FÜR FREIHEIT, RECHT UND DEMOKRATIE

13017 Nr. 4/2011

Recht: Ausbürgerung in den Osten

Vergessene Republik China

Hoheneck: Auf die Freiheit!

Gegründet 1991 vom BSV-Landesverband Berlin Aktuell2 Inhalt „Stasi in die Produktion!“

Aktuell Von Rainer Wagner 3 Unterstützung für Roland Jahn Doppelt bestraft Kaßberg als Gedenkstätte So lautete eine der wichtigsten Forde- Besonders unerträglich ist ihre Präsenz Die Mauer war Krieg rungen der Friedlichen Revolution 1989. in der für die Aufarbeitung des Stasi- Kommentar Die Angehörigen der DDR-Staatssicher- Unrechts zuständigen Institution, in der heit nannten sich Tschekisten, nach der Behörde des Bundesbeauftragten für die Recht Organisation ihres Idols Feliks Tserschin- Unterlagen des ehemaligen Staatssicher- 4 Opferrente und Stiftungsleistungen ski – einer der Führer des bewaffneten heitsdienstes (BStU). Welchen Einfluß die Die Gefangenenakten der DDR, Teil 7 Aufstandes der Bolschewiken während Staatssicherheit zeitweise dort hatte, er- 5 Ausbürgerung in den Osten der sogenannten Oktoberrevolution, der gab ein von Staatsminister Neumann in die gerade entstehenden zarten Ansät- Auftrag gegebenes Gutachten, aus dem International ze einer freiheitlichen Entwicklung im hervorging, daß ein ehemaliger Oberst 6 Vorbereitung auf Wiedervereinigung früheren Zarenreich in einem Meer von und ein ehemaliger Oberstleutnant des Die vergessene Republik China Blut und Tränen ertränkte. Der russische MfS gerade in den besonders brisanten Lenin-Putsch von 1917 war der Anfang IM-Verdachtsfällen Manfred Stolpe, Lo- Fragebogen einer bis dahin unvorstellbaren Terror- thar de Maizière und Gregor Gysi mit 8 Fragen zum Thema „Freikauf“ herrschaft, die zeitweise fast ein Drit- Sonderrecherchen in der BStU beauftragt tel der Welt unterdrückte und die mehr waren. Da wundert nicht mehr, daß einst Berichte Menschenleben forderte als die Tyrannen der PDS, heute Linkspartei, aus dieser 9 Abgestempelt des alten Roms, die mittelalterliche In- Behörde Stasi-Akten zugespielt worden Treffen der Waldheimer quisition und der Faschismus in seinen sind. 10 Der Bundespräsident in Hoheneck unterschiedlichen Spielarten zusammen, 12 Das Mißtrauen der Mächtigen nämlich mindestens 80 Millionen. Als Roland Jahn bei seiner Amtsein- 14 Die Tragödie von Tost führung deutlich machte, er werde alle Als 1989 der Kommunismus sang- und rechtsstaatlich möglichen Mittel einset- Verbände klanglos unterging, waren es besonders zen, um die verbliebenen 47 bekannten 15 Herber Verlust seine gewissenlosesten Vertreter, die MfS-Mitarbeiter aus der BStU zu entfer- Private Tafeln Spitzel, Zuträger und hauptamtlichen nen, brach ein Kesseltreiben gegen ihn Bitte gehen Mitarbeiter der Geheimdienste, die ih- los. Sicher sind nicht alle, die Roland Jahn Stolz auf Nachfolger? ren Einfluß in den neuen Gesellschaften teilweise ehrabschneidend beschädigen Gedenkveranstaltung zu sichern suchten. Die größte Karriere wollen, verkappte Stasi-Leute, aber of- Suchanzeige machte Putin. Aber auch in den anderen fenbar doch das, was Lenin als „nützliche Staaten sitzen Altkader an den Schalt- Idioten“ bezeichnete. Bemerkenswert ist, Service/Bücher stellen der Macht. Sie haben es teilweise daß sie meist das Mitgliedsbuch jener Par- 16 Advocatus Diaboli? sogar geschafft, daß ehemalige politische tei besitzen, die noch 1987 ein gemein- Hoheneck – DVD Gefangene, wie z.B. in Bosnien, noch im- sames Strategiepapier mit der SED he- 17 Doppelte Befreiung mer als vorbestraft gelten. Nicht zuletzt rausbrachte, die DDR-Staatsbürgerschaft Zersetzt ihren Intrigen und Lügen verdanken die anerkennen und die Zentrale Erfassungs- 18 Spurensuche in „sozialistisch“ oder „sozialdemokra- stelle Salzgitter auflösen wollte. Einem Moderne Odyssee tisch“ umbenannten kommunistischen Politiker gewährt man normalerweise 19 Aufrechter Gang Parteien Osteuropas, daß sie wieder re- 100 Tage Einarbeitungszeit, bis man sich Buchtip gieren oder auf anderen Wegen Macht gegebenenfalls mit Kritik an seiner Amts- ausüben. Uns allen stößt bitter auf, daß führung äußert. Unser früherer Kamerad Service/Veranstaltungen Stasi-Leute und ihre Zuträger auch im Roland Jahn bekam diese Chance nicht. 17-19 demokratischen Deutschland in Füh- Um so wichtiger ist es, daß wir solidarisch rungspositionen von Polizei und Justiz, in zu ihm stehen. Umschlagbild: der Wirtschaft und Verwaltung zu finden Mitten in der Nacht vom 12. zum 13. August ist es sind. Sie stellen Bürgermeister, Landtags- Vom 14. bis 17. Juni 2011 sind die Dele- soweit. Schützenpanzer rollen durch das Branden- und Bundestagsabgeordnete. Ihr Einfluß gierten der Opferverbände aus Ost- und burger Tor, Uniformierte bilden eine Postenkette. Das ist überall spürbar: Straßen und Plätze Südosteuropa auf Einladung der UOKG Foto ist Teil der Ausstellung “Die Mauer. Eine Grenze vieler ostdeutscher Städte und Gemein- zum 19. Kongreß der Internationalen durch Deutschland“, anläßlich des 50. Jahrestages des den tragen Namen kommunistischer Ver- Assoziation ehemaliger politischer Ge- Mauerbaus präsentiert von der Bundesstiftung Aufar- brecher, ihrer Helfer und Wegbereiter. Die fangener und Opfer des Kommunismus beitung und den Zeitungen BILD und Die Welt. Die 20 Stasi-Seilschaften sorgten mit dafür, ihren in Berlin. Sie halten die Aufarbeitung der Plakate ermöglichen ein unkompliziertes Anbringen. Für ehemaligen Kampfgefährten horrende DDR-Vergangenheit und besonders de- 50 Euro ist die Ausstellung noch zu erwerben bei der Altersbezüge zu sicher, und verklären bis ren Institutionen für vorbildlich. Sorgen Bundesstiftung Aufarbeitung, Kronenstraße 5, 10117 heute die DDR-Geschichte in der Öffent- wir dafür, daß dieser Ruf auch zu Recht Berlin, Tel. (030) 31 98 95-0, E-Mail buero@stiftung- lichkeit, in Schulen und Medien. besteht. aufarbeitung.de Foto: ullsteinbild Aktuell 3 Unterstützung für Bundesfraktion ab. Dazu erklärte Rainer an, daß die Chemnitzer Außenstelle sei- Wagner, Vorsitzender des Dachverbandes ner Behörde auf das Gefängnisgelände Roland Jahn der SED-Opferverbände: „Daß die ehe- ziehen könne. Darüber hinaus solle auch maligen DDR-Flüchtlinge, die ihr Eintre- eine Gedenkstätte dort entstehen. Von (ts)Vertreter von Verfolgtenverbänden ten für die Werte von Freiheit und Demo- diesem, heute denkmalgeschützten Ort und Aufarbeitungsinitiativen erklärten kratie teilweise mit jahrelangen Haftstra- aus wurden politische Häftlinge aus der auf dem 15. Bundeskongreß der Lan- fen oder mit vielfältigen Stasi-Schikanen gesamten DDR in den Westen ausgebür- desbeauftragten für die Stasi-Unterlagen und Beeinträchtigungen durch den DDR- gert, die zuvor für Devisen freigekauft vom 27. bis 29. Mai 2011 in Dessau ihre Unrechtsstaat bezahlen mußten, mit dem worden waren. Unterstützung für den Bundesbeauftrag- bundesdeutschen Rentenrecht heute wie- ten (BStU). Die Beschäftigung von Mitar- der bestraft werden, ist schlimm und un- beitern des MfS in der Behörde des BStU seres Rechtsstaates unwürdig. Daß sich sei nicht akzeptabel. Dieser unhaltbare aber heutige Politiker nicht entblöden, Die Mauer war Zustand müsse schnell beendet werden. das zwischen der DDR und der Bundes- „Er wird nicht dadurch besser, daß er be- republik durchgeführte Freikaufverfahren Krieg reits seit den Gründungstagen der Behör- von politischen Häftlingen gegen deren (st)Am 20. Mai haben die ehemaligen de dauert. Die Beschäftigung von ehema- Rentenansprüche aufzurechnen, ist eine DDR-Generäle Heinz Keßler und Fritz ligen Stasi-Leuten belastet die Glaubwür- boshafte Beleidigung und ein Schlag ins Streletz ihr Buch „Ohne die Mauer hätte digkeit einer der wichtigsten Institutionen Gesicht derer, die der kommunistischen es Krieg gegeben“ vorgestellt. Über die zur Aufklärung über die kommunistische Diktatur am deutlichsten widerstanden.“ Intention läßt der Titel keinen Zweifel. Diktatur in der DDR.“ Verbände und In- Nicht jedes DDR-Unrecht sei heute noch Den Zeitpunkt der Veröffentlichung er- itiativen begrüßten ausdrücklich, daß rückgängig zu machen. Neue Ungerech- klärte Streletz so: „Wir waren uns darü- der Bundesbeauftragte Roland Jahn das tigkeit jedoch, wie die rentenrechtliche ber im klaren, daß es im Zusammenhang Problem seit seinem Amtsantritt deutlich Enteignung der ehemaligen DDR-Flücht- mit dem 50. Jahrestag der Grenzsiche- benannt habe und sich um eine Lösung linge, könne und müsse umgehend auf- rungsmaßnahmen in Berlin, kurz gesagt bemühe. Bundestag und Bundesregie- gehoben werden. Mauerbau, wieder eine gewaltige Hetz- rung seien in der Verantwortung und auf- kampagne durch die Massenmedien ge- gefordert, endlich andere Arbeitsbereiche ben wird und sich sicherlich eine Reihe für die ehemaligen Stasi-Mitarbeiter zu Kaßberg als von Historikern zum sogenannten Mauer- finden und die gesetzlichen Möglich- bau schriftlich äußern werden.“ keiten dafür auszuschöpfen. Erinnerungsstätte (FP)Weil der Brandschutz nicht gewähr- Keßler ergänzte, das Buch verfolge den leistet war, wurde das Gefängnis auf dem Anspruch, „der historischen Wahrheit Doppelt bestraft Kaßberg in Chemnitz im vergangenen die Bahn zu brechen und mitzuhelfen, Herbst geschlossen. Der Freistaat Sach- ein realistisches Geschichtsbild zu vermit- (uokg)Die schwarz-gelbe Koalition ist sen will den Komplex, der dem MfS auch teln“. UOKG-Vorsitzender Rainer Wagner offenbar nicht bereit, rentenrechtliche als Untersuchungshaftanstalt diente, dazu: „Die historische Wahrheit ist: Die Nachteile für Flüchtlinge und Übersied- verkaufen. Interessenten gibt es bereits, Mauer hat keinen Krieg verhindert, die ler aus der DDR zu beseitigen. Wie die Verkaufsgespräche wurden jedoch noch Mauer selbst war Krieg – nicht gegen den Mitteldeutsche Zeitung berichtete, blockt nicht geführt. In einem Interview mit der Klassenfeind, sondern gegen das eigene Bundesarbeitsministerin von der Leyen Freien Presse regte der Bundesbeauftrag- Volk.“ einen entsprechenden Antrag der SPD- te für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn,

Kommentar

Brandenburg – die kleine DDR die immer wieder und glücklicherweise für Aufdeckung sorgt, und zur Zeit besonders auf deren neuen Leiter, Roland Jahn. Selbst der innenpo- In letzter Zeit erreichen uns fast täglich Meldungen aus dem Land Bran- litische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, fühlt denburg, wonach wieder an dieser oder jener Stelle ehemalige Angehö- sich bemüßigt, Jahn auf unverschämte Weise zu kritisieren, weil der ge- rige des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR in verantwortlichen nau das vorhat, was in Brandenburg überfällig ist, nämlich Stasi-Leute Positionen entdeckt werden. Allein bei der Regierungsbildung des Herrn aus sensiblen Positionen zu entfernen. Solche Mitarbeiter wurden in der Platzeck waren sieben zu zählen, im Umfeld gibt es wahrscheinlich we- Anfangszeit der BStU-Behörde eingestellt, warum auch immer, sind aber sentlich mehr. Dabei sind diejenigen noch gar nicht eingerechnet, die dem Ruf gerade dieser Institution ausgesprochen abträglich. ihre Stasi-Mitarbeit bereits offen zugegeben hatten und trotzdem ins Amt kamen. Roland Jahn hat immer wieder betont, daß er die Betreffenden weder entlassen kann noch will, jedoch vorhabe, sie mit vollem Respekt für die Betroffenheit ist in Potsdam nicht zu bemerken, jedenfalls bei der Regie- in den letzten 20 Jahren geleistete Arbeit an andere Stellen zu vermit- rung nicht. Im Gegenteil, es werden jene angegriffen, die auf Grund vor- teln. Ein solcher Schritt wäre in Brandenburg ebenfalls an der Zeit – der liegenden eindeutigen Aktenmaterials die Kandidatur eines ehemaligen Rechtsstaat hat mehr Instrumentarien, als jene glauben machen wollen, MfS-Zuträgers als Oberbürgermeister der Stadt Brandenburg ablehnen. die sich hinter ihm verstecken -, und er läge nicht zuletzt im Interesse all Inzwischen weiß man von 152 Angestellten der Justiz in diesem Bun- der Menschen, die auch in der DDR mit ehrlicher Arbeit durchgekommen desland, die stasibelastet sind. Aber statt hier aufzuräumen oder sich sind. wenigstens um Transparenz zu bemühen, zielt man auf die Behörde, Hans-Peter Schudt 4 Recht Einkommen ist nicht gleich Einkommen Die Opferrente schließt Stiftungsleistungen aus

