben.

3 Mein Rad der Geschichte wird mehr oder weniger vor die Säue geworfen. (Thomas Bernhard)

4 Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort und Fragestellung ...... 7 2. Thomas Bernhard – ein Nestbeschmutzer...... 11 2.1. Thomas Bernhard ein Nestbeschmutzer oder ein zu Unrecht übergangener Kandidat für den Nobelpreis für Literatur?...... 11 2.2. Österreich als Theaterbühne ...... 14 2.3. Der Notlichtskandal in Salzburg, „ignorant und wahnsinnig“, durchbricht Theaterbonton und Konventionen. Die Salzburger Festspiele sind paralysiert...... 17 3. Der Theatermacher...... 19 3.1. Jan Antonín Pitínský vs. Claus Peymann...... 19 3.2. Jan Antonín Pitínský und Divadelník im Theater Na zábradlí...... 22 3.3. Claus Peymann und Der Theatermacher der Burgtheater Edition in Koproduktion mit den Salzburger Festspielen...... 24 4. Die Dramenübersetzung...... 26 4.1. Definition und allgemeine Überlegungen zum Begriff: Dramenübersetzung...... 26 4.2. Die theoretische Beschäftigung mit der Übersetzung von Theaterstücken...... 29 4.3. Kreativität im Prozess der Theaterübersetzung...... 32 4.3.1. Besonderheiten der tschechischen Übersetzung von Vladimír Tomeš...... 34 4.3.2. Besonderheiten der slowakischen Übersetzung von Viki Janoušková ...... 35 4.4. Ist Übersetzen überhaupt kreativ?...... 37 5. Analyse der Unterschiede zwischen Der Theatermacher aus dem Burgtheater und dem Divadelník aus dem Divadlo Na zábradlí...... 38 5.1. Theatralität als grenzlose Kunst …...... 42 5.2. Veränderungen in der Inszenierung Der Theatermacher im Burgtheater...... 44 5.3. Veränderungen in der Inszenierung Divadelník im Theater Na zábradlí...... 47 5.4. Vergleich von Kürzungen vom Burgtheater und Divadlo Na zábradlí...... 54 5.4.1. Kürzungen an den gleichen Stellen in beiden Inszenierungen...... 56 5.4.2. Kürzungen ausschließlich im Burgtheater...... 58 5.4.3. Kürzungen ausschließlich im Theater Na zábradlí...... 59 5.5. Fazit zur Analyse des fünften Kapitels ...... 61 6. Zusammenfassung...... 62 7. Literaturverzeichnis...... 64

5 7.1. Primärliteratur...... 64 7.2. Sekundärliteratur...... 65 7.3. Zeitschriften...... 67 7.4. Internetquellen...... 68 8. Anhang 1...... 70 8.1. Kürzungen an den gleichen Stellen in beiden Inszenierungen...... 70 8.2. Kürzungen ausschließlich im Burgtheater...... 76 8.3. Kürzungen ausschließlich im Theater Na zábradlí...... 82 9. Anhang 2...... 106 9.1. Divadelník in Divadlo „Na zábradlí“ Regiebuch...... 106 DIVADELNÍK NÁPOVĚDA...... 106 9.2. Fotodokumentation...... 208 9.3. Erlaubnis zur Publizierung des Regiebuches aus dem Theater Na zábradlí...... 211

6 1. Vorwort und Fragestellung

Im Fachbereich der Theaterwissenschaft stößt man bereits bei der Präzisierung des Themas über die Übersetzungen ins Tschechische und Slowakische auf Schwierigkeiten. Wie wird ein Theaterstück übersetzt und bearbeitet, um einerseits ein fremdes Publikum zu fesseln und andererseits die Gedanken des Autors möglichst exakt zu übertragen? Das ist eine Problematik des Regisseurs und betrifft gleichzeitig auch die Translationswissenschaft.

Im Zentrum meiner Arbeit steht das Drama Thomas Bernhards – Der Theatermacher1, seine Übersetzung ins Tschechische und Slowakische und die Theateraufführung in Divadlo Na zábradlí und im Burgtheater. Bei der Analyse beziehe ich mich besonders auf die Bearbeitung der tschechischen und slowakischen Version, die Veränderungen in den einzelnen Passagen und Weglassungen. Wie Jozef Mistrík in seinem Buch Dramatický text schreibt, besteht ein dramatisches Werk aus linguistischen, paralinguistischen und extralinguistichen Merkmalen.2 Diese sind sowohl für das Original als auch für seine Übersetzung wichtig. In meiner Arbeit werden intralinguale, d.h. semantische und stilistische Einzelheiten und extralinguale Merkmale, d.h. Bühnenbild, Beleuchtung und Ton, näher betrachtet. Ich verzichte auf die Analyse der paralingualen Merkmale, wie Lachen, Hüsteln, Lautstärke der Stimme, Sprechrhythmus, weil sie zwar der DVD- Aufnahme zu entnehmen sind, aber meiner Meinung nach den translatologischen Rahmen sprengen.

Der Theatermacher wurde im Jahre 1984 geschrieben. Es handelt sich im Prinzip um ein Werk, das sich keiner literarischen Epoche zuordnen lässt. Im Vordergrund steht ein Misanthrop, ein Megaloman Bruscon, und möchte mit seiner Komödie Das Rad der Geschichte triumphieren, sich als Perfektionist präsentieren vor den Leuten, vor denen er die ganze Zeit flieht, so charakterisiert das Stück in ihrem Werk Thomas Bernhard3 Zuzana Augustová. Den Anlass, den Theatermacher zu schreiben, lieferte der Notlichtskandal in Salzburg im Jahre 1972. Heftige Diskussionen hatte seine Komödie Der Ignorant und der Wahnsinnige4 hervorgerufen, nachdem das ungeschriebene Gesetz, dass die Premiere sowie die Generalprobe gespielt werden sollen, nicht beachtet wurde.

1 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. 2 Mistrík, Jozef: Dramatický text. Slovenské pedagogické nakladateľstvo, Bratislava, 1979. S. 48. 3 Augustová, Zuzana: Thomas Bernhard. Větrné mlýny Verlag, Brno, 2003. S. 52. 4 Bernhard, Thomas: Dramen 1. Thomas Bernhard Werke Bd. 15. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 2004.

7 Diese Diplomarbeit beruht auf vier Säulen: Zuerst möchte ich mich mit dem bernhardschen Stil als Kommunikationsstrategie sowie mit dem Vorwurf des Nestbeschmutzers5 beschäftigen. Ich finde die Einbeziehung dieses Kapitels sehr wichtig, weil ich den Stil Thomas Bernhards analysiere, um auf Schwierigkeiten aufmerksam zu machen, die bei einer Übersetzung auftauchen können. Zweitens vergleiche ich die Theateraufführungen Der Theatermacher im Burgtheater und Divadelník im Divadlo Na zábradlí. Dabei werde ich mich auf extralinguale Merkmale konzentrieren. Drittens wird die Arbeit eines Übersetzers und die Unterschiede zwischen einer Dramenübersetzung und einer Theaterübersetzung näher beschrieben. Im vierten Teil, der den größten Teil dieser Arbeit einnimmt, wird die Struktur der beiden vorhergenannten Theateraufführungen beschrieben und konkrete Unterschiede zwischen der Theaterübersetzung und der Dramenübersetzung des Textes Der Theatermacher genauer analysiert. Vor allem werden semantiche und stilistische Unterschiede herausgearbeitet. Im Anhang befindet sich eine Kopie des Regiebuchs. Die Abschrift aus dem Original wurde mir von der Direktorin des Theaters Na zábradlí Doubravka Svobodová erlaubt.6 Bei meiner Analyse habe ich DVD-Aufnahmen aus den Theatern Na zábradlí7 und Burgtheater8 benutzt und als primäre Quelle gehe ich vom Regiebuch des Theaters Na zábradlí9 und vom Theaterstück Thomas Bernhards Der Theatermacher10 aus.

Der Begriff Translationswissenschaft ist ein Neologismus der 80er Jahre des 20. Jh. nach der Loslösung des Faches von der Sprachwissenschaft. Auf diesem Gebiet ist es in den letzten Jahren zu bedeutungsvollen Entwicklungen gekommen. Die Bühnenübersetzung ist ein spezifischer Bereich der Translatologie. Zwischen der Dramenübersetzung und der Bühnenübersetzung gibt es wesentliche Unterschiede, mit denen ich mich im vierten Kapitel beschäftigen möchte. Der Übersetzer befindet sich vor einer schwierigen Aufgabe und muss nicht nur von der Originalfassung ausgehen, sondern auch Hinweise des Regisseurs des übertragenen Stückes in Betracht ziehen. Es hängt von der Kreativität des Übersetzers ab, wie ein Werk übersetzt wird. Bei der Theaterübersetzung haben das Publikum, der Zeitabstand von der Originalfassung, die Sprachsituation in der Zielsprache sowie die Theatralität, d.h. all diejenigen Aspekte des Theaters, die nicht zum Dramentext gehören, eine kaum zu unterschätzende Funktion.

5 Goubran, Alfred: Staatspreis. Der Fall Bernhard. edition selene, Klagenfurt, 1997. S. 84. 6 Siehe E-mail vom 14. September 2012 im Anhang. 7 Bernhard, Thomas: Divadelník. DVD-Edition. Archív Divadlo Na zábradlí, Praha, 16.12.1999. 8 Bernhard, Thomas: Der Theatermacher. DVD-Edition Burgtheater 17. Der Standard ORF. 1990. 9 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. 10 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988.

8 Die Werke Bernhards können auf dem Gebiet der Translationswissenschaft für ihren Stil großes Interesse wecken. Wenn man deren Struktur betrachtet, sind seine Werke oft ohne Interpunktion, längere Satzkonstruktionen sind voll von von Bernhard entdeckten Komposita, häufige Wiederholungen der Wörter lassen den Zuschauer nicht gleichgültig bleiben, Hass und Kritik auf Österreich begleiten seine Werke von Anfang bis zu seinem Tode. Bernhard übersetzen und in der Zielsprache einen ähnlichen Stil zu finden ist nicht immer einfach. Im tschechischen Sprachraum hat z.B. Radovan Charvát Bernhards Prosa z.B. Vyhlazení. Rozpad11, Beton12, Mráz13 erfolgreich übersetzt, die meisten Stücke übersetzte Josef Balvín, mehrere auch Zuzana Augustová. Auch der Übersetzer muss in der Zielsprache erfinderisch sein und darf sich nicht mit vorgeformten Worthülsen begnügen.

Für die Bühnenübersetzung muß der Dramentext aus zeitlichen sowie aus sprachlichen Gründen bearbeitet werden: Im tschechisch-slowakischen Sprachraum verstehen die tschechischen Zuschauer nicht alle Ausdrücke und deswegen muss man solche Varianten finden, die für beide Sprachgruppen verständlich sind. In der Bühnenübersetzung spielt auch der zeitliche Aspekt eine wichtige Rolle. Selbst umfangreiche Werke müssen so bearbeitet werden, dass es möglich ist, diese an einem Abend aufzuführen. Für einen Regisseur ist die Zielgruppe bzw. das Zielpublikum wichtig, nicht für jedes Publikum ist jedes Stück geeignet. Nicht nur Kinder reagieren anders als Jugendliche, auch unter Erwachsenen sind bisherige Zuschauererfahrungen und die daraus resultierenden Erwartungen für die Aufnahmefähigkeit für die stilistische Eigenart des Stückes ausschlaggebend. Jemand, der sich auskennt, außer dem aufgeführten Stück schon andere Werke Bernhards kennt, reagiert anders als jemand, der von allen auf Konversation basierenden Stücken mit einer reduzierten Handlung überfordert wird. Aus meinem Blickwinkel erfordert Der Theatermacher – oder besser gesagt Bernhard überhaupt – einen belesenen Zuschauer. Die Sprache des Publikums und der Schauspieler muss übereinstimmen. Damit der Autor, das Aufführungsteam und das Publikum auf derselben Wellenlänge liegen, reicht nicht die Kenntnis des Wortschatzes des Autors. Das Verhältnis der impliziten und expliziten Information und der Rhythmus der Aufführung müssen dem Publikum zumutbar sein.

11 Bernhard, Thomas: Vyhlazení. Rozpad. Prostor, Praha, 1999. 12 Bernhard, Thomas: Beton. Prostor, Praha, 2004. 13 Bernhard, Thomas: Mráz. Prostor, Praha, 2007.

9 Jan Antonín Pitinský und Claus Peymann sind zwei vollkommen verschiedene Persönlichkeiten und ihre Meinungen über Bernhards Werk gehen weit auseinander. Aus diesen Prämissen erfolgt die Konklusion, daß auch die Aufführungen beider Regisseure sehr unterschiedlich sind. Pitinský versucht das Interesse des tschechischen Zuschauers zu wecken, dabei bemüht er sich vor allem, die heftige bernhardsche Kritik zu mildern. Diese würde zum großen Teil vom tschechischen Publikum nicht verstanden werden, womit sein Werk sonst einen allzu spezifischen Empfänger erfordern würde und nur schwierig zu verstehen wäre. Bernhard war 1999, also zur Zeit der Aufführung von Pitinský, im Unterschied zu Österreich in Tschechien nicht so bekannt. Seine harsche Kritik der österreichischen Gesellschaft ist für tschechische Zuschauer nicht so provokant, deswegen versuchte Regisseur Jan Antonín Pitinský die Aufführung dem tschechischen Publikum anzupassen. Die Aufführung wurde mit Cena Alfréda Radoka für die beste Regie des Jahres 1999 ausgezeichnet. Trotzdem kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren: Wer wirklich einen Bernhard sehen wollte, muss vom Divadelník im Theater Na zábradlí enttäuscht gewesen sein.

Peymann versucht Bernhards Werke möglichst korrekt gemäß den Vorgaben des Autors aufzuführen, Änderungen, die auftreten, sind eher kosmetische Kleinigkeiten. Peymann prägte den Stil, der für Bernhard typisch ist, der den Staat als eine zerstörerische Macht bezeichnet, die Hasstiraden gegen Österreich, machten Bernhard bei einem Teil des Publikums beliebt oder wenigstens respektiert. Seine Kritik macht Bernhard österreichweit zumindest bekannt.

Im Hauptteil der vorliegenden Diplomarbeit wird beschrieben, wie sich der Dramentext Bernhards in den Händen Peymanns und noch stärker in den Händen Pitinskýs ändert. Diese genaue Analyse wird im fünften Kapitel durchgeführt, dabei werden Der Theatermacher aus der Werkausgabe Bernhards im Verlag Suhrkamp mit der Burgtheaterversion und der tschechischen Version aus dem Theater Na zábradlí verglichen. Im Anhang der Diplomarbeit werden die Fotopräsentation aus der Theateraufführung in Tschechien und das Regiebuch, von dem die Autorin der vorliegenden Diplomarbeit ausgeht, hinzugefügt.

10 2. Thomas Bernhard – ein Nestbeschmutzer14

In zweitem Teil der vorliegenden Diplomarbeit wird der bernhardsche Stil charakterisiert. Dann wird auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die der Übersetzer bei der Umsetzung dieses Stils in der tschechischen bzw. slowakischen Sprache hat. Da Bernhards Stil eine Gratwanderung zwischen Verbergen und Enthüllen darstellt, bereitet er den Übersetzern ein Kopfzerbrechen.

2.1. Thomas Bernhard ein Nestbeschmutzer oder ein zu Unrecht übergangener Kandidat für den Nobelpreis für Literatur?

Bernhards Werke kann man schwer einem Stil zuordnen. Seine Kunst ist derart originell, dass man sogar seine Kunst als bernhardsche Kunst bezeichnen darf. Bereits im Theatermacher findet man Sätze, noch besser Satzkonstruktionen ohne Interpunktion und häufige Wortwiederholungen. Einen Punkt hinter dem Satz werden wir vergeblich suchen. Seine herausfordernde Art, ja Beschimpfungskunst, ließ vielen Österreichern den Blutdruck steigen. Er war und ist zwar nicht bei allen beliebt, trotzdem aber respektiert. Trotz der Tatsache, dass er europaweit zu den meistgespielten bzw. meistgelesenen österreichischen Autoren zählt, bekam er den Nobelpreis nicht. Seine Werke haben den Stil jüngerer Autoren geprägt. Es scheint, dass abwertende Äußerungen und Schimpfwörter seine starke Präsenz in der Öffentlichkeit festigten. Zu Hause misanthropischer Nestbeschmutzer15 genannt, ist er in Deutschland sehr beliebt und wird weltweit übersetzt und gelesen. Seine Beschimpfungskunst, mit der einige Übersetzer kämpfen mussten und auch heute noch kämpfen müssen, ist auch Bestandteil seines Stücks Der Theatermacher. Charakteristisch ist auch seine Syntax. Bernhard bevorzugt lange Sätze, in denen sich der Leser öfters verliert. Dies gilt insbesondere für seine Prosawerke. Die größten Schwierigkeiten entstehen eben bei der Übersetzung seiner ad hoc Komposita, bzw. seiner Komposita überhaupt.

BRUSCON zu sich Vorhangzieher Drahtzieher der Dummheit16

14 Goubran, Alfred: Staatspreis. Der Fall Bernhard. edition selene, Klagenfurt, 1997. S. 84. 15 Ebenda, S. 84. 16 Bernhard, Thomas : Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 85.

11 Diese Passage wurde von Tomeš folgendermaßen übersetzt:

/Bruscon pro sebe/ Oponář Co vodí na drátkách blbost17

Die slowakische Übersetzerin Janoušková übersetzte diesen Satz anders. Meiner Meinung nach ist die Übersetzung von Janoušková besser gelungen, weil sie kreativer ist. Diese Passage kam auf der Bühne im Theater Na zábradlí nicht vor, da sie weggelassen worden ist.

/Ferruccio tahá oponu/ Oponár Čo poťahuje hlúposť za špagáty18

Zu den ad hoc Komposita könnte das Wort Vorteilskappe19 zugeordnet werden. Janoušková fand eine schöne kreative Lösung plusčapica20. Für eine Kappe fand Tomeš auch eine kreative Lösung und zwar výhodička21. Dieses Wort weist jedoch auf eine Kappe nicht hin, was über plusčapica22 nicht gesagt werden kann. In diesem Wort plusčapica23 ist auch das Wort Kappe versteckt und das ist eben im Wort Vorteilskappe24. Mir gefällt die Übersetzung von Janoušková besser, aber es kommt nicht auf den Einzelfall an. Wie Fišer in seinem Buch Překlad jako kreativní proces schreibt und dabei Paul Kußmaul zustimmt, ist Kreativität eine kontinuierliche Eigenschaft. Das Produkt, in diesem Fall die Übersetzung, ist entweder kreativ oder nicht. Gemäß Kußmaul und Fišer kann man über eine kreative Übersetzung nicht sagen, dass sie passend oder unpassend kreativ sei.25 Bruscons Geschichtsstandpauke bleibt im Stück (wie das Publikum) aus: Wegen der Feuersbrunst kommt es nicht zur Aufführung des Stückes. Geschichtsstandpauke ist einer der Ausdrücke, die auf den Zuschauer niedersausen. Der Ausdruck ist kaum zu übertragen, ohne dass er verblasst wäre: [My

17 Bernhard, Thomas: Divadelník. Dilia, Praha, 1988. S. 98. 18 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 83. 19 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 21. 20 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 12. 21 Bernhard, Thomas: Divadelník. Dilia, Praha ,1988. S. 14. 22 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 12. 23 Ebenda, S. 12. 24 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 21. 25 Fišer, Zbyněk: Překlad jako kreatívny proces. Teorie a praxe funktionalistického překládání. HOST, Brno, 2009. S. 23.

12 držíme] kázanie [...].

Wenn man darüber nachdenkt, inwieweit der Österreich-Bezug außerhalb Österreichs bühnenwirksam bleiben kann, stößt man auf Thomas Bernhards Beziehung zu seinem Großvater mütterlicherseits. Auch Der Theatermacher ist keine Ausnahme, da erzählt Bruscon, dass er seine Vorteilskappe26 von seinem Großvater bekommen hat. Manche österreichische Zuschauer mögen dabei an Bernhards Spruch Die Großväter sind Lehrer27 denken. Auch ohne den autobiographischen Hintergrund büßt der Text allerdings nichts an Deutlichkeit ein. Sowohl Thomas Bernhard als auch sein Großvater, sein großes Vorbild, wurden durch Auszeichnungen gefördert. Beide haben einen Staatspreis bekommen, der Großvater für seinen 1937 erschienenen Bauernroman Philomena Ellenhub allerdings nur einen Förderpreis, Thomas Bernhard den Kleinen Österreichischen Staatspreis.28 Kaum hätte sich der Großvater wohl erlaubt, bei der Preisverleihung so einen Eklat zu provozieren wie Thomas Bernhard 1968. Er erklärte in der Preisrede bei der Übernahme (er weigerte sich sie als Dankesrede zu bezeichnen) folgendes: Die Zeitalter sind schwachsinnig, der Staat ist ein Gebilde, das fortwährend zum Scheitern, das Volk ein solches, das ununterbrochen zur Infamie und zur Geistesschwäche verurteilt ist.29

Goubran fragt in seinem Buch Staatspreis. Der Fall Bernhard:

„Hat dieser Mann jemals gearbeitet? - Oder hat er nur Arbeitsgeräusche produziert, Denk- und Schreibgeräusche? Und was war er dann: ein Stimmenimitator?, ein Theatermacher, ein Verursacher, ein Geräuschkünstler – ein Eigengeräuschkünstler?“ 30

Der Herausgeber des Dokumentationsbandes ist der Meinung, dass sowohl die Deutschen als auch Österreich Thomas Bernhards durch Skandale gefestigte Schriftstellerlaufbahn finanziert haben:

„Und finanziert haben ihn natürlich die Bundesdeutschen – für die hat er geschrieben. Die Literaturkonzerne in Deutschland haben ihn finanziert, haben ihm seine Beleidigungen und Beschimpfungen finanziert, während ihn in Österreich die Österreicher und Österreicherinnen nur

26 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 21. 27 Höller, Hans: Thomas Bernhard. Rowohlt Taschenbuch Verlag, , 2007. S. 34. 28 Goubran, Alfred: Staatspreis. Der Fall Bernhard. edition selene, Klagenfurt, 1997. S. 73. 29 Thomas Bernhard: Rede anlässlich der Verleihung des Österreichischen Staatspreises für Literatur. Vgl. http://www.rodoni.ch/busoni/thomas.html, 20.12.2012 30 Goubran, Alfred: Staatspreis. Der Fall Bernhard. edition selene, Klagenfurt, 1997. , S. 7.

