KOLLEKTION  MAGAZIN DES INSTITUTS FÜR POPULARMUSIK UNIVERSITÄT FÜR MUSIK UND DARSTELLENDE KUNST WIEN " DEZEMBER 2007 IMPRESSUM

Universität für Musik und darstellende Kunst Wien "Institut für Popularmusik Anton von Webern Platz 1 1030 Wien Sekretariat: Tel: +43-1-71155-3801 Fax: +43-1-71155-3899 [email protected] www.ipop.at

Verantwortlicher Herausgeber: Ao.Univ.-Prof. Dr. Harald Huber Wissenschaftlicher Bereich Metternichgasse 8 1030 Wien Tel: +43-1-71155-3810 Fax: +43-1-71155-3799 [email protected]

Redakteur: Mag. Günther Wildner Freundgasse 10-12/12 1040 Wien Tel: +43-1-48 40 428 = Fax [email protected]

Visuelle Gestaltung: Mag. Angelika Kratzig [email protected] INHALT 

5 Editorial

6 Was leistet Musik für die Gesellschaft? von Helmut Rösing

15 Offenheit, Toleranz und immer in Bewegung Interview mit

21 Volle Kraft für das iPOP Interview mit Stefan Jeschek

25 Perspektiven österreichischer Musikpolitik Harald Huber im Gespräch mit Harry Fuchs

28 Von der Klassik zum Jazz oder Fiction a la Falb Interview mit Viola Falb

32 Pop(ular)musik – substanzloser Müll-Sound? von Michael Huber

35 The iPOP-Dancing Stars Gespräch mit Martin Fuss, Herbert Pichler, Juci und Albin Janoska

39 Feldforschung am Dancefloor von Martin Sigmund

47 Linear in Musik und Business Interview mit Peter Legat

53 I Wanna Hold You - Die etwas andere Entstehungsgeschichte einer Popballade von Martin Fuss

58 Diplomarbeiten aus dem Bereich Popularmusik an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien

EDITORIAL 

" Die siebente Ausgabe des Institutsmagazins Um das neue Album von „Count Basic“ und um „Kollektion“ steht im Zeichen des fünfjähri- Aktuelles aus dem Musik-Business rankt sich gen Bestehens des „iPOP“. Das Institut für ein Interview mit „Mastermind“ Peter Legat. Popularmusik der Wiener Musikuniversität Martin Fuss präsentiert einen Song aus seinem wurde am 25. März 2002 gegründet. Es freut neuen Album „Compared To What“ (mit Noten!). mich ganz besonders, dass es möglich ist, in Michael Huber setzt sich mit immer wieder dieser Ausgabe einen Festvortrag des bedeu- erhobenen Vorwürfen auseinander, Popmusik tenden Musikwissenschaftlers und langjährigen sei „substanzloser Müll-Sound“, Martin Mentors der Popularmusikforschung Helmut Sigmund berichtet über das Modul-Projekt Rösing zu veröffentlichen, den dieser im Rahmen „Jugendszenen und Musik: Feldforschung am des Symposions „Musik und Gesellschaft“ im Dancefloor“ (Kooperation des iPOP mit dem November 2006 an der hiesigen Universität Institut für Musikpädagogik). gehalten hat („Was leistet die Musik für die Die Zeitschrift „Sound & Media“ hat den Gesellschaft?“). Abdruck eines Interviews von Harry Fuchs zu Perspektiven der österreichischen Musikpolitik Eine Reihe künstlerischer Erfolge von gestattet. Lehrenden und Studierenden des iPOP kommt in Interviewbeiträgen zur Sprache – etwa die Großer Dank für das vorliegende Heft gebührt Mitwirkung an der hervorragenden „Tanzkapelle“ dem langjährigen Redakteur Günther Wildner, der TV-Show „Dancing Stars“ des ORF oder die der mit einer Ausnahme alle Interviews geführt Verleihung des Publikumspreises und gemeinsam mit den Gesprächspartnern in des Magazins „Jazzzeit“ an Viola Falb, die im eine endgültige Form gebracht hat. Für Grafik April 2007 ihr Magisterstudium abgeschlossen und Layout in bekannter Qualität ist – wie bisher hat. Eine ehrenvolle öffentliche Auszeichnung – Angelika Kratzig verantwortlich. erging auch an Albin Janoska. Er wurde am 17. Mai 2007 für seine herausragende Arbeit Viel Spaß beim Lesen wünscht als Sound Designer und Arrangeur mit dem Amadeus Academy Award ausgezeichnet! Harald Huber

Wolfgang Puschnig als amtierender Institutsleiter des iPOP und Stefan Jeschek als geschäftsführender Stellvertreter kommen in Interviews zum Thema „5 Jahre iPOP“ zu Wort. WAS LEISTET "MUSIK FÜR DIE GESELLSCHAFT? ANMERKUNGEN AUS REZEPTIONS- UND SOZIALPSYCHOLOGISCHER SICHT VON HELMUT RÖSING (HAMBURG)

" Die Veranstalter des Symposions „50 Jahre Zu allen Zeiten und in allen Ethnien ist Musik von Österreichischer Musikrat – Musik und Gesellschaft“ besonderer Bedeutung für die Menschen gewesen. sind mit der Bitte an mich herangetreten, einige Ein gesellschaftliches Zusammenleben ohne Musik „keynotes“ zu der ebenso diffizilen wie komplexen gibt es nicht und scheint es auch nie gegeben zu Thematik „Was leistet Musik für die Gesellschaft?“ haben. Das kann nur zu einer Schlussfolgerung zu formulieren. Ich tue das gerne, da sich mir die Frage führen: Musik hat zu jeder Zeit für die kulturelle nach den Funktionen von Musik für den Musikhörer Evolution gesellschaftsschaffende und -begleitende und die Frage nach der Bedeutung von Musik für Funktion gehabt. In seinem Buch „Der musizierende die Gesellschaft immer wieder von neuem gestellt Mensch. Eine Anthropologie der Musik“ (1984, hat. Ich bitte aber um Verständnis dafür, dass meine S. 180) fasst Wolfgang Suppan diesen Sachverhalt „keynotes“ einerseits sehr abstrakt gehalten sind und folgendermaßen zusammen: „Die biologische Disposition zum Musikgebrauch in entscheidenden Phasen des menschlichen Zusammenlebens ist in Jede Musik, die erklingt, allen Gesellschaften dieser Erde […] in derselben hat Funktionen und erfüllt Weise gegeben, doch hat die Fülle unterschiedlicher Funktionen. kultureller Evolutionen diese Disposition jeweils ) anders genutzt“. Man kann also Musik der verschie- densten Erscheinungsformen und Stile durchaus als andererseits recht rudimentär bleiben müssen. Denn klingendes Alphabet der Gesellschaft bezeichnen. Konkretion und Vollständigkeit lassen sich nur durch Allerdings erweist es sich immer wieder als schwierig, die Analyse von Einzelfallstudien erzielen. Mir geht die vielschichtig-komplexen, auf symbolischen Codes es im Folgenden aber darum, übergeordnete Faktoren beruhenden musikalischen Bedeutungsebenen dieses des Zusammenspiels von Musik mit Gesellschaft klingenden Alphabets zu entschlüsseln. und Individuum zu benennen, anders gesagt, die Sichtweise auf das Ganze zu richten und es dann Jede Musik, die erklingt, hat Funktionen und erfüllt Ihnen selbst zu überlassen, die Markierungspunkte Funktionen. Unterschieden werden sollte aber – wie das dieser ganzheitlichen Sichtweise als Analyseraster Hans Heinrich Eggebrecht 1973 bündig dargelegt hat am Einzelfall zu erproben. Diese Vorgehensweise – zwischen drei Ebenen der Funktionalität. Die musik- entspricht der Empfehlung von Bruno Nettl (1983), immanente Funktionsebene regelt das Funktionieren Musik als Bestandteil eines organischen Ganzen zu der musikalischen Strukturen. Intendierte Funktionen sehen und dann zu fragen, welche Funktion(en) sie beruhen auf der Zweckbestimmung eines musikalischen im soziokulturellen Gesamtsystem hat. Produkts durch Komponisten, Musiker, Produzenten Die sozialpsychologische Kraft von Musik wird offensichtlich, wenn man Musik - wie ich das unlängst in einem Artikel zu der Frage „Wie po-  litisch kann Musik sein?“ (2004) vorgeschlagen habe - als mehrdimensionales Bezugssystem ver- steht. Jeder musikalische Zirkulationsprozess um- fasst eine Vielzahl von aufeinander bezogenen und voneinander abhängigen Stationen: (1) die musikalische Produktionshandlung (Komposition, Improvisation), (2) verschiedene Vermittlungsschritte bis hin zur klingenden Realisation des musikalischen ) 2 ( Produkts (die Umsetzung von notierten musikali- R E N

D Helmut Rösing beim schen Substraten, Soundfiles oder Texturen in spe- L I W

R Festvortrag des ÖMR- zifischen Aufführungs- und Wiedergabekontexten) E H T

N Symposions „Musik und (3) die Rezeption durch Hörer mit unter- Ü G

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O und Gesellschaft“ schiedlichen musikalischen Erfahrungsinventaren, T O F Musikerwartungen und durch Musik hervorgeru- fenen Verhaltensweisen. Diese Komplexität von und Vermittler. Tatsächlich realisierte Funktionen Musik als einem mehrdimensionalen Bezugssystem aber sind ein Ergebnis des Rezeptionsprozesses. Allein hat in der traditionellen Musikwissenschaft und um diese dritte Funktionsebene mit ihren personen- Musikkritik eine meines Erachtens unangemessene und gesellschaftsbezogenen Faktoren soll es im Einengung hin auf das musikalische Produkt erfah- Folgenden gehen. ren. Alles, was nicht in ihm, also der „reinen“ Musik selbst enthalten ist, das läge, so Carl Dahlhaus und Eine Arbeitshypothese von Georg Knepler (1982, Hans Heinrich Eggebrecht in ihren Essays zur Frage S. 36 f.) lautet, dass die Menschheitsgeschichte „Was ist Musik?“ (1985, S. 68 u. 139 ff.), außer- durch zwei wesentliche Entwicklungszüge gekenn- halb der Musik. Musikalischer Sinn sei allein in der zeichnet ist, (1) die Ausprägung interner kognitiver Form bzw. im „Formsinn“ der Musikstrukturen Schemata, um dem Ansturm neuer, unbekannter verdinglicht. Bei dieser Sichtweise wird außer Acht Objekte, Situationen und Handlungen gewachsen gelassen, dass Musik immer erst in einem situativ zu sein, und (2) die Schaffung interner emotionaler geprägten gesellschaftlichen Umfeld Wirkung ent- Schemata, um den sich daraus ergebenden psychi- falten kann. Sie muss von Individuen wahrgenom- schen Anforderungen standhalten zu können. Folgt men werden – im Rahmen einer Live-Darbietung, man dieser These, dann liegt es nahe, den beiden akustischen Kommunikationsmedien Sprache und Musik die folgende Funktionsaufteilung zuzuord- Jeder musikalische nen: Sprache steht relativ frei von Emotionalität als Zirkulationsprozess umfasst Verständigungssystem für den kognitiven Bereich zur Verfügung; mit Musik dagegen können die eine Vielzahl von aufeinander durch Sprache nicht mehr zu leistenden emotionalen bezogenen und voneinander Zustände hörbar, nachvollziehbar und - dank ver- schiedener Formen symbolisch-ritueller Überhöhung abhängigen Stationen. - häufig überhaupt erst erträglich gemacht werden. ( Damit wird Musik zu einem allein schon aus sozi- während der Wiedergabe über Lautsprecher, oder, alpsychologischen Gründen (über)lebens-notwendi- im Extremfall, beim stumm-imaginativen Lesen gen Gebrauchsgegenstand menschlichen Daseins. der Noten. Ihre Bedeutung beim Rezipienten er- Eine ausschließliche Luxusfunktion, wie sie der zielt sie auf der Grundlage von Beschriftungen, Kunstmusik so gerne unterstellt wird, hat sie allen- Konnotationen, biographischen Erfahrungen, die falls in einigen wenigen, ästhetisch hochstilisierten den gesamten Zirkulationsprozess des Bezugssystems Erscheinungsformen. Musik umfassen. Musikalische Bedeutungen, musikbezogene nen Abhandlungen zur Musik (1921) vier Wirkungen und musikgenerierte Funktionen sind so Primärfunktionen von Musik in der Gesellschaft  gut wie immer gebunden an konkrete Situationen benannt, die individuell-psychische und gesellschaft- kultureller Praxis, und sie sind eingebunden in einen lich-kommunikative Aspekte beinhalten: (1) affekt- lebensweltlichen Bezug. Hier fungieren die jeweiligen bestimmte emotionale Funktionen wie psychische sozialen, politischen, ökonomischen, technischen, Resonanz, Projektion oder Abreaktion von Gefühlen, und räumlichen Ressourcen innerhalb eines ge- (2) traditionsorientierte Funktionen – rituell, ge- sellschaftlichen Systems als objektive Bedingungen schichtsbezogen, überliefernd – (3) wertabhängige für musikkulturelles Handeln und Verhalten. Das Funktionen wie z. B. gute vs. schlechte, anspruchs- haben Kurt Blaukopf (1989) und Alfred Smudits volle vs. triviale, unterhaltende vs. ernste Musik (2002) mit dem Begriff der „Mediamorphose“ und (4) zweck-rationale Funktionen mit politischer, quer durch die europäische Musikgeschichte be- wirtschaftlicher, erzieherischer oder ideologischer schrieben und am Beispiel der aktuellen elektroni- Komponente. Und aus vergleichend-musikanthro- schen und digitalen Mediamorphose im Einzelnen pologischer Sicht glaubte Alan P. Merriam (1964) belegt. Technische Entwicklungen verändern die zehn gute Gründe dafür anführen zu können, wa- Ressourcen eines gesellschaftlichen Systems und rum Menschen Musik brauchen. Sie decken sich in üben nachhaltigen Einfuß auf Musik als Bestandteil mancherlei Hinsicht mit den von Max Weber propa- von Kommunikationskultur aus: Sie beeinflussen gierten Primärfunktionen: (1) emotionaler Ausdruck, die Musikproduktion, die Musikverbreitung, den (2) psychische Reaktion, (3) ästhetischer Genuss, (4) Umgang mit Musik, das Musikverständnis und die Unterhaltung, (5) Kommunikation, (6) symbolische Funktionen von Musik in der Gesellschaft. Repräsentation, (7) soziale Normierung, (8) ritu- elle und institutionelle Überhöhung, (9) kulturelle Stabilität und Kontinuität sowie (10) Integration in Communitas-Wirkung von Musik, gesellschaftliche Gruppenprozesse. das Sich-Geborgen-Fühlen Wie unlängst Paul Riggenbach in seiner umfas- im Harmoniemilieu senden empirischen Studie über „Funktionen von alltagsästhetischer Schemata Musik in der modernen Industriegesellschaft“ (2000) )zeigen konnte, sind nahezu alle diese Funktionen auch bei Popmusikhörern der Gegenwart anzureffen: Die objektiven Ressourcen einer Gesellschaft ste- Musik beeinflusst deren Gefühle (F1) und bewirkt hen in einer dynamischen Wechselbeziehung mit psychische Reaktionen (F2), sie ist Medium der den subjektiven Strukturen der Individuen, die Unterhaltung (F4) und Trägerin von Botschaften die Gesellschaft konstituieren. Zu den subjektiven (F5). Musik verändert Realitätsbezüge durch symbo- Strukturen zählen u. a. Veranlagung und psychi- lische Repräsentation (F6), sie konstituiert Lebensstile sche Sensibilität, kognitive Disposition, emotional- und kann hierbei sozial normierend sein (F7), sie affektive Gegebenheiten und die daraus resultierenden befördert Identitätsprozesse und führt zu sozialen persönlichen Vorlieben. Aus den Übereinstimmungen Gruppenbildungen (F9 u. 10), wie sie Victor Turner und Differenzen zwischen objektiven Ressourcen (2005) unter dem Begriff der Communitas wieder- und subjektiven Strukturen ergeben sich nicht nur holt beschrieben hat. die Strategien für kreativ-kulturelles Handeln, die z.B. im Bereich der Musik zur Ausprägung der Die im Anschluss an die Popmusik-Funktionen von verschiedenen kunst- und popmusikalischen Stile Paul Riggenbach konstatierten Tendenzen zielen geführt haben. Sie konstituieren und bedingen auch allerdings in eine Richtung, die den musikbezo- die Bedeutungen, Bewertungen und Funktionen von genen Funktionsfächer um so mehr einengen und Musik in der Gesellschaft und für die Gesellschaft begrenzen, wie die digitale Mediamorphose voran- – teilweise auf recht direkte Art, teilweise aber auch schreitet. Musik ist allgegenwärtig geworden. Das vielfach vermittelt und gebrochen. führt zu erhöhtem passiven oder gar ungewollten Mit Blick auf die soziokulturellen Ressourcen Musikkonsum und zur Abstumpfung gegenüber im Europa der Neuzeit hat Max Weber in sei- Musik. Sie verkümmert zudem durch die techni- sche Übertragungskette immer mehr zu einer ein- und Stimulierung zu Handlungen, die sich im seitigen Kommunikationsform. Dementsprechend Beifallsritual ebenso wie im körperlichen Mitvollzug wurden die durch Musik ausgelösten Gefühle und (Schunkeln, Takt klatschen, Tanzen) manifestieren.  Handlungen von Riggenbachs Interviewpartnern als Der Communitas-Wirkung von Musik, dem Sich- zunehmend fremdbestimmt erfahren. Der Bezug zur Geborgen-Fühlen im Harmoniemilieu alltagsästhe- Realität erschien gegenüber früher abgeschwächt tischer Schemata (Gerhard Schulze, 1992) kommt und der reine Unterhaltungsaspekt von Musik immer hierbei der Stellenwert einer Primärfunktion zu. stärker zu sein. Derartige Untersuchungen bei unterschiedlichen Live dargebotene Musik kann diesen Tendenzen Konzertpublika – wobei nachdrücklich auf die der Einengung und Abschwächung musikalischer nach wie vor Richtung weisende Publikation des Funktionen aber nach wie vor entgegenwirken. Autorenteams Dollase, Rüsenberg, Stollenwerk aus Das zumindest belegen die Auswertungen von dem Jahr 1986 hingewiesen sei – belegen die ver- mehreren hundert Fragebögen der Besucher ver- schiedenen Funktionen von Musik in Abhängigkeit schiedener Rockkonzerte, die Roland Hafen 1998 vom musikalischen Produkt, von konkreten vorgelegt hat. Psychophysiologische und sozial- Darbietungssituationen und von personengebunde- psychologische Wirkungen motivieren zum Besuch nen Variablen der Musikhörer. Trotz unterschiedlicher eines Rockkonzertes. Zum psychophysiologischen Gewichtung der einzelnen Funktionskomponenten Funktionsfeld gehören vor allem die Qualität und im gesellschaftlich-kommunikativen und individu- Intensität des Körpergefühls gemäß der Maxime ell-psychischen Funktionsfächer lassen sich letztlich „Das Glück ist körperlich“. Dieses Gefühl um- immer wieder zentrale Funktionskomplexe dingfest fasst das Verlangen nach Rhythmus, Sound und machen, wie sie bereits von Max Weber und Alan P. Lautstärke, das Spiel mit dem Körper, den Wunsch Merriam benannt worden sind. nach Nähe in einer Gruppe Gleichgesinnter („ein Bad in der Menge nehmen“) und die körperliche Dazu einige weitere Beispiele aus unserem westli- Verausgabung bis zur Erschöpfung. Das sozialpsy- chen ‚Kulturkreis’. Zum gesellschaftlich-kommuni- chologische Funktionsfeld wird abgesteckt durch kativen, durch soziale Normen und Regeln gepräg- die Demonstration von Haltungen (u. a. durch ten Funktionsfächer gehören folgende musikbezo- Bekleidung und Accessoires), das Zur-Schau-Stellen gene Settings und Inhalte: religiöse oder magisch- von Einstellungen und Lebensstilen (Rockmusik als rituelle Transzendenz (Kult- und Kirchenmusik), Lebensgefühl) und das Verlangen nach Atmosphäre Repräsentation und Glorifizierung (Militärmusik), und Authentizität (Echtheit der Botschaft). Gestaltung von Festen und Kundgebungen (Musik als akustisches Ornament für die besonderen Ereignisse Naturgemäß anders sind allerdings die Erwartungen des Lebens), Bewegungsaktivierung und -koordinati- und Wünsche gelagert, die die Besucher von André on (Tanz- und Marschmusik), Gruppenstabilisierung Rieu- und Helmut Lotti-Konzerten haben. Nina und -kontrolle (Nationalhymne als akustische Polaschegg fasst die Ergebnisse ihrer qualitativen Flagge kultureller Identität), Erziehung (Musik Studie über „Populäre Klassik – Klassik populär“ der Jugend zur Selbstfindung), Gesellschaftskritik (2005, S. 187) folgendermaßen zusammen: Die (Musik gegen Krieg, Rassismus, Sexismus) und Konzertgänger „möchten einen harmonischen und Gesellschaftsvisionen (Musik gegen Krieg, für die besonderen Konzertabend verbringen, sie möchten Freiheit), zwischenmenschliche Kontaktaufnahme unterhalten werden, lachen und schwelgen kön- und Communitas-Erfahrung in einer Gruppe von nen und den Alltag für diese Zeit weit hinter Gleichgesinnten. sich lassen. Der Abend soll ausschließlich ange- nehme, schöne und lustige Erlebnisse versprechen. Der individuell-psychische, auf die jeweilige persönli- Unbekanntes hat in diesem Kontext keinen Platz che Bedürfnislage abzielende Funktionsfächer umfasst und wird […] negativ und ablehnend beschrieben“. vornehmlich die folgenden Teilkomponenten: emotio- Im Hinblick auf die Funktionen dieser Musik im nale Kompensation (Projektion oder Abreaktion von Konzertsaal dominieren emotionale Kompensation, Gefühlen), Einsamkeitsüberbrückung (parasozialer Einsamkeitsüberbrückung, Konfliktbewältigung Kontakt), Konfliktbewältigung (Stressabbau durch Musik), Entspannung (Musik zum Einschlafen), so ist ihre mitreißende, ja durchaus massensuggestive Aktivierung (Musik als psychisches Stimulanzmittel), Kraft bei der Instrumentalisierung politischer, kul-  Unterhaltung (Spaß- bzw. Lustgewinn durch Musik), tisch-religiöser oder kriegerischer Ambitionen kei- ästhetische Befriedigung und Freiraum für Träume. neswegs von der Hand zu weisen. Das funktioniert im Guten wie im Schlechten, weil die funktionalen Alle die hier angedeuteten Funktionen von Musik Auslösemechanismen immer die gleichen bleiben. sind erst einmal wertneutral, und jede von ihnen Selbst Art und Stil der Musik können kein Garant hat eine mehr oder weniger direkt nachvollziehbare gegen Missbrauch sein. Denn die Bedeutung eines gesellschaftliche Relevanz. Musikpädagogik versucht Musikstücks im Zirkulationsprozess von historischer deren positiven Seiten zu stärken. Aber bereits hier Zeit, gesellschaftlicher Referenzbildung und symbol- können interessengeleitete Konflikte entstehen, etwa haltiger Konditionierung unterliegt der Veränderung. wenn der Referenzrahmen der Unterrichtenden nicht Das lässt sich am Beispiel der sinfonischen Dichtung deckungsgleich mit dem der Unterrichteten ist, wenn „Les Préludes“ von Franz Liszt unschwer belegen. also z. B. einzig die kognitiv-strukturelle Hörweise als Eine neue, vom Komponisten so niemals beabsich- musikadäquat angesehen wird, nicht aber emotiona- tigte Beschriftung im zweiten Weltkrieg hat zu einer le, assoziative, imaginative oder vegetativ-motorische Umfunktionierung und Aufladung des musikali- Umgangsformen mit Musik. So können psychische schen Produkts mit einem politischen Inhalt geführt, Abreaktion schnell als Eskapismus, träumerische der, je nach der Selbstpositionierung der Hörer im Visionen als Realitätsverlust und Lustgewinn durch Nationalsozialismus, Freude oder Entsetzen hervorrief. Musik als Hedonismus interpretiert werden, bis hin zu dem Eindruck, Musik habe die Funktion einer Die bisherigen Ausführungen haben hoffentlich deut- Droge. Positiver Nutzen und Missbrauch liegen also lich werden lassen, dass Musik und Gesellschaft immer eng beieinander. nicht unabhängig voneinander betrachtet werden dürfen. Es handelt sich hier um zwei Systeme, die Die Bewertung musikalischer Funktionen stellt ein sich gegenseitig bedingen und die im musikalischen Problem dar. Eine ideologiefreie Verwendung des Rezeptionsvorgang in einer Art miteinander ver- Systems Musik mit seinen wie auch immer gearteten schmelzen, die dem Hörenden allerdings üblicher Zirkulationsbedingungen gibt es so gut wie nicht. Weise eher verborgen bleibt und sich erst rationaler Die gesellschaftlichen Beschriftungen von Musik las- Analyse erschließt. Im Sinn der eingangs angespro- sen sich nicht ungeschehen machen, wie die l’art pour chenen ganzheitlichen Sichtweise versage ich es mir, l’art-Ästhetik ab dem 19. Jahrhundert unterstellt hat. hier jetzt weitere Beispiele zu geben, etwa in Bezug Die europäische Musikgeschichte liest sich so gese- auf Beethovens 9. Sinfonie oder „Star Spangled hen als Ansammlung von Beispielen für den ideolo- Banner“ von Jimi Hendrix. Statt dessen möchte ich gischen Musikgebrauch. Walter von der Vogelweides im Folgenden versuchen, die komplexen Phänomene „Palestinalied“, die deutsche Nationalhymne oder musikalischer Bedeutungszuweisungen systematisie- Hanns Eislers Kampflieder der 1920er Jahre mar- rend einzugrenzen. kieren nur drei beliebig genannte Eckpunkte von ideologischer Vereinnahmung mit den Mitteln der Die vielen psychischen, sozialpsychologischen Musik. Wie man Musik für gesellschaftspolitische und gesellschaftlichen Wirkungen, die durch das Zwecke funktionalisieren und missbrauchen kann, Bezugssystem Musik ausgelöst werden können, das lässt sich ihrem Einsatz in Diktaturen wie dem sind abhängig von einigen wenigen funktionalen nationalsozialistischen Deutschland oder dem sta- Universalien, die ich als individuell-psychische und linistischen Russland unschwer entnehmen (Geiger gesellschaftlich-kommunikative Komponenten be- 2004). Wie man sie zur kritischen und freiheitlichen schrieben habe. Will man diesen Wirkungen und Meinungsbildung nutzen kann, das wurde Theodor W. ihren gesellschaftlichen Implikationen im Detail Adorno zu fordern und zu beschreiben nicht müde. nachspüren, dann müsste in Zukunft weit mehr als bislang das komplette Bezugssystem Musik im Wenn auch die Macht von Musik und ihre soziokulturellen Zusammenhang gesichtet und Wunderwirkungen wohl nicht so groß sind, wie der gedeutet werden. Als Untersuchungsleitfaden bö- Zusammenbruch der Mauern von Jericho vorgibt, ten sich kulturwissenschaftlich fundierte, überge- ordnete Kriterien gesellschaftlichen Handelns und Wertzuweisung bei verschiedenen gesellschaftlichen Verhaltens an. Kriterien, die auch für Musik gleich Gruppierungen kommen kann. Das drückt sich z. B. welcher Herkunft und welchen Stils von großer in der unterschiedlichen Einschätzung von atonaler  Bedeutung sind und es erlauben, die Komplexität der Musik und Techno, politischer Musik und HipHop, Wirkung stiftenden bzw. Wirkung beeinflussenden volkstümelnder Popmusik und Klassik aus. Faktoren für Forschungszwecke so zu operationa- lisieren, dass keine unangemessene Einengung und Urbanität und Rustikalität – Kultur in städtischen Ergebnisverfälschung die Folge ist. Sieben dieser Ballungsräumen wird unter anderen Bedingungen Kriterien seien hier kurz skizziert: geschaffen, präsentiert und rezipiert als in ländli- chen Regionen. Urbanität war seit Jahrhunderten Andersartigkeit und Differenz – hier wird Musik für die Ausprägung musikalischer Stile von großer als ein Kultur schaffendes und prägendes künst- Bedeutung. Die Entwicklung der Oper ist ohne lerisches Ausdrucksmedium verstanden. Dieser städtischen Kontext kaum denkbar, die musikali- Ansatz berücksichtigt die Dynamik menschlichen sche Klassik ist nachhaltig an die Ressourcen der Handelns im gesellschaftlichen Umfeld und fragt Stadt Wien gebunden, New Orleans war erster nach der Andersartigkeit gleichzeitig bestehender Musikszenen, vor allem nach ihrer häufig nicht un- Musik und Gesellschaft dürfen erheblichen Differenz im Vergleich zu den etablierten musikkulturellen Systemen. Auf diese Weise kann nicht unabhängig voneinander die Bandbreite aller das gegenwärtige Musikleben betrachtet werden. bestimmenden Richtungen – populäre ebenso wie ( elitäre – als ein Gefüge wechselseitiger Verzahnung Kristallisationspunkt des Jazz, Beat entstand im mit jeweils spezifischen gesellschaftspolitischen, öko- Umfeld von Liverpool usw. usw. Andererseits sind nomischen, technischen und lebensstilbezogenen ungarische Bauernmusik oder die Musik der Griots Implikationen durchleuchtet werden. und selbst die Anfänge des ländlichen Blues ohne die jeweils typischen ruralen Lebensräume kaum denk- Präsentation und Praxis – Kultur ist immer auch (so bar. Wirkungen, Funktionen und gesellschaftliche Erving Goffman 1976) Bestandteil von Inszenierungen. Bedeutung sind an diese Gegebenheiten gebunden Diese bestimmen die soziale und künstlerische Praxis. und nur im Zusammenspiel mit ihnen zu benen- Die Betonung spielerischer oder theatralischer nen. Auf die Gegenwart gewendet beinhaltet dieses Elemente lässt sich bei jeder Musikperformance als Kriterium auch die Differenz zwischen globaler, nach ein Mittel von Selbstdarstellung beobachten. Dabei Gesetzen des Marktes kreierter Popmusik und einer bilden musikalische Kommunikationsinhalte in der von persönlichem Mitteilungsbedürfnis getragener Form symbolischer Codes und die visuell nachvoll- Musik der nahen Lebensräume. ziehbare Art der Präsentation eine Einheit. Typische Verhaltensweisen von Musikern und analog dazu Funktionalität – die Verlagerung des Musikkonsums typische Verhaltensrituale der Zuhörer erlauben oft von der Live-Darbietung zur medialen Übertragung mehr als die konkreten Strukturen des musikalischen hat zu einer zunehmenden Funktionalisierung von Produkts Aufschluss über Wirkungen und Funktionen Musik in Alltagskontexten geführt. Immer weniger von Musik im gesellschaftlichen Umfeld zu geben. wird sie um ihrer selbst willen gehört und immer häufiger zur Erfüllung musikfremder Zwecke ge- Diskursivität und Textualität – Menschen belegen nutzt. Funktionelle Musik für die Verwendung in ihre Lebenswelt mit einer Fülle von Bedeutungen, Einkaufszentren, Gaststätten, Wartesälen oder am und diese Bedeutungen bestimmen als kulturelles Gut Arbeitsplatz markiert diesbezüglich den Extremfall. die Handlungen anderer. Die durch Musik bedingten Hier ist eine aktive und gar kognitiv gesteuerte textuellen Bedeutungszuweisungen lassen sich aber Musikrezeption gar nicht mehr erwünscht. Anders nur in Verbindung mit einer Analyse des gesamt- und durchaus kontradiktorisch gesagt: Der selbst- gesellschaftlichen Diskurses in ihrer Komplexität bestimmte Umgang mit fremdbestimmter Musik erfassen. Dies vor allem deswegen, weil es zu nimmt zu, und so mancher hat sich zum eigenen schwerwiegenden Differenzen der Bedeutungs- und Musiktherapeuten ernannt. Medialität – die technischen Medien sind fester Zirkulationsprozess des Systems Musik sehr genau Bestandteil der Kultur des 20. und 21. Jahrhunderts. berücksichtigt und analysiert werden. Die zuletzt  Die Speicherung von Musik auf Tonträger und ihre von mir aufgezählten sieben Untersuchungskriterien Wiedergabe von Tonträgern haben nicht allein die dürften davon eine Vorstellung vermittelt haben. Rezeptionserwartungen und das Rezeptionsverhalten Eine unlängst von Alenka Barber-Kersovan vorgeleg- deutlich verändert, sondern auch die Komposition te Arbeit „Vom ‚Punk-Frühling’ zum ‚slowenischen und Distribution. Im Gefolge der Elektrifizierung Frühling’. Der Beitrag des slowenischen Punk zur wurden neue Musikinstrumente konstruiert und die Demontage des sozialistischen Wertesystems“ (2005) Klänge der herkömmlichen Musikinstrumente durch zeigt prototypisch, wie die auf kulturgesellschaftliche Tonabnehmer oder Mikrophonübertragung abgewan- Phänomene bezogene Auswertung des Musiksystems delt und verstärkt. Synthetische Klangerzeugung und „Slowenischer Punk“ funktionieren kann, und sie Arbeit im Tonstudio, schließlich die Digitalisierung belegt zugleich auch, dass die Ergebnisse nicht der Musikproduktion zeigen, auf wie direkte Art auf andere Gesellschaften und andere Zeiten über- Musik in den Kreislauf der technischen Ressourcen, tragbar sind. Denn wie im “Wechselspiel zwischen die eine Gesellschaft zur Verfügung stellt, einge- Provokation und Reaktion […] der Punk zu einem bunden ist, und wie stark dadurch die Wirkung politischen Faktor hochstilisiert und mit einem zwei- von Musik in der Gesellschaft modelliert wird (vgl. fachen Symbolwert ausgestattet“ wurde, das ist und Rösing 2000). bleibt gebunden an eine bestimmte zeitgeschichtliche Situation und eine Gesellschaft bzw. Nation mit ihren Korporalität – kulturelle Prozesse wirken auf das typischen politischen, ökonomischen, gesellschaftli- Bewegungsrepertoire und die Bewegungsabläufe des chen, technischen und kulturellen Ressourcen. Körpers ein. Musik und Tanz sind dafür ein bündiger Dem Einzelfall liegen jedoch – aus übergeordnet- Beleg. In der Oper „Don Giovanni“ hat das Wolfgang abstrahierender Sichtweise betrachtet – durchaus ge- Amadeus Mozart durch die gleichzeitige Darbietung wisse Universalien zugrunde. Musik und Gesellschaft von Tänzen aus der niederen, mittleren und ho- erweisen sich als aufeinander bezogene Systeme. hen Ständegesellschaft zum Ausdruck gebracht, wo- Objektiv gegebene Ressourcen und individuelle bei dem brüchigen Gefüge der Klassengesellschaft Strukturen greifen bei der Produktion, Distribution und Rezeption von Musik ineinander. Sie prägen Eigenes Musikmachen und ein musikalische Zirkulationsprozesse und sind ablesbar an den verschiedenen Funktionen, die das System vielfältiges musikalisches Musik in gesellschaftlich-kommunikativer wie indi- Live-Angebot ermöglichen mehr viduell-psychischer Hinsicht auszulösen vermag. Ihre sozialpsychologische Kraft und ihre Communitas- noch als technisch vermittelte Wirkung entfalten sich dann besonders nachhaltig, Musik einen sinnvollen Bezug zu wenn Musik gemeinschaftlich in Live-Kontexten nahen Lebenswelten. gehört wird. )Aus diesem wiederholt belegten Sachverhalt (s. Rösing die Missklänge im Tonsatz entsprechen. In der 1998) ergeben sich musikbezogene Forderungen verschiedenartigen Bezugnahme von Jazz, Rock an die Gesellschaft, die heute nicht weniger aktuell und Pop zu Tanz und Körperlichkeit finden sich sind als früher. Allein eine fundierte musikalische Anschauungsmodelle für die Gegenwart. Sie bedür- Unterweisung für jeden bewirkt jene Offenheit und fen einer höchst detaillierten Analyse, um in ihnen jenes Verständnis gegenüber Musik, das einer ideo- die Spuren gesellschaftlicher Prozesse zu entdecken. logischen Vereinnahmung von Musik durch Politik und Ökonomie zumindest Grenzen auferlegen kann. Ich komme zum Schluss. Die Frage, was Musik für Eigenes Musikmachen und ein vielfältiges musikali- die Gesellschaft leistet, welche Funktionen sie im sches Live-Angebot ermöglichen mehr noch als tech- einzelnen erfüllt, lässt sich nicht pauschal, sondern nisch vermittelte Musik einen sinnvollen Bezug zu lediglich am Einzelfall konkret nachweisen. Und nahen Lebenswelten. Dies schafft ein Gegengewicht das auch nur, sofern die verschiedenen Stationen im zu globalen, allein nach dem Gesetz der Ware konzipierten Musikproduktionen ohne authentische Art, die bürgerliche Gesellschaft im 19. Jahrhundert Botschaft. für ihre – damals ja durchaus zeitgenössische und Musikalische Mündigkeit durch Musikkenntnisse zeitgemäße Musik – die erforderlichen räumlichen,  kommt nicht von selbst, wie neoliberale Argumentation finanziellen und vor allem mentalen Ressourcen ge- vielleicht glauben machen will. Die gesellschaftlichen schaffen. Musikverein, Konzerthaus, Volksoper oder Ressourcen für einen selbst bestimmten und mün- Musikakademie sind dafür steinerne und noch heute digen Umgang mit Musik müssen mit erheblichem mit musikalischem Leben gefüllte Zeugen. Für die ideellen und finanziellen Einsatz von der Gemeinschaft jetzt zeitgenössische und zeitgemäße Musik – von im- zur Verfügung gestellt werden. Das beginnt bei mu- provisierter Musik und musikalischer Avantgarde bis sikalischer Früherziehung, setzt sich fort über ei- hin zu Techno, Alpenrock und HipHop – muss dies nen kontinuierlichen Musikunterricht an allgemein ebenso geschehen, damit die aktuelle Musik nicht bildenden Schulen und führt zu Lebensstilen, in de- ihrer gegenwärtigen Gesellschaft entgleitet und da- nen Musik nicht nur nebenbei konsumiert sondern mit sie auch in Zeiten der medialen Allverfügbarkeit mit Bewusstheit und aktiv rezipiert wird. In kaum ihren Wert als kommunikatives, gesellschaftsbezogenes einer anderen Stadt kann man so deutlich nachvoll- und gesellschaftsformendes Medium beibehält. ziehen wie in Wien. Hier hat, auf höchst nachhaltige