Im Dezember letzten Jahres trat das vierte in vielen Fällen dazu, daß die Betroffenen Ein Beispiel: Einem ehemaligen politisch SED-Unrechtsbereinigungsgesetz in Kraft nicht mehr in der Lage waren, einen wirk- Verfolgten, der viele Jahre in Haft war, (s. Ausgabe 8/2010). Zwar hat die Novel- lichen Wiedereinstieg in das Berufsleben heute 250 1 Opferrente erhält und da- lierung manche Mißstände beseitigt, aber zu finden. Die psychischen Folgen der mit monatlich auf 600 1 kommt, sind viele sind dennoch geblieben. Besonders Haft - von Stefan Trobisch-Lütge treffend die Leistungen der Stiftung verwehrt. Ein fehlt es daran, auch das Leid bisher nicht als „spätes Gift“ bezeichnet, daß sich in anderer ehemaliger Häftling, dessen Haft- oder nur unzureichend berücksichtigter Kopf und Seele des Betroffenen ausge- zeit weniger als sechs Monate betrug, der Opfergruppen zu würdigen. Als Beispiele breitet und festgesetzt hat - machten es deshalb keine Opferrente bekommt, aber genannt seien die Zivildeportierten, die unmöglich, wieder einer normalen Tätig- dessen Altersrente sich auf 600 1 beläuft, Opfer politischer Zwangsadoption oder keit nachzugehen. kann auf die Unterstützung der Stiftung auch die große Zahl jener, deren Leben hoffen. Eine Ungleichbehandlung, die durch das schreckliche Instrument der Bei diesen Personen ist die Opferrente nur dem Stiftungszweck zuwiderläuft. Zersetzung zerstört wurde. ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie ha- ben zwar 250 1 mehr im Monat, für ein Der Gesetzgeber hatte die Chance, die- Hier soll eine Personengruppe näher be- menschenwürdiges Leben reicht es aber sen Mißstand zu beseitigen. Während trachtet werden, deren Schicksal beson- trotzdem kaum, und unvorhersehbare fi- des Gesetzgebungsverfahrens im Jahr ders hart anmutet: Es sind diejenigen, nanzielle Belastungen stürzen sie schnell 2009 hat der Stiftungsrat darauf auf- die trotz Opferrente, eventuell auch trotz in akute Not. So liegt der Gedanke nahe, merksam gemacht. Getan wurde nichts. Ausgleichsleistungen nach dem Beruf- einen Antrag auf Unterstützungslei- Die Chance ging vorbei. Irgendwann lichen Rehabilitierungsgesetz, ein Leben stungen bei der Stiftung für ehemalige kommt es wieder zu Nachbesserungen an am Existenzminimum führen. Dabei han- politische Häftlinge (Stiftung HHG) in den SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen. delt es sich um Menschen, deren Erwerbs- Bonn zu stellen. Diese kann den Häftlin- Dann wird es eine Frage des politischen biographien durch lange Phasen der gen zur Linderung einer Notlage Unter- Willens sein, diese Benachteiligung abzu- Arbeitslosigkeit geprägt sind. Dement- stützung gewähren. Mit ihrem geringen schaffen. Darauf sollten die Vertreter der sprechend erhalten sie nur eine geringe Einkommen lägen die Betroffenen auch ehemaligen politisch Verfolgten beizeiten Altersrente. Häufig beträgt die Summe weit unter der Bemessungsgrenze für die hinarbeiten. der Rente gerade einmal rund 350 1. Bei Bewilligung dieser Leistungen. Das Straf- den SED-Opfern ist davon eine nicht ge- rechtliche Rehabilitierungsgesetz jedoch Florian Kresse, Jurist ringe Zahl betroffen. Dies ist wenig über- hat die gleichzeitige Zahlung von Opfer- UOKG e.V. raschend, führte doch die politische Haft rente und Stiftungsleistungen untersagt.

Die Gefangenenakten der DDR/ Teil 7 (Ende) Alle Akten, die aus Untersuchungen des MfS – auch im DDR-Strafvollzug – resultieren, befinden sich beim Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Karl-Liebknecht-Str. 31/33, 10178 Berlin (siehe auch Einführungsartikel, der stacheldraht, 7/2010, S. 4).

Land Thüringen, 2. Teil Thüringisches Staatsarchiv Meiningen, Bereits erschienen: Thüringer Justizministerium PF 10 06 54, 98606 Meiningen Werner-Seelenbinder-Str. 5 Land Berlin, Nr. 7/2010, S. 4 99096 Erfurt • Zweiganstalt Unterwellenborn, Strafvollzugseinrichtung Hohen- Land Brandenburg, Nr. 8/2010, S. 6 • Strafvollzugseinrichtung Unter- leuben – Zeitraum: 1961 bis 1970, maßfeld – Zeitraum: 1952 bis 1960, aktueller Aufenthaltsort: JVA Tonna, Land Meckl.-Vorpommern, Land Sachsen aktueller Aufenthaltsort: JVA Unter- Im Stemker 4, 99958 Tonna; Zeit- (1. Teil), Nr. 9/2010, S. 4 maßfeld, Karl-Marx-Str. 8, 98617 Un- raum 1971 bis 1975, 1987 bis 1991, termaßfeld; Zeitraum: 1961 bis 1970, aktueller Aufenthaltsort: JVA Hohen- Land Sachsen (2. Teil), Nr. 1/2011, S. 5 aktueller Aufenthaltsort: JVA Tonna, leuben, Gartenstr. 4, 07958 Hohen- Land Sachsen (3. Teil), Nr. 2/2011, S. 4 Im Stemker 4, 99958 Tonna; Zeitraum: leuben 1971 bis 1990 (ab 1978 vollständig Land Sachsen-Anhalt, Nr. 2/2011, S. 5 vorhanden), aktueller Aufenthaltsort: • Untersuchungshaftanstalt Weimar JVA Untermaßfeld, Karl-Marx-Str. 8, – Zeitraum: 1961 bis 1970, aktueller Land Thüringen (1. Teil), Nr. 3/2011, S. 4 98617 Untermaßfeld; Zeitraum 1945 Aufenthaltsort: JVA Tonna, Im Stem- bis 1990 (teilweise Gefangenenakten ker 4, 99958 Tonna überliefert), aktueller Aufenthaltsort: (Angaben ohne Gewähr) Recht 5 Ausbürgerung in den Osten Ein Rechtsbruch und niemand will es gewesen sein

„Schon der Wunsch nach Freiheit, der für die Flüchtlinge, die nach dem Bau der wurden auf den Rechtsbruch hingewie- Wunsch von Deutschland nach Deutsch- Mauer ihr Leben wagten oder Gefängnis sen. Alle antworteten mit Textbausteinen land zu gelangen, nicht erst der Versuch, riskierten, um in die Freiheit zu gelangen, einer Abteilung im Sozialministerium, sondern schon Ausreiseanträge und es galt auch für die Rentner der DDR, de- alle mißverstehen nach Kräften. Auch bloße Mitwisserschaft von Fluchtplänen nen eine Besuchsreise genehmigt wurde der Bundespräsident, der doch offenbar konnten im Gefängnis enden. Kinder und die von da nicht zurückkamen, son- weiß, was Flucht und Ausreise bedeu- wurden in staatliche Heime gesteckt, dern fortan als Rentner im Westen lebten. teten. ihren Eltern entfremdet und treuen Die- Das natürliche Ende dieser Eingliederung nern des Regimes zur Adoption überlas- wäre der Fall der Mauer gewesen, aber Solch eine Untat kann man nicht über 12 sen. Das Ende der Anpassung oder der dann hätte Willy Brandt am 9.11.1989 Jahre mißverstehen. Es gibt Menschen, Verzicht auf Anpassung an die Diktatur im Bundestag nicht das „Einigkeit und die diesen Frevel veranlaßt haben. Wir bedeutete für viele Hoheneck - auf Jah- Recht und Freiheit...“ anstimmen dürfen, müssen erfahren, wer das war und wa- re!“ Das sagte der Bundespräsident Chri- sondern ein „Endlich Schluß mit FRG...“, rum das getan wurde. Es gibt kein Ge- stian Wulff am 13. Mai 2011 auf Burg was dem Augenblick nicht angemessen setz, daß diese Tat fordert, das bestäti- Hoheneck in Stollberg. Anlaß war der gewesen wäre. So endet die Eingliede- gen viele Abgeordnete des Deutschen 20. Jahrestag der Vereinigung der Ho- rung nach FRG für alle, die aus der DDR Bundestages der 12. Wahlperiode, die henecker Frauen. Die „Delikte“, die zur kamen, nicht am 09.11.1989, sondern angeblich das Gesetz „gegeben“ haben. Gefängnisstrafe führten, sind uns heute mit dem Staatsvertrag vom 18.05.1990. Folglich ist sie ungesetzlich. Es gibt Ver- als strafwürdige Vergehen nicht mehr Für die in der DDR Gebliebenen wurde mutungen, wer das wann warum getan vorstellbar. mit gleichem Vertrag die Schaffung eines hat. Das Sozialministerium hat vor dem neuen Gesetzes, des späteren Rentenü- Berliner Verwaltungsgericht bestätigt, Der Bundespräsident zeigt auf, was pas- berleitungsgesetzes (RÜG), vereinbart. daß es keine Befugnis hatte, derartiges siert ist und was passieren konnte. Viele anzuweisen. Wer also war es dann? Die Flucht- und Ausreisewillige werden das in Ab Ende der neunziger Jahre bemerkten Interessengemeinschaft ehemaliger DDR- Foto: UpstateNYer dieser Deutlichkeit gewußt haben, bevor einige Flüchtlinge, meist durch Zufall, Flüchtlinge IEDF ist im Internet zu finden. sie sich entschlossen. Sie wußten, daß es daß man ihre Rentenverläufe massiv ver- Unter www.flucht-und-ausreise.info ist auch Zufall war - Laune der Regierenden, ändert hatte. Statt der Anwartschaften eine große Zahl von Dokumenten zum die Notwendigkeit, nach innen oder au- mit FRG fanden sie völlig andere An- bisherigen Kampf veröffentlicht. Lesen ßen brutale Zeichen zu setzen -, ob sie wartschaften nach dem Sozialversiche- Sie - es ist kein Ruhmesblatt für unseren ein derartiges Schicksal ereilte oder ob rungsausweis der DDR (SVA). Tatsache Rechtsstaat. es ihnen erspart blieb. Auf dem Ausreise- ist, daß die Rentenversicherungen für antrag standen Name und Adresse. Wie alle Versicherten, die am 19.05.1990 Lothar Gebauer sollten sie sich vor den Nachstellungen in der alten Bundesrepublik lebten und eines Staates schützen, der immerzu ver- Arbeitszeiten in der DDR hatten, diese ehrt und nie verlassen werden wollte? Arbeitszeiten nach den für die ehema- Wulff nennt die Opfer in Hoheneck po- lige DDR geltenden Regeln umgewandelt litische Häftlinge, aber er nennt kein an- haben. Damit fand eine Ausbürgerung Das Geld gleicht dem Seewasser. Je deres „Delikt“ als den Wunsch, die DDR der Flüchtlinge Richtung DDR statt. Das mehr davon getrunken wird, desto dur- zu verlassen. Und es ist eine Tatsache hat meist verheerende Folgen, weil die stiger wird man. - politischer Widerstand zeigte sich zum Flüchtlinge natürlich keine freiwillige Zu- Arthur Schopenhauer großen Teil in der Flucht- und Ausreise- satzversorgung (FZR) der DDR hatten, die bewegung. häufig die Anwartschaften verdoppelt. Nicht immer, die Abo-Gebühren bleiben vor- Für Flüchtlinge ohne FZR ergeben sich erst stabil. Was geschah, wenn diese Menschen jährliche Anwartschaften von etwa 0,7 Deshalb: Bitte spenden Sie für den STACHEL- endlich, oft freigekauft, im Westen an- Entgeltpunkten, ein Wert, den die Stasi DRAHT, und werben Sie Spender und Abon- kamen? Sie durchliefen ein Notaufnah- bekommen sollte, aber nicht bekommt. nenten. meverfahren und dabei auch ein Ein- Sie bekommt 1 Entgeltpunkt, das sind 40 Für Spenden gibt es kein Limit, und jedes Abo gliederungsverfahren nach dem Fremd- Prozent mehr. hilft. Das Jahresabonnement mit 9 Ausgaben rentengesetz (FRG). Damit entstanden kostet 9,-Euro. Rentenanwartschaften der bundesdeut- Seit Ende der neunziger Jahre ist das schen Rentenversicherung (wessen auch Problem bekannt, es wurde dem Petiti- Name und Anschrift an die Redaktion senden, sonst?), die den im Westen erhaltenen onsausschuß gemeldet, es gab Wider- Überweisungen bitte auf das Konto BSV-För- Anwartschaften völlig gleichgestellt sprüche und Gerichtsverfahren, Abgeord- derverein, Konto-Nr. 665 52 45 01, BLZ 100 waren, sie waren damit auch als Eigen- nete wurden informiert, der Bundesrat 708 48, Berliner Bank AG, Verwendungszweck tum vom Grundgesetz geschützt. Das weiß Bescheid, der Bundestagspräsident „Stacheldraht-Abo“ oder „Stacheldraht-Spen- Verfahren galt für alle, die aus der DDR weiß keinen anderen Ausweg, als im- de“. kamen: für die Hunderttausenden, die mer wieder den Petitionsausschuß zu (Für UOKG-Mitglieder besteht keine Zahlungspflicht.) bis zum Bau der Mauer vor 50 Jahren informieren, die Bundeskanzler, die So- mit der S-Bahn in den Westen flohen, zialminister, Justizminister, Innenminister 6 International Seoul: Vorbereitungen zur Wiedervereinigung

Bekanntlich wurde West-Deutschland 1000 ausgesuchte politische Flüchtlinge len Fragen der Wiedervereinigung und 1989 vom Zusammenbruch der DDR aus dem Norden einem viermonatigen unterzeichneten einen Vorvertrag zwi- völlig überrascht. Die heutige Standard- Programm zu unterziehen. Sie sollen mit schen dem deutschen Bundesinnenmini- Ausrede, dieser sei „unvorhersehbar“ ihrem Wissen und ihren Erfahrungen aus sterium und dem süd-koreanischen Wie- gewesen, ist angesichts der überaus der Diktatur Pjöngjangs bei solchen Um- dervereinigungsministerium. Danach wird vielen Hinweise des Bundesnachrichten- wälzungen als „menschliche Brücken“ Seoul umfangreiche Unterlagen über die dienstes leicht zu widerlegen. Bonn war zwischen der Bevölkerung in Nord und Vereinigung Deutschlands erhalten sowie auch nach dem Fall der Berliner Mauer Süd dienen, Verwirrungen und Mißver- viele Dokumente aus diesen Jahren, spe- in keiner Weise vorbereitet. Die Bundes- ständnisse zu vermeiden helfen und ein ziell über den Aufbau in den neuen Bun- beamten, die in der Ex-DDR ein neues besseres Verständnis der beiden Landes- desländern und die soziale Integration Rechts- und Verwaltungssystem aufbau- teile für einander erzeugen. Am Ende der Menschen dort. Damalige deutsche en sollten, gehörten häufig nicht zu den ihres Trainings steht jeweils ein Besuch Politiker und Experten, die jene Zeitspan- Besten – vor allem besaßen sie kaum früher getrennter Staaten, wie Vietnam ne in führenden Positionen miterlebten, nähere Kenntnisse über den östlichen und gerade auch Deutschland, um an Ort werden zu einem Diskussionskongreß Teil Deutschlands, ihre oft anzutreffende und Stelle die Erfolge der erzielten Ein- eingeladen, der im September 2011 in „Sieger“-Mentalität ließ die Entfremdung heit, aber ebenfalls die dabei begangenen der süd-koreanischen Hauptstadt statt- eher stärker werden. Fehler und Versäumnisse zu studieren. finden wird.

In der seit 1945 von der Außenwelt völlig Von der deutschen Presse seltsamerwei- Ende April dieses Jahres wurden mit Hilfe abgeschnittenen „Demokratischen Volks- se unbeachtet, trafen am 9. Mai 2011 in großer Luftballons erneut über 200 000 republik Korea“ bestehen diese Gefahren Berlin der süd-koreanische Präsident Lee Flugblätter nach Nord-Korea verschickt... bei einem Kollaps des Regimes und einer Myung-bak und Bundeskanzlerin Angela Wiedervereinigung um so mehr. Süd- Merkel zusammen. Beide versprachen Korea hat daher im April begonnen, rund eine Zusammenarbeit ihrer Länder in al- Friedrich-Wilhelm Schlomann

Die vergessene Republik China Taiwan – Freiheit auf Zeit oder demokratisches Modell?