13 geehrt und ausgezeichnet haben. Wir haben ihm nicht nur den Staatspreis verliehen, sondern ihm auch Subventionen und Kredite gewährt, sodass der Thomas Bernhard einer der meistgeförderten und vom Staat unterstützten Künstler Österreichs gewesen war, nachdem er zuvor nur einer der meistgelesensten gewesen ist.“ 31

Einerseits schildert Bernhard seine Existenz als Schriftsteller in Österreich, der von bösartiger Verleumdung und Ignoranz bombardiert worden wäre, andererseits wurde seine kritische Prosa sogar schon seit 1968 mit Literaturpreisen ausgezeichnet. im März 1968 wurde dem Nestbeschmutzer32 der Kleine Österreichische Staatspreis für Sonderleistung auf dem Gebiete Literatur für seinen Roman Frost33 verliehen, der mit 25.000 ÖS dotiert war.34

2.2. Österreich als Theaterbühne

In den Werken von Thomas Bernhard findet man einige zentrale Motive, die Österreich, den Staat sowie das Land, näher beschreiben. Bernhard beschreibt politische Strömungen, Figuren als Prototypen einzelner Schichten, Zuschauer, Schauspieler, Künstler, Politiker, Regisseure, Kranke und viele andere. Österreich sind für ihn Menschen, die auf der Bühne, Österreich genannt, leben und ihr eigenes Leben aufführen. Auch Bruscon und das bornierte und stinkende Milieu Utzbachs sind so Bestandteil dieses Österreich-Bildes.

„Die Haßkataloge voller negativer Attribute für Österreich, die denen für die Institution Theater sehr ähneln, sind schier endlos. Österreich sei ein „scheußlicher“, „widerlicher“ und „konfuser Staat“, der das Außerordentliche hasse, in dem aber die „Stumpfsinnigen“, das „Mittelmaß“ und der „Dilettantismus“ geschützt würden. Die Zeitungen und politischen Verhältnisse dort seien mitschuldig an Krankheiten der Menschen, der Staat, dessen Unheil aus dem „Nationalsozialismus, dem Pseudosozialismus und dem dem Katholizismus“ komme, sei „durch und durch verkommen“ und zudem „geistig und moralisch verkrüppelt.“35

Im Theatermacher wird sein Stil zu einer endlosen Beschimpfung dieses Landes. Bruscon beschreibt sein Land als verkommen, verludert, pervers, grotesk, minderbemittelt, unzurechnungsfähig, fremdenfeindlich, kunsthassend und stupid.36 31 Ebenda, S. 8. 32 Ebenda, S. 84. 33 Bernhard, Thomas: Frost. Suhrkamp Verlag, Frankfurt, 1972. 34 Unterrichtsminister Dr. Piffl wurde brüskiert. So „dankt“ ein Staatspreisträger: Beschimpft Österreich!. Wiener Montag 22, 1968, Nr. 11, Seite 1. 35 Link, Kay: Die Welt als Theater. Künstlichkeit und Künstlertum bei Thomas Bernhard. Verlag Hans-Dieter Heinz, Akademischer Verlag, Stuttgart, 2000. S. 125. 36 Ebenda S.125ff.

14 Diese Heimathasstiraden könnten Probleme bei den Übersetzen und Bearbeiten der Inszenierung vor allem in anderen Kulturen verursachen. Pitinský will sie dem tschechischen Publikum nicht alle zumuten: Viele wurden weggelassen. Die Schimpfreden der Bernhardschen Zentralfiguren entzünden sich ja meistens an einer Kleinigkeit und breiten sich wie konzentrische Kreise immer weiter aus.37 Als Beispiel kann man ein Zitat aus der ersten Szene des Theatermachers nennen.

Österreich Austria L'Autriche Es kommt mir vor als gastierten wir in einer Senkgrube in der Eiterbeule Europas38

Dieser kurze Abschnitt wurde folgendermaßen übersetzt:

Rakúsko Austria L´Autriche pripadá mi ako by sme hosťovali v nejakej žumpe vo vrede Európy39

Wie man im Regiebuch nachweisen kann, wurde Es kommt mir vor als gastierten wir in einer Senkgrube in der Eiterbeule Europas in der tschechischen Inszenierung weggelassen.

In Bernhardschen Werken kommt das Motiv einer Falle, einer Falle als Synonym für Österreich, ziemlich oft vor. Im Dramolettenzyklus Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir

37 Ebenda S.125ff. 38 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S 46 ff. 39 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 41.

15 essen,40 äußert sich bereits Peymann über das Burgtheater als eine Falle, in Heldenplatz41 findet man auch dieses Motiv, wenn Professor Robert spricht, ähnlich wie Bruscon im Theatermacher. In diesen Werken ist die Falle ein negativ konnotiertes Symbol für Österreich.

Wir sind in die Wiener Falle gegangen wir sind in die Österreichfalle gegangen42

Auch in dem Dramolett Claus Peymann und Hermann Beil auf der Sulzwiese43 spricht Peymann über eine Falle, Österreich -Falle.

ich bin in eine Falle gegangen ich bin nach Österreich gegangen und bin in eine Falle gegangen ich bin nach Wien gegangen und bin in eine Falle gegangen ich bin in die Burgtheaterfalle gegangen Beil44

Im Theatermacher ist dieser Österreich-Bezug unterdrückt. Hier sagt Bruscon zum Wirt:

und gehen doch nur in eine Falle sozusagen in eine Theaterfalle45

In der tschechischen Inszenierung hört man folgende Übersetzung:

a ocitáme sa v pasci takrečeno v pasci divadla46

Janoušková hat die Zeilen ursprünglich anders übersetzt:

40 Bernhard, Thomas: Dramen VI. Thomas Bernhard Werke. Suhrkamp Verlag, , 2012. 41 Ebd. 42 Ebenda, S. 338. 43 Ebd. 44 Bernhard, Thomas: Dramen VI. Thomas Bernhard Werke. Suhrkamp Verlag, Berlin, 2012. S. 109. 45 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 16. 46 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 6.

16 a prichádzame do pasce takrečeno pasce divadla47

Der ganze Kontext Österreichs als einer Theaterfalle wird bei Pitinský in den Hintergrund gerückt. Es muss dahingestellt bleiben, inwieweit außerhalb der Ausgangskultur diese Kontextualisierung überhaupt kaum übertragbar ist. Thomas Bernhard unterstellt Österreich, dass sein Judenhass und das nationalsozialistische Gedankengut nur verdrängt wurde. Als politischer Dramatiker bzw. Kritiker ist er mit der damaligen Gesinnungslage der Österreicher nicht zufrieden und verspottet die österreichische Bundeshymne, Land der Berge, Land am Strome, Land der Äcker Land am Dome … Heimat bist Du großer Söhne …48, in seinem Theatermacher. Im Theatermacher steht:

Wo ein Wald war ist eine Schottergrube wo eine Wiese war ist ein Zementwerk wo ein Mensch war ist ein Nazi49

2.3. Der Notlichtskandal in Salzburg, „ignorant und wahnsinnig“, durchbricht Theaterbonton und Konventionen. Die Salzburger Festspiele sind paralysiert.

Die Idee zum zum Theatermacher liegt ziemlich weit zurück. Das skandalöse Drama Ignorant und Wahnsinnige50 bildet den Keim des viel späteren Stückes Der Theatermacher. Auf den Gedanken, das Stück Der Theatermacher zu schreiben, ist Thomas Bernhard gekommen, als er gebeten worden ist, wieder ein Auftragswerk für die Salzburger Festspiele vorzubereiten. Der Präsident der Salzburger Festspiele, Josef Kaut, betrachtete es nach Jahren als angebracht, ein Stück von Thomas Bernhard in Salzburg wieder aufzuführen. Kaut förderte Bernhard über viele Jahre. Schon als Chefredakteur des Demokratischen Volksblatts in Salzburg stellte er den 20jährigen Bernhard als Mitarbeiter ein. Als Mitte der sechziger Jahre ein für die Salzburger Festspiele geschriebenes Theaterstück wegen allzu düsterer Thematik nicht angenommen wurde, eröffnete der

47 Ebenda, S. 6. 48 http://www.jojolete.com/traditional/land-der-berge-land-am-strome/ , 09.12.2012. 49 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S 47. 50 Bernhard, Thomas: Dramen 1. Thomas Bernhard Werke Bd. 15. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 2004.

17 Dramatiker seine Karrriere im Jahre 1970 unter dem Titel Ein Fest für Boris51 am Hamburger Schauspielhaus. Am 24. Mai 1983 bat Kaut Thomas Bernhard um ein neues Stück. Josef Kaut war schon 79 Jahre alt und wollte sich von seiner Präsidentschaft der Salzburger Festspiele auf eine unvergessliche Art verabschieden. Damals griff Bernhard zu dem im August 1972 entstandenen Salzburger Festspielskandal und schreibt sein Stück Der Theatermacher. Die Notlicht-Farce löste einen Skandal aus, weswegen gegen die Akteure, vor allem gegen den Regisseur Claus Peymann, ein Gerichtsverfahren eingeleitet wurde. Es war ein Verstoß gegen das Bühnengesetz. Die Premiere soll wie die Generalprobe gespielt werden. Die Verantwortlichen hielten sich streng an die österreichische Gesetzeslage und wollten die absolute Finsternis am Ende des Theaterstücks nicht erlauben, obwohl es in der Generalprobe so gespielt wurde. In den achtziger Jahren bereitete sich Kaut einen würdigen Abschluss seiner erfolgreichen Karriere vor. Nur wenige Tage danach stirbt er am 8. Juni 1983 und seinen Platz übernimmt als neuer Präsident der Salzburger Festspiele Albert Moser. Am 4. Juli schrieb Moser an Bernhard, dass er auch ein Stück von Thomas Bernhard aufführen will. Am 13. Juli 1983 antwortet Bernhard, dass seine Komödie mit dem Titel Der Theatermacher fertig ist und im Sommer 1984 im Landestheater gespielt werden könnte. Der Schauplatz ist im Gasthaus Schwarzer Hirsch in Atzbach. Da Traugott Buhre und Bernhard Minetti nicht in der Lage waren, die Rolle des Schauspieler Bruscons zu lernen und noch mit dem Theaterstück Der Schein trügt52 beschäftigt waren, fand die Premiere erst ein Jahr später als geplant, am 17. August 1985, im Salzburger Landestheater statt. 53

51 Ebd. 52 Bernhard, Thomas: Dramen 5. Thomas Bernhards Werke 19. Suhrkamp Verlag, Berlin, 2011. 53 Ebenda, S. 364 – 388.

18 3. Der Theatermacher

In einem dramatischen Werk sind nicht nur die morphosyntaktischen Merkmale und die Sprache, sondern auch nonverbale akustische und visuelle Kanäle wichtig: Musik und Geräusche, Kostüme, Szene und die Leistung der Schauspieler. Im folgenden Kapitel vorliegender Diplomarbeit nehme ich die extralinguistischen Merkmale in beiden Inszenierungen Des Theatermachers ins Visier. Im 5. Kapitel analysiere ich näher die linguostilistischen und semantischen Veränderungen einzelner Inszenierungen. Da die Arbeit des Regisseurs für eine Inszenierung bestimmend ist, beschäftige ich mich näher mit dem Prozess der Arbeit eines Regisseurs im Rahmen einer Bühnenbearbeitung.

3.1. Jan Antonín Pitínský vs. Claus Peymann

Ein dramatischer Text ist nicht nur ein Sprachkunstwerk, sondern vor allem eine Spielvorlage. Da es sich um ein für die Bühnendarstellung gedachtes Werk handelt, ist nicht nur die Sprache wichtig, sondern auch andere nicht sprachliche Zeichen. Diese können den gesamten Inhalt wesentlich beeinflussen. Manchmal wird ein Dramentext ohne seine theatralische Umsetzung schlecht oder gar nicht verständlich. Wie Jozef Mistrík in seinem Buch Dramatický text weiter schreibt, wurden früher keine Kulissen gebaut. Das attische Theater und auch Shakespeares Theater kennen keine Kulissen. Erst später dient die Kulisse dazu, die Handlung verständlicher zu machen und erleichtert dem Publikum den historischen Hintergrund zu verstehen.54 Im Burgtheater-Theatermacher hält Bruscon seine Nase zu, um den Schweinegestank darzustellen und der Wirt öffnet ein Fester. Im Burgtheater hört man ein lautes Schweinegrunzen. Jeder Zuschauer soll eine Vorstellung der Schweinemastanstalt haben. Dieser Effekt mit dem Grunzen der Schweine wurde im Theater Na zábradlí nicht benutzt. Als Beispiel für einen Toneffekt in beiden Theatern möchte ich das Gewitter anführen: Aus den Lautsprechern dröhnt ein grollendes Donnern. In der Endszene brennt ein Pfarramt und das Publikum kann einen Feuerausbruch und Chaos beobachten. Im Hintergrund der Wiener Bühne lodern Feuerzungen. Ich versuche im dritten Teil vorliegender Diplomarbeit nicht nur die Regie von Claus Peymann und Jan Antonín Pitínský zu vergleichen, sondern auch den Stellenwert der theatralischen extralinguistischen Mittel zu beschreiben.

Warum fiel meine Wahl gerade auf diese beiden Aufführungen, die ich nicht mehr live erleben konnte? Peymanns Uraufführung, die als Koproduktion der Salzburger Festspiele mit dem

54 Ebenda, S. 66.

19 Burgtheater entstand, hat einen Modellcharakter, weil dabei Bernhards Wünsche und Änderungen berücksichtigt wurden. Jan Antonín Pitínský hielt sich weniger an Bernhards Vorstellungen.

Der tschechische Schriftsteller, Dramatiker und Regisseur Zdeněk Petrželka, besser bekannt unter dem Pseudonym Jan Antonín Pitínský, wurde am 30.10.1955 in Zlín geboren. Im Kommunismus arbeitete er als Bibliothekar in der Mährischen Galerie. In der ersten Hälfte der 80er Jahre als Arbeiter in Jeseník und Loučná. Seit 1985 bis 1990 war er Autor und Regisseur der Laienbühne Ochotnický kroužek, nach 1900 ist er ausschließlich als Regisseur tätig und inszenierte inzwischen mehr als 50 Theaterstücke55, zu denen auch Der Theatermacher gehört. Während Peymann als Spezialist für deutschsprachige Gegenwartsdramatik galt und Stücke von Thomas Bernhard, Peter Handke oder Peter Turrini, später auch Elfriede Jelinek, uraufführte, widmet sich Pitínský einem viel zeitlich und genremäßig heterogeneren Repertoir. Während Peymann schon seit 1970 in Hamburg das erste Stück Bernhards Ein Fest für Boris auf die Bühne brachte, und als Schauspieldirektor am Schauspiel Stuttgart Minetti (1976), als Intendant am Schauspielhaus sogar zwei Stücke – Der Weltverbesserer (1980), Der Schein trügt (1984) – und als Direktor am Burgtheater in Wien den Heldenplatz (1988) uraufführte, kam Pitínský mit Bernhards Dramen relativ spät in Berührung. Zwischen Peymanns und Pitínskýs Aufführungen von Ritter, Dene, Voss und Der Theatermacher liegen zehn Jahre56. Seine tschechisch-slowakische Konstellation ist bereits zum zweiten Mal erfolgreich geworden. Nicht ohne Grund sind die beiden Hauptdarsteller (Vašáryová als Ritter; Huba als Bruscon) in den beiden Inszenierungen mit dem Alfred-Radok-Preis ausgezeichnet worden.57 Für das von Zuzana Augustová ins Tschechische und von Martin Porubjak ins Slowakische übersetzte Theatersstück Ritter, Dene, Voss58 hat er das wunderbare Trio Vašáryová, Hadrbolcová, Ornest gefunden.59 Einige Jahre später hat er wieder auf die „richtigen Karten“ gesetzt und den talentierten slowakischen Schauspieler Martin Huba gefunden, der die mehr oder weniger monologische Hauptrolle Bruscons grandios spielte. In der Tageszeitung Mladá fronta Dnes wurde ein Artikel vom Zdeněk A. Tichý publiziert, dass Der Theatermacher die Inszenierung des Jahres 1999 wurde und im Klicpertheater in Hradec Králové bekam Jan Antonín Pitínský seinen vierten Preis, den Alfred Radok Preis. Von den 53 Kritikern hoben 31 die Leistung von Martin

55 http://www.czechlit.cz/autori/pitinsky-jan-antonin/ , 25.04.2012. 56 http://souvislosti.cz/ , 05.12.2012. 57 Tichý, Zdeněk A.: Inscenací roku 1999 se stal Bernhardův Divadelník. Mladá fronta dnes 11, 2000, číslo 85, 10.04., strana 14. 58 Bernhard, Thomas: Ritter, Dene, Voss. Dilia, Praha, 1998. 59 Augustová, Zuzana: Thomas Bernhard. Větrné mlýny Verlag, Brno, 2003. S. 207.

20 Huba als Ursache des Erfolgs des Stückes hervor.60 Gegenüber einer kritischen Auseinandersetzung mit Bernhards Theatermacher in der Bearbeitung des Prager Theaters Na zábradlí (vgl. Kritiken von Zdeněk Hořínek, Jan Kolář, Vladimír Procházka, Richard Erml, Vladimír Hulec, Vladimír Just, Jan Kerbr, Radmila Hrdinová, Jiří P. Kříž)61 wurde diese Aufführung in der Zeitschrift Divadelní noviny sehr positiv beurteilt.

Claus Peymann ist um 20 Jahre älter als Pitínský. Seit der Saison 1999/2000 ist Peymann künstlerischer Leiter und Geschäftsführer des Berliner Ensembles am Schiffbauerdamm. Peymann wurde am 7. Juni 1937 in Bremen geboren. Bereits während seiner Studienzeit in Hamburg war er als Mitarbeiter an der Studiobühne der Universität tätig. Er inszenierte elf von siebzehn abendfüllenden Dramen, ebenfalls inszenierte er seine kürzeren Dramolette. Wie Gitta Honegger in ihrem Buch Thomas Bernhard „Was ist das für ein Narr?“ schreibt, „ein Stück von Bernhard auf die Bühne zu bringen war stets ein Risiko.“62 Die enge Zusammenarbeit mit Bernhard führte zur Entstehung auch eines Stückes wie z.B. Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen. Als Intendant des Bochumer Theaters machte er diese Bühne, die er von Peter Zadek übernahm, zu einer der besten in der Bundesrepublik. Man kann Peymann als den bernhardschen Regisseur bezeichnen. Bernhard gewährte ihm praktisch ein Regiemonopol.63 Er konnte den bernhardschen Heimathass und seine politische Satire auf der Bühne gut verarbeiten. Peymann sieht, ähnlich wie Thomas Bernhard, eine neue Tendenz in der Kunst, die als Botschaft für die Gesellschaft sein sollte, dass auch die Mächtigen und Herrschenden nur Menschen sind. Claus Peymann und Thomas Bernhard haben manches gemeinsam. Da sie sich persönlich gut kannten, konnte Peymann den Misanthrop Bruscon, in den Bernhard eigene Animositäten projiziert hat, so überzeugend auffassen. Ich bin fest davon überzeugt, hätte der Regisseur Peymann die für Bernhards Theatermacher typische, die Heimat kritisierenden Passagen weggelassen, ähnlich wie es bei Pitínský der Fall war, hätte Bernhard noch während seines Lebens mit Peymann wahrscheinlich kein einziges Wort mehr gewechselt und andere Konsequenzen wären wohl gefolgt.64

60 Tichý, Zdeněk A.: Inscenací roku 1999 se stal Bernhardův Divadelník. Mladá fronta dnes 11, 2000, číslo 85, 10.04., strana 14. 61 Kritický žebříček. Divadelní noviny 8, 1999, číslo 6, 16.3., strana 3.

62 Gitta Honegger. Thomas Bernhard „Was ist das für ein Narr?“ Propyläen Verlag, München, 2003. S. 191. 63 Ebenda, S. 191. 64 Schon allein das Verbot, das Notlicht in Salzburg bei der Aufführung des Stücks „Der Ignorant und der Wahnsinnige“ nicht ausschalten zu dürfen, führte bei Bernhard zu der Reaktion, dass dieses Stück in Salzburg bei den Festspielen nicht mehr gespielt werden sollte.

21 3.2. Jan Antonín Pitínský und Divadelník im Theater Na zábradlí.

