Die antiquarische Studie zu De antiquis Norici viis

von Ètienne Marie Siauve von 1812.

Text, Übersetzung und Studien.

DIPLOMARBEIT

zur Erlangung des akademischen Grades

Magister der Philosophie (Mag. phil.)

an der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät

der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck

vorgelegt von

Marco Disarò

eingereicht bei

assoz. Prof. Mag. Dr. Florian Schaffenrath

Innsbruck, März 2019

1

Inhaltsverzeichnis

I. VORWORT ...... 1

1 EINLEITUNG ...... 2

1.1 DIE ALTERTUMSWISSENSCHAFTEN UND DIE ANTIQUARISCHEN STUDIEN AN DER WENDE DES 18. UND 19. JAHRHUNDERTS IN VENEZIA GIULIA ...... 2 1.1.1 Die antiquarischen und literarischen Studien ...... 4 1.1.2 Die privaten Sammlungen, archäologischen Grabungen und Bewahrung des friulischen Kulturgutes ...... 8 1.2 ÈTIENNE MARIE SIAUVE – PRIESTER, KRIEGSKOMMISSAR, ALTERTUMSFORSCHER ...... 12 1.3 DIE SCHRIFTEN IM KONTEXT VON DE ANTIQUIS NORICI VIIS URBIBUS ET FINIBUS ...... 17

2 DIE WISSENSCHAFTLICHE KORRESPONDENZ IM 18. UND 19. JAHRHUNDERT ...... 19

3 DIE HISTORISCHEN QUELLEN ...... 23

4 INHALT UND STRUKTUR ...... 25

5 SPRACHE UND STIL ...... 28

6 TEXT - DE ANTIQUIS NORICI VIIS URBIBUS ET FINIBUS AD ERUDITOS TIROLENSES ET GERMANOS EPISTULA ...... 29

6.1 EDITIONSBERICHT ...... 29 6.2 TEXT ...... 30

7 ÜBERSETZUNG ...... 43

8 ERLÄUTERUNGEN ...... 55

II. APPENDIX ...... 82

III. LITERATURVERZEICHNIS ...... 97

IV. EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG ...... 102

0

I. Vorwort

Mein Dank gebührt zuvorderst dem Betreuer der vorliegenden Arbeit, Florian Schaffenrath, der mich auf das Werk des Ètienne Marie Siauve aufmerksam gemacht hat und mir bei Fragen, Zweifeln und

Korrekturlesungen stets beratend zur Seite gestanden ist.

Besondere Wertschätzung möchte ich an dieser Stelle meiner Familie und Freunden aussprechen, die mich in den Jahren des Studiums unterstützt haben.

1

1 Einleitung

1.1 Die Altertumswissenschaften und die antiquarischen Studien an der Wende des 18. und 19.

Jahrhunderts in

Es ist ein politisch und kulturell zerrissenes Land, welches die heutige Region Friuli Venezia Giulia zur Zeitenwende des 18. Jahrhunderts bietet. Seit knapp 300 Jahren fungiert das Gebiet als Spielball der damaligen Großmächte des Habsburgerreiches und der Republik Venedig. Während bis zur französischen Eroberung 1797 der venezianische Teil des Friuli von einer langjährigen Friedenszeit und einer sozialen Stabilität profitierte, wie viele andere Gebiete auf dem zur Republik Venedig gehörenden Festland, zeigt sich ein gänzlich anderes Bild im österreichischen Territorium des Friuli, wo es besonders im Isonzotal immer wieder zu Revolten von Bauern kam und diese rücksichtslos und ohne Skrupel niedergeschlagen wurden. Dies spiegelte sich auch in der Gesellschaft wider. Eine unangefochtene Aristokratie regierte in einem stark feudal geprägten System den habsburgischen Teil des Friuli, wohingegen das venezianische Friuli zumindest eine Kontinuität in den politischen Organisationen mit dem Parlament bewahren konnte. Die lange Phase des Friedens in der Region war aber vielmehr nur ein Trugbild der Realität.1 Statt einer florierenden Wirtschaft oder einer gesellschaftlichen Neuerung, die in einer solchen Friedensperiode möglich gewesen wären, war die Epoche von einer Stagnation geprägt, die nur die Folge des wirtschaftlichen Rezesses der Republik Venedig belegte. Vor allem nachdem Österreich seinen Einflussbereich auch auf die Adria ausgedehnt hat und mit der Inbetriebnahme des Hafens von Triest den Mythos der Adria als rein venezianisches Hoheitsgebiet zerschlagen hat. Daher verdeutlicht die friulische Krise bloß die venezianische Stagnation des gesamten politischen, wirtschaftlichen, sozialen und institutionellen Organismus, wie es Giuseppe Francescato und Fulvio Salimbeni erwähnen.2 Die Auswirkungen zeigten sich in den ländlichen Gebieten des Friuli, wo die Bevölkerung ein ärmliches und beschwerliches Leben führte. Die friulischen Bauern waren kaum in der Lage, die ihnen zur Verfügung stehenden Landgüter so zu kultivieren, dass sie davon Profit erzielen konnten. Hinzu kam, dass immer mehr Menschen das Land als Saisonarbeiter in das angrenzende Österreich oder Deutschland verließen, auch wegen den häufigen militärischen Überfällen oder den wiederholten Epidemien.3 1759 offenbarte eine epizootische Epidemie, die

1 FRANCESCATO/SALIMBENI 1977, 155f. 2 FRANCESCATO/SALIMBENI 1977, 155f. 3 FRANCESCATO/SALIMBENI 1977, 155f. 2 für den Tod von 12.000 Rindern verantwortlich war, die Ausmaße einer solchen Katastrophe4. Um diesem Verfall entgegenzuwirken, wurde 1762 die erste Accademia agraria der Republik Venedig in gegründet. Diese Akademie setzte sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts für eine Landwirtschaft ohne Zwänge einer Leibeigenschaft ein, ferner sollte sie befreit sein von feudalen Verpflichtungen und den Bauern das Recht auf freien Handel zusichern.5 Darüber hinaus verbesserte sich die Situation durch die Einführung neuer agrarischer Produkte wie Mais oder durch den Versuch, einen neuen wirtschaftlichen Produktionszweig mit der Seidenindustrie im Friuli zu etablieren, die ihren Höhepunkt am Beginn des 19. Jahrhunderts erreichte.6 Diese Art von Akademien florierte in der Mitte des 18. Jahrhunderts in ganz Italien und ging überwiegend aus bereits bestehenden Institutionen hervor, die sich der Poesie und Rhetorik widmeten.7 Der Diskurs der Accademia agraria richtete sich auf die Problematik der Kultivierung der Anbauflächen oder auf neue Mechanismen und Methoden zur Intensivierung der Landwirtschaft, die als primäre Quelle des Reichtums eines Staates galt8. Dementsprechend vertrat auch ihr bedeutendster Vertreter Antonio Zanon den Ansatz, dass in Udine, so wie es schon an vielen anderen Akademien in Italien geschah, die Studien zur Landwirtschaft und des Handels an erster Stelle stehen sollten, während Studien zur Linguistik, Künsten oder den Altertumswissenschaften lediglich eine Nebenrolle spielen sollten9.

4 MARCONE 2007, 40. Zu den Studien der Accademia agraria di Udine siehe allgemein MARCONE 2007 Lo studio dei testi scientifici latini tra settecento e ottocento alla luce del rinnovamento culturale delle Venezie. 5 MARCONE 2007, 39. 6 FRANCESCATO/SALIMBENI 1977, 156. 7 MARCONE 2007, 40. 8 MARCONE 2007, 40. 9 FRANCO 2007, 5. 3

1.1.1 Die antiquarischen und literarischen Studien

Parallel zu den ökonomischen und agrarischen Überlegungen bildet sich schon seit der Institution der Accademia degli Sventati 1606 in Udine ein Autonomiebestreben gegenüber der Republik Venedig und die Suche nach einer eigenen friulischen Identität, die sich in erster Linie in der Sprache bemerkbar machte.10 Dennoch verbreiteten sich die neuen aufklärerischen Ideen in der Region des Friuli nur sehr langsam. Dies lag nicht unbedingt an der relativ isolierten kulturellen Position, sondern vielmehr an einer sehr konservativen Verschlossenheit gegenüber sämtlichen neuen Ideen seitens der herrschenden venezianischen Oberschicht, die darin eine Schwächung ihrer Position sah und dementsprechend auch bemüht war, diese liberalen Reformen zu unterdrücken oder zumindest doch wenigstens ihre Entwicklung zu verlangsamen.11 So war auch die friulische Oberschicht von höheren venezianischen Ämtern ausgeschlossen, und man blickte neidisch auf den habsburgischen Teil des Friuli, wo den Adeligen solche Positionen nicht verwehrt blieben. Somit ist es auch nicht verwunderlich, wenn sich in der Region und der Bevölkerung eine antivenezianische Haltung einstellte, die sich sowohl in der friulischen Sprache als auch in den literarischen und antiquarischen Studien bemerkbar machte. 12 Vor allem in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden häufiger historische Debatten zu Fragen des lokalen Territoriums, der Städte, der einzelnen Gemeinden oder der allgemeinen Ereignisse, die sich auf regionaler und kommunaler Ebene abspielten und zum Anstoß von historischen Untersuchungen führten.13 Ein großes Problem bestand hierbei in der Verbreitung des neuen schriftlichen Wissens, das sich nur sehr langsam in den kulturellen Zentren verbreitete, wenn man an den heimischen Büchermarkt denkt oder an die vorherrschende Zensur.14 Ein kulturelles Zentrum für literarische und antiquarische Studien bildete hierbei die Stadt Udine, die in ihrer Geschichte am längsten unter venezianischem Einfluss stand und ebenso Sitz der Patriarchen von Venedig war.15 Um sich der regionalen Kultur bewusst zu werden, ist es für Carlo Franco von hoher Bedeutung, auch die Orte oder die Umgebung, in welchen die Kultur eingebettet war, zu erforschen16. Einer dieser Orte ist die Accademia von Udine, welche schon 1606 unter dem Namen Accademia degli Sventati gegründet wurde.17 Zu einem Aufschwung in den antiquarischen Studien in Udine kam es durch die Ankunft des Barnabiten Angelo Maria Cortenovis im Jahre 1764, der zuvor als Lehrer in Macerata, Pisa und

10 FRANCESCATO/SALIMBENI 1977, 156. 11 FRANCESCATO/SALIMBENI 1977, 159. 12 FRANCESCATO/SALIMBENI 1977, 159 - 162. 13 REBAUDO 2007, 183. 14 FRANCO 2007, 3. 15 FRANCESCATO/SALIMBENI 1977, 160. 16 FRANCO 2007, 4f. 17 FRANCESCATO/SALIMBENI 1977, 156. 4

Mailand tätig war und in Udine zum Sekretär der Akademie ernannt wurde.18 Nach seiner Ankunft widmete er sich besonders den antiquarischen Studien. Nennenswert in dieser Hinsicht sind seine Untersuchungen zu den antiken epigraphischen Inschriften, die er während seiner Reisen nach , Zuglio, oder sammelte.19 Seine historischen Aufzeichnungen zu den Inschriften, den Ruinen oder den archäologischen Stätten, die er auf seinen Reisen sorgfältig dokumentierte, waren häufig Gegenstand seiner brieflichen Korrespondenz mit engen Freunden, die dieselbe Leidenschaft für die Antike hegten. Von seinen Schriften, in Form von Briefen, Traktaten oder Notizen, hat er selbst keine publiziert. Was von den Schriften noch erhalten war, wurde erst Jahre später vom Abt Iacopo Pirona gesammelt und herausgegeben.20 Seine Bemerkungen zu Geschichte, Philosophie oder Wissenschaft wurden unter dem Titel Adversaria ediert, die Notizen zu seinen Reisen, historischen Aufzeichnungen, Berichte zur Archäologie etc. hingegen unter dem Titel Opuscula herausgegeben. Ein weiterer wichtiger Beitrag von Angelo Cortenovis war das Werk Correzioni ed aggiunte alle Antichità d’Aquileja del Bertoli21. Heute aufbewahrt in der Biblioteca Civica di Udine, das glossenhaft nicht edierte Notizen und Korrekturen zu Inschriften enthielt, und erst Jahre später ebenso vom Iacopo Pirona publiziert wurde. Durch seine Tätigkeit als Lehrer nutzte Cortenovis im Sommer immer wieder die Gelegenheit, dem Werk weitere epigrafische Inschriften hinzuzufügen.22 An der Schwelle des 19. Jahrhunderts förderte die Accademia di Udine vorwiegend wieder die naturwissenschaftlichen Studien, besonders jene der Landwirtschaft und der Medizin, und zeigte daher nur geringes Interesse an archäologischen oder klassischen Themen. Federführend in diesen historischen Disziplinen war der Abt Iacopo Pirona (* 1789 - † 1870), der in zwei Vorträgen Per i monumenti storici del Friuli, die er in den Jahren 1832 und 1833 hielt, die Bedeutung einer Organisation für die Geschichte der Heimat hervorhob. Seine kritischen Hauptargumente waren zunächst, dass es an einer allgemeinen Recherche der Historie des friulischen Gebietes gänzlich fehle. Ebenso herrsche ein mangelndes Wissen und Bewusstsein für die Ereignisse, welche sich über die lokalen Grenzen erstrecken. Darüber hinaus bestünde auch die Gefahr eines gravierenden Verlustes von Denkmälern oder von literarischen Schriften, solange kein Museum oder entsprechendes Archiv dafür vorgesehen wird. Pirona richtete daher seinen Vorschlag an die Accademia di Udine, die die Dokumente im Archivio Storico Friulano sammeln sollte.23

18 BUORA 2007, 148. 19 BUORA 2007, 153f. 20 SCALON 2009. 21 Die autographischen Glossen der Antichità des Bertoli sind in BCUd, ms f. princ. 150 zu finden. Die Kopie von Iacopo Pirona ist das Manuskript BCUd, ms. f. princ. 594. Vgl. REBAUDO 2007, 186, Anm. 24. 22 SCALON 2009. 23 FRANCO 2007, 6. 5

Ein Blick auf das restliche Italien zeigt aber, dass das Interesse an der kommunalen Geschichte kein reines friulisches Phänomen ist. Es besteht eine generelle Tendenz, die historisch antiquarischen Studien der Epoche auf eine lokale und regionale Dimension zurückzuführen. Darüber hinaus kam es im Umfeld der Akademie von Udine zu einem steigenden Interesse an privaten Sammlungen, bestehend aus Inschriften oder antiken Fragmenten, und an der Numismatik.24 Man verstand schon seit dem 16. Jahrhundert den Wert und die Bedeutung, den man aus diesen beiden Disziplinen für die Geschichte ziehen konnte und die sich bis in die Gegenwart erstrecken, wie die Schrift von L. Schrader Monumentorum Italiae, quae nostro hoc saeculo et a Christianis posita sunt libri quattuor (Helmstedt, 1592) zeigt oder die in heutiger Zeit Deutsche Inschriften - Reihe oder auch der Thesaurus epitaphorum veterum ac recentium von Ph. Labbe.25 Josef Ijsewijn schreibt hierzu „Not only they are witnesses to the culture of former generations, but often enough they contain historical information nowhere else to be found”.26 Doch wie es auch schon mit antiken Reliquien von Heiligen passierte, konnten antike Inschriften auch missbraucht werden, um den römischen Ursprung einer Stadt zu belegen oder um eine adelige Familie auf ihre römischen Wurzeln zurückzuführen. Bereits 1908 sind schon knapp 10.000 pseudo-klassische Fälschungen von humanistischen Inschriften bekannt, die für diese Zwecke genutzt wurden. So machten Betrüger besonders im 19. Jahrhundert ein lukratives Geschäft daraus, indem sie solche Fälschungen an Pilger verkauften.27 Neben ihrer Funktion als Weihe- oder Ehreninschriften auf antiken Steinen, sind Inschriften aus moderner Zeit vorwiegend auch auf Kirchenglocken, Münzen, Gemmen oder Stempeln zu finden. Hauptsächlich noch in lateinischer Sprache hatten diese Inschriften oft einen politischen Inhalt, der in wenigen Worten auf eine Münze oder Gemme komprimiert werden musste und daher auch oft aus Abkürzungen bestand.28 Eine neue literarische Form der Inschriften stellten die Ellogia dar, die im 17. Jahrhundert Schriftsteller wie Emmanuele Tesauro (* 1591 - † 1675) für verschiedene Anlässe wie Geburten, Hochzeiten oder Begräbnisse nutzten. Dabei verfasste man ganze Geschichten oder Biographien in epigraphischem Stil, der sich in ganz Europa verbreiten sollte und sich bis ins 19. Jahrhundert fortsetzte.29 Wie bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts von Gian Giuseppe Liruti versucht, standen die antiken epigraphischen Studien im Bemühen entweder zu einem corpus zusammengefügt zu werden oder

24 BUORA 2007, 153. 25 IJSEWIJN 1998, 365. 26 IJSEWIJN 1998, 365. 27 IJSEWIJN 1998, 367. 28 IJSEWIJN 1998, 372. 29 IJSEWIJN 1998, 374. 6 führten zu Publikationen von spezifischen Studien, die an bestimmte Texte geknüpft waren. Ein Name, der in dieser Periode heraussticht, ist Graf Gian Rinaldo Carli Rubbi (* 1720 - † 1795). Während seinen Studien befasste er sich vorwiegend mit den istrischen Regionen und führte unter anderem 1750 auf eigene Kosten eine Grabung im Amphitheater von Pula durch, das wohl bedeutendste der Regio X Venetia et Histria. Wissenschaftlich modern an seinen schriftlichen Aufzeichnungen zu den Grabungen sind seine Bemerkungen, die sich auf die Funde und nicht so sehr auf das Monument selbst richteten. Einige Jahre später verfasst Carli nochmals einen ausführlichen Bericht in seinem Werk Delle Antichità Italiche, in dem er das Amphitheater von Pula, neben dem Kolosseum von Rom, auch dem von Santiponce in Spanien gegenüberstellt. 1791 beendete der Graf schließlich die Arbeit zu Delle Antichità Italiche, das als Grundlage für die nachfolgende Forschergeneration dienen sollte.30 Bedeutende Zentren für die Verbreitung von historischem Wissen und antiker Kultur waren vor allem auch Schulen, wie das bischöfliche Seminar oder das humanistische Gymnasium in Udine. Der Gelehrtenkreis, der hier unterrichtete, stammte vorwiegend aus den Kirchenreihen und widmete sich den klassischen Disziplinen wie Latein, Griechisch oder eben auch der Geschichte. Wie zuvor schon in Padua und Venedig, verbreiteten sich durch die Professoren dieser Schulen poetische Kompositionen, Gelegenheitsdichtungen, sowohl in lateinischer als auch in italienischer Sprache, und ebenso Editionen oder Übersetzungen antiker Werke. Im Erbe der panlatinistischen Kultur, welche das neoklassische Italien dominierte, ragt Piero Peruzzi hervor, Lehrer am bischöflichen Seminar, durch seine Verse im Stil des Horaz und durch seine Nachahmungen der virgilischen Gedichte.31 In der Zwischenzeit fanden die Verlagsinitiativen jener Zeit ein breiteres Publikum, vor allem die der Gebrüder Mattiuzzi, deren Verlagshaus als intellektuelles Zentrum des Friuli galt.32 Nach diversen Ausgaben, wie jene der Eklogen des Vergil mit einer italienischen Übersetzung von Quirico Viviani33 (1824), war ihre wichtigste Publikation in den klassischen Studien wohl jene des Vitruv. Zweifellos eine herausfordernde Aufgabe, die die Edition des Textes in vier Büchern und acht Bänden vorsah als auch eine italienische Übersetzung. Die Edition des Vitruv nahm dabei die unvollständigen Studien des Pioniers Giovanni Poleni wieder auf, der Kommentar wurde anhand der Unterlagen von Giulio Pontedera und von Kommentaren, wie Philander, der Humanist Claude Saumaise oder der Franzose Charles Perrault, verfasst.34 Die Praefatio sowie die Übersetzung wurde von Quirico Viviani durchgeführt, der als führender Mitarbeiter der Gebrüder Matiuzzi galt

30 REBAUDO 2007, 183f. 31 FRANCO 2007, 15. 32 FRANCO 2007, 15f. 33 Quirico war lediglich ein Synonym. Sein richtiger Name lautete Pier Domenico. Vgl. FRANCO 2007, 17. 34 FRANCO 2007, 16. 7 und nebenbei auch für die Übersetzung der historia Langobardorum des Paulus Diaconus verantwortlich war.35 Der Abt selbst, Lehrer am humanistischen Gymnasium von 1808 bis 1821, wurde wegen seines zügellosen Lebens von den schulischen Pflichten befreit und auch sonst war er eher als dubiöse Persönlichkeit bekannt.36 So kommt es, dass Viviani die Lorbeeren der editorischen Tätigkeit für das Werk des Vitruvs gänzlich für sich beanspruchte und man erst Jahre später die bedeutende Rolle von Piero Peruzzi erkannte, der die unvollständigen Unterlagen von Giovanni Poleni komplettierte.37

1.1.2 Die privaten Sammlungen, archäologischen Grabungen und Bewahrung des friulischen Kulturgutes

Für den österreichischen Teil des Friuli repräsentiert die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts eine unauffällige Periode in den historischen und antiquarischen Studien. Literarische Schriften wie jene von Carli Rubbi zu archäologischen Stätten sind eine Seltenheit. Die Verantwortung trug damals die Commissione delle Fabbriche von ,38 die durch örtliche Behörden und Inspektionen der Polizei agierte, und nahezu jede Ausgrabung unter der Voraussetzung genehmigte, dass die Privatpersonen das wiedergewonnene Material bezahlten oder wichtige Funde übergaben, aber dafür eine Entschädigung erhielten. 1763 erfolgte die Trockenlegung der Sumpfgebiete um die Region von Aquileia und mit einem Schreiben von 1766, sicherte Maria Theresia den Bewohnern von Aquileia Privilegien und Pflichten am Ende der Fertigstellung des Projektes zu. Dies bedeutete aber nichts anderes als einen Beitrag an die Cesarea Regia Suprema Commerciale Intendenza del Litorale zu bezahlen als Entschädigung für das Ackergebiet, das durch die Trockenlegung zur Verfügung gestellt wurde. Die in Erscheinung tretenden historischen Funde im Zuge der Trockenlegung durften die Eigentümer behalten, wohl um Proteste und Beschwerden aus dem Weg zu gehen und die Bevölkerung milde zu stimmen. Diese tolerante Haltung hatte man auch gegenüber den illegalen Grabungen, die ein trauriges Ausmaß annahmen.39 So ist es auch kein Zufall, dass im restlichen Gebiet von Friuli private Sammlungen von interessierten Gelehrten, angefangen von einfachen, unbedeutenden Fundstücken, Münzen, Skulpturen oder Inschriften, entstanden. Immer wieder fand man in Hinterhöfen von alten Gebäuden oder verbaut in deren Wänden architektonische und epigraphische Überreste der

35 FRANCO 2007, 16. 36 FRANCO 2007, 17. 37 FRANCO 2007, 17. 38 ab 1783 wurde sie umbenannt in Direzione provinciale delle fabbriche e strade. Vgl. REBAUDO 2007, 188. 39 REBAUDO 2007, 188f. 8 antiken Zeit. Schon seit dem Mittelalter sah man es als selbstverständlich an, sich an den antiken Ruinen zu bedienen, um deren Steinblöcke, die verstreut auf dem Boden aufgrund des Einsturzes herumlagen, oder einzelne Stücke für seine eigenen Zwecke zu nutzen. Unter diesen befanden sich eben auch Inschriften, denen man zum Ende des 18. Jahrhunderts in den antiquarischen Studien nur einen geringen Wert beilegte. In einigen Fällen überlebten die Inschriften dank mancher Gelehrten in Form von Aufzeichnungen oder Transkriptionen. Eine erwähnenswerte Sammlung an Inschriften blieb durch Girolamo Moschettini (* 1755 - † 1832) erhalten. Die Adelsfamilie Moschettini gehörte zu den wohlhabendsten Landeigentümern von Aquileia und ihnen wurde 1766 sogar der Titel Cives Nobiles Aquileienses von Maria Theresia verliehen. Neben seiner Sammlung an antiken Skulpturen, Gemmen oder Münzen, ist auch dessen Tätigkeit als Verantwortlicher für die Grabungen in Aquileia zwischen 1815 und 1832 hervorzuheben.40 1824 verbaute Moschettini die Fragmente der Inschriften aus seiner Sammlung, die zwischen 1780 und 1814 entstand, in die Außenmauer einer kleinen Hütte, die auf seinem Landgut stand. Von den lokalen Nachrichtenzeitungen wurde das Gebäude abfällig als Stall tituliert, doch war die Intention von Girolamo Moschettini eine gänzlich andere. Er bemalte einige Inschriften an der Ostwand des Gebäudes, sodass es nicht nur selbst wie ein Museum wirkte, sondern auch sehr der Fassade der Accademia di Udine ähnelte.41 Doch nicht nur Inschriften befanden sich unter seinen Stücken, ebenso eine Handvoll an Sarkophagen, eine Widmung an Mitras, gefunden in der Kirche Santo Stefano, ein Votivaltar des L. Tagathus an die Diana augusta (CIL V, 0722) oder auch Grabstelen. Hinzu kamen noch weitere hunderte von Einzelstücken wie Münzen, Glasfragmente, Fibeln oder Urnen, welche die umfangreiche Sammlung des Forschers ausmachten.42 Ein positiver Aufschwung für die friulische Kulturgeschichte ist die zweite französische Okkupation im Jahre 1805, nachdem Napoleon bereits 1797 vor den Toren des Friuli stand. Mit der Drei Kaiserschlacht von Austerlitz beendete Bonaparte den dritten Koalitionskrieg gegen den Habsburger Kaiser Franz I. und den russischen Zaren Alexander I. Die Region des Friuli wird daraufhin dem Königreich Italien zugeteilt, das Napoleons Stiefsohn und Vizekönig von Italien Eugène de Beauharnais verwalten sollte. Die Gebiete von Trieste, Gorizia und Gradisca blieben habsburgisch, Friuli wurde in fünf Departements (Tagliamento, Bacchiglionie, Adriatico, Passariano und Istria) unterteilt mit Udine als Sitz der Präfektur und Hauptstadt des Departements von Passariano. Der in Udine ansässige Präfekt Teodoro Somenzari (* 1777 - † 1859) sollte sich nicht nur als kompetente Persönlichkeit in seinem Arbeitsgebiet der Präfektur erweisen, sondern sich auch als wertvoller Wegbereiter für die Bewahrung archäologischer Hinterlassenschaften

40 SCALON 2009. 41 BUORA 2007, 160. 42 REBAUDO 2007, 190f. 9 auszuzeichnen.43 Die französische Herrschaft wurde in den Reihen der Oberschicht hauptsächlich positiv aufgenommen und die Bevölkerung goutierte weitestgehend die neuen progressiven Ideen und revolutionären Ideale für eine Erneuerung der Gesellschaft im Licht der Aufklärung. Diese konkurrierten lediglich mit den ambitionierten urbanen Projekten der neuen französisch-italischen Regierung, wie dem Friedhof, der Piazza del Giardino oder dem Krankenhaus Santa Maria della Misericordia. Zu diesen guten Verhältnissen der ansässigen Bevölkerung mit den neuen Herrschern hat sicherlich die Tatsache beigetragen, dass die Region des Friuli von den kriegerischen Handlungen größtenteils verschont geblieben war. Um die französische Herrschaft zu legitimieren, förderte man gänzlich eine Außendarstellung, die darauf abzielte, die bestehende Ordnung mit der antiken römischen Kaiserzeit in Verbindung zu bringen. Die Auswirkungen zeigten sich in den reich verzierten Villen und den privaten Palästen der Adeligen, die ganz im Stil der römischen Antike eingerichtet waren.44 Die Veränderungen der napoleonischen Besetzungsphase bringen jedoch nicht nur gesellschaftliche oder territoriale Neurungen mit sich. Es soll auch zu einem neuen Verständnis des kulturellen Erbes kommen. Neben dem wissenschaftlichen Fortschritt und technischem Niveau war die Forschung in Aquileia in jener Hinsicht bedeutend, denn anders als heute war das lokale Interesse nicht von den Ausgrabungen der römischen Vergangenheit bestimmt, sondern vom Diskurs des Patriarchats, der bis zum 18. Jahrhundert die Debatten um die politische Legitimität von Aquileia beschäftigten sollte. Auch administrativ nahm die Stadt mit ihrer Zugehörigkeit zum adriatischen Departement eine Sonderrolle ein, da es somit zu Venedig gehörte. Das lokale Interesse an der antiken Hinterlassenschaft von Aquileia sollte aber 1805 durch die Ankunft des französischen Kriegskommissars Ètienne Marie Siauve45 in Udine wieder bestärkt werden. Sein Forschungsinteresse richtete sich dabei nicht nur auf die Städte Aquileia, Zuglio oder Cividale, sondern auch auf den Versuch, die klassischen Studien an der Accademia di Udine wieder zu beleben und sie aus ihrem klerikalen Umfeld zu lösen.46 Seine Erfahrungen in dieser Forschungsrichtung und ein Schreiben von Leopoldo Zuccolo verstärkte seine Sorgen um den alarmierenden Zustand des aquileischen Kulturgutes und die Notwendigkeit einer öffentlichen Einrichtung, die die Funde, Fragmente oder Kunstgegenstände sammeln und bewahren sollte. Erst 1807 ist eine solche Einrichtung mit dem Namen Museo Eugeniano gegründet worden.47 Das Museum war nach französischem Modell konzipiert und sollte über das Konzept einer privaten Sammlung

43 REBAUDO 2007, 191f. 44 REBAUDO 2007, 192f. 45 Zum Leben und den Forschungen in Friuli von Ètienne Marie Siauve siehe Punkt 1. 2. 46 FRANCO 2007, 18f. 47 REBAUDO 2007, 195. 10 hinausgehen.48 Ètienne Siauve hob sich jedoch in einer weiteren Hinsicht von den Forschern seiner Zeit ab. Und zwar durch seinen Vorschlag, archäologische Grabungen gänzlich unter staatliche Kontrolle und Finanzierung zu stellen. An und für sich wird dies bereits seit Jahrzehnten in den säkularen Zentren der Toskana, in Rom oder in Neapel praktiziert, und darüber hinaus bestand sogar eine gesetzliche Grundlage gegen die Ausfuhr von Kunstobjekten, dennoch diente es vielmehr dazu, die Interessen der öffentlichen Sammlungen zu bewahren oder mit anderen Worten ausgedrückt, dem Staat wurden somit die Vorkaufsrechte für Kunstobjekte gesichert. Das Prinzip von Siauve sah hingegen vor, dass der Staat die archäologischen Grabungen und Studien nicht Privatpersonen überlassen sollte und die Verantwortung für institutionelle Einrichtungen in loco zur Erhaltung und Bewahrung der Kulturgüter übernehmen sollte, um in letzter Instanz schließlich durch die Dokumentation der Funde und der Grabung das Schaffen neuer Publikationen voranzutreiben. Mit diesem Vorschlag konnte der Forscher auch den Vizekönig von Italien überzeugen, wodurch 1807 die Grabung in Aquileia begann und bis 1813 andauern sollte, bevor sie in den Folgejahren brach lag und erst in den 60er und 70er Jahren des 19. Jahrhunderts von österreichischen Verantwortlichen wieder aufgenommen wurde.49

48 FRANCO 2007, 20. 49 REBAUDO 2007, 195f. 11

1.2 Ètienne Marie Siauve – Priester, Kriegskommissar, Altertumsforscher

1757 kam Ètienne Marie Siauve im französischem St. Ètienne en Forez, südlich des heutigen Lyon, als Sohn des wohlhabenden Kaufmannes Mathieu Siauve und Francoise Peyssoneaux zur Welt.50 Während seiner jungen Jahre genoss er eine religiös geprägte Erziehung und Ausbildung, die ihn in das nur wenige Kilometer entfernt gelegene Örtchen La Ricamarie verschlug, wo er als Vikar tätig war. Geprägt durch die Ideale der französischen Revolution, welche sich in der Folge flächendeckend in ganz Frankreich verbreiteten, unterzeichnete er am 1. Juni 1790 gemeinsam mit weiteren Kirchenangehörigen ein Schreiben gegen die parlamentarische Initiative des Abgeordneten Christophe Antoine Gerle, die vorsah, den Katholizismus als einzige nationale Religion zu etablieren. Daraufhin adressierte Siauve die Assemblèe nationale und unterbreitete in seinem Werk Observations sur l’education den Vorschlag, die nationale Erziehung unter staatliche Obhut zu stellen51. Schließlich wurde er in die Gemeinde Ampuis versetzt, wo er sich bis November 1792 aufhielt. Im Laufe seines Aufenthaltes in der Gemeinde verfasste der junge Geistliche einen Dialog zum Priestertum im republikanischen Staat und einen weiteren, in dem er König Ludwig XVI. eine paradoxe Verteidigung der zivilen Konstitution des Klerus anvertraute. In dieser Periode zeichnete sich schleichend ein gewisses Ressentiment gegenüber dem traditionell konservativen Katholizismus ab, der in einem politischen Diskurs, unterstützt durch die Societés populaires, kulminierte und anstelle von Klerikern zivile Messdiener an ihrer Stelle vorsah, die Siauve als propagateurs de la raison definierte. Nachdem sich Ètienne zwischenzeitlich auch zum Redakteur des Feuille Villagoise etablierte, das sich unter Philippe Antoine Grouvelle in ein Organ der antiklerikalen Propaganda transformierte, kam es 1792 zum endgültigen Bruch mit der Kirche und der Priester Siauve wurd im Kuratel von Ampuis von seiner Aufgabe als Vikar endgültig abgelöst.52 Dank seiner guten Kontakte zum Kriegsminister Joseph Servan de Gerbey erhielt der Franzose 1793 einen Posten als Kriegskommissar der Armée des Alpes. Doch das Jahr sollte nicht nur berufliche Veränderungen mit sich bringen, sondern auch private, indem er Éléonore Carret zur Frau nahm. Suspendiert vom Dienst aus unbekannten Gründen zwischen den Jahren 1795 und 1798, kehrte Siauve 1799 nach einem kurzen Intermezzo als Journalist und Politiker wieder in die Armee zurück, abgeordnet in die erste Division der Armée d’Italie, welche unter dem Kommando des General Suchet stand.53