" LITERATUR Adorno, Theodor W. (1962). Einleitung in Nettl, Bruno (1983). The study of ethnomusicology. die Musiksoziologie. Zwölf theoretische Urbana: University of Illinois Press. Vorlesungen. Frankfurt am Main: Surkamp. Polaschegg, Nina (2005). Populäre Klassik – Klassik Alenka Barber-Kersovan (2005). Vom ‚Punk- populär. Hörerstrukturen und Verbreitungsmedien im Frühling’ zum ‚Slowenischen Frühling’. Der Beitrag Wandel. Köln: Böhlau des slowenischen Punk zur Demontage des soziali- Riggenbach, Paul (2000). Funktionen von Musik stischen Wertesystems. Hamburg: Krämer. in der modernen Industriegesellschaft. Eine Blaukopf, Kurt (1989). Beethovens Erben in der Untersuchung zwischen Empirie und Theorie. Mediamorphose. Kultur- und Medienpolitik für die Marburg: Tectum. elektronische Ära. Heiden (CH): Niggli. Rösing, Helmut (1998). Musikgebrauch im täglichen Dahlhaus, Carl / Eggebrecht, Hans Heinrich (1985). Leben – Musikalische Lebenswelten. In: Bruhn, Was ist Musik? Wilhelmshaven: Noetzel. Herbert u. Rösing, Helmut (Hg.), Musikwissenschaft. Geiger, Friedrich (2004). Musik in zwei Diktaturen. Ein Grundkurs (S. 107 – 152). Reinbek: Rowohlt. Verfolgung von Komponisten unter Hitler und Stalin. Rösing, Helmut (2000). Digitale Musik und Medien. Kassel: Bärenreiter. Zwölf Thesen. In: Enders, Bernd u. Stange, J., Musik Goffman, Erving (1976). Wir alle spielen Theater. Die im virtuellen Raum (S. 13 – 23). Osnabrück: Rasch. Selbstdarstellung im Alltag. München: Piper (orig. Rösing, Helmut (2004). Wie politisch kann Musik 1959). sein? Beiträge zur Popularmusik-Forschung 32, S. Hafen, Roland (1998). Rockmusik-Rezeption in 155 – 168. Live-Konzerten. In: Baacke, Dieter (Hg.), Handbuch Smudits, Alfred (2002). Mediamorphosen des Jugend und Musik (S. 369 – 380). Opladen: Leske u. Musikschaffens. Kunst und Kommunikationstechnolo Budrich. gien im Wandel. Wien: Braunmüller Knepler, Georg (1982). Geschichte als Weg zum Suppan, Wolfgang (1984). Der musizierende Mensch. Musikverständnis. Zur Theorie, Methode und Eine Anthropologie der Musik. Mainz: Schott. Geschichte der Musikgeschichtsschreibung. Leipzig: Turner, Victor (2005). Das Ritual: Struktur und Anti- Reclam (2. Aufl.). Struktur. Frankfurt am Main: Campus (orig. 1969). Merriam, Alan P. (1964). Anthropology of music. Weber, Max (1921). Die rationalen und soziologi- Evanston: North Western University Press. schen Grundlagen der Musik. München: Drei Masken. " PROF. DR.  HELMUT RÖSING Geb. 1943, Prof. Dr. phil. habil.; Promotion 1968 (Vergleichende Musikwissenschaft) 1968-1972 Redakteur für Sinfonie und Oper beim Saarländischen Rundfunk 1974 Habilitation im Fach Musikwissenschaft an der Universität Saarbrücken (Musikalische Stilisierung akustischer Vorbilder in der Tonmalerei, 1977) 1975-1980 Leiter der Zentralredaktion des Internationalen Quellenlexikons der Musik (RISM) in Kassel 1978-1992 Professor für Systematische Musikwissenschaft an der Gesamthochschule Kassel, seit 1993 an der Universität Hamburg; wissenschaftlicher Beirat für das Fachgebiet Musikpsychologie der Neuausgabe von MGG, Musik in Geschichte und Gegenwart, von Oktober 1998 bis März 2001 Dekan des Fachbereichs Kulturgeschichte und Kulturkunde.

Wichtigste Veröffentlichungen: Musik und Massenmedien (1978) Rezeptionsforschung in der Musikwissenschaft (1983) Musik im Alltag (1985) Beiträge zur Popularmusikforschung (1986-2000), hg. für den Arbeitskreis Studium populärer Musik Musik als Droge (1991) Musikpsychologie. Ein Handbuch (1993, hg. zus. mit H. Bruhn und R. Oerter) Musikpsychologie in der Schule (1995, hg. zus. mit H. Bruhn) Schriften zur Popularmusikforschung (1996ff.) Grundkurs Musikwissenschaft (mit H. Bruhn, 1998) Orientierung Musikwissenschaft. Was sie kann, was sie will (mit P. Petersen, 2000) Musikwissenschaft und populäre Musik. Versuch einer Bestandsaufnahme (2002, hg. zus. mit A. Schneider und M. Pfleiderer) Das klingt so schön hässlich. Gedanken zum Bezugssystem Musik (Bielefeld 2005)

Forschungsschwerpunkte: Rezeptionsforschung, Angewandte Musikpsychologie, Massenmedien, Populäre Musik OFFENHEIT, TOLERANZ UND IMMER IN BEWEGUNG ) 2 (

R E N B E S S O R G

G N A G F L O W

: S O T O F

WOLFGANG PUSCHNIG IM GESPRÄCH MIT GÜNTHER WILDNER ÜBER EUROPÄISCHEN JAZZ, KREATIVES DURCHHALTEVERMÖGEN, RICHTIGE KULTURPOLITIK UND DIE ZEICHEN DER ZEIT. " GW: Was hältst du von Starmania? GW: War das Einbeziehen von internationalen WP: Ein Zeichen der Zeit. Castingshow-Künstler als MusikerInnen bei deinen Projekten stets eine  Investitionsobjekte. Was ich so höre, soll das nicht Vorüberlegung auch in marketingtechnischer allen, die sich darauf eingelassen haben, gut getan Hinsicht? haben. Aber solange auf diese Art Geld gemacht WP: Nie. Ich habe mir immer den Luxus erlaubt, werden kann, solange wird es das geben. mit Leuten zu arbeiten, mit denen ich eine gewisse Art von nonverbaler Kommunikation hatte. Ob GW: Es wird ja bei Castingshows gerne von MusikerInnen aus Österreich oder von anderswo Musikförderung gesprochen ... war dabei nicht entscheidend. Das Feld hat sich WP: Man sagt das eine und meint das andere … durch meine Aktivitäten ganz von selbst erweitert. Ich habe nie internationale Musiker nur gebucht, damit sie mein Projekt aufwerten. Wen würde das Ich habe mir immer den Luxus motivieren, gute Musik zu machen?

erlaubt, mit Leuten zu arbeiten, GW: Nachwuchskünstler arbeiten oftmals mit der mit denen ich eine gewisse Einbeziehung internationaler Musiker, um aufzufallen. WP: Das ist ein legitimes Mittel, aber unterm Strich Art von nonverbaler ist der Name keine Garantie für Qualität. Die Kommunikation hatte. muss abseits des Name-Droppings auf jeden Fall ) stimmen. GW: Wie spürt es sich für dich an, wenn bei der GW: Gibt es noch einen Musikmarkt, der neue Talente Aufzählung der international bekanntesten österreichi- aufnehmen kann? schen Jazzmusiker neben Hans Koller, Joe Zawinul WP: Es sieht so aus, dass es noch einen gibt, vorausge- und Wolfgang Muthspiel auch dein Name fällt? setzt man pflegt ihn. Von alleine geht gar nichts. Hier WP: Das eine ist das Innen, das andere ist das Außen. kommen die Kulturverantwortlichen ins Spiel. Die Ich kann in meinen musikalischen Projekten nur Entwicklung der Musik hört nie auf. Die Umstände mein Bestes geben und hoffen, dass es so gehört wer- einer Zeit halten die Künstler, die von ihr geprägt den kann, wie ich es selber empfunden habe. Ob und sind, mit ihren Möglichkeiten und Anforderungen wie gut das gelingt, unterliegt nicht meiner Kontrolle. gefangen. Die nächste Generation setzt wieder an- Das ist die Natur des Hörens - der Empfänger be- derswo an und schafft einen neuen Ausdruck, der stimmt die Bedeutung einer Botschaft. Das gilt für dann von ihren eigenen Zeitgenossen am besten die Musik ganz besonders. Es macht auf jeden Fall verstanden wird. Deshalb wird es immer einen Spaß, wenn man merkt, dass etwas durchgedrungen Markt geben, weil es immer Menschen geben wird, ist. Aber oft ist die Belohnung in unserer kleinen die die Musik ihrer Zeit goutieren. Wahrscheinlich Jazzbranche ja schon, wenn man ein musikalisches wird dieser Markt nicht größer werden, aber es wird Vorhaben überhaupt durchführen kann. Es führt zu ihn vermutlich geben. Alles hat sein zyklisches Auf nichts, wenn man über seine eigene Wichtigkeit nach- und Ab. Vielleicht gibt es in Zukunft wieder eine denkt. Aber man kann für manche wichtig werden, Entwicklung hin zu mehr Live-Musik mit einem wenn man etwas einfach tut. Die Kybernetiker sagen Publikum, das nicht mehr nur alles virtuell und als ja, dass wir mit den Füßen erkennen: Wenn man nur Event konsumieren will. denkt und nichts tut, kommt man nicht weiter. Also versuche ich, mit meinem Schaffen auch andere zu GW: Kann man heute noch einen eigenen Personalstil ermutigen, etwas zu tun, es einfach zu probieren. am Saxophon entwickeln? WP: Immer, natürlich, davon bin ich überzeugt. Ich GW: Was war dein erster Schritt zu einem sehe solche MusikerInnen unter den Jungen. Das internationalen Arbeiten? Entwickeln des Eigenen wird es immer geben, weil WP: Das Art Orchestra, als wir begonnen ha- die Geschichte, die inspirierend wirkt, immer da ist. ben, außerhalb von Österreich aufzutreten, z.B. 1979 Aus dem Übernehmen und der Ablehnung entsteht Zürich Festival. Dann ging es global weiter. das Neue. GW: Ist das Sich-Finden im europäischen Jazz leichter GW: Was heißt das ganz konkret für deinen Unterricht? als im amerikanischen? WP: Ich kam bald darauf, dass man an der Tatsache WP: Ja, im Moment sieht es danach aus, weil das ansetzen muss, dass jeder Schüler ganz anders ist  Eigenständige in Übersee nicht so gefragt ist. Die und dass ich mich daher auf jeden Schüler indivi- Konzepte sind dort viel enger. Es geht hauptsächlich duell einstellen muss. Natürlich müssen gewisse um Verkaufbarkeit, Profit und Gewinn. Vielleicht wird Grundanforderungen erfüllt sein. Wir sind ja an der es sich einmal ändern, dass man Musik nicht nur nach Wiener Musikuniversität kein Jazzinstitut, sondern dem monetären Erfolg beurteilt. Gott sei Dank gibt es eine Ausbildungsstätte für angehende Lehrer. Daher immer wieder einzelne Menschen auf diesem Gebiet, ist die wichtigste Frage: Was sollen unsere Studenten die am Rande gegenteilige Aktivitäten setzen und unter- einmal weitergeben können? Diese Frage erfordert, stützen. Das war immer so, dass sich einzelne Liebhaber dass man neben der Technik auch ein weltanschau- für die Musik besonders eingesetzt haben. lich offenes Denken vermitteln muss und die innere Struktur der jeweiligen Musik. Ist der Blick so erwei- GW: Du würdest dich also als europäischen tert, baut das ein vorschnelles und radikales Urteilen Jazzmusiker bezeichnen? ab. Das erste Ziel ist an unserem Institut nicht, dass WP: Ja, auf jeden Fall! Ich habe viel mit amerika- große Jazzvirtuosen aus unserer Ausbildung hervor- nischen Kollegen gemacht. Das hat mich in meiner gehen. Wichtiger ist, dass unsere Absolventen ihre europäischen Identität nur bestärkt, obwohl ich nie Schüler spürbar begeistern können. Probleme mit ihnen hatte. GW: Sind die Basics bei den Studenten schon zu GW: War dein Weg ein reflektierter? Hast du an deiner Beginn an da? musikalischen und instrumentalen Eigenständigkeit WP: Ja, das Niveau ist über die Jahre immer höher bewusst gearbeitet? geworden! WP: Das ist zum größten Teil passiert, natürlich nicht aus dem Nichts, aber ich habe nicht be- GW: Verwendest du im Unterricht Playbacks und wusst darauf hingearbeitet. Da haben mehrere andere zeitgemäße Lernmaterialien? Faktoren mitgespielt, von denen zwar manche WP: Ja, ich verwende alles, was ich für gut halte. Aber bewusste Entscheidungen waren, viele andere aber spielen ist das Wichtigste. Mein Lehrer hat leider nie nicht. Diesen Unterschied zwischen Traditionen für mich gespielt. In vier bis fünf Jahren habe ich ihn und Spielweisen habe ich für mich nie gemacht. In zweimal gehört. Das ist nicht gut. Ich spiele gerne meiner Musik sind Wertungen nicht vorgesehen. Sie mit meinen Studenten. Man kann den unmittelbaren soll für alles offen sein, damit sie nicht ausdünnt Kontakt durch nichts ersetzen. und jede Art von Elementen aufnehmen kann, ohne ihre Charakteristik zu verlieren. Dadurch gibt es GW: Kommst du wie viele Saxophonisten aus der Konfrontation, Austausch und Bewegung auf einer Blasmusik? Ebene, auf der niemandem geschadet wird. Das ist WP: Nein, ich habe mit Blockflöte begonnen, dann meine musikalische Anschauung. Violine gelernt, dann Querflöte und erst relativ spät Saxophon - mit 19 Jahren. Heute würde man sagen: GW: Warum unterrichtest du? zu alt fürs Beginnen! WP: Warum sollte ich die Sachen, die ich weiß, für mich behalten? Das ist das eine. Das andere ist, GW: Spielst du ausschließlich Alt-Saxophon? dass man beim Unterrichten selbst lernt. So bin ich WP: Ja, obwohl ich früher alle Saxophone gespielt zum Beispiel zur Erkenntnis gekommen, dass das habe. Meine persönliche Entwicklung hat mich Vermitteln eine schwierige Sache ist, weil man das, dann aber ausschließlich zum Alt geführt. Eine sol- was die Musik ausmacht, nicht in Worten mitteilen che Entscheidung ist für Saxophonisten aber nicht kann. Man kann Hinweise geben, auch warnen. zwingend. Zu meinen Schülern gehören Altisten und Aber es ist wie bei jedem Kommunikationsversuch: Tenoristen. Man nimmt nur das leicht auf, was einen selbst be- trifft. Was die Musik im Jazz ausmacht, kann man GW: Warum studiert man am iPOP-Institut in Wien? nicht durch Erklären unterrichten. WP: Wir sind bekannt für unser gutes Klima und dafür, dass wir uns nicht auf die reine Jazzausbildung WP: Diana Krall hat sich entwickelt. Sie singt sehr beschränken. Diese Akzeptanz und Toleranz ist be- gut, spielt gut Klavier und trifft anscheinend den  gehrt. Abgegrenzt ist ja leicht und schnell. Wir leben Nerv der Zeit in dieser Branche. Entertainment auf und gehen aber in eine Zeit, in der es vor allem um höchstem Niveau. Dasselbe gilt auch für Norah Verbinden geht. Jones, deren Stimme noch relativ unschuldig klingt. Zudem stehen große Apparate hinter den beiden Wir leben und gehen aber in genannten Sängerinnen, durch die ihre Musik einer eine Zeit, in der es vor allem um großen Öffentlichkeit bekannt gemacht wird. Das haben andere MusikerInnen, die vielleicht noch Verbinden geht. besser sind, leider nicht. Das Publikum, das tie- ) fer gehen und etwas anderes hören will, sucht GW: Was ist im Musikbusiness heute anders als zu sich seine Musik aber trotzdem. Es sucht eben, deinen musikalischen Anfängen? das Gesuchte wird ihm nicht serviert. Erfolge und WP: Die Jungen haben heute einen größeren Horizont. Preise wie Grammies und dergleichen sind aber Sie sind in einer anderen Zeit groß geworden, müssen nicht die einzigen Kriterien in der Musik. Das sind und können sich mit anderen Sachen auseinanderset- nur Gesellschaftsspiele. Verkaufszahlen sagen eher zen als wir damals. Ich war im Alter meiner jetzigen etwas über das Vermarktungssystem aus als über Studenten viel naiver. Ob das besser oder schlechter musikalische Qualität. Neid steht dabei nur im Weg. ist, will ich nicht werten. Es gibt heute einerseits ei- Er erspart einem nicht die persönlichen Kämpfe, die nen besseren Zugang zu Informationen, daher wissen man künstlerisch mit sich selbst auszufechten hat. Es heute auch Junge viel besser über die herrschenden geht immer darum, im eigenen Bereich das Beste zu Mechanismen im Business bescheid. Das macht die machen und dadurch positiv auf das System einzu- Sache aber andererseits auch nicht unbedingt leichter. wirken, es zu verbessern.