Diese österreich-tschechisch-slowakische Aufführung berührt das Innerste eines Menschen und regt das Publikum zum Nachdenken an. Diese Inszenierung ist für das gebildete Publikum konzipiert und nur die Zeitdauer von zwei Stunden und 45 Minuten weist darauf hin, dass Der Theatermacher ein spezifisches Publikum braucht und nicht für jeden geeignet ist. Der Theatermacher von Jan Antonín Pitínský im Theater Na zábradlí bedeutete nach Ritter, Dene, Voss auf derselben Bühne und nach Čičváks Brünner Kant-Aufführung einen Durchbruch Bernhards auf professionellen tschechischen Bühnen. Der Saal in der Ortsgemeinschaft Utzbach – Prag füllt sich, der Staatsschauspieler Bruscon tritt ein und sein Rad der Geschichte kann beginnen. In der Hauptrolle, Bruscon, brilliert der berühmte slowakische Schauspieler Martin Huba, der quasi einen Monolog führt. Frau Bruscon spielen Libuše Geprtová / Eva Holubová. Ferruccio, deren Sohn spielen Karel Dobrý oder Jiří Reidinger. Kristina Maděričová stellt Sarah, Bruscons Tochter, dar. Den Wirt und die Wirtin spielen Ladislav Klepal und Renata Kubišová. Ihre Tochter Erna spielen sowohl Marie Čechová als auch Dagmar Součková. Die Musik wurde von dem Brünner Petr Hromádka komponiert, der häufig mit Pitínský, aber auch mit dem Theater Husa na provázku zusammenarbeitet. Kostümbildnerin war die schon seit Petr Lébl auf dieser Bühne bevorzugte Kateřina Štefková. Die wichtige Funktion des Dramaturgen hatte Ivana Slámová inne. Die Premiere fand nicht wie geplant am 2. und 3. Februar, sondern am 16. und 21. Februar statt. Einer der Hauptprotagonisten, Karel Dobrý, wurde während einer Probe seiner physisch nicht einfachen Rolle verletzt. Die verlässlichste Informationsquelle zu dieser Aufführung habe ich im Archiv des Theaters Na zabradlí gefunden.65

Jan Antonín Pitínský hat seinen Theatermacher anders aufgefasst als Claus Peymann. Die Aufführung Divadelník wurde mit Cena Alfréda Radoka für die beste Regie des Jahres 1999 ausgezeichnet. Trotzdem kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren: Wer wirklich einen Bernhard sehen wollte, hätte vom Divadelník im Theater Na zábradlí enttäuscht sein müssen. Ich stimme mit manchen Kritikern überein, der Erfolg von Pitínskýs Inszenierung Der Theatermacher geht auf die hervorragende Leistung von Martin Huba zurück. Nachdem ich Video-Aufnahmen aus dem Theater Divadlo Na zábradlí66 und dem Burgtheater67 studiert hatte, war ich sowohl von der Inszenierung

65 In dem Ordner „Der Theatermacher“ im Archiv des Theaters Na zábradlí im Mai/Juni 2011 habe ich diese Besetzung gefunden. 66 Bernhard, Thomas: Divadelník. DVD-Edition. Archiv Divadla Na zábradlí. Praha. 16.12.1999. 67 Bernhard, Thomas: Der Theatermacher. DVD-Edition Burgtheater 17. Der Standard ORF. 1990.

22 von Pitínský als auch der von Peymann auf eine andere Weise beeindruckt. J.A. Pitínský versucht die Theatralität und äußere Effekte zu verstärken. In meiner Diplomarbeit gehe ich vom Regiebuch des Theaters Na zábradlí aus. Viele Passagen, die Österreich kritisieren, hat Pitinský gestrichen. Thomas Bernhard versucht, wie bereits im zweiten Kapitel beschrieben wurde, in seinen Werken seinen Hass auf Österreich auszudrücken, wo die Denazifizierung inkonsequent verlief und und nicht nur die 1955 entstandene FPÖ, sondern früher auch die SPÖ um ehemalige Nazi-Wähler warben. Von Anfang an handelt es sich um seine Überzeugung und seine Denkweise, wobei er darauf seine schriftstellerische Karriere gebaut hat und berühmt geworden ist. Weder Wiki Janoušková noch Vladimír Tomeš haben bei ihren Übersetzungen Bernhards Kritik an das tschechische, bzw. slowakische Publikum angepasst, was eigentlich von einem Übersetzer kaum zu erwarten war. Zbyněk Fišer schreibt in seinem Buch Překlad jako kreatívny proces, dass die Übersetzung so gut wie möglich in die Heimatkultur integriert werden sollte. In der Praxis ist es jedoch sehr schwierig umzusetzen.68 Ich teile die Meinung von Anna Grusková, die in der Zeitung Domino Fórum schreibt, die „intellektuelle Dimension verliert sich im Geschrei, Gepolter und rein äußeren Effekten“69, dass der Regisseur bei der Aufführung auf solche Ausdrucksmittel zurückgriff, „nur damit es dem Zuschauer nicht langweilig wird“70. Die Zuschauer waren mit dem tschechischen Theatermacher anscheinend zufrieden, da das Publikum öfters gelacht hat. Leider muss gesagt werden, dass äußerliche Effekte wirklich zu häufig eingesetzt wurden. Bruscon zerstört die Beleuchtung auf der Bühne und Sára verletzt sich an zerbrochenem Glas.

Im Programmheft zum Stück Divadelník von Thomas Bernhard, das ein aus Blutwürstl gemachtes Hakenkreuz „ziert“ (siehe die Abbildung im Anhang)71, findet man einen kurzen Text über Lety u Písku. Es ist ein ehemaliges Roma-KZ, in damaliger Terminologie als Straflager bezeichnet, auf dessen Gelände heute eine Schweinemastanlage steht. Während des Zweiten Weltkriegs gab es in diesem Lager 1309 Häftlinge, von denen 326 ihre Internierung nicht überlebten. Ein Viertel der Häftlinge wurde entlassen oder flüchtete und die restlichen Roma und Sinti wurden ins Konzentrationslager Auschwitz II. -Birkenau transportiert. Heute werden an dem Ort, wo im August 1942 ca. 1100 Männer, Frauen und Kinder interniert72 worden waren, Schweine gezüchtet.73 Hätte

68 Fišer, Zbyněk: Překlad jako kreatívny proces. Teorie a praxe funktionalistického překládání. HOST, Brno, 2009. S. 22. 69 Grusková, Anna. Ak budeme úprimní... . Domino fórum 8, 1999, číslo 8, strana 15. 70 Ebenda, S. 15. 71 Aus Seite 210 dieser Arbeit. 72 http://www.holocaust.cz/de/history/camps/lety , 12.12.2012. 73 http://aktualne.centrum.cz/domaci/spolecnost/fotogalerie/2009/02/06/evropsky-unikat-z-koncentraku-

23 Pitínský dieses Thema bereits in Bernhards Theaterstück eingearbeitet, wäre es ein Eingriff in Bernhards Text gewesen, den auch die Besitzer der Urheberrechte kaum erlaubt hätten. Die tschechische Rezeption des Textes wird auf die Weise mittels des Programmheftes gelenkt. Ich persönlich hätte dieses kontroverse Thema als eine Anspielung auf der Bühne begrüßt. Schon bei Bernhard geht es ja um den Gestank einer Schweinemastanstalt. Die Textzrezeption wird bei einer Aufführung durch Szene, Requisiten, Beleuchtung und Ton mitgesteuert. Als erstes untersuche ich das Bühnenbild und die dazugehörenden Requisiten. Pitínskýs Theaterstück beginnt in absoluter Finsternis. Bruscon tritt auf und mit einer skurrilen akustischen Probe – dabei werden von Bruscon sonderbare Geräusche hervorgebracht – fängt das Stück an. Sogar Petr Lébl, der damals noch lebende Intendant (gestorben zehn Monate nach der Premiere), ermahnt zu Pünktlichkeit und die verspäteten Zuschauer sollten im schlimmsten Fall nach Hause geschickt werden oder erst 20 Minuten nach dem Beginn hineingelassen werden, da die Inszenierung lauter wird und der Hauptprotagonist Martin Huba nicht mehr gestört werden soll. So las ich in einem Blatt im Archiv des Theaters Na zábradlí.74 Den Raum dekorieren überall herumhängende Spinnenweben und eine Staubschicht. Ins Wirtshaus „Schwarzer Hirsch“ bei Utzbach tritt Bruscon ein. Er hat eine Jeans und ein schwarzes T-Shirt an. Der zwergenhafte Wirt Ladislav Klepal trägt ein Unterhemd und auf dem Kopf eine Wintermütze. Sein eingeschüchtertes Benehmen erweckt den Eindruck, als ob er vor Bruscon Angst hätte.

3.3. Claus Peymann und Der Theatermacher der Burgtheater Edition in Koproduktion mit den Salzburger Festspielen

Traugott Buhre, in einem hellen Anzug, in der Hand einen Stock und auf dem Kopf einen Hut. Überheblich betritt er das Lokal zum „Schwarzen Hirsch“, wo überall Schmutz und Staub liegen. Nichtsdestotrotz ist alles perfekt organisiert in einem hellen, offenen Raum. Trotz überall liegendem Staub und Schmutz und Geweihe an der Wand wirkt das Bühnenbild präzis vorbereitet. Der Wirt, Josef Bierbichler, ein Mann in den besten Jahren, schaut verächtlich dem Bruscon zu. Seine Mimik und Gestik soll dem Zuschauer zeigen, dass er auch wichtig ist und nicht bereit ist, sich von Bruscon herumkommandieren zu lassen. Peymann hält sich an Bernhards Text und versucht mit seinen Gedanken zu arbeiten und diese auch auf die Bühne zu übertragen. Natürlich wurden Veränderungen ebenfalls in der Peymann-Inszenierung gefunden, aber grundsätzlich geht er von

prasecak/foto/235358/, 19.09.2012. 74 In dem Ordner „Der Theatermacher“ im Archiv des Theaters Na zábradlí im Mai/Juni 2011 habe ich diese Informationen gefunden.

24 Bernhard aus. Diese Aufführung entstand noch zu Lebzeiten Bernhards. Da Bernhard und Peymann eine enge freundschaftliche Beziehung verband, kann man vermuten, dass Peymann so weit wie möglich auf Bernhards Wünsche eingehen wollte. Die Spieldauer im Burgtheater beträgt insgesamt zwei Stunden und 19 Minuten. Im Wiener Burgtheater setzte man auch Toneffekte und Licht nach den Regieanweisungen im Nebentext des Dramas ein. Das sich nähernde Gewitter wurde mit Donnergrollen angedeutet.

In der ersten Szene muss Martin Schwab als Ferruccio alle Fenster mit Spezialvorhängen abdecken. Bruscon erklärt dabei, dass ohne diese Spezialvorhänge die Komödie Das Rad der Geschichte gar nicht spielbar wäre. Der helle Raum des Gasthauses in Utzbach, genauer die Bühne des Burgtheaters, wurde dadurch finster. Im Theater Na zábradlí ist die Szene von Anfang an dunkel. Martin Huba als Bruscon braucht keine Spezialvorhänge und alle Fenster abdecken. Der Unterschied zwischen den Bühnenbildern entsteht bereits da. Die Passage mit Spezialvorhängen hat Pitínský gestrichen.

Wir haben Vorhänge mit die absolut alle Fenster abdecken Spezialvorhänge die wir in den Klepperwerken in Rosenheim haben herstellen lassen Kostenpunkt achtzigtausend aber ohne diese Spezialvorhänge wäre unsere Komödie gar nicht möglich Wir haben auch Spezialhaken in unserem Theatergepäck diese Spezialhaken können wir in alle Wände einschlagen75

75 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 36.

25 4. Die Dramenübersetzung

Das vierte Kapitel dieser Arbeit widmet sich den Grundbegriffen der Theaterübersetzung und dem Unterschied zwischen der Dramenübersetzung und der Theaterübersetzung. In diesem Teil der Diplomarbeit sollen folgende Aspekte beleuchtet werden, mit denen sich die Translationswissenschaft auf dem Feld der Theaterübersetzung heutzutage intensiv beschäftigt.

Mit der Überlegung, dass ein Drama nicht nur Wort für Wort übersetzt wird, sondern auch vom Übersetzer bzw. Regisseur bearbeitet wird, beschäftigt sich die Translationswissenschaft in den letzten 20 Jahren. In der Vergangenheit hatte der Text Vorrang, die Aufführenden betrachteten die Theaterpraxis als Dienst an der Kunst. Erst später fühlt sich der Regisseur frei und unbegrenzt vom Originaltext und versucht die einzelnen Passagen kreativ zu bearbeiten bzw. die kulturbedingten Unterschiede herauszuarbeiten und damit einen fremden Text an das Publikum anzupassen.

Die klassischen Dramen wurden in Versen geschrieben und die Übersetzer versuchten diese auch in die Zielsprache zu übertragen. Václav Tille beschreibt den Jambus als den natürlichen Rhythmus der romanischen und germanischen Sprachen.76 In der tschechischen Sprache wird der Daktylus so wie der Trochäus benutzt und die Anwendung der Jamben in der tschechischen Sprache kann zu Missverständnissen führen.77 In modernen Theaterstücken hört man normalerweise keinen Jambus, ja überhaupt keine Verse oder Anklänge an einen Jambus, sondern Aussagen, die der Standardsprache ähnlich sind. Der Tonfall und Rhythmus der Prosarepliken in Bernhards Theatermacher korrespondieren doch irgendwie mit der deutschen Verstheatertradition und verbinden das Pathos einer Litanei und das Nüchterne eines Kabaretts, den Scharfsinn und Blödsinn. Das Hehre, das an ein Versdrama erinnert, und das Banale, das einer drastischen Welt des Volkstheaters zu entstammen scheint, wird aber bei Bernhard nach dem Muster der Umspringbilder ineinander verzahnt.

4.1. Definition und allgemeine Überlegungen zum Begriff: Dramenübersetzung

In der Translationswissenschaft entwickeln sich viele Theorien und Kriterien, wie bestimmte Textsorten richtig übersetzt werden sollen. Jeder Übersetzer muss darauf achten, dass Prinzipien

76 Levý. Jiří: České teorie překladu 2. díl. Ivo Železný, Praha, 1996. Autor: Václav Tille: Klasická čeština na jevišti. S. 96. 77 Ebenda, S. 96.

26 einer interkulturellen Übersetzung nicht verletzt werden und dabei die ganze Information aus der Ausgangssprache in die Zielsprache übertragen wird. Man sollte vermeiden, die anderssprachigen Zuschauer vor den Kopf zu stoßen, wo es bei Bernhard nicht beabsichtigt war. Aber auch der Unterschied zwischen einem erzkatholischen Utzbach und einem gottlosen Dorf in einer nach 1945 neu besiedelten Gebirgsgegend birgt in diesem konkreten Fall keinen Anlass zu einem großen Missverständnis. Im Fall der Übersetzung von Der Theatermacher handelt es sich um eine Übersetzung für die Aufführung im Prager Theater Na zábradlí, d.h. für die Regiekonzeption von Jan Antonín Pitínský. Die Skopostheorie geht davon aus, dass Sinn und Zweck der Übersetzung beachtet werden sollen. Radegundis Stolze erwähnt in ihrem Buch: Die Texte werden zu einem bestimmten Zweck und für jemanden produziert.78 Bei einem Dramentext entspricht die abweichende Auffassung der Figuren in beiden Regiekonzeptionen einer Änderung des Zwecks der Übersetzung. In dem untersuchten Stück fällt vor allem die Rolle des Wirts auf, der Wirt von Ladislav Klepal ist viel submissiver als derjenige in der Wiener Aufführung. Sein Text ist aber so kurz und sachlich, dass seine prägende Eigenschaften nur mit theatralischen Mittel zum Ausdruck gebracht werden. Beim Übersetzen handelt es sich um Mitteilen. Levý schreibt dazu in seiner Publikation Die literarische Übersetzung. Theorie einer Kunstgattung:79

„Der Übersetzer entschlüsselt die Mitteilung, die in dem Text des Originalautors enthalten ist, und formuliert (chiffriert) sie in seine Sprache um. Die in dem Text enthaltene Mitteilung entschlüsselt sodann der Leser der Übersetzung.“80

Levý schreibt in seinem Buch weiter, dass es bei der Inszenierung eines übersetzten Theaterstücks noch komplizierter ist. Es geht nämlich darum, dass nicht nur ein Übersetzer, sondern mit ihm das gesamte Theaterensemble den Text der Übersetzung entschlüsselt und eine neue Mitteilung realisiert, die dann nicht vom individuellen Leser vom Publikum aufgenommen wird, in dem der Einzelne der Stimmung im Zuschauerraum ausgesetzt ist.81

Es gibt also zwei ganz unterschiedliche Arbeitstechniken bei der Dramenübersetzung. Mit einer Übersetzungstechnik werden Dramen für breite Leserkreise erschlossen. Es sind viele klassische Dramen bekannt – angefangen von der Antike bis zum 21. Jahrhundert. Dabei liegt der Akzent auf

78 Stolze, Radegundis: Übersetzungstheorien. Eine Einführung. Gunter Narr Verlag, Tübingen, 1994. S. 163. 79 Levý, Jiří Die literarische Übersetzung. Theorie einer Kunstgattung. Athenäum Verlag, Frankfurt am Main, 1969. 80 Ebenda, S. 33. 81 Ebenda, S. 33.

27 dem Ausgangstext und es entsteht als Endprodukt eine sog. Dramenübersetzung. Ein Extremfall einer Dramenübersetzung liegt bei der Übersetzung eines Lesedramas vor, bei dem eine Aufführung kaum in Betracht gezogen wird. Damit rücken auch Eigenschaften wie Spiel und Atembarkeit, das schnelle Auffassen des Textssinns in den Hintergrund. Zu diesem Dramentyp gehört z. B. das Monsterdrama Die letzten Tage der Menschheit von Karl Kraus. Es umfasst 800 Druckseiten, man würde ganze zehn Abende brauchen, um dieses Werk vollständig aufführen zu können.82 Karl Kraus nahm in diesem Stück keine Rücksicht auf eine Aufführung, eventuell auf die Sprechbarkeit. Nichtsdestotrotz wurde dieses Stück zum ersten Mal im Jahre 1964 in Wien und später im Jahre 1974 in Basel in einer gekürzten Bühnenfassung an einem Abend aufgeführt.83 Die letzte Bühnenfassung von Christopher Widauer inszenierte Hans Gratzer bei den Festspielen Reichenau an der Rax im Jahre 2000.84 Der Sinn und Zweck der zweiten Arbeitstechnik bei der Dramenübersetzung liegt in der Inszenierung des übersetzten Theaterstücks. Der Übersetzer bekommt eine konkretisierte Aufgabe, den Text für den jeweiligen Regisseur zu übersetzen. Diese Übersetzung wird vom Regisseur und von den Schauspielern in der Probezeit noch weiter bearbeitet. Der Ausgangstext ist in diesem Fall zweitrangig.

In dieser Diplomarbeit beschäftige ich mich mit der Theaterübersetzung des bernhardschen Dramas Der Theatermacher85. Der Schwerpunkt meiner Untersuchung ist erstens die Technik, die die beiden Übersetzer benutzt haben, zweitens der Vergleich mit dem Text der Werkausgabe im Verlag Suhrkamp, drittens der Vergleich der Wiener und Prager Inszenierungen. Während Peymann mit dem Originaltext arbeitet, überwiegt bei Pitínský die slowakische Übersetzung, die noch weiter im Regiebuch bearbeitet wurde. Der Autor einer Theaterübersetzung muss dabei auf Vorstellungen eines konkreten Regisseurs eingehen. Was der Übersetzer nie vergessen sollte, ist, für wen das Zielprodukt geeignet ist und wer der Empfänger ist. An diesem Punkt entwickelt sich meistens die Übersetzungsstrategie eines Übersetzers.

„Die Hinzuziehung eines Theaterregisseurs oder Schauspielers mag in einzelnen Fällen unabdingbar sein, um die Spielbarkeit zu gewährleisten. Wir sind jedenfalls der Meinung, daß fundierte Kenntnisse der Theaterbedingungen und des Theaterbetriebs seitens des Übersetzers

82 Povejšil, Jaromír: Dramatický text a jeho překlad. In: Překládání a čeština. Nakladatelství H+H, Jinočany, 1994. S. 140. 83 Ebenda, S. 140. 84 http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20000704_OTS0108/die-letzten-tage-der-menschheit-am-semmering , 13.12.2012. 85 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988.

28 manchen Dramatiker davor bewahren, daß Übersetzungen seiner Stücke Regisseure zu textlichen Eingriffen verleiten.“86

Aus langer Erfahrung weiß man, dass eine Übersetzung immer wieder von Schauspielern geändert, allerdings nicht immer verbessert wird. Dramatiker müssen damit einverstanden sein, falls ihre Dramen übersetzt werden, dass es zu starken Eingriffen kommen kann, um die Sprechbarkeit87, Spielbarkeit88 und Atembarkeit89 einhalten zu können. Dabei wird nicht nur allein an den Wortfluss gedacht, sondern an die kleinen Nuancen, die dem Text seinen weiteren Sinn geben. Auch bei der Dramenübersetzung müssen einige Kriterien erfüllt werden, um ein gutes Translat zu bekommen. Mistrík präsentiert in seinem Buch Dramatický text90, dass dramatischer Text kein einfacher Dialog ist, sondern es ist ein eigenartiges Objekt mit Tempo, Rhythmus und vom Gedicht und epischer Prosa unterschiedliche Sprache.91

4.2. Die theoretische Beschäftigung mit der Übersetzung von Theaterstücken

Theaterübersetzung, d.h. die Übersetzung für eine Theateraufführung auf der Bühne, ist die Aufgabe nicht nur eines Übersetzers, sondern eines vor allem auch kreativen Menschen. Den kreativen Prozess darf man nicht falsch verstehen. Auch Übersetzungen der Sachtexte kann ein kreativer Prozess sein, aber im Vergleich mit den anderen Übersetzungen geht es bei einer Theaterübersetzung um einen viel komplexeren Prozess. Man muss auf die Sprechbarkeit des übersetzten Textes achten und auf die damit verbundenen Schwierigkeiten sowie besonders auf die Stellen, wo die Möglichkeit eines Missverständnisses höher ist.

„Der Theaterdialog ist ein gesprochener Text, der für den Vortrag und für das Anhören bestimmt ist. Auf der elementarsten, klanglichen Ebene ergibt sich hieraus, daß schwer auszusprechende und leicht zu überhörende Lautverbindungen ungeeignet sind.“ 92

86 Snell-Hornby, Mary; Hönig, Hans G.; Kußmaul, Paul; Schmitt, Peter A.: Handbuch Translation. Stauffenburg Verlag, Tübingen 2006. S. 255. 87 Levý, Jiří: Die literarische Übersetzung. Theorie einer Kunstgattung. Athenäum Verlag, Franktfurt am Main, 1969. S. 128. 88 Snell-Hornby, Mary; Hönig, Hans G.; Kußmaul, Paul; Schmitt, Peter A.: Handbuch Translation. Stauffenburg Verlag, Tübingen 2006. S. 255. 89 Ebenda, S. 255. 90 Mistrík, Jozef: Dramatický text. Slovenské pedagogické nakladateľstvo, Bratislava 1978. 91 Mistrík, Jozef: Dramatický text. Slovenské pedagogické nakladateľstvo, Bratislava 1978. S. 45. Im Original: Dramatický text není prostý dialog, ale je to svébytný a osobitý útvar s tempem, rytmem a jazykem odlišným od básně a epické prózy. 92 Levý, Jiří: Die literarische Übersetzung. Theorie einer Kunstgattung. Athenäum Verlag, Frankfurt am Main, 1969. S. 128.