Die chinesische Menschenrechtlerin Jing Menschen in Deutschland bekannt, daß steht, gibt es in Taiwan ein Mehrpar- Wang, der Pressechef der Taipeh-Vertre- die Pazifik-Insel Taiwan die rechtmäßige teiensystem, demokratische Wahlen, tung in Deutschland, Wen-chiang Shen, Nachfolgerin der Republik China und mit eine handlungsfähige Opposition und die und der ehemalige politische Häftling ihren 23 Millionen Einwohnern größer als Garantie der Freiheitsrechte. „Man kann der DDR und Autor, Alexander W. Bau- die DDR ist. Dieses Jahr feiert sie sogar sagen, daß die Pressefreiheit in der Repu- ersfeld, diskutierten am 3. Mai in der ihr 100jähriges Bestehen. Zugleich stellt blik China umfassender ist als die Pres- Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer sie auch eine demokratische Alternative sefreiheit in Bulgarien“, stellte Bauersfeld des Kommunismus/Stalinismus über eine zur kommunistischen Volksrepublik Chi- heraus. „In der Volksrepublik China dage- demokratische Alternative zu Rot-China. na dar. Dennoch erkennen nur wenige gen sitzen Zehntausende Menschen unter So hatte wieder einmal das Publikum der Staaten, darunter der Vatikan, die frei schlimmsten Bedingungen in Gefängnis- Gedenkbibliothek die Möglichkeit, ge- gewählte Regierung Taiwans diploma- sen, und Tausende weitere Häftlinge war- meinsam mit den Referenten einen Blick tisch an. So wird auch Wen-chiang Shen ten auf ihre Hinrichtung. Dort geschehen auf die politischen und wirtschaftlichen von der Berliner Taipeh-Vertretung von Dinge, die ich selber in der DDR erleiden Verhältnisse weit hinter den Grenzen der seinen chinesischen Botschaftskollegen mußte. Daher gilt den Verfolgten meine früheren DDR und der Ostblockstaaten gemieden. Solidarität und Sympathie.“ zu werfen. Vermutlich ist nicht vielen Der ausgewiesene Asien-Experte Ale- Dem stimmte die 1973 in Peking gebo- xander W. Bauersfeld, der die lebhafte rene Frau Jing Wang zu, die die unter- und spannende Diskussion äußerst fach- schiedlichen Denkweisen in China und kompetent moderierte, gab eine kurze Taiwan durch folgendes Beispiel veran- Einführung in dieses komplexe Thema. schaulichte: „Die Bürger Taiwans sind Zunächst wies er auf die Systemunter- sich bewußt, Steuerzahler zu sein. Ein schiede zwischen Rot-China und Taiwan Chinese dagegen würde fragen: ‚Haben hin. Während in der Volksrepublik China wir so etwas?‘ Das heißt, sie wissen die kommunistische Partei das Heft in der nicht, wie viele Steuern sie zahlen und Hand hält, keine unabhängige Justiz zu- glauben, das Regime täte ihnen mal wie- läßt, grundlegende Menschen- und Frei- der etwas Gutes, wenn es irgendwelche Taiwan – 35 800 Quadratkilometer, süd- östlich des chinesischen Festlands. heitsrechte mit Füßen tritt und somit in Verbesserungen mit dem Geld der Men- „trauter Gemeinschaft mit Nord-Korea“ schen durchführt.“ International 7

Wang, die in ihrer Pekinger Studentenzeit im Fall des Doktoranden. Vor kurzem ten Moment die Führung des Landes staatskonform und unbehelligt gelebt ist er Gott sei Dank entlassen worden, übernehmen und es demokratisieren hatte, machte zudem auf das enorme aber nun ist seine Frau verschwunden“, werden.“ Hinzu komme das Vordringen Informationsdefizit in ihrem Heimatland erzählte Wang. Auch sie selber blieb von der Informationstechnologie, die ja auch aufmerksam. Sogar ihre Schwester hat Repressalien nicht verschont, doch seit- in den arabischen Staaten die Umstürze über ihre persönlichen Erlebnisse und dem sie und ihr Mann 2005 einen deut- vorangetrieben habe. „Daher denke ich, ihr Wissen um Verfolgung und Unrecht schen Paß erhalten haben und offiziell daß der Umbruch nicht mehr in weiter jahrelang geschwiegen. Aus Angst, wie eingebürgert sind, kann ihr nicht mehr Ferne liegt. Vielleicht geschieht er in Wang betonte. Sie selber hielt sich aus viel passieren. Allerdings verwehren ihr fünf Jahren, vielleicht aber auch schon Unwissenheit an die Vorgaben, glaubte die chinesischen Behörden die Einreise in einigen Monaten“, so Wang. In die- der Propaganda – und erhielt 1996 einen nach China. „Es ist schon kurios: Wir dür- sem Zusammenhang erinnerte Alexan- Reisepaß, um ihr Studium in Deutschland fen nach China, können aber nicht mehr der W. Bauersfeld an die Prognose eines fortsetzen zu können. Ein folgenreicher dorthin, weil wir kein Visum erhalten.“ Wissenschaftlers im Sommer 1989, der Einschnitt. Ihre Begegnung mit gelebter Dennoch fühlt sie sich nach wie vor ihrem den Zusammenbruch der Sowjetunion Demokratie bewirkte bei ihr eine poli- Geburts- und Heimatland sehr verbunden tische Kehrtwende. Von nun an versuchte und sieht sich weiterhin als Chinesin. sie, auf die desolate Menschenrechtssitu- ation aufmerksam zu machen, vor allem Nicht so Wen-chiang Shen. Als er 1996 durch ihre Artikel in der Zeitung „Epoch China besuchte, wurde ihm bewußt, Times“. Ihr Augenmerk richtete sie be- daß er sich nicht als Chinese fühlt. Statt sonders auf die Verfolgung von Falun- dessen sieht er seinen Platz im demo- Gong-Praktizierenden, einer Anfang der kratischen Taiwan, das allerdings vom Foto: Jiang/Taiwan neunziger Jahre entstandenen religiösen übermächtigen Schatten Rot-Chinas Bewegung, die, so Wang, keinerlei po- permanent bedroht ist. Die derzeitige litische Ziele habe und mit einem Yoga- Regierungspartei lehnt sogar die Un- Zusammenschluß vergleichbar sei, auf abhängigkeit von der Volksrepublik ab, gar keinen Fall aber mit einer Sekte. während die Opposition auf die Eigen- Während sie in Taiwan wegen der dort ständigkeit der kleinen Insel pocht. Wen- garantierten Religionsfreiheit ungestört chiang Shen zeigt sich den Forderungen ihren Glauben leben könnten, gehe das der Opposition zwar aufgeschlossen, Pekinger Regime erbarmungslos gegen glaubt aber nicht an deren Realisierung. die Anhänger von Falun Gong vor. Aus Im Gegenteil, er fürchtet im Falle einer Sicht der Kommunisten handele es sich Unabhängigkeitserklärung gewaltsame Das Amtsgebäude des Staatspräsidenten in Taipeh ist traditio- bei Falun-Gong-Praktizierenden um Gei- Auseinandersetzungen mit der Volksre- neller Sitz der höchsten politischen Macht in Taiwan. steskranke und Mörder, also um Staats- publik. Demgegenüber hofft er wegen feinde. der gegenwärtigen engen wirtschaft- lichen Verflechtungen auf die Entstehung Wang berichtete von einem Doktoran- einer Mittelschicht, die im Laufe der Zeit spätestens bis zur Jahrtausendwende den, der sich mutig weigerte, die Bewe- vielleicht auf mehr Demokratie hinwirken erwartete. Bekanntlich ist der Untergang gung zu verlassen. Daraufhin wurde er könnte. bereits zwei Jahre später passiert. der Universität verwiesen, fand aber kei- ne Arbeitsstelle, weil er schriftlich hatte Frau Wang hingegen ist zuversichtlicher Wie auch immer die Zukunft Chinas versichern müssen, nichts mehr mit Falun und davon überzeugt, daß das westliche aussehen mag: Das am Schluß der Ver- Gong zu tun zu haben. Eines Tages ver- Demokratiemodell auf China zu übertra- anstaltung von Alexander W. Bauersfeld schwand er spurlos. Sechs Monate lang gen sei. Sicher, China ist sehr groß und, vorgelesene Zitat des PEN-Mitglieds hörte seine Familie nichts mehr von ihm. wie Bauersfeld herausstellte, angesichts Chen Maiping ist zeitlos. Der Schrift- Der Gerichtsprozeß fand unter Ausschluß der brutalen Niederschlagung der Pro- steller schrieb am 10. Dezember 2010, der Öffentlichkeit statt – die Familie er- teste auf dem Platz des Himmlischen am Tag der Menschenrechte: „Aber die hielt falsche Angaben über Ort und Zeit Friedens 1989 durchsetzt von Mißtrauen größte menschliche Katastrophe des des Prozesses. Das Urteil konnte härter und Angst. Dennoch wagen es immer 20. Jahrhunderts ist die Herrschaft der nicht sein - acht Jahre Haft. Der Richter mehr Menschen, offen ihre Unzufrieden- kommunistischen Parteien in vielen Län- warf ihm sowohl vor, auf seinem Com- heit mit ihrem Leben zu zeigen und Kritik dern, die in den Tod von Hunderten von puter Informationen über Falun Gong am Regime zu äußern. „So gab es 2009 Millionen Menschen führte, viele Male gespeichert zu haben, als auch, sie an- bereits über 8700 Aufstände, die groß mehr Menschen, als von den deutschen deren zur Verfügung gestellt zu haben. angelegt waren und an denen sich sehr Faschisten getötet wurden. Die KP Chi- „Ein Leben im Gefängnis ist geprägt von viele Menschen beteiligten“, referierte nas ist ein Feind der Demokratie und der grausamster Folter. Schlafentzug, wobei Frau Wang. „Daher geht es nicht darum, Freiheit, ein Feind der Menschenrechte sich der Häftling drei Tage lang aufrecht wie China demokratisch wird, sondern und ein Feind der Völker der Welt.“ Dem hinstellen und beim Einnicken schlimm- es muß demokratisch werden.“ Sie setzt ist nichts mehr hinzuzufügen. ste Schläge ertragen muß, härteste auf die chinesischen Exil-Intellektuellen körperliche Arbeit im Sommer, stunden- sowie auf das Verantwortungsbewußt- langes Stehen im Winter ohne Kleidung. sein und den Mut derjenigen, die jetzt Nur selten dürfen Familienangehörige die noch im Lande schweigen. „Ich denke, Gefangenen besuchen. So war es auch das sind die Zukunftsträger, die im rech- Nicole Glocke 8 Fragebogen Fragebogen zum Freikauf

Für eine Doktorarbeit führe ich eine Befragung ehemaliger politischer Häftlinge durch. 1975 bin ich selbst durch Freikauf in den Westen gekommen, ich war wegen „Hetze“ inhaftiert.

Die Befragung dient ausschließlich wissenschaftlichen Zwecken, die personenbezogenen Daten werden selbstverständlich vertraulich behandelt. Wenn Sie eine Frage nicht beantworten können oder wollen, machen Sie bitte einen Strich.

Die nummerierten Antworten auf einem gesondertem Blatt schicken Sie bitte an die Redaktion „der stacheldraht“, Rusche- str. 103, Haus 1, 10365 Berlin, oder direkt per E-Mail an [email protected]. Selbstverständlich sende ich Ihnen den Fragebogen auch in elektronischer Form zu, wenn Sie per E-Mail Kontakt mit mir aufnehmen. Dann ist die Rücksendung technisch einfacher. Schon jetzt meinen Dank für Ihr Engagement. Bernd Lippmann Fragekomplex zur Person

1) Name, Vorname, Geburtsdatum

2) In welchem Ort wohnten Sie zuletzt in der DDR?

3) Was ist Ihr erlernter Beruf? Fragekomplex zum Strafverfahren

1) Wann wurden Sie inhaftiert?

2) In welcher Untersuchungshaftanstalt waren Sie?

3) Wann wurde das Urteil gesprochen?

4) Was wurde Ihnen vorgeworfen, welche Paragraphen wurden zugrunde gelegt?

5) Wie hoch war das Strafmaß?

6) Wer hat Ihre Rechtsvertretung wahrgenommen?

7) In welcher Strafhaftanstalt waren Sie?

8) Wann wurden Sie aus der Haft entlassen?

9) Wurden Sie in die BR Deutschland oder in die DDR entlassen?

10) Auf welchem Wege geschah ggf. Ihre Entlassung in die BR Deutschland? (Mit dem Bus aus der Sammelstelle KMS, mit dem Zug oder über Berlin mit RA Vogel)

11) Haben Sie die Situation in der MfS-Untersuchungshaft als psychische Folter empfunden?

12) Wurden Sie durch Schläge etc. körperlich mißhandelt?

13) Wurden Sie in der Haft von Mitgefangenen bespitzelt?

14) Wurden Sie nach Ihrer Haftentlassung durch das MfS bespitzelt? Fragekomplex zum Thema „Freikauf“

15) War unter den Häftlingen zu Ihrer Zeit der Freikauf bekannt?

16) Wie bewerten Sie die Geheimhaltung im Zusammenhang mit dem Freikauf?

17) Wie bewerten Sie die Tätigkeit der politischen Organisationen wie IGfM, ai, VOS, die sich für die Gefangenen in der DDR einsetzten?

18) Wie bewerten Sie die Rolle von RA Wolfgang Vogel?

19) Hat der Freikauf Ihrer Meinung nach dem SED-Regime im Hinblick auf die Stabilität seines Staates eher genutzt oder eher geschadet?

20) Wie bewerten Sie den Freikauf heute politisch im Rückblick, zustimmend oder ablehnend?

21) Halten Sie die wissenschaftliche Bearbeitung des Themas „Freikauf“ für sinnvoll und notwendig? Berichte 9 Abgestempelt staltungswettbewerb „ für künstlerische Interventionen im Außenbereich“ ausge- (st)Seit Herbst vergangenen Jahres wird schrieben. Sie sollen die Außenwirkung das Haus 1 des Komplexes des ehema- des Museums erhöhen, seine Auffind- ligen Ministeriums für Staatssicherheit barkeit und die „Sichtbarmachung des Foto: N. Radlitz der DDR in der Berliner Normannenstra- Ortes“ verbessern. ße saniert. Es war bis 1989 der Dienstsitz Erich Mielkes. Seit 1990 befanden sich in Im März 2011 wurde der Siegerentwurf dem Gebäude das „Stasimuseum“ mit vorgestellt. Die Jury entschied sich für die Ausstellungen und der Originalausstat- Arbeit von raumlabor Berlin. Ein Stem- tung des Mielke-Büros sowie zahlreiche pelabdruck zieht sich über den Vorplatz, Opferverbände mit Beratungsstellen für das Vordach und das Hauptdach des Ge- ehemalige politisch Verfolgte. bäudes: „EINGEGANGEN am ...“. Dieses Sinnbild bürokratischer Vorgänge soll Nach Beendigung der Sanierungsar- einerseits auf die verwaltete Repression beiten 2012 werden Museum und Ver- mit ihren Hierarchien, Akten und Regis- bände, die derzeit in anderen Gebäuden traturen hinweisen, andererseits markiert Die Gestaltungsidee am Modell. des früheren MfS-Geländes unterge- die Mehrdeutigkeit des Wortes „einge- bracht sind, wieder einziehen. Hinzu- gangen“ auch das Ende eines Unterdrü- kommen soll ein Dokumentations- und ckungsapparates. Bei der Umsetzung des beiden Silben nicht zu sehen. Den Rest Bildungszentrum „Repression in der SED- Entwurfs könnte allerdings die Realität des Schriftzuges auf den Dächern kann Diktatur“. Probleme bereiten: Tagsüber, also zu man ohnehin nur aus der Vogelperspek- den Öffnungszeiten des Museums, ist tive lesen. Aber es gibt ja noch Google Im Zuge der Grundsanierung des denk- der Vorplatz mit Reisebussen und Pkws Earth und Rundflüge über Berlin. malgeschützten Baus wurde auch ein Ge- vollgestellt, und deshalb sind die ersten

Treffen der Waldheimer

Am 28. und 29. April 2011 fand in Calw Die unsäglichen Leiden der Opfer der mehr oder weniger beschwerlich. Deshalb das Treffen des Waldheim-Kamerad- Waldheim-Prozesse zeigt beispielhaft der war Calw als Tagungsort für die meisten schaftskreises statt. Benno Prieß, der Film „Wir sprechen hier Recht! SED-Justiz günstig. Wir wünschen uns alle eine Fort- verdienstvolle Leiter dieses Kreises, hatte in Waldheim“. Leider kam es bei der Auf- setzung solcher Veranstaltungen. dazu eingeladen – und alle kamen, man- führung des Films während der zentralen Horst Krüger che von weither, 500 km, andere wegen Veranstaltung in starker gesundheitlicher Beeinträchti- Berlin zu kaum gungen nur einige Stunden – aber sie wa- vermeidbaren Stö- Gespenster ren eben da. Auch unser wohl Ältester, im rungen – auch das stolzen Alter von 91 Jahren, war munter war Gegenstand und frisch mit dabei. der Gespräche.