50 REBAUDO 2011, 3158. 51 REBAUDO 2011, 3158 sowie VIGI FIOR 1993, 84, Nr. 5. 52 REBAUDO 2011, 3159. 53 REBAUDO 2011, 3160f. 12

Als Kriegskommissar, vorwiegend stationiert im Norden Italiens, richtete sich sein Interesse auf die historischen und archäologischen Forschungen. Erstmals wird Siauves Präsenz in Italien am 28. August 1800 in Cremona dokumentiert, wo er einen Vortrag in der lokalen Akademie der Wissenschaft und Künste abhielt. Nach dem Ende des zweiten Koalitionskrieges und der Unterzeichnung des Vertrags von Lunéville am 9. Februar 1801 war Siauve in der Garnison in Mantua stationiert, wo er gemeinsam mit dem militärischen Gouverneur Sextius Alexandre de Miollis ein Manifest zu Ehren von Publius Vergilius Maro erstellte, dem an der ehemaligen Piazza dell’Argine, nun Piazza Virgiliana, ein Denkmal errichtet wurde. 1802 kehrte er nochmals nach Frankreich zurück, wo er zurückgezogen in Poitiers, sich im Auftrag der Societé d’émulation den antiken und mittelalterlichen Monumenten des Départments widmete und 1803 auf eigene Kosten Grabungen in der Kirche des hl. Johannes von Poitiers durchführen ließ, dessen Ergebnisse er in den Mémoires sur les Antiquités du Poitou veröffentlichte.54 Drei Jahre später gelangte er mit dem französischen Heer wieder nach Italien, genau genommen nach Udine, und in privater Angelegenheit auch nach Ljubljana, wo er sowohl in enger Freundschaft und regem Austausch mit dem Philologen Ziga Zois stand, als auch mit dem Franziskaner Valentin Vodnik mit dem er die Ruinen von Emona sowie die Topografie Noricums erforschte55. Dabei unternahm er mehrere Reisen in die Städte Cividale, Aquileia, Zuglio und Pula. Zu Pula soll er dem Minister Ludovico Arborio Gattinara, Graf von Sartirana Marquis von Breme eine ethnographisch-archäologische Abhandlung versprochen haben, welche Siauve aber nie fertigstellte oder womöglich verloren ging. Während seinem Aufenthalt in Udine begann Siauve sich mit der regionalen Geschichte auseinanderzusetzen, im besonderen Maße interessierte er sich für Aquileia und Zuglio. Die Voraussetzungen für seine Forschungen konnten in Anbetracht des dortigen Zustandes und Verfalls der antiken Kulturstätten jedoch nicht schlechter sein. Unter der habsburgischen Regierung gehörte es fast zur Normalität wertvolle Kunstwerke oder antike Objekte teils für private Sammlungen zu erwerben oder teils zu verschenken. Der Gedanke an ein materielles Erbe für nachfolgende Generationen spielte dabei nur eine periphere Rolle. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erfüllte unter habsburgischem Einfluss lediglich die 1780 in Görz gegründete Accademia degli Arcadi eine äußerst bescheidene Wahrung von Kulturgütern,

56 welche Skulpturen, Münzen, Fragmente, etc. sammelte, doch lediglich für eigene Zwecke. Eine Sensibilisierung für ein historisches Erbe fand in dieser Hinsicht kaum oder nur wenig statt. Leopoldo Zuccolo wandte sich in einem Brief an Antonio Liruti, Sekretär der Präfektur des

54 REBAUDO 2011, 3161. 55 Zu Valentin Vodnik und Ètienne Siauve siehe allgemein ŠAŠEL KOS 2007. 56 REBAUDO 2007, 188. 13

Ministeriums von Passariano, über die damaligen Missstände, die dort herrschten, das im nachstehenden verdeutlicht wird:

“I lavori attuali di Aquileia tendono da una parte a distruggere il lungo tratto di quelle antichissime e forti muraglie Romane, a circa due uomini d’altezza, che formavano il recinto e sono situate nella linea dietro il Duomo, dall’altra parte mirano a distruggere un altro più lungo tratto di alte e visibili fondamenta, pezzo di ricinto, opera di Teodosio il grande, già poste fra un campo e la strada pubblica, e già nella linea e contorni del cosi detto muro forato, ch’era l’unico torrione noto anco agli scrittori ed il quale più della metà intero esisteva e da pochi anni è demolito fino rasente terra. […] Non si rispetta nemmeno un patto chiuso dagl’acquirenti col sig. barone Bresciani, per cui venne proibita demolizione e scavo di sorta lorché vendette quelle località; e per lo innanzi quando volevasi demolire, si chiedeva ed ottenevasi la licenza dalle autorità austriache, lontane e male informate, come sopra dissi.“57

Aus diesem Grund verfasste Siauve ein Mémoires an den Vizekönig Eugène de Beauharnais.58 Inhalt dieses Schreibens war eine für damalige Verhältnisse moderne Sichtweise, die zur Bewahrung und Erforschung des friulischen Kulturgutes führen sollte. Darin war die Errichtung eines sicheren und geeigneten Aufbewahrungsortes59 für Kulturgüter vorgesehen. Die zukünftigen Grabungen sollten unter staatlicher Aufsicht durchgeführt werden.60 Des Weiteren war vorhergesehen, diese

61 Grabungen einem Verantwortlichen anzuvertrauen und eine Kommission von Experten einzusetzen, bestehend aus Zeichnern und Architekten, welche die Funde erforschen, katalogisieren beziehungsweise Skizzen anfertigen und publizieren sollten sowie dafür Sorge tragen sollten, dass sie an einem geeigneten Ort aufbewahrt werden62. Wohl durch seine rationale und moderne Darlegung gelang es Siauve, den Vizekönig von Italien für sein Anliegen zu gewinnen, welches von Beauharnais positiv beurteilt wurde63. Unter dem gefassten Beschluss des Vizekönigs, fanden sich Siauves sämtliche Vorschläge, unter anderem das Heranziehen des Malers Leopoldo Zuccolo als Zeichner und Aufseher der Grabung, die Reparatur des Kirchendaches von Aquileia, die Dokumentation der Funde sowie auch die Zerstörungen von Monumenten oder antiken Mauern ohne direkte Kommunikation und Erlaubnis des zuständigen Präfekten zu untersagen.64

57 Zit. nach REBAUDO 2007, 189f. 58 Eugène de Beauharnais (* 1781 - † 1824), Stiefsohn Napoleons aus seiner ersten Ehe mit Joséphine de Beauharnais und ab 1805 Vizekönig von Italien. 59 Siauve brachte hierfür die Kirche von Aquileia ins Gespräch. Zu Ehren des Vizekönigs wurde der Name der Örtlichkeiten später in Museo Eugeniano umgeändert. 60 In diesen Mémoires lag der Fokus jedoch nicht nur auf Aquileia, auch die Funde und archäologischen Stätte von Zuglio, Concordia und Gemona sollten erforscht und bewahrt werden. Vgl. VIGI FIOR 1993, 85. 61 Was die Kommission betrifft, sollte diese ebenso aus Gelehrten der Accademia di Udine bestehen. 62 REBAUDO 2007, 195 sowie VIGI FIOR 1993, 89. 63 Das Schreiben wird bereits wenige Tage nach Einlangen vom Vizekönig am 05. Jänner 1807 unterzeichnet. 64 VIGI FIOR 1993, 89. 14

Den stagnierenden Vorgängen angesichts eines fast zerstörerischen Vandalismus der vorigen Jahrzehnte wollte der Kriegskommissar durch die Etablierung eines öffentlichen Museums entgegenwirken, indem er die staatlichen Organe und Mittel, als auch die Bevölkerung stärker in diesen Prozess einzubinden versuchte. Vorteilhaft für diese Entwicklung war die Tatsache, dass der gebürtige Franzose als Mitglied der Armee durch ganz Europa reiste, wodurch für ihn die

65 Möglichkeit bestand, die eben erst eröffneten Museen zu besuchen. Um dieses Unterfangen zu realisieren, unternahm er auch den Versuch, die Accademia di Udine stärker in den Prozess einzubinden, doch befand er, dass diese Institution immer noch zu sehr von klerikalen Inhalten geprägt war, und beschloss, eine eigene Akademie zu gründen, die sogenannte Accademia Aquileiese, deren Aufgabe es sein sollte, nicht nur die antiken Monumente des Friuli zu erforschen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, sondern auch ein Bewusstsein für das lokale kulturelle Erbe zu schaffen.66 Damit Siauve dieses Projekt umsetzen konnte, das die Beaufsichtigung und Förderung der Grabungen und der Museumsarbeiten inkludierte, erhielt er vom Innenminister die Genehmigung, sich in Udine bis auf unbestimmte Zeit aufzuhalten, sofern es denn die militärische Situation zulässt. So begannen die Grabungen in Aquileia im April 1807 und wurden bis Juni 1813 noch weitergeführt, bevor sie nach Abzug der französischen Armee aus Italien an die Leitung der Central Commission unter dem Baron Anton Steinbüchel von Rheinwall übergingen. Doch nicht nur Aquileia war in diesem Schreiben an den Vizekönig im Vordergrund. Eine Rolle sollten auch Concordia, Gemona oder Zuglio für den französischen Forscher spielen. Überwiegend erweckte indes Zuglio Siauves Aufmerksamkeit durch einen Bericht von einer Grabung aus dem 17. Jahrhundert. Damaliger Leiter war ein venezianischer Stadtvogt67, der in Zuglio einen Münzhort entdeckte. Dies allein wäre nicht bedeutend gewesen, da aber auch in späteren Jahren immer wieder Funde gehoben wurden, untersuchte Siauve 1807 Zuglio persönlich. Um öffentliche Mittel für die Grabung zu lukrieren, wandte der Forscher sich an den Innenminister Breme68, dem ein äußerst gutes Verhältnis mit Siauve nachgesagt wird. Doch diesmal blieben die öffentlichen Mittel aus, und so beschloss er kurzerhand, die Ausgrabungen persönlich zu

65 1791 eröffnete der Louvre in Paris, das von Napoleon 1801 gegründete Musées Royaux des Beux Arts in Brüssel oder das Rijksmuseum in Den Haag öffnete im Jahr 1800. Vgl. VIGI FIOR 1993, 90. 66 Das Projekt einer eigenen Akademie scheiterte bereits ein Jahr nach seiner Gründung und ging 1810 in die Accademia Aquileiese Agraria über. Aquileia nahm administrativ eine differenzierte Rolle ein. Es oblag dem adriatischen Departement und gehörte demnach zu Venedig, wodurch die Akademie vermutlich aus politischen Gründen boykottiert wurde (Vgl. FRANCO 2007, 20). Zu dieser Zeit bestanden 7 venetische Departements: Adriatico, Bacchiglione, Brenta, Istria, Passariano, Tagliamento und Piave. Eine Neuordnung wurde 1809 durch die Errichtung der illyrischen Provinz mit den Frieden von Schönbrunn ratifiziert. 67 Lt. REBAUDO 2007, 199 handelt es sich hierbei um Domenico Ruzini. Die Grabungen von 1623 sind in der Chronik von Enrico Palladio degli Olivi dokumentiert de oppugnatione Gradiscana libri quinque. 68 Ludovico Arborio Gattinara (* 1754 - † 1828), Graf von Sartirana und Marquis von Breme; Innenminister des Königreiches Italien von 1805 - 1809. 15 finanzieren, die im August 1808 unter der Leitung eines gewissen Guibert standen, der in dieser

69 Funktion ebenso als Zeichner fungierte, da Zuccolo noch in Aquileia beschäftigt war. Dabei konnten die Forscher Teile der Basilika freilegen und Siauve kam zur Vermutung, die antike Stadt

70 Forum Iulium in Zuglio gefunden zu haben. Unter den Funden befanden sich auch jene Bronzetafeln des Baebius Atticus, die heute im Museum von Cividale aufbewahrt werden. Die Erkenntnisse dieser Grabung sowie die Verläufe diverser römischer Straßen durch Noricum publizierte Siauve in drei Schriften „Scavi di Zuglio in fatti in Agosto e Settembre 1808, Udine 1808“, „Al sig. commendatore Somenzari barone del regno, prefetto del dipartimento di Passariano, lettera sugli ultimi scavi di Zuglio, Verona 1812” und “De antiquis Norici viis, urbibus et finibus ad eruditos Tirolenses et Germanos epistola, Verona 1812”.71 Bevor er persönlich noch weitere Untersuchungen und

72 Grabungen ausführen konnte, wurd er 1808 auf Befehl von Joubert de l’Herault nach Treviso versetzt.73 Nach Siauve’s Abgang war ein deutlicher Rückschritt in der Bewahrung und Erforschung von Kulturgütern zu verspüren, das aus einem Schreiben hervorgeht, datiert auf den 2. Jänner 1809 von Somenzari an den Minister von Breme, der darum bat, Siauve durch den Vizepräfekten in der Administration abzulösen. 1810 wurden schließlich finanzielle Mittel seitens des Vizekönigs gewährt, doch beschloss man die Leitung dem Abt Giuseppe Riolini und Giuseppe Grassi zu übergeben anstatt Zuccolo, der zwar ein sehr guter Zeichner sei, wie man ihm attestierte, aber kein Antiquar, wie es der Generalpräfekt

74 der Archive Luigi Bosi beschrieb. Siauve’s Einflussgebiet reichte jedoch so weit, dass er trotz neuen Posten in Treviso eine Kommission unter seiner Leitung mit Riolini und Grassi als Verantwortlichen einsetzte und ebenfalls einen Posten in einer leitenden administrativen Funktion für Zuccolo ermöglichte. Genauso wie in Aquileia suchte man auch in Zuglio Unterstützung für die Errichtung eines Museums und für die Grabungen, es bestand auch weiterhin ein politisches und gesellschaftliches Interesse der lokalen und privaten Autorität, doch wurde der Präfekt Somenzari gezwungen, die Forschungen im Dezember 1811 aus Mangel an finanziellen Mitteln einzustellen. Für Ètienne Siauve bedeutete das Ende der Grabung in Zuglio ebenso sein Ende in Italien durch die Einberufung in die französische Armée d’Italie für den Russlandfeldzug Napoleons.

69 REBAUDO 2007, 200. 70 REBAUDO 2007, 200. Im Präfekturbericht von Francesco Maria Richieri, Vizepräfekt von , werden die Funde beschrieben und in einer Reihe von Karten des Kanonikers Michele della Torre. Es dürfte sich hierbei wohl um Kopien der Dokumente handeln, die von Giuseppe Grassi gesammelt wurden. 1810 -1811 führt Grassi die Grabungen stellvertretend für Siauve durch und anschließend nochmals 1819 - 1820. 71 Siehe Kapitel 1. 3, in dem auf die Schriften genauer eingegangen wird. 72 Nicht zu verwechseln mit dem berühmten General von Napoleon, Barthélemy Catherine Joubert (* 1769 - † 1799). 73 VIGI FIOR 1993, 96. 74„Cio che ii Sig. Siauve ha estratto recentemente nel suo rapporto quiunito al M. dell'Interno intorno ai talenti del Sig. Leopoldo Zuccolo, continua letteralmente con quanto ebbi l'onore di subordinare alcuni mesi fa al Ministro med.1110, riscontrando sopra due fascicoli di disegni e di illustrazioni di antichi monumenti che ii detto ministro mi aveva rimesso per l'esame. Disegnatore esatto e diligente dell'antico, entusiasta per l'antichita, il Sig. Zuccolo non puo dirsi tuttavia antiquario”. Zit. nach REBAUDO 2007, 202. 16

Der französische Kriegskommissar sollte aber nicht mehr zurückkehren. Laut Aufzeichnungen der Assemblée nationale soll er am 1. Juli 1812 im Kampf gefallen sein.75

1.3 Die Schriften im Kontext von de antiquis Norici viis urbibus et finibus

Damit die Bemühungen zur Bewahrung des friulischen Kulturgutes nicht gänzlich versickerten oder die Funde und Fragmente nicht wie auf habsburgischer Seite verkauft oder gar verschenkt wurden, war es Ètienne Siauve wichtig, die Ergebnisse von den Grabungen, von den Funden und vom Verlauf einer möglichen römischen Straße durch die Region des Friuli zu dokumentieren und nach allen abschließenden Untersuchungen auch zu publizieren. So veröffentlichte er in einem ersten Schritt ein Schreiben des Vizepräfekten von Tolmezzo zu den laufenden Grabungen in Zuglio im Giornale Italiano. Im Processo verbale sugli scavi di Zuglio76 erwähnt der Vizepräfekt Francesco Mario Ricchiere, dass er am 24. August 1808 mit den französischen Kriegskommissar Siauve nach Zuglio aufbrach, um sich über den aktuellen Stand der Grabung zu informieren, die Arbeitsprotokolle auszuwerten, weitere Aufgaben zu koordinieren sowie die gehobenen Funde zu untersuchen. Im zweiten Kapitel folgt eine kurze Beschreibung des Gebäudes, auf das man bei den Grabungen stieß. Siauve erkannte, dass es sich hierbei um eine Basilika handeln musste, eines jener Gebäude, in welchen die Magistrate Recht sprachen, wie er vermerkte „probabile che la basilica di Zuglio fosse uno di quegli edifici, dove i magistrati rendevano giustizia a cielo chiuso, laddove nel foro tenevano le loro sessioni a cielo scoperto.“ (Processo verbale sugli scavi di Zuglio) Dass an dem Ort Zuglio ohne Zweifel einst eine römische Siedlung gewesen sein musste, wird durch mehrere beachtenswerte Funde belegt. Abgesehen von römischen Hinterlassenschaften entdeckte man auch Gebäudekonstruktion und Funde, die jedoch aus lombardischer Zeit stammten. Die Art und Anzahl der Funde lassen Siauve aber vermuten, dass Zuglio einst das antike Forum Iulium gewesen sein könnte, wie Ricchieri am Ende des Berichtes erwähnt. Die römische Stadt Forum Iulium soll der Namensgeber der Provinz Friuli gewesen sein und von Attila zerstört worden sein. Aus den Ruinen des Forum Iulium soll sich im Laufe der Zeit eine neue Stadt entwickelt haben, die aber schließlich von Awaren oder Slawen wieder zerstört wurde, was dazu führte, dass der Adel seinen Sitz in das heutige Cividale verlegte, das wohl in lombardischer Zeit

75 REBAUDO 2011, 3164f. 76 Siehe Appendix Seite 82. 17 gegründet wurde. Die Funde wurden in einer Reihe von Karten dokumentiert, die dem Kanoniker Michele della Torre angehöhrten.77 In weiterer Folge mussten die Grabungen aus finanziellen Gründen unterbrochen werden und wurden erst am 23. Mai 1810 wieder aufgenommen durch eine zusätzliche Finanzierung des Vizekönigs von 1000 Lire. In einem zweiten Schritt wandte sich der Franzose in dem Brief, Lettera sugli ultimi scavi di Zuglio78, an den Präfekten des Departements von Passariano. Siauve berichtete darin über die neuesten Funde, die in Zuglio bei den Grabungen gemacht wurden, über seine Reise zum monte Croce und zu den Inschriften des Baebius Atticus sowie des Respectus, die er in einer Publikation nochmals genauer darlegen wollte (Aggiungo a quest’ osservazione che la nostra iscrizione non potrà essere convenevolmente ristabilita, se non mediante la stampa che pubblicherò.). Auffällig ist hierbei, dass der Forscher auf die Inschrift des Baebius Atticus genauer eingeht sowie auch über die Frage der Lokalisierung von den Völkern der Laiancer und Saevaten, die er im Brief de anqituis Norici viis, urbibus et finibus nochmals aufgreift. Betrachtet man nun diese beiden Schriften, den Processo verbale sugli scavi di Zuglio und die Lettera sugli scavi di Zuglio, gemeinsam mit dem Brief de antiquis Norici viis lässt sich eine äußerst moderne Arbeitsweise erkennen. Sein Vorhaben, die Ergebnisse der Grabung in Zuglio und die Funde zu dokumentieren sowie ein öffentliches Museum zu errichten, das der breiten Masse die Funde näher bringen sollte, um einen Sinn für die friulische Geschichte und Kultur zu entwickeln, und vor allem die gesammelten Ergebnisse in einer Publikation zu veröffentlichen, sollten jedoch zu seinen Lebzeiten nicht realisiert werden.

77 REBAUDO 2007, 200. 78 Siehe Appendix Seite 85. 18

2 Die wissenschaftliche Korrespondenz im 18. und 19. Jahrhundert

„Der heutigen Nationen Gewohnheit, dass jede in ihrer eigenen Sprache schreiben will, wird zum unerträglichen Joche für die Gelehrten, die anstatt der einzigen lateinischen Sprache jetzt sechs oder acht Sprachen verstehen müssen“ klagte schon der Schweizer Arzt und Dichter Albrecht von Haller (* 1708 - † 1777).79 In der Tat war im Zeitalter der Aufklärung ein deutlicher Rückgang der lateinischen Sprache zu bemerken. Durch die Ideale der Aufklärung sollte Wissen und Bildung allen Personen und Schichten zugänglich sein. Dafür war es aber nötig, sich von der lateinischen Sprache zu lösen, die bis zuvor ein fixer Bestandteil an Schulen oder Universitäten war. In einem schleichenden Prozess, der immer offenkundiger zum Vorschein trat, begann der Einfluss der heimischen Sprachen sich auszuweiten und die Latinität abzulösen.80 Durch die Ereignisse der französischen Revolution und die darauffolgende napoleonische Herrschaft über ganz Europa änderte sich in Folge dessen auch die Gesellschaftsordnung. Der neu entstehende Nationalismus in den unterdrückten Städten und Ländern Europas trachtete nach einer volkssprachlich geprägten Umwelt.81 Diese Phase durchzog bereits im 17. Jahrhundert die Region des Friuli mit ihrer Hauptstadt Udine, als es eine Modeerscheinung war, in friulischer Sprache zu dichten. Diese Dichtung stammte meistens aus den Federn von Anwälten, Priestern oder Adeligen, ihr sollte aber eher eine humoristische und spielerische Intention innewohnen und weniger eine kulturell oder gar revolutionäre.82 Ebenso wenig entsprach sie der Notwendigkeit einer linguistischen Eigenheit, einer zugänglichen und gemeinsamen Sprache für alle Bewohner des Friuli.83 Die Neuerungen zeigten sich in der ganzen literarischen Welt, beginnend am Buchmarkt durch ein immer breiteres Publikum, dem nun durch die Bücherproduktion in der Volkssprache ein gänzlich neues Spektrum an Leseinhalten zur Verfügung stand, bis hin zu didaktischen Einrichtungen.84 Trotz allem konnte sich das Lateinische aber weiterhin in den klerikalen Institutionen und dem Bildungs- sowie Wissenschaftsbetrieb halten, darüber hinaus mit einem markanten Anstieg als Sprache von Lehrbüchern, Abhandlungen, Zeitschriften sowie Briefen.85 In ihnen spiegelte sich die expandierende Korrespondenz angefangen beim Austausch von Gefälligkeiten bis hin zu Informationen unter Gelehrten seit dem 17. Jahrhundert wider.

79 KORENJAK 2016, 159. 80 KORENJAK 2016, 88f. 81 KORENJAK 2016, 88f. 82 FRANCESCATO/SALIMBENI, 160f. 83 FRANCESCATO/SALIMBENI, 160f. 84 KORENJAK 2016, 89f. 85 KORENJAK 2016, 91f. 19

Die Gattung des Briefes war bereits in der Antike ein populäres Kommunikationsmedium, wie die Hinterlassenschaften eines Cicero, Seneca oder Plinius des Jüngeren belegen. Und so kommt es, dass der Brief als schriftliches Gespräch zwischen Freunden fungierte, das sowohl Kürze, Klarheit, Anmut oder Humor ausdrücken sollte.86 Die Entdeckung von Ciceros Sammlungen von Briefen an Atticus, an seinen Bruder Quintus und an Marcus Brutus in der Kathedralkirche von Verona durch Petrarca, führte zu einer entscheidenden Neuerung des Briefwesens. Von dem Vorbild Ciceros inspiriert, der in seinen Briefen Anwandlungen von Eitelkeiten, Ängste und Anwandlungen von Kleinmut aufzeigte, schuf Petrarca eine eigene Briefsammlung, die den Mitgliedern der res publica litteraria ein gänzlich neues Genre der Kommunikation bieten sollte.87 Ein reger wechselseitiger Austausch von wissenschaftlichen Informationen und Theorien, Büchern, Antiquitäten oder Erkenntnissen und Problemen aller Art entfaltete sich in dieser diffusion of knowledge oder transmission of science, wie es Michael Kempe nennt.88 Neben den ciceronianischen Briefen stieg das Interesse der Gelehrten des 17. und 18. Jahrhunderts für die epistulae doctae oder Abhandlungsbriefe. Jedoch verschwanden langsam die formal-rhetorischen Merkmale, wie die der salutatio, captatio benevolentiae, narratio, petitio und conclusio zugunsten einer seitenlangen narratio.89 „Die großen wissenschaftlichen Korrespondenzen des 17. und 18. Jahrhunderts waren nochmals um ein Mehrfaches umfangreicher als diejenigen des Humanismus und spannten auch räumlich immer eindrucksvollere Netze auf, die politische Grenzen ebenso überwanden wie konfessionelle.“90 Diese Netzwerke führten zu einer Solidarität und Aufrichtigkeit unter Gelehrten, zur gegenseitigen Unterstützung von Meinungen oder zur Austragung intellektueller Fehden.91 Die Kehrseite dieser Medaille nach wissenschaftlicher Anerkennung führte aber auch zu einem rücksichtslosen Ringen um Ruhm und Ehre in Wissenschaft und Forschung. Nichtsdestotrotz blieb das höchste Ideal der res publica litteraria aber der ungehinderte Informationsaustausch von Ideen, Innovationen und Informationen, um eine freie und uneingeschränkte Bereitschaft zur offenen Kommunikation zu gewährleisten.92 Imposante Beispiele hierfür sind sicherlich die Einzelkorrespondenzen von Gottfried Wilhelm Leibniz (* 1646 - † 1716), die aus über eintausend Partnern und 169 Orten in ganz Europa und Asien bestand.93 Auch jene des Arztes und Schriftstellers Albrecht von Haller (* 1708 - † 1777) zeugen von einer immensen Betätigung im Briefwechsel. Von rund 3700 erhaltenen Briefen von Haller und etwa 13 000 Schreiben an ihn, sind etwa 3600 in lateinischer Sprache verfasst. Im

86 KORENJAK 2016, 155. 87 KORENJAK 2016, 156. 88 KEMPE 2000, 71f. sowie KORENJAK 2016, 156. 89 AMMERMANN 1983, 90. 90 KORENJAK 2016, 158. 91 KORENJAK 2016, 156f. 92 KEMPE 2000, 72f. 93 KEMPE 2000, 73. 20

Gegensatz zu seiner politisch-gesellschaftlichen und teils privaten Korrespondenz, die er in der Volkssprache hielt, führte er seine wissenschaftlichen Korrespondenzen in der antiken Sprache.94 War es zu Beginn dieser Phase zu einer Hochblüte des Lateinischen gekommen, als das Verfassen von Briefen wieder zu einem wichtigen Bestandteil des Lateinunterrichts wurde und man die epistolographische Fachliteratur zu Wesen, Funktion, Aufbau und sprachlicher Form wieder forcierte, zeigte sich zum 18. Jahrhundert, dass die humanistische Selbstdarstellung nur mehr eine Nebenrolle spielte und der Informationsaustausch als primäres Ziel dieser Kommunikation galt.95 Dies ist auch daran festzumachen, dass das Lateinische in den Briefen immer stärker in den Hintergrund rückte und durch das Französische oder durch die jeweilige Volkssprache verdrängt wurde.96 Dennoch sollte man hierbei nicht an eine Ablehnung des Lateinischen denken, sondern vielmehr als eine zusätzliche Option, als ein Medium zum Wissensaustausch zwischen internationalen Gelehrten. So kommunizierte Siauve mit den Vizekönig Eugène de Beauharnais auf Französisch oder mit dem Zeichner Zuccolo und dem Präfekten in Friuli auf Italienisch, seinen Brief de antiquis Norici viis an die Tiroler und deutschen Gelehrten verfasste er in lateinischer Sprache. Als wissenschaftliches Kommunikationsmittel eignete sich der Brief auch zur Darstellung kürzerer Themen, die manchmal für ein Buch nicht ausreichen würden97. Als Adressaten werden dabei meist Fachkollegen an Universitäten gehandelt, von denen man Zustimmung oder Widerspruch erwarten kann.98 Doch beginnen wissenschaftliche Debatten, Rezensionen oder Nachrichten sich nicht mehr allein durch Briefe zu verbreiten, sondern es treten auch immer stärker gelehrte Zeitschriften in den Vordergrund, die die Rolle des gelehrten Briefes übernehmen. Monika Ammermann schreibt dazu „Die bürgerliche Öffentlichkeit der Aufklärung hat in den unterhaltenden und belehrenden Zeitschriften ihr neues Ausdrucksmittel gefunden. Hier wird gerade die Briefform zum bevorzugten Transportmittel für theologische Streitigkeiten, Themen antiquarischen Inhalts, Literatur- und Gesellschaftskritik.“.99 Betrachtet man nun den Brief von Ètienne Siauve unter diesen Aspekten fällt auf, dass eine klassische salutatio fehlt, dennoch werden uns die Tiroler und deutschen Gelehrten als Adressaten genannt. Zwar werden die Personen nicht mit Namen angesprochen, doch könnte es sich bei den Tiroler Gelehrten um Johann Albertini, Rektor des 1782 gegründeten und 1790 aufgehobenen Generalseminars in Innsbruck, und Johann Bertoldi, Professor der Kirchengeschichte und Direktor der philosophischen Fakultät, handeln, die auch im Brief erwähnt werden ([…] nam de illa

94 KORENJAK 2016, 159f. 95 KORENJAK 2016, 158. 96 KORENJAK 2016, 159. 97 AMMERMANN 1983, 90. 98 AMMERMANN 1983, 90. 99 AMMERMANN 1983, 93. 21 statione cum eruditis Oenipontanis Albertini et Bertoldi colloquens […] Z. 25. 2) und mit denen er in Innsbruck gesprochen hat. Die folgende captatio benevolentia ist eingebettet im zweiten Kapitel des Briefes, wo sich Siauve an seine Leser wendet und bedauert, dass er die erste Inschrift aus der Innsbrucker Bibliothek nur mit großer Mühe entziffern konnte und es ihm fern liege sich zu brüsten, die Wahrheit allein gefunden zu haben (Z. 2.1 - 2.4). Die narratio nimmt im Brief von Ètienne Siauve den größten Teil ein.100 In seiner conclusio wendet er sich nochmal allgemein an die Gelehrten und erhofft sich, Antworten auf seine Fragen zu erhalten (Z. 24. 4 - 5). Das Latein, welches Siauve verwendet, ist nüchtern und kurz gehalten, er verzichtet auch auf eine sorgfältige Edition des Briefes und streicht manche Anmerkungen einfach durch und korrigiert sie am Seitenrand. Formale Kriterien, wie einheitliche Ortsnamen oder die Kursivierung von Städten, scheint er gänzlich zu ignorieren und betrachtet man den Brief an den Präfekten Somenzari aus dem Jahr 1811 scheint er manche Passagen in das Lateinische übernommen zu haben. So schreibt Siauve in der Lettera sugli ultimi scavi di Zuglio in Kapitel 11101 „Ecco qui in che gli eruditi nella geografia antica possono occuparsi. Cosa si debba intendere dalle espressioni civitas Saevatum et Laiancorum? Nessun dubbio, che la parola civitas sia un sinonimo di natio nella medesima maniera, che si dice nei commentari di Cesare civitas Helvetiae, per indicare la nazione Elvetica. Ma sopra quel punto del Norico bisogna cercare i Saevates ed i Laianci?”. Im Brief de antiquis Norici viis schreibt er ebenso “Quaenam erat haec civitas Saevatum et Laiancorum? Hic, ni fallor, civitatis nomen pro regione seu gente usurpatur eodem modo, quo dixerat Caesar in commentariis civitas Helvetiae. Sed qui erant isti Saevates et Laianci?“.102 Es finden sich noch mehrere solcher Beschreibungen, die beinahe eins zu eins eingebaut wurden. Man merkt, dass der Informationsaustausch an erster Stelle stand und Siauve es eilig hatte, die Informationen möglichst schnell zu erhalten, da er den Brief ansonsten wohl mehr ausgeschmückt hätte.