29 Wenn wir als Beispiel die Arie Mozarts So machen es alle oder im Originaltitel Cosî fan tutte nehmen, die von H. Roth im Jahre 1936 für die Hamburger Inszenierung übersetzt worden ist, dann können wir sehen, wie einfach es zu Missverständnissen (o Hemd!) kommen kann.93

Ihr, der mein Herz ich weihte, bleibt nah mit lindem Trost, die ihrem Aug entfließen, o hemmt der Tränen Lauf.94

Ein ähnliches Beispiel können wir auch in den Werken von Thomas Bernhard finden und zwar in seinem Libretto die rosen der einöde95, das er für Gerhard Lampersberg geschrieben hat. Diese 48:08 Minuten dauernde Oper wurde bei den Gmundner Festwochen am 23. August 2002 aufgeführt. Nicht nur in Jandls Gedicht lichtung kann R und L leicht verwechselt werden, und deshalb halte ich (nicht nur mit Rücksicht auf japanische Zuhörer) folgende Stelle für eine potentielle Gefahr für das Verständnis:

chor wir kommen wir kommen alle stimme rose meine rose96

An dieser Stelle könnte wir kommen alle als willkommen alle verstanden werden. Mit ähnlichen Situationen sind wir auch in seinem Der Theatermacher97 konfrontiert. In der ersten Szene spricht Bruscon über seine Vorteilskappe98. Die überraschende Zusammensetzung könnte anfangs eine andere Semantisierung nahelegen: eigentlich eine Vorfahrskappe, eine vom Großvater mütterlicherseits geerbte Leinenkappe. Die unmittelbar folgende Erläuterung, warum Vorteilskappe schließt allerdings die Verwechslung mit der Vorfahrskappe aus.

93 Ebenda, S. 128. 94 Ebenda, S. 128. 95 Bernhard, Thomas: Dramen 1. Thomas Bernhard Werke 15. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 2004. 96 Bernhard, Thomas: Dramen 1. Thomas Bernhard Werke 15. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 2004. S. 9. 97 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. 98 Ebenda, S. 21.

30 Als Desiderat einer neuen Betrachtungsweise der Bühnenübersetzung nennt Levý die Vermeidung einer die Wahrnehmung verzögernden Semantisierung:

„Der Verständlichkeit der Bühnensprache wurde bisher nur von der akustischen Seite Aufmerksamkeit geschenkt: man prüfte die Akustik der Theatersäle, die Ausdruckskraft einzelner Laute u.a. Mit den Methoden der Psycholinguistik kann man jedoch auch die semantische Verständlichkeit und Schwierigkeit eines zusammenhängenden Textes messen.“99

Ganz wichtig für die Theaterübersetzung ist tatsächlich der Satzbau der Replik. Kürzere Sätze und Satzreihen lassen sich leichter sprechen und aufnehmen als komplizierte Satzgefüge mit einer verwickelten Hierarchie untergeordneter Abhängigkeiten. 100 Deshalb ist es nach Levý101 schwierig, die Dramen der Spätrenaissance und des Barocks zu übersetzen. Als Beispiel gibt Levý Dramen von Shakespeare an. Thomas Bernhards Syntax mit pedantisch wirkenden zahlreichen Relativsätzen widerspricht eigentlich den Forderungen auf gut sprechbare Repliken. Die Relativsätze kommen übrigens auch vor allem in monologischen Passagen vor. In klasischen Monologen gelangt die Figur zur Entscheidung, die dann die Handlung vorantreibt. In den letzten hundert Jahren, nach den Dramen des Fin de siècle, aber eigentlich schon im naturalistischen Drama wurden Monologe als künstliche Kommunikationssituation immer mehr von der Bühne verdrängt und die Befindlichkeit der Figur, Gestik, Mimik bzw. Licht oder Musik zum Ausdruck gebracht. Außerdem benutzt er in seinen Werken viele komplizierte ad hoc Komposita und Fremdwörter, bei denen es leicht zu Ausspracheproblemen kommt. Sowohl Traugott Buhre als auch Martin Huba haben ihre Repliken grandios ausgesprochen. Obwohl die bernhardsche Sprache nicht einfach ist, seine Syntax in prosaistischen Werken mit komplizierten Satzkonstruktionen und einem philosophischem Hintergrund einen konzentrierten Leser verlangt, ist das bei dem Theatermacher nicht der Fall. Dieses Werk besteht meistens aus kurz gefassten Aussagen voller Ironie.

„Bühnentexte realisieren sich zwar primär als gesprochene Sprache, weisen aber als literarische Textgattung in Abweichung etwa von gesprochener Alltagssprache einen je unterschiedlichen Stilisierungsgrad auf.“ 102

99 Levý, Jiří: Die literarische Übersetzung. Theorie einer Kunstgattung. Athenäum Verlag, Frankfurt am Main, 1969. S. 131. 100Ebenda, S. 128. 101Ebd. 102 Snell-Hornby, Mary; Hönig, Hans G.; Kußmaul, Paul; Schmitt, Peter A.: Handbuch Translation. Stauffenburg Verlag, Tübingen, 2006. S. 253.

31 Die Bühnensprache ist eine Sonderform der literarischen Textgattung, selbst wenn auch Alltagssprache auf der Theaterbühne gesprochen wird, handelt es sich – wenigsten vor dem In-Yer- Face-Theater von Marius von Mayenburg, Sarah Kane oder Mark Ravenhill – um eine gehobene Form der Sprache. In diesem Zusammenhang muss man darauf aufmerksam machen, dass sich mit der Stilisierung der Bühnensprache auch Levý beschäftigt hat, der diesen Aspekt aus einem ähnlichen Blickwinkel sieht:

„Die Dramengestalten sprechen weder Slang noch Rotwelsch oder eine vulgäre Sprache, sondern ihre Sprache verfeinert sich zu dem Ton der Volkssprache. Die einfachsten Gestalten wiederum sprechen nicht die Volkssprache, sondern eher eine Sprache, die sich der Umgangssprache der gebildeten Schichten annähert. Die gebildeten Schichten sprechen untereinander nicht ihre Umgangssprache, jenes typische Gemisch von Schriftsprache und Sprache des Volks, sondern die reinste Schriftsprache ohne papierene Ausdrücke und Formen.“103

Da Levýs Darstellung in Die literarische Übersetzung schon vor mehr als 40 Jahren erschien, muss man ihre Gültigkeit für die heutige Bühnensprache cum grano salis nehmen. Aber auch z. B. im Stück Das kalte Kind von Marius von Mayenburg steckt die Gewalt eher in der Handlung als in der brutalen Sprache, die allerdings von einigen vulgären Ausdrücken nicht zurückschreckt.

Mit einem Theaterstück eine Wirkung auf das Theaterpublikum zu erzielen ist tatsächlich die Absicht des Dramatikers.104 Rhetorische Stilmittel sind also Bestandteil der Gesamtwirkung, ihre Übersetzung muss die Spannung zwischen Usus und dessen Verfremdung in der jeweiligen Sprache erhalten.

4.3. Kreativität im Prozess der Theaterübersetzung

„Soll nun ein Theaterstück in eine andere Sprache übersetzt werden, tut der Übersetzer/die Übersetzerin gut daran, sich eingehend mit der Frage nach der Bühnenwirksamkeit seiner/ihrer Übersetzung zu befassen.“ 105

103 Levý, Jiří: Die literarische Übersetzung. Theorie einer Kunstgattung. Athenäum Verlag, Frankfurt am Main, 1969. S. 133. 104 Snell-Hornby, Mary; Hönig, Hans G.; Kußmaul, Paul; Schmitt, Peter A.: Handbuch Translation. Stauffenburg Verlag, Tübingen, 2006. S. 254. 105 Ebenda, S. 254.

32 Im nächsten Teil werden einzelne Aspekte der Arbeit eines Übersetzers analysiert. Textsortenspezifika der Rechtssprache lassen dem Übersetzer kaum mehr Raum zu einer kreativen Übersetzung. Rechtstexte sind stark terminologisiert und außerdem muss es eine wortgetreue Übersetzung sein, in der kein einziger Ausdruck aus dem Originaltext in der Übersetzung fehlen darf. In diesem Fall spielt die Kunst keine Rolle.

„In neueren Übersetzungstheorien, zu denen auch Skopostheorie gehört, ist Ausgangstext jedoch zweitrangig. In erster Linie entscheidend ist der Zweck der Übersetzung. Man kann sagen, je weniger eng der Bezug, desto mehr Chancen gibt es für Kreativität.“106

Die von Katharina Reiß und Hans Vermeer formulierte und von Paul Kußmaul in seinem Buch Verstehen und Übersetzen. Ein Lehr- und Arbeitsbuch107 weiter entwickelte Skopostheorie kann auch auf Theaterübersetzungen angewendet werden. Bei der Theaterübersetzung ist es wichtig, eine Mitteilung an das Publikum zu überbringen bzw. eine ganz bestimmte Wirkung beim Publikum zu erreichen. Verallgemeinernd kann man festhalten, dass der Originaltext – je nach der Regieauffassung – mehr oder weniger in den Hintergrund rückt und der übersetzte Text das Anliegen des Regisseurs berücksichtigt. Bei der Übersetzung entsteht zwischen Ausgangstext und Zieltext ein Raum für Bedeutungsänderungen und stilistische und andere Verschiebungen.108 Diese Verschiebungen sind nicht immer geplant, sie entstehen aus mehreren Gründen. Entweder ist es aus Unwissenheit des Übersetzers oder der Übersetzer verursacht sie absichtlich.

106 Kußmaul, Paul: Verstehen und Übersetzen. Ein Lehr- und Arbeitsbuch. Gunter Narr Verlag, Tübingen, 2007. S. 121. 107 Ebd. 108 Povejšil, Jaromír: Dramatický text a jeho překlad. In: Překládání a čeština. Nakladatelství H+H, Jinočany, 1994. S. 142. Originaltext: Při překladu jakéhokoli textu vzniká mezi výchozím a cílovým textem prostor pro významové, stylistické aj. posuny.

33 4.3.1. Besonderheiten der tschechischen Übersetzung von Vladimír Tomeš

Den Theatermacher109 hat Vladimír Tomeš für die Theater- und Literaturagentur Dilia im Jahre 1988 übersetzt. Da es hauptsächlich um einen Monolog geht, der von dem slowakischen Schauspieler Martin Huba gespielt wurde, war seine tschechische Übersetzung für diese Diplomarbeit nicht von großer Bedeutung. Seine Übersetzungskunst kann man tatsächlich bei den Nebenfiguren betrachten. In der ersten Szene – wenn wir von der Hauptfigur absehen – fällt auf, dass bei dem Text von Sarah „Tady je matka tady“110 weggelassen und damit das Submissive an Bruscon Tochter etwas abgeschwächt wurde.

SÁRA Tady je matka tady111

Die Rede bzw. die kurzen Aussagen der Nebenfiguren (Tochter Sára, Sohn Ferruccio, Wirt und Frau Bruscon) stammen aus Tomešs Übersetzung. Bei der Aufführung Der Theatermacher im Theater Na zábradlí wurden einige Passagen gestrichen. Sonst ist es zu keinen anderen Veränderungen gekommen. Man kann über die Funktion des weggelassen Textes nachdenken.

HOSTINSKÝ Každé uterý je jelitový den BRUSCON Každý utorok HOSTINSKÝ /který vylezl na okno, aby z něho sundal velkou pavučinu/ Každé uterý BRUSCON Je každý deň údený HOSTINSKÝ Uzený je každý druhý den BRUSCON Ale utorok je vždy jelitový

109 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. 110 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 56. 111 Ebenda, S. 56.

34 HOSTINSKÝ Ano /seskočí z okna a sklepe povučinu na zem/ BRUSCON Každý utorok je jelitový deň to som mal vedieť112

4.3.2. Besonderheiten der slowakischen Übersetzung von Viki Janoušková

Viki Janoušková hat - was diese Inszenierung betrifft - die erste Geige gespielt. Sie hat das Stück 1997 ins Slowakische übersetzt, also Martin Huba als Bruscon spricht meistens ihren Text. Ihre Übersetzung war relativ wortgetreu und Pitinský hat ihn an vielen Stellen radikal gekürzt bzw. geändert. Ihre Übersetzung neigt eher zu einer gehobenen Sprache, was aber meiner Meinung nach das Ziel verfehlt. Bernhards Sprache ist scharf, beleidigend und bevorzugt keinenfalls mildere Worte. Die Sprache seiner Figuren stellt unbarmherzig Konventionen der Gesellschaft bloß. Pitinskýs Eingriffe werden anhand des Regiebuches nachgewiesen und eingehender besprochen. Bereits in der ersten Szene stößt man auf eine Ersetzung eines Euphemismus durch einen medizinisch neutralen, aber nicht salonfähigen Ausdruck sowie eine negative emotionale Verstärkung des Ausdrucks. In der Inszenierung hört man Dysphemismen wie pajzel als Bezeichnung für ein Gasthaus unterster Kategorie. Das slowakische Wort krčma kann der expressiven Umgangssprache113 zugeordnet werden. Bei dem Wort pajzel handelt es sich um einen derben Ausdruck.

Janouškovás Übersetzung Regiebuch im Theater Na zábradlí:

BRUSCON (...) ani odľahčiť by som si nebol išiel ani vymočiť by som sa nebol išiel do krčiem tohoto druhu114 do pajzlov tohoto druhu115

112 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 41. 113 Synonymický slovník slovenčiny. Bratislava: Veda, vydavateľstvo Slovenskej akadémie vied, 2004. online: http://slovniky.korpus.sk/?w=kr%C4%8Dma&s=exact&c=896d&d=sss&ie=utf-8&oe=utf-8. 114 Ebenda, S. 3. 115 Ebenda, S. 3.

35 Die Werkausgabe im Verlag Suhrkamp: BRUSCON (…) nicht einmal zum Wasserlassen habe ich diese Art von Gasthäusern betreten.116

Janoušková hält sich an Bernhards Bezeichnung der Untauglichkeit des Utzbacher Publikums durch zwei verbale Prädikate, gliedert den Inhalt aber anders in Haupt- und Nebensätze. Pitinský greift zu dem politisch nicht korrekten, in der kommunistischen Zeit jedoch gebräuchlichen Ausdruck überaltert, vielleicht deshalb, um das nur männliche Substantiv zu vermeiden. Janouškovás Übersetzung: Regiebuch im Theater Na zábradlí: BRUSCON tento Utzbach má púhych dvestoosemdesiat obyvateľov starčekov prestárlých – predpokladám čo nepočujú hluchých ani nevidia117 slepých118

Die Werkausgabe Im Verlag Suhrkamp:

BRUSCON daß dieses Utzbach nur zweihundertachtzig Einwohner hat Alte Leute die weder hören noch sehen119

Meine Kritik an dieser Lösung besteht darin, dass die Übersetzerin zu viele Diminutivformen benutzt. In diesem konkreten Fall ist aber Vorsicht geboten. Der Einwand, dass es kein Diminutiv im Ausgangstext von Thomas Bernhard gibt, ist leicht zu entkräften, weil Slowakisch und

116 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 13. 117 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 5. 118 Ebenda, S. 5. 119 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 15.

36 Tschechisch Diminutiva auch in Kontexten gebrauchen, wo sie im Deutschen unvorstellbar wären (z. B. učitýlek, Čecháček). Bei starček kann man sich sowohl eine positiv als auch negativ konnotierte Bedeutung eines alten Menschen vorstellen. Der despotische Bruscon, ein Misanthrop, kann das Wort nur zu Herabsetzung der intellektuellen und physichen Fähigkeiten des Zuschauers gemeint haben und der Schauspieler kann durch seinen Vortrag kaum etwas anderes nahe legen. Die Übersetzungsvariante im Regiebuch (die zweite Spalte) ist vor allem deshalb zu bevorzugen, weil sie die Untauglichkeit als einen endgültigen Verlust der Aufnahmefähigkeit bezeichnet, nicht als eine bloße mangelnde Bereitschaft zu hören und zu sehen: čo nepočujú ani nevidia hluchých slepých.

4.4. Ist Übersetzen überhaupt kreativ?

Im vierten Kapitel habe ich den Unterschied zwischen zwei Arbeitstechniken, die in den Dramenübersetzungen angewendet sind, beschrieben. Weiter habe ich mich mit Tomešs und Janouškovás Erfolge bzw. Misserfolg auf der Suche nach kreativen Übersetzungslösungen beschäftigt. Inwieweit kann eine Übersetzung kreativ sein? Paul Kußmaul schreibt in seinem Buch Verstehen und Übersetzen120:

„Wer kreativ schreibt, ist doch nach allgemeiner Vorstellung jemand, der Texte produziert, die es vorher noch nicht gab, z. B. Gedichte, Romane und Kurzgeschichten, aber auch Sachbücher und Zeitungsartikel. Übersetzer haben jedoch nicht die Freiheit, eigene Texte zu produzieren, sondern sind an Ausgangstexte gebunden.“121

Trotzdem wird dem Übersetzen der Status einer kreativen Tätigkeit zugestanden (nur an den Honoraren merkt man manchmal eine Unterschätzung der Kreativität der Übersetzer). Falls das Wort aus dem Ausgangstext in der Zielkultur vorhanden ist, beschränkt sich die Kreativität auf die rhythmische Gestaltung, Wortfolge, Einhaltung der Mehrdeutigkeit u. ä. m. Aber falls es kein lexikalisches Äquivalent für das Wort im dem Ausgangstext in der Zielkultur gibt, muss der Übersetzer ein anderes adäquates Äquivalent finden, d.h. muss kreativ denken. Wie bereits beschrieben wurde, ist in der Skopostheorie Sinn und Zweck des Textes wichtig. Kußmaul betont: Bezug zum Ausgangstext ist jedoch zweitrangig122, weiter schreibt er: Man kann sagen, je weniger eng der Bezug, desto mehr Chancen gibt es für Kreativität.123

120 Kußmaul, Paul: Verstehen und Übersetzen. Ein Lehr- und Arbeitsbuch. Gunter Narr Verlag, Tübingen, 2007. 121 Ebenda, S. 121. 122 Ebenda, S. 121. 123 Ebenda, S. 121.

37 5. Analyse der Unterschiede zwischen Der Theatermacher im Burgtheater und dem Divadelník im Divadlo Na zábradlí

Das fünfte Kapitel bildet den Schwerpunkt dieser Arbeit. Der Vergleich von zwei Bühnenfassungen des Theaterstücks Der Theatermacher soll aufzeigen, dass ein Dramentext nur eine Spielvorlage ist, die vom Regisseur, Dramaturgen, Bühnenbildner, Lichtgestalter, und Autor der Bühnenmusik nicht immer vollständig umgesetzt wird. Bei der Übersetzung in eine Fremdsprache wird sie häufig für die Bühnenaufführung noch zusätzlich bearbeitet. Als Ausgangspunkt dient dazu die Aufführung vom Divadelník im Divadlo Na zábradlí, das ich mit der Version Der Theatermacher am Wiener Burgtheater (eine Koproduktion mit den Salzburger Festspielen) sowie mit der Werkausgabe im Verlag Suhrkamp vergleiche. In beiden Theateraufführungen lassen sich mehrere Unterschiede finden, weil erstens jeder Regisseur andere Akzente legt und eine eigene Auffassung hat, zweitens weil er diese mit anderen Mitteln verwirklicht, drittens weil für ein jeweils anderes Publikum gespielt wird. Bei der Analyse einzelner Szenen gehe ich von zwei DVD-Aufnahmen des Theaterstücks Der Theatermacher in der Aufführung am Wiener Burgtheater124 und am Prager Theater Na zábradlí125 aus. Das Regiebuch des Prager Theaters Na zábradlí dient zusätzlich als Quelle, die mit den Bühnentexten des Burgtheaters und dem Text der Werkausgabe Bernhards verglichen wird. Schon die Wahl der Übersetzungsäquivalente zwingt den Übersetzer aus dem Deutschen ins Tschechische bzw. ins Slowakische zu Konkretisierungen und Verschiebungen. Im zweiten Schritt wird die Übersetzung noch vom Regisseur gelesen, bzw. bearbeitet, damit sie akustisch, semantisch und stilistisch an Erwartungen des Publikums und an seine Kultur angepasst wird. So entsteht eine Spannung zwischen dem Dramentext und den jeweiligen Bühnenfassungen in der Ausgangssprache und in den Zielsprachen.

124 Bernhard, Thomas: Der Theatermacher. DVD-Edition Burgtheater 17. Der Standard ORF. 1990. 125 Bernhard, Thomas: Divadelník. DVD-Edition. Archiv Divadla Na zábradlí, Praha, 16.12.1999.