Anders als bei bereits länger zurücklie- Eine zweite Beson- genden Tagungen, wie z.B. in Schöner- derheit des Tref- städt, Waldheim und Oranienburg, stand fens in Calw war Foto: Dirk Jungnickel dieses Mal kein bestimmter Vortrag im die Wahl des Ta- Mittelpunkt der Veranstaltung, sondern gungsortes. Die in dem gut ausgewählten Hotel und Re- meisten der Teil- staurant Rössle in Calw und seiner an- nehmer waren so genehmen Atmosphäre waren die indivi- bald wie möglich duellen Gespräche, Austausch guter und nach ihrer Ent- auch sehr schmerzlicher Erinnerungen lassung aus den sowie die Pflege persönlicher Kontakte Zuchthäusern der Kern des Treffens. „DDR“ in das Land Baden-Würt- Benno Prieß verteilte als Zeitzeuge Hefte temberg gegang- in ansprechender und praktischer Form en oder geflohen über die Verhaftung Jugendlicher aus dem und haben sich Kreis Güstrow, vorwiegend im Jahr 1946, dort eine neue Exi- Diese Aufnahme in unmittelbarer Nähe der Gedenkstätte Buchenwald wurde nicht und deren weiteres Schicksal in den Spe- stenz aufgebaut. an einem Filmset gemacht und entstand auch nicht in den 70er oder 80er Jahren ziallagern. Fotografien vom Gedenken bis Ihr Lebensalter ist des vergangenen Jahrhunderts. Sie stammt vom 17. April 2011 und zeigt garantiert zum Jahr 2010 machen das fürchterliche nun fortgeschrit- keine Personen, die sich näher mit der Geschichte des Speziallagers Buchenwald beschäftigen wollen. Geschehen sehr anschaulich. ten und das Reisen 10 Berichte Ein Gläschen auf die Freiheit Der Bundespräsident bei den ehemaligen Hoheneckerinnen Von Ellen Thiemann

Was für ein Tag! „Bitte hier entlang.“ und einigen Kameradinnen, Bundestags- den perfiden Foltermethoden mit Dunkel- „Lassen Sie mich kurz vorbei.“ „Moment, und Landtagsabgeordneten sowie von und Wasserzellen hörte. Auch den Jour- treten Sie bitte zurück.“ Das hätten sich Vertretern von Institutionen begrüßt. nalisten sah man ihr Entsetzen an, als wir die ehemaligen DDR-Häftlinge nicht träu- Wulff schien bestens vorbereitet, denn er diesen Gefängnistrakt verließen und uns men lassen, eines Tages am Ort ihrer ein- sprach einzelne Frauen gezielt auf deren zum Kirchen- und Kinosaal begaben. stigen Peinigungen höfliche Anweisungen Erlebnisse in Hoheneck an. vom Personenschutz eines Bundespräsi- Dort warteten bereits zahlreiche Ehren- Nach der Begrüßung schritt der Bundes- gäste und die Frauen von Hoheneck auf präsident, begleitet von der Ministerin für den bevorstehenden Festakt. Am Vormit- Wissenschaft und Kunst des Freistaates tag hatte an diesem Ort ein vielbeachte- Sachsen, Prof. Dr. Dr. Sabine Freifrau von tes Zeitzeugenforum stattgefunden. Vor Schorlemer, zwei einstigen Hoheneck-In- rund 50 Studenten der TU Chemnitz und sassinnen, dem Oberbürgermeister Mar- deren Dozenten Professor Robert Kreitz cel Schmidt, Vertretern der Stiftung Auf- und Professorin Dr. Dr. Ute Neuss be- arbeitung und der UOKG zur feierlichen richteten Anita Kutschkau, Dr. Ute Stein- Kranzniederlegung an den Gedenkstein häuser, Ellen Thiemann, Inge Naumann und legte ein Gebinde mit weißen Ger- und Eike Radewahn aus ihrer Haftzeit bera, weißen Kallas und roten Anthurien zwischen 1966 und 1985. nieder. Bereits am Tag zuvor hatte der Frauenkreis traditionell zur Eröffnung des „Es ist erst 22 Jahre her, daß die letz- Jahrestreffens seiner toten Leidensgefähr- ten politischen Gefangenen 1989 aus tinnen gedacht. „Ich war sehr bewegt, als Hoheneck befreit wurden“, erinnerte ich meine Blumen plazierte“, erklärte die der Bundespräsident in seiner einfühl- langjährige Kassenführerin Angelika Grü- samen Gedenkrede, „und doch erscheint newald, „weil ich in Gedanken auch bei es uns in unserer schnellebigen Zeit als Bevor Bundespräsident Christian Wulff am Gedenkstein einen unserer Gründerin Maria Stein weilte.“ eine Geschichte aus dem letzten Jahr- Kranz niederlegte, begrüßte er einige Teilnehmer des Treffens: hundert. Deshalb ist es wichtig, daß wir (v.r.) Lutz Rathenow, LStU des Freistaates Sachsen, Roland Jahn, BStU, Anita Kutschkau, ehemalige Hoheneckerin, inhaftiert Beim Rundgang durch den mittelalter- die Erinnerung weitergeben und wach 1966/67. lichen Koloß erläuterten neben dem Besu- halten.“ Auch die Ansprachen von Mini- cherführer Theo Schreckenbach auch Inge sterin Schorlemer, Inge Naumann und OB denten entgegenzunehmen. Und schon Naumann und weitere Zeitzeuginnen Marcel Schmidt hinterließen einen tiefen gar nicht, daß sie mit einem Staatsober- dem Bundespräsidenten den menschen- Eindruck. haupt in dem schaurigen Gemäuer des unwürdigen Alltag mit Zwangsarbeit, berüchtigten DDR-Frauenzuchthauses überbelegten Zellen und brutalen Atta- Weiter ging es im minutiös geplanten Hoheneck mit einem Gläschen Sekt auf cken des Personals. „Beklemmend“, kon- Programm mit der Vorführung des von ihre Freiheit anstoßen würden. statierte Wulff kopfschüttelnd, als er von der Bundesstiftung Aufarbeitung geför-

Anläßlich des 20. Jahrestages der Ver- einsgründung des „Frauenkreises der ehemaligen Hoheneckerinnen“ war das alljährliche Treffen in Stollberg im Erz- gebirge vom Herbst auf den 12. bis 14. Mai vorverlegt worden. Der Clou: Unserer Vorsitzenden Inge Naumann war es zu- sammen mit Tatjana Sterneberg und de- ren Lebensgefährten Carl-Wolfgang Holz- apfel gelungen, den Bundespräsidenten Dr. Christian Wulff einzuladen. Daß Wulff nicht nur eine denkwürdige Ansprache hielt, sondern die Hohenecker Frauen mit einem vierstündigen Aufenthalt ehr- te, wird allen Teilnehmern unvergessen bleiben.

Bei strahlendem Sonnenschein wurde Tief erschüttert zeigte sich der Bundespräsident von der menschenunwürdigen Unter- der Bundespräsident von Inge Naumann bringung Inge Naumanns und ihrer Kameradinnen in der Dunkelzelle im Kellertrakt. Berichte 11 derten Dokumentarfilms „Ein Tag zählt Was dieser hohe Staatsbesuch den Orga- wie ein Jahr“ von Kristin Derfler und nisatoren schon im Vorfeld abverlangte, Dietmar Klein. „Dieser Tag heute war kann kaum jemand ermessen, der so für uns als Filmemacher eine absolute etwas noch nie auf die Beine gestellt Zäsur“, freute sich Kristin Derfler. „Das hat. Aus meiner aktiven Journalistenzeit

spezielle Thema einer großen Öffentlich- kenne ich das ganze aufwendige Proce- Fotos: E. Thiemann keit in diesem Rahmen und im Beisein dere nur zu gut. „Hinter uns liegen vier des Bundespräsidenten, des SWR-Inten- Monate konzentrierter Arbeit“, erläu- danten Peter Boudgoust und den Frauen terte dazu die Projektleiterin und ehe- von Hoheneck vorstellen zu können, war malige Hoheneckerin Tatjana Sterneberg. für uns eine tolle Erfahrung.“ Und Regis- „Aber dieser Tag hat uns für manche seur Dietmar Klein ergänzte: „Schon die Anstrengung entschädigt und war ein Kranzniederlegung, der Posaunenchor voller Erfolg. Es beflügelt, wenn den mit der Nationalhymne, Stollberger am Frauen von Hoheneck endlich die längst Straßenrand, waren für mich sehr bewe- überfällige Anerkennung und Aufmerk- gende Momente. Die Frauen und Opfer samkeit gewidmet wird. Jetzt müssen erfuhren heute eine Würdigung, die sie wir gemeinsam kooperieren, Freistaat, längst verdient hatten.“ Landesbeauftragter, Sächsische Ge- denkstätten und Eigentümer, um eine Im Gespräch: Christian Wulff mit Journalistin und Buchautorin Beim Umtrunk, den die Stadt Stoll- Bildungs-, Begegnungs- und Gedenkstät- Ellen Thiemann, die von 1973 bis 1975 in Hoheneck inhaftiert berg in den früheren Arbeitsräumen te zu schaffen.“ Und Bautzen-Häftling war. des „Lumpenkommandos“ organisiert Carl-Wolfgang Holzapfel ergänzte: „Für hatte, schrieb sich Christian Wulff in mich war die Veranstaltung die Erfüllung die Goldenen Bücher der Stadt und des eines Vermächtnisses. Als ich im Dezem- präsident aus dem Herzen. Und weiter Landkreises ein. „Was für ein Moment, ber 1962 Anneliese K. begegnete, die erklärte er: „Manche verharmlosen und daß der Bundespräsident hier mit uns an- zehn Jahre ihres jungen Lebens in der beschönigen bis heute. Und daß es vie- stößt,“ schwärmte die einstige Hohene- Hölle von Hoheneck verbracht hatte, len, die dem Regime zu Diensten waren, ckerin Monika Schneider. „Häppchen im habe ich nicht nur über Demos für die heute besser geht als den meisten ihrer Lumpenkommando, Sekt im Freihof, wo Freilassung der politischen Gefangenen Opfer, ist in der Tat empörend.“ Für die sie uns bis zum Umfallen traktiert haben, nachgedacht. Fast 50 Jahre später durfte ehemaligen Hohen-eckerinnen war diese nein, das vergesse ich nie.“ ich meine Ideen zu einem großen Tag für Anteilnahme Balsam für ihre verletzten diese Frauen einbringen und mich an den Seelen. Im schönen Hotel „Stadt Zwönitz“ klang Vorbereitungen beteiligen. Dafür bin ich ein bemerkenswerter Tag für die Frauen dankbar.“ Drei unvergeßliche Tage im Mai 2011. von Hoheneck aus. Bei einem leckeren Die Mitgliederversammlung des Frauen- Abendessen wurde bis weit in die Nacht Am letzten Tag des Treffens wurde der kreises muß allerdings laut der Vorsitzen- diskutiert und Bilanz gezogen. „Der Tag in einem Sammelgrab in Chemnitz bei- den Inge Naumann wiederholt werden: hat mir außerordentlich gut gefallen. gesetzten Toten von Hoheneck gedacht. „Aus formalen Gründen kann die dies- Perfekte Organisation, reibungsloser Ab- Einige Frauen besuchten meinen Vortrag jährige Ordentliche Mitgliederversamm- lauf“, schwärmte Heidrun Breuer. Catha- im Buch + Kunst Laden Lindner in Stoll- lung nicht als solche gewertet werden.“ rina Mäge war besonders vom Zeitzeu- berg (Bericht in der nächsten Ausgabe). genforum ihrer Kameradinnen berührt: Eine lustige Kremserfahrt am Nachmit- „Als die Vornamen genannt wurden, tag sorgte für einen stimmungsvollen verspürte ich eine starke Verbundenheit. Ausklang des diesjährigen Jubiläums. Die Gespräche der Frauen lösten in mir Als Überraschung war die Anwesenheit ein warmes Gefühl aus, trotz der aufwüh- des Bundespräsidenten an diesem histo- lenden Schilderungen.“ Und Eike Rade- rischen Ort gedacht, wie Inge Naumann wahn, die zum allerersten Mal an einem tags zuvor versicherte. Und man mußte Zeitzeugengespräch teilgenommen hat- feststellen, die Überraschung war ihr und te, erklärte: „Für mich ist es unglaublich, ihren Mitstreitern vollends gelungen. daß ich vor so vielen Leuten sprechen Denn: Seit Gründung des Frauenkreises konnte. Bisher fiel es mir schwer. Man hatte noch keiner einen solch ranghohen darf nicht vergessen, wir sind von Mon- Staatsmann samt der geballten Medien- stern gequält worden.“ Ähnlich empfand präsenz für unsere Leidensgeschichten zu Helga Riede, die schon mehrmals am Ort interessieren vermocht. des Grauens geweilt hatte: „Ich habe zum ersten Mal ein Gefühl der Befreiung Mit seinen Worten, daß „zu viele von de- und Erleichterung in diesen Mauern er- nen, die Verantwortung trugen, die dabei lebt. Durch den Besuch des Bundesprä- mitgemacht haben, ihre Mitmenschen sidenten spürte man, daß sich endlich zu quälen, sind ungeschoren davonge- „Wir trinken auf die Freiheit“, freuten sich Heidrun Breuer (m.) jemand für das interessiert, was uns hier kommen oder haben nur geringe Buße und Siggi Quade(r.) im Innenhof des ehemaligen Frauenzucht- geschehen war.“ tun müssen“, sprach uns der Bundes- hauses. 12 Berichte Das Mißtrauen der Mächtigen Bautzen-Treffen und Bautzen-Forum vom 4. bis 6. Mai 2011 in Bautzen