100 AMMERMANN 1983, 90. 101 Um dem Leser das Textverständnis zu erleichtern, wurde der Brief Lettera sugli ultimi scavi di Zuglio sowie der Processo verbale sugli scavi di Zuglio in Kapitel unterteilt. 102 Siehe Punkt 6. 2. De antiquis Norici viis, Z. 19. 1 - 3. 22

3 Die historischen Quellen

Nicht nur in seinen Mèmoires an den Vizekönig von Italien Eugène de Beauharnais zeigte Ètienne Siauve eine moderne Sichtweise für die antiquarischen Studien, auch in seiner alltäglichen Arbeitsmethodik, die sich in dieser epistula spiegelt, stellte er sich mit einer nahezu modernen Methode den quaestiones der antiken Straßen und Städte in Noricum. So veranschaulichen zunächst die epigraphischen Quellen einen wichtigen Bestandteil seiner Untersuchungen. Von insgesamt vier erwähnten Inschriften ging Siauve auf drei genauer ein. So auf jene des Votivaltares der Diana (CIL V, 5090), welche einen Aetetus erwähnt, der in der statio Maiensis für die quadragesima Galliarum verantwortlich war. Dass Siauve auch ein fundiertes Wissen der Epigraphik aufweisen konnte, zeigt der Umstand, dass er seinen slowenischen Kollegen Vodnik in seinem Brief über die Straßen und Städte von Noricum bei der Interpretation dieser Inschrift korrigiert. Die zahlenmäßig umfangreichste Gruppe von Textquellen stellen die antiken Meilensteine dar, wie die zweite Inschrift aus Pons Drusi (CIL V, 8003), dem heutigen Bozen. Sie bieten nicht nur Informationen zur Bestimmung einer Straßenverbindung vom ursprünglichen Standort in m(ilia) p(assum) ausgehend durch die Distanzangabe vom caput viae, sondern auch chronologische Anhaltspunkte zu Straßenneubau oder -instandhaltungen.103 Weiheinschriften konnten von Personen des öffentlichen Lebens, des Militärs oder von privaten Personen errichtet werden. Darin werden sowohl Stifter als auch der Name der Person, der die Inschrift gewidmet ist, genannt. Dass der Forscher solchen epigraphischen Quellen auch kritisch gegenüberstand, zeigt sich am Ende seiner epistula, als er die Möglichkeit ausschließt, dass es sich bei der angegebenen Inschrift des Baebius Atticus um eine Fälschung handeln könnte (Z. 24. 1. Tabulae […] repertae nulla prae se ferunt falsitatis et suspicionis indicia.) Als ein weiteres Mittel zur Erforschung der Straßenverbindungen dienten ihm die Antonini Augusti itineraria provinciarum et maritimum, das sogenannte Itinerarium Antonini, das in die Regierungszeit des Kaiser Caracalla zu datieren ist. Von den 40 mittelalterlichen Abschriften reichen die ältesten wohl ins 8. und 9. Jahrhundert zurück. Neben seiner Fassung als Landitinerar umfasst es auch ein Seeitinerar und repräsentiert nach der Unterscheidung des Vegetius die itineraria adnotata.104 Im Gegensatz zum Itinierarium Antonini stellte die Tabula Peutingeriana, auf die Siauve seine quaestiones zu den Straßenverbindungen stützt, ein itinerarium pictum dar. Die Tafel selbst ist eine mittelalterliche Kopie aus dem 12. oder 13. Jahrhundert und zeigt das Gebiet vom Atlantik bis nach Indien. Die ursprüngliche Karte dürfte wohl zwischen dem 3. und 5. Jahrhundert angefertigt worden sein. Neben einfachen Straßenzügen findet man auch

103 GRABHERR 2006, 41. 104 GRABHERR 2006, 40. 23

Straßenstationen, die mit Haken gekennzeichnet sind, und auch die jeweilige Distanz zur nächsten Station. Auch Städte und Orte oder unterschiedliche Häuser sowie ummauerte Städte mit Türmen sind zu erkennen105. Dem Franzosen stand bei seinen Untersuchungen die edierte Tabula Peutingeriana des Franz Christoph von Scheyb (* 1704 - † 1777) zur Verfügung, wie er selbst schreibt „[…] tabulam Peutingerianam ab erudito Scheyb editam […] sub oculis habentes“ (Z. 19.5). Die edierte Ausgabe von Scheyb ist eine Kopie von der Tabula aus Wien, die sich in der Österreichischen Nationalbibliothek befindet.106 Maria Šašel Kos erwähnt in ihrem Artikel Valentin Vodnik and Roman antiquities in the time of Napoleon, dass Siauve nach einer Kopie in der Bücherei des Baron Ziga Zois suchte, jedoch der Baron kein Exemplar aufbewahrte. Nach mehreren Umwegen erreichte Siauve eine Kopie aus Wien vom slowenischen Sprachwissenschaftler Jernej Kopitar (* 1780 - † 1844), der an der Hofbibliothek tätig war.107 1815 befand sich Valentin Vodnik in Wien, um die Ausgabe von Franz Scheyb mit jener in der Hofbibliothek zu vergleichen. Dabei konnte er Scheyb in 77 Punkten korrigieren. Das verbesserte Manuskript von Vodnik gelangte nach Bratislava und wohl auch nach München, wo die Korrekturen auch auf die Leipziger Edition der Tabula Peutingeriana von 1824 übertragen worden sind.108 Eine der aus heutiger Sicht bedeutendsten archivalischen Quellen, die der Kriegskommissar für seine Studien nutzte sowie auch ausdrücklich im Text erwähnt109, ist der zwischen 1760 und 1769 entstandene Atlas Tyrolensis von Peter Anich.110 Die mittels Vermessung angefertigte Karte weist einen Maßstab von 1: 103.000 auf und verzeichnet sowohl Brückenstellen, Landstraßen und Saumwege.111 Für seine Untersuchungen zu den einzelnen Völkern stützt sich Siauve auf die naturalis historia des Plinius Maior. Dabei interessiert er sich vor allem um jene Völker, welche die Gebiete des voralpinen und alpinen Raums bewohnen. Das Werk entstand um 77 n. und behandelt im dritten Buch die Geographie und Ethnologie Europas, Afrikas und Asiens. Daneben verwendet er auch die Georgaphike Hyphegesis von Ptolemäus. Beiden Werken steht er jedoch mit einer gewissen Skepsis gegenüber. Darüber hinaus verwendet er für seine Überlegungen auch das Werk de bello Gallico des Gaius Iulius Caesar oder die historia Langobardorum des Paulus Diaconus zur möglichen Lokalisierung der Stadt Noreia oder der Grenzgebiete von Noricum. Den größten Raum für seine

105 GRABERR 2006, 40. 106 ŠAŠEL KOS2007, 417. 107 Gemeinsam mit der Kopie von Kopitar, erlangt Siauve auch ein Schreiben von J. B. Heyrenbach, der die Ausgabe von Scheyb kritisierte. Da der französische Forscher jedoch nicht Deutsch sprach, übersetze ihm Vodnik die Nachricht in Latein. Er schreibt dazu „Censura Tabulae Peutingerianae adservatae in Bibliotheca augusta Vindobonensi; auctore Josepho Heurenbach custode eiusdem Bibliothecae; latine brevius reddita opera Valentini Vodnik lectore publico Poëticae, Geopgraphiae et Historiae in Lyceo Labacensi, in Carniola Provincia Illyrici, anno 1809“. Zit. nach ŠAŠEL KOS2007, 417. 108 ŠAŠEL KOS 2007, 417. 109 Z. 19. 5. […] Tirolis graphicam descriptionem Petri Anichii […]. 110 GRABERR 2006, 43. 111 GRABERR 2006, 43. 24

Untersuchungen nimmt jedoch das Werk carmen de vita et laudibus sancti Martini des Venantius Fortunatus ein, der in den Versen 4,636 - 665 einen längeren Auszug über seine Wallfahrt nach Tours zum Grabmal des heiligen Martin wiedergibt. Anders als erwartet, nimmt er nicht den direkten Weg nach Marseille und segelt mit dem Schiff weiter nach Italien, sondern wählt vielmehr einen Zickzackweg. Fortunatus wendet sich von Noyon nach Augsburg zum Grabmal der Afra, wo er anschließend das Land der Bayern durchquert bis zum Lech und über die Alpen marschiert, die von den Brennerstämmen bewohnt werden. Der darauffolgende Vers ingrediens rapido qua gurgite volvitur Oenus passt aber nicht in das geographische Landschaftsbild, das auch Siauve kritisch bemerkt und ihn vor ein Rätsel stellt. (Z. 11. 4. […] dum via montis Brenner nihil ad illud flumen attinet?). Über das Etschtal zieht es Fortunatus schließlich weiter in das Eisacktal bis er im Drautal Aguntum erreicht. Von dort überschreitet er den Plöckenpass und gelangt über die Stadt Zuglio nach Aquileia an die Adria. 112 In seinen Untersuchungen kommt Siauve zum Entschluss, dass Fortunatus zwei diverse antike Römerstraßen bereiste (Z. 9. 1. via duplex iter facientibus patebat). Welche römische Straße Fortunatus aber nun verwendete, ist Siauve nicht klar (Z. 10. 5. Quaenam enim ex duabus viis ab illo designata fuerit, non ita facile constitui potest.).

4 Inhalt und Struktur

Die Schrift geht von der Besprechung eines Inschriftensteines aus, den Siauve an der Innsbrucker Universitätsbibliothek studieren konnte. Nach der Formulierung einiger topographischer Fragestellungen, die sich mit der Lage der erwähnten statio Maiensis und der römischen Straße Via Claudia Augusta befassen, beschäftigt er sich mit der bis heute nicht geklärten Lokalisierung der Stadt Noreia (1-7). Um diese Fragen zu lösen, zitiert Siauve die Verse 4,636 - 665 des heiligen Martin des Venantius Fortunatus (8 - 14). Schließlich berichtet Siauve, wie ihn eine Nachricht von der Grabung in Zuglio erreicht, um dort die archäologischen Funde zu begutachten (15 - 18). Dies führt ihn zu den abschließenden Überlegungen, wo sich die Orte Sebatum, Litamum oder Loncium befinden (19 -24). In den ersten drei Kapitel seiner epistula bezieht sich der Forscher auf den Votivaltar der Diana und seiner Inschrift. Der Stein, so glaubt Siauve, stand einst in Meran und landete im Laufe der Jahre schließlich in der Bibliothek von Innsbruck. Dabei weist er eine besondere Inschrift auf, die sich sowohl auf einen Aetetus als auch auf die römische Straßenstation statio Maiensis bezieht. Der Altar ist nicht nur bedeutend für die Erforschung der quadragesima Galliarum, für die der Freigelassene

112 FELS 2006, XVI. 25

Aetetus verantwortlich war, sondern er verweist auch auf die Station, die sich entlang der römischen Straße befunden hat und auf die er im vierten Kapitel näher eingeht. Die statio Maiensis vermutet Siauve in den Dörfern Obermais und Untermais, wie man an deren heutigen Namen noch sehen kann. Dank eines Meilensteines aus Bozen, den Kaiser Claudius entlang seiner Straße vom Po bis zur Donau errichten ließ, geht Siauve auf den Verlauf dieser Straße ein, die durch den Vinschgau an der Station in Meran vorbeiführte. Das fünfte Kapitel beschreibt den weiteren Verlauf ab Trento, wo sich die Strecke gabelte. Ein Teil führte nach Verona und endete an den Ufern des Po bei Ostiglia. Der andere Zweig erstreckte sich über die Valsugana nach Feltre, bevor er in Altino sein Ziel erreichte. Auf dem Weg durch das Suganatal lassen sich zahlreiche Funde anführen, die den vermuteten Verlauf dieser Straße in dieser Region bestätigen. Fragen um die Städte Noricums, hierbei vor allem um die Stadt Noreia, sollten die Untersuchungen im sechsten und siebten Kapitel vorantreiben. Die Kapitel 8 bis 14 nützt Siauve, um genauer auf den Auszug des Venantius Fortunatus einzugehen und sein carmen de vita et laudibus sancti Martini. Nachdem er zum Entschluss kommt, dass sich die Straße in Innsbruck gabelte und einst zwei mögliche Straßenverläufe möglich waren, führt er als Beleg dazu die Tabula Peutingeriana und das Itinerarium Antonini an. Von der Porta Claudia über Finstermünz in Tirol verläuft eine Strecke der Straße bis nach Trento. Die zweite Alpenstraße, die Siauve erwähnt, führte in der Tabula Peutingeriana von Innsbruck, genauer gesagt vom heutigen Stadtteil Wilten, nach Verona, im Itineraium Antonini aber nach Aquileia, weshalb sich die Frage stellt, um welche der beiden Routen es sich im Gedicht des Venantius Fortunatus nun handelt. Das Volk der Breonen und die Kirche des heiligen Valentin, die sich beide entlang dieser Strecke befunden haben, sind Gegenstand des elften und zwölften Kapitels, bevor er in Kapitel 13 und 14 weitere geographische Bemerkungen zur Untersuchung des Straßenverlaufes einfließen lässt. Während der Franzose seinen Brief verfasst, erreicht ihn eine Nachricht aus Zuglio. In den Kapitel 16 bis 18 werden die Funde und unter anderem die Inschrift des Baebius Atticus, dem Proprätor der Stadt Treballia und Reiterpräfekt von Moesia, erwähnt. In den letzten fünf Kapitel beschäftigt den Altertumsforscher vorwiegend die Frage nach den Saevaten und den Laiancern, die Baebius Atticus diese Inschrift gewidmet haben. Siauve ist sich sicher, dass es sich um norische Völker handelt, doch ist nicht geklärt, in welcher Region genau diese beiden Völker lebten. Es stellt sich daher die Frage, ob Saevatum mit der Straßenstation Sebatum zu identifizieren ist, die Wolfgang Lazius bei Schvartz annahm, La Martiniere und Reinesius hingegen bei der Stadt Klausen in Südtirol vermuteten. Um das Problem zu lösen, zieht er die Meilenangaben heran, die im Itinerarium Antonini angegeben sind, doch kommt er auf

26 keinen grünen Zweig mit den restlichen Stationen, da der französische Forscher von dem Irrtum ausgeht, Aguntum in Innichen zu suchen. Jedoch ist er sich sicher, dass Saben mit großer Wahrscheinlichkeit ein militärischer Stützpunkt war, der nicht entlang der kaiserlichen Straße lag. Im abschließenden post scriptum korrigiert er den Verlauf der Via Claudia Augusta, nachdem er in Innsbruck ein klärendes Gespräch mit den Gelehrten Albertini und Bertoldi über die Station Sebatum führte. Ètienne Marie Siauve steht mit seinem Brief de antiquis Norici viis in der epistolographischen Tradition des 18. Jahrhunderts. Dabei tritt die salutatio, die captatio benevolentiae sowie die conclusio zugunsten einer breit ausgeführten narratio in den Hintergrund. Diese narratio lässt sich in vier Abschnitte gliedern, wobei die Abschnitte eins, zwei und vier sich im Umfang mit jeweils 6 Kapiteln in etwa entsprechen. Lediglich die Kapitel 15 – 18 sind weitaus kürzer und dienen Siauve als Überleitung. In Kapitel 1 - 7 baut der französische Forscher seine Untersuchungen zur statio Maiensis und einem möglichen Straßenverlauf in diesem Gebiet auf dem Votivaltar der Diana auf. Um seine These eines antiken Straßenverlaufes zu stützen, führt er das Carmen de vita et laudibus sancti Martini an, wobei die Beschreibung des Straßenverlaufes vier von sechs Kapiteln einnimmt. Die Kapitel 15 -18 sollen, wie bereits erwähnt, als Überleitung zu den Bronzetafeln des Baebius Atticus führen, dessen Beschreibung in drei Kapiteln erfolgt, bevor er in den letzten fünf Kapiteln 19 - 24 nochmals zu den möglichen Straßenverläufen in der Provinz Noricum und Rätien zurückkehrt.

27

5 Sprache und Stil

In einer Phase, in der die wissenschaftliche Korrespondenz ihre Blüte erreichte, rückte die lateinische Sprache stärker in den Hintergrund, da sich die Volkssprachen immer mehr auch im Briefwesen behaupten konnten. Die humanistische Selbstdarstellung war in den Texten nicht mehr relevant, es sollte alleinig der Informations- und Wissensaustausch von Bedeutung sein. Auch für Ètienne Siauve stellte die lateinische Sprache eine zusätzliche Option dar, wie bereits vorher erwähnt. So kommt es, dass er den Brief an die Tiroler und deutschen Gelehrten in Latein verfasste, da er zwar keine Probleme hatte sich auf Französisch oder Italienisch zu verständigen, jedoch nicht der deutschen Sprache mächtig war.113 In der Epistel legt Siauve wenig Wert auf sprachliche Eleganz, das verwendete Latein ist kurz und prägnant, wie man in den Beschreibungen der Straßenverläufe feststellen kann oder in der häufigen Verwendung von Partizipien. Durch die gesamte Schrift zieht sich auch eine Inkonsistenz in den Eigennamen und Geographica, so wechselt er zum Beispiel öfters zwischen Botzen (4.3) und Bolzanum (12.5). Trotz aller Widersprüche war Siauve durchaus in der Lage rhetorisch anspruchsvolle Zeilen zu verfassen, wenn man Zeile 15. 4 näher betrachtet, in der er bildgewaltig die Hoffnung hegt, dass doch die Wissenschaft die dunklen Schatten vertreibe „Quis vero tenebras adeo densas eruditionis face pellet, nisi clarissimi viri, qui scientias litterasque colunt, animi ardore tam indefesso ac perserverantia tam constant, ut neque rerum vicissitudines neque belli motus a fine proposito eos deterrere possint?“. So sehr sich der Autor bemüht, seine Beschreibungen in möglichst sachlicher und nüchterner Weise zu schildern, gibt er zwischendurch auch seine persönliche Meinung im Text wider. So scheint er Hieronimus Asquinius hoch zu achten, von dem Siauve es sehr bedauert, dass er sich aufs Land zurückgezogen hat („Inter quos est Hieronimus Asquinius […] vir eruditione modestiaque commendabilis, sed agri colendi scientiam et oblectamentum ruderibus antiquitatis nunc anteponens“.). Auch scheut er sich nicht Kollegen wie Anton Roschmann kritisch zu tadeln, dem er vorwirft, Inschriften aus Meran und Wilten falsch interpretiert zu haben und schreibt dazu „[…] sed errasse circa inscriptiones antiquas dicendum, si exemplis ex ispa desumptis a Scipione Maffeio attendamus. Idem dici potest de dissertatione manuscripta eiusdem auctori […] Inscriptiones quasi omnes parum feliciter ab eruditissimo viro descriptae fuerunt“.

113 ŠAŠEL KOS 2007, 417. 28

6 Text - De antiquis Norici viis urbibus et finibus ad eruditos Tirolenses et Germanos

Epistula

6.1 Editionsbericht

Im folgenden Abschnitt biete ich zunächst den lateinischen Text, der in Kapitel nummeriert wurde, um das Kommentieren und Zitieren zu vereinfachen. Im Anschluss folgt die deutsche Übersetzung des Textes. Für diese Edition ist das Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek Bavar. 2461 aus

München herangezogen worden. Um dem Leser das effiziente Textverständnis zu erleichtern, passt sich die Textgestaltung hinsichtlich Orthographie und Interpunktion den Konventionen von

Editionen antiker Texte an. Dies gilt besonders für die Interpunktion, welche an moderne

Standards adaptiert wurde, um ein besseres Verständnis zu gewährleisten und ein flüssigeres Lesen zu ermöglichen. Doppelpunkte und Semikola sind ersetzt worden und zahlreiche Beistriche entfernt worden. Ebenso wird die Kursivierung bestimmter Eigennamen nicht übernommen, die im Text nur unregelmäßig erscheint. Des Weiteren sind die angeführten Ortsnamen in moderne umgeschrieben worden. Abkürzungen (z.B.: & -> et) sind aufgelöst worden, ebenso der Halbvokal j, wie in jactitare als auch der hyperkorrekte Vokal y, wie in sylvas, in das klassische i verwandelt.

Nach der deutschen Übersetzung folgen die Erläuterungen, welche zu einem besseren Verständnis des lateinischen Textes führen sollen. Dabei sei darauf verwiesen, dass sich die Anmerkungen auf die Fußnoten des lateinischen Textes beziehen, die Kommentare hingegen verweisen auf die jeweiligen Stellen im Brief selbst.

29

6.2 Text

DE ANTIQUIS NORICI

VIIS URBIBUS ET FINIBUS

AD ERUDITOS

TIROLENSES ET GERMANOS

EPISTULA

______

VERONAE

Ex Typographia Haeredum Moroni

MDCCCXII.

30

DE ANTIQUIS NORICI VIIS ET URBIBUS QUAESTIONES

1. 1. Lapis antiquus, cui marmoris votivi seu arae Dianae nomen imponere non absonum putaverim, in Oenipontis bibliotheca asservatur. 2. Lapis ille inscriptionem indagatu et sensu perdifficilem exhibet, sed ingenii labore quaedam conquiritur voluptas, qua vires augentur mirificeque corroborantur, donec operis scopum attigerimus, praesertim cum ad curriculi metam topografiae sequioris aevi difficultas aliqua devincatur aut historiae punctum enucleatur. 3. Hanc aram Dianae in urbe Meran olim extitisse puto, unde translata in arcem Knillenberg, ex hoc castro Oenipontem asportata est. 4. Sic legi inscriptionem.

IN. H. D. D. SANCT. DIA NAE. ARAM. CUM. SIGN°. AE TETUS. AUGG NN. LIB. PP. STT. M IENS. XXXX. GALL. D DIC. ID. AUG. PREET. C1

2. 1. Hanc inscriptionem non sine assiduis meditationibus lucubrationibusque plurimis

interpretatus sum, sed homo sum, non Oedipus. 2. Absit ergo veritatem densissimis obrutam

tenebris me detexisse iactitare. 3. Nil mirum, si in re tam ardua probabiles coniecturas pro

veritate amplexus sim. 4. Sub oculos adducam inscriptionis nostrae commentariolum.

3. 1. Videtur mihi Aetetus, imperatorum Diocletiani et Maximiani seu aliorum augustorum libertus,

aram cum signo deae Dianae erexisse. 2. Libertus iste quadragesimae Galliarum praepositus erat

1 Ultima huius inscriptionis verba de consule Praesente ad hanc usque diem a doctissimis viris interpretata sunt, sed opinionem omnino dissimilem clarissimus Vodnik gymnasii Labacensis rector amplexus est. Non amore novitatis ab aliis discrepans, sed eo, quod inscriptio Oenipontana non nisi ex schedis infidelibus ad lucem prodierit, id est cum siglis PRAESENTE. CoS, cum legendum sit PRAESENT. C. s., quae voces sic vertuntur a praefato Vodnik: praesentalium communi sumptu. 31

in statione Maiensi2. 3. Quaenam erat illa Galliarum quadragesima? 4. Vectigal pro mercibus ex

provincia in provinciam translatis solvendum. 5. Quadragesima dicebatur vectigal illud, quia ex

pretii quadragesima parte efficiebatur, quadragesima Galliarum eo, quod in Galliae confinibus

pendebatur.3 6. Huius modi vectigalia iubente Vespasiano imperatore, teste Suetonio, abolita

sunt.

4. 1. Nunc de statione Maiensi aliquid dicendum. 2. Antiquitus haec statio distabat quingentis

passibus a loco, ubi nunc urbs Meran et primitivum nomen in duobus humilibus pagis hodie

conservatur, scilicet Ober Mais et Unter Mais. 3. In lapide pontis Drusi (Botzen) legitur

imperatorem Claudium muniisse viam eius nomine insignitam a flumine Pado usque ad

Danubium. 4. Haec via bifariam protendi credita est, ut infra videbitur. 5. A Guntia (hodie

Guntzberg supra Danubium prope Augustam Vindelicorum) originem sumens intra gurgites

Fünstermünz aliquantulum abscondita ab Oeno flumine recedebat assurgebatque in collem

dictum Reschen. 6. Hinc ad sinistram Athesis ripam accedens per vallem Venustam4 ad

stationem Maiensem progrediebatur. 7. A statione Maiensi ad Bolzanum perducta Isarco

traiecto Athesi iterum sociata Tridentinae civitati iungebatur.

5. 1. Hic bifariam divisa ramus dexter Athesis cursum secutus et Veronam accedens ad Padi ripam,

ubi nunc Hostilia, terminabatur. 2. Ramus alter ascendebat usque ad vicum Pergine et a Pergine

Ausugum descendens (Borgo di Valsugana), ex hoc pago per summa Alpium iuga atque silvas

(hodie de Lamont) Feltriam attingebat et oppida Cenetense, Opitergium pertransiens ad

Altinum denique cursum terminabat. 3. Monumenta, quae geminam hanc viam olim existentem

demonstrant, diversis in locis studiosi hominis investigationibus deprehenduntur, id est prope

locum, ubi Altinum metropolis extitisse creditur, apud Cenetense oppidulum, in pago Cesio

paulum a Feltria distanti, (hic inscriptio, quae ab illa pontis Drusi minime differt, aliquot ab hinc

2 Statio Maiensis antiqua latet nunc sepulta sub colle ex ruinis montis efformato. Quo tempore catastrophe Maiensis acciderit, ego nescio, quamquam certi aliquid de hac re a superioris Athesis incolis haurire tentaverim. 3 Nonne concludendum ex hac inscriptione stationem Maiensem ad Galliam cisalpinam, in qua Veronensis colonia, pertinuisse? 4 huius incolae Venostes dicti 32

annis inventa est) in silva de Lamont, ubi orbitas in rupe durissima profunde impressas palam

videre licet. 5. His praemissis observationibus eruditorum scientiam interrogare mihi liceat.

6. 1. 1.° De praecipuis Norici urbibus a Plinio memoratis quid sentiendum? 2. 2.° Quomodo quove

tempore mutati sunt Norici fines? 3. Quarto saeculo extendebatur Noricum usque ad

mansionem Adrante, in septimo saeculo mutatio Pultovia seu Petavio inter urbes Noricas

enumeratur.5 4. 3.° Quid de situ Noreiae coniciendum? 5. Hic tot sententiae, quot scriptores.

7. 1. Cortenovis hac de re cum amicis colloquens et in quibusdam opusculis, quo nunc loco

Vensone, Noreiam extitisse censuit6. 2. Sed huic opinioni non ita adhaesit, quin in alteram

abierit, et Noreiam eo loco, ubi nunc pagi Moggio di Sopra, Moggio di Sotto, collocaverit. 3.

Inter praecedentis aevi rei geographicae cultores sunt non pauci, qui Noreiam investigantes hanc

urbem Goritiam fuisse crediderunt.7 4. Inscriptio quaedam ex stationis Atrantis ruderibus eruta

et a comitibus Attems apud Goritiam allata huic errori initium fecit. 5. Sed haec opinio minime

mihi arridet, idem censeo de quorundam sententia, qui Norici caput fuisse aiunt modo Freyssac,

modo Volckermarck, Carinthiae civitates.

8. 1. 4.° Cum omnia, quibus geographiae dominium ditescit, monumenta pervolvere soleant eruditi, opera Venantii praesulis praesertim carmen de laudibus divi Martini liceat mihi cum ipsis percensere. 2. Itinerarium huius poematis, licet fictitium, multi faciunt antiquae geographiae cultores. 3. Hic carmina, quae ad Parisiacos, Remigenses, Guesones, Boiarios, Foroiulienses spectant, proferam.

5 Vide tabulam geographicam historiae Carniolae insertam, auctore Linhart. Vide Surium tomo IV. Augusti 4. die, de Vita Sancti Valentini. Vide etiam Paulum Diaconum libro 3. Capitulum 19, ubi dicitur Noricum si quidem provincia, quam Baioariorium populus inhabitat, habet ab oriente Pannoniam, ab occidente Suaviam, a meridie Italiam, ab aquilonis vero parte Danubii fluenta. 6 Samson in tabula emendata ope scriptorum Le Boeuf et Bouquet idem censuit. Sed si voluit Tiliaventum delineare inter Aquileiam et Liquentiam, situs Noreiae agnoscendus essset in ripa sinistra Fellae, ex adversa parte pagi dicti Moggio di sotto. Hic reipsa saepe saepius numi aerei argenteique inveniuntur, tam Romani quam Gallici commatis. 7 Inter quos est Hieronimus Asquinius, qui ex Usino Parmam Lares transtulit, vir eruditione modestiaque commendabilis, sed agri colendi scientiam et oblectamentum ruderibus antiquitatis nunc anteponens. De situ Noreiae tam luculenter scripsit in appendice Operis Dell’Illirico Foroiuliese, ut eius opinionem amplexus diuque professus fuerim. 33

Inde (Turone) Parisiacam properabis ad arcem. Quam modo Germanus regit, Dyonisius olim. Si pede progrederis, venerato sepulcra Remedi, Atque pii fratris amplectere templa Medardi. Si tibi barbaricos conceditur ire per amnes, 5 Ut placide Rhenum transcendere possis et Histrum. Pergis ad Augustam, quam Vindo Licusque fluentant. Illic ossa sacrae venerabere martyris Afrae. Si vaccat ire viam neque te Baioarius obstat, Qua vicina sedent Breonum8 loca, perge per Alpen. 10 Ingrediens rapido qua gurgite volvitur Oenus, Inde Valentini benedicti templa require.9 Norica rura petens, ubi Byrrus vertitur undis.10 Per Dravum itur iter qua se castella supinant, Hic montana sedens in colle superbit Aguntus.11 15 Hinc pete rapte vias, ubi Iulia tenditur alpes,12 Altius adsurgens et Mons13 in nubila pergit, Inde Foroiuli14 de nomine principis exi, Per rupes Osope tuas qua lambitur undis Et super instat Aquis Reunia15 Tiliamenti16. 20 Hinc Venetum saltus campestria perge per arva. Aut Aquileiensem si forte accesseris urbem, Cantianos domini nimium venereris amicos Et Fortunati benedicti martyris urnam Pontificemque pium Paulum reverenter adora, 25 Qui me primaevis converti optabat ab annis.

8 Breoni iidem sunt ac Breuni, qui dicuntur incolae montis Brenner, quos permiscuit Venantius cum Vennonetibus, id est populis in valle Venusta commorantibus. Vide inscriptionem, quae olim in cacumine Alpium Poeniarum erat et in qua numerantur Vsnostes, Vennonetes, Isarci, Breuni, Genaunes et Focunates. 9 Vide Surium Tomo 4 die 4 Augusti et Bollandum de vita sancti Valentini. 10 Byrrus hodie La Rienz, si Buschingio credimus. 11 Hodie Innichen: locus non concordat cum versu Venantii. Verisimilius est Aguntum extitisse in loco, ubi nunc vicus Toblac. Huic opinioni favet distantia pagi Sextem, antiquitus ad Sextum ab Agunto lapidem. 12 Vallis Iulia vulgo la Zelia 13 Vulgo dictus monte Croce 14 Pagus Zuglio supra Tulmetium, quem demonstrabo fuisse Foroiuliensis provinciae caput, et oppidum Cividale perperam se iactitare quasi fuerit colonia Foroiuliensis. 15 vicus paululum distans ab Osopo 16 Tiliaventum, hodie Tagliamento. 34

Si petis illud iter qua se concordia cingit, Augustinus adest pretiosus Basiliusque. Qua mea Tarvisus residet, si moliter intras, Inlustrem socium Felicem quaeso, require. 30 Carmen de vita et laudibus sancti Martini

9. 1. De octo primis versibus nulla difficultas, clarius enim videtur via ex Augusta Vindelicorum

Oenipontem versus procurrisse, sed ibi olim, sicut hodie, via duplex iter facientibus patebat,

partim natura, id est ingruentibus undis fluminum Silis et Oeni, partim industria hominum

aperta. 2. Prima dumtaxat in itinerario Antonini et tabula Peutingeriana descripta, sed de qua

agitur in carmine Venantii Fortunati? 3. An de via Claudiana sive de altera nomine montis

Brenner nunc appellata? 4. Prima absque dubio a loco porta Claudia nuncupato progrediebatur

usque ad Oenum, cui iungebatur in quadruvio Zirl. 5. Pagus Zirl iter facienti triplicem viam

ostendebat, a sinistra ducebat iter Oenipontem Veldidenamque, a fronte ad pagum Izingen trans

Oenum, a dextera (et haec via Claudia) ad pagum Telfs. 6. Hic Oeno traiecto progrediebatur,

modo ex una parte fluminis, modo ex altera ripa usque ad vicum Fünstermünz (forsitan fauces-

Oeni). 7. Hoc in loco leviter declinans Oenumque linquens ad Athesis fontem propinquebat

transiens per pagos Nauders, Graun et viculum Reschen inter utrumque in eminentiori loco

positum.17 8. Athesi sociata oram eius sinistram legebat usque Tridentum, ut dictum est.

10. 1. A via Claudia mente retrocedamus Veldidenam usque et ibi viam alteram Alpinam

inveniemus. 2. Haec in tabula Peutingeriana et in Antonini itinerario signata est. 3. In tabula, a

Vetonina18 (Veldidena) usque Veronam, in itinerario usque Aquileiam. 4. Nunc Venantium

sequentes, non nisi coniciendo semitas suas indicare possumus. 5. Quaenam enim ex duabus

viis ab illo designata fuerit, non ita facile constitui potest. 6. Si verbis litterarum tenus inhaerere

fas esset et si Breoni populi in anfractibus montis Brenner aut in viciniis collocari possent, ex

17 Vertex Reschen punctum est partitionis, ex quo flumina originem ducunt et ad diversa maria ex opposito declivio protendunt. 18 Veldidena Vettonis nominatur in tabula Peutingeriana, quae vox tempora nobis propinquiora Theodosii aevo redolet. Addam non deesse argumenta, quae facile suadeant hanc tabulam non esse monumentum autographum, sed exemplar exaratum undecimo aut duodecimo saeculo. 35

versu Qua vicina sedent et cetera affirmare non haesitarem Venantii itinerarium directum fuisse

per Veldidenam, Matreium et Vipitinum.

11. 1. Sed qui fuerunt Breoni? 2. Si fides adhibeatur Ptolomeo19, erant incolae Vindeliciae et putat

eruditus Roschmann20 Breunos nomen sumpsisse a monte Brenner, dum Plinius collocat illos

apud Lepontios21. 3. Sunt praeterea inter nostri aevi geographos, qui Brennos olim oras fluminis

Brenuae tenuisse dicunt, id est in Helvetica regione, Liviner-Thal inter et Galanker-Thal. 4.

Ceterum si Venantius viam montis Brenner designare voluisset, quomodo subiungeret Ingrediens

rapido qua gurgite volvitur Oenus, dum via montis Brenner nihil ad illud flumen attinet?

12. 1. Sed prosequamur Inde Valentini benedicti templa require. 2. Valentinus episcopus fuerat Passavii.22

3. E sede pulsus recessit in urbem Magiensem (hodie Meran), ibi templum Deo aeterno erexit,

in quo post mortem sepultus. 4. Unde tempore Caroli magni annuente Thassilone Foroiuliensi

duce Passavium translatus est. 5. Hac observatione mirifice corrobatur opinio mea et affirmare

possum itinerarium Venantii non absimilem viae Claudiae directionem habuisse ab Augusta

Vindelicorum usque ad Drusi pontem seu Bolzanum.

13. 1. Sed dum difficultas evanescit una, altera nascitur et artis criticae peritus a me quaeret,

quomodo Venantii silentium de Athesi flumine excusetur, cum de fluminibus inferioris ordinis

verba faciat. 2. Ex eiusmodi silentio nonne concludendum viam ab ipso descriptam oram

Athesis non secutam esse et ideo directam fuisse per anfractus montis Brenner, scilicet per pagos

Wiltau, Matrey, Sternzing? 3. Minime quidem, nam a Turone usque ad Augustam nullus a

Venantio nominatur fluvius. 4. Nil mirum igitur, si de Athesi flumine sileat.