GW: Was hat sich an Zugängen und Möglichkeiten in GW: Planst du den kommerziellen Aspekt deiner der Plattenbranche und im Live-Bereich verändert? Projekte? WP: Da hat sich vom Geschäft her nicht wahnsin- WP: Wenn man das tut, fängt man sich schnell Frust nig viel geändert. Es ist nur schwieriger geworden. ein. Für mich ist entscheidend, die Dinge klar zu Es gibt viel mehr MusikerInnen, aber nicht mehr sehen: Es ist unmöglich, dass meine ganze Musik Produzenten mit guten Ohren und feinem Gespür. Massen gerne hören, weil sie viel schwieriger zu hö- Das Business ist im Vergleich zu damals härter und ren ist als vieles andere. Dessen muss ich mir bewusst uniformer geworden – selbst im Jazz. Früher waren sein, damit ich nicht Gefahr laufe, mich zu beklagen, Sängerinnen und Sänger zum Beispiel eindeutig und dass die Welt meine Kunstfertigkeit nicht genug leicht identifizierbar. Jeder war anders, es gab klar schätzt und meine Fähigkeiten nicht genug erkennt. unterscheidbare Typen. Das gibt es heute nur mehr Es tut der Musik nicht gut, wenn man als Musiker selten. Früher mussten Frauen nicht alle gleich ausse- auf die Welt beleidigt ist. Wenn man allerdings hen, die gleiche Figur haben und blond bzw. hell sein. Aufmerksamkeit will, muss man sich darauf einstel- Kurz: Früher sahen wir Künstler als Menschen und len und die Dinge dementsprechend anders angehen. Individuen. Heute sehen wir Menschen als Schemen Dem Druck, möglichst viel Aufmerksamkeit zu er- und Bilder. Das hat sehr stark um sich gegriffen. reichen, setze ich mich nicht aus. Ich deklariere mich Im Jazz ist es nicht so arg, aber auch bemerkbar, klar und bin mit den Auswirkungen zufrieden. allerdings mehr vom Konzept als vom Aussehen her: Man muss so oder so spielen, damit es entspricht GW: Wie waren deine Gedanken beim Jubiläum zu bzw. angenommen wird. Zusammengefasst gesagt, deinem letztjährigen 50. Geburtstag und der damit haben wird zwar ein höheres Niveau, aber die verbundenen Aufmerksamkeit? herausragenden Persönlichkeiten sind weniger und WP: Durch ein paar Reflexionen und vieles, was schwieriger wahrnehmbar. im Zuge des Jubiläums passiert ist, konnte ich se- hen, dass man mit so etwas Abstraktem wie Musik GW: Was denkst du über Sängerinnen/Instrumenta- Menschen tatsächlich ansprechen, anregen, trösten listinnen wie Diana Krall oder Norah Jones? und ihnen Freude machen kann. Das gibt mir na- türlich Befriedigung. Wenn meine Musik, wie viele Hauptfachstudien für Blechbläser und Gesang, ohne Menschen sie auch hören oder nicht, etwas verän- dass andere Institute im Gegenzug dabei zu kurz dern kann und sei es nur für einen kurzen Moment, kommen. Leider sind die finanziellen Mittel für neue  dann habe ich etwas erreicht, worüber ich mich Stunden praktisch nicht vorhanden. Das macht die freuen kann. Gerade, weil man als Musiker ja nie Balance des Gesamtgefüges immer wieder schwierig. die Kontrolle darüber hat, wie die eigene Message rüberkommt, aufgenommen wird und weiterwirkt. GW: Was kann man für die Integration von Lehre und Wenn man sich dessen bewusst ist, fällt viel Stress Forschung tun? weg. Es hilft, sich auf das zu konzentrieren, was man WP: Die Wissenschaft könnte neben rein musikwis- selbst beitragen kann. senschaftlichen Tätigkeiten versuchen, vom Intellekt her arbeitende Menschen besser zur Praxis hinzu- GW: Bist du lieber Leader oder Sideman? führen, ihnen Zugänge aufzuzeigen. Das ist über die WP: Ich habe immer schon beides gerne gemacht, Zeit hin sicher zu erreichen. Die Möglichkeiten für aber ich bin sicher kein typischer Leader. Interaktion das Institut sind, grundsätzlich gesprochen, sicherlich passiert bei mir nicht auf einer vordergründigen gewaltig. Ebene. Mein Grundsatz ist dabei: „Wenn man nie dient, kann man auch nie herrschen.“ Ich glaube, dass man über beide Seiten bescheid wissen muss. Interaktion passiert bei Man muss wissen, wie es sich anfühlt, auf der einen mir nicht auf einer oder anderen Seite zu stehen. (vordergründigen Ebene. GW: Hast du kommerzielle Sideman-Jobs gemacht? WP: Ja, in meinen jungen Jahren habe ich zum Geld GW: Was sind deine Wünsche an die neue verdienen in Operetten, auf Bällen und im Zirkus Kunstministerin Claudia Schmied? gespielt und Tanzmusik gemacht. Selbstverständlich, WP: Ich weiß nicht, ob und welche Visionen sie damit hatte ich nie ein Problem. Alles Weitere hat hat. Wir leben in einer völlig neuen Zeit, deren sich ergeben, so stehe ich heute nicht mehr in der Komplexität sehr viel Bewusstsein, Um- und Weitsicht Kommerzkapelle. verlangt. Dafür muss sich die Einstellung gegenüber kreativen und intellektuellen Kräften ändern. Sie GW: Wie geht es dir mit deiner Rolle als nur zu dulden oder als Melkkühe zu missbrauchen, Institutsvorstand des iPOP? schadet der ganzen Gesellschaft. Dass wir jetzt im WP: Im Moment komme ich gut damit zurecht, es Informationszeitalter leben, das bedeutet für mich macht mir Spaß. Es hilft mir, dass für das Technische vor allem, dass wir allem Geistigen, dem Gewinnen und Logistische, das ich nicht kann, Stefan Jeschek von Erkenntnis, dem Ständig-dazu-Lernen die größte sorgt. Meine Aufgaben liegen eher auf der reprä- Bedeutung zumessen müssen. Hier können Minister sentativen Seite. Positionen an sich sind mir nicht so durchaus Prozesse in Bewegung setzen, damit sich wichtig. Mehr das, was man von ihnen aus bewe- die festgefahrenen Anschauungen über Künstler und gen kann. Diese Aufgabe ist aus einer bestimmten Kunstschaffen langsam ändern. Kunst schafft durch- Situation heraus entstanden, was nicht bedeutet, dass aus Nutzen, nicht nur sozusagen als „Nahrung für ich das auf Dauer machen werde. den Schöngeist“. Allein die Investitionen in Musik und den Nachwuchs bringen mehr Umwegrentabilität GW: Wie steht es mit der im Institutsentwicklungs- als das nächste Einkaufszentrum oder kulturelle plan festgeschriebenen Integration von Lehre und Prestigeprojekte wie ein Mozartjahr. Die positiven Wissenschaft? wirtschaftlichen Auswirkungen werden noch viel zu WP: Die Arbeit der letzten fünf Jahre reicht dazu wenig gesehen. Noch weniger, dass das Potential von nicht. Wir brauchen weitere fünf Jahre, damit alles Künstlern gerade in komplexen Umwelten durchaus richtig in Bewegung kommt. Die Integration ist zu wirksamen Problemlösungen beitragen kann. Hier leider auch von ganz profanen Faktoren wie Geld ist radikales Umdenken angesagt. Der Kulturpolitik abhängig. Wünschenswert wäre insgesamt gesehen fehlen Visionen – das zeigt schon alleine der Umgang das Beseitigen des Platzproblems, das Einführen von mit dem Feld und seinen Personen. Dass man in Österreich erst hoch gelobt wird, wenn man tot " WOLFGANG ist, gilt noch immer. Dabei gibt es ungleich mehr PUSCHNIG  kreatives Potential und Energie hier bei uns, als in geboren 1956 in Kärnten, gilt als vielen anderen Ländern. Dazu muss man Österreich „Modellfall des europäischen Jazz“ nur mit anderen europäischen Ländern vergleichen. (Andreas Felber). Studien der Kulturpolitik muss ganzheitlich gesehen werden, Musikwissenschaft und Englisch an es geht mehr darum, Gebiete und Kategorien mit- der Universität Wien, weiters an der einander zu verbinden, als sie zu trennen, aus- und Hochschule für Musik und darstellen- abzugrenzen. de Kunst Wien (Flöte) und an der Jazz-Abteilung des Konservatoriums der Stadt Wien. Dass man in Österreich erst Gründete 1977 mit dem Pianisten Mathias Rüegg das (VAO). Zusammenarbeit hoch gelobt wird, wenn man mit Ernst Jandl, Pat Brothers, Air Mail, Carla Bley, tot ist, gilt noch immer. Jamaaladeen Tacuma, Hans Koller, , ) Hiram Bullock, , Samul Nori, Mixed Metaphors, Willi Resetarits u.v.a. GW: Nachdem zu deinem 40. Geburtstag eine Wolfgang Puschnig bleibt stets seinem Motto Doppel-CD erschienen ist, gibt es diesmal ein noch „Weltoffenheit, ohne auf seine Herkunft ausführlicheres Opus ... zu vergessen“ treu. WP: Ja, richtig, eine 4er-CD-Box mit dem Titel www.puschnig.com „Things change“. Sie konnte erst heuer erscheinen, obwohl mein runder Geburtstag schon 2006 war. Ich habe den Arbeitsaufwand dafür ein wenig unter- schätzt. Alle Aufnahmen der Edition sind neu bzw. bisher unveröffentlicht oder überarbeitet. Die erste CD beinhaltet Bearbeitungen von Kärntner Liedern, seit Anfang der 90er Jahre habe ich das in der Schublade. Die zweite CD „3D“ umfasst in den letz- ten vier Jahren entstandene, ausführlich und umfang- reich studiotechnisch bearbeitete Live-Aufnahmen, wo ich auch an der Flöte zu hören bin. Hier habe ich mit Paul Urbanek und Patrice Heral zusammen- gearbeitet. Das hat großen Spaß gemacht hat, weil es völliges Neuland für mich war. Die dritte CD war als Kompilation meiner bisherigen Karriere geplant. Letztlich habe ich dann aber doch aktuelles Material der letzten fünf Jahre verwendet, das bisher nicht erschienen ist. Dann gibt es noch eine DVD mit „pri- vaten Filmaufnahmen“ von mir und Gästen in der Wohnung, am Feld oder im Wald zu verschiedenen Jahreszeiten, während ich auf Saxophon, Flöte und anderen Instrumenten improvisiere. Der Pianist Paul Urbanek hat dann hinterher noch diese Aufnahmen musikalisch und visuell bearbeitet. Da ist etwa ganz Eigenes, sehr Privates entstanden. Diese limitierte 4er-Box wird von der Universal international vertrie- ben, was mich natürlich freut. CDs aus der Box wird es bald auch einzeln zu kaufen geben. VOLLE KRAFT FÜR DAS iPOP STEFAN JESCHEK IM GESPRÄCH MIT GÜNTHER WILDNER ÜBER STARMANIA, COMMUNITYPLATTFORMEN, EXPANDIERENDE POPHÄUSER UND MUSIKGESCHMÄCKER IM ENSEMBLEUNTERICHT

" GW: Hat Nadine Beiler eine große Karriere vor sich? Quotenauftrag zu erfüllen, und danach richten sich SJ: Mit diesen außerordentlichen stimmlichen die Inhalte: Am Samstag funktioniert „Wetten dass Qualitäten und ihrer jetzt schon sehr starken ...?“, am Freitag „Starmania“. Das Deckmäntelchen Bühnenpräsenz scheint mir eine große Karriere förm- der Jugendförderung wird gerne immer wieder ein- lich vorprogrammiert - wenn sie in die richtigen mal bemüht. Aber zumindest ein paar Musiker und Hände kommt ... Studios verdienen an der Sendung mit, - und bald tanzen ja auch wieder die Prominenten ... (Dritte GW: Wer wären die richtigen Hände? Staffel der ORF-Sendung „Dancing Stars“ im März SJ: Sie muss behutsam aufgebaut werden, schließlich 2007, Anm. d. Red.) ist sie erst 16 Jahre alt. Sie voreilig in ein möglicher- weise profitables, künstlerisch aber nicht so wert- Das Deckmäntelchen der volles Korsett zu pressen, kann sich als Nachteil für eine so genannte „große Karriere“ herausstellen. Die Jugendförderung wird gerne Entwicklungs- und Aufbauarbeit für einen Künstler, immer wieder einmal bemüht. - in dem Fall einer „FrontWoman“ ist unglaublich ( komplex, und ist natürlich auch sehr abhängig von GW: Haben im Gegensatz zu den Starmaniacs unsere der Weiterentwicklung und vom Durchhaltewillen und Studierenden des iPOP große Karrieren vor sich? -vermögen des Individuums selbst. Nadine interpretiert SJ: Ich denke, auf jeden Fall! - nicht nur die Erfolge jetzt schon wunderbar Balladen - eine der schwierige- der „JazzWerkstatt Wien“ beweisen es. Künstlerischer ren, erwachseneren Herausforderungen im Gesang. Vor Erfolg bedeutet ja nicht nur „große Karriere“ zu ma- einer „großen Karriere“ steht ohnehin immer ein großes chen, sondern vielmehr künstlerische Qualität und Fragezeichen, ob es sich nun um Nadine oder Ric, der inhaltliche Substanz zu bieten und dabei Spaß an bereits noch mehr Erfahrung hat, handelt, ist zunächst der Sache zu haben. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Gleiche. Christl Stürmer hat ja gezeigt, dass viele unsere AbsolventInnen zumindest ein erfülltes Leben Faktoren zusammenspielen müssen, um großen Erfolg mit Musik vor sich haben, denn unsere Ausbildung zu haben. Zum Beispiel haben wir auch momentan macht sie auch zu gefragten PädagogInnen, und da- keine günstige Zeit für Boygroups - aus den männlichen neben können sie ihre künstlerischen Vorstellungen Starmania-Teilnehmern soll ja eine geformt werden: entspannt realisieren, ohne sich zu großem wirt- Dieses Genre ist zur Zeit mit den reiferen Herren der schaftlichen Erfolgsdruck aussetzen zu müssen. Und „Take That - Reunion“ besetzt, die Tangotänzerinnen so geht es neben dem Geldverdienen auch um eine im Programm haben – das sagt ja wohl einiges. ehrliche und kompromisslose Auseinandersetzung mit der Musik. Im Idealfall trifft sich das natürlich! GW: Warum muss man jugendliche Hobbysänger casten, wenn das Land mit tollen Sängerinnen und GW: Gibt es überhaupt noch einen Markt, für den Sängern schon längst gesegnet ist? MusikerInnen ausgebildet werden? SJ: Die Sendung „Starmania“ ist konzipiert, um einen SJ: Nach wie vor! - es wird immer einen Markt für KünstlerInnen und für Kunst geben, - sonst unter- Hauptfachstudierenden ist der Instrumentallehrer na- scheiden wir Menschen uns ja nicht von den Ameisen! türlich zentral. Aber auch die interessanten Angebote  Klar, einerseits scheint der Markt im Moment über- im neuen Studienplan sind ein gutes Argument für sättigt zu sein, andererseits ist er enorm gewachsen das iPOP. Weiters gibt es Besonderheiten, die in dieser (siehe Gebrauchsmusik), wofür er ständig künstle- Form (noch) nicht an vielen anderen Ausbildungs- rische Neuproduktionen braucht. Aber abgesehen Institutionen anzutreffen sind: So werden z. B. alle vom „global-kommerziellen Markt“: Es haben sich in GitarristInnen automatisch vier Jahre lang auf der den letzten Jahrzehnten neue Nischen herauskristalli- akustischen Gitarre und parallel dazu auf der E-Gitarre siert, die auch Kunstvolles abseits des Mainstreams unterrichtet, d. h. sie haben pro Woche 45 Minuten transportieren. Hier stellt sich die Aufgabe, die Unterricht bei Peter Legat (E-Gitarre) und ebenfalls 45 entsprechenden Wege zu seinem Publikum zu fin- Minuten Unterricht bei Martin Kelner oder Arnoldo den – und das ist mit Communityplattformen wie Moreno (Akustikgitarre). Bei den BassistInnen müs- Myspace, youtube und ähnlichen Angeboten immer sen die E-BassistInnen während des Studiums auch besser und gezielter möglich. Man kann da relativ unbedingt einmal an den Kontrabass, das erweitert unkompliziert und schnell hör- und sichtbar werden. natürlich den musikalischen Horizont enorm. Das lehren wir u. a. auch im „Computerpraktikum“ den Studierenden, nämlich, wie man sich mit ei- GW: Wie hat sich das iPOP in den letzten fünf Jahren gener Website und Community-Seiten, öffentliche entwickelt? Aufmerksamkeit verschaffen, und so auf einem direk- SJ: Wir haben das Studienangebot erweitert und teren Weg sein spezifisches Publikum erreichen kann. nun endlich auch das Fach „Gesang“ einrichten können. Die Entwicklung eines Instituts ist eng an Für die Hauptfachstudierenden die Entwicklung der Universität, zu der es gehört, ge- bunden, und die Wiener Musikuniversität ist in erster ist der Instrumentallehrer Linie weltweit berühmt für ihr Klassikangebot. Umso natürlich zentral. höher ist es einzuschätzen, dass wir so schnell wach- )sen konnten. Wegen des straffen Finanzrahmens, GW: Wie ist das iPOP internatonal vernetzt? dem ja sämtliche Bildungseinrichtungen unterliegen, SJ: Einstweilen intensiv über die „PJP - Pop und lässt sich aber leider nicht immer alles so realisieren, Jazz Platform“ der AEC (Association Européenne wie wir es uns wünschten. Ein Popularmusik-Institut des Conservatoires, Académies de Musique et ist schon von Haus aus kostenintensiv aufgrund Musikhochschulen), die sich unter vielem anderen, des nötigen Equipments, das - nicht nur wegen der die Diskussion, Koordination, Weiterentwicklung und Verschleißerscheinungen sämtlicher Geräte, sondern Promotion der europäischen Jazz- und Popularmusik- auch weil wir mit der rasanten technologischen ausbildung zum Programm macht. Ich bin aktives Entwicklung Schritt halten müssen - periodisch er- Mitglied der „PJP-Steering-Group“ und war diesmal neuert werden muss. mit zwei meiner Kollegen, Harald Huber und Reinhard Das nächste „Highlight“ ist, dass wir uns in abseh- Theiser, beim letzten Meeting in Kopenhagen, wo es barer Zeit auch räumlich vergrößern werden, und darum ging, wie sich die europäischen Pop- und damit ein weiteres Stockwerk des „Pophauses“ am Jazzausbildungen zu den Veränderungen in der Anton-von-Webern-Platz beziehen und in Betrieb Musiklandschaft (Industrie und Konsument) stellen nehmen werden. Das Institut ist konsolidiert, und sollen, und, inwiefern sich die Curricula aufgrund der alle weiteren Entwicklungen werden aus heutiger veränderten äußeren Umstände weiterentwickeln bzw. Sicht sicherlich noch schwierig und zeitaufwändig weiterentwickeln sollen. Bei diesem Treffen konnten sein. Für die Zukunft ist es mir jedenfalls ein großes wir das iPOP auch einer interessierten europäischen Anliegen, alle stattfindenden Institutsaktivitäten im- Kollegenschaft präsentieren. mer intensiver zu bündeln.