38 Die folgende Grafik zeigt den Weg vom Originalstück zum Empfänger. In dieser Diplomarbeit ist das Originalstück der Text Der Theatermacher von Thomas Bernhard. Drei blaue Pfeile stellen die drei Kanäle der Übertragung dar. Erstens kann das Originalstück unverändert bzw. unübersetzt als Buch oder E-Book gelesen werden oder als Hörbuch gehört werden. Zweitens kann das Originalstück als ein vom Übersetzer in die Zielsprache übersetztes Buch oder E-Book gelesen werden oder als Hörbuch gehört werden. Drittens kann das Originalstück, dass nicht nur vom Übersetzer in den Zieltext übersetzt wurde, sondern auch vom Regisseur verändert und von den Schauspielern mitgestaltet wurde, vom Empfänger entweder live oder als Aufnahme einer Theateraufführung erlebt werden. Die erste Gruppe der grünen Pfeile rechts oben neben dem dritten Kanal stellen die Voraussetzungen eines gelungenen Translats dar und gleichzeitig die Einflüsse, die auf den Übersetzer wirken sollen. Zu diesen Voraussetzungen gehören der Skopos der Übersetzung, Kreativität des Übersetzers und die sprachliche Kompetenz in der Ziel- und auch Ausgangssprache. Wenn der Übersetzer allzu kreativ ist und die Kontextualisierung des bernhardschen Textes und die Eigenart seiner sprachlichen Formulierung unterschätzt, kann es zu einer unbeabsichtigten Verschiebung der Botschaft kommen. Er liest über den Ausgangstext z.T. hinweg. Wenn der Übersetzer auf der anderen Seite die Sprache beherrscht und mit dem Kontext des Ausgangstextes vertraut ist, aber es ihm an Kreativität fehlt, misslingt der Versuch um einen bühnenwirksamen Text. Der Übersetzer muss den Zweck der Übersetzung vor Augen halten – ob der Empfänger das Buch lesen wird oder ob er für eine konkrete Aufführung übersetzt. Für diese unterschiedlichen Ziele bedarf es unterschiedlicher Übersetzungstechniken. Im Fall der untersuchten Prager Aufführung versucht der Regisseur den Text Bruscons dessen Darsteller Martin Huba anzupassen.

Die zweite Gruppe der grünen Pfeile rechts unten beschreibt die Einflüsse, die die endgültige Gestalt des Regiebuches geprägt haben: das Bühnenbild, die Requisiten, die Einwände des Bruscon-Darstellers und Rücksicht auf das aktuelle Geschehen im Land der Aufführung. Der menschliche Faktor wirkt auch bei der Theateraufführung, es kann passieren, dass dem Schauspieler einige Zeilen entfallen und er darüber hinweg improvisiert oder dass der Schauspieler bei einer der zahlreichen Reprisen eine kleine Textveränderung einbaut. Textveränderungen, die sich aus der Aufführung des slowakischen Textes auf der Prager Bühne ergeben, werden im Kapitel 5 ausführlich behandelt.

39 40 Jeder Übersetzer eines literarischen Werkes sollte ein ähnliches Wirkungspotential des übersetzten Textes anstreben wie es das Original aufwies. Auch er, nicht nur der Autor des Ausgangstextes, sollte also sprachlich kreativ sein. Das Maß dieser Kreativität, die den Autor des Originals nicht in den Schatten stellen sollte, ist nur schwer zu bestimmen. Wie ein Witz sagt, die Übersetzung ist wie eine Frau, entweder treu oder schön.126 Sowohl der Stil als auch die Fähigkeit der neuen Übersetzung, einen möglichst identischen Sinn zu erzeugen, sollten bewahrt bleiben. Falls die Aussage modifiziert wird, nimmt der Übersetzer das Risiko auf sich, dass die Kompensation an einem anderen Ort nicht gelingt und die semantische und die stilistische Ebene einer Übersetzung verschoben wird. Das Theaterstück von Thomas Bernhard, Der Theatermacher, wurde im Jahre 1988 von Vladimír Tomeš ins Tschechische und fast 10 Jahre später, 1997, von Viki Janoušková ins Slowakische übersetzt. Diese Übersetzungen wurden für die Aufführung im Divadlo Na zábradlí benutzt. Vom Regisseur Jan Antonín Pitínský wurden einige Passagen im Theaterstück Der Theatermacher verändert, sogar einige Sätze hinzugefügt ‒ im Gegensatz zu Peymann, der keine extra Passagen hinzufügte. Claus Peymann hält sich strikt an den Wortlaut von Thomas Bernhards Dramentext. Die Burgtheater-Edition hält sich fast wortwörtlich an den in der Werkausgabe publizierten Text, von äußerst kleinen Änderungen abgesehen. J. A. Pitínský arbeitet im Vergleich zu Peymann mit dem Text freier. Höchstwahrscheinlich mit Rücksicht auf andere Traditionen muss er diesen Text an das tschechische Publikum anpassen. Pitínský setzt manchmal ziemlich eigenwillig eigene theatralische Vorstellungen durch, die an die Erfahrungswelt des Publikums anknüpfen. Trotz gekürzter Passagen bleibt das Stück vom zeitlichen Aspekt betrachtet genau so lang, die ganze Aufführung von Pitínský dauert zwei Stunden und 45 Minuten. Obwohl dieses Theaterstück auf der Bühne des Burgtheaters nur zwei Stunden und 19 Minuten dauerte, ist mehr vom Originaltext enthalten. In diesem Kapitel beschäftige ich mich besonders mit der Theatralität, die in beiden Werken ziemlich unterschiedlich ist. Nicht alle Veränderungen bezogen auf den Originaltext konnten in dieser Arbeit beschrieben werden, da dies den Rahmen einer Diplomarbeit sprengen würde. Deswegen habe ich im Anhang der gedruckten Fassung der Diplomarbeit das gesamte Regiebuch aus dem Divadlo Na zábradlí mit der Erlaubnis der Verantwortlichen abgedruckt.127 Wenn man in das Regiebuch des Theaters Na zábradlí hineinschaut, dann kann man sagen, die Zahl der gestrichenen Stellen ist überraschend groß. Wegen einer besseren Verständlichkeit im tschechischen Sprachraum wurden manche slowakische Ausdrücke durch tschechische ersetzt. Auf der Bühne des Wiener Burgtheaters wurde der Text auch in Details verändert, wie darauf noch bei der Analyse hingewiesen wird.

126 Levý, Jiří: Die literarische Übersetzung. Theorie einer Kunstgattung. Athenäum Verlag, Frankfurt am Main, 1969. S. 14. 127 Siehe E-mail vom 14. September 2012 im Anhang.

41 5.1. Theatralität als grenzlose Kunst

Bernhards Stücke sind voll von Beschimpfungen Österreichs und Der Theatermacher ist keine Ausnahme. Obwohl Bernhard 1984 schon ein erfahrener Dramaturg und seit 1972 Peymann sein bevorzugter Regisseur war, gab es noch kurz vor der Uraufführung vom Autor handschriftlich ergänzte Textkorrekturen. Die korrigierte Fassung wurde nicht nur in Salzburg und im Wiener Burgtheater gespielt, sondern auch in Bochum übernommen.128

WIRT Vielleicht einen Wein der Herr BRUSCON Wein Um Gottes Willen Wein Nein in Österreich keinen Wein 129

Bei der Uraufführung lacht das Publikum bei diesen Worten. Bernhard spielt auf den im Jahre 1985 tobenden Glykolwein-Skandal in Österreich und Rheinland-Pfalz an.130 Eine Äußerung zu diesem Thema finden wir auch im Kommentar zu dem Buch Thomas Bernhard Dramen V, der aufgrund des Nachlassmaterials über die Entstehungsgeschichte berichtet.131 Diese Passage kommt in der tschechischen Version nicht vor. Diese Ergänzung Bernhards steht nicht in der Erstausgabe und wurde von Tomeš und Janoušková nicht übersetzt. Aus diesem Grund steht sie nicht im Regiebuch und wurde von Pitinský nicht ergänzt. Auf der anderen Seite vermeidet Pitinský Österreich kritisierende Passagen. Die Weinpanscher-Affäre in Österreich im Jahre 1985 war im Jahre 1999 in Prag kaum mehr in Erinnerung, um die Anspielung beibehalten zu können. Deshalb wurde dieser Dialog aus der ersten Szene einfach weggelassen. Würde man dieses Werk heutzutage aufführen, könnte ein Regisseur den tschechischen Methylalkohol‒Skandal des Jahres 2012 für sein Stück benutzen, dadurch aber das Alpenländische des Stückes in Frage stellen.132

128 Bernhard, Thomas: Dramen 5.Thomas Bernhards Werke 19. Suhrkamp Verlag, Berlin, 2011. S. 371. 129 Ebenda, S. 371. 130 http://www.zeit.de/1985/34/die-tricks-der-weinmischer/komplettansicht, 11.11.2012. 131 Bernhard, Thomas: Dramen 5.Thomas Bernhards Werke 19. Suhrkamp Verlag, Berlin, 2011. S. 371. 132 http://www.novinky.cz/ekonomika/278971-metanolovou-aferu-se-solnou-nelze-srovnavat-zni-z-ministerstva.html, 27.11.2012.

42 Bernhards Kampf gegen die behördlich verfügte Einschränkungen seiner Bühneneinfälle nahm im Fall von Der Theatermacher absurde Formen an. Leider, oder auch „Gott sei Dank“, wurde ihm 1985 verboten, im Landestheater in Salzburg 700 bis 800 Fliegen und ein Kübel voll stinkendem Schweinetrank einzusetzen, um einen Misthaufen auf der Bühne nachzubilden. Wäre dies erlaubt worden, hätte sich der Gestank in die Tapeten eingefressen, hieß es in der Ablehnung.133 Pitinský hat die Szene mit grunzenden Schweinen weggelassen. Bernhards Provokationen, die sich Behörden in Österreich nicht gefallen ließen, bleiben nur als eine auf der Bühne nicht umgesetzte Bühnenanweisung.

Staatstheater und Staatsschauspieler gibt es in Deutschland, in Österreich Bundestheater. In Prag, Bratislava und Brno gibt es Národní bzw. Národné divadlo. Pitínský aktualisierte die Burgtheater- Edition, indem er die Schauspieler „Nikdy víc do národního divadla!“ rufen lässt.134 So wörtlich kommt es in Peymanns Komödie nicht vor, es würde falsche Assoziationen auslösen: Josef II. gründete 1776 Teutsches Nationaltheater nächst der Burg, das Theater am Gendarmenmarkt in Berlin hieß seit 1786 Königliches National-Theater. Pitinský versucht die Vorstellungen Bernhards für das Prager Publikum nachvollziehbar zu machen. Da sich Pitinský nicht wie Peymann verpflichtet fühlen musste, die Vorstellungen des befreundeten Bernhard zu respektierenn, hatte er freie Hand bei der Umsetzung seiner eigenen Vorstellungen. Die Bühne des Divadlo Na zábradlí dröhnt von der expressiven Schauspielkunst von Martin Huba (Bruscon), der mit vollem Brustton seine Befehle schreit. Da fliegen Glasscherben durch die Luft, Bruscons Wut wird mit einer auf der tschechischen Bühne seltenen Art ausgetobt. Traugott Buhre faucht den bernhardschen Text ohne größere Veränderungen und das Burgtheater applaudiert. Auf der anderen Seite fehlt in Hubas Text vieles und seine Attacke versetzt dem Zuschauer, der sich nicht auskennt, vielleicht sogar einen Schock. Zusammenfassend kann man festhalten, dass jemand, der Bernhards nuancierte Spottreden erwartete, nur Geschrei hörte und Wutausbrüche sah. Trotzdem wurde die Aufführung für den Radok-Preis als die beste Aufführung des Jahres gekürt.

Wie schon öfter betont, entstehen bereits bei der Übersetzung Sinn-Verschiebungen und die Darstellung der Szene wird verändert. J. A. Pitínsky versucht mehr oder weniger mutige Konstellationen einzubauen und einige Passagen, die im Burgtheater betont waren, hatte er gestrichen. Claus Peymann hält sich an Bernhards Text, vermeidet Eingriffe in den Dramentext. Der gesamte Text von Das Rad der Geschichte135 ist ihm wichtig und nur kleine, eher unwichtige

133 Bernhard, Thomas: Dramen 5.Thomas Bernhards Werke 19. Suhrkamp Verlag, Berlin, 2011. S. 371ff. 134 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 107. 135 Bernhard, Thomas: Dramen 5.Thomas Bernhards Werke 19. Suhrkamp Verlag, Berlin, 2011. S. 105.

43 Passagen, wurden weggelassen, obwohl gerade an manchen Stellen Pitínsky umgekehrt überzeugt war, dass genau diese nicht fehlen sollen. Pitínskýs Einstellung zum Originaltext zeigt sich an der Anzahl der Zusätze. Wortfolgeänderungen, ganz neue Passagen, manche gestrichenen Stellen zeigen, dass Pitínský keine Angst hatte mit dem Text zu experimentieren und den Text im neuen Glanz auf die Bühne zu bringen. In diesem fünften Kapitel versuchte ich die Arbeit beider Regisseure zu vergleichen und habe es auch gewagt, kritische Anmerkungen zu dem übersetzten und veränderten Text zu machen.

5.2. Veränderungen in der Inszenierung Der Theatermacher im Burgtheater.

Alle Theaterstücke bekommen mehr oder weniger durch intensive Probearbeit eine neue Gestalt. Streichungen vorzunehmen ist zwar die häufigste Art der Bearbeitung, aber nicht die einzige. Es gibt Passagen, die hinzugefügt worden sind oder zahlreiche Sätze, deren Gedanken mit anderen Wörtern bzw. Synonymen ausgedrückt worden sind. Der Regisseur arbeitet eben nicht nur mit dem Text, sondern auch mit Bühnenbild, Ton und Licht, um seine Botschaft mit nonverbalen, also theatralischen Mitteln „rüberzubringen“. Peyman hält sich an den Text, der auch in die Werkausgabe Eingang fand. Claus Peymann verändert den Text nur minimal. Bereits in der ersten Szene stößt man darauf. Traugott Buhre steht schon auf der Bühne, genauer auf dem Podium des Gasthauses, wo bereits gespielt wird. Der Wirt bringt den Tisch, der gemäß der Forderung Bruscons immer wieder verschoben wird. Im Text der Werkausgabe im Verlag Suhrkamp steht folgendes:

BRUSCON

Bringen Sie doch einen dieser Tische hier herauf

auf das Podium136

Im Burgtheater wurde das Wort Podium weggelassen, weil Bruscon auf der Bühne steht und auch der Wirt den Tisch nicht auf das Podium bringt.

BRUSCON

Bitte stellen Sie doch den Tisch dahin.137

Der aus Ostpreußen stammende Schauspieler Traugott Buhre verwendet Synonyme. Diese liste ich

136 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 19. 137 Bernhard, Thomas: Der Theatermacher. DVD-Edition Burgtheater 17. Der Standard ORF. 1990.

44 kurz auf. An den folgenden Beispielen lässt sich übersichtlich zeigen, welche Synonyme er benutzt hat. Näher werden die Wörter komisch und lächerlich beschrieben. Komisch heißt erregend, spaßhaft, spaßig, drollig, ulkig, putzig, possenhaft, merkwürdig, sonderbar, seltsam138. Lächerlich heißt so beschaffen, dass man darüber spöttisch lachen muß, töricht, nicht ernst zu nehmen;139

Interessant finde ich auch die Anwendung der Synonyme nachlässig und schlecht. Nachlässig heißt: nicht sorgfältig, unordentlich, unachtsam, ungenau, unbeteiligt, gleichgültig140 und schlecht heißt genau: minderwertig, nicht gut, wertlos, ungenügend, gering, schwach.141 Traugott Buhre konkretisiert seine Aussage mit den Wörtern nachlässig und lächerlich.

Text der Werkausgabe im Verlag Suhrkamp Burgtheater-Version

möglicherweise wahrscheinlich komische lächerliche entsetzlichen grauenhaften bewilligt erlaubt kommt stammt

Text Passage denken glauben schlechte nachlässige immerhin schließlich schon sofort

Werkausgabe im Verlag Suhrkamp

BRUSCON muß ein vollkommen schwarzes Gesicht haben habe ich immer gesagt

138 Wahrig. Deutsches Wörterbuch. Bertelsmann Lexikon Verlag, Gütersloh, München, 1991. S. 765. 139 Ebenda, S. 808. 140 Wahrig. Deutsches Wörterbuch. Bertelsmann Lexikon Verlag, Gütersloh, München, 1991. S. 916. 141 Ebenda, S. 1124.

45 Ich verstehe nicht daß du meinen Befehl nicht befolgst142 Burgtheater-Version

BRUSCON (…) muß ein vollkommen schwarzes Gesicht haben das habe ich immer wieder gesagt Ich verstehe nicht warum du meinen Befehl nicht befolgst143

Die Aussage in der Satzkonstruktion wurde durch das Adverb wieder verstärkt. Um die Aussprache auf der Bühne zu erleichtern und Missverständnisse zu vermeiden, ist das Demonstrativpronomen das dazwischen eingefügt worden.

Werkausgabe im Verlag Suhrkamp BRUSCON (…) In meinem Stück kommt keine Courtisane vor144

Burgtheater-Version

BRUSCON (…) In meinem Stück kommt keine Courtisane auf145

Zwischen den Verben vorkommen und aufkommen gibt es einen kleinen Unterschied. Aufkommen heißt unvermutet erscheinen oder auftauchen und vorkommen heißt sich finden.

Werkausgabe im Verlag Suhrkamp

BRUSCON (…) In Gaspoltshofen hatten sie hundert Plakate drucken lassen 142Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S.110. 143 Bernhard, Thomas: Der Theatermacher. DVD-Edition Burgtheater 17. Der Standard ORF. 1990. 144 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 110. 145 Bernhard, Thomas: Der Theatermacher. DVD-Edition Burgtheater 17. Der Standard ORF. 1990.

46 hier sind es nicht einmal dreißig handgeschriebene146

Burgtheater-Version

BRUSCON (…) In Gaspoltshofen hatten sie zweihundert Plakate drucken lassen hier sind es nicht einmal zwanzig handgeschriebene147

Da sagt Buhre zwanzig handgeschriebene Plakate und im Original schreibt Bernhard dreißig Plakate. Einen kleinen Unterschied sehen wir noch zwischen den Wörtern zweihundert und hundert. Im Prinzip sind die Abweichungen aber unerheblich. Die vierte Szene ist die kürzeste von allen Szenen und es ist kein Wunder, dass in dieser Szene nicht viel verändert wurde. Gleich am Anfang wurde Komm komm148 weggelassen, aber es ist zu keinen wesentlichen und inhaltlichen Verschiebungen gekommen.

5.3. Veränderungen in der Inszenierung Divadelník im Theater Na zábradlí

Die Veränderungen betreffen ein höheres Maß an Expressivität im Regiebuch von Pitínský, wo die Ersetzung von schwer verständlichen slowakischen Wörtern mit Rücksicht auf das Prager Publikum und ein Beispiel einer freien Übersetzung beim kreativen Ansatz des Übersetzers zum Ausdruck kommen. Bei einer freien Übertragung rückt der Stil des Übersetzers in der Vordergrund.

Paul Kußmaul schreibt in seinem Buch Kreatives Übersetzen149 folgendes:

„Keinerlei Kreativität ist erforderlich, wenn das Muster der Ausgangssprache mit dem gleichen Muster in der Zielsprache übersetzbar ist. Ein gewisses Maß an Kreativität ist erforderlich, wenn in der Zielsprache noch kein Muster vorhanden ist, um die Vorstellungen des Ausgangstexts auszudrücken. Dann muß ein neues Muster geschaffen werden.“150

Eine markante Stelle findet man gleich am Anfang der ersten Szene, wo Bernhard mit den Wörtern

146 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 111. 147 Bernhard, Thomas: Der Theatermacher. DVD-Edition Burgtheater 17. Der Standard ORF. 1990. 148 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S.106. 149 Kußmaul, Paul: Kreatives Übersetzen. Stauffenburg Verlag, Tübingen 2000. 150 Ebenda, S. 29.

47 experimentiert. Er benutzt einen neutralen Begriff Gasthaus, den er aber mit einer Satzkonstruktion nicht einmal zum Wasserlassen habe ich diese Art von Gasthäusern betreten151 einschränkt, um eine negative Konnotation hervorzurufen. Sowohl in der tschechischen als auch in der slowakischen Übersetzung wird, wie schon einmal erwähnt wurde, diese negative Konnotation durch eine Ersetzung des neutralen Begriffes hervorgerufen. Bernhard demonstriert damit die Überheblichkeit Bruscons. Vladimír Tomeš schreibt in seiner Übersetzung: ani abych si ulevil jsem do takových hospod jakživ nevkročil152, Viki Janoušková hat ebenfalls eine elegante Lösung in ihrem Zieltext: ani odľahčiť by som si nebol išiel do krčiem tohoto druhu153. Zu einer deutlichen lexikalischen Verschiebung ist es in der Theateraufführung von J.A. Pitínský gekommen, weil ein neutraler Begriff hospoda mit einem pejorativen Wort pajzlov ersetzt wurde. Der Euphemismus Janouškovás ersetzt das Regiebuch mit einem expliziten Ausdruck, der dem deutschen Wasserlassen eher entspricht.

ani odľahčiť by som si nebol išiel vymočiť … sa do krčiem tohoto druhu pajzlov154

Im Falle des geographischen Namens Ried im Innkreis, es ist eine kleinere Stadt in Oberösterreich und gleichzeitig die Hauptstadt des Bezirks Ried im Innkreis ist, unterscheiden sich die zwei Übersetzungen von Janoušková und Tomeš. Falls es sich um die Übersetzung eines Dokumentes handeln würde, wäre der Eigenname ohne Veränderung geblieben. In der literarischen Übersetzung kann sich der Übersetzer leisten, um die Unverständlichkeit des Ausgangtextes in der Zielkultur zu vermeiden, den Eigennamen abzuwandeln. Tomeš hat diese Stadt als Ried na Innu155 bezeichnet, Janoušková, blieb dem Original näher. Sie schreibt v Riede v Innkreise156. Ried na Innu finde ich trotz der geographischen Willkür Tomešs eine gute Lösung, da dem Zuschauer klarer wird, wo sich der Ort befindet. Das Wort Innkreis könnte in der gesprochenen Sprache auf der Bühne den Zuschauer verwirren. Andererseits klingt diese deklinierte Form des deutschen Wortes in der slowakischen Sprache komisch. Der Regisseur J. A. Pitínský streicht diese Passagen mit dem Wort Ried im Innkreis weg.