14. 1. Si admittamus itinerarium Venantii directionem tenuisse per urbem Magiensem

Bolzanumque, nomen Byrri fluminis Isarco imponere cum Cluverio opus esset. 2. Verum

19 Libro 2. Capitulum 13 20 In opera de Veldidena. 21 Libro 3. Capitulum 20 22 Conscripsit Germanica lingua eruditus Roschmann vitam sancti Valentini penitus mihi ignotam, sed errasse circa inscriptiones antiquas dicendum, si exemplis ex ipsa desumptis a Scipione Maffeio attendamus. Idem dici potest de dissertatione manuscripta eiusdem auctoris cui titulus Par sine pari lapidum milliariorum Romanorum, qui nuper reperti lectissimam Bibliothecam Wilthinensem ornant, brevibus notis illustrati ab Antonio Roschman sanctae Caesareae maiestatis. bibliothecario MDCCLVIII. Inscriptiones quasi omnes parum feliciter ab eruditissimo viro descriptae fuerunt. 36

errasse Cluverium existimo. 3. Nec desunt geographiae periti, qui Byrrum vocant, non Isarcum,

fluvium Rienz, qui a colle Agunti in valle Puster-Thal descendit et cum Isarco confluit prope

Brixinum oppidum.23 4. Hic Norici confinium investigandum esset, Rhetiam enim non ultra

locum, ubi nunc Botzen, porrectam fuisse libenter crederem et vallem Isarci initium Norici

fuisse.

15. 1. Sed quaenam fuerunt antiquitus huius Norici partis oppida? 2. Ubinam fuerunt stationes

Littamum et Sebatum? 3. Haec omnia opaca nocte occulantur. 4. Quis vero tenebras adeo

densas eruditionis face pellet, nisi clarissimi viri, qui scientias litterasque colunt, animi ardore

tam indefesso ac perserverantia tam constant, ut neque rerum vicissitudines neque belli motus

a fine proposito eos deterrere possint? 5. Cum ad calcem hanc epistolam perduxissem,

nuntiatum est mihi ex urbe Utino, Foroiuliensis provinciae metropoli, inscriptiones quasdam

aere insculptas in pago Zuglio, olim Iulium Carnicum, inventas fuisse. 6. Ne minimam quidem

moram interponens, ut meis ipse oculis rem viderem, vicum Zuglio adivi et admiratione affectus

pleraque monumenta aere conflata, ex ruderibus nuper effossa, quae hic adnumero,

contemplatus sum:

16. 1. Brachium cuiusdam statuae cum fragmento pallii seu togae. 2. Pars vestimenti brachium

cooperiens ab humero ad cubitum. 3. Manus duae viriles semiapertae naturali magnitudine. 4.

Pars chlamidis. 5. Vestimentorum variae partes. 6. Sex personae muliebres, quae ornaverant

insigne aliquod momumentum. 7. Frenum equinum arte mirabili confectum. 8. Ingens copia

omnis generis ornamentorum (huc usque aenea monumenta). 9. Omittebam tres nummos

aereos unumque argenteum. 10. Primus Faustinam seniorem, secundus Hadrianum in maximo

modulo exhibent, tertius secundi moduli optimum principem Traianum, quartus denarius est ex

familia Porcia. 11. Digiti duo ex albo marmore, ex quibus pollex inhaeret clavae, ad statuam

Herculis colosseam sine dubio pertinebant.

23 Sunt, qui dicunt fluvium Rienz esse Athesim. Busching rerum geopgraphicarum peritissimus, vocat Byrrum amnem Rienz. 37

17. 1. Nam ex inscriptione Iuliensi primo Venetias, deinde ad Estense oppidum translata constat

Foroiulienses hoc numen coluisse ipsique templum erexisse. 2. Eiusdem statuae brachium

variaque ornamenta etiam ex albo marmore, scilicet partes epistyliorum, denticuli, columnarum

varii ordinis, capitella, musivi operis fragmenta, lateres inscriptionibus insigniti resque aliae

plures aere, ferro confectae, carbonibus, cineribus ossibusque hominum et animalium

domesticorum commixtae. 3. Sed quod pluris est, tabulae aeneae tres, quarum duae sunt

latitudine circiter palmorum trium et altitudine, quam conicere possumus, fuisse aequalem,

caracteribus optimi aevi nobilitatae, quas ad Claudium Baebium pertinere existimo, et haec sunt:

prima inscriptio …………………………. …………….O. I……….. ……….G.V.MACE……. ….VITATIUM…………. TREBALLIAE…………. IN.ALPIB.MARITUMIS.P.....H VIII. PR. PRIMOPIL. ITER. PROCURATOR TI. CLAUDI. CAESARIS. AUG.GERMANICI IN NORICO CIVITAS SAEVATUM ET LAIANCORUM

secunda inscriptio C. BAEBIO. P. F. CLA ATTICO II VIR. I…PRIMOPIL ..….EDONIC.PRAEF ……M.MOESIAE.ET ………………VITAT …..….EF.. MIL.COH ………….…………..

38

tertia inscriptio ICO LEG.V VITAT AE.PR ARIT MO. P CAESAR INNORIC PR. . EF

18. 1. Baebius iste Atticus, Claudii seu Caii filius, e tribu Claudia, in colonia Iuliensi duumvir

municipalis erat. 2. Primopilus legionis quintae Macedonicae, tribunus militum octavae cohortis

praetorianae, forte praefectus equitum Moesiae, forte etiam propraetor civitatum Treballiae et

in Alpibus maritimis et, quod certe constat ex prima tabula, procurator imperatoris Claudii in

Norico. 3. Huic Baebio statuam aënam cum basi marmorea positam fuisse a Saevatibus et

Laiancis libenter crederem.

19. 1. Quaenam erat haec civitas Saevatum et Laiancorum? 2. Hic, ni fallor, civitatis nomen pro

regione seu gente usurpatur eodem modo, quo dixerat Caesar in commentariis civitas Helvetiae.

3. Sed qui erant isti Saevates et Laianci? 4. Gens Norica absque dubio, cuius incolae partim apud

Dravum et hi Laianci, pars altera secus oras Isarci et isti Saevates erant. 5. Caute properamus

itinerarium Antonini, tabulam Peutingerianam ab erudito Scheyb editam et Tirolis graphicam

descriptionem Petri Anichii sub oculis habentes.

20. 1. Nunc de statione Sebatum, deinde urbe Loncio, quam Laiancorum metropolim fuisse

existimo, verba faciam. 2. Civitas Saevatum, quae in inscriptione Iuliensi prodit, estne statio

Sevatum, quam clarissimus Volfangus Lazius perperam Schvartz esse dixit, an Sebatum aut

Sevatum illud, quod Lamartiniere et Reinesius in urbe Clausen, olim Saben, collocaverunt? 3.

Huius stationis nomen in Peutingeriana tabula, sicut et nonnullae aliae voces, turpissime

deformatum est. 4. Nihilominus in vocabulo Sublabione dignoscuntur vici duo, scilicet Saben

in excelsiori loco positus et vicus Clausen ad oram Isarci, cui Subsabione nomen impositum

39

fuerat. 5. Hic erant absque dubio Saevates, quos Isarcos nominat inscriptio Alpium Poeninarum

in honorem Augusti. 6. Sed quomodo hanc opinionem cum Antonini itinerario conciliare

possumus? 7. Iter ab Aquileia ad Veldidenam signat stationes in ordine sequenti.

Ad Tricensimum M.P. XXX.

Iulia Carnico XXX.

Loncio XXII.24

Agunto XVIII.

Littamo XXIII.

Sebato XXIII.

Vipitino XXXIII.

Veldidena. XXXVI

21. 1. Vicus ad Tricensimum adhuc hodie prisco nomine dignoscitur, Iulium mutatus est in Zuglio,

Loncium Germanice vocatur Lientz et Aguntus Innichen. 2. Sed ulterius progrediendo operam

perdimus, sequentium enim stationum nullum extat vestigium. 3. Errat clarissimus Cluverius,

dum in humiliori viculo Lutach25 Littamum collocat. 4. Neque in Bruneken neque in divi

Laurentii pago (S. Lorenzen) Littamum extitisse opinor, nam si locorum distantia itinerario

Antonini duce computetur, sub ruderibus vici Untervintl aut pagi Mülbach iacet haec statio. 5.

Prosequamur et alteram eiusdem itinerarii stationem, id est Sebatum aut Saevatum, inquiramus.

6. Si res ita sit, ut Littamum dignoscatur in pago dicto Mülbach, ubi nunc erit Sebatum?

22. 1. A pago Mülbach usque ad Sternzing nulla urbs, nullum oppidum, nullus pagus, necdum vicus

prae se ferens stationis Sebatum aliquantulam imaginem. 2. Quaerendum igitur Sebatum, ubi sit

reipsa in valle Isarci, in oppido deleto Saben, episcopatus Sabionensis antiqua sede. 3. Verum

24 Errorem hic subesse suspicor et maiorem distantiam esse Iulium inter et Loncium. 25 Viculus iste in valle dicta d’Arhn, procul a via, quae ducebat Aquileia Veldidenam, positus est. 40

huius opinionis adversarii nobis obicient Saevatum illud non esse secus viam consularem ab

urbe Aquileia Veldidenam, sed omnino extra eandem viam. 4. Sic se habet res hodie, sed quis

dicere ausit vias planas, rectas rotabilesque hodiernas non differre ab itineribus antiquis Norici?

5. Saben erat certissime praesidium, castrum insigne et natura loci tutissimum, ianua quaedam

vallis Isarci.

23. 1. Nil mirum igitur, si exercitus ex Italia ad Germaniam transeuntes mansionem seu castrum

munitum Saben adierint, securitatis aut victus quaerendi causa, quamquam a recta via haec statio

remota fuerit. 2. Hanc opinionem si dicas errorem esse, libenter abiciam, sed antea oculis

obiciatur meis aliud Saevatum. 3. Ubinam sunt huius oppidi deleti vestigia, ubi rudera, ubi locus?

4. De Laiancis nulla, ni fallor, difficultas. 5. Ex eo enim, quod Caius Baebius procurator fuerit

Caesaris in Norico, nonne concludendum civitatem ipsi devotam sub Laiancorum nomine hanc

ipsam fuisse, quae hodie depravato idiomate Loncium vocatur?

24. 1. Tabulae aeneae Iulio repertae nulla prae se ferunt falsitatis et suspicionis indicia. 2. Ceterum

characteres sunt nitidi, pulcherrimi et artium scientiarumque feliciora tempora memorant. 3.

Harum ergo tabularum indicio antiquum et genuinum nomen Laiancum anteponendum erit

voci Longobardicae Loncio. 4. Quidquid mihi dubium, exposui. 5. De ignotis quaesivi, nunc

responsiones rei geographicae peritorum maxima cum voluptate nec non grato animo excipiam

et harum litteratos homines participes efficiam.

Stefanus Maria SIAUVE

Veronae Kalend. Decemb. anni MDCCCXI

41

P.S.

25. 1. Nuper iter facienti cum Italico exercitu visum est mihi viam Claudiam cis Oenum ab Augusta

Vindelicorum ad hoc flumen directam fuisse per oppida Schwabmünchen, Kaufbeuren, per pagos

Füssen, Reitte, per vicos Lermos, Nassereit, Stackenberg, Imst et Mils. 2. Si sententia de via Claudia

per vicos Seefeld, Scharnitz et cetera ducente aliquid incerti secum ferrat, alteram opinionem circa

Sebatum profiteri propensus essem, nam de illa statione cum eruditis Oenipontanis Albertini et

Bertoldi colloquens, ipsi censuerunt dixeruntque trivium Schabs prope pagum Mülbach non longe

ab urbe Brixino fuisse Saevatum aut Sevatum, minimeque Saben, ut ego credideram26. 3. Haec

disquisitionibus eruditorum trado, donec rem oculis perlustrare possim. 4. Idem dico de triplici

Noreia, quarum una ad ripam Oeni sinistram, ubi nunc vicus Weichmerting (Divus Martinus)

collocatur a clarissimo viro de Stichaner, faventibus optimae notae inscripitonibus, secunda in

Styria inferiori quaerenda est, teria denique ea, quam suam vult Foroiuliensis provinc

26 Haec quoque fuit opinio eruditi Roschmann in dissertatione manuscripta cui titulus: Ueber die Geographie des alten Rhätiens. 42

7 Übersetzung

ÜBER DIE ANTIKEN STRASSEN, STÄDTE UND GRENZEN VON NORICUM

Ein Brief an die Tiroler und deutschen Gelehrten

______

Verona Aus der Typographie der Erben Moroni 1812

43

UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE ANTIKEN STRASSEN UND STÄDTE VON NORICUM

1. 1. Ein antiker Stein, von dem ich glaube, dass es nicht verkehrt ist, ihn als Dianaaltar oder Votivaltar zu bezeichnen, wird in der Bibliothek von Innsbruck aufbewahrt. 2. Jener Stein weist eine für das Verständnis sehr schwierige Inschrift auf, aber die geistige Betätigung bereitet ein gewisses Vergnügen, durch welches Kräfte vermehrt und außerordentlich gestärkt werden, bis wir das Ziel dieser Tätigkeit erreicht haben, zumal ja am Ende dieses Laufes irgendeine Schwierigkeit der Topographie überwunden wird oder ein anderer Punkt der Geschichte erläutert wird. 3. Ich glaube, dass dieser Dianaaltar einst in der Stadt Meran stand, von wo er in die Burg Knillenberg gebracht wurde und aus dieser Burg schließlich nach Innsbruck. 4. So habe ich die Inschrift gelesen.

ZU EHREN DES HAUSES HAT AETEUS DER HOCHHEILIGEN DIANA EINEN ALTAR MIT KULTBILD GEWEIHT. AETATUS, EIN FREIGELASSENER UNSERER KAISER, VORSTEHER DER QUADRAGESIMA GALLIARUM AN DER STRASSENSTATION MAIS, AN DEN IDEN DES AUGUST UNTER DEM KONSULAT DES PRAESENS1

2. 1. Diese Inschrift habe ich nicht ohne ständige Überlegungen und in zahlreichen Nachtschichten übersetzt, bin ich doch ein Mensch, nicht Ödipus. 2. Daher soll es mir fernliegen mich zu brüsten, dass ich die Wahrheit, verhüllt in den undurchdringlichsten Schatten, aufgedeckt habe. 3. Kein Wunder also, wenn ich bei einer so beschwerlichen Angelegenheit wahrscheinliche Konjekturen für die Wahrheit in Betracht gezogen habe. 4. Ich will also eine kleine Studie über unsere Inschrift vorlegen.

1 Die letzten Worte dieser Inschrift sind bis zum heutigen Tag von den gelehrtesten Forschern auf den Konsul Praesens bezogen worden, aber der hochberühmte Vodnik, Direktor des Gymnasiums in Ljubljana, hatte eine gänzlich andere Meinung. Nicht etwa aus Liebe neues zu erstreben, weichte sie von den anderen ab, sondern deshalb, weil die Innsbrucker Inschrift lediglich in unzuverlässigen Abschriften publiziert war, das heißt mit den Buchstaben PRAESENTE CoS, obwohl gelesen werden muss PRAESENT. C. s., diese Buchstaben werden so vom vorher erwähnten Vodnik gedeutet: zum gemeinsamen Nutzen der Anwesenden. 44

3. 1. Es scheint mir, dass Aetetus, ein Freigelassener der Kaiser Diocletian und Maximian oder anderer, diesen Altar mit der Inschrift für die Göttin Diana errichtet hat. 2. Dieser Freigelassene hatte das Kommando in der Straßenstation Mais2 über die Quadragesima Galliarum geführt. 3. Was war aber diese Quadragesima Galliarum? 4. Es musste eine Abgabe für Waren bezahlt werden, die aus einer Provinz in eine andere überführt wurden. 5. Quadragesima nannte man jene Abgabe, weil sie sich auf ein Vierzigstel des Preises belief. 6. Quadragesima Galliarum daher, weil sie im Gebiet Galliens bezahlt wurde.3 7. Abgaben dieser Art sind auf Befehl des Kaisers Vespasian abgeschafft worden, dies ist bei Sueton belegt. 4. 1. Nun soll etwas über die Straßenstation Mais gesagt werden. 2. In der Antike befindet sich diese Station 500 Schritte von dem Ort entfernt, wo nun die Stadt Meran liegt, und der ursprüngliche Name ist heute noch in zwei kleinen Dörfern ersichtlich, nämlich Obermais und Untermais. 3. Auf dem Stein von Pons Drusi (Bozen) liest man, dass Kaiser Claudius die nach ihm benannte Straße vom Po bis zur Donau errichtet hat. 4. Man glaubte, dass sich diese Straße gabelte, wie sich später zeigen wird. 5. Bei Gontia (heute Günzburg oberhalb der Donau in der Nähe von Augsburg) ihren Ursprung nehmend, zwischen den Fluten von Finstermünz ein wenig versteckt, trat sie vom Inn etwas zurück und führte zu einer Anhöhe hinauf, genannt Reschen. 6. Von dieser Stelle näherte sie sich der linken Uferseite der Etsch und setzte sich durch den Vinschgau4 bis zur Straßenstation Mais fort. 7. Von der Straßenstation Mais nach Bozen fortführend, erreichte sie, nach Überquerung des Eisacks, entlang der Etsch die Stadt Trento. 5. 1. Hier gabelte sie sich in zwei Richtungen, der rechte Zweig, der dem Lauf der Etsch folgte und nach Verona führte, endete am Ufer des Po, wo nun Ostiglia liegt. 2. Der andere Straßenzweig stieg bis zum Dorf Pergine an und von Pergine nach Ausugum abfallend (Borgo Valsugana), erreichte er von diesem Dorf aus durch die höchsten Gebirgskämme der Alpen und Wälder (heute unter Lamon) Feltre und die kenetischen Städte, bei Oderzo vorbeiführend, endete die Straße schließlich bei Altino. 3. Die Quellen, die belegen, dass diese Straße einst geteilt war, werden an verschiedenen Orten durch Untersuchungen eines gelehrten Mannes dokumentiert, und zwar in der Nähe des Ortes, wo man glaubt, dass die Metropole Altinum gewesen ist, bei den kenetischen Städten, im Dorf Cesio unweit von Feltre entfernt (eine Inschrift, die von jener aus Bozen nur wenig abweicht, ist hier vor einigen Jahren gefunden worden), und im Wald unter

2 Die antike Straßenstation Mais ist unbekannt, nun begraben unter einem Hügel, entstanden durch Felsstürze. In welcher Zeit die Katastrophe von Mais geschehen ist, weiß ich nicht, obwohl ich versuchte irgendetwas sicheres über dieses Ereignis den oberen Bewohnern der Etsch zu entlocken. 3 Muss aufgrund dieser Inschrift geschlossen werden, dass die Straßenstation Mais zur Provinz Gallia Cisalpina gehörte, in der die Stadt Verona lag? 4 Dessen Einwohner werden Venostes genannt 45

Lamon, wo es öffentlich möglich ist die Geleisespuren zu sehen, die in den harten Felsen tief eingedrückt wurden. 5. Nach diesen anfänglichen Überlegungen, sei es mir erlaubt das Hintergrundwissen einzubringen. 6. 1. Erstens: Was soll man über die wichtigsten Städte Noricums, die von Plinius erwähnt wurden, denken? 2. Zweitens: Auf welche Weise und in welcher Zeit wurden die Grenzen Noricums verändert? 3. Im vierten Jahrhundert dehnte sich Noricum bis zur Straßenstation Atrans aus, im siebten Jahrhundert wird die Station Pultovia oder Petavio unter die norischen Städte gezählt.5 4. Drittens: Was kann man über die Lage Noreia‘s sagen? 5. Hier gibt es so viele Meinungen, wie Schriftsteller. 7. 1. Cortenovis sprach mit Freunden über diese Angelegenheit und war in gewissen kürzeren Traktaten der Ansicht, dass Noreia die heutige Stadt ist.6 2. Aber er hielt an dieser Meinung nicht so starr fest, so dass er sie änderte, und Noreia an dem Ort ansiedelte, wo nun die Dörfer Moggio di Sopra, Moggio di Sotto liegen. 3. Unter den Geographen früherer Zeit gibt es einige, die, auf der Suche nach Noreia, glaubten, dass Görz diese Stadt gewesen sei.7 4. Eine gewisse Inschrift, die aus den Ruinen der Straßenstation Atrans ausgegraben und von Gelehrten in Attems bei Görz angeführt wurde, war der Beginn für dieses Missverständnis. 5. Aber diese Meinung lacht mich nur wenig an, das gleiche halte ich von den Ansichten derer, die behaupten, dass die Hauptstadt von Noricum Städte von Kärnten waren, zunächst Friesach, dann die Stadt Völkermarkt. 8. 1. Viertens: Da Gelehrte es gewohnt sind sämtliche Quellen, mit denen das Einflussgebiet der Geographie bereichert wird, zu durchwälzen, soll es mir erlaubt sein die Werke des Bischof Venantius, besonders das Gedicht über die Loblieder des Heiligen Martin, auf dieselbe Weise anzuführen. 2. Viele Geographen erstellen eine Reisebeschreibung von einem solchen Gedicht, wenn auch fiktiv. 3. Hier will ich die Gedichte anführen, die sich auf die Parisiacer, die Remigenser, die Guesonen, Boiari, und Foriulienser beziehen.

5 Siehe dazu die geographische Tafel, die der Geschichte Krains beigefügt ist, von dem Autor Linhart. Siehe Surius Band 4 zum 4 August über das Leben des Heiligen Valentin. Siehe auch Paulus Diaconus Buch 3. Kapitel 19, wo steht: „Diese Provinz Noricum, die das Volk der Baioaren bewohnt, grenzt im Osten an Pannonien, im Westen an Suavia im Süden an Italien, im Norden aber an den Donaustrom.“ 6 Samson meinte in der Tafel, die im Werk der Autoren Le Boeuf und Bouquet verbessert wurde, dasselbe. Aber wenn er den Tagliamento zwischen Aquileia und Livenza darlegen will, muss der Ort Noreia an der linken Flussuferseite des Fella liegen, auf der gegenüberliegenden Seite des Dorfes Moggio di Sotto. Hier werden oft mehrmals bronzene und silberne Münzen gefunden, sowohl von römischer als auch von gallischer Prägung. 7 Unter diesen ist Hieronimus Asquinius, der seinen Wohnsitz von Udine nach Parma verlegte, ein empfehlenswerter Mann wegen seiner Gelehrsamkeit und Besonnenheit, aber nun zieht er das Wissen und die Freude an der Landwirtschaft den Relikten der Antike vor. Über den Ort Noreia schrieb er so vortrefflich im Appendix des Werkes Dell’Illirico Foroiuliese, dass ich derselben Meinung war und ihr lange gefolgt bin. 46

Schnellen Schrittes wirst du von da beruhigt Paris sehn, welches zur Zeit Germanus regiert und Dionys früher. Gehst du weiter zu Fuß, verehre das Grab des Remigius, und umarme die Kirche des heiligen Bruders Medardus. Wenn du die Möglichkeit hast, die barbarischen Ströme zu queren, 5 Also den Rhein und die Donau in Ruhe durchschreiten zu können, machst du nach Augsburg dich auf, wo Wertach und Lech sich ergießen. Dort verehr die Gebein der heiligen Blutzeugin Afra! Steht es dir frei, von da weiterzuziehen und stört dich kein Baier, geh durch die Alpen, wo nah die Orte des Brennerstamms8 liegen. 10 Und betritt sie dort, wo der Inn sich mit reißendem Gischt wälzt, Dann besuch des heiligen Valentin heilige Halle,9 strebend nach norischem Land, wohin sich die Rienz-Flut wendet.10 Längs der Drau geht der Weg, wo Kastelle himmelwärts ragen, hier sitzt auf felsigem Hang Aguntum,11 brüstet sich mächtig. 15 Gehe von hier rasch den Weg, wo die Julischen Alpen sich dehnen,12 und die höher ragenden Berge13 die Wolken erreichen! Schreite von da an hinaus von Zuglio14, mit Caesar im Namen, durch deine Schluchten bei Ossopo, wo, von Wellen gebadet und ob der Wasser des Tagliamento15, Ragogna16 gebietet. 20 Gehe von hier durch die edlen Gefilde des Venetertales, oder wenn du vielleicht die Stadt Aquileia erreicht hast, ehre besonders Gottes cantianische Freunde und des Märtyrers Fortunat gesegnete Urne, und verehre den heiligen Pontifex Paulus voll Eifer, 25

8 Dieselben Breonen sind auch die Breunen, wie man die Einwohner des Brennergebirges nennt, die Venantius mit den Vennonetern verwechselt, das heißt, nachdem sich die Völker im Vinschgau aufhielten. Siehe auch die Inscrhrift, die einst an der Spitze der Alpenfeldzüge war und in welcher die Venoster, Vennoneter, Isarcer, Breunen, Genaunen und Focunaten aufgezählt werden. 9 Siehe Surius Band 4 zum 4 August und Bolland über das Leben des heiligen Valentin 10 Byrrus ist heute die Rienz, wenn wir Büsching glauben. 11 heute Innichen: der Ort stimmt nicht mit dem Vers des Venantius überein. Wahrscheinlicher ist es, dass Aguntum an dem Ort gelegen ist, wo nun das Dorf Toblach liegt. Diese Meinung begünstigt die Distanz des Dorfes Sexten, in der Antike tat dies ein Stein von Aguntum nach Sexten. 12 das iulische Tal, im Volksmund Zelia 13 vulgo Plöckenpass 14 das Dorf Zuglio vor Tolmezzo, auf das ich verwiesen habe, dass es die Hauptstadt der Region Friuli war und dass sich die Stadt Cividale irrtümlich rühmte, die Stadt Forum Iulium gewesen zu sein. 15 Tiliaventum, heute Tagliamento 16 Ragogna ist nicht weit entfernt von 47

der mich von Jugend an in den geistlichen Stand bringen wollte. Gehst du die Straße, die um Concordia außen herumführt, findet sich da voller Pracht Basilius und Augustinus. Wenn du bescheiden eintrittst, wo mein Treviso sich lagert, such den berühmten Studienkollegen Felix auf, bitte. 30 (zit. nach FELS 2006, 400f.)

9. 1. Bei den ersten acht Versen gibt es keine Schwierigkeit, erscheint es doch klarer, dass sich die Straße von Augsburg nach Innsbruck erstreckt hat, aber dort standen einst, wie heute, den Reisenden zwei Wege offen, teils durch die Natur, das heißt bei den hereinbrechenden Fluten der Flüsse Sill und Inn, teils durch die Infrastruktur der Menschen. 2. Zunächst ist die Straße lediglich im Itinerarium Antonini und in der Tabula Peutingeriana beschrieben, aber um welche handelt es sich im Gedicht des Venantius Fortunatus? 3. Wurde die Straße nun nach der Claudischen oder nach der des Brennergebirges benannt? 4. Zunächst führte sie ohne Zweifel von der Porta Claudia zum Inn vor, dem sie beim Kreuzweg in Zirl folgte. 5. Beim Dorf Zirl gabelte sie sich in drei Richtungen, zur Linken führte der Weg nach Innsbruck und Wilten, geradeaus zum Dorf Inzing über den Inn, zur Rechten (und das ist die Via Claudia) zu dem Dorf, wo nun Telfs ist. 6. Hier, nach Überschreitung des Inns, erstreckte sie sich, bald auf der einen Seite des Flusses, bald am anderen Ufer bis zum Gehöft Finstermünz (vielleicht wegen fauces Oeni). 7. An diesem Ort senkte sie leicht ab und ließ den Inn hinter sich, näherte sich der Quelle der Etsch, vorbeiführend bei den Dörfern Nauders, Graun und dem Dörfchen Reschen, zwischen beiden Dörfern lag sie an einer etwas erhöhten Stelle.17 8. Gemeinsam mit der Etsch verlief sie am linken Ufer bis nach Trento, wie es heißt. 10. 1. Lasst uns im Gedanken von der Via Claudia nach Wilten zurückkehren und wir finden dort eine weitere Alpenstraße. 2. Diese ist in der Tabula Peutingeriana und im Itinerarium Antonini verzeichnet. 3. In der Tafel, von Vetonina18 (Wilten) bis nach Verona, im Itinerarium Antonini bis nach Aquileia. 4. Folgen wir nun Venantius, können wir ihre Wege nur durch eine Vermutung wiedergeben. 5. Welche von den zwei Straßen nämlich von ihm aufgezeichnet wurde, kann nicht leicht festgestellt werden. 6. Wenn man nun seinen Aufzeichnungen folgt und wenn das breonische Volk bei den Gebirgskämmen des Brenners oder in der näheren

17 Der Reschen ist der Wasserscheidepunkt, an dem die Flüsse ihren Ursprung haben und sich am gegenüberliegenden Abhang zu verschiedenen Meeren erstrecken. 18 Wilten wird in der peutingerischen Tafel Vettonia genannt, diese Schreibweise ist vom Zeitalter des Theodosius bis in die heutige Zeit für uns spürbar. Ich will hinzufügen, dass es nicht an Argumenten fehlt, welche leicht bezeugen, dass diese Tafel kein handschriftliches Werk ist, sondern lediglich eine Abschrift, ausgegraben aus dem elften oder zwölften Jahrhundert. 48

Umgebung angesiedelt werden kann, würde ich aus dem Vers Qua vicina sedent et cetera nicht zweifeln zu bestätigen, dass der Reisebericht des Venantius über Wilten, Matrei und Sterzing führte. 11. 1. Aber wer waren diese Breonen? 2. Wenn wir Ptolemäus19 Glauben schenken, waren sie vindelikische Bewohner und der Gelehrte Roschmann20 meint, dass die Breunen ihren Namen vom Brennergebirge erhalten haben, während Plinius jene bei den Lepontier21 verortet. 3. Darüber hinaus sind einige Geographen unserer Zeit davon überzeugt, die Brenner hätten einst die Ufer des Flusses Brenno besiedelt, der in der Schweiz liegt, zwischen Livinental und Calancatal. 4. Wenn im übrigen Venantius die Straße des Brennergebirges darstellen wollte, auf welche Weise lässt sich der Vers Ingrediens rapido qua gurgite volvitur Oenus verstehen, während die Straße des Brennergebirges kein Fluss durchquert? 12. 1. Doch lasst uns Inde Valentini benedicti templa require weiter ausführen. 2. Valentinus war Bischof von Passau.22 3. Verstoßen aus der Heimat, zog er sich in die Stadt Meran zurück, dort errichtete er eine Kirche für den ewigen Gott, in der er nach seinem Tod begraben wurde. 4. Von dort ist er in der Zeit Karls des Großen unter Zustimmung des friulischen Herzog Tassilo III. nach Passau überführt worden. 5. Durch diese erstaunliche Beobachtung wurde meine Meinung bestärkt und ich kann bestätigen, dass der Reisebericht des Venantius eine ähnliche Richtung wie die Via Claudia von Augsburg bis zu Pons Drusi oder Bozen hatte. 13. 1. Aber kaum verschwindet eine Schwierigkeit, entsteht gleich die nächste und dringt danach von mir zu erfahren, kundig der kritischen Kunst, auf welche Weise das Schweigen des Venantius über die Etsch entschuldigt wird, wenn er kleinere Flüsse beschreibt. 2. Muss aus solchem Schweigen geschlossen werden, dass die von ihm beschriebene Straße nicht dem Ufer der Etsch folgte und deshalb durch die Schluchten des Brennergebirges führte, nämlich durch die Dörfer Wilten, Matrei und Sterzing? 3. Kein Fluss wird nämlich von Tours bis nach Augsburg von Venantius erwähnt. 4. Deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn er über die Etsch schweigt. 14. 1. Wenn wir davon ausgehen, dass der Reisebericht des Venantius die Richtung nach Meran und Bozen genommen hat, ist es nötig den Namen des Flusses Byrrus mit dem Eisack bei Cluverius zu erwähnen. 2. Ich glaube jedoch, dass Cluverius sich geirrt hat. 3. Es gibt genügend Geographen, die den Fluss Byrrus nicht Eisack, sondern Rienz nennen, der vom Gebirge bei

19 Buch 3. Kapitel 20 20 Im Werk über Wilten 21 Buch 3, Kapitel 20 22 Der Gelehrte Roschmann beschreibt in deutscher Sprache das mir gänzlich unbekannte Leben des heiligen Valentin, aber man muss sagen, dass er sich geirrt hat bezüglich der antiken Inschriften, wenn wir die Aufmerksamkeit auf die Beispiele, die aus dieser Inschrift selbst hervorgehen, von Scipio Maffeio richten. Dasselbe kann über die Dissertation des Autors gesagt werden mit dem Titel Par sine pari lapidum milliariorum Romanorum, qui nuper reperti lectissimam Bibliothecam Wilthinensem ornant, brevius notis illustrati vom Bibliothekar seiner heiligen kaiserlichen Majestät Anton Roschmann 1758. Die Inschriften sind fast alle nicht sonderlich erfolgreich von diesem äußert gelehrten Mann beschrieben worden. 49

Aguntum in das Pustertal fließt und mit dem Eisack in der Nähe der Stadt Brixen zusammenfließt.24 4. An dieser Stelle müsste das Grenzgebiet von Noricum untersucht werden, nur allzu gern würde ich glauben, dass die errichtete Provinz Rätien nämlich nicht viel weiter von Bozen liegt, und das Eisacktal der Beginn von Noricum war. 15. 1. Aber welche Städte waren in der Antike Teil dieses Noricums? 2. Wo waren die Straßenstation Littamum und Sebatum? 3. All diese Fragen werden in der dunklen Nacht verborgen bleiben. 4. Wer aber vertreibt mit der Fackel der Bildung die so undurchdringlichen Schatten, außer hochberühmte Männer, die die gelehrte Wissenschaft mit unauslöschlicher Glut im Herzen und Standhaftigkeit so pflegen, dass sie weder die Schwere der Zeiten, noch die Kriegswirren von ihrem angestrebten Ziel abhalten können? 5. Während ich diesen Brief zum Höhepunkt führte, wurde mir berichtet, dass aus der Stadt Udine, der Provinzhauptstadt des Friuli, gewisse Inschriften, eingeprägt in Bronze, im Dorf Zuglio, einst Iulium Carnicum, gefunden wurden. 6. Ohne auch nur einen Moment zu warten, um diese Funde mit meinen Augen zu sehen, machte ich mich auf den Weg ins Dorf Zuglio und, aufgeregt vor Begeisterung, betrachtete ich die meisten aus Bronze gefertigten Kunstwerke, die erst kürzlich aus den Ruinen ausgegraben wurden, und welche ich hier nun aufzähle: 16. 1. Den Arm einer gewissen Statue mit dem Fragment eines Pallium oder einer Toga. 2. Einen Teil der Kleidung, der den Arm von der Schulter bis zum Unterarm bedeckte. 3. Zwei männliche Hände in halbnatürlicher Größe geöffnet. 4. Einen Teil des Chlamys. 5. Verschiedene Teile von Gewändern. 6. Sechs weibliche Personen, die durch ein Zeichen irgendein Kunstwerk anbeteten. 7. Einen Pferdezügel gefertigt mit außerordentlicher Kunst. 8. Eine ungeheure Fülle aller Art an Kostbarkeiten (unter diesen auch das bronzene Kunstwerk). 9. Ich ließ drei Bronzemünzen und eine Silberne unerwähnt. 10. Die erste lässt die ältere Faustina erkennen, der zweite Hadrian, in größtem Maßstab, die dritte nach dem zweiten Maßstab den vortrefflichsten Kaiser Trajan, die vierte ist ein Denar aus der Familie der Porcia. 11. Zwei Finger aus weißem Marmor, von denen ein Daumen an einer Keule haftet, gehören ohne Zweifel zur kolossalen Statue des Hercules. 17. 1. Denn aus einer Iulischen Inschrift, die zuerst nach Venedig, anschließend in die Stadt Mantua überführt wurde, geht hervor, dass die Friuler diese Gottheit verehrt und ihr selbst einen Tempel errichtet haben. 2. Der Arm derselben Statue und verschiedene Kleidungsstücke waren auch aus weißem Marmor, nämlich Teile des Architrav, eines Zahnes, von Säulen verschiedener Ordnung, des Kapitels, Fragmente von künstlerischen Werken, mit Inschriften versehene

24 Einige behaupten, dass der Fluss Rienz die Etsch sei. Büsching, äußerst kundig der Geographie, nennt den Byrrum einen Nebenfluss des Rienz.