GW: Warum kommen Studierende ans iPOP? GW: Wie funktioniert die tägliche Integration von SJ: Ich denke, in erster Linie, weil wir hervor- Kunst und Wissenschaft? ragende Instrumentallehrer haben und ein sehr SJ: Idealerweise relativ unfallfrei - ... - klarerweise breit gefächertes Musikspektrum anbieten. Für die aber in ständiger Weiterentwicklung. Die Umsetzung innovativer Konzepte wird aber zumindest weitere für Studierende und KünstlerInnen sein. Im Bereich fünf Jahre in Anspruch nehmen. der Musikaufnahme haben wir mit dem eigenen Mehr und mehr sind sich die StudentInnen bewusst, Studio im Pophaus natürlich alle Möglichkeiten.  dass sie nicht mehr auf einer Hochschule, sondern Hier können musikalische Ideen spontan umgesetzt, mittlerweile auf einer Universität studieren, sich und technische Fertigkeiten laufend trainiert werden. somit den neuen Herausforderungen - nicht nur den künstlerischen, sondern nun auch vermehrt den Wir wollen und müssen uns wissenschaftlichen Arbeitsprozessen - stellen müssen und auch wollen. Das Angebot an iPOP-Forschungs- auch den aktuellen Markt- Projekten ist vorhanden, somit steigt auch das erfordernissen stellen. Interesse und die Ambition der Studierenden, sich ( in diesem - bislang scheinbar trockeneren - Feld der GW: Wie gehst du im Ensembleunterricht vor? künstlerischen Materie zu behaupten. SJ: Was das Inhaltliche betrifft, mache ich zuerst Für das iPOP gilt auf jeden Fall: Lehre und Vorschläge und gehe dann auf die Wünsche und Forschung sollen sich niemals verselbständigen, son- Bedürfnisse der Studierenden ein, so dass sie genau dern sich am Interesse und an den Bedürfnissen das bekommen, was sie interessiert, was sie brau- der Studierenden orientieren. Als es 2002, also vor chen, und was sie inspiriert. Somit erfolgt im ersten fünf Jahren zur Institutsgründung kam, gab es ver- Semester auch in gewisser Weise quasi ein Abtasten einzelt die Befürchtung, dass viele, für die diversen von musikalischen Vorlieben. Das jeweilige Jahres- Studienrichtungen wichtige Kooperationen dadurch Abschlusskonzert ist optional: Wenn eine Gruppe erschwert würden. Wir waren damals sehr froh, dass bereit ist und willens, das Erarbeitete öffentlich zu wir Kunst und Wissenschaft unter einem Dach ver- präsentieren, freue ich mich, promote und unter- einen konnten. Heute haben sich diese Ängste aufge- stütze es dementsprechend. Wenn nicht, ist das aber löst, die verschiedenen Institute arbeiten wunderbar auch kein Problem - wir haben ja keine Verpflichtung zusammen. zur öffentlichen Präsentation, aber es lassen sich nur wenige StudentInnen davon abhalten, sich einem GW: Wie reagiert das iPOP auf die neuen Bedingungen solchen „Praxis-Test“ zu unterziehen, was ich klarer- im Musikmarkt? weise sehr befürworte. SJ: Nun, wir sind ja Ausbildungsstätte, und insofern keine kommerziell orientierte Dienstleis- GW: Wird im Ensembleunterricht selber komponiert? tungseinrichtung. Als Popularmusik-Institut aber SJ: So Material da ist, auf jeden Fall. Es ergeben sich können und wollen (!) wir uns natürlich nicht letztlich - von reinen Coverprogrammen bis zu stark nur auf „traditionelle Qualität“ berufen und daran mit eigenen Kompositionen durchsetzen Programmen festhalten, sondern wollen und müssen uns auch - alle Konstellationen. Arrangiert wird ebenfalls nach den aktuellen Markterfordernissen stellen, das ist Lust und Bedarf, wobei der Schwerpunkt nicht auf klar. Lehrveranstaltungen wie „Performance“ oder punktgenauem Covern liegen soll, sondern auf ei- „Multimedia-Projects“ konnten wir bereits einrichten genständigen und kreativen Interpretationen. Wir - die Studierenden haben beide Lehrveranstaltungen Lehrenden am iPOP sind ja zum Großteil alle zwi- mit offenen Armen angenommen, und wir werden schen 30 und 50, da müssen wir auf jeden Fall darauf versuchen, den Ausbau dieses Angebotes unbedingt achten, dass wir den jungen Musikströmungen ge- weiter voranzutreiben. Wie bereits erwähnt, bereite genüber aufmerksam und offen bleiben. Das passiert ich die Studierenden auch im „Computerpraktikum“ auch: Wir schöpfen ja aus dem gesamten (!) Spektrum sowie im Rahmen des Schwerpunkts im der Popularmusik-Geschichte. Im Endeffekt gibt es „Computerpraktikum II“ auf die Freiberuflichkeit kein Jetzt ohne Geschichte/Tradition. vor (Erlernen grafischer und anwenderorientierter Fertigkeiten, um z.B. Demo-Material wie Videos, GW: Wie geht es dir mit deiner Leitungsfunktion im Audios und Informationsunterlagen selbstständig Institut? und damit kostengünstig herstellen zu können): Der SJ: Die gesamte Kollegenschaft besteht aus Umgang mit Homepages und Communityplattformen hochkarätigen Künstlern, insofern habe ich es mit etc. darf eigentlich heutzutage kein Problem mehr originalen Persönlichkeiten zu tun, die - wie ich J S

selbst gut nachvollziehen kann - vor bürokratischen V " STEFAN JESCHEK I H C

Notwendigkeiten manchmal noch etwas zurück- R Geboren 1958. Studium der Gitarre A

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 schrecken. Ich versuche, ihre Sensibilität zu respek- O an der Musikhochschule Wien bei F tieren und ihnen unnötige Zeitaufwendungen so weit Luise Walker und Walter Würdinger: wie möglich zu ersparen. Abschluss 1982 mit Auszeichnung. Ich leite das Institut gemeinsam mit Wolfgang Intensive Beschäftigung mit histo- Puschnig, wobei ich in erster Linie für den notwen- rischen Saiteninstrumenten (Laute, digen administrativen und operativen Aufwand zu- Theorbe etc.). Studium bzw. Kurse bei Brigitte ständig bin. Es ist uns wichtig, dass wir uns für das Zaczek, Hopkinson Smith, Konrad Junghänel und Institut längerfristige Ziele setzten, diese hartnäckig Jürgen Hübscher. verfolgen und letztlich umsetzen. Der Einzug und die Unterrichtstätigkeit an Wiener Mittelschulen mit Inbetriebnahme unserer neuen Räumlichkeiten im Schwerpunkt Popularmusik. Aufbau von Schulbands 1. Stock, Anfang 2008, wird ein weiterer Meilenstein und Auftritte mit Gaststars wie Alexander Goebel, in unserer Geschichte sein. Und das wird dann auch Boris Bukowski, Jazz Gitti und Ostbahn Kurti beim groß und klingend gefeiert werden! Vienna School Act. Ab 1988 Beschäftigung mit dem Computer als GW: Was wünscht du dir weiters für das iPOP? Produktionsmedium in der Musik: Kompositionen SJ: Zu aller erst ganz vehement die Einrichtung der und Arrangements von Instrumentalmusik für Film, Blechblasinstrumente, das ist die letzte Gruppe, die TV und Theater. uns noch fehlt, und dann in Folge die Realisierung der Seit 1991 Lehrzeit an der Musikhochschule Instrumente der Popularmusik in der Studienrichtung Wien im Bereich Popularmusik, 2002 bis 2003 „Instrumentalstudium“!! Weiters, vielleicht schnel- Institutsvorstand, seit 2004 stellvertretender ler realisierbar und/aber nicht weniger notwen- Institutsvorstand des Instituts für Popularmusik dig, den Aufbau und die Institutionalisierung ei- ner, der Aktualität und Wichtigkeit des Instituts entsprechenden PR-Arbeit, aktive wie interaktive Präsenz in der europäischen und internationalen Kultur- und Medienlandschaft, fluktuierende und kreative Zusammenarbeit mit sämtlichen relevanten Institutionen weltweit. Dies mögen sehr viele und zum Teil auch sehr „große Wünsche“ für das iPOP sein, aber wir arbeiten fest daran, genau diese „großen Wünsche“ nach und nach zu realisieren. PERSPEKTIVEN DER ÖSTERREICHISCHEN MUSIKPOLITIK HARALD HUBER IM GESPRÄCH MIT HARRY FUCHS

" Wie beschreiben Sie die Arbeit des Musikrats in Beibehaltung der nationalstaatlichen Konstruktion den letzten Jahren zusammenfassend, was hat sich von Urheberrechtsgesellschaften und den Ausbau von seit ihrer Wahl zum Präsidenten geändert? Leerträger-Abgaben verfasst. Wege der Erreichung HH: Der ÖMR hat sich in den letzten Jahren wie- unserer Ziele sind regelmäßige Kontakte mit politi- der stärker seinen Kernkompetenzen zugewandt. schen Funktionsträgern auf österreichischer, euro- Er vertritt die Ziele der UNESCO im Bereich päischer und weltweiter Ebene und das Networking der Musik in Österreich und hat die Funktion mit allen österreichischen Interessenvertretungen und einer Dachorganisation der Interessenvertretungen Musikrichtungen. Mediale Sichtbarkeit soll unter des Musiksektors. Schon unter der Führung von anderem durch einen „Österreichischen Musikpreis Prof. Harald Ossberger, Präsident des ÖMR von für kulturelle Vielfalt“ erreicht werden, der entspre- 2000 bis 2006, war es für mich ab 2002 als chende Projekte, Initiativen und Organisationen Vizepräsident möglich, viele Dinge einzubringen. auszeichnet. So etwa die Idee der Vorstandserweiterung oder die inhaltliche Planung des Symposions „Kreativität und 2006 hat der Österreichische Pluralismus“ im Jahr 2004, das die alten Kategorien „E-Musik“ und „U-Musik“ durch ein zeitgemäßes Musikrat das Manifest Stilfeldermodell ersetzte. Seit meiner Wahl zum „Mehr Mut zu kultureller Präsidenten des ÖMR konnte ich diese Linie weiter- führen. Das Symposion „Musik und Gesellschaft“ Vielfalt“ veröffentlicht. anlässlich 50 Jahre ÖMR in Kooperation mit der( Wiener Musikuniversität hat aktuelle Perspektiven Der ÖMR plant eine parlamentarische Enquete der österreichischen Musikpolitik aufgezeigt, es gibt „Musik“. Was darf man sich konkret darunter eine verstärkte Kooperation mit der österreichischen vorstellen bzw. davon erwarten? UNESCO Kommission. HH: Die Initiative für eine parlamentarische Enquete „Musik“ ging vom MICA aus, das als Gastgeber Worin sehen Sie die vorrangigen Aufgaben und Ziele regelmäßiger Zusammenkünfte der sogenannten des Österreichischen Musikrats und mit welchen „Präsidentenkonferenz Musik“ fungiert. Der ÖMR Maßnahmen wollen Sie diese erreichen? hat sich dabei naturgemäß stark eingebracht und HH: Als Ergebnis des letzten Symposions im November wird weiterhin das seine dazu beitragen, damit 2006 hat der ÖMR das Manifest „Mehr Mut zu dieser für die österreichische Musikszene wichtige kultureller Vielfalt“ veröffentlicht (siehe auf www. Termin zustande kommt. Konkret wurden die wich- oemr.at). Gemeinsam mit dem Deutschen und dem tigsten Anliegen des Musiksektors in sechs Kapiteln Schweizer Musikrat haben wir eine Erklärung für die zusammengefasst: Grundsätzliches, Ausbildung, Förderstrukturen, Geistiges Eigentum / Urheberrecht, Ausdrucksformen anderer Staaten, insbesondere von Musikwirtschaft und Standortentwicklung, Entwicklungsländern einzuladen und sowohl den in-  Soziale Lage der Musikschaffenden. Als nächster terkulturellen Dialog wie auch kulturwirtschaftliche Schritt sollte eine Abstimmung mit dem aktuellen Beziehungen zu pflegen. Das ist zweifellos ein starkes Regierungsprogramm der großen Koalition erfolgen. Programm für das 21. Jahrhundert!

Sie sind auch im Vorstand des European Music Bitte kommentieren Sie die aktuelle kulturpolitische Council, dem Europäischen Musikrat, vertreten. Situation, insbesondere die Ansiedelung der Musik im Welche Aufgaben hat das EMC und wie kann sich Bundesministerium für Bildung, Kunst und Kultur. der ÖMR hier einbringen? HH: Ich beurteile die derzeitige Situation vorsichtig HH: Der Europäische Musikrat hält engen Kontakt mit optimistisch. Man darf auf die nunmehr einsetzen- der UNESCO-Zentrale in Paris, dem EU Parlament, den Gespräche mit dem bm:ukk gespannt sein. Die dem EU Kultur-Kommissar, dem Europarat und vie- österreichische Musikszene braucht neuen Schwung len auf europäischer Ebene organisierten Musik- und im Bereich kultureller Bildung: Ausbau statt Abbau Kulturverbänden. Durch meinen Sitz im Vorstand des musikbezogenen Ausbildungsangebotes von kann sich der ÖMR sehr gut einbringen. den Kindergärten bis zu den Musikuniversitäten; braucht eine Musikexport-Offensive: Stützung der Die österreichische Musikszene vorhandenen Initiativen, Aufschwung des interna- tionalen Auftritts; und braucht viele der Kreativität, braucht neuen Schwung im dem Können und der Vielfalt der Musiker und Bereich kultureller Bildung. Musikerinnen des Landes angemessene mediale ) Fenster: Dialogbereitschaft und Einfallsreichtum be- Bitte kommentieren Sie die aktuelle züglich neuer Formate sind sowohl seitens des neuen UNESCO-Konvention zur kulturellen Vielfalt. ORF als auch seitens privater Anbieter und der ge- HH: Das rasche In-Kraft-Treten der UNESCO samten Musikszene gefragt. Konvention „zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen“ am 18. März Der Österreichische Musikrat hat mittlerweile 2007, weniger als 18 Monate nach der eindeutigen zahlreiche Vorstandsmitglieder und ein mehrköpfiges Annahme durch die UNESCO Generalkonferenz Kuratorium. Hat sich dieses Modell bewährt? (Anm.: 148 Staaten pro, 2 contra, 4 Enthaltungen) HH: Der Vorstand besteht derzeit aus 19 Mitgliedern. gibt uns eine neue Grundlage für kulturpolitisches Das noch unbesetzte 20. Mandat soll durch einen Handeln. Die Konvention stellt klar, „dass kulturelle Jugend-Musikrat unter 30 Jahren besetzt wer- Aktivitäten, Güter und Dienstleistungen sowohl eine den. Damit sind alle bundesweit organisierten wirtschaftliche als auch eine kulturelle Natur haben, Interessenvertretungen und alle Musikrichtungen da sie Träger von Identitäten, Werten und Sinn sind, unmittelbar oder mittelbar vertreten. Das Modell und daher nicht so behandelt werden dürfen, als hät- erweist sich bisher als durchaus sinnvoll und prak- ten sie nur einen kommerziellen Wert.“ Staaten, die tikabel. Der ÖMR hat schließlich die gesamte diesem völkerrechtlich bindenden Übereinkommen Musikszene zu repräsentieren: Österreich ist welt- beitreten, haben – entgegen den von den USA weit bekannt als „Klassik“-Land, ist aber auch ein forcierten Liberalisierungsbestrebungen der WTO Land „zeitgenössischer E-Musik“, ein „Jazz“-Land, – das souveräne Recht, Maßnahmen zur Förderung ein Land vielfältiger „Volksmusik“ und „World“- der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen in ihrem Musik, ein „Elektronik“-Land, ein „Rock & Pop“- Hoheitsgebiet zu beschließen. Für Österreich als Land und natürlich auch ein „Schlager“-Land, ein Staat, der die Konvention mit in Kraft gesetzt Land der Blaskapellen und Chöre etc. und darüber hat, bedeutet dies nicht nur die Möglichkeit der hinaus zahlreicher musikalischer Minderheiten, die Fortsetzung staatlicher Kulturpolitik, sondern dar- es ebenfalls zu schützen und zu fördern gilt. über hinaus einerseits den Auftrag, die kulturelle Vielfalt im Land inklusive aller Minderheitskulturen zu fördern und durch Export im Ausland bekannt Nähere Informationen zum Musikrat unter www.oemr.at Erstmals erschienen in der Zeitschrift Sound & Media (April 2007) zu machen, andererseits die vielfältigen kulturellen Abdruck mit freundlicher Genehmigung F H

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H HARALD HUBER C R A

Dozent für Geschichte, Theorie und , S H

C  Didaktik der Popularmusik an der U F

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R Universität für Musik und darstel- R A H

: lende Kunst Wien, leitet den wissen- S O T O

F schaftlichen Bereich am Institut für Popularmusik ebenda. Präsident des Österreichischen Musikrates und Vorstandsmitglied des Europäischen Musikrates. Als Pianist verschiedene Programme, u.a. mit der ImproTheaterGruppe „urtheater“.

" HARRY FUCHS ist Geschäftsführer des Österreichischen Musikfonds, Projektleiter des AKM- Musikförderungsprojektes „projekt pop!“, Journalist und Autor sowie Kuratoriumsmitglied des Österreichischen Musikrats. VON DER KLASSIK "ZUM JAZZ ODER FICTION A LA FALB VIOLA FALB IM GESPRÄCH MIT GÜNTHER WILDNER ÜBER SPIELEN & STUDIEREN, DEN EIGENEN KÜNSTLERISCHEN WEG, BERLINER IMPRESSIONEN UND NAMENSFINDUNGEN AM WC

" GW: Stammst du aus einer musikalischen Familie? wieder klassisch unterrichtet haben. Dann kam die Wie waren deine Anfänge? Aufnahmsprüfung, und ich habe gleich Jazz auch da- VF: Bei uns haben alle in der Familie Klavier ge- zuprobiert, obwohl ich bei Popularmusik ehrlich ge- lernt, natürlich auch ich. Mit zehn Jahren, vielleicht sagt keine Ahnung hatte. Mit Glück bin ich nach mei- war ich auch schon ein wenig älter, habe ich mir nen Etüden, Tonleitern und einer Bluesimprovisation eingebildet, dass ich Saxophon spielen muss, weil aufgenommen worden. ich es im Fernsehen gesehen hatte und echt cool fand. Meine Idee hatte etwas Utopisches, denn es GW: Hast du Klassik und Jazz weiterhin parallel betrieben? gab damals keine Leihinstrumente und ein eigenes VF: Ja, zumindest bis zum IGP I Abschluss, den habe Saxophon für mich, das war richtig teuer. Aber ich in beiden Richtungen gemacht. Mit dem Jazz ging ich habe meine Eltern, die sich für mich eher eine es dann weiter bei mir ins Magisterstudium, wo ich Klarinette vorgestellt hätten, so lange gelöchert, bis gerade meine Diplomarbeit über Hans Koller abge- sie mir ein Saxophon gekauft haben. Leider war ich schlossen habe. Mein Anfang an der Musikuniversität zunächst bei einem schlechten Lehrer, der ganz viele in Wien war aber definitiv klassisch motiviert, das Instrumente parallel unterrichtet hat. Aber während konnte ich nur hier machen. meiner Gymnasiumszeit habe ich dann mit 14 oder 15 Jahren in die Musikschule Hollabrunn gewechselt GW: Bei welchen Lehrern warst du an der Universität? und einen guten Lehrer bekommen – zunächst habe VF: Das erste Jazzjahr war ich bei Wolfgang ich immer nur klassisch gelernt, dabei eher wenig Puschnig, danach alle weiteren Jahre bei Klaus geübt. Trotzdem ging es ganz gut voran, weil ich mit Dickbauer. Das klassische Studium habe ich kom- plett bei Christian Maurer gemacht. Das war sehr Ich habe nicht den typischen dicht und anstrengend, auch hatte ich zu Beginn veritable Soundprobleme – auf der einen Seite der Jazzsaxophonsound. ) gerade Klassikton, auf der anderen Seite der rauchige Jazzsound. Da laufend umzustellen bzw. zu trennen, dem Instrument recht geschickt war. Mit 17 Jahren ist schwierig. Ich denke, man hört auch heute noch sprach meine Klavierlehrerin vom Zweitfach Klavier in meinem Spiel, dass ich auch klassisch gelernt habe, mit Schwerpunkt dann einmal auf der Uni. Worauf ich habe nicht den typischen Jazzsaxophonsound, ich mir gedacht habe: „Oh, da brauche ich aber habe meinen persönlichen Sound, der von meinem wohl ein erstes Instrument!“ Mein Saxophonlehrer, Werdegang geprägt ist. den ich mich lange nicht fragen getraut habe, hat sich nicht quergelegt, und so ging ich zunächst in GW: Du bist langsam immer mehr auf die Jazzseite die Lehrpraxis an der Wiener Musikuniversität, gewechselt ... wo mich Studierende von Christian Maurer auch VF: Meine Prioritäten haben sich im Laufe des Links: Viola Falb Unten: Die Band „Falb Fiction“  ) 3 (