Das Treffen des Bautzen-Komitees er- Am nächsten Tag begann das 22. Baut- der Bundesregierung, Dr. Maria Nooke, öffnete Vorsitzender Harald Möller mit zen-Forum der Friedrich-Ebert-Stiftung, stellvertretende Direktorin der Stiftung einem Bericht über wichtige Ereignisse wohl die älteste Veranstaltungsreihe zur Berliner Mauer, und Bundesminister des vergangenen Jahres. Dabei sparte er Aufarbeitung der SED-Diktatur nach dem a.D. Wolfgang Tiefensee. Maria Noo- nicht mit Kritik an der Gedenkstätte Bau- Fall der Mauer. Als Dank für gute Orga- ke wies darauf hin, daß die Angst der tzen. Nach wie vor werde dort Bautzen I nisation und Zusammenarbeit seit langer DDR-Oberen vor einem Aufstand nicht kaum repräsentiert. Ganz anders seine Zeit verlieh Harald Möller bei der Eröff- unbegründet gewesen sei. In den ersten Einschätzung der Arbeit von Michael Be- nung den Mitarbeitern des Büros Leipzig drei Wochen nach dem 13. August habe leites, Sächsischer Landesbeauftragter für um Matthias Eisel die Ehrenurkunde des es 6000 Verhaftungen gegeben. Dieser die Stasi-Unterlagen, der Ende 2010 aus Bautzen-Komitees. stark erhöhte Druck auf die Bevölkerung dem Amt geschieden war. Beleites habe sei dann oft entscheidend dafür gewe- hervorragend mit den Opferverbänden 50 Jahre Mauerbau. Vom Leben mit sen, doch noch zu gehen. Rainer Eckert zusammengearbeitet und sei im Grunde dem „antifaschistischen Schutzwall“ – schilderte aus persönlichem Erleben, wie so hieß das Thema in diesem Jahr. Prof. die Mauer viele Familien zerstörte. Er plä- Dr. Christoph Kleßmann, Historiker aus dierte jedoch auch für eine differenzierte Potsdam, beschäftigte sich in seinem Sicht auf die Haltung der im Osten Ge- Einführungsvortrag mit den politischen bliebenen zum Mauerthema. Die Hoff- Hintergründen. Der Mauerbau sei eine nung mancher, vielleicht einen Dritten Fortsetzung der Berlin-Krise von 1948 mit Weg zwischen Kapitalismus und Sozia- anderen Mitteln gewesen. Während die lismus zu finden, sei in der DDR schnell grüne Grenze immer weniger durchlässig geschwunden, stellte Uwe-Karsten Heye wurde, blieb nur noch Berlin als große fest und lieferte eine Definition für den Schleuse. Chruschtschows Ultimatum sei untergegangenen Staat: „Die DDR war mehrfach ausgesetzt worden. Die militär- das Mißtrauen derer, die die Macht hat- strategische Lage der Sowjetunion habe ten, gegenüber denen, über die sie Macht sich verschlechtert, und deshalb konnte hatten.“ die maximale Variante nicht mehr durch- gesetzt werden, dafür aber die Abriege- Wolfgang Tiefensee erinnerte daran, die lung West-Berlins. Die heute von Wissen- „Avantgarde“ beim Zusammenbruch des schaftlern heiß diskutierte Frage, ob Ul- Kommunismus nicht zu vergessen: für bricht oder Chruschtschow für die Mauer Deutschland bestehe eine „Bringschuld“ verantwortlich sei, verglich Kleßmann mit gegenüber den Ländern Osteuropas. Das Ehrenurkunden für „abserviert worden“. Möller erklärte je- dem Problem von Henne und Ei – es seien Dilemma bei der Rückschau auf die Mau- die Leipziger Or- doch auch die Zuversicht, mit dem neuen beide gewesen. Zu den Voraussetzungen er beschrieb Maria Nooke. Nach dem 9. ganisatoren von Harald Möller(r.). Landesbeauftragten, Lutz Rathenow, gut der Abriegelung gehörten jedoch auch November 1989 sollten die Anlagen so zu kooperieren. Alex Latotzky, stellvertre- hausgemachte Fehler der SED-Führung, schnell wie möglich verschwinden. Erst tender Vorsitzender, präsentierte dann so der Referent, zum Beispiel die unrea- als es fast zu spät war wurde deutlich, daß die Idee, in der Gedenkkapelle auf dem listischen Versprechungen der Partei, den dieses Bauwerk von bildungspolitischem Karnickelberg Tafeln mit den Namen der westlichen Lebensstandard zu übertreffen und auch touristischem Wert war. Die Toten des „Gelben Elends“ anzubringen. sowie die „Vollendung der sozialistischen Öffnung der Diskussion ins Publikum, das Nach einer Diskussion wurde das Vorha- Produktionsverhältnisse“, die im ganzen in diesem Jahr besonders viel Raum für ben beschlossen. Es bezieht eine leere Land eine Ausweitung der Verstaatlichung Beiträge erhielt, förderte über das Stich- Tafel für die vielen nicht namentlich be- und den Zwang zum LPG-Eintritt bedeu- wort des Antifaschismus-Mythos der DDR kannten Toten ein – auch in Bautzen muß tete. Die Folge waren ständig steigende noch einen interessanten Aspekt zutage: man davon ausgehen, daß die Zahl aller Flüchtlingszahlen. Die westliche Reaktion die heutigen Gefahren durch rechten und Opfer weit höher ist als die der namentlich auf den Bau der Mauer sei unterschiedlich linken Extremismus sowie ihre sehr unter- erfaßten. Die Neuwahl des Vorstandes gewesen. Während Willy Brandt und die schiedliche Wahrnehmung – da wurde es brachte folgendes Ergebnis: Vorsitzen- West-Berliner sofort scharf protestierten, auch auf dem Podium einmal kontrovers. der – Harald Möller; Stellvertreter – Alex wäre die Reaktion aus Bonn eher kläglich Latotzky, Gudrun Sauer; Beisitzer – ausgefallen. Kleßmann resümierte: „Die Richard Böttge, Rainer Buchwald, Kosten der gesamten Maueranlage haben Reinhard Pappai, Immanuel Severin; zum Bankrott der DDR mit beigetragen.“ Umzug? Beschwerdeausschuß – Klaus Gabel, Dann vergessen Sie bitte nicht, an Carl-Wolfgang Holzapfel, Jochen Stern; Welche Folgen der Mauerbau für das die Redaktion DER STACHELDRAHT, Kassenprüfer – Günther Wernicke. Das Leben in der DDR nach sich zog, disku- Ruschestraße 103, Haus 1, 10365 Bautzen-Treffen fand seinen traditio- tierten Prof. Dr. Rainer Eckert, Direktor Berlin, Ihre neue Adresse zu schi- nellen Abschluß mit Andacht und Kranz- des Zeitgeschichtlichen Forums Leipzig, cken. So lassen sich Lieferausfälle niederlegung auf dem Karnickelberg. Uwe-Karsten Heye, ehemaliger Sprecher vermeiden. Berichte 13

Zur guten Tradition beim Bautzen-Forum von Ost- nach West-Berlin. Ein Fluchtver- gehört eine ausführliche Gesprächsrunde such endet im ‚Stasi-Knast’ Bautzen II“ in mit Zeitzeugen. Das würdigte einer von der Gedenkstätte Bautzen. ihnen gleich zu Beginn - Johannes Oe- sterhelt, mit 85 Jahren der Älteste der Über die deutsch-deutsche Politik zwi- Eingeladenen. Von einem sowjetischen schen Mauerbau und friedlicher Revolu- Militärtribunal verurteilt, war er 13 Jah- tion sprachen am nächsten Morgen Dr. re inhaftiert, u.a. in Sibirien, Bautzen Hans-Jürgen Grasemann, Oberstaatsan- und Brandenburg, und wurde erst 1960 walt und ehemaliger stellvertretender entlassen. So hatte er die Zeit zwischen Leiter der Zentralen Erfassungsstelle Salz- Kriegsende und Mauerbau, mit all ihren gitter, und Dr. Hinrich Lehmann-Grube, politischen Veränderungen, überwie- aus dem Westen kommend von 1990 bis gend in Gefangenschaft verbracht. Ellen 1998 Leipziger Oberbürgermeister. Eben- Thiemann wurde nach einem verratenen falls eingeladen war Bundesjustizministe- Fluchtversuch 1971 verurteilt und bis rin a.D. Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin, 1975 im Frauenzuchthaus Hoheneck in- die jedoch kurzfristig wegen Krankheit haftiert. Man entließ sie zunächst nach abgesagt hatte. (Um so irritierender für Ost-Berlin, erst später konnte sie mit ih- manchen Anwesenden ihr langer und rem Sohn in den Westen ausreisen. Und munterer Auftritt zwei Tage später bei Sächsischen Landtag, Hannelore Kohl, Der große Saal im spät erfuhr sie auch, daß der Verräter ihr der Talk-Show von Anne Will.) Hans-Jür- Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts Bautzener Brau- haus – auch in die- Ehemann war. Hartmut Richter gelang gen Grasemann faßte die vorherrschende Mecklenburg-Vorpommern, und Siegfried sem Jahr blieb kein die Flucht 1966 beim zweiten Versuch. Sicht des Westens auf den Mauerbau mit Reiprich, Geschäftsführer der Stiftung Platz leer. Als 1972 nach einer Amnestie die Ein- den drei Punkten zusammen, die Kennedy Sächsische Gedenkstätten. Noch einmal reise in die DDR für ihn wieder möglich für unverzichtbar hielt: die Lebensfähig- begründete Roland Jahn seinen Vorstoß wurde, begann er, anderen zur Flucht zu keit West-Berlins, die weitere Präsenz der für ein Denkmal in Berlin, das an die vom verhelfen. Bei der Schleusung seiner ei- Alliierten in Berlin und freie Zugangswege SED-Regime Verfolgten erinnern soll. Es genen Schwester wurde er dann gefaßt für sie. Wegen der Kriegsgefahr habe gehe ihm um Denkanstöße, um die Ver- und saß wegen „staatsfeindlichem Men- man stillgehalten und sich mit verbalen mittlung von Wertmaßstäben, und es schenhandel“ von 1975 bis 1980 in Baut- Attacken begnügt. Lehmann-Grube fügte müsse auch jene Verfolgten umfassen, zen II. Die jüngste Teilnehmerin, Anne hinzu, für die generelle Abschottung der die nicht in Haft waren. Siegfried Reiprich Hahn, geboren 1966, hatte geplant, über DDR aus wirtschaftlichen Gründen habe hielt dagegen, der Standort fördere den Aserbaidschan den Ostblock zu verlas- es ein gewisses Verständnis gegeben. „Berliner Zentralismus“, und deshalb sen. Doch auch sie wurde verhaftet und Beim Thema Verantwortung und Schuld sähe er das Denkmal lieber anderswo. erlebte 1989 den DDR-Strafvollzug be- merkte er an, daß ihm der Begriff „Un- Hannelore Kohl plädierte für ganz und reits in Agonie. Ab September habe dort rechtsstaat“ für die DDR „zu undifferen- gar dezentrale Zeichen der Erinnerung, zunehmende Verunsicherung um sich ge- ziert“ sei. also an vielen verschiedenen Orten, und griffen, die Wärterinnen „wurden täglich gegen eine klassische Denkmalform. Jahn freundlicher“. Und nach dem 9. Novem- Über „Geeintes Land – geteilte Erin- argumentierte mit der Anwesenheit vieler ber sei endgültig alles anders geworden. nerung?“ diskutierten in der großen Gäste und der Bundestagsabgeordneten Schlußrunde Roland Jahn, Bundesbeauf- in Berlin, „und denen Denkanstöße zu Den Tag beschloß die Eröffnung der Aus- tragter für die Stasi-Unterlagen, Hanka geben, ist Grund genug“. Schließlich kam stellung „Der Fall Gross. Im Kofferraum Kliese, Mitglied der SPD-Fraktion im man zu der unvermeidlichen Frage, ob es irgendwann ein „Schwamm drüber“ ge- ben solle. Damit werde die DDR-Nomen- klatura endgültig salonfähig gemacht, stellte Hanka Kliese fest. Die Stasi-Ab- geordneten der Linkspartei schockierten schon jetzt niemanden mehr. Dem schloß

Fotos: E. Thiemann sich Siegfried Reiprich an und bedauerte, daß die SPD keinen harten Kampf geführt und der PDS den Markennamen „demo- kratischer Sozialismus“ überlassen habe. Roland Jahn forderte dazu auf, immer auch die eigene Vergangenheit zu unter- suchen. Das gelte für die Linkspartei als Nachfolgerin der SED ebenso wie für die ehemaligen Blockparteien. Da sollten sich doch bitte alle an die Nase fassen.

Sophie Dusold Uwe-Karsten Heye(l.) mit Matthias Eisel. 14 Berichte

war ein Vorschlag des Konsuls, und so Die Tragödie von Tost wäre es auch uns am liebsten. Gedenkfahrt zu einem ehemaligen NKWD-Lager in Oberschlesien Sybille Krägel organisierte gemeinsam Die Burg Tost (heute Toszek) in Ober- kärglichster Ernährung Schwerstarbeit mit ihrer polnischen Mitstreiterin Doro- schlesien gehörte in den Jahren 1791 bis verrichten. Sie hungerten und starben an thea Mateja ein abwechslungsreiches 1797 dem Vater Joseph von Eichendorffs Krankheiten, die nicht behandelt werden Programm. Dazu gehörten die Besichti- (1788-1857), einer der berühmtesten konnten. Manche wurden von den „Be- gung des früheren Gefängnisses in Tost, Dichter der deutschen Romantik. Der ge- wachern“ erschlagen. Obendrein waren heute Psychiatrie, die Feierstunde an der heimnisvolle Reiz diesen alten Bauwerkes die Häftlinge völlig von der Außenwelt Gedenkstätte bei den Massengräbern und die Schönheit der Gegend regten isoliert. mit Kranzniederlegung, Posaunenchor, seine Phantasie an und beeinflußten die Ansprachen und dem „Feierabend-Lied“, Werke des großen Künstlers. Doch in Laut herausgeschmuggelter Totenliste das Mittagessen in der Burg Tost, ein der Stadt Tost fanden auch schreckliche starb mein Vater mit knapp 46 Jahren deutsch-polnischer Gedenkgottesdienst Ereignisse statt, vor 66 Jahren, zwischen am 28. August 1945. Ich war damals in der Barbara-Kapelle mit dem Priester Mai und Dezember 1945. erst neun Jahre alt. Viele unserer Väter Werner Szygula und der Toster Soprani- und Großväter waren unschuldig und stin Sabine Olbricht von der Oper Beuthen mußten trotzdem in ihren besten Jahren sowie Kaffeetrinken und Gespräche mit sterben. Das war in der Nachkriegszeit unseren Toster Freunden auf der Burg. für die Familienangehörigen ein schweres Los. Auch das Elternhaus wurde uns vor- Durch diese Veranstaltung konnte ich erst weggenommen Darüber mußten wir endlich von meinem Vater Abschied neh- jahrelang schweigen, um uns nicht noch men. Das war mir sehr wichtig. Die stets mehr Repressalien der örtlichen Behörden gut gepflegte Gedenkstätte ist auch ein auszusetzen. Zeichen des Friedens. Und sie ist ein Ort der Versöhnung, wenn sich Deutsche Mit unserer Fahrt nach Tost wurde die und Polen dort zusammenfinden. Für die Vergangenheit wieder lebendig. Sybil- heutige Generation müssen wir die Er- le Krägel aus Hamburg, Tochter des innerung sowohl an die Verbrechen der Autofabrikanten Hans-Werner Skafte- Deutschen als auch an die Verbrechen an Rasmussen aus Hainichen/Sachsen, hat Deutschen lebendig erhalten. Unsere Völ- sich die Aufgabe gestellt, die grausamen ker haben nach langen Zeiten des Leidens sechs Monate des NKWD-Lagers Tost in einem vereinten Europa zueinander ge- transparent zu machen. Gemeinsam mit funden, und wir werden durch das Wis- Gedenkstein für die Opfer des NKWD-Lagers Tost. dem Deutschen Freundeskreis Tost unter sen um die leidvolle Vergangenheit dafür Am Vormittag des 7. Juni 1945 wurden Vorsitz von Dorothea Mateja hat sie als sorgen, daß sich solches Unrecht nicht aus unserem Städtchen Wolkenstein im Betroffene unermüdlich diesen traurigen wiederholt. Die erschütternden Schicksale Erzgebirge 15 Männer abgeführt und Abschnitt der Geschichte erforscht. Mit der Opfer von Tost haben dazu beigetra- in die Kreisstadt Marienberg gebracht. diplomatischem Geschick, Nervenstärke, gen, daß sich Polen und Deutsche besser Auch mein Vater war denunziert worden. Ausdauer und der Unterstützung deut- kennenlernten. Zu Fuß marschierten sie aus der Stadt, scher und polnischer Freunde gelang es bewacht von vier russischen Soldaten ihr, eine neue Qualität der Treffen und Ludwig Graubner mit schußbereiten Pistolen. Wohin ver- der Entwicklung der Gedenkstätte in Tost schleppte man sie? zu erreichen. So konnte sie für die Feier- lichkeiten am 14. Mai 2011 wichtige Per- Heute wissen wir es. Im Viehwagen und sönlichkeiten zur Lösung der noch anste- zuletzt per Fußmarsch ging es über Baut- henden Probleme gewinnen: den Konsul zen nach Tost. Von den insgesamt 4500 der Bundesrepublik in Oppeln, Peter Eck, Häftlingen, davon ca. 30 Frauen und ca. den Bürgermeister von Tost, Grzegorz 60 Jugendliche, kamen zwischen Mai Kupczyk, den Historiker Sebastian Rosen- und Dezember 1945 im NKWD-Lager baum von der IPN (vergleichbar mit der Tost über 3000 männliche Insassen ums Behörde des BStU), den Vizemarschall der Leben. Die Gefangenen mußten bei Woiwodschaft Schlesien, Dr. Jerzy Gorze- lik, Fritz Kirchmeier und Thomas Schock vom Volksbund Deutsche Kriegsgräber- „Von Potsdam nach Workuta“ fürsorge und die Journalistin Bettina Wobst vom MDR. Eine Ausstellung über deutsche und sowjetische Häft- linge im KGB-Gefängnis Potsdam und die Lagerhaft in Wir Angehörigen freuen uns, daß wir jetzt Fotos: L. Graubner Workuta/Sowjetunion; 2000 bis 2006 im ehemaligen viele offizielle Fürsprecher haben, die sich KGB-Gefängnis Leistikowstraße 1 zu sehen. darum bemühen wollen, entweder eine Umbettung der Toten aus der Sandgru- Jetzt im Internet: www.von-potsdam-nach-workuta.de be oder die Wiederherstellung der Wiese Journalistin Bettina Wobst im Interview über dem Massengrab zu erwirken. Das mit einem Teilnehmer der Gedenkfahrt. Verbände 15 Herber Verlust für den SPD-Arbeitskreis