151 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 13. 152 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Übersetzt von Vladimír Tomeš.) Dilia, Praha, 1988. S. 3. 153 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 3. 154 Ebenda, S. 3. 155 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Übersetzt von Vladimír Tomeš.) Dilia, Praha, 1988. S. 15. 156 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 13.

48 Bevorstehende Probleme mit dem Saal und mit dem Publikum kommen in Bruscons Säufzer zum Ausdruck: Als ob ich es geahnt hätte157. Dieser Konjunktiv des irrealen Vergleichs wurde sowohl in der tschechischen Übersetzung, als auch in der slowakischen Übersetzung beibehalten. Pitínský greift wieder zu einer direkten Aussage Já som to tušil158 statt zum Konjunktiv. Thomas Bernhard benutzt in seinen Werken Aposiopesen, verschachtelte und komplizierte Sätze. Im Drama Der Theatermacher vermeidet er Interpunktion. Bernhardsche Übersetzer wagten nicht Bernhards Aposiopesen zu übernehmen: Sie wurden durch kurze vollständige Sätze ersetzt.

Janoušková übersetzt das Wort Feuerwehrhauptmann einfach als požiarnik. In der Inszenierung wurde dieses Wort durch hasič ersetzt, weil das Wort požiarnik im tschechischen Sprachraum mit der kommunistischen Feuerwehr negativ konnotiert ist.

Obwohl Tschechisch und Slowakisch westslawische Sprachen sind und der Wortschatz sich in beiden Teilen überlappt, gibt es einige nicht ohne weiteres verständliche Ausdrücke. Mit Rücksicht auf das Prager Publikum wurde das slowakische Wort rezance durch das tschechische Wort nudle ersetzt.

Heute schauen sich die Tschechen und Slowaken nicht mehr gemeinsame, abwechselnd tschechisch und slowakisch vorgelesene Nachrichten oder zweisprachig kommentierte Sportsendungen an. Wir leben seit 20 Jahren getrennt, darum wird diese sprachliche Kluft immer größer. An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass vor allem die jüngere Generation mit Ausdrücken aus der slowakischen bzw. tschechischen Sprache Probleme hat. Auf der Bühne in Prag steht Martin Huba, ein slowakischer Schauspieler, dessen Stimme in seinen Filmrollen von tschechischen Synchronsprechern ersetzt wird, spricht Slowakisch, aber sein slowakischer Text wird an mehreren Stellen mit tschechischen Wörtern ersetzt. Im Regiebuch wurde das Wort dick159 als tlstí160 übersetzt. Statt des üblichen tuční wurde das seltene, nur expressiv gebrauchte Wort tlstí verwendet. Sowohl in der Übersetzung von Janoušková als auch im Regiebuch wird das deutsche dick nicht als tuční sondern als tlstí übersetzt. Es muss dahingestellt bleiben, ob es zu Janouškovás Idiolekt gehört. In der tschechischen Übersetzung von Vladimír Tomeš kommt tlustí161 vor. Martin Huba

157 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 13. 158 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 3. 159 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 106. 160 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 106. 161 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Übersetzt von Vladimír Tomeš.) Dilia, Praha, 1988. S. 129.

49 benutzt ein slowakisches Synonym tlsti für das Wort tuční, damit das tschechische Publikum besser versteht.

Am nächsten Beispiel aus der vierten Szene kann gezeigt werden, wie die slowakische Übersetzung durch einen tschechischen Ausdruck dem Prager Publikum angepasst wurde. Im Original von Bernhard steht:

BRUSCON Hätten wir diesen Glauben nicht und ist es auch nur die Schauspielkunst wir wären schon längst auf dem Friedhof162.

Der letzte Satz wurde von Janoušková frei mit einem Phraseologimsus ins Slowakische als: voňali fialky na cintoríne163übersetzt. Friedhof heißt tschechisch hřbitov und slowakisch cintorín, es geht also um zwei verschiedene Wortwurzeln. Da nicht wohl nicht allen Zuschauern der Ausdruck cintorín geläufig ist oder unangebrachte Assoziationen mit dem Volkslied Išla Marina hätte auslösen können, wurde im Regiebuch eine für alle verständliche und geographisch neutrale Phrase boli pod zemou164 ersetzt.

BRUSCON /předstoupí před své herce/ Keby sme nemali túto vieru i keby to hned bol len i keď je to len herecké umenie herecký afekt už dávno by sme voňali fialky na cintoríne boli pod zemou165

Am folgenden Beispiel wird gezeigt, dass das ins Slowakische übersetzte Wort dem tschechischen pouhých ähnelt. In der slowakischen Sprache existiert das Wort púhych in der Umgangssprache. In Pravidlá slovenského pravopisu166 und Malý synonymický slovník167 der slowakischen Sprache existiert das Wort púhy nicht. In der Online-Version Krátky slovník slovenského jazyka 4 habe ich

162 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S.107. 163 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 107. 164 Ebenda, S. 107. 165 Ebenda, S. 107. 166 Pravidlá slovenského pravopisu. Vydavateľstvo Slovenskej akadémie vied, Bratislava, 2000. 167 Malý synonymický slovník. Slovenské pedagogické nakladateľstvo, Bratislava, 1988.

50 das Wort púhy gefunden. Unter dem Wort púhy versteht man: číry, holý, jednoduchý, iba, len.168

BRUSCON tento Utzbach má púhych dvestoosemdesiať obyvateľov starčekov prestárlých - predpokladám čo nepočujú hluchých! ani nevidia slepých!169

In der tschechischen Inszenierung wurde mit der slowakischen Übersetzung weiterhin intensiv gearbeitet. An folgenden Wörtern lässt sich zeigen, welche slowakische Wörter durch tschechische ersetzt wurden. Einen größeren Unterschied finden wir bei den Wörtern srpen und jeseň. Srpen bedeutet in der tschechischen Sprache August und slowakisch jeseň bezeichnet in der tschechischen Sprache den Herbst. In diesem Fall geht es nicht um zwei Synonyme.

Slowakische Übersetzung von Janoušková: Regiebuch vom Theater Na zábradlí: rezance nudle vankúš podušku (polštář) skoro takmer požiarnik hasič pohrôm katastrof nebodaj akorát chorľavie churaví zamat samet krčmárky hostinské jeseň srpen cintorín hřbitov strapaté našuchorené

168 http://slovnik.juls.savba.sk/?w=p%C3%BAhy&c=C724, 28.11.2012. 169 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 5.

51 škrata šereda

In der Prager Aufführung wurde ein neuer Text hinzugefügt. Gleich am Anfang wurden Sätze aus Hamlet zitiert, was man im Regiebuch nachlesen kann.170 Das folgende Beispiel soll weitere im Regiebuch ergänzte Sätze illustrieren.

Huba sagt im Theater Na zábradlí:

Neznášam bez vyjímky všetkých vždy a všade, jedných že sú zlý s mrcha svedomím a druhých

čím ďalej od ľudí171

Načo sa vláčať v potě tváre s bremenom života. len hrôza z toho, čo je po smrti z neznámych končin odkiaľ žiadny pútnik k tým ktoré nepozná172

Die Herkunft des ersten Zitates konnte ich nicht eruieren. Im Fall des zweiten Zitates handelt es sich um den den dritten Akt der Tragödie Hamlet173 von William Shakespeare. Huba verwendet nicht die Übersetzung von Jozef Kot aus dem Jahre 1973, sondern wohl die letzte von L´ubomír Feldek.

Übersetzung von Jozef Kot:

Kto na pleciach by vláčil strašnú ťarchu života? Len hrôza z toho, čo je po smrti, z neznámych končín, odkiaľ nevracia sa žiaden pútnik.174

Übersetzung von August Wilhelm von Schlegel:

170 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 4. 171 Ebenda, S. 10. 172 Ebenda, S. 14. 173 Shakespeare, William: Hamlet. Tribun EU, Brno, 2010. 174 http://www.slovnik.org/cgi-bin/main/main.pl/sk/dblpreklad-hamlet/n/.15.12.2012.

52 Wer trüge Lasten Und stöhnt' und schwitzte unter Lebensmüh? Nur daß die Furcht vor etwas nach dem Tod, Das unentdeckte Land, von des Bezirk Kein Wandrer wiederkehrt175

Wird ein Theaterstück auf der Bühne gespielt, muss die Aussprache in Betracht gezogen werden. Es ist wichtig, dass der gespielte Text akustisch klar verständlich ist und keine Missverständnisse verursacht. Aus diesem Grund müssen manche Sätze aus dem Originalstück bearbeitet werden. Dies lässt sich auch an der slowakischen Übersetzung zeigen.

BRUSCON lživo - ako lož tak ju aj hráme lživo - ako lož a tak je aj prijímaná lživo - ako lož176

Das Wort lživo, in dem zwei Konsonanten hintereinander stehen, wurde in der Prager Inszenierung durch das Wort ako lož ersetzt. In der Wortverbindung ako lož wechseln Vokale mit Konsonanten, was zur deutlicheren Aussprache beiträgt.

In der Prager Inszenierung kam es zur Verschiebung der Person des finiten Verbums mögen. Ich mag das polnische Volk nicht177, im Regiebuch steht nemusíš mať v láske celý poľský národ.178 Es handelt sich um eine ziemlich starke Veränderung der Aussage.

In der Werkausgabe im Verlag Suhrkamp finden wir diesen Text: BRUSCON Die Madame Curie war eine Polin vergiß das nicht

175 http://gutenberg.spiegel.de/buch/5600/4, 15.12.2012. 176Thomas Bernhard: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 23. 177 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S.108. 178 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 108.

53 Ich mag das polnische Volk nicht179

Die ursprüngliche Übersetzung von Janoušková finden wir im Regiebuch vom Theater Na zábradlí. Sie klingt folgendermaßen:

BRUSCON Madame Curie bola Polka nezabúdaj na to nemám veľmi v láske poľský národ180

Folgenden Satz finden wir im Regiebuch als neue Variante, die auch gespielt wurde. nemusíš mať v láske celý poľský národ181

Tomeš übersetzte diese Passage mit folgenden Worten: BRUSCON Madam Curieova byla Polka nezapomeň na to Nemám rád polský národ182 Pitínský hat mit der zweiten Person Singularis deutlich gemacht, dass Bruscon über Madame Curie zu seiner hustelnden Frau spricht und sie dazu zu bewegen versucht, Madam Curie so sympathisch wie möglich darzustellen. Indem Pitinský die Passage mit schlimmen Vorurteilen Bruscons gegen die Polen streicht (skandalumwittert, frömmelnd), wäre der Wechsel zur Aussage über die eigene Animositäten gegen die Landsleute von Madame Curie-Sklodowska kaum nachvollziehbar gewesen.

5.4. Vergleich von Kürzungen vom Burgtheater und Divadlo Na zábradlí.

In diesem Abschnitt beschäftige ich mich mit allen Kürzungen des Textes in der Aufführung vom Burgtheater im Jahre 1990, die in Koproduktion mit den Salzburger Festspielen entstand, und mit dem gekürzten Text des Prager Theaters Na zábradlí vom Jahre 1999. In allen Szenen streicht

179 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S.108. 180 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 108. 181 Ebenda, S. 108. 182 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Übersetzt von Vladimír Tomeš.) Dilia, Praha, 1988. S. 132ff.

54 Pitinský Ähnliches: die heftige Kritik am weiblichen Geschlecht und am österreichischen Volk. In der Analyse der Aufführung vom Burgtheater sieht man, dass in der dritten Szene nur wenige Passagen gestrichen wurden. Der Regisseur Peymann hält sich nach wie vor an Bernhards ursprünglichen Text. Die vollständige Synopsis aller gestrichenen Stellen bildet den Anhang Nr. 1 vorliegender Diplomarbeit.

Die erste Szene im Theatermacher ist die längste, und deswegen enthält sie auch die meisten Eingriffe in Bernhards Text. In der Burgtheateredition werden manche Passagen gestrichen. Auf der Bühne des Theaters Na zábradlí wurden gleichfalls Kürzungen durchgeführt, aber vorwiegend an anderen Stellen als im Burgtheater. Warum Pitínský und Peymann den Text ändern, kann man mit sicherem Wissen nicht sagen, weil ich kein Interview mit ihnen machen konnte. Über manche Entscheidung wären sie nach 13 bzw. nach 27 Jahren kaum präzise Aussagen machen. Außerdem sind manche Entscheidungen des Regisseurs intuitiv, ähnlich wie bei einem Wortkünstler. Aber man kann von einem gemeinsamen Ziel aller Regisseure ausgehen, und zwar, dem Publikum das Theaterstück gut nachvollziehbar zu machen und die bei ihm einen tiefen Eindruck hinterlassen. Das ist wohl in beiden Fällen gelungen. Wenn man Brechts Schluss von Der gute Mensch von Sezuan zitieren darf: „Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen / Den Vorhang zu und alle Fragen offen.“

Als Erstes möchte ich die Kürzungen beschreiben, die in beiden Aufführungen sowohl im Burgtheater als auch im Theater Na zábradlí an gleichen Stellen vorgenommen wurden. In der dritten Szene wird der Textumfang knapper, dort kann man beobachten, dass Kürzungen an gleichen Stellen weniger oft vorkommen. In der dritten Szene wurden nur an gleicher Stelle drei Zeilen in beiden Theaterstücken gestrichen. In der vierten Szene wurde so gut wie fast nichts in der Burgtheater-Version weggelassen und deswegen gibt es keine Kürzungen, die in beiden Werken an gleichen Stellen vorgenommen worden wären.

Genau wie in den vorherigen Szenen kam es bei der Prager Version in der letzten Szene zu wesentlichen Weglassungen. Dass Pitínský keine Angst hat den Text zu kürzen, davon zeugt der gestrichene Text im Regiebuch. Pitínský versucht die scharfe Kritik am österreichischen Volk zu mildern. Was von einer österreichischen Bühne als Kritik in den eigenen Reihen akzeptabel klingen mag, wirkt von der tschechischen Bühne als eine Zumutung, die einem nach dem Lukas- Evangelium unzulässigen Richten gleicht: „Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; dann kannst du versuchen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen.“ (LK 6,42)

55 Das vierte Kapitel ist nicht besonders umfangreich, dort kam es in der Burgtheaterversion zu fast keinen Kürzungen. Und wenn es zu Kürzungen kam, wurde durch die gestrichenen Sätze der Inhalt der Burgtheater-Version nicht viel verändert. Die fünf kurzen Aussagen, die in der Burgtheater- Version weggelassen wurden, kamen im Gegensatz dazu im Divadlo Na zábradlí vor. Vom Divadlo Na zábradlí wurde wesentlich mehr vom ursprünglichen Text weggelassen. Der tschechische Regisseur versucht die scharfe bernhardsche Kritik zu mildern. Für Pitinský sind hauptsächlich der Plot und und die Bühnenwirksamkeit wichtig. Das ostentativ gezeigte Unbehagen Bernhards in der österreichischen Kultur wurde von Pitínský mehr oder weniger zurückgenommen. In der vierten Szene wurden im Divadlo Na zábradlí drei größere Passagen weggelassen. Eine von diesen drei kam schon in der ersten Szene vor, deswegen verliert der Zuschauer keine zusätzlichen Informationen. Pitinský hat nur den sich wiederholenden Text weggelassen. Wir wissen schon, dass in Gaspoltshofen 830 applaudierende Zuschauer gekommen sind. Die Tatsache, dass Bruscon immer auf dieselben Behauptungen zurückkommt, manchmal sich ja sogar widerspricht, zählt zum Aufbauprinzip Bernhards, das durch die Rationalisierung Pitínskýs geschwächt wurde. Meiner Meinung nach ist in der zweiten weggelassenen Passage ein Zusammenhang zwischen dem katholischen Polen und Österreich. Bernhard kritisiert da an Polen eigentlich zwei Eigenschaften, die er auch den Österreichern vorwirft: Sie seien skandalumwittert, frömmelnd. In Bruscons Worten: Aufsehenmacher/ Bigotterie/Katholische/abgeschmackte (…)!183 In der dritten weggelassenen Passage wurde die bernhardsche Kritik gestrichen, sie hat zwar keinen großen Einfluss auf den ganzen Inhalt der vierten Szene und die Richtung ist in den beiden Versionen gleich, aber trotzdem handelt es sich um einen größeren Eingriff in den Text.

5.4.1. Kürzungen an den gleichen Stellen in beiden Inszenierungen

Als erstes wurden die Passagen aufgelistet, die in beiden Inszenierungen an gleichen Stellen gestrichen wurden. Die gesamte Auflistung befindet sich im Anhang Nr. 1. Ich vermute, dass Bernhard seine Lebenserfahrungen mit der Rippenfellentzündung hinzufügte, wie es auch in anderen Werken der Fall war. Die Gedanken an die unappetitliche Lungenheilanstalt in Grafenhof in St. Veit im Pongau tauchen in dieser Passage auf.184 Sowohl für den Regisseur Peymann als auch für den Regisseur Pitínský war diese Stelle im Theatermacher überflüssig.

183 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 108. 184 http://www.seekirchen-info.at/de/kultur-a-ausfluege/thomas-bernhard, 16.12.2012.

56 BRUSCON Alles krankmachend hier alles unappetitlich alles verkrüppelt Die Kinder haben alle rachitische Stimmen Entmutigend entnervend vernichtend185

BRUSCON Všetko je tu deprimujúce všetko nechutné všetko zmrzačené Deti majú rachitické hlasy Zastrašujúce znervózňujúce zničujúce186

185 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 34. 186 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 26.

57 5.4.2. Kürzungen ausschließlich im Burgtheater

Bei der Theateraufführung spielt auch ein menschlicher Faktor eine wichtige Rolle. Der Hauptdarsteller, Traugott Buhre im Burgtheater bzw. Martin Huba im Theater Na zábradlí, faucht die ganze Zeit seinen Monolog. Es kann passieren, dass bei der Wiederholung der Aufführung Martin Huba bzw. Traugott Buhre den Text variieren. In der Inszenierung im Burgtheater wurden in der letzten Szene nur folgende fünf Satzteile gestrichen. Diese Sätze tragen keine wichtige Information. In der ersten Szene dagegen wurden ungefähr insgesamt 127 Zeilen weggelassen. In der Aufführung Na zábradlí wurden viele Sätze gestrichen, aber im Unterschied zum Burgtheater wurden diese mit anderen Sätzen ersetzt. Abschließend lässt sich feststellen, dass die letzte Szene die kürzeste ist und nicht nur aus diesem Grund da am wenigsten geändert wurde.

BRUSCON Komm komm187 BRUSCON reizlos in gewisser Weise188 BRUSCON eine Schulgruppe189

BRUSCON

Halber Preis190

BRUSCON

tatsächlich191

Es handelt um Kleinigkeiten, die eigentlich keine Schlüsse über eine Aufführungstrategie zulassen.

187 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 106. 188 Ebenda, S. 111. 189 Ebenda, S. 111. 190 Ebenda, S. 111. 191 Ebenda, S. 113.

58 5.4.3. Kürzungen ausschließlich im Theater Na zábradlí

Die folgenden Beispiele illustrieren, welche Sätze aus dem bereits übersetzten Theatermacher in der Inszenierung vom Prager Theater Na zábradlí gestrichen wurden. Diese Information, dass das Licht für fünf Minuten ausgemacht werden soll, kommt in Der Theatermacher häufig vor. Wenn sie nicht so oft wiederholt wird, wird dadurch das Publikum weniger irritiert. Bernhard ist allerdings ein Übertreibungskünstler, der das Publikum gern irritert. Die bernhardschen Hasstiraden wiederholen sich und Pitínský tendiert diese Wiederholungen wegzulassen. Das Publikum wurde schon mehrmals informiert, dass am Ende des Theaterstückes fünf Minuten Finsternis notwendig ist.

BRUSCON bola by to tu skutočne jediná výnimka /utírá si kapesníkem pot z čela/ Nemám vôbec chuť sa pustiť do debaty s nejakým veliteľom požiarnikov ide len o prísľub päť minút absolútnej tmy päť minút bez núdzového svetla smiešne192

Thomas Bernhard kritisiert das österreichische Volk im Theatermacher und bringt es mit katholischer Bigotterie in Verbindung, wie es das folgende Zitat zeigt: Aufsehenmacher/ Bigotterie/Katholische/abgeschmackte (…)!193 In Österreich ist die Zahl der Gläubigen der katholischen Kirche wesentlich größer als in der Tschechischen Republik. Pitínský streicht diese Passage, um Missverständnisse bei der Aufführung im Theater Na zábradlí zu vermeiden. Eine sehr ähnliche Situation beschreibt Bernhard in der ersten Szene, wobei er die Katholiken als Nationalsozialisten bezeichnet. Sinn und Zweck der Inszenierung Pitínskýs besteht nicht in der harschen Kritik Österreichs und Bestärkung der

192 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 17. 193 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 108.

59 antinationalsozialistischen Stimmung.

BRUSCON Škandalisti Bigotnosť katolícka nevkusná194

BRUSCON Je jedno s kým sa dáte do reči vysvitne že je to hlupák je jedno koho počúvate vysvitne že je to analfabet Sú vraj socialisti tvrdia a predsa sú len národní socialisti Sú vraj katolíci tvrdia a predsa sú len národní socialisti sú vraj ľudia tvrdia a sú len idioti195

Diese Passage kommt in der Burgtheater-Fassung vor. Der Schauspieler Martin Schwab als Bruscons Sohn Ferruccio hängt die schwarze Spezialvorhänge vor das Fenster, um die Fenster absolut abzudecken. Da das Bühnenbild im Theater Na zábradlí von Anfang an im Dunkeln liegt, streicht der Regisseur Pitínský diese Passage weg.

Vozíme so sebou závesy ktoré absolútne zatemnia všetky okna Špeciálne závesy ktoré sme si objednali priamo so závodu v Rosenheime náklady osemdesiattisíc

194 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 108. 195 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 40ff.