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Studiums verschoben: Von der intensiven Klassikphase Fach „Jazzgehörbildung“ noch nicht. - wobei ich eigentlich nie richtige Klassikjobs gespielt Mir war das Gebotene meist ein bisschen zu wenig, si- habe, weil die Möglichkeiten von Besetzung und cher auch weil die Niveauunterschiede der Studierenden Repertoire beschränkt sind - hin zum Jazz, wo ich zum Teil sehr groß sind, da sind diejenigen, die schon immer besser in die Live-Szene einsteigen konnte. weiter sind, notorisch unterfordert, wenn ich da z.B. Trotzdem möchte ich die Klassikausbildung nicht an Clemens Salesny, aber auch viele andere denke ... Es missen, denn man bekommt einen großen Horizont kommt eben auch vor, dass man einen Schlagzeuger in und ein umfangreicheres Wissen, als wenn man nur der Band hat, der Klassik studiert, und von Jazz noch Jazz studiert. gar keine Vorstellung hat. In manchen Ensembles hat man so gar nichts gelernt, weil entweder die Hälfte GW: Wie ist dein persönlicher Eindruck vom iPOP als der Teilnehmer nicht anwesend war oder einfach nur Ausbildungsstätte? gespielt und zu wenig gecoacht wurde. Jammen ist für VF: Vom Instrument her ganz ausgezeichnet, da mich zu wenig. Trotz allem habe ich viel profitiert, u.a. war es sicherlich die beste Hochschulausbildung, vom klassischen Klavierunterricht, meinem zweiten die ich machen konnte, ganz besonders, weil Klaus Fach und Schwerpunkt, den ich bei Michael Lipp be- Dickbauer so ein hervorragender Musiker und sucht habe. Lehrer ist. Da war unlängst im Jänner unsere letzte Kontakte bringt das Studium natürlich, obwohl man Stunde schon richtig traurig – ich war ja sieben Jahre diese mit der Zeit auch außerhalb knüpft. Was Uni- bei ihm. Wolfgang Puschnig unterrichtete mich ein Kollegen betrifft, spiele ich momentan noch mit Jahr lang ganz zu Beginn meines Studiums, da war dem Saxophonquartett PHOEN und mit Philipp ich noch ganz grün, wusste nicht, wer die Lehrer am Jagschitz. iPOP überhaupt sind. Wenn jemand Jazzsaxophon im engeren Sinn stu- GW: Muss man zum Jazz-Studieren nach Graz oder dieren will, wüsste ich nicht, ob ich unbedingt das anderswohin gehen? iPOP empfehlen würde. Von den Lehreren her na- VF: Schwer zu sagen, denn Graz ist auf seine Art auch türlich schon – wie gesagt haben wir mit Puschnig, wieder recht einseitig. Dickbauer und Fuss die drei Besten, die man sich vor- stellen kann. Von der Infrastruktur, den Ensembles GW: Wie hat sich deine musikalische Karriere insge- und der Harmonielehre her, die ich eher als schwach samt und besonders im Live-Bereich entwickelt? empfunden habe, ist es nicht so empfehlenswert. VF: Zu Studienbeginn habe ich offensichtlich eine Ich habe mir meine diesbezüglichen Kenntnisse von gute Zeit erwischt, wo viele motivierte MusikerInnen, anderswo geholt, z.B. von der an unserer Universität die noch nicht viel zu spielen hatten, sich zusammen- ausgezeichneten klassischen Harmonielehre, die ich gefunden haben – da waren ganz viele KollegInnen bei Reinhard Amon besucht habe. Damals gab es das der heutigen Wiener JazzWerkstatt dabei. Aus die- sem Freundeskreis ist viel entstanden, u.a. das re- und konnten gewinnen. Neben einem Geldpreis gab gelmäßige Session-Spielen, das bei mir erst langsam es dadurch einen Hauptbühnenauftritt vor 1.300  über die Zeit kam. Dafür habe ich mir schließlich ein Zuhörern. Repertoire an Jazz-Standards erarbeitet, und dann Im heurigen März geht es für eine Woche mit fünf ging das gut. Konzerten in die Türkei: Izmir und jeweils zweimal Ausschlaggebend für alles Weitere war dann mein Ankara und Istanbul. So etwas bekommen wir inso- Erasmus-Auslandsstudienjahr in Berlin an der da- fern leichter, weil Falb Fiction durch die Zugehörigkeit maligen Hanns Eisler-Musikuniversität, für das ich zur Auswahl des „New Austrian Sound of Music“ zunächst ein Demo gebraucht habe. Da eine Band im Außenministerium für Auslandsgastspiele gelistet da war, mit der ich immer wieder Jobs gespielt hat- bzw. vorgeschlagen ist. te, konnte ich gleich diese Musikerkollegen für die Aufnahme gewinnen, mit gleich drei eigenen Stücken GW: Was hast du in Berlin erlebt, welche Ausbildung, von mir zusätzlich. Das war so lustig und ergiebig, dass welche Szene vorgefunden? daraus eine fixe Band entstand mit gleich spontan vier VF: Berlin war extrem interessant, weil es ganz an- Auftritten. Das war der Beginn von „Falb Fiction“. ders war als alles, das ich bisher in Wien gemacht und gehört hatte. In der Jazzausbildung gab es GW: Wie kam es zu dem einprägsamen und die eine feine Big Band, die regelmäßig wöchentlich Phantasie anregenden Bandnamen? zweieinhalb Stunden geprobt hat und interessante VF: Gefunden haben wir ihn unter Zeitdruck, denn Programme aufgeführt hat, in einem Semester war die Konzerte standen bevor, und die Gruppe musste das Musik von Woody Hermann, im zweiten Werke benannt werden. Letztlich war es Rainer Angerer, von Stan Kenton. Als ich schon wieder weg war, gab der Bruder des JazzWerkstatt-Cheftechnikers Werner es ein Projekt der Big Band mit Symphonieorchester Angerer, der bei einem Caféhausbesuch ankündigte, – sehr spannend. Die Ausbildung insgesamt war sehr aufs WC zu gehen, weil ihm da die besten Einfälle jazzorientiert und sehr deutsch, d.h. genau und klar kämen. Zurück kam er mit „Falb Fiction“. aufgebaut. Da konnte ich einige Lücken schließen, jazzspezifisches Zusammenspiel mit „Vierer impro- GW: Wie entwickelt sich das Projekt über die Zeit? visieren“ und andere Interplay-Techniken trainieren. VF: Sehr gut, die erste Auflage unserer CDs ist be- Als Saxophonlehrer an der Uni hatte ich haupt- reits verkauft, das ist ein gutes Zeichen. Im Sommer sächlich Gebhard Ullmann, jedoch auch Stunden kommt die nächste CD-Aufnahme auf JazzWerkstatt bei Volker Schlott und Rolf von Nordenskjöld. Die Records. Das Booking ist meine Sache und ein Ensembles, bei denen ich mitgemacht habe, waren Punkt, an dem man stetig dran bleiben muss, damit exzellent, z.B. eines zur Musik von Miles Davis und man am Spielen bleibt. Selber der Motor zu sein, ist Wayne Shorter oder ein freies Ensemble geleitet von einerseits gut, denn man weiß ständig bescheid, wie Gebhard Ullmann. die Bookingagenden stehen, andererseits aufwändig und anstrengend, weil man immer persönlich die GW: Wie ist die Berliner Szene im Vergleich zur Wiener? Verantwortung hat. Insgesamt haben wir durchaus VF: In Berlin ist es noch großstädtischer: Es gibt mehr Glück gehabt, dass alles gut ins Laufen gekommen MusikerInnen, mehr Angebot, schlecht bezahlte Jobs und nicht selten sieben neben der Bühne angestellte Ziel muss es sein, selber von Saxophonisten bei einer Session. Auf jeden Fall ist Berlin eine gute und lässige Stadt zum Leben. In Wien anderen für Kooperationen dagegen ist alles sehr überschaubar, in der Szene ken- eingeladen zu werden. nen sich alle. Während meiner Zeit in Berlin habe ich ) viel tolle MusikerInnen entdeckt und beeindruckende Konzerte erlebt von „unbekannten“ Künstlern, wenn ist. So haben wir letztes Jahr einmal in der Slowakei ich einfach nur durch die Clubs gestreift bin – das und einmal in Athen gespielt, und im Sommer waren echte Highlights für mich. hatten wir Jazzfest Wien und Jazzfest Wiesen. In Hradec Králové, Tschechien, waren wir im Finale GW: Wie siehst du dich selbst musikalisch? des Wettbewerbs „European Jazz Newcomer 2006“ VF: Modern Jazz bei mir, würde ich sagen, nicht Mainstream, nicht frei, obwohl das alles als Einflüsse " VIOLA FALB und in Spurenelementen natürlich immer wieder Geboren am 29.3.1980 in NÖ. auftaucht.  1998: Studium an der Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien GW: Machst du kommerzielle Ausflüge? Saxophon Klassik bei Oto Vhrovnik VF: Tanzmusik spiele ich nur äußerst selten, nicht und Christian Maurer weil ich etwas gegen die Musik hätte, sondern weil Saxophon Jazz bei Klaus Dickbauer ich nie in diese Szene eingetaucht bin. Regelmäßig und Wolfgang Puschnig spiele ich hingegen Jazz-Standard-Gigs. 2002: Abschluss des Pädagogikstudiums Saxophon Klassik mit Auszeichnung GW: Hast du vor, weiter in und von Wien aus zu arbeiten? 2003: Abschluss des Pädagogikstudiums Saxophon VF: Ich unterrichte zwei Tage an einer Musikschule, Jazz mit Auszeichnung dadurch bin ich auch auf Wien festgelegt. Sollte ich 2004/2005: Studienaufenthalt an der Hochschule für also einmal fortziehen, da müsste ein triftiger Grund Musik „Hanns Eisler“, Berlin vorliegen. Ins Blaue losrennen, das werde ich nicht. Unterricht bei Gebhard Ullmann, Volker Schlott, Jiggs Wieder einmal ein Jahr Bildungskarenz, das wäre Whigham, Rolf Zielke u.a. allerdings sehr fein und interessant. Letztlich kann 2004: Nominierung für den Hans Koller Preis man auch von Österreich aus eine Karriere weiter- „Newcomer des Jahres“ entwickeln, wenn man sich bemüht. Gewinnerin des Jazzzeit-Publikumspreises 2005: „The Austrian Sound of Music“ – Förderpreis GW: Ist das Arbeiten mit internationalen KollegInnen, des Bundesministeriums z.B. bei CD-Produktionen, unerlässlich für den Erfolg? 2006: ausgewählt für das EBU – European Youth Jazz VF: Es ist sicher nicht schlecht, wenn man diese Orchester – mit Europatournee Namen hat, aber letztlich muss die Musik gut sein. Gewinnerin des Jazzzeit-Publikumspreises Wenn das der Fall ist, braucht man wiederum nicht 2007: Abschluss des Magisterstudiums an der unbedingt die internationale Reputation der „einge- Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien, kauften“ MusikerInnen. Es ist nämlich gar nicht so Diplomarbeit über Hans Koller leicht, mit diesen jene Ergebnisse zu erreichen, die Ensembles/Projekte: man mit einer eingespielten Band mit Sicherheit und Falb Fiction mit Herbert Pirker, Christian Wendt und Regelmäßigkeit erzielt. Ziel muss es sein, selber von Philipp Jagschitz anderen für Kooperationen eingeladen zu werden. Phoen – Saxophonquartett mit Wolfgang Schiftner, Arnold Zamarin und Florian Fennes GW: Welche österreichischen Musiker sind Vorbilder Duo Falb-Satzinger: Österreichische Volksmusik für dich in gleichzeitig musikalischer und business- – neu interpretiert, umstrukturiert und ungewöhnlich technischer Hinsicht? besetzt VF: Da ist sicher , den ich u.a. www.falbfiction.com deshalb sehr schätze, weil er trotz internationaler Reputation immer wieder mit jungen, noch nicht so bekannten Musikern spielt, wie z.B. unlängst auf der Blue-Tomato-Session. Seine große Liebe zur Musik ist richtig fühlbar. Weitere Musiker sind Peter Herbert, Franz Hautzinger oder Max Nagl, die ganz hervorra- gend musizieren und international höchst erfolgreich arbeiten. Diese Musiker zeigen außerdem genau das vor, was mein Credo beim Musizieren ist: Man darf sich auf seinem musikalischen und kompositorischen Weg nicht zu viel beeinflussen lassen, man kann und soll Tipps annehmen, natürlich. Wenn man jedoch der Meinung ist, dies oder das muss so sein und so klingen, dann soll man es ganz genauso durchziehen. POP(ULAR)MUSIK "– SUBSTANZLOSER MÜLL-SOUND? VON MICHAEL HUBER

" Popmusik ist wieder ein Thema, nicht zuletzt falsche Grammatik fallen auf. Alles, was Modernität dank der TV-Serie „Weltberühmt in Österreich“. (= Zeitgenössisches) ausmacht, verbirgt sich meistens Rudi Dolezals Versuch, den für die 1970er und im elektronisch verfremdeten oder raffiniert zusam- 1980er Jahre guten und wichtigen „Austropop“ mengemixten Begleitgetue, ebenso oft in einer an die für Gegenwart und Zukunft zu reanimieren, wird Schmerzgrenze reichenden Lautstärke – aber auch zwar als solcher scheitern, regt aber immerhin ei- einer globalen Verbreitung. Damit wird U-Musik zu ne notwendige Diskussion darüber an, was denn einem primären gesellschaftlichen Faktor, der von Pop(ular)musik (aus Österreich) überhaupt sei. den Medien generell bedient, manchmal auch gesteu- Warum ist diese Diskussion notwendig? Weil über das ert wird (MTV, Viva, gotv …).“2 Wesen und die Bedeutung der Pop(ular)musik hierzu- lande alles Andere als Klarheit herrscht. Augenfällig Wer ein bisschen Ahnung von der Materie hat, kann wurde das kürzlich wieder in einem Lexikon, das über Form und Inhalt dieser „Wissens“-Vermittlung derzeit von Donauland und demnächst vom Styria- nur den Kopf schütteln. Doch leider ist das noch nicht Verlag aufgelegt wird1. Aufgrund der entsprechenden alles, was uns hier zugemutet wird. So erfahren wir Vertriebsnetzwerke wird dieses Buch wohl ein breites weiters, „U-Musik“ sei heute das Ergebnis eines „ka- Publikum finden, das dann u.a. folgendes zu lesen tastrophalen“ – vom deutschen Nationalismus aus- gehenden – Paradigmenwechsels, dessen Zielsetzung Diskussion darüber, was es gewesen sei, die Musik „als Transporteur außer- musikalischer Stimmungen zu verwenden.“3 Jetzt denn Pop(ular)musik (aus wissen wir’s also: Die an sich reine Musik wird zu Österreich) überhaupt sei. ihrem Schaden von den Vermittlern zweckentfrem- ) det. Aber auch die (U-)Musiker selbst bleiben nicht ohne Tadel, hätten sie doch (im Gegensatz zu den bekommt: „Ab den 1920er Jahren pendelte sich das E-Musikern) die Experimentierphase mit elektroni- kompositorische Niveau von Unterhaltungsmusik scher Klangerzeugung noch immer nicht abgeschlos- grosso modo auf eine Höhe ein, die (gemessen an den sen, weil deren Ausreizung nicht begriffen.4 Der Faktoren Melodik, Harmonik und Rhythmik) dem Autor sieht sich offenbar umgeben von Unwissenden Kompositionsstand einfacher Musiken um 1830 ent- und Unfähigen, die keine Ahnung haben, wie mit sprach. Es bleibt eine simple Dur/Moll-Simplizität. Musik adäquat umzugehen sei. Und er sieht sich In der Regel überschreitet man nicht die Stufen der als aufrechter Streiter wider das Unheil, denn „Die Kadenzformel (harmonisch I-IV-V, vielleicht VI), Globalisierung einer spezifischen amerikanisch orien- (1) Ackerl / Lehner / Sachslehner 2006 wobei (wie im „Volksmusik-Pop“) sich gelegentlich tierten Popmusik ist Tatsache. Sie ist Ausdruck eines (2) Manfred Wagner Dreiviertel-, Sechsachtel- und Zweivierteltakte hinein- imperialistischen, auf Konsum, ‚Fun’ und Oberfläche a.a.O., S. 254 schmuggeln, Metrum ist der einfache Viervierteltakt ausgerichteten substanzlosen Müll-Sounds, der die (3) a.a.O., S. 255 5 (4) a.a.O., S. 256 ohne differenzierte Betonungsqualität (Beat). Die Ohren verstopft und das Denken einnebelt.“ (5) a.a.O., S. 262 Texte sind oft simpel und dümmlich, viel Kitsch und

Nun, das könnte man jetzt achselzuckend hinnehmen, Aufkommen der Kurzform „Pop“ in den 1970er wohl wissend dass jemand mit solchen Ergüssen ex Jahren als Bezeichnung für eher kommerzielle, tenden- ira et studio sich in der Scientific Community selbst ziell unkritische Musik, oft als gedachter Gegensatz  disqualifiziert. Stimmt schon, irgendwann werden sie zum rebellischen „Rock“. Auch auf die Dichotomie nichts mehr zu sagen haben, jene Ewiggestrigen, die Unterhaltungsmusik (U-Musik) / Ernste Musik (E- es nicht verwinden können, wenn ihrer Vorstellung Musik) stößt man in diesem Zusammenhang bis- vom Wahren, Schönen und Guten jegliche gesell- weilen immer noch, obwohl diese Kategorisierung in schaftliche Relevanz abhanden kommt. Bedenklich Fachkreisen längst als überholt gilt. Die (auch wer- ist jedoch, dass sich anno 2006 ein renommierter tende) Unterscheidung zwischen E und U war eine Verlag findet, der solche Publikumsbeschimpfung Eigenart des deutschen Sprachraums und stets Quelle als Aufklärung publiziert. Weil der Autor Professor von Missverständnissen: einerseits verschwimmen an einer Kunstuniversität ist und der Amtstitel die Grenzen (z.B. in der Operette), andererseits als hinreichender Qualifikationsnachweis gilt? werden zur Unterhaltung gedachte Werke häufig Fachkompetenz bedeutet aber auch, dass man weiß, auch in ernsten Rahmen (z.B. die Strauss-Walzer was man nicht weiß, und unpassende Aufträge beim Wiener Neujahrskonzert) dargeboten – und uneitel ablehnt. Besagter Autor war dazu offenbar nicht in der Lage, mit der Folge, dass er beliebte Fachkompetenz bedeutet aber Vorurteile von der Abgehobenheit und Weltfremdheit der Wissenschaft nährt. Gleichzeitig regt sich der auch, dass man weiß, was man Verdacht von Ungeschick und Fahrlässigkeit der Herausgeber/innen, dass einfach nicht bekannt war nicht weiß, und unpassende (bzw. recherchiert wurde), wo diejenigen zu finden Aufträge uneitel ablehnt. sind, die wirklich etwas von der Sache verstehen.( Wie dem auch sei, die schweigende Mehrheit kann umgekehrt. Die Geschichte hat gezeigt, dass für kein sich noch zu Wort melden und ihre Sicht der Dinge kulturelles Phänomen eine mögliche Popularisierung klarmachen. Viele haben ein Gefühl dafür, was es ausgeschlossen werden kann. Regionale Volksmusik ist, das „Unschärfe-Phänomen ‚Pop’“6, oder was z.B. wird auf dem Weltmarkt oft als „World Music“ es nicht ist. Aber nur wenige wagen den Versuch, populär vermarktet (und als solche – ebenso wie verbindliche Orientierungsrahmen anzubieten.7 Ein der Jazz – eher als „Qualitätsmusik“ bewertet). Universitätsinstitut für Popularmusik muss sich hier Auch viele Werke der „Tonkunst“ sind heute weiter angesprochen fühlen, muss sich als Opinion-Leader verbreitet als andere Musikstücke, die ursprünglich positionieren, muss demonstrieren, dass nicht alle zur Unterhaltung der Massen gedacht waren, und Musikprofessoren durch den Erfolg anglo-amerikani- tauchen aufgrund ihrer Wirksamkeit in funktionalen scher Musik das Abendland in Gefahr sehen. Ich rufe Zusammenhängen (wie der Werbung) auf. daher jetzt und hier dazu auf, Diskussionsbeiträge „Pop(ular)musik“ muss m.E. für das gesam- abzuliefern, die in diesem Medium zur Publikation te Spektrum aller Musiken mit massenhafter gelangen können, und gehe mit gutem Beispiel voran. Verbreitung stehen, einer Vielfalt, die heute im Es folgt ein Definitionsversuch der Pop(ular)musik, deutschen Sprachraum neben der „Popmusik“ des der nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann aber alltäglichen Sprachgebrauchs vor allem Schlager, zu Widerspruch, Ergänzung, Korrektur anregen soll: Volkstümliche Musik, Rock, Musical, Dancefloor und HipHop beinhaltet. Allerdings lässt sich eine Sowohl „Popmusik“ als auch die akademischen Zuordnung immer nur zeitlich und örtlich begrenzt Bezeichnungen „Popularmusik“ und „populäre vornehmen, da gesellschaftliche Moden eine große Musik“ sind unglückliche Übersetzungen des eng- Rolle spielen – abgesehen von der Tatsache, dass lischsprachigen „popular music“, was in den USA auch in Volksmusik, Klassik, Jazz und Worldmusic (6) Fuchs / ursprünglich eine Sammelbezeichnung für die meist- einzelne Musikstücke sehr populär sind. Popularität Heidingsfelder 2004, verkauften Musikstücke war, also nicht ein stili- entsteht allerdings fast nie von sich aus, oft wird sie S. 292 stisches Merkmal sondern ein Etikett für das, was durch das Einbeziehen eines gedachten oder tatsäch- (7) Vgl. u.a. Middleton 1990, Wicke 1997, am Musikmarkt zur jeweiligen Zeit den größten lich vorhandenen Publikums und seiner Vorlieben Rösing 2001, Huber Absatz fand. Für zusätzliche Verwirrung sorgte das angestrebt. Im Prozess des Musikschaffens kann dies 2005 durch entsprechende Gestaltung der musikalischen " QUELLEN: Struktur gelingen, sowie über die Ermöglichung Ackerl, Isabella / Lehner, Johann / Sachslehner,  von Tanzen und/oder Mitsingen. Allerdings kann Johannes (Hg.): WISSEN! Antworten auf unsere gro- der Wunsch nach massenhafter Verbreitung auch ßen Fragen. Wien: Styria 2006 erst auf der Vermittlungsebene wirksam werden Fuchs, Peter / Heidingsfelder, Markus: MUSIC NO und nachträglich einer Produktion mit elitärem MUSIC MUSIC. Zur Unhörbarkeit von Pop. In: Soziale Systeme 10 (2004), Heft 2, S. 292-324 Für zusätzliche Verwirrung sorgte Huber, Michael: Popmusik. In: Rudolf Flotzinger (Hg.): Österreichisches Musiklexikon online (2005). das Aufkommen der Kurzform http://www.musiklexikon.ac.at „Pop“ in den 1970er Jahren. Middleton, Richard: What is popular music? In: ) Studying popular music. Milton Keynes: Open University Press 1990, p. 3-7 Anspruch zu Popularität verhelfen, unter Umständen Rösing, Helmut: „Populäre Musik“ – Was noch viele Jahre nach dem Entstehen des Werkes. meint das? In: Bullerjahn, Claudia / Erwe, „Pop(ular)musik“ ist also weniger als musikali- Hans-Joachim (Hg.): Das Populäre in der sche Form zu verstehen als vielmehr als kulturelle Musik des 20. Jahrhunderts: Wesenszüge und Erscheinung mit besonderer Breitenwirkung. Erscheinungsformen. Hildesheim: Olms 2001, S. 39-60 Wicke, Peter: Populäre Musik. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Sachteil 7. Kassel: Bärenreiter 1997, Sp. 1694-1704

" DR. MICHAEL HUBER Soziologe in Wien, seit 1998 am Institut für Musiksoziologie, seit H

M 2002 am iPOP. Vorstandsmitglied

V I H

C im ÖMR. R A

:

O Forschungsschwerpunkte: T O F Arbeits- und Lebensbedingungen von Musikschaffenden; Strukturen des gegenwär- tigen Musiklebens; Jugendkultur, Sozialisation und Medienrezeption; Populäre Musik, Jazz und elektro- nische Musik; Kultursoziographie MUSIK FÜR DIE DANCING STARS Das ORF Dancing Stars Orchester R E L F A H C S

I L A / F R O

: O T O F

GÜNTHER WILDNER IM GESPRÄCH MIT JUCI UND ALBIN JANOSKA, MARTIN FUSS UND HERBERT PICHLER ÜBER SPEZIFIKA VON FERNSEHBANDS, MUSIKALISCHE ENERGIE UND LEIDENSCHAFT, EINEINHALB-MINUTEN-ARRANGEMENTS UND KABEL IM ORF " GW: Wieviel Leidenschaft und wie viel Arbeit als und macht dabei ebenfalls Songvorschläge, hat „Job“ sind bei der Dancing Stars-Musikertätigkeit im die Position eines Musiksupervisors und ist unser  Spiel? Bindeglied zum ORF. HP: Dafür dass es um Quote und Geld geht, ist un- MF: Er kann in beschränktem Ausmaß Titel fördern glaublich viel Leidenschaft dabei. Ich habe es bisher oder verhindern. kaum erlebt, dass mit dem Einschalten der Kamera HP: Wir MusikerInnen sind in gewissem Sinne autark auf 70m2 soviel positive Energie und Musik ent- gegenüber dem ORF, sind rein für die künstlerische steht. Umsetzung zuständig.

GW: Du dirigierst meiner Beobachtung nach mehr Big GW: Wer hat das Orchester zusammengestellt? Band-mäßig als Orchester-mäßig? HP: Thomas Rabitsch und ich. Wir sind natürlich HP: Ich dirigiere überhaupt nicht – na ja, vielleicht viele Namen durchgegangen. Orientiert haben wir doch. Meine Tochter sagt übrigens, dass ich winke. uns Section-weise, also wer soll die Rhythmusgruppe Im Wesentlichen geht es ja um das Einstudieren, das sein, wer der Chor usw. Es ist von großer Bedeutung, ob der Schlagzeuger gut mit dem Bassisten kann und ähnliche Dinge. Wir haben also nach einem Ich dirigiere überhaupt nicht – na Bausteinprinzip das Ensemble gebildet. Es ist uns ja, vielleicht doch. Meine Tochter glücklicherweise gelungen, das Orchester nicht nur sagt übrigens, dass ich winke. künstlerisch, sondern auch nach Kriterien der per- ) sönlicher „Chemie“ optimal zu besetzen. Das ist bei so einer Tätigkeit entscheidender, als man vielleicht ist die halbe Miete, dann läuft es. Eindeutige Klarheit zunächst annehmen möchte. muss bei Anfang und Ende der Sendung sein, bei Übergängen und Einsätzen. Ich bin speziell für diesen GW: Ihr habt ja ein großes Probenpensum zu absolvieren ... verbindenden Klebstoff verantwortlich, muss auf die HP: Mit der Zeit werden die Probenzeiten konzen- Synchronizität von Musik und Bildern achten. Die trierter, effizienter und dadurch kürzer, weil man Songs sind in einem Korsett, die dürfen nicht länger schon gewisse Vorgänge weiß und kennt. Z.B. ist als eineinhalb Minuten sein – mit Stoppuhr gestoppt. der Donnerstag, der der wöchentlichen Fernsehshow Wir spielen stets mit Metronom, mit Klick – ich zeige vorausgehende Tag, extrem effizient geworden, wo Balancen an, nehme Abstimmungen vor. in fünf Stunden alle Titel und Tänze durchgeprobt MF: Herbert ist der einzige, der das Gesamte zusam- werden. menhalten kann, nur er hat alle Informationen. Wir müssen aufmerksam und schnell das realisieren, was GW: Wann beginnt eure Arbeitswoche? er uns zeigt. JJ: Am Dienstag, da steht der Chor bereits im JJ: Dabei ist Herbert als Dirigent sehr beruhigend, er Studio. gibt uns Sängern immer genauestens die Einsätze, das MF: Im Studio deshalb, weil nicht für den Freitag, gibt noch zusätzliche Sicherheit. sondern den Freitag der kommenden Woche vorpro- HP: Ich habe über Ohrhörer ständig Kontakt mit der duziert und aufgenommen wird. Es sollen die ver- Bildregie, das beginnt mit dem Einstarten der MAZ bliebenen Tänzer ja nach ihrer Freitagsperformance und endet mit dem Abspann. zumindest mit einem Roughmix bzw. einer Beinahe- Endversion ihres nächsten Liedes/Tanzes zum Üben GW: Wie werden die Lieder ausgewählt? und Trainieren für die kommende Show nach Hause HP: Das ist ein redaktioneller Vorgang, mit dem wir gehen. Daraus ergibt sich, dass wir mit Sicherheit ein MusikerInnen nichts zu tun haben. Lied zu viel einstudieren und aufnehmen, es können MF: Es gibt eine Redaktion, die sich laufend über aber durchaus auch mehrere sein. Titel unterhält: Da kommen viele bekannte Titel, Der Produktionsprozess beginnt in der Regel mit aber auch immer wieder Ungewöhnliche. einem Midi-Layout, zu dem zunächst Chor und HP: Die Redaktion ist bunt besetzt mit Experten Bläser im Studio dazuspielen, die Rhythmustracks aus den Bereichen Tanz, Musik, Kostüme, Personal folgen dann am Mittwoch in der Probe. Dann sind etc. Thomas Rabitsch gehört dieser Redaktion an, alle Aufnahmen fertig und wir haben die Sendung eingeprobt. Mit diesen Recordings gibt es natürlich AJ: Teils, teils. In den Proben wird doch noch einiges die Möglichkeit, die Live-Performance in Teilen zu hinzugefügt und geändert, aber dafür probieren wir doppeln oder sonst irgendwie zu unterstützen, da ja gemeinsam.  geht es u.a. um ein „Fetter-Machen“ von Chor und JJ: Bei uns Sängern gibt es immer Veränderungen, Bläsern. denn wir bauen die Chorarrangements doch meistens JJ: Der Sologesang wird natürlich auch für die Tänzer zum Üben aufgenommen. Chöre müssen wir auch vorbereiten, denn wenn eine von uns zwei Wir haben da schon einige Sängerinnen bei der Show solo singt, dann kann die Erfahrung miteinander, weil andere natürlich nicht alle weiblichen Chorstimmen live beisteuern. wir in dieser Besetzung seit HP: Z.B. Carmina Burana oder ähnliches, wo ein Starmania 1 zusammenarbeiten. Hundert-Personen-Chor komponiert ist. ( GW: Wie ist die Aufteilung der Solospots bei euch Sängern? um, damit die Lagen für uns passen. Wir haben da JJ: Es ist in der Regel ein kleiner Überhang von schon einige Erfahrung miteinander, weil wir in die- Männer-Liedern. Sonst schauen wir, was wem bes- ser Besetzung seit Starmania 1 zusammenarbeiten. ser passt und liegt. Da haben wir noch immer eine Vieles läuft da bei uns schon automatisch ohne spe- Lösung gefunden. zielle Ausmachung. MF: Das gilt für alle Sections, dass man sich das GW: Wer arrangiert die Titel? Notenmaterial ein bisschen „herrichten“ muss, damit HP: Thomas Rabitsch und ich haben in der ersten es besser funktioniert. Bei uns ist die Besetzung mit Zeit sehr viel selber arrangiert, sonst kommen die be- fünf Bläsern (2 Trompeten, 1 Posaune, 2 Saxophone) kanntesten Arrangeure zum Zug wie Gerrit Wunder, optimal, es klingt sehr kompakt. Bobby Gutdeutsch, Erwin Bader, Peter Paul Skrepek, Christian Mühlbacher, Richard Österreicher etc. GW: Man hat im Fernsehen den Eindruck, dass ihr mit großem Spaß an der Sache dran seid? GW: Ihr spielt ja auch in verschiedener Besetzung ... HP: Ja, das sind wir, und das wird auch im Fernsehbild HP: Das ist richtig. Bei der ersten Staffel hatten wir und -ton spürbar, das kollektive Ergebnis beruht auf 12 StreicherInnen dabei, sonst gibt es auch ab und dem Einsatz des Einzelnen. Ich brauche auch tatsäch- zu Akkordeon, gerade setzen wir bei einem Johann lich diese starke Energie, die auf unserem Bandplatz Strauss-Walzer ein Mellophon ein, das Bernhard entsteht, damit der klingende Output diese Qualität Rabitsch spielt. Sonst haben wir zur Zeit nur sieben und Intensität erreicht. Nach „Masquinada“ in der StreicherInnen dabei, beim Walzer natürlich schon letzen Sendung, wurde ich oftmalig darauf angespro- in tragender Funktion, d.h. wir sind flexibel, die chen, dass es erstaunlich ist, was da rüber kommt. Grundbesetzung ist aber immer am Start. Martin und ich haben Orchestererfahrung u.a. JJ: Wir Sänger dürfen auch hin und wieder Percussion im Musicalbereich, können daher diese besondere machen, gerade „spielen“, d.h. singen Monika Bandkonstellation und -energie gut beurteilen und Ballwein und ich Guica bei einem Stück. schätzen. MF: Im Vergleich zum Musical-Spielen bringt das GW: Wie teilt ihr, David Lackner und du, euch die Dancing Stars Orchester natürlich auch eine grö- Keybords auf? ßere Abwechslung, weiters sind nicht so viele AJ: Einer spielt Klavier und Keyboards, einer spielt Aufführungen. Motivierend ist natürlich auch ein ein Fender Rhodes und Keyboards. Zumeist sind die 1,2 Millionen zählendes Fernsehpublikum. Stücke von einem dieser beiden Hauptinstrumente JJ: Für uns Sänger ist es einfach eine Ausnahmege- getragen, der andere Spieler ist dann für zusätzliche legenheit, mit so einer riesigen Besetzung inklusive Stimmen und Sounds, z.B. Orgeln etc., zuständig. Streichern, einem so tollen Bläsersatz und Percussion spielen/singen zu können. Bei 99 Prozent aller son- GW: Kommt diese Instrumentierung und Aufteilung stigen Gigs geht sich das schon rein vom Budget her schon sehr genau im Arrangement notiert zu euch? nicht aus. MF: Der Unterschied vom Dancing Stars Orchester Alle vier Musiker/Innen unterrichten am Institut zu früheren Fernsehbands, bei denen ich dabei war, für Popularmusik und gehören dem ORF Dancing  ist sicher diese Begeisterung und positive Energie Stars-Orchester an, mit dem sie während der und Ausstrahlung. Früher ging es doch über weite Sendungslaufzeiten wöchentlich vor einem sieben- Strecken zu verbeamtet zu, was teilweise der Energie stelligen Fernsehpublikum performen. und Musik schon geschadet hat. Das ist jetzt kein http://tv.orf.at/dancingstars Pauschalvorwurf gegen die damaligen Musiker, nur gab es welche, die lieber nicht gespielt als gespielt " JUCI JANOSKA haben. Allerdings waren Strukturen und Zeitabläufe Gesang früher klarer, aber gesamt gesehen ist die jetzige Unterrichtet am iPOP „Gesang der Situation viel besser, weil sich niemand zurücklehnt, Popularmusik“ für Studierende der sondern alle Einsatz und Gas geben. Musikerziehung www.juci.at Der Punkt ist, dass wir " ALBIN JANOSKA Dienstleister sind und daher Klavier, Keyboards das möglichst Beste aus uns Unterrichtet am iPOP „Klavierpraktikum“ und herausholen müssen. „Gehörbildung Popularmusik“ ) www.myspace.com/janoska AJ: Ich brauche grundsätzlich diese spürbare und po- sitive Energie zum Musik-Machen, ganz egal was ich " MARTIN FUSS spiele. Ich muss alles geben, egal ob gerade „Volare“ Saxophone, Flöten, Klarinetten aufgelegt wird oder ... Unterrichtet am iPOP das Hauptfach HP: Fascination! „Saxophon der Popularmusik“ MF: Der Punkt ist, dass wir Dienstleister sind und da- www.martinfuss.com her das möglichst Beste aus uns herausholen müssen - genau in dem Moment, wo es darauf ankommt. Ein " HERBERT PICHLER P H „Heute freut es mich nicht“ hat da keinen Platz. Bandleader, Dirigent V I H C