Am 21. April 2011 ist das Vorstandmit- nete. Die Berliner vergaßen den Sowjets Eines hatten die Kommunisten erreicht: glied des SPD-Arbeitskreises ehemaliger die Blockade West-Berlins nicht. Weil die Er war zu einem aufrechten Demokraten politischer Häftlinge der SBZ/DDR, Gün- SPD nun im Sowjetsektor keinen Wahl- und Antikommunisten geworden. ther Schlierf, gestorben. Geboren wurde kampf machen durfte, wurden Plakate er am 2. November 1930 in Hönow bei mit unverfänglichen Texten geklebt, die Jeder, der ihn kannte, schätzte seine Berlin. Nach Ende des Krieges engagierte von der Alliierten Kommandantur geneh- Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. er sich in der Jugendarbeit in Mahlsdorf, migt waren. Da stand z.B. „Dich rufen die Er war Mitglied der Arbeiterwohlfahrt, einem Stadtteil im Bezirk Lichtenberg. Als Falken!“ oder „...Und freie Menschen leistete viele Stunden beim Arbeiter-Sa- 1947 endlich auch in Berlin Jugendorgani- wollen wir sein.-SPD“. Während einer mariter-Bund und war aktiv in unserem sationen zugelassen wurden, ging er wie Klebeaktion wurde neben anderen auch Arbeitskreis, zuletzt als Vertreter des viele seiner Freunde zu den „Falken“. Die Günther Schlierf von der Ost-Polizei fest- Vorsitzenden. Die Gremien, denen er FDJ betrachtete er als kommunistischen genommen und dem NKWD überstellt. So angehörte, haben einen großen Verlust Verein, und von einer Staatsjugend wollte fand er sich im Folterkeller von Hohen- erlitten, und die Gedenkstätten Hohen- er nach der Nazizeit nichts wissen. Gün- schönhausen wieder. Dort mußte er acht schönhausen und Bautzen verloren ei- ther Schlierf arbeitete als Jungwerkhelfer Monate unter fürchterlichen Umständen nen kenntnisreichen Zeitzeugen. Unsere bei der Reichsbahn in Berlin. Kurz vor den verbringen. Am 7. Juli 1949 wurden er Gedanken sind bei der Familie, die den für Groß-Berlin vorgesehenen Wahlen am und drei andere Falken-Mitglieder von plötzlichen Tod nun verarbeiten muß. 5. Dezember 1948 stellte er einen Antrag einem sowjetischen Militärtribunal in Die Mitglieder des SPD-Arbeitskreises zur Aufnahme in die SPD. einem Geheimprozeß zu jeweils 25 Jah- ehemaliger politischer Häftlinge in der ren Arbeitslager verurteilt, Berufung war SBZ/DDR werden Günther Schlierf ein eh- Die Wahlen wurden von den sowjetischen nicht möglich. Die Haft verbrachte er bis rendes Andenken bewahren. Besatzungsmacht in ihrem Sektor verbo- zu seiner Entlassung 1954 im völlig über- ten, weil sich nach der Zwangsvereini- belegten „Gelben Elend“ in Bautzen. An- gung von KPD und SPD eine erhebliche schließend floh er sofort nach West-Berlin Für den Arbeitskreis Schlappe für die Kommunisten abzeich- und wurde dort herzlich aufgenommen. Lothar Otter, Vorsitzender

Private Tafeln einer Unterschriftenaktion um die Abbe- Gedenk- rufung der derzeitigen Leiterin Dr. Reich (PE-st) Am 7. Mai wurde in der Gedenk- gebeten. Der Aufruf der Initiative mit veranstaltung stätte Sachsenhausen an den Massengrä- den Unterschriftenlisten und einer um- (vh) Die Arbeitsgemeinschaft Sachsenhau- bern am Kommandantenhof ein Bereich fangreichen Dokumentation zu den Er- sen begeht ihre diesjährige Gedenkveran- für persönliche Erinnerungstafeln ein- eignissen um die Gedenkstätte wurde an staltung am 30. und 31. Juli. geweiht sowie drei Tafeln angebracht. Staatsminister Bernd Neumann sowie an Die Stiftung Brandenburgische Gedenk- den Brandenburger Ministerpräsidenten Am Sonnabend, dem 30. Juli, wird nach stätten lädt Angehörige von Opfern des Matthias Platzeck gesandt. den Kranzniederlegungen an der Düne und sowjetischen Speziallagers dazu ein, am Schmachtenhagener Forst (Abfahrt dieses Angebot individuellen Gedenkens 13.15 Uhr vom „Hotel an der Havel“ in zu nutzen. Die Arbeitsgemeinschaft Sach- Oranienburg) um 15.30 Uhr die Jahres- senhausen 1945-1950 fordert jedoch seit Stolz auf hauptversammlung durchgeführt. Das Ge- Jahren Gedenktafeln mit allen 12 000 denken am Kommandantenhof beginnt am namentlich bekannten Todesopfern des Nachfolger? Sonntag, dem 31. Juli, 11.30 Uhr; 10.45 Speziallagers, ähnlich wie z.B. auf dem Uhr Treffen am hinteren Lager-Eingang Gelände des ehemaligen Lagers Mühl- (hh)Auf die Aussage des SPD-Politikers (Kommandantenhof). Ab 12.30 Uhr findet berg. Die neue, auf private Initiative Wiefelspütz, er bereue, Roland Jahn als am Gräberfeld beim Kommandantenhof ausgerichtete Gedenkmöglichkeit dürfte Chef der BStU-Behörde gewählt zu ha- ein ökumenischer Gottesdienst statt. ein deutliches Zeichen in die entgegenge- ben, antworteten mehrere Mitglieder des setzte Richtung sein. Niedersächsischen Netzwerkes für SED- Wer erinnert sich? und Stasi-Opfer sowie weitere Vertreter von Opferverbänden mit einer Presseer- Karin Kersten, geboren am 25. Januar 1956, verhaftet am Bitte gehen klärung. Die Kampagne gegen Roland 13. April 1988 in Stendal (§§ 99, 214, 219 StGB-DDR), Jahn sei nicht nachvollziehbar und der von Anfang August bis Anfang November in Hoheneck (PM)Eine Initiative deutscher ehemaliger Vorwurf einer Parteinahme für die Opfer inhaftiert, zwischenzeitlich im Haftkrankenhaus Leipzig- Häftlinge des KGB-Gefängnisses Pots- kleinkariert. Daß Jahn ehemalige Stasi- Moisdorf (Nervenzusammenbruch). Sie hat in Hoheneck in dam Leistikowstraße, politisch Verfolgter Mitarbeiter nicht in einem so sensiblen der Näherei gearbeitet (Bettwäsche). Fotos: L. Graubner der SED-Diktatur, Verbandsvertreter und Archiv dulden wolle, verstehe sich von Ich suche ehemalige Kameradinnen meiner Frau aus Ho- weiterer bei der Aufarbeitung Engagier- selbst und zeige Charakterstärke. Joach- heneck und dem Haftkrankenhaus. ter hat nach jahrelangen vergeblichen im Gauck und Marianne Birthler müßten Hinweise bitte über Telefon (071 21) 60 00 23. Versuchen, die Konflikte um die Gedenk- stolz auf ihren Nachfolger sein, hieß es in stätte Leistikowstraße zu beenden, mit der Erklärung. Lutz Kersten und die Töchter Jessica und Mandy 16 Service | Bücher

bildende Kraft. Studien zur Dichtung Advocatus Diaboli? deutscher Pfarrerssöhne“ (1958), auch Befragung Friedrich Schorlemmers durch Hans-Dieter Schütt auf die Pfarrhäuser in Mitteldeutschland anwendbar, ist dem studierten Theater- Da steht er nun in einer Reihe mit den Jahrzehnten nach dem Mauerfall von wissenschaftler völlig unbekannt. Hier entmachteten Vertretern der DDR- 1989 soll er in sich gegangen sein und nämlich hätte eine Diskussion einsetzen Nomenklatura: mit MfS-Generaloberst dem SED-Staat abgeschworen haben, so müssen über protestantische DDR-Pfarrer Markus Wolf, mit Hermann Kant, dem beschreibt er es jedenfalls in seinem Buch im Widerstand oder als inoffizielle Zuträ- Präsidenten des Schriftstellerverbands „Glücklich beschädigt“ (2009), aber noch ger der Staatssicherheit oder schließlich 1978/90, mit den parteitreuen Schrei- heute sprießt ihm der untergegangene auch als hauptamtliche Offiziere, die im bern Eva Strittmatter und , DDR-Sozialismus aus allen Knopflöchern. „Klassenauftrag“ Theologie studierten, mit SED-Politbüromitglied Hans Modrow, Seine verquollene Einleitung zu diesem um die Kirche von innen zu zersetzen. dem letzten Ministerpräsidenten einer Buch ist jedenfalls unlesbar, man kann Material für eine solche Diskussion liefert nicht gewählten DDR-Regierung! das getrost überblättern. Friedrich Schorlemmer in rauhen Mengen: wie seine Mutter im Januar 1946 von ma- Wer sich als neugieriger Leser nun dem in rodierenden „Rotarmisten“ überfallen sechs Kapitel aufgegliederten Interview- wurde; wie er schon als Kind immer wie- Text zuwendet, sieht sich auch hier in der mit Verhaftungen in Nachbarschaft seinen Erwartungen getäuscht. Gehofft und Freundeskreis konfrontiert wurde; hat er auf ein fruchtbares Streitgespräch welchen Konflikten er ausgesetzt war, zwischen einem atheistisch erzogenen weil christliche Eltern ihre Kinder nicht DDR-Funktionär und einem, trotz aller konfirmieren lassen wollten, um ihnen Verfolgung, standhaft und friedfertig ge- den Berufsweg nicht zu verbauen; wie sei- bliebenen Theologen, der eine Menge zu ne Tochter in der Schule eine Hausarbeit erzählen hätte von den Nachtseiten des über „Rosa Luxemburg und die Demo- SED-Staats. Geboten aber wird seitenwei- kratie“ schrieb und dann Schwierigkeiten se eine fruchtlose, vom Blatt abgelesene bekam; wie noch im September 1989 Fragerei, auf die der Befragte dann oft die Staatssicherheit ein Zersetzungspro- nicht einzugehen bereit ist. gramm gegen ihn ausarbeitete, „dessen Kälte einen gefrieren läßt“. Hier hätte Wer die Lebensdaten Friedrich Schorlem- überall gezielt nachgefragt werden müs- mers studiert, kann sich ausrechnen, daß sen, aber der ND-Redakteur unterbricht Der Interview-Band mit Friedrich Schor- er von Kindesbeinen an behindert wurde den Redefluß mit dummen Fragen wie: lemmer ist der achte innerhalb dieser am Fortkommen in der Schule und in der „Empfinden Sie sich als Kleinbürger?“ Buchreihe, die von Markus Wolf 2007 Berufswahl. Als ältestes von sieben Kin- programmatisch eröffnet wurde und die dern 1944 in Wittenberge/Prignitz gebo- Die Kritik an diesem Pfarrer, der durch im DDR-Nostalgie-Verlag „Das Neue Ber- ren und in Werben/Altmark aufgewach- die Verhältnisse gezwungen wurde, als lin“ erscheint. Beide Autoren, den Gene- sen, wurde ihm nach der zehnten Klasse Politiker zu agieren, muß an seinem Ver- ral und den Pfarrer, hatte ein Mann zum der Besuch der Erweiterten Oberschule halten nach dem Mauerfall vom 9. No- Gespräch gebeten, der 1948 in Ohrdruf/ und somit das Abitur verweigert, das vember 1989 einsetzen. Den Untergang Thüringen geboren wurde und heute in er dann mühselig in zwei Jahren an der des SED-Staates hat er zweifellos begrüßt Haartracht wie Bartwuchs den jungen Volkshochschule nachholte, um in und die damit verbundene Demokrati- Karl Marx aus den wilden Jahren vor 1962/67 Theologie zu studieren. Der Be- sierung der DDR-Gesellschaft, nicht aber 1848 imitiert. Zu DDR-Zeiten war Hans- rufsweg „Pfarrer“ war damit vorgezeich- die Wiedervereinigung. Für ihn wie für Dieter Schütt Chefredakteur der FDJ-Zei- net, obwohl er gerne auch Germanistik Christa Wolf sollte damals der „Aufbruch tung „Junge Welt“ und wurde im Herbst studiert hätte. Von 1978 an, ausgenom- in eine neue DDR“ beginnen. Den Auf- 1976 auch hierzulande bekannt, als er in men die sieben Jahre als Studentenpfarrer ruf vom 26. November 1989 „Für unser der SED-Zeitung „Neues Deutschland“, in Merseburg, bis zur Pensionierung 2007 Land“ hat er mitunterzeichnet. Wie das wo er heute als Kulturredakteur arbeitet, war er ununterbrochen in , der freilich in der Praxis aussehen sollte, blieb einen schlimmen Schmähartikel gegen Stadt Martin Luthers, tätig: als Dozent am ungeklärt, spätestens am 18. März 1990 Wolf Biermann veröffentlicht und da- Evangelischen Predigerseminar, als Pfar- haben die DDR-Wähler, die eine rasche mit die ideologische Munition zu dessen rer an der Schloßkirche und als Studien- Wiedervereinigung wollten, diesen Träu- Ausbürgerung geliefert hat. In den zwei leiter der Evangelischen Akademie. Daß men ein schmerzloses Ende bereitet. Ging die „evangelischen Pfarrhäuser wahrlich man wirklich davon aus, die reiche West- Hoheneck-DVD Kulturträger“ waren, wie er bekennt, und republik finanziere noch einen zweiten damit auch Auffangstationen für kritische „Traum vom Sozialismus“? Die Bundesstiftung Aufarbeitung hat eine DVD des Intellektuelle, hat sein Vater ihm vorge- Hoheneck-Films „Ein Tag zählt wie ein Jahr“ von lebt. Damit freilich kann sein Widerpart Jörg Bernhard Bilke Kristin Derfler und Dietmar Klein herausgebracht. Sie Hans-Dieter Schütt nichts anfangen. Als kann für 7,50 1 plus Versandkosten bestellt werden der Befragte Gedichte Gottfried Benns über www.stiftung-aufarbeitung.de, dort unter „Pu- (1886-1965) zitiert, auch er ein Pfarrers- Hans-Dieter Schütt, Friedrich Schorlem- blikationen“, oder per Post: Bundesstiftung Aufarbei- sohn, dessen lyrisches Werk im SED-Staat mer: Zorn und Zuwendung, Verlag Das tung, Kronenstr. 5, 10117 Berlin. verboten war, muß er passen. Albrecht Neue Berlin, Berlin 2011, 240 S., 16,95 € Schönes Buch „Säkularisation als sprach- Service | Bücher 17