60 ale bez tých špeciálnych závesov by sa naša komédia nedala uviesť Naša divadelná batožina obnáša aj špeciálne háky pomocou týchto špeciálnych hákov môžeme všetky steny prezliecť to je jedno o aké steny ide môžme ich nanovo prečalůniť 196

5.5. Fazit zur Analyse des fünften Kapitels

Thomas Bernhard präsentiert in seinen Werken unendliche Hasstiraden, die sich gegen das österreichische Volk richten. Jan Antonín Pitínský wollte diese Flut von Schimpfwörtern mildern. Pitínský legte dem tschechischen Publikum nicht den ganzen Bernhard vor. Pitínskýs Aufgabe besteht nicht in der Bestärkung der antiösterreichischen bzw. antideutschen Einstellung in der tschechischen Kultur. Obwohl in der Wiener Inszenierung nicht so viele Passagen wie in der Prager Inszenierung gestrichen wurden, dauerte die tschechische Inszenierung fast um eine halbe Stunde länger als die Inszenierung im Burgtheater. Diese Zeitspanne hätte durch die Unterschiede in der Theatralität verursacht werden können. In meiner Analyse war es nicht möglich, mit dem Regisseur Pitínský bzw. Peymann und auch nicht mit der Dramaturgin Slámová zu sprechen. Warum Pitínský und sein Aufführungsteam bzw. Peymann manche Passagen gestrichen haben, könnte man aber auch im Falle eines persönlichen Gesprächs kaum verlässlich klären. In der Analyse führe ich ausschließlich meine Vermutungen an.

196 Ebenda, S. 29.

61 6. Zusammenfassung

Ein Drama ist ein Wortkunstwerk.197 Dies hat sich besonders auch bei dem Stück Der Theatermacher bestätigt. Es war eine Herausforderung sowohl für die Übersetzer als auch für das Aufführungsteam, eine kreative Bühnenübersetzung bzw. eine anderssprachige Aufführung vorzustellen. Vergleicht man den bernhardschen Text der Werkausgabe im Verlag Suhrkamp Der Theatermacher mit der slowakischen oder tschechischen Übersetzung und dann mit der Theateraufführung, lässt sich zeigen, wie wesentlich der Ausgangstext, d.h. der Originaltext, verändert wurde. In Anlehnung an Jiří Levý, der die Arbeit des Übersetzers mit der eines Schauspielers vergleicht, kann man bei beiden – den Übersetzern sowie den Schauspielern – ihren kreativen Anteil an der Übersetzung bzw. der Aufführung beschreiben.198 In meiner Arbeit beschäftigte ich mich mit dem Vergleich zwischen den beiden DVD-Aufnahmen vom Burgtheater und vom Theater Na zábradlí. Im zweiten Schritt habe ich den unbearbeiteten Text der Werkausgabe im Verlag Suhrkamp Der Theatermacher mit der Wiener Aufführung verglichen und die Veränderungen aufgelistet. In einem dritten Schritt habe ich das Originalstück und die Wiener Aufführung mit dem Regiebuch aus dem Theater Na zábradlí verglichen. Dabei hat sich bestätigt, dass das Stück Der Theatermacher für die Bühnenaufführung zusätzlich bearbeitet wurde, wie es sonst auch allgemein der Fall ist. Zu meinen Forschungsergebnissen möchte ich hier jetzt abschließend eine Zusammenfassung der fünf Kapitel dieser Diplomarbeit machen: Im ersten Kapitel habe ich die Fragestellung aufgeworfen, ob es Unterschiede zwischen verschiedenen Aufführungen und Übersetzungen vom Der Theatermacher gibt und worin die Unterschiede bestehen. Im zweiten Kapitel habe ich mich allgemein mit dem Sprachstil Bernhards und mit seinem Sprachstil im Theatermacher beschäftigt und versucht, herauszuarbeiten, worin für die Übersetzung seines Theaterstücks daraus Schwierigkeiten entstehen könnten. Im dritten Kapitel habe ich die Inszenierung vom Burgtheater und vom Theater Na zábradlí vom theatralischen Aspekt (Bühnenaufbau, Licht, Musik, Requisiten, ...) her betrachtet und miteinander verglichen. Im vierten und fünften Kapitel wird die Dramenübersetzung und Theaterübersetzung des Theaterstückes Divadelník untersucht, und zwar nicht nur von der theoretischen Seite im vierten Kapitel, sondern auch von der praktischen Seite im fünften Kapitel: Nach ausführlicher Analyse des Theaterstückes besonders im fünften Kapitel hat sich herausgestellt, dass zwischen der Dramenübersetzung und der Theaterübersetzung ein wesentlicher Unterschied besteht und die

197 Mistrík, Jozef: Dramatický text. Slovenské pedagogické nakladateľstvo, Bratislava, 1979. S. 46. Im Original steht: Dráma je umenie slova. 198 Levý, Jiří: Umění překladu. Panorama, Praha, 1983. S. 83.

62 Theaterübersetzung von Schauspielern und vom Regisseur zusätzlich bearbeitet wurde. Sowohl für Traugott Buhre als auch für Martin Huba, mit deren Glaubwürdigkeit und Schauspielerleistung die Aufführung steht und fällt, wurden mehrere Eingriffe vorgenommen. Zusätzlich verlangte die auf das Prager Publikum gemünzte Regiekonzeption Pitínskýs noch zahlreiche Streichungen – um die Selbstreflexion der Tschechen anzuregen und um Unübertragbares, wie z. B. die Anspielungen auf den österreichischen Hymnentext von Preradović, zu kompensieren.

Nur marginal behandelt wurde das Problem einer zweisprachigen, in diesem Fall slowakisch- tschechischen Aufführung. Die Figurenkonstellation wurde durch den Kontrast von zwei verwandten, aber doch stilistisch anders wirkenden Sprachen unterstrichen. Bruscon, der sich von einer kunstfeindlichen Welt und einer künstlerisch minderwertigen mitspielenden Familie umgeben fühlt und krampfhaft zu behaupten versucht, spricht Slowakisch, der Wirt, in dessen Gasthaus noch ein Hitler-Bild hängt, Tschechisch. Dadurch werden traditionelle tschechische Klischees von einem eher ruralen Slowakisch und auch historische Stereotypen über den slowakischen Staat in Frage gestellt. Obwohl über Bernhards Theatermacher, dessen Übersetzungen und Veränderungen in der tschechischen und deutschen Zielsprache noch viel mehr hätte geschrieben werden können – was aber den Umfang dieser Magisterarbeit sprengen würde, – darf ich am Ende dieser Arbeit schließen mit der Feststellung, dass die Unterschiede zwischen dem deutschen und slowakischen Dramentext und den jeweiligen Aufführungen von Bernhards Drama Der Theatermacher ziemlich gravierend sind. Es wäre eine Herausforderung, auf das Thema unter Heranziehung von weiteren Aufführungen bzw. der slowakischen Hörfunkadaption des Stückes von Viki Janoušková in Zukunft noch zurückzukommen und die Funktion der paralinguistische Merkmale, wie z. B. der Mimik, Gestik, und Stimmgebung, zu berücksichtigen.

63 7. Literaturverzeichnis

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Tichý, Zdeněk A.: J.A. Pitínský se v Národním potí s Wagnerem. Mladá fronta dnes 11, 2000, číslo 85, 10.04., strana 14.

Zelinger, David: Bernhard se proti své vůli vrací na rakouské scény. Mladá fronta dnes 10, 1999, číslo 25, 30.1., strana 18.

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69 8. Anhang 1

8.1. Kürzungen an den gleichen Stellen in beiden Inszenierungen

BRUSCON Andererseits dürfen wir die weiblichen Darsteller nicht bis zum Äußersten traktieren sonst fallen sie uns in den Rücken sie lassen sich viel gefallen aber doch nicht alles mein Herr199

BRUSCON Na druhej strane nemôžeme herečky drezírovať do krajnosti lebo nás napadnú od chrbta znesú veľa ale nie všetko pane200

BRUSCON Alles krankmachend hier alles unappetitlich alles verkrüppelt Die Kinder haben alle rachitische Stimmen Entmutigend entnervend vernichtend201

BRUSCON Všetko je tu deprimujúce všetko nechutné všetko zmrzačené Deti majú rachitické hlasy

199 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 29. 200 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 21. 201 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 34.

70 Zastrašujúce znervózňujúce zničujúce202

BRUSCON Ursprünglich hatte ich mit Agathe mit meiner Frau Agathe spazierengehen wollen hier ein zwei Stunden die Füße vertreten sozusagen aber hier kann man ja gar nicht spazierengehen überall geht es bergauf und wohin man schaut doch nur Häßliches So dachten wir uns ganz einfach nur Frittatensuppe zu bestellen und im Gasthaus sitzen zu bleiben Aber Ihre Gaststube war ja geschlossen und im Gastgarten war der Schweinegestank unerträglich203

BRUSCON Pôvodne som s Agátou s mojou ženou Agátou mal v úmysle ísť sa prejsť jednu dve hodinky si takrečeno rozhýbať trochu nohy ale tu sa nedá ani prechádzať kam sa pohneš je to do kopca a kam sa pozrieš samý paškvil Tak sme sa rozhodli Že si jednoducho objednáme polievku s celestýnskymi rezancami a zostaneme sedieť v hostinci Ale výčap bol zavretý a v záhrade bol ten svinský smrad neznesiteľný 204

BRUSCON In Gallspach wollten wir

202 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 26. 203 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 36 ff. 204 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 29ff..

71 angelockt von einem kleinen Brunnengewässer in einem schattigen Gastgarten sozusagen eine Essigwurst essen Aber die Kellnerin die an unseren Tisch gekommen war schnitt sich während sie mit uns redete die Fingernägel Und als meiner Frau ein solcher Fingernagel ins Gesicht sprang verließen wir fluchtartig das Lokal Wenn man hier von Ort zu Ort reist erlebt man seine Wunder mein Herr und im Grunde dabei alle Scheußlichkeiten der österreichischen Gastronomie205

BRUSCON V Gallspachu sme si chceli privábený malou studničkou v tienistom hostinci dať takpovediac utopenca Ale čašníčka ktorá prišla ku stolu si strihala počas celého rozhovoru s nami nechty A keď jeden z tých nechtov skočil mojej žene do tváre behom sme opustili lokál Keď tu takto jazdíte z miesta na miesto užijete si prekvapení a zpravidla sú to ohavnosti rakúskej kuchyne206

BRUSCON

205 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 39. 206 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 32ff.

72 eure Mutter hat ein ungeheueres Reservoir an Krankheitssymptomen207

BRUSCON vaša matka je nevyčerpateľnou studnicou chorobných príznakov208

BRUSCON das habe ich immer gefürchtet daß sie so wird wie ihre Gebärerin209

BRUSCON toho som sa vždy obával že bude taká istá ako jej rodička210

BRUSCON Die Frauen haben keinen Kunstbegriff den Frauen fehlt gänzlich alles Philosophische das ist es philosophisches Gehirn fehlt Bemühungen in diese Richtung ja aber vergeblich nicht ernst zu nehmen211

BRUSCON Ženy nemajú o umení ani šajnu ženám vo všeobecnosti chýba filozofický pohľad to je holá pravda filozofický éces im chýba 207 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 69. 208 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 65. 209 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 77. 210 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 75. 211 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 83.

73 Snaha v tomto smere áno ale márna nedá sa brať vážne212

BRUSCON Ein Feuerwehrhauptmann ist imstande mich zu vernichten diese Kreaturen haben alle Macht213

BRUSCON Veliteľ požiarnikov je schopný ma zničiť všetky tieto kreatúry majú moc214

BRUSCON In Utzbach deckt es ja nicht einmal unser Essen Wo wir die größten Schwierigkeiten haben verdienen wir am wenigsten Wo alles leicht geht haben wir eine volle Kasse es ist immer das gleiche Aber schließlich spielen wir für uns selbst um uns zu perfektionieren nicht für dieses Landpack (…) In Gaspoltshofen keine Saalmiete in Gallspach keine Saalmiete in Ried im Innkreis keine Saalmiete nur hier in diesem

212 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 80ff. 213 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 86. 214 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 84.

74 in diesem Utzbach215

BRUSCON Z Utzbachšskej tržby nepokryjeme ani večeru Tam kde máme najväčšie problémy máme najmenšiu tržbu Tam kde ide všetko hladko máme plnú kasu a takto dokolečka Ale nakoniec hráme sami pre seba aby sme sa zdokonalili nie pre týchto baranov /zamyšleně, pro sebe/ V Gaspoltshofene žiadne nájomné v Gallspachu žiadne nájomné v Riede v Innkreise žiadne nájomné len tu v tomto v tomto Utzbachu216

BRUSCON In Gaspoltshofen habe ich mit Absicht Einstein gestrichen während ich alles auf die Madame Curie gesetzt habe217

BRUSCON V Gaspoltshofene som úmyselne škrtol Einsteina a vsadil som všetko na Madame Curie218

215 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 88. 216 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 86. 217 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 92. 218 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 90ff.

75 8.2. Kürzungen ausschließlich im Burgtheater

BRUSCON Ich bin dabei meine Komödie ins Italienische zu übersetzen nicht das Leichteste mein Herr Möglicherweise dann auch gleich ins Französische in das ich verliebt bin allerdings Das Rad der Geschichte eignet sich für Italien genauso wie für Frankreich es ist hauptsächlich für die Franzosen geschrieben Hier probieren wir es nur aus entwickeln wir es perfektionieren wir uns Ich fürchte mein Rad der Geschichte hat in Italien einen größeren Erfolg als in Frankreich219

BRUSCON wenn ein Staatsschauspieler einen König darstellt ist das nur abgeschmackt und wenn eine Staatsschauspielerin eine Stallmagd darstellt ist das noch abgeschmackter aber alle Schauspieler stellen immer wieder etwas dar das sie nicht sein können und das nur abgeschmackt ist so ist alles auf dem Theater abgeschmackt mein Herr Da die Schauspieler die dümmsten sind ist es doch eine Abgeschmacktheit wenn sie beispielsweise Schopenhauer und Kant darstellen oder ein Staatsschauspieler spielt Friedrich den Großen oder gar Voltaire wird von einem Schauspieler gespielt

219 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1988. S. 23 ff.

76 das ist alles abgeschmackt natürlich bin ich mir dieser Tatsache immer bewußt gewesen220

BRUSCON übrigens habe ich dort die Szene in welcher Napoleon sich über den König von Sachsen lustig macht auch weggelassen was meiner Frau allerdings die größten Schwierigkeiten gemacht hat Die Frauen sind nicht so wendig wie wir Schwerfälligkeitsmenschen221

BRUSCON Wenn wir am Nachmittag Leberknödelsuppe essen können wir am Abend nicht Theater spielen der Bauch zieht die Energien auf sich und entleert den Kopf222

BRUSCON Was mich an Gaspoltshofen so fasziniert hat war ja ehrlich gesagt nicht das Publikum auch nicht daß wir dort ganz und gar großartig gespielt hatten sondern einzig und allein die Tatsache daß uns ein weißes Tischtuch aufgedeckt worden ist wo es doch sonst nur schmutzige klebrige Platikfetzen sind auf welchen das Essen serviert wird223

BRUSCON In Gaspoltshofen hatten sie sich nicht angestrengt weil ich gesagt habe Gaspolthofen was für dumme Leute Menschheitsverdummung

220 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1988. S. 30ff. 221 Ebenda, S. 38. 222 Ebenda, S. 39. 223 Ebenda, S. 39ff.

77 das hätte ich nicht sagen sollen da spielten sie gleich so schlecht wie noch nie so schlecht In Utzbach spielen sie noch schlechter wenn ich sage was ich über Utzbach denke Aber sie sehen ja wie Utzbach ist224

BRUSCON Die gute Landluft die wir auf der Tournee haben hat sie immer wieder gesagt und dabei ist es nichts als Gestank und ihr Zustand war noch nie so schlecht wie jetzt auch der Arzt hat gesagt gehen Sie mit Ihrer Frau auf Tournee Die Ärzte sind alle Idioten wir beherrschen uns nur wenn wir in ihren Klauen sind aber sie sind alle Idioten225

BRUSCON in Le Havre ist es gewesen Daß alle diese Küstenorte immer eine so große Bedeutung für mich gehabt haben Le Havre Ostende Kiel mein Kind aber auch Palermo226

BRUSCON Aber wir dürfen der Gewöhnlichkeit

224 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1988. S. 41. 225 Ebenda, S. 42. 226 Ebenda. S. 54ff.

78 nicht entgegenkommen Das ist das Proletarische daß sie alles Großartige zerstört und sei es auch nur durch Husten227

BRUSCON Dazu haben wir auch noch eine kranke dumme Mutter die in die Hypochondrie geflüchtet ist Und die ihren Text verhustet Eine Katastrophe wenn der Feuerwehrhaptmann auf dem Gesetz besteht und die absolute Finsternis in meiner Komödie nicht zuläßt Überall war es das Einfachste hier ist alles das Komplizierste228

BRUSCON Sie litt schon immer an Verschwendungssucht229

BRUSCON Die Lady Churchill in meiner Komödie hat rote Schuhe an keine schwarzen Das ist von größter Wichtigkeit daß die rote und keine schwarzen Schuhe an hat Niederträchtigkeiten ertrage ich nicht Die roten Schuhe trägt Lady Churchill230

BRUSCON indem sie eine Verkühlung vortäuscht231

227 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1988. S. 58. 228 Ebenda, S. 66. 229 Ebenda, S. 66. 230 Ebenda, S. 68. 231Ebenda, S. 68.

79 BRUSCON ich brauche keinen Arzt um festzustellen daß sie vollkommen gesund ist Hysterisch das ist es232

BRUSCON Allerdings ich habe mir noch niemals etwas gebrochen Deine Mutter ja die war immer brücheanfällig233

BRUSCON Diese Schwüle Diese Schwüle einerseits und dieses Gefühl erfrieren zu müssen hier andererseits234

BRUSCON verstehen Sie absolute Finsternis mein Herr235

BRUSCON Das ist ja wirklich lächerlich auf dem Notlicht zu beharren eine absolute Lächerlichkeit Nun gehen Sie doch und sagen Sie ich habe Sie geschickt und daß es sich um das Wichtigste überhaupt handelt236

232 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1988. S. 69. 233 Ebenda, S. 70. 234 Ebenda, S. 70. 235 Ebenda, S. 71. 236 Ebenda, S. 71.

80 BRUSCON Dann wenigstens Bier Aber nein damit töte ich ja meine Komödie trinke ich einen Schluck Bier bin ich unfähig einen Satz zu sprechen (…) Du gehst in den Ort hinein und holst mir drei oder vier Flaschen Mineralwasser in einer Gemischwarenhandlung denke ich haben sie Mineralwasser vorrätig wenn nicht237

BRUSCON du steckst mit deiner Mutter unter einer Decke Für Scherze die unter Umständen tödlich sein können habe ich nichts übrig238

BRUSCON Gefühlswelt auch nichts als Lüge239

BRUSCON In Gaspoltshofen habe ich mit Absicht Einstein gestrichen während ich alles auf die Madame Curie gesetzt habe240

BRUSCON In England ist alles noch unberührt

237 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1988. S. 74ff. 238 Ebenda, S. 77. 239 Ebenda, S. 83. 240 Ebenda, S. 92.

81 von der Katastrophe aber das ist es ja241

BRUSCON Komm komm242

BRUSCON reizlos in gewisser Weise243

BRUSCON eine Schulgruppe244

BRUSCON

Halber Preis245

BRUSCON

tatsächlich246

8.3. Kürzungen ausschließlich im Theater Na zábradlí

BRUSCON Kmeťovské dielo bezpochyby A čítali ste o ňom Samý nezmysel ako všetko v novinách nekompetentní škrabáci /sehne se k zemi a pravou rukou zkoumá podlahu/ Ale neunúvajú sa ho ani strhať nekvalifikované

241 Bernhard, Thomas: Stücke 4. Der Theatermacher. Ritter, Dene, Voss. Einfach kompliziert. Elisabeth II. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1988. S. 95. 242 Ebenda, S. 106. 243 Ebenda, S. 111. 244 Ebenda, S. 111. 245 Ebenda, S. 111. 246 Ebenda, S. 113.

82 ale ani jediným slovom to nestrhali /znovu se narovná/ Moja žena trpí neustálymi bolesťami hlavy ja mám takú historku s ľadvinami /znovu se sehne a zkoumá podlahu/ Len aby sme to neprerazili 247

BRUSCON Trikrát paraván to je všetko a portál /Hostinský vynáší stůl na pódium/ Ako ste videli cestujeme len s jednou bedňou a jedným košom na prádlo to je všetko Tam Postavte ten stôl tam Rozhodujúce sú svetelné pomery248

BRUSCON bola by to tu skutočne jediná výnimka /utírá si kapesníkem pot z čela/ Nemám vôbec chuť sa pustiť do debaty s nejakým veliteľom požiarnikov ide len o prísľub päť minút absolútnej tmy päť minút bez núdzového svetla smiešne249

247 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 9. 248 Ebenda, S. 10. 249 Ebenda, S. 17.

83 Čo sa týka žien nesmieme svoj šarm preháňať aby naša lživosť nebola odhalená250

BRUSCON to je pre divadlo jed V Gastpoltshofene mali moje slová váhu tu sa rozpadávajú tu sa všetko scvrkáva tu sa to najvýnimočnejšie obracia v diletantizmus251

Moja prababička bola tiež Rakúšanka aby ste vedeli prababička Irrsieglerová Ale to vám nič nehovorí /zamyšleně, jako by něco maloval na podlahu/ To tirolské v mojej osobnosti je tiež perverzita Rakúsko groteskné obmedzené je to správne slovo nepríčetné je ten správny výraz252

BRUSCON Verte mi na tomto národe už nie je nič hodné lásky Kadiaľ chodíme závisť

250 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 21. 251 Ebenda, S. 24. 252 Ebenda, S. 24ff.