R AJ: Und die Summe der guten Einzelenergien macht Unterrichtet am iPOP das A

, R

E dann das Gesamtergebnis. Hauptfach „Tasteninstrumente der H C A

R Popularmusik“ T S I P

T GW: Was erwartet ihr euch von der ORF-Reform? www.ipop.at R E B

O AJ: Neue Kabel ... (großes Gelächter), nein: Mehr R

, J A spezifische Kultur und nicht nur fünf Minuten quer V I H C

R durch den Kulturgemüsegarten, Spotlights auf junge A

, A T

A Szenen in Österreich. R W

A JJ: Ich hätte mir neue Gesichter am Bildschirm N

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C erwartet. Was ich aber bisher mitbekommen habe, ist S I M

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S das eher nicht so der Fall. O T O

F MF: Man darf sich natürlich nicht zuviel erwarten ... FELDFORSCHUNG AM DANCEFLOOR JUGENDSZENEN UND MUSIK - ERGEBNISSE EINES FORSCHUNGSPROJEKTS VON MARTIN SIGMUND

" DIE MUSIKALISCHE GESAMTHEIT Die Musikuniversitäten haben sich in den vergangenen Jahrzehnten für ein breites musikalisches Spektrum geöffnet: Jazz, Pop und Rock aber auch Volksmusik und World-Musik sind mittlerweile hier zu fin- den. Das entspricht der Idee der „Universitas“ (lat. „Gesamtheit“), wenngleich der Gründungsgedanke der Musikakademien einst die Ausbildung klassi- scher Orchestermusiker war. In diesem Sinn sind die Musikuniversitäten aufgerufen, ständig nach Wegen, die musikalische Gesamtheit zu erfassen, zu suchen.

Eine Befragung unter Studierenden einer ) 2 (

6 0

Lehrveranstaltung an der Wiener Musikuniversität 0 2

D im Oktober 2006 zeigte das breite stilistische N U M G Spektrum: Rock- und Popmusik, Jazz und impro- I S

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visierte Musik, Klassik und zeitgenössische Musik, S O T O

Volksmusik, Folk- und Worldmusic, aber auch F Schlager und volkstümliche Musik waren gut re- präsentiert. Schwach war nur ein Stilfeld vertreten: DER ETHNOGRAPHISCHE BLICK das Feld „Dance“, zu dem HipHop, House, elek- Wenn Ethnologen Phänomene und Praktiken in einer tronische Musik und Techno zählen. Eine Erklärung tribalen Gesellschaft im Amazonasgebiet beobach- dafür liegt nahe: Alle Studierenden müssen eine ten, ist die Frage, ob die entsprechenden Praktiken (1) vgl. etwa anspruchsvolle Aufnahmsprüfung auf einem traditio- der hochtechnisierten europäischen und amerika- LIEDLOFF, Jean: nellen Instrument (dazu zähle ich auch E-Gitarre und nischen Industriegesellschaft „besser“ oder „wert- Auf der Suche nach Keyboards) bestehen, die Instrumente der Dance- voller“ wären ohne jede Relevanz. Wenn dennoch dem verlorenen Glück. Gegen die Musik (Turntables, Drum-Machines, Sampler, DJ- eine Wertung auftritt, stellt sie sich häufig gerade Zerstörung unserer Mixer usw.) sind nicht darunter. umgekehrt dar: Bestimmte Praktiken eines primiti- Glücksfähigkeit in Im Jahr 2006 initiierte ich gemeinsam mit Harald ven Stammes werden als vorbildlich auch für unsere der frühen Kindheit. München 1982. Hier 1 Huber ein Forschungsprojekt an der Wiener Gesellschaft präsentiert. wird der Umgang der Musikuniversität, um diese Lücke in der musi- Das Hauptinteresse gilt der Andersartigkeit und den Yequana-Indianer im kalischen Universitas zu erkunden. Dazu standen anderen Maßstäben und Regeln der beobachteten Dschungel Venezuelas mit ihren Kindern mir reiche Erfahrungen früherer Feldforschungen Gruppe. Die Vorstellung, dass einem Indianerstamm als Schlüssel zu in Jugendszenen zur Verfügung. Diese früheren durch Missionierung im Sinne europäischer Kultur einem glücklichen Erfahrungen und die Ergebnisse der neuen Studie geholfen wäre, erscheint uns heute absurd. Und wir und harmonischen basieren auf dem folgenden Grundgedanken, einer blicken mit Abscheu auf die ignorante Haltung und Zusammenleben dargestellt. Das Buch besonderen pädagogischen Haltung. das brutale Vorgehen der Conquistadores im 16. und wurde ein Bestseller. 17. Jahrhundert gegenüber den lateinamerikanischen Damit meine ich den Versuch, die Szene so weit wie Hochkulturen (die die Eroberer vermutlich nicht ein- möglich durch die Augen eines Angehörigen der  mal als Kulturen wahrgenommen hatten). Szene zu sehen und damit die Erscheinungsformen Die Ethnologie stellt ein wichtiges Werkzeug für die auch richtig zu deuten. Betrachtung und Erforschung von Jugendszenen zur Was aber versteht man eigentlich unter einer Verfügung: diesen „ethnographischen Blick“. „Szene“? Mit dem ethnographischen Blick ist die Anwendung eines Zugangs auf Gruppen in unserer eigenen SZENE Gesellschaft gemeint: „Bei der Analyse von au- Der Begriff der Szene wird in der Soziologie unter- ßereuropäischen Stammesgemeinschaften gewonne- schiedlich interpretiert. Gerhard Schulze betrach- ne Einsichten werden auf Subkulturen in komple- tet Szenen als Gruppen von Menschen, die als xen Industriegesellschaften übertragen. Man sucht „Publikum“ die gleichen Erlebnisangebote konsu- nach Homologien zwischen musikalischen Formen, mieren: „Szenen bestehen in der Vernetzung lokaler kulturellen Praktiken und sozialen Verhältnissen.“ Publika.“ (SCHULZE, S. 469) Als solche nennt er (HUBER 1998, S. 41) z. B. die Hochkulturszene, die Kneipenszene oder die Sportszene. Als weiteres Charakteristikum führt Der Geschmack wird als Schulze die lokale Ausprägung von Szenen an: „Eine empirische Analyse von Szenen müßte bei einer über- Sinnbild spezifischer Lebens- regionalen Studie ins Leere laufen.“ (SCHULZE, bedingungen interpretiert. ebd.) ) Im Gegensatz dazu stellt Ronald Hitzler „Szene“ als „ein weltumspannendes, globales – und ohne inten- Die Arbeiten Pierre Bourdieus sind wunderbare sive Internet-Nutzung der daran Beteiligten kaum Beispiele dieser ethnographischen Einstellung. Sie noch überhaupt vorstellbares – Gesellungsgebilde“ führen Bourdieu unter anderem zu der Erkenntnis, dar (HITZLER, S. 3), wobei anzumerken ist, dass dass die eigenen Präferenzen hinsichtlich Musik, die Bedeutung des Internet zwischen 1992 (Schulze) Literatur, bildender Kunst, Kleidung oder Ernährung und 2006 (Hitzler) dramatisch gestiegen ist. Stärker bestimmt sind von der jeweiligen Position im ge- noch als Schulze betont Hitzler die prinzipielle sellschaftlichen Raum. Der Geschmack anderer Offenheit von Szenen im Unterschied zu traditionel- Menschen kann daher nicht „schlechter“ oder „min- len Gesellungsformen wie Berufsverbänden, Ständen, derwertig“ sein, sondern entspricht eben genau oder Religionen: „eine Gemeinschaft, in die man einer anderen Position in der Gesellschaft. Harald nicht hineingeboren oder hineinsozialisiert wird, son- Huber über Bourdieu: „Der Geschmack wird als dern die man sich aufgrund irgendwelcher Interessen ‚Sinnbild’ spezifischer Lebensbedingungen interpre- selber aussucht“ (HITZLER, ebd.) tiert.“ (HUBER 1998, S. 41). Dieser Szene-Begriff diente in unseren Forschungen Da der ethnographische Blick die Sicht auf die eigene als Orientierung. Wir duldeten jedoch auch kleine Position einschließt, werden andere Menschen und Abweichungen, wenn eine gesellschaftliche Gruppe, andere Positionen niemals als bloße Objekte wahr- die sehr interessant erschien, nicht genau dieser genommen, die dem Voyeurismus des Forschers aus- Szene-Definition entsprach. So waren etwa die hoch- geliefert sind. Vielmehr handelt es sich bei dieser Art gradig vernetzte Gruppe der Farbigen im Raum Wien Forschung um einen Brückenschlag zwischen auto- oder die türkischen Diskotheken („oriental“) wichti- nomen Individuen bzw. unterschiedlichen Positionen ge und ergiebige Forschungsfelder. Die Zugehörigkeit im soziokulturellen Raum. So entsteht zwangsläufig zu diesen Gruppen sucht sich niemand selbst aus. eine Haltung des Respekts gegenüber Lebensstilen, die sich vom eigenen unterscheiden. SOUNDSYSTEMS, SKINHEADS In der Jugendszenen-Forschung muss der ethnogra- UND FREIE CHRISTEN phische Blick aber über die Haltung des Respekts hin- Im Jahr 1996 begann ich mit den Studierenden ausgehen. Es geht nicht nur darum, einen Überblick des Instituts für Sozialpädagogik der Stadt Wien über die Erscheinungsformen der jeweiligen Szene zu Feldforschungen zu Jugendkulturen zu planen und bekommen, sondern vielmehr um den Durchblick. durchzuführen. Diese Forschungen fanden vor dem Hintergrund sozialpädagogischer Interessen statt. die Bedeutung von Musik in Jugendszenen, vestimen- Das sozialpädagogische Arbeitfeld ist den meisten täre und sprachliche Codes, Kultur-Simulationsspiele LehrerInnen kaum bekannt, obwohl es in ihre Arbeit usw.  hinein wirkt und für diese von großer Bedeutung ist. In einer zweiten Phase werden Teams gebildet, die SozialpädagogInnen sind überwiegend in der statio- in einer Szene ihrer Wahl recherchieren. Diese Phase nären außerschulischen Kinder- und Jugendbetreuung wird von handlungsorientierten Lehrveranstaltungen tätig. Sie betreuen Kinder in Wohngemeinschaften begleitet, z.B. Präsentationstechnik, spezielle Möglich- oder Heimen, wenn deren Familie diese Aufgaben keiten der Fokussierung (Geschlechterrollen, Sprache, nicht wahrnimmt oder innerhalb der Familie für das Hierarchien usw.) und Betreuungsstunden für die Kind eine Gefährdung besteht. Die häufigsten Anlässe, einzelnen Teams. die eine solche „Fremdunterbringung“ erforderlich In der dritten Phase bereiten die Teams mit dem machen sind Verwahrlosung, Sucht, Gewalt und von ihnen gesammelten Materialien und Daten (z.B. sexueller Missbrauch in der Herkunftsfamilie. Ein Fotos, Video, Interviews, Tonträger, Plakate und anderer Grund sind persönliche Schicksalsschläge, Flyer, T-Shirts usw.) ihre Präsentationen vor und z.B. Krankheit oder Tod der Eltern. führen diese durch. Für die Arbeit der SozialpädagogInnen und auch für die Arbeit der LehrerInnen ist es wichtig, ein Bild Untersucht wurden z. B. folgende davon zu haben, wo sich die Jugendlichen in ihrer Freizeit aufhalten und womit sie sich beschäftigen. Szenen: Skater, Punks, Gothics, Dieser Ansatz bestimmt die so genannte „aufsuchen- Metal, Skin Heads, Sound Systems, de Jugendarbeit“. Die aufsuchende Jugendarbeit wartet nicht auf die Kinder und Jugendlichen, bis LAN-Parties, HipHop, Break- diese den Weg in die Einrichtungen finden oder von dance, Freie Christen, Hardcore, sich aus hinkommen (oder vielleicht auch nicht), son- dern sie geht direkt dorthin, wo sich die Kinder und Psychobilly, Goa, Sprayer usw. Jugendlichen aufhalten. ( Im Sinn dieser Methode begannen im Jahr 1996 Zum Abschluss werden die Rückmeldungen der erste Versuche, gemeinsam mit den Studierenden Besucher der Präsentation eingeholt, das Projekt vor Ort und systematisch Informationen über ak- wird reflektiert und ausgewertet. tuelle Jugendszenen in Wien zu sammeln. Diese Im Lauf des Projekts lernen die Studierenden Feldforschung wurde jährlich wiederholt und ak- viele handwerkliche Techniken (Fragetechnik, tualisiert, wobei sich immer mehr Lehrende des Fotografieren und Filmen, Präsentationstechnik Instituts dem Projekt anschlossen und ihre spezi- usw.), erweitern ihren gesellschaftlichen Horizont fischen Kompetenzen einbrachten. Die folgende und erwerben eine respektvolle Haltung gegenüber Kurzdarstellung informierte über die Grundidee, die Menschen, deren Lebensstil sich vom eigenen unter- Methoden und den Verlauf des Projekts: scheidet. Untersucht wurden z. B. folgende Szenen: In sechs Teams spüren die Studierenden sechs ver- Skater, Punks, Gothics, Metal, Skin Heads, Sound schiedene Jugendszenen in Wien auf, um deren Systems, LAN-Parties, HipHop, Breakdance, Freie Lebensstil, Haltungen, Symbole, Werte usw. kennen Christen, Hardcore, Psychobilly, Goa, Sprayer usw. und verstehen zu lernen. Insgesamt wurden zwischen 1996 und 2002 rund Die Ergebnisse der Recherche werden in einer dreißig verschiedene Szenen untersucht, einige davon öffentlichen Präsentation dargestellt. mehrmals. 150 Studierende und sieben Lehrende Ablauf: waren an den Projekten beteiligt. In einer Einführungsphase werden in mehre- ren Lehrveranstaltungen wesentliche Aspekte des Hier einige kurze Beispiele aus den Ergebnissen: Themas ”Jugendszenen / Jugendkulturen” bespro- In den USA ist Skateboard fahren ein Massensport, chen: Was ist Kultur? Nach welchen Kriterien las- der allen Gesellschaftsschichten offen steht und keine sen sich Kulturen beschreiben? Offensichtliche und distinktiven Merkmale im Sinn eines gesellschaftli- versteckte Merkmale von Kulturen, Alltagskultur, chen oben und unten kennt. In der Wiener Skater- Szene wird hingegen konsequent hochdeutsch bzw. genannte „orgas“ – sind in der Regel selbst keine englisch gesprochen. Warum? Das Skateboard kam Gamer. Ihr Interesse gilt der schwierigen Aufgabe,  nach Wien über die Vienna International School, eine in kürzester Zeit eine riesige Zahl vollkommen un- Privatschule, die allein durch die Höhe des Schulgeldes terschiedlicher Computer zu einem funktionierenden hoch selektiv ausschließlich der Oberschicht offen Netzwerk zu verbinden und dieses Netzwerk für die steht. Ein anderes interessantes Ergebnis aus dieser Dauer der Party am Laufen zu halten. Dies gilt unter Szene war die Bedeutung von Verletzungen, die man Netzwerktechnikern als Spitzenleistung. sich beim Skateboard fahren zugezogen hatte. Solche Verletzungen werden als Auszeichnung verstanden Die Gruppe der Skin Heads zu beforschen erforder- und bringen Respekt. Blutende Schürfwunden sind te einigen Mut. Dabei stellte sich heraus, dass die in Skatermagazinen nicht selten sogar als Werbesujet Gleichsetzung von Skin Heads mit rechtsradikalen zu finden. Gruppen in mehrfacher Hinsicht zu kurz greift. Zum ersten gibt es mehrere Subgruppen der Skin Heads, Die Gothic-Szene wurde zwei Mal untersucht, mit darunter auch anti-rassistische wie etwa S.H.A.R.P. einem Abstand von zwei Jahren dazwischen. Zum (Skin Heads Against Racial Prejudice). Zum zweiten ersten Untersuchungszeitpunkt handelte es sich um stellte sich heraus, dass die Verwendung von Nazi- eine sehr kleine und isolierte Szene mit eher höhe- Symbolen durch Skin Heads kaum reale politische rer Altersstruktur, die aus der Gruftie-Bewegung Hintergründe hat, sondern es schlicht um Provokation der 1980er Jahre über geblieben war. Diese schwer geht. Dazu eigenen sich Nazi-Symbole besonders gut. zugängliche Community traf sich im Rahmen von Andererseits ließ sich aber feststellen, dass neona- geschlossenen Veranstaltungen in eigens dafür ange- zistische Organisationen diese Tendenz nutzen und mieteten Burgen oder Schlössern. Die Frage, die sich versuchen, die Skin Head-Szene zu infiltrieren. Da stellte, war: „Gibt es diese Gruppe überhaupt noch, die Forschung schon einige Jahre her ist, ist davon und wenn, dann wie lange noch?“ Nach zwei Jahren auszugehen, dass dieser Prozess inzwischen fortge- war die Szene dramatisch gewachsen und hatte schritten ist. An rechtsradikale Musik-Tonträger enorm an Einfluss auf andere Szenen gewonnen, die heranzukommen, war für das Forschungsteam üb- sich nun als Sub-Szenen verstanden, z. B. die Death- rigens sehr einfach: Die CDs wurden in einer Filiale Metal oder die SM (Sado-Maso) Szene. Mittlerweile der Firma Niedermeyer angeboten. (2006) prognostizieren Trendforscher einen starken Einfluss der Gothic-Szene auf den Mainstream. In den Medien kaum wahrgenommen und stark unter- schätzt wird die große Szene der Freien Christen mit Die Ergebnisse dieser Feld- ihren zahlreichen Untergruppierungen. Unabhängig von den anerkannten Kirchen blühen Bibelrunden, forschung stehen im Gegensatz Gebetsgruppen, freichristliche Musikveranstaltungen zu weit verbreiteten Meinungen. und auch ein reger Handel mit allerlei entsprechen- ) den Waren. Unter den gesammelten Materialien fand sich ein umfangreicher Versandkatalog. Er enthielt LAN-Parties sind Veranstaltungen, bei denen sich nicht nur Bücher und Tonträger mit verschiedenster bis zu 1000 Computerspieler treffen, ihre Computer christlicher Musik (unter anderem waren christlicher vernetzen und tagelang gegeneinander spielen. Metal, HipHop und sogar Techno vertreten), sondern Die Spieler sind lokal in „Clans“ organisiert, die auch Kaffeetassen, Teller, Badetücher, Bettwäsche, T- Sportmannschaften vergleichbar sind und zusam- Shirts usw. mit Jesus-Bildern oder anderen christlichen men für die großen LAN-Events trainieren. Bei den Motiven. Der US-amerikanische Einfluss in der Szene Parties, die meist in großen Hallen (Turnsäle, Viehv ist nicht zu übersehen. Regelmäßige Veranstaltungen erssteigerungshallen) in ländlichen Gemeinden statt- heißen z. B. „Prayer Nights“ oder „Vision Parties“. finden, stellt die Stromversorgung ein Hauptproblem Die Haltungen der freien Christen lassen sich nur dar. Wenn man davon ausgeht, dass ein PC etwa 300 schwer in den Antagonismus konservativ-progressiv W verbraucht, sind daher für eine große LAN-Party einordnen: Während einerseits der Papst abgelehnt 300.000 W erforderlich, die an keiner Steckdose zu wird, gilt andererseits ein striktes Verbot von vorehe- finden sind! Die Organisatoren der LAN-Parties – so lichem Geschlechtsverkehr. Sound Systems sind kleine Teams, die mit eigenen Hitzler an der Universität Dortmund. Er beschreibt Ton- und Lichtanlagen illegale Techno-Parties an Jugendszenen nach folgenden Kategorien: ungewöhnlichen Orten veranstalten. Dazu bauen sie "intro (Kurzbeschreibung der Szene)  ihre Anlagen in unglaublicher Geschwindigkeit in "history (Herkunft und Vorgeschichte) leer stehenden Hallen, Steinbrüchen, Höhlen usw. "facts&trends (Umfang und Entwicklung der auf und ab. Die Parties enden mit dem Auftreten der Szene) Polizei, der gegenüber die Haltung weniger feindselig "fokus (worauf ist die Szene ausgerichtet: Sport, ist, als man vermuten könnte. Manchmal scheint es Tanzen, Rollenspiele, politisches Engagement ...?) sich eher um ein humorvolles Katz-und-Maus-Spiel zu "einstellung (Grundhaltung zum Leben und zur handeln. Unser Forschungsteam begleitete ein Sound Gesellschaft) System, das plante, in eine leer stehende Lagerhalle "lifestyle (Mode, Genuss- und Rauschmittel ...) eines Autoteile-Händlers im Süden Wiens einzubre- "symbole (aussagekräftige Symbole waren z.B. chen und mit mehreren hundert Party-Besuchern das mit schwarzem Filzstift auf den Handrücken rechnete. Dabei sickerte eine Information an die gemalte X in der Straight Edge-Szene, die Hose Polizei durch, welche ihr Eingreifen ankündigte. mit tiefem Schritt der Skateboarder oder die Daraufhin entschieden die Organisatoren, die Party Sicherheitsnadel bei den Punks. Es handelt sich um in den Lagerkeller der ehemaligen Liesinger Brauerei Gegenstände oder Handlungen, denen in der Szene zu verlegen. Diese Entscheidung fiel am späten eine spezielle Bedeutung zugeschreiben wird, die Nachmittag. Über welche Kommunikationskanäle von deren alltäglicher Bedeutung abweicht bzw. dann rund 500 (!) Partybesucher erfolgreich umgelei- über diese hinausgeht.) tet werden konnten, blieb ein Geheimnis der Szene, "rituale das auch das Forschungsteam für sich behalten "events musste. "treffpunkte "medien Die vollständigen Ergebnisse waren wesentlich "strukturen (z.B. Szeneabspaltungen und umfangreicher und ausführlicher als diese kurze Subszenen) Beispiel-Liste. Darüber hinaus wurde die Live- "relations (Beziehungen und Abgrenzungen Präsentation dem Forschungsfeld in vielen Punkten zu anderen Szenen) besser gerecht als die Schriftform: Personen erzähl- "literatur&links ten von ihren Erlebnissen in der Szene, zeigten Bilder und Objekte, und Musik wurde zum Teil Studierende verließen in vier sogar live gespielt. Teams ihr gewohntes Umfeld JUGENDSZENEN.NET - und lernten im Rahmen eines DAS FORSCHUNGSPROJEKT AN DER MUSIKUNIVERSITÄT Forschungsprojekts in Im Studienjahr 2005/06 wurde auf Anregung Kooperation der Institute für von Harald Huber und gemeinsam mit ihm das Forschungskonzept an der Universität für Musik Musikpädagogik und Popular- und darstellende Kunst Wien aufgegriffen und musik vier dance-orientierte adaptiert. Studierende verließen in vier Teams ihr gewohntes Umfeld und lernten im Rahmen eines Lebenswelten kennen. Forschungsprojekts in Kooperation der Institute( für Musikpädagogik und Popularmusik vier dance- Wir ergänzten im Rahmen unseres Forschungsprojekts: orientierte Lebenswelten kennen. Die Ergebnisse "gender dieser Feldforschung stehen im Gegensatz zu weit "musik verbreiten Meinungen und bieten selbst für Kenner Im Folgenden werden vier dance-orientierte Szenen be- überraschende Aspekte. schrieben. Eine detaillierte Auflistung der Ergebnisse Anregungen für die Struktur unserer Beobachtungen der Feldforschung finden Sie auf der Website fanden wir bei dem deutschen Soziologen Ronald „www.jugendszenen.net“. Reggae Diskotheken, wo sie pauschal als „Radaubrüder“ Die Angehörigen der Reggae Szene in Wien sind abgestempelt wurden. Anfangs gab es zwei Clubs,  mehrheitlich schwarz und männlich, im Alter von die auch orientalischen House spielten. In den weite- 15 bis ca. 40-50. Das Forschungsteam beobachtete ren Jahren mietete man eigene Clubs, wo ausschließ- auch weiße Personen aus verschiedenen europä- lich orientalische Musik gespielt wurde, und so kam ischen Ländern. Bei den meisten Events waren etwa es dann zu einer Trennung. Dadurch entstand eine 20-30% Frauen und 70-80% Männer anzutreffen. Art eigene türkische Dancemusikszene, weil zu den Musikerinnen gibt es kaum. Die Szene ist religiös do- Veranstaltungen nur mehr Menschen mit türkischer miniert (Rastafari) und homophob, Homosexualität Abstammung kamen. Die Bandbreite der Musik wird als falsch und unnatürlich, nicht von Gott ge- reicht von Pop bis House und lässt sich als ‚Oriental‘ wollt angesehen. beschreiben. DJs verwenden in ihren Remixes oft Samples von Instrumenten, die aus der traditionel- House len, folkloristischen Musik ihrer Heimat stammen: Derzeit (Erhebungszeitraum Jänner - Juni 2006) gibt Klarinette, Darbuha, Saz (türkische Langhalslaute), es in Wien zwei House - Szenen. Auf der einen Seite gezupftes Hackbrett ... stehen House - Events, bei denen die Musik eher Die Auswahl von vier dance-orientierten Szenen zielt im Hintergrund steht und es mehr ums „sehen und genau auf die eingangs angesprochene Lücke in der gesehen werden“ geht, eine Art „Lifestyle - Szene“. musikalischen „Universitas“. Demgegenüber steht die „Kernszene“, in der es pri- Die Forschungsergebnisse wurden am 14. Juni 2006 mär um die Musik geht. Die Mitglieder sehen sich als im Haydn-Saal der Wiener Musik-Universität öffent- „wahre“ House - Fans. lich präsentiert und sind nachzulesen auf der Website „www.jugendszenen.net“ Goa Goa ist eine Lebensphilosophie, die stark mit den Ideen LEBEN IN EINER MULTIKULTURELLEN der 68er Bewegung und indischen Lebensweisheiten GESELLSCHAFT – UNTERRICHTEN IN verbunden ist. Party, angenehme Atmosphäre und EINER MULTIKULTURELLEN SCHULE Respekt anderen und der Umwelt gegenüber werden Forschungen wie diese dienen nicht nur der groß geschrieben. Bei den Festen, die meist im Freien Erkenntnisgewinnung im Dienst der Wissenschaft. stattfinden und mehrere Tage dauern, wird eine Die Einübung in den „ethnographischen Blick“ abgeschlossene Welt mit psychedelischen Motiven ermöglicht das Zusammenleben in einer multikul- in der Dekoration, Licht und Musik aufgebaut. turellen Gesellschaft. Dabei wird auch deutlich, Unser Forschungsteam besuchte unter anderem dass multikulturelle Gesellschaften nicht nur durch die größte Open-Air Goaparty Mitteleuropas, das Migrationen entstehen, sondern bereits durch die Sonnenklang-Festival, das Ende Mai im Waldviertel vielfältigen kulturellen Ausprägungen innerhalb der bei der Burgruine Dobra auf einer Halbinsel am „homogen“ gedachten „inländischen“ Kultur ge- Dobra-Stausee stattfindet. geben sind. Die so verstandene Multikulturalität spiegelt sich praktisch in jeder Schulklasse und Die Einübung in den „ethno- betrifft daher LehrerInnen in hohem Maß. Der ethnographische Blick macht es möglich, die ei- graphischen Blick“ ermöglicht gene gesellschaftliche Position zu reflektieren und das Zusammenleben in einer die eigenen kulturellen Präferenzen als Ausdruck multikulturellen Gesellschaft. dieser Position zu verstehen (und nicht als „guten ) Geschmack“ schlechthin). Andererseits bildet er die Basis für einen respektvollen Umgang mit Menschen, Oriental deren Lebensstil sich vom eigenen unterscheidet. Seit den 90er Jahren gibt es in Wien eine eigenständi- Eine gängige Wiener Redewendung bringt es auf ge Oriental-Szene, die von türkischen Immigranten, den Punkt: „Von seinem Standpunkt aus hat er ja bzw. deren Kindern (2. Generation) gegründet wur- recht ...“ (mit der gedachten – aber nicht ausgespro- de. Ein wichtiger Impuls war die Ausgrenzung chenen - Ergänzung „von meinem aus nicht“). Peter der Immigranten durch die Einlasser der Wiener Alheit beschreibt die ethnographische Haltung als pädagogische Schlüsselqualifikation und präzisiert: Ich bin vom Gegenteil überzeugt: Die Befreiung von „Zweifellos geht es um das Verstehen der Fremdheit, missionarischer Überheblichkeit stärkt die Position aber nicht notwendigerweise um die Überführung der Lehrenden, und an die Stelle mühsamer und  des Fremden in Vertrautes.“ (ALHEIT, S.24) letztlich stets fruchtloser Bewertungsdiskussionen tritt der Anspruch präziser und professioneller Für den Musikunterricht könnte dies bedeuten: Auseinandersetzung mit Musik unabhängig von der "die SchülerInnen in ihrer kulturellen Vielfalt persönlichen Präferenz. Dass sich auf diesem Weg wahrnehmen, nicht mehr von der Musik der auch Zugänge zu bislang Fremdem eröffnen – für Schüler, sondern von den unterschiedlichen Musiken Schüler und Lehrer – liegt in der Natur der Sache. der Schüler zu sprechen (Bezeichnungen wie „Not- Das stärkste Argument für den ethnographischen wendigkeitsgeschmack“ offenbaren ihre Hohlheit in Blick liegt in der gesellschaftlichen Relevanz dieser diesem Kontext von selbst). Ziele. Musikunterricht kann Entscheidendes leisten, "die eigene Musik, aber auch den im musikpäd- wenn er sich auf sein Kernthema, nämlich auf die agogischen Studium präferierten Werke-Kanon Musik in ihrer Vielfalt konzentriert. Das bringt dem als ‚Sinnbild’ spezifischer Lebensbedingungen Fach wesentlich mehr als wissenschaftlich zweifel- zu verstehen, woraus keineswegs zwingend eine haft argumentierte Studien wie die Bastian-Studie Relevanz dieser Musik auch im (gänzlich anderen) oder die Studien zum Mozart-Effekt. Lebensumfeld der SchülerInnen folgt. "von den SchülerInnen nur so viel Interesse und Respekt für die eigene Musik zu erwarten, wie man selbst den Musiken der SchülerInnen entge- genbringt – dies wird deutlich in Aufmerksamkeit, Genauigkeit und nicht zuletzt in messbarer Unterrichtszeit.