50

Ziegel und mehrere verschiedene Gegenstände aus Bronze, vollendet mit Eisen, mit Kohlen, mit Aschen und Knochen von Menschen und Haustieren vermischt. 3. Aber was viel wertvoller ist, sind drei bronzene Tafeln, von denen zwei ungefähr die Breite von drei Händen haben und in der Höhe, wie wir annehmen können, gleich gewesen sind, bekannt geworden durch Darstellungen des glorreichen Zeitalters, und ich glaube, dass diese zu Claudius Baebius gehören und folgende sind:

DEM GAIUS BAEBIUS ATTICUS, SOHN DES PUBLIUS, AUS DER FAMILIE DER CLAUDIA, DUUMVIR MIT RECHTSPRECHUNG UND PRIMUS PILUS DER FÜNFTEN MAKEDONISCHEN LEGION, PRÄFEKT DER STADT MOESIA UND TREBALLIA, MILITÄRTRIBUN DER ZUM MEER GEHÖRIGEN ALPEN ACHTEN PRÄTORIANERKOHORTE UND PROKURATOR DES TIBERIUS CLAUDIUS AUGUSTUS GERMANICUS IN NORICUM HAT DAS VOLK DER SAEVATEN UND LAIANCER DIESE INSCHRIFT GEWEIHT.

18. 1. Dieser Baebius Atticus, ein Sohn des Claudius oder Gaius, aus dem Familie der Claudier, war ein zum Municipium gehöriger Duumvir aus der Stadt Iulium Carnicum. 2. Ranghöchster Zenturio der fünften makedonischen Legion, Militärtribun der achten Prätorianerkohorte, vielleicht Reiterpräfekt von Moesia, vielleicht auch Proprätor der Stadt Treballia und in den zum Meer gehörigen Alpen, und, da es mit Sicherheit aus der ersten Tafel hervorgeht, Prokurator des Kaiser Claudius in Noricum. 3. Ich glaube es nur allzu gern, dass diesem Baebius eine Bronzestatue mit marmornem Sockel von den Saevaten und Laiancern errichtet wurde. 19. 1. Welche war die Stadt der Saevaten und Laiancer? 2. Wenn ich mich nicht täusche, wird der Name dieser Stadt von der Region oder dem Volksstamm hergeleitet auf dieselbe Weise, wie Caesar in seinen Kommentaren die Stadt von Helvetia beschreibt. 3. Aber wer waren diese Saevaten und Laiancer? 4. Ohne Zweifel ein norisches Volk, dessen Einwohner teils bei der Drau wohnten und die Laiancer waren, der andere Teil entlang den Ufern des Eisacks und die Saevaten waren. 5. Mit Vorsicht wollen wir dem Itinerarium Antonini folgen, der Tabula Peutingeriana, die vom Gelehrten Scheyb ediert wurde, und der graphischen Beschreibung Tirols von Peter Anich, die wir vor Augen haben. 20. 1. Nun will ich ein paar Worte über die Straßenstation Sebatum verlieren, anschließend über die Stadt Loncium, die ich für die Hauptstadt der Laiancer halte. 2. Ist die Stadt Saevatum, die aus der Iulischen Inschrift hervorgeht, die Straßenstation Sevatum, die der hochberühmte Wolfgang Lazius irrtümlich Schvartz nannte, oder Sebatum oder jenes Sevatum, das La 51

Martinière und Reinesius bei der Stadt Klausen, einst Saben, verortet haben? 3. Der Name dieser Straßenstation ist in der Tabula Peutingeriana, wie auch einige andere Wörter, äußerst unkenntlich entstellt worden. 4. Nichtsdestoweniger geht aus dem Wort Sublavione die Bezeichnung von zwei Dörfern hervor, nämlich Saben, gelegen an einem etwas höherliegenden Ort und das Dorf Klausen beim Ufer des Eisacks, dem der Name Subsabione gegeben wurde. 5. An diesem Ort lebten ohne Zweifel die Saevaten, diese nannte die Inschrift der Alpenfeldzüge zu Ehren des Augustus Isarcer. 6. Aber wie können wir diese Behauptung mit dem Itinerarium Antonini verbinden? 7. Der Weg von Aquileia bis nach Wilten zeigt die Straßenstationen in folgender Reihenfolge:

Nach Tricensimum M.P. XXX. Iulia Carcnicum XXX. Loncium XXII.25 Aguntum XVIII. Littamum XXIII. Sebatum XXIII. Vipitenum XXXIII. Veldidena XXXVI.

21. 1. Das Dorf wird bis heute mit dem einstigen Namen wahrgenommen, Iulium wurde zu Zuglio geändert, Loncium wird im Deutschen Lienz genannt und Aguntum Innichen. 2. Aber verfolgen wir den Weg weiter, verlieren wir nur Zeit, denn es besteht keine Spur einer folgenden Straßenstation. 3. Der hochberühmte Cluverius irrt sich, indem er Littamum beim kleinen Dörfchen Luttach26 verortet. 4. Ich glaube, die Station ist weder in Bruneck, noch im Dorf des heiligen Laurentius (S. Lorenzen) zu suchen, denn wenn man die Distanz zwischen den Orten nach den Angaben des Itinerarium Antonini berechnet, liegt diese Straßenstation unter den Ruinen des Dorfes Niedervintl oder Mühlbach. 5. Lasst und das weiter ausführen und wir finden auch die anderen Straßenstationen desselben Itinerarium, das heißt Sebatum oder Saevatum. 6. Wenn es sich nun so verhält, dass Littamum sich im genannten Dorf Mühlbach befindet, wo liegt nun Sebatum? 22. 1. Vom Dorf Mühlbach bis nach Sterzing gibt es keine Stadt, keine Siedlung, kein Dorf, nicht einmal ein Gehöft, das irgendwelche Spuren einer Straßenstation Sebatum aufweist. 2. Daher

25 Ich vermute, dass hier ein Fehler unterlaufen ist und eine größere Distanz zwischen Iulium und Loncium liegt. 26 Dieses Dörfchen liegt im Tal genannt Ahrn, weit von der Straße entfernt gelegen, die von Aquileia nach Wilten führte. 52

muss man Sebatum dort suchen, wo in der Antike das Episkopat war mit dem antiken Sitz in Sabiona, im Etschtal in der zerstörten Stadt Saben. 3. Aber die Zweifler dieser Meinung werden uns vorwerfen, dass jenes Saevatum nicht entlang der konsularischen Straße von der Stadt Aquileia nach Wilten war, sondern gänzlich außerhalb derselben Straße. 4. So verhält sich die Sache heute, aber wer wagte zu sagen, dass sich die flachen, geraden und heutigen kurvenreichen Straßen nicht vom Itinerarium Antonini unterscheiden? 5. Saben war mit großer Wahrscheinlichkeit ein Stützpunk, ein hervorstehendes Lager, und äußerst geschützt durch die Lage des Ortes, am Eingang des Eisacktals. 23. 1. Nicht verwundert es daher, wenn das Heer, das von Italien nach Germanien marschierte, die Station oder das befestigte Lager Saben aufsuchte, sei es um Schutz oder Proviant aufzunehmen, gleichwohl diese Station von der regelmäßigen Straße entfernt lag. 2. Wenn du meinst, dass diese Ansicht falsch ist, werde ich sie allzu gern verwerfen, aber vorher soll mir ein anderes Saevatum vor Augen geführt werden. 3. Wo sind denn die Spuren dieser zerstörten Stadt, wo liegen die Ruinen, wo befindet sich dieser Ort? 4. Über die Laiancer gibt es keine Schwierigkeit, wenn ich mich nicht täusche. 5. Muss man daher folgern, weil Caius Baebius Prokurator des Caesars in Noricum war, dass die Stadt, dem Caesar selbst geweiht, unter dem Namen der Laiancer dieselbe war, die heute wegen einer verunstalteten Abschrift Loncium genannt wird? 24. 1. Die bronzenen Tafeln, welche in Iulium Carnicum gefunden wurden, weisen keine Anzeichen einer Fälschung auf oder einen Grund zum Verdacht. 2. Im Übrigen sind die Zeichen glänzend, äußerst schön und sie erinnern an bessere Zeiten der Kunst und Wissenschaft. 3. Deshalb muss der antike und volkssprachliche Name Laiancum, im Langobardischen Loncium, durch den Beweis dieser Tafeln vorangestellt werden. 4. Welchen Zweifel ich auch immer hatte, habe ich dargelegt. 5. Über die unbekannten Dinge habe ich gefragt, nun will ich die Antworten von den Gelehrten der geographischen Wissenschaften mit großem Vergnügen und nicht weniger mit dankbarer Gesinnung entgegennehmen und sie den wissenschaftlich gebildeten Menschen, die daran teilnehmen, darlegen.

Ètienne Maria Siauve Verona, am 1. Dezember 1811

53

P.S. 25. 1. Als ich neulich mit dem italischen Heer reiste, schien mir, dass die Via Claudia diesseits des Inn von Augsburg bis zu diesem Fluss sich erstreckte, durch die Städte Schwabmünchen, Kaufbeuren, durch die Dörfer Füssen, Reutte, Lermoos, Nassereith, Starkenberg, Imst und Mils. 2. Wenn die Meinung über die Via Claudia, die durch die Dörfer Seefeld, Scharnitz etc. führte, Unklarheiten mit sich bringt, bin ich gewillt eine andere Meinung von Sebatum anzuerkennen, denn ich sprach über jene Station mit den Gelehrten von Innsbruck Albertini und Bertoldi, die selbst meinten und sagten, dass der Scheideweg Schabs, in der Nähe des Dorfes Mühlbach nicht weit von der Stadt Brixen, Saevatum gewesen ist oder Sevatum, am wenigsten Saben, wie ich glaube.27 3. Das berichte ich von den Untersuchungen der Gelehrten, solange bis ich die Sache mit eigenen Augen mustern kann. 4. Dasselbe sage ich über die drei Möglichkeiten für die Stadt Noreia, deren erste auf dem linken Ufer des Inn ist, wo nun das Dorf Weichmerting (Divus Martinus) vom hochberühmten Stichaner verortet wird, begünstigt durch die Inschriften von bester Qualität, die zweite Möglichkeit besteht in der Niedersteiermark, die dritte Möglichkeit will die Provinz des Friuli für sich beanspruchen.

27 Das war auch die Meinung des Gelehrten Roschmann in seiner Dissertation mit dem Titel Über die Geopgraphie des alten Rhätiens

54

8 Erläuterungen

1. 1. lapis antiquus] Der Votivaltar der Diana wurde im 17. Jahrhundert im Zieltal bei Partschins, in der Provinz Bozen, entdeckt. Der Altar selbst ist auf das 3. Jh. n. Chr. datierbar und misst in der Höhe ca. 1 m, in seiner Breite 43 cm und in der Tiefe 30 cm. Dabei ist der Fund in mehr als einer Hinsicht bedeutend, da er nicht nur Auskunft über den Namen der Straßenstation gibt, sondern er belegt darüber hinaus, dass in diesem Gebiet die rätisch - italische Grenze der Provinz Rätien und der Regio X Venetia et Histria im Etschtal verlaufen musste (vgl. allgemein HEUBERGER 1932 und 1935; AUSSERHOFER, 1976; HAIDER 1996).

1. 1. marmoris votivi seu arae Dianae nomen imponere] Die Göttin Diana galt im italischen Kult primär als Beschützerin der Frauen und Mütter und wurde erst in weiterer Folge als Jagdpatronin verehrt. Demzufolge liegt es nahe, die hier angesprochene Diana für die römische Göttin zu halten, doch unter dem Namen dürfte sich eine pagane Gottheit verbergen, die römische Formen angenommen hat. Dafür spricht auch das Adjektiv sancta in der Inschrift, das einer Gottheit des Landes eigen war, wie Maria Außerhofer in ihrer Arbeit über römische Weihesteine in Südtirol betont. Diese Tatsache lässt sich ebenso an einer Weiheinschrift aus Trento belegen. In den Provinzen Dacien und Dalmatien sind weitere Inschriften mit dem Verweis auf die sancta Diana zutage getreten. (vgl. HEUBERGER 1932, 201; AUSSERHOFER 1976, 137; HAIDER 1996, 82)

1. 1. Oenipontis bibliotheca] Hier verweist Siauve auf die Königliche Öffentliche Bibliothek oder nach ihrer Gründerin Bibliotheca publica Theresiana genannt. Die Innsbrucker Bibliothek war somit die erste Bibliothek, die nicht einer Institution, sondern direkt dem Staat unterstellt war. (vgl. NEUHAUSER / RAMMINGER / SEPP 2007, 126 - 135)

55

1. 2. inscriptionem … perdifficilem] Die Inschrift findet man im CIL V, 5090 und lautet vollständig:

In h(onorem) d(omus) d(ivinae) /sanct(ae) Dia /nae aram /cum signo Ae /tetus Augg(ustorum) /nn(ostrorum) lib(ertus) p(rae)p(ositus) stat(ionis) Ma/iens(is) XXXX Gall(iarum) de/dic(avit) Id(ibus) Aug(ustis) Praesent(e) co(n)s(ule).

Zu Ehren des göttlichen (Kaiser-)hauses und der heiligen Diana hat Aetetus einen Altar mit Kultbild (geweiht), Freigelassener unserer Kaiser, Vorsteher der Quadragesima Galliarum an der Station Mais, an den Iden des August unter dem Konsulat des Praesens.

Siauve bezieht sich auf die letzte Zeile der Inschrift Praesent(e) co(n)s(ule), in der zwischen den einzelnen Buchstaben des Namens Praesens, drei kleinere Buchstaben (A, S, N) hinzugefügt wurden. Im Allgemeinen ist die Inschrift des Votivaltares gut erhalten. Dennoch erwähnt Maria Außerhofer, dass die Ligatur von M und A des Wortes Maiensis nicht leserlich sei, wodurch unklar bleibt, ob es sich um Maiensis oder um Miensis handelt. Diese Problematik trat bereits 1932 auf, wie Richard Heuberger schreibt. Er bestätigt trotz allem, dass die Inschrift in einem sehr guten Zustand ist. Efeuranken umrahmen die achtzeilige Schriftfläche, die eine Breite von 28 cm besaß. Während an der linken Seite ein Opferkrug zu erkennen ist, stellt die rechte Seite eine Opferschale mit Henkel dar, die die Weihebestimmung des Altares betonen. Die Inschrift hebt sich durch einen im unteren und oberen Bereich mehrfach gegliederten Rahmen vom Sockel und Aufsatz ab. Das erste Mal wird die Inschrift vom Stamser Zisterzienserabt P. Lachemayr 1696 publiziert. Der Abt gibt das Zieltal als Auffindungsort des Steines an und hält folgendes fest: „ara erecta in valle Cyll, nunc autem in castrum Knillenberg translata ibidemque reerecta.“ (vgl. HEUBERGER 1932, 201; AUSSERHOFER 1976, 137)

1. 2. ad curriculi metam] Die meta bezeichnet die Säulen, die jeweils die Wendemarke bei Wagenrennen im Circus Maximus kennzeichnen. Hier ist sie wohl im Sinne von Ovid Tristia, 1. 9. 1 metam tangere vitae oder Vergil, Aeneis 10. 472 ad metas aevi pervenire zu verstehen.

1. 3. in urbe Meran olim extitisse] Über den römischen Aufstellungsort ist sich die Forschung nicht einig. Zwar führt Lachemayr und Roschmann den Fundort im Zieltal an, doch ist es ungewiss, ob der Altar im Laufe der Jahrhunderte schon immer an dieser Stelle stand oder erst später dort 56 hingebracht wurde. Maria Außerhofer spricht sich aufgrund des guten Erhaltungszustandes für den Auffindungsort im Zieltal aus. Ob das Denkmal von Anfang an im Zieltal errichtet war, gilt nicht als gesichert. Für Richard Heuberger stand der Altar entlang der römischen Via Claudia Augusta, am ehesten an der Ausmündung des Zieltales. Durch den immer stärker werdenden Einfluss des Christentums soll das Denkmal daraufhin von seinen Anhängern ins Gebirge gebracht worden sein. (vgl. HEUBERGERG 1935, 15; AUSSERHOFER 1976, 137)

1. 3. translata in arcem Knillenberg, ex hoc castro Oenipontem asportata] Im 17. Jahrhundert überführte Freiherr von Fluri den Altar in den Ansitz Knillenberg. 1735 wurde der Stein dann Anton Roschmann geschenkt, der den historischen Fund der Innsbrucker Bibliothek übergab. Von dort ist der Votivaltar schließlich in das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum gebracht worden, wo er heute noch aufbewahrt wird. (vgl. AUSSERHOFER 1976, 13)

2. 1. sed homo sum, non Oedipus] Siauve spricht hier auf die Sage von Ödipus an, der die Stadt Theben vor der Sphinx rettete. Diese lauerte auf einem Felsen und verspeiste all jene, die ihre Rätsel nicht lösen konnten. Zur Belohnung ernannte Kreon Ödipus zum König von Theben (vgl. allgemein SCHADEWALT 1968). Im Gegensatz zum griechischen Helden, war es Siauve allerdings nicht möglich, dass Rätsel der Inschrift aus dem Stehgreif zu lösen.

Anm. 1. consule Praesente] Laut der Inschrift ist der Altar unter dem Konsul Praesens errichtet worden. Im ersten Fall könnte der Konsul des Jahre 217 n. Chr. gemeint sein, der zusammen mit Titus Marcus Extricatus regierte, im zweiten Fall um Gaius Bruttius Praesens, Konsul 246 n. Chr. mit Gaius Albinus. Zwar gab es noch weitere Konsulen mit demselben Namen im Jahr 139, 153 und 180 n. Chr., doch sind diese auszuschließen, da während dieser Zeit keine zwei Kaiser das römische Reich regierten. Für Haider ist es eindeutig, dass es sich nur um den Konsul Praesens aus dem Jahre 217 n. Chr. handeln kann, der sein Konsulat unter Caracalla bzw. unter Macrinus angetreten hat, da ansonsten die Abkürzung AVGGG stehen müsste (vgl. HEUBERGER 1932, 201; AUSSERHOFER 1976, 136; HAIDER 1996, 81).

Anm. 1. opinionem omnino dissimilem clarissimus Vodnik] Mit Valentin Vodnik (* 1758 - † 1819) teilte Siauve die Leidenschaft für die Antike. Während seiner Reisen zu den Ruinen von Emona und seiner Suche nach epigraphischen Stücken wurde der slowenische Forscher öfters von Siauve begleitet. 1806 und 1809 hielt sich Siauve auch in Ljubljana auf. Šašel Kos erwähnt, dass 57

Vodnik häufiger Inschriften falsch ausgelegt hat, vor allem dann, wenn dieser keine Möglichkeit hatte, den französischen Kriegskommissar um Rat zu fragen. In einem Brief vom 12. Juli 1810 erwähnt der Franzose zum Beispiel die Richtigstellung von zwei Inschriften, um die ihn Vodnik gebeten hat. (vgl. allgemein ŠAŠEL KOS 2007).

3. 1. Aetetus] Bis auf die Tatsache, dass Aetetus der Stifter des Altares war, wissen wir über ihn nur, dass er ein kaiserlicher Freigelassener und Zollvorsteher der Straßenstation Mais war. Der Name Aetetus kommt aus dem Griechischen, aitetós, und bedeutet erbeten, erwünscht. Unter den antoninischen Kaisern wurde die Führung des portorium Pachtgesellschaften (societates publicanorum) übertragen oder an conductores anvertraut. (vgl. Kommentar zu 7. 5) Aufgrund der zahlreichen Einfälle von germanischen Völkern, wurden die alpinen Gebiete wie Noricum ab dem 2 Jh. n. Chr. mit Besatzungen verstärkt und zum Rang einer Prätorenprovinz erhoben. In Folge gelangte die Verwaltung dieser Stationen unter kaiserliche Kontrolle, geführt von einzelnen Prokuratoren (vgl. BANZI 2005, 184f.; HAIDER 1996, 81f.)

3. 1. Imperatorum Diocletiani et Maximiani] Durch die zahlreichen Kriege und die wirtschaftliche Misere des Staates während der Reichskrise im 3. Jahrhundert n. Chr. kam es immer häufiger zu Usurpationen im Heer. Als Diocletian 284 n. Chr. in Nikomedia zum römischen Kaiser ausgerufen wurde, erkannte er, dass weitgehende Reformen zur Sicherung des Reiches und vor allem seiner eigenen Herrschaft notwendig waren. Neben umfangreichen Reformen in der Provinzverwaltung, führte der neue Kaiser in späterer Folge das Herrschaftssystem der Tetrarchie ein, die eine Teilung der kaiserlichen Macht vorsah. Zunächst bestimmte Diocletian 285 n. Chr. aber nur Maximian (* 240 - † 310 n. Chr.) zum Caesar, ein Jahr später ernannte er Maximian zum Augustus und somit zum Mitkaiser (Vgl. ALFÖLDY 1974, 198ff.).

3. 1. seu aliorum augustorum] Durch die Erwähnung des Konsul Praesens lässt sich die Inschrift auf das Jahr 217 n. Chr. datieren. Die aliorum augustorum sind demnach der Kaiser Macrinus (* 164 - † 218 n. Chr.) und sein Sohn Diadumenianus (208-218) (vgl. HAIDER 1996, 82).

3. 2. quadragesima Galliarum] Zollstationen wurden an wichtigen strategischen Punkten entlang der Grenze zur Regio X Venetia et Histria errichtet. Dabei gehörten die Provinzen Rätien, Noricum, Dalmatien, Pannonia Inferior und Superior, Moesia Inferior und Superior, Dacien, Thrakien sowie der Unterlauf der Donau zum publicum portorium Illyricum. Das portorium war wiederum entlang der 58 wichtigsten Verbindungsstraßen zwischen dem padanischen Becken und dem Donauraum in Zollverbänden gegliedert, wie die XL Galliarum zu der die statio Maiensis gehörte. Einzelne Stationen entstanden ebenso im Hinterland, um eine natürliche Barriere wie einen Fluss, eine Gebirgskette oder ein Tal zu kontrollieren. An solchen Stationen war ein zu entrichtender Warenumsatzzoll, die quadragesima, in Höhe von 2,5%, zu erbringen (vgl. AUSSERHOFER 1976, 137; BANZI 2005, 184f).

3. 2. statione Maiensi] Der Altar ist durch die Erwähnung der statio Maiensis eine bedeutende und wertvolle Rarität, da dieser bisher der einzige Beleg für diese Zollstation im Vinschgau ist. Ein viel diskutiertes Problem, neben der exakten Lokalisierung, ist der Name der Ortschaft, in welcher sich die römische Station befinden musste. Maria Außerhofer sieht einen Zusammenhang mit der Nymphe Maia, der Tochter des Atlas. Dafür spricht sich auch Kramer aus, der nicht nur eine Parallele des Namens Maia in einem römischen Kastell im nordwestlichen England sieht, sondern „solche Reminiszenzen an den Götterkult waren bei stationes des römischen Militärs nicht selten.“ (vgl. KRAMER 2012, 11). Die Übertragung eines Götternamens auf eine Ortschaft war laut Heuberger aber sehr unüblich. Natürlich besteht die Vermutung, dass das lateinische Maia sich zu einem späteren Zeitpunkt zu Maies wandelte, doch kannte das Althochdeutsche auch die volltönende Endung -a, weswegen es für Heuberger nahe liegt, dass der Siedlungsname bereits in vorrömischer Zeit Maies war und von den Römern übernommen wurde, da diese für ihre Stationen keine neuen Benennungen erfanden. Das belegen zum Beispiel die Namen des Reschenscheideck und des Brenners, wie die Orte Endidae (Neumarkt), Inutrium (Nauders), Vipitenum (Sterzing) oder Veldidena (Wilten), die aus dem lokalen Sprachraum stammen (vgl. HEUBERGER 1935, 66f.). Zwangsläufig ist jedoch anzunehmen, dass die Straßenstation in dem Bereich von Obermais oder Untermais errichtet worden ist, da hier vermehrt römische Siedlungsspuren nachweisbar sind. Eine zweite Möglichkeit zur statio Maiensis bietet der Abschnitt in Partschins, wo der Töllbach in die Etsch mündet und in der Antike laut Banzi ein teloneum stand (vgl. BANZI 2005, 186), dem im Mittelalter dann das castrum Maiensem an dieser Stelle folgte, welches vom Bischof Arbeo von Freising für das 8. Jahrhundert in der vita Corbiniani bezeugt ist. Die Vermutung, dass sich die Station hier befand und im Namen wiederspiegelt, ist jedoch nicht haltbar, da der Name Töll nicht vom lateinischen teloneum stammt, sondern vielmehr als vorrömisch betrachtet werden muss (Vgl. HEUBERGER 1935, 66 - 70; AUSSERHOFER 1976, 137f.).

59

3. 6. vectigalia iubente Vespasiano … abolita sunt] Sueton erwähnt in seinem Werk über das Leben des römischen Kaiser Vespasian folgendes (Sueton, vita caesarum, 12, 16):

Non enim contentus omissa sub Galba vectigalia revocasse, nova et gravia addidisse, auxisse tributa provinciis, nonnullis et duplicasse, negotiationes quoque vel privato pudendas propalam exercuit, coemendo quaedam, tantum ut pluris postea distraheret. Ne candidatis quidem honores, reisve tam innoxiis quam nocentibus absolutiones venditare cunctatus est. Creditur etiam procuratorum rapacissimum quemque ad ampliora officia ex industria solitus promovere, quo locupletiores mox condemnaret; quibus quidem vulgo pro spongiis dicebatur uti, quod quasi et siccos madefaceret et exprimeret umentis.

Nicht nur zufrieden damit, daß er die Abgaben, die unter Galba aufgehoben wurden, wieder einführte, neue und weitaus höhere hinzufügte, die Tribute in den Provinzen erhöhte, in einigen sogar verdoppelte, trieb er sogar öffentlich Finanzgeschäfte, für die sich selbst ein Privatmann schämen würde, indem er gewisse Waren bloß deshalb aufkaufte, um sie nachher mit großem Gewinn wieder zu verkaufen. Auch trug er keine Bedenken, sich von Bewerbern die Ehrenstellungen und von Angeklagten, egal ob schuldig oder unschuldig, die Freisprechungen abkaufen zu lassen. Es heißt auch, dass er absichtlich seine Prokuratoren, je habsüchtiger sie verfuhren zu immer größeren Stellen beförderte, damit er sie dann später zu größeren Geldbußen verurteilen könnte. Es hieß allgemein, dass er sie wie Schwämme benutzt, weil er sie anfeuchtet, wenn sie trocken sind und ausdrückt, wenn sie vollgesogen waren.

Gegen Ende des 1. Jahrhundert kam es zu einem Niedergang der Pachtgesellschaften, die den römischen Staat zwangen, Reformen im Zollwesen durchzuführen. An Stelle der societates setzten sich Einzelunternehmer, die sogenannten conductores, durch. Durch das Recht, Güter vor Ort bei fehlender Deklaration zu beschlagnahmen, das dazu führte, dass man dieses Recht schamlos ausnutze, avancierte der Posten eines solchen conductor zu einer beliebten Arbeitsstelle, vor allem da den Zollpächtern keinerlei rechtliche Konsequenzen drohten bei der Ausführung ihrer Aufgaben. Seit der flavischen Zeit jedoch sind Zollprokuratoren belegt, deren Aufgabe es war, die Zollpächter zu kontrollieren oder teils eben diese Zolleinnahmen für den Staat selbst zu übernehmen. (vgl. allgemein KRITZINGER 2016)

4. 2. statio distabat quingentis passibus a loco] Vgl. Kommentar zu 3. 2.

60

4. 2. scilicet Ober Mais et Unter Mais] Die Ortsteile Obermais und Untermais gehören heute zur Stadt Meran. In beiden Gebieten konnten immer wieder römische Kleinfunde und Relieffragmente nachgewiesen werden, wodurch es angesichts der Namensähnlichkeit auch nicht abwegig ist, die statio Maiensis hier zu verorten (vgl. HEUBERGER 1976, 138).

4. 3. in lapide Pontis Drusi] Siauve meint wohl den Meilenstein, der nicht im antiken Pons Drusi in Bozen, sondern bei Rabland im Vinschgau 1552 gefunden wurde und wie folgt lautet (CIL V, 8003):

Ti(berius) Claudius Caesar / Augustus German(icus) / pont(ifex) max(imus) trib(unicia) pot(estate) Vi /co(n)s(ul) desig(natus) IIII imp(erator) XI p(ater) p(atriae) /[vi]am Claudiam Augustam /quam Drusus pater Alpibus / bello patefactis derexserat /munit a flumine Pado ad / flumen Danuvium per /m(ilia) p(assuum) CC []

Tiberius Claudius Caesar Augustus Germanicus, Pontifex Maximus, Inhaber der tribunizischen Gewalt zum 6. Mal, designierter Konsul zum 4. Mal, Oberfeldherr zum 11. Mal, Vater des Vaterlandes errichtete die via Claudia Augusta, die sein Vater Drusus nach dem Alpenfeldzug angelegt hatte, vom Fluss Po bis zum Donaustrom auf einer Länge von CC Meilen.

Der Stein wurde von der Etsch freigeschwemmt und 1570 von Freiherr J. von Römer ins Schloss Maretsch bei Bozen gebracht. Durch die Inschrift erfahren wir, dass Kaiser Claudius im Jahre 46 n. Chr. die bereits von seinem Vater Drusus angelegte Straße vom Po bis zur Donau errichten ließ. Doch bis heute streitet sich die Forschung über ihren Ausgangspunkt, da in Cesiomaggiore, in der Nähe von Feltre, ein weiterer Meilenstein gefunden wurde, dessen Inschrift von der aus Rabland nur minimal abweicht (vgl. Anmerkung zu 5. 4). Und zwar insofern, da dieser Meilenstein den Ort Altinum als Ausgangspunkt nennt, nordöstlich von Venedig, und die Gesamtstrecke mit CCCL Meilen angibt (vgl. AUSSERHOFER 1976, 12).

4. 3. Pontis Drusi (Botzen)] Durch die römische Okkupation des Bozner Becken ab 15 v. Chr. unter den kaiserlichen Stiefsöhnen Drusus und Tiberius erfolgte die Errichtung der römischen Straßenstation Pons Drusi, die zur Sicherung und Erhaltung der Straße dienen sollte, welche weiter durch das Eisacktal führte. Die Station wird auch in der Tabula Peutingeriana mit XL milia passum von Tridentum erwähnt. (vgl. KRAMER 2012, 12)

61

4. 3. Imperatorem Claudium muniisse viam] Seit dem 1. Jh. n. Chr. gerieten die Gebiete der Alpen immer stärker in den Fokus des römischen Reiches. Das römische Tridentum, das heutige Trento, diente im Jahre 15 v. Chr. höchst wahrscheinlich als Ausgangspunkt für den Feldzug gegen die Alpenvölker, der später im tropaeum Alpium verewigt wurde. Den Oberbefehl übertrug Augustus seinen Stiefsöhnen Tiberius Claudius Nero und Nero Claudius Drusus. Drusus starb bereits 9 v. Chr. als sein Sohn, der spätere Kaiser Claudius (* 10 v. Chr. - † 54 n. Chr.) gerade ein Jahr alt war. Zu Ehren seines Vaters ließ Claudius während seiner Kaiserzeit immer wieder Gladiatoren- oder Zirkusspiele ausrichten, wie in den Jahren 41. n. Chr., oder auch Münzen mit dem Abbild des Drusus prägen in den Jahren 41/42 n. Chr. Durch seine überraschende Ernennung zum römischen Kaiser, benötigte Claudius einen militärischen Erfolg, um seine Macht zu konsolidieren und um Ansehen beim Volk zu gewinnen. Zu diesem Zweck plante er eine Feldzugkampagne 43 n. Chr. gegen Britannien, wo sich Claudius nach den ersten Kämpfen selbst ein Bild vor Ort machte. Nach 16 Tagen auf der Insel reiste der Kaiser wieder ab, auf seiner Rückreise muss er wohl den schlechten Erhaltungszustand der Verkehrsinfrastruktur erkannt haben und die Notwendigkeit den Ausbau der zentralen Alpenverbindungen zwischen Oberitalien und Rätien zur Sicherung der Donaugrenze voranzutreiben, wie die Meilensteine von Rabland oder Cesiomaggiore zeigen (vgl. IHM 1958, 190 - 221).

4. 5. a Guntia … originem sumens] Den Ursprung, wenn man von Norden beginnt, hatte die Via Claudia Augusta wohl in Submuntorium, dem Kastell Burghöfe bei Mertingen südlich von Donauwörth. Hier verbindet sich die Via Claudia Augusta mit der sogenannten Donausüdstraße, die in West-Ost Richtung entlang der Donau verlief. Bis zum Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. galt die Donau als Reichsgrenze und Gontia, das heutige Günzburg, als wichtiges Kastell zur Sicherung dieser Grenze (vgl. allgemein CZYSZ 2002).