Veranstaltungen Doppelte Befreiung Amanda Bohlken ist einen langen Weg Die Annäherung an verschiedene Heil- 18.6. (Sa), 19.6. (So), je. 10-18.00 Uhr: gegangen, den sie in ihrem Buch „Die praktiken erfolgt zunächst von einem Dokumentarfilme im Rahmen des 11. dritte Dimension der Tränen“ beschrie- Punkt aus, den die Autorin selbst als ihre Treffens der Speziallager-Kinder; Ver- anstaltung d. Gedenkstätte Bautzen; ben hat. Er beginnt 1970, als die 25Jäh- „materialistische Erziehung“ bezeichnet. Ort: Gedenkstätte Bautzen, Weigang- rige über Bulgarien in den Westen zu flie- Sie bringt nur den Leidensdruck mit, den str. 8a, 02625 Bautzen hen versucht, zu dem Mann, den sie liebt. Willen zur Veränderung und eine gewisse 18.6. (Sa), 16.00 Uhr: An der bulgarischen Grenze wird sie fest- Offenheit gegenüber Phänomenen, die Hinter der Mauer. Glienicke – Ort der genommen und an die DDR ausgeliefert. ihr noch fremd sind. Immer wieder stellt deutschen Teilung. Ausstellungeröff- Ihre weiteren Stationen sind MfS-Unter- sie dabei Aussagen in Frage, zweifelt, ist nung d. Stiftung Berliner Mauer u.a.; Ort: Orangerie Schloß Glienicke, Kö- suchungshaft in am Moritz- aber bereit zu erproben, was ihr helfen nigsstr. 36, 14109 Berlin platz, Roter Ochse Halle, schließlich das könnte. Und sie beweist bei jedem neu- Frauenzuchthaus Hoheneck. 1972 wird en Schritt den Mut, auch Schmerz und 19.6. (So), 15.00-19.00 Uhr: „Die Akten sind offen!“ 20 Jahre Stasi- sie freigekauft und kommt in den Westen. Kummer zuzulassen. So lernt sie, beides Unterlagen-Behörde, Festveranstal- Die Liebe hat standgehalten, eine Familie zu überwinden. tung; Veranstaltung d. BStU Außen- wird gegründet, alles ist gut. stelle Frankfurt/Oder, Ort: BStU Au- ßenstelle, Fürstenwalder Poststr. 87, Sicher ist der Text informativ und ein 15234 Frankfurt/O. Dann fällt die Mauer, und nichts ist mehr Zeitzeugnis. Aber seine eigentliche Stär- gut. Die so erfolgreich verdrängten Er- ke liegt in der Anmutung. Die Autorin 20.6. (Mo), 19.30 Uhr: innerungen an die Haftzeit brechen mit beschreibt teilweise brutale Dinge, aber „Mentoren“, „Pioniere“, „Vernetzer“? Rollen und Identitäten in der DDR-Frie- Bildern und Gefühlen in ihren Alltag ein. sie schreibt nicht brutal - und nicht kla- densbewegung vor und nach 1989, Die Kontrolle geht immer mehr verloren, gend. Hier nimmt man teil an fremdem Vortrag; Veranstaltung d. BStU Außen- sie lebt nicht, sondern wird gelebt. Ihr Leid, ohne genötigt zu werden, es sich stelle Erfurt u.a.; Ort: Kleine Synagoge, An der Stadtmünze 5, 99084 Erfurt wird klar, daß es etwas „Ungelöstes“ aufzubürden. Jede Zeile ist von gerade- gibt. Zunächst versucht sie, durch Rück- zu unglaublicher Hoffnung getragen und 21.6. (Di), 20.00 Uhr: kehr an die Haftorte die neue Angst mit frei von Rache und Haß. Es findet eine Verfolgte Schüler – ihre soziale, indi- viduelle und wirtschaftliche Situation der alten zu konfrontieren. Doch es reicht doppelte Befreiung statt. Zuerst aus dem heute. Empfang, Podiumsdiskussi- nicht aus. Sie beginnt, Atemtherapien, äußeren Gefängnis, dann aus dessen lan- on u. Lesung aus der gleichnamigen Meditationen und fernöstliche Heilprak- gem Schatten, dem inneren. Ein Buch der Publikation anläßlich d. 15jährigen Bestehens des Bürgerbüros e.V.; Ort: tiken auszuprobieren. Mit ihnen sucht sie Freiheit - man liest es und fühlt sich gut. Besucherzentrum d. Gedenkstätte sich ihren ganz eigenen Weg, um wieder Berliner Mauer, Bernauer Str. 119, heil zu werden. Schließlich unterzieht sie Im August 2010 ist Amanda Bohlken 13355 Berlin sich erfolgreich einer Psychotherapie. Sie gestorben. Es ist tröstlich zu wissen, daß 22.6. (Mi), 18.00 Uhr: hat das höchste Ziel aller Traumatisierten sie sich aus eigener Kraft ein selbstbe- Die Täter im Großen Terror. Vortrag erreicht: die Opferposition verlassen. Die stimmtes Leben zurückerobert hatte. Ihr v. Nikita Petrov, Memorial Moskau (in russischer Sprache mit Simultanüber- schrecklichen Erlebnisse sind nun in ihre Buch läßt andere an diesem Weg teilha- setzung); Veranstaltung d. Bundesstif- Biographie integriert, nicht vergessen, ben. Das wird bleiben. tung Aufarbeitung u.a.; Ort: Bundes- aber ohne die Macht, Ohnmacht zu er- stiftung Aufarbeitung, Kronenstr. 5, 10117 Berlin zeugen. Amanda Bohlken hat sich erlöst. Gertrud Röder

22.6. (Mi), 18.00 Uhr: Das Buch erzählt nicht eigentlich die Amanda Bohlken: Die dritte Dimension Die stalinistische Minderheitenpolitik der Tränen. DDR-Flucht, Haft und Trau- in Osteuropa. Das Gebiet Rumänien Geschichte einer Haft, aber auch. Die 1951-1968, Ref. Dr. Ottmar Trasca, Schilderungen von Vergangenheit und ma, Heilungswege. Forum Verlag Leipzig Historiker, Cluj-Napoca; Veranstaltung Heilungsprozeß sind auf natürliche Wei- 2007, 278 S., 18,80 € d. Osteuropa-Zentrums Berlin u.a.; se ineinander verwoben. Erinnerungen Ort: Rotes Rathaus, Eingang Jüdenstr., Raum 338, 10178 Berlin treten als Flashbacks auf, während sie verarbeitet werden. 22.6. (Mi), 19.00 Uhr: Bleiben oder gehen? Schriftsteller aus der DDR über Trennendes und Verbin- dendes 50 Jahre nach dem Mauerbau. Zersetzt einfacher Lesestoff. - Anders Anke Jauchs Mit Susanne Schädlich, Thomas Brus- erstes Buch, in dem sie spannend die Ge- sig, Stephan Krawczyk; Veranstaltung d. Evangelischen Akademie zu Berlin; (st)Auch Anke Jauch wurde nach einem schichte ihrer Flucht und Haft erzählt. Ein Ort: Französische Friedrichstadtkirche, gescheiterten Fluchtversuch festgenom- erschütterndes Stück deutsch-deutscher Gendarmenmarkt 5, Berlin-Mitte; An- men und inhaftiert. Dieser entscheidende Zeitgeschichte. meldung per Fax (030) 203 55-550 oder E-Mail [email protected] Einschnitt in ihrem Leben hatte zur Folge, daß auch die in der DDR zurückgebliebe- Anke Jauch: Aktionsforschung, Akade- 22.6. (Mi), 20.00 Uhr: ne Familie zersetzt, tiefgreifend beschä- mische Verlagsgemeinschaft München Winter im Sommer – Frühling im Herbst. Joachim Gauck liest aus sei- digt wurde. Besonders das Verhältnis 2011, 100 S., 34,90 € nem Buch; Veranstaltung d. BStU Au- zur Schwester war in der Folgezeit von ßenstelle Neubrandenburg u.a.; Ort: gestörten Emotionen geprägt. Die Auto- Anke Jauch: Die Stasi packt zu, Frankfur- Thalia Buchhandlung, Marktplatzcen- ter, Krämerstr. 1, 17033 Neubranden- rin hat sich mit der Methode der Aktions- ter Literaturverlag, 4. Aufl. 2007, 132 S., burg forschung einer Lösung des Problems an- 8,90 € genähert. Interessant, aber für Laien kein 18 Service | Bücher

Spurensuche Moderne Odyssee Veranstaltungen (VT) In der märkischen Kleinstadt Dahme 1945 verhaftet, wird der Jugendliche erhält ein Elfjähriger privaten Lateinun- Heinz dem NKWD übergeben und ohne 23.6. (Do), 19.00 Uhr: terricht. Plötzlich fällt der Unterricht aus. Urteil auf eine siebenjährige Odyssee ge- Die Berliner Mauer. Vortrag v. Hans- Hermann Hertle, anschl. Diskussion; Der Lehrer ist „abgeholt“ worden, andere schickt: von mehreren Gefängnissen im Veranstaltung d. Vereins Grenzen- auch. Der Junge stellt Fragen, die unbe- heimatlichen Vogtland über das Gelbe los; Ort: Politische Bildungsstätte antwortet bleiben. Das Thema ist in der Elend in Bautzen bis ins Speziallager Helmstedt e.V., Am Bötschenberg 4, Helmstedt Ostzone und später in der DDR tabu. Er Mühlberg. Nach anderthalb Jahren Ge- ahnt, daß etwas Ungeheuerliches gesche- fangenschaft jedoch beginnt erst die ei- 23.6. (Do), 20.00 Uhr: hen sein muß. War es Aufruhr gegen die gentliche Reise ins Ungewisse. „Hafthaus“ von Ralf-Günther Krolkie- wicz. Theateraufführung des theaters Staatsmacht? 89 am authentischen Ort. Veranstal- Der Weg ist viel länger als die klassische tung d. Potsdam-Museums – Gedenk- Heimlich wird berichtet, daß der Vater Irrfahrt des Odysseus. Er führt bis weit stätte Lindenstraße 54/55 u.a.; Ort: Gedenkstätte Lindenstraße, Lindenstr. eines Mitschülers eine Widerstandsgrup- hinter den Ural, tief ins sibirische Gebiet 54/55, 14467 Potsdam pe gegründet haben soll, die an den so- hinein. Heinz wird Anfang 1947 dem wjetischen Geheimdienst verraten wurde. sogenannten Pelzmützentransport zuge- 28.6. (Di), 19.00 Uhr: Literatur und Diktatur im kommu- Gerüchte über Flucht und Verräter wer- teilt - eine Fahrt, die viele nicht überlebt nistischen Rumänien. Vortrag v. Dr. den verbreitet und geglaubt. Nach Jahren haben. Anneli Ute Gabanyi, Politikwiss., Ber- kommen die Männer ohne den Lateinleh- lin, Zeitzeuge Helmuth Frauendorfer; rer zurück. Fast alle gehen über die noch Sie endet in einem Lager in Andschero- Veranstaltung d. Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer des Kommunismus/ offene Grenze „in den Westen“. Wieder Sudschensk, später geht es weiter nach Stalinismus; Ort: Nikolaikirchplatz 5-7, dürfen keine Fragen gestellt werden. Prokopjewsk und Brest. Dort ist 1950 die 10178 Berlin Heimkehr schon ganz nah, die meisten 28.6. (Di), 19.00 Uhr: Bei einem Klassentreffen, der Junge von werden entlassen. Doch Heinz trifft noch Grenz-Inszenierungen und Mauer-Er- damals ist jetzt im Rentenalter, motiviert einmal ein hartes Schicksal. Ohne Schuld, fahrungen. Die Berliner Mauer in Fotos ihn eine Mitschülerin, auf Spurensuche zu ohne Grund, ohne Logik werden er und aus Ost und West. Bildvortrag v. Elena Demke, LStU; Veranstaltung d. Zeitge- gehen. Ihr Vater konnte rechtzeitig fliehen andere Gefangene plötzlich wieder gen schichtlichen Forums Leipzig; Ort Zeit- und hat nie über diese Zeit berichtet. Alte Osten geschickt, nach Minsk, dann nach geschichtliches Forum, Grimmaische West-Berliner Tageszeitungen weisen Makejewka und Kiew. Erst Pfingsten Str. 6, 04109 Leipzig erste Wege. Politische Hintergründe, Spi- 1952 kommt Heinz nach Hause. Nun ist 28.6. (Di), 19.30 Uhr: onage und Gegenspionage, der Verräter er Mitte 20 und hat mehr gesehen, erlebt Psychiatrie in der DDR. Podiumsdis- und sein Lebensweg, Rolle und Flucht des und erlitten, als mancher alte Mann. kussion m. Dr. Dietrich Koch, als polit. Häftling d. DDR zwangseingewiesen, Kopfes der Gruppe und seine Verwicklung Dr. Stefan Trobisch-Lütge, Therapeut in einen versuchten Menschenraub im ge- Der besondere Reiz dieses Berichtes be- Beratungsstelle Gegenwind, Dr. Jör- teilten Berlin tun sich auf… steht in seiner erstaunlichen Detailgenau- gen Fuchs, ehem. Leiter d. Facham- bulanz Nervenklinik Schwerin, Mod. igkeit und Lebendigkeit. Die Odyssee wird Ulrike Poppe, LAkD; Veranstaltung Zentrale Themen dieses Tatsachenbe- in Gegenwartsform erzählt. Eingescho- d. UOKG u. Stiftung Berliner Mauer; richtes sind schwer faßbare Schicksals- bene Sequenzen mit persönlichen und Ort: Besucherzentrum d. Gedenkstät- te Berliner Mauer, Bernauer Str. 119, wege der Dahmer Gruppierung und ihrer historischen Reflexionen sind, gut unter- 13355 Berlin Lagerkameraden in ostdeutscher und scheidbar von der eigentlichen Handlung, sowjetischer Strafgefangenschaft sowie kursiv gesetzt. Der Autor, der mit der 29.6. (Mi), 19.30 Uhr: Die Mauer in globaler Perspektive – Versäumnisse bei ihrer Repatriierung und Hauptfigur identisch ist, scheint seine heute. Lesung mit Prof.Dr. Michael Rehabilitierung. damaligen Beobachtungen und Empfin- Jeismann, Historiker; Veranstaltung d. dungen wie in einer Zeitreise unverstellt Deutschen Gesellschaft u.a.; Ort: Be- Die vorliegende Dokumentation ist das in die Gegenwart zu holen. Ausgestattet sucherzentrum d. Gedenkstätte Berli- ner Mauer, Bernauer Str. 119, 13355 Ergebnis umfangreicher Recherchen über mit zahlreichen Fotos, Zeichnungen und Berlin die spannenden, weitgehend noch unbe- Lageplänen, ist das nah am persönlichen kannten Geschehnisse dieser Zeit. Sie ist Erleben geschriebene Buch gut zu lesen 30.6. (Do), ab 14.00 Uhr: Besuchertag. Abendveranstaltung ein Dokument gegen das Vergessen von und ein wichtiges Zeitdokument. 18.00 Uhr: „Der gute Vater – eine Verrat, Angst, Willkür und Gewalt. Tochter klagt an“. Filmvorführung u. Friedrich Rudolph Gespräch mit Yoash Tatari, Beate Nie- mann u. Henry Leide; Veranstaltung d. BStU Außenstelle Dresden; Ort: Au- Helmut Leppert: Odyssee einer Jugend. ßenstelle Dresden, Seiteneingang C, Wilhelm K.H. Schmidt: Verschworen. Ver- Sieben Jahre in Stalins Gulag 1945-1952, Riesaer Str. 7, 01129 Dresden raten. Verfolgt. Unangepaßtheit, Wider- Eigenverlag, Plauen 2010, 2. Aufl., Ring- 30.6. (Do), 19.00 Uhr: stand und Kollaboration in der Stalin-Ära heftung, 259 S., 10,00 €, Bezug über: „...weine ich täglich um meinen Va- Berlin-Brandenburgs, Verlag BücherKam- Helmut Leppert, Kopernikusstr. 5, 08523 ter“. In der Gewalt Stalins und der SED. Vortrag mit Buchvorstellung v. Dr. mer, Herzberg 2011, 182 S., 19,90 € Plauen, E-Mail [email protected] Ronny Kabus; Veranstaltung d. Schle- sischen Museums zu Görlitz u.d. FES; Ort: Schlesisches Museum, Eingang Fischmarkt 5, 02826 Görlitz Service | Bücher 19