Diese Haltung unterscheidet sich deutlich von der Idee des „Abholens“ der Schüler, also einem vorge- täuschten Interesse an deren Musik, mit dem Ziel, sie letztendlich auf die eigene Seite (die vermeintlich „richtige, wertvolle“) zu ziehen.

Als Ziele eines Musikunterrichts in diesem Sinn kann man nennen: "eine offene und respektvolle Haltung gegenüber zunächst unverständlichen kulturellen Phänomenen, z.B. den Musiken der anderen MitschülerInnen. "Neugier und Genauigkeit in der Auseinandersetzung mit Musik und Kultur, eigener wie fremder. "das Verstehen des eigenen Geschmacks als ‚Sinnbild’ spezifischer Lebensbedingungen, ne- ben dem unzählige andere ‚Sinnbilder’ anderer Lebensbedingungen mit gleichem Recht existieren. "die Fähigkeit zum Brückenschlag zu anderen kulturellen Welten, ohne die eigene Position aufzu- geben.

Wird damit nicht jeglicher pädagogische Anspruch aufgegeben und totaler ästhetischer Beliebigkeit Tür und Tor geöffnet? " LITERATUR " MARTIN SIGMUND  ALHEIT, Peter: Eine neue Sicht des Fremden als ist Assistent am Institut für pädagogische Schlüsselkompetenz. Plädoyer für ei- Musikpädagogik in Wien und Leiter ne Verbindung von Pädagogik und Ethnographie. in: des Universitätslehrgangs „invent ELIS, Karlpeter (Hg.): bildungsreise – reisebildung. event - Eventkommunikation“. Pädagogik: Forschung und Wissenschaft, Bd.3. Wien Bereits seit Einführung der ersten 2004. S. 21-28 Lehrveranstaltungen zur Popularmusik an der BOURDIEU, Pierre: Die feinen Unterschiede: Kritik Musikuniversität Wien ist er auch in diesem Bereich der gesellschaftlichen Urteilskraft. 8. Frankfurt am als freier wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Main. 1996. . GEBESMAIR, Andreas: Grundzüge einer Soziologie des Musikgeschmacks. Wiesbaden. 2001. GROßEGGER, Beate / HEINZLMAIER, Bernhard: Jugendkultur-Guide. 2. Wien. 2004. . HITZLER, Ronald: Leben in Szenen. Soziale Organisation in der globalen Gesellschaft. Vortrag beim 11. UFA Exchange „Wo stehen wir? Lebenswelten in Deutschland“ am 13.9.2006 in der Bertelsmann Repräsentanz in Berlin. http://www. jugendszenen.com/_data/Vortrag_Hitzler.pdf (abge- rufen 29.11.2006) HUBER, Harald: Stilanalyse. Stile der Popularmusik im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts. Dissertation, Wien 1998. SCHULZE, Gerhard: Die Erlebnisgesellschaft. Kultursoziologie der Gegenwart. Frankfurt am Main [u.a.]. 1992. . SIGMUND, Martin: Forschungsprojekt Jugendszenen. Kurzdarstellung. Handout des Projektleiters, Institut für Sozialpädagogik der Stadt Wien, 2002.

" WEBSITES: www.jugendszenen.com (Ronald Hitzler, Dortmund) www.jugendszenen.net (Martin Sigmund & Harald Huber, Wien)

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des öbv:hpt/Redaktion MUSIKERZIEHUNG/Februar 2007 LINEAR IN MUSIK UND BUSINESS PETER LEGAT IM GESPRÄCH MIT GÜNTHER WILDNER ÜBER MUSIKEXPORT, SELBST VERFASSTE TRANSKRIPTIONEN, DEN HEIMISCHEN MUSIKSTANDORTNACHTEIL UND DIE HERAUSFORDERUNGEN GITARRISTISCHER EIGENSTÄNDIGKEIT.

" GW: An welchem Produktionspunkt steht „Count anderen Blatt. Ich habe es selten beobachten können, Basic“ gerade mit dem aktuellen Album? dass Majors an kleine Firmen lizenzieren, und umge- PL: Wir sind mittendrinnen, d.h. 10 Songs sind mit kehrt bemerkt, dass die Independents, die unterein- Vocals fertig, die zwei Instrumentalen auch, jetzt geht ander gut vernetzt sind, sich teilweise bedeckt halten, es ans Austauschen der programmierten Parts mit wenn es um Lizenzangebote von Majorfirmen aus Bläsern und anderen Instrumenten, denn soundmä- anderen Ländern geht. Die Beweggründe bleiben da ßig orientieren wir uns wieder an den beiden ersten oft im Dunkeln – eine komplexe Thematik. Alben „Life Think it Over“ und „Moving in the Right Direction“. Veröffentlichen will ich im April GW: Muss man ein Gambler sein, um heute im oder Mai 2007. Business mitzumischen? PL: Ich will einmal so sagen: Man kauft mit jeder GW: Wie wichtig ist dir die „International Exploitation“ neuen Produktion ein neues Los und spielt zumin- des Albums? dest wieder mit. Nur wenn du dabei bist, kannst du PL: Natürlich sehr wichtig, beim letzen Album wa- gewinnen. ren wir dahingehend nicht so erfolgreich, und das soll sich wieder ändern. Wenn ich mir überlege, Den Markt für gute Musiker wird wo wir schon überall international präsent waren, dann möchte ich an diese Erfolge anschließen. Die es immer geben, das sehe ich angesprochene Exportproblematik ist bei jeder öster- laufend an meinen Studenten. reichischen Plattenfirma vorhanden, da kommt der ( Standortnachteil zum Tragen. Von Österreich nach außen ist ungleich schwieriger als von außen zu uns GW: Gibt es überhaupt noch einen Markt, für den wir herein. Ich habe das oftmalig erlebt und weiß um MusikerInnen ausbilden? die Brisanz und Schwierigkeit der Thematik. Der PL: Auf jeden Fall, ja! Was das iPOP betrifft muss Independentbereich tut sich im Musikexport mit der man zunächst festhalten: Wir bilden keine Musiker, Möglichkeit des flexiblen Lizenzierens in verschie- sondern Musikschullehrer aus, haben – sehr zu mei- dene Länder und Territorien noch leichter als die nem Leidwesen – kein Konzertfach. Natürlich ist mein Majors, die natülich weniger schnell und flexibel ar- Anspruch und meine Eitelkeit, im Rahmen unseres beiten können und einer bestimmten Konzernpolitik Studiums, auch die möglichst besten MusikerInnen unterworfen sind. Man verfügt als große Firma in auszubilden. Den Markt für gute Musiker wird es im- der Regel über weltweite Rechte, nur ob diese auch mer geben, das sehe ich laufend an meinen Studenten. genützt und ausgewertet werden, das steht auf einem Die Allerbesten haben manchmal sogar Mühe, das  ) 2 (

M O C . O T

Peter Legat und A M O I

Count Basic- D U T S .

Sängerin W W W

:

Kelli Sea S O T O F

Studium in der vorgegebenen Zeit zu beenden, weil GW: Die eigenen Produktionen der Dancing-Stars- sie so viel spielen, z.B. Matthias Simoner, der beim Orchester-MusikerInnen hört man aber leider viel zu „Queen-Musical“ in Köln seit geraumer Zeit spielt selten … oder Severin Trogbacher. Durch Auftragsjobs wie PL: Das ist richtig und hängt mit unserer Mediensi- z.B. bei Starmania, wo Playbacks hergestellt werden tuation in Österreich zusammen. Die Formate werden müssen, gibt es weitere Arbeit für MusikerInnen. einfach irrsinnig eng programmiert, da passt dann fast nichts hinein. Das Problem haben wir schon weit Tournee-Förderung, die sinnvoll und notwendig ist. länger als zehn Jahre, und es ist nicht wesentlich bes- Freilich braucht es dann noch Marketinggeld, um ser geworden. Ein wenig mehr Österreicheranteil gibt österreichische Acts, die bereits im Ausland ver-  es bei Ö3, aber das kommt durch Christl Stürmer. öffentlicht sind und touren, weiter nach vorne zu Ich bin es auf jeden Fall leid, das immer und immer bringen. Hier sind Förderungen am besten in gezielte wieder zu diskutieren, die Rahmenbedingungen sind Promotionaktivitäten für eine größere Medienpräsenz überhaupt nicht rosig, im TV-Bereich gibt es gar in den jeweiligen Märkten angelegt, z.B. geziel- keine Möglichkeiten. Ich hoffe, dass es neben den te Printpromotion externer Spezialisten vor Ort. Sendungen mit Schlager und volkstümlicher Musik Insofern kann man auf das AMAN-Projekt, Austrian bald wieder eine Pop-Musik-Sendung gibt. Da gibt Music Ambassador Network, des Fachverbands ge- es ja eine gute ORF-Tradition mit „Ohne Maulkorb“ spannt sein. Erfolg ist nach wie vor möglich, wie man uva. Wie die neue ORF-Führung darüber denkt, an Christl Stürmer sieht. Das Projekt ist mit großem weiß ich nicht, aber ich hoffe, dass es besser wird, Risiko aller Beteiligten voll aufgegangen und hat vor allem im Fernsehen. Deutschland erobert.

GW: Wie hat sich das Musikbusiness insgesamt verändert? Erfolg ist nach wie vor PL: Es hat sich sogar ziemlich dramatisch verändert, vor möglich, wie man an allem sind die Produktionsbedingungen ganz andere Christl Stürmer sieht. geworden. Die Verträge der Plattenfirmen wälzen im- ( mer mehr Risiko auf die Musikschaffenden ab. Majors übernehmen mittlerweile in den meisten Fällen nur GW: Was macht das iPOP für Studierende interessant? mehr Verpackung und Vertrieb, das finanzielle Risiko PL: Sicher unsere vielseitige musikalische Ausrich- bleibt beim Künstler. Das ist ein enormer Unterschied tung. Hier geht es ganz klar um die Neigung des zu früher, wo Firmen Produktionsmittel zur Verfügung Studierenden. Wer hauptsächlich Straight-Ahead- gestellt haben. Das gleicht sich langsam den ameri- Jazz spielen möchte, ist in Graz oder am Wiener kanischen Verhältnissen an, wo sämtliche Vorschüsse Konservatorium bestens aufgehoben, da wird stili- oder Investitionen des Labels mit den Künstlerlizenzen stisch nicht viel links oder rechts vom Jazz geschaut verrechenbar sind. Nur finden wir in den USA einen sowohl in der künstlerischen als auch der pädagogi- anderen, viel größeren Markt vor. schen Ausbildung. Am iPOP wiederum bilden wir Musikschullehrer aus mit einer möglichst großen GW: Wie sieht es dann im Live-Bereich aus? stilistischen Ausrichtung und Bandbreite. Das unter- PL: Live ist es genau das gleiche. Wir haben früher scheidet uns von allen anderen österreichischen Aus- oft richtig lange Tourneen gespielt, wobei das Touren bildungsinstitutionen. Wir sind bei den Leherenden mit Count Basic und seinen elf Musikern natürlich hochklassig besetzt, das ist ein echtes Asset, das höre immer besonders kostenintensiv war. Heute ist das ich auch von den Studenten. schwieriger geworden. Die Clubs minimieren ihr Risiko auch immer mehr. Es werden oftmals nur GW: Sind deine Gitarristen stilistisch umfassend mehr Prozentedeals angeboten, d.h. der Künstler geht interessiert? mit ins Risiko, eine Verschlechterung für die Künstler PL: Ja, auf jeden Fall, das liegt ganz natürlich auch analog zur Tonträgerbranche. Ich persönlich kann am Instrument. Die Gitarre ist so vielfältig und nicht klagen, denn mit der aktuellen Produktion vielschichtig in der Popularmusik präsent und einge- habe ich eine Förderung durch den Musikfonds und setzt, da ist das Erlernen verschiedenster Stilistiken ein Produktionsbudget der Plattenfirma, was bei un- naheliegend und notwendig. Da wir eine Teilung serer doch eher aufwendigen Produktionsweise ein im Unterricht von E-Gitarre und Akustikgitarre Album überhaupt erst ermöglicht. In weiterer Folge haben, werden die Studierenden sehr spezifisch müssen dann Plattenfirma und Booking Agency und umfassend ausgebildet. In den Ensembles setzt optimal zusammenarbeiten, um einen Erfolg gemein- sich dann die stilitische Vielfalt des Instituts fort. sam zustande zu bringen. Ich hoffe auch auf die im Mein Gitarrenensemble hat sich schon nach zwei Anschluss an den Musikfonds im Aufbau begriffene Semestern als richtiges Rockensemble etabliert. Es liegt nahe, mit der Besetzung von sechs Gitarristen – in welcher Form auch immer: zerlegte Akkorde, richtig abzurocken und die Verstärker einmal richtig Rockachteln, Funksechzehntel etc. Das ist  anzufahren. Die Studenten lieben es, dass das mög- das Fundament des Gitarrespiels (Akkorde, lich ist. Das alles ist auf der Basis des Studienplans Umkehrungen, Rhythmik) und daher auch das Erste möglich. und Grundlegende, das ich die Studenten zu lernen Ich habe heuer erstmalig neun Studenten im anhalte. Im ersten Jahr lege ich großen Wert dar- Magisterium, d.h., dass wir so attraktiv sind, dass auf, dass diese Dinge funktionieren. Damit kann die Studenten nach dem ersten Abschnitt bei uns der Musiker in jeder Band einmal mitspielen, also bleiben und das gesanmte Studium in Anspruch neh- Vielfalt bis zum Bakkalaureat. Dann geht es zur men wollen. Kür. Besonders im zweiten Studienabschnitt, der eine künstlerische Spezialisierung vorsieht, soll das indivi- GW: Warum an einer Ausbildungsinstitution studie- duelle musikalische Profil des Studierenden geschärft ren, wenn man heute per Video bei den Besten der und herausgearbeitet werden. Da gehe ich gerne auf Welt Unterricht nehmen kann? alles ein, was dem Schüler oder der Schülerin am PL: Das muss jeder für sich selbst entscheiden, wie Herzen liegt. Grundsätzlich sollte man alles ein bis- und wo er/sie studieren will. Ich kenne so viele schen können, jedoch eine Sache, einen Stil sollte man Musiker, die überhaupt keine Ausbildung haben und sehr gut können. Ich begleite den Findungsprozess ganz hervorragend spielen. Ich bin da kein strenger und gebe Hilfestellungen, was aufgrund meiner Verfechter eines akademischen Weges. Selbst habe ich Vielseitigkeit sehr gut funktioniert, denn ich musste auch lange autodidaktisch gespielt und erst mit 22 mich im Laufe meiner Musikertätigkeit vom Musical Jahren begonnen am Konservatorium zu studieren. (Orchester der Vereinigten Bühnen Wien) über Rock Man kann auf sich allein gestellt sehr weit kommen, bis Jazz in verschiedensten Kontexten bewähren. in der Klassik wäre es undenkbar ohne ganz gezielte technische Ausbildung. Da sind die Anforderungen GW: Was brauchen die Studierenden neben dem der verschiedenen Musikstile ganz unterschiedlich. reinen Instrumentalunterricht am meisten von dir? PL: Am ehesten Businessfragen: Welche Honorar- GW: Setzt du moderne Unterrichtsmaterialien wie höhen kann ich verlangen? Wie sieht ein Plattenvertrag Videos, Play-Along-Schulen etc. ein? aus? Wie komme ich an eine gute Booking Agentur? PL: Ja und nein. Natürlich verwende ich schon Brauche ich einen Verlagsvertrag? Was macht die Playbacks und andere praktische Unterlagen. Was AKM etc.? Da helfe ich mit Basisinformationen aus, allerdings das Transkribieren betrifft, sollte man nachdem ich seit vielen Jahren selbst Plattenverträge das auch heute in Eigeninitiative selbst machen, um habe, Genossenschafter der AKM bin und vielfäl- davon zu lernen. Es geht um eine unbewusste und tige Erfahrungen im Tonträger- und Live-Business gleichzeitig so wichtige Gehörschule, die man durch habe. Oft gehen wir auch konkret ans Werk, wenn das Abhören und selbständige Aufschreiben be- ein konkreter Vertragstext vorliegt. Weitere Fragen kommt. Wenn alle Transkriptionen fertig vorliegen, gehen dann von der Sehnenscheidenentzündung werden die Studierenden faul, das wäre dann negativ bis zu Themen, die das musikalische Feld komplett an den neuen Unterrichtsmaterialien. verlassen.