4. 5. prope Augustam Vindelicorum] Um das römische Kastell in Augsburg entwickelte sich gegen Ende des 1. Jahrhundert n. Chr. die Siedlung Augusta Vindelicum, die sich später auch zur Provinzhauptstadt von Rätien etablierte. Die Folge der direkten Lage an der Via Claudia Augusta führte zu einer wirtschaftlichen Blütezeit. Von Augsburg aus gelangten Reisende über die Via Claudia Augusta nach Füssen. Nach der Überschreitung des Lechs und des Kniepasses führt die römische Straße nach Reutte, über den Fernpass nach Landeck und Finstermünz (vgl. GRABHERR 2006).

62

4. 5. intra gurgites Fünstermünz] Bereits in römischer Zeit musste die Via Claudia Augusta bei Altfinstermünz, ebenso wie alle bis 1854 folgenden Straßen, den Inn hier überqueren, da der Weg auf der orographisch rechten Seite durch eine steile Felswand versperrt war. Die heutige Brücke bei Altfinstermünz dürfte sich an derselben Stelle befinden wie jene aus römischer Zeit. Auf der linken Innseite führt der Weg dann oberhalb des Flusses an der heutigen Staatsgrenze entlang (vgl. GRABHERR 2006, 82).

4. 5. collem dictum Reschen] Der Reschenpass (1507 m) bildet gemeinsam mit dem Fernpass (1268 m) einen der höchsten Scheitelpunkte der Via Claudia Augusta. (vgl. GRABHERR 2006, 156)

4. 6. ad sinistram Athesis … per vallem Venustam] Durch die Eroberung Rätiens in Folge des Alpenfeldzuges gliederte sich das Vinschgau mit dem Etschtal in die Provinz Rätien ein. Damals bewohnten die Venostes diese Gegend, die auch der Namensgeber des Vinschgau sind. Im tropaeum Alpium werden sie als vierter der eroberten Volksstämme nach den Vennoneten genannt, die ebenso in dieser Region wohnten. (vgl. HEUBERGER 1932)

4. 7. Tridentinae civitati] Im Laufe des ersten Jahrhunderts v. Chr. erfolgte eine weitestgehend friedliche Okkupation des Territoriums durch den römischen Staat mit der Gründung von Tridentum und der Erhebung zum municipium. (vgl. allgemein BUCHI 2000)

5. 1. Veronam accedens] Von der Valpolicella erstreckte sich die Via Claudia Augusta auf der orographisch linken Etschseite bis zur heutigen Brücke Ponte Pietra in Verona. In diesem Bereich lebten die ersten Siedler der colonia Verona, die anschließend im 1. Jahrhundert v. Chr. ex novo auf dem Gebiet der heutigen Stadt erbaut wurde. Vom Ponte Pietra führte die claudische Straße dann weiter Richtung Süden nach Ostiglia (vgl. MANASSE CAVALIERI / GALLINA 2012).

5. 1. ubi nunc Hostiglia] Das heutige Ostiglia war in römischer Zeit ein bedeutender Verkehrsknotenpunkt. Von hier konnte man über die Via Emilia weiter nach Modena reisen oder über die Via Claudia Augusta in den Norden des Reiches nach Verona und Augsburg. Ostiglia galt auch als wichtige Station für den Handel, da sich hier die Anschlussstelle für die Schifffahrt auf dem Po bis zur Adria befand. Aus diesem Grund ist schwer nachvollziehbar, warum der Stein aus Cesiomaggiore zwar Altinum als Ausgangspunkt nennt, der Meilenstein von Rabland aber nur den Hinweis a flumine Pado gibt. Eine Erklärung dafür wäre, dass der Po mit seinem unteren und mittleren Lauf seit langer Zeit als Verwaltungsgrenze diente. Aus den schriftlichen Quellen geht 63 hervor, dass das municipium von Verona bis zum Ufer des Po reichte, demnach a Pado wohl auf eine Messung ab der Grenze des veronesischen Gebietes hindeutet (vgl. CALZOLARI 2005).

5. 2. Ad vicum Pergine] Der zweite Verlauf der Via Claudia Augusta “Altinate” führte von Trento über die Anhöhe nach Civezzano und anschließend nach Pergine Valsugana, das am Caldonazzosee liegt (vgl. BUCHI 2000, 22).

5. 2. Feltriam attingebat] Auf dem schmalen Bergrücken im Feltrino erstreckte sich die römische Stadt Feltria, welche zwischen 50 und 40 v. Chr. zum municipium ernannt wurde. Hier entlang verlief auch die Via Claudia Augusta von Lamon kommend, weiter Richtung Altinum. Diese Stadt galt ab dem 1 Jahrhundert n. Chr. ebenso als essenzieller Verkehrsknotenpunkt, da sich auf der Höhe von Cesiomaggiore die Straße von Feltre nach Belluno und die Strecke Opitergium - Feltria - Tridentum kreuzten (vgl. BUCHI 2000, 21).

5. 2. oppida Cenetense] Gemeint sind die Ortsteile und die umliegenden Gemeinden des heutigen Vittorio Veneto, welche in römischer Zeit zur Stadt Ceneta gehörten. Erst durch die Romanisierung verlor das Gebiet an Bedeutung, da man die Verwaltungssitze vorzugsweise in die Ebenen des Piave und des Livenza verlegte, wie zum Beispiel nach Oderzo. (vgl. allgemein ARNOSTI 2003)

5. 2. Opitergium pertransiens] Wie Feltre wurde auch Oderzo im 1. Jh. v. Chr. zum Municipium erhoben. Wirtschaftliche Bedeutung erlangte die Stadt durch ihre besondere Lage an mehreren römischen Straßen, wie der Via Claudia Augusta, der Via Postumia oder der Via Aemilia. (vgl. ARNOSTI 2003)

5. 2. Altinum denique cursum terminabat] Der Meilenstein von Cesiomaggiore gibt Altinum als Beginn der Via Claudia Augusta an. Seit dem 1. Jh. n. Chr. florierte Altinum, dank seiner Lage an der Adria, als wichtiger Hafen und Handelsumschlagplatz im Norden des römischen Reiches. (vgl. allgemein GHEDINI / ANNIBALETTO 2012)

5. 3. in pago Cesio] Auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde Cesiomaggiore wurde der römische Meilenstein gefunden, der die Strecke der Via Claudia Augusta von der Donau bis nach Altinum angibt. Laut Alpago-Novello verläuft die Straße von Lamon am Fuße der Gebirgskette weiter nach Cesiomaggiore, wo sie schließlich den Piave überschreitet (vgl. ALPAGO-NOVELLO 1997, 95f.).

64

5.4. hic inscriptio … Pontis Drusi minime differt] Der römische Meilenstein, der 1786 in Cesiomaggiore in der Provinz Belluno gefunden wurde, befindet sich heute in der Villa Tauro in Centènere bei Cesiomaggiore. Die Inschrift im CIL V, 8002 lautet vollständig:

Ti(berius) Claudius Drusi f(ilius) / Caesar Aug(ustus) Germa/nicus pontifex maxu/mus tribunicia potesta/te VI co(n)s(ul) IV imp(erator) XI p(ater) p(atriae) / censor viam Claudiam / Augustam quam Drusus / pater Alpibus bello pate/factis derex[e]rat munit ab / Altino usque ad flumen / Danuvium m(ilia) p(assuum) CCCL

Tiberius Claudius Caesar, Sohn des Drusus, Augustus Germanicus, Pontifex Maximus, Inhaber der tribunizischen Gewalt zum 6. Mal, designierter Konsul zum 4. Mal, Oberfeldherr zum 11. Mal, Vater des Vaterlandes, Zensor, errichtete die via Claudia Augusta, die sein Vater Drusus nach dem Alpenfeldzug angelegt hatte, von Altinum bis zur Donau auf einer Länge von CCCL Meilen.

Im Vergleich zum Meilenstein aus Rabland gibt er jedoch den Ausgangspunkt mit Altinum an. Auch die Entfernung von CCCL milia passum ist nicht geklärt, da dies nicht der tatsächlichen Entfernung entspricht. Grund dafür könnte laut Außerhofer wohl sein, dass die Straße im Einzelnen noch nicht richtig vermessen wurde. (Vgl. AUSSERHOFER 1976, 13)

Anm. 2. catastrophe Maiensis] Es könnte sich hierbei um den Kummersee/Passeier Wildsee handeln, der 1774 nach einem Dammbruch zu einer verheerenden Katastrophe führte. Durch Murenabgänge und Wasserausbrüche, die seit seiner Entstehung 1401 immer wieder zu Problemen führten, stürzten die Fluten mitsamt Geröll durch das schluchtenartige Passeiertal bis nach Meran hinab.

6. 1. De praecipuis Norici urbibus] Der Name Noricum stammt vom regnum Noricum ab, welches sich seit dem 2. Jahrhundert aus verschiedenen Stämmen zusammenschloss. Die freundschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. führten aber dazu, dass das Fürstentum weitestgehend seine Autonomie behalten durfte und lediglich tributpflichtig war. Unter Kaiser Claudius kam Noricum, sowie Thrakien, Lykien, Pamphylien und Mauretanien endgültig unter römische Herrschaft. Im Laufe der diocletianischen Reichsreformen am Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr. erfolgte die Teilung der Provinz in Noricum ripense und Noricum mediterraneum. Das ehemalige römische Gebiet erstreckt sich heute über die Bundesländer Salzburg, Osttirol, Kärnten, Steiermark, Ober- und Niederösterreich, südöstliches Bayern und Teile nördlich von Slowenien (vgl. HEUBERGER 1954, 163; ALFÖLDY 1974). 65

6. 1. Norici urbibus a Plinio memoratis] Die von Siauve angesprochene Stelle bezieht sich auf Plinius hist. nat. III, 146. Der vollständige Wortlaut lautet:

A tergo Carnorum et Iapudum, qua se fert magnus Hister, Raetis iunguntur Norici. Oppida eorum Virunum, Celeia, Teurnia, Aguntum, Iuvavum, omnia Claudia, Flavium Solvense.

Im Rucken̈ der Iapoden und Carner, wo der große Fluss Hister fließt, schließt sich an Ratien̈ das Gebiet der Noricer an. Ihre Stadtë sind Virunum, Celeia, Teurnia, Aguntum, Iuvavum, alle Claudisch, und das Flavische Solva.

6. 3. mansionem Adrante] Die Mansio Adrante, wie sie in der Tabula Peutingeriana und dem Itinerarium Antonini bezeichnet wird, stand entlang der Straße von Emona, das heutige Ljubljana, nach Celeia (Celje). Aus den Ruinen dieser Station, die sich bei Trojane in Slowenien befindet, wurde eine Inschrift ausgegraben, die Siauve einen Absatz später erwähnt. Eine solche mansio war entlang der viae publicae errichtet worden in einem Abstand von 25 römischen Meilen, das heute etwa 37 km entspricht. Die Aufgabe dieser mansio bestand vor allem darin, den Kurier- und Transportdienst des cursus publicus zu unterstützen in Form einer Pferdewechselstation oder einer Herberge, der allerdings nur Kurieren des Kaisers, dem Militär oder Statthaltern zugänglich war. Vor allem im alpinen Raum kam solchen Stationen eine hohe Bedeutung zu, da sie oft an verkehrstechnisch wichtigen Knotenpunkten des Straßennetzes errichtet wurden und größtenteils vor und nach beschwerlichen Alpenpässen anzufinden sind, die eine Vorspannleistung zusätzlicher Zugtiere erzwingen. Auch Werkstätten von Wagnern, Schmieden, Sattlern oder Thermenanlagen standen in Verbindung mit solchen Einrichtungen. Vgl. Anmerkunng zu 7. 4 (vgl. GRABHERR 2010).

6. 3. mutatio Pultovia seu Petavio inter urbes Noricae] Die Reformen des Kaiser Diocletian im 4. Jahrhundert n. Chr. führten zur Teilung der Provinz Noricum. Die Trennung erfolgte dabei aufgrund der geographischen Lage der Alpen, die als natürliche Grenze dienten mit dem nördlichen Teil, genannt Noricum ripense (Ufernoricum) und dem südlichen Teil Noricum mediterraneum (Binnennoricum). Während der späten Kaiserzeit sind die Grenzen der Provinz nochmals verändert worden, das dazu führte, dass Poetovio in die Provinz Noricum mediterraneum eingegliedert wurde. Der Terminus civitas Noricum, der hier wohl mit urbs gleichzusetzen ist, wurde bereits im 5. und 6. Jahrhundert für diese Region benutzt (vgl. ALFÖLDY 1974, 199).

66

6. 4. De situ Noreiae] Über die Stadt Noreia lassen sich nur Vermutungen anstellen. Die schriftlichen Quellen geben nur vage Hinweise über die geographische Lage der Stadt. Somit können mehrere Orte Kärntens, aber auch Sloweniens, wie Maribor oder Kranj, dafür in Frage kommen. Caesar erwähnt in seinem Werk, dass die Stadt von den Boiern belagert wurde, nachdem sie sich in den norischen Gebieten ansiedelten.

[…] Boiosque, qui trans Rhenum incoluerant et in agrum Noricum transierant Noreiamque oppugnarant, receptos ad se socios sibi adsciscunt. (de bello Gallico I, 5, 4)

Außerdem gewannen sie die Boier, die ursprünglich jenseits des Rheines gelebt hatten, inzwischen aber in das norische Gebiet herübergekommen waren und Noreia belagerten.

Plinius gibt nur über den Untergang von Noreia Auskunft:

In hoc situ interiere per oram Irmene, Pellaon, Palsicium, ex Venetis Atina et Caelina, Carnis Segesta et Ocra, Tauriscis Noreia. (nat.hist. III, 131).

In dieser Gegend gingen zugrunde längs der Küste Irmene, Pellaon, Pasicium, bei den Venetern Attina und Caelina, bei den Karnern Segesta und Ocra, bei den Tauriskern Noreia.

Dabei sagt Plinius aber nicht, ob die Stadt aus militärischen Gründen zerstört wurde oder aus wirtschaftlichen Gründen ihr Ende fand. Für Alföldy ist dies ein entscheidendes Detail, das den Ausschlag dazu gibt, den Magdalensberg, nördlich von Klagenfurt, als Noreia zu definieren. Neben der Tatsache, dass der Ort im Zentrum von Noricum lag und seit dem 1. Jahrhundert v. Chr. ein verstärktes wirtschaftliches Interesse seitens der römischen Händler für die Stadt bestand, war der Magdalensberg auch wegen seiner Eisenindustrie sehr gefragt. Darüber hinaus würde auch der bezeugte Niedergang des Magdalensberg in claudischer Zeit die Aussagen von Plinius bestätigen. Der Name Noreia, neben der Bezeichnung für die heimische Göttin, könnte sich aber genauso gut als Beiname auf mehrere Städte beziehen (vgl. ALFÖLDY 1974, 47f.).

7. 1. Cortenovis] Angelo Maria Cortenovis (* 1727 - † 1801), getauft auf den Namen Pietro Antonio, sah sich 1744 dazu berufen in die Kongregation der Barnabiten einzutreten. Nach mehreren Jahren in Macerata, Pisa und Mailand kommt er 1764 nach Udine. Als Mitglieder der Accademia d’Udine wird Cortenovis dort 1778 auch Sekretär. Nach seiner Ankunft im Friuli, interessiert dieser sich vermehrt für das historisch kulturelle Erbe der Region, mit dem Fokus auf 67 antike christliche Epigraphik. Für seine Studien reiste der Barnabite dazu nach Mailand (1774), Bologna (1785) oder Rom (1788) (vgl. allgemein SCALON 2009)

7. 1. in quibusdam opusculis] Die detaillierte Beschreibung der archäologischen Funde war oft Gegenstand von Cortenovis Korrespondenz mit anderen Forschern. Zu diesen zählten illustre Namen wie der Kardinal Stefano Borgia, der Graf Gian Rinaldo Carli oder der Historiker Gian Giuseppe Liruti, der vor allem im Friuli ein hohes Ansehen genoss. Während dieser Reisen notierte sich Cortenovis sorgfältig die antiken Inschriften und zeichnete römische Kunstwerke nach. Nur wenige seiner zahlreichen Schriften, die in Form von Notizen, Abhandlungen oder Briefen bestehen, wurden publiziert. Einige Werke wurden vom Abt Iacopo Pirona gesammelt und an die Biblioteca civica di Udine übergeben, wo die Berichte über seine Reisen oder die historischen und archäologischen Notizen unter Opuscula zusammengefasst wurden. (vgl. SCALON 2009)

7. 1. Quo nunc loco Vensone] Gemeint ist die heutige Stadt Venzone, die aufgrund ihrer geographischen Lage am Eingang des Canale del Ferro (Eisental) schon in römischer Zeit eine wichtige strategische Position einnahm (vgl. ALFÖLDY 1974).

7. 2. nunc pagi Moggio di Sopra, Moggio di Sotto] Das Fellatal und das Eisental hatten durch die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Rom und dem regnum Noricum eine wichtige Rolle als Handelsroute, da die Händler durch diese Täler das beliebte norische Eisen, Silber oder Gold transportierten. Die Dörfer Moggio di Sopra und Moggio di Sotto sind heute in Moggio Udinese eingegliedert. Mittlerweile sind auf dem Colle di Santo Spirito in Moggio di Sopra römische Siedlungsspuren nachweißbar. Für eine Siedlung an dieser Stelle würde auch die günstig gelegene Anhöhe sprechen, von der man weitestgehend das ganze Tal überblickte.

7. 3. Hanc urbem Goritiam fuisse] Gemeint ist die Stadt Gorizia im Nordosten Italiens.

7. 4. Inscriptio … Atrantis ruderibus eruta] Siauve verweist hier wohl auf die Inschrift des Eutyches und Bellicus (CIL III, 5123), die mit der Nennung von Noreia für Verwirrung gesorgt haben düfte. Hierbei wird jedoch die pagane Göttin angesprochen und nicht, wie man vielleicht vermutet hat, die norische Stadt.

Norei[a]e / August(ae) et / honori / stat(ionis) Atrant(inae) / Bellicus et / Eutyches / (contra) sc(riptores) stat(ionis) / eiusdem / ex vot(o)

68

Der erhabenen Noreia und zu Ehren der Station von Atrans haben Bellicus und Eutyches, die contrascriptores derselben Station aufgrund eines Gelübdes (die Weihung gestiftet).

Atrans mit der statio Atrantina wird in der Tabula Peutingeriana und im Itinerarium Antonini als Adrante angegeben. Solche Straßenstationen dienten jedoch nicht nur als Grenzkontrolle. Die statio Atrantina befand sich an der Grenze zu Pannonien und war als Zollstation auf der Handelsstraße nach Celeia oder Emona erbaut worden. Wann diese Station bestand, kann nur vermutet werden, doch dürfte die Station anhand des Dekors auf dem Altar und der paläographischen Merkmale der Inschrift nicht weiter als 170 n. Chr. zurückreichen. Für Degrassi ist es nicht abwegig, die Errichtung der Station in die Herrschaftszeit Kaiser Mark Aurels zu datieren, als die italische Grenze bis dorthin verschoben wurde. Über die Funktion und Aufgaben dieser contrascriptores herrscht nach wie vor Unklarheit, dabei dürfte sich das Aufgabenfeld auf das Ausstellen und Kontrollieren von Zollquittungen beschränken. Kritzinger nimmt an, dass dieses Amt in der Zeit der Adoptivkaiser in das Zollwesen etabliert wurde, da von insgesamt 26 Inschriften, die auf einen contrascriptor verweisen, keine vor dem 2. Jahrhundert n. Chr. zu datieren ist. Ebenso stehen die Abkürzungen auf sämtlichen Inschriften in Verbindung mit dem Zollwesen (vgl. KRITZINGER 2016).

7. 4. Attems] Es dürfte sich wohl um die heutige Gemeinde in der Region Friuli Venezia Giulia handeln, die nördlich bei Udine liegt.

7. 5. Modo Freyssac, modo Volckermarck, Carintihae civitates] Die Stadt Noreia an diesen Orten zu lokalisieren, basiert wohl auf der Vermutung, dass sie in vorrömischer Zeit bereits bewohnt waren. Bevor das römische Imperium das regnum Noricum endgültig annektierte, bezog das römische Reich größere Mengen an Eisen, Silber oder Gold aus diesen Gebieten. Nach der Eroberung waren die heutigen Städte Friesach und Völkermarkt in römischer Zeit, wie auch das restliche Gebiet von Kärnten, aufgrund ihrer ergiebigen Bergbaugebiete sehr beliebt. Das Eisen wie auch das Silber wurde anschließend nach Aquileia transportiert oder weiter nach Altinum, von wo die Mineralien verschifft werden konnten. Anhand einer Inschrift (CIL III, 5036), die in Friesach gefunden wurde, kann man darauf schließen, dass sich dort eine Bergbaustädte befunden haben muss. (vgl. ALFÖLDY 1974, 113f.)

8. 1. Venantii … carmen de laudibus divi Martini] Der heilige Martin wurde 316 in Sabionara in Pannonien geboren. Nach seiner Zeit im römischen Heer, das er nach dem Alemannenfeldzug im Jahr 354 verließ, entschloss sich der Heilige in Poitiers dem Bischof Hilarius anzuschließen. Im 69

Laufe der Jahre wird er zum Bischof von Tours ernannt und gründet über dem Ufer der Loire das Kloster Marmoutier. 397 verstirbt Martin und wird in Tours auch begraben. Sein geteilter Mantel zählt zu den wichtigsten Reliquien des Frankenreiches. Der Heiligenvita in Hexametern des Fortunatus dient als Grundlage die Vita sancti Martini des Sulpicius Severus und beschreibt in 4 Büchern das Leben des Heiligen. (vgl. FELS 2006, XXVI)

8. 3. ad Parisiacos, Remigenses, Guesones, Boiarios, Foroiulienses] Siauve spricht hier von den Bewohnern von Paris und Reims, den Guesonen, die in Tirol zu lokalisieren sind, den Bayern und den Einwohnern von Cividale del Friuli.

Anm. 5. historia Carniolae … auctore Linhart] Siauve verweist auf Anton Tomaz Linhart (* 1756 - † 1795), Historiker aus Krain. Der Titel seines Werkes lautet Versuch einer Geschichte von Krain und der übrigen Länder der südlichen Slaven Österreichs, Band 1(1788) und Band 2 (1791)

Anm. 5. Surium] Gemeint ist Laurentius Surius (* 1522 - † 1578). Er gehörte dem Orden der Kartäuser an und verbrachte sein Leben vorwiegend im Kloster von Köln als Schriftsteller.

Anm. 6. Samson] Es handelt sich hier vermutlich um den Geographen Nicolas Sanson oder einen seiner Nachfolger Guillaume und Adrien Sanson, die am Ende des 17. und vor allem im 18. Jahrhundert eine Reihe kommentierter Landkarten publiziert haben.

Anm. 6. Ope scriptorum Le Boeuf et Bouquet] Siauve meint den Historiker Abbé Jean Le Boeuf (* 1687 - † 1760), der Mitglied der Académie des inscriptions et belles lettres war. Der französische Historiker Martin Bouquet (* 1685 - † 1754) ist u.a. der Herausgeber der mehrbändingen Sammlung Annales Francorum Fuldenses. Im ersten Band seiner Sammlung behandelt er unter anderem auch die Tabula Peutingeriana.

Anm. 6. Fellae] Gemeint ist der Fluss Fella im Nordosten von Friuli, der das Kanaltal und das Eisental durchfließt. Er mündet schließlich in den Fluss Tagliamento.

Anm. 7 Hieronimus Asquinius] Gemeint ist Hieronymus Asquinius (* 1762 - † 1837), der aus Udine stammte.

8. 4. 2. Germanus] Gemeint ist Bischof Germanus von Paris (* 496 - † 576 n. Chr.)

70

8. 4. 3. Remigius] Gemeint ist der hl. Remigius, Bischof von Reims (* 436 - † 533 n. Chr)

8. 4. 4. Medardi] Gemeint ist Bischof von Medardus von Noyon (* 456 - † 545 n. Chr.)

8. 4. 8. venerabere] Im Anschluss an seinem Brief verweist Siauve auf die durchgeführten Korrekturen wie in diesem Fall. Veneraberis wurde zu venerabere korrigiert.

8. 4. 8. Afrae] Afra von Augsburg wurde als Märtyrerin 304 vermutlich auf einer Lechinsel verbrannt. Bemerkenswert ist, dass Venantius Fortunatus als erster die Verehrung ihrer Reliquien bezeugt. 1064 wurde sie von Papst Alexander II. heiliggesprochen. (vgl. FELS 2006, 470)

8. 4. 12. Valentini … templa] Die Geschichte des heilige Valentin (* 435 - † 470 n.Cht.) beginnt in Passau, wo er als Bischof tätig war. Jedoch scheint er nicht sehr beliebt gewesen zu sein, woraufhin der Bischof aus der Stadt verjagt wurde und fortan als Wanderprediger das Land bereiste. Schließlich soll es Valentin in das heutige Meran verschlagen haben, wo er ein Kloster gegründet hat und auch begraben worden ist. Diese Behauptung ist allerdings nicht haltbar (Vgl. HEUBERGER 1935, 47f.).

8. 4. 13. Byrrus] Der Fluss Rienz entspringt bei den Drei Zinne im Gemeindegebiet von Toblach. Er durchfließt das Pustertal und mündet anschließend bei Brixen in den Eisack.

8. 4. 15. Aguntus] Wie Plinius erwähnt (Vgl. Anmerkung zu 6. 1.), gründete Claudius nach der Annexion von Noricum mehrere römische Städte, darunter auch Aguntum, das in der Nähe der Gemeinde Dölsach in Osttirol liegt. Das municipium Claudium Aguntum wurde von einem Kollegium aus 4. Männern geleitet, den duumviri und zwei Ädilen. Das administrative Gebiet des municipium reichte dabei über ganz Osttirol, einschließlich des Pustertal mit seinen Nebentälern, im Norden bis zum Felbertauern, im Osten bis zum Kärntner Tor und im Süden bis zum Kreuzberg (vgl. ALFÖLDY 1974, 81ff.).

8. 4. 18. Foroiuli] Um 50 v. Chr. gründete Julius Caesar am rechten Ufer des Natisone das Forum Iulium. Die befestigte Siedlung diente wohl zur Sicherung vor den Gepideneinfällen, wie im Jahr 52 v. Chr. Durch die augusteische Neuordnung der Provinzen gehörte die antike Stadt auf dem Gebiet des heutigen Cividale del Friuli zur Regio X Venetia et Histria.

71

8. 4. 23. Cantianos] Gemeint sind hier die Geschwister Cantianella, Cantianus und Cantius, die 290 das Martyrium erlitten. Ihre Verehrung ging vorwiegend von Aquileia aus (Vgl. FELS 2006, 471).

8. 4. 25. Pontificemque … Paulum] Paulus, auch Paulinus, von Aquileia († 568 n. Chr.). Im Streit über die Zweinaturenlehre kam es zur Spaltung von Papst Pelagius I. und Paulinus. Ab diesem Zeitpunkt betitelte sich Paulus als Patriarch von Aquileia (Vgl. FELS 2006, 471).

8. 4. 28. Augustinus … Basiliusque] womöglich Augustinus von Hippo (* 354 - † 430 n. Chr.) und Basilius von Caesara (* 330 - † 379). Es könnte sich aber auch, wie Fels festhält, um zwei Lokalheilige handeln (vgl. FELS 2006, 471).

Anm. 9. Bollandum] Der Jesuit, Historiker und Hagiograph Jean Bolland (* 1596 - † 1665) verfasste die Acta Sanctorum, in welcher die Quellen zu allen Heiligen gesammelt werden sollten.

Anm. 10. Buschingio] Hier handelt es sich um Anton Friedrich Büsching (1724–1793) war ein bekannter Geograph.

Anm. 11. hodie Innichen] Siehe 8.4.15.

Anm. 13. Vulgo dictus monte Croce] Von Aguntum ist er über den Plöckenpass nach Zuglio gereist. Dass dieser Pass bereits in vorrömischer Zeit ein wichtiger Verkehrsweg war, zeigen die archäologischen Funde, die die Präsenz des Volksstammes der Veneter im südlichen Noricum belegen (vgl. ALFÖLDY 1974, 17ff.).

Anm. 14. Supra Tulmetium] Es handelt sich um die Gemeinte Tolmezzo im Friuli, die am Tagliamento liegt.

9. 1. undis fluminum Silis] Die Sill ist der rechte Nebenfluss des Inn und entspringt in den Zillertaler Alpen, südöstlich des Brennerpasses. Durch das Wipptal fließt sie schließlich bis nach Innsbruck, wo sie in den Inn mündet.

9. 2. Dumtaxat in itinerario Antonini et tabula Peutingeriana] Das Itinerarium Antonini gilt als eines der bedeutendsten Schriftquellen für das römische Straßennetzwerk. Es ist wohl auf die Regierungszeit Caracalllas (211 - 217 n. Chr.) zu datieren und weist neben einem Land- auch ein 72

Seeitinerarium auf. Die Tabula Peutingeriana trägt den Namen ihres ehemaligen Eigentümers, des Augsburger Humanisten Konrad Peutinger (1465 - 1547). Die Tafel besteht aus 11 zu einer Rolle zusammengefügten Pergamentrollen und geht auf das 12/13. Jahrhundert zurück. Dabei werden die Straßenzüge als rote Linien dargestellt und einfache Straßenstationen als Haken mit der jeweiligen Distanz zur nächsten Station. Heute wird die Tabula Peutingeriana in der Wiener Nationalbibliothek aufbewahrt (vgl. GRABHERR 2006, 39f.).

9. 3. An de via Claudiana … montis Brenner] Weil Venantius Fortunatus (* 540 - † 600/10 n. Chr.) und sein Studienkollege Felix an einer Augenkrankheit leiden, beschließen die beiden Männer sich an den heiligen Martin zu wenden und pilgern dazu nach Ravenna zur Basilika St. Paul und Johannes. Dort bestreichen sie ihre Augenlieder mit dem Öl aus einer Lampe des heiligen Martin und werden kurze Zeit später wieder gesund. Als Dank beschließt Fortunatus das Grabmal des Heiligen in Tours aufzusuchen und bricht dazu im Spätsommer 565 von Valdobbiàdene auf. Dafür wählt Fortunatus allerdings nicht den einfachen Weg, der ihn zunächst nach Genua führte, mit dem Schiff weiter nach Marseille und schließlich über die Rhone hinauf zur Loire, sondern er entschließt sich dazu, zunächst nach Aquileia zu reisen, bevor Venantius den Plöckenpass überwindet und über das Drautal in das Eisacktal und Etschtal gelangt, wo dieser in Meran das Grabmal des heiligen Valentin verehrt. Seine Reise führte ihn dann über das Inntal und den Fernpass nach Augsburg, wo Venantius das Grab der heiligen Afrae besuchte. Bei Günzburg überschritt er wohl die Donau und reiste weiter nach Metz (Vgl. FELS 2006, XII - XVIII).

9. 4. porta Claudia] Die Befestigungsanlage an der Engstelle des Scharnitzpasses bei Scharnitz in Tirol ist erst 1632 zum Schutz vor den vorrückenden Schweden im Dreißigjährigen Krieg von Claudia de Medici (* 1604 - † 1648), Erzherzogin von Österreich und Landesfürstin von Tirol, in Auftrag gegeben worden (Vgl. TRAPP 1982).

9. 4. quadruvio Zirl] Die Gemeinde Zirl, wenige Kilometer westlich von Innsbruck, war ein wichtiger Kreuzungspunkt für römische Straßen. Neben der Via Decia, die sich von Innsbruck aus nach Zirl erstreckte und sich nach dem Mieminger Plateu über dem Holzleithensattel der Via Claudia Augusta anschloss, führte eine weitere Strecke vom Brenner kommend über Veldidena, Zirl und dem Scharnitzpass nach Augsburg.

9. 5. Ad pagum Izingen] Gemeint ist die Gemeinde Inzing in Tirol.

73

9. 5. ad pagum Telfs] Es wurde die Korrektur von ad vicum ubi nunc coenobium Telfs zu ad pagum Telfs durchgeführt, die von Siauve erwähnt wird.

9. 7. ad Athesis fontem propinquebat] Der Fluss Etsch entspringt in den Ötztaler Alpen in der Nähe des Reschenpass in Südtirol. Sie durchfließt das Vinschgau und gelangt bei Meran in das Meraner Becken, wo der Fluss weiter nach Trento und Verona fließt.

9. 7. per Pagos Nauders, Graun et viculum Reschen] Zum Dorf Nauders muss die Via Claudia eine Höhendifferenz von 200 m überwinden. Von dort führt sie am Schloss Naudersberg vorbei zum Zollamt am Reschenpass und verläuft auf der linken Hangseite südlich am Reschensee vorbei nach Graun im Vinschgau (vgl. GRABHERR 2006, 74ff.).

10. 1. Ibi viam alteram Alpinam] Von Veldidena führte diese römische Straße über dem Brennerpass in das Eisacktal und das Pustertal. Folgte man dem Weg weiter Richtung Westen erreichte man Aguntum und gelangte über den Gailbergsattel in das Drautal, von wo man, nach Überschreiten des Plöckenpass, Gemona erreichte und schließlich Aquileia.

10. 3. Vetonina] Vettonia wurde von Siauve zu Vetonina korrigiert.

Anm. 17. diversa maria … protendunt] Am Reschen liegt die Wasserscheide zwischen der Donau (Schwarzes Meer) und der Etsch (Mittelmeer).

Anm. 18. tabulam non esse … autographum] Die Tabula Peutingeriana wird heute auf das 12/13. Jahrhundert datiert. Vgl. Anmerkung zu 9. 2.

11. 2. Ptolomeo] Er bezieht sich hier wohl auf die Stelle II, 13, εἶτα Βενλαῦνοι, εἶτα Βρεῦνοι im Werk von Claudius Ptolomaeus (* 100 - † nach 160 n.Chr.).

11. 2. Incolae Vindeliciae] Die Vindelicer waren eine keltische Stammesgruppe, die vorwiegend im Alpenvorland zwischen Iller und Inn angesiedelt war. Genau wie Noricum wurde auch Rätien im Zuge der diocletianischen Verwaltungsreformen im 4 Jahrhundert n. Chr. geteilt. Entlang des Bodensee und der Nordalpen trennte man die alte Provinz Rätien in zwei neue - Raetia prima und Raetia secunda, die auch oft mit Vindelicia gleichgesetzt wurde. Der Name des Volksstammes spiegelt sich auch in der Stadt Augusta Vindelicorum (Augsburg) wider. Die Vindelicer werden im

74

Tropaeum Alpium angeführt als quattor gentes Vindelicorum sowie in den Oden des Horaz. Vgl. Kommentar zu 11. 2 (vgl. HEUBERGER 1956).

11. 2. Breunos nomen sumpsisse a monte Brenner] Die Breonen oder die Breunen lokalisiert man im Inntal in Tirol, dem Stubaital, Wipptal sowie nördlich und südlich des Brenners. Nichtsdestotrotz kann ihr Name nicht mit dem Brennergebirge in Verbindung gebracht werden. Im 4. Buch der Oden des Horaz schildert der Dichter die Kriege des Augustus gegen die Vindelicer und die Breonen:

O qua sol habitabilis / inlustrat oras, maxime principum, / quem legis expertes Latinae / Vindelici didicere nuper, quid Marte posses, milite nam tuo Drusus Genaunos, implacidum genus, / Breunosque velocis et arces / Alpibus impositas tremendis / deiecit acer plus vice simplici. (Horaz, carmina IV, 14, 5 - 13)

O du, wo immer die Sonne bewohnbare Küsten bestrahlt, größter der Herrscher, dich haben, der Satzung Latiums fremd, die Vindeliker eben erst kennengelernt, wieviel im Kampf du vermagst. Mit deinem Heer hat Drusus nämlich die Genaunen, das unversöhnliche Volk, die flinken Breunen und die Burgen, die auf den grausigen Alpen thronten, kraftvoll niedergezwungen in vielfacher Vergeltung. (zit. nach KYTZLER 2006, 242f.)

11. 2. Plinius collocat illos apud Lepontios] Plinius siedelt die Breonen bei den Lepontier an. Das Volk der Lepontier lebte in den Gebieten des heutigen Tessin und Graubünden. Die vollständige Stelle lautet (Plin. nat. hist. III, 134)

ex his Trumplini, venalis cum agris suis populus, dein Camunni conpluresque similes finitimis adtributi muincipiis. Lepontios et Salassos Tauriscae gentis idem Cato arbitratur; ceteri fere Lepontios relictos ex comitatu Herculis interpretatione Graeci nominis credunt, praeustis in transitu Alpium nive membris. eiusdem exercitus et Graios fuisse Graiarum Alpium incolas praestantesque genere Euganeos, inde tracto nomine. caput eorum Stoenos. Raetorum Vennonienses Sarunetesque ortus Rheni amnis accolunt, Lepontiorum qui Uberi vocantur fontem Rhodani eodem Alpium tractu.

Zu ihnen gehören die Trumpiliner, ein Volk, das sich mit seinem Gebiet verkauft hat, weiterhin die Kamunner und mehrere ähnliche, den benachbarten Munizipien zugeteilte (Volksstämme). Die Lepontier und die Salasser hält derselbe Cato für tauriskischen Ursprungs; fast alle übrigen (Gewährsmänner) halten aufgrund der Übersetzung ihres griechischen Namens die Lepontier für Reste aus dem Gefolge des Herakles, denen beim Übergang über die Alpen die Glieder im Schnee erfroren 75

sind. Griechen desselben Heeres seien auch die Bewohner der Alpes Graiae gewesen und die Euganeer, hervorragend durch ihre Abkunft, da der Name (von einem griechischen Wort) abgeleitet worden war; ihr Haupt(stamm) seien die Stöner. Von den Rätern wohnen di eVennonensen und Saruneten am Ursprung des Stromes Rhenus, von den Lepontiern die, welche Uberer heißen, an der Quelle des Rhodanus im demselben Gebirgszug der Alpen (zit. nach WINKLER 1988, 98).

11. 3. fluminis Brenuae] Es handelt sich vermutlich um den Fluss Brenno im Tessin, Schweiz.

11. 3. In Helvetica regione, Livern-Thal inter et Galanker-Thal] Gemeint ist die Valle Leventina im Kanton Tessin der Schweiz und das Calancatal im Kanton Graubünden.

12. 2. Passavii] Der heilige Valentin soll Bischof von Passau gewesen sein.

12. 4. Thassilone Foroiuliensi duce Passavium translatus] Zunächst von den Langobarden nach Trento überliefert, wurden die Gebeine des heiligen Valentin schließlich 764 n. Chr. von Tassilo III. (* 741 - † 796 n. Chr.), Herzog von Bayern, nach Passau gebracht (vgl. HEUBERGER 1935, 47).

13. 3. Turone] Gemeint ist die französische Stadt Tours.

Anm. 20. In opera Veldidena] Der vollständige Titel des Werkes von Anton Roschmann, den Siauve hier anspricht, lautet Veldidena, urbs antiquissima, Augusti colonia et totius Rhaetiae princeps, Ulm 1744.

Anm. 22. Scipione Maffeio] Gemeint ist der italienische Dichter und Gelehrte Scipione Maffei (* 1675 - † 1755). Nach seiner militärischen Laufbahn als General währen des Spanischen Erbfolgekrieges, betätigte er sich als Kunstsammler und beschäftigte sich mit historisch und archäologischen Studien.

14. 1. Cluverio] Gemeint ist Philipp Clüver (* 1580 - † 1622), deutscher Geograph und Historiker.

14. 3. A colle Agunti in valle Pusterl-Thal descendit] Vgl. Kommentar zu 8. 4. 13

76

14. 4. Vallem Isarci initium Norici fuisse] Der Beginn der Provinz Noricum begann vermutlich im westlichen Teil des Pustertals und reichte nicht, wie von Siauve angenommen, bis in das Eisacktal (vgl. ALFÖLDY 1974, 59f.; 254).

15. 5. Ex urbe Utino, Foroiuliensis provinciae metropoli] Gemeint ist die Stadt Udine in der Region Friuli Venezia Giulia.

16. 10. familia Porcia] Die gens Porcia war eine Plebejerfamilie aus Tusculum. Ihr bedeutendstes Mitglied ist sicherlich Marcus Porcius Cato der Ältere (* 234 - † 149 v. Chr.)

Anm. 23. Busching] Siehe Kommentar zu Anmerkung 10.

17. 3. latitudine circiter palmorum trium et altitudine] Seit der Antike wurde der menschliche Körper zu Hilfe gezogen, um Längen oder Breiten zu messen. So war es naheliegend, dass man den Fuß, man denke an das englische Längenmaß “foot“, oder den Daumen dazu verwendete.

18. 1. Baebius Atticus] Die Inschrift des Baebius Atticus lautet vollständig:

C(aio) Baebio P(ubli) f(ilio) Cla(udia) / Attico / IIvir(o) i(ure) [d(icundo)] primo pil(o) / leg(ionis) V Macedonic(ae) praef(ecto) / c[i]vitatium Moesiae et / Treballia[e pra]ef(ecto) [ci]vitat(ium) / in Alpib(us) maritumis t[r(ibuno)] mil(itum) coh(ortis) / VIII pr(aetoriae) primo pil(o) iter(um) procurator(i) / Ti(beri) Claudi Caesaris Aug(usti) Germanici / in Norico / civitas / Saevatum et Laiancorum.

Dem Gaius Baebius Atticus, Sohn des Publius, aus der gens Claudia, Duumvir mit Rechtssprechung, Primus Pilus der fünften makedonischen Legion, Präfekt der Stadt Moesia und Treballia, Militärtribun der zu den Alpen gehörenden achten Prätorianerkohorte, wiederholt Primus Pilus und Prokurator des Kaiser Tiberius Claudius Augustus Germanicus in Noricum hat das Volks der Saevaten und Laiancer (eine Statue geweiht).

Die Position des kaiserlichen Prokurators in Noricum mit einem Sold von 200.000 Sesterzen war wohl eine der begehrtesten Stellen und dementsprechend auch nur an erfahrene Männer übergeben worden, die bereits in ihrer früheren Karriere eine derartige oder ähnliche Stelle inne hatten. Für die Administration der Provinz Noricum war nicht nur ein finanzielles und wirtschaftliches Know- how wichtig, das wegen seiner Eisenindustrie von großer Bedeutung war, sondern auch das 77 militärische Können eines Prokuratos war dafür ausschlaggebend. Umso erstaunlicher ist es, dass Baebius Atticus direkt nach seiner militärischen Laufbahn zum Prokurator von Noricum aufstieg. Das hängt wohl mit der Tatsache zusammen, dass Baebius Atticus aus Iulium Carnicum war. Wie Alföldy belegt, stammten die meisten Prokuratoren aus westlichen Gebieten des römischen Reiches, waren in Rätien, Pannonien oder eben in Noricum bereits als Soldaten stationiert oder stammten selbst aus keltischen oder norischen Gebieten. Das führte ohne Zweifel dazu, dass die Personen mit der politischen und kulturellen Lage der Region besser vertraut waren und auf diese Weise auch gute Beziehungen mit den Einheimischen pflegen konnten (vgl. ALFÖLDY 1974).

19. 1. Civitas Saevatum et Laiancorum] Wie aus der Inschrift des Baebius Atticus hervorgeht, errichteten die Saevaten und die Laiancer dem Prokurator nach seiner Dienstzeit diese Ehreninschrift. Durch die claudischen Reformen wurde den neuen Städten ein territorium zugewiesen. Da das Gebiet der civitas Laiancorum im heutigen Lienzer Talkessel zu lokalisieren ist und die civitas der Saevaten im Pustertal bei Sebatum lebten, gelangten die zwei Völker unter die administrative Verwaltung des municipium Aguntum durch eine attributio und wurden in Folge wohl zu einer civitas vereinigt. Der Terminus civitas scheint dabei bereits seit dem 1. Jahrhundert auch auf das municipium übertagen worden zu sein. Vermutlich wurden diese civitates, die sich auf dem Territorium eines municipium befanden von einer Stadt aus verwaltet, wie in diesem Fall von Aguntum. Dadurch kam es dazu, dass eine Unterscheidung zwischen dem Territorium eines municipium und dem einer civitas nicht mehr stattfand (vgl. ALFÖLDY 1974, 96f.).

19. 2. dixerat Caesar in commentariis civitas Helvetiae] Siauve spricht die Stelle aus de bello Gallico I, 1 und I, 5 von Iulius Casear an.

Gallia est omnis divisa in partes tres, quarum unam incolunt Belgae, aliam Aquitani, tertiam qui ipsorum linguae Celtae, nostra Galli appellantur […] eorum una pars, quam Gallos obtinere dictum est, initium capit a flumine Rhodano, continetur Garunna flumine, Oceano, finibus Belgarum, attingit etiam ab Sequanis et Helvetiis flumen Rhenum, vergit ad septentriones.

Das Gesamtgebiet Galliens zerfällt in drei Teile, in dem einen leben die Belger, in einem zweiten die Aquitaner und im dritten die Völker, die in der Landessprache Kelten heißen, bei uns jedoch Gallier […] der Teil des Landes, in dem, wie schon gesagt, die Gallier leben, beginnt an der Rhone und wird durch die Garonne, den Ozean und das Gebiet der Belger begrenzt, er berührt sogar in nächster Nachbarschaft zum Land der Sequaner und Helvetier den Rhein und erstreckt sich dann nach Norden. (zit. nach DEISSMANN 2008, 5) 78

Ein paar Kapitel später schildert er, dass das Volk der Helvetier sich in viert Stämme gliederte:

is pagus appellabantur Tigurinus. Nam omnis civitas Helvetia in quattuor partes vel pagos est divisa. (bello Gallico 1, 12, 4)

Es handelt sich dabei um die Bevölkerung des Gaues, der Tigurinus hieß. Denn der gesamte Stamm der Helvertier gliedert sich in viert Teile oder Gaue.

19. 4. oras Isarci … Saevates] Die Saevaten bewohnten das Pusterta bei Sankt Lorenzen und nicht das Eisacktal. Vgl. Kommentar zu 19. 1.

19. 5. ab erudite Scheyb] Gemeint ist Franz Christoph von Scheyb (* 1704 - † 1777), der, wie Siauve erwähnt, die Tabula Peutingeriana neu veröffentlichte.

19. 5 Tirolis graphicam descriptionem Petri Anichii] Gemeint ist Peter Anich (* 1723 - † 1766) und sein Werk Atlas Tyrolensis. Der Atlas Tyrolensis besticht vor allem durch seinen modernen Maßstab, seine Präzision und durch die Größe des dargestellten Gebietes.

20. 2. Volfangus Lazius perperam Schvartz] Es handelt sich um Wolfgang Lazius (* 1514 - † 1565). Neben seiner Professur an der medizinischen Universität in Wien, war der Mediziner auch als Kartograph und Historiograph tätig.

20. 2. Lamartiniere et Reinisius in urbe Clausen] Gemeint ist Antoine-Augustin Bruzen de La Martinière (*1683 - † 1746) und Thomas Reinesius (* 1587 - †1667). Der französische Gelehrte La Martinière hebt sich besonders durch sein geographisches Lexikon Le Grand Dictionnaire Geographique et Critique hervor.

20. 4. In vocabulo Sublabione … cui Subsabione nomen impositum] In der Nähe von Sabiona, das frühere Subsabione, stand vermutlich eine Zollstation des publicum portorium Illyricum (vgl ALFÖLDY 1974, 254).

21. 1. Vicus ad Tricensimum adhuc hodie prisco nomine] Die Gemeinde Tricesimo war die erste Straßenstation auf der römischen Handelstraße von Aquileia. Der Name stammt von ad Tricesimum lapidem und ist dementsprechend 30 römische Meilen von Aquileia entfernt. Nachdem die Handelsstraße von Aquileia durch das Kanaltal führte, gelangte man nach dem Plöckenpass in 79 das kärntnerische Gailtal. Diese Straße verlief weiter über den Gailbergsattel bis in das Drautal und nach Aguntum, von wo sie sich über das Pustertal in das Eisacktal streckte und, vorbei an Brixen, über den Brenner nach Wilten.

21. 1. Loncium Germanice vocatur Lienz] Durch die Namensähnlichkeit von Loncium mit Lienz wurde diese Straßenstation lange Zeit in der Forschung auch fälschlich in Lienz angenommen. Erst knapp 60 später Jahre nach Siauves Tod, im Jahr 1857 und 1882, konnten zwei römische Meilensteine aus San Lorenzo di Sebato (CIL III, 1873), der die Entfernung nach Aguntum mit 56 000 Doppelschritten angibt, und Nussdorf-Debant diesen Irrtum klären. Der Stein aus Nussdorf - Debant (CIL III, 11485) wurde nach einer Überschwemmung des Debantbaches freigespült und erwähnt explizit Aguntum. Dadurch war es möglich, die römische Stadt genau zu lokalisieren und somit auch Loncium (vgl. ALFÖLDY 1974).

21. 3. in viculo Lutach Littamum collocat] Im Itinerarium Antonini des 3. Jahrhunderts wird Littamum im Abschnitt ab Aquileia per compendium angeführt. Dabei kommen jedoch nur die Formen Littimo und Littama vor, trotzdem wird heute allgemein akzeptiert, dass es sich um San Candido im Pustertal handelt (vgl. KRAMER 2012, 11).

21. 5. Untervintl aut pagi Mülbach iacet haec statio] Gemeint ist die Gemeinde Vandoies mit dem Hauptort Niedervintl im Pustertal und Rio di Pusteria (Mühlbach) im Eisacktal.

22. 5. Saben erat certissime praesidium] Sebatum wird im Itinerarium Antonini als mansio entlang der Strecke Aquileia - Veldidena wiedergegeben. Dabei entwickelte sich die Stadt entlang des Handeslweges zwischen Ahrntal, Gadertal und Pustertal. Der Name Saevates oder Sebatum scheint nicht keltisch zu sein, vielmehr bestätigen archäologische Funde im Pustertal, dass diese Namen der Fritzen-Melaun Kultur angehören, die bis in die Kaiserzeit fortbestand. Der Name der heutigen Gemeinde San Lorenzo geht auf den Kirchenpatron zurück, der den römischen Namen verdrängt hat. Seit 1205 wird lediglich der Patrozinumsname verwendet, weswegen es verständlich wird, warum Siauve und die Forschung seiner Zeit die Station nicht lokalisieren konnte. Erst der Fund des römischen Meilensteines von 1857 am Sonnenburger Hügel in San Lorenzo di Sebato gab Aufschluss über die exakte Lage der Siedlung (CIL III, 5708). Im Jahr 1934 stieß man im Zuge von Straßenarbeiten auf römische Mauerstrukturen, die einer Villa rustica zuzuordnen sind. Ab 1938 wurden weitere Grabungen unternommen, die große Teile der ehemaligen Siedlung zu Tage bringen konnten. (vgl. KRAMER 2012, 12)

80

25. 2. Per vicos Seefeld, Scharnitz] Siauve spricht hier die römische Straße an, die über den Brennerpass nach Innsbruck führte. Von dort verlief sie nach Seefeld über den Scharnitzpass, wo sie weiter nach Partenkirchen und Augsburg verlief.

25. 4. a viro de Stichaner] Hier handelt es sich um Johannes von Stichaner (* 1769 - † 1856), seines Zeichens bayrischer Staatsmann und Historiker. So wie Siauve, bemühte sich auch Stichaner um den Erhalt und die Aufbewahrung antiker Kunstschätze. So ließ er 1826 die Antikehalle in Speyer errichten, um die archäologischen Funde zu präsentieren.

81

II. Appendix

Im folgenden Abschnitt handelt es sich um die zwei Schriften Processo verbale sugli scavi di Zuglio und Lettera sugli ultimi scavi di Zuglio, auf die in Punkt 1. 3 näher eingegangen wurde. Um dem Leser eine rasche und effiziente Lektüre zu ermöglichen, wurde der Text an die moderne italienische Sprache angepasst und in Kapitel unterteilt. Die Aufschlüsselung von vokalischem i und konsonantischem j wurde zurückgenommen, ebenso umgangssprachliche Ausdrücke wie colla zu con la oder pegli zu per gli geändert.

9. 1. Processo verbale sugli scavi di Zuglio in Carnia fatti in Agosto e Settembre 1808, nel Dipartimento di Passariano, Distretto di Tolmezzo. In: Giornale Italiano Nr. 183, Milano 1808

1. Quest’oggi, 24 del mese d’agosto dell’anno 1808, noi Francesco Mario Ricchieri, viceprefetto nel distretto, suddetto in seguito alle ricerche del sig. commissario di guerra Siauve essendoci trasferiti nel comune di Zuglio all’oggetto di verificare i risultati d’uso scavo dovuto alle sollecitudini ed intrapreso spese del detto sig. commissario, abbiamo inviato il sig. Guibert, disegnatore incaricato dallo stesso signor Siauve, a presedere agli scavi ed a dirigerne i lavori, a farci conoscere il giornale delle sue operazioni, per confrontarne l’esposto coi risultati che abbiamo sott’occhio, indi abbiamo riscontrato e riconosciuto ciò che segue: 2. I. Che non è più contingente la preesistenza d’una fabbrica indicata dalla tradizione col nome basilica, che possi chiaramente giudicare tanto dal genere di costruzione, quanto dalla poca grossezza nelle mura glie appartenente ai bassi tempi.141 II. Che il suolo, per l’ammasso di terra occasionato dalla caduta dell’edificio e per la confluenza a quella località dei torrenti, che discendono dai soprastanti burroni, si era innalzato da circa due metri e mezzo al disopra del pavimento interno del tempio formato da un lastricato durissimo e rimasto sepolto a questa profondità.

141 Si sono scoperti i mori d’un’ala intera di questa basilica o piuttosto d’una galleria o gran vestibolo, che si sporgeva in fuori si dina a questo edilizio immense, che non bisogna confondere con un tempio, essendo probabile che la basilica di Zuglio fosse uno di quegli edifici, dove i magistrati rendevano giustizia a cielo chiuso, laddove nel foro tenevano le loro sessioni a cielo scoperto. La lunghezza del vestibolo dissotterrato a Zuglio e il di cui muro esteriore era fiancheggiato da dei pilastri, è di 40 metri e di 13 centimetri esternamente, internamente di 35 metri e 51 centimetri. La larghezza interna è di 7 metri e di 85 centimetri. 82

3. III. Che non si dovrebbe più oltre dubitare, che nel luogo stesso, ove è situato il villaggio di Zuglio, non fosse esistita una città romana di qualche importanza, della quale ne fanno fede una considerevole quantità di avanzi che abbiano veduti e vediamo riuniti nella casa comunale, cioè mattoni romani142, pezzi di marmo di diversa qualità, pezzi di bronzo di varie forme, dei quali alcuni sembrano esser appartenuti a degli scudi dorati ed altri a dei vestiti di statue, verghe, foglie d’acanto ed altri ornamenti pure di bronzo, che dovevano decorare qualche pezzo d’architettura di marmo143, rimasugli di vasi di terracotta, come anfore ed altri di questo genere, la base d’un vaso che pare di decorazione di forma grande di pietra d’Istria, un molino a braccia con tutti i suoi ferramenti, due artigli di leone pure di pietra d’Istria, che, giudicando dalla loro grossezza, indicano forme colossali, alcune medaglie generalmente consunte, una delle quali di Antonio Pio, dei pezzi di comento a terrazzo o intonacature di muro interno pinte a fresco di color giallo e parte di cinabro. 4. Indipendentemente da questi avanzi di romana antichità, si sono scoperte le vestigia di diverse costruzioni lombardi, dei ferramenti e chiodi di diverse dimensioni, delle travi abbrustolite, delle masse di piombo fuso, dei pezzi di muraglie dipinte a fresco del medio evo, dei cubi di mosaico in pietra d’Istria e parte in mattoni. II. Un muro di costruzione romana della grossezza di circa tre metri e mezzo, di cui si seguirà la direzione in tutta la sua estensione, alcuni frammenti d’iscrizioni, i di cui caratteri appartengono al secolo d’Augusto. In uno di questi frammenti si fa menzione d’un’edile. 5. In una parola, le scoperte fatte sin qui, fanno presumere con ragione, che si potrebbero ottenere i più fortunati successi spingendole più oltra. Ma da una parte le tracce numerose di costruzioni e di monumenti lombardi, dall’altra la difficoltà di rinvenire in intero i monumenti romani, fanno credere che Zuglio, riputato dal sig. Siauve per l’antico Forum Iulium, sia stato per giudizio dello stesso sig. Siauve la città, che diede il suo nome al Friuli e che questa sia

142 Le iscrizioni di questi mattoni tanto in addentrato che in rilievo non hanno alcun rapporto con quelle dei mattoni trovati in Aquileia ed in Concordia. 143 Nei primi giorni di settembre presso alla basilica si sono trovati degli altri ornamenti in bronzo, che decoravano le basi di alcune statue. Alcuni bucranj (teste di bue) che s’impiegano ordinariamente nei fregi dell’ordine dorico, un piccolo prefericolo di una forma elegante, una coppa ed altri ornamenti, che, come il prefericolo, erano applicati a una piccola ara in forma d’arabesco. Finalmente il dito di una statua di donna di grandezza naturale pure in bronzo e diversi altri oggetti, aldi cui enumerazione sarebbe cosa troppo lunga da farsi. P.S: Il sig. viceprefetto del distretto di Tolmezzo ci aveva impegnati ad aprire una soscrizione per far continuare gli scavi, che vennero interrotti nel giorno 20 del corrente. E molte persone già alla teste delle quali si trovavano le principali autorità civili del dipartimento, avevano manifestato il loro desiderio d’inscriversi. Ma la nostra lontananza dal dipartimento non permettendoci più di occuparci della direzione dei lavori, abbiamo pensato meglio di sospendere la soscrizione, per riprenderla poi in più opportune circostanze. Frattanto noi abbiamo raccolto durante la nostra dimora in Friuli delle istruzioni abbastanza numerose, per stabilire la nostra opinione sull’antica e vera situazione del forum Iulio traspadano.

SIAUVE 83 stata distrutta da feroce Attila nel tempo del sacco d’Aquileia e che rovine della prima se ne formasse qualche tempo dopo una nuova, ove i primi sovrani del Friuli stabilirono la sede del loro dominio e che questa città capitale essendo stata distrutta dagli Avari o Slavi, i duchi del Friuli andassero a stabilirsi nel luogo ove oggi è Cividale, piccola città d’origine Lombarda, che nulla ha di Romano (come il sig. Siauve si propone di provare), fuori di qualche iscrizione che non le appartiene. Di che noi abbiamo esteso il presente, il giorno ed anno sopra indicati.

F. M. Ricchieri, viceprefetto di Tolmezzo.

84

9.2

AL SIG. COMMENDATORE SOMENZARI BARONE DEL REGNO PREFETTO DEL DIPARTIMENTO DI PASSARIANO LETTERA SUGLI ULTIMI SCAVI DI ZUGLIO

VERONA DALLA TIPOGRAFIA MORONI MDCCCXII

85

Verona, il 26 Dicembre 1811

SIGNOR PREFETTO.

1. Il desiderio ch’ella mi dimostrò, di voler sapere la mia opinione sopra gli scavi, che si proseguono a Zuglio dietro gli ordini del Ministro dell’Interno e sotto i di lei auspici, fece che mi sono preso quest’ impegno con tanto più piacere, quanto riconosco ch’al di lei zelo si deve la ripresa degli scavi da me intrapresi nel 1808144. Toccherò cose, che già sono venute in cognizione sua per mezzo dei processi verbali. Ma mi permetta di dirle, che questi sono troppo minutamente estesi, che spesso si adopera termini che non sono quelli dell’arte e che le iscrizioni sono state rilevate con alcuni errori. Avanti di trattare delle nuove scoperte di Zuglio, dirò qualche cosa dei successi del mio ultimo viaggio al Monte Croce, riguardo l’iscrizione, che diede motivo a tanti sbagli. L’iscrizione di Respectus, che io avevo pubblicato con meno falli di tanti altri, lasciava però molto da desiderare. Altronde avendo perduto, per gli avvenimenti della guerra del 1809, il rame che aveva annunziato, bisognava farne un altro e non voleva dare la mia copia all’incisore avanti di aver fatto nuovi tentativi per un'altra lezione. 2. Mi sono dunque portato al Monte Croce il 4. di novembre. Non ho potuto vedere, avvicinandomi alla iscrizione, se non ciò che avevo veduto altre volte, sebbene abbia esaminato i caratteri uno dopo l’altro con la maggiore attenzione. Ma i due fratelli Zuccolo d’Udine mi avevano preceduto, dietro l’ordine che io avevo loro dato, e l’iscrizione di Respectus era stata improntata sul gesso con la massima diligenza da codesti artisti. Da questo gesso, che ho lasciato tra le mani del signor Leopoldo Zuccolo, l’ho copiata e fatta disegnare. Eccola come può essere rappresentata coi caratteri tipografici. La darò dopo mediante un rame che sarà esattamente intagliato.

RESPECTUS. T. IUL PER. . ICII. P. VECTI GAL. S. ILLYR. SER. VIL STAT. CV. . . IEN ...... GRIN...... PER. . ONT...... RICLITABANT...... TAM. STABI...... EXERCITU. IN......

144 Si deve ancora qui encomiare l‘illuminata attività del Viceprefetto della Fella, signor Ricchieri. 86

3. Credo di dover fare osservare, 1° Che non si scoprono alcuni dei punti che ho qui posti per sapere le parole. 2° Non si vede bene distintamente se non l’asta del primo P della seconda linea. 3.° Dopo la R della medesima evi luogo per un carattere, di cui non si vengono che delle tracce equivoche: crederci che fosse un S. 4° Non si vede del sesto carattere della quarta linea, che poca cosa, come pure dell’ultimo. Mi sembra che il primo fosse un V e il secondo una M. 5° Il quarto carattere della sesta linea è sparito. Aggiungo a quest’ osservazione che la nostra iscrizione non potrà essere convenevolmente ristabilita, se non mediante la stampa che pubblicherò. Quanto più io rifletto sopra la difficoltà di leggere e di spiegare l’iscrizione di Respectus, tanto più diffido dei miei propri lumi. Non si sa, se si debba leggere Respectus Iulii Persici libertus, oppure pervigil in voce di Persici libertus. Ma come legare questa parola con le sigle T. IVL? Non sarebbe forse una gratuita supposizione il leggere, come mi è stato suggerito, Terminorum Iulii pervigil? 4. La sigla P che segue, non da meno impaccio. Bisogna egli applicarla ai dati che si riscuotevano nei confini delle provincie a profitto del fisco, sotto il nome di portorium o portoria145 o farne la parola praepositus? In questo ultimo caso converrebbe leggere praepositus vectigalibus superioris Illyrici. Ma una difficoltà tiene sospesa la nostra opinione. Adottando questa versione bisogna abbandonare un'altra, che si trova appoggiata sopra un esempio di qualche peso, voglio dire l’iscrizione del monumento sepolcrale d’Everilla eretto da Onesimo, il quale è cosi qualificato Onesimus ser. vil. vecitgal Illyr., cioè Onesimus servus vilicus vectigalium Illyrici146. Leggerei dunque questo modo la nostra iscrizione:

145 Vedete sopra la parola portovia Giulio Cesare, de bello Gallico, libro III. Capitolo I. 146 Il cippo sopra, il quale è incisa l’iscrizione di Onesimo, è in marmo bianco ed è conservato nel giardino della casa Asquini in Udine. È stato trovato alla Ponteba. Sopra una delle facciate laterali si vede Onesimo, che tiene nelle sue mani un Rotolo spiegato e spora l’altra sua consorte Everilla, che tiene uno specchio. L’iscrizione di Onesimo è stata pubblicata dal mio amico signor Gerolamo Asquini, nell’aggiunta erudita da lui, fatta all’opuscolo dell’Illirico Foroiuliense del signor Gravisi di Capo d’Istria. 87

RESPECTUS TITI IULII PERSICI LIBERTUS, PORTORIORUM VECTIGALIUM SUPERIORIS ILLYRICI SERVUS VILICUS STATIONARIUS, CUM147 HIEME PEREGRINANTES, SUPER PONTEM PERICLITABANTUR (SIC IN ISCRIPTIONE)148 VIAM STABILEM REDDIDIT ADIUVANTE EXERCITU IMP…..149

5. Ecco adunque condotta, mi pare ad una spiegazione semplicissima questa famosa iscrizione, che da Quintiliano Ermacora150 sino a noi, diede luogo a tanti inganni151, dove si faceva figurare il nome di Giulio Cesare con una espressa memoria di strada consolare intrapresa e terminata da questo imperatore. Nella quale il benemerito Cortenovis, il prelodato signor Asquini, ora abitante di Parma ed anche io, lo confesso, avevamo preso il nostro Respectus per un triumviro. E chi sa, se io non m’inganni ancora almeno nella restituzione delle parole mancanti152, arrischiando la versione che ho dato? Ma dichiaro, che sono lungi dal volere presentarla, altrimenti che come una probabile opinione la quale è il prodotto d’un lavoro, che mi costò molte fatiche e nel quale non si poteva ottenere alcuna riuscita, che con l’espediente del quale mi sono servito ultimamente. Lascio ora ai dotti una nuova restituzione e per facilitarla sarà aggiunta a questa lettera la stampa fedele dell’iscrizione. Desidero, che sia ben presto sottoposta all’esame del prelato Marini, autore dell’eruditissima opera de Fratelli Arvali. Sono sicuro di non essere contradetto, quando dico, che non c’è alcuno fra gli antiquari, che sia più in stato di lui di ristabilire, quanto si può, l’iscrizione di Respectus. Non sarà meno interessante, quando si darà principio alla

147 Invece di cum potrebbe esservi stato quod, atteso, che il C ha della rassomiglianza con l‘ O, il quale diventa un Q aggiungendo la coda. 148 Avanti il primo A dell’ottava linea evi un carattere, che assomiglia ad un T mancante d’un pezzo di linea trasversale. Supponendo, che sia veramente un T, bisogna abbandonare la parola viam e sostituirvi stratam, la quale parola era adoperata in vece di via, secondo il Focellini, apud sequioris aevi Scriptores, come vedessi in Eutropio libro 9, capitolo 15. Ma non potrebbe darsi, che questo carattere sia stato un C, come l’avevo io dapprima creduto? In questo modo leggeva Loricam stabilem fecit o reddidit. Il che combinatasi mirabilmente col ponte di cui si parla nella sesta linea. 149 Il primo, che scopri la settima linea dell’iscrizione di Respectus alcuni anni fa, fu un officiale dello stato maggiore, il cui nome mi è sfuggito. Egli leggeva cum exercitu imperatoris. Suppongo io, che la parola exercitu debba riferirsi alle legioni che spessissimo valicarono le Alpi sotto il gran Teodosio. Atteso, che il nome di Respectus, senza la scorta dei prenomi e cognomi, sembra appartenere al finire del 4. secolo. 150 Quintiliano Ermacora ha tessuto una storia della Carnia in latino, la quale non è stata mai pubblicata. Questa opera manca di criterio: gli errori di Ermacora, riguardo l’Iscrizione del Monte Croce, furono adottati da tutti gli scrittori, che vennero dopo di lui. 151 Vedi ciò, ch’è detto, lettera seconda pagina. 152 Potrei eziandio sbagliare spiegando le sigle, come pure facendo liberto Respectus, che forse non era che il servo di Tito Giulio. Perciò dirò qui la mia prima idea. Potrebbe darsi, che fosse adottata da alcuni piuttosto che la seconda. Avevo io spiegato così la prima parte dell’iscrizione: Respectus Titi Iulii Pernicii praepositi vectigalibus superioris Illirici servus vilicus stationarius. 88 discussione di questo oggetto, il ricercare l’epoca alla quale viene riferito questo monumento, che trovassi posto al luogo stesso, dove si scoprono le rotaie dell’antica strada, la quale mi sembra essere stata abbondonata sotto gli imperatori Valente e Valentiniano, sostituendovi la stradella praticata a canto del monte di Collinetta. 6. Parliamo ora degli ultimi scavi di Zuglio. Essi sono stati rinnovati quest’anno nei primi giorni di ottobre nel luogo stesso, dove io avevo fatto scavare, sono tre anni. Ecco in sostanza di prodotto dei lavori. I fondamenti del fabbricato, nominato per tradizione la basilica, sono stati in gran parte sgomberati. Ma la scoperta d’un acquedotto, che conduceva le acque in una della estremità dell’edificio e ad una assai grande elevazione, farebbe oggi credere, che questa basilica non fosse stata altro che un bagno pubblico o privato. E chi sa, se questo bagno non sia stato alimentato dalle acque termali di Avasacco, lontane un miglio circa dal villaggio di Zuglio. In quel luogo il torrente della Bute forma una piccola isola, in mezzo alla quale scorrono le acque termali conosciute sotto il nome di Acque Pudie.153 Non si potrebbe forse presumere, che fossero state condotte a Zuglio dall’acquedotto sopra accennato? Quei pavimenti in smalto d’un metro e più di altezza154, quei frammenti di mosaico rustico, posti in coltello, simili a quelli, che si trovano nel vicinato dei bagni di Monfalcone, non fanno essi nascere l’idea d’un bagno, piuttosto che quella d’un tempio? 7. Però quando si esamina un monumento antico, bisogna per non ingannarsi, mettersi in guardia contro l’entusiasmo, che ne esageri l’importanza e che dia al vincitore di Farsalia ciò che appartiene al figlio di Pipino. In architettura per esempio sono dei dati, delle regole sicure, che raramente ingannano l’osservatore. Illuminato da loro ei sorride al Cicerone, che gli mostra la pella di Nimega, come un monumento di Giulio Cesare. Di ciò che dico qui, ho fatto finora l’applicazione alla basilica di Zuglio. Benché i fondamenti di questo fabbricato abbiano della rassomiglianza con gli avanzi della basilica d’Otricoli,155 mi persuado difficilmente, che siano costruzione romane. Potrebbe darsi, che fosse un resto dell’architettura longobarda, delle rovine dell’antica cattedrale del castrum Iuliense156,

153 Sono stato nel 1807 ad esaminare la bella sorgente delle Acque Pudie. Era nel tempo della canicola. Credendo scoprire delle tracce di qualche antico fabbricato, immerse il braccio nell’acqua per assicurarmene, essa era si fredda, che un sentimento di dolore mi sforzò a ritirarlo ben presto. Nella mia dissertazione sopra il foro Giulio parlerò delle analisi che sono state fatte delle Acque Pudie e delle guarigioni da esse operate. 154 Come si rileva dai processi verbali distesi dai signori Grassi e Riolini. 155 Vedi Monumenti Antichi inediti del celebre Guattani per l’anno MDCCLXXXIV, pagina XXVII. Ma non si potrà paragonare la basilica di Zuglio con quella d’Otricoli, se non quando saranno interamente sgomberate le sostruzioni della prima. 156 È cosi chiamato dal Diacono, denominazione frequentemente adoperata nell’età di mezzo, riguardo le piccole città. 89 quella forse ch’era anco in piedi nel tempo che Bernardo Giustiniani esercitava la carica di luogo, tenente nella provincia del Friuli157. Le mura della cosiddetta basilica non mi sembrano né abbastanza grosse, né costruite con tale solidità, che potessero appartenere all’architettura romana. Per altro gli oggetti, che mi interessavano di più158, erano le scoperte fatte in uno degli angoli della basilica. La quantità dei frammenti di bronzo, che si sono tratti dagli scavi, è considerabile. Questi frammenti mostrano con la loro grossezza e l’eleganza delle forme, che appartennero ad un monumento di qualche importanza. Tutti sono mischiati con delle ceneri, dei carboni, del piombo fuso, delle ossa d’uomini e di animali domestici, il che richiama alla mente l’idea d’un incendio, d’un saccheggio, che furono l’opera del feroce Cacano Re degli Avari. Ecco la nota delle cose provenienti dagli scavi. 8. Oggetti in Bronzo: Un prezzo di braccio di statua della grandezza naturale con parte di toga o di pallium. Due mani d’uomo mezzo aperte. Una parte di panneggiamento posta sopra un braccio dalla spalla al gomito. Parte di una sopra veste, che copriva il petto ed il ventre. Diversi frammenti di panneggiature. Sei teste di donna o sia mascheroni, che hanno servito di ornamento per arabeschi. Una gran quantità di ornati come rosoni, fogliami, et cetera. Guarniti ancora con punte ribadite, con l’aiuto delle quali erano attaccati sopra lamine del medesimo metallo o forse sul marmo. Diversi frammenti di bronzo laminato, modanature, dentelli, ovoli, porzioni di scudi votivi et cetera et cetera. Un morso di forma particolare. Quattro medaglie, tre in bronzo, due del primo modulo ed una del mezzano. La quarta d’argento. La prima di Adriano, la seconda di Faustina Seniore, la terza di Vespasiano e l’altra della famiglia Porcia. Una Fibbia da tabarro. 9. Oggetti in marmo, ferro, vetro et cetera: un dito (il pollice) d’una statua colossale in marmo bianco, attaccato ad un pezzo di clava. Altro dito (indice) separato, ma appartenente alla medesima statua. Parte di un braccio della stessa statua, la quale era senza dubbio la statua di Ercole, atteso che, secondo l’iscrizione trasportata da Zuglio ad Este, questo nume aveva un tempio a Zuglio.159 Frammenti d’urne ed altri vasi di vetro. Mosaici di diverse sorti che annunziano l’infanzia e il progresso dell’arte. Frammenti

157 Oppidum ipsum Avari ab ipsis radicibus everterunt, ut non solum instauratum sit numquam, sed ubinam situm fuerti nullis certioribus vestigiis aut monumentis constet. Nisi quod, dum in ea provincia legationis munere perfuncti admiraremur, interiisse nobilis oppida vectigial et scrutaremur incolas et loca, repertus est in ingressu Alpium, aliquanto supra Tulmetium, vicus cum nobili ecclesia, ubi pavimenta conspiciuntur musivo opera depicta et lapides iuxta templum antiquis et magnis incise litteris. Eius loci nomen cum quareremus et Zuglium respondissent. Facile intellexi locum esse et Zuglium corrupto nominee appellari. Historiarum Venetiarum, libro 7. Auctore Bernardo Giustiniano, 158 Le sostruzioni non meritano minore attenzione. Ma non se ne parla adesso, atteso, che non possono disegnate, essendo ancora sotterrate in maggior parte. 159 Sarà data questa iscrizione nella mia seconda lettera. 90 d’anfore ed altri vasi di terracotta, un dei quali porta per iscrizione, in lettere incise, la parola Herenia. Frammenti di mattoni e tegole col nome dei fabbricatori. Altri frammenti di capitelli d’ordine corintio e ionico, cornici, modanature, astragali, cimase et cetera et cetera tanto in marmo, quanto in pietra d’Istria. Pezzi di smalto con tinta di cinabro composto dietro i precetti Vitruviani (libro 7. Capitolo 19). Un mulino portatile per macinare le biade. Una spilla d’avorio per ripiegare i capelli. Una gran quantità di chiodi di ferro, come pure del piombo fuso. Un pezzo di colonna di tufo d’un cattivo lavoro in piedi e suggellato con una forte calcinatura, sopra il pavimento della galleria della basilica. Presumessi che servisse di ossatura a qualche base rivestita di marmo. Diversi frammenti di lapidi in marmo e pietra d’Istria con iscrizioni. Una lapide che sembra aver servito di confine con questa iscrizione singolare C. TVS. T. L. GAES160. Finalmente tre lamine di bronzo, alle quali mancano delle parti, che forse si troveranno da poi e che mostrano le iscrizioni qui sotto:

C(AIO) BAEBIO P(UBLI) F(ILIO) CLA(UDIA) ATTICO IIVIR(O) I(URE) [D(ICUNDO)] PRIMO PIL(O) LEG(IONS) V MACEDONIC(AE) PRAEF(ECTO) C[I]VITATIUM MOESIA ET TREBALLIA[E PRA]EF(ECTO) [CI]VITAT(IUM) IN ALPIB(US) MARITUMIS T[R(IBUNO)] MIL(ITUM) COH(ORTIS) VIII PR(AETORIAE)PRIMO PIL(O) ITER(UM) PROCURATOR(I) TIB(ERI) CLAUDI CAESARIS AUG(USTI) GERMANICI IN NORICO CIVITAS SAEVATUM ET LAIANCORUM

10. Questa terza iscrizione non è che un frammento d’una gran lamina, a cui ho aggiunto, essendo in Zuglio, il piccolo pezzo dove si trova la parola NORIC et cetera il quale serve a comprovare, che questa iscrizione apparteneva come le altre due al nostro Bebio. I primi

160 I caratteri di questa iscrizione sono barbari e mostrano la decadenza dell’arte. Non possono essere ben rappresentati coi caratteri della stamperia. Questo cippo presenta delle difficoltà rapporto all’iscrizione, massimamente se si ammetta che sia un antico confine, si potrebbe supporre, dandogli questa destinazione, che si debba leggere Confinium. Terminibus votum solvit Titus Lucius Gaes. Ma se ne facciamo un cippo funerario, converrà leggere semplicemente Gaius (ossia) Claudius Tussius Tussii libertus Gaes. Il nome Gaes è uno di quelli, che si possono unire con la nomenclatura dei nomi romani straordinari. Questo nome era probabilmente Norico e si è conservato nel Tirolo, dove si trova l’abbazia di Gais. 91 caratteri della prima linea si vedono pochissimo, in modo che gli ho segnati con qualche diffidenza. Dico lo stesso delle quattro prime lettere dell’ultima linea. Sembra che queste tre iscrizioni scolpite, come già dissi, sopra in Bronzo ed in bellissimi caratteri, si riferissero ad un medesimo individuo, a Gaio o Claudio Bebio, figlio di Publio, della tribù Claudia, il quale, tra le altre dignità, esercitava la magistratura di Duumvir municipalis. Bebio era inoltre primipilus161 della quinta legione Macedonica, forse Propretore delle città della Treballia162, forse anche esercitante le medesime funzioni nelle Alpi marittime163. A queste dignità Bebio aggiungeva quella di procuratore dell’imperatore Claudio nel Norico164. Si ricava dalla seconda iscrizione, che questa e forse anche le altre due erano un monumento della riconoscenza delle città Saevatum e Laiancorum verso Bebio. 11. Ecco qui in che gli eruditi nella geografia antica possono occuparsi. Cosa si debba intendere dalle espressioni civitas Saevatum et Laiancorum? Nessun dubbio, che la parola civitas sia un sinonimo di natio nella medesima maniera, che si dice nei commentari di Cesare civitas Helvetiae, per indicare la nazione Elvetica. Ma sopra quel punto del Norico bisogna cercare i Saevates ed i Laianci? Il Saevatum dell’iscrizione di Zuglio sarebbe il Saevatum, che Lazius pone Schvartz sopra l’Inn, al disotto d’Innsbruck o il Saben dell’itinerario d’Antonini, ch’è stato collocato a Klausen da La Martiniere, mentre che altri lo mettono a Brixen? La strada abbreviata, in questo itinerario d’Aquileia a Veldidena sopra la quale noi troveremo, secondo me, i Saevates ed i Laianci, indica chiaramente delle stazioni che si riconoscono ancora oggidì165, come quelle di Tricesimo (ad Tricensimum

161 Il primipilus era centurione della prima centuria d’una legione ed aveva 400 uomini sotto il suo commando. L’aquila era sotto la sua custodia. Era incaricato di strapparla da terra, quando si levava il campo, per deporla nelle mani dell’Alfiere, come pure difenderla nelle battaglie. Sedeva al consiglio di guerra coi tribuni. La sua qualità di primipilus gli dava l’ingresso nell’ordine equestre. Godeva finalmente tutti gli avvantaggi accordati al Capo della Legione. 162 Si legge in Plinio Triballi et Moesicae gentes. 163 Non si sa, se le parole Alpes maritimae debbano applicarsi alla catena, che si estende dal monte Viso sino a Monaco o se si tratti nell’iscrizione di Bebio delle Alpi comprese fra il monte Nanos ed il fiume Arsia dell’Istria, ch’erano abitate non solamente dai Iapidi, ma ancora dai popoli nominate da Plinio Secusses, Subocrini, Atali et Menocaleni, libro 3. capitolo 20 164 La carica di procuratore dell’imperatore stabilita da Augusto si limitava all’intendenza del tesoro imperiale. Ma l’imperatore Claudio estese le prerogative di quest’ufficio e diede ai procuratori la facoltà di giudicare le cose concernenti il fisco, riservate sino allora ai questori provinciali. I governatori delle provincie erano loro ancora subordinati ed erano incaricati i procuratori d’impedire, che non si commettessero delle prepotenze da codesti governatori. 165 Iter ab Aquileia per compendium) Veldidenam Milia P. CCXV. Sic. Ad Tricensimum. (Tricesimo nel Friuli) M. P. XXX. Iulia Carnico. (Zuglio nella Carnia) M. P. XXX. Loncio. (Lienz nel Tirolo) M. P. XXII. Agunto. (Innichen, ibidem) M. P. XVIII. Littamo. (Lutach, secondo Cluverio) M. P. XLIII. Sebato. (Saben, secondo Reinesio) M. P. XXIII. Vipiteno. (Sterzing, nel Tirolo) M. P. XXXIII. Veldidenae. (Wilten) M. P. XXXIII. 92 ab Aquileia lapidem), Zuglio (Iulium Carnicum), Lienz (Loncium), Innichen (Aguntum). Ma dopo questa stazione ci perdiamo in ricerche e discussioni senza risultamenti. 12. L’itinerario indica Littamum alla distanza di 23. miglia d’Agunto e non si trova a questa distanza (calcolando le miglia antiche dietro la misura del piede romano data da Rome de Liste) alcun sito, che presenti delle tracce di qualche antichità, ma solamente il piccolo villaggio di Untervintl. Alcuni geografi dicono, che l’antico Littamum potrebbe essere il borgo di San Lorenzo, egli è troppo avvicinato ad Innichen, quando non si vogliano suppore degli errori nella fissazione delle distanze dell’itinerario166. Vorrei piuttosto cercare il Littamum nel villaggio o borgo di Mühlbach, poco distante d’Untervintl. Altronde, per quanto rispettabile sia l’autorità di Cluverio, non crederei mai con lui, che il Littamum sia esistito nella stretta valle d’Ahrn e precisamente nel luogo dove è situato oggi il piccolo villaggio di Luttach. Ma da Mühlbach a Sterzing non si troverà mai la distanza segnata nell’itinerario tra Littamum e Sebatum. Oltre ciò Stezing non è mai stato l’antico Littamum, ma bensì Vipitenum, come possiamo convincersi consultando la carta del Peutingero, sopra la quale le differenti stazioni e le distanze fra loro sono segnate assai esattamente da Verona a Veldidena (Vettonia oggi Wilten), ad un miglio d’Innsbruck. 13. Dove dunque si prenderà il Sebatum dell’itinerario d’Antonino, se noi ci avviciniamo a Sterzing senza trovare una situazione, che gli convenga? Bisogna necessariamente cercare il Sebatum o Saevatum a Klausen, (vedi la carta di Peter Anich), l’antica Sublavione o Subsabione della tavola Peutingeriana. Sabione o Saben era situato sopra la rupe, che soprastà a Klausen. E questa antica città, di cui non resta niente oggidì167, era altre volte la sede del vescovato di Sabione (episcopatus Sabionensis), trasferita dopo a Brixen. E colà, secondo La Martiniere, che era il Sebatum dell’itinerario d’Antonino. Ma come

Il manoscritto della Libreria imperiale di Parigi mette XXXIV miglia fra Sebato e Vipiteno e XXVI da Vipiteno a Veldidena. 166 Ne contiene in fatti, come pure tutti i libri, che trattano della geografia antica. Sono quelli, che bisognerebbe sottomettere ad una severa critica. Ardisco dire, che mai le circostanze sono state più favorevoli, ora che tante carte, tanti pergameni dei conventi soppressi ed altri titoli di famiglie sono stati radunati negli archivi dipartimentali del demanio. In Francia la cosa è tanto più facile, che la libreria imperiale può somministrare degli interessanti documenti. Attesa l’insigne raccolta dei suoi manoscritti in ogni genere. La carta Peutingeriana abbonda di falli, d’espressioni sconce, le quali una diligente fatica e saggie ricerche farebbero disparire. I Benedettini si erano addossato questo lavoro. Non l’hanno adempito ch’imperfettamente. L’illustrazione o per dire meglio la rettificazione di questa tavola geografica, più interessante che non si crede, è veramente un’impresa da tentare. In mancanza del pergameno originale si potrebbe lavorare sopra l’eccellente copia di Scheyb. 167 Ho visitato nel 1808 il luogo dove esisteva Saevatum o Saben. Non si vede che un convento e due chiese, di cui l’una passa per antica, ma mi sembra, che la sua costruzione rimonti appena al 1500. Vedessi a qualche distanza del convento l’acquedotto, che vi conduce le acque d’una montagna vicina. Quest’opera non è romana, ha però un poco di rassomiglianza coi lavori di quel popolo. 93 collocare la piccola città di Klausen sopra la strada di Aquileia a Veldidena? Non è forse ridicolo di far passare il viaggiatore, che va da Innichen a Sterzing, per questa città, quando al sortire da Mühlbach si presenta alla sua diritta una strada, che lo conduce direttamente a Sterzing, mediante una mezza giornata di viaggio, mentre che, se discende a Klausen, è obbligato di ritornare in dietro, facendo inutilmente e senza ragione un tragitto di più di 20 miglia. Questo raziocinio sarebbe giusto, se si potesse affermare, che le strade del Tirolo, oggi spianate e ben aperte, seguono esattamente la direzione delle antiche strade del Norico168. Da un’altra parte se bisogna, che noi troviamo appresso i Norici il nostro Sebatum e nel circondario delle stazioni di Loncium, Aguntum e Littamum. Domando, se dobbiamo cercarlo altrove, che a Klausen? 14. Esaminiamo ora, se i Laianci erano gli abitanti di Loncium, ovvero i Lancienses dei quali parla Plinio. I Lancienses nominati da questo autore e dei quali Lance (Lancia) era la capitale, abitavano il paese, che noi chiamiamo il Regno o la Provincia della Asturie. Ma non vengo tra questi ed i Laianci, che qualche somiglianza di nome e mi sembra essere più naturale il cercare i Laianci nel Norico, la ove Bebio era procuratore dell’imperatore Claudio. Si può dunque stabilire, che gli antichi abitanti di Lienz erano Laianci della nostra iscrizione. Cosi invece della denominazione conosciuta di Loncium dell’itinerario, di Leucium secondo alcuni geografi, bisogna credere dietro un monumento cosi autentico, cosi importante come quello, che si è scoperto a Zuglio, che Lienz portava il nome di Laiancum ovvero civitas Laiancorum. Non sarebbe la prima volta, che, con l’aiuto d’una iscrizione scolpita nel bronzo o sopra il marmo, si fossero corretti alcuni errori degli amanuensi consacrati da un lungo corso di secoli. 15. Saremo persuasi più facilmente, che il Sebatum o civitas Saevatum, sia l’antica Sabione o Saben secondo Reinesio, posto sopra la montagna che signoreggia Klausen, perché non contrasti con l’idea, che dà l’itinerario Antonino della posizione di Sebatum. Però questa difficoltà sparirà, se si riflette, che l’imperatore Claudio fece guarnire di fortezze la strada aperta dalla quale suo padre Druso, conduceva da Ostiglia sul Po’, a Güntzberg sopra il

168 Ho veduto delle tracce dell’antica strada tra Villach e Klagenfurt, tra Klausen e Bozen, segnate sopra la rocca, come in Monte Croce, da profonde rotaie. Questa antica strada era più tortuosa di quella d’oggi e ciò rende assai difficile il calcolo da farsi per fissare la distanza delle antiche stazioni fra di loro. La strada che conduce da Udine a Villach, detta del canale di ferro, era pure una strada del Norico. Questa strada era conosciuta dagli antichi come lo dimostra la colonna miliare di Camporosso, nella quale si parla di un Giuvenzio (forse il console Giuvenzio denominato nell’iscrizione Bresciane?) Chi sa, se questa non fosse la via Belloio? Lo dice pure Wolfgang Lazius. Sospetto ch’avrà preso il suo nome dal fiume Bella, che significa in Illirico fiume bianco, col quale nome hanno fatto Fella, cambiando il B. in F. 94

Danubio. Che questa strada, invece di seguire la direzione del Brenner, passava da Merano (anticamente statio Maiensis e nell’età di mezzo castrum Maiense) a Glurns all’estremità della Vall Venosta ed indi a Finstermünz sopra l’Inn. Questa ultima strada, la cui esistenza è provata da monumenti incontrastabili169, era senza dubbio una strada militare frequentatissima e non sarebbe cosa meravigliosa, se si fossero fatte passare le truppe da Mühlbach a Klausen. Sia che di là fossero ritornate con una marcia retrograda a Sterzing per continuare la loro strada verso Innsbruck, sia che da Klausen esse avessero seguito la strada Claudiana, passando per Bozen, Merano, Glurns e Finstermünz. Saevatum o Saben doveva essere un luogo assai fortificato e difeso dalla sua situazione, come pure dalla gola in quel punto, che permetteva di fabbricare una chiusa. E si sa, che, per assicurare la marcia degli eserciti, accadeva spesso di allungare la strada per andare a trovare un castrum, un presidio o una stazione dove si potesse ottenere sicurezza, alloggi e viveri. (Les routes militaires des Romains n’ètaient pas toujours directes. Elle allaient suivant les stations ou les camps qui devient protèger la marche des troupes dice la Sauvagère (Dissertation sur le camp de Chenehutte). 16. Inoltre, non si può supporre, che i geografi, delineando gli antichi Itinerari, si siano ingannati, confondendo la stazione d’una strada con quelle d’un’altra e, ponendo sopra la linea, che conduceva da Aquileia a Veldidena, una stazione, che apparteneva alla strada diretta da Verona a questa ultima città. Tanto più che Saben non si trovava solamente sopra questa strada, ma aveva ancora l’avvantaggio d’essere un punto di comunicazione importantissimo tra la via Claudiana e la strada d’Aquileia a Veldidena? Le congetture, che ho qui esposte, mi sembrano essere di qualche forza. Non le do però che per delle probabilità, che una discussione più estesa potrà forse cambiare in certezza. In una dissertazione epistolare, che ho scritta in latino, ho tentato con interrogazioni di qualche

169 Le colonne miliari di Bozen e di Cesio presso Feltre. La prima è stata trovata l’anno 1502 nelle acque dell’Adige a Rabland, nella Vall Venosta. L’iscrizione di questa colonna è un monumento storico assai interessante e non sarà fuori di luogo, che la diamo qui, come è stata da noi copiata nel 1808. Si vedrà quanto è scorretta nel museo Veronese, pagina 453.

TI. CLAUDIUS. CAESAR AUGUSTUS. GERMANIC PONT. MAX. TRIB. POT. VI COS. DESIG. IIII

La via Claudia si divideva in due a Trento. Un ramo ascendeva verso Pergine, da Pergine seguitava sino a Borgo della Valsugana (Ausugum) e di là andava a Feltre, attraversando la Selva di Lamon. Da Feltre veniva a Ceneda ed Oderzo, dove si dirigeva ad’Altino. Si vedono fra Altino e Musestre degli avanzi grandiosi della via Claudia chiamata da paesani l’Agossa (Augusta). Il pezzo vicino ad’Altino è un capo d’opera. Un acquedotto piantato al mezzo ne faceva una via gemina. I numerosi e cospicui avanzi di questo acquedotto furono giudicati falsamente il selciato della strada. 95

rilievo di procurarmi dagli eruditi del Tirolo e della Germania dei documenti sopra l’antico Norico. Sin ora la mia aspettazione non è stata che debolmente secondata. Potrebbe però darsi, che, pubblicando la dissertazione colla stampa, si arriva ad ottenere delle cognizioni più soddisfacenti. 17. Frattanto ho creduto di prestare un servigio ai dotti e letterati, che si occupano nell’antica geografia, facendo loro conoscere le iscrizioni, che si sono ora trovate a Zuglio. Questa scoperta è una nuova prova dell’importanza, che si deve porre negli scavi, che hanno già dato dei cosi felici prodotti e che ne daranno di più vantaggiosi ancora, quando s’impiegheranno più grandi mezzi. Siccome V. S. non ha potuto concedere degli scavi che un luogo assai circoscritto, sono obbligati gli scavatori di riportare le terre ed i rotami ai luoghi, dove si è scavato, il che si oppone ad un disegno regolare del piano delle antiche fabbriche. Gli abitanti di Zuglio, in una petizione, che a Lei fu presentata, hanno fatto osservare, che se non ottengono dalla munificenza del sovrano dei soccorsi per la costruzione d’un riparo, le acque della Butte porteranno via ben presto sino all’ultima casa del villaggio, che conserva il nome del primo dei Cesari. Questo riparo dovrebbe essere costruito nel medesimo tempo, che si fanno gli scavi. I materiali ed i rottami provenienti da questi sarebbero impiegati utilmente alla sua costruzione. Ho l’onore di dirmi di V. S.

L’ubbidientissimo e devotissimo et cetera SIAUVE

P.S.: 18. Sarà pubblicata una seconda lettera sopra la colonia Foro Giuliese, ella vera situazione dell’antico Foro Giulio transpadano con tutte le iscrizioni correlative, tra le quali le tre iscrizioni del Monte Croce saranno rappresentate con stampe in rame. Avendo incaricato il valente disegnatore Zuccolo di far, al lume della candela, una nuova iscrizione di Respectus, per sapere, se il quinto carattere della quarta linea fosse un Q. Mi scrisse che non v’era alcun dubbio, che questo fosse un Q e che di più gli sembrava, che invece di QVOD vi fosse QVIA, la qual parola concorderebbe col PERICLITABANTUR assai meglio che QVOD o CVM.

96

III. Literaturverzeichnis

Ausgaben: Siauve, Ètienne Marie, de antiquis Norici viis urbibus et finibus, Verona 1812, Bayerische Staatsbibliothek München, Bavar. 2461

Sekundärliteratur:

ALFÖLDY 1974= Alföldy, G., Noricum, London 1974

ALPAGO-NOVELLO 1997= Alpago-Novello, A., Da Altino a Maia sulla Via Claudia Augusta, Feltre 1997

AMMERMANN 1983= Ammermann, M., Gelehrten-Briefe des 17. und 18. Jahrhunderts. In: Fabian, B./ Raabe, P. (Hrsg.): Gelehrte Bücher vom Humanismus bis zur Gegenwart, Bd. 9, Wiesbaden 1983, 81 -96

ASTORI 2003= Astori, G., Il ducato longobardo di Ceneda. In: Toffoli, A., Ceneda, Serravalle, Vittorio Veneto, 2003

AUSSERHOFER 1976= Ausserhofer, M., Die römischen Meilensteine in Südtirol. In: Der Schlern 50, Heft 1, 1976, 3 - 34

AUSSERHOFER 1976= Ausserhofer, M., Die römischen Weiheinschriften in Südtirol. In: Der Schlern 50, Heft 3, 1976, 135 - 153

BANZI 2005= Banzi, E., Das Zollwesen entlang der römischen Verkehrswege in Südtirol. Alte und neue Schriftzeugnisse. In: Ciurletti, G. / Pisu, N. (Hrsg.), I territori della Via Claudia Augusta. Incontri di Archeologia. Trento 2005, 184 - 189

97

BUORA 2007= Buora, M., Lo studio dell’antichità classica nell’ambito dell’Accademia di Udine. In: Buora, M. / Marcone, A., Antichità Altoadriatiche LXIV, La ricerca antiquaria nell’Italia nordorientale. Dalla repubblica veneta all’unità, Trieste 2007, 145 - 179

CALZOLARI 2005= Calzolari, M., “A Pado”. Die römische Straße von Ostiglia nach Verona. In: Ciurletti, G. / Pisu, N. (Hrsg.), I territori della Via Claudia Augusta. Incontri di Archeologia. Trento 2005, 418 - 423

CZYSZ 2002= Czysz, W., Gontia. Güntzburg in der Römerzeit. Archäologische Entdeckungen an der bayrisch- schwäbischen Donau, Friedberg 2002

DEGRASSI 1954= Degrassi, A., Il confine nord-orientale dell’Italia romana. Ricerche storico-topografiche, 1954

DEISMANN 2008= Deißmann, M., Gaius Iulius Caesar. De bello Gallico, Stuttgart 2008

FELS 2006= Fels, W., Venantius Fortunatus. Gelegentlich Gedichte. Das lyrische Werk. Die vita des hl. Martin, Stuttgart 2006

FINSTERWALDER 1990= Finsterwalder, K. / Ölberg, H., Tiroler Ortsnamenkunde. Gesammelte Aufsätze und Arbeiten. Einzelne Landesteile betreffende Arbeiten, Inntal und Zillertal, Innsbruck 1990

FRANCESCATO/SALIMBENI 1976= Francescato G./Salimbeni, F.: Storia, lingua e società in Friuli, Udine 1976

FRANCO 2007= Franco, C., Antiquaria e studi classici nel Friuli ottocentesco. In: Buora, M. / Marcone, A., Antichità Altoadriatiche LXIV, La ricerca antiquaria nell’Italia nordorientale. Dalla repubblica veneta all’unità, Trieste 2007, 1 - 37

98

GHEDINI / ANNIBALETTO 2012= Ghedini F. / Annibaletto, M., Atria longa patescunt. Le forme dell’abitare nella Cisalpina romana, Roma 2012, 45 - 50

GRABHERR 2006= Grabherr, G., Via Claudia Augusta und die Römerstraßenforschung im östlichen Alpenraum, In: Ikarus. Innsbrucker klassisch-archäologische Universitätsschriften, Bd. 1, Innsbruck 2006, 35 - 284

HAIDER 1996= Haider, P., römische Inschriften aus dem alt-tiroler Raum. Eine Auswahl, Innsbruck 1996

HEUBERGER 1932= Heuberger, R., Der Vinschgau im Altertum und im Frühmittelalter, Der Schlern 13, 1932, 132 - 137

HEUBERGER 1935= Heuberger, R., Das Burggrafenamt im Altertum, In: Schlern - Schriften 28, Innsbruck 1935

IHM 1958= IHM, M., C. Suetoni Tranquilli opera vol.1. De vita Caesarum libri VIII, Stuttgart 1958

IJSEWIJN 1998= Ijsewijn, J., Companion to neo-latin studies. Part II. Literary, linguistic, philological and editorial questions, Louven 1998

KEMPE 2000= Kempe, M., Die Anglo-Swiss Connection. Zur Kommunikationskultur der Gelehrtenrepublik in der Frühaufklärung. In: Seidel, R. (Hrsg.), Wissen und Wissensvermittlung im 18. Jahrhundert. Beiträge zur Sozialgeschichte der Naturwissenschaften zur Zeit der Aufklärung, Heidelberg 2001, 71 - 91

KYTZLER 2006= Kytzler, B., Quintus Horatius Flaccus. Sämtliche Werke, Stuttgart 2006

99

KORENJAK 2016= Korenjak, M., Geschichte der neulateinischen Literatur. Vom Humanismus bis zur Gegenwart, München 2016

KORENJAK / SCHAFFENRATH / SUBARIC / TÖCHTERLE 2012= Korenjak, M. / Schaffenrath, F. /Subaric, L., Töchterle, K., Tyrolis Latina, Wien [u.a] 2012

KRAMER 2012= Kramer, J., Italienische Ortsnamen in Südtirol. La toponomastica italiana dell’Alto Adige. Stuttgart 2012

KRITZINGER 2016= Kritzinger, P., Contrascriptores im römischen Zollwesen. In: Takmer, B. / Akdogu Arca, E. / Gökalp Özdil, N. (Hrsg.), Vir doctus anatolicus. Studies in memory of Sencer Sahin Anisina Yazilar, Istanbul 2016, 567 - 589

MARCONE 2007= Marcone, A., Lo studio dei testi scientifici latini tra settecento e ottocento alla luce del rinnovamento culturale delle Venezie. In: Buora, M. / Marcone, A., Antichità Altoadriatiche LXIV, La ricercar antiquaria nell’Italia nordorientale. Dalla repubblica veneta all’unità, Trieste 2007, 39 - 63

MANASSE CAVALIERI / GALLINA 2012= Manasse Cavalieri, G. / Gallina, D., Un document di tanta rarità e di tanta importanza. Alcune riflessioni sull’Iconografia rateriana. In: Arzone, A. / Napione, E., La più antica veduta di Verona. Iconografia rateriana. L’archetipo e l’immagine tramandata. Atti del seminario di studi, 6. Maggio 2011, Verona 2012, 71 – 97

NEUHAUSER / RAMMINGER / SEPP 1997= Neuhauser, W./ Ramminger, E. / Sepp, S., Universitätsbibliothek Innsbruck. Hauptbibliothek. In: Buchinger, W. / Lang, H. / Mittendorfer, K., Handbuch der historischen Buchbestände in Österreich 4, Hildesheim 1997, 126 - 135

PESAVENTO MATTIOLI 2000= Pesavento Mattioli, S., Il sistema stradale nel quadro della viabilità dell’Italia nord-orientale. In: Buchi, E., Storia del Trentino, Bologna 2000, 11 - 46

100

REBAUDO 2007= Rebaudo, L., Scavi, cultura antiquaria e tutela del patrimonio in Friuli tra setttecento e ottocento. In: Buora, M. / Marcone, A., Antichità Altoadriatiche LXIV, La ricerca antiquaria nell’Italia nordorientale. Dalla repubblica veneta all’unità, Trieste 2007, 181 - 218

REBAUDO 2011= Rebaudo, L., Siauve Ètienne Marie. Sacerdote, commissario di guerra, giornalista. In: Scalon, C. / Griggio, C. / Bergamini, G., Nuovo Liruti. Dizionario biografico dei Friulani. 3. L’età contemporanea. Udine 2011, 3158 - 3165

ŠAŠEL KOS 2007= Šašel Kos, M., Valentin Vodnik and roman antiquities in the time of Napoleon. In: Buora, M. / Marcone, A., Antichità Altoadriatiche LXIV, La ricerca antiquaria nell’Italia nordorientale. Dalla repubblica veneta all’unità, Trieste 2007, 405 - 430.

SCALON 2009= Scalon, C., Nuovo Liruti. Dizionario bibliografico dei friulani. Bd.2: L’età Veneta, Udine 2009

SCHADEWALDT 1968= Schadewaldt, W., Tragödien. Aias, Antigone, Trachinerinnen, König Ödipus, Elektra, Philoktetes, Ödipus auf Kolonos, Zürich 1968

TRAPP 1982= Trapp, O., Tiroler Burgenbuch. Mittleres Inntal, Bd.6, Bozen 1982

WINKLER 1988= Winkler, G., C. Plinii Secundi. Naturalis historiae libri XXXVII. Libri III/V, Regensburg 1988

VIGI FIOR 1993= Vigi Fior, A., Ètienne Marie Siauve. In: Antichità Altoadriatiche XL. Gli scavi di Aquileia: Uomini e Opere e Indici dal Vol. XXXI al XL, Udine 1993, 83 - 102

101

IV. Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbständig und ohne Benutzung anderer als der angegeben Hilfsmittel angefertigt habe. Die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen Prüfungskommission vorgelegt und auch nicht veröffentlicht.

Innsbruck, 07. März 2019

______Marco Disarò

102