84 podlosť v názoroch nepriateľstvo k cudzincom nenávisť k umeniu Nikde inde sa umenie nestretáva s takým idiotizmom /křičí/ Umenie umenie umenie však tu ani neviete čo to je Skutočného umelca povláčite po blate nadbiehate bezcharakternému nýmandovi plazíte sa pred šarlatánmi253

BRUSCON Z Gaspoltshofenu Gaspoltshofen ma takrečeno zobral za srdce úplne iní ľudia úplné iné pomery ako tu v Utzbachu žiaden smrad svíň žiadna siláž na každom kroku254

Možno by ste v Gaspoltshofene inak dopadli ktohovie asi ste nemali inú možnosť Žena vyláka muža z toho najkrajšieho prostredia do tej najhoršej diery255

253 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 25. 254 Ebenda, S. 26. 255 Ebenda, S. 26.

85 Vozíme so sebou závesy ktoré absolútne zatemnia všetky okna Špeciálne závesy ktoré sme si objednali priamo so závodu v Rosenheime náklady osemdesiattisíc ale bez tých špeciálnych závesov by sa naša komédia nedala uviesť Naša divadelná batožina obnáša aj špeciálne háky pomocou týchto špeciálnych hákov môžeme všetky steny prezliecť to je jedno o aké steny ide môžme ich nanovo prečalůniť Náš svetelný park je tiež z jednej špeciálnej fabriky v Recklingshausene Našou výhodou je že to všetko zbalíme do jedného jediného a nie najnepohodlnejšieho voza /dívá se na podlahu/ (...) Ako keby ste neboli vedeli že dnes prídeme ale vy ste to dobre vedeli A že sa dvere otvorili až po tvrdohlavo dlhom búchaní to je tiež tunajšia perverzná jedinečnosť A keďže je dusno smrdí to tu ešte aj po jatkách Na druhej strane je to aj výhoda zosadnúť v krčme ktorá je zároveň výsekom mäsa /Hostinskému/ Nemám pocit že by sa tu ta týchto okolností dalo vetrať keby sa otvorili okná

86 sme stratení256

BRUSCON Vaša žena tak divne mlčala keď nám otvárala Ledva pozdravila Viem toto je ten najnevľúdnejší kraj ale taký krátky srdečný pozdrav poteší prichádzajúcich Čím ideme dole po Dunaji nižšie tým nevľúdnejšie je to tam dusno a nevľúdne nechcem povedať samý odľud257

BRUSCON Nájomné dovoľte aby som sa zasmial Bruscon neplatí predsa nájomné za takýto chliev258

BRUSCON keď rozprávate s ľuďmi s mesta snažíte sa hovoriť viacmenej spisovne V tomto smere sa každopádne snažíte čo je chvályhodné na jednej strane na druhej259

BRUSCON Je jedno s kým sa dáte do reči vysvitne že je to hlupák je jedno koho počúvate vysvitne že je to analfabet

256 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 29ff. 257 Ebenda, S. 32. 258 Ebenda, S. 34. 259 Ebenda, S. 40.

87 Sú vraj socialisti tvrdia a predsa sú len národní socialisti Sú vraj katolíci tvrdia a predsa sú len národní socialisti sú vraj ľudia tvrdia a sú len idioti260

BRUSCON pripadá mi ako by sme hosťovali v nejakej žumpe vo vrede Európy261

BRUSCON A k tomu tá neustála elektrizujúca atmosféra úpätia Alp v ktorej citlivejší človek stále očakáva že ho trafí šľak Toto turné je dôkazom toho že táto krajina nie je hodná papiera na ktorom sa tlačia jej prospekty /vyčerpaně/ Utzbach Sprisahanie proti mne proti všetkému čo za niečo stojí /zvolá/ Pasca na umenie pán môj pasca na umenie /Hostinskému/

260 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 40ff. 261 Ebenda, S. 41.

88 Povedzte to je každý týždeň jelitový deň HOSTINSKÝ Každé uterý je jelitový den BRUSCON Každý utorok HOSTINSKÝ /který vylezl na okno, aby z něho sundal velkou pavučinu/ Každé uterý BRUSCON Je každý deň údený HOSTINSKÝ Uzený je každý druhý den BRUSCON Ale utorok je vždy jelitový HOSTINSKÝ Ano /seskočí z okna a sklepe povučinu na zem/ BRUSCON Každý utorok je jelitový deň to som mal vedieť Keby sa mi to všetko to údené tak nehnusilo teda až na utopencov /chce vstát, ale hned si zase sedne/ Takto ma ešte aj údy opustia ten prekliaty Zwicklett Však si mohol pri tom páde zlámať väzy ten môj syn Pravá ruka v gipse najprv mi to pripadalo strašne fatálne ale potom pomaly zisťujem že môj syn hrá práve takých so zmrzačenou pravou rukou Nero

89 ako viete Caesar aj Churchill má zmrzačenú ruku tí takzvaní veľkí vojvodcovia mali všetci zmrzačenú pravú ruku Naopak s tým gipsom hrá tých takzvaných veľkých vodcov ešte presnejšie ako doteraz Tieto role som písal synovi na telo tomu antitalentovi rovnako ako role pre moju dcéru už vôbec pomlčiac o roliach ktoré hrá moja žena gigantický antitalentizmus pane Keď napíšeme komédiu keby to aj bolo to divadlo svet musíme byť pripravení že ju budú hrať diletanti antitalenti to je náš osud Dramatik urobí dobre ak si je od začiatku vedomý skutočnosti že len antitalenti budú realizovať jeho komédiu aj keď to môžu byť neviemakí slávni herci sú to antitalenti všetci čo lezú na javisko sú antitalenti a o čo sa zdajú byť velkolepější a o čo sú slávnejší o to odpornejší je ich antitalent talentovaný herec je takou zriedkavosťou ako riť v ksichte Toto konštatoval Pirandello ale možno som to konštatoval ja sám

90 ale Pirandello mával takéto konštatovania ale ja sám mávam takéto konštatovania v jednom kuse často neviem bolo to moje konštatovanie alebo Pirandellove neviem262

BRUSCON tam /zanesou bednu tam, kde ji chce mít Bruscon/ Povedal som tam /ukáže holí/ tam Ale nie tam /zdvihnou debnu a zase ji postaví/ Tam tam s tou bednou debna s maskami patrí tam tam tam kam som povedal /Hostinský vyjde na jeviště a pomáhá s bednou/ Však som povedal že tam263

BRUSCON Pozrite sa na túto príšernú sálu potreboval som to A ten lakomý krčmár čo šíri okolo seba taký odporný zápach chce ešte aj nájomné odo mňa A veliteľ požiarnikov nedovolí vypnúť núdzové svetlo ale ja nehrám

262 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 41ff. 263 Ebenda, S. 45.

91 keď nebude vypnuté absolútna tma som povedal nenechám si predsa v tomto hrôzostrašnom Utzbachu zničiť svoju komédiu Títo ľudia si nezaslúžia aby vôbec niekto vstúpil do ich dediny a nie aby tu vystupovala divadelná skupina a k tomu ešte veľký Bruscon264

BRUSCON Ja viem vy dve ste uzavreli komplot Ty síce držíš so mnou ale nechávaš matkine umelecké výkyvy bez povšimnutia jej umeleckú neschopnosť265

BRUSCON Kým vaša matka /podívá se ke stropu/ si tam hore robí pohodlíčko predstierajúc prechladnutie ja tu umieram od smädu266

BRUSCON Moju vášeň alkoholu som obetoval umeniu to je holá pravda tridsať rokov ani hlt vína ledva pohár piva Bláznovstvo keď nie šialenstvo totálne nezmyselná obeť Umenie alebo alkoholizmus

264 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 52. 265 Ebenda, S. 54. 266 Ebenda, S. 65.

92 ja som sa rozhodol pre Umenie267

BRUSCON Moja dcéra je čím ďalej podobnejšia svojej matke vidím to veľmi presne čím ďalej tým podobnejšia toho som sa vždy obával že bude taká istá ako jej rodička Skutočne Ferruccio tu končí všetka sranda268

BRUSCON Tento vidiecky nevkus nemá páru V Gaspoltshofene som neplatil žiadne nájomné za sálu A tu mám platiť nájomné ten odporný Krčmár tá odporná Krčmárka Krčmárovi hrozne smrdí z úst /přejde pár kroků doprava/ Nočná mora /vykročí dopředu a mluví do sálu/ Lörrach padne /popojde pár kroků doleva a mluví do sálu/ A vy hovoríte o uhlí v Porúrí pán prezident /jde opět do středu jeviště/ Sviniam Na dedine je každý produkt ducha hodený sviniam Ani pochovaný

267 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 74. 268 Ebenda, S. 75.

93 by som na dedine nechcel byť A napriek tomu to všetkých ťahá von falošná spoločnosť /sedne si opět na židli/ Už ako dieťa určitý divadelný talent /Ferruccio začne snímat ze stěn parohy, s nimi vždy sundá po jednom obraze/ Konkrétne v sedemnástich som sa začal zaoberať klasickou literatúrou dychtivý po duchovne a tvorbe269

BRUSCON Mám pocit že by sme ten obraz mali nechať visieť ako takú demonštráciu rozumieš hemží sa to tu Hitlermi /Ferruccio kroutí hlavou/ Už vtedy spomínané prvé kroky do duchovného sveta v sedemnástich rokoch a ešte predtým do dramatického sveta Človek nesmie byť bojko len žiaden bojko /dívá se do sálu a volá/ Pomsta vám knieža /pro sebe/ Zle šmíra šmíra veľmi zle deprimjúco zle /zvolá/ Katastrofálne vzťahy

269 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 77ff.

94 medzi vami a rodom Rohanovcov /pro sebe, jako by se styděl před Ferrucciem/ To som si mohol odpustiť Odhalil som sa Neuveriteľne zlé V neskoršom veku akosi upadáme späť do diletantizmu /mluví do sálu/ Veličenstvo je to kruté ale ľud je od prírody ten najsprostejší /pro sebe/ Bez šťavy V Gaspoltshofene sa mi tak ľahko hovorilo tu je každé slovo ako žula všetko ťahá k zemi človek nesmie byť predposratý Tu sa ani myslieť nedá len nie predposratý270

BRUSCON Čo sa týka umenia sme ženské pohlavie nikdy nepotrebovali naopak vždy nám v ňom zabraňovalo teda v rozlete Kde by sme dnes boli bez nich Celý čas sa balácham že také turné je už čosi pritom len deprimuje človeka /pro sebe/ zráža k zemi

270 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 78ff.

95 (...) Hovorí sa že ženy sú dnes predvojom áno do katastrofy Onedlho sa dočkáme ženského manifestu si myslím Svet citov nie je tiež nič iné len lož /náhle/ Vieš si predstaviť že by sme sa s tvojou matkou rozprávali o Schoppenhauerovi To sa nemohlo stať Úplne bezduché hlavy alebo o Montaigneovi Ničomu nerozumejú a ešte si robia srandu Čapica drží na tejto hlave ako keby som ju prilepil ale nefunguje bez viditeľnejšieho účinku Kiež by to bolo také jednoduché Tvrdohlavosť Pije si mätový čaj necháva si nohy potierať kamilkou Dovolí si protirečiť mi v kauze Metternich A odmietne mi v Gaspoltshofene vyčistiť topánky271

BRUSCON Oponár Čo poťahuje hlúposť za špagáty /Ferruccio seskočí ze žebříku a pokračuje v sundávání parohů a obrazů ze stěn, Bruscon pro sebe/

271 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 80ff.

96 Nemá zo mňa táto paródia na vlastného otca /zadívá se na podlahu/ Zaplatiť nájomné čo som idiot Dvestotridsať obyvateľov však to nepokryje ani náklady Ale už bolo aj horšie V Merane neprišli ani traja diváci len jeden kripel ktorý sa nechal šatnárkou zaviesť do prvého radu Jediný raz čo sme nehrali Nájomné V Gaspoltshofene sme mohli hrať ešte raz Viazať sa na Utzbach idiotizmus272

BRUSCON S úradníkmi nie je sranda akúkoľvek blchu sú schopní zvrtnúť do štátnej aféry Na to som príliš starý a príliš krehký aby som sa ťahal so štátom za prsty273

BRUSCON Podceňujeme hlúposť týchto ľudí myslíme si že rozumejú

272 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 83. 273 Ebenda, S. 84.

97 lebo my rozumieme Omyl nechápu vôbec nič274

BRUSCON Ale jednoduchosť ma nikdy nelákala Potrebujem prekonávať prekážky to neustále úsilie ma štartuje275

BRUSCON Okamžite si ho nasadí Metternich je v rozpakoch pretože myslí samozřejmě na cára Nikolaja Metternich jej pritom pomáha tu si ešte vždy trochu pomalý pomalý na jednej strane na druhej strane zbrklý – iritovaný keď že myslí na cára Nikolaja a zároven chce lady Churchillovej ktorá ho v skutočnosti zas tak veľmi nezaujíma preukázať láskavosť nesmie sa tak rýchlo zohnúť rozumieš Veď je predsa len už knieža Metternich ale čosi z jeho koblenzkého povodu je prirodzenestále v ňom Táihla do klobúka leží pred paravanom asi tu /ukáže holí/ FERRUCCIO /posunuje paraván, tázavě/ Tady BRUSCON Asi tam /šermuje holí/ Tu

274 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 86. 275 Ebenda, S. 87.

98 tu nesmieme samozrejme nič nechať na náhodu všetko mámefixované na druhej straně jsme si samozřejme vedomi, že pred divákom všetko akože práve vzniká FERRUCCIO /tázavě/ Tady BRUSCON Áno tam /Ferruccio postaví paraván na místo/ Robí sa že nevie kde leží ihla celý svet vidí kde tá ihla leží ale on ju nevidí tvári sa pred lady Churchillovou že ju nevidí samozrejme že Metternich už myslí pritom výstup s Einsteinom Viem mohol som tým svoju komédiu aj pochovať že som nechal Einsteina vystúpiť práve v tomto momente V Gaspoltshofene som úmyselne škrtol Einsteina a vsadil som všetko na Madame Curie /ukazuje holí na jedno místo na pódiu/ Kde leží ihla Metternich nevie v istom zmysle sa bojí Einsteina Cár ho informoval o tom udaní istého Dordijajewa ale on to šikovne obíde V tom momente keď sa lady Churchillová zohne tma

99 Zelený štych na Metternicha no a medzitým som ja už pripravený na Napoleóna Tam FERRUCCIO /tázavě/ Kam BRUSCON Tam tam s tým paravánom /Ferruccio přesune paraván tam, kde ho chce mít Bruscon/ Mohli sme si to označiť kriedou Ale kriedu už nemáme a v tomto hniezde nemajú ani kriedu takže sťahujem svetlo keď ste obidvaja na zemi /Ferruccio přesune paraván doprava/ To je veľa tým nič nezískame tým len lady Churchillová dostane plochý ksicht /ukazuje holí/ Musí ísť naspäť ten paravan

(…) To je dobré Metternich má takto väčší priestor /Náhle vzrůstající chrochtání z okolních vepřínů, Bruscon si přidržuje k nosu kapesník a současně se pokouší zacpat si uši. Po chvíli/ Metternichov spôsob reči nie je uštvaný skôr vyrovnaný a samozrejme si je vedomý skutočnosti že lady Churchillová vie že cár tú depešu Napoleónovi odoslal

100 v priam ideálnom duševnom rozpoložení276

BRUSCON na druhej strane to nesmie byť vidieť Každopádne aspoň v Madride nie tam kde sa scéna odohráva Otvorenie Prada Variácie Retiroparku v pozadí /schová kapesník/ Na jednej strane to musíš vedieť na druhej strane na to musíš zabudnúť rozumieš čo tým myslím277

BRUSCON Táto kapitola ti absolútne chýba je to trápne že to vždy musím konštatovať Mohol si sebe aj mne ušetriť veľa rozčuľovania keby si bol čítal Spinozu nebola by potrebná táto fušerská diskusia278

BRUSCON Mal som v úmysle napísať komédiu v ktorej budú obsiahnuté všetky komédie ktoré kedy boli napísané Absurdná myšlienka bezpochyby Ale pre Bruscona nie nemožná každopádne /před sebe/ Najhoršia mysliteľná akustika

276 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 89ff. 277 Ebenda, S. 94. 278 Ebenda, S. 96.

101 Tu zabijem čo som napísal zámerne ale moja komédia prežije aj tie najťažšie podmienky /k Ferrucciovi/ Ľudia musia počuť čo sa hovorí ale nie príliš veľa počuť Ľudia musia vidieť čo sa ukazuje ale nie príliš veľa vidieť ako celá veľká dramatická literatúra funguje moja komédia na slove /chytne se za záda, zahřmí/ Po tomto večere sa už ani nepohnem tak zdravý ako som sa pohol z Gaspoltshofenu tak tu v Utzbachu skončím na smrteľnej posteli Utzbach Butzbach279

BRUSCON Istým spôsobom som vždy nenávidel lóžové divadlo lóžových divadelníkov280

BRUSCON Nájomné neprichádza do úvahy Sto deväťdesiat osem šilingov toľko som zaplatil za večeru v Riede v Inkreise /sehne se a zkouší rukama podlahu jeviště, hřmí/ Všetko práchnivé a plesnivé len aby sme to tu neprerazili

279 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 98ff. 280 Ebenda, S. 100.

102 ja by som si vlastne mal vypýtať odškodné že tu vôbec vystúpim281

BRUSCON ja som to tušil /Pani Brusconová, Sára a Ferruccio – jako Metternich – přicházejí v kostýmech, ale nenalíčení, a opět si sednou na židle. Bruscon, který si jich nevšimne, hledí do země. Hřmí./ Možno že škrtnem tretí výstup scénu s Churchillom sedemnástu scénu devätnástu scénu V Utzbachu nemusí celá komédia odznieť Sviniam Ale ide o vnútornú hygienu čínske nakvapkal nechcel zobrať honorár /zahřmí/ Podpísaný exemplár komédie ešte existujú slušní ľudia na vidieku Gaspoltshofen bol absolútny úspech /zahřmí/ V Predalpí je ľudskosť ešte doma v Alpách sú všetci skazení a kazení cudzinecký ruch ich zničil282

BRUSCON Také dve stovky tu môžu vzadu v sále stáť V Gaspoltshofene osemstotridsať divákov

281 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 100ff. 282 Ebenda, S. 104.

103 Ale Utzbach má len niečo cez dvesto obyvateľov Moja komédia je taká že jej rozumie aj ten úplne posledný úplne vzadu moja komédia je Umenie ja neobchodujem s tajomnom v istom zmysle som fanatikom pravdy283

BRUSCON Škandalisti Bigotnosť katolícka nevkusná284

BRUSCON Ale klamal by som /hřmí/ keby som tvrdil že v Gaspoltshofene moju komédiu pochopili Ľudia však nešetrili potleskom Stále ten prenikavý zápach chlieva Zvláštne rastení ľudia vysoko zaujímavé zmrzačenie /k hercům/ jeden mrzák na vozíčku zvláštne /dívá se skrz oponu, hřmí/ Nemôžeme Kolesom dejín točiť späť povedal som starostovi

283 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 108. 284 Ebenda, S. 108.

104 Môj kus je hlásnou trúbou stavu dejín povedal som starostovi /hřmí/ Revolucionár v istom zmysle umelec slovných hračiek ktorý nepohŕdne ani lacným vtipom /k hercům/ Sála sa plní pravdepodobne návštevníci z okolia vyzerajú na to Hlad po vzdelaní za kultúrou dychtiaci národ285

285 Bernhard, Thomas: Divadelník. (Der Theatermacher). Nápověda. Divadlo Na zábradlí, Praha, 1998. S. 111ff.

105 9. Anhang 2 Legende zum Regiebuch: aaa der im Regiebuch durchgestrichene Text wurde von mir hier in dieser Arbeit zur besseren Lesbarkeit unterstrichen abgebildet bbb der gelb unterlegte Text ist der handschriftliche Text im Regiebuch, der den durchgestrichenen Text im Regiebuch ersetzt aaa der grün unterlegte Text ist zusätzlich ergänzter, handschriftlicher Text aaa der gelb unterlegte und unterstrichene Text ist der Text, der ursprünglich den durchgestrichenen Text ersetzen sollte, dann aber wieder gestrichen wurde

9.1. Divadelník in Divadlo „Na zábradlí“ Regiebuch

Um eventuellen urheberrechtlichen Problemen zuvorzukommen wurde auf den Abdruck des Regiebuchs des Divadelník in der Onlineversion dieser Magisterarbeit verzichtet. Falls es für andere wissenschaftliche Arbeiten notwendig sein sollte, das gesamte Regiebuch einzusehen, kann dies jederzeit an der Masaryk Universität in Brno am Institut für Germanistik, Nordistik und Nederlandistik vorgenommen werden.

Ustav germanistiky, nordistiky a nederlandistiky Filozoficka fakulta Masarykovy univerzity Arna Nováka 1 602 00 Brno Ceska republika tel.:+420 549 49 7752 fax: +420 549 49 1529

106 9.2. Fotodokumentation

107 108 Abbildung 1: Teil des Programmhefts; Divadelník in "Na zábradlí"

109 9.3. Erlaubnis zur Publizierung des Regiebuches aus dem Theater Na zábradlí.

Da ich auch das Regiebuch des Stückes Der Theatermacher vom Theater Na zábradlí in dieser vorliegenden Diplomarbeit publizieren wollte, schrieb ich am 11. September 2012 eine Email an die Assistentin der Direktorin Doubravka Svobodová, worin ich um die Erlaubnis zum Abdruck bat. Dankenswerter Weise bekam ich die Erlaubnis dazu von der Assistentin der Direktorin, Marie Fišerová, in einer Email vom 14. September 2012.286

286 Von: Marie Fišerová [email protected] Antwort an: [email protected] An: Katarina Dadova Datum:14. September 2012 10:29 Betreff: RE: Divadelník

Schválila to ředitelka Doubravka Svobodová a dramaturgyně Ivana Slámová. Ještě Vás litovaly, že to bude větší příloha než celá diplomka. Zdravím!

Marie Fišerová asistentka ředitelky

Divadlo Na zábradlí Anenské nám. 5 115 33 Praha 1 IČ: 00064394

tel: 222 868 869 mobil: 603 46 19 17 fax: 222 868 867 mail: [email protected] www.nazabradli.cz

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