Wenn alle Transkriptionen GW: Kann man heute noch einen stilbildenden Personalstil an der Gitarre erreichen? fertig vorliegen, werden die PL: Nur sehr schwer. Gitarristen wie Carlos Santana Studierenden faul. oder George Benson, die du am ersten Ton erkennst, ) werden seltener. Einen unverkennbar eigenen Stil wie ein Fred Frith oder andere zu verwirklichen, wird im- GW: Unterrichtest du einen fixen Kanon oder gehst du mer schwieriger. In den achtziger Jahren gab es noch individuell auf die Wünsche der Studierenden ein? die großen Gitarrenhelden wie Steve Vai, Satriani, PL: Wieder ja und nein. Gitarre ist das etc. – diese Zeiten sind auch definitiv vorbei. Bei Rhythmusinstrument schlechthin. 90 Prozent der meinen Studenten heißt das aber nicht, dass sie nicht Arbeit des Gitarristen sind Rhythmusbegleitungen kreativ wären, sondern ganz im Gegenteil. Was die Jungen so mit Effekten und anderen Gerätschaften stärker in den Blick und in Angriff nehmen. Es sind anstellen, ist oft so kreativ und innovativ, dass ich ja nicht nur die Plattenfirmen betroffen, sondern selber immer wieder staune. Fest steht jedenfalls, auch wir Künstler, darüber wird viel zu wenig dis-  dass das Kopieren von großen Gitarristen sinnlos ist, kutiert. Wir sitzen alle in einem Boot. In der Regel denn die gibt es bereits. So ein Vorgehen hat keine sind die Majors immer die Buhmänner, wenn man Zukunft. Die eigene künstlerische Stimme muss im- die Medienberichterstattung und die landläufigen mer im Fokus bleiben. Diskussionen verfolgt. Das Unrechtsbewusstsein der Konsumenten muss weiter geschärft werden. Das ist GW: Wie lassen sich dann verschiedene Stile oder noch eine große Aufgabe für die Industrie, wichti- Improvisationstechniken an besten vermitteln? ger als die Piraterieverfolgung. Leider verstehen die PL: Wenn es z.B. ums modale Improvisieren und das wenigsten Leute, was sie tun, wenn sie Copyrights Inside-Outside-Spiel geht, dann empfehle ich natür- brechen und verletzen, nämlich, dass das Diebstahl lich Mike Stern und John Scofield zu hören und zu ist. Musik gilt weithin als Allgemeingut im Sinne transkribieren, aber nur um hinter das Prinzip zu von „Im Internet ist ja alles inkludiert“. Frühzeitige kommen, den Einsatz der jeweiligen musikalischen Aufklärung der Jungen ist hier wichtiger als Klagen. Mittel zu verstehen. Licks nachspielen ist nicht so wichtig wie auf der Basis bestehender Sprachen Mich haben immer gut Eigenes zu formulieren, das ist erwünscht und der beste Weg. Dazu muss man auch kein ganzes Solo (aufgebaute Linien fasziniert. transkribieren, sondern z.B. eine Stelle, die man ganz toll findet. Dann analysiert man und verbindet das GW: Ist unsere Gesellschaft in solidarischer Hinsicht mit dem eigenen Know-how. Diesen Weg präferiere so weit, dass wir mit reinen Aufklärungskampagnen ich, vor allem für den fortgeschrittenen Spieler. das Problem in den Griff bekommen können? PL: Ich fürchte, nein. Den Leuten ist das leider GW: Welche Gitarristen bewunderst du selbst? egal, ihnen geht es nur um den eigenen Vorteil. PL: Jimi Hendrix, dem nähert man sich immer wieder Was auf jeden Fall vorrangig bleibt, ist, gegen die in konzentrischen Kreisen. Er ist einer meiner großen gewerbsmäßige Piraterie verstärkt vorzugehen. Du Einflüsse, später dann Jazzgitarristen wie Pat Martino, bekommst am Schwarzmarkt in Moskau alle unsere der ja für seine lineare Spielweise berühmt ist. Diese Count Basic-Alben illegal kopiert für zwei Dollar pro Herangehensweise ans Improvisieren habe ich auch: Stück, das müssen wir bekämpfen, auch in China Die Gitarre wie ein Saxophon spielen, monophone und anderen Piraterieländern. Diese müssen schnell- Lines, sage ich einmal überspitzt. Ich bin definitiv kein stens und langfristig in die funktionierende westliche Wes Montgomery-Akkordsolist. Mich haben immer Copyrightzone integriert werden. Geistiges Eigentum gut aufgebaute Linien fasziniert, da gibt es natürlich und sein Wert werden heute mit Füssen getreten. nicht nur Gitarristen, die mir gefallen. GW: Was können Musiker zur Hebung des GW: Wie lassen sich Musikerberuf und Familie Copyright-Bewusstseins tun? verbinden? PL: Lobbying betreiben. Ich war vor kurzer Zeit mit PL: Ganz gut, wenn man nicht ewig lang auf IFPI-Austria-Chef Franz Medwenitsch in Straßburg, Tourneen ist. Ich habe keinen akuten Zeitmangel, und habe einen Tag lang Informationsgespräche mit kann Unterrichten, Live-Spielen und Studio gut unter österreichischen EU-Abgeordneten geführt, um auf einen Hut bringen. Eine Albumproduktion ist freilich die Wichtigkeit unserer Anliegen hinzuweisen. Ein in- immer eine zeitliche und logistische Herausforderung. ternationaler Verband wie die IFPI kann hier natürlich Und meine Kinder werden erfreulicherweise immer etwas bewegen: Es war ein akkordierte Tag, an dem älter und selbständiger, damit wird es auch leichter. nicht nur wir, sondern auch Verbandsvertreter und Musikschaffende aus allen EU-Ländern bei ihren EU- GW: Was würdest du tun, wenn du einen Tag Abgeordneten Lobbying betrieben haben. Konkret lang das Sagen in der Musikbranche hättest? ging es uns um die Schutzfristverlängerung von PL: Eine Lanze für den Schutz geistigen Eigentums Tonaufnahmen auf 90 Jahre, die bisherigen 50 Jahre brechen. Ich würde das illegale Downloaden noch reichen nicht aus. Das ist eine Industrieforderung, der ich mich als Musikschaffender gut anschließen kann. " PETER LEGAT Warum auch sollen die Rechte auf Schallaufnahmen Arbeitet als Gitarrist, Komponist  schlechter gestellt werden als jene auf musikalische und Songwriter in verschiedenen Urheberschaft? Ich persönlich bin ein gutes Beispiel internationalen Zusammenhängen. dafür, dass man sich eher von Tantiemen und Lizenzen Mit der von ihm geleiteten Formation ernähren kann als vom reinen Gitarrespielen. „Count Basic“ feiert er mit zahl- reichen CDs und ausgedehnten GW: Wie haben die österreichischen Abgeordneten Tourneen seit 13 Jahren Erfolge in vielen Ländern. reagiert? Er unterrichtet E-Gitarre am Institut für Popularmusik. PL: Durchaus mit Verständnis. Im Großen und www.countbasic.com Ganzen war unsere Thematik auch bekannt, und wird von jenen, die Wirtschaftswachstum favorisie- ren, unterstützt, von jenen, die die Interessen der Allgemeinheit und Konsumenten sehr wichtig neh- men, noch ausführlich hinterfragt. Interessanterweise gibt es innerparteilich teilweise Diskrepanzen zwischen den europäischen und österreichischen Konzepten bzw. Anliegen. Aber beim Urheberrecht muss man sowieso europäisch und global denken, da spielt das Parlament in Wien eine Nebenrolle.

GW: Drei Wünsche ans Christkind, weil wir unmittel- bar vor Weihnachten stehen ... PL: Viel Schnee und das bald, das nächste Album möge richtig gut funktionieren und dass alles nicht schlechter wird. I WANNA HOLD YOU* DIE ETWAS ANDERE ENTSTEHUNGSGESCHICHTE EINER POPBALLADE VON MARTIN FUSS

" „Compared To What“, mein neues Album, ist *Die Ballade “I Wanna der Versuch, meinen musikalischen Geschmack in Hold You” ist Track 12 auf dem aktuellen allen seinen Facetten auf einer CD zu vereinen. Von Album “Compared to Soul über Jazz, Latin bis zu Popballaden reicht das what” von Martin Fuss weite Spektrum, und ich hatte im kreativen Prozess & Soulmates die Freude, mit vielen musikalischen Freunden und Partnern am Endprodukt arbeiten zu können. Bisher war ich gewohnt, meine Kompositionen aber auch die Produktion meiner CDs im Alleingang zu realisieren, wie viele andere Komponisten und Songwriter hatte ich bisher nicht den Wunsch, an- dere Menschen in meine Ideenwelt einzubeziehen. Auch in Österreich geht man ja meist vom Singer- Songwriter aus (Komponist/Texter und Interpret in Personalunion), obwohl es in der Welt des Pop viele Beispiele von genialen Songwriting-Teams gab und gibt, z.B. Lennon/Mc Cartney etc. Unter diesem Aspekt war “I Wanna Hold You” für mich ein exemplarisches Beispiel für eine, für mich bisher unbekannte Arbeitsweise. Der Anfang der Geschichte des Songs war meine Idee für die Strophe und den Refrain eines Popsongs amerikanischer Prägung mit feinen Harmonien und einer eingängigen Melodie, die schon seit längerer Zeit in meiner Schublade darauf wartete, weiterver- folgt zu werden. In der Vorbereitungsphase zum Album „Compared To What“ gab ich meinem Freund, Co-Produzenten ) 2 ( und Arrangeur Martin Payr dieses Notenblatt mit der R E H

C Bitte, sich doch Gedanken zur Vervollständigung des A R T S I Songs zu machen. Wir planten die erste Studiosession P

T R

E mit der Rhythmusgruppe (Willi Langer, Oliver B O R

: Gattringer, Martin Payr) und probten im Vorfeld S O T O

F die für diesen Termin geplanten Kompositionen und   Arrangements. Am Tag vor den Studioaufnahmen führ- stand von Anfang an als meine Wunschinterpretin te ich noch ein kurzes Telefonat mit Martin Payr, um fest. Obwohl sie noch sehr jung ist, kenne ich sie  die letzten Details abzuklären, und wir kamen dabei zu- nun doch schon seit einigen Jahren (von Konzerten, fällig auf mein Songfragment zu sprechen. Bisher hatte Seminaren und vom Studium an der Uni/iPOP- er sich zu diesem Song noch keine weiteren Gedanken Institut) und bin von ihrer Stimme und Persönlichkeit gemacht, aber die Nähe des Aufnahmetermins beflü- begeistert. Die Suche nach dem männlichen Part gelte offensichtlich seinen kreativen Schaffensdrang, gestaltete sich erheblich schwieriger. Als Kontrast und tatsächlich hatte er am nächsten Tag ein Leadsheet zu Christines klarer und souliger Stimme stellte mit dem vollständigen Song mitgebracht. Martin Payr ich mir eine eher rockige, sehr männliche Stimme hatte den Song um einen Refrain und eine Bridge als Gegengewicht vor. Mein Freund der Trompeter ergänzt und mit einer Modulation in der passenden Josef Burchartz erzählte mir von Harry Ahamer, den Länge zu Papier gebracht. ich eigentlich als Gitarristen des „Hot Pants Road Die Aufnahmen der für diese Session geplanten Titel Clubs“ kannte. Auf verschiedenen Kanälen gelangte gelangen schneller als erwartet und so blieb noch ich an Aufnahmen mit ihm als Leadsänger und war Zeit, uns mit dem neuen, noch namenlosen Song, zu sofort überzeugt. Ich organisierte ein Treffen von Christine, Harry, Martin Payr und mir. Es folgte ein Meine Vorstellung war ein Nachmittag voller Musik: Wir erprobten den Song, verteilten die Parts, entwickelten zweite Stimmen, romantisches Duett mit einem und von Anfang war klar, dass sich alle beteiligten weiblichen und einem Personen wunderbar verstanden und wirklich gut zueinander passten. männlichen Part.) Martin Payr stürzte sich in weitere Arrangements von Chören und Keyboards - ich fuhr nach beschäftigen. Wir probten im Studio, versuchten eini- Zeltweg/Steiermark, um mit meinem Freund Robbie ge Versionen und einigten uns schlussendlich auf die Musenbichler die Gitarren aufzunehmen. Form und Groove. Noch war keinem von uns klar, Einige Wochen später waren Christine und Harry ob und wie wir den Song weiterentwickeln werden. im Studio und sangen großartig – der letzte Ich hatte mit dem Tenorsaxophon die Melodie zum Aufnahmetermin waren die Backgroundchöre ge- Rhythmustrack aufgenommen, war mir aber sicher, sungen von Monika Ballwein, Iris Wiesner und Kai dass sich dieser Song nicht nur als Instrumentaltitel Peterson. Monika brachte noch viele kreative Ideen eignen würde, sondern geradezu danach verlangte, in das Chorarrangement ein, alles gelang hervor- gesungen zu werden. ragend bis ein Computerzusammenbruch unseren Meine Vorstellung war ein romantisches Duett mit Tatendrang unvermittelt beendete. Es folgten zwei einem weiblichen und einem männlichen Part. Leider Tage intensiver Arbeit, um das Material von diversen kann ich meinen Qualitätsanspruch in Bezug auf eng- Harddisks wieder an den richtigen Platz zu bringen lische Songtexte nicht selbst zu meiner Zufriedenheit und eine abschließende Session, für die noch fehlen- erfüllen, und so begab ich mich auf die Suche nach den Backgroundchöre. einem Songtexter, der meine Vorstellung eines sehr Der Rest der Geschichte: das Editieren der Musik von lyrischen Textes in die Realität umsetzen könnte. David Menke, ein hervorragender Mix von Wolfgang Die Suche gestaltete sich als nicht schwierig, da mein Spannberger aus Salzburg und das Mastering bei Partner Rens Newland schon oft mit dem kanadischen Robert Eder im Artis Studio. Singer-Songwriter Lionel Lodge gearbeitet hatte, und Der Release des gesamten Albums „Compared To ich dessen Texte sehr schätze. Nach einem Treffen, in What“ erfolgte im November 2006 – jeder ist herz- dem ich ihm meine Vorstellungen erklärte, schickte er lich eingeladen, die Musik der CD nachzuhören, mir einen Entwurf, der ziemlich genau dem entsprach, mit dem Wissen um die spezielle Entstehung von „I was ich mir vorgestellt hatte. Nach kleinen Korrekturen Wanna Hold You“. hatte somit der Song einen wunderschönen Text und den Titel „I Wanna Hold You“. Der nächste Schritt bestand in der Suche nach geeig- neten Interpreten für den Song. Christine Brezovsky " LIEDTEXT First verse: Second chorus: Third chorus:  I know we‘re supposed I want to hold you now I want to hold you now To be just friends feel your heart in mine feel your love in mine But I don‘t know what to do I want to hold you now I want to hold you now Let your love flow feel our arms entwine feel our souls entwine I hear your voice I want to know you now I want to know you now And all else just ends Now and forever babe Now and forever babe I‘m transfixed by you Sax Solo Let your love flow Bridge: Let your love flow Pull me deep into your heart I feel that I‘m CREDITS: balancing out in the sky Words: Lionel Lodge First chorus: Out On a ledge Music: Martin Fuss/Martin Payr I want to hold you now just ready to spread my wings Arrangement: Martin Payr Vocals: Christine Brezovsky, Harry feel your breath in mine and fly Ahamer I want to hold you now I feel so sure Altosax: Martin Fuss Keyboards: Martin Payr feel our hearts entwine My heart starts to soar Guitar: Robby Musenbichler I want to know you now As you turn to me Bass: Willi Langer Drums: Oliver Gattringer Now and forever babe I can fly I know Percussion: Stephan Maass I let my fears go Backing vocals: Monika Ballwein, Second verse: Iris Wiesner, Kai Peterson Like a new day dawning Third verse: Label: Jive Music, www.jivemusic.at I feel like I‘m falling I open my eyes Vertrieb: Sound Design, www.sounddesign-austria.at Head over heals for you you‘re right here beside me Let your love flow the morning light shines in I feel we‘re unfolding I feel my love flow I feel like we‘re growing I feel you stir Into a love so true I feel your tender Let your love flow touch warm me within Pull me deep into your heart I feel my love flow Pull me deep into your heart

" MARTIN FUSS Geboren 1960 in Wien, lebt und arbeitet als Musiker und Musikpädagoge ebenda. Klarinetten- und Saxophonstudien am Konservatorium der Stadt Wien sowie am Berklee College of Music Boston/USA. Er gilt als einer der gefragtesten Jazz- und Studiomusiker in Österreich mit breitem Spektrum von Jazz, Funk, Soul bis Pop/Rock. Seit 1991 Lehrauftrag für Saxophon sowie die Fächer Didaktik und Lehrpraxis an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Neben beinahe allen namhaften heimischen Künstlern Zusammenarbeit mit Ray Charles, Joe Zawinul, Natalie Cole, Toots Thielemans, Gil Evans, Bill Holman, Temptations, Supremes, Gloria Gaynor, EBU Bigband. www.martinfuss.com DIPLOMARBEITEN "IM BEREICH POPULARMUSIK IM JAHR 2006 AN DER UNIVERSITÄT FÜR MUSIK UND DARSTELLENDE KUNST WIEN

" BETREUT VON SEE, ANDREAS AO.UNIV.-PROF. DR. HARALD HUBER Konzertmanagement: Theorie und Praxis am Beispiel des „Seefest“ in Buchkirchen/OÖ FUSSENEGGER, ERWIN Die Beatles zwischen Rock & Roll und Kunst SIEBER, ALEXANDER Falun Dafa. Musikalische Aspekte einer chinesischen GRABNER, MARKUS Meditationspraxis Rockguitar Styles. Stilanalysen des Zeitraums 1950 –2000 sowie didaktische Aufbereitung für den SPITZBART, SABINE E-Gitarre Gruppenunterricht Jazz in Oberösterreich

KALLINGER, ANDREA ZAMARIN, ARNOLD Contemporary Christian Music. Materialen zu einem Brandford Marsalis: Analysen des Personalstils aktuellen Thema populärer Musik anhand des Albums „Contemporary Jazz“

LACKINGER, HORST BAKKALAUREATSARBEITEN: Rocktheater in Österreich am Beispiel der Ersten Allgemeinen Verunsicherung Nachtrag 2004 / 2005: DI QUARTO, LUCA: Die Entstehung des Dub MÄTZLER, DORIS FRÄNZEL, ANDREA: Alalie Lilt Hardbop.Das musikalische Vokabular anhand von GREINER, BARBARA: Gotan Project Solotranskriptionen aus Miles Davis’ „No Blues“ GUZMÁN, CARMEN MANERA: Die spanische Popgruppe Mecano SAUKEL, HANNA HASSFURTHER, SOPHIE: Gehörbildung in der Roma und Sinti in der Wiener Jazzszene Popularmusik LECHNER, STEFAN: Steve Reich 1965 – 1976 SCHWARZ, REGINA PODNAR, MARIJA: Michael Jackson – „Childhood“ Peter Herbert: Naked Bass 2006: HELLMUT GOEBL BARCABA, GOTTFRIED: Santana (Geschäfts-)Modelle für den digitalen Musikvertrieb BRUNNER, MANUEL: Präsentation von Männlichkeit über das Internet  bei Prince H. Goebl zeichnet die Entwicklung des digitalen DICKBAUER, STEPHAN: Pink Floyd – „Echoes“ Musikvertriebs über das Internet seit Ende der ENZMANN, MARTIN: 12 / 5 – Mozart goes Pop 1990er Jahre nach und entwickelt daraus eine FRANZ-RIEGLER, THOMAS: Richard Bona Typologie von Online-Vertriebsangeboten, die er HAMMER, BERNHARD: Soziologische Aspekte der mit den in der Musikindustrie vorherrschenden Techno-Szene Rahmenbedingungen konfrontiert und daraus HEIDENBAUER, CHRISTIAN: Das Album „Nevermind“ Erfolgs- und Misserfolgsindikatoren für den jeweili- von Nirvana gen Geschäftstyp ableitet. JI-SUN, KIM: Popmusik in Südkorea KENDL, URSULA: Jethro Tull JUDITH MACHAT KLEIN, MARTIN: Das Esbjörn Svensson Trio Die Auswirkungen der Popularmusikförderung auf LEUTKAWÄGER, VALERIAN: Let Me Build a Bridge Musikproduktionsunternehmen in Österreich – Songstrukturen bei Sting Mit der Einrichtung des Musikfonds zur Förderung MAYRHOFER, JOHANNES: Motown von Popularmusikproduktionen wurde erstmals MILLET, BERNADETTE: Die Ursprünge der heutigen in Österreich ein systematisches und nachhaltiges Gesellschaftstänze Förderinstrumentarium im Bereich Popularmusik RADNER, SIMON: Die Musik Kirk Franklins geschaffen. J. Machat durchleuchtet in dem ROHRWEG, ANDREAS: Beatmusik und Jugendkultur in Zusammenhang, welche Auswirkungen die ver- der DDR schiedenen Förderkonzepte diverser Träger auf die SCHNEIDEWIND, JAKOB: Detroit Techno Musikproduktionsunternehmen in Österreich haben ZANDL, VERONIKA: Eric Dolphy als Jazz-Flötist und kommt zum Schluss, dass in den meisten Fällen bereits geplante Produktionen, die auch unabhängig " BETREUT VON vom jeweiligen Förderangebot entstanden wären, AO.UNIV.-PROF. DR. PETER TSCHMUCK in den Genuss der Förderung gekommen sind, und nur in Ausnahmefällen Produktionen aufgrund der ROBERT EBERHARDT UND HEIKE SCHREINER Förderung durchgeführt wurden. Wiener Musikbetriebe – Geschäftsmodelle in der „Vienna Electronica“-Szene JENNIFER WEEGER Die beiden AutorInnen untersuchen anhand von Marketingstrategien im Klassik-Tonträgermarkt: Fallbeispielen, wie die Geschäftsmodelle der in Wien Vergleich von Major und Independent Unternehmen tätigen Electronica-Label ausgestaltet und welches In ihrer Arbeit analysiert J. Weeger den die Faktoren sind, von denen Erfolg und Misserfolg Klassikmarkt und ihre Akteure und stellt dabei abhängen. Sie bieten dabei einen breiten Überblick einen Vergleich zwischen den großen Playern in die- über die wirtschaftlichen Aspekte der „Vienna sem Segment (Deutsche Grammophon/Decca, EMI, Electronica“ eingebettet im Theorierahmen der Teldec, Sony-BMG) und den kleinen unabhängigen Entrepreneurship-Forschung. Labels (Independents) mit dem Ziel an, die unter- schiedlichen Geschäftsmodelle darzustellen und SEBASTIAN STIEGER kritisch zu durchleuchten. In einem Fallbeispiel wird Erfolgsfaktoren von Geschäftsmodellen für dabei die Aufstieg und Erfolg des Klassik-Indie- Musikdownloads im Internet Labels „Naxos“ besprochen und die Faktoren für Der Autor geht der Frage nach, wie sich das dessem Erfolg herausgearbeitet. Nachfrageverhalten der MusikkonsumentInnen im Laufe der „digitalen Revolution“ in der FRANZ SIMON Musikindustrie verändert hat und welche Das industrieökonomische Verhältnis von Majors und Geschäftsmodelle für Musikdownloads die besten Indies in der Musikindustrie am Beispiel der öster- Aussichten auf wirtschaftlichen Erfolg unter den reichischen U-Musik neuen Rahmenbedingungen haben. Mit dem Instrumentarium der Neuen Institutionen- ökonomie analysiert F. Simon das Verhältnis der wenigen großen Tonträgerunternehmen und der  vielen kleinen Konkurrenten in einem stark oligo- polisierten Markt. Dabei werden Phänomene wie Unsicherheit, Reputation, strategisches Verhalten, Werbung sowie Forschung und Entwicklung in der Musikindustrie modelliert und auf die jeweiligen Unternehmenstypen im österreichischen Markt für Unterhaltungsmusik bezogen.

" BAKKALAUREATSARBEITEN: SIMON RADNER Technische Maßnahmen der Musikindustrie zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen Die Tonträgerunternehmen versuchen sich gegen die Verletzung ihrer Leistungsschutzrechte durch technische Maßnahmen wie Digital Rights Management, Watermarks uä. zu schützen. S. Radner erläutert in seiner Bakkalaureatsarbeit, wie diese Instrumentarien funktionieren und welche Auswirkungen sie auf den Musikkonsum haben.

VALERIAN LEUTKAWÄGER Der Motown-Sound und seine Durchsetzung in der Musikindustrie Motown war in den 1960er Jahren nicht nur das erfolgreichste Popmusik-Label, sondern stand für einen ganz bestimmten wieder erkennbaren Sound, der quasi als tönende Marke instrumentalisiert wur- de. Der Autor zeigt in seiner Bakkalaureatsarbeit, wie es dem Label-Gründer Berry Gordy Jr. gelang, diesen Sound hitparadenfähig zu machen und trotz Beatlemania am Markt durchzusetzen.