Veranstaltungen Aufrechter Gang Der BSV Berlin-Brandenburg gratu- liert seinen Mitgliedern, die im Juni (VT)Karl Zschörnig wuchs mit vielen und Juli Geburtstag haben 30.6. (Do), 20.00 Uhr: Geschwistern in einem kleinen Dorf in Hans Hintz am 2. Juni, Margrit Schulze „Hafthaus“ von Ralf-Günther Krolkie- Sachsen auf. Schon früh mußte er Verant- am 3. Juni, Rudolf Zenker am 5. Juni, wicz. Theateraufführung des theaters 89 am authentischen Ort. Veranstal- wortung übernehmen, auf seine jüngeren Ursula Geipel am 6. Juni, Ralf-Rainer Fel- tung d. Potsdam-Museums – Gedenk- Geschwister aufpassen und Pflichten in den am 10. Juni, Joachim Jacob, Roland stätte Lindenstraße 54/55 u.a.; Ort: Haus und Garten erfüllen. Geld und Le- Weise am 12. Juni, Horst Engelbrecht am Gedenkstätte Lindenstraße, Lindenstr. 54/55, 14467 Potsdam bensmittel waren meist knapp. Die Lage 14. Juni, Horst Verworner am 16. Juni, der Familie wurde noch schwieriger, als Hans Walter am 19. Juni, Bernhard Co- 7.7. (Do), 19.00 Uhr: der Vater an die Ostfront geschickt wurde falla am 20. Juni, Anna-Liese Pahl, Hel- Wie die SED Moskaus Widerstand ge- gen den Mauerbau brach. Lesung u. und später an den Folgen seiner Kriegs- mut Schröder, Klaus-Peter Weiß am 22. Gespräch mit Prof. Hope M. Harri- gefangenschaft starb. Juni, Hans-Joachim Bochow am 23. Juni, son, George-Washington-University, Ingeborg Schlünz am 26. Juni, Angelika Washington DC; Veranstaltung d. Potsdam-Museums – Gedenkstätte Karl suchte sich so schnell wie möglich Rösch am 27. Juni, Walter Schulze am 29. Lindenstraße 54/55 u.a.; Ort: Gedenk- eine Lehrstelle, er unterstützte seine Mut- Juni, Siegfried Raßbach am 1. Juli, Evelyn stätte Lindenstraße, Lindenstr. 54/55, ter und die Geschwister. Weil er seinen Trunschke-Krüger am 4. Juli, Asnath Bog- 14467 Potsdam erlernten Beruf als Bäcker nicht ausüben gasch, Werner Jahn, Michael Teltz, Otto 12.7. (Di), 19.00 Uhr: durfte – der Zonenwirtschaftsrat hatte Wienke am 5. Juli, Hartmut Rührdanz am Geheime Agentin. Buchvorstellung mit beschlossen, nur noch Frauen zuzulassen, 7. Juli, Lotte Ohnezeit, Herbert Pfaff am Bernd-Rainer Barth; Veranstaltung d. damit mehr Männer für den Uranbergbau 8. Juli, Theo Mittrup am 14. Juli, Jutta Lie- Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer des Kommunismus/Stalinismus; Ort: im Erzgebirge zur Verfügung stünden -, feldt am 16. Juli, Irene Gobereit am 17. Nikolaikirchplatz 5-7, 10178 Berlin ging er zur Volkspolizei in Sachsen. Nach Juli, Christel Hofmann am 19. Juli, Sigrid beendeter Ausbildung jedoch wurde er Lorenz am 20. Juli, Chris Milcke am 21. 13.7. (Mi), 18.00 Uhr: Stalin und der Große Terror. Vortrag v. nicht als Polizist eingesetzt, sondern zum Juli, Heinz Pahl am 22. Juli, Helmut Kuhn, Jörg Barberowski, Humboldt-Universi- Panzerfahrer weitergebildet. Karl wurde tät Berlin; Veranstaltung d. Bundesstif- klar, daß er einer illegalen, neuaufgestell- tung Aufarbeitung u.a.; Ort: Bundes- UOKG-Beratungsstelle stiftung Aufarbeitung, Kronenstr. 5, ten Militäreinheit angehörte. Er bestand 10117 Berlin darauf, entsprechend seines Vertrages Postadresse: Ruschestr. 103, Haus 1, 10365 Berlin im Polizeidienst beschäftigt zu werden, 26.7. (Di), 19.00 Uhr: Besucheradresse: Frankfurter Allee 187, Katyn – Das zweifache Trauma der Po- wurde daraufhin festgenommen und zu Haus 14, 10365 Berlin len. Buchvorstellung mit Franz Kadell; drei Jahren Haft verurteilt. Folter und Fax (030) 55 77 93 40 Veranstaltung d. Gedenkbibliothek zu Mißhandlung folgten. Weil ihn auch nach Ehren der Opfer des Kommunismus/ Florian Kresse, Jurist, Mo-Do 10-16 Uhr Stalinismus; Ort: Nikolaikirchplatz 5-7, seiner Entlassung die Staatssicherheit Tel. (030) 55 77 93 53 10178 Berlin weiter beobachtete, floh er 1954 mit sei- E-Mail [email protected] ner Frau, deren Mutter und zwei Kindern 27.7. (Mi), 19.00 Uhr: Carola Schulze, Di-Fr 10-16 Uhr Der Mauerbau – vier Historiker, vier in den Westen. Tel. (030) 55 77 93 52 Interpretationen. Kurzvorträge u. Po- E-Mail [email protected] diumsdiskussion mit Prof. Hope Harri- Karl Zschörnig: Vom Dritten Reich zur Katrin Behr (Thema DDR-Zwangsadoption), son, Dr. Gerhard Wettig, Prof. Manfred Mo-Fr 10-16 Uhr Wilke u. Dr. Jens Schöne; Veranstal- DDR. Meine Kindheit und Jugend in Sach- Tel. (030) 55 77 93 54 tung d. Gedenkstätte Berliner Mauer sen 1932-1954, aus der Volksbund Reihe E-Mail [email protected] u.a.; Besucherzentrum d. Gedenkstät- „Erzählen ist Erinnern“, Kassel 2010, 236 te Berliner Mauer, Bernauer Str. 119, S., 13,80 €, Bezug über den Autor, Tel. Für persönliche Beratungen wird die telefo- 13355 Berlin (023 03) 122 84 nische Anmeldung empfohlen. 28.7. (Do), ab 14.00 Uhr: Das Projekt wird gefördert vom LStU Berlin. Besuchertag. Abendveranstaltung 18.00 Uhr: Die Nadel im Ozean. Letzte Flucht am Checkpoint Charlie. Lesung Buchtip u. Gespräch mit Hans-Peter Spitzner; Veranstaltung d. BStU Außenstelle Richard Buchner Beratungsstelle Dresden; Ort: Außenstelle Dresden, des BSV-Fördervereins Seiteneingang C, Riesaer Str. 7, 01129 Terror und Ideologie Dresden Zur Eskalation der Gewalt im Leninismus Postadresse: Ruschestr. 103, Haus 1, 10365 Berlin, Tel. (030) 55 49 63 34, und Stalinismus 1905-1937/1941. Mit 28.7. (Do), 19.00 Uhr: Fax (030) 55 49 63 32, Beim Leben meiner Enkel. Wie eine einem Ausblick bis 1991 E-Mail [email protected] Besucheradresse: Frankfurter Allee 187, DDR-Flucht zum Familiendrama wur- Leipziger Universitätsverlag 2011, 540 S., Haus 14, 10365 Berlin de. Lesung u. Gespräch mit Autorin 44,00 1 Heike Otto; Veranstaltung d. Erinne- Elke Weise, Juristin, Di 9-18 Uhr, rungsstätte Notaufnahmelager Mari- Mi u. Do 10-16 Uhr enfelde u.a.; Ort: Bildungszentrum d. (VT) Der vorliegende Band analysiert, wie BStU, Zimmerstr. 90/91, 10117 Berlin Gewalt in ihren mannigfachen Ausprä- Heidi Kulik, Di u. Do 8-15 Uhr, gungen als durchgängig konstituierendes Mi 9-17 Uhr Element der Machtausübung in der So- Für persönliche Beratungen wird telefonische wjetunion bereits seit den ersten Jahren Anmeldung empfohlen. nach der Oktoberrevolution, die Lenin und Trotzki an der Spitze des neuen Staates Das Projekt wird gefördert vom LStU Berlin. sahen, als Grundzug hervortrat. Monika Munski am 24. Juli, Jürgen Kurt Westkreuz-Druckerei Ahrens KG, Postfach 490280, 12282 Berlin PVSt. DPAG, Entgelt bezahlt. 13017 Wenzel am 25. Juli, Ute Görge-Water- straat am 26. Juli, Hans-Joachim Wolf am 28. Juli, Heinz Keller am 29. Juli

Auch allen nicht genannten Lesern, die Geburtstag haben, gratuliert herzlich

die Redaktion

Herzlichen Dank unseren Spendern Lieselotte Karpinski, Horst Kerkow, Harry Kirsten, Günter Koch, Erwin Nigrin, Er- win Pietrack, Hans-Jürgen Rief, Ingeborg Schlünz BSV Berlin-Brandenburg

Besonders danken wir allen, die Impressum DER STACHELDRAHT für den STACHELDRAHT gespendet haben Herausgegeben von der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft e.V. (UOKG) und dem Heinz Bär, Manfred Böttrich, Almuth BSV-Förderverein für Beratungen e.V. Braun, Gerhard Brose, Ute Frester, Jan George, GünterÜbersicht Gienow, Kurt Göringer, Redaktion: Sybille Ploog, Ruschestraße 103, Haus 1, 10365 Berlin, Tel. (030) 55 77 92 30, Fax (030) 55 77 92 31 E-Mail: [email protected] Karl-Heinz Hager, IG Internierungslager Konto für Abo und Spenden: BSV-Förderverein, Nr. 665 52 45 01, BLZ 100 708 48, Berliner Bank AG, Jamlitz, Fritz Jurischka, Günter Koch, Rolf BIC (SWIFT) DEUT DE DB110, IBAN DE58 100 708 480 6655245 01 u. Ruth Lohse, Fritz Mathei, Dr. Jürgen Miersch, Gisela u. Günter Müller-Hellwig, Gefördert von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Karin Müller-Wrede,Logo Ruprecht1a v. Poncet, Logo 1b Eike Christine Radewahn, Rolf Raible, Verlag: Westkreuz-Verlag GmbH Berlin/Bonn, Postfach 49 02 80, 12282 Berlin, Ilse Richter, Kurt F. Scholz, Walter Schulz, Telefon (030) 7 45 20 47, Fax (030) 7 45 30 66 Verkaufspreis 1,- Euro Helmut u. Eva Tisch, Hugo Weiß, Reiner Auflagenhöhe 10 300 Wetzig, Ruth Wilms,Logo H.2a Wüstemann Logo 2b Herstellung und Vertrieb: Westkreuz-Druckerei Ahrens KG Berlin/Bonn, Töpchiner Weg 198/200, 12309 Berlin Stacheldraht-Konto: BSV Förderver- E-Mail: [email protected], Internet: www.westkreuz.de ein, Konto-Nr. 665 52 45 01, BLZ 100 708 48, Berliner Bank AG, Verwendungs- Bezug über die Redaktion zweck „Stacheldraht-Spende“Logo 3a Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die MeinungLogo des Verfassers, 3b nicht jedoch in jedem Fall die der Herausgeber, des Fördermittelgebers oder der Redaktion wieder. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos kann keine Haftung übernommen werden. Eine nicht sinnentstellende Bearbeitung eingereichter Texte behält sich die Redaktion vor. Redaktionsschluß dieser Ausgabe: 27. Mai 2011 Bund der Stalinistisch Verfolgten e.V. (BSV) LV Berlin-Brandenburg Vorsitzender: Viktor Gorynia E-Mail: [email protected] Sprechzeiten: Mi 9-17 Uhr BSV-Förderverein für Beratungen Geschäftsstelle Postadresse: Ruschestr. 103, Haus 1, 10365 Berlin Besucheradresse:Pralle sonne 2008 Frankfurter Allee 187, Haus 14, 10365 Berlin Telefon (030) 55 49 63 34 Fax (030) 55 49 63 32 E-Mail: [email protected] Konto: BSV-Förderverein Berliner Bank AG, BLZ 100 708 48 Nr. 665 52 45 01

Union der Opferverbände Kommunisti- scher Gewaltherrschaft e.V. (UOKG) Bundesvorsitzender: Rainer Wagner Verbändekoordination: Carola Schulze, Florian Kresse Sprechzeiten: Mo-Fr 16-18 Uhr Tel. (030) 55 77 93-52/-53, Fax -40 Leiter der Geschäftsstelle: Theo Mittrup, Tel. (030) 55 77 93-51 Postadresse: Ruschestr. 103, Haus 1, 10365 Berlin Besucheradresse: Frankfurter Allee 187, Achtung Haus 14, 10365 Berlin Das alte Spenden-Konto des stacheldrahts wird endgültig zum Juli dieses Jahres Internet: www.uokg.de E-Mail: [email protected] geschlossen. Deshalb gilt nur noch die Kontonummer 665 52 45 01, BLZ 100 708 48. UOKG-Spendenkonto: Nr. 7342728, Bei falscher Kontonummer werden die Beträge zurückgebucht. Deutsche Bank, BLZ 100 